Soziale Ungleichheit [1. Aufl.] 9783839405925

Die Theorie sozialer Ungleichheit hat seit den Klassikern der Soziologie keine großen Fortschritte zu verzeichnen. In de

148 51 516KB

German Pages 166 Year 2015

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Soziale Ungleichheit [1. Aufl.]
 9783839405925

Table of contents :
Inhalt
I. Einleitung
II. Soziale Ungleichheit und historische Epochen
1. Stratifikation und funktionale Differenzierung
2. Ohne Ordnungs- keine Standesbildung: das Mittelalter
3. Ständische Rangordnung und neuzeitliche Ordnungsbildung
4. Die ständische Überformung der Klassenstruktur im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
5. Soziale Ungleichheit in der Moderne
6. Zusammenfassung: Mittelalter, Moderne und soziale Ungleichheit
III. Soziale Ungleichheit in differenzierten Ordnungen
1. Basale und strategische Momente sozialer Ungleichheit
2. Die Konvertierbarkeit von Ressourcen
3. Makro, Meso, Mikro und der Lebenslauf
4. Die Vielfalt der Lebensführungen
IV. Ungleichheitsstrukturen und Institutionen: Basis-Überbau, Entkopplung oder Wahlverwandtschaft?
V. Geschlechtsspezifische Ungleichheit
1. Geschlecht als Schließungskriterium
2. Institutionelle Koordination über geschlechtsspezifische Ungleichheit
VI. Konstellationen sozialer Ungleichheit
1. Positionale und allokative Ungleichheiten
2. Achsen der Ungleichheit und institutionelle Strukturen
3. Konfliktfähigkeit und Deutungsmuster
4. Konstellationsanalysen und soziologische
Ungleichheitstheorie
VII. Nationale und globale Ungleichheiten
1. Verteilungs- und Legitimationsprobleme im Nationalstaat
2. Die kontroverse Rolle des Nationalstaates im Globalisierungsprozess
3. Zur Frage globaler Ungleichheitsstrukturen
VIII. Schlussbemerkungen
Anmerkungen
Literatur

Citation preview

Thomas Schwinn Soziale Ungleichheit

Für Lukas

Die Beiträge der Reihe Einsichten werden durch Materialien im Internet ergänzt, die Sie unter www.transcript-verlag.de abrufen können. Das zu den einzelnen Titeln bereitgestellte Leserforum bietet die Möglichkeit, Kommentare und Anregungen zu veröffentlichen. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2007 transcript Verlag, Bielefeld Lektorat: Kai Reinhardt, Bielefeld Herstellung: Alexander Masch, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-592-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff.

Inhalt

I. Einleitung

5

II. Soziale Ungleichheit und historische Epochen

14

1. Stratifikation und funktionale Differenzierung 14 2. Ohne Ordnungs- keine Standesbildung: das Mittelalter 20 3. Ständische Rangordnung und neuzeitliche Ordnungsbildung 22 4. Die ständische Überformung der Klassenstruktur im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert 29 5. Soziale Ungleichheit in der Moderne 32 6. Zusammenfassung: Mittelalter, Moderne und soziale Ungleichheit 37

III. Soziale Ungleichheit in differenzierten Ordnungen 46 1. Basale und strategische Momente sozialer Ungleichheit 46 2. Die Konvertierbarkeit von Ressourcen 51 3. Makro, Meso, Mikro und der Lebenslauf 57 4. Die Vielfalt der Lebensführungen 61 IV. Ungleichheitsstrukturen und Institutionen: Basis-Überbau, Entkopplung oder Wahlverwandtschaft? 68

V. Geschlechtsspezifische Ungleichheit

76

1. Geschlecht als Schließungskriterium 76 2. Institutionelle Koordination über geschlechtsspezifische Ungleichheit 82

VI. Konstellationen sozialer Ungleichheit 88 1. Positionale und allokative Ungleichheiten 88 2. Achsen der Ungleichheit und institutionelle Strukturen 94 3. Konfliktfähigkeit und Deutungsmuster 97 4. Konstellationsanalysen und soziologische Ungleichheitstheorie 102

VII. Nationale und globale Ungleichheiten 109 1. Verteilungs- und Legitimationsprobleme im Nationalstaat 110 2. Die kontroverse Rolle des Nationalstaates im Globalisierungsprozess 115 3. Zur Frage globaler Ungleichheitsstrukturen 121 VIII. Schlussbemerkungen

Anmerkungen Literatur

139

134

132

I. Einleitung Die Theorie sozialer Ungleichheit hat seit den Klassikern der Soziologie keine großen Fortschritte zu verzeichnen. Dem immensen empirischen Aufwand, den man bei ihrer Untersuchung betreibt, stehen keine entsprechenden Anstrengungen bei der systematischen Theoriebildung gegenüber (Berger 2004). »Theorie« reduziert sich in den einschlägigen Sammelbänden und Studien auf eine auflistende Aneinanderreihung von einzelnen Ansätzen und Theoremen. Es fehlt jedoch eine Theorie sozialer Ungleichheit, die auf der Höhe der aktuellen Theoriediskussion der Soziologie ist. Das mag damit zusammenhängen, dass sich die empirische Ungleichheitsforschung zu einem der am besten ausgebauten Teilgebiete unseres Fachs entwickelt hat und dadurch – zu sehr mit sich selbst beschäftigt – den Kontakt zur allgemeinen Theorieentwicklung verloren hat. Diese Selbstgenügsamkeit verstellt den Blick auf die soziologische Theoriediskussion. Man sieht nur noch die für das eigene Untersuchungsfeld relevanten Theorieteile und bricht sie aus dem Theoriebestand des Faches heraus. Manche werden gar veranlasst, die Ungleichheitsthematik mit soziologischem Denken generell zu identifizieren. Nach Dahrendorf (1974: 353f.) ist die Ungleichheitsfrage »historisch die erste Frage der soziologischen Wissenschaft. An Hand der verschiedenen Versuche, sie zu beantworten, könnte man eine ganze Geschichte des soziologischen Denkens schreiben […].« Das ist eine Engführung der Perspektive auf soziale Ungleichheit, die dem Thema nicht gut bekommt. Schaut man sich die soziologischen Klassiker an, so gibt es keinen, bei dem es nur um soziale Ungleichheit ging. Das gilt selbst für Karl Marx, der sie zweifelsohne zu einem zentralen Thema macht – aber eben nicht exklusiv. Die Klassen- ist in eine umfassende Makroanalyse eingebunden; das Überbautheorem verbindet Institutionen- und Ungleichheitsanalyse. Noch deutlicher wird dies bei Max Weber, dem mit Abstand wichtigsten Referenztheoretiker der Ungleichheitsforscher: Soziale Ungleichheit ist nur ein Aspekt in seinem Werk. Seine Wirtschafts-, Rechts-, politische, Religions-, Wissenschafts- und Kunstsoziologie entfaltet eine verleichsweise umfassende Konzeption moderner Gesellschaften (Schwinn 2001a), die in der Literatur 5

zur sozialen Ungleichheit jedoch nicht zur Kenntnis genommen wird. Das führt uns zur zentralen These des Buches: Eine zufriedenstellende Ungleichheitstheorie wird nur zu entwickeln sein, wenn sie den Anschluss an die soziologische Theorie hält. Schaut man sich klassische und aktuelle soziologische Theorien unter diesem Aspekt an, so sind es zwei theoretische Konzepte, die sich für eine möglichst umfassende Analyse moderner Gesellschaften anbieten: die Differenzierung von Menschen nach Kriterien sozialer Ungleichheit und die Differenzierung von Ordnungen oder Teilsystemen nach bestimmten Leitkriterien. Obwohl beide Strukturachsen, mit unterschiedlicher Gewichtung bei einzelnen Autoren (Kieserling 2006), im soziologischen Theorienbestand auffindbar sind, wurden sie bisher nicht in ausreichendem Maße verknüpft. Insofern hat die soziologische Theorie der Ungleichheitsforschung auch keine sonderlich attraktiven Erklärungs- und Integrationsangebote gemacht, so dass sich diese verständlicherweise auf Tradiertes zurückzieht und verlässt. Beide Forschungslinien laufen jedenfalls relativ beziehungslos nebeneinander her. In Ungleichheitsanalysen sind die differenzierten Institutionen allenfalls die Orte, an denen sich bestimmte Ausprägungen gesellschaftlicher Ungleichheit manifestieren; für die Differenzierungsprozesse selbst besteht jedoch kein Interesse. Auf der anderen Seite blenden Differenzierungstheoretiker das Ungleichheitsproblem als zweitrangig aus ihrer Aufmerksamkeit aus. Sieht man von dem Intermezzo der Diskussion um die funktionalistische Schichtungstheorie in den 40er bis 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ab,1 entwickeln beide Forschungstraditionen ihre Themen und Fragestellungen weitgehend unabhängig voneinander – man gewinnt den Eindruck, es werden jeweils verschiedene Gesellschaften beschrieben. Das ist ein unbefriedigender Zustand. Die beiden makrosoziologischen Hauptkonzepte können nicht isoliert voneinander zufriedenstellend entwickelt werden. Man begreift Ungleichheitsverhältnisse nicht, ohne ihre Einbettung in das Arrangement der differenzierten Institutionen zu berücksichtigen.2 Und andererseits wird das Differenzierungsmuster der Institutionen durch die sozialstrukturellen Verhältnisse mitbestimmt. In den letzten Jah6

ren hat sich hierzu eine Diskussion (Schwinn 2004a) entwickelt, die durch die provokative Behauptung Niklas Luhmanns (z.B. 1985) angestoßen wurde, soziale Ungleichheit habe heute ihre zentrale strukturelle Bedeutung verloren. Moderne Gesellschaften seien durch einen Primat funktionaler Differenzierung gekennzeichnet und in Abhängigkeit davon rücke soziale Ungleichheit ins zweite Glied. Mit wenigen Ausnahmen (Haller 1986) hat dies auf Seiten der Ungleichheitsforscher keine Reaktionen hervorgerufen. Das ist symptomatisch für das Nichtwahrnehmen der beiden soziologischen Traditionen. Auf Kritik ist die Primatthese Luhmanns bei jenen Autoren gestoßen, die auf dem Felde der Differenzierungstheorie arbeiten (Schwinn 2004a). Die Sichtweise der neueren Systemtheorie steht in auffallendem Kontrast zur Forschungspraxis und soziologischen Literatur, die sich intensiv mit sozialer Ungleichheit und der Sozialstruktur moderner Gesellschaften beschäftigt. Wie gerechtfertigt sind alle diese Studien noch, wenn sie doch angeblich einen unbedeutenden und zweitrangigen Aspekt heutiger Gesellschaften thematisieren? Nun findet man auch auf der Seite der Ungleichheitstheorie Primatansprüche: Soziale Ungleichheit sei die »dominante Hauptachse« (Mayer 1987: 374, 376f.) moderner Gesellschaften; ein »gesellschaftstheoretisches Schlüsselthema« (Kreckel 2004: 21); die sich daran entzündenden Konflikte und Grenzziehungen seien schärfer umkämpft als die aus der funktionalen Differenzierung resultierenden (Hondrich 1987) – oder eben Dahrendorfs (1974: 353) o.g. Einschätzung, die Ungleichheitsfrage sei die erste und zentrale Frage der Soziologie. Angesichts dieser widersprüchlichen Behauptungen ist ein dringender Klärungsbedarf vorhanden. Die Differenzierungstheorie, sei es in der systemtheoretischen oder der handlungstheoretischen Variante (zu Letzterer Schwinn 2001a), stellt eine Herausforderung für die soziale Ungleichheitsforschung dar, weil sie ein umfassenderes Verständnis der Moderne anbietet – gegenüber der Ökonomielastigkeit der Ungleichheitstradition. Diese war und ist in starkem Maße in eine Theorie des Kapitalismus eingebettet, an deren Stelle heute eine differenziertere Beschreibung der modernen Gesellschaft getreten ist. Ihr Kennzeichen ist nicht nur die Verselbstständigung der kapitalistischen Ökonomie, sondern die weiterer primärer Berei7

che (wie Politik, Recht, Wissenschaft, Kunst, Familie, Religion) sowie zusätzlicher sekundärer Bereiche (wie Gesundheit, Sport, Medizin, Erziehung, Medien), deren Ordnungs- oder Teilsystemstatus noch nicht zufriedenstellend geklärt ist. Die Ungleichheitsforschung hat diese Veränderung der Gesellschaftstheorie nicht explizit mitvollzogen, sie spiegelt sie aber implizit in ihren Arbeiten wider. Dass heutige Verteilungs- und Ungleichheitsverhältnisse und damit die Lebenschancen von Menschen im Ensemble mehrerer differenzierter Institutionen entstehen und reproduziert werden, wird in den letzten Jahrzehnten als zunehmende Kritik einer rein klassentheoretischen Erfassung – Klasse als Pendant zur Theorie der kapitalistischen Gesellschaft – sozialer Ungleichheit reflektiert: Horizontale Disparitäten ergänzen die vertikal bestimmte ökonomische Ungleichheit – oder treten in zunehmendem Maße an ihre Stelle (Bergmann et al. 1969); die Erfassung der neuen Formen sozialer Ungleichheit wird durch Beharren auf dem Ansatz der Klassenanalyse erschwert (Lepsius 1979: 206); eine Vielfalt sich überlappender Wohlfahrtskonstellationen wird empirisch festgestellt, die die Individuen je nach Lebensbereich in unterschiedlich privilegierte und defizitäre Situationen versetze (Glatzer/Zapf 1984: 21). Schließlich ließ der Impuls, den Ulrich Becks (1983) Individualisierungsthese vor zwei Jahrzehnten für die Sozialstrukturanalyse freigesetzt hat, neue plurale Formen sozialer Ungleichheiten verstärkt ins Blickfeld der Analysen treten. Die Zeit scheint also günstig, die beiden soziologischen Traditionen ins Gespräch zu bringen, zumal sie in einigen ihrer Grundannahmen konvergieren. Was kann man sich von einer solchen Verbindung der beiden Stränge der Makrosoziologie versprechen? Zum einen kann sie der heutigen Ungleichheitsforschung helfen, wieder stärker Anschluss an theoretische Fragestellungen zu gewinnen. Dem aus der Ungleichheitsdiskussion selbst kommenden Vorwurf, kaum noch etwas Grundlegendes zum Verständnis gegenwärtiger entwickelter Gesellschaften beizutragen (Mayer 1987: 376; Müller 1992: 48; Geißler 1996), und der Enttäuschung über die Theoriebildung in diesem Gebiet (Müller 1997: 39; Berger 2004: 360) kann so begegnet werden. Die Arbeiten zu neuen pluralen Formen sozialer Ungleichheit 8

haben immer vielfältigere Lebensstile, Milieus, Individualisierungen etc. zu Tage gefördert, was mittlerweile zum Eingeständnis einer »Orientierungslosigkeit« (Berger 2001: 220) geführt hat. Spiegelbildlich dazu finden sich jene Arbeiten, die von einer fortbestehenden (Klassen-)Strukturierung sozialer Ungleichheit ausgehen. Man hat den Eindruck, die Ungleichheitsdiskussion kreist in sich selbst und ist mit dem Abarbeiten der Vorwürfe des jeweils anderen Lagers beschäftigt. Auf der Suche nach einem Anschluss an die soziologische Theorie bietet sich die Differenzierungstheorie an (ebd.: 220f.). Sofern Ungleichheitsforscher überhaupt in Kontakt mit dieser Theorie gekommen sind, ist bisher eher kritische Distanznahme, Abgrenzung oder gar Zurückweisung feststellbar (Haller 1986; Berger/Hradil 1990: 18f.; Neckel 2001: 253), ohne dass die Urteile auf der Grundlage einer sorgfältigen Auseinandersetzung geführt werden. Die Ungleichheitsforschung leidet also unter einer zunehmenden Zerfaserung ihrer Thematik. Auf zweierlei Weise verliert sie ihre theoretische Klammer. Zum einen geht ihr der gesellschaftstheoretische Anschluss verloren: Bei den Klassikern war die Thematisierung sozialer Ungleichheit eingebettet in eine Theorie der Gesellschaft. Sie war nicht selbstgenügsam und auch nicht unabhängig von dieser formulierbar. Zum anderen verliert die Ungleichheitsforschung ihre innere Klammer. Immer mehr Dimensionen sozialer Ungleichheit werden entdeckt: Klassen, Milieus, Geschlecht, Ethnie, Alter, Region etc. – es bleibt aber offen, wie sie zusammenhängen. Diese Diagnose sollte Anlass zur Besorgnis geben, weil sich damit ein zentrales Feld soziologischer Analyse in beliebige Pfade und Richtungen verläuft. Die Ungleichheitstheorie hat in jüngster Zeit ihre diagnostische und prognostische Wegweiserfunktion weitgehend eingebüßt. Das lässt sich etwa ablesen an jenen Etikettierungen der letzten Jahrzehnte, mit denen man schlagwortartig zentrale Aspekte heutiger Gesellschaften zu charakterisieren versucht: Risikogesellschaft, Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft, Weltgesellschaft, zweite Moderne3, multiple Moderne usw. Bei aller Vorsicht und Zurückhaltung, die bei solchen Schlagworten angebracht sind, fällt doch auf, dass keines aus der Ungleichheitstheorie selbst stammt. 9

Hingegen lässt sich feststellen, dass fast jede dieser Gesellschaftsbeschreibungen wesentliche Impulse aus der Differenzierungstheorie bekommen hat bzw. relativ gut mit dieser erklärbar ist. Noch in den Nachkriegsjahrzehnten hat die Ungleichheitstheorie zentrale Diskussionen des Fachs zu fokussieren gewusst, wie die um die sogenannte »nivellierte Mittelstandsgesellschaft« oder um die Frage »Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft« auf dem Soziologentag 1968. Aufmerksamkeit scheint man in den zurückliegenden Jahren eher mit Formulierungen wie »individualisierte« oder »Erlebnisgesellschaft« zu gewinnen – Begriffe, welche die Relevanz der Ungleichheitsthematik gerade bestreiten. Die zerfaserte Situation der Ungleichheitsforschung zieht die soziologische Theorie insgesamt in Mitleidenschaft. Wenn diese eine zentrale makrosoziale Dimension verliert, sollte man von ihr keine allzu verlässlichen Diagnosen und Prognosen zur Entwicklung heutiger Gesellschaften erwarten. Was sind nun aber die Gründe für die mangelhafte Verknüpfung der beiden Soziologien? Zunächst fällt eine unterschiedliche Gewichtung von Theorie und Empirie in beiden Traditionen auf. Während die heutige Sozialstrukturforschung eine starke Tendenz zur Empirisierung und Beschreibung aufweist, dominiert bei den Differenzierungsanalysen die Theoriearbeit. Letztere haben wiederum keine korrespondierende empirische Forschung aufzuweisen. Die Rezeption der Ergebnisse der Ungleichheitsforschung kann dazu dienen, der Differenzierungstheorie eine stärkere ›Bodenhaftung‹ zu verschaffen,4 und sie kann davor bewahren, der Primatthese funktionaler Differenzierung aufzusitzen und das Thema soziale Ungleichheit theoretisch in die zweite Reihe zu schieben. Man darf in der Verbindung beider Stränge makrosoziologischen Denkens nicht dem einen, der Differenzierungstheorie, den Theoriepart zuweisen und der Ungleichheitsforschung empfehlen, dort ihre theoretischen Grundlagen zu suchen. Eine unvoreingenommene Analyse, die sich den Blick nicht durch die Primatannahme verstellen lässt, hat nicht zum Ziel, die Problemstellung der einen Theorie in der der anderen aufzulösen, sondern den Zusammenhang zwischen beiden zu klären. Soziale Ungleichheit und Differenzierung bilden jeweils eigen10

ständige Ordnungen und Strukturen aus, die wechselseitig füreinander Kontextbedingungen darstellen. Einer Vermittlung steht zudem entgegen, dass die beiden Soziologien auch durch einen methodologischen Graben getrennt sind. Von Parsons und Luhmann wird die Differenzierungs- als Systemtheorie ausgearbeitet, während Weber, Geiger, Dahrendorf und die heutigen Ungleichheitsforscher vor allem handlungstheoretisch denken und arbeiten. System- und Handlungstheorie sind methodologische Grundunterscheidungen – oder in Luhmanns Worten: »Supertheorien«. Differenzierung und soziale Ungleichheit sind theoretische Konzepte und in Bezug darauf spreche ich von »zwei Soziologien«. Beide Unterscheidungen liegen nicht auf der gleichen Ebene. Es lassen sich keine zwingenden Gründe anführen, eine bestimmte Methodologie einem bestimmten Theoriegebiet zuzuordnen: die Systemtheorie der Differenzierungsthematik und die Handlungstheorie der sozialen Ungleichheit. Es gibt systemtheoretisch geprägte Ungleichheitsanalysen (Karl Marx, Georg Lukács) ebenso wie handlungstheoretische Differenzierungskonzeptionen (Max Weber, Schwinn 2001a). Im vorliegenden Band wird eine handlungstheoretische Analyse und Verknüpfung beider Problemfelder verfolgt. Die methodologische Seite möchte ich hier nicht weiterverfolgen (Schwinn 2004b: 13f.). Die Hauptprobleme bei der Vermittlung der beiden Traditionen sind theoretisch-konzeptioneller Art. Ein Problem dabei besteht in den grundlegend verschiedenen Ausgangspunkten der zwei Strukturdimensionen. Die Differenzierungstheorie geht von einer Ungleichartigkeit der Ordnungen oder Teilsysteme aus, die Ungleichheitsanalyse dagegen von einer Ungleichwertigkeit von sozialen Lagen. Entsprechend dieser völlig unterschiedlichen Anfangsunterscheidungen verläuft die historische wie systematische Entfaltung der zwei Theorieperspektiven in ganz verschiedene Richtungen. Die Ungleichwertigkeit von Lebenslagen lässt sich nicht aus der Ungleichartigkeit von Ordnungsprinzipien ableiten und vice versa. Die Behauptung des Primats einer Strukturdimension ist theoretisch problematisch, weil es sich um inkommensurable Kriterien handelt, die auf der Ebene der Grundunterscheidungen prinzipiell nicht auseinander ableitbar sind. Soziale Ungleichheit ist ein Relationsbegriff: Eine 11

Klasse, Schicht, Lage oder ein Milieu wird in Beziehung auf eine oder mehrere andere Klassen, Schichten etc. bestimmt. Die bei Weber den differenzierten Ordnungen zugrunde liegenden Wertsphären – bei Luhmann die Codes – sind dagegen nicht-relational eingeführt: Man kann einen einzelnen Wert oder Code ohne Bezug auf einen anderen bestimmen. Es handelt sich um sachlich inkompatible Logiken. Zwar beschreibt Weber das Verhältnis der Wertsphären untereinander ähnlich wie das der Klassen in Termini eines Kampfes, aber es ist ein Kampf, bei dem es nicht ums Gleiche geht. Es handelt sich um Wert- oder Codeunverträglichkeiten. Bei sozialer Ungleichheit muss dagegen immer ein Vergleichs- oder Relationskriterium angegeben werden. Ein weiterer Unterschied kommt hinzu. Ungleichheitsanalysen interessieren sich für die Frage, ob die sozialen Kategorien von Akteuren bloße statistische Aggregate darstellen oder ob ihnen eine entsprechende Selbstwahrnehmung auf Seiten der Akteure korrespondiert. Dieses Problem von »Klasse an sich« und »Klasse für sich« hat auf Seiten der Differenzierungstheorie kein Gegenstück: Ordnungsbildung über Leitideen setzt per Definition eine Orientierung bei den Akteuren voraus. Es gibt Ungleichheitslagen an sich, aber keine Ordnungen an sich. Klassen gibt es auch, wenn sich die Akteure ihrer nicht bewusst sind, Ordnungen sind dagegen immer schon vergesellschaftete. Institutionen setzen einen Kernbestand an bewusster, mehr oder weniger reflektierter Orientierung an den sie tragenden Werten voraus. Dieser Vergesellschaftungsvorsprung der Ordnungsdifferenzierung gegenüber sozialen Klassen ist im Falle ständischer Ungleichheit nicht gegeben. Stände haben per se Momente gleichen Bewusstseins und Handelns. Klassen sind zunächst nur durch Ressourcen bestimmt, die ein bloßes Potenzial der Vergesellschaftung enthalten. Stände konstituieren sich dagegen primär in der symbolischen Sphäre und durch familiale Sozialisationsprozesse – und sind dadurch immer schon in gewissem Maße vergesellschaftet. »Even in the absence of concerted action, families share a style of life and similar attitudes. Classes without organization achieve nothing. But families in the same status-situation need not communicate and organize in order to discriminate against people they consider inferior. Weber understood that their solidarity 12

against outsiders may remain intact even when they are divided by intense rivalries.« (Bendix 1974: 153) Im Übergang von ständischer zu klassengeprägter Ungleichheit verliert soziale Ungleichheit ihre mehr oder weniger automatischen Vergesellschaftungseffekte. Dies mag einer der Gründe sein, der die Systemtheorie veranlasst, in der Moderne von einem Primat der funktionalen Differenzierung zu sprechen. Die grundlegende Bedeutung der hier in den Mittelpunkt gestellten beiden Strukturdimensionen sieht man daran, dass mit ihnen sozialevolutionär verschiedene Gesellschaftsstufen abgegrenzt werden: ständische versus Klassengesellschaft, stratifizierte versus funktional differenzierte Gesellschaft. Zugleich ist aber strittig, welche Strukturdimension der Taktgeber des gesellschaftlichen Formenwandels ist. Die These eines Übergangs von der ständischen zur Klassengesellschaft sieht einen Wechsel der Ungleichheitsform, die Einteilung in segmentierte, stratifizierte und funktional differenzierte Gesellschaften präferiert dagegen die Differenzierungsform als evolutionäres Unterscheidungskriterium. Solange das Verhältnis beider Strukturachsen nicht geklärt ist, wird auch die Frage des historischen Wandels von Gesellschaftstypen nicht zufriedenstellend zu beantworten sein. Im folgenden Kapitel gehe ich zunächst den historischen Beziehungen von sozialer Ungleichheit und Differenzierung vom Mittelalter bis in die Moderne nach (II). Auf der prinzipiellen Ebene der Grundunterscheidungen sind die beiden Theorien nicht zu verknüpfen – ein Grund für ihr wechselseitiges NichtWahrnehmen.5 Die Vermittlung ist auf anderen, der Grundunterscheidung nachgeordneten Ebenen zu suchen. Dabei werde ich zunächst der Verknüpfung von der Differenzierungstheorie aus nachgehen (III) und mich dann der umgekehrten Wirkungsrichtung widmen (IV). Die analytische Fruchtbarkeit einer Kombination der beiden Strukturachsen lässt sich am Beispiel verschiedener Untersuchungsfelder demonstrieren: geschlechtsspezifische Ungleichheit (V); komplexe Ungleichheitsverhältnisse im Zusammenspiel von Klasse, Ethnie und Geschlecht (VI) sowie globale Ungleichheiten (VII).

13

II. Soziale Ungleichheit und historische Epochen Mit sozialer Ungleichheit und der Differenzierung von Ordnungen verbinden sich Annahmen zum historischen Wandel des Verhältnisses dieser beiden wichtigsten makrosozialen Strukturdimensionen. Luhmanns Überlegungen (II/1) bieten einen geeigneten Ausgangspunkt, um den historischen Beziehungen zwischen Ordnungsdifferenzierung und sozialer Ungleichheit nachzugehen. Die Primatthese der neueren Systemtheorie ist historisch fundiert: Vormoderne Gesellschaften sind durch stratifikatorische Differenzierung charakterisiert – moderne hingegen durch funktionale Differenzierung. Der jeweils andere Differenzierungstypus tritt ins zweite Glied. Die These eines Wechsels von einer durch soziale Ungleichheit geprägten vormodernen Gesellschaftsphase zu einer funktional differenzierten modernen Gesellschaft ist jedoch zu einfach und daher korrekturbedürftig. Dies macht es notwendig, genauer nach historischen Phasen das Verhältnis der beiden Strukturvariablen zu bestimmen: Mittelalter (II/2), Neuzeit (II/3), 19. und beginnendes 20. Jahrhundert (II/4) und Moderne (II/5). Dabei werden auch die Übergangsprozesse genauer in den Blick genommen. Für eine angemessene, historisch informierte soziologische Verhältnisbestimmung werden abschließend erste Orientierungspunkte gewonnen (II/6).

1. Stratifikation und funktionale Differenzierung Mit dem Paradigmenwechsel der Systemtheorie von Talcott Parsons zu Niklas Luhmann büßt soziale Ungleichheit ihre Bedeutung als eine wichtige gesellschaftliche Strukturachse weitgehend ein. Die an Parsons anschließende funktionalistische Schichtungstheorie hatte sozialer Ungleichheit noch eine wichtige Funktion eingeräumt. Zwar war sie auch hier schon sekundär, d.h. abgeleitet aus der sogenannten ›funktionalen Wichtigkeit‹ unterschiedlicher Sektoren und Positionen der Gesellschaft, aber sie war unentbehrlich für den Bestand einer Gesellschaft – es war eine durchgehende Schichtungsordnung. Luhmann streicht beide Momente: Soziale Ungleichheit hat keine Funktion mehr in der 14

differenzierten Gesellschaft. Sie ist bloßes Neben- und Abfallprodukt des Operierens der Teilsysteme und sie bildet sich nicht mehr zu einer stabilen, übergreifenden Ungleichheitsordnung heraus. Die Ungleichheitsmomente der einzelnen Teilsysteme summieren und arrangieren sich nicht mehr zu einer Struktur. In der funktionalistischen Schichtungstheorie wurde soziale Ungleichheit aus den Unterschieden in der funktionalen Bedeutung verschiedener Positionen abgeleitet. Bei Knappheit der Talente muss durch eine differenzielle Belohnungsstruktur dafür Sorge getragen werden, dass die funktional wichtigen Positionen auch besetzt werden (Parsons 1973: 180ff.; Davis/Moore 1967). Luhmann bestreitet die These, dass Schichtung in Bezug auf Aufstiegsmotivation und Personalauslese noch eine Funktion habe (Luhmann/Schorr 1979: 240; Luhmann 1985a: 151; 1997: 774). Schichtung ist für ihn heute funktional ohne Bedeutung. Das Prinzip funktionaler Differenzierung erlaubt im Gegensatz zur funktionalistischen Schichtungstheorie nicht die Unterscheidung in ›wichtige‹ und ›unwichtige‹ Tätigkeitsfelder. Hierarchien sind aus Funktionen nicht ableitbar. Das Prinzip funktionaler Differenzierung spreche nicht dagegen, dass Privilegien gleich verteilt seien, dass ›auch Nobelpreisträger ihre Schuhe selbst putzen müssen‹. Dennoch sieht auch Luhmann, dass sie dies in der Regel nicht tun – Schichtung verschwindet nicht in modernen Gesellschaften. Sie sei hier ein Nebenprodukt des Operierens der Funktionssysteme selbst (Luhmann 1977: 41; Luhmann/Schorr 1979: 237ff.; Luhmann 1985a: 143ff.; 1989: 268; 1997: 774). Sowohl die ältere wie die neuere Systemtheorie leiten die Schichtung aus den Funktionsbereichen ab, mit dem Unterschied, dass sie für Luhmann keine funktionale Bedeutung mehr hat. Sie ist für die Reproduktion der Funktionssysteme nicht erforderlich. Kleine Anfangsvorteile oder -nachteile summieren sich für den Einzelnen im Konzert der Teilsysteme zu positiven oder negativen Karrieren. »Wer schon Kapital hat, bekommt eher Kredit und hat eher Chancen, wirklich reich zu werden. Wer schon öffentliches Ansehen genießt, hat es leichter, in einer politischen Partei zu Einfluss zu gelangen. Wer schon educogen sozialisiert ist findet sich im Prozess der weiteren Erziehung bevorzugt und wie bei einer Kristallbildung absorbieren die schon begonnenen Kris15

tallisationsprozesse die Ressourcen, die auch anderswo hätten verwendet werden können.« (Luhmann/Schorr 1979: 239)6 Solche Unterschiede kumulieren nicht nur zur individuellen Form sozialer Ungleichheit in Gestalt von Karrieren, sondern sie verfestigen sich auch zu Verteilungsclustern. Schichtung bündelt Startvorteile über verschiedene Funktionsbereiche hinweg und eröffnet den höheren Schichten bessere Partizipations- und Chancennutzungsmöglichkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen. Von erheblicher Bedeutung für die intergenerationelle Weitergabe und Kumulation von Startvorteilen ist dabei die Familie (ebd.: 241). In ihr werden die teilbereichsspezifischen Privilegien – wirtschaftliche, bildungsmäßige, berufliche – zu einem schichtspezifischen Lebensstil verknüpft und über entsprechende Sozialisationsstile weitergegeben. Die Inklusion der Personen in die Teilsysteme startet daher nie voraussetzungsfrei. Ein Problem besteht darin, dass einerseits behauptet wird, das Prinzip funktionaler Differenzierung schließe die kumulative Verkettung der funktionsspezifischen Ressourcen (Macht, Geld, Bildung etc.) untereinander aus, dass andererseits aber doch die Kumulation dieser einzelnen sozialen Ressourcen zu stabilen Soziallagen festgestellt wird (Luhmann 1985a: 144f.; 1995: 249f.). Die sich zu funktionsübergreifenden Soziallagen stabilisierenden Differenzen liegen quer zum funktionalen Differenzierungsprinzip. Werden Erstere zunächst als bloßes funktionsloses Nebenprodukt von Letzterem erklärt, wird dann aber doch die eigenständige ›Funktion‹ von Schichtung erkannt. Ein zentrales Problem funktionaler Differenzierung liegt darin, dass sie »Fragen der Verteilung nicht regelt. Ihre Subsysteme sind auf Problemlösung und Ressourcenbeschaffung ausgerichtet. Das ist Gegenstand ihrer Kommunikation. Die daraus sich ergebende Verteilung bliebe dem Zufall überlassen. Eine solche Ordnung wäre aber für die funktional differenzierte Gesellschaft selbst zu komplex. Deshalb akzeptiert sie jene Clusterbildungen und bevorzugt das, was in anderen Hinsichten schon bevorzugt ist.« (Luhmann 1985a: 145) Wenn das Prinzip funktionaler Differenzierung das Verteilungsproblem nicht lösen kann und hier auf Mechanismen zurückgreift, die nicht seiner Logik entspringen, stellt Schichtung aber eine eigenständige Sozialdimension dar, die nicht aus der 16

anderen abgeleitet werden kann. Hierbei vom Primat eines Differenzierungsprinzips auszugehen, erscheint problematisch. Wie wird dieser Primat begründet? Hierarchische Differenzierung, d.h. soziale Ungleichheit, verliere den Zugriff auf das Interaktions- und Kommunikationsgeschehen (ebd.: 130ff.). Gemäß Luhmanns Prämisse, dass Gesellschaft aus Kommunikationen bestehe, erfassen die Differenzierungsprinzipien die zentralen Regelungsformen dieser Kommunikationen. Die primäre Regelungsform wird von Rang auf Funktion umgestellt. Im Kommunikations- und Interaktionsgeschehen muss jeder Einzelne nicht mehr wissen, welcher Schicht er zugehört und entsprechend sein Verhalten gegenüber den anderen einstellen, sondern er muss wissen, ob bestimmte Kommunikationen als politische, wirtschaftliche, familiale, religiöse etc. vollzogen werden. Zwar besteht die clusterhafte Verteilungsordnung in Form von Klassen fort, im Gegensatz zu den Ständen lässt sie aber wesentlich größere Freiheiten der Rollenwahl zu – die Kombinations- und Kommunikationsmöglichkeiten nehmen auf Rangdifferenzen keine Rücksicht mehr. Schichtungsordnung und Interaktionsbzw. Kommunikationsordnung fallen auseinander. Mit Verweis auf Pierre Bourdieu ist Luhmann aber erstaunt über den verbissenen Kampf gegen Nivellierung und das Bemühen, kleinsten Unterschieden eine soziale Bedeutung abzugewinnen, obwohl dieses Bemühen gerade durch seine Vergeblichkeit und dem Fehlen eines gesellschaftsstrukturellen Hintergrundes charakterisiert sei (Luhmann 1997: 774f. FN). Unbestreitbar hat sich der Zugriff der Schichtung auf das Interaktionsgeschehen gegenüber der vormodernen Ständeordnung gelockert, dennoch hat aber die Verteilungsordnung ihr soziales Regelungspotenzial nicht eingebüßt. Luhmann selbst versteht die »unequal distribution of wealth and power« als »unequal distribution of communication potential« (Luhmann 1977: 33). Es ist daher ratsam, das historische Verhältnis von sozialer Ungleichheit und Ordnungsdifferenzierung nicht vorschnell theoretisch festzulegen. Die vormoderne, feudale Gesellschaft ist nach Luhmann durch den Primat sozialer Ungleichheit charakterisiert (Luhmann 1997: 678ff.; 1980: 26). Ordnungsbildungen müssen sich hier an der Stratifikation ausrichten. Es sind durchaus funktionsspezifische 17

Situationen, Rollen oder auch Organisationen vorhanden, sie werden aber nach Maßgabe von Schichtdifferenzen reguliert. Neue Professionen werden als Stände der Rangordnung eingegliedert, und in funktionsspezifischen Handlungssituationen dominierte vielfach der hohe ständische Status des Klienten die Professionsrolle (Stichweh 1991: 35; 1994: 285, 371). Die Schichtzugehörigkeit wirkte hier multifunktional, da sie alle Vorteile bzw. Nachteile in allen Bereichen der Gesellschaft bündelte und damit der funktionalen Differenzierung unüberwindbare Schranken zog. Die sich an Rangunterscheidungen orientierende Lebensweise wird über alle Bereiche hinweg durchgehalten. Das Rangkriterium schlägt das Funktions- oder Leistungskriterium. Dies gilt auch für Inklusion, die durch Stratifikation geregelt wird. Man kann nur einem Stand angehören und ist mit diesem Rangordnungsindex sozial eindeutig verortet. Wie bei funktionaler handelt es sich nach Luhmann auch bei stratifikatorischer Differenzierung um eine Ordnung von Kommunikation (Luhmann 1980: 73; 1997: 685f.). Schichten oder Strata stellen Teilsysteme dar, die untereinander eben nicht funktional, sondern rangmäßig gegliedert sind. Und wie die funktionalen Teilsysteme ihre internen Kommunikationen über einen Code binden, wird das schichtinterne Kommunikationsgeschehen durch ein bestimmtes Ethos homogenisiert. Bei funktionaler Differenzierung muss man wissen, wie in den einzelnen Teilsystemen, und bei stratifikatorischer Differenzierung, wie in den einzelnen Ständen kommuniziert wird. Kommunikation unter Gleichen wird erleichtert – und diese Form eignet sich nicht zur Kommunikation mit jedermann, d.h. über Schichtgrenzen hinweg. Gemäß seinem Gesellschaftsverständnis geht es Luhmann bei Stratifikation nicht wie üblicherweise um die unterschiedliche Verteilung materieller und immaterieller Vor- und Nachteile, sondern um die Ordnung von Kommunikation durch Systemdifferenzierung der Gesellschaft. Luhmanns Leitthesen zur feudalen und modernen Gesellschaft sind relativ schematisch formuliert: zunächst ein Primat stratifikatorischer Differenzierung und in Abhängigkeit davon funktionale Differenzierung auf Aggregatebenen unterhalb des Ordnungsniveaus (Rollen, Organisationen) – und dann der Pri18

mat funktionaler Differenzierung, aus deren Effekten moderne Schichtung entsteht, die aber auf der bloß individuellen Aggregatebene von Karrieren oder bloßen Verteilungsclustern stehen bleibt, die sich nicht mehr zu einer Schichtordnung formieren. Hier muss an eine Kritik von Renate Mayntz (1970: 22; vgl. a. Buckley 1958: 372; Kocka et al. 1980: 20f.) an der funktionalistischen Schichtungstheorie erinnert werden. Sie warf dieser vor, die beiden Differenzierungstypen unhistorisch voneinander zu trennen: Die funktionale Arbeitsteilung habe bereits stattgefunden, wenn die Theorie die Frage stellt, warum die Positionen und die sie besetzenden Personen mit unterschiedlichen Belohnungen versehen sind. Nun bemüht sich Luhmann zweifelsohne immer wieder um eine historische Illustrierung seiner Theorie, aber seine Leitthesen lassen sich durch Historie und Empirie nur bedingt belehren. Der Primat stratifikatorischer bzw. funktionaler Differenzierung wird gesetzt und in Abhängigkeit davon die jeweils andere Differenzierungsart ins zweite Glied gedrängt. Zu sehr mit dieser Differenzierungslogik beschäftigt, geraten die historischen Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Differenzierungsprozessen, deren genauere Analyse schon Mayntz für die funktionalistische Schichtungstheorie eingeklagt hat, aus dem Blick. Es ist z.B. unplausibel, dass sich eine strikt ständisch differenzierte Gesellschaft aufrechterhalten lässt, wenn sich die oberen Stände nicht zentral auf spezifische Ordnungen stützen konnten und daraus ihre Ungleichheiten erzeugenden Privilegierungen zogen. Umgekehrt versteht man die Dynamik moderner Ordnungen nicht, wenn man sie von Auseinandersetzungen um Verteilungen im Schichtungsmuster löst. Und wie lässt sich jene mehrere Jahrhunderte dauernde Phase des Spätmittelalters und der Neuzeit charakterisieren, die mit keiner der beiden Leitthesen richtig erfasst werden kann? Luhmann selbst weist darauf hin, ohne dies weiterzuverfolgen, dass gerade in dieser Phase Stratifikation deutlich hervortritt, zugleich aber die funktionale Differenzierung in zunehmendem Maße greift (Luhmann 1997: 682f.).7 Dies macht es notwendig, das Verhältnis beider Differenzierungsvarianten nach historischen Phasen zu unterscheiden. Ich werde mich dabei auf die von Luhmann jeweils nachgeordnete Differenzierungsform konzentrieren. 19

2. Ohne Ordnungs- keine Standesbildung: das Mittelalter Im Okzident steht die Standesbildung in engem Zusammenhang mit spezifischen Ordnungsbildungen (vgl. Schwinn 2001a: 259ff.). Mayntz’ Forderung, die historische Wechselwirkung beider Differenzierungsarten stärker zu berücksichtigen, lässt sich hier einlösen. Der Klerus war in Europa das Vorbild aller privilegierten Stände und dessen Konstitution ist an die religiöse Ordnungsbildung gebunden (Hintze 1970: 87ff.; Oexle 1987: 86ff.; Berman 1995: 182f.). Die Unterscheidung von Klerus und Laien ist weder den antiken griechischen und römischen Religionen noch dem Neuen Testament bekannt. Erst mit der Kirchenbildung setzt sich diese innergemeindliche Differenzierung durch. Im Laufe des vierten Jahrhunderts hat der Klerus als Stand durch seine politische, rechtliche und wirtschaftliche Privilegierung eine außerordentliche Kohäsion erhalten. Diese Sonderstellung wird durch die Entwicklung einer eigenen Standesethik im Zeichen der Zölibatsforderung noch verstärkt. Eine weitere Abgrenzung und Homogenisierung des Klerus vollzieht sich in der Folge des Investiturstreits im elften Jahrhundert. Die Straffung der kirchlichen Ordnung und die Durchsetzung ihrer Autorität gegenüber der weltlichen Macht machen den Klerus zum ersten stammesund feudalübergreifenden Stand Europas. Der Klerus erwarb bzw. erhielt für seine grundherrschaftliche Sphäre Immunität von patrimonialen Eingriffen und eine eigene Gerichtsbarkeit – »also eine Übertragung von staatlichen Hoheitsrechten, die den Kern aller politischen Privilegierung der Stände im Abendland ausmacht. Diese Immunität wird nach dem Vorbild der Kirche auch von den weltlichen Großen erstrebt und erreicht. Sie ist die Grundlage für das ganze Privilegienwesen, das den ständischen Staat überall charakterisiert.« (Hintze 1970: 101; Oexle 1990: 33ff.) Von großer Bedeutung für die Ausbildung der ständischen Versammlungen zu regelmäßigen Institutionen ist das Beispiel der kirchlichen Konzilien im Mittelalter geworden. Der hohe Klerus war dabei Mitglied und meist auch Führer der reichsständi-

20

schen Bewegungen und in den weltlichen Landes- oder Reichsversammlungen vertreten. Die Partizipation an politischer Herrschaft durch die Erringung von Hoheitsrechten bringt den Vorgang der Standesbildung wesentlich in Gang. Dies gilt für den Adel insgesamt wie seine interne Differenzierung (Oexle 1990: 41ff., 48; Dilcher 1990: 72). Seit der Zeit Karls des Großen ist die Nähe zum König, die Art der Aufgaben und übertragenen Ämter im Reich das Kriterium zur internen Abstufung und Hierarchisierung des Adels selbst. Diese institutionelle Verankerung des Adels im Herrschaftsgefüge taucht in seinen Legitimationsformen wieder auf. »Adel« ist unter anderem eine vom König verliehene Qualität. Selbst das adlige Erziehungsprogramm, das ein geburtsständisches Ethos kultivierte, steht im Zusammenhang mit der Herrscherethik (Oexle 1990: 37). Standes- und Ordnungsbildung sind hier also eng verknüpft und stimulieren sich wechselseitig. Dies ist etwas spezifisch Okzidentales. Stände im Sinne einer bloß sozialökonomischen Differenzierung der Bevölkerung oder auf der Grundlage von Sitte und Herkommen sind in allen Kulturen verbreitet (Hintze 1970: 87ff.). Was aber hierbei fehlt, ist die rechtliche und politische Privilegierung der Stände. So fehlt der indischen Kastengliederung jeder Bezug zu einer politischen Repräsentation, auch bei den oberen Kasten. Deren Privilegien verdanken sich nicht durchsetzungsfähigen Ansprüchen gegenüber einer Staatsgewalt, sondern sind durch religiöse Sitte und Herkommen geregelt. Ein entscheidender Faktor hierbei ist die Stärke oder Schwäche der patrimonialen Macht. Eine starke Macht des patrimonialen Zentrums mit staatlich-bürokratischer Heeresverwaltung wie in China und Russland verwehrt den höheren Ständen Privilegien und die Möglichkeiten eines korporativen Zusammenschlusses. In China war zudem Religion weitgehend Staatsangelegenheit und in Russland hatte die Kirche nie jene Immunitätsprivilegien wie im Westen. Die schwachen Patrimonialmächte Westeuropas haben dem Klerus, dem Adel und dem Bürgertum Entfaltungschancen geboten. Der Machthaber war auf die kulturell, militärisch und finanziell leistungsfähigen Schichten angewiesen. Deren guter Wille musste belohnt werden durch weitgehende Berücksichti-

21

gung ihrer ökonomisch-sozialen Interessen und durch Konzessionen und Freiheiten politischer Natur, wie sie in den ständischen Privilegien zum Ausdruck kommen. Die okzidentalen Stände verdanken sich einer spezifischen Ordnungskonstellation und wirken zugleich ordnungsbildend auf diese zurück: Klerus und Kirche, Adel und politisch-ständische Repräsentativverfassung, Bürgerstand und privilegierte Stadtgemeinden, Gelehrte als eigener Stand und Universitäten. Diese Zusammenhänge geraten aus dem Blick, wenn man vom Primat eines Differenzierungsmusters ausgeht. Die Ständegliederung ist nicht traditionalistisch und religiös fixiert und stillgestellt wie in Indien oder in ihrer Entfaltung stark gebremst wie in China, sondern die Stände sind hier Akteure eigenständiger Ordnungsbildungen und Institutionalisierungsstrategien, denen sie in erheblichem Maße ihre ständischen Privilegien verdanken. Dies macht die strukturelle Heterogenität der okzidentalen Grundkonstellation aus und ihre Dynamik in Richtung moderner Ordnungsdifferenzierung verständlich (Schwinn 2001a: 259ff.).

3. Ständische Rangordnung und neuzeitliche Ordnungsbildung Stratifikatorische Differenzierung zeichnet sich nach Luhmann durch die Demonstration von Gleichheit innerhalb der oberen Stände aus (Luhmann 1981: 178). Er überschätzt jedoch die Einheit der Oberschichten(kommunikation) in der Vormoderne (Hahn 1981: 351; Burke 1981: 40; Hahn 1984: 192). In vielen Hochkulturen konnte nicht die gesamte Oberschicht lesen und schreiben, wie der größte Teil des europäisch-mittelalterlichen Kriegeradels. Die oberen Stände werden erheblich durch ordnungsspezifische Kriterien fragmentiert. Neben geburtsständischen spielen berufsständische Kriterien eine Rolle bei der Standesbildung, ebenso die ständische Appropriation von politischer und hierokratischer Macht (politische bzw. hierokratische Stände) (Weber 1980: 180). Die Ständegliederung wird jedoch nicht durch zunehmend neue, an Berufen orientierten Kategoriensystemen bedroht oder aufgelöst (Schwer 1934; Schulze 1988: 9). Die sich 22

differenzierenden Tätigkeiten werden durch spezielle Berufsethiken sowie summarische Bezeichnungen ständisch aufgefangen und in der mittelalterlichen katholischen Idee des organischen Zusammenhangs mit seinen Teilen integriert (Troeltsch 1994: 286ff.). Wichtige Wandlungsimpulse bekommt die ständische Ordnung dagegen durch die politische und wirtschaftliche Dynamik, die aus der Konkurrenz mehrerer Staaten resultierte (Schwinn 2001a: 284ff.). In Ländern wie Italien und Spanien, die außerhalb dieser Dynamik standen, wurde die Ständegesellschaft kaum ernsthaft bedroht (Hinrichs 1980: 79, 171, 177). Am durchlässigsten erwies sich die ständische Ordnung in England (Dülmen 1982: 132, 188f.; Hinrichs 1980: 79f.; kritisch zu dieser These Stone/Stone 1984). Über expansive wirtschaftliche Aktivitäten und die politische Mitbestimmung im Parlament, d.h. durch ökonomische und politische Potenz, gelang hier dem Bürgertum der Aufstieg in adlige Schichten. Andererseits übernahm der Adel zunehmend bürgerliche Tätigkeiten. So finden sich kapitalistische Unternehmer in bürgerlichen wie in adligen Kreisen. In Frankreich und Deutschland war es vor allem die Verwaltungsbürokratie des frühmodernen Staates, die die Ständeordnung veränderte. Diese wurde nicht aufgelöst, sondern in eine staatlich gesicherte Rangordnung überführt. Die Machtmonopolisierung durch den Fürsten brachte eine Einbindung der Stände in die staatliche Ordnung mit sich. An die Stelle feudalständischer Selbstbestimmung trat eine staatlich geschützte Ständeordnung. Die nicht normierten mittelalterlichen Standesunterschiede wurden nun in schriftlich und rechtlich fixierte Rangordnungen überführt. »Während sich im Mittelalter ein armer Adliger und ein reicher Bauer wenig voneinander unterschieden, ein Bürgerlicher höhere politische Stellungen einnehmen konnte als ein Adliger, die Lebenswelten noch nicht radikal geschieden waren, alle Stände bei allem politischen und rechtlichen Unterschied in etwa die gleiche Lebensweise hatten, wurde die Kluft seit dem 16. Jahrhundert immer größer.« (Dülmen 1981: 24) Was Luhmann als Kennzeichen der vormodernen Gesellschaft herausstreicht – eine klar fixierte hierarchische Rangordnung –, ist erst ein Produkt der frühen Neuzeit (Hinrichs 1980: 77ff., 151; Saalfeld 1980: 458; Burke 1981: 285ff.; Dülmen 1982: 23

13ff., 102ff.; Coing 1980: 756; Dülmen 1992: 7), in der die sich ausdifferenzierenden Ordnungen an Dynamik gewinnen. Adlige Elitekultur und Lebensgewohnheiten unterschieden sich im Mittelalter wenig vom einfachen Volk, dem Luhmann in seinen Analysen keine Beachtung schenkt. Zwischen 1500 und 1800 vollzieht sich in allen europäischen Ländern eine tiefe Kluft zwischen den oberen Schichten und dem Volk. Diese Absonderung der oberen Stände steht im Zusammenhang mit der neuzeitlichen Ordnungsdynamik. Im Falle des Klerus gehört die Distanzierung vom »gemeinen Volk«, ein Begriff, der in dieser Zeit negativ konnotiert wird, zum Programm der Reformation und der Gegenreformation. Der einstige Gemeindepfarrer, der sich wenig von seinen Klienten unterschied, wird zum neuen Typus des Priesters, der eine umfassendere Bildung besaß und ein höheres soziales Ansehen genoss. Dadurch entfernte er sich viel weiter von seiner Gemeinde. Für den Adel war die Renaissance und die höfische Kultur ausschlaggebend. Man bemühte sich um feinere Manieren und um ein neues und selbstbewusstes Auftreten. Bis in die Sprech- und Schreibweise hinein versuchte man korrektes Verhalten einzuüben und sich von den gemeinen Bauern und Handwerkern zu unterscheiden. Dies hat mit einer veränderten Rolle des Adels in den neuzeitlichen Ordnungsbildungen zu tun. Ihre Aufgabe als Kriegerkaste verfiel und sie mussten nach neuen Wegen suchen, ihre Privilegien zu rechtfertigen. Distinktionsgewinne durch die Pflege eines besonderen Lebensstils treten in den Vordergrund – nach Weber das zentrale Merkmal des Standes. Hinzu kam, dass die Aristokratie zunehmend vom Land in die Stadt zog und sich dadurch auch räumlich von den Dorfgemeinden absonderte. Früher hatte der Adel gewöhnlich auf seinen Landgütern gelebt und in reger Weise an der Kultur der Untertanen partizipiert (Burke 1981). Schließlich hatte die sich entwickelnde Wissenschaft Auswirkungen auf die Standesgrenzen. Im Mittelalter war das Weltbild aller Stände von magischen Vorstellungen, Weissagungen, Prophezeiungen, Aberglauben etc. geprägt. Mit dem wissenschaftlichen Denken nimmt die Anfälligkeit der oberen, nun gebildeteren Schichten dafür markant ab. Ein kognitiver Graben zu den unteren Ständen reißt auf. Professionen wie die Ärzte sind be24

müht, ihre Stellung gegenüber den inoffiziellen Heilern zu legitimieren. Pejorative Ausdrücke wie »Scharlatan«, »Kurpfuscher« oder »Quacksalber« setzen sich in dieser Zeit durch. »Der Rückzug von der populären Kultur fand in verschiedenen Teilen Europas zu unterschiedlichen Zeiten und nicht mit der gleichen Schnelligkeit statt, doch der Haupttrend zeichnet sich überall ziemlich deutlich ab. Es wäre sicher interessant, lokale Nuancen im einzelnen herauszuarbeiten, aber die generelle Erklärung tritt auch ohne sie klar hervor: Sie liegt in der großen Geschwindigkeit, mit der sich die Kultur der Gebildeten zwischen 1500 und 1800, dem Zeitalter der Renaissance, der Reformation und der Gegenreformation, der naturwissenschaftlichen Revolution und der Aufklärung veränderte.« (Burke 1981: 294) Die mehrere Jahrhunderte dauernde Phase der frühen Neuzeit fügt sich weder dem Primat der hierarchischen noch dem der Ordnungsdifferenzierung nach funktionalen Kriterien. Die neuzeitliche Ordnungsdynamik ermöglicht die klare Abschließung und Hierarchisierung der Stände. Eine im Mittelalter unbekannte Geschlossenheit der Oberschichtenkommunikation setzt ein. Dies wirft auch ein neues Licht auf die Thematik der Disziplinierung und Selbstkontrolle, die in vielen soziologischen Theorien als ein Kernmoment der Modernisierung angesehen wird, da sie funktional für die komplexen Verhaltensanforderungen in den sich differenzierenden Ordnungen sind (Schwinn 2001a: 289ff.). Die gesteigerte Selbstkontrolle diente auch zur Abgrenzung der oberen Schichten in der Neuzeit. Gefördert durch jene von Burke genannten Quellen eignet sie sich als Distinktionsmerkmal gegenüber den unteren Ständen, die nicht oder in wesentlich geringerem Maße an dieser Kultivierung des modernen Selbst partizipierten. Die für die differenzierten Ordnungen funktionalen Persönlichkeitseigenschaften sind zugleich stratifikatorisch einsetzbar. Die Einbindung des Adels in die neuen Ordnungen vollzog sich wesentlich über die fürstlichen Verwaltungen. Dabei ging es nicht um die Vernichtung oder Abschaffung der Aristokratie, sondern um ihre Entmachtung als ein politisch autonomer Stand. Akademisch geschulte Spezialisten bürgerlicher Herkunft stellten das erforderliche Personal für die Umstellung der fürstlichen Verwaltung von einer feudalen auf eine bürokratische Basis 25

(Wunder 1971; Press 1980; Dülmen 1982: 133ff.). Auf die politische Entmachtung durch den Fürsten und die Öffnung der fürstlichen Verwaltung für bürgerliche Schichten reagierte der Adel mit der Schließung des eigenen Standes. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts setzte eine Refeudalisierung ein, die die ständische Ordnung bis ins 18. und 19. Jahrhundert hinein stabilisierte. Auf den Verlust von autonomen Herrschaftsrechten und die Bedrohung durch das aufsteigende Bürgertum antwortete der Adel zunehmend mit symbolischer Repräsentation und höfischem Stil. Die Aufwendigkeit eines spezifisch adligen Lebensstils markiert nun die Sonderstellung und die strikte Abgrenzung gegenüber Bürgern und Bauern und den Rang innerhalb der Adelshierarchie. Dieser Zwang zu vorher nie gekannter repräsentativer ständischer Selbstdarstellung überschritt häufig die Vermögensmittel des Adels und machte ihn zunehmend abhängig von fürstlichen Positionen. Im Gegenzug wurde aber auch der Fürst abhängig vom adligen Statussystem. »Keinem Landesherrn gelang es, für seine Bedürfnisse ein eigenes, neben der überkommenen Hierarchie herlaufendes Ordnungsgefüge zu schaffen. Wenn ein Fürst seine Diener belohnen wollte, so standen ihm allein die ständischen Sonderrechte zur Verfügung, die der Adelsstand anbot. Das Beamtentum der frühen Neuzeit, in den großen Monarchien durchaus schon eine durch besondere Wertvorstellungen und beruflich-fachliche Qualitäten ausgezeichnete Gruppe und insofern ein ›Stand an sich‹, wurde doch in keinem Land zu einem ›Stand für sich‹, sondern ging als Amtsadel im Adelsstand auf.« (Hinrichs 1980: 78) Die zunehmende Verstaatlichung des Adels bedeutet daher keinen Primat des neuen Differenzierungsprinzips – der Preis, den die frühen Staatsverwaltungen für die Domestizierung und Einbindung des Adels zu zahlen haben, besteht geradezu in einer ständischen Überformung der Bürokratie und einer Aushebelung oder Brechung von Leistungs- und sachlichen Amtskriterien durch ständische Prinzipien. Die sich ausdifferenzierenden Ordnungen vermögen es nicht, eine aus ihren immanenten ordnungsspezifischen Leistungskriterien abgeleitete soziale Privilegien- und Prestigehierarchie zu etablieren, sondern Letztere bleibt ständisch vorgegeben. 26

Diese Konstellation ist Ausdruck einer Machtbalance zwischen Fürst und Aristokratie, eines letztlich begrenzten Durchsetzungsvermögens des Ersteren (Wunder 1971; Kunisch 1980; Dülmen 1982: 137ff.). Als Kompensation für seine Domestizierung und Einbindung in die höfische Ranghierarchie konnte der Adel viele Ämter der fürstlichen Bürokratie monopolisieren und ständische Prinzipien vor allem zur Abgrenzung des aufsteigenden Bürgertums durchsetzen und rechtlich fixieren. Ständische Zugehörigkeit und die Nähe zum Hof waren entscheidende Faktoren für den Erfolg in einer Beamtenkarriere (Wunder 1971; Press 1980; Kunisch 1980). Dem geburtsständischen Adel standen alle Führungspositionen des fürstlichen Dienstes (Verwaltung, Militär, Hof) wie kirchliche Ämter offen, während der Zugang für das Bürgertum weitgehend auf den Verwaltungsbereich beschränkt blieb. Die bürokratische Verwaltung erforderte akademische Vorbildung. Diese traditionell gering geschätzte Spezialisierung musste auch der Adel erwerben. Allerdings genügte für ihn das bloße Studium, während für Bürgerliche der akademische Abschluss mit Universitätsgrad obligatorisch war. Zudem gelang es dem Adel, die Bedeutung des universitären Abschlusses abzuwerten. Während noch im 15. und 16. Jahrhundert der Doktorgrad gleichberechtigt neben dem adligen Ritterschlag stand, war die Promotion im 17. Jahrhundert allenfalls noch eine Voraussetzung für Bürgerliche, um gewisse Positionen zu erringen, garantierte aber keine Adelswürdigkeit. Der fürstliche Dienst wurde ferner nicht nach Leistungs-, sondern nach Prinzipien einer standesgemäßen Lebenshaltung entlohnt.8 So hatte der adlige Geheimrat im Gegensatz zu seinem bürgerlichen Kollegen neben ungleicher Verteilung der eingegangenen Sporteln Anspruch auf Kosten und Naturalien für bis zu sechs Diener und eine entsprechende Zahl von Pferden. In der Phase der frühen Neuzeit ist also weder ein Primat der funktionalen Differenzierung noch eines der Stratifikation feststellbar. Der adlige Status war von der zentralen Verwaltungsbürokratie abhängig, andererseits durchbrachen ständische Prinzipien die Leistungskriterien und damit eine rationale politische Ordnungsbildung. Die Rangordnung ist kein Reflex der Positionsdifferenzierung der politisch-bürokratischen Ordnung, son27

dern hierarchisiert diese Positionen über ständische Kriterien. Die aus einer Ordnung sich ergebende Amtsdifferenzierung nach Leistungskriterien kann sich nicht gegen die ständische Stratifikation durchsetzen. Adlige und bürgerliche Beamte gleichen Amtes in der fürstlichen Bürokratie waren dennoch ständisch differenziert, bildeten also keine »Gruppe für sich«. »Damit war die soziale Mobilität durch Standesgrenzen blockiert, obwohl die juristisch-bürokratische Karriere über diese Standesgrenzen hinwegging. […] Die Entstehung eines bürgerlichen Beamtentums im Absolutismus bedeutete nicht eine Durchbrechung der ständischen Gesellschaft. Das Beamtentum bürgerlicher Herkunft wurde vielmehr in die ständisch gegliederte, höfische Gesellschaft eingebaut.« (Wunder 1971: 220; vgl. a. Press 1980: 57ff.; Kunisch 1980: 116ff., 140f.; Hinrichs 1980: 79, 174; Dülmen 1982: 130ff.) Moderne Mittel werden hier für traditionelle Ziele eingesetzt (Rüschemeyer 1979). Die Positionen der sich ausdifferenzierenden Ordnungen werden nicht um ihrer selbst willen angestrebt, sondern als Mittel zum Zweck ständischer Repräsentation. Das ist für den Adel naheliegend. Aufgrund wirtschaftlichen Ruins und fürstlicher Domestizierungspolitik war der adlige Lebensstil nur über die Besetzung von entsprechenden Positionen zu halten bzw. zu steigern. Es gilt aber in gleichem Maße für das Bürgertum. Sowohl das Wirtschaftsbürgertum wie das Bildungsbürgertum strebten die Nobilitierung und den adlig repräsentativen Lebensstil an. Wirtschaftlicher Erfolg und Beamtenpositionen wurden als Sprungbrett in den Adel angestrebt. Die Sprengwirkung, die die entstehende kapitalistische Ökonomie, die bürokratische Staatsverwaltung und universitäre Ausbildung hätten haben können, wurde gebremst bzw. paralysiert durch die Sogwirkung des ständischen Ordnungsmodells, das die Ziel- und Wertvorstellungen der bürgerlichen und adligen Schichten prägte.

28

4. Die ständische Überformung der Klassenstruktur im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert Ständische Prinzipien sind für Deutschland bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts prägend (Conze 1980). Zwar ergibt sich im 19. Jahrhundert eine Vermehrung, Neubildung und Auffächerung von Führungspositionen, der Vorrang des Adels, der sich ab 1880 wieder verstärkte, wurde dadurch jedoch nicht gebrochen. Die Anwärter für den höheren Verwaltungsdienst wurden in hohem Maße ständisch gesiebt. Bürgerliche bildeten keine Gegenelite, sondern wuchsen in den Adel hinein. In Verwaltung und Heeresdienst, jener zentralen Institution für die Verstaatlichung des Adelsstandes in Deutschland, bildete sich eine adlig-bürgerliche Amtsaristokratie heraus. Neu ist aber die weiter zunehmende Verstaatlichung des Adelsstands. Im 17. und 18. Jahrhundert waren bürgerliche und adlige Beamte noch zwei getrennte Gruppen. Das gemeinsame Amt wirkte nicht vergesellschaftend. Dagegen schmolz der Korpsgeist im Heeresdienst des 19. Jahrhunderts bürgerliche und adlige Offiziere zu einem Stand zusammen. Der Adelsstand qualifizierte nicht nur für den Offiziersdienst, sondern auch der Offiziersdienst für den Eintritt in den Adelsstand (Kunisch 1980: 121f.). Hier wird gegenüber früheren Jahrhunderten stärker von geburtsständischen auf amts- oder berufsständische Kriterien umgestellt. Die Modifizierung des Adels durch die neuen Ordnungen führte im Gegenzug aber auch wieder zu einer ständischen Überformung der Ordnungen. Dies gilt ebenso für das Bildungssystem (Ringer 1980; Lundgreen 1981). Bildung und Industrialisierung stehen vor dem späten 19. Jahrhundert kaum in Beziehung zueinander – und so kann die Bildungsgeschichte nicht hinreichend mit dem Industrialisierungsprozess erklärt werden. Ihre Bedeutung für Wirtschaft war marginal. Die Absolventen der klassischen deutschen Gymnasien und Universitäten suchten kaum jemals eine Beschäftigung in Handel und Industrie. Bildungsinstitutionen waren Vehikel eines »cultural lag«, der zum Überleben vorindustrieller Verhaltensweisen führte. »Die typische Erscheinung des Oxforder Gentleman oder des deutschen Akademikers des 19. Jahrhunderts illustriert sehr eindringlich, wie eine traditionelle 29

Erziehung Statusansprüche weitergeben kann, die sich z.T. widersprüchlich zu der sich herausbildenden kapitalistischen Klassengesellschaft verhalten, so dass höhere Bildung das Stratifikationssystem aktiv und autonom verändert oder kompliziert.« (Ringer 1980: 7) Gegenüber der heutigen, mehr passiven Rolle des Bildungssystems bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit, die auf das Weiterreichen und die Intensivierung familialer und wirtschaftlicher Vor- und Nachteile beschränkt ist, hatte Bildung im 19. Jahrhundert einen aktiveren Part. Die über Bildung vermittelte Statushierarchie und die an ökonomischen Kriterien messbare Klassenhierarchie stimmten nicht überein. Bildung war nicht in dem Maße wie heute der verlängerte Arm der Berufsstruktur, sondern die ständische Imprägnierung von Bildung durch feudale Wertmuster stand in einem spannungsvollen Verhältnis zu den ökonomischen Klassenkriterien. Das feudale Bildungsdenken wirkte aktiv auf das Bewusstsein der Berufsgruppen ein, die sich als Stände verstanden und konstituierten (Koselleck 1967; Kocka 1979: 154f.; Conze 1980: 187ff.). Die durch die Industrialisierung neu entstandenen, vor allem technischen Berufe werden von den traditionsreicheren ständisch abgeschichtet. Auch unter den Professoren entstanden Prestigedifferenzierungen je nach Fakultäts- und Disziplinzugehörigkeit. Bis zum Ersten Weltkrieg bildete sich ein kaiser- und königstreuer Staatsstand heraus, der auf dem Oberschichtsverbund von Adel, Bildungs- und vermögendem Wirtschaftsbürgertum aufruhte. Die internen ökonomischen Klassendifferenzen dieser Führungsschicht werden ständisch überbrückt. Forcierte Modernisierung und traditionale Wertvorstellungen gehen auch hier wieder zusammen. In gewissen Bereichen, wie Justiz und technischen Berufen, waren die Ausleseprozesse stärker durch Leistungs- als durch ständische Prinzipien geprägt. Insgesamt setzten sich im 19. Jahrhundert verstärkt die klassengeprägten gegenüber den ständischen Ungleichheitsmustern durch, d.h. Letztere ergeben sich zunehmend aus den Ressourcenverteilungen der sich ausdifferenzierenden Ordnungen, vor allem des ökonomischen Marktes. Insofern wurden soziale Ungleichheiten stärker von den Effekten der Teilordnungen abhängig. Ungleichheitslagen wohnt aber eine 30

eigene Dynamik inne, die nicht ausreichend durch die Ausgangsverteilungen determiniert ist. Ob und wie Ungleichheiten in strukturierte Konflikte überführt werden und in welche institutionelle Formen diese münden, ist Gegenstand einer eigenständigen Analyseperspektive, die nicht auf Teilordnungsanalysen reduzierbar oder aus ihnen ableitbar ist. Die aus Ungleichheitslagen resultierenden Konflikte und Institutionen wirken wieder auf die Ordnungen zurück. Soziale Ungleichheit und Differenzierung ergänzen sich und sind nicht im Sinne eines Primats aufeinander reduzierbar. Die Konfliktdynamik der Ungleichheiten des 19. bis ins 20. Jahrhundert hinein ist nicht aus den Ausgangslagen ableitbar. Eine vielfältige Leistungsklassendifferenzierung wäre denkbar gewesen (Kocka 1979: 148). Die aus der Marktpartizipation resultierenden Einkommens- und Vermögensunterschiede innerhalb der Lohnarbeiterschaft waren immens. Entsprechendes gilt für die Unterschiede der Lebenschancen innerhalb der Selbstständigen. Dennoch wurde über diese großen Binnendifferenzen hinweg die Besitzklassendichotomie zum zentralen Muster der Konfliktstrukturierung und Institutionalisierung. Auch daran waren ständische Ungleichheitsmuster beteiligt. Das ständische Selbstverständnis des Bürgertums weist komplementär den Arbeitern den Status von unterständischen Standeslosen zu. Diese ständische Einfärbung der Ungleichheitsmuster bewirkt die Strukturierung nach der Besitzklassendifferenz und »gab dem Klassenunterschied erst seine allumfassende, multidimensionale, lebensweltliche, sozusagen existenzielle Dimension, ohne die sich die fundamentalistische Tönung des deutschen Klassenkonflikts bis weit ins 20. Jahrhundert hinein nicht verstehen ließe« (ebd.). Wo diese ständischen Reminiszenzen fehlen bzw. weniger ausgeprägt waren, wie in England und den USA, ergab sich eine andere Ungleichheitsstrukturierung. Hier bildete sich eine größere Zahl von kleineren Leistungsklassen heraus. Die unterschiedliche Ausformung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie über wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen in diesen Ländern ist unter anderem ein Ergebnis von unterschiedlich verlaufenden Konfliktinstitutionalisierungsprozessen. Konfliktstrukturierung hinterlässt Spuren in der Art der Ordnungsbildung und diese muss immer 31

auch im Hinblick darauf konzipiert werden, wie sich Konflikte durch ihre spezifische Institutionalisierung regeln und entschärfen lassen (vgl. Lepsius 1990: 71ff., 142ff. am Beispiel der Institutionalisierung des ökonomischen Konflikts; siehe a. Vobruba 1991). Diese Konfliktinstitutionalisierung ist eine Voraussetzung dafür, dass Verteilungskonflikte nicht zu Ordnungskonflikten werden. So haben wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen auch die wichtige Aufgabe, Verteilungsprobleme nicht auf die Binnenlogik ökonomischen Handelns durchschlagen zu lassen (vgl. dazu Kap. VII). Das Operieren jeder Ordnung erzeugt Ungleichheiten. Die daraus entstehenden Konflikte erzeugen einen Institutionalisierungsdruck, der wiederum seinen Niederschlag im Differenzierungsmuster der Ordnungen findet. Das Arrangement zwischen den differenzierten Ordnungen sowie ihre interne Ausgestaltung gehorcht daher nicht allein einer immanenten Differenzierungslogik, sondern ist auch Ausdruck von konflikthaften Ungleichheitsverhältnissen. Insbesondere die Verschärfung von Verteilungskonflikten bei stagnierendem oder schrumpfendem Bruttosozialprodukt tangiert auch die Ordnungsdifferenzierung. Verteilungsfragen werden in solchen Zeiten verstärkt zu Fragen einer Institutionenreform, einer neuen Zuschneidung des Geltungsbereichs von politischen, sozialstaatlichen und ökonomischen Ordnungskriterien.

5. Soziale Ungleichheit in der Moderne Die soziale Selektivität moderner Institutionen ist gut dokumentiert: Die Partizipation in den differenzierten Ordnungen ist schichtspezifisch gestaffelt; Teilnahmechancen z.B. an der politischen Ordnung kennen zunächst schichtneutrale Minimalformen wie die Wahlbeteiligung (Geißler 1996: 334f.; Haller 1986: 173). Stärker schichtgeprägt sind dagegen andere Formen der konventionellen und unkonventionellen politischen Beteiligung (Mitgliedschaft und aktive Mitarbeit in einer Partei, Demonstrationen, Bürgerinitiativen, Unterschriftensammlungen etc.). Am ausgeprägtesten sind diese Unterschiede auf den höheren Ebenen poli32

tischer Institutionen und Entscheidungsorgane. So wird z.B. die Arbeiterschicht in zunehmendem Maße aus dem Bundestag ausgesiebt. Die meiste Aufmerksamkeit hat der Siebungseffekt der Bildungsinstitutionen gefunden (vgl. etwa Teichler 1974; Hurrelmann 1985; Mayer/Blossfeld 1989; Windolf 1990; Meulemann 1990; Geißler 1996). Auch hier ist eine schichtspezifische Staffelung der Partizipationschancen zu beobachten: Grundkenntnisse werden in den modernen Gesellschaften jedem vermittelt.9 Je weiter man in der Bildungshierarchie nach oben klettert, desto mehr dominieren die mittleren und oberen Schichten der Sozialstruktur. Soziale Herkunft wird heute effizient über Bildungsauslese vermittelt. Die an die Bildungstitel gekoppelte Hierarchie übersetzt sich in die Beschäftigungshierarchie und damit in soziale Stratifikation (Lutz 1979; Haller 1986). Reproduktion und Legitimation sozialer Ungleichheit vollzieht sich also über die Bildungspatente (Teichler 1974; 1978; Bourdieu et al. 1981; Windolf 1990). Nun scheinen diese Ergebnisse die Annahmen der neueren Systemtheorie zu bestätigen, die soziale Ungleichheit aus der Ordnungsdifferenzierung ableitet. Hier muss allerdings an die Kritik an der funktionalistischen Schichtungstheorie in den 60er Jahren erinnert werden. Sie trifft auch die neuere Systemtheorie. Das Grundproblem besteht darin, vertikale Differenzierung aus einem horizontalen, d.h. funktional-arbeitsteiligen Differenzierungsprinzip ableiten zu wollen. »Da wir Ungleichheiten des gesellschaftlichen Ranges zumal in der modernen Gesellschaft gewöhnlich mit der beruflichen Position von Menschen verbinden, liegt es nahe, in der Differenzierung von Berufen den Grund der Rangunterschiede zu vermuten. Demgegenüber ist jedoch zu betonen, dass der Gedanke der Differenzierung an sich noch keinerlei wertende Unterscheidung der differenzierten Elemente impliziert. Unter dem Aspekt der Arbeitsteilung (der ›funktionalen Organisation‹) besteht keinerlei Rangunterschied zwischen dem Generaldirektor, der Sekretärin, dem Werkmeister, dem Schlosser und dem Hilfsarbeiter eines Werkes: sie sind sämtlich für die Erstellung der jeweiligen Leistung gleich unentbehrliche Teiltätigkeiten. Dass wir tatsächlich mit diesen Tätigkeiten doch eine Rangordnung (eine ›skalare Organisation‹) verbinden, beruht auf 33

einem zusätzlichen Moment, das zur unterschiedlichen Bewertung der notwendigen Teiltätigkeiten führt. Das Resultat ist eine Rangordnung von funktional nur der Art nach unterschiedenen Tätigkeiten, nämlich deren soziale Schichtung; über die Ursache des Bewertungsprozesses aber lässt sich zumindest dies sagen, dass sie nicht aus der Verschiedenartigkeit von Tätigkeiten ableitbar ist. […] [Es lässt sich feststellen,] dass soziale Differenzierung und soziale Schichtung einander unvermittelt nicht zu erklären vermögen.« (Dahrendorf 1974: 363 [Hervorhebung von T.S.]; vgl. a. Lepsius 1990: 85ff.; Mayntz 1970) Dieses Problem stellt sich auch für Luhmann. Schichtung soll sich über funktionale Differenzierung reproduzieren, diese kann aber prinzipiell hierarchische Differenzierung nicht begründen. Wenn einerseits nur noch Funktionen Ungleichheit begründen sollen, andererseits aber gerade das Prinzip funktionaler Differenzierung nicht dagegen spricht, dass auch ›Nobelpreisträger sich selbst ihre Schuhe putzen müssen‹ (Luhmann/Schorr 1979: 240; Luhmann 1985a: 145), bleibt eine systematische Erklärungslücke. Luhmann versucht diese mit der These zu schließen, dass Ungleichheiten aus den Funktionssystemen über individuelle Karrieren entstehen. »Die Antwort lautet: dass dies offenbar ein Nebenprodukt des rationalen Operierens der einzelnen Funktionssysteme ist, und vor allem: des Wirtschaftssystems und des Erziehungssystems. Diese Systeme nutzen kleinste Unterschiede (der Arbeitsfähigkeit, der Kreditwürdigkeit, des Standortvorteils, der Begabung, Diszipliniertheit etc.), um sie im Sinne einer Abweichungsverstärkung auszubauen, so dass selbst eine fast erreichte Nivellierung wieder in soziale Differenzierungen umgeformt wird, auch wenn dieser Effekt keinerlei soziale Funktion hätte.« (Luhmann 1997: 774; vgl. a. Luhmann/Schorr 1979: 239ff., 277ff.) In einer solchen Sichtweise wäre das Muster sozialer Ungleichheit ein bloß zufallsgesteuertes Ergebnis. An individuelle Differenzen kristallisieren sich im Marsch durch die Institutionen Vor- und Nachteile an, die sich im Effekt zu differenziellen Lebenschancen kumulieren. Dagegen muss an die Einsicht der Lebenslaufforschung erinnert werden, dass Karrieren in institutionalisierte Laufbahnen eingebettet sind (Kohli 1985; Mayer/ Müller 1989; Buchmann 1989; Schwinn 2000). Die Teilordnun34

gen verlassen sich nicht auf individuelle Differenzen und sich daran kristallisierende, in ihrer Kumulation schwer vorausschaubare Effekte, sondern sie arbeiten mit Kanalisierungen, welche die Vor- und Nachteilskumulation im Lebenslauf mehr oder weniger fixieren. Soziale Ungleichheit ist daher das Ergebnis institutionalisierter Laufbahnen, die Lebenslagen differenzieren und schichtspezifisch selektiv gewählt werden. Das Erklärungsproblem bleibt aber: Die hierarchische Verteilung von Prestige und Einkommen auf die Laufbahnen kann nicht aus den funktionalen Differenzierungsprinzipien der Ordnungen und Institutionen abgeleitet werden. Was Luhmann in der Makroperspektive auf die funktionale Differenzierungsform nicht zu erklären vermag: wie soziale Ungleichheit entsteht, soll in der Mikroperspektive auf individuelle Karrieren zugerechnet werden. Das ist nur eine Verschiebung des Problems auf eine andere Aggregatebene, aber nicht seine Lösung.10 Um einige der zuvor zitierten Aspekte herauszugreifen: die Kreditwürdigkeit einer Person, an die sich weitere Privilegien ›ankristallisieren‹, basiert schon auf mehr oder weniger kollektiv geteilten Wertmaßstäben von »würdig« oder »unwürdig«; Begabung, Diszipliniertheit, Arbeitsfähigkeit etc. sind Eigenschaften, die das Ungleichheitsmuster nicht als individuell verteilte entfalten – sie tun dies nur in jenem Rahmen, den institutionalisierte Positionen vorgeben. Ein Schlosser mag in seinem Tätigkeitsfeld noch so begabt, diszipliniert und geschickt sein, er wird nicht jene Privilegien nach der Luhmann’schen kumulativen Logik ansammeln können, mit denen andere Positionen ausgestattet sind. Der institutionell vorgegebene Positionsrahmen verteilt Vor- und Nachteile – und kann auch durch individuelle Leistungen nicht in einer Art kumulativen Dynamik durchbrochen werden. Hier liegt das Erklärungsproblem: Wieso sind Positionen und Leistungen unterschiedlich mit Privilegien ausgestattet, obwohl diese differenziellen Gratifikationen nicht zwingend aus horizontal-funktionalen Sachgesetzlichkeiten abgeleitet werden können (Beck/Brater 1978: 16ff.). Georg Simmel (1977: 367ff.) stellt sich ein ähnliches Problem. Er fragt, wie viel Entlohnung eine bestimmte Tätigkeit oder Beruf erhalten soll, und stellt fest, dass eine Inkommensurabilität der 35

Funktionen mit irgendwelchen Geldsummen vorliegt, was jede ›angemessene‹ Bezahlung illusorisch macht. »Die Bedeutung der Bezahlung kann hier nur sein, dass man das Entsprechende beiträgt, um dem Leistenden die angemessene Lebenshaltung zu ermöglichen, nicht aber, dass sie und die Leistung sich sachlich entsprächen. […] Schließlich tritt die völlige Beziehungslosigkeit des Entlohnungsquantums zu der Leistung etwa am schärfsten hervor, wenn man für das Spiel eines Musikvirtuosen, das uns zu den höchsten Stufen der in uns entwickelbaren Empfindungen gehoben hat, ein paar Mark bezahlt. Einen Sinn erhält ein derartiges Äquivalent nur von dem Standpunkt aus, dass es sich überhaupt gar nicht mit der einzelnen Leistung dem Werte nach decken, sondern nur zu demjenigen Unterhalt des Künstlers beitragen soll, der ein geeignetes Fundament für seine Leistung bildet.« (Ebd.: 368f.) Differenzierungstheoretisch ist der Wert der von Simmel angesprochenen künstlerischen Leistung nicht mit dem ökonomischen Wert, i.e. dem Preis, vergleichbar. Die differenzierten Ordnungen beruhen auf jeweils eigenen Werten, die nicht ineinander übersetzbar sind. Die ökonomische Bezahlung erfolgt über einen Umweg, gemäß Marx über die für die Reproduktion der Arbeitskraft nötigen Mittel. Simmel führt hier die »angemessene Lebenshaltung« als Entlohnungskriterium an – und was angemessen ist, wird wesentlich durch die Vergleiche der Gruppen innerhalb der sozialen Ungleichheitsverhältnisse bestimmt. Luhmanns Feststellung (1985a: 145), dass das funktionale Differenzierungsprinzip »Fragen der Verteilung nicht regelt und sich deshalb auf das verlässt, was in anderen Hinsichten schon bevorzugt ist«, lässt sich so lesen, dass die Entlohnung der beruflichen Leistungen nicht nach funktionalen Kriterien, sondern über den Umweg sozialer Ungleichheit erfolgt. Es gibt keinen übergreifenden Maßstab, über den der ›Wert‹ der einzelnen auf die differenzierten Bereiche bezogenen Leistungen direkt ineinander übersetzbar oder vergleichbar wäre. Esser (2004) verweist in diesem Zusammenhang auf die Angebots-Nachfrage-Verhältnisse des Marktes als Entlohnungskriterium. Aber auch in diese gehen Fragen eines »angemessenen Lebensstandards« ein. So hat die Arbeitsmarkttheorie gezeigt, in welchem Ausmaß die Marktakteure über Schließungsprozesse versuchen, ihre Positionen zu 36

verbessern. Bei ihren Strategien aktivieren sie Vorstellungen darüber, was eine adäquate Entlohnung im Sinne einer bestimmten Lebenshaltung wäre. In vielen Tätigkeitsbereichen sind die Entlohnungskriterien fest geregelt, wie z.B. im öffentlichen Dienst – nach Esser neben dem Markt der zweite wichtige Verteilungsmechanismus. Diese Tarife verweisen ebenfalls auf Lebenshaltungsniveaus, die zu einzelnen Gruppen von Staatsdienern ›passen‹.11 Freilich variiert die Relevanz dieser bedarfsbestimmten Anteile des Einkommens: Im sogenannten »Warenkorb« des Sozialhilfeempfängers sind sie dominant – die Einkommen von Top-Managern sind dagegen von jeglichem Bedarf entkoppelt.

6. Zusammenfassung: Mittelalter, Moderne und soziale Ungleichheit Wie stellt sich das Verhältnis der beiden makrosozialen Strukturdimensionen nach unserem historischen Problemaufriss dar? Luhmann vermag nicht überzeugend zu klären, was die Rede vom Primat einer Differenzierungsform genau bedeutet. Die Dahrendorf’sche Kritik an der älteren funktionalistischen Schichtungstheorie findet sich auch in seinen Ausführungen: Hierarchisch-stratifikatorische Prinzipien lassen sich grundsätzlich nicht aus funktionalen ableiten. Freilich gilt dies auch umgekehrt. Solange das Verhältnis dieser beiden Strukturdimensionen theoretisch unaufgeklärt bleibt, bewegt sich die historische These vom wechselnden Primat des Differenzierungsmusters auf unsicherem Boden. Statt das Verhältnis von Stratifikation und funktionaler Differenzierung in einer Art Nullsummenspiel voreilig festzulegen, empfiehlt es sich, die Beziehungen der beiden Differenzierungsformen auf der Basis unseres historischen Abrisses in den Blick zu nehmen, bevor ihnen im nächsten Kapitel systematisch genauer nachgegangen wird. Ginge man von einem Primat funktionaler Differenzierung in der Moderne aus, müssten jeweils völlig inkommensurable Ungleichheitsverhältnisse entstehen. Jede Teilordnung würde ihre eigene Schichtung hervorbringen: Wissenschaft eine andere als Wirtschaft; diese würde sich wieder von der aus der Politik resul37

tierenden unterscheiden. Zwar gibt es jeweils unterschiedliche Erfolgskriterien in den Ordnungen: Für Erfolg in der Wissenschaft zählen andere Fähigkeiten als in der Wirtschaft; in dieser wiederum andere als in der Politik. Der Erfolg als solcher weist aber gewisse gemeinsame, ordnungsübergreifende Merkmale auf: herausgehobene Positionen (Macht), Einkommen (ökonomische Chancen) und Prestige (symbolische Macht). Ferner sind die gehobenen Positionen aller Ordnungen heute nur durch akademische Abschlüsse erreichbar. Damit stehen Kriterien für die Übersetzung dessen, was zunächst nur ordnungsbezogen zählt, in eine allgemeine Schichtungsstruktur zur Verfügung. Berufe bündeln die ungleichheitsrelevanten Ressourcen auf eine ganz spezifische Weise und leisten damit im Wesentlichen diese Übersetzungsarbeit. Sie zeigen auf markante Weise die Sachkompetenz sowie die Schichtzugehörigkeit seines Trägers. Soziale Ungleichheit ist deshalb eine gegenüber der Ordnungsdifferenzierung eigenständige Sozialdimension, weil sie die ordnungsspezifischen Erfolgskriterien in eine übergreifende Struktur übersetzt, die mit der Differenzierungstheorie nicht mehr erklärt werden kann. In dieser Sichtweise bleibt soziale Ungleichheit insofern die abhängige Variable, als sie an den Positionsunterschieden der Ordnungen ansetzt und sie für soziale Distinktionen nutzt. Man könnte sagen, den ›Rohstoff‹ sozialer Ungleichheit liefern die differenzierten Ordnungen und er wird erst dann zu einer übergreifenden Schichtungshierarchie weiterverarbeitet. Nun ist es aber eine äußerst schwierig zu beantwortende Frage, wie viel Ungleichheit und Hierarchie zwischen Berufen und in Organisationen zur Erfüllung der ordnungsspezifischen Leitkriterien notwendig ist. In historischer Perspektive lässt sich die hierarchische Abstufung von Berufen auch als Resultat sozialer Ungleichheit verstehen. Wie dargelegt, werden seit dem Mittelalter neu entstehende Tätigkeitsfelder und Berufe ständisch überformt, d.h. mit einem ständischen Rangordnungsindex versehen. Nicht selten resultiert historisch das hohe Prestige bestimmter Berufe nicht aus deren ›funktionaler Wichtigkeit‹, sondern aus der Schichtzugehörigkeit ihrer ursprünglichen Träger. Ein wichtiges Berufswahlkriterium ist auch heute noch der schichtspezifische Lebensstil, den 38

der Beruf dem Träger verspricht. Die Hauptlinien der Berufsschneidung (also: Wie werden Kompetenzen und Delegationsrechte in Berufsbildern gebündelt?) sind nicht alleine Ausdruck technischer oder funktionaler Notwendigkeiten, sondern auch Ergebnis stratifikatorischer Strategien. So war der Industrialisierungsprozess auf viele im Sonderbesitz bestimmter Stände befindlicher Fähigkeiten angewiesen, angefangen von Lese- und Schreibfähigkeiten bis hin zu akademischem Wissen. Die betrieblichen Hierarchien orientierten sich an diesen Unterschieden bis hin zur Übernahme der patriarchal-zünftigen Unterteilung in Meister, Geselle und Lehrling. Die ältere funktionalistische Schichtungstheorie hat in kurzsichtiger Weise die unterschiedliche funktionale Bedeutung von Positionen und Berufen behauptet und daraus Schichtung abgeleitet. In historischer Perspektive ist dagegen die unterschiedliche Bewertung von Positionen gerade auch das Ergebnis von Schichtkriterien. Der Modernisierungsprozess war zunächst auf jene Kompetenzen angewiesen, die die einzelnen ständischen Gruppen anzubieten hatten (Beck/Brater/Daheim 1980). Es ist daher verfehlt, an den Anfang eindeutig abgegrenzte Tätigkeitsbereiche zu setzen, für die dann das Personal gesucht wird. Zu Beginn der Modernisierung steht auch ein bestimmtes Personal: ständische Gruppen, deren Rangordnungsindex und Fähigkeitsprofilen entsprechend Tätigkeitsbereiche zugeschnitten werden mussten. Die Einrichtung von Jedermanns-Tätigkeiten in der Massenproduktion z.B. war auch Ausdruck der Anpassung an die über keinerlei besondere Kompetenzen verfügenden verarmten feudalen unteren Stände. Die neu entstehenden Ordnungen und Organisationen erbten ständisch geprägte Ungleichheitsprinzipien, die die Hauptstatuslinien und Positionsdifferenzen festlegten: zwischen delegierender und ausführender Ebene, zwischen white collar und blue collar. Was sich in der heutigen hierarchischen Positionsdifferenzierung und der hierarchiekonformen Berufsschneidung sozialer Ungleichheit verdankt und was auf funktionsnotwendige Herrschafts- und Delegationsrechte zu verrechnen ist, lässt sich schwer auseinanderdividieren (siehe a. Kap. III). Schichtung ist in dieser Sichtweise insofern eine unabhängige Variable, weil das Ausmaß an Ungleichheit zwischen Berufen und Positionen nicht 39

alleine aus institutionellen Erfordernissen abgeleitet werden kann, sondern gerade auch in die Institutionen hineingetragen wird. Mit diesem Modell lässt sich auch der Zusammenhang von Stände- und mittelalterlicher Ordnungsbildung erfassen. Die okzidentalen Stände sind nicht ohne spezifische Ordnungskontexte denkbar, aus denen sich privilegierte Macht- und Sozialchancen ergeben. Wenn man diese strukturelle Verankerung der Stände ausblendet, reduziert sich Standesbildung (wie bei Luhmann) auf ein bloß kulturelles Phänomen von sinnhaft belegten Unterschieden. Für ständische Stratifikation muss allerdings auch das Gleiche gelten wie für moderne Ungleichheit: Soziale Hierarchisierung ist eine eigenständige Sozialdimension. Zwar ist Stratifikation für ihre Reproduktion auf den ›Umweg‹ über die Ordnungen angewiesen, diese Reproduktionsstrategien sind aber nicht aus den Ordnungslogiken ableitbar. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit nimmt die Ordnungen vielmehr in ihren Dienst. Auf den ordnungsspezifischen Ressourcen und Chancen fußend, entwickelt die Ständebildung eine Eigendynamik, die nicht mehr aus den strukturellen Ausgangsbedingungen erklärbar ist. Ständische Schließungs- und Monopolisierungsprozesse und insbesondere das adlige Ethos und seine Legitimationsprinzipien sind nicht einfach aus den Ordnungskontexten ableitbar (Dilcher 1990). Unser historischer Rückblick und die theoretischen Überlegungen sprechen dafür, dass sich das Verhältnis von sozialer Ungleichheit und Ordnungsbildung im Übergang zur Moderne nicht prinzipiell verändert hat. Wie der mittelalterliche Adlige stützen sich auch heutige privilegierte Schichten auf Ordnungen, die sie für ihre stratifikatorischen Anstrengungen in Dienst nehmen können. Man kann den Zusammenhang allgemein so formulieren: Stratifikatorische Strategien benötigen den Rekurs auf Ordnungskontexte und deren Positionen, die daran sich anschließende Art der Schließung – der Begründung der Monopolisierung – ist aber nicht mehr durch die Sinnkriterien der Ordnungen determiniert. Dies gilt in gleichem Maße für das ständische Ehr-wie für das moderne Leistungsprinzip.12 Was ist aber dann der Unterschied zwischen Mittelalter und Moderne, wenn man ihn nicht auf dieser prinzipiellen Ebene des 40

theoretischen Zusammenhangs von Ordnungsdifferenzierung und sozialer Ungleichheit ansiedelt? Mit den Konzepten »Stand« und »Klasse« ist ja gemeinhin die Annahme eines Wandels der Ungleichheitsformen verbunden. Ich möchte drei Unterschiede hervorheben: 1. Ständische Verhältnisse sind nicht mit dem Postulat der Gleichheit und entsprechenden Gerechtigkeitsforderungen konfrontiert. Ständische Schließungsprozesse und die geburtsständische Ausdeutung von Unterschieden konnten sich hier kulturell ungezügelt durchsetzen. Dieses ständische Selbstverständnis des Adels wirkt auf die politischen, wirtschaftlichen und religiösen Verhältnisse zurück und erschwert eine weitere Entfaltung der ordnungsspezifischen Sinnkriterien. Wie wichtig die kulturellen Rahmenbedingungen für die Herausbildung von Ungleichheitsverhältnissen sind, zeigt der Vergleich mit Indien. Im Okzident rieb sich die geburtsständische Legitimation an der christlichen Idee der Gleichheit (Oexle 1990: 49ff.). Letztere fehlt völlig im Hinduismus und so konnten sich hier kastenförmige Ungleichheitsverhältnisse herausbilden, die keinerlei Ansatzpunkt für ihre Kritik zuließen (Weber 1978: 142ff.).13 Der kulturelle Wert der Gleichheit14 ist für die Dynamik und das Wachstum moderner Ordnungen entscheidend. Die Ansprüche, die sich an ungleichen Lebenschancen entzünden, richten sich als Partizipationsforderungen an die Ordnungen, an Wirtschaft, Politik, Wohlfahrtseinrichtungen, Bildungsinstitutionen, Recht etc. (Schimank 1998). Zentral für diese Dynamik ist, dass faktische Gleichheit nicht erreicht wird. Das Nachrücken der Schlechtergestellten löst korrespondierende Anstrengungen der Bessergestellten aus, ihren privilegierten Besitzstand durch zusätzliche Distinktionsgewinne zu wahren. Gut untersucht ist dieser Zusammenhang für die Bildungsinstitutionen im Zuge der Bildungsexpansion (Teichler 1974; Lutz 1979; Bourdieu et al. 1981; Windolf 1990): Das Vorrücken traditionell bildungsferner Schichten in den Bildungsinstitutionen löst korrespondierende Bildungsanstrengungen und institutionelle Schließungstendenzen bei jenen Schichten aus, deren Status und Privilegien an Bildungspatente gebunden sind. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit ist auf die Ordnungen und ihre Leistungen angewiesen, andererseits nimmt sie diese Ord41

nungen in ihren Dienst, indem sich hierarchische Prinzipien in sie einschreiben. Die Expansion der Ordnungen ist daher nicht allein aus differenzierungsimmanenten Faktoren erklärbar, sondern verdankt sich auch der Aufdauerstellung von Verteilungskonflikten. 2. Das traditional ständische Ungleichheitsmuster unterscheidet sich vom modernen durch eine höhere Kongruenz der einzelnen Ungleichheitsdimensionen (Bendix 1974: 156; Kocka 1979: 139f.). Politische Herrschaftsbefugnisse konnten z.B. leichter in ökonomischen Reichtum, geistlichen Einfluss und soziale Geltung übersetzt werden. Die rechtliche und institutionell schärfere Trennung der einzelnen Sphären heute verhindert, dass ein ökonomisch erfolgreicher Unternehmer ohne Weiteres über politische Macht oder kulturellen Einfluss verfügen kann. Spricht nicht gerade dies für den Primat funktionaler Differenzierung? Funktionskriterien schlagen Rangkriterien, während es im Mittelalter genau umgekehrt war. Wie dargelegt, darf man jedoch nicht wie Luhmann die Einheit der Oberschichten(kommunikation) in der okzidentalen Vormoderne überschätzen. Zwischen einem mittelalterlichen illiteraten Krieger, einem Kleriker, einem Bürger und einem Universitätsgelehrten bestanden erhebliche Differenzen. Hier kann man nicht einfach von einem einheitlichen Kommunikationszusammenhang sprechen. »Entsprechend ist etwa die Kultur der Humanisten und ihrer scholastischen Zeitgenossen hinlänglich verschieden, um die These von der ›Gleichheit‹ der Oberschichten fragwürdig oder jedenfalls differenzierungsbedürftig zu machen. Jedenfalls müsste sehr viel präziser angegeben werden, worin genau die Gleichheit von Adel, Klerus und weltlichen Intellektuellen besteht, aufgrund derer man die Differenzen von Status, Interessen, Kenntnissen, Stilen als zu vernachlässigende Größe ansehen kann.« (Hahn 1984: 192; vgl. a. 1981: 351; Oexle 1991) Die Bildung der einzelnen Stände war in starkem Maße auf ordnungsspezifische Vorgaben angewiesen und diese konnten nicht beliebig außer Kraft gesetzt werden. Zum anderen müssen die von Luhmann weitgehend vernachlässigten unteren Stände stärker berücksichtigt werden. Wie erläutert, zeichnet die Volkskulturforschung ein genaueres Bild: Zwischen dem Lebensstil der unteren und oberen Stände bestan42

den zur Hochzeit der von Luhmann sogenannten stratifikatorischen Differenzierungsform im Mittelalter geringere Unterschiede als in der Neuzeit. Die Primatthese ist mit den historischen Erkenntnissen kaum in Einklang zu bringen. Der schichtspezifisch gestaffelte Zugang zu Positionen und Leistungen der Ordnungen weist zudem darauf hin, dass es auch heute bestimmten Schichten besser gelingt, auf die ungleichheitsrelevanten Ordnungsressourcen zurückzugreifen – die höheren Positionen in Politik, Wirtschaft, Recht, Bildung und Wissenschaft rekrutieren ihr Personal in der Regel nicht aus der Unterschicht. Die funktionsübergreifende Interaktion und Kommunikation zwischen einem Berufspolitiker, Manager, einem Juristen und einem Professor dürfte auch heute untereinander flüssiger laufen als die schichtübergreifende zwischen einem Manager und einem Arbeiter oder die eines Professors mit dem Hausmeister des Institutsgebäudes. 3. Moderne Ordnungen erlauben eine unvergleichlich feinere Positionsdifferenzierung und eine damit korrespondierende Durchschichtung der Bevölkerung. Hondrich (1987: 292ff.) hat der Primatthese widersprochen und sie durch die These einer wechselseitigen Steigerung von Differenzierungsformen ersetzt, die mehr an Erklärungsmöglichkeiten bietet. Die striktere Etablierung von Ordnungskriterien lässt auch Rangordnungskriterien deutlicher hervortreten, da die Positionsdifferenzierungen klarere Orientierungen und Regeln für stratifikatorische Anstrengungen und die Festigung von Statuslinien anbieten. Dies erklärt die feinere Durchhierarchisierung der Bevölkerung nach eindeutig fixierten Kriterien in der Neuzeit – ein Vorgang, der ohne die forciert anlaufenden Ordnungsbildungen in dieser Zeit nicht verständlich wird. »In der geologischen Metapher der Schichtungsforschung würde ich die Veränderung so darstellen: vor- und frühindustrielle Gesellschaften waren durch einen Gesellschaftsaufbau mit einer sehr breiten Basis und einer schmalen, oft gar nicht sehr hohen Spitze gekennzeichnet. Die Schichtstruktur moderner Gesellschaften zeichnet sich demgegenüber durch eine sich viel gleichmäßiger von unten nach oben verjüngende Pyramidenform aus.« (Haller 1986: 181) Die theoretisch-systematische Bestimmung des Verhältnisses 43

von sozialer Ungleichheit und funktionaler Differenzierung hat Konsequenzen für die soziologisch angeleitete Abgrenzung von historischen Epochen und Gesellschaftstypen. Mittelalter und Moderne über den Primat jeweils einer Strukturdimension zu bestimmen, ist nicht überzeugend. »Primat« heißt nicht, dass eine Struktur die andere komplett ersetzt, sondern dass sich die Kombinatorik zwischen ihnen verändert. Die Systemtheorie unterscheidet verschiedene Ebenen – Interaktion, Rolle, Organisation, Gesellschaft – und verortet den Primat auf der Gesellschaftsebene. Diese gibt den Spielraum für die nachgeordnete Strukturdimension an. So könne es in der mittelalterlichen stratifizierten Gesellschaft durchaus funktionale Ausdifferenzierungen auf der Organisations- und Rollenebene geben, die aber nicht zur Dominanz der gesamtgesellschaftlichen Struktur durchstoßen können. Die vorstehenden Ausführungen legen eine andere Sichtweise nahe. Es gehört mittlerweile zum gut fundierten Wissensstand, dass das europäische Mittelalter durch eine spezifische Ordnungskonstellation charakterisiert ist. Zu dieser gehört nicht nur die ständische Gliederung, sondern auch ein besonderes Verhältnis von Wirtschaft, Politik, Recht, Religion und Wissenschaft.15 Ohne dieses ist die okzidentale Ständebildung nicht denkbar. Die gesamtgesellschaftliche Ordnungsebene wird durch beide Strukturdimensionen bestimmt. Der entscheidende Unterschied zwischen Mittelalter und Moderne ist nicht durch den wechselnden Primat der beiden Strukturdimensionen markiert, sondern durch eine andere Art des Zusammenspiels der zwei makrosozialen Ordnungsdimensionen. Soziale Ungleichheit muss sich immer auf die Ressourcen aus Wirtschaft, Politik, Religion, Kultur etc. stützen – das gilt für die mittelalterlichen Stände wie für die modernen Klassen. Was sich geändert hat, sind die Spielregeln des Zusammenwirkens. Insbesondere die durch den Wert der Gleichheit ermöglichten partizipativen Revolutionen der Neuzeit und der Moderne regeln den Zugriff auf die Ressourcen der Ordnungsbereiche neu: Jeder soll Zugang haben. Das verändert die Ungleichheitsmuster und die Differenzierung der Ordnungen. Die Einsicht, dass sich die europäischen Stände einer spezifischen Ordnungskonstellation verdanken, widerspricht nicht der These, dass die Oberschichten in der Vormoderne die Ausprä44

gung der einzelnen Funktionsbereiche bestimmen. Begrenzte Ordnungsdifferenzierung und das einfache, wenig differenzierte ständische Ungleichheitsmuster bedingen sich wechselseitig. In dem Maße, wie sich die Teilnahmebedingungen umstellen und universalisieren, verändern sich mit dem komplexer werdenden Ungleichheitsmuster auch die differenzierten Ordnungen. Ihre Sinn- und Leitkriterien können sich besser entfalten und ein quantitatives Wachstum stellt sich ein. Beide Strukturachsen stellen Rahmenbedingungen füreinander dar und die Änderung der einen tangiert die andere, ohne hierbei einen Primat feststellen zu können.

45

III. Soziale Ungleichheit in differenzierten Ordnungen 1. Basale und strategische Momente sozialer Ungleichheit Die historischen Analysen haben die Einsicht vermittelt, dass die beiden makrosozialen Ordnungsdimensionen in einem Bedingungsverhältnis zueinander stehen, ohne direkt auseinander ableitbar zu sein. Wie lässt sich dieses Verhältnis genauer bestimmen? Differenzierte Ordnungen haben ihren obersten Bezugspunkt in Werten oder Codes, sind aber daraus nicht eindeutig ableitbar. So gibt der Wert der Wahrheit bzw. der Code »wahr/ falsch« keine Auskunft über Kriterien für konkrete Orientierungen und Handlungen: Menschen halten die unterschiedlichsten Dinge und Ideen für wahr oder falsch. Nur über Institutionalisierung (systemtheoretisch: Programmierung) entstehen aus Werten Ordnungen bzw. Teilsysteme (Luhmann 1987: 88f.; 1997: 362f., 376f.; 2000: 390ff.; Schwinn 2001a: 348ff.). Symbolische Gehalte der Wertsphären werden dadurch konkretisiert und verhaltenswirksam normiert und sanktioniert. Hierfür müssen Methoden und Techniken entwickelt werden, über die sich Standards und Regeln erfinden und durchsetzen lassen, die das Handeln und Kommunizieren in bestimmten Kontexten systematisieren, voraussehbar und intersubjektiv kontrollierbar machen. So wird etwa der Wert der Wahrheit über das normative Gebot der intersubjektiven Überprüfbarkeit von Aussagen, der Vermeidung von Werturteilen, die Angabe von Quellen etc. verhaltenswirksam spezifiziert. Solche institutionalisierten Regeln legen fest, wann etwas als wahr oder falsch zu gelten hat. Organisationen sind heute die wichtigsten Mechanismen, die die institutionellen Kriterien besonders verhaltenswirksam umsetzen. Mit Institutionalisierung und Organisierung entsteht ein Arbeitsteilungs- und Machtverteilungsproblem. Die Unterscheidung von Experten und Laien stellt sich ein, das Organisationspersonal differenziert sich intern arbeitsteilig, Kompetenz- und Eingriffsrechte müssen festgelegt und Ressourcen zugewiesen sowie verteilt werden. Damit kommt soziale Ungleichheit ins Spiel. Institutionalisierungsprozesse sind mit Interessenkämpfen verbunden, 46

wenn sie auch darauf nicht reduziert werden dürfen. Jedes institutionelle Feld ist auch eine Machtarena, in der um Privilegien gestritten wird. So sieht die Klassentheorie Wirtschaft nicht primär als differenzierten institutionellen Bereich an, sondern für sie stehen hier Gruppen von Akteuren mit ihren jeweiligen Strategien zur Maximierung des eigenen Anteils gegenüber. Diese Verteilungs- und Machtkämpfe in den Ordnungen sind von der bisherigen Differenzierungstheorie weitgehend vernachlässigt worden. Das Personal der differenzierten Institutionen verfolgt deren Leitkriterien nicht alleine aus ›altruistischen‹, den ›Funktionen‹ der Teilsysteme dienenden Motiven, sondern es spielen immer auch Interessen an der Maximierung von Privilegien eine Rolle. Die institutionelle Logik eines Feldes geht jedoch auch nicht in Interessenkämpfen auf. Letztere sind abhängig vom Geschick der Gruppen im Sinne der dort geltenden Ordnungs- und Leistungskriterien. Giegel (2004) unterscheidet zwischen der basalen Ungleichheit, die im Hinblick auf die codedefinierten Kernoperationen der Teilsysteme unvermeidbar ist, und der strategischen Ungleichheit. Da unklar ist, wie viel Ungleichheit ›funktional erforderlich‹ ist, entsteht ein mehr oder weniger großer Spielraum für strategisch ausnutzbare Ungleichheit, die nicht aus der Operationslogik der Teilbereiche resultiert. Die basale Ungleichheit lässt sich nochmals untergliedern in strukturelle Ungleichheit, die sich vor allem aus den in Organisationen aufgebauten Weisungshierarchien ergibt, und prozessuale Ungleichheit, die z.B. aus der Marktdynamik eines Unternehmens resultiert. So gehorcht die Höhe der Unternehmergewinne einerseits und der Löhne andererseits keinem reinen Nullsummenspiel, sondern beide sind gleichermaßen abhängig von kompetenten Investitionsentscheidungen und dem Sich-Behaupten eines Unternehmens auf dem Markt. Mit den in den letzten Jahren in die Mode gekommenen Begriffen »Inklusion« und »Exklusion« geht ein Verlust an analytischen Möglichkeiten einher. Das wissenschaftliche Interesse wird im Sinne des Entweder-oder präformiert: Entweder ist man drinnen oder man ist draußen. Damit geraten aber die Gradualität der Teilhabe an institutionellen Kontexten und die Differenzen des Schichtungsspektrums aus dem Blick (Schwinn 2000; Bendel 47

2005: 141f.). Ein wichtiges Arbeitsteilungs- und Organisationsprinzip sind Berufe. In diesen kreuzen und verbinden sich die Differenzierungs- und die Ungleichheitsdimension. Berufliches Wissen und Fähigkeiten sind im Dienste der ordnungsspezifischen Leit- und Leistungskriterien erforderlich – zugleich ist die berufliche Schneidung von Kompetenzen ein zentrales Feld für stratifikatorische Anstrengungen. Strategien von Berufsverbänden können von den institutionenspezifischen Leitkriterien und Codes nicht absehen. Ärzte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler etc., die ein Interesse an der Verbesserung ihrer ökonomischen Lage haben, kommen nicht umhin, dies mit Verweis auf ihre Kompetenzen und Leistungen im Dienste des institutionellen Feldes, in dem sie tätig sind, zu legitimieren. Professionen, als besonders privilegierte Berufsgruppe, sind die entscheidenden Experten vieler der differenzierten Ordnungen. Entsprechend haben sie ein höheres Prestige und Einkommen als andere Berufe. In jeder Institution gibt es aber auch eine Fülle von Berufen und Tätigkeiten, die nicht im engeren Sinne am Code oder Leitwert orientiert sind: Nichtjuristen im Rechtssystem, Verwaltungsbeamte in den Universitäten, Hausmeister in einem Theater etc. Deren Entlohnungs- und Prestigekriterien können nicht aus den institutionellen Leitkriterien abgeleitet werden, sondern sind Ergebnis von organisatorischen Weisungshierarchien, die Kompetenzen und den Zugriff auf Ressourcen verteilen. Berufe sind dabei immer auch Instrumente zur Durchsetzung sozialer Interessen und der Sicherung von Privilegien durch Mechanismen der Ausschließung. Sie sind »das Resultat sozialer Definitionskämpfe, politisch-administrativer Entscheidungen und der Durchsetzungskraft von unterschiedlichen Interessenverbänden« (Berger et al. 2001: 222). Die Berufsstruktur kombiniert basale und strategische Momente der Ungleichheit. Sie enthält eine vertikale Dimension, die auf Kompetenzunterschiede rekurriert, nach formalen Bildungsabschlüssen gegliedert ist und mit entsprechend günstigen oder ungünstigen Erwerbs-, Einkommens- und Autonomiechancen verbunden ist. Die Berufsgliederung stellt damit ein zentrales Struktur- und Ordnungsprinzip sozialer Ungleichheit dar, das in der Ungleichheitstheorie eine besondere Aufmerksamkeit gefunden hat. 48

Über Werte oder Codes werden institutionelle Felder abgegrenzt, die einer bestimmten Leitidee folgen, und die dafür erforderlichen Institutionalisierungs- und Organisationsprozesse sind auf Arbeitsteilung und Herrschaftsverteilung angewiesen – hieraus resultiert vor allem das Problem sozialer Ungleichheit. Bei jeder Ordnungsbildung muss ein doppeltes Institutionalisierungsproblem gelöst werden: Konkretisierung und Aufrechterhaltung der Feldspezifik und Errichtung legitimer Ungleichheitsverhältnisse. Die Antwort auf Letztere heißt heute: Leistung (Krais 2001: 19f.). Was überhaupt an relevanten Leistungen gewertet wird, ist durch die differenzierten Ordnungen abgesteckt, durch Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Politik etc. Das Leistungsprinzip ist vielfach auf Kritik (Offe 1970; Bourdieu 1971; Neckel 2001) und Gegenkritik (von Krockow 1973) gestoßen, besonders hinsichtlich der Heterogenität der Leistungskriterien. Wie soll man die Leistungen eines Wissenschaftlers, Künstlers, Managers und Fließbandarbeiters untereinander vergleichen? Die Leistungen in verschiedenen Berufsfeldern werden unterschiedlich bewertet: Ein Fließbandarbeiter mag in seinem Akkordsystem überdurchschnittlich gut sein und wird dennoch nicht den Verdienst und das Prestige eines mittelmäßigen Managers erreichen. Bei vielen Leistungen fehlt zudem eine allgemeine Kompetenz, sie einschätzen zu können, etwa bei Grundlagenforschern, deren Leistung nur eine kleine überschaubare Berufsgruppe überhaupt beurteilen kann. Wie aus heterogenen Leistungskriterien dennoch eine übergreifende Schichtungsordnung entstehen kann, wird im nächsten Abschnitt geklärt. Dass diese eine eigene Strukturdimension gegenüber der Differenzierung verschiedenartiger Ordnungen darstellt und daraus nicht einfach abgeleitet werden kann lässt sich schon daran ersehen, dass verschiedene Leitungspositionen der Ordnungen, wie Unternehmer, Professoren, Richter, gut bezahlte Künstler etc., der gleichen gehobenen Schicht zugerechnet werden. Die Wahrnehmungsmuster sozialer Ungleichheit homogenisieren und hierarchisieren vom funktionalen Gesichtspunkt her gesehen heterogene und nicht hierarchisierbare Tätigkeiten. Von Bedeutung sind hierbei unter anderem organisatorische Isomorphien über die Teilbereiche hinweg (Haller 1986; Powell/DiMaggio 1991: 70ff.; Türk 1995: 211). Verwandte 49

Positionsebenen mit vergleichbaren Befugnisrechten und Einkommen erleichtern eine Parallelisierung ihrer Träger hinsichtlich von Schichtkriterien. Die an innerorganisatorischen Differenzen oder an professioneller Deutungskompetenz ansetzende Stratifikation setzt sich in der Sozialwahrnehmung gegen die nach funktionalen Kriterien inkommensurablen und heterogenen Positionen durch. Ein höheres Sozialprestige bietet dann wieder verbesserte Chancen, es in vorteilhafte Professions- und Berufsstrategien übersetzen zu können. Die Kritik am Leistungsprinzip hat versucht, dieses als Herrschaftsideologie zu entlarven. Die Gegenkritik sieht darin hingegen das einzig gerechte Verteilungsprinzip. Beide Positionen kommen nicht zu einer überzeugenden Lösung für den Zusammenhang von Herrschafts- und funktionalen Momenten. Wie bereits erläutert, erfordern die ordnungsspezifischen Werte oder Codes, die die Leistungskriterien festlegen, für ihre Institutionalisierung organisatorische und arbeitsteilige Programme. Ein gewisses Maß an hierarchisch gestufter Positionsdifferenzierung ist für die Erfüllung der ordnungsdefinierenden Werte und Codes nicht zu vermeiden. Dem künstlerisch leitenden Intendanten eines Theaters müssen gewisse Weisungsrechte gegenüber Hausmeister, Sekretärinnen oder Bühnenbildner eingeräumt werden. Über das notwendige Maß an Herrschafts- oder Delegationsunterschieden und an Kompetenzverteilung im Dienste institutioneller Effektivität (basale Ungleichheit) hinaus bieten herrschafts- und kompetenzprivilegierte Berufe und Positionen erhöhte Chancen, Tätigkeitsbereiche mit einem wertenden Maßstab und entsprechenden Sanktionen zu versehen, die nicht aus arbeitsteiligen Erfordernissen, sondern aus stratifikatorischen Anstrengungen resultieren (strategische Ungleichheit). In den verschiedenen Positionen der Ordnungen steckt ein unterschiedliches Potenzial für Herrschafts- und Statusstrategien – ein Potenzial, das über den unmittelbar leistungsrelevanten Tätigkeitsbereich hinaus zur Vorteilsnahme genutzt werden kann bzw. die Möglichkeiten dazu erschwert oder blockiert. Die funktional notwendigen Herrschaftsund Strategiespielräume in den differenzierten Ordnungen lassen sich also auch extrafunktional, d.h. für Statusinteressen und Prestigeabgrenzungen nutzen. 50

Das Differenzierungsprinzip setzt ungleichheitsrelevante Leistungskriterien – es determiniert aber nicht soziale Ungleichheit, sondern lässt Spielraum für strategische Ungleichheit. Beide Ungleichheitsmomente lassen sich schwer auseinanderdividieren. So verschiebt der Wandel der Wirtschaftsstruktur vom primären über den sekundären zum tertiären Sektor die Bedingungen der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Der Wirtschaftswandel wird begleitet durch eine wachsende Verwissenschaftlichung und Bildungsexpansion, die die Reproduktion der Ungleichheitsverhältnisse zunehmend von ökonomischem Kapital auf kulturelles Kapital umstellen. Die Leistungskriterien haben sich geändert – nach den Ergebnissen der Schichtungsforschung hat dies aber nicht verhindert, dass die privilegierten Schichten ihre Stellung sichern konnten. Sie haben ihre Reproduktionsstrategien verstärkt vom ökonomischen auf kulturelles Kapital umgestellt. Die Dynamik der differenzierten Institutionen hat einen Einfluss auf die Ungleichheitsverhältnisse, sie verändert deren Reproduktionsbedingungen (basale Ungleichheit), nicht aber die strategisch bedingte Ungleichheit.

2. Die Konvertierbarkeit von Ressourcen Wie entsteht eine soziale Ungleichheitsstruktur über die differenzierten Bereiche hinweg? Bisher stand primär die Entstehung sozialer Ungleichheit innerhalb einer Ordnung im Fokus. Das systemtheoretisch angeleitete Interesse für soziale Ungleichheit konzentriert sich vor allem auf extreme Exklusionsmuster oder -karrieren, seien es die Slums in der südlichen Welt oder die Abwärtsmobilität in die Obdachlosigkeit in westlichen Gesellschaften (vgl. etwa Luhmann 1995). Das bleibt eine begrenzte Analyseperspektive, welche die wesentlichen Strukturmuster, die für die Klassen- und Schichtenforschung von Interesse sind, nicht in den Blick bekommt (Schwinn 2000: 472). Differenzierungstheoretisch lässt sich argumentieren, dass jedes Teilsystem aus sich heraus spezifische Ungleichheiten erzeugt, ohne dass diese sich kumulativ decken müssten. So garantieren etwa privilegierte Marktchancen nicht auch privilegierte politische oder erotische 51

Chancen. Dieser Diagnose steht eine Vielzahl von empirischen Ergebnissen der Ungleichheitsforschung gegenüber, die eine Verkettung von Merkmalen institutionenbezogener Lebenschancen feststellen. In der Regel steht in der Ungleichheitsforschung der Zusammenhang von drei lebenslauf- und ungleichheitsprägenden Bereichen im Mittelpunkt: Familie, Bildung und Beschäftigung. Diese drei Bereiche weisen eine hohe kumulative Verkettung im Lebenslauf auf. Frühe Sozialisationserfahrungen und das Ressourcenprofil der Familie im ersten Lebensjahrzehnt prägen die sich anschließende Bildungskarriere bis ins dritte Lebensjahrzehnt und diese wiederum strukturiert in erheblichem Maße die sozioökonomischen Selektionsprozesse auf dem Arbeitsmarkt für weitere Jahrzehnte – bis in die Lebensbedingungen des Alters hinein. Empirisch lassen sich Zusammenhänge weiterhin für Bildungsniveau, Heiratsmarkt und Partnerwahl (Blossfeld/Timm 1997; Wirth/Lüttinger 1998; Teckenberg 1999), für berufsspezifische Positionierung und Wahlverhalten (Müller 1998) sowie für Arbeitsmarktpositionierung und Kriminalitätsrisiko (Geißler 1996) feststellen – und nach Bourdieus Analysen (1982) bestimmt unser Bildungs- und Berufsniveau auch unseren Kunstgeschmack (vgl. a. Gerhards 1997). Manche der Zusammenhänge zwischen den ordnungsbezogenen Lebensbereichen sind institutionell geregelt, wie der Übergang zwischen Bildung und Beschäftigung, andere setzen sich informell durch, wie z.B. der Zusammenhang von Bildungsniveau und Heiratsmarkt. Vom Prinzip der Ordnungsdifferenzierung her lassen sich diese empirisch feststellbaren Verkettungen auf der Lebensführungsebene – in der Terminologie von Burzan und Schimank (2004): »Inklusionsprofile« – nicht ausreichend erklären. Dass unsere familiale Herkunft unsere Bildungskarriere vorstrukturiert und diese die Wahl unseres Lebenspartners und unseren Kunstgeschmack, dass unser politisches Verhalten nicht unabhängig von unserer Positionierung im Beschäftigungssystem ist – all dies müsste vom Prinzip der Differenzierung her nicht sein. Selbst für den Zusammenhang von Bildung und Beschäftigung hat die international vergleichende Forschung eine große Varianz von Lösungen aufgezeigt (Allmendinger 1989; Müller et al. 1990; Kerckhoff 1995). Was die differenzierten Ord52

nungen wechselseitig voneinander fordern und füreinander leisten müssen, ist äußerst variabel und determiniert wenig. Umso erstaunlicher sind die auf der Ebene des Lebenslaufs feststellbaren strukturierten Karrieren. Zwar verlangen die differenzierten Ordnungen eine gewisse zeitliche und sachliche Sukzession im Lebensverlauf, dies erklärt aber nicht die – vom Differenzierungsprinzip her gesehen – Überdetermination von Lebensführungen. Hier muss ein zusätzliches Strukturierungsprinzip am Werk sein: das der sozialen Ungleichheit. Wie kann soziale Ungleichheit einen strukturierenden Effekt über mehrere Ordnungen und Bereiche hinweg entfalten? Die ordnungsbezogenen Verkopplungen auf der Lebensführungsebene sind nur dann zu erklären, wenn Ressourcen und Kompetenzen konvertierbar sind, so dass Aspekte familialen Lebens auch für Bildungsinstitutionen und das, was man in diesen erwirbt, auch für den Arbeitsmarkt von Belang sind. Nun wird systemtheoretisch argumentiert, dass das Prinzip funktionaler Differenzierung gerade die Nichtkonvertierbarkeit der ordnungsspezifischen Ressourcen und Kompetenzen zur Folge habe. Mit Geld kann man keine wissenschaftliche Wahrheit kaufen, mit politischer Macht keine Liebe erringen und mit künstlerischen Fähigkeiten keine Rechtsentscheidungen beeinflussen. Daraus wird geschlossen, dass den einzelnen Ordnungen je spezifische Bezugsprobleme und Diskriminierungsprogramme für Ungleichheitsbildungen zugrunde liegen würden. Bei funktionaler Differenzierung gebe es folglich einen Verzicht auf Koordination durch eine für alle Ordnungen verbindliche Stratifikation von »gleich« und »ungleich«. Nicht ausreichend berücksichtigt wird dabei, dass die Ordnungen in einem Leistungsaustausch stehen und daher bestimmte Ressourcen und Kompetenzen ständig konvertiert werden müssen. Wissenschaftliches Wissen, in Bildungsinstitutionen erworben, ist marktverwertbar und bietet ökonomisch privilegierte Chancen. Ferner ist es politisch verwertbar. Die oberen Positionen in Verbänden, Parteien, Parlamenten und Regierungen gehen nahezu geschlossen an Akademiker. Weiterhin lassen sich mit geschickten politischen Strategien, etwa der Verbandsmacht einer Berufsgruppe, bessere ökonomische Chancen erzielen. So kreuzen und verbinden sich z.B. 53

bei den privilegierten Professionen drei ungleichheitsrelevante Ressourcen: Die akademische Ausbildung vermittelt marktverwertbares Wissen und vor allem auch eine allgemeine kulturelle Deutungskompetenz, die eigenen Fähigkeiten als unverzichtbar, als ›funktional besonders wichtig‹ darzustellen. Dies lässt sich über eine entsprechende Verbandsmacht in ein politisch-rechtlich garantiertes Beschäftigungsmonopol übersetzen, das außerordentlich privilegierte Marktchancen eröffnet. Die Idee, dass sich Ressourcen konvertieren lassen, findet sich bei Max Weber. Er begreift in dem Abschnitt »Klassen, Stände, Parteien« in »Wirtschaft und Gesellschaft« (Weber 1980: 531ff.) alle drei als Phänomene der Machtverteilung. Drei Machtquellen sind darin angesprochen: ökonomische Macht (Klassen), politische Macht (Parteien) und symbolische Macht (Stände). In diesem Abschnitt werden zunächst diese Machtressourcen begrifflich getrennt und ihnen entsprechende Ausprägungen von Ungleichheit zugeordnet, um dann schließlich die Übertragungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die ökonomische Klassenlage kann ständisch überformt werden, symbolische Macht kann zur ökonomischen Vorteilsnahme eingesetzt werden, und beides, Klassenlage und ständische Lage, kann als Basis politischer Macht dienen, die sich wiederum zur Durchsetzung ideeller oder materieller Zwecke eignet. Soziale Ungleichheitsbildung vollzieht sich über drei konvertierbare Machtressourcen: kulturelle Deutungskompetenz (Bildungskapital, Wissen), politische Macht und ökonomische Chancen (vgl. a. Kreckel 2004: 75ff.). Die Konvertierungslogik dieser drei ungleichheitsrelevanten Machtressourcen wird durch die Differenzierung verschiedener Ordnungen zwar gezügelt – gewisse Konvertierungssperren werden errichtet, die eine ungehemmte Kumulation erschweren16 –, aber nicht außer Kraft gesetzt.17 Die drei Ressourcen sind sowohl ungleichheitswie ordnungsrelevant. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Konstitution der einzelnen Ordnungen und für ihren Leistungsaustausch. Alle Ordnungen benötigen heute Wissen für ihre Reproduktion. Das unmittelbar funktionsbezogene Sachwissen eröffnet unterschiedliche Chancen für eine darüber hinausgehende kulturelle Deutungskompetenz. Das Leitungspersonal der Ord-

54

nungen hat heute in der Regel eine akademische Ausbildung und diese ermöglicht ihnen symbolische Abgrenzungsstrategien. Weiterhin sind alle Ordnungen von ökonomischen Ressourcen abhängig. Die Entlohnung ihrer Träger bestimmt sich unter anderem über ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt. Auf diesem ökonomischen Feld sind die Leistungsträger aller Ordnungen gepolt und konkurrieren dort um eine wesentliche Komponente ihrer Lebenschancen. Schließlich sind alle Ordnungen machtbezogen, einmal indem sie von politisch-rechtlichen Regelungen abhängig sind und zum anderen über innerorganisatorische Machtverteilungen. Beide nehmen auf die Privilegienverteilung Einfluss. Dadurch, dass die differenzierten Ordnungen von diesen ungleichheitsrelevanten Ressourcen abhängig sind, können sich Schichtbildungen über die Ordnungsreproduktion und den Leistungsaustausch zwischen ihnen entwickeln. Differenzierung und soziale Ungleichheit sind an den gleichen Kreislauf dieser machtbesetzten Ressourcen angeschlossen. So hat die international vergleichende empirische Bildungs- und Ungleichheitsforschung gezeigt, dass dort, wo Bildungs- und Beschäftigungssystem enger gekoppelt sind, auch soziale Schichtverhältnisse effektiver und besser reproduzierbar sind. »In Ländern, in denen die Rekrutierung zu Arbeitsplätzen hauptsächlich auf der Basis von Ausbildungspatenten erfolgt, können Herkunftsvorteile mit größerer Sicherheit auf die nächste Generation übertragen werden als in Ländern, in denen der Mobilitätsprozess weniger durch Ausbildung kanalisiert ist.« (Müller 1994: 130) Nicht alle der differenzierten Ordnungen und Bereiche eignen sich in gleichem Maße für die Ausbildung von Schichtbildungen, die Liebes- oder erotische Sphäre und die künstlerische am wenigsten. Zwar sind auch sexuelle Chancen und künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten unter den Menschen nicht gleich verteilt, sie kristallisieren aber nicht wie Klassenlagen über den ökonomischen Markt zu mehr oder weniger stabilen sexuell oder ästhetisch privilegierten und unterprivilegierten Schichten. Diese Bereiche sind nicht machtbesetzt oder -geprägt (Schwinn 2001a: 154ff.). Sie nehmen nur insoweit auf Schichtung Einfluss, wie sie ihre spezifischen ›Währungen‹, erotische Ausstrahlung, sexuelle

55

Dienste und künstlerische Werke, in markt- und/oder machtverwertbare Leistungen übersetzen können. Weiterhin hat heute die religiöse Sphäre durch ihren kulturellen Deutungsverlust und der dadurch eintretenden Entwertung religiöser Heilsprämien ihre Fähigkeit weitgehend verloren, über religiöse Privilegierung einen nennenswerten Einfluss auf Ungleichheitsverhältnisse zu nehmen. Die zentralen Lebenschancen werden heute über die ökonomische, die politische und die Bildungsordnung verteilt. Ungleichheitslagen ergeben sich aus ökonomisch verwertbaren Marktchancen, aus politisch nutzbaren Herrschaftschancen und dem über Bildung erworbenen Wissen sowie der daran hängenden Deutungskompetenz. Schlechte Chancen in einem Feld können durch gute in einem anderen ausgeglichen werden. Man sollte daher das Ausmaß, in dem die Differenzierung mehrerer Ordnungen den Konvertierungskreislauf der ungleichheitsrelevanten Ressourcen unterbricht, nicht überschätzen. Ungleichheitsstrategien können sich auf jene Währungen stützen, die auch in und zwischen den Ordnungen gültig sind. Zwischen dem, was die differenzierten Institutionen fordern (basale Ungleichheit), und dem, wie faktisch strukturiert wird, klafft allerdings ein großer Gestaltungsspielraum – ein Raum, der für strategische Ungleichheit offen steht. So gibt es z.B. kein eindeutiges Kriterium, um den Wert wissenschaftlicher Ausbildung für die Ökonomie entscheiden zu können und daraus Entlohnungskriterien zu entwickeln (Ben-David 1971: 176ff.; Collins 1979; Lutz 1979; Müller et al. 1990: 62ff.; Ben-David 1991: 257ff.; Kerckhoff 1995: 335f.). Es ist objektiv auch nicht feststellbar, wie viele Akademiker von den einzelnen Ordnungen benötigt werden. Die strukturierende Kapazität des Bildungs- für das Beschäftigungswesen variiert erheblich. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit nimmt die Ordnungen in ihren Dienst, die Reproduktionsstrategien sozialer Schichtung sind aber nicht aus den Ordnungslogiken und Austauscherfordernissen einfach ableitbar. Auf den ordnungsspezifischen Ressourcen fußend, entwickelt die Schichtbildung eine Eigendynamik, die nicht mehr aus den Bedingungen der institutionellen Kontexte erklärbar ist. Stratifikatorische Strategien benötigen den Rekurs auf die differenzierten Ordnungen, deren Ressourcen und Positionen, die daran sich anschließende 56

Art der Schließung und Monopolisierung ist aber nicht durch die Leitkriterien und Leistungserfordernisse der Ordnungen determiniert.

3. Makro, Meso, Mikro und der Lebenslauf Die Frage nach der dominanten Strukturachse ist auf der Makroebene angesiedelt und es wird unterstellt, dass die Meso- und Mikroebene der ersten folgen. Das ist aber eine voreilige Annahme, die durch eine sorgfältige Analyse der Beziehungen der drei Ebenen korrigiert werden muss. Auf der Makroebene werden Schließungsprozesse über die nationale Staatsbürgerschaft reguliert (Schwinn 2001b; Mackert 1998). Es handelt sich dabei um eine makrosoziale Strukturbildung, die nicht alleine aus dem Differenzierungsprinzip ableitbar ist (vgl. dazu Kap. VII). Erst mit der Staatsbürgerschaft hat man das Recht auf Vollinklusion in alle Teilbereiche. Hier werden alle gleich behandelt, jeder hat Zugang zu allen Teilsystemen. Diesem Anspruch auf Chancengleichheit steht jedoch ein hohes Maß an Resultatungleichheit gegenüber. Dies wird vor allem durch die Organisationsebene bewirkt. »Alle sind rechtsfähig, aber nicht jeder bekommt vor Gericht Recht. Der Gleichheitssatz ist, anders gesagt, noch kein Konditionalprogramm. Alle sind Bürger, aber nicht jeder Abgeordneter und Beamter. Jeder hat, wenn er nur irgend lernfähig ist, die Schule zu besuchen; aber mit welchem Erfolg, entscheidet die Schule nach internen Kriterien. Mit Hilfe ihrer Organisationen lässt die Gesellschaft die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit, die sie nicht negieren kann, scheitern.« (Luhmann 2000: 393f.) Was das Rechtssystem auf der Makroebene öffnet, wird durch die Mesoebene der Organisationen wieder geschlossen, indem durch Institutionalisierung spezifiziert wird, wie gleiche Chancen verwirklicht werden müssen. Durch Organisationen werden die Gleichheitswerte mit Diskriminierungsfähigkeit ausgestattet und Ungleichheit produziert. Neben den formalen Kriterien zur Umsetzung von Chancengleichheit müssen hierbei auch informelle Schließungs- und Öffnungsprozesse berücksichtigt werden, die sich aus den Machtverhältnissen des Organisationspersonals er57

geben. Ferner ist das Kompetenz- und Autoritätsgefälle zwischen Experten und Laien ungleichheitsrelevant, da wesentliche Lebenschancen durch professionelle Definitions- und Handlungsmonopole bestimmt werden. Hier stellt Gerhards (2001) seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen »Aufstand des Publikums« fest, in dem die Rechte und Partizipationsansprüche der Laien und Klienten in fast allen Bereichen gestiegen sind.18 Inklusion ist ein aktiver Prozess, an dem die Betroffenen definierend und gestaltend in Bezug auf die für sie relevanten Leistungen der Institutionen mitwirken. Luhmann (1985a: 130ff.) setzt den Primat funktionaler Differenzierung auf der Gesellschaftsebene an und unterstellt, dass er auf die nachgeordneten Ebenen durchgreift. In Interaktionen muss jeder Einzelne nicht mehr darauf achten, welcher Schicht er zugehört und entsprechend sein Verhalten gegenüber dem anderen einstellen, sondern er muss wissen, wie man politisch, rechtlich, wissenschaftlich, religiös etc. kommuniziert und handelt. Dagegen muss man die eigenständige Strukturierungswirkung der informellen sozialen Ungleichheitspraxis in Organisationen betonen. Degele (2004) erläutert, wie geschlechtsspezifische Ungleichheit in der Medizin auf der Interaktionsebene reproduziert wird, wenn etwa beim kollegialen Treffen unter Männern die Ärzte die Atmosphäre mit schlüpfrigen Witzen ›auflockern‹ und damit ihre Erlebniswelt von der der Frauen abgrenzen. Hartmann/Kopp (2001) haben bei der Frage: »Eliteselektion durch Bildung oder durch Herkunft?« festgestellt, dass die Bildungsexpansion zwar die Chancen für die Kinder aus der Arbeiterklasse und den Mittelschichten erhöht hat, den Doktortitel zu erwerben, diese Verbesserung aber auf den Bildungsbereich beschränkt bleibt. Für die Besetzung von hohen Führungspositionen in der Wirtschaft zeichne sich gar eine zunehmende soziale Schließung ab. Dies vollzieht sich über die interaktive Mikroebene. Die formal-organisatorischen und die informell-interaktiven Schließungs- und Auswahlkriterien für Inklusion und Exklusion werden so zusammengeschaltet, dass die Letzteren nicht trichterförmig die Organisationsvorgaben ›kleinarbeiten‹ und weitergeben, sondern dort eine eigenständige Strukturgenerierung stattfindet. Die institutionell festgelegten hohen Bildungstitel bewirken 58

zwar eine Vorauswahl unter den Bewerbern für Führungspositionen, die endgültige Selektion wird aber auf der Interaktionsebene des Auswahlgesprächs getroffen. Dort zählen Kompetenzen, die Bildungsinstitutionen nicht vermitteln können, die man nur durch Aufwachsen in einem bestimmten Milieu von Kindesbeinen an mitbekommt: Souveränität im Auftreten und Verhalten, intime Kenntnis der in diesen Kreisen geltenden Dress- und Benimm-Codes, eine breite Allgemeinbildung etc. Diese interaktiv sich durchsetzenden Selektionskriterien müssen nicht dysfunktional für die formalen Leistungskriterien einer Organisation sein: Die für die Besetzung von hohen Führungspositionen in der Wirtschaft zuständigen Personen (Aufsichtsratsmitglieder, Vorstandskollegen, Mehrheitsaktionäre, Eigentümer) treffen Entscheidungen in einem schwer kalkulierbaren Umfeld von oft großer Tragweite. Daher »suchen sie nach Menschen, auf die sie sich verlassen können, deren Verhaltensmuster und Einstellungen den eigenen ähneln. Das steckt im Kern hinter dem in Interviews mit Spitzenmanagern und führenden Personalberatern immer wieder geäußerten Satz: ›Die Chemie muss stimmen‹ […] ›Bei gleicher Leistung wirkt sich Ähnlichkeit als Plus, hingegen Unähnlichkeit als Minus aus‹. Angesichts der Unsicherheit und Komplexität der Entscheidungssituationen wird unter mehreren Kandidaten in der Regel derjenige vorgezogen, dem man am ehesten Vertrauen schenken zu können glaubt. Vertrauen soll helfen, die hohe Komplexität der Entscheidungen zu reduzieren, auch die bei der Entscheidung über den ›richtigen Mann‹ für eine vakante Führungsposition. Die sicherste Grundlage für ähnliche Verhaltens- und Beurteilungsmuster bietet nun aber eine vergleichbare soziale Herkunft.« (Ebd.: 458f.) Soziale Ungleichheit wird heute zwar in hohem Maße durch formale institutionelle Leistungskriterien bestimmt, informelle Herkunftseffekte konterkarieren diese aber auf der interaktiven Ebene durch eine erstaunlich stabile Strukturierungswirkung – eine Ebene, auf die das Recht und die Organisationen nicht ausreichend strukturierend durch formalisierbare Verhaltensanforderungen heranreichen. Eine weitere Strukturierungsebene stellt der quer zur MakroMeso-Mikro-Unterscheidung stehende Lebenslauf dar, an dem sich in den letzten Jahrzehnten eine rege Forschungstätigkeit 59

kristallisiert hat (Kohli 1985; Mayer/Blossfeld 1989; Berger/Hradil 1990; Mayer 1990; Berger/Sopp 1995; Born/Krüger 2001; Schwinn 2001b: 225ff.). In der neueren Systemtheorie und in vielen Arbeiten zur Individualisierungsthese fällt diese Strukturierungsebene durch das Analyseraster, weil sich hier die »Ordnungen« für die Individuen zu bloßer »Umweltkomplexität« verflüchtigt haben. Die hieran anknüpfende Inklusions-Exklusions-Begrifflichkeit unterstellt ein gleichsam chamäleonartiges Subjekt, das beim Wechsel von einer zur anderen Ordnung sich jeweils voraussetzungsfrei auf die neuen Bedingungen einstellen kann. Das ist aber unrealistisch. Es gibt generalisierte oder Schlüsselkompetenzen, die für privilegierte Positionen in allen Ordnungen disponieren. Sprachliches Vermögen, berufliche Aspirationen, formale Bildung, ein bestimmter Verhaltensstil etc. sind gleichermaßen erforderlich und interaktiv relevant, egal ob leitende Positionen in Wirtschaft oder Politik, eine Professur oder eine Richterstelle angestrebt werden, und sie sind auch nicht unerheblich bei der Partnerwahl und der Rezeption von Kunst. Diese universell verwendbaren Kompetenzen oder ›Währungen‹ sind nicht gleich verteilt. Sie werden vor allem durch Familie und Bildung vermittelt. Das, was in der Makroperspektive synchron differenziert ist, muss vom Subjekt diachron durchlaufen werden. Familie und Bildungseinrichtungen sind makrosoziologisch differenzierte Bereiche unter anderen, aber sozialisationstheoretisch gesehen sind sie Filterinstitutionen, die wesentliche Bedingungen für die Partizipation in allen weiteren Bereichen festlegen. Den institutionellen Prinzipien der Rechtsgleichheit, der Chancengleichheit und der freien Konkurrenz entgegenlaufend startet unser Lebenslauf in einem askriptiv verfassten Sozialbereich. Das Prinzip der individuellen Chancengleichheit verletzend, ermöglicht Familie Vererbung materieller Ressourcen über die formellen Regeln des Erb- und Familienrechts und informell über interaktiv vermittelte Sozialisationsstile. Die von einer Generation erworbenen Lebenschancen werden in einen zugeschriebenen, vor aller persönlichen Leistung schon bestehenden Startvorteil der Familienmitglieder der nächsten Generation verwandelt. Ohne Familie würden Markt, Politik und Bildung auch Ungleichheit produzieren, aber nicht deren intergenerationelle Verfestigung. 60

Die spezifische Art also, wie die differenzierten Ordnungen und Bereiche vom Subjekt lebensgeschichtlich durchlaufen werden müssen, ist mit ausschlaggebend für die Ausbildung sozialer Ungleichheitsverhältnisse. Das Subjekt durchwandert die Ordnungen und beim Wechsel von einer in die andere startet es dort nicht jeweils völlig neu und voraussetzungsfrei, sondern es gibt Mitnahmeeffekte und Querverweise zwischen seinen einzelnen Rollen. Darüber baut sich u.a. die Strukturierung sozialer Ungleichheit auf. Durch die differenzierten Ordnungen kann dieser querziehende Struktureffekt des Lebenslaufs nicht in ausreichendem Maße unterbrochen werden. Bestätigt wird dies durch Ergebnisse der komparativen empirischen Ungleichheitsforschung: Die verglichenen Länder weisen in den zwei für soziale Mobilitätsprozesse zwischen Herkunfts- und Zielklasse wichtigen institutionellen Links von Bildung und Beschäftigung eine größere Varianz auf als im Endresultat, d.h. bei der Zuordnung zur Zielklasse (Müller et al. 1990: 88).

4. Die Vielfalt der Lebensführungen Die vorstehenden Ausführungen zur Strukturierung sozialer Ungleichheit über die differenzierten Bereiche hinweg werden von einer Vielzahl international vergleichender Studien bestätigt (Esping-Anderson 1993; Ishida et al. 1995; Kerckhoff 1995; Blossfeld 2001; Groß/Wegener 2004). Die anhaltende Strukturierung sozialer Ungleichheit über Herkunft – Bildung – Beruf wird auch von der neueren Ungleichheitsforschung nicht in Frage gestellt, wie es Beck in der bekannten Metapher vom ›Fahrstuhleffekt – nicht des Verschwindens – der Klassengesellschaft‹ zum Ausdruck bringt. Eine solche auf Ressourcen abstellende Ungleichheitstheorie ist auch für die Differenzierungstheorie von Bedeutung. Das zeigt ein Vergleich von Beck und Luhmann. Für beide gehören Individualisierungsprozesse zum Kennzeichen der Moderne, sie werden aber jeweils anders erklärt: bei Luhmann über die Grundstruktur funktionaler Differenzierung, bei Beck über die Entwicklungstendenzen der Klassengesellschaft. Beck datiert die massenhaft eintretende Individualisierung erst auf die zweite 61

Hälfte des 20. Jahrhunderts, während man bei Luhmann zur genaueren zeitlichen Verortung dieses Prozesses keine Angaben findet. Eine Voraussetzung für massenhafte Individualisierung ist der gestiegene Wohlstand und die sprunghafte Verbesserung des Lebensstandards in den Nachkriegsjahrzehnten. Die potenziell im Modernisierungsprozess angelegte Individualisierung wird im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert durch Verelendung blockiert und in den Integrationsformen von Klasse und Milieu aufgefangen. Mit dem gestiegenen Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg werden diese Solidaritäten entbehrlicher und der Individualisierungsprozess setzt sich durch. Differenzierung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Individualisierung. Es muss das entsprechende Ressourcenniveau dazukommen. Die breite Bevölkerung konnte sich im 19. Jahrhundert wohl kaum auf die Kunstsphäre einstellen, wenn die Aufrechterhaltung prekärer Lebensverhältnisse im Vordergrund stand. Stabile Klassenmilieus wurden zusammengeschweißt durch eine zentrale Problem- oder Konfliktdimension. So hat die Kapital-Arbeits-Linie fast alle für die Lebenschancen ausschlaggebenden Aspekte fokussiert. Die Fraktionierung des Orientierungs- und Interessenhaushalts einer Person durch die differenzierten Ordnungen setzt erst ab einem gewissen Lebensstandard ein. In materiell dauerhaft prekären Lebenslagen haben Ordnungsdifferenzierungen keine Chance, massenhaft das subjektive Interesse und die Aufmerksamkeit der Individuen zu gewinnen und zu vervielfältigen. Die klassentheoretisch orientierte Ungleichheitstheorie argumentiert primär auf der Ressourcenebene. Diese Ebene des Strukturierungsparadigmas sozialer Ungleichheit wird durch die neuere Ungleichheitsforschung nicht in Zweifel gezogen (vgl. etwa Berger et al. 2001). Vielmehr geht es um die Frage, welche Verhaltensrelevanz einer dominant ressourrcentheoretisch argumentierenden Ungleichheitsforschung noch zukommt. Die kulturalistische Wende der Sozialstrukturanalyse stellt Lebensstile und soziokulturelle Orientierungen in den Mittelpunkt. Mit dem allgemein gestiegenen Wohlstand ändert sich die strukturelle Bedeutung von Ressourcen.19 Mangelsituationen wirken restringie62

rend und erfordern primär ein strategisches, zweckrationales Geschick; Überflusssituationen wirken ermöglichend und stellen die Akteure vor Probleme der Wahl (Schulze 1992: 54ff.; Buchmann/Eisner 1997). Menschen in Mangelsituationen haben Mittelkrisen, Menschen in Überflusssituationen haben Sinnkrisen. Es kann also nach wie vor die Ressourcenverteilung in hohem Maße strukturiert sein und dennoch die Handlungsrelevanz dieser Ressourcen sich verschieben. Dies lässt sich mit Giddens’ Strukturierungsmodell und den drei Logiken in Essers (1993: 91ff.) Modell der soziologischen Erklärung plausibel machen. Nach Giddens sind Strukturen restringierend und ermöglichend. Die Strukturen der sozialen Ungleichheit wirken mit zunehmendem Wohlstand mehr ermöglichend als restringierend. Präziser lässt sich dies mit Essers Erklärungsmodell erfassen. Ressourcen gehören zur »Logik der Situation«, zu den Voraussetzungen des Handelns. Die »Logik der Selektion«, das konkrete Handeln der Akteure, ändert sich, wenn Ressourcenknappheit kein zentrales Problem mehr ist. Von zweckrationalen Fragen (›Wie komme ich zu Mitteln?‹) verschiebt sich das Akteurproblem zur Sinnfrage (›Was mache ich mit den Mitteln?‹).20 Das massenhafte Handeln vieler Personen auf der Grundlage eines hohen Ressourcenniveaus produziert über die »Logik der Aggregation« Strukturen, in denen dann stärker kulturelle Aspekte sozialer Ungleichheit eine Rolle spielen. Entsprechend konzentriert sich die neuere Ungleichheitsforschung auf diese Sinn- und Kulturproblematik. Nun wird allerdings in der Ungleichheitsdiskussion die Frage nach den Handlungskonsequenzen von Verteilungsverhältnissen kontrovers eingeschätzt. Bourdieu und die an ihn anschließende Forschung geht davon aus, dass sich ökonomisch-materielle Ungleichverteilungen auf kulturellem Feld fortpflanzen. Vester (2004) spricht von homologen Strukturen zwischen beruflichen Teilungen und Lebensstilen. Den Abstufungen von Einkommensund Kapitalverhältnissen korrespondieren Distinktionen der Kultur- und Orientierungsmuster. Von gewissen Richtungen der neueren Ungleichheitsforschung, etwa Beck und Schulze, wird dagegen bezweifelt, dass sich kulturelle und Lebensstilmilieus noch hierarchisch klassifizieren lassen. Den statistischen Verteilungsungleichheiten wird keine lebensweltliche Evidenz und Re63

levanz mehr zugesprochen.21 Der sich hier anschließenden deskriptiven Milieuforschung wird von verschiedenen Seiten ein Erklärungsdefizit und Theorieverzicht vorgeworfen (Mayer 1987: 376f.; Müller 1992: 48f.; Geißler 1996; Schimank 1998: 76, FN 12; Berger 2001: 220f.; Groß/Wegener 2004). Wenn es nicht gelänge, der »Vielfaltsforschung« eine theoretische Perspektive zu vermitteln und sie an die Gesellschaftstheorie anzubinden, werde sich der Erosionsprozess des Paradigmas strukturierter sozialer Ungleichheit fortsetzen. Ihre ehemalige gesellschaftstheoretische Zentralstellung und die damit verbundene diagnostische und prognostische Kraft seien dabei, sich in Beliebigkeit und Ratlosigkeit aufzulösen. Bei fortbestehender Strukturierung sozialer Ungleichheit über Bildung – Beruf – Einkommen stellt sich also die Frage, welche Verhaltensrelevanz dieser Ressourcendimension noch zukommt. Nach Luhmanns (1985: 130ff.) These vom Primat funktionaler Differenzierung büßt das Verteilungsmuster seine strukturierende Wirkung auf die Interaktions- und Kommunikationsordnung ein. Bewusstseins- und Handlungsformen werden durch das Differenzierungs- und nicht durch das Ungleichheitsprinzip bestimmt. Man muss heute wissen, wie man politisch, wissenschaftlich, religiös, ökonomisch etc. kommuniziert und handelt – und dabei sollte außer Acht bleiben, welche sonstigen Rollen die Akteure noch haben und was sie sonst noch ›sind‹. Eine Herausforderung der Differenzierungs- an die Ungleichheitstheorie könnte also darin liegen, dass die Konzeption eines Strukturkontinuums durch die einer strukturellen Diskontinuität ersetzt wird. Die Stärke der traditionellen Klassen- und Schichtenanalysen beruht in der Fähigkeit, die systematische Produktion und Reproduktion von ungleichen Lebenschancen aufzeigen zu können. Die Verteilung sozialer Ressourcen erfolgt nicht zufällig, sondern über mehrere Dimensionen hinweg strukturiert. Daran hängt der gesellschaftstheoretische Erklärungsanspruch der Ungleichheitsforschung und ihre Bedeutung für die Makrosoziologie (Groß/Wegener 2004; Kreckel 1998: 31). Systemtheoretische Differenzierungsanalysen interessieren sich mehr für die Brüche, Schwellen und Stufen der Ungleichheit. Gefragt wird nicht nach graduellen Unterschieden des Mehr64

oder Weniger-Habens, sondern dichotom nach Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu den verschiedenen teilsystemischen Kontexten (Leisering 2004). Mit dieser Diskontinuitätsannahme verliert soziale Ungleichheit seine Bedeutung als sozialer Vergleichszusammenhang (Stichweh 2004). Während in der Ungleichheitstheorie die Verhaltenseinbuße von Ungleichheitsstrukturen mit dem Ressourcenniveau (Stichwort »Fahrstuhleffekt der Klassengesellschaft«, Beck 1986: 124) begründet wird, argumentiert die Systemtheorie differenzierungstheoretisch mit der Selektivität von Verhaltensanforderungen. Die These einer Vielfalt von Handlungs- und Orientierungsweisen bedroht den Erklärungsstatus der Ungleichheitstheorie, während sie für die Differenzierungstheorie kein Problem darstellt, sondern konstitutiv zu dieser Theorie gehört. Man könnte dies im Sinne von Luhmanns Behauptung eines Primats des Strukturprinzips funktionaler Differenzierung lesen und die Vielfaltsforschung zu Lebensstilen und Milieus als nachgeordnet und im Grunde von keiner nennenswerten theoretischen Bedeutung und Erklärungskraft mehr ansehen. Das wäre aber eine überhebliche und voreilige Position. Unsere Ausgangsthese war, dass es keinen Theorieprimat gibt und nur eine Kombination von beiden Strukturprinzipien zufriedenstellende Erklärungen liefert. Dennoch – oder auch gerade deshalb – kann man sich fragen, was die Differenzierungstheorie zum besseren Verständnis der von keiner Richtung der heutigen Ungleichheitsforschung bestrittenen komplexer gewordenen sozialstrukturellen Verhältnisse beitragen kann. Wenn die Ungleichheitsforschung nach wie vor eine hohe Strukturierung der Ressourcenreproduktion (Herkunft – Bildung – Einkommen) feststellt, ist damit noch nicht die vielfältige Verhaltensrelevanz dieser Ressourcen miterklärt. Die klassische Ungleichheitstheorie beschäftigte sich immer mit einem doppelten Strukturierungsproblem, dem von »Klasse an sich« und »Klasse für sich« – und beide sind nicht identisch. In einem kurzen Vergleich von Beck und Luhmann haben wir festgestellt, dass sich die Vervielfältigungswirkung der differenzierten Ordnungen erst ab einem gewissen Wohlfahrtsniveau entfaltet. Ist dieses erreicht, verschiebt sich die strukturelle Bedeutung von Ressourcen von einer restringierenden hin zu einer ermöglichenden Bedingung des 65

Handelns – und was heute möglich ist, bestimmt sich in erheblichem Maße durch die Partizipation in und an den differenzierten Institutionen. Die Ressourcenlage eines Menschen umschreibt seine Lebenschancen, den Raum der Möglichkeiten, die Lebensführung dagegen die typische Nutzung dieser Möglichkeiten. Die traditionelle Ungleichheitsforschung fokussierte mehr auf die Potenziale, also die Lebenschancen – die differenzierungstheoretische Perspektive auf soziale Ungleichheit, die Burzan und Schimank (2004) vorschlagen, interessiert sich mehr für die Umsetzung und Nutzung dieser Potenziale in den verschiedenen Inklusionsbezügen. Mit ihrem Ansatz möchten sie die blinden Flecken der Ungleichheitstheorie ausleuchten, die eine Anzahl von Teilsystemen zur Charakterisierung von Lebenschancen und Lebensführung notorisch vernachlässigt. Einkommen ist ein bestimmtes Potenzial, das sich messen und zur Schichtklassifikation in feinen Abstufungen arrangieren lässt. Damit ist sicherlich ein Korridor für weitere Partizipationsmöglichkeiten festgelegt. Die Lebensqualität bestimmt sich aber unter anderem ebenso durch die Qualität des Familienlebens oder durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, wofür etwa auch sportliche Aktivitäten von Bedeutung sein mögen. Ausschlaggebend ist eventuell auch, wie man durch rege Partizipation am Kunstsektor oder am religiösen Geschehen das Leben balancierende Erfahrungen macht, die durch andere als beruflich-ökonomische Rationalitäten charakterisiert sind. Das Konzept der Inklusionsprofile will die Aufmerksamkeit auch auf solche ›harmlosen‹ oder ›weichen‹, weil nicht umkämpften sozialen Ungleichheiten lenken. Dabei geht es beim Vergleich von Lebensführungen zwischen verschiedenen Personen oder Gruppen nicht in allen Belangen um die relative Besser- oder Schlechterstellung, sondern in einer Vielzahl von Aspekten lediglich um Andersartigkeit. Leisering (2004) betont dies ebenfalls: mit der Annahme diskontinuierlicher sozialer Ungleichheit, mit Schwellen und Brüchen, die sich nicht alle auf ein Vorteils- oder Nachteilskontinuum bringen lassen. Nicht alle für die Lebensqualität relevanten Aktivitäten hängen vom Ressourcenniveau einer Person ab, sondern auch von der Fähigkeit und der Zeit, sich auf die jeweiligen Sinn66

rationalitäten einzulassen und ihnen zu folgen. Genauso wenig wie die verschiedenen Werte oder Codes der differenzierten Institutionen auf der Makroebene lassen sich die Sinn- und Orientierungsrationalitäten auf der Subjekt- oder Lebensführungsebene in ein Bewertungskontinuum bringen. Die Qualitäten der Einzelpartizipationen einer Person lassen sich schwerlich auf einen einheitlichen Maßstab hin verrechnen. Es mag zwar subjektive Werthierarchien geben, durchgängige soziale gibt es jedoch nicht.22 Mit der Unterscheidung von Lebenschancen als Potenzial und Lebensführung als konkrete Nutzung dieses Potenzials in verschiedenen Kontexten lässt sich sagen, dass aus Ungleichheit als messbarem Ressourcenkontinuum durchaus ein kaum noch messbares Ungleichheitsdiskontinuum werden kann. Die Differenzierungstheorie kann hier der Ungleichheitsforschung eine theoretische Erweiterung für die Thematisierung von ›Vielfalt‹ bieten. Die empirische Untersuchung von Inklusionsprofilen bei Burzan und Schimank (2004) deutet aber darauf hin, dass die klassischen sozialen Lagemerkmale wie Einkommen, Bildung, Alter oder Geschlecht zu den erklärungskräftigsten Faktoren bei der Realisierung von ordnungsbezogenen Lebensführungen gehören.

67

IV. Ungleichheitsstrukturen und Institutionen: Basis-Überbau, Entkopplung oder Wahlverwandtschaft? In den vorangegangenen Kapiteln war soziale Ungleichheit eher eine abhängige und Differenzierung eine unabhängige Variable. Wir wollen nun die Analyserichtung umkehren und den Wirkungen von sozialer Ungleichheit auf die Ausprägung der differenzierten Ordnungen nachgehen. Auch hier gilt, dass es sich dabei um keine eindeutige Determinationsbeziehung handelt. Die den differenzierten Bereichen zugrunde liegenden sachlichen Kriterien der Ungleichartigkeit können nicht aus sozialen Kriterien der Ungleichwertigkeit abgeleitet werden. Soziale Ungleichheit ist der Kontext, der Bedingungen für die Entfaltung der differenzierten Ordnungen setzt. In allen Bindestrichsoziologien, die sich auf die differenzierten Bereiche beziehen, politische Soziologie, Religions-, Wirtschafts-, Bildungs-, Familien-, Kunst-, Rechtssoziologie etc., spielen immer auch Schichtfragen eine Rolle. Es ist aber eine offene Frage, wie durchlässig die Sachlogiken der verschiedenen Institutionen für soziale Ungleichheitsaspekte sind. Die Primatthese präformiert (oder versperrt) den Blick für diese Beziehungen, weil eine Strukturdimension als dominant gesetzt wird und die Wirkungen der anderen als abhängige Variable unterbelichtet bleiben. Wie eine von Primatannahmen unverstellte Analyse aussieht, lässt sich an Max Webers Religionssoziologie demonstrieren. Er fragt dort nach der uns hier interessierenden Wirkung von Ständen und Klassen auf die religiöse Sinn- und Ordnungsbildung. In der »Wirtschaftsethik der Weltreligionen« ist dies in der »Einleitung« und in der »Religionssoziologie« aus »Wirtschaft und Gesellschaft« in §7 »Stände, Klassen und Religion« abgehandelt. Beide Texte gehen jenen Kapiteln voraus, in denen der Differenzierungsaspekt thematisiert wird, der »Zwischenbetrachtung« und §11 »Religiöse Ethik und Welt«. Jede der großen Religionen war primär in ganz bestimmten sozialen Schichten verankert, die ihre ideelle und institutionelle Ausprägung und Entwicklung mitbestimmt haben. Ein Kernaspekt von Religion ist nach Weber das Theodizee-Problem, welches unverkennbar durch die Un68

gleichheitsfrage mitgeprägt wird: Warum sind die Lebenschancen und die dafür nötigen Ressourcen auf dieser Erde so ungleich verteilt? Die religiöse Erlösungsvorstellung ist durch die Interessen der Unterprivilegierten mitbestimmt (Weber 1978: 244ff.; 1980: 298ff., 536). Sie haben ein besonderes Bedürfnis nach Erlösung von Not und Leiden. Ihnen konnte man ein Würdegefühl durch den Glauben an ein Jenseits vermitteln oder an eine ihnen von Gott anvertraute Mission oder Aufgabe, die ein Sollen, ein ethisches Verhalten verlangt. Privilegierte Schichten waren für diese Erlösungsverheißung viel weniger empfänglich, ›ihr Reich ist von dieser Welt‹: Wozu Erlösung, wenn man hier auf dieser Welt alles hat, sozusagen ›satt‹ war? Sie erwarteten von Religion eher eine Legitimation ihrer privilegierten Lage. Die Ressourcenverteilung ist nicht das einzige Kriterium, um den Einfluss sozialer Lagen auf die religiöse Entwicklung zu erfassen. Weber nennt weiterhin Berufskriterien (Weber 1978: 254ff.; 1980: 304ff., 311): Je nachdem, ob die Anhängerschichten Bauern, Händler, Handwerker, Krieger oder Beamte waren, hatte dies einen entscheidenden Einfluss auf die Ausformung der Heilsziele und -wege. Die entscheidenden Schichten des Christentums waren ökonomisch interessierte, bürgerlich-städtische Schichten, deren Interessen der Heilsweg der Askese sowie das Weltbild einer aktiven Weltbeherrschung entgegenkamen. Nicht nur über die Nachfrage-, sondern auch über die Angebotsseite macht sich der Einfluss sozialer Ungleichheit geltend. Zum einen ist das Tätigkeits- und Sozialprofil der religiösen Eliten von Bedeutung. Die Träger des Intellektualismus in Asien sind vor allem gebildete Literaten, oft aristokratischer Herkunft, deren Interessen und Bedürfnisse besser durch kontemplative Formen der Religiosität bedient wurden, durch mystische Heilswege und ein Weltbild der passiven Weltflucht und Weltindifferenz. Weiterhin sind die Herrschaftsinteressen des religiösen Leistungspersonals ausschlaggebend. Diese lassen sich über die organisatorische Verfassung der religiösen Angebots-Nachfrage-Beziehungen durchsetzen. Waren die religiösen Trägergruppen in Bürokratien eingebunden – wie das politische Beamtentum im Konfuzianismus und die Priester der christlichen Kirche –, wurden Formen individueller, mystischer Heilssuche stark beschnitten, weil diese organisato69

risch nicht kontrollier- und die darin enthaltenen Heilserfahrungen nicht monopolisierbar waren, wie in der Anstaltsgnade der christlichen Kirche. Die Herrschaftsinteressen des religiösen Leitungspersonals bestimmten die Heilswege für ihre Klienten mit. Die Ressourcenverteilung, das Berufs- und Tätigkeitsprofil der Anhänger- und Trägerschicht sowie die Herrschaftsinteressen der religiösen Eliten sind also die entscheidenden Kriterien, über die der Einfluss sozialer Ungleichheit und der daraus resultierenden Interessen auf die religiösen Ideen und ihre Institutionalisierung offengelegt wird. Nun ließe sich Webers Thematisierung des starken Klassenund Standesbezugs der religiösen Ordnung im Sinne von Luhmanns These eines Vorherrschens stratifikatorischer Differenzierung interpretieren. Die von Weber analysierten Weltreligionen sind allesamt in der Vormoderne entstanden, für die Luhmann den Ordnungsprimat sozialer Ungleichheit reserviert. Mit dieser Denkschablone verbaut man sich jedoch eher ein adäquates Verständnis dieser Zusammenhänge. Ich schlage eine andere Interpretation vor. Weber reduziert Religion nicht auf die Interessen ihrer sozialen Trägerschichten im Sinne eines Primats stratifikatorischer Differenzierung. Weder Marx’ Basis-Überbau- noch Nietzsches Ressentiment-These erschienen ihm überzeugende Lösungen. Die kognitive und ethische Ausformung des religiösen Gedankengebäudes ist sozialstrukturell mitgeprägt, aber nicht determiniert (Weber 1978: 250f., 258; 1980: 304ff., 327). Religion ist ein Intellektuellenprodukt und gehorcht insofern auch den immanenten Gesetzen der Ideen selbst. »Interessen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die ›Weltbilder‹, welche durch ›Ideen‹ geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte. Nach dem Weltbild richtete es sich ja: ›wovon‹ und ›wozu‹ man ›erlöst‹ sein wollte und – nicht zu vergessen: – konnte.« (Weber 1978: 252)23 Dieses bekannte Zitat aus der »Religionssoziologie« bietet einen geeigneten Vorschlag für unser Problem, den Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und Differenzierung zu fassen. Sozialstrukturell bedingte Interessen und Bedürfnisse werden durch die Leitideen einer Ordnung aufge70

nommen und in spezifischer Weise geprägt. Umgekehrt beeinflussen dabei die ungleichheitsbedingten Interessen auch die Ausformung des religiösen Ideengebäudes. Beide Dimensionen setzen wechselseitig füreinander Kontexte, sie determinieren sich aber nicht. Mit den sozialen Ungleichheitsverhältnissen in der Moderne verändert sich auch die Bedeutung von Religion. Das moderne Proletariat und Bürgertum steht der Religion eher indifferent und ablehnend gegenüber und beide sind keine Trägerschichten einer typischen Religiosität (Weber 1980: 295f.). Nach Luhmann und Stichweh kommt Religion erst in der Moderne zu ihrer vollen und eigentlichen Ausprägung, weil hier die differenzierten Ordnungen nicht mehr in ihrer Entfaltung durch stratifikatorisch bedingte Fremdkriterien behindert werden. Diese Interpretation will aber nicht so recht zur religiösen Entwicklung passen. Religion verliert mit den modernen sozialstrukturellen Verhältnissen ihre durch Interessen getriebene Dynamik. Für Wohlstandsbürger wird außerweltlicher Trost entbehrlicher und die dazu erforderlichen Heilswege und -techniken werden weniger praktiziert. Die Aufgaben von Religion verschieben sich von Seelsorge stärker auf karitative und diakonische Dienste (Wuthnow 1994: 621). Man kann nicht sagen, dass dies die eigentliche Bestimmung und das Kerngeschäft der religiösen Ordnung sei. Ausgeprägte soziale Ungleichheitsverhältnisse sind für ihre volle Entfaltung förderlicher als eine moderne Sozialstruktur. Das gilt sicherlich nicht für alle Ordnungen oder Teilsysteme. Die große Aufmerksamkeit, die Weber der Klassen- und Standesfrage in der Religionssoziologie widmet, findet in seinen anderen Teilsoziologien keine Entsprechung. Zwar betont er die Interessen der bürgerlichen Schichten, ohne die die Ausbildung des modernen Betriebskapitalismus und des Rechtsformalismus (Weber 1980: 471) in der Neuzeit undenkbar gewesen wären. Dennoch beschäftigt sich seine Wirtschafts-, Rechts-, Wissenschafts- und politische Soziologie viel stärker mit den immanenten Rationalismen dieser Ordnungen, unter weitgehender Absehung sozialer Ungleichheitsverhältnisse. Vergleicht man Webers Wirtschaftsmit seiner Religionssoziologie unter diesem Aspekt, so ist unverkennbar, dass soziale Ungleichheitsverhältnisse konstitutiv auf 71

den Kern religiöser Ordnung einwirken, während dies bei Wirtschaft nicht erkennbar ist. Hier interessiert ihn mehr die andere Wirkungsrichtung vom Kapitalismus auf die modernen Ungleichheitsverhältnisse. In seiner Klassentheorie findet sich dies thematisiert. Es müsste folglich genauer nach der Empfänglichkeit der einzelnen Ordnungen für die Wirkungen sozialer Ungleichheitsverhältnisse gefragt werden. Ordnungen werden durch sozialstrukturelle Interessenlagen mitgeprägt und sie erzeugen ihrerseits wiederum spezifische Momente sozialer Ungleichheit. Religion wird durch Schichtverhältnisse mitbestimmt und sie setzt aus sich heraus eine eigenständige religiöse Schichtung (Virtuosen – Priester – Laien) frei. Beide Schichtaspekte sind nicht völlig identisch. Die Übersetzung und Synthese der einzelnen ordnungsspezifischen Ungleichheitsmomente – wirtschaftliche, politische, rechtliche, religiöse, bildungsbedingte – zu einer Sozialstruktur ist eine Aufgabe, die die Ungleichheitstheorie und -empirie zu leisten hat. Dafür stehen der Differenzierungstheorie nicht die adäquaten Mittel zur Verfügung. Wir kommen hier zum gleichen Ergebnis wie bei der Frage der historischen Epocheneinteilung durch die jeweiligen Strukturund Ordnungsmuster in Kapitel II. Luhmanns These vom Primat funktionaler Differenzierung unterstellt zu pauschal eine generelle Trennung der »Funktions-« von der Ungleichheitslogik für alle Teilsysteme. Der Fall Religion ist damit schwerlich zu fassen. Wissenschaft dagegen ist unzweifelhaft kaum durch soziale Ungleichheit geprägt.24 Zwar gab es das Diktum von der »bürgerlichen Wissenschaft«, das ist aber mehr von ideologischem als analytischem Interesse.25 Im Recht interessiert sich Weber (1980: 511) für Beispiele von »Klassenjustiz« und »Kadijustiz«, erkennt darin aber eine durch Interessen von bestimmten Klassen bedingte Aufweichung und Deformierung des Rechtsformalismus. Aber auch das moderne formale Recht ist nicht frei von Fragen der Gerechtigkeit und Gleichheit. Weber thematisiert dies mit dem Begriffspaar materiale und formale Rationalität (Schwinn 2001a: 321ff.). Die entscheidenden Rechtsanstöße kommen heute nicht mehr rechtsimmanent, sondern aus der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung (Weber 1980: 468ff.; Teubner/Willke 1984; Teubner 1985; Breuer 1990). Diese erzeugt eine zunehmende Materialisie72

rung des Rechts. Der Rechtsformalismus wird durch die Umstellung von Konditional-auf Zweckprogramme aufgeweicht. Die Klienten des Rechts sind nicht an dessen formalen Kriterien interessiert, sondern an materialer Rationalität – und die misst sich auch an Erwartungen bezüglich der Ressourcenverteilung. Das Recht gerät in eine zunehmende Abhängigkeit von den Ansprüchen und Forderungen der sozialstrukturellen Interessengruppen. So ist das Steuerrecht durch deren Lobbying regelrecht durchlöchert und zerfasert.26 Ein interessanter Vorschlag zur Kunst kommt von Pierre Bourdieu (1982), der eine Soziologisierung der Ästhetik anstrebt. In Kritik an Kants philosophischer Kunsttheorie, die darin eine Sphäre des »interesselosen Wohlgefallens« sieht, spürt Bourdieu von der Hoch- bis zur Alltagskultur den klassenspezifischen Imprägnierungen des ästhetischen Geschmacks der einzelnen Schichten nach und entdeckt dabei – ganz anders als Luhmann – geradezu einen Primat von Stratifikation. In unseren Vorlieben für bestimmte Gemälde, Musik oder Romane entdeckt er tief greifende Prägungen durch soziale Lagen. Es ist daher eine Fehlinterpretation, hinter Bourdieus Klassenbegriff bloße Konsumklassen zu sehen, die ins Private zurückgenommen sind und daher keine Wirkung mehr auf die institutionellen Verhältnisse entfalten (so Kieserling 2006).27 Er gibt das Überbautheorem, d.h. den Primat von Stratifikation, nicht gänzlich preis. In den von ihm in den Blick genommenen einzelnen gesellschaftlichen Feldern dominiert der Kampf um knappe Ressourcen (Kneer 2004; Nassehi 2004). Die Felder werden nicht wie im Marxismus als Reflex der Ökonomie verstanden, sie bilden eine je eigene Form der Ökonomie aus. Immer geht es dabei um Knappheit, Distribution und Distinktion, also um Fragen sozialer Ungleichheit. Das ist eine Ausweitung und veränderte Sichtweise des Ökonomismus gegenüber Marx. Das Ökonomische wird nicht mehr im Sinne eines gesellschaftlichen Bereiches, sondern als Grundprinzip verstanden, das alle Bereiche beherrscht. Bourdieu gibt dadurch jenen Institutionen, die Marx als Überbau ihrer gesellschaftlichen Wirkung beraubt, eine je eigene Basis zurück. Diese wird aber insoweit wieder ›über einen Kamm geschoren‹, als es in allen um ökonomische Auseinandersetzungen und Kämpfe 73

geht. Für die Eigenlogiken und Eigengesetzlichkeiten der Institutionen interessiert er sich weniger. Die Feldspezifik legt nur die Rahmenbedingungen und die Währung für den Kampf um knappe Ressourcen fest. Gegenüber dem Spiritualismus Claude Lévi-Strauss’, der die Ideen radikal von der Sozialstruktur entkoppelt, sieht Bourdieu in Webers Religionssoziologie eine Möglichkeit, soziale und mentale Strukturen aufeinander zu beziehen (Bourdieu 2000).28 In der Tat bindet Weber die religiösen Ideen, wie dargelegt, an die Interessen der Produzenten und Abnehmer zurück – und streckenweise gehorchen sie, dem ökonomischen Markt analog, einem religiösen Marktgeschehen. Religion wird aber nicht auf diesen ökonomischen Aspekt reduziert und letzten Endes doch wieder zu einem Überbauphänomen degradiert. Weber verfolgt die Wahlverwandtschaften zwischen religiösen Ideen und sozialstrukturell bedingten Interessen, aber immer so, dass ihm dabei auch – und über weite Textpassagen primär – die Eigenlogik und Eigengesetzlichkeit der Ersteren interessieren. Für diese hat Bourdieu kein theoretisches Sensorium. Weder Bourdieu noch Luhmann bieten für Fragen des Zusammenhangs von feldspezifischen Codes und sozialen Ungleichheitsverhältnissen zufriedenstellende Konzeptionen an. Der eine übertreibt; der andere untertreibt. Gegen Bourdieu muss man stärker an der Eigengesetzlichkeit der Sphären festhalten, die sich nicht auf eine sozialstrukturelle Basis hin soziologisieren lassen, und gegen Luhmann muss man den Einflüssen sozialer Ungleichheit auf die Sphären mehr Raum geben und ihnen genauer nachgehen. Um nur die hier kurz thematisierten Bereiche herauszugreifen: Von Wissenschaft über Recht und Kunst zu Religion können wir eine zunehmende Empfänglichkeit der Sphären für sozialstrukturelle Interessen feststellen. Im Falle der Religion dringt aber die Ungleichheitsfrage viel zentraler und konstitutiver in ihren Rationalismus ein als im Falle von Recht und Kunst. Wahrheitsfragen sind dagegen unabhängig von Klassenfragen. Ferner muss man genauer auf den für eine Ordnung relevanten Aspekt von sozialen Lagen achten. Sind es eher materielle Verteilungsfragen, die ausschlaggebend sind, wie etwa in dem von Bourdieu sogenannten »Notwendigkeitsgeschmack« der unteren Schichten 74

mit schmalem Portemonnaie, oder zählen mehr die mit bestimmten Berufen und Tätigkeitsprofilen verbundenen Bedürfnisse und Interessen, die nicht in reinen Verteilungsfragen aufgehen? Webers (1980: 285ff.) Kontrastierung bäuerlich und bürgerlich geprägter Religiosität ließe sich etwa auf den Bereich Liebe – Ehe – Familie übertragen und man könnte fragen, wie Intimitätsmuster durch manuell-industrielle oder intellektuelle Dienstleistungsarbeit mitgeformt werden.29 Solche Analysen fehlen weitgehend. Gleichläufige und symmetrische Wirkungsbeziehungen von der Sozialstruktur auf alle Teilordnungen dürfen dabei nicht erwartet werden – genauso wenig, dass jeder Bereich eine eigene Ungleichheitsstruktur aus sich heraus freizusetzen vermag (vgl. Schwinn 2001a: 196ff., 206f. – Spalte »Schichtung«).

75

V. Geschlechtsspezifische Ungleichheit 1. Geschlecht als Schliessungskriterium Die analytische Fruchtbarkeit einer Kombination von Ungleichheits- und Differenzierungstheorie soll nun an verschiedenen Problembereichen erprobt werden – zunächst an der geschlechtsspezifischen Ungleichheit. Diese hat in der neueren Ungleichheitsdiskussion eine besondere Aufmerksamkeit erfahren, da sie quer zur Klassenproblematik liegt und sich nicht von deren Ursachen her aufschlüsseln lässt. Heintz (2001: 25, 27) beklagt, dass die Debatte zur Frage der Beziehung zwischen Ungleichheit und Differenzierung unter Absehung geschlechtlicher Ungleichheit verläuft: Mit dem Übergang zum modernen Differenzierungsprinzip wird ein Bedeutungsverlust askriptiver Merkmale wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter etc. behauptet. Die These vom Primat funktionaler Differenzierung unterstellt, dass alle über gleiche Zugangsmöglichkeiten zu allen Teilsystemen verfügen und dafür nur noch die jeweils geltenden institutionellen Teilnahmebedingungen entscheidend seien. Diese Vermutung steht in auffallendem Kontrast zur Dauerhaftigkeit askriptiver Ungleichheitsstrukturen und der Aufmerksamkeit, die sie in der Literatur finden. Erst mit der Modernisierung rückt Geschlecht als Strukturfaktor in den Vordergrund (ebd.: 11).30 Parallel mit der Durchsetzung des modernen Differenzierungsprinzips lassen sich systematische Versuche und ausgefeilte Semantiken beobachten, die Frauen den Zugang zu bestimmten gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten verwehren sollten, obwohl doch das neue Ordnungsmuster auf askriptive Indifferenz hin angelegt ist. Weinbach und Stichweh (2001: 34f.) erklären diesen Widerspruch damit, dass mit dem Verlust der strukturellen Basis für die Exklusion von Frauen vermehrte Anstrengungen erforderlich waren, um zu begründen, warum Frauen die jeweiligen Inklusionsanforderungen nicht erfüllen, warum sie etwa nicht in der Lage sind, Universitäten zu besuchen oder als verheiratete Frauen Beamtinnen zu sein. Damit hat man aber noch nicht erklärt, warum strukturelle und kulturelle Prozesse ein erstaunliches Maß an 76

Ungleichzeitigkeit aufweisen. Dazu muss man auf die Ungleichheitstheorie zurückgreifen. Bei geschlechtsspezifischen Schließungsprozessen handelt es sich um eine manipulierbare Konstruktion, die für männliche Privilegierung genutzt werden kann. Zwar mögen askriptive Kriterien differenzierungstheoretisch ihre Bedeutung eingebüßt haben – für soziale Ungleichheitsprozesse gehören sie zu den wirksamsten Schließungsmechanismen und bleiben daher in hohem Maße ›funktional‹ in Verteilungsauseinandersetzungen. Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist heute weitgehend akzeptiert und rechtlich verankert. Die Karriere der Gleichberechtigungsnorm ist eine der Voraussetzungen dafür, dass geschlechtsspezifische Ungleichheit überhaupt wahrgenommen und als illegitim erklärt werden kann. Die Bedingungen hierfür sind besser geworden. Das lässt sich mit der Unterscheidung von geschlechtsspezifischer Ungleichheit ›an sich‹ und ›für sich‹ erläutern: Je mehr Frauen an den Institutionen partizipieren, umso besser werden ihre Chancen, noch verbleibende Ungleichheiten zu problematisieren. Die Konfliktfähigkeit der Frauen steht nicht in direktem Verhältnis zur Dramatik ihrer objektiven Problemlage. Ihre Durchsetzungs- und Konfliktfähigkeit steigt in dem Maße, wie sich ihre Lebenssituation verbessert hat. Vor allem mit der Bildungs- und Arbeitsmarktpartizipation erwerben sie jene Voraussetzungen, die für Vergesellschaftungsprozesse relevant sind: erhöhte Bewusstseinsbildung und intellektuelle Konfliktfähigkeit; interaktive und kommunikative Vernetzung von Gleichbetroffenen sowie materiell-finanzielle Konfliktfähigkeit gegenüber dem Mann in der Familie. In den einzelnen Ordnungen stellt sich die Situation der Frauen heute unterschiedlich dar (Heintz 2001: 9). Bereiche, in denen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern praktisch verschwunden sind (z.B. Recht und Bildung), stehen solchen gegenüber, in denen die Geschlechterungleichheit fortbesteht (Verteilung der Hausarbeit, sexuelle Gewalt). Der kulturelle Wandel in der Akzeptanz weiblicher Erwerbsarbeit und männlicher Familienarbeit über die Generationen hinweg ist enorm. Umso erstaunlicher ist die strukturelle Ähnlichkeit in der Geschlechterdifferenz zwischen den Generationen (Krüger 77

2001b: 529). Wie lässt sich die Hartnäckigkeit geschlechtsspezifischer Ungleichheit erklären? Dafür müssen die verschiedenen Ebenen und ihre Beziehungen zueinander in den Blick genommen werden. Die Differenzierungstheorie ist primär eine Makrotheorie – dem darin behaupteten Bedeutungsverlust von Geschlecht steht eine Reihe von Studien aus der mikrosoziologischen Tradition (Ethnomethodologie, Harold Garfinkel, Erving Goffman) gegenüber, die die »Omnirelevanz« von Geschlechtszugehörigkeit in Interaktionen offenlegen (Hirschauer 1994). Mit der körperlichen Präsenz einer Person in sozialen Situationen wird eine Anschaulichkeit und Augenfälligkeit erzeugt, die Geschlecht nicht ignorieren kann. In mikroskopischen Details wird die Geschlechtszugehörigkeit aktualisiert, und dabei kann auf eine überbordende Fülle und Kompetenz der Geschlechtsattribution zurückgegriffen werden: Proxemik, Blickverhalten, Wahl von Gesprächsthemen, Geschlechterstereotype, Umgangskonventionen etc. Die geschlechtsspezifische Einfärbung von Interaktionen wird unterstützt durch die Kenntlichmachung von Männern und Frauen mittels der gesetzlich geregelten Namensverteilung, die geschlechtlich eindeutige Vornamen verlangt, und durch die Struktur der Sprache und Schrift, in die das Geschlecht durch das grammatische Genus eingeschrieben ist. In dieser Forschungsrichtung taucht daher die Frage auf: ›Can we ever not do gender?‹ (West/Zimmerman 1987). Unter diesen Bedingungen mehrfach gesicherter Erkennbarkeit ist Geschlechtszugehörigkeit keine Teilrolle, sondern ein ›master status‹, der gegenüber den Teilinklusionen, über die die Individuen unter ganz spezifischen Aspekten für relevant genommen werden, rollenübergreifend und andauernd präsent ist. Was also die Differenzierungstheorie behauptet – den Bedeutungsverlust von Geschlecht –, ist mikrosoziologisch alles andere als selbstverständlich. Zumindest ist die Herstellung von Geschlechtsneutralität eine äußerst anspruchsvolle und prekäre Leistung, die immer wieder durchkreuzt werden kann (Hirschauer 1994: 678f.). Statt es einfach vorauszusetzen, muss vielmehr aufgezeigt werden, wie das »undoing gender« bewerkstelligt werden kann. Auch wenn sich alles Verhalten geschlechtsspezifisch indexieren lässt, ist nicht davon auszugehen, dass unter allen Bedingun78

gen und in allen Kontexten Geschlecht als Orientierungsschema tatsächlich aktiviert wird. Die Aktualisierung oder Neutralisierung der Geschlechterdifferenz wird wesentlich durch die differenzierten Institutionenkontexte mitbestimmt. Die Makroordnung vermag das in starkem Maße geschlechtsspezifisch konnotierte Interaktionsgeschehen nicht völlig strukturierend zu neutralisieren. Das gilt aber auch umgekehrt: Die Interaktionsordnung ›infiziert‹ die Makroordnungen nicht beliebig mit dem Geschlechtsindex. Von Bedeutung ist hierbei der Formalisierungs- und Institutionalisierungsgrad eines Bereichs. Formalisierte Organisationsstrukturen sind für das »undoing gender« von Vorteil, weil durch explizite Festlegung von Einstellungsvoraussetzungen Aufstiegskarrieren, Arbeitsanforderungen und Bewertungsverfahren, leistungsorientierte Rekrutierungs- sowie Aufstiegspraktiken gefördert werden. »Formalisierung hat damit eine doppelte Konsequenz: Die Geschlechtszugehörigkeit wird institutionell ausgeklammert und Interaktionen spielen eine geringere Rolle. Sobald klare Regeln existieren, braucht nicht mehr verhandelt zu werden.« (Heintz 2001: 19; vgl. a. Weinbach/Stichweh 2001: 34f.) Nicht alle Bereiche vertragen aber eine Formalisierung der Verhaltenserwartungen (Schwinn 2001a: 159ff.). Ihre spezifischen Sinn-, Erlebnis- und Handlungsqualitäten würden dadurch geradezu zerstört. Hierzu gehört die Familie. Das heterosexuelle Paar ist eine der wichtigsten und zentralen Institutionen (nicht Organisationen), über die die Geschlechterdifferenz sozial reproduziert wird (Hirschauer 1994: 688ff.). Sie baut konstitutiv auf Geschlechtlichkeit und Interaktion. Durch eine Fülle von informellen Paarbildungsregeln werden Geschlechtseigenarten sozial konstruiert, z.B. über statistisch feststellbare durchschnittliche Differenzerwartungen bezüglich Körpergröße, Alter, Ausbildung, Berufsprestige, Einkommen etc. Die bisherigen Überlegungen sind, weil sie eine unterschiedliche Empfänglichkeit und Anfälligkeit der Teilbereiche für Geschlechtsdifferenz aufzeigen, vor allem für die Differenzierungstheorie relevant – weniger aber für die Ungleichheitstheorie. Auch hier gilt: Ungleichartigkeit ist nicht gleich Ungleichwertigkeit – und für Letztere interessiert sich die Ungleichheitstheorie. Es bedarf eines zusätzlichen Erklärungsschrittes: Die Geschlech79

terunterscheidung kann als Schließungskriterium zur Machtund Privilegienverteilung genutzt werden – und dies auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Bereichen (zu Schließungsprozessen allgemein vgl. Weber 1980: 23ff.). »Im Haushalt gelingt es Männern durch die systematische Pflege von kleinen praktischen Idioten (Formen des ›Arbeitsunvermögens‹ gewissermaßen) bestimmte Tätigkeiten weiblich zu konnotieren und durch ihre Behandlung als ›wesensfremde‹ Arbeit auch eine männliche Essenz darzustellen. Die triviale Vermeidung bestimmter Hausarbeiten stellt so in einem Zug Mann-Sein, Männlichkeit, Weiblichkeit bestimmter Tätigkeiten und eine Ungleichheit der Arbeitsteilung her.« (Hirschauer 1994: 689) Diese geschlechtsspezifischen Schließungsmöglichkeiten auf der Interaktionsebene bleiben nicht auf den familialen Bereich begrenzt, sondern werden auch im Erwerbssystem aktiviert. Dort erfordern die formalen Hürden allerdings einen größeren Begründungsaufwand. »Männlich« und »weiblich« werden im Sinne der Funktionalität und Leistungsangemessenheit des jeweiligen Tätigkeitsfeldes interpretiert. So verwies man bei der Inklusion von Ärztinnen in das Gesundheitswesen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den Umstand, dass das Schamgefühl vieler weiblicher Patientinnen verletzt würde, wenn sie männliche Ärzte aufsuchten (Wetterer 1999). Aus der prestigereichen Chirurgie wurden sie aber mit dem Argument der dafür erforderlichen Körperkraft, über die Frauen angeblich nicht verfügen, weitgehend ausgeschlossen. Nachdem die Geschlechtsexklusivität der Professionen de jure aufgeweicht war, ging es nun darum, die Geschlechtergrenzen und mit ihnen die Hierarchie im Verhältnis der Geschlechter im Inneren der Professionen zu etablieren: die Zuweisung von apparateintensiven Diagnosemethoden und dadurch einkommensträchtigen Behandlungsweisen an männliche und die Überweisung von ›anspruchslosen‹ Krankheitsbildern an weibliche Ärzte. Man kann dies als marginalisierende Integration oder ausschließende Einschließung bezeichnen. Bis heute existiert eine in hohem Maße geschlechtsspezifische Strukturierung des gesamten Beschäftigungssystems (Blossfeld 1991; Krüger 2001b). Die askriptiven Schließungsmechanismen müssen sich an die institutionellen Bedingungen anpassen. Beru80

fe können dabei fast beliebig zu typisch männlichen oder weiblichen gemacht werden. »Männlichkeit« und »Weiblichkeit« sind keine inhaltlich füllbaren Kategorien, sondern symbolische Positionsgarantien (Kreckel 2004: 264f.; Degele 2004). Die Inhalte können wechseln, aber die geschlechtshierarchische Positionierung bleibt in der Regel erhalten. Prestigereiche Berufe und Positionen bleiben in Männerhand – die Verweiblichung von Berufen hingegen geht normalerweise mit Statusverlust einher. Zudem sind auch die beruflichen Individualisierungschancen zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verteilt. Frauen werden über verschiedene Berufe hinweg viel stärker ›versämtlicht‹ als Männer. Dies gilt nicht nur für das Berufssystem, sondern auch für die ungleiche Präsenz der Geschlechter in den anderen Teilbereichen. Die bereichsspezifischen Codierungen von Männlichkeit und Weiblichkeit weisen keine übergreifende inhaltliche Geschlossenheit und Konsistenz auf (Teubner 2001: 305). Die einzige Konstante ist dabei die Hierarchie zwischen den Geschlechtern. Geschlechtsspezifische Ungleichheit entfaltet einen querziehenden Strukturierungseffekt über die differenzierten Institutionen hinweg. Das Differenzierungsprinzip verändert den Reproduktionsmodus der Geschlechterdifferenz. Durch die »De-Institutionalisierung« geschlechtlicher Ungleichheit kann diese nicht mehr – oder weitaus weniger – über explizite geschlechtsdifferente Regeln reproduziert werden, sondern stärker über interaktive oder versteckte und vordergründig geschlechtsneutrale Arrangements (Heintz/Nadai 1998). Die Illegitimierung auf der institutionellen Ebene bewirkt einen stärkeren Rückzug des Reproduktionsmechanismus auf die interaktive Ebene. Dadurch wird die Aufrechterhaltung der Geschlechterungleichheit instabiler und stärker von kontextspezifischen Bedingungen abhängig.

81

2. Institutionelle Koordination über geschlechtsspezifische Ungleichheit Neben der Entfaltung geschlechtsspezifischer Ungleichheit innerhalb der Teilbereiche muss ihre Bedeutung für die Koordination der differenzierten Ordnungen gesehen werden. Hier hat der unterschiedliche Lebenslauf von Mann und Frau eine wichtige Vermittlungsfunktion. In der neueren Systemtheorie und in Arbeiten zur Individualisierungsthese dominiert ein punktualistisches Verhältnis zwischen Individuum und Systemen, d.h. die Inklusionen des Individuums werden gesondert für jeden einzelnen Teilbereich abgehandelt, ohne dass die Bedingungen erörtert werden, unter denen eine Person die verschiedenen institutionellen Anforderungen diachron zu einem kontinuierlichen Lebenslauf und synchron zur alltäglichen Lebensführung synthetisieren kann. Familiales Leben, sozialstaatliche Rahmensetzungen, rechtliche Regelungen, wissenschaftliche Ausbildung, ökonomische Partizipation über Erwerbsarbeit und Konsum – alles, was institutionell getrennt ist, trifft sich in der Lebensführung der Individuen. Nur über diese können die differenzierten Ordnungen in Kontakt miteinander treten. Die Ordnungsverknüpfungen müssen sozusagen durch das Nadelöhr individueller Lebensführungen (Schwinn 2001b: 225ff.). Über die ganz spezifische Art, wie die unterschiedlichen institutionellen Anforderungen verknüpft werden, wird zugleich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern reproduziert. Das makrosoziologische Koordinationsproblem zwischen ökonomischer Produktion und familialer Reproduktion muss mikrosoziologisch über die Abstimmung der Lebensführungen und Lebensläufe der beiden Familienpartner gelöst werden – und dort wird es so gelöst, dass die Frau die Abstimmungskosten trägt, d.h. für sie entsteht ein Nullsummenspiel zwischen Kind und Karriere. Die familiale Rolle und die Arbeitsmarktpartizipation machen sich den Zugriff auf den weiblichen Lebenslauf streitig (Krüger 2001a; Knapp 2001). Man sollte nicht davon ausgehen, dass sich die Einzelinklusionen problemlos auf der Ebene des Individuums zusammensetzen lassen: Die ›Puzzlestücke‹ passen nur bedingt zueinander. Vollinklusion in den Arbeitsmarkt und in die Familie ist nicht mög82

lich. »In dem zu Ende gedachten Marktmodell der Moderne wird die familien- und ehelose Gesellschaft unterstellt. Jeder muss selbständig, frei für die Erfordernisse des Marktes sein, um seine ökonomische Existenz zu sichern. Das Marktsubjekt ist in letzter Konsequenz das alleinstehende, nicht partnerschafts-, ehe- oder familien›behinderte‹ Individuum. Entsprechend ist die durchgesetzte Marktgesellschaft auch eine kinderlose Gesellschaft.« (Beck/ Beck-Gernsheim 1990: 52f.) Dieses auch als strukturelle Rücksichtslosigkeit der Ökonomie gegenüber der Familie bezeichnete Problem (Kaufmann 1990) wird über geschlechtsspezifische Ungleichheit ›gelöst‹. Die familiale Reproduktion geht für die Frau auf Kosten der beruflichen Inklusion. Nicht nur der Arbeitsmarkt, sondern auch die anderen Institutionen (Schule, Gesundheitssystem, öffentliche Ämter etc.) setzen traditionelle Familienstrukturen voraus, d.h. Personen, die vollzeitlich für familiäre Belange zuständig sind. Bei Kindergartenund Schulzeiten, Laden- und Ämteröffnungszeiten oder bei aus Krankenhäusern entlassenen rekonvaleszierenden Patienten wird unterstellt, dass ein Familienmitglied dauerverfügbar ist. Dieses Inklusions- und Zeitpuzzle hat primär die Frau zusammenzusetzen. Die Institutionenordnung reproduziert die Geschlechterordnung und umgekehrt ist die geschlechtsspezifische Ungleichheit in hohem Maße funktional für die Koordination der differenzierten Bereiche. Dies erklärt, warum sich der normative Wandel zur Gleichberechtigung immer wieder an den institutionellen Strukturen die Zähne ausbeißt. Das Abladen der Koordinationskosten auf den weiblichen Lebenslauf verdankt sich letzten Endes der Strukturschwäche der Familie (Krüger 2001a: 287). Der Formalisierungsgrad des institutionellen Zugriffs auf die Lebensführungen und Lebensläufe ist äußerst unterschiedlich. Das Formalisierungsgefälle zwischen Arbeit und den sonstigen Institutionen einerseits und der Familie andererseits macht diese zu einer variablen ›Pufferinstitution‹, die das abzufangen hat, was die formalisierten Institutionen an Lebensführungskosten externalisieren.31 Die Familie und – vor allem – der weibliche Lebenslauf erfüllen ihre Verknüpfungsaufgabe gerade dann optimal, wenn sie möglichst wenig Standardisierung in ihren Zeitmustern aufweisen. Degele (2004) fragt in diesem Zusammenhang, ob die der Dif83

ferenzierungstheorie zugrunde liegende These eines gleichberechtigten Nebeneinanderstehens der differenzierten Bereiche überhaupt haltbar ist, oder ob nicht die Sphären stratifiziert seien. In der Tat sollte sich die Differenzierungstheorie mehr als bisher der Frage widmen, inwiefern und in welchem Sinne die Bereiche hierarchisiert sind (Schwinn 2001a: 383ff.). Die vorstehenden Ausführungen sprechen dafür, dass es Macht- und Statusgefälle zwischen ihnen gibt.32 Dies muss in Verbindung mit der Ungleichheitsproblematik gesehen werden. Wir hatten festgestellt, dass die Einzelinklusionen um die Zeitkontingente der Individuen konkurrieren. Das lässt sich durch wohlfahrtsstaatliche Regelungen und Hilfen entschärfen33, aber nicht prinzipiell aus der Welt schaffen. Nach Weber stehen die Sphären in einem konflikthaften Verhältnis und folglich wird es immer diese Konkurrenz um den Zugriff auf die Menschen geben. Dieser gelingt aber der Ökonomie offensichtlich besser als der Familie: Der voll berufstätige Mensch ist der familienlose Single und der voll familial eingebundene die arbeitslose Hausfrau. Rein differenzierungstheoretisch gedacht müssten eigentlich beide Inklusionsprofile statistisch gleich verteilt vorkommen. Faktisch ist dies aber nicht der Fall. Es entsteht ein eindeutiger Sogeffekt in Richtung berufsgeprägter Lebensläufe, dem keiner in Richtung Familie gegenübersteht. Zum einen erklärt sich dies aus den unterschiedlichen strukturellen Zwangsmomenten, die die differenzierten Bereiche entfalten: Ohne Liebe und Kinder kann der Einzelne in der modernen Gesellschaft überleben, ohne Geld jedoch kaum. Zum anderen hat es mit der unterschiedlichen Fähigkeit der Bereiche zu tun, aus sich heraus eine übergreifende soziale Ungleichheitsordnung zu entfalten. Geld, Einkommen und Berufsprestige bieten soziale, referenztaugliche Vergleichsmaßstäbe, das in der Familie Geleistete dagegen nicht. Das nach deren Sinnkriterien Geleistete – Kinder aufziehen, emotionales Klima schaffen, Wäsche und Geschirr waschen etc. – ist sozial referenzlos im Sinne der Übersetzbarkeit in einen sozial anerkannten (Ungleichheits-)Maßstab. Weber bestimmt die Definition der Klasse über markt- und eben nicht familienverwertbare Qualifikationen. Der Formalisierungsgrad eines Bereichs entscheidet darüber mit, ob die in ihm entstehenden Ungleichheiten einen 84

Ordnungseffekt erzeugen, oder ob sie auf der interaktiven Ebene verbleiben. Für berufliche Arbeit gibt es formalisierte Entlohnungshierarchien, z.B. die des öffentlichen Dienstes, und abgestufte Prestigevorstellungen, für Familienarbeit fehlen entsprechende institutionalisierbare Belohnungskriterien und Prestigeskalen. Damit lässt sich eine Asymmetrie erklären: Wenn Männer ihre beruflich geleisteten ›Heldentaten‹ aufzählen (erzieltes Einkommen, erwirtschafteter Gewinn, erreichte Verkaufszahlen, Anzahl der geschriebenen Artikel und Bücher) oder mit langen Arbeitszeiten kokettieren, ist dies ein Zeichen für Prestige. Wenn Frauen ihre Familienarbeit bilanzieren (so viele Kinder aufgezogen, so viele Tonnen Wäsche und Geschirr gewaschen, so viele Quadratkilometer Wohnungsfläche geputzt), dann ist dies Ausdruck für die Benachteiligung der Frau. Die beiden, im Sinne der Binnenlogik der jeweiligen Bereiche funktionsadäquaten Typen von Arbeit werden unterschiedlich bewertet: Die eine Arbeit adelt und trägt nach oben – die andere wird getadelt und führt nach unten. Warum wird nicht auch Familienarbeit als prestigereich eingeschätzt, so dass Männer und Frauen sich darum streiten, wer sie übernehmen darf? Neben strukturellen Momenten – Beruf und Einkommen sind die Voraussetzung für den Zugang zu wichtigen anderen Leistungen: Sozialstaat, Versicherungen, Wohnung etc. – ist die Art der Ungleichheit von Bedeutung. Familienarbeit fehlt, wie gesehen, ein gesellschaftlich anerkannter Maßstab der vergleichenden Bewertung des Geleisteten. Nach Dahrendorf (1974: 377ff.) steckt in sozialer Ungleichheit ein Wettbewerbsmoment, sich messen zu können, das einen wichtigen Motivationsmechanismus darstellt. Dies geht der Familienarbeit ab, sie ist nicht in eine sozial konvertible Währung übersetzbar und bleibt deshalb unsichtbar. Familiale Ungleichheit und beruflich geprägte Klassenungleichheit bieten nicht in gleichem Maße soziale Referenzmöglichkeiten, und dies erklärt u.a. den unterschiedlichen Sogeffekt der Bereiche für die Motivation und die biographischen Pläne der Individuen, der rein differenzierungstheoretisch nicht verständlich zu machen ist. Diese Überlegungen bieten eine Antwort für die in der Geschlechtersoziologie kontrovers diskutierte Frage, ob die Ge85

schlechterunterschiede die Arbeitsteilung erklären oder ob umgekehrt die Arbeitsteilung die Geschlechterunterschiede erzeugt. Die eine Richtung (Beck-Gernsheim/Ostner 1978; Blossfeld 1991) geht von einem spezifisch weiblichen Arbeitsvermögen aus (emotional, interaktiv-sensibel, bedürfnisorientiert, konkret-sinnlich), das die Berufswahl von Frauen bestimmt und auf das hin betriebliche Arbeitsplätze gestaltet und zugeschnitten werden. Der Geschlechterungleichheit schaffende Faktor liegt also der Arbeitsteilung voraus. Die andere Richtung (Degele 2004; Wetterer 1999) nimmt dagegen eine die Geschlechterunterschiede konstituierende Arbeitsteilung an. Die Präferenz der Frauen für bestimmte Berufe liege nicht schon vorab fest und es gelte dann nur noch, die geschlechtskompatiblen Arbeitsplätze zu finden und zu ergreifen, sondern bestimmte Arbeitsbereiche werden zu »weiblichen« gemacht, weil sie statusniedriger sind und den Frauen von den Männern ›übrig gelassen‹ werden. Die Geschlechterunterschiede liegen hier also nicht der Arbeitssphäre voraus. Wie hat man diese kontroversen Auffassungen einzuschätzen? Zunächst ist die Rede von einem spezifisch »weiblichen Arbeitsvermögen« nicht präzise, weil es sich dabei nicht um genuin weibliche, sondern um familiale Eigenschaften handelt. Durch die »Hyperinklusion« (Göbel/Schmidt 1998) der Frauen in diesen Bereich werden sie zu weiblichen Eigenschaften umdefiniert und amalgamieren sich mit einem bestimmten Geschlecht. Das Gleiche gilt für die sogenannte männlich geprägte Berufswelt – eher ist es die Berufswelt, die das »Männliche« prägt. Das weibliche Arbeitsvermögen ist Ausdruck familienverwertbarer und -erforderlicher Qualifikationen, das männliche Arbeitsvermögen spiegelt die Anforderungen des formal organisierten Arbeitsbereichs wider. Weil die Frau dem strukturschwächeren und unterformalisierten Bereich zugeordnet ist, der aus sich heraus keine soziale Ungleichheitsordnung mit Vergleichsmaßstäben für gesellschaftliche Anerkennung und Prestige freizusetzen vermag, überträgt sich dieses Manko der Familie auf die Frau. »Mann« und »Frau« verdanken ihre sozialen Definitionen und Bedeutungen der historisch überwiegenden Zuordnung zu bestimmten Teilbereichen und Tätigkeitsfeldern, deren Anforderungen die Geschlechterstereotype prägen. Differenzierung und Arbeitstei86

lung erzeugen also die Geschlechterunterschiede durch Hyperinklusion von Mann und Frau. Es existiert aber auch die andere Wirkungsrichtung: Die Geschlechterstereotype können ihrerseits zu prägenden Trägern von positiv oder negativ bewerteten Eigenschaften werden und damit bestimmte Felder ›infizieren‹. Nicht anders ist es zu erklären, dass die zahlenmäßige Verweiblichung bestimmter Berufssparten mit deren Statusverlust einhergeht. An den Anforderungen und Qualifikationen hat sich nichts geändert, es wird diesen Feldern ›lediglich‹ ein ab- oder aufwertender Geschlechterindex verpasst. Der Effekt auf die arbeitsteiligen Berufsfelder zeigt sich auch im Hinblick auf die differenzierten Ordnungen: Familie = weibliche Rolle = Statusverlust. Verdankt sich zunächst die Statusschwäche der Frau der Strukturschwäche der Familie, legt sich dann der Faktor »Frau« auch wieder negativ auf die Familie und verschärft deren Strukturschwäche noch durch ein Statusdefizit. In einem doppelten Schließungs- und Abdrängungsprozess werden die Frauen auf den strukturschwachen Bereich der Familie und innerhalb des Arbeitsmarktes auf die einkommens- und prestigeärmeren Berufsfelder verwiesen.

87

VI. Konstellationen sozialer Ungleichheit Die Ungleichheitsforschung hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend mehr Formen sozialer Ungleichheit in den Mittelpunkt ihres Interesses gerückt. Die Sozialstrukturanalyse wird dadurch komplexer und unübersichtlicher. Lebenschancen hängen neben Klassenmerkmalen auch von Geschlecht, Ethnie, Alter, Region etc. ab. Die Soziallage jedes Menschen ist durch einen Mix solcher Faktoren bestimmt. In der Regel werden aber die einzelnen Dimensionen gesondert abgehandelt, was zu einem bloß additiven Bild von Ungleichheiten führt. Die vorhandene Ungleichheitstheorie bietet keine Modelle an, um die verschiedenen Ungleichheitsdimensionen in einen theoretischen Rahmen integrieren zu können (Weiß et al. 2001: 7ff.). Sie bleiben als heterogene Erscheinungsformen nebeneinander stehen. Klassen-, Geschlechter- und ethnische Forschung nehmen sich wechselseitig kaum wahr. Zudem wird die ethnische Problematik in den letzten Jahren sehr stark in Richtung des Begriffspaars »Integration/Desintegration« diskutiert, wobei man zwar Bezug auf Ungleichheitsaspekte nimmt, aber weniger an einer Ungleichheitssystematik interessiert ist. Im Folgenden wird versucht, für Klassen-, Geschlechter- und ethnische Ungleichheit theoretische Klammern zu entwickeln. Zunächst soll geklärt werden, wie diese drei Formen mit den modernen differenzierten Ordnungen entstehen und sich darüber reproduzieren (VI/1-3). In einem zweiten Schritt wird den Wechselwirkungen von Klasse, Geschlecht und Ethnie nachgegangen und gefragt, ob hier theoretisch mehr erreicht werden kann als die Angabe je spezifischer Konstellationen (VI/ 4).

1. Positionale und allokative Ungleichheiten Schaut man sich das Verhältnis von Differenzierung und sozialer Ungleichheit an, stößt man auf widersprüchliche Ergebnisse. Einerseits ist die differenzierte Struktur moderner Gesellschaften eine Voraussetzung, um Chancengleichheit zu erreichen. Der Übergang von feudalen, geburtsständischen Prinzipien zu mo88

dernen Leistungsprinzipien war nur möglich mit neuen, differenzierten Institutionen. Gerade diese bieten die Voraussetzung, dass die Erfolgs- oder Misserfolgsbedingungen für alle gleich gesetzt sind. Prinzipiell ist der Weg nach oben oder unten für Mitglieder aller drei hier thematisierten Formen sozialer Ungleichheit – Klasse, Ethnie und Geschlecht – gleich. Zur Beschreibung dieser Ungleichheitsdimensionen zieht man dieselben institutionellen Kriterien heran: Stellung in Bildung, Arbeitsmarkt, Beruf, Sozialstaat und Recht. Die differenzierten Institutionen definieren in modernen Gesellschaften die für die Lebenschancen eines Menschen entscheidenden Ressourcen und die Leistungskriterien, über die man sie erwirbt. Ob Arbeiterklasse, Frauen oder ethnische Minderheiten – die Erfolgskriterien sind vorgezeichnet und bieten die Voraussetzung, dem Klassen-, Geschlechter- oder ethnischen Schicksal zu entrinnen. Der zu bewältigende Leistungsparcours ist für alle gleich aufgestellt. Schulische Anforderungen, Arbeitsplatzqualifikationen, politische Konfliktfähigkeit und die Erringung rechtlicher Anerkennung werden durch die Rationalitätskriterien der differenzierten Institutionen bestimmt, die sich nicht mit dem Aufstieg von Frauen, Angehörigen der Unterschicht oder ethnischen Minderheiten ändern. In dieser Perspektive beschäftigt sich die Ungleichheitsforschung mehr mit den Voraussetzungen und Bedingungen, den Leistungsparcours zu bewältigen – weniger damit, wie er eigentlich und warum er so aufgestellt ist. Dieser These steht andererseits die Einsicht gegenüber, dass alle drei hier thematisierten Formen sozialer Ungleichheit erst mit der modernen Entwicklung entstanden sind.34 Dies ist mit den soziologischen Großtheorien schwer in Einklang zu bringen. So behauptet die Systemtheorie, dass mit dem Übergang zum modernen Differenzierungsprinzip askriptive Kriterien und Klassenstrukturen ihre Bedeutung verlieren. Die These vom Primat funktionaler Differenzierung unterstellt, dass sich soziale Strukturen an Teilsystemen und nicht an Ungleichheit ausrichten. Soziale Ordnungen werden in der Moderne von Rang auf Funktion umgestellt. Im Folgenden müssen beide Einsichten festgehalten werden: Die modernen differenzierten Institutionen sind die notwendige Voraussetzung, um Chancengleichheit zu verwirkli89

chen, und mit ihnen entstehen zugleich die sozialen Ungleichheiten von Klasse, Geschlecht und Ethnie. Als ein Vorschlag für unser Problem kann der Versuch gelesen werden, zwischen allokativen und positionalen Ungleichheiten zu unterscheiden (Bader 1998: 109ff.; Giegel 2004: 106ff.). Letztere beziehen sich auf die Struktur der ungleichen Positionen in einer Gesellschaft. Sie resultieren aus den Kernoperationen der differenzierten Ordnungen. Für die Institutionen und ihr Zusammenspiel stellen sich organisatorische und arbeitsteilige Probleme, d.h. sie benötigen eine Verteilung von Leitungs- und Ausführungspositionen und eine entsprechend daran geknüpfte unterschiedliche Kompetenz- und Ressourcenausstattung. Die allokativen Ungleichheiten beziehen sich dagegen auf die Rekrutierung von Individuen oder Gruppen auf die strukturell ungleichen Positionen. Die Allokationsmechanismen und -auseinandersetzungen bestimmen lediglich darüber, an welcher Stelle in der vertikalen Positionshierarchie die Individuen platziert werden, sie konstituieren diese aber nicht. Zwischen Differenzierungs- und Ungleichheitstheorie bestünde hierbei ein arbeitsteiliges Verhältnis, bei dem sich Letztere in der ›zweiten Reihe‹ wiederfinden würde. In diesem Sinne bestreitet Giegel (2004: 113) den unabhängigen Theoriestatus von Ungleichheitstheorien: »Man spricht von Ungleichheitstheorien. Die Frage ist, ob diese Analysen über eine eigene Theoriestruktur verfügen. Kritische Untersuchungen von Ungleichheitstheorien legen es nahe, diese Frage zu verneinen. Ungleichheitstheorien nehmen explizit oder implizit Bezug auf theoretische Grundlagen, die sie selber nicht bereitstellen. Wo immer eine solche Rückführung auf eine grundlegende Theoriestruktur gelingt, ist es unangemessen, von einer auf eigenen Füßen stehenden ›Ungleichheitstheorie‹ zu reden.« Bereits in Kapitel III haben wir festgestellt, dass eine strikte Trennung von basaler und strategischer Ungleichheit nicht möglich ist. Dies dürfte auch für die Unterscheidung von positionaler und allokativer Ungleichheit zutreffen (Weiß 2001: 83f.), die mit der ersten verwandt ist. Die international vergleichende Forschung hat die große Varianz institutionell-organisatorischer Gestaltung wie auch des Differenzierungszuschnitts mehrerer Institutionen aufgezeigt. Die institutionellen Kernlogiken determinie90

ren wenig in Bezug auf Ungleichheitsstrukturen. Es ist anzunehmen, dass die allokativen Mechanismen und die damit verbundenen strategischen Kämpfe die Positionen in den Institutionen nicht unbeeinflusst lassen.35 Ansonsten könnte man nicht erklären, warum die drei hier im Mittelpunkt stehenden Ungleichheitsformen sich gerade in der modernen Gesellschaft als strukturprägend durchsetzen. Das Bild eines für alle gleichen Leistungsparcours ist korrekturbedürftig. Vielmehr ist zu fragen, wie die institutionellen Hindernisse in Abhängigkeit von den am gesellschaftlichen Privilegienwettbewerb teilnehmenden Gruppen unterschiedlich aufgestellt sind. Die Unterscheidung von allokativer und positionaler Ungleichheit bedarf also einer genaueren Prüfung. In einer Art explanatorischer Arbeitsteilung würde sich die Ungleichheitstheorie um allokative und die Differenzierungstheorie um positionale Ungleichheiten kümmern. Die Thematik von Klassen-, ethnischer und Geschlechteranalyse würde mit dem Sprung ihrer Klientel in die Institutionen von den jeweiligen Teilbereichssoziologien, Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Rechts-, politische Soziologie etc. übernommen und analysiert. So unterstellt eine gängige These ethnischer Studien, dass mit der institutionellen Platzierung von Minderheiten diese ihr kulturelles Profil verlieren und assimiliert werden. Die ethnische Schichtung löst sich auf und die sozialstrukturelle Positionierung bestimmt sich nun nach den positionalen Kriterien der Institutionen. Zu fragen ist aber, ob und wie die Zulassung zum und die Teilnahme von unterprivilegierten Gruppen am Leistungsparcours die Wettbewerbsbedingungen darin selbst verändert, d.h. wie sich allokative und positionale Ungleichheit wechselseitig beeinflussen. Dazu gibt es verschiedene Hinweise, etwa wenn ökonomisch erfolgreiche chinesische Familien in den USA in der Sozialhierarchie dennoch zurückgesetzt werden, ihnen also Anerkennung verwehrt wird (Ong 1999: 91f.). Auch die Geschlechtersoziologie weist darauf hin, dass die ›Eroberung‹ von bestimmten Berufen und Positionen durch Frauen deren Status nicht unbeeinflusst lässt (Degele 2004; Wetterer 1999). Bourdieu (1971) hat für die Klassenthematik von der »Illusion der Chancengleichheit« gesprochen: Das Ankommen von unterprivilegierten Schichten in den Bildungsinstitutionen ent91

wertet das, was sie erreicht haben. Die durch Institutionen bestimmten Positionen stehen in ihrer Hierarchie nicht unabhängig davon fest, welche sozialen Gruppen und Schichten sie besetzen bzw. erobern. Klasse, Ethnie und Geschlecht sind keine vorinstitutionellen, quasi naturwüchsigen Kategorien, sondern sie werden erst mit und in Modernisierungsprozessen ausgebildet. Am augenfälligsten ist dies für Klassen, die mit der Ausdifferenzierung einer kapitalistischen Ökonomie entstehen. Wie in Kapitel V dargelegt, wird auch Geschlecht erst durch die spezifische Verteilung von Männern und Frauen auf institutionelle Sektoren in ihrer sozialen Bedeutung konstituiert. Während »weibliche Eigenschaften« als Ausdruck ihrer überwiegenden Inklusion in die Familie gelten, werden »männliche« als Ergebnis der Berufswelt gewertet. »Mann« und »Frau« verdanken ihre sozialen Definitionen und Bedeutungen der historisch dominanten Zuordnung zu bestimmten Teilbereichen und Tätigkeitsfeldern, deren Anforderungen die Geschlechterstereotype prägen. Ethnische Grenzziehungen entstehen in Modernisierungsprozessen durch Zentrum-Peripherie-Beziehungen und die Marginalisierung bestimmter Regionen und Gruppen (Esser 1988; Hechter 1994). Klasse, Ethnie und Geschlecht sind abhängig von ihrer Verteilung auf bestimmte Positionen in den Institutionen, sie sind aber nicht bloß abhängige Variablen der Positionsstruktur. Das sieht man an der großen Varianz und Beliebigkeit der inhaltlichen Füllung dieser Ungleichheitskategorien. Sie sind funktional äquivalent für Schließungsmechanismen und Vorteilssicherung (Bader 1998: 111f.), aber schwerlich aus funktionalen Erfordernissen institutioneller Abläufe abzuleiten. Wie im vorangegangenen Kapitel gesehen, passt sich der geschlechtsspezifische Schließungsmechanismus zwar an die institutionellen Bedingungen an – »männlich« und »weiblich« werden im Sinne der Funktionalität und Leistungsangemessenheit des jeweiligen Tätigkeitsfeldes konstruiert –, Berufe können aber fast beliebig zu ›typisch‹ männlichen oder weiblichen gemacht werden. »Männlichkeit« und »Weiblichkeit« sind keine funktional füllbaren Kategorien, sondern symbolische Positionsgarantien. Gerade dadurch entfaltet geschlechtsspezifische Ungleichheit einen querziehenden 92

Strukturierungseffekt über die differenzierten Institutionen hinweg. Auch ethnische Grenzziehungen können sich an sehr verschiedenen Merkmalen festmachen: »[…] Blutsverwandtschaft, Rasse, Sprache, Religion, gemeinsames politisches Schicksal, Habitus und Lebensstil, Kleidung, Wohnung, Ernährungsweise u.a. Wichtig ist, dass die zum Gemeinsamkeitsglauben veranlassenden Merkmale meist im funktionalen Sinne periphere Merkmale sind […]« (Esser 1988: 236). Schließlich lagern sich auch an die objektive ökonomische Lage von Klassen vielfältige kulturelle Konstruktionen und Wahrnehmungen an, die nicht mehr aus den ökonomischen Positionen abgeleitet werden können.36 Die Trennung zwischen positionalen und allokativen Ungleichheiten und die damit implizierte Arbeitsteilung zwischen Differenzierungs- und Ungleichheitstheorie ist nicht durchzuhalten. Weder sind die drei Formen sozialer Ungleichheit vorpositional bestimmbar, noch ist die Struktur der Positionen in einer Gesellschaft ›leer‹ analysierbar. Sie sind nicht unabhängig davon, wer sie besetzt; sie sind nicht nur durch neutrale Sach- oder funktionale Anforderungen eines Teilsystems geprägt. Die Ausprägung und Dynamik der institutionellen Strukturen wird durch soziale Ungleichheiten mitgeprägt. Das gilt für einzelne Positionen oder Berufe, die mit ihrer ›Verweiblichung‹ eine Wertminderung erleiden, aber auch für Institutionen, wenn etwa eine Schule durch ›Ethnisierung‹ einen Statusverlust erleidet. In der Bildungssoziologie gibt es einen eigenen Theorie- und Forschungsansatz, der Schulen und Universitäten primär in ihrer Funktion für die Aufrechterhaltung sozialer Schichthierarchien analysiert (Bourdieu 1971; Collins 1979; Windolf 1990). Hier wird argumentiert, dass die Entwicklung des Bildungssystems nicht differenzierungstheoretisch im Hinblick auf seine ökonomischen Funktionen zufriedenstellend erklärt werden kann. Bildungspatente sind Statuswährungen, die dazu dienen, die privilegierte Stellung gesellschaftlicher Schichten zu halten und zu stabilisieren sowie nachrückende Klassen auf Distanz zu halten. Wenn auch diese Sichtweise zu einseitig ist (für eine detaillierte Analyse vgl. Lutz 1979; Rubinson/Browne 1994), weil hier eine weitgehende Abhängigkeit der institutionellen Differenzierungsprozesse von Ungleichheitsstrategien sozialstruktureller Gruppen be93

hauptet wird, kann die Bildungsexpansion nicht alleine differenzierungstheoretisch aus ökonomischen Leistungsnotwendigkeiten erklärt werden – dazu sind die nationalen Varianzen zu groß. Hier ist auch eine Ungleichheitsdynamik am Werk, in der historisch bildungsferne Schichten den Zugang zu den status- und einkommensverteilenden Bildungsinstitutionen erobern und die privilegierten Schichten durch Distinktionsstrategien höhere Bildungsabschlüsse anstreben bzw. mit Schließungsstrategien in Form von elitären Bildungseinrichtungen reagieren.

2. Achsen der Ungleichheit und institutionelle Strukturen Die Frage, welche sozialen Ungleichheiten den Anspruch erheben können, eine »Achse« oder »Dimension« der sozialen Struktur zu bilden (Klinger 2003: 26), muss mit Blick auf den institutionellen Unterbau beantwortet werden. In der Literatur werden mehr als die drei hier behandelten diskutiert, etwa Alter, Generation/Kohorte, Region, körperliche Behinderung usw. Nicht jede Differenz ist gleichbedeutend mit sozialer Ungleichheit. Verschiedenartigkeit ist nicht Verschiedenwertigkeit. Aus den kulturellen Differenzsetzungen werden jene relevant und skandalisierbar, die das moderne achievement- oder Leistungsprinzip durch askriptive Kriterien unterlaufen oder durchbrechen. Das ist für Geschlecht und Ethnie selbstevident, es gilt aber auch für Klasse. Die mittlerweile seit Jahrzehnten betriebene kritische Sozialstrukturanalyse wird angetrieben durch den Umstand, dass die jeder Leistung entzogene Zufälligkeit, in eine bestimmte Klasse hineingeboren zu sein (= askriptiv), das weitere Lebensschicksal grundlegend bestimmt. Sozialstrukturell relevant werden Differenzsetzungen aber nur dann, wenn sie in der Lage sind, eine stabile Ungleichverteilung von Ressourcen hervorzubringen, die die Lebenschancen der differenziell Wahrgenommenen mehr oder weniger dauerhaft prägen (Weiß et al. 2001: 18). Um kulturalistisch verkürzten Sichtweisen zu entgehen, müssen die korrespondierenden institutionellen Verteilungsmechanismen und Machtprozesse in den Blick genommen werden. Mit Bezug auf 94

die ethnologische Literatur zeigt etwa Lenz (2004), dass in geschlechtssymmetrischen Gesellschaften Frauen eine oder mehrere Institutionen und die damit verbundenen Ressourcen kontrollieren, etwa politische, ökonomische oder religiöse Funktionen. Lenz stellt fest, dass die Geschlechterdifferenz nicht per se die Ursache von Geschlechterdiskriminierung ist, wie in der konstruktivistischen Sichtweise teils angenommen wird. In einigen Gesellschaften ist Geschlecht eine grundlegende Strukturkategorie für den Zugang zu Institutionen und Ressourcen – Männer haben etwa die Politik und Frauen die Wirtschaft in der Hand –, dies entfaltet jedoch keine geschlechtsspezifische Ungleichheit, weil die Felder von gleichwertiger Bedeutung sind. Für die drei hier im Mittelpunkt stehenden Formen sozialer Ungleichheit muss also geklärt werden, wie für deren Träger die Zuordnungsprozesse zu den Institutionen vorgenommen und wie diese bewertet werden. Die bereits in den vorausgehenden Kapiteln gewonnene Einsicht, dass die verschiedenen Institutionen und Inklusionen für die Fortschreibung sozialer Ungleichheit nicht dieselbe Bedeutung haben, bietet einen guten Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen. Den Kern der modernen Ungleichheitshierarchie bildet die »meritokratische Triade« von Bildung, Beruf und Einkommen (Kreckel 2004: 97). Für das Erringen der damit gesetzten Leistungskriterien sind drei institutionelle Felder zentral: Familie, Bildungs- und Arbeitsmarktinstitutionen. In der Literatur zu Klasse, Geschlecht und Ethnie spielen alle drei eine zentrale Rolle. So gleichen sich die Erklärungsmuster für ethnische und Klassenungleichheit: Sozialisatorische Defizite oder Vorteile in der Familie beeinträchtigen die Zugangsmöglichkeiten zum gestuften Bildungssystem und die dort erworbenen Zertifikate und Kompetenzen lassen sich mehr oder weniger gut in berufliche Positionen konvertieren. Eine familiale Sozialisation in einer Unterschichtenfamilie oder in einer ethnischen Minderheitenfamilie bietet keine guten Voraussetzungen, erfolgreich in Bezug auf die meritokratische Triade zu sein. Auch in der Literatur zu geschlechtlicher Ungleichheit wird immer wieder die Bedeutung des familialen Reproduktionsbereichs hervorgehoben. Das hat verschiedene Gründe. Die diffe95

renzierten Institutionen sind eine Voraussetzung, um askriptiven Attribuierungen und den damit verbundenen Diskriminierungen zu entgehen, so unsere Feststellung weiter oben. Das setzt voraus, dass Institutionen formal organisiert sind, um Gleichheitsund Leistungswerte verhaltenswirksam durchsetzen zu können. Das gilt nicht für alle sozialen Bereiche, da deren Formalisierungsgrad variiert. Vor allem die Familie ist ein nicht formal organisierbarer Bereich, der sehr stark einem interaktiven, für askriptive Attribuierungen anfälligen Geschehen gehorcht. So ist das heterosexuelle Paar eine der wichtigsten und zentralen Institutionen (nicht Organisationen), über die die Geschlechterdifferenz sozial produziert und reproduziert wird. Sie baut konstitutiv auf einem askriptiven Kriterium auf: Geschlechtlichkeit. Auch den Unterschichten- und ethnischen Index erbt man qua Geburt in entsprechenden Familien und bekommt damit eine schwer korrigierbare ›Hypothek‹ für die Bildungskarriere. Zweitens ist die in Kapitel III/3 analysierte Ebene des Lebenslaufs zu berücksichtigen, insbesondere wie die Institutionen im Lebenslauf des Individuums hintereinandergeschaltet sind. Das, was in der Makroperspektive synchron differenziert ist, muss vom Subjekt diachron durchlaufen werden und bei der Inklusion in die differenzierten Institutionen darf kein chamäleonartiges Subjekt unterstellt werden, das beim Wechsel von einer zur anderen sich jeweils voraussetzungsfrei auf die neuen Bedingungen einstellen kann. Die spezifische Art, wie die differenzierten Ordnungen und Bereiche vom Subjekt lebensgeschichtlich durchlaufen werden müssen, ist mit ausschlaggebend für die Ausbildung sozialer Ungleichheitsverhältnisse. In der Regel steht in der Ungleichheitsforschung der Zusammenhang von drei lebenslaufund ungleichheitsprägenden Bereichen im Mittelpunkt: Familie, Bildung und Beschäftigung. Diese drei Bereiche weisen eine hohe kumulative Verkettung im Lebenslauf auf. Frühe Sozialisationserfahrungen und das Ressourcenprofil der Familie im ersten Lebensjahrzehnt prägen die sich anschließende Bildungskarriere bis ins dritte Lebensjahrzehnt, und diese wiederum strukturiert für weitere Jahrzehnte in erheblichem Maße die sozioökonomischen Selektionsprozesse auf dem Arbeitsmarkt – bis in die Lebensbedingungen des Alters hinein. Der institutionelle Leis96

tungsparcours ist also so aufgestellt, dass er manche Teilnehmer – Unterschichten, ethnische Minderheiten sowie Frauen – systematisch benachteiligt. Eine erste Antwort auf die Frage, wie »Achsen der Ungleichheit« (Klinger/Knapp 2005) entstehen, gibt uns die Institutionenanalyse. Moderne Institutionen arbeiten mit einem Mix aus askriptiven und Leistungskriterien, die in dem chronologisch aufeinanderfolgenden Zugriff auf den Lebenslauf der Individuen eine Struktur der Ungleichheit erzeugen.

3. Konfliktfähigkeit und Deutungsmuster Traditionell ist eine anspruchsvolle Ungleichheitsanalyse mit einer politischen Soziologie verbunden, die sich für die aus sozialstrukturellen Verhältnissen resultierenden Konfliktprozesse und Institutionalisierungen interessiert. Heute ist dies ein weitgehend brachliegendes Analysefeld. Man begnügt sich mit kulturalistischen Milieu- und Lebensstilbeschreibungen; die Individualisierungsthese behauptet eine generelle Aufweichung des Zusammenhangs von Sozialstruktur und politischen Verhältnissen. Da soziale Ungleichheit mit Machtverhältnissen verbunden ist, müssen diese aber mit in die Analyse einbezogen werden. Ob und wie sich »Achsen der Ungleichheit« herausbilden, lässt sich nicht ohne den politischen Aspekt klären. Hier zeigen sich Unterschiede zwischen den drei Formen Ethnie, Klasse und Geschlecht. Kreckel (2004: 269ff.) hat dies überzeugend für die Geschlechterproblematik dargelegt: Die Hyperinklusion von Frauen in die Familie ist noch nicht per se eine Ursache für geschlechtsspezifische Ungleichheit – es muss die Dominanz der ökonomischen Produktions- über die familiale Reproduktionssphäre hinzukommen. Die Verortung eines Gesellschaftsmitglieds in der sozialen Ungleichheitshierarchie wird primär durch seine Stellung in der Produktionssphäre bestimmt. Diese Dominanz der Ökonomie ist Ergebnis einer ungleichheitsbegründenden Machtkonstellation. Sowohl die Organisations- wie die Konfliktfähigkeit der Reproduktionssphäre ist schlecht. Sie wird als Privatangelegenheit angesehen. Anders als die Leistung der Ökonomie (Arbeitsplätze, Güter, Steuern) kann die Leistung der Familie (emotionale 97

Reproduktion und Kinder) nicht als eine strategiefähige Ressource angesehen werden, mit der man glaubhaft einem Gegner mit Entzug drohen kann (Schwinn 2001a: 383ff.). Auch die Fremdvertretung ist defizitär. Die Arbeitgeberseite wälzt die Reproduktionskosten auf die privaten Haushalte und das öffentliche Transfersystem ab; familienfreundliche Teilzeitarbeit ist bei den Gewerkschaften nicht streikfähig. Das Interesse des Staates ist weniger eindeutig, kann aber die Defizite nicht ausgleichen. Die für Machtchancen wichtige Organisations- und Konfliktfähigkeit ist zwischen Produktions- und Reproduktionssphäre unterschiedlich ausgeprägt und überträgt sich durch die unterschiedliche Inklusion von Männern und Frauen in diese institutionellen Bereiche in geschlechtsspezifische Ungleichheit. Dieses Machtdefizit im gesellschaftlichen Kräftefeld ist auch bei Unterschichten und ethnischen Minderheiten feststellbar. Die Unterschichten verlieren Marktmacht durch den Entwicklungstrend hin zu Dienstleistungsgesellschaften, die die Mittelschicht mit ihrer Mentalität zur dominanten und repräsentativen Trägergruppe der Gesellschaft machen. Dieser sozialstrukturelle Wandel stößt einen korrespondierenden Wandel der ursprünglichen politischen Interessenvertreter der Arbeiterschicht an. So hat sich z.B. die SPD spätestens mit dem Godesberger Programm von 1959 von ihrem Arbeiterprofil verabschiedet. Je weiter man in den politischen Leitungs- und Führungshierarchien nach oben geht, desto weniger Vertreter aus der Arbeiterschicht sind dort noch anzutreffen; aus dem Parlament sind sie heute fast völlig verschwunden (Geißler 1996). Die Gewerkschaften büßen angesichts von Globalisierungsprozessen und sich verbreitenden Angestelltenmentalitäten der Mittelschicht an Organisations- und Konfliktfähigkeit ein. Noch schlechter steht es um die politische Konfliktfähigkeit von ethnischen Minderheiten. Weder verfügen sie über schlagkräftige Interessenorganisationen noch über ausreichend Abgeordnete. Damit ist das Problem von Ungleichheit »an sich« und »für sich« angesprochen. Hier gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den drei Formen. Ethnie und Geschlecht gehorchen einer kategorial-exklusiven Logik und Klasse einer graduell-quantitativen Logik (zu den Begriffen vgl. Kreckel 2004: 107ff.). 98

Die Klassenbasis wird über quantifizierbare materielle Ressourcen, Geschlecht über eine dual-exklusive und Ethnie über eine zwei- bis mehrpolige kategoriale Zugehörigkeit bestimmt. Graduell-quantifizierbare Merkmale neigen zu einer Verwischung von deutlich wahrnehmbaren Unterschieden. Mit der allgemeinen Wohlstandssteigerung und dem Wachstum der Mittelschichten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weicht das breiter und graduell feiner gestreute Einkommen eindeutige Klassengrenzen sowie das korrespondierende Klassenbewusstsein auf. Geschlecht und Ethnie hingegen zeichnen sich aufgrund ihrer kategorial-exklusiven Ungleichheitssemantik durch eine direktere Wahrnehmbarkeit und alltagsweltliche Konkretheit für diese Polarisierungen und Gruppierungen aus. Sie sind gegenüber dem »Fahrstuhleffekt der Klassengesellschaft« und den Individualisierungstendenzen resistenter (Beck 1983: 69). Allerdings ist die Aktivierung und Politisierung der Frauen in den letzten Jahrzehnten besser gewesen als die der ethnischer Minderheiten. Das erklärt sich zum einen aus der kulturellsprachlichen Heterogenität verschiedener Ethnien, die einen minderheitenübergreifenden Zusammenschluss enorm erschwert. Zum anderen ist die schon von Marx thematisierte Schwierigkeit relevant: Stark unterprivilegierte Gruppen sind schwer zu aktivieren. Mit der zunehmenden Partizipation von Frauen in den Institutionen verbessern sich weiter ihre Chancen, noch bestehende Benachteiligungen als illegitim ausräumen zu können. Intellektuelle Kompetenzen durch die Bildungspartizipation, finanzielle Konfliktfähigkeit durch die Arbeitsmarktpartizipation und die verbesserte sozial-kommunikative Vernetzung sind Voraussetzungen für erfolgreiche Aktivierungs- und Politisierungsstrategien. Die durch Inklusion in die differenzierten Institutionen erworbenen Kompetenzen und Ressourcen sind auch für den Erfolg in sozialen Konflikten relevant. Sie sind über den institutionellen Kernbereich hinaus einsetz- und verwendbar. Die mangelnde Inklusion ethnischer Minderheiten und die unterprivilegierte Inklusion der unteren Schichten beeinträchtigt ihre Erfolgschancen und -aussichten in sozialen Konflikten und als Folge davon wiederum in den Institutionen. Schließlich sind die Art des ›Gegners‹ und die Beziehungen zu 99

ihm von Bedeutung. Auch hierbei gibt es Unterschiede zwischen den drei Formen. Am prekärsten ist die Situation ethnischer Minderheiten, weil sie oft fast nichts mit dem ›Gegner‹ verbindet. Es geht hier zunächst einmal darum, überhaupt zu einem Kollektiv zugelassen zu werden, innerhalb dessen dann über Verteilungsfragen gestritten wird. Fragen der Zugehörigkeit bzw. der symbolischen Abgrenzung erschöpfen sich nicht in Verteilungskämpfen (Lenz 1997: 67ff.; Frerichs 2000: 38; Eder et al. 2004: 34ff.). In diesen sozialen Konflikten wird darüber gestritten, wer überhaupt und wie weit Zugang zum institutionellen Leistungsparcours bekommt. Dieser wird über den nationalstaatlichen Bürgerstatus reguliert. Freilich sind auch die historischen Klassen- und Geschlechterkämpfe nicht frei von Anerkennungsfragen, zu einem Vollmitglied der Gesellschaft zu werden. Der errungene gemeinsame und übergreifende Staatsbürgerstatus entschärft dann diese Problemdimension, während sie im Falle der Ethnie virulent bleibt. Die staatsbürgerliche Gleichheit macht die ökonomische Ungleichheit in einem gewissen Ausmaß ›akzeptabel‹. Staatsgrenzen sind Solidaritätsgrenzen. Die staatliche Ordnung grenzt die Menge an Privilegien und Gütern ab, über die gestritten wird. Wer sich außerhalb dieses Pools »Staatsbürger« befindet, kann nicht mit der gleichen Solidarität und Rücksichtnahme rechnen (vgl. Kap. VII). Verbaute Wege in die Gesellschaft fördern den Rückzug und die Integration ins Binnenmilieu und machen ethnische Minderheiten anfällig für religiösen Fundamentalismus. Aus Verteilungsfragen werden Fragen der Verfassung. Diese Verschiebung war schon am Beispiel der Arbeiterklasse in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beobachtbar. Zu ihrer prekären materiellen Lage trat hinzu, dass man ihnen mit der Titulierung als »vaterlandslose Gesellen« zusätzlich die nationale Vollmitgliedschaft absprach. Als Folge davon erklärt sich die Affinität zu marxistischem Gedankengut, das eine völlig andere Gesellschaft verspricht. Auch in der Frauenbewegung sind Denkmuster identifizierbar, die erst in einer gänzlich anderen Gesellschaft die Chance für eine Gleichheit der Geschlechter sehen. Warum diese Utopie im Gegensatz zur religiösen der ethnischen Minderheiten und der sozialistischen Utopie der Klasse keine nennenswerte Bedeutung 100

erlangte, mag mit der spezifischen Beziehung zum ›Gegner‹ oder ›Unterdrücker‹ zu tun haben. Frauen sind in der Regel mit der Gegengruppe, dem Mann, in Form des heterosexuellen Paares vergemeinschaftet (Frerichs 2000: 55f.; Lenz 2003: 43f.). Und: Sie verbindet mit ihren Männern oft weitaus mehr als die Frauen und Männer jeweils untereinander. Die Geschlechter sehen sich in der Beziehung nicht als antagonistische Interessensparteien, sondern als zwei einzigartige, füreinander bestimmte und zueinander passende Individuen. Die Herausbildung eines Großsubjekts »Frau« und »Mann« muss also mit der Deutungsalternative einer starken Individualisierung des Partners – Geliebte bzw. Geliebter – konkurrieren. Diese emotionale Verbundenheit mit dem ›Gegner‹ fehlt im Falle der Ethnie völlig. Zeitweilig ist sie bei der Klasse feststellbar: Klassenfragen werden durch die stark affektiv geprägte Identifizierung mit der Nation in den Hintergrund gedrängt. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges und im NS-Regime war die Wahrnehmung nationaler Gemeinsamkeit gegenüber den Klassenunterschieden dominant und handlungsrelevant. Ein materielles Moment des Ausgleichs kommt bei der Geschlechterbeziehung noch hinzu. Familien und Ehen sind in der Regel ökonomische Gemeinschaften. Die ökonomisch unterprivilegierte Frau erlangt einen Ausgleich durch das Einkommen ihres Mannes (Lieberson 1994: 650). Dieser direkte Ausgleich fehlt bei Klasse und Ethnie. Erst als Folge sozialer Kämpfe können hier erstrittene Kompensationen von der Gegnerseite oder durch staatliche Transferzahlungen erwartet werden. Die ökonomische Vergemeinschaftung der Geschlechter in der Ehe bewirkt zudem oft, dass der gemeinsame Klassenhabitus gegenüber dem differenzierenden Geschlechterhabitus dominiert.

101

4. Konstellationsanalysen und soziologische Ungleichheitstheorie Die bisherigen Ausführungen lassen eine Frage offen: Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen den drei Formen sozialer Ungleichheit? Sie kommen nie in Reinform vor, sondern überall nur in Mischungen mit unterschiedlichen Interferenzen. Die soziale Lage eines Menschen wird immer durch alle drei Ungleichheitsmomente bestimmt. Die Formen beschreiben also nicht abgrenzbare Gruppen, sondern sind Dimensionen, die einen Ungleichheitsraum aufspannen, innerhalb dessen Akteure unterschiedlich positioniert sind. Eine türkische Putzfrau ist ethnisch, klassenmäßig und geschlechtsspezifisch unterprivilegiert. Ein deutscher, männlicher Manager ist in Bezug auf alle drei Dimensionen privilegiert. Dazwischen gibt es vielfältige Mischformen und Wechselwirkungen. Frauen sind in der Regel geschlechtsspezifisch benachteiligt, aber intern nochmals nach Klassenkriterien differenziert und die Geschlechterungleichheit variiert im Ausmaß je nach ethnischer Zugehörigkeit. Konkrete Konstellationsanalysen bieten sich für dieses Problem an. Dazu ein Beispiel: Hoffmann-Nowotny (1987) hat den Status der türkischen Gastarbeiter in Deutschland mit dem Begriff der »Unterschichtung« beschrieben, d.h. diese ethnische Gruppe schiebt sich unter das gesamte Klassengefüge der Gesellschaft. Es ist nach seiner Meinung der Klassen- und weniger der ethnische Faktor, der für die soziale Stellung dieser Personen ausschlaggebend ist. Das gilt für die Selbstwahrnehmung: Erst die Unterprivilegierung in der Aufnahmegesellschaft lässt das Bewusstsein, einer bestimmten ethnischen Gruppe anzugehören, dominant werden, mit entsprechenden ethnisch-kulturellen Abgrenzungsreaktionen. Auch in der Fremdwahrnehmung durch die einheimische Bevölkerung treten diese Menschen durch ihre extreme Klassenunterprivilegierung als ethnische Gruppe ins Bewusstsein, z.B. durch die räumliche Segregation in bestimmten Stadtvierteln. Ganz anders dagegen ist die Situation bestimmter muslimischer Einwanderer in den USA (Joppke 1998). So sind im Zuge der iranischen Revolution 1979 viele gut ausgebildete und über professionelle Qualifikationen, sprich: über privilegierte Klassenmerkmale, verfügen102

de Muslime in die USA geflohen, wo sie sich sehr schnell und relativ unauffällig integriert haben. Für religiöse und ethnische Mobilisierung sind sie aufgrund ihrer Klassenlage viel weniger anfällig. Der Vergleich ist hierbei ein ideales Verfahren, um die relative Relevanz unterschiedlicher Ungleichheitsfaktoren einschätzen zu können. Der Mix der Ungleichheitsfaktoren ist nicht nur für die objektive Lagebeschreibung von Gruppen, sondern auch für die Bewusstwerdungs- und Konfliktprozesse von Bedeutung, für das Verhältnis von Ungleichheit »an sich« und »für sich«. Das lässt sich an der Entwicklung der Geschlechterungleichheit demonstrieren. In der Regel sind es die klassenprivilegierten Frauen, die die Emanzipation auf den Weg gebracht haben. Die Schichtzugehörigkeit von Frauen bietet unterschiedliche Chancen, geschlechtsspezifische Ungleichheit zu thematisieren und auszugleichen. Die Konfliktbereitschaft der Frauen steht nicht in direktem Verhältnis zur Dramatik ihrer objektiven Problemlage. Die Unterschichtenfrauen sind in der Regel nicht die zentralen Akteure der Frauenbewegung, deren Durchsetzungsfähigkeit mit der klassenmäßigen Privilegierung ihrer Teilnehmerinnen steigt. Die Bildungs- und Arbeitsmarktpartizipation bringt verbesserte intellektuelle Kompetenzen, kommunikative Vernetzung von Gleichbetroffenen sowie finanzielle Konfliktfähigkeit gegenüber dem Mann in der Familie mit sich. Hier haben wir es mit einer kompensierenden Strukturierung sozialer Ungleichheit zu tun. Klassenmäßige Privilegierung von Frauen ermöglicht es, ihre geschlechtliche Diskriminierung zum Thema zu machen und in der Regel abzubauen. Eine andere Konstellation stellt die bereits erwähnte Unterschichtung dar. Verschiedene Ungleichheitsdimensionen decken und verstärken sich wechselseitig und führen zu einer kumulierenden Strukturierung sozialer Ungleichheit. Eine solche Konstellation tendiert zu radikalen und gewaltsamen Auseinandersetzungen, weil die Betroffenen anders als im Falle klassenprivilegierter Frauen über keine Dimension privilegiert und damit zentral in die Gesellschaft integriert sind. Die soziale Ordnung besitzt keinen Investitionswert (Popitz 1969: 36f.) und wird daher mit einer größeren Wahrscheinlichkeit in Frage gestellt. Klassen-, ethnische und Geschlechterlage treffen sich in jedem 103

Individuum und es ist theoretisch schwer fassbar, welche Betroffenheitsdimension bewusstseinsbildend wirkt und welche Konstellation für die einzelnen möglichen Varianten ausschlaggebend ist. Das gilt auch für Solidarisierungseffekte über Grenzen hinweg. »Noch weniger voraussagbar als eine Identifikation mit der jeweils eigenen Situierung, ist die Identifikation oder Solidarität bzw. Solidarisierung mit anderen gleich oder ähnlich situierten Individuen oder Gruppen. Anders gesagt, die Erwartung, dass eigene Unterdrückungserfahrungen von selbst und selbstverständlich für die Benachteiligung anderer sensibilisieren, ist eher romantisch als realistisch. Dies gilt besonders im Hinblick auf die Überschreitung der Kategoriengrenzen. Das Betroffensein, aber auch die bewusste Betroffenheit von einer negativen Situierung, z.B. als farbiger männlicher Migrant oder weißer männlicher Arbeitsloser, muss keineswegs zwangsläufig Solidarität mit einer geschlechtsbezogenen Benachteiligungssituation auslösen – nicht einmal (oder vielmehr gerade erst recht nicht) mit der der jeweils eigenen Frau, Mutter, Schwester, Tochter. Genauso gut gilt der umgekehrte Fall: Nicht einmal überzeugte Feministinnen mit einem ausgeprägten Bewusstsein der Diskriminierung von Frauen sind deswegen grundsätzlich erhaben über den Verdacht, rassistische Vorurteile oder Klassendünkel zu hegen.« (Klinger 2003: 35) Sofern Wechselwirkungen mehrerer Ungleichheitsdimensionen in der Literatur überhaupt thematisiert werden, bleibt es bei einer Empfehlung von Konstellationsanalysen (Lenz 1995: 35f., 42; Ngan-Ling et al. 1996; Frerichs/Steinrücke 1997: 39ff.; Frerichs 2000: 37ff.; McCall 2001; Rademacher/Wiechens 2001; Weber 2001). Nun ist aber die Soziologie eine systematische und nicht primär eine historische Wissenschaft. Sie sucht nach dem theoretisch Verallgemeinerungsfähigen und Modellartigen. Wo man sich dieser Aufgabe der Soziologie für unser Problem bewusst ist, herrscht eher Skepsis und die Empfehlung vor, »das Abstraktionsniveau zu senken und diese Zusammenhänge historisch zu erforschen« (Bader 1998: 115; vgl. a. Klinger 2003: 32ff.). Das birgt die Gefahr einer unübersehbaren Fülle von Ungleichheitskonstellationen in sich. Ohne hier den Anspruch erheben zu wollen, ein solches theoretisches Dach liefern zu können, möchte ich doch einige Überlegungen anstellen, wie sich das Theoretisie104

rungsniveau steigern lässt. Der Konstellationsbegriff setzt voraus, dass das, was in Konstellationen steht – die drei Dimensionen sozialer Ungleichheit –, sich wechselseitig beeinflussen und prägen kann. Es gibt sich gegenseitig verstärkende, schwächende oder ausgleichende Effekte. Das setzt Modellannahmen über die Konvertierbarkeit oder die Beeinflussbarkeit unterschiedlicher Ungleichheitsdimensionen voraus. Dies muss theoretisch geklärt werden. Die Interferenzeffekte zwischen den drei Ungleichheitsmomenten zeigen, dass sie ineinander übersetzbar sind. Nur so ist es zu erklären, dass etwa Klassenfaktoren geschlechtliche oder ethnische Ungleichheit verstärken oder abschwächen können. Alle drei sind Formen der Ungleichheit. Sie haben also etwas gemeinsam und dieses Gemeinsame ist die Voraussetzung, dass sie sich in Konstellationen wechselseitig beeinflussen können. Das lässt sich mit einigen Beispielen veranschaulichen. In einem Experiment wurde ein türkischer Passant mit einem deutschen Bettler in ein Gespräch verstrickt (Riedel 2001). Instruktiv ist der Verlauf der Interaktion. Zunächst ist der Passant aufgrund seiner ökonomischen Mittel in einer Überlegenheitsposition. Er verfügt über eine (materielle) Ressource, die der ökonomisch Bedürftige begehrt und diese distributive Ungleichheit übersetzt sich in eine Beziehungsungleichheit. Sobald der Bettler an den sprachlichen Äußerungen des Passanten merkt, dass er es mit einem Türken zu tun hat, kippt das Hierarchiegefälle in der Interaktion. »Während der Passant zunächst aufgrund seines sozioökonomischen Status’ Überlegenheit beanspruchen kann, wird in der zweiten Gesprächsphase der Bettler zum Überlegenen, indem er sich auf das Kriterium der ethnischen Zugehörigkeit beruft. Obwohl die ethnische Zugehörigkeit des Interaktionspartners für das Gesprächsthema an sich irrelevant ist, gelingt es dem Bettler, diese als dominierende Dimension sozialer Ungleichheit zu etablieren.« (Ebd.: 225f.) Dem Kippen der interaktiven Hierarchie unterliegt eine Kompensationslogik, in der verschiedene Ungleichheitsdimensionen gegeneinander verrechnet werden können: Die Zugehörigkeit zur privilegierten deutschen Ethnie kann den besseren ökonomischen Status des türkischen Passanten kompensieren. Im- oder explizit muss der Bettler über dieses Kompensationswissen verfügen, um sein Verhalten verständlich 105

zu machen. Was sich hier interaktiv abspielt, wiederholt sich im Makromaßstab, wenn ökonomisch erfolgreiche ethnische Minderheiten keinen entsprechenden Statusgewinn und Anerkennung durch die Aufnahmegesellschaft erfahren (Ong 1999: 91f.; Weiß 2001: 91; Eder et al. 2004: 41) – die ethnische Zugehörigkeit entwertet den Statuswert ökonomischer Ressourcen. Eine vergleichbare Logik zeigt sich bei der schwarzen amerikanischen Unterschicht. Scharenberg (2001: 257ff.) hat bei deren männlichen Mitgliedern eine ausgeprägte Betonung ihrer Maskulinität festgestellt. So wird in der Musikrichtung des Hip-Hop eine aggressive schwarze Männlichkeit gefeiert, die weiße Männer als verweichlicht abwertet und Frauen und Homosexuelle verachtet. Der Maßstab für ›wahre Männlichkeit‹ ist der phallozentrische Status sexueller Eroberungen – und die Figur des Zuhälters wird oft als Inbegriff für die ›Rückeroberung schwarzer Männlichkeit‹ angesehen. Man versucht die Klassen- und ethnische Unterprivilegierung durch Wechsel in eine dritte Ungleichheitsdimension, die geschlechtliche, zu kompensieren. Die Vergewisserung und Zurschaustellung der eigenen Männlichkeit ist in der Arbeiterklasse und den Unterschichten traditionell besonders ausgeprägt. Dem Stolz auf die Leistungen der eigenen körperlichen Arbeit als Grundlage des Habitus der männlichen Arbeiter wird allerdings in der schwarzen amerikanischen Unterschicht die Basis entzogen. Durch Deindustrialisierung und Arbeitslosigkeit entfällt diese Bewährungsgrundlage zunehmend; die Kompensation wird im Sexuellen gesucht. »Diese Konstruktionen bewegen sich an einer besonderen Schnittstelle der gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse von Klasse, ›Rasse‹ und Geschlecht. Die Rapper reagieren hier auf ihre eigene gesellschaftliche (ökonomisch und rassistisch strukturierte) Beherrschung und Marginalisierung, indem sie sich der einzigen Sphäre versichern wollen, in der sie Macht und Herrschaft ausüben können. Da sich die materielle Basis dieses Verhältnisses zunehmend auflöst, bedienen sie sich dabei eines ›kompensatorischen‹ Phallozentrismus: Das Streben nach Respekt und ›dignity‹ wird in den Kampf um ›dicknity‹ übersetzt.« (Ebd.: 261) Wie lässt sich der anschauliche Gehalt dieser Beispiele abstrahieren und systematisieren, so dass daraus theoretisches, für wei106

tere Analysen nutzbares Wissen gewonnen werden kann? Es müssen die für Ungleichheit konstitutiven Ressourcen und Machtquellen identifiziert und ihre wechselseitige Übersetzbarkeit konzeptualisiert werden. Einen Vorschlag hat Bourdieu mit dem Kapitalmodell sozialer Ungleichheit unterbreitet: Die einzelnen Kapitalsorten lassen sich ineinander konvertieren. In Kapitel III/2 haben wir ein an Max Weber angelehntes Modell präferiert, das mit drei ineinander konvertierbaren Machtquellen arbeitet: ökonomische Ressourcen, politische Macht und symbolische Deutungskompetenz. Die ökonomische Klassenlage kann ständisch überformt werden, symbolische Macht kann zur ökonomischen Vorteilsnahme eingesetzt werden und beides, Klassenlage und ständische Lage, kann als Basis politischer Macht dienen, die sich wiederum zur Durchsetzung ideeller oder materieller Vorteile eignet. Neben solchen kumulativen Möglichkeiten erlaubt dieses Konvertierungsmodell auch die Erfassung kompensatorischer Strategien, etwa das ›Naserümpfen‹ privilegierter Schichten gegenüber den Neureichen (Weber 1980: 538), die zwar ökonomisch gleichziehen oder überholen, aber symbolisch auf Distanz gehalten werden. Die gleiche Kompensationslogik zeigt sich gegenüber ökonomisch erfolgreichen ethnischen Minderheiten. Soziale Ungleichheitsbildung vollzieht sich über drei konvertierbare Machtressourcen: kulturelle Deutungs- bzw. Distinktionsstrategien, politische Macht und ökonomische Chancen. Sie entfalten ihre Wirkung quer zu den differenzierten Institutionen. Ein solches Konvertierungs- und Interferenzmodell hat mehrere Vorteile: Es ermöglicht erstens, die primäre Ebene sozialer Ungleichheitsbildung anzugeben. Klasse, Ethnie und Geschlecht sind keine primären Kategorien, da sie ihrerseits aus ökonomischen, symbolisch-kulturellen und politischen Dimensionen sozialer Ungleichheit zusammengesetzt sind. Weitere Ungleichheitsformen, Alter, Region etc., müssen dann nicht bloß auflistend angefügt, sondern sie können auf die Grunddimensionen rückgeführt und damit in ihrem Zusammenhang analysiert werden. Ein solches Modell ermöglicht zweitens ein genaueres Wissen, was in Konstellationen geschieht. Die konkreten Konstellationen lassen sich aus dem theoretischen Modell zwar prinzipiell nicht 107

ableiten, aber man hat doch eine Orientierung, nach welcher Logik verschiedene Formen sozialer Ungleichheit interagieren. Die Kompensationslogik, die wir an einigen Beispielen erläutert haben, erklärt z.B., warum es zwischen verschiedenen benachteiligten Sozialgruppen kaum übergreifende Solidarisierungseffekte gibt, etwa die ausbleibende Solidarität des farbigen männlichen Arbeitslosen mit der eigenen Frau oder Schwester. Bei Unterprivilegierung in Bezug auf eine oder zwei Kategorien sozialer Ungleichheit muss damit gerechnet werden, dass eine Überkompensation in einer dritten gesucht wird: Ethnische und klassenmäßige Unterprivilegierung wird durch übersteigerte Betonung des männlichen Status kompensiert. Oder umgekehrt: In ökonomisch privilegierten weißen Mittelschichten kann das Geschlechtsbild des ›soften Mannes‹ gedeihen, weil eine Besserstellung in Bezug auf zwei Dimensionen schon gegeben ist und es dann leichter fällt, in einer dritten nachzugeben bzw. diese als nicht ungleichheitsrelevant zu erachten. Das aus Konstellationsanalysen gewonnene Wissen wird theoretisierbar und erlaubt damit Prognosemöglichkeiten, etwa: Absteigende Schichten werden mit einer großen Wahrscheinlichkeit fremdenfeindliche Einstellungen entwickeln, weil sie die Verschlechterung ihrer Klassenlage sozialpsychologisch durch Aufwertung des eigenen, als dominant wahrgenommenen ethnischen Status zu kompensieren versuchen. Xenophile Orientierungen sind in privilegierten Schichten verbreiteter, weil sie ihr Wert- und Würdegefühl mehr aus der Klassenlage als aus einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit ziehen.

108

VII. Nationale und globale Ungleichheiten Die Globalisierungsdiskussion geht auch an der Ungleichheitssoziologie nicht vorbei. Sie ist allerdings für diese Herausforderung nicht besonders gut gewappnet. Das Fehlen geeigneter theoretischer Konzepte für globale Ungleichheitsverhältnisse wird von verschiedener Seite beklagt (Breen/Rottmann 1998; Beck/Grande 2004: 258ff.; Kreckel 2004: 322; Müller 2004: 39). Der Analyserahmen der bisherigen Ungleichheitstheorie und -empirie ist durch den Nationalstaat abgesteckt. Auch die ländervergleichende Forschung geht über diesen Rahmen nicht hinaus, da die Analyseeinheiten nicht in Richtung einer transstaatlichen Perspektive aufgebrochen werden. Die Weltsystem- und Globalisierungstheorien bieten dabei auch keine große Hilfe. Die Bielefelder (Niklas Luhmann)37 und die Stanforder (John W. Meyer) Variante sind weitgehend ohne Bezug auf globale Strukturen sozialer Ungleichheit ausgearbeitet worden. Für die ökonomische Weltsystemtheorie (Immanuel Wallerstein) sind diese dagegen der Kern ihres Paradigmas – ein Kern, dessen Plausibilität durch die Entwicklung vieler, insbesondere asiatischer Staaten im Schwinden begriffen ist (Pohlmann 2002: 195ff.). Gerade die Kritik an diesem Paradigma (Hack 2005) sollte eine Warnung sein, allzu schnell den »methodologischen Nationalismus« durch einen »methodologischen Globalismus« zu ersetzen. Andererseits versperrt die scharfe Polemik, die etwa Goldthorpe (2003) an global orientierte Ungleichheitstheorien adressiert hat, ebenfalls einen adäquaten Zugang. Das Thema möchte ich mit einigen erkenntnisleitenden Fragestellungen entwickeln, die anschlussfähig an die nationalstaatlich gerahmte Ungleichheitsforschung sind und zugleich den Blick für darüber hinausgehende Strukturen eröffnen. Soziale Ungleichheit wird erst wahrgenommen und thematisiert, wenn es den Wert der Gleichheit gibt. Zu fragen ist daher, wie sich die normativen Vergleichsmaßstäbe und Erwartungshorizonte mit der Globalisierung sozialer Ungleichheit verschieben. Was ist der sozial-kognitive Rahmen, innerhalb dessen die Akteure Höherund Tiefer-, Besser- und Schlechterstellung wahrnehmen? Welche sozialen Distanzen sind für die Bevölkerung existenziell be109

deutsam? Was sind die geeigneten Referenz- und Berechnungseinheiten sozialer Ungleichheit? Decken sich strukturelle Entwicklungen mit den Vergleichshorizonten der Akteure oder ist hier von Ungleichzeitigkeiten auszugehen? Bevor ich auf die durch Globalisierung bewirkten Änderungen eingehe, wird zunächst die Bedeutung des Nationalstaats für die bisherige Ungleichheitsforschung verständlich gemacht. Anschließend soll dann erörtert werden, wo und inwieweit globale Entwicklungen den nationalstaatlichen Ungleichheitsrahmen aufbrechen. Es ist sinnvoll, auch diesen Fragen wieder mit Bezug auf die Differenzierungstheorie nachzugehen.

1. Verteilungs- und Legitimationsprobleme im Nationalstaat Die neuere Systemtheorie traut sozialer Ungleichheit keine durchgehende strukturierende Wirkung auf ein gesamtes Ordnungsarrangement mehr zu. Soziale Ungleichheit wird durch das Begriffspaar »Inklusion/Exklusion« ersetzt und damit seiner ordnungskonstitutiven Funktion beraubt. Die aus den Teilinklusionen resultierenden ›Einzelungleichheiten‹ werden selten gewichtet: Da das moderne Differenzierungsprinzip auf der Ungleichartigkeit der Einzelbereiche beruht, lassen sich auch auf der Ebene des Subjekts die Einzelinklusionen nicht werten. Wie die Individuen mit den Teilinklusionen umgehen, ist ›ihre Sache‹, wird in die Umwelt sozialer Systeme externalisiert und bleibt dadurch in den Struktureffekten unsichtbar. Aus sozialer Ungleichheit entsteht aber ein eigenständiger Regelungs- und Institutionalisierungsbedarf, der nicht mit den von der Differenzierungstheorie in der Regel analysierten Teilordnungen identisch ist. Luhmann (1985a: 145) sieht zwar, dass das moderne Differenzierungsprinzip Verteilungsprobleme erzeugt, ohne sie lösen zu können. Die daraus resultierenden Ordnungseffekte bleiben jedoch weitgehend ausgeblendet. In der traditionellen Ungleichheitstheorie waren sie dagegen präsent. Das Stichwort von der »Institutionalisierung des Klassenkampfes« deutet an, dass moderne Institutionen- nicht auf Differenzierungsprobleme reduzierbar sind. Es 110

gibt keine Differenzierungslogik, die losgelöst von der Akzeptanz der Bürger existiert (Schwinn 2001b). Institutionelle Differenzierungen funktionieren nur diesseits gewisser Schwellen- und Akzeptanzwerte der Subjekte, die auch durch Probleme sozialer Ungleichheit markiert sind. Thomas Marshall (1992) hat drei zentrale Gleichheitsaspekte hervorgehoben: rechtliche und politische Gleichheit sowie soziale Gerechtigkeit. Ihren institutionellen Ausdruck finden sie im Rechtsstaat, in der Demokratie und im Sozialstaat. Die aus Ungleichheitserfahrungen resultierenden Gleichheitsaspekte erzeugen einen übergreifenden, zu den differenzierten Bereichen querliegenden Institutionalisierungsbedarf, der sich auf Politik, Recht, Ökonomie, Bildung, Familie, Gesundheitssystem usw. erstreckt. Der Staat regelt Inklusions- und Ungleichheitsverhältnisse. Sowohl historisch wie aktuell resultiert die das funktionale Differenzierungsprinzip konterkarierende nationalstaatliche segmentäre Differenzierung u.a. aus den Problemen sozialer Ungleichheit (Hahn 1993; Schwinn 2001b). Die modernen Ordnungen erzeugen Verteilungsprobleme, die mit dem Differenzierungsprinzip nicht automatisch und nebenher erledigt werden – von deren Lösung hängt jedoch die ungestörte Entfaltung der teilsystemischen Codes oder Leitideen ab. Für die Gesamtwahrnehmung eines Ordnungsarrangements durch die Bürger sind nicht alle Bereiche gleich relevant. Die Wahrnehmung und Legitimation der BRD ist durch die Verbindung aus demokratischer Staatsform, privatkapitalistischer Wirtschaft und Sozialstaat strukturiert (Kaufmann 1989: 94; Mayer et al. 1992: 64; Lepsius 1997: 291f.; Heitmeyer 1997: 35, 39, 45). Die legitimatorische Trennung und Verbindung dieser Bereiche ist eine komplizierte sozialintegrative Vermittlungsleistung. Zum einen wird die Inklusion der Individuen in die ökonomische Sphäre nach Leistungskriterien und ausgeprägter Ungleichheit von Positionen konterkariert durch die universalistische Integration in die politische Ordnung auf der Basis allgemeiner und gleicher Rechte. Zum anderen hat die Institutionalisierung des Sozialstaates zu einer veränderten Deutung der kapitalistischen Realität, zu einem Wandel des Kapitalismusbildes geführt (Heidorn 1982: 150ff., 207ff.). Demokratie und Sozialstaat setzen sich als 111

dominante Wahrnehmungs- und Legitimationsform durch und erfüllen dadurch für die kapitalistische Ökonomie eine Pufferoder Abschirmungsfunktion. Der Eindruck, nicht in einer rücksichtslosen kapitalistischen Ordnung, sondern in einer sozialstaatlichen Demokratie zu leben, setzt sich durch. Hier vollzieht sich ein Generalisierungseffekt, der die ökonomische Ordnung in den legitimatorischen Schutz der politischen Ordnung mit einbezieht. Nur über dieses Institutionenarrangement und seine legitimatorischen Wirkungen wird die Ökonomie von Gerechtigkeits-, Sicherheits- und Gleichheitsansprüchen freigehalten, die ansonsten ein erhöhtes Konfliktpotenzial entfalten und die ökonomische Ordnung beeinträchtigen würden (Vobruba 1991: 123f., 129, 148). Die kapitalistische Ökonomie wird also über Demokratie und Sozialstaat von bereichsfremden Zumutungen institutionell entlastet. In das Arrangement der differenzierten Ordnungen gehen aus sozialer Ungleichheit resultierende legitimatorische Probleme ein, die nicht aus den spezifischen Sinn- und Rationalitätskriterien der Codes ableitbar sind, die aber gerade für eine ungestörte Entfaltung dieser Kriterien unabdingbar sind. Es ist eine empirische Frage, ab welchen Schwellenwerten ökonomischer Defizite (Arbeitslosigkeit) und dadurch ausgelöster sozialer Abwärtsmobilität das Bild des ›nackten Kapitalismus‹ aktiviert wird und ab wann diese Wirtschaftsform von beträchtlichen Teilen der Wähler und intermediärer Verbände zur Disposition gestellt wird. Andererseits ist natürlich eine effiziente Wirtschaft – effizient im Sinne ihres Sinn- und Ordnungskriteriums – eine Voraussetzung, um die nötige sozialstaatliche Verteilungsmasse zur Verfügung zu stellen, um soziale Verteilungskonflikte auf einem befriedeten Niveau zu halten. Institutionenbildung hat daher auf zwei Dimensionen Rücksicht zu nehmen: auf Aspekte sozialer Ungleichheit und die institutionenspezifischen Sinn- und Leitkriterien. Nicht bei jeder institutionellen Koordination haben jedoch Erstere die gleiche Bedeutung, z.B. im Verhältnis von Ökonomie und Wissenschaft.38 Die konkrete Ausprägung sozialer Ungleichheitsverhältnisse hängt nicht nur von den durch die Teilordnungen gesetzten Inklusionsbedingungen ab, sondern auch davon, was die Menschen daraus machen. Hierfür sind die intermediären Interessenorga112

nisationen von Bedeutung. Dieses Feld der politischen Soziologie liegt in den letzten Jahren weitgehend brach. Die Milieu-, Lebensstil- und Individualisierungsforschung interessiert sich für andere Fragen und in der systemtheoretischen Inklusions-ExklusionsBegrifflichkeit lässt sich dieses Intermediäre nicht unterbringen. Hierfür bedarf es einer Differenzierungstheorie anderen Zuschnitts (vgl. Schwinn 2001a). Zunächst einmal wirkt das moderne Differenzierungsprinzip an der Bildung sozialstrukturell relevanter Gruppen mit. Arbeiterklasse, Bürgertum, Berufsgruppen, Frauen, Ethnien etc. sind allesamt soziale Bezugsgrößen, die durch Differenzierung gefördert wurden und die zwischen ihren Angehörigen eine spezifische Gleichheit etablieren (Esser 1988; Elwert 1989; Giegel 1992: 100; Lepsius 1993: 289ff.). Es darf daher keine von diesem Differenzierungsprozess unabhängige ›authentische Lebenswelt‹ unterstellt werden, auf die sich ›kolonialisierende‹ Institutionen pfropfen. Weber (1978: 532ff.) legt z.B. in der »Zwischenbetrachtung« dar, wie durch spezifische Ordnungskriterien die vormodernen, durch Binnen-Außen-Moralgrenzen stabilisierten Gemeinschaften zersetzt werden: Auch der ehemalige Sippengenosse wird nun nach rein ökonomischen Marktprinzipien behandelt. Interessen- und wertspezifischere Assoziationsformen setzen sich durch und orientieren sich stärker an den institutionellen Vorgaben und Leistungen. Das bedeutet aber nicht, dass sie zu bloßen Epiphänomenen der Ordnungsbereiche werden. Letztere wirken vielmehr als Strukturvorgaben, die durch Akteure genutzt werden müssen. Für die Klassenthematik ist dies gut analysiert. Durch die Ausdifferenzierung des kapitalistischen Marktes wurden ganze Bevölkerungsteile negativ oder positiv betroffen und bildeten insofern eine »Klasse an sich«. Um aber zu einer die Orientierungen und Handlungen strukturierenden »Klasse für sich« zu werden, war ein großer Aufwand an Deutungs- und Organisationsarbeit vonnöten, der nicht aus dem Wirken der Ordnungsbereiche selbst abgeleitet werden kann, sondern eine Eigendynamik und -gesetzlichkeit besitzt. Die Ressourcen- und Privilegienverteilung hängt nicht unwesentlich vom Konfliktpotenzial der Interessengruppen ab, die eine bestimmte Klientel bedienen. Die objektiven Problemlagen müssen sich nicht mit der Fähigkeit zur Konfliktaustragung decken. 113

Wesentliche Konfliktfronten in modernen Gesellschaften ergeben sich aus der Ungleichverteilung von Lebenschancen und decken sich nicht mit den Differenzierungslinien (Giegel 1998: 12f.). Darauf hat die Theorie zentraler sozialer Konflikte (Cleavages) hingewiesen, die sich in den verschiedenen Phasen der Entwicklung moderner Gesellschaften herausgebildet haben.39 Damit aus der Vielfalt konfligierender Gruppen eine soziale Ordnung entsteht, ist wiederum der staatliche Rahmen unverzichtbar. Den interessenspezifischen Unterschieden zwischen den sozialen Gruppen geht mit der nationalstaatlichen Ordnung eine übergreifende Wahrnehmung als gleiche Staatsbürger voraus. Natürlich streiten die Interessenverbände dieser Gruppen ständig um Kompetenz- und Ressourcenverteilungen, aber nur deshalb, weil sie sich einer gemeinsamen sozialintegrativen Bezugsgröße zugehörig fühlen, die den Streitrahmen absteckt. Staatsgrenzen sind Solidaritätsgrenzen: Es gibt deutsche, französische, amerikanische, japanische Lehrer-, Ärzteverbände und Gewerkschaften, obwohl sie länderübergreifend eine Interessengruppe »an sich« sind. Um zur Gruppe »für sich« zu werden, musste bisher der funktional bedingten Interessengleichheit die sozialintegrative politische Gleichheit vorausgehen. Die staatliche Ordnung grenzte die Menge an Gütern und Privilegien ab, über die gestritten wurde. Wer sich außerhalb dieses Pools »Staatsbürger« befand, vermochte nicht die gleiche Solidarität und Streitwilligkeit zu erregen. Im Verhältnis zur Armutssituation vieler Bevölkerungskreise in der Dritten Welt wird in den Tarifauseinandersetzungen hier um minimalste Lohnerhöhungen heftig gestritten. Die Solidaritätsaufrufe mit den Armen der Dritten Welt können sich lediglich auf die Gleichheit der Menschenrechte, nicht aber auf die politische Gleichheit im Marshall’schen Sinne berufen. Die nationalstaatliche Ordnung ist der unverzichtbare Rahmen für die Interessenkonflikte der intermediären Verbände. Dies gilt auch für den europäischen Einigungsprozess. Die Verbände folgen den Staatsbildungsprozessen und werden durch sie konditioniert – und nicht umgekehrt, dass etwa die Europäisierung der Interessen eine Supranationalisierung der staatlichen Kompetenzen hervorbringt (Lepsius 1993: 260ff.; Streeck 1994: 27f.). Die differenzierten Ordnungen waren bisher nicht aus sich he114

raus in ausreichendem Maße legitimationsfähig, sondern sie bewegten sich im Schatten übergeordneter Legitimationswerte wie den Prinzipien sozialer Gerechtigkeit und sozialer Gleichheit (Schwinn 2001a: 322ff.). So mussten unternehmerische Entscheidungen neben den institutionellen Kernkriterien der Gewinnmaximierung immer auch sozialpolitische Wirkungen berücksichtigen. Das Arbeitsplatzargument trat in der öffentlichen Darstellung oft in den Vordergrund, mit dem Verweis, dass im Falle ausbleibender Rationalisierung noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Nationalstaat mehrere Aufgaben bei der Errichtung und Aufrechterhaltung moderner Ordnungsarrangements erfüllt: institutionelle Koordination, Umsetzung der Gleichheitsaspekte, Bezugseinheit für Verteilungsprobleme und die Konflikte der intermediären Interessengruppen, legitimatorischer Fokus der Gesamtordnung.

2. Die kontroverse Rolle des Nationalstaates im Globalisierungsprozess Wie verändern Globalisierungstendenzen die bisherige Ordnungskonstellation aus Nationalstaat, sozialen Ungleichheitsstrukturen und differenzierten Ordnungen? Diese Frage wird kontrovers eingeschätzt. Eine Forschungsperspektive sieht einen zunehmenden Bedeutungsverlust des Staates: Die These von einer »Weltgesellschaft« stützt sich auf das Universalisierungspotenzial der differenzierten Ordnungen, das sich momentan forciert entfaltet. Wirtschaft und Wissenschaft etwa ruhen auf Leitideen und Handlungsorientierungen, die prinzipiell an nationalen Grenzen nicht Halt machen. Damit gerät die relativ stabile Ordnungskonstellation der Nachkriegsjahrzehnte in Bewegung. Hier stand die nationalstaatliche Integration der einzelnen Bereiche im Vordergrund. Insbesondere die Einbettung der Ökonomie in das Ensemble der Ordnungen, um ihr gleichsam externe Rücksichtnahmen und nationale Solidaritätspflichten abzuringen, war eine zentrale Aufgabe. Heute geht es dagegen viel stärker um die Abstimmung der ehemals nationalstaatlich gerahmten institu115

tionellen Segmente mit den vergleichbaren in anderen Ländern (Streeck 2001: 34ff.). Nicht mehr so sehr die Frage, wie deutsches Bildungssystem, Arbeitsmarkt, Sozialstaat, Rechtssystem, Familienstrukturen etc. zusammenpassen, steht im Mittelpunkt der Institutionengestaltung, sondern wie etwa deutsche Bildungsund Universitätseinrichtungen an europäische und internationale Standards angepasst werden können. Der Fokus der Integration wandert von der nationalstaatlichen auf die transnationale Ebene. Systemtheoretisch gesprochen sind die Ordnungen weniger Teilsysteme des nationalstaatlichen Gesellschaftssystems als vielmehr Segmente globaler Teilsysteme.40 Die Kräfteverhältnisse zwischen politischen und ökonomischen Trägergruppen verschieben sich mit diesem neuen Differenzierungsschnittmuster. Die staatlichen Aufgaben werden heute weniger als marktzähmend, denn als marktfördernd angesehen. Die Fähigkeiten, die institutionellen Bereiche auf nationale Zwecke und Vorstellungen abzustimmen und auszurichten, werden geschwächt. Durch Globalisierung verändern sich die national geprägten Differenzierungsmuster und damit die Bedingungen für die Strukturierung sozialer Ungleichheit. Der Nationalstaat, in dessen Rahmen sich bisher die Ungleichheitsverhältnisse ausbildeten, wird »funktional unvollständig« (Streeck 1998a). Ein ausreichender Arbeitsmarkt und staatlicher Ressourcenpool setzt die verlässliche nationale Anwesenheit von Kapital und Produktion voraus. Die Machtverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit sowie Politik haben sich zugunsten des Ersteren verschoben. Die Konflikt- und Obstruktionsfähigkeit der Arbeitgeber steigt, weil sie mit der Verlegung von Produktionsstätten, d.h. mit Leistungsentzug, drohen können. Für Arbeitnehmer und politische Akteure steht diese Option nicht offen. Die Relation zwischen Gewinnen und Löhnen verschiebt sich und die Besteuerbarkeit des Kapitals nimmt ab. Öffentliche Ausgaben für Infrastruktur und soziale Sicherung müssen zunehmend von Arbeitnehmern und Konsumenten getragen werden. Sozialpolitik muss sich weniger damit rechtfertigen, ob sie die Kluft zwischen den sozialen Lagen mindert, als damit, ob sie wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit steigert.41 Der Marktwert des sozialen Friedens sinkt mit dem Verweis auf Länder, in denen keine Mitbestimmung vorhanden ist, 116

der Sozialstaat sich auf einem wesentlich geringeren Niveau befindet und keine Streiks unternehmerische Handlungsspielräume stören. Der nationalstaatliche Rahmen büßt nicht nur seine ökonomische, sondern auch seine politische und rechtliche Vollständigkeit ein. Bestimmte Politikbereiche, wie die Währungspolitik, werden an die EG-Ebene abgegeben, was zu einer Verminderung der nationalstaatlichen Handlungsspielräume führt. Zudem verschwimmt der Adressat für die Artikulation und Geltendmachung der Ansprüche der intermediären Interessenorganisationen. Eine andere Forschungsrichtung zeichnet die Zukunft des Nationalstaates weniger düster. Auch hier wird auf eine differenzierungstheoretische Denkfigur zurückgegriffen: Die Dauerhaftigkeit nationalspezifischer Differenzierungsmuster, die trotz der Globalisierungstendenzen einzelner Teilsysteme Bestand haben, verdankt sich dem Umstand, dass die Institutionen ineinander verwobene Arrangements mit hoher wechselseitiger Komplementarität bilden. Die ganz spezifische Art und Weise der Koordination der Teilordnungen führt zu länderspezifischen Institutionenpaketen (Blossfeld 2001: 240ff.; Hollingsworth 2000; Mayer 2001): zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem, zwischen familialen Strukturen, Arbeitsmarkt und Sozialstaat, zwischen Religion, Politik und Recht usw. Diese hohe Komplementarität und Verzahnung national gewachsener Ordnungsmuster hat eine gewisse Rigidität zur Folge, die es den Trägergruppen der einzelnen Bereiche erschwert, völlig flexibel auf externe Anforderungen zu reagieren. Die nationalen Teilordnungen sind keine bloßen Verlängerungen von Weltteilsystemen, deren Veränderungen sich mit einer gleichen Logik in jenen fortpflanzen. Die konkrete Einbettung eines institutionellen Bereichs in ein nationales Ordnungsarrangement bestimmt darüber mit, wie er an globale Prozesse anschließbar ist. National variierende Ordnungskonstellationen schlagen sich auch in unterschiedlichen sozialen Ungleichheitsverhältnissen nieder (Breen/Rottman 1998; Blossfeld 2001; Müller/Scherer 2003). Globale Auswirkungen folgen keinem uniformen Trend, sondern brechen sich am nationalstaatlichen Rahmen. In einer vergleichbaren Argumentationsfigur wird das Aus117

maß der globalen Öffnung eines Landes in Abhängigkeit von den binnensozialen Ungleichheitsverhältnissen gesehen. Soziale Ungleichheit ist hier die unabhängige und ökonomische Globalisierung die abhängige Variable (Rieger/Leibfried 1997; Fligstein 2000; Vobruba 2000). Die nationalstaatliche Erfahrung, dass die Regulierung sozialer Ungleichheit ein »vierter Produktionsfaktor« ist, soll auch für die Globalisierung gelten. Ökonomische Globalisierung setzt die Gesellschaften unter einen starken Modernisierungsdruck und produziert mehr Ungleichheit. Durch die relative Veränderung der Arbeitsproduktivität geraten die nicht mehr konkurrenzfähigen Industrien und damit die Löhne in eine Abwärtsbewegung. Der Faktor »Arbeit« ist aber keine passive, sondern eine reaktionsfähige Größe in diesem Szenario. Je stärker ökonomische Globalisierung den Lebensstandard von Gruppen bedroht, desto stärker wird deren Widerstand gegen die Öffnung der nationalen Ökonomien ausfallen. Die wohlfahrtsstaatliche Abfederung der Ungleichheitsrisiken schafft eine Situation, in der die betroffenen sozialen Gruppen die Bewegungen, strukturellen Umwälzungen und Konjunkturen einer offenen Außenwirtschaft nicht als unmittelbare Gefährdung ihrer Lebenslage wahrzunehmen brauchen. Historisch gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Abbau des wirtschaftlichen Protektionismus und dem Aufbau des Sozialstaats. »Je stärker wohlfahrtsstaatliche Politik jenseits des Marktes Sicherheits- und Zukunftschancen produziert, desto größer werden die Möglichkeiten außenwirtschaftlicher Öffnung. Die funktionale Spezialisierung wohlfahrtsstaatlicher Sozialpolitik machte deshalb außenwirtschaftlichen Protektionismus überflüssig, weil beide auf das Gleiche zielen: die Sicherung von Einkommen und Beschäftigung.« (Rieger/Leibfried 1997: 776) Die aktive Teilnahme am Globalisierungsprozess war bisher insbesondere jenen Ländern möglich, in denen dessen Folgen sozialpolitisch aufgefangen werden konnten (Fligstein 2000). Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Involviertheit in die globale Ökonomie und der außenwirtschaftlichen Offenheit einerseits sowie der Größe des Staatshaushaltes andererseits. Auch bei den Entwicklungserfolgen Taiwans und Südkoreas waren ökonomische Entwicklungssprünge zugleich auch wohl118

fahrtsstaatliche Sprünge. Das Beispiel USA zeigt, dass ökonomische Globalisierung nicht generell mit einer Vergrößerung der binnengesellschaftlichen Ungleichheit einhergeht. Deren Nationalökonomie weist eine äußerst geringe Abhängigkeit von der globalen Ökonomie auf, zugleich aber auch eine starke Spreizung der Lebensverhältnisse. Für Deutschland stellt sich der Zusammenhang umgekehrt dar. Angesichts der zwei Argumentationslinien steht man vor einem Dilemma: »Globalisierung braucht für ihren Erfolg Sozialpolitik, erfolgreiche Globalisierung aber untergräbt die nationalen Wohlfahrtsstaaten.« (Vobruba 2000: 172) Die Schließungs- und Machtverteilungsprozesse zwischen den Interessengruppen werden dadurch an Konflikthaftigkeit zunehmen. Wenn der Ressourcenpool kleiner wird oder zumindest nicht mehr in dem Maße wie in den vergangenen Jahrzehnten wächst, nimmt die Verteilungsdramatik zu. Die Status-quo-Orientierung der Interessengruppen und der Sozialpolitik wird in Abhängigkeit vom Globalisierungsgrad eher zu- als abnehmen. »Der Vergleich der Entwicklungen in den USA und in den westeuropäischen Ländern gibt Hinweise darauf, dass mit steigendem Globalisierungsdruck die sozialpolitische Veränderungsfähigkeit geringer wird. Insbesondere der sehr weitreichende Umbau der amerikanischen Sozialhilfe im Jahre 1996 – die Aufgabe der bundesstaatlichen Garantie eines Rechts auf Sozialhilfe, die Einführung zeitlicher Befristungen des Leistungsbezugs, die Verlagerung von Grundkompetenzen auf die Einzelstaaten – zeigt, dass der dort vergleichsweise niedrige Globalisierungsdruck wohlfahrtsstaatliche Institutionenpolitik mit einschneidenden Verteilungswirkungen eher erleichtert hat, während ein vergleichsweise hoher Globalisierungsdruck in Deutschland entsprechende Veränderungen des sozialpolitischen Status quo eher zu verbieten scheint.« (Rieger/Leibfried 1997: 791) Es geht bei diesen Auseinandersetzungen um die Durchsetzungsfähigkeit unterschiedlicher institutioneller Leitideen: uneingeschränkte ökonomische Handlungsfreiheit versus sozialstaatlich ausgeglichene Lebensverhältnisse. Im Sinne eines objektiv funktional Notwendigen kann dieser Konflikt nicht gelöst werden. In einer handlungstheoretischen Perspektive müssen die hinter solchen Leitideen stehenden Interessen – von denen in der 119

aktuellen Situation jene der ökonomischen Trägergruppen durchsetzungsfähiger sein dürften – mitberücksichtigt werden. Die bisherigen Darlegungen spiegeln die sehr allgemeine Ebene wider, auf der die Diskussion um globale Ungleichheit geführt wird. In der Kontroverse um die Rolle des Nationalstaates zeigen sich zudem Blindstellen der jeweiligen Seiten. Es ist nicht ausreichend geklärt, wie das »Globale« als zentrale Erklärungsvariable begrifflich definiert ist. Nimmt man Nationalstaaten als zentrale Analyseeinheiten, ist damit das Globale nicht geleugnet, sondern es stellt sich auf eine ganz spezifische Weise dar. Zunächst gibt es gute empirische Gründe für eine Ungleichheitsforschung, die die Nationen nicht aus dem Blick verliert. »Die Ungleichheit innerhalb eines Landes macht […] nur ein Viertel bis zu einem Drittel der gesamten globalen Einkommensungleichheit aus. Die Komponente der Welteinkommensungleichheit zwischen den Gesellschaften ist also um das Zwei- bis Dreifache größer als die Komponente innerhalb einer Nation […]. Folglich können wir durch eine einzige Information über die Individuen – nämlich in welcher Nation sie leben – etwa 70 % der Varianz der individuellen Einkommen weltweit erklären.« (Firebaugh 2003: 366; vgl. a. Berger 2005) Die ländervergleichende Forschung hebt dabei vor allem auf die binnennationale Ordnungsgestaltung ab, die im globalen Feld Vor- oder Nachteile bietet (Blossfeld 2001; Mayer 2001; Goldthorpe 2003; Müller/Scherer 2003): Niveau des Wohlfahrtsstaates, Regulierung des Arbeitsmarktes, Struktur des Bildungssystems etc. Globalität verflüchtigt sich hier zu bloßen Herausforderungen, auf welche national nach unterschiedlichen Lösungen gesucht und divergierende Antworten gegeben werden. Für die globale Struktur hat diese Forschungsrichtung aber kein Interesse. Sie vergleicht primär die entwickelten Länder mit dem Fokus auf die variierenden Binnenverhältnisse, die durch Globalisierung nicht homogenisiert werden. In Ländern mit offenen Beschäftigungsverhältnissen und einem liberalen Wohlfahrtsstaat führt Globalisierung zu einem wachsenden Dienstleistungsproletariat. In Ländern mit relativ geschlossenen Beschäftigungsverhältnissen und einem gut ausgebauten Wohlfahrtsstaat dürfte sie zu einer zunehmenden Spaltung in eine hoch abgesicherte und gut verdie120

nende Dienstleistungsklasse sowie eine wachsende marginalisierte Gruppe führen, die einigermaßen sozialstaatlich unterstützt und alimentiert wird, aber vergeblich eine Beschäftigung sucht (Esping-Andersen 1993; Scharpf 1998; Blossfeld 2001). Für die globale Struktur versprechen insbesondere Theorien der Weltgesellschaft Aufklärung. In der neueren Systemtheorie ist die Weltgesellschaft selbst die Quelle von Entwicklungsunterschieden (Luhmann 1997: 162ff., 806ff.; Stichweh 2000: 13). Hier sind es nicht die Binnenfaktoren der Länder, die zu Unterschieden führen, sondern die emergente Ebene des Weltsystems. Dessen Strukturen setzen zwar an den regionalen und nationalen Bedingungen an, transformieren diese aber dann in interne Differenzen des Weltsystems selbst. Leider fehlt dieser These ein entsprechender empirischer Unterbau, der plausibilisieren könnte, dass alle länder- und regionalspezifischen Variationen einer globalen Logik folgen (vgl. Schwinn 2005; 2006b). Sind die globalen Verhältnisse in der national fokussierten und ländervergleichenden Ungleichheitsforschung unterbelichtet, so unterschätzt die These von einer »Weltgesellschaft« die nationalstaatlichen Rahmenbedingungen, an denen sich globale Strukturen brechen.

3. Zur Frage globaler Ungleichheitsstrukturen Die Frage globaler Ungleichheitsstrukturen lässt sich nicht im Sinne eines klaren Entweder-oder beantworten. Ich möchte ihr unter einer spezifischen Perspektive nachgehen: der Entstehung von Weltklassen oder -schichten. Dies würde die oben angeführte Argumentationsrichtung nahelegen, die den Übergang von einem national indexierten zu einem globalen Differenzierungszuschnitt behauptet. In dem Maße, wie sich ökonomische Märkte, Bildungssysteme, Wissenschaftsorganisationen und Rechtsinstitutionen transnationalisieren, verändern sich auch die sozialstrukturellen Gruppen: Institutionenbildung stößt korrespondierende Gruppen- und Schichtbildungsprozesse an, so unsere Einsicht für die nationalstaatliche Entwicklung. Folgen den sich globalisierenden Teilordnungen sich quer zu den Ländereinheiten herausbildende Schichten? Oder ist dies nicht sehr wahrscheinlich, weil 121

global die identitäts- und solidaritätsstiftende Bezugseinheit des Nationalstaates fehlt? Es ist sinnvoll, sich hierbei an den in Kapitel III unterschiedenen drei Machtressourcen zu orientieren – ökonomische Chancen, kulturell-symbolische Kompetenz (Bildungskapital) und politische Macht –, über die sich Ungleichheitsverhältnisse herausbilden. Inwieweit sind diese Ressourcen über Nationen hinweg konvertier- und einsetzbar und spannen dadurch eine globale Arena auf, die für die Verteilung und den Vergleich von Lebenschancen konstitutiv ist (ähnlich Kreckel 2004: 324ff.)? Kulturelle Kompetenzen werden heute primär über die Bildungsinstitutionen erworben. Insbesondere die Forschungsgruppe um John Meyer (2005: 212ff.) hat eine globale Ausbreitung eines gleichstrukturierten Bildungswesens festgestellt. Mit dieser Globalisierung des Bildungsbereichs nähern sich Lehrinhalte und -methoden, Prüfungen und Abschlüsse weltweit an. Der »Bologna-Prozess« strebt für den tertiären Bildungsbereich europa- und weltweit vergleichbare Studienabschlüsse an. »Explizites Ziel ist es, eine international standardisierte und ›geeichte‹ Bildungswährung zu institutionalisieren, die überall erkannt und für die Leistungseinstufung anerkannt werden soll. Insofern wird eine nationenübergreifende Bildungsklassifikation der Weltbevölkerung allmählich möglich […].« (Kreckel 2004: 325) Dies sind jedoch erst Anfänge. Wie Hartmann (2003) für die europäische Elitenbildung feststellt, sind deren Karrierewege noch in hohem Maße durch die nationalen Bildungsinstitutionen geprägt. Das gilt gleichermaßen für Manager, Politiker, Beamtenstäbe, Justiz und Armee. Dennoch dürfte die durchgehende Akademisierung der privilegierten Positionen zu einer meritokratischen Leistungsideologie im obersten Beschäftigungsspektrum führen, innerhalb dessen man sich des Wertes von Universitätsabschlüssen bewusst ist – trotz nationaler Variationen in der Bildungsorganisation. Mit den enormen Bildungsanstrengungen der asiatischen Tigerstaaten wird der Markt und das Bewusstsein für den Wert der konvertierbaren universitären Bildungswährung wachsen. Das verbreitete Bildungsranking von Ländern, wie z.B. durch PISA, wird diese Ressource als vertikalen Klassifizierungsmaßstab der Weltbevölkerung weiter festigen. Länder mit hohen Analphabetenraten 122

sind von dieser global konvertiblen Währung ausgeschlossen und bestätigen mit ihrem negativen Ranking den Wert dieser Ressource. Bildungswissen muss in ökonomisches Kapital umgesetzt werden, um einen Einfluss auf die Lebenschancen seines Trägers zu haben. Ansätze einer strukturellen Transnationalisierung sozialer Lagen sind feststellbar, etwa das weltweit verwertbare Wissen von Informationsspezialisten (Weiß 2002). In dem Maße, wie sich diese Unternehmensbranche globalisiert und Niederlassungen in mehreren Ländern unterhält, machen sich entsprechende berufliche Kompetenzen frei von nationalstaatlichen Bindungen. Gleiches gilt für qualifizierte Wissenschaftler, für die europäische, amerikanische und asiatische Universitäten und Forschungseinrichtungen wählbare Segmente eines globalen Wissenschaftsmarktes darstellen. Mit der Internationalisierung politischer Institutionen und Organisationen entwickeln sich politische und administrative Karrieren über Staatsgrenzen hinweg. Dies ist schon länger im Leistungssport zu beobachten. Jeder Blick in den Profifußball offenbart die gemischt-nationale Zusammensetzung der Mannschaften. Für dieses Personal mit weltmarktverwertbaren Qualifikationen stellen nationalstaatliche Hürden meist nur eine Formalie dar. Arbeitserlaubnisse, etwa in Form von Green Cards, stehen für indische Software-Spezialisten wie für südamerikanische Profifußballer bereit. Von diesen positiv privilegierten Welterwerbsklassen sind die negativ privilegierten zu unterscheiden. Un- und Niedrigqualifizierte sehen sich heute einem Weltmarkt ausgesetzt, dessen Mobilitäts- und Migrationsdruck umso stärker wirkt, je schlechter die unteren Lebenslagen sozialstaatlich gepuffert sind. Das Millionenheer internationaler Arbeitsmigranten legt davon Zeugnis ab. Nationale Grenzregime schotten sich gegenüber diesem Überangebot ab. Green Cards werden an diese Personen jedenfalls nicht verteilt – und so bleibt oft nur der Weg in die Illegalität. Positiv wie negativ Privilegierte verdanken ihre soziale Lage einem Weltmarkt, der Angebots-Nachfrage-Verhältnisse und einen globalen Referenzdruck entfaltet, etwa wenn deutsche Wissenschaftler ihre Arbeitskonditionen mit denen ihrer amerikanischen Kollegen vergleichen oder wenn deutschen Industriearbeitern osteuropäische oder asiatische Löhne vorgehal123

ten werden. Für die positiv privilegierten Erwerbsklassen bietet der Weltmarkt wählbare Optionen, für die negativ Privilegierten stellt er sich als struktureller Zwang dar. All jene Beschäftigungsgruppen, die über eine schlechte Marktmacht, d.h. über leicht ersetzbare Qualifikationen verfügen, müssen sich den Vergleich mit niedrigen Lohnniveaus in anderen Ländern gefallen lassen. Das Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« wirkt bei besonders qualifizierten exklusiven Beschäftigungsgruppen eher einkommensfördernd. Vor einigen Jahren sind die Piloten der »Lufthansa« mit dem Verweis auf die deutlich höheren Gehälter ihrer Kollegen in Fluggesellschaften anderer Länder in Streik getreten. Überall dort, wo die Angehörigen solcher Beschäftigungsgruppen in einem interaktiven Kontakt stehen oder gar in der gleichen Organisation zusammenarbeiten, werden solche transnationalen Vergleiche wahrscheinlich, etwa bei den Managern von Unternehmen, die Niederlassungen in mehreren Ländern haben, oder bei Firmenfusionen von Unternehmen aus unterschiedlichen Nationen. Dies gilt auch für politische Organisationen und Administrationen mit einem transnationalen Bezug. Im Jahre 2004 starteten einige EU-Abgeordnete eine Initiative zur Vereinheitlichung der Diäten der EU-Parlamentarier (Beck/Grande 2004: 266f.), die bis zum Faktor zehn zwischen Kollegen aus verschiedenen Ländern variieren. Die Beispiele machen auch deutlich, dass der Weltmarkt oder transnationale Strukturen nicht automatisch zu gleichem Einkommen bei vergleichbarer Tätigkeit führen. Es ist nur ein Potenzial, dass von den Akteuren in ihren Interessenstrategien genutzt werden kann. Die Idee »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« aktiviert sich nicht selbst, sondern sie muss in Konfliktprozessen durchgesetzt, blockiert oder abgemildert werden. Selbst dort, wo es gelingt, ungleichen Lohn für gleiche Arbeit zu verteidigen, ist der Rechtfertigungs- und Verteidigungsaufwand größer geworden. Der Druck zur strukturellen Transnationalisierung von sozialen Lagen wirkt auch dort, wo er sich nicht vollständig durchsetzt. Neben den Lagekriterien (Klasse an sich) müssen auch die Deutungsmuster und Konfliktprozesse (Klasse für sich) für die globalen Ungleichheitsverhältnisse analysiert werden. Geld ist ein abstrakter Maßstab, an dem sich Unterschiede gut ablesen und 124

mit dem sich die materiellen Lebenschancen der Menschen gut vergleichen lassen. Transnationale Ungleichheiten werden daher in der Regel über Einkommensdifferenzen erfasst (Kreckel 2004: 326). In den entsprechenden Statistiken finden sich hoch qualifizierte Einkommensgruppen im gleichen Klassifikationssystem wieder wie unqualifizierte Wanderarbeiter oder kleinbäuerliche Existenzen in der Dritten Welt. Die statistische transnationale Klassifikation der Weltbevölkerung nach dem verfügbaren Einkommen bietet wichtige Informationen über objektive Unterschiede der Lebensbedingungen. Soziologisch bleiben sie jedoch unbefriedigend, solange nicht geklärt ist, inwieweit den statistischen Differenzen reale soziale Einheiten entsprechen. Kann man auf der transnationalen Ebene damit rechnen, dass sich hier analog der nationalstaatlichen Erfahrung so etwas wie »Weltklassen für sich« einstellen? Marx hatte dies mit seiner Aufforderung »Proletarier aller Länder vereinigt euch« erwartet. Der Prozess der Ungleichheitsstrukturierung vollzieht sich in verschiedenen Stufen. Zunächst ist zu fragen, ob sich ein gemeinsames Bewusstsein mit entsprechenden Deutungsmustern über Nationen hinweg bei objektiv einigermaßen gleich gelagerten Menschen entwickelt. Und wie sind die Chancen einer transnationalen Konfliktstrukturierung einzuschätzen, die sich aus sozial ungleichen Lebensverhältnissen speist? Eine Sozialstrukturanalyse in der Tradition von Max Weber und anderen muss die subjektive Dimension sozialer Ungleichheit berücksichtigen. Gibt es eine Globalisierung sozialer Ungleichheit im Bewusstsein der Menschen? Begreifen sie sich als Teil eines internationalen Schichtungssystems und beeinflusst die Selbstverortung darin die Bewertung der eigenen Lage? Es ist dies eine Frage der Orientierungs- und Handlungsrelevanz von Wohlstandsgefällen und der dabei herangezogenen nationalen oder internationalen Referenzgruppen (Delhey/Kohler 2006: 340). Für dieses Problem hat die Forschung zu globaler Ungleichheit wenig zu bieten. »Hier liegt denn auch der soziologische Defekt eines statistisch konstruierten Konzepts von Weltgesellschaft: Es abstrahiert von allen sozialen Kontexten, in denen Ungleichheit entsteht, in denen Ungleichheitserfahrungen soziale Desintegration, politische Konflikte oder auch Solidarität hervorrufen können. Ob sich die chinesischen 125

Küstenregionen außerordentlichen Wachstums erfreuen, ist für die lateinamerikanischen Unterklassen unerheblich. Ebenso ist es ein schwacher Trost für die amerikanischen working poor, dass es ihnen absolut besser geht, als Bergarbeitern in der Ukraine. In der Ungleichheit der Erdbevölkerung überlagert sich eine Vielzahl von Faktoren, die zwar Trendaussagen erlauben, ohne jedoch einer kompakten Ursache namens Globalisierung zurechenbar zu sein. Einstweilen ist die Erforschung globaler Ungleichheiten ein innovatives Experimentierfeld für neue Datenerhebungsverfahren und statistische Maße. Von Theoriebildung kann bislang kaum die Rede sein« (Müller 2004: 39). Soziale Ungleichheit setzt eine Vergleichseinheit voraus, innerhalb derer Menschen die Besser- oder Schlechterstellung und ihre Lebenschancen beurteilen. Unter welchen Bedingungen wird vom nationalstaatlichen in den globalen Referenzrahmen gewechselt, wissenschaftlich und lebensweltlich? Kreckel (2006) vermutet, dass der methodologische Nationalismus der Ungleichheitsforschung mit der Behandlung und Lösung der sozialen Frage innerhalb der staatlichen Grenzen seit dem 19. Jahrhundert zu tun hat. Die globale soziale Frage ist zwar als Wunschbild schon lange in den Köpfen, solange sie aber nicht als wirkungsmächtige Idee mit Realisierungschancen angesehen wird, kann die soziologische Thematisierung von sozialer Ungleichheit ihre nationalstaatlichen Begrenzungen nicht überwinden. Entsprechend ist die Diskussion über globale Ungleichheiten bis heute stark von wirtschaftswissenschaftlichen Denkweisen und Methoden geprägt. Sie abstrahieren von kulturellen, historischen und sozialen Gegebenheiten und konzentrieren sich auf ›nackte‹, in Geld messbare ökonomische Indikatoren. Kreckel sieht in den letzten Jahren Ansätze zur globalen Ausbreitung von Basisnormen einer weltweiten Armuts- und Ungleichheitsbegrenzungspolitik durch internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die UNCTAD, das UNDP und die Weltbank sowie durch internationale NGOs. Die globale soziale Frage gewinnt an politischer Aufmerksamkeit und gerät dadurch ins sozialwissenschaftliche Blickfeld. Die Wahl eines globalen Vergleichsrahmens hat neben normativen auch kognitive Voraussetzungen: Menschen müssen Infor126

mationen über die Lebenssituation in anderen Regionen und Ländern bekommen. Die Verbreitung westlicher Konsumstandards durch Massenmedien und Tourismus in den letzten Winkel der Erde setzt ein Anspruchsniveau in den Köpfen fest, das in Verbindung mit globalen Gleichheits- und Gerechtigkeitsnormen orientierungs- und handlungsrelevant wird. Die Migrationsströme aus unterprivilegierten Ländern in wohlhabende belegen, dass viele Menschen bei der Beurteilung ihrer Lebenslage global vergleichen. Freilich sind diese Vergleiche nicht symmetrisch. Der Blick nach oben (Aufwärtsvergleich) hat einen stärkeren negativen Effekt auf die Lebenszufriedenheit als Abwärtsvergleiche einen positiven Effekt nach sich ziehen (Delhey/Kohler 2006: 352f.). Grenzüberschreitende Vergleiche beeinflussen die Zufriedenheit mit der eigenen Lage stärker, wenn reiche Länder als Maßstab dienen. Global sind die Vergleiche nicht gleichverteilt. Weniger wohlhabende Länder sind in geringerem Maße binnenorientiert als wohlhabende. Die amerikanischen working poor vergleichen sich daher nicht mit lateinamerikanischen Unterklassen oder Bergarbeitern in der Ukraine. Wenn die letzten beiden in die USA schauen, werden sie andererseits auch nicht die ihnen objektiv korrespondierende unterprivilegierte Referenzklasse im Blick haben, sondern den durch die Mittelschicht geprägten Lebensstil. Die Orientierungen der unterprivilegierten strukturanalogen Lebenslagen treffen sich also nicht. Damit ist die Frage einer transnationalen Sozialstrukturierung angesprochen. Wie groß sind die Chancen, dass sich länderübergreifende »Weltklassen« herausbilden? Dazu ist es hilfreich, auf Einsichten der Klassentheorie zurückzugreifen, die verschiedene Stufen der Klassenstrukturierung unterscheidet (Giddens 1979: 129ff.), und dann zu fragen, ob dafür die Bedingungen auf globaler Ebene gegeben sind. Auf einer ersten Stufe kann man versuchen, länderübergreifende gemeinsame Lebensstile und Mentalitäten zu identifizieren. Zu Mittelschichten aus verschiedenen Regionen und Kulturkreisen liegen mittlerweile einige Forschungsergebnisse vor. Betrachtet man die mit dem Modernisierungserfolg entstehenden asiatischen Mittelschichten, so weisen diese Konsummuster und Lebensstile auf, wie wir sie im Westen kennen (Robison/Goodman 1996; Hsiao 1999; Chua 2000; Schwinn 127

2006c: 209ff.): Das Bildungs- und das Einkommensniveau steigt; der für nicht-basale Lebensbedürfnisse zur Verfügung stehende Teil des Einkommens wächst. Mit der nötigen Kaufkraft ausgestattet, entwickeln die Mittelschichten eine Lebensweise, die ihnen durch die Kulturindustrie und die Massenmedien nahegebracht werden. Ferner nimmt die Frauenbildungs- und -erwerbsbeteiligung zu, was patriarchale Wertmuster und traditionelle familiale Strukturen verändert. Aus vergleichbaren Modernisierungsniveaus erwachsen so quer zu Ländern und Kulturkreisen ähnliche Lebensstile. Träger dieser Lebensstile ist eine Mittelschicht, die durch die Produktions- und Konsumtionsbedingungen des global sich ausbreitenden Kapitalismus geprägt ist. Die Klassenstrukturierung verbleibt jedoch auf der Stufe von Lebensstilen und Mentalität und dringt nicht zur Stufe einer gemeinsamen Bewusstseinsbildung durch. Dafür fehlen die Voraussetzungen. Zunächst sind Mittelschichten in ihrem Wertprofil sehr stark individualistisch orientiert, setzen mehr auf die individuelle Mobilität als auf die einer ganzen Klasse. Ferner sind viele (im nationalen Rahmen wirksame) Bedingungen für eine transnationale Vernetzung kaum gegeben: gemeinsame Sprache, kommunikativer Austausch durch Zusammenballung in Großbetrieben und im Kontext städtischer Infrastrukturen und einer nationalen Öffentlichkeit. Zudem fehlt ein Konfliktinteresse, das sich an einem Klassengegensatz entzünden könnte. Unter den harten Wettbewerbsbedingungen des Weltmarktes verdanken die Mittelschichten ihr Lebensniveau der Konkurrenzfähigkeit der nationalen Ökonomie, die ihnen Beschäftigungsmöglichkeiten bietet. Insofern ist eher ein Einverständnis mit der jeweiligen nationalen Unternehmerschicht zu erwarten als eine Solidarisierung mit Mittelschichten in anderen Ländern. Diese Konstellation dürfte auch auf multinationale Konzerne mit Niederlassungen in vielen Ländern zutreffen. Denkbar wäre, dass quer zu den Nationen die Beschäftigten ein gemeinsames Interesse gegen die Unternehmensspitze entwickelt. Angesichts ständiger Produktionsverlagerungen ist aber die Solidarität mit dem eigenen Betrieb im Land größer als die mit der verwandten Schicht in anderen Ländern – eine Erfahrung, die Gewerkschaften schon im nationalen Rahmen machen müssen. Bei den Mittelschichten fehlen also 128

sowohl die Bedingungen wie die Interessen für eine durchgehende Sozialstrukturierung auf globaler Ebene. Für die ›unteren Sprossen‹ der Sozialleiter können zumindest potenziell gemeinsame nationenübergreifende Interessen unterstellt werden. Anders als die Mittelschichten profitieren die Unterprivilegierten kaum von der Weltmarktkonkurrenz. Dem gemeinsamen Interesse steht aber keine Organisations- und Konfliktfähigkeit gegenüber. Zu den schon bei den Mittelschichten angeführten hinderlichen Organisationsbedingungen kommen erschwerende ethnische Differenzen hinzu. Wie soll Marx’ Aufforderung »Proletarier aller Länder vereinigt euch« im globalen Maßstab umzusetzen sein, wenn dies nicht mal im nationalen Rahmen gelingt? Die aus anderen Regionen und Kulturen einwandernden Gruppen treffen dort nicht auf solidaritätsbereite Klassengenossen, sondern auf Fremdenfeindlichkeit. Durch Migrationsprozesse ist in vielen Ländern eine globale Unterklasse oft auf engstem Raum zusammen. Ethnische, kulturelle und sprachliche Differenzen setzen sich aber gegen die gemeinsamen ökonomischen Interessen an sich durch. Schließlich verfügen die Unterprivilegierten über eine schlechte Konfliktfähigkeit. Sie besitzen keine nachgefragten Qualifikationen und sie sind leicht austauschbar. Am günstigsten sind die Voraussetzungen für ein kleines Segment privilegierter Berufsgruppen. Diplomaten, Manager, Politiker, Bürokraten, Wissenschaftler etc. stehen berufsbedingt in regem Kontakt zu verwandten Kollegen aus anderen Ländern. Huntington (1998: 78) spricht von einer »Davos-Kultur«, die sich in diesen Kreisen ausgebildet hat, benannt nach dem schweizerischen Ort Davos, in dem das Weltwirtschaftsforum tagt. Diese weltweite Elite ist durch gemeinsame intellektuelle Standards aufgrund vergleichbarer akademischer Ausbildung charakterisiert. In immer wiederkehrenden Treffen auf Tagungen und Konferenzen und durch die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen und Unternehmen gleichen sich diese Personen im Verhaltensstil und in der Sprache an. Die Bedingungen für das Entdecken von Gemeinsamkeiten und verbindenden Interessen auf einer globalen Ebene sind damit gegeben: sprachliche Verständigungsmöglichkeiten, intellektuelle Fähigkeiten, interak129

tiver und kommunikativer Kontakt. Durch die organisatorische Einbindung und die regelmäßige Partizipation in der Konferenzund Diplomatenkultur schleifen sich die heterogenen kulturellen und sozialen Herkünfte zugunsten einer gemeinsamen Orientierungsbasis ab. Das ist zunächst einmal funktional für die institutionellen Anforderungen, die sich diesen Berufsgruppen stellen. Die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, sind aber natürlich auch dienlich für die Formulierung und Durchsetzung der sozialstrukturellen Interessen dieser Schicht. Die Einkommensforderungen der »Lufthansa«-Piloten und der EU-Parlamentarier wurden bereits erwähnt. Besondere Chancen für eine transnationale Sozialstrukturierung der europäischen Wirtschafts- und administrativen Eliten sieht Michael Hartmann darüber hinaus in der großen Übereinstimmung der sozialen Rekrutierung dieser Schicht. »Die gemeinsame Herkunft aus dem Bürgertum wird den Prozess der Angleichung erleichtern. Je kleiner die Kreise sind, aus denen man stammt, und je höher in der gesellschaftlichen Hierarchie angesiedelt, umso einfacher fällt in der Regel die gegenseitige Verständigung. Das beste Beispiel dafür bietet der europäische Hochadel des Mittelalters. Während die Bevölkerung Europas damals in jeder Hinsicht in unendlich viele voneinander getrennte Teile zersplittert war, bildete er eine relativ homogene Einheit, die eine einheitliche Sprache pflegte und innerhalb derer auch länderübergreifend geheiratet wurde. Die Vereinheitlichung zu einer transnationalen Elite dürfte dementsprechend am ehesten für das Großbürgertum zu erwarten sein, d.h. in den Spitzen der Wirtschaft, der freien Berufe und (mit Abstrichen) auch der Verwaltung.« (Hartmann 2003: 294) Gemeinsames Bewusstsein wächst nicht nur ›von unten‹ aus den Lagebedingungen, sondern wird auch ›von oben‹ durch eine politische Ordnung induziert. Die Gleichheitsnormen sind bisher im Nationalstaat institutionalisiert und dieser ist die Verrechnungseinheit für Verteilungsprobleme. Politik und der Rahmen, den die politischen Institutionen zusammen mit der öffentlichen Infrastruktur abstecken, bilden den Fokus für Identifikationsund Identitätsbildungsprozesse. Dieser schon auf der EU-Ebene schwach ausgebildete politische Rahmen verschwimmt weitge130

hend auf der globalen Ebene. Fragmentierte Entscheidungsarenen und -ebenen, meist demokratisch nicht oder nicht ausreichend legitimiert, bieten kein klares Identifikationsobjekt für die Akteure. Unabgestimmte suprarationale Rechtsetzungsinstanzen schaffen keine normative Verhaltenssicherheit für die Voraussetzungen von Konfliktauseinandersetzungen und die Einhaltung erzielter Ergebnisse. Der Begriff der intermediären Interessenorganisationen zeigt an, dass diese ihren Bezugspunkt in der politischen Ordnung haben, Interessen ihrer Klientel dort zur Geltung bringen und dadurch an deren Legitimation mitwirken. Die heutige »Weltgesellschaft« hat kein Legitimationsproblem, weil sie keine durch politische Institutionen getragene und demokratisch gewählte Herrschaftsordnung besitzt. Die Übertragung des im nationalstaatlichen Rahmen gewohnten intermediären Interessenvermittlungssystems auf die globale Ebene macht wenig Sinn, weil dort der politische Adressat fehlt. Die Wiederholung der nationalstaatlichen Erfahrung, in der, wie dargelegt, die sozialstrukturellen Gruppen mit und in Bezug auf die Institutionen gewachsen sind, ist nicht wahrscheinlich. Vergegenwärtigt man sich die diesbezüglichen Schwierigkeiten in der EU (Heidenreich 2006), scheint eine Übertragung auf die globale Ebene mittelfristig illusorisch. Für die Ungleichheitstheorie stellt sich die Frage, wo und inwieweit sie sich von nationalstaatlich geprägten Denkmustern befreien muss. Vorläufig kann nur festgestellt werden, dass den enormen Ungleichheiten an sich, die durch Globalisierungsprozesse produziert werden, keine Ungleichheiten für sich nachwachsen. Globale Ungleichheit lässt sich in Statistiken erfassen, es ist aber eine weitgehend bewusstlose und konfliktlose Ungleichheit. Solange es keine legitimationspflichtige Welt(herrschafts-)ordnung gibt, sind hier Ungleichheiten in einem Ausmaß möglich, das nationale Sozialordnungen sprengen würde. Dies könnte sich aber als Stolperstein einer Weltordnung erweisen: Sie produziert Probleme, ohne die erforderlichen Bedingungen für ihre Lösung zu bieten. Ungleichheiten, die nicht thematisiert werden können, neigen zu eruptiven Ausbrüchen oder zu unkontrollierbaren Effekten.

131

VIII. Schlussbemerkungen Wir sind ausgegangen vom Theoriedefizit in der Ungleichheitsforschung der letzten Jahrzehnte. Zu sehr mit den internen Kontroversen beschäftigt, ging ihr der Anschluss an die gesellschaftsund makrotheoretische Diskussion verloren. Klassen- und Schichtmodelle, Lebensstil- und Milieuanalysen sowie die These einer Entstrukturierung im Zuge von Individualisierungsprozessen stehen nebeneinander und vermitteln den Eindruck, dass dieses zentrale Feld soziologischer Analyse unter einer gewissen Orientierungslosigkeit leidet. Ferner wurden weitere Ungleichheitsaspekte – Geschlecht, Ethnie, Alter etc. – in die Forschung eingeführt, ohne sie ausreichend mit den vorhandenen Modellen zu vermitteln. Schließlich mag das Theoriedefizit auch das äußerst zögerliche Zugehen auf das Thema globale Ungleichheiten erklären. Es fehlen theoretische Leitlinien, mit denen sich das neue Problemfeld erschließen lässt. Das vorliegende Buch schlägt vor, den Kontakt zur Differenzierungstheorie zu suchen, um das Theoretisierungsniveau zu sozialer Ungleichheit zu heben. Die vielfältigeren Ausdrucksformen sozialer Ungleichheiten, auf die die neuere Forschung gestoßen ist, und die sie meist nur deskriptiv nachzeichnen kann, erhalten durch die Differenzierungstheorie eine konzeptionelle Orientierung. Sie bietet eine genauere Erfassung der unterschiedlichen Kontexte und Lebensbereiche, deren institutionelle Leitkriterien darüber bestimmen, welcher Aspekt von sozialer Ungleichheit hier zählt. Gleichzeitig liefert die Differenzierungstheorie ein besseres Verständnis für das Zusammenwirken der institutionellen Teilbereiche und bietet der Ungleichheitstheorie dadurch eine Hilfestellung bei der Frage, wie und inwieweit Vor- und Nachteile, kurz: Lebenschancen, über mehrere Stationen kumuliert werden können und wo Konvertierungssperren für Ungleichheitsstrukturen vorhanden sind. Mit einer solchen Theorie macht es keine Schwierigkeiten, das Fortbestehen ›alter‹ und die Bedeutungszunahme ›neuer‹ Ungleichheiten gleichzeitig zu erfassen – ein Problem, an dem sich die aktuelle Ungleichheitsdiskussion abmüht. Im Gespräch zwischen Differenzierungs- und Ungleichheitstheorie wird aber auch deutlich, dass überzogene Monopolan132

sprüche, insbesondere von Seiten systemtheoretischer Differenzierungsmodelle, zurückgewiesen werden müssen. Das Ausmaß, so das Ergebnis der vorstehenden Ausführungen, in dem die Differenzierung mehrerer Teilbereiche die Ausbildung von Ungleichheitsstrukturen unterbricht und vereitelt, darf nicht überschätzt werden. Während sich die Differenzierungstheorie für die Eigenlogik der institutionellen Felder und deren spezifischen Ressourcen interessiert, geht es der Ungleichheitstheorie primär um einen mehrere Bereiche übergreifenden Vergleichszusammenhang. Durchgehende Ungleichheitsstrukturen bilden sich trotz Differenzierung nach wie vor aus und rechtfertigen die Rede von einer eigenständigen makrostrukturellen Achse oder Dimension. Eine Einsicht zog sich durch die verschiedenen, in diesem Buch analysierten Aspekte (Klasse, Geschlecht, Ethnie, globale Ungleichheiten): Soziale Ungleichheit wird durch die differenzierte Institutionenstruktur mitbestimmt, aber nicht determiniert. Differenzierungsprozesse machen uns verschiedenartig und vielfältiger – die Ungleichheitstheorie erklärt, welche davon zu verschiedenwertigen, die Lebenschancen bestimmenden Faktoren werden. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit fußt auf den differenzierten Ordnungen, ohne aber, wie es die Primatthese unterstellt, ihre eigenständige Strukturierungskraft verloren zu haben. An den ordnungsspezifischen Ressourcen ansetzend, entwickelt die Schichtbildung eine Eigendynamik, die nicht mehr aus den Bedingungen der institutionellen Kontexte erklärbar ist. Der Zusammenhang lässt sich allgemein so formulieren: Soziale Ungleichheit benötigt den Rekurs auf die differenzierten Ordnungen, deren Ressourcen und Positionen, die daran sich anschließende Art der Schließung und Monopolisierung ist aber nicht durch die Leitkriterien und Leistungserfordernisse der Ordnungen determiniert.

133

Anmerkungen 1 2

3

4 5

6 7

8

Als späte Einschätzungen Barber (1993: 165ff.); Wrong (1999); Müller (2002). So glaubt der Autor eines mehrfach aufgelegten, einführenden Lehrbuchs (Hradil 1999) zur sozialen Ungleichheit, ohne die differenzierungstheoretische Bestimmung seines Gegenstandes auskommen zu können. Man sucht vergeblich danach. Die sich an den Feudalismus anschließende Phase wird von ihm als »industrielle Gesellschaft« bestimmt und damit unterbestimmt. Diese Unkenntnis der Differenzierungsthematik zeigt auch ein Blick in die Vorlesungsverzeichnisse: Soziale Ungleichheit gehört zum festen Lehrprogramm der Ausbildung in der Soziologie, die Wissensvermittlung zur institutionellen Differenzierung jedoch nicht. Becks (1986) »Risikogesellschaft« setzte sich noch von sozialer Ungleichheit ab, für die konzeptuelle Ausarbeitung der »zweiten Moderne« spielt sie keine Rolle mehr. Vgl. Beck/Lau (2004). Schimank (2000) klagt zu Recht eine empirisch ausgerichtete Nutzung des differenzierungstheoretischen Arsenals ein. Degele (2004) vermutet hier zu Recht auch professionspolitische Interessen zur Wahrung und Absicherung der eigenen ›Wissensclaims‹. Zu negativen Karrieren vgl. Luhmann (1997: 630f.); Fuchs/ Schneider (1995: 212f.). An anderer Stelle (Luhmann 1985b: 24) bezeichnet er die Zeit vom 12. bis zum 18. Jahrhundert als »Übergangsgesellschaft«. Über ein halbes Jahrtausend lässt sich also nicht mit der Primatthese erfassen, wie es der Begriff des »Übergangs« zum Ausdruck bringt. Korrekturen und Verfeinerungen am analytischen und historischen Auflösungsvermögen der Theorie sind hier dringend erforderlich. Ein zentrales Problem ist dabei, dass Luhmann die Übergänge zwischen den drei Differenzierungsformen nicht erklärt bzw. erklären kann; vgl. dazu Kuchler (2003). Diese Entlohnungspraxis ist in die Moderne eingeflossen. Simmel (1977: 367f.) schreibt dazu um 1900: »Am deutlichs134

ten wird dies bei der Stellung des höheren Staatsbeamten, dessen Gehalt überhaupt keine quantitative Beziehung zu seinen einzelnen Leistungen mehr hat, sondern ihm nur die standesgemäße Lebenshaltung ermöglichen soll. Als kürzlich auf einen Gerichtsbeschluss hin einem preußischen Beamten, der durch eigenes schweres Verschulden längere Zeit an seiner Funktionierung verhindert war, ein Teil seines Gehalts für diese Zeit einbehalten wurde, hob das Reichsgericht das Urteil auf: denn das Gehalt eines Beamten sei keine pro rata geltende Gegenleistung für seine Dienste, sondern eine ›Rente‹, welche dazu bestimmt sei, ihm die Mittel zu seinem, dem Amte entsprechenden standesgemäßen Unterhalt zu geben.« 9 Dennoch beträgt der Analphabetenanteil ungefähr fünf Prozent. 10 Luhmanns Absicht ist klar: Durch Verschiebung auf die Aggregatebene des Individuums wird die Möglichkeit einer sozialen Ungleichheitsordnung negiert. 11 Vgl. hierzu Anmerkung 8. 12 Bommes (2001: 247) wendet kritisch zu meinen früheren Ausführungen (Schwinn 1998; 2000) ein, dass die Primatthese nicht impliziere, dass man sich zwischen Differenzierungsanalyse und der Analyse sozialer Ungleichheit entscheiden müsse. Die These eines Differenzierungsprimats besage, dass Strukturen sozialer Ungleichheit mehr oder weniger eng mit der jeweiligen Differenzierungsform einer Gesellschaft verkoppelt seien und auf dieser aufruhen. Dieser Feststellung kann man ohne Weiteres zustimmen, wie aus meinen Überlegungen deutlich werden sollte. Darin stecken aber gerade die Probleme: Was heißt »mehr oder weniger« oder »aufruhen«, und was »Primat«? Dazu findet man bei Luhmann meist nur Ungenügendes. Und solange diese Probleme nicht gelöst sind, steht die Primatthese auf ›wackeligen Beinen‹. 13 Dies wirkt sich bis auf die heutigen sozialstrukturellen Verhältnisse in Indien aus, vgl. dazu Bieber (2002). 14 Dieser Wert ist kein Nebenprodukt des Differenzierungsprozesses selbst. Er wird von diesem nicht automatisch 135

15 16 17

18

19

20

21 22

23

hervorgebracht, sondern hat andere Quellen, die freilich dann durch Differenzierungsprozesse gefördert werden; vgl. Schwinn (2001a: 290f.) und Giegel (2004). Detaillierter dazu und zu Ordnungskonstellationen in anderen Hochkulturen vgl. Schwinn (2001a). Geld kann nicht unmittelbar in politische Macht umgewandelt werden. Auch Bourdieu hat ein Konvertierungsmodell, allerdings mit etwas anderen Akzentsetzungen. Er entwickelt es mittels übertragbarer Kapitalsorten. »Es gibt […] Karten, die in allen Feldern [sprich: Ordnungen, T.S.] stechen und einen Effekt haben – das sind die Kapital-Grundsorten […].« (Bourdieu/ Wacquant 1996: 128) Dies drückt sich auch terminologisch aus: Der Landwirtschaftsminister (Experten-, Produzentenbezug) heißt nun Verbraucherminister (Laien-, Konsumentenbezug). Zu den Ressourcen gehören natürlich nicht nur materielle, sondern auch intellektuelle. Reflexionsfähigkeiten werden – im Verbund mit dem Wachstum des Dienstleistungssektors – durch ein gestiegenes Bildungsniveau aufgewertet. Zeitliche Ressourcen werden durch die Umschichtung täglicher wie der Lebenszeitkonten von Arbeits- auf Freizeit erweitert. Bei Weber (1980: 539) findet sich dies so formuliert, dass ökonomisch stabile Zeiten ständische Prinzipien (d.h. symbolische Aspekte) begünstigen, während ökonomische Umwälzungen Klassenlagen (d.h. Verteilungsfragen) in den Vordergrund schieben. Zum theoretischen und empirischen Vergleich von Bourdieu und Schulze vgl. Rössel/Beckert-Zieglschmid (2002). Dennoch kann es soziale Prestigeskalen (dazu Wegener 1988) geben, da in diese immer nur bestimmte Aspekte eingehen. Das soziale Ungleichheitsprestige nutzt nicht das volle durch Differenzierung eröffnete Wertespektrum. Schimank (1998) erklärt die Dynamik moderner Ordnungen u.a. aus den sozialen Ungleichheitsverhältnissen. Auch er arbeitet mit dem Bild von »Bahnen«, die durch die differenzierten Ordnungen bereitgestellt werden, und darin sich entfaltender Dynamiken, die zwar nicht alleine, aber doch 136

24

25

26

27

28

29

30 31

32

erheblich aus ungleichheitsbezogenen Interessen angetrieben werden. Die historische Entwicklung und Durchsetzung von Wissenschaft war zwar durch Ungleichheitsverhältnisse mitbedingt (Schwinn 2001a: 302ff.), allerdings nicht so, dass sie, wie bei Religion, in die Kernfragen von Wahrheit vorgedrungen wäre. Freilich sind auch wissenschaftliche Fragen nicht völlig frei von außerwissenschaftlichen Interessen, vgl. etwa Habermas (1975). Von einem formalen »System« mag der Experte hier gar nicht mehr zu sprechen, so der Wirtschaftswissenschaftler Manfred Rose von der Universität Heidelberg in einem Vortrag. Auch Rehberg (2006: 26f.) sieht bei Bourdieu eine Verschiebung der Klassentheorie von der Produktion in die Konsumtion. Egger/Pfeuffer/Schultheis (2000: 164) sprechen von einer »Überbietung des weberschen Ökonomismus« durch Bourdieu. Jedoch ist weder bei Weber ein Ökonomismus zu entdecken, noch ist zu erkennen, dass Bourdieu Weber überboten habe. Dazu a. Tyrell (2002). Zur bäuerlichen Sexualität und der Erotik von Intellektuellen vgl. Weber (1978: 557ff.). Hinweise für moderne Verhältnisse bei Buchmann/Eisner (1997). Das gilt auch für die Kategorie Ethnie, vgl. Esser (1988). Zu Privilegierung organisationell verfasster Institutionen im Koordinations- und Integrationsgeschehen vgl. Schwinn (2001a: 371f.). Für Nollmann/Strasser (2004) ist die unterformalisierte, interaktiv konstituierte Familie weniger ein ausdifferenzierter Bereich, als etwas, was übrig bleibt, wenn immer mehr formal organisierte Bereiche entstehen. Sie gerät in ein starkes Bestimmtheitsgefälle zu diesen und wird zu einem Sammelbecken für vielfältige, diffus bleibende Aspekte, die die Organisationssphären abtrennen. Diese organisatorische Durchlöcherung der Familie geht so weit, dass in den USA, wie Nollmann/Strasser berichten, seit den achtziger Jahren be137

reits Häuser ohne Küchen gebaut werden, weil das Essen ohnehin ausgelagert wird. 33 Für die Geschlechterproblematik siehe die Ländervergleiche bei Ostner (1998); Blossfeld (2001: 257ff.). 34 »Klasse« ist bei Weber u.a. in Absetzung zum feudalen »Stand« eingeführt. Auch Geschlecht (Heintz 2001) und Ethnie (Esser 1988; Hechter 1994) entwickeln sich erst in der Moderne zu durchgehenden Strukturachsen. 35 Das gilt natürlich auch umgekehrt. 36 Bourdieu vermutet zwar einen Determinismus zwischen »Klasse an sich« und »Klasse für sich«. Dies ist jedoch wenig überzeugend, vgl. Eder (1989). 37 Auch bei Stichweh (2000; 2005) ist das Thema marginal. 38 Zur Unterscheidung verschiedener Integrationsdimensionen moderner Ordnungen vgl. Schwinn (2001a: 315ff.). 39 Hondrich (1987) spricht gar von einem Primat sozialer Ungleichheit in modernen Gesellschaften, weil die daraus resultierenden Probleme konfliktreicher seien als die aus den teilsystemischen Prozessen sich ergebenden. 40 Zur kritischen Auseinandersetzung mit der These einer »Weltgesellschaft« vgl. Schwinn (2005; 2006b). 41 Zu dem von Anthony Giddens und Tony Blair propagierten, sogenannten »dritten Weg« vgl. Merkel (2000).

138

Literatur Allmendinger, Jutta (1989): Career Mobility Dynamics: A Comparative Analysis of the United States, Norway and West Germany, Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Bader, Veit Michael (1998): »Ethnizität, Rassismus und Klassen«. In: Veit Michael Bader et al. (Hg.), Die Wiederentdeckung der Klassen, Berlin/Hamburg: Argument-Verlag, S. 96-125. Barber, Bernard (1993): Constructing the Social System, New Brunswick/London: Transaction Publishers. Beck, Ulrich (1983): »Jenseits von Klasse und Stand?« In: Reinhard Kreckel (Hg.), Soziale Ungleichheiten, Göttingen: Schwartz, S. 35-74. Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Beck, Ulrich/Beck-Gernsheim, Elisabeth (1990): Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Beck, Ulrich/Brater, Michael (1978): Berufliche Arbeitsteilung und soziale Ungleichheit, Frankfurt a.M./New York: Campus. Beck, Ulrich/Brater, Michael/Daheim, Hansjürgen (1980): Soziologie der Arbeit und der Berufe, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Beck, Ulrich/Grande, Edgar (2004): Das kosmopolitische Europa, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Beck, Ulrich/Lau, Christoph (Hg.) (2004): Entgrenzung und Entscheidung. Was ist neu an der Theorie reflexiver Modernisierung? Frankfurt a.M.: Suhrkamp Becker-Schmidt, Regina (2004): »Doppelte Vergesellschaftung von Frauen: Divergenzen und Brückenschläge zwischen Privat- und Erwerbsleben«. In: Ruth Becker/Beate Kortendiek (Hg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 62-71. Beck-Gernsheim, Elisabeth/Ostner, Ilona (1978): »Frauen verändern – Berufe nicht? Ein theoretischer Ansatz zur Problematik von ›Frau und Beruf‹«. In: Soziale Welt 29, S. 257-287. Ben-David, Joseph (1971): The Scientist’s Role in Society. A Comparative Study, Englewood Cliffs, N.J.: Prentice Hall.

139

Ben-David, Joseph (1991): Scientific Growth. Essays on the Social Organization and Ethos of Science, Berkeley/Los Angeles/Oxford: University of California Press. Bendel, Klaus (2005): »Inklusion und Integration. Soziale Arbeit zwischen funktionaler Differenzierung und sozialer Ungleichheit«. In: Michael Corsten/Hartmut Rosa/Ralph Schrader (Hg.), Die Gerechtigkeit der Gesellschaft, Wiesbaden: VSVerlag, S. 127-150. Bendix, Reinhard (1974): »Inequality and Social Structure: A Comparison of Marx and Weber«. In: American Sociological Review 39, S. 149-161. Berger, Johannes (2004): »Über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen. Zur Vergangenheit und Gegenwart einer soziologischen Schlüsselfrage«. In: Zeitschrift für Soziologie 33, S. 354-374. Berger, Johannes (2005): »Nimmt die Einkommensungleichheit weltweit zu? Methodische Feinheiten der Ungleichheitsforschung«. In: Leviathan 33, S. 464-481. Berger, Peter A. (2001): »Soziale Ungleichheiten und Ambivalenzen«. In: Eva Barlösius/Hans-Peter Müller/Steffen Sigmund (Hg.), Gesellschaftsbilder im Umbruch, Opladen: Leske + Budrich, S. 203-225. Berger, Peter A./Hradil, Stefan (Hg.) (1990): Lebenslagen, Lebensläufe, Lebensstile, Göttingen: Schwartz. Berger, Peter A./Sopp, Peter (Hg.) (1995): Sozialstruktur und Lebenslauf, Opladen: Leske + Budrich. Berger, Peter A./Konietzka, Dirk/Michailow, Matthias (2001): »Beruf, soziale Ungleichheit und Individualisierung«. In: Thomas Kurtz (Hg.), Aspekte des Berufs in der Moderne, Opladen: Leske + Budrich, S. 209-238. Bergmann, Jörg/Brandt, Gerhard/Körber, K./Mohl, E./Offe, Claus (1969): »Herrschaft, Klassenverhältnisse und Schichtung«. In: Theodor W. Adorno (Hg.), Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft. Verhandlungen des 16. Deutschen Soziologentages, Stuttgart: Enke, S. 67-87. Berman, Harold J. (1995): Recht und Revolution. Die Bildung der westlichen Rechtstradition, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

140

Bertram, Hans (1991): »Soziale Ungleichheit, soziale Räume und sozialer Wandel«. In: Wolfgang Zapf (Hg.), Die Modernisierung moderner Gesellschaften, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 636-666. Bieber, Hans-Joachim (2002): »Zum Verhältnis religiöser und kultureller Traditionen und Wirtschaft in Indien«. In: Hans G. Nutzinger (Hg.), Religion, Werte und Wirtschaft. China und der Transformationsprozess in Asien, Marburg: Metropolis, S. 191242. Blossfeld, Hans-Peter (1991): »Der Wandel von Ausbildung und Berufseinstieg bei Frauen«. In: Karl Ulrich Mayer/Jutta Allmendinger/Johannes Huinink (Hg.), Vom Regen in die Traufe. Frauen zwischen Beruf und Familie, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 1-22. Blossfeld, Hans-Peter (2001): »Beruf, Arbeit und soziale Ungleichheit im Globalisierungsprozess«. In: Thomas Kurtz (Hg.), Aspekte des Berufs in der Moderne, Opladen: Leske + Budrich, S. 239-264. Blossfeld, Hans-Peter/Timm, Andreas (1997): »Der Einfluss des Bildungssystems auf den Heiratsmarkt«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 49, S. 440-476. Bolte, Karl Martin/Voß, Gerd-Günter (1988): »Veränderungen im Verhältnis von Arbeit und Leben. Anmerkungen zur Diskussion um den Wandel von Arbeitswerten«. In: Lutz Reyher/ Jürgen Kühl (Hg.), Resonanzen. Arbeitsmarkt und Beruf – Forschung und Politik, Nürnberg: Bundesanstalt für Arbeit, S. 7293. Bommes, Michael (2001): »Organisation, Inklusion und Verteilung. Soziale Ungleichheit in der funktional differenzierten Gesellschaft«. In: Veronika Tacke (Hg.), Organisation und gesellschaftliche Differenzierung, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 236-258. Born, Claudia/Krüger, Helga (Hg.) (2001): Individualisierung und Verflechtung. Geschlecht und Generation im deutschen Lebenslaufregime, Weinheim/München: Juventa. Bourdieu, Pierre (1971): Die Illusion der Chancengleichheit, Stuttgart: Klett.

141

Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre (2000): Das religiöse Feld. Texte zur Ökonomie des Heilsgeschehens, Konstanz: UVK. Bourdieu, Pierre/Boltanski, Luc/de Saint Martin, Monique/Maldidier, Pascale (1981): Titel und Stelle. Über die Reproduktion sozialer Macht, Frankfurt a.M.: Europäische Verlagsanstalt. Bourdieu, Pierre/Wacquant, Loic J.D. (1996): Reflexive Anthropologie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Breen, Richard/Rottmann, David B. (1998): »Is The Nation State The Appropriate Geographical Unit For Class Analysis?« In: Sociology 32, S. 1-21. Breuer, Stefan (1990): »Rationale Herrschaft. Zu einer Kategorie Max Webers«. In: Politische Vierteljahresschrift 31, S. 4-32. Buchmann, Marlis (1989): The Script of Life in Modern Society, Chicago/London: University of Chicago Press. Buchmann, Marlis/Eisner, Manuel (1997): »The Transition from the Utilitarian to the Expressive Self: 1900-1992«. In: Poetics 25, S. 157-175. Buckley, Walter (1958): »Social Stratification and the Functional Theory of Social Differentiation«. In: American Sociological Review 23, S. 369-375. Burke, Peter (1981): Helden, Schurken und Narren. Europäische Volkskultur in der frühen Neuzeit, Stuttgart: Klett-Cotta. Burzan, Nicole/Schimank, Uwe (2004): »Inklusionsprofile – Überlegungen zu einer differenzierungstheoretischen ›Sozialstrukturanalyse‹«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 209237. Chua, Beng-Huat (Hg.) (2000): Consumption in Asia. Lifestyles and Identities, London/New York: Routledge. Coing, Helmut (1980): »Die Bedeutung des Rechts in der neueren Geschichte Europas«. In: W. Fikentscher/H. Franke/O. Köhler (Hg.), Entstehung und Wandel rechtlicher Traditionen, Freiburg/München: Alber, S. 755-783.

142

Collins, Randall (1979): The Credential Society. An Historical Sociology of Education and Stratification, New York/San Francisco/ London: Academic Press. Conze, Werner (1980): »Konstitutionelle Monarchie – Industrialisierung. Deutsche Führungsschichten um 1900«. In: Hans Hubert Hofmann/Günther Franz (Hg.), Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit, Boppard a. Rh.: Boldt, S. 173-202. Dahrendorf, Ralf (1974): »Über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen«. In: Ralf Dahrendorf (Hg.), Pfade aus Utopia. Zur Theorie und Methode der Soziologie, 3. Auflage, München: Piper, S. 352-379. Davis, Kingsley/Moore, Wilbert E. (1967): »Einige Prinzipien der sozialen Schichtung«. In: Heinz Hartmann (Hg.), Moderne amerikanische Soziologie, Stuttgart: Enke, S. 347-357. Degele, Nina (2004): »Differenzierung und Ungleichheit. Eine geschlechtertheoretische Perspektive«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 371-398. Delhey, Jan/Kohler, Ulrich (2006): »Europäisierung sozialer Ungleichheit. Die Perspektive der Referenzgruppen-Forschung«. In: Martin Heidenreich (Hg.), Die Europäisierung sozialer Ungleichheit. Zur transnationalen Klassen- und Sozialstrukturanalyse, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 339-357. Dilcher, Gerhard (1990): »Der europäische Adel – ein verfassungsgeschichtlicher Typus«. In: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Europäischer Adel 1750-1950, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 57-86. Dülmen, Richard van (1981): »Formierung der europäischen Gesellschaft in der Frühen Neuzeit«. In: Geschichte und Gesellschaft 7, S. 5-41. Dülmen, Richard van (1982): Entstehung des frühneuzeitlichen Europas 1550-1648, Frankfurt a.M.: Fischer. Dülmen, Richard van (Hg.) (1992): Dynamik der Tradition. Studien zur historischen Kulturforschung, Frankfurt a.M.: Fischer. Eder, Klaus (Hg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

143

Eder, Klaus et al. (2004): Die Einhegung des Anderen. Türkische, polnische und russlanddeutsche Einwanderer in Deutschland, Wiesbaden: VS-Verlag. Egger, Stephan/Pfeuffer, Andreas/Schultheis, Franz (2000): »Vom Habitus zum Feld. Religion, Soziologie und die Spuren Max Webers bei Pierre Bourdieu«. In: Pierre Bourdieu: Das religiöse Feld. Texte zur Ökonomie des Heilsgeschehens, Konstanz: UVK, S. 131-176. Elwert, Georg (1989): »Nationalismus und Ethnizität. Über die Bildung von Wir-Gruppen«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 41, S. 440-464. Esping-Andersen, Gøsta (Hg.) (1993): Changing Classes. Stratification and Mobility in Post-industrial Societies, London/Newbury Park/New Dehli: Sage. Esser, Hartmut (1988): »Ethnische Differenzierung und moderne Gesellschaft«. In: Zeitschrift für Soziologie 17, S. 235-248. Esser, Hartmut (1993): Soziologie. Allgemeine Grundlagen, Frankfurt a.M./New York: Campus. Esser, Hartmut (2000): Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 2: Die Konstruktion der Gesellschaft, Frankfurt a.M./New York: Campus. Esser, Hartmut (2004): »Akteure und soziale Systeme«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 271-283. Firebaugh, Glenn (2003): »Die neue Geografie der Einkommensverteilung der Welt«. In: Walter Müller/Stefanie Scherer (Hg.), Mehr Risiken – Mehr Ungleichheit? Abbau von Wohlfahrtsstaat, Flexibilisierung von Arbeit und die Folgen, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 363-389. Fligstein, Neil (2000): »Verursacht Globalisierung die Krise des Wohlfahrtsstaates?« In: Berliner Journal für Soziologie 10, S. 349-378. Frerichs, Petra (2000): »Klasse und Geschlecht als Kategorien sozialer Ungleichheit«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 52, S. 36-59. Frerichs, Petra/Steinrücke, Margareta (1997): »Klasse und Geschlecht. Forschungskonzeption und Ergebnisse eines empi144

risch-theoretischen Forschungsprojekts«. In: Petra Frerichs/ Margareta Steinrücke (Hg.), Klasse, Geschlecht, Kultur, Köln: ISO, S. 12-46. Fuchs, Peter/Schneider, Dietrich (1995): »Das Hauptmann-vonKöpenick-Syndrom. Überlegungen zur Zukunft funktionaler Differenzierung«. In: Soziale Systeme 2, S. 203-224. Geißler, Rainer (1996): »Kein Abschied von Klasse und Schicht«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 48, S. 319-338. Gerhards, Jürgen (2001): »Der Aufstand des Publikums«. In: Zeitschrift für Soziologie 30, S. 163-184. Gerhards, Jürgen (Hg.) (1997): Soziologie der Kunst. Produzenten, Vermittler und Rezipienten, Opladen: Westdeutscher Verlag. Giddens, Anthony (1979): Die Klassenstruktur fortgeschrittener Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Giegel, Hans-Joachim (1992): »Diskursive Verständigung und systemische Selbststeuerung«. In: Hans-Joachim Giegel (Hg.), Kommunikation und Konsens in modernen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 59-112. Giegel, Hans-Joachim (1998): »Gesellschaftstheorie und Konfliktsoziologie«. In: Hans-Joachim Giegel (Hg.), Konflikt in modernen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 9-28. Giegel, Hans-Joachim (2004): »Gleichheit und Ungleichheit in funktional differenzierten Gesellschaften«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 105-130. Glatzer, Wolfgang/Zapf, Wolfgang (Hg.) (1984): Lebensqualität in der Bundesrepublik. Objektive Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden, Frankfurt a.M./New York: Campus. Göbel, Markus/Schmidt, Johannes F.K. (1998): »Inklusion/Exklusion: Karriere, Probleme und Differenzierungen eines systemtheoretischen Begriffspaares«. In: Soziale Systeme 4, S. 87-117. Goldthorpe, John H. (2003): »Globalisierung und soziale Klassen«. In: Berliner Journal für Soziologie 13, S. 301-323. Groß, Martin/Wegener, Bernd (2004): »Institutionen, Schließung und soziale Ungleichheit«. In: Thomas Schwinn (Hg.), 145

Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 173-206. Habermas, Jürgen (1975): Erkenntnis und Interesse, 3. Auflage, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Hack, Lothar (2005): »Auf der Suche nach der verlorenen Totalität. Von Marx’ kapitalistischer Gesellschaftsformation zu Wallersteins Analyse der ›Weltsysteme‹?« In: Bettina Heintz/Richard Münch/Hartmann Tyrell (Hg.), Weltgesellschaft. Theoretische Zugänge und empirische Problemlagen, Stuttgart: Lucius & Lucius, S. 120-58. Hahn, Alois (1981): »Funktionale und stratifikatorische Differenzierung und ihre Rolle für die gepflegte Semantik«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 33, S. 345-360. Hahn, Alois (1984): »Theorien zur Entstehung der europäischen Moderne«. In: Philosophische Rundschau 31, S. 178-202. Hahn, Alois (1993): »Identität und Nation in Europa«. In: Berliner Journal für Soziologie 3, S. 193-203. Haller, Max (1986): »Sozialstruktur und Schichtungshierarchie im Wohlfahrtsstaat«. In: Zeitschrift für Soziologie 15, S. 167-187. Hartmann, Heinz (1964): Funktionale Autorität, Stuttgart: Enke. Hartmann, Michael (2003): »Nationale oder transnationale Eliten? Europäische Eliten im Vergleich«. In: Stefan Hradil/Peter Imbusch (Hg.), Oberschichten – Eliten – Herrschende Klassen, Opladen: Leske + Budrich, S. 273-297. Hartmann, Michael/Kopp, Johannes (2001): »Elitenselektion durch Bildung oder durch Herkunft?« In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 53, S. 436-466. Hechter, Michael (1994): »Towards a Theory of Ethnic Change«. In: David B. Grusky (Hg.), Social Stratification. Class, Race, and Gender in Sociological Perspective, Boulder: Westview Press, S. 487-500. Heidenreich, Martin (2006): »Die Europäisierung sozialer Ungleichheiten zwischen nationaler Solidarität, europäischer Koordinierung und globalem Wettbewerb«. In: Martin Heidenreich (Hg.), Die Europäisierung sozialer Ungleichheit. Zur transnationalen Klassen- und Sozialstrukturanalyse, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 17-64. 146

Heidorn, Joachim (1982): Legitimität und Regierbarkeit, Berlin: Duncker & Humblot. Heintz, Bettina (2001): »Geschlecht als (Un-)Ordnungsprinzip. Entwicklungen und Perspektiven der Geschlechtersoziologie«. In: Bettina Heintz (Hg.), Geschlechtersoziologie, KZfSS-Sonderheft 41, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 9-29. Heintz, Bettina/Nadai, Eva (1998): »Geschlecht und Kontext. DeInstitutionalisierungsprozesse und geschlechtliche Differenzierung«. In: Zeitschrift für Soziologie 27, S. 75-93. Heitmeyer, Wilhelm (1997): »Gibt es eine Radikalisierung des Integrationsproblems?« In: Wilhelm Heitmeyer (Hg.), Was hält die Gesellschaft zusammen?, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 2365. Hinrichs, Ernst (1980): Einführung in die Geschichte der Frühen Neuzeit, München: Beck. Hintze, Otto (1970): Feudalismus – Kapitalismus, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Hirschauer, Stefan (1994): »Die soziale Fortpflanzung der Zweigeschlechtlichkeit«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 46, S. 668-692. Hoffmann-Nowotny (1987): »Gastarbeiterwanderungen und soziale Spannungen«. In: Horst Reimann/Helga Reimann (Hg.), Gastarbeiter. Analyse und Perspektive eines Problems, 2. Auflage, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 46-66. Hofmann, Hans Hubert/Franz, Günther (Hg.) (1980): Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit, Boppard a. Rh.: Boldt. Hollingsworth, Rogers (2000): »Gesellschaftliche Systeme der Produktion im internationalen Vergleich«. In: Dieter Bögenhold (Hg.), Moderne amerikanische Soziologie, Stuttgart: Lucius, S. 279-312. Hondrich, Karl Otto (1987): »Die andere Seite sozialer Differenzierung«. In: Hans Haferkamp/Michael Schmid (Hg.), Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung. Beiträge zu Luhmanns Theorie sozialer Systeme, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 275-303. Hradil, Stefan (1999): Soziale Ungleichheit in Deutschland, 7. Auflage, Opladen: Leske + Budrich.

147

Hsiao, Hsin-Huang Michael (Hg.) (1999): East Asian Middle Classes in Comparative Perspective, Taipei: Academia Sinica. Huntington, Samuel P. (1998): Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München/Wien: Siedler. Hurrelmann, Klaus (1985): »Soziale Ungleichheit und Selektion im Erziehungssystem«. In: Hermann Strasser/John H. Goldthorpe (Hg.), Die Analyse sozialer Ungleichheit, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 48-69. Ishida, Hiroshi/Müller, Walter/Ridge, John M. (1995): »Class Origin, Class Destination, and Education: A Cross-National Study of Ten Industrial Nations«. In: American Journal of Sociology 101, S. 145-193. Joppke, Christian (1998): »Immigration Challenges the NationState«. In: Christian Joppke (Hg.), Challenge to the NationState. Immigration in Western Europe and the United States, Oxford: Oxford University Press, S. 5-46. Kaufmann, Franz-Xaver (1989): Religion und Modernität, Tübingen: Mohr (Siebeck). Kaufmann, Franz-Xaver (1990): Die Zukunft der Familie, München: Beck. Kerckhoff, Alan C. (1995): »Institutional Arrangements and Stratification Processes in Industrial Societies«. In: Annual Review of Sociology 15, S. 323-347. Kieserling, Andre (2006): »Klasse und Klassengesellschaft. Zur Entkopplung zweier Begriffe«. In: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 44254436 (CD-ROM). Klinger, Cornelia (2003): »Ungleichheit in den Verhältnissen von Klasse, Rasse und Geschlecht«. In: Gudrun-Axeli Knapp/Angelika Wetterer (Hg.), Achsen der Differenz. Gesellschaftstheorie und feministische Kritik II, Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 14-48. Klinger, Cornelia/Knapp, Gudrun-Axeli (2005): »Achsen der Ungleichheit – Achsen der Differenz. Verhältnisbestimmungen

148

von Klasse, Geschlecht, »Rasse«/Ethnizität«. In: Transit 29, S. 72-95. Knapp, Gudrun-Axeli (2001): »Grundlagenkritik oder stille Post. Zur Debatte um einen Bedeutungsverlust der Kategorie Geschlecht«. In: Bettina Heintz (Hg.), Geschlechtersoziologie. KZfSS-Sonderheft 41, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 5374. Kneer, Georg (2004): »Differenzierung bei Luhmann und Bourdieu. Ein Theorievergleich«. In: Armin Nassehi/Gerd Nollmann (Hg.), Bourdieu und Luhmann. Ein Theorienvergleich, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 25-56. Kocka, Jürgen (1979): »Stand – Klasse – Organisation. Strukturen sozialer Ungleichheit in Deutschland vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert im Abriss«. In: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Klassen in der europäischen Sozialgeschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 137-165. Kocka, Jürgen/Ditt, Karl/Mooser, Josef/Reif, Heinz/Schüren, Reinhard (1980): Familie und soziale Plazierung, Opladen: Westdeutscher Verlag. Kohli, Martin (1985): »Die Institutionalisierung des Lebenslaufs«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 37, S. 1-29. Koselleck, Reinhart (1967): Preußen zwischen Reform und Revolution, Stuttgart: Klett. Krais, Beate (2001): »Die Spitzen der Gesellschaft. Theoretische Überlegungen«. In: Beate Krais (Hg.), An der Spitze. Von Eliten und herrschenden Klassen, Konstanz: UVK, S. 7-62. Kreckel, Reinhard (1998): »Klassentheorie am Ende der Klassengesellschaft«. In: Peter A. Berger/Michael Vester (Hg.), Alte Ungleichheiten, Neue Spaltungen, Opladen: Leske + Budrich, S. 31-47. Kreckel, Reinhard (2004): Politische Soziologie sozialer Ungleichheit, 3. Auflage, Frankfurt a.M./New York: Campus. Kreckel, Reinhard (2006): Soziologie der sozialen Ungleichheit im globalen Kontext, Halle, unveröff. Ms. Krockow, Christian Graf von (1973): »Leistungsprinzip und Emanzipation«. In: Martin Greiffenhagen (Hg.), Emanzipation, Hamburg: Hoffmann und Campe, S. 75-94. 149

Kronauer, Martin (1998): »›Exklusion‹ in der Armutsforschung und der Systemtheorie. Anmerkungen zu einer problematischen Beziehung«. In: SOFI-Mitteilungen 26, S. 117-126, http://webdoc.sub.gwdg.de/edoc/le/sofi/1998_26/kronauer.pdf. Krüger, Helga (2001a): »Geschlecht, Territorien, Institutionen. Beitrag zu einer Soziologie der Lebenslauf-Relationalität«. In: Claudia Born/Helga Krüger (Hg.), Individualisierung und Verflechtung. Geschlecht und Generation im deutschen Lebenslaufregime, Weinheim/München: Juventa, S. 257-299. Krüger, Helga (2001b): »Ungleichheit und Lebenslauf. Wege aus den Sackgassen empirischer Traditionen«. In: Bettina Heintz (Hg.), Geschlechtersoziologie. KZfSS-Sonderheft 41, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 512-537. Kuchler, Barbara (2003): »Das Problem des Übergangs in Luhmanns Evolutionstheorie«. In: Soziale Systeme 9, S. 27-53. Kunisch, Johannes (1980): »Die deutschen Führungsschichten im Zeitalter des Absolutismus«. In: Hans Hubert Hofmann/ Günther Franz (Hg.), Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit, Boppard a. Rh.: Boldt, S. 29-78. Leisering, Lutz (2004): »Desillusionierungen des modernen Fortschrittsglaubens. ›Soziale Exklusion‹ als gesellschaftliche Selbstbeschreibung und soziologisches Konzept«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities Online, S. 238-268. Lenz, Ilse (1995): Geschlecht, Herrschaft und internationale Ungleichheit, in: Regina Becker-Schmidt/Gudrun-Axeli Knapp (Hg.), Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 19-46. Lenz, Ilse (1997): »Klassen – Ethnien – Geschlechter? Zur sozialen Ungleichheit in Zeiten der Globalisierung«. In: Petra Frerichs/Margareta Steinrücke (Hg.), Klasse, Geschlecht, Kultur, Köln: ISO, S. 63-79. Lenz, Ilse (2004): »Geschlechtssymmetrische Gesellschaften: Wo weder Frauen noch Männer herrschen«. In: Ruth Becker/Beate Kortendiek (Hg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 28-34. 150

Lenz, Karl (2003): »Zur Geschlechtstypik persönlicher Beziehungen – eine Einführung«. In: Karl Lenz (Hg.), Frauen und Männer. Zur Geschlechtstypik persönlicher Beziehungen, Weinheim/München: Juventa, S. 7-54. Lepsius, M. Rainer (1979): »Soziale Ungleichheit und Klassenstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland«. In: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Klassen in der europäischen Sozialgeschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 166-209. Lepsius, M. Rainer (1990): Interessen, Ideen und Institutionen, Opladen: Westdeutscher Verlag. Lepsius, M. Rainer (1993): Demokratie in Deutschland. Soziologisch-historische Konstellationsanalysen, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Lepsius, M. Rainer (1997): »Vertrauen zu Institutionen«. In: Stefan Hradil (Hg.), Differenz und Integration. Die Zukunft moderner Gesellschaften, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 283293. Lieberson, Stanley (1994): »Understanding Ascriptive Stratification: Some Issues and Principles«. In: David B. Grusky (Hg.), Social Stratification. Class, Race, and Gender in Sociological Perspective, Boulder: Westview Press, S. 649-656. Luhmann, Niklas (1977): »Differentiation of Society«. In: Canadian Journal of Sociology 2, S. 29-53. Luhmann, Niklas (1980): Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (1981): Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 2, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (1985a): »Zum Begriff der sozialen Klasse«. In: Niklas Luhmann (Hg.), Soziale Differenzierung: Zur Geschichte einer Idee, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 119-162. Luhmann, Niklas (1985b): »Das Problem der Epochenbildung und die Evolutionstheorie«. In: Hans-Ulrich Gumbrecht/Ursula Link-Heer (Hg.), Epochenschwellen und Epochenstrukturen im Diskurs der Literatur- und Sprachtheorie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 11-33. Luhmann, Niklas (1987): Rechtssoziologie, 3. Auflage, Opladen: Westdeutscher Verlag.

151

Luhmann, Niklas (1989): Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 3, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (1995): »Inklusion und Exklusion«. In: Niklas Luhmann, Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 237-265. Luhmann, Niklas (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft, 2 Bde., Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (2000): Organisation und Entscheidung, Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag. Luhmann, Niklas/Schorr, Karl-Eberhard (1979): Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, Stuttgart: Klett-Cotta. Lundgreen, Peter (1981): »Bildung und Besitz – Einheit oder Inkongruenz in der europäischen Sozialgeschichte? Kritische Auseinandersetzung mit einer These von Fritz Ringer«. In: Geschichte und Gesellschaft 7, S. 262-275. Lutz, Burkhart (1979): Die Interdependenz von Bildung und Beschäftigung und das Problem in Westeuropa, Frankfurt a.M.: Campus. Mackert, Jürgen (1998): »Jenseits von Inklusion/Exklusion. Staatsbürgerschaft als Modus sozialer Schließung«. In: Berliner Journal für Soziologie 8, S. 561-576. Marshall, Thomas H. (1992): Bürgerrechte und soziale Klassen. Frankfurt a.M./New York: Campus. Mayer, Karl Ulrich (1987): »Zum Verhältnis von Theorie und empirischer Forschung zur sozialen Ungleichheit«. In: Bernhard Giesen/Hans Haferkamp (Hg.), Soziologie der sozialen Ungleichheit, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 370-392. Mayer, Karl Ulrich (2001): »The Paradox of Global Change and National Path Dependencies. Lifecourse Patterns in Advanced Societies«. In: Alison Woodward/Martin Kohli (Hg.), Inclusions and Exclusions in European Societies, London/New York: Routledge, S. 89-110. Mayer, Karl Ulrich (Hg.) (1990): Lebensverläufe und sozialer Wandel (KZfSS-Sonderheft 31), Opladen: Westdeutscher Verlag. Mayer, Karl Ulrich/Blossfeld, Hans-Peter (1989): »Die gesellschaftliche Konstruktion sozialer Ungleichheit im Lebensverlauf«. In: Peter A. Berger/Stefan Hradil (Hg.), Lebenslagen, Lebensläufe, Lebensstile, Göttingen: Schwartz & Co., S. 297-318.

152

Mayer, Karl Ulrich/Müller, Walter (1989): »Lebensverläufe im Wohlfahrtsstaat«. In: Ansgar Weymann (Hg.), Handlungsspielräume. Stuttgart: Enke, S. 41-60. Mayer, Karl-Ulrich/Kraus, Vered/Schmidt, Peter (1992): »Opportunity and Inequality: Exploratory Analyses of the Structure of Attitudes toward Stratification in West Germany«. In: Frederick C. Turner (Hg.), Social Mobility and Political Attitudes. Comparative Perspectives, New Brunswick/London: Transaction Publishers, S. 51-70. Mayntz, Renate (1970): »Kritische Bemerkungen zur funktionalistischen Schichtungstheorie«. In: David V. Glass/Rene König (Hg.), Soziale Schichtung und soziale Mobilität, 4. Auflage, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 10-28. McCall, Leslie (2001): Complex Inequality. Gender, Class, and Race in the Economy, New York/London: Routledge. Merkel, Wolfgang (2000): »Die Dritten Wege der Sozialdemokratie ins 21. Jahrhundert«. In: Berliner Journal für Soziologie 10, S. 99-124. Meulemann, Heiner (1990): »Schullaufbahnen, Ausbildungskarrieren und die Folgen im Lebensverlauf«. In: Karl Ulrich Mayer (Hg.), Lebensverläufe und sozialer Wandel (KZfSS-Sonderheft 31), Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 89-117. Meyer, John W. (2005): Weltkultur. Wie die westlichen Prinzipien die Welt durchdringen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Müller, Hans-Peter (1992): Sozialstruktur und Lebensstile. Der neuere theoretische Diskurs über soziale Ungleichheit, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Müller, Hans-Peter (2002): »Die drei Welten der sozialen Ungleichheit«. In: Berliner Journal für Soziologie 12, S. 485-503. Müller, Klaus (2004): »Ungleichheit und Globalisierung«. In: Jörg Meyer et al. (Hg.), Reflexive Repräsentationen: Diskurs, Macht und Praxis der Globalisierung, Münster: LIT, S. 27-43. Müller, Walter (1994): »Bildung und soziale Plazierung in Deutschland, England und Frankreich«. In: Hansgert Preisert/Wolfgang Zapf (Hg.), Gesellschaft, Demokratie und Lebenschancen, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, S. 115-134. Müller, Walter (1997): »Ungleichheitsstrukturen im vereinten Deutschland«. In: Walter Müller (Hg.), Soziale Ungleichheit. 153

Neue Befunde zu Strukturen, Bewußtsein und Politik, Opladen: Leske + Budrich, S. 13-42. Müller, Walter (1998): »Klassenstruktur und Parteiensystem. Zum Wandel der Klassenspaltung im Wahlverhalten«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 50, S. 3-46. Müller, Walter/Lüttinger, Paul/König, Wolfgang/Karle, Wolfgang (1990): »Class and Education in Industrial Nations«. In: Max Haller (Hg.), Class Structure in Europe, New York/London: Sharpe, S. 61-90. Müller, Walter/Scherer, Stefani (Hg.) (2003): Mehr Risiken – Mehr Ungleichheit? Abbau von Wohlfahrtsstaat, Flexibilisierung von Arbeit und die Folgen, Frankfurt a.M./New York: Campus. Nassehi, Armin (1997): »Inklusion, Exklusion, Integration, Desintegration. Die Theorie funktionaler Differenzierung und die Desintegrationsthese«. In: Wilhelm Heitmeyer (Hg.), Was hält die Gesellschaft zusammen? Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 113148. Nassehi, Armin (2004): »Sozialer Sinn«. In: Armin Nassehi/Gerd Nollmann (Hg.), Bourdieu und Luhmann. Ein Theorienvergleich, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 155-188. Neckel, Sighard (2001): »›Leistung‹ und ›Erfolg‹. Die symbolische Ordnung der Marktgesellschaft«. In: Eva Barlösius/Hans-Peter Müller/Steffen Sigmund (Hg.), Gesellschaftsbilder im Umbruch, Opladen: Leske + Budrich, S. 245-265. Ngan-Ling, Esther/Wilkinson, Doris/Baca Zinn, Maxine (Hg.) (1996): Race, Class & Gender. Common Bonds, Different Voices, Thousand Oaks: Sage. Nollmann, Gerd/Strasser, Hermann (2004): »Soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Differenzierung. Handlungstheoretische Grundlagen von scheinbar unverträglichen Konzepten«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities Online, S. 284-320. Oexle, Otto Gerhard (1987): »Deutungsschemata der sozialen Wirklichkeit im frühen und hohen Mittelalter. Ein Beitrag zur Geschichte des Wissens«. In: Frantisek Graus (Hg.), Mentalitäten im Mittelalter: Methodische und inhaltliche Probleme, Sigmaringen: Jan Thorbecke, S. 65-118. 154

Oexle, Otto Gerhard (1990): »Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit«. In: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Europäischer Adel 1750-1950, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 19-56. Oexle, Otto Gerhard (1991): »Luhmanns Mittelalter«. In: Rechtshistorisches Journal 10, S. 53-66. Offe, Claus (1970): Leistungsprinzip und industrielle Arbeit, Frankfurt a.M./Köln: Europäische Verlagsanstalt. Offe, Claus (1984): Arbeitsgesellschaft, Frankfurt a.M.: Campus. Ong, Aihwa (1999): Flexible Citizenship. The Cultural Logics of Transnationality, Durham/London: Duke University Press. Ostner, Ilona (1998): »Quadraturen im Wohlfahrtsdreieck. Die USA, Schweden und die Bundesrepublik im Vergleich«. In: Stephan Lessenich/Ilona Ostner (Hg.), Welten des Wohlfahrtskapitalismus, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 225-254. Parsons, Talcott (1973): Beiträge zur soziologischen Theorie, 3. Auflage, Darmstadt/Neuwied: Luchterhand. Pohlmann, Markus (2002): Der Kapitalismus in Ostasien. Südkoreas und Taiwans Wege ins Zentrum der Weltwirtschaft, Münster: Westfälisches Dampfboot. Popitz, Heinrich (1969): Prozesse der Machtbildung, 2. Auflage, Tübingen: Mohr (Siebeck). Powell, Walter W./DiMaggio, Paul J. (1991): »The Iron Cage Revisited: Institutional Isomorphism and Collective Rationality«. In: Paul J. DiMaggio/Walter W. Powell (Hg.), The New Institutionalism in Organizational Analysis, Chicago: University of Chicago Press, S. 41-82. Press, Volker (1980): »Führungsgruppen in der deutschen Gesellschaft im Übergang zur Neuzeit (um 1500)«. In: Hans Hubert Hofmann/Günther Franz (Hg.), Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit, Boppard a. Rh.: Boldt, S. 29-78. Rademacher, Claudia/Wiechens, Peter (Hg.) (2001): Geschlecht – Ethnizität – Klasse. Zur sozialen Konstruktion von Hierarchie und Differenz, Opladen: Leske + Budrich. Rehberg, Karl-Siegbert (2006): »Die unsichtbare Klassengesellschaft«. In: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der

155

Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 19-38. Riedel, Almut (2001): »Ethnische Zuordnung und soziale Ungleichheit in Face-to-face-Interaktionen. Drei Fallbeispiele aus sprachsoziologischer Perspektive«. In: Anja Weiß/Cornelia Koppetsch/Albert Scharenberg/Oliver Schmidtke (Hg.), Klasse und Klassifikation. Die symbolische Dimension sozialer Ungleichheit, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 221-242. Rieger, Elmar/Leibfried, Stephan (1997): »Die sozialpolitischen Grenzen der Globalisierung«. In: Politische Vierteljahresschrift 38, S. 774-796. Ringer, Fritz (1980): »Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland 1800-1960«. In: Geschichte und Gesellschaft 6, S. 5-35. Robison, Richard/Goodman, David S.G. (Hg.) (1996): The New Rich in Asia. Mobile phones, McDonald’s and Middle-class Revolution, London/New York: Routledge. Rössel, Jörg/Beckert-Zieglschmid, Claudia (2002): »Die Reproduktion kulturellen Kapitals«. In: Zeitschrift für Soziologie 31, S. 497-513. Rubinson, Richard/Browne, Irene (1994): »Education and the Economy«. In: Neil Smelser/Richard Swedberg (Hg.), The Handbook of Economic Sociology, Princeton, NY, S. 581-595. Rüschemeyer, Dietrich (1979): »Partielle Modernisierung«. In: Wolfgang Zapf (Hg.), Theorien sozialen Wandels, 4. Auflage, Königstein/Ts.: Hain, S. 382-396. Rüschemeyer, Dietrich (1980): »Professionalisierung. Theoretische Probleme für die vergleichende Geschichtsforschung«. In: Geschichte und Gesellschaft 6, S. 311-325. Saalfeld, Dietrich (1980): »Die ständische Gliederung der Gesellschaft Deutschlands im Zeitalter des Absolutismus. Ein Quantifizierungsversuch«. In: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 67, S. 457-483. Scharenberg, Albert (2001): »Der diskursive Aufstand der schwarzen ›Unterklassen‹. Hip Hop als Protest gegen materielle und symbolische Gewalt«. In: Anja Weiß/Cornelia Koppetsch/Albert Scharenberg/Oliver Schmidtke (Hg.), Klasse und

156

Klassifikation. Die symbolische Dimension sozialer Ungleichheit, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 243-269. Scharpf, Fritz (1998): »Demokratie in der transnationalen Politik«. In: Ulrich Beck (Hg.), Politik der Globalisierung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 228-253. Schimank, Uwe (1998): »Funktionale Differenzierung und soziale Ungleichheit: die zwei Gesellschaftstheorien und ihre konflikttheoretische Verknüpfung«. In: Hans-Joachim Giegel (Hg.), Konflikt in modernen Gesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 61-88. Schimank, Uwe (2000): »Drei Wünsche zur soziologischen Theorie«. In: Ulrich Beck/Andre Kieserling (Hg.), Ortsbestimmungen der Soziologie: Wie die kommende Generation Gesellschaftswissenschaften betreiben will, Baden-Baden: Nomos, S. 83-89. Schulze, Gerhard (1992): Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt a.M./New York: Campus. Schulze, Winfried (1988): »Die ständische Gesellschaft des 16./17. Jahrhunderts als Problem von Statik und Dynamik«. In: Winfried Schulze (Hg.), Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, München: Oldenbourg, S. 1-17. Schwer, Wilhelm (1934): Stand und Ständeordnung im Weltbild des Mittelalters, Paderborn: F. Schöningh. Schwinn, Thomas (1998): »Soziale Ungleichheit und funktionale Differenzierung. Wiederaufnahme einer Diskussion«. In: Zeitschrift für Soziologie 27, S. 3-17. Schwinn, Thomas (2000): »Inklusion und soziale Ungleichheit«. In: Berliner Journal für Soziologie 10, S. 471-483. Schwinn, Thomas (2001a): Differenzierung ohne Gesellschaft. Umstellung eines soziologischen Konzepts, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Schwinn, Thomas (2001b): »Staatliche Ordnung und moderne Sozialintegration«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 53, S. 211-232. Schwinn, Thomas (2004b): »Institutionelle Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale

157

Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities Online, S. 9-68. Schwinn, Thomas (2004c): »Ständische Verhältnisse und Ordnungsbildung vom Mittelalter bis in die Neuzeit«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 71-102. Schwinn, Thomas (2005): »Weltgesellschaft, multiple Moderne und die Herausforderungen für die soziologische Theorie. Plädoyer für eine mittlere Abstraktionshöhe«. In: Bettina Heintz/Richard Münch/Hartmann Tyrell (Hg.), Weltgesellschaft. Theoretische Zugänge und empirische Problemlagen, Stuttgart: Lucius & Lucius, S. 205-222. Schwinn, Thomas (2006a): »Ungleichheitsstrukturen versus Vielfalt der Lebensführungen«. In: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 12811297. Schwinn, Thomas (2006b): »Die Vielfalt und Einheit der Moderne. Perspektiven und Probleme eines Forschungsprogramms«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Die Vielfalt und Einheit der Moderne. Kultur- und strukturvergleichende Analysen, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 7-34. Schwinn, Thomas (2006c): »Konvergenz, Divergenz oder Hybridisierung? Voraussetzungen und Erscheinungsformen von Weltkultur«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 58, S. 201-232. Schwinn, Thomas (Hg.) (2004a): Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities Online. Simmel, Georg (1977): Philosophie des Geldes, 7. Auflage, Berlin: Duncker & Humblot. Soskice, David (1999): »Globalisierung und institutionelle Divergenz: Die USA und Deutschland im Vergleich«. In: Geschichte und Gesellschaft 25, S. 201-225. Stichweh, Rudolf (1988): »Inklusion in Funktionssysteme der modernen Gesellschaft«. In: Renate Mayntz et al. (Hg.), Diffe158

renzierung und Verselbständigung. Zur Entwicklung gesellschaftlicher Teilsysteme, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 261293. Stichweh, Rudolf (1991): Der frühmoderne Staat und die europäische Universität, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Stichweh, Rudolf (1994): Wissenschaft, Universität, Professionen. Soziologische Analysen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Stichweh, Rudolf (2000): Die Weltgesellschaft. Soziologische Analysen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Stichweh, Rudolf (2004): »Zum Verhältnis von Differenzierungstheorie und Ungleichheitsforschung. Am Beispiel der Systemtheorie der Inklusion«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities Online, S. 353-367. Stichweh, Rudolf (2005): Inklusion und Exklusion. Studien zur Gesellschaftstheorie, Bielefeld: transcript. Stone, Lawrence/Stone, Jeanne C. (1984): An Open Elite? England 1540-1880, Oxford: Clarendon Press Streeck, Wolfgang (1994): »Einleitung des Herausgebers. Staat und Verbände: Neue Fragen. Neue Antworten?« In: Wolfgang Streeck (Hg.), Staat und Verbände, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 7-36. Streeck, Wolfgang (1998a): »Einleitung: Internationale Wirtschaft, nationale Demokratie?« In: Wolfgang Streeck (Hg.), Internationale Wirtschaft, nationale Demokratie, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 11-46. Streeck, Wolfgang (1998b): »Industrielle Beziehungen in einer internationalisierten Wirtschaft«. In: Ulrich Beck (Hg.), Politik der Globalisierung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 169-202. Streeck, Wolfgang (2001): »Introduction: Explorations into the Origins of Nonliberal Capitalism in Germany and Japan«. In: Wolfgang Streeck/Kozo Yamamura (Hg.), The Origins of Nonliberal Capitalism. Germany and Japan in Comparison, Ithaka/ London: Cornell University Press, S. 1-39. Teckenberg, Wolfgang (1999): Wer heiratet wen? Sozialstruktur und Partnerwahl, Opladen: Leske + Budrich.

159

Teichler, Ulrich (1974): »Struktur des Hochschulwesens und ›Bedarf‹ an sozialer Ungleichheit«. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 7, S. 197-209. Teichler, Ulrich (1978): »Bildungssystem, Beschäftigungssystem und soziale Struktur«. In: Die Deutsche Universitätszeitung 17, S. 534-539. Teubner, Gunther (1985): »Verrechtlichung – Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege«. In: Friedrich Kübler (Hg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 289-344. Teubner, Gunther/Willke, Helmut (1984): »Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche Selbststeuerung durch reflexives Recht«. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 6, S. 4-35. Teubner, Ulrike (2001): »Soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern – kein Thema innerhalb der Systemtheorie?« In: Gudrun-Axeli Knapp/Angelika Wetterer (Hg.), Soziale Verortung der Geschlechter. Gesellschaftstheorie und feministische Kritik, Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 288-316. Troeltsch, Ernst (1994): Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, Tübingen: Mohr (Siebeck). Türk, Klaus (1995): »Die Organisation der Welt«. Herrschaft durch Organisation in der modernen Gesellschaft, Opladen: Westdeutscher Verlag. Tyrell, Hartmann (2002): »Rezension: Pierre Bourdieu, Das religiöse Feld. Konstanz (2000)«. In: Soziale Systeme 8, S. 352-358. Vester, Michael (2004): »Die Gesellschaft als mehrdimensionales Kräftefeld«. In: Thomas Schwinn (Hg.), Differenzierung und soziale Ungleichheit. Die zwei Soziologien und ihre Verknüpfung, 2. Auflage, Frankfurt a.M.: Humanities online, S. 131-172. Vobruba, Georg (1991): Jenseits der sozialen Fragen. Modernisierung und Transformation von Gesellschaftssystemen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Vobruba, Georg (2000): »Das Globalisierungsdilemma. Analyse und Lösungsmöglichkeiten«. In: Klaus Holz (Hg.), Staatsbürgerschaft. Soziale Differenzierung und politische Inklusion, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 173-188. Weber, Lynn (2001): Understanding Race, Class, Gender and Sexuality. A conceptual Framework, Boston: McGraw Hill. 160

Weber, Max (1978): Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I., 7. Auflage, Tübingen: Mohr (Siebeck). Weber, Max (1980): Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Auflage, Tübingen: Mohr (Siebeck). Wegener, Bernd (1988): Kritik des Prestige, Opladen: Westdeutscher Verlag. Weinbach, Christine/Stichweh, Rudolf (2001): »Die Geschlechterdifferenz in der funktional differenzierten Gesellschaft«. In: Bettina Heintz (Hg.), Geschlechtersoziologie (KZfSS-Sonderheft 41), Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 30-52. Weiß, Anja (2001): »Rassismus als symbolisch vermittelte Dimension sozialer Ungleichheit«. In: Anja Weiß/Cornelia Koppetsch/Albert Scharenberg/Oliver Schmidtke (Hg.), Klasse und Klassifikation. Die symbolische Dimension sozialer Ungleichheit, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 79-108. Weiß, Anja (2002): »Raumrelationen als zentraler Aspekt weltweiter Ungleichheiten«. In: Mittelweg 36, S. 76-91. Weiß, Anja (2004): »Unterschiede, die einen Unterschied machen. Klassenlagen in den Theorien von Pierre Bourdieu und Niklas Luhmann«. In: Armin Nassehi/Gerd Nollmann (Hg.), Bourdieu und Luhmann. Ein Theorievergleich, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 208-232. Weiß, Anja/Koppetsch, Cornelia/Scharenberg, Albert/Schmidtke, Oliver (2001): »Horizontale Disparitäten oder kulturelle Klassifikation? Zur Integration von Ethnizität und Geschlecht in die Analyse sozialer Ungleichheiten«. In: dies. (Hg.), Klasse und Klassifikation. Die symbolische Dimension sozialer Ungleichheit, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 7-26. West, Candace/Zimmerman (1987): »Doing Gender«. In: Gender & Society 1, S. 125-151. Wetterer, Angelika (1999): »Ausschließende Einschließung – marginalisierende Integration. Geschlechterkonstruktionen in Professionalisierungsprozessen«. In: Aylâ Neusel/Angelika Wetterer (Hg.), Vielfältige Verschiedenheiten. Geschlechterverhältnisse in Studium, Hochschule und Beruf, Frankfurt a.M./ New York: Campus, S. 223-253. Windolf, Paul (1990): Die Expansion der Universitäten 1870-1985. Ein internationaler Vergleich, Stuttgart: Enke. 161

Wirth, Heike/Lüttinger, Paul (1998): »Klassenspezifische Heiratsbeziehungen im Wandel? Die Klassenzugehörigkeit von Ehepartnern 1970 und 1993«. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 50, S. 47-77. Wrong, Dennis H. (1999): »Inequality and the Division of Labor: The Davis-Moore Theory Reexamined«. In: European Journal of Sociology 40, S. 233-256. Wunder, Bernd (1971): »Die Sozialstruktur der Geheimratskollegien in den süddeutschen protestantischen Fürstentümern (1660-1720)«. In: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 58, S. 145-220. Wuthnow, Robert (1994): »Religion and Economic Life«. In: Neil J. Smelser/Richard Swedberg (Hg.), The Handbook of Economic Sociology, Princeton/New York: Princeton University Press, S. 620-646.

162

Einsichten. Themen der Soziologie Sabine Maasen Wissenssoziologie (2., komplett überarbeitete Auflage) Dezember 2007, ca. 120 Seiten, kart., ca. 12,80 €, ISBN: 978-3-89942-421-8

Stephan Moebius Kultur Dezember 2007, ca. 200 Seiten, kart., ca. 17,50 €, ISBN: 978-3-89942-697-7

Andreas Reckwitz Subjekt November 2007, ca. 100 Seiten, kart., ca. 10,80 €, ISBN: 978-3-89942-570-3

Matthias Groß Natur 2006, 142 Seiten, kart., 13,00 €, ISBN: 978-3-89942-340-2

Dirk Baecker Wirtschaftssoziologie 2006, 188 Seiten, kart., 15,00 €, ISBN: 978-3-933127-36-5

Helmut Willke Global Governance 2006, 152 Seiten, kart., 13,50 €, ISBN: 978-3-89942-457-7

Thomas Schwinn Soziale Ungleichheit

Raimund Hasse, Georg Krücken Neo-Institutionalismus (2., komplett überarbeitete Auflage)

Oktober 2007, 164 Seiten, kart., 15,80 €, ISBN: 978-3-89942-592-5

2005, 136 Seiten, kart., 13,50 €, ISBN: 978-3-933127-28-0

Wulf D. Hund Rassismus

Holger Braun-Thürmann Innovation

Mai 2007, 170 Seiten, kart., 15,80 €, ISBN: 978-3-89942-310-5

2005, 118 Seiten, kart., 11,50 €, ISBN: 978-3-89942-291-7

Andreas Ziemann Soziologie der Medien

Robert Gugutzer Soziologie des Körpers

2006, 132 Seiten, kart., 12,50 €, ISBN: 978-3-89942-559-8

2004, 218 Seiten, kart., 14,80 €, ISBN: 978-3-89942-244-3

Boris Holzer Netzwerke

Rolf Eickelpasch, Claudia Rademacher Identität

2006, 132 Seiten, kart., 12,50 €, ISBN: 978-3-89942-365-5

2004, 138 Seiten, kart., 12,00 €, ISBN: 978-3-89942-242-9

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de

Einsichten. Themen der Soziologie Gabriele Abels, Alfons Bora Demokratische Technikbewertung 2004, 142 Seiten, kart., 12,80 €, ISBN: 978-3-89942-188-0

Frank Eckardt Soziologie der Stadt 2004, 132 Seiten, kart., 12,00 €, ISBN: 978-3-89942-145-3

Stefan Kühl Arbeits- und Industriesoziologie 2004, 182 Seiten, kart., 13,80 €, ISBN: 978-3-89942-189-7

Rainer Schützeichel Historische Soziologie 2004, 142 Seiten, kart., 12,80 €, ISBN: 978-3-89942-190-3

Hannelore Bublitz Diskurs 2003, 122 Seiten, kart., 11,50 €, ISBN: 978-3-89942-128-6

Ansgar Thiel Soziale Konflikte 2003, 102 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-21-1

Peter Weingart Wissenschaftssoziologie 2003, 172 Seiten, kart., 13,80 €, ISBN: 978-3-933127-37-2

Beate Krais, Gunter Gebauer Habitus 2002, 94 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-17-4

Thomas Kurtz Berufssoziologie 2002, 92 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-50-1

Jörg Dürrschmidt Globalisierung 2002, 132 Seiten, kart., 12,00 €, ISBN: 978-3-933127-10-5

Stefanie Eifler Kriminalsoziologie 2002, 108 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-62-4

Martin Endreß Vertrauen 2002, 110 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-78-5

Paul B. Hill Rational-Choice-Theorie 2002, 92 Seiten, kart., 9,50 €, ISBN: 978-3-933127-30-3

Gunnar Stollberg Medizinsoziologie 2001, 100 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-26-6

Ludger Pries Internationale Migration 2001, 84 Seiten, kart., 9,50 €, ISBN: 978-3-933127-27-3

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de

Einsichten. Themen der Soziologie Urs Stäheli Poststrukturalistische Soziologien 2000, 88 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-11-2

Theresa Wobbe Weltgesellschaft 2000, 100 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-13-6

Klaus Peter Japp Risiko 2000, 128 Seiten, kart., 12,00 €, ISBN: 978-3-933127-12-9

Volkhard Krech Religionssoziologie 1999, 100 Seiten, kart., 10,50 €, ISBN: 978-3-933127-07-5

Uwe Schimank, Ute Volkmann Gesellschaftliche Differenzierung 1999, 60 Seiten, kart., 9,00 €, ISBN: 978-3-933127-06-8

Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de