Schutz der Weltmeere gegen Öltankerunfälle: Das rechtliche Instrumentarium [1 ed.] 9783428518067, 9783428118069

Durch die Havarien der Tankschiffe »Erika« (1999) und »Prestige« (2002) ist die Notwendigkeit des Schutzes der Meere und

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Schutz der Weltmeere gegen Öltankerunfälle: Das rechtliche Instrumentarium [1 ed.]
 9783428518067, 9783428118069

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Schriften zum Völkerrecht Band 160

Schutz der Weltmeere gegen Öltankerunfälle Das rechtliche Instrumentarium

Herausgegeben von

Christian Tomuschat

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN TOMUSCHAT (Hrsg.)

Schutz der Weltmeere gegen Öltankerunfälle

Schriften zum Völkerrecht Band 160

Schutz der Weltmeere gegen Öltankerunfälle Das rechtliche Instrumentarium

Herausgegeben von

Christian Tomuschat

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-11806-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Verschmutzung der spanischen und der französischen Küsten, die durch das Auseinanderbrechen des Öltankers „Prestige“ im November 2002 verursacht wurde, hat die Öffentlichkeit wach gerüttelt und ihr vor Augen geführt, welche verheerenden Folgen ein ähnliches Unglück vor den deutschen Meeresküsten haben könnte. Bei Gesprächen über die rechtlichen Handhaben zur Verhinderung derartiger Katastrophen und zur Regulierung eventueller Schadensfolgen stellte sich heraus, dass das komplexe Normengefüge wenig durchsichtig ist und zahlreiche Lücken aufweist. Aus diesem Befund entstand der Gedanke, im Rahmen der Arbeiten des Instituts für Völker- und Europarecht der Humboldt-Universität zu Berlin zu einer nüchternen Bestandsaufnahme zu schreiten. Bei meinen Mitarbeitern konnte ich sehr schnell Zustimmung für dieses Gemeinschaftsprojekt finden. Die Gesamtmaterie wurde in einzelne Sachkapitel aufgeteilt, und für jedes einzelne dieser Kapitel zeichnet somit jeweils ein namentlich genannter Bearbeiter verantwortlich. Die Gesamtleitung freilich verblieb bei dem Herausgeber, der dem gemäß auch die Verantwortung für die Koordinierung innerhalb des Werkes trägt. Das vorliegende Werk verfolgt das Ziel, allen interessierten Kreisen eine verlässliche Information zukommen zu lassen. Im Hinblick auf die Erörterung spezifisch akademischer Fragestellungen hingegen wurde eine gewisse Zurückhaltung geübt. Mit der Darstellung der Rechtslage soll primär ein rechtspolitisches Anliegen verfolgt werden, nämlich Entscheidungshilfen zu geben und auf Mängel wie auch Unvollkommenheiten des heute verfügbaren rechtlichen Instrumentariums hinzuweisen. Der Schutz vor Ölverschmutzung ist eine große nationale wie internationale Aufgabe. Niemand kann sich auf diesem Gebiet irgendwelche Nachlässigkeiten erlauben. Der Herausgeber und seine Mitarbeiter hoffen, dass das Werk in diesem Sinne als ein Signal verstanden wird, alles nur Denkbare zu tun, damit in Zukunft die bitteren Erfahrungen der Vergangenheit sich nicht abermals wiederholen. Besondere Verdienste bei der Herstellung des Manuskripts hat sich mein Mitarbeiter Paul Christoph Bornkamm erworben. Berlin, im Januar 2005

Christian Tomuschat

Inhaltsverzeichnis Christian Tomuschat Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Christian Tomuschat Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization, IMO) als Hauptakteur. . . . . . . . . . . . . . . . 21 Karola Wolprecht Die Rolle der Europäischen Union als besonderer Handlungsträger. . . . . . . . . . 31 Marcus Schroeder Die technischen Regeln zur Erhöhung der Sicherheit von Öltankern . . . . . . . . . 49 Ingo Niemann Die Befugnisse des Küstenstaates zur Verhinderung von Öltankerunfällen. . . . 79 Bianca Dormuth Befugnisse des Hafenstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Marina Pauli Die Ausweisung bestimmter sensibler Seegebiete und Küstenregionen . . . . . . . 115 Rico Kassmann Die Bekämpfung der Meeresverschmutzung nach Tankerunglücken – Intervention und Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Knut Traisbach Haftung und Entschädigung bei Öltankerunfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Karola Wolprecht Strafrechtliche Aspekte des Schutzes vor Öltankerunfällen auf See . . . . . . . . . . 215 Hans Fabian Kiderlen Prävention und Bekämpfung von Tankerhavarien in Deutschland – Rechtsgrundlagen und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

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Inhaltsverzeichnis

Christian Tomuschat Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Monographien, Aufsätze, Festschriftenbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 255 273 279

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABl. Abs. a. E. AFDI AIS AJIL AMSA Anm. Art. Aufl. AVR BGBl. BRT BRZ BSH BT BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. ca. CERCLA CLC CMI COLREG

COPE COSS

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz am Ende Annuaire Français de Droit International Automatisches Identifikationssystem American Journal of International Law Australian Maritime Safety Authority Anmerkung Artikel Auflage Archiv des Völkerrechts Bundesgesetzblatt Bruttoregistertonnen Bruttoraumzahl Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Bundestag Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen Bundesverwaltungsgericht Bundesverwaltungsgerichtsentscheidungen beziehungsweise circa Comprehensive Environmental Response, Compensation and Liability Act International Convention on Civil Liability for Oil Pollution Damage Comité Maritime International Convention on the International Regulations for Preventing Collisions at Sea (Übereinkommen über die internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See) Compensation for Oil Pollution in European Waters Committee on Safe Seas and on the Prevention of Pollution from Ships (Ausschuss für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung der Umweltverschmutzung durch Schiffe)

10 ders. DGzRS d.h. dies. DOC Dok. DVBl. ebd. EG

Abkürzungsverzeichnis

derselbe Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger e. V. das heißt dieselbe Document of Compliance Dokument Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Europäische Gemeinschaft; Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft EJIL European Journal of International Law EMSA European Maritime Safety Agency (Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs) endg. endgültig EQUASIS European Quality Shipping Information System EuGH Europäischer Gerichtshof (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ETS European Treaty Series EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft f. folgende ff. fortfolgende GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GVOBl. Gesetz- und Verordnungsblatt GVOBl.-MV Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg Vorpommern HELCOM Helsinki Commission (Kommission zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee) Hk-Vb. Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Errichtung des Havariekommandos HmbGVBl. Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt IACS International Association of Classification Societies (Internationaler Verband der Klassifikationsgesellschaften) ICAO International Civil Aviation Organization (ZivilluftfahrtOrganisation) ICJ International Court of Justice (Internationaler Gerichtshof) ICLQ International and Comparative Law Quarterly IGH Internationaler Gerichtshof ILA International Law Association ILC International Law Commission ILM International Legal Materials

Abkürzungsverzeichnis ILO IMCO IMO IOPC ISM iVm IWF JZ Kap. lit. MARPOL

MCA MEPC Mio. MLZ MoU Mrd. MSC MVs-Vb. m. w. N. n. F. NGO NJW Nr. OECD ÖlSG OILPOL

OPA OPRC

para.

11

International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation) Inter-Governmental Maritime Consultative Organization International Maritime Organization (Internationale Seeschiffahrtsorganisation) International Oil Pollution Conventions International Safety Management in Verbindung mit Internationaler Währungsfonds Juristenzeitung Kapitel litera (Buchstabe) International Convention for the Prevention of Pollution from Ships (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) Maritime and Coastguard Agency Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (Marine Environment Protection Committee) Million Maritimes Lagezentrum Memorandum of Understanding Milliarde Schiffssicherheitsausschuss (Maritime Safety Committee) Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen mit weiteren Nachweisen neue Fassung Non-Governmental Organization (Nichtregierungsorganisation) Neue juristische Wochenschrift Nummer Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden International Convention for the Prevention of Pollution of the Sea by Oil (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl) Oil Pollution Act International Convention on Oil Pollution Preparedness, Response and Cooperation (Internationales Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung) paragraph (Absatz)

12 PSSA P&I RdC RGBl. RGDIP Rn. Rs. S. SCTW

SchSG SchSV SDN SeeAufgG SeeSchStrO Slg. SMC sog. SOLAS SOPEP SRS SRÜ StGB t tdw. TranspR u. a. UNEP UNGA UNTS U.S.C. usw. v. VDR vgl.

Abkürzungsverzeichnis Particularly Sensitive Sea Area (Besonders empfindliches Meeresgebiet) Protection and Indemnity Recueil des Cours Reichsgesetzblatt Revue générale de droit international public Randnummer Rechtssache Seite International Convention on Standards of Training, Certification and Watch Keeping for Seafarers (Internationales Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten) Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerlichen Bedingungen in der Seeschiffahrt an den internationalen Standard Verordnung über die Sicherheit der Seeschiffe Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e. V. Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Safety Management Certificate so genannt International Convention on Safety of Life at Sea (Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See) Shipboard Oil Pollution Emergency Plan Ship Reporting System Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen Strafgesetzbuch Tonnen tonnes deadweight (Tragfähigkeit in Tonnen) Transportrecht und andere United Nations Environment Programme (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) United Nations General Assembly (Generalversammlung der Vereinten Nationen) United Nations Treaty Series United States Code und so weiter versus Voyage Data Recorder vergleiche

Abkürzungsverzeichnis VN VO Vol. VR VSeeStrO VTS WaStrG WSV WVK WWF ZaöRV z. B. Ziff.

Vereinte Nationen Verordnung Volume (Band) Volksrepublik Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See vessel traffic service Bundeswasserstraßengesetz Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Wiener Vertragsrechtskonvention World Wildlife Fund Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Ziffer

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Einleitung Von Christian Tomuschat Der Untergang des Tankers „Prestige“ vor der galizischen Küste Spaniens am 13. November 20021 ist für Europa zu einem Schockerlebnis geworden. Auch wer sich nicht durchweg die Ziele der grünen Bewegung zu eigen macht, musste zur Kenntnis nehmen, welch bedrohliche Fracht jederzeit auf den Weltmeeren unterwegs ist. Die durch das Auseinanderbrechen eines Schiffes oder ein größeres Leck in seiner Hülle verursachte Verschmutzung des Meeres und der in Mitleidenschaft gezogenen Küstensäume kann offensichtlich zu Schäden führen, die bis in eine Dimension von Milliarden Euro reichen, ganz abgesehen von den Folgen für die betroffenen Ökosysteme, die sich gar nicht in Geld ausdrücken lassen. Dies rührt nicht zuletzt von den riesigen Ausmaßen der beteiligten Schiffe her, die über die Jahre hinweg zu Extremgrößen angewachsen sind. Die modernen „Supertanker“ haben ein Fassungsvermögen von 100.000 bis über 500.000 tdw. Der derzeit größte registrierte Öltanker ist die unter norwegischer Flagge fahrende ehemalige „Seawise Giant“ und heutige „Jahre Viking“ mit ca. 565.000 tdw. Ladekapazität. Großtechnische Mittel, um der durch die Havarie eines solchen Giganten verursachten Katastrophe Herr zu werden, stehen meist nicht zur Verfügung. Durchweg muss mit geradezu kleinhandwerklichen Methoden versucht werden, ausgelaufenes Rohöl abzuschöpfen oder betroffene Strände und Felsen zu reinigen. Sonst bleibt nichts anderes übrig, als auf die natürlichen Zersetzungsprozesse zu hoffen. Erfahrungsgemäß müssen viele Jahre vergehen, ehe der natürliche Zustand wiederhergestellt ist. In warmen Regionen regeneriert sich das Meer schneller als insbesondere in den Zonen von Arktis und Antarktis. Erst vor kurzem ist berichtet worden, dass der Untergang des Tankers „Exxon Valdez“ im Prince William Sound vor Alaska am 24. März 1989 noch heute wesentliche Teile des Ökosystems erheblich schädigt2. 1

Zu den rechtlichen Aspekten vgl. J. Juste Ruiz, El accidente del Prestige y el Derecho internacional: de la prevención fallida a la reparación insuficiente, Revista española de derecho internacional 55 (2003), 15–42. 2 Vgl. Ch. H. Peterson, S. D. Rice, J. W. Short, D. Esler, J. L. Bodkin, B. E. Ballachey, D. B. Irons, Long-Term Ecosystem Response to the Exxon Valdez Oil Spill, Science 302 (2003), 2082–2086.

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Christian Tomuschat

Abstellen lässt sich diese strukturelle Gefahrenlage nicht. Die Wirtschaft vor allem der industrialisierten Staaten des Nordens ist auf die Zufuhr von Rohöl und den daraus gewonnenen Energieträgern existenziell angewiesen. Käme das maritime Transportband eines Tages ohne Vorwarnung zum Stillstand, so hätte dies verheerende Folgen für die wirtschaftlichen „Riesen“, deren Fundamente eben keineswegs so stabil sind, wie dies allgemein für selbstverständlich gehalten wird. Dies liegt auch daran, dass gerade in Europa zunehmend auf die Förderung und Nutzung von Kohle verzichtet wird und feste Planungen bestehen, die in früheren Jahrzehnten gebauten Atomkraftwerke stillzulegen. Angesichts dieser Sachzwänge muss offensichtlich alles daran gesetzt werden, jedenfalls die mit dem Transport von Rohöl verbundenen Gefahren so gering wie möglich zu halten. Ein Gleiches gilt im Übrigen für die Beförderung von sonstigen chemischen Substanzen, deren Auslaufen bei einem Unfall wegen ihrer Toxizität schädliche Auswirkungen auf die Meeresumwelt haben kann. Deutschland befindet sich insoweit in einer besonders exponierten Lage. Alle bisherigen Großunglücke mit Tankschiffen ereigneten sich an Stellen mit unmittelbarer Öffnung zu einem Weltmeer. Was Europa angeht, so trifft dies insbesondere zu für die Havarie des Tankers „Amoco Cadiz“ vor der bretonischen Küste im März 1978, der „Erika“ etwas weiter südlich im Dezember 19993 und schließlich der „Prestige“. Ein ähnlicher Unfall im deutschen Wattenmeer oder in der fast durchweg relativ flachen Ostsee hätte unvergleichlich viel stärkere Auswirkungen auf die gesamte Umwelt. Wahrscheinlich würde die spezielle Fauna des Wattenmeeres die Übernetzung mit einem Ölfilm nicht überstehen und wäre damit unwiederbringlich geschädigt, d.h. vernichtet. In der Ostsee sind es vor allem die eher geringen Wassermengen wie auch der nur bescheidene Austausch dieser Wassermengen mit den Weltmeeren, welche die zeitliche Dauer der Schadensfolgen weit über alle bisherigen Beispielsfälle ausdehnen würden. Deutschland hat also ein vitales Interesse daran, dass alles Menschenmögliche getan wird, um die mit dem Transport von Ölprodukten in Tankschiffen verbundenen Gefahren vorbeugend zu minimieren. Die nachfolgenden Darstellungen sollen ein Bild von der Rechtslage nach Völkerrecht und Europarecht4 und in gewissem Umfang auch von der relevanten Faktenlage vermitteln. Dabei wird nicht nur das Ziel verfolgt, dem Leser eine präzise Bestandsaufnahme vorzuführen, vielmehr sollen 3

Vgl. dazu insbesondere S. Robert, L’Érika: Responsabilités pour un désastre écologique, Paris, 2003. 4 Nur in Bezug auf Deutschland wird das maßgebende nationale Recht eingehender behandelt.

Einleitung

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auch rechtspolitische Anregungen gegeben werden. Ganz offensichtlich sind an vielen Stellen Verbesserungen möglich, die freilich niemals als „Selbstläufer“ betrachtet werden können. Bei der Behandlung seerechtlicher Fragen kann jedenfalls ein Staat wie Deutschland, auch wenn er im Verbund mit den übrigen 24 Mitgliedern der Europäischen Union handelt, die für erforderlich erachteten Korrekturen nicht im Alleingang durchsetzen. In aller Regel muss der Versuch gemacht werden, auf weltweiter Ebene einen politischen Konsens zu erreichen, der dann in entsprechenden Rechtsinstrumenten einen verbindlichen Niederschlag finden kann. Auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage allein lässt sich die Komplexität der durch die moderne Seeschifffahrt aufgeworfenen Probleme nicht bewältigen. Niemals kann andererseits in den internationalen Gremien, vor allem der International Maritime Organization (IMO), ein Reformvorhaben von heute auf morgen verwirklicht werden, zumal vielfach die Interessen der Nationen mit großen Transportflotten denen der umweltbewussteren Staaten entgegenstehen. Mit Zähigkeit und Ausdauer sind aber durchaus Fortschritte zu erreichen. Die nachfolgenden Darstellungen zeigen, dass Umweltschutzgesichtspunkte in den letzten Jahrzehnten eine immer stärkere Berücksichtigung erfahren haben. Vor allem lässt sich erkennen, dass jedes größere Tankerunglück den Anstoß zu einer Verschärfung der Sicherheitsanforderungen gegeben hat. Es steht zu hoffen, dass die deutschen Küsten auch ohne ein solches katastrophales Unglück auf Dauer vor schwerwiegenden Schädigungen bewahrt werden können. Die Herausforderung, vor die sich das Seerecht durch die von Öltankern und Chemiefrachtern ausgehenden Gefahren ausgesetzt sieht, hat sich erst vor wenigen Jahrzehnten bemerkbar gemacht. Zu einem Quantensprung der Erkenntnis kam es am 18. März 1967, als der liberianische Öltanker „Torrey Canyon“ mit 119.000 Tonnen Rohöl vor der Südwestspitze Englands auf ein Felsenriff auflief. Da der Unglücksort außerhalb des britischen Küstenmeeres auf Hoher See lag, stellte sich damals die Frage, ob das Vereinigte Königreich befugt sei, irgendwelche Maßnahmen gegen das Schiff zu ergreifen, um seine Küsten vor drohender Verschmutzung zu sichern. In den Jahren danach ereigneten sich in rascher Folge immer wieder schwerwiegende Unglücksfälle, die dann vor allem die Frage nach einem angemessenen Ausgleich für die Geschädigten aufwarfen. Die Grundfrage bleibt freilich stets, durch welche technisch realisierbaren Vorkehrungen solche Katastrophen verhindert werden können. Schadensausgleich ist stets nur die zweitbeste Lösung. Schiffsunglücke waren bis über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinaus in erster Linie als ein Problem der Rettung von Menschen aus Seenot gesehen worden. Was die besondere Gefahrenlage eines Tankschiffs angeht,

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Christian Tomuschat

so wird etwa im Schrifttum berichtet5, dass im Jahre 1861 die gesamte Mannschaft für den ersten transatlantischen Öltransport auf der Brigg „Elisabeth Watts“ ihren Dienst verweigerte, da sie die Gefahren, die mit dieser Fahrt auf einer „schwimmenden Bombe“ verbunden waren, nicht in Kauf nehmen wollte. Die „Elisabeth Watts“ sollte 1.329 Barrel Öl in Eichenholzfässern von Philadelphia nach London transportieren. Abgesehen von diesem strukturellen Sicherheitsproblem hatte es auch rechtlicher Regelungen für die Behandlung eines havarierten Schiffes und seiner Ladung bedurft. Aber im Gegensatz zu heute konnte die Ladung durchweg als ein kostbares vermögenswertes Gut gelten, wobei dann zu entscheiden war, ob für den Eigentümer durch die Havarie ein Rechtsverlust eintreten sollte. Die Eigenart des hier untersuchten Problemkreises besteht darin, dass die Ladung in der Tat ein positiv zu bewertendes vermögenswertes Gut darstellt, solange sie sich ordnungsgemäß an Bord eines für die Beförderung geeigneten Schiffes befindet, dass sie aber jeden Wert verliert und sich zu einem gemeinschädlichen Giftstoff entwickelt, sobald sie unkontrolliert aus den Laderäumen entweicht und in das Meerwasser fließt oder – was feste chemische Substanzen angeht – sich bei der Berührung mit dem Meerwasser mit diesem vermischt oder verbindet. So erklärt es sich, dass das traditionelle Seerecht kaum Vorkehrungen kannte, die geeignet gewesen wären, Hilfestellung zu geben, als die im Vorstehenden skizzierten Gefahren sich zum ersten Mal aktualisierten. Das Genfer Übereinkommen über die Hohe See6 von 1958 verpflichtete die Staaten in Art. 24, Rechtsetzungsakte zu erlassen, um die Verschmutzung des Meeres durch die Einleitung von Öl aus Schiffen oder Rohrleitungen zu verhindern. Irgendwelche Bestimmungen über die Verhinderung von Tankerunfällen enthielt es nicht. Auch was das Übereinkommen über das Küstenmeer und die Anschlusszone7 aus dem gleichen Jahr angeht, so vermisst man irgendeinen konkreten Hinweis auf die schützenswerten Belange der Küstenstaaten im Hinblick auf das Recht der friedlichen Durchfahrt. Nur in allgemeiner Form wurde insoweit in Art. 14 Abs. 4 festgelegt, dass die Durchfahrt so lange friedlich sei, als sie nicht den Frieden, die Ordnung oder die Sicherheit des Küstenstaates beeinträchtige. Mit diesen Blankettformeln war aber der latente Konflikt zwischen den Interessen der Schifffahrtnationen und denen der Küstenstaaten – die natürlich je nach Sachlage sich in der einen oder der anderen Position befinden können – nicht zu schlichten. Gerade solche Unsicherheiten waren im Jahre 1973 eines der 5 Vgl. J. Brennecke, Tanker: Vom Petroleumklipper zum Supertanker, 2. Aufl., Herford 1980, S. 31; M. Ratcliffe, Liquid Gold Ships, London u. a. 1985, S. 12. 6 BGBl. 1972 II, S. 1091. 7 Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone, AJIL 52 (1958), 834.

Einleitung

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treibenden Motive für die Einberufung der III. Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen, die ihre Arbeit schließlich im Jahre 1982 mit der Verabschiedung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen8 (SRÜ) krönen konnte. In diesem Übereinkommen, das seit dem 16. November 1994 in Geltung steht, hat man größten Wert darauf gelegt, dem Umweltschutz den Raum zu geben, der ihm angesichts der technologischen Entwicklung gebührt. Vor den Genfer Seerechtsübereinkommen von 1958 gab es nur einen einzigen völkerrechtlichen Vertrag, der Regelungen über den Betrieb von Tankschiffen enthielt, nämlich das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl 9 aus dem Jahre 1954, das im Jahre 1958 in Kraft trat. Dieser Vertrag hatte nicht die Verhütung von Unfällen zum Gegenstand, sondern bestimmte, in welchem Umfang und wo das Wasser, mit dem die Tanks von Öltankschiffen üblicherweise nach jeder Fahrt ausgespült werden, zurück in das Meer abgelassen werden durfte. Zu diesem Zweck legte der Vertrag gewisse Mindestentfernungen vom Land fest und verbot die Einleitung von Spülwasser in bestimmten Gebieten, die besonders empfindlich sind. Erst allmählich wuchs dann nach dem Unglück der „Torrey Canyon“ das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Regelungen, die insbesondere schon präventiv zur Verhinderung von Ölunfällen eingesetzt werden können. Heute haben wir es mit einem ausgeklügelten System von Vorschriften zu tun, die zwar schwere Unfälle nicht haben verhindern können, aber doch tendenziell das Risiko solcher Unfälle verringert haben10.

8 BGBl. 1994 II, S. 1799; in Kraft getreten am 16.11.1994, BGBl. 1995 II, S. 602. 9 International Convention for the Prevention of Pollution of the Sea by Oil (OILPOL 1954), BGBl. 1956 II, S. 379. 10 Vgl. C. Hinz, 50 Jahre Vereinte Nationen – Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation (IMO), in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), 50 Jahre Vereinte Nationen. Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Baden-Baden 1997, S. 15–21 (17).

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization, IMO) als Hauptakteur Von Christian Tomuschat Nach wie vor sind die Einzelstaaten die wichtigsten Handlungsträger auf dem Gebiet der Seeschifffahrt. Letzten Endes entscheiden sie darüber, wie die rechtliche Ordnung der Weltmeere ausgestaltet sein soll, und zwar in gegenseitiger Abstimmung. Insbesondere ein mächtiger Staat wie etwa die USA ist überdies in der Lage, im Alleingang viele Regelungen durchzusetzen, die ihm von grundlegender Bedeutung zu sein scheinen, denn keine schifffahrttreibende Nation kann es sich erlauben, mit ihren Schiffen von den meisten Häfen des nordamerikanischen Kontinents ausgeschlossen zu sein. Der Vollzug vereinbarter völkerrechtlicher Normierungen liegt ohnehin bis heute in den Händen der nationalstaatlichen Behörden. Dennoch müssen sich auch die großen Staaten der Einsicht beugen, dass jedenfalls die Hochseeschifffahrt ihrer Natur nach eine transnationale Angelegenheit ist, die nach Standards verlangt, die nicht von Land zu Land variieren können. Insofern hat sich der Natur der Sache nach der Schwerpunkt des Rechtsregimes der See-, insbesondere der Hochseeschifffahrt, auf die zuständigen internationalen Organisationen verlagert. Auf weltweiter Ebene ist dies die IMO, auf regionaler Ebene die Europäische Union mit ihrem ersten Pfeiler, der Europäischen Gemeinschaft. Diese Organisationen leben andererseits sehr weitgehend von den Anregungen und Beiträgen ihrer Mitglieder. Sie führen kein isoliertes Eigenleben, sondern spiegeln deren Wertungen und Anschauungen wider. Es liegt auf der Hand, dass auch hier die tatsächliche Rolle, die ein Land spielt, nur einen ungenügenden Ausdruck in dem Prinzip der souveränen Gleichheit findet.1 Je nachdem, wie stark die Interessen eines Landes an der Handelsschifffahrt sind, wird es auch in der Lage sein, die Entscheidungen in den Gremien der beiden genannten Organisationen mitzuprägen. In der IMO wird häufig als Parameter für das tatsächliche Gewicht eines Landes in der Seeschifffahrt die Gesamttonnage 1 Zum unterschiedlichen Einfluss der Mitgliedstaten der Organisation auf die Entscheidungsbildung vgl. N. Gaskell, Decision Making and the Legal Committee of the International Maritime Organization, The International Journal of Marine and Coastal Law 18 (2003), 155–214 (170).

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Christian Tomuschat

berücksichtigt, die unter seiner Flagge läuft. Freilich kann dieses formale Kriterium nicht durchweg den Ausschlag geben2, da bekanntlich viele Reeder aus den industrialisierten Staaten des Nordens ihre Schiffe in den Registern der sog. „billigen Flaggen“ eintragen lassen3. Wegen der großen Bedeutung der von IMO und EG erarbeiteten und gegebenenfalls auch erlassenen Regelungen wird im Folgenden zunächst ein Überblick über die Tätigkeit der IMO gegeben; der Beitrag von Karola Wolprecht befasst sich dann des Näheren mit der Tätigkeit der EG auf dem Gebiet der Seeschifffahrt.

I. Entstehung – Aufgaben Fast gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten von OILPOL 1954 kam im Jahre 1958 (17. März) auch die IMO ins Leben, damals noch unter der Bezeichnung „Inter-Governmental Maritime Consultative Organization“ (IMCO)4. Es hatte nicht weniger als zehn Jahre gedauert, bis ihr in dem Übereinkommen vom 6. März 1948 niedergelegtes Statut5 die notwendige Mindestanzahl von 21 Ratifikationen erhielt6. Die lange Wartezeit erklärt sich durch anfängliche Unstimmigkeiten über das Aufgabenprofil der Organisation. Das Übereinkommen konnte so gelesen werden, als ob sich die IMCO auch mit den wirtschaftlichen Fragen der Seeschifffahrt befassen sollte. Dadurch, dass zahlreiche Staaten ihre Bindungserklärungen insoweit mit ausdrücklichen Vorbehalten versahen, klärte sich aber recht bald, dass die neue UN-Sonderorganisation sich insbesondere den Fragen der Schiffssicherheit widmen sollte7. Bis heute hat die IMO nicht den Versuch gemacht, Regelungen auch für die wirtschaftlichen Aspekte der Schifffahrtsindustrie zu erarbeiten8. 2

Zu dieser Frage das Gutachten des IGH: Constitution of the Maritime Safety Committee of the Inter-Governmental Maritime Consultative Organization, ICJ Reports 1960, 150, das freilich in einem formalen Sinne die registrierte Tonnagezahl zum maßgebenden Kriterium erklärt hat. 3 Vgl. dazu BVerfGE 92, 26, und dazu C. Tomuschat, Grundrechtsfestung Deutschland?, IPRax 16 (1996), 83–87. 4 Der Name wurde durch die Entschließungen A.358(IX) und A.371(X) aus den Jahren 1975 und 1977 mit Wirkung vom 22.5.1982 geändert. 5 Übereinkommen über die Internationale Seeschiffahrts-Organisation, zuletzt geändert durch Beschluss vom 15.11.1979, in der seit 10.11.1984 geltenden Fassung, BGBl. 1986 II, S. 423. 6 Heute (Dezember 2004) hat die IMO 164 Mitgliedstaaten. 7 Vgl. C. Hinz, 50 Jahre Vereinte Nationen – Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation (IMO), in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), 50 Jahre Vereinte Nationen. Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Baden-Baden 1997, S. 15–21 (15).

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation als Hauptakteur

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Nach wenigen Jahren, mit aller nur denkbaren Deutlichkeit nach dem Unglück der „Torrey Canyon“, stellte sich heraus, dass es neben der Schiffssicherheit eine der Hauptaufgaben der IMO sein musste, sich um den Schutz der Meeresumwelt zu kümmern. So wurde im Jahre 1975 beschlossen, die Ziele der Organisation in Art. 1 durch die Worte „the prevention and control of marine pollution from ships“ zu ergänzen. Schon vorher war im Jahre 1973 der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (Marine Environment Protection Committee, MEPC) eingerichtet worden. Heute nimmt der Umweltschutz innerhalb der IMO zumindest ebensoviel Raum ein wie das Kapitel Sicherheit der Schifffahrt. Beide Aufgaben sind im Übrigen aufs Engste miteinander verbunden. Die Verhinderung von Schiffsunfällen stellt eine der vorrangigen Maßnahmen zur Sicherung und Bewahrung der Meeresumwelt dar. Die IMO ist die wichtigste weltweite Organisation auf dem Gebiet der Seeschifffahrt. Bekanntlich hat das SRÜ keine eigene, neue Verwaltungseinheit als Kontroll- und Vollzugsorgan gegründet, sondern bezieht sich in seinen Vorschriften weitgehend9 auf die „zuständige internationale Organisation“, eine Formel, mit der generell nichts anderes als die IMO gemeint ist10. Nur für den Tiefseeboden und Meeresuntergrund („das Gebiet“) war eine aufwändige Verwaltungsstruktur vorgesehen, die allerdings durch das Übereinkommen zur Durchführung des Teils XI des SRÜ11 aus dem Jahre 1994 weitgehend suspendiert worden ist. Überdies hat bekanntlich das SRÜ den Internationalen Seerechtsgerichtshof ins Leben gerufen. Im Wesentlichen hat sich indes das SRÜ auf materielle Rechtsetzung beschränkt. Diese Zurückhaltung entspringt nicht etwa einer verfehlten Rücksichtnahme auf das Existenzinteresse der im Jahre 1982 schon bestehenden IMO, sondern ist aus der Einsicht geboren, dass die Aufgabe der Rechtsetzung bei der IMO in guten Händen ist, während der Ehrgeiz, die sehr viel dichteren Herrschaftsstrukturen der Europäischen Union nachzuahmen, angesichts der auf weltweiter Ebene bestehenden Disparitäten von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre.

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Vgl. F. L. Kirgis, Shipping, in: O. Schachter/C. C. Joyner (Hrsg.), United Nations Legal Order, Vol. 2, Cambridge u. a. 1995, S. 715–751 (716). 9 Nur in einer Vorschrift wird ausdrücklich auf die IMO Bezug genommen, nämlich in der Anlage VIII, Art. 2 Abs. 2. 10 Vgl. etwa A. Blanco-Bazán, The Environmental UNCLOS and the Work of IMO in the Field of Prevention of Pollution from Vessels, in: A. Kirchner (Hrsg.), International Marine Environmental Law. Institutions, Implementation and Innovation, Den Haag u. a. 2003, S. 31 (34). 11 BGBl. 1994 II, S. 2565.

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II. Rechtsetzung Die Haupttätigkeit der IMO ist rechtsetzender Art12. Hierbei geht es heute meist darum, die in der Regel sehr allgemein gehaltenen Vorschriften des SRÜ zu konkretisieren und damit vollzugsfähig zu machen13. Einen eigenen Verwaltungsunterbau besitzt die IMO nicht, und der Vollzug der von ihr erarbeiteten Rechtsinstrumente obliegt ihren Mitgliedstaaten sowie den sonstigen Parteien der unter ihren Auspizien zustande gekommenen Verträge. Selbstverständlich kann aber die IMO Anregungen geben, wie die einzelnen Staaten ihre Befugnisse nach dem SRÜ und den sonstigen einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten wahrnehmen sollten. In der Tat ist sie insoweit auch tätig geworden. So hat sie insbesondere einen Unterausschuss für Flaggenstaat-Vollzug („Sub-Committee on Flag State Implementation“) geschaffen, über dessen Arbeit auf den Internet-Seiten der IMO eine ausführliche Darstellung zu finden ist. In zahlreichen Empfehlungen und sogar Handbüchern („manuals“)14 werden sehr genaue Hinweise für eine sachgerechte Anwendung der von ihr erarbeiteten Vertragsinstrumente gegeben. 1. Völkerrechtliche Verträge Primäre Aufgabe der IMO ist es, völkerrechtliche Verträge für regelungsbedürftige Sachbereiche zu erarbeiten. Echte supranationale Rechtsetzungsbefugnisse besitzt die IMO nicht15. An dieser Stelle seien zur Illustration nur einige Beispiele für Abkommen genannt, die für das hier behandelte Thema von besonderer Bedeutung sind. Eine genauere Darstellung und Analyse findet sich dann in den nachfolgenden Sachkapiteln, wo jeweils einzelne Problemkomplexe behandelt werden. Das Grundübereinkommen der IMO, das ihre ursprüngliche Zielsetzung am augenfälligsten widerspiegelt, ist das Internationale Übereinkommen 12

Dazu Kirgis (Anm. 8), S. 717–732; R. Lagoni, Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) als Rechtsetzungsorgan, in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), 50 Jahre Vereinte Nationen. Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Baden-Baden 1997, S. 45–56. 13 Zu dem Verhältnis von IMO und SRÜ s. insbesondere das IMO-Dokument „Implications of the United Nations Convention on the Law of the Sea for the International Maritime Organisation“, LEG/MISC/3/Rev.1 vom 6.1.2003, , Stand 15.4.2004. Blanco-Bazán (Anm. 10), S. 34, spricht von dem SRÜ als einer „umbrella convention“. 14 So gibt es insbesondere ein „Manual on Oil Pollution“, vgl. , Stand 15.4.2004. 15 Siehe aber im Folgenden die Darstellung des Verfahrens zur Änderung völkerrechtlicher Verträge.

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zum Schutz des menschlichen Lebens auf See16 aus dem Jahre 1960, das im Jahre 1965 in Kraft trat und im Jahre 197417 revidiert wurde und durchweg mit der Abkürzung SOLAS zitiert wird. Als Folge des „Torrey Canyon“-Unglücks erarbeitete die IMO in den folgenden Jahren ein Vertragswerk (Internationales Übereinkommen über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen18, Interventions-Übereinkommen), welches den Küstenstaat ermächtigt, im Fall einer Havarie auf Hoher See die zur Sicherung seiner legitimen Interessen notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Im Jahre 1973 folgte das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, das durch ein Protokoll von 1978 revidiert wurde und heute durchweg abgekürzt als MARPOL 73/ 78 zitiert wird19. Hingewiesen sei noch auf zwei Abkommen zum Ersatz von Ölschäden, das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden20 aus dem Jahre 1969 sowie das Internationale Übereinkommen über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung von Ölverschmutzungsschäden21 aus dem Jahre 1971. Alle diese Abkommen sind durch Zusatzprotokolle den durch das Fortschreiten der technischen Entwicklung veränderten Bedürfnissen angepasst worden22. Die im Schoße der IMO erarbeiteten völkerrechtlichen Verträge weisen hinsichtlich der Modalitäten ihrer Ausarbeitung und ihres In-Kraft-Tretens keine Besonderheiten auf. Das Initiativrecht ist frei. Meist geht der Anstoß zu einem neuen Vorhaben von einem der Mitgliedstaaten aus. So war es das Vereinigte Königreich, das nach der „Torrey Canyon“-Katastrophe den Vorschlag machte, ein Vertragswerk zur rechtsförmlichen Anerkennung eines Eingriffsrechts des Küstenstaates bei einer drohenden Ölhavarie auf 16

International Convention on Safety of Life at Sea, BGBl. 1965 II, S. 480. BGBl. 1979 II, S. 142; in der Fassung von 2001: IMO, SOLAS, Consolidated Edition 2001, London 2001. 18 International Convention relating to the Intervention on the High Seas in Cases of Oil Pollution Casualties (INTERVENTION 1969), BGBl. 1975 II, S. 139. 19 International Convention for the Prevention of Pollution from Ships, BGBl. 1984 II, S. 231. 20 International Convention on Civil Liability for Oil Pollution Damage (CLC 1969), BGBl. 1975 II, S. 305; in der Fassung des Protokolls von 1992: BGBl. 1996 II, S. 671 (im Folgenden: Haftungsübereinkommen 1992). 21 International Convention on the Establishment of an International Fund for Compensation for Oil Pollution Damage (FUND 1971), BGBl. 1996 II, S. 320; außer Kraft seit 24.5.2002; an seine Stelle trat das Internationale Übereinkommen über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden in der Fassung des Protokolls von 1992 (Fondsübereinkommen 1992), BGBl. 1996 II, S. 686. 22 Eine vollständige Liste der von der IMO erarbeiteten Verträge findet sich unter , Stand 15.4.2004. 17

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offener See zu konzipieren. Die Beratungen finden in den für alle Mitgliedstaaten offenen Fachausschüssen statt, wobei im vorliegenden Zusammenhang insbesondere der Schiffssicherheitsausschuss (Maritime Safety Committee, MSC) und der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (Maritime Environment Protection Committee, MEPC) zuständig sind. Nach der Annahme eines Vertragswerks durch den zuständigen Ausschuss werden die beiden Hauptorgane der IMO, Rat und Versammlung, entsprechend unterrichtet. Sodann wird entschieden, ob eine Staatenkonferenz einberufen werden soll, zu der nicht nur die Mitgliedstaaten der IMO, sondern alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeladen werden. Ein auf einer solchen Staatenkonferenz verabschiedetes Abkommen23 muss dann jeweils noch von den einzelnen Staaten gemäß den Regeln des Wiener Vertragsrechts-Übereinkommens ratifiziert werden. Es ist nicht die Praxis der IMO, Abkommen bereits durch Unterzeichnung in Kraft treten zu lassen, was regelmäßig bedeutet, dass die Abkommen innerstaatlich ein parlamentarisches Genehmigungsverfahren durchlaufen müssen. In einer Standard-Klausel wird durchweg vorgesehen, dass der Vertrag definitiv erst in Kraft tritt, wenn eine gewisse Mindestanzahl von staatlichen Bindungserklärungen vorliegt und zusätzlich diese Bindungserklärungen einen beträchtlichen Anteil an der Weltschifffahrtsindustrie („Tonnageklausel“) repräsentieren: So war etwa Voraussetzung für das Änderungsprotokoll von 1974 zum SOLAS-Übereinkommen die Ratifizierung durch 25% der Vertragstaaten, die mindestens 50% der Welttonnage stellen mussten. Es macht in der Tat keinen rechten Sinn, ein Sonderrecht innerhalb einer Kleingruppe von Staaten zu praktizieren. Verträge der IMO sollen Verträge der gesamten internationalen Gemeinschaft sein und den weltweiten Schiffsverkehr so weit wie möglich erfassen. Mit der Festlegung einer Mindestschwelle werden die Staaten damit gleichzeitig auch ermuntert, sich zur Ratifikation zu entschließen, da sie nicht befürchten müssen, sich als Versuchskaninchen für eine große Mehrheit, die zunächst einmal abwartend beiseite steht, hergeben zu müssen. 2. Vertragsänderung Alle Verträge der IMO enthalten detailregelnde Anhänge, die laufend der technischen Entwicklung angepasst werden müssen. Ursprünglich sahen die Verträge der IMO auch insoweit vor, dass Änderungen nach einem eher klassischen Muster erfolgen sollten, indem das In-Kraft-Treten durch die Billigung durch zwei Drittel der Vertragsstaaten bedingt war. Mit diesem 23 Bisher sind sämtliche Abkommen der IMO im Wege des Consensus angenommen worden.

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Verfahren hatte die IMO indes wenig Glück. Während für das erstmalige In-Kraft-Treten häufig nur eine relativ kleine Anzahl von Staaten nötig war, wuchs das Quorum durch weitere Ratifikationen ständig an und war immer schwieriger zu erreichen. So erwies es sich als unmöglich, das In-Kraft-Treten von vier dringend benötigten Änderungsprotokollen zum SOLAS-Übereinkommen aus den Jahren 1966, 1967, 1968 und 1969 sicherzustellen. Deswegen wurde nach Wegen aus dieser wenig glücklichen Situation gesucht. Schließlich einigte man sich dahin, dass künftig jedenfalls für die permanent revisionsbedürftigen Teile der Konventionen ein Verfahren der stillschweigenden Annahme („tacit acceptance“) eingeführt werden sollte: Vorgeschlagene und von der Versammlung oder auch einem der technischen Ausschüsse (z. B. MSC oder MEPC) mit einer Zweidrittelmehrheit gebilligte Änderungen treten in Kraft, wenn nicht binnen einer bestimmten Frist (zwischen ein und zwei Jahren) ein Drittel der Mitgliedstaaten oder Staaten, die mindestens die Hälfte der Welttonnage auf sich vereinen, Widerspruch einlegen (z. B. MARPOL 73/78, Art. 16 Abs. 2 lit. f [ii, iii]). Dieses Verfahren hat sich bestens bewährt. Zu einem wirksamen Widerspruch ist es in der bisherigen Praxis noch nicht gekommen. In der Tat ist wohl auch in Zukunft mit solchen Widersprüchen nicht zu rechnen. Denn wenn einmal in der IMO-Versammlung eine Änderung angenommen worden ist, was im Regelfall im Wege des Consensus geschieht, haben sich damit eben diejenigen einverstanden erklärt, nämlich die sachkundigen Regierungsbeamten, die auch zu Hause jedenfalls in Schifffahrtsfragen das Sagen haben. Im Allgemeinen sind Parlamente an solchen Problemen eher technischer Art wenig interessiert. Im Grunde wird hier also der Sachverstand der Exekutiven über das demokratische Entscheidungsrecht der Legislativen gesetzt. Das souveräne Vertragsschließungsrecht der Staaten ist freilich insoweit im Grundsatz gewahrt, als sie sich mit der Revisionsklausel einverstanden erklärt haben. Es zeichnet sich hier der Beginn einer echten supranationalen Rechtsetzung durch Mehrheiten ab, die allerdings nicht die Brisanz des Geschehens in der Europäischen Gemeinschaft hat, da eben generell die Änderungsbefugnis auf technische Details beschränkt ist und überdies jeder Staat das Recht hat, die Änderung jedenfalls für sich durch ausdrückliche Erklärung abzulehnen („opting out“). Ein Überblick über die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Opting-Out-Klauseln lässt sich leider aus den von der IMO im Internet veröffentlichten Daten nur schwer gewinnen24. 24 Vgl. das IMO-Dok. J/8687, Status of Multilateral Conventions and Instruments in Respect of which the International Maritime Organization or its Secretary-General Performs Depositary or Other Functions, as at 31 December 2003, .

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Ein instruktives Beispiel für die Bedeutsamkeit des Änderungsverfahrens im Wege der stillschweigenden Annahme bilden die am 1. und 4. Dezember 2003 gefassten Beschlüsse des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt über das Verbot von Einhüllentankern. Es handelt sich dabei um eine Ergänzung der Regel 13G des Anhangs I zu MARPOL 73/78. Ganz offensichtlich angestoßen durch das „Prestige“-Unglück hat der Ausschuss das schon bisher festgelegte Verbot, das lange Übergangsfristen vorsah, zeitlich vorgezogen. Für Tanker der Kategorie 1 soll das Verbot jetzt schon zum erwarteten Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung am 5. April 2005 (anstatt im Jahre 2007) in Kraft treten, und Tanker der Kategorien 2 und 3 sollen spätestens im Jahre 2010 (anstatt im Jahre 2015) aus dem Verkehr gezogen werden. Diese drastischen Bestimmungen lassen sich kaum noch als Modifizierungen „technischer Details“ bezeichnen, da sie einschneidend in die Kalkulationen der Reeder und Schiffseigner eingreifen. Es wird deswegen gerade hier mit Interesse zu beobachten sein, ob sich nicht zum erstenmal eine Opposition zusammenschließt, die in der Lage ist, das notwendige Drittel für einen erfolgreichen Widerspruch aufzubringen. 3. Empfehlungen – Codes Die IMO war neben ihrer Arbeit an Vertragsentwürfen von Anfang an auch damit befasst, Empfehlungen zu erarbeiten, die ihrerseits keinen verbindlichen Charakter besitzen. Diese Empfehlungen werden durchweg von den zuständigen Fachausschüssen ausgesprochen. Sie tragen unterschiedliche Titel. Man findet die Bezeichnung „Guidelines“25, „Guidance“26, „Instructions“27 oder „Manual“28. Teilweise werden die Regeln für ein bestimmtes Sachgebiet auch in einer geschlossenen Kodifikation zusammengefasst, die dann mit dem Titel „Code“ versehen wird29. Auch ein solcher „Code“ ist an sich unverbindlich, da allein durch besondere Namensgebung 25 Vgl. etwa: Guidelines for the Development of Garbage Management Plans, MEPC/Cir. 317, 10.7.1996. 26 Vgl. etwa: Guidance for Ships Operating in Arctic Ice-Covered Waters, MEPC/Cir. 400, 16.12.2002. 27 Vgl. etwa: Instructions for the Keeping of Oil-Record Books, MEPC/Cir. 111, 23.5.1983. 28 Vgl. etwa: Manual on Spillages of Hazardous Substances Other than Oil, MEPC/Cir. 127, 18.10.1984. 29 Vgl. etwa: International Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Dangerous Chemicals in Bulk (IBC Code); Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Dangerous Chemicals in Bulk (BCH Code); nähere Erläuterungen dazu in , Stand 15.4.2004.

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eine rechtliche Verbindlichkeit nicht erzeugt werden kann, so wie auch die „Declarations“ der UN-Generalversammlung nicht allein schon ihres außergewöhnlichen Titels wegen den Staaten, an die sie gerichtet sind, Verpflichtungen aufzuerlegen vermögen. Allerdings wird in neuerer Zeit teilweise solchen „Codes“ durch Verweisung in Vertragsbestimmungen echte verbindliche Kraft beigelegt. So sind durch Regel 13 (2, 3) in Anlage II des MARPOL-Übereinkommens die Vorschriften der beiden erwähnten Chemiekalientankschiff-Codes für den Bau und die Ausrüstung solcher Tankschiffe für verbindlich erklärt worden30. Im Jahre 2002 wurde – mit Wirkung ab 1. Januar 2004 – auch der Internationale Code für die Beförderung von gefährlichen Gütern mit Seeschiffen in weiten Teilen für verbindlich erklärt31. Damit vereinfacht sich das Änderungsverfahren. Durch die auf diese Weise eingeführte dynamische Verweisung lassen sich konsentierte Anpassungen komplikationslos und vor allem rasch in Kraft setzen. Ganz offensichtlich besteht ein Bedürfnis für Formen erleichterter Rechtsetzung, und in der internationalen Gemeinschaft ist man jedenfalls dann bereit, solche Delegation von Rechtsetzungsmacht hinzunehmen, solange die grundlegenden Strukturdaten unverändert bleiben und es lediglich darum geht, nicht den Wettlauf mit der technischen Entwicklung zu verlieren.

III. Fazit Die IMO hat sich zu einer der effektivsten Fachorganisationen der gesamten „Familie“ der Vereinten Nationen entwickelt. Zutreffend wird zwar vielfach hervorgehoben, dass die Rechtsetzungsprozesse innerhalb der Organisation meist recht langwierig sind. So heißt es, dass Verträge nach ihrer Annahme durch die Versammlung oder eine Staatenkonferenz für ihr InKraft-Treten durchschnittlich fünf Jahre benötigen. Aber jedes Vertragswerk beruht auf einem sorgsamen Ausgleich der betroffenen Interessen. Die IMO gibt allen beteiligten Kreisen Gehör und lässt selbst nichtstaatliche Organisationen (NGOs) zu Wort kommen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Endprodukt schließlich auch ein hohes Maß an Effektivität erreicht. Ehrgeizige Regelungen, die dann letztlich im Alltag schlicht missachtet würden, nützen niemandem. So lässt sich die Feststellung treffen, dass gegenwärtig kein struktureller Reformbedarf innerhalb der IMO besteht. Dennoch ist nicht alles zum Besten bestellt. Die größten Schwierigkeiten berei30

Einen äußerst instruktiven Überblick gibt insoweit Kirgis (Anm. 8), S. 723–

727. 31 International Maritime Dangerous Goods Code, IMDG-Code; vgl. dazu , Stand 15.4.2004. Bekanntmachung des IMDG-Code vom 5.6.2001 Bundesanzeiger, S. 13721.

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tet es, eine effektive Durchführung der geltenden Regelungen zu gewährleisten. Hier fehlt es häufig an der notwendigen Entschlossenheit der Regierungen, von denen ihnen zustehenden Befugnissen auch tatsächlich Gebrauch zu machen32.

32 Vgl. etwa die Kritik von J. Pueyo Losa/I. Lirola Delgado/J. Jorge Urbino, En torno a la revisión del régiment jurídico internacional de seguridad marítima y protección del medio marino a la luz del accidente del Prestige, Revista española de derecho internacional 55 (2003), 43–77 (46, 73).

Die Rolle der Europäischen Union als besonderer Handlungsträger Von Karola Wolprecht Gerade die Europäische Union und ihre Mitgliedsländer sind durch Ölunfälle auf See in hohem Maße gefährdet. Die insoweit in Betracht kommenden Transportmengen darf man mit Fug und Recht als ungeheuer bezeichnen. Von den jährlich 800 Millionen Tonnen Öl, die die EU-Staaten imund exportieren, werden ca. 90% per Schiff befördert1. Obwohl sich Unfälle nie vollständig vermeiden lassen werden, sind sie doch auch kein bloßer Schicksalsschlag. Wenn geeignete vorbeugende Maßnahmen getroffen werden, lässt sich das verbleibende Restrisiko auf ein Minimum herabdrücken. So wäre nach den Worten der Europäischen Kommission die Havarie der „Prestige“ durchaus zu vermeiden gewesen, wenn ihre schon zuvor gemachten Vorschläge komplett umgesetzt worden wären2. 1 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Sicherheit des Erdöltransports zur See vom 21.3.2000, KOM(2000) 142 endg. („Erika I“-Paket), S. 8, , Stand 15.4.2004; siehe auch Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr nach dem Untergang des Öltankschiffs „Prestige“ vom 3.12.2002, KOM(2002) 681 endg., S. 4, , Stand 15.4. 2004. Etwa 70% des Tankerverkehrs in den europäischen Gewässern führt an den Atlantik- und Nordseeküsten vorbei, der Rest entfällt auf das Mittelmeer. Das Verhältnis von Rohöl zu Raffinaten beträgt 2/3 zu 1/3. Die größten Ölhäfen der EU sind Rotterdam (Jahresumschlag von 100,8 Mio. t Rohöl), Marseille (48,3 Mio. t.), Le Havre (37 Mio. t), Trieste (35,7 Mio. t) und Wilhelmshaven (32,6 Mio. t). Die Öltankerflotte der EU umfasst 855 Tankschiffe mit einer Gesamttragfähigkeit von 43,2 Mio. t, das sind 14,9% der Weltflotte. Allerdings werden etwa 35% der Weltöltankerflotte von in der EU ansässigen Unternehmen kontrolliert. Das durchschnittliche Alter der in der EU registrierten Öltankschiffe betrug 1999 19,1 Jahre (1995 noch 18,9) und lag damit über dem Weltdurchschnitt. Mehr als 45% der in der EU registrierten Schiffe sind älter als 20 Jahre, Mitteilung der Kommission KOM(2000) 142 endg. (Erika I) (siehe oben in dieser Anmerkung), S. 9–11. 2 Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/02/1721 vom 21.11.2002: „Die Ölverschmutzung durch die PRESTIGE hätte vermieden werden können“, erklärt Loyola de Palacio vor dem Europäischen Parlament, , Stand 15.4.2004; ebenso wie die Kommission V. Power/D. Casey, The Prestige: the European Union legal dimension, JIML 9 (2003), 342–353 (344,

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Auf internationaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Rechtsinstrumenten zur Vermeidung von Meeresverschmutzung durch Öl. Bei vielen dieser Verträge sind alle oder fast alle EU-Mitgliedstaaten Vertragsparteien. So wurden beispielsweise die IMO-Konvention 1948, die SOLAS-Konvention 1974, MARPOL 73/78 (Anlage I/II, V) sowie die COLREG-Konvention 1972 durch jedes der 25 EU-Mitglieder ratifiziert3. Vertragsparteien des SRÜ sind außer Dänemark, Estland und Lettland alle EU-Staaten, überdies hat die Europäische Gemeinschaft selbst im Jahre 1998 das SRÜ förmlich bestätigt4. In Anbetracht dieses Befundes stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch Bedarf für Maßnahmen von Seiten der EU gibt. Viele Gründe scheinen angesichts des nur teilweise regionalen und überwiegend weltweiten Charakters der Seeschifffahrt dafür zu sprechen, dass entsprechende Standards eben auch auf Weltebene ausgearbeitet werden müssen, während andererseits die Durchsetzung naturgemäß immer an einem bestimmten Ort stattfinden muss. Für regionale Normsetzung scheint demzufolge wenig Raum zu bleiben. Unschwer lässt sich allerdings erkennen, dass regionale Übereinkommen jedenfalls dort einen Sinn ergeben, wo sie sich auf ein spezifisches schutzbedürftiges Gebiet beziehen. So existieren auf europäischer Ebene beispielsweise Übereinkommen zum Schutz der Ostsee5, der Nordsee6, des Mittelmeers7 und des Ostatlantiks8. Eine andere Frage ist es aber, 352). Nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission (KOM(2000) 142 endg., ABl. C 212 E, 25.7.2000, S. 121) hätte die Prestige ab dem 1.9.2002 keine EU-Gewässer mehr befahren dürfen, da sie dann über 23 Jahre alt war. 3 Lediglich Zypern hat MARPOL 73/78 Anlage III nicht ratifiziert. Vier EU-Mitglieder (Irland, Niederlande, Malta, Zypern) sind keine Vertragsparteien von MARPOL 73/78 Anlage IV. >Conventions >Status of Conventions – Complete List, Stand 15.4.2004. 4 , Stand 15.4.2004. 5 Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets vom 22.3.1974, BGBl. 1979 II, S. 1230; später ersetzt durch das Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets vom 9.2.1992, Helsinki, BGBl. 1994 II, S. 1397. 6 Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Nordsee vom 9.6.1969, BGBl. 1969 II, S. 2073, später ersetzt durch das Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe von 13.9.1983, BGBl. 1990 II, S. 71 (Bonn-Übereinkommen). 7 Übereinkommen zum Schutze des Mittelmeers vor Verschmutzung vom 16.2.1976 (Barcelona-Übereinkommen), ABl. L 240, 19.9.1977, S. 3, 1995 geändert zu Barcelona Convention for the Protection of the Marine Environment and Coastal Region of the Mediterranean, 10 June 1995, ABl. L 322, 14.12.1999, S. 34. 8 Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung vom 17.10.1990 (Lissabon-Übereinkommen), ABl. L 267, 28.10.1993, S. 22; Übereinkommen über den Schutz der

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welchen Beitrag die EU zur internationalen Schiffssicherheit zu leisten vermag. Eine zumindest auf den ersten Blick plausible Antwort lautet, dass sie der Sache der Schiffssicherheit am besten dient, wenn sie sich vor allem als Implementierungsinstanz für internationale Standards versteht9.

I. Chronologischer Überblick Hinsichtlich der Aktivitäten der EU bzw. EG auf dem Gebiet der Schiffssicherheit können mehrere Etappen unterschieden werden: In den ersten zwei Jahrzehnten des Bestehens der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft spielte Seeschifffahrtspolitik dort kaum eine Rolle, was freilich nicht daran gelegen haben kann, dass sie nach einer im Schrifttum verfochtenen These „ein Riese [war], der mit dem Rücken zum Meer saß“10. Dieses von Bismarck entlehnte Bild war wegen der Präsenz von nicht weniger als fünf Seeschifffahrt treibenden Ländern unter den ursprünglichen sechs Mitgliedstaaten (allein Luxemburg war die Ausnahme) von vornherein fragwürdig und hat seit dem Beitritt mehrerer Küstenstaaten mit einer beträchtlichen Handelsflotte (Großbritannien, Irland, Dänemark 1973, Griechenland 1981, Portugal und Spanien 1986) noch weiter an Überzeugungskraft verloren. Als einen ersten Schritt hin zu einer gemeinsamen Seeschifffahrtspolitik führte der Rat im Jahre 1977 ein Konsultationsverfahren für die Beziehungen der Mitgliedstaaten mit dritten Ländern und Internationalen Organisationen auf dem Gebiet der Seeschifffahrt ein. Diese Zusammenarbeit war allerdings noch rein wirtschaftlich motiviert11. Erst nach verschiedenen Öltankerunglücken vor europäischen Küsten („Anne Mildred Brovig“ 1966, „Torrey Canyon“ 1967, „Jakob Maersk“ 1975, „Amoco Cadiz“ 1978) richtete die Gemeinschaft ihre Aufmerksamkeit auf die Verhinderung von Ölunfällen auf See. Im Jahre 1978 forderte der Rat die Kommission erstmals auf, Vorschläge zur Erhöhung der Schiffssicherheit zu unterbreiten. Daraufhin wurde der erste gemeinschaftliche Rechtsakt bezüglich Mindeststandards für das Ein- und Auslaufen von besonders gefährlichen Tankschiffen in Seehäfen der Gemeinschaft verabschiedet12. Davon abgesehen beschränkte sich die EWG zunächst jedoch Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks vom 22.9.1992 (Paris-Abkommen 1992), BGBl. 1994 II, S. 1360. 9 Dazu W. Graf Vitzthum, Schiffssicherheit: Die EG als potentieller Durchsetzungsdegen der IMO, ZaöRV 62 (2002), 163–182. 10 R. Lagoni, Umwelt und Schiffssicherheit im Völkerrecht und im Recht der Europäischen Gemeinschaften, AVR 32 (1994), 382–404 (388). 11 Lagoni (Anm. 10), S. 390; J. Erdmenger, EG unterwegs – Wege zur Gemeinsamen Verkehrspolitik, Baden-Baden 1981, S. 96.

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auf Aufforderungen an die Mitgliedstaaten, den einschlägigen IMO- und ILO-Übereinkommen beizutreten13. Erst nachdem sich Mitte der neunziger Jahre weitere schwere Schiffsunglücke ereignet hatten14 und nachdem für die Seeschifffahrt das Einstimmigkeitsprinzip durch die qualifizierte Mehrheit ersetzt worden war, kam es zu weiteren EG-Rechtsakten (insbesondere zu Richtlinien über Klassifikationsgesellschaften und die Hafenstaatkontrolle15). Wirklich aufgeschreckt und zu zwei umfangreichen Maßnahmepaketen veranlasst wurde die europäische Politik durch den Untergang des 25 Jahre alten Einhüllen-Öltankers „Erika“ vor der bretonischen Küste im Dezember 1999, bei dem 400 Kilometer Küste verschmutzt wurden. Das Paket „Erika I“16 betraf die gravierendsten der durch die Ölpest im Dezember 1999 offenkundig gewordenen Lücken des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der Sicherheit im Seeverkehr. Es verschärfte die bestehenden Richtlinien über die Hafenstaatkontrolle17 und über die Tätigkeit von Klassifikationsgesellschaften18. Außerdem wurde ein Zeitplan für die Außerdienststellung 12 Richtlinie 79/116/EWG des Rates vom 21.12.1978 über Mindestanforderungen an das Einlaufen von bestimmten Tankschiffen in Seehäfen der Gemeinschaft und das Auslaufen, ABl. L 33, 8.2.1979, S. 33. Siehe auch Erdmenger 1981 (Anm. 11), S. 109. 13 Mitteilung der Kommission KOM(2000) 142 endg. (Erika I), (Anm. 1), S. 4. 14 Insbesondere die Havarien von „Aegean Sea“ vor La Coruña im Dezember 1992 und „Braer“ vor den Shetland-Inseln im Januar 1993, auf die der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 25.12.1993 ausdrücklich verwies; daraufhin nahm die Kommission am 24.2.1993 die Mitteilung für eine gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr, KOM(1993) 66 endg., Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 1993, Nr. 1–2, Ziff. 1.2.104, an. 15 Richtlinie 94/57/EG des Rates vom 22.11.1994 über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften), ABl. L 319, 12.12.1994, S. 20; Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19.6.1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157, 7.7.1995, S. 1; siehe auch Richtlinie 93/75/EWG des Rates vom 13.9.1993 über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern (sog. Hazmat-Richtlinie von „Hazardous Materials“), ABl. L 247, 5.10.1993, S. 19, die die Richtlinie 79/116/EWG ersetzt. 16 Mitteilung der Kommission KOM(2000) 142 endg. (Erika I), (Anm. 1). 17 Richtlinie 2001/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 95/21/EG des Rates zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 19, 22.1.2002, S. 17.

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von Einhüllen-Öltankschiffen erstellt19. Das Paket „Erika II“20 umfasste die Gründung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs21 und einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung eines Meldesystems zur besseren Überwachung des Schiffsverkehrs in den europäischen Gewässern22. „Erika II“ enthielt außerdem einen Vorschlag der Kommission zur Zahlung von Schadensersatz an die Opfer von Ölverschmutzungen, der jedoch nicht angenommen wurde23. Die im Rahmen von „Erika I“ und „Erika II“ verabschiedeten Maßnahmen fanden ab Januar 2003 (erste Außerdienststellung von Einhüllen-Öltankschiffen24), Juli 2003 (Richtlinien über die Hafenstaatkontrolle und die Klassifikationsgesellschaften) und Februar 2004 (Richtlinie über die Überwachung des Seeverkehrs) Anwendung. Außerdem legte die Kommission im Oktober 2002 ein Konzept für eine „Strategie zum Schutz und zur Erhaltung der Meeresumwelt“ vor25. 18 Richtlinie 2001/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 94/57/EG des Rates über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften), ABl. L 19, 22.1.2002, S. 9. 19 Verordnung (EG) Nr. 417/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.2.2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates, ABl. L 64, 7.3.2002, S. 1. 20 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über ein zweites Paket von Maßnahmen der Gemeinschaft für die Sicherheit der Seeschifffahrt im Anschluss an den Untergang des Öltankschiffs „Erika“ vom 6.12. 2000, KOM(2000) 802 endg. („Erika II“-Paket), , Stand 15.4.2004. 21 Die Agentur wurde gegründet durch Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), ABl. L 208, 27.6.2002, S. 1. 22 Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2002 über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/ EWG des Rates, ABl. L 208, 5.8.2002, S. 10. 23 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzung in europäischen Gewässern und damit in Verbindung stehende Maßnahmen. Enthalten in Mitteilung der Kommission KOM(2000) 802 endg. (Erika II), (Anm. 20). 24 Die Industrie hat dieser Maßnahme bereits vorweggegriffen, indem Schiffsreeder und -eigentümer in der Regel zum Öltransport aus den und in die Häfen der EU keine Schiffe nutzen, die älter als 15 Jahre sind und vorzugsweise auf Doppelhüllenschiffe zurückgreifen. Der Anteil an Doppelhüllenöltankschiffen ist von 39% im Jahr 2000 auf 51% Ende 2002 angestiegen. Es wird geschätzt, dass er im Jahr 2007 bei 75% liegt, Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. (Prestige), (Anm. 1), S. 6. 25 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament – Hin zu einer Strategie zum Schutz und zur Erhaltung der Meeresumwelt vom

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Nachdem der Untergang eines weiteren besonders alten und mit nur einer Hülle versehenen Schiffes vor der galizischen Küste im November 2002 („Prestige“) gravierende und langwierige Ölverschmutzungen auslöste, brachte die Kommission ein nächstes Maßnahmenbündel auf den Weg26: Dessen erster Teil sieht die beschleunigte Umsetzung der Pakete „Erika I“ und „Erika II“ vor (beschleunigte Einrichtung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, verstärkte Überwachung der Klassifikationsgesellschaften, Einrichtung eines transeuropäischen Telematiknetzes für die Überwachung des Seeverkehrs, Veröffentlichung einer vorläufigen Liste von Schiffen, die nicht der Richtlinie 95/21/EG27 entsprechen, schnellere Ausarbeitung der Pläne für die Aufnahme von Schiffen an Notliegeplätzen, Straffung des im Rahmen des „Erika I“-Pakets festgelegten Zeitplans für die Außerdienststellung von Einhüllen-Öltankschiffen28, Untersagung des Transportes von Schweröl mit Einhüllen-Öltankschiffen, die EUHäfen anlaufen, schnellere und umfassendere Anwendung der Vorschriften in Bezug auf die erweiterte Überprüfung für Einhüllen-Öltankschiffe, die die Altersgrenze noch nicht erreicht haben)29. Ein zweiter Teil des „Prestige-Paketes“ enthält ergänzende Maßnahmen in Hinblick auf die Beförderung von Schweröl, die Berichte von Lotsen und die Regelung von Haftung, Entschädigung und Strafsanktionen bei Ölunfällen auf See. Vorgesehen ist außerdem ein gemeinschaftliches System für die Anerkennung von außerhalb der EU erteilten Befähigungszeugnissen von Seeleuten. In einem dritten Teil regt die Kommission Schritte zum Vorgehen auf internationaler Ebene an, vor allem zum Fernhalten gefährlicher Schiffe von den wichtigsten Seewegen, zum Auditverfahren der Flaggenstaaten und zur Vertretung der EU-Interessen auf internationaler Ebene. Insbesondere soll die EU nach dem Willen der Kommission der IMO als vollberechtigtes Mitglied beitreten. Schließlich berichtet die Kommission in einem vierten Teil des „Prestige-Paketes“ von bislang erfolglosen Gesprä2.10.2002, KOM(2002) 539 endg., , Stand 15.4.2004. 26 Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. (Prestige), (Anm. 1). 27 Siehe oben Anm. 15. 28 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates, 20.12.2002, KOM(2002) 780 endg., , Stand 15.4.2004. 29 Mitteilung der Kommission – Bericht an den Europäischen Rat über die angesichts der Folgen der Prestige-Katastrophe zu ergreifenden Maßnahmen vom 5.3. 2003, KOM(2003) 105 endg., Punkt 2.2.1.4, , Stand 15.4.2004.

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chen mit den Vertretern der Erdölindustrie über den Abschluss freiwilliger Selbstverpflichtungen, denen zufolge Schweröl nicht mehr in Einhüllenöltankschiffen befördert werden darf und keine Einhüllenöltankschiffe mehr befrachtet werden sollen, die älter als 23 Jahre sind.

II. Rechtsgrundlagen im Primärrecht30 Als primärrechtliche Grundlage für die Maßnahmen der EG im Bereich der Schiffssicherheit auf See dient ganz überwiegend Art. 80 Abs. 2 im Titel V „Verkehr“ des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft (EG). Diese Generalklausel sieht vor, dass der Rat darüber entscheiden kann, „ob, inwieweit und nach welchen Verfahren geeignete Vorschriften für die Seeschifffahrt und den Luftverkehr zu erlassen sind“. Dies hatte zunächst einstimmig zu erfolgen, durch die Einheitliche Europäische Akte wurde jedoch 1987 die qualifizierte Mehrheit eingeführt. Außerdem wurden die Verfahrensvorschriften des Art. 71 EG für anwendbar erklärt. Seit dem Amsterdamer Vertrag gilt das Mitentscheidungsverfahren gemäß Art. 251 EG31. Die Ermächtigung des Art. 80 Abs. 2 EG umfasst nicht nur Beförderungsleistungen zur See und in der Luft als Wirtschaftsgut, sondern auch die zum Befahren und Transportieren erforderlichen technischen und organisatorischen Einrichtungen, einschließlich der Verkehrssicherheit, der sozialen Rahmenbedingungen und der Umweltverträglichkeit32. Selbst wenn durch den Vertrag von Maastricht die Aufgabe der „Verkehrssicherheit“ explizit nur für den Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr eingefügt worden ist (Art. 71 Abs. 1 lit. c EG), so ist doch unbestritten, dass eine entsprechende Befugnis auch für die Seeschiff- und die Luftfahrt vorliegt33. 30

Ausführlich W. Graf Vitzthum, Europäisches Seerecht – Eine kompetenzrechtliche Skizze, in: M. Brenner u. a. (Hrsg.), Der Staat des Grundgesetzes – Kontinuität und Wandel, Festschrift für Peter Badura zum siebzigsten Geburtstag, Tübingen 2004, S. 1189–1218; A. Proelß, Meeresschutz im Völker- und Europarecht – Das Beispiel des Nordostatlantiks, Berlin 2004, S. 321 ff. 31 J. Erdmenger, Art. 80 EG, in: H. von der Groeben/J. Schwarze (Hrsg.), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 6. Aufl., Baden-Baden 2003, Rn. 14–18; C. Jung, Art. 71 EG, in: C. Calliess/M. Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2. Aufl., Neuwied und Kriftel 2002, Rn. 30–31; P. Mückenhausen, Art. 80 EG, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt (Hrsg.), EU- und EG-Vertrag, 3. Aufl., Köln 2003, Rn. 7. 32 Erdmenger 2003 (Anm. 31), Rn. 7 sowie Art. 70 EG Rn. 6; P. Mückenhausen (Anm. 31), Rn. 6. 33 Erdmenger 2003 (Anm. 31), Rn. 7; J. de Dieu, EU Policies Concerning Ship Safety and Pollution Prevention Versus International Rule-Making, in: H. Ringbom (Hrsg.), Competing Norms in the Law of Marine Environmental Protection, London u. a. 1997, S. 141–163 (145).

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Aufgrund des über die nationalen Grenzen hinweggehenden Charakters der Seeschifffahrt werden in der Regel auch die Voraussetzungen des gemeinschaftlichen Subsidiaritätsprinzips gemäß Art. 5 Abs. 2 EG erfüllt sein. In Einzelfällen stützen sich Maßnahmen bzw. Vorschläge zur Verbesserung der Schiffssicherheit auch auf die Binnenmarkt- (Art. 95 EG) oder die Umweltkompetenz (Art. 174 EG)34 der Gemeinschaft. Gemäß dem Entwurf für eine europäische Verfassung aus dem Jahre 2003 soll die EU in Zukunft für die Verbesserung der Verkehrssicherheit in geteilter Kompetenz gemäß Art. III-134 lit. c, Art. I-13 Abs. 2 zuständig sein35.

III. Seeschifffahrt und EG-Binnenmarkt Der ursprüngliche EWG-Vertrag enthielt eine systematische Trennung zwischen Binnenverkehrsträgern einerseits und dem weltweit angelegten See- und Luftverkehr andererseits. Diese Trennung wurde mit der Einheitlichen Europäischen Akte aufgehoben. Insbesondere gilt seitdem auch für die Seeschifffahrt das Ziel der schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarktes (Art. 14 EG)36. Gemäß Art. 51 EG finden auf den Bereich „Verkehr“ die Spezialvorschriften der Art. 70–80 EG, nicht aber die Bestimmungen des Kapitels über die Dienstleistungsfreiheit Anwendung. Nach der Rechtsprechung der EuGH gelten, solange der Rat von seiner Rechtsetzungsbefugnis nach Art. 80 Abs. 2 EG keinen Gebrauch macht, für die Seeschifffahrt die allgemeinen Regeln des Vertrages. Erlässt der Rat Sekundärrecht, muss dieses im Einklang mit den Vertragszielen stehen37. Im Dezember 1986 verabschiedete der Rat ein Bündel von Verordnungen zum freien Dienstleistungsverkehr, zu Wettbewerbsregeln und zu Schutzmaßnahmen auf dem Gebiet der Seeschifffahrt38. Im Zuge der Vollendung des 34 So z. B. der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom 13.3.2001, KOM(2001) 139, ABl. C 180 E, 26.6.2001, S. 238; geändert durch KOM(2002) 544 endg., ABl. C 20 E, 28.1.2003, S. 284. 35 , Stand 15.4.2004. 36 A. Frohnmeyer, Art. 80 EG, in: E. Grabitz/M. Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Band I, München 2002, Rn. 1–2. 37 Rs. 167/73, Slg. 1974, 359; Rs. 209–213/84 (Nouvelles Frontières) Slg. 1986 II, 1425: „Konkurrenzverhältnis der Addition“; Erdmenger 2003 (Anm. 31), Rn. 21. 38 Sog. „Maritime Package“: Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22.12.1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 1; Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22.12.1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 4; Verordnung (EWG) Nr. 4057/86 des Rates vom 22.12.1986 über unlautere Preisbildungsprakti-

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Binnenmarktes erließ der Rat 1992 eine weitere Regelung, mit der auch die Kabotage liberalisiert wurde39. Staatliche Beihilfen, die in der EG gemäß Art. 87 Abs. 1 EG grundsätzlich verboten sind, können im Seeverkehr unter bestimmten Bedingungen genehmigt werden, vor allem wenn die Sicherheit an Bord verbessert oder die Schiffsausrüstung über die vorgeschriebenen Standards hinaus erhöht werden soll40. Weiterhin können auch Beihilfen für vorzeitiges Abwracken genehmigt werden, wie dies im Jahre 2002 bezüglich der italienischen Regelung zur freiwilligen Außerdienststellung von alten Einhüllenschiffen geschah41.

IV. Institutionelle Verankerung 1. Europäische Kommission Der Europäischen Kommission kommt bei den Bemühungen der EU um einen größeren Schutz vor Schiffsunfällen eine Schlüsselrolle zu. Einerseits gab sie mit ihren in den Paketen „Erika I“, „Erika II“ und „Prestige“ gebündelten Initiativen Anstoß zu wichtigen Legislativmaßnahmen. Nicht selten rügte sie dabei den Rat wegen seines aus ihrer Sicht zu zögerlichen Vorgehens. Andererseits spielt sie als Durchsetzungsorgan eine zentrale Rolle42. 2. Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA)43 Zur Unterstützung der Bemühungen der EU um die Sicherheit des Seeverkehrs wurde 2002 die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) gegründet44. Sie hat folgende – bisher vorwiegend koorken in der Seeschiffahrt, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 14; Verordnung (EWG) Nr. 4058/86 des Rates vom 22.12.1986 für ein koordiniertes Vorgehen zum Schutz des freien Zugangs zu Ladungen in der Seeschiffahrt, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 21. 39 Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7.12.1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage), ABl. L 364, 12.12.1992, S. 7. 40 Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr, ABl. C 205, 5.7.1997, S. 5; Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen, ABl. C 37, 3.2.2001, S. 3. 41 Entscheidung 2002/868/EG der Kommission vom 17.7.2002 über die Beihilferegelung Italiens zur Verringerung der Zahl der über 20-jährigen Einhüllen-Öltankschiffe der italienischen Tankerflotte, ABl. L 307, 8.11.2002, S. 49. 42 Siehe dazu unten, VI. 43 , Stand 15.4.2004.

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dinierende – Aufgaben: Sammlung von Informationen und Auswertung von Datenbanken zur Sicherheit des Seeverkehrs, Prüfung und Beurteilung der Klassifikationsgesellschaften, Schulungen, Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten (Seeverkehrsmanagement, Notliegeplätze)45. Die Agentur kann auch Kontrollbesuche in den Mitgliedstaaten durchführen46. Der EMSA-Verwaltungsrat, dem je ein Vertreter pro Mitgliedstaat, vier Vertreter der Kommission und vier Vertreter der betroffenen Wirtschaftszweige angehören, tagte zum ersten Mal Ende 2002. Zum Exekutivdirektor wurde der Niederländer Willem de Ruiter bestellt47. Die Agentur, die für das Jahr 2004 mit einem Budget von 12,6 Mio. EUR ausgestattet war48, hat in der zweiten Jahreshälfte 2003 ihre Arbeit aufgenommen. Ende 2003 einigte sich der Europäische Rat auf Lissabon als zukünftigen Sitz der Agentur49. Vorläufig ist sie noch in Gebäuden der Kommission in Brüssel untergebracht50. Die Kommission hat im August 2003 vorgeschlagen, die Aufgaben von EMSA dahingehend auszuweiten, dass sie ausdrücklich auch für die Gefahrenabwehr im Seeverkehr und das Eingreifen bei Verschmutzungen zuständig ist51. So ist unter anderem geplant, dass die Agentur für den Einsatz im Katastrophenfall Ölbekämpfungsschiffe und anderes Hilfsgerät kauft oder mietet. 44

Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 (EMSA) (Anm. 20), S. 1. Diese Verordnung wurde geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1644/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.7.2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/ 2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, ABl. L 245, 29.09.2003, S. 10, die jedoch nur haushaltsrechtliche Aspekte und Fragen des Zugangs zu Dokumenten regelt. 45 Art. 2 Verordnung 1406/2002 (Anm. 21). 46 Art. 3 Verordnung 1406/2002 (Anm. 21). 47 Pressemitteilung IP/03/138 der Kommission vom 29.1.2003: „Sicherheit im Seeverkehrs: Loyola de Palacio begrüßt Ernennung des Exekutivdirektors der neuen Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs“, , Stand 15.4.2004. 48 Neben diesem allgemeinen Haushalt wurde ein zusätzliches Budget für Ölbekämpfungseinsätze im Katastrophenfall (z. B. für das Leasen von entsprechender Technik) vorgeschlagen. , Stand 15.4.2004. 49 Einvernehmlicher Beschluss 2004/97/EG der auf Ebene der Staats- und Regierungschefs vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten vom 13.12.2003 über die Festlegung der Sitze bestimmter Ämter, Behörden und Agenturen der Europäischen Union, Euratom, ABl. L 29, 3.2.2004, S. 15. 50 Mitteilung der Kommission KOM(2003) 105 endg. (Anm. 29), Punkt 2.2.1.5. 51 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, 6.8.2003, KOM(2003) 440 endg., , Stand 15.4.2004.

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3. EQUASIS Zur Erhöhung der Transparenz in der Schifffahrt hat die Kommission gemeinsam mit der französischen Seebehörde im Jahre 2000 eine neue Datenbank über die Schiffssicherheit, EQUASIS52, eingerichtet, die Daten über die Sicherheit und Qualität von Schiffen und über die Schiffsbetreiber erfasst, welche von jedermann über das Internet abgerufen werden können53. Sie soll insbesondere für Charterer, denen daran gelegen ist, Schiffe in gutem Zustand auszuwählen, sowie für Besichtiger des Hafenstaates Informationen bereitstellen. EQUASIS erfasst Einzelheiten über den Typ, die Flagge, das Alter, den Eigner und die Vorgeschichte sämtlicher Handelsschiffe der Welt. Informationen über die Überprüfungen der Hafenstaatkontrollregionen Europa, Asien-Pazifik und Vereinigte Staaten sind ebenfalls verfügbar. Darüber hinaus enthält die Datenbank Informationen über die Klassifikation und die Versicherung der Schiffe. EQUASIS enthält jedoch nur Sachinformationen, keine Beurteilungen oder Ranglisten von Schiffen. Die Datenbank soll lediglich dazu dienen, dass jeder Benutzer die Qualität und die Sicherheit eines Schiffes anhand der Daten selbst beurteilen kann. EQUASIS ist kostenlos und wird durch öffentliche Gelder finanziert (in der Aufbauphase bis Ende 2001 durch Frankreich und die Kommission, seitdem zusätzlich durch das Vereinigte Königreich, Spanien, Singapur und Japan). 4. Nichtständiger Ausschuss des Europäischen Parlaments Das Europäische Parlament hat im November 2003 einen nichtständigen Ausschuss zur Verbesserung der Sicherheit auf See (MARE) eingesetzt54. Das Gremium, das aus 44 Europa-Abgeordneten aller Fraktionen besteht, befasst sich über einen Zeitraum von sechs Monaten mit den Ursachen sowie den sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Schiffskatastrophen, insbesondere von „Prestige“ und „Erika“. Weiterhin soll er Schiffssicherheitsstandards und ihre Anwendung durch die Mitgliedstaaten analysieren und Vorschläge für mögliche Verbesserungen unterbreiten. Der Bericht des Ausschusses wurde im April 2004 angenommen.

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European Quality Shipping Information System. , Stand 15.4.2004. 54 Website des Ausschusses: , Stand 15.4.2004. 53

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5. COSS-Ausschuss Durch eine Vielzahl von EG-Richtlinien im Bereich der Schifffahrtssicherheit wurden Ausschüsse eingesetzt, die die Kommission bei den ihr übertragenen Aufgaben, unterstützen sollten55. Durch Verordnung (EG) Nr. 2099/200256 wurden diese unterschiedlichen Foren durch ein einziges Gremium, den sog. COSS-Ausschuss57, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht, ersetzt. Dadurch wird Know-how gebündelt und die Übernahme von Aktualisierungen internationaler Vorschriften in das europäische Recht beschleunigt und vereinfacht.

V. Vorgehen auf internationaler Ebene Die EG hat, vertreten durch die Kommission, seit 1974 Beobachterstatus in der IMO. Allerdings ist dieser naturgemäß weit entfernt von den Rechten eines echten Mitglieds. Deshalb setzt sich die Kommission seit längerem für den Beitritt der EG zur IMO ein58. Allerdings wird dieses Anliegen durchaus zweischneidig beurteilt: So könnte der Einzug eines EU-Verbandes in die IMO möglicherweise die Bildung von Gegenblöcken und damit „eine Blockierung des guten Geistes der Organisation“59 auslösen. Andere meinen, dass die IMO-Mitgliedschaft der EG der Besorgnis, eine euro55 Siehe insbesondere den Ausschuss gemäß Art. 12 Richtlinie 93/75/EWG (Anm. 15); Ausschuss „Sichere Meere“ durch Beschluss 87/373/EWG des Rates vom 13.7.1987 zur Festlegung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. L 197, 18.7.1987, S. 133. 56 Verordnung (EG) Nr. 2099/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.11.2002 zur Einsetzung eines Ausschusses für die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (COSS) sowie zur Änderung der Verordnungen über die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe, ABl. L 324, 29.11.2002, S. 1. 57 Committee on Safe Seas and on the Prevention of Pollution from Ships – Ausschuss für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung der Umweltverschmutzung durch Schiffe. 58 Mitteilung der Kommission KOM(1993) 66 endg. (Anm. 14), Teil II. 4., Ziff. 151. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 9.4.2002: „Stärke durch Geschlossenheit: Kommission fordert den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zur ICAO und zur IMO“; siehe auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/03/330 vom 5.3.2003: Gemeinsame Erklärung anlässlich des Treffens der Vizepräsidentin der Europäschen Kommission, Loyola de Palacio, und des Generalsekretär der Internationalen Schifffahrtsorganisation, William O’Neil, , Stand 15.4.2004. Memo der Kommission „Mehr Sicherheit im Seeverkehr: mit voller Kraft voraus“ vom 21.10.2003, S. 8, , Stand 15.4.2004.

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päische Schifffahrtpolitik könne zur Zersplitterung des globalen Regimes führen, gerade die Grundlage entzöge60. In jedem Fall bedürfte es jedoch für eine IMO-Mitgliedschaft der EG als Internationaler Organisation einer Änderung des IMO-Übereinkommens, da derzeit nur Staaten Mitglied werden können61. Hierzu ist eine Zweidrittelmehrheit nötig62, so dass ein baldiger Beitritt nicht zu erwarten ist. Somit muss sich die EU vorerst darauf beschränken, die Mitgliedstaaten aufzufordern, ihre Politik im Rahmen der IMO abzusprechen und es je nach Zuständigkeit dem Vorsitz der Europäischen Union bzw. der Kommission zu ermöglichen, der europäischen Position Ausdruck zu verleihen63. Da die EG selbst weder Mitglied der IMO noch einer der im IMO-Rahmen ausgearbeiteten und angenommenen Konventionen ist, ist sie an diese völkerrechtlichen Verträge grundsätzlich nur insofern gebunden als sie Völkergewohnheitsrecht widerspiegeln (oder aber insoweit, als sie in das SRÜ inkorporiert sind, dessen Vertragspartei die EG ist)64. Allerdings ist sie nach analoger Anwendung von Art. 307 EG zur Achtung der von ihren Mitgliedstaaten geschlossenen Verträge verpflichtet („Völkerrechtsfreundlichkeit der Gemeinschaft“65); sie kann das IMO-Recht ausfüllen und durchsetzen66. In gewisser Weise besteht hier eine perplexe Situation: Die EU-Mitgliedstaaten sind zwar IMO-Mitglieder, dürfen sich aber aus Gründen der EG-Kompetenzordnung nicht mehr an neuen IMO-Konventionen beteiligen. Die EG wiederum ist mangels Staatsqualität gehemmt. Graf Vitzthum schlägt vor, dass die EU-Mitglieder deshalb und aus dem Gebot der Gemeinschaftstreue (Art. 10 EG) heraus völkerrechtliche Verträge, die die Seeschifffahrtssicherheit betreffen, als Sachwalter der EG abschließen67. Trotz der genannten Schwierigkeiten ist die EU ein sehr wichtiger Akteur auf globaler Ebene, der gleichsam als „Katalysator“ für die Erhöhung der internationalen Sicherheitsstandards wirkt68. 59

So A. Werbke, Kommentar: Umwelt und Schiffssicherheit: Recht der Europäischen Gemeinschaften contra Völkerrecht?, AVR 32 (1994), 405–421 (421). 60 Graf Vitzthum 2004 (Anm. 29) S. 1217. 61 Gemäß Art. 4 Übereinkommen über die Internationale Seeschiffahrts-Organisation vom 6.3.1948, zuletzt geändert durch Beschluss vom 15.11.1979, in der seit 10.11.1984 geltenden Fassung (IMO-Übereinkommen), BGBl. 1986 II, S. 423, können nur Staaten Mitglied der IMO werden. 62 Art. 66 IMO-Übereinkommen. 63 Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. (Prestige), (Anm. 1), S. 15. 64 Graf Vitzthum 2004 (Anm. 30), S. 1203. 65 H. Krück, Art. 307 EG, in: J. Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Baden-Baden 2000, Rn. 2. 66 Graf Vitzthum 2004 (Anm. 30), S. 1206. 67 Graf Vitzthum 2004 (Anm. 30), S. 1207; ebenso Proelß (Anm. 30), S. 338 ff.

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VI. Die Rolle der EU bei der Durchsetzung internationaler Standards Bei der Durchsetzung der internationalen Schiffssicherheitsstandards kommen deutlich die Vorteile des supranationalen Charakters der EG zum Tragen: Im Gegensatz zu den relativ machtlosen Institutionen auf weltweiter Ebene69 hat die Europäische Kommission als „Hüterin des Gemeinschaftsrechts“ (Art. 211 EG) effiziente Mittel an der Hand, um gegen säumige Mitglieder vorzugehen. Beispielsweise leitete die Kommission kürzlich gegen acht Mitglieder ein Verfahren gemäß Art. 226 EG wegen Nichtumsetzung der Richtlinien über die Hafenstaatkontrolle70 und über die Klassifikationsgesellschaften71 ein, deren Umsetzungsfristen jeweils im Juli 2003 abliefen72. Auch in Bezug auf die Richtlinie 2002/59/EG, die bis zum Februar 2004 umzusetzen war, geht die Kommission derzeit gegen zwölf säumige Mitgliedstaaten vor73. In der Endkonsequenz schwebt dabei insbesondere die Möglichkeit der Verhängung eines Zwangsgeldes durch den EuGH (Art. 228 Abs. 2 EG) wie ein Damoklesschwert über säumigen Mitgliedern74. Außerdem haben die Mitgliedstaaten im Falle der Nichtumsetzung von Richtlinien der Francovich-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zufolge Einzelpersonen aufgrund der Nichtumsetzung erlittene Schäden zu ersetzen75. 68 D. Stefaniuk, La prévention des marées noires et leur indemnisation. Aspects de droit international et européen, Journal du Droit International 130 (2003), 1013– 1057 (1016, 1057). Von Seiten der Schiffseigner wird das im Vergleich zur IMO schärfere Vorgehen der EG geradezu gefürchtet, vgl. N. Gaskell, Decision Making and the Legal Committee of the International Maritime Organization, The International Journal of Marine and Coastal Law 18 (2003), 155 (161). 69 F. Mechel/M. Reese, Meeresumweltschutz für die Nord- und Ostsee im Überblick, ZUR 13 (2003), 321–329 (327). 70 Richtlinie 2001/106/EG (Anm. 17). 71 Richtlinie 2001/105/EG (Anm. 18). 72 Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/03/1533 vom 11.11.2003: „Seeverkehrssicherheit: Acht Mitgliedstaaten erhalten mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission“ , Stand 15.4.2004. 73 Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/04/268 vom 26.2.2004: „Nichtumsetzung einer wichtigen Richtlinie im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr: Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen 12 Mitgliedstaaten ein“ , Stand 15.4.2004. 74 Siehe z. B. die Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung der Richtlinie 94/57/EG gegen Belgien (Urteil vom 14.5.1998, Rs. C-368/97, Slg. 1998 I, 2967) und wegen Nichtumsetzung der Richtlinie 95/21/EG gegen Irland (Urteil vom 15.9.1998, C-431/97, Slg. 1998 I, 5055) sowie Italien (Urteil vom 11.11.1999, C-315/ 98, Slg. 1999 I, 8001). Im Ergebnis wurde jeweils eine Vertragsverletzung festgestellt.

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Aus völkerrechtlichen Überwachungs- und Durchsetzungsrechten der Küsten- und Hafenstaaten werden also durch Zwischenschaltung der EG rechtsverbindliche Überwachungs- und Durchsetzungspflichten, wodurch die Effizienz der Hafenstaatkontrolle und der Überwachung vor den Küsten deutlich gesteigert wird76. Insofern ist es vollkommen angemessen, von der EG als dem „regionalen Durchsetzungsdegen“ der IMO77 zu sprechen.

VII. Überblick über die verschiedenen Handlungsstrategien der Gemeinschaft Zusammenfassend lassen sich verschiedene Handlungsstrategien der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Schiffssicherheit auf See unterscheiden78: Zum einen und zuallererst geht es um die einheitliche Implementierung internationaler Standards in allen EU-Mitgliedstaaten in ihrer Rolle als Flaggenstaaten. Als Beispiele hierfür seien nur die Umsetzung der globalen STCW79- und SOLAS-Standards zur Ausbildung von Seeleuten durch entsprechende EG-Richtlinien oder die wettbewerbsneutrale Umsetzung des Pariser Hafenstaatabkommens80 durch die EG-Hafenstaatrichtlinie genannt. Bedeutsam ist diese Übernahme in das EG-Recht ganz offensichtlich, wenn nicht alle EU-Staaten Partei des betreffenden internationalen Übereinkommens sind81. Daneben können dort, wo internationale Übereinkommen bewusst Spielräume lassen82, wettbewerbsneutrale EU-einheitliche Regeln getroffen werden. Andererseits ist die Übernahme in das EG-Recht auch deshalb sinnvoll, weil auf EG-Ebene wesentlich effizientere Durchsetzungsmechanismen existieren als auf globaler Ebene83. Schließlich kön75 EuGH, Urteil vom 19.11.1991, Rs. C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991-I, 5357, NJW 45 (1992), 165, EuZW 2 (1991), 758. Dazu auch Power/Casey (Anm. 2), S. 353. 76 D. König, Schiffssicherheit und Umweltschutz vor Deutschlands Küsten, NordÖR 6 (2003), 89–98 (97). 77 Graf Vitzthum (Fn. 9), S. 172. 78 Die vier erstgenannten Strategien finden sich bereits in der Mitteilung der Kommission KOM(1993) 66 endg. (Anm. 14), Zusammenfassung; siehe außerdem de Dieu (Anm. 32), S. 148–150; Graf Vitzthum (Anm. 9), S. 174–176. 79 Internationales Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten, BGBl. 1982 II, S. 298, Neufassung in Kraft seit 1.2.1997, BGBl. 1997 II, S. 1119. 80 Pariser Abkommen zur Hafenstaatkontrolle, BGBl. 1982 II, S. 586. 81 Irland und die Niederlande sind keine Vertragsparteien von MARPOL 73/78 Anlage IV, Dänemark ist nicht Partei des SRÜ. 82 Z. B. SOLAS 1974 Regel II-2/4 Abs. 3.1.3; Regel VIII/7 lit. a und 8. Graf Vitzthum 2002 (Anm. 9), S. 174. 83 Siehe oben VI.

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nen Änderungen der internationalen Übereinkommen durch die Änderung der entsprechenden Richtlinie schnell an die EU-Mitgliedstaaten weitergegeben werden. Zweitens werden globale Regeln auch gegenüber Drittlandschiffen durchgesetzt, vor allem im Rahmen der Hafenkontrolle. Dabei werden nach dem Nichtbegünstigungsprinzip Drittlandschiffe ebenso kontrolliert wie Schiffe unter der Flagge eines EU-Mitgliedslandes. Drittens fördert die EU den Ausbau der Infrastruktur vor Europas Küsten (Verkehrsregelungen, Meldesysteme etc.). Viertens wirkt die Union auf ein koordiniertes politisches Vorgehen der EU-Mitglieder im Rahmen der IMO hin. Fünftens werden die Bemühungen der EU auch institutionell verankert (insbesondere durch die neu errichtete Agentur EMSA). Eine sechste Handlungsstrategie schließlich ist das Einwirken auf das Verhalten der privaten Akteure durch Anreize und Sanktionen. Welche Rolle nun können eigenständige EU-Standards angesichts des internationalen, ja globalen Charakters der Seeschifffahrt spielen? Der Rat verwies 1990 auf die IMO als die „Hauptansprechstelle bei der Verhütung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung auf internationaler Ebene“84. Auch die Kommission betonte Anfang der neunziger Jahre, dass die EG „die Sicherheit im Seeverkehr . . . im Rahmen der bestehenden internationalen Organisationen verfolgen“ solle85. Entschiedener zugunsten regionaler Standards nach dem Beispiel des amerikanischen Oil Pollution Act 199086 positionierte sich allerdings schon damals das Europäische Parlament87. Gegen regionale Sondervorschriften sprechen mehrere Gründe: Zum einen kosten Sicherheitsmaßnahmen die Schiffsbetreiber Geld, sie stellen also potenzielle Wettbewerbsbeeinträchtigungen dar, die zu einer „Flucht aus den Flaggen der EG-Mitgliedsstaaten“88 führen können. Weiterhin könnten regionale Sondervorschriften über die Stärkung der Küsten- sowie der Hafenstaaten zulasten des Flaggenstaates den Bemühungen um eine universell einheitliche Rechtsordnung für die Seeschifffahrt zuwiderlaufen; in diesem Zusammenhang ist von der Gefahr einer „Fragmentierung des internationalen Rechts“ die Rede89. Schließlich sind Sondervorschriften auch schwieri84 Entschließung des Rates vom 19.6.1990 über die Verhütung von Unfällen, die zur Meeresverschmutzung führen, ABl. C 206, 18.8.1990, S. 1. 85 Mitteilung der Kommission KOM(1993) 66 endg. (Anm. 14), Teil I. 4, Ziff. 28, 29. 86 33 U.S.C. 2701 ff. 87 Entschließung des Parlaments zur Havarie des Öltankers „Braer“, ABl. C 42, 15.2.1993, S. 155. 88 Lagoni (Anm. 10), S. 403. 89 Lagoni (Anm. 10), S. 396.

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ger durchzusetzen als (quasi) universell geltende Normen90. Die Tätigkeit der EU sollte deshalb darauf gerichtet sein, die Arbeit der IMO zu stärken und in den Bereichen zu ergänzen, in denen diese nicht tätig ist. Dazu darf die EG in erster Linie nicht selbst regionale Standards festlegen, sondern muss sich im Wesentlichen um das In-Kraft-Treten und die Anwendung der internationalen Standards bemühen91. Regionale Standards sollten jedoch dann geschaffen werden, wenn dies „zum Schutz besonders wichtiger regionaler oder lokaler Interessen zur Vermeidung erheblicher Gefahren für die Umwelt unerlässlich“ ist92. Abschließend sei noch ein weiterer positiver Aspekt einer starken Rolle der EU im Bereich der Seeschifffahrt genannt: Da die Mitgliedstaaten offenkundig vorerst dabei gescheitert sind, die Meere sicherer zu machen, könnte eine Vorreiterrolle der EU in diesem Bereich auch zur Stärkung der europäischen Identität sowie zur positiveren und vertrauensvolleren Wahrnehmung der EU in der allgemeinen Öffentlichkeit beitragen93.

90 Vgl. z. B. die Durchsetzungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem im US-amerikanischen Oil Pollution Act 1990 vorgeschriebenen unüblich hohen Reederhaftungsbetrag, Lagoni (Anm. 9), S. 396. 91 De Dieu (Anm. 33), S. 141, 163; J. Erdmenger, Art. 84 EGV, in: H. von der Groeben/J. Thiesing/C.-D. Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 5. Aufl., Baden-Baden 1997, Rn. 61; W. Erbguth u. a., Maritime Sicherheit im Ostseeraum 2002, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band II), Schwerin 2002, S. 204–339 (257). 92 Lagoni (Anm. 10), S. 395. 93 Graf Vitzthum 2004 (Anm. 30), S. 1217.

Die technischen Regeln zur Erhöhung der Sicherheit von Öltankern Von Marcus Schroeder* Mit den ersten großen Schiffsunglücken in der Geschichte der Seefahrt entstanden auch internationale Bemühungen, die Sicherheit auf See zu erhöhen. So führte der Untergang der „Titanic“ schnell zu einem bis in die heutige Zeit reichenden internationalen Abkommen, dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz des Menschlichen Lebens auf See (SOLAS)1. Die modernen Regeln zur Sicherheit von Tankschiffen auf See lassen sich grob in vier Bereiche einteilen. Einen wesentlichen Anteil haben die Vorschriften betreffend die Konstruktion und die technische Ausstattung von Tankschiffen (I.). Daneben stehen die Vorschriften, die der Unfallverhütung auf See dienen und wie die „Straßenverkehrsregeln“ an das Verhalten der Seeleute und Schiffskapitäne anknüpfen (II.). Den dritten Bereich bilden die Vorschriften über die Ausbildung und Qualifizierung der Kapitäne, Schiffsoffiziere und Seeleute (III.). Schließlich gibt es Vorschriften zur Kontrolle der materiellen Standards (IV.).

I. Anforderungen an Schiffsbau und Konstruktion Moderne Öltanker stellen aufgrund ihrer Größe und der erheblichen physikalischen Kräfte, die auf der Hohen See wirken, enorme Anforderungen an Material und Technik. Vorschriften über den Bau und die Konstruktion * Die europarechtlichen Passagen entstanden in Zusammenarbeit mit Karola Wolprecht. 1 International Convention for the Safety of Life at Sea, in: C. J. Colombos, Internationales Seerecht, München 1963, § 387. Diese Konvention trat allerdings wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges nicht in Kraft. Später wurde SOLAS mehrfach revidiert und wieder belebt und trat am 26.5.1965 in der Fassung von 1960 in Kraft: BGBl. 1965 II, S. 480. Am 1.11.1974 wurde SOLAS 1960 überarbeitet und als komplett neue Konvention verabschiedet. SOLAS 1974 trat am 25.5. 1980 in Kraft: BGBl. 1979 II, S. 142; Anlage zu SOLAS im Anlagenband zum BGBl. Nr. 8, S. 3; aktuellste komplette Textfassung in: IMO, SOLAS, Consolidated Edition 2001, London 2001; ein Überblick über die Änderungen zu SOLAS findet sich auf , Stand 15.4.2004.

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von Öltankschiffen finden sich vor allem im Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL 73/ 78)2 und dem bereits erwähnten Internationalen Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und seinen Protokollen (SOLAS 19743). Beide Abkommen sind seit ihrer ursprünglichen Unterzeichnung mehrfach durch Protokolle sowie Beschlüsse des Maritime Safety Committee (MSC) bzw. des Marine Environment Protection Committee (MEPC) der IMO geändert worden4. Die Anforderungen an Konstruktion und Ausstattung verkörpern zum Teil Lehren aus vergangenen Tanker- und Schiffsunglücken und zum Teil den Versuch, neue wissenschaftliche Erkenntnisse für die Sicherheit von Tankern auf See umzusetzen. Diese Vorschriften sind sehr komplex und können hier nur exemplarisch dargestellt werden. 1. Doppelhüllentanker a) Umrüstung auf Doppelhüllentanker Die wohl einschneidendste Vorschrift den Tankerbau betreffend ist die verbindliche Einführung von Schiffen mit doppeltem Rumpf oder „Doppelhülle“5. Öltanker mit doppeltem Rumpf wurden zuerst von den USA im Oil Pollution Act 1990 mit einer Übergangsfrist bis 2015 vorgeschrieben6. Das heißt, ab 2015 darf kein Einhüllentankschiff mehr einen US-amerikanischen Hafen anlaufen. Das Recht der friedlichen Durchfahrt lässt der Oil Pollution Act ausdrücklich unangetastet. Diese Vorschrift folgte unmittelbar dem Unfall des Einhüllentankers „Exxon Valdez“, der am 23. März 1989 auf das Bligh Riff im Prinz William Sund, Alaska, aufgelaufen war und verheerende Umweltschäden verursacht hatte7. Tanker mit doppelter Hülle 2 International Convention for the Prevention of Pollution from Ships, aktueller Text: IMO, MARPOL 73/78, Consolidated Edition 2002, London 2002. 3 Sofern nicht ausdrücklich vermerkt, wird in der Folge die aktuellste Textausgabe (Anm. 1) als SOLAS 1974 bezeichnet. Die zitierten Regeln finden sich in der Anlage zu SOLAS 1974, die ebenfalls in der Textausgabe abgedruckt ist. Die römische Zahl in den Zitaten bezeichnet das Kapitel der Anlage, die arabische die Regel selbst. 4 Das MARPOL-Abkommen sogar 21-mal. Zum Änderungsverfahren siehe oben, Beitrag von Christian Tomuschat, Abschn. II. 2. 5 Diese Termini werden synonym gebraucht. Im englischen Sprachraum hat sich der Terminus „double hull“ durchgesetzt. 6 46 U.S.C. 3703a, para. (c) (2) United States Code, as amended by Oil Pollution Act 1990, , Stand 15.4.2004.

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sind sicherer für die Umwelt, weil die äußere Hülle bei einem Unfall einen Großteil der Aufprallenergie absorbiert und so die Ladetanks unbeschädigt bleiben. Bleiben die Ladetanks intakt, kann zumindest kein auslaufendes Öl Schäden an der maritimen Tier- und Pflanzenwelt anrichten. So wurden unlängst bei zwei Unfällen in der Ostsee, an denen die Tanker „Baltic Carrier“ und „Pindar“ beteiligt waren, ähnlich katastrophale Folgen wie bei der „Prestige“ unter anderem deshalb vermieden, weil die Schiffe eine Zwischendeck- bzw. Doppelhüllenkonstruktion besaßen8. Auf internationaler Ebene schreibt Regel 13F der Anlage I zu MARPOL 73/789 die Ausrüstung von neuen Tankern mit einem doppelten Rumpf vor10. Aber auch die vorhandenen Schiffe müssen umgerüstet werden. Mit dem In-Kraft-Treten der Änderungen der Anlage I, die am 27. April 2001 beschlossen wurden und am 1. September 2002 in Kraft traten11, wurde die Umstellung auf Doppelhüllentanker beschleunigt. Die neue Regel 13G stellte eine Tabelle auf, die alle Tankschiffe in Abhängigkeit von ihrer Größe und ihrem Alter erfasst und einen Umstellungszeitpunkt festlegt12. Danach müssen die ältesten Tanker, die 1973 oder früher gebaut wurden, bereits zu ihrem Jahrestag im Jahr 2003 umgerüstet sein. Spätestens mit Ablauf des Jahres 2015 sollen sämtliche Öltanker ab 5.000 Tonnen Tragfähigkeit dem Doppelhüllenstandard entsprechen. In Reaktion auf das „Prestige“-Unglück hat das MEPC der IMO diesen Zeitplan auf seiner 50. Sitzung im Dezember 2003 abermals beschleunigt. Nunmehr sollen bis zum Jahr 2010 die letzten Einhüllentanker auf den Doppelhüllentankerstandard umgerüstet werden. Diese Änderungen treten voraussichtlich am 5. April 2005 nach dem Verfahren der stillschweigenden Annahme („tacit acceptance“) in Kraft13. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann der Flaggen7 Zu den Einzelheiten des Unfalls siehe: J. Rispens, Zehn Jahre „Exxon Valdez“, 1999, , Stand 15.4.2004. 8 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr nach dem Untergang des Öltankschiffs „Prestige“ vom 3.12.2002 KOM(2002) 681 endg. („Prestige“), S. 10, , Stand 15.4.2004. 9 Eingeführt am 6.3.1992, in Kraft seit 6.7.1993. 10 Als neue Tanker gelten alle Tanker ab 600 tdw., deren Herstellungsvertrag nach dem 6.7.1993 abgeschlossen wurde (Regel 13F Abs. 1 lit. a) oder dessen Kiellegung ab 6.7.1994 oder Lieferung ab 6.7.1996 erfolgte. 11 Entschließung MEPC.95(46), vom 27.4.2001, in Kraft seit 1.9.2002, Text in BGBl. 2002 II, S. 2943. 12 BGBl. 2002 II, S. 2947. 13 Marine Environment Protection Committee (MEPC), 50th session: 1 and 4 December 2003, , Stand 15.4.2004.

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staat bei neueren Schiffen, die näher bezeichneten technischen Standards entsprechen, eine Ausnahmegenehmigung für Einhüllentanker erteilen. Das geht allerdings maximal solange, bis das betreffende Schiff 25 Jahre alt ist. Bei zu großzügigem Gebrauch durch die Flaggenstaaten liegt hierin allerdings die Gefahr, dass selbst das Stichjahr 2015 bzw. 2010 Makulatur werden könnte. Die Verantwortung hierfür tragen die Verwaltungen der Flaggenstaaten, die über die Ausnahmen entscheiden. In Kenntnis dieser Verantwortung haben sich die Ostseestaaten verpflichtet, von derartigen Ausnahmeregelungen keinen Gebrauch zu machen14. In Bezug auf das besonders umweltschädliche Schweröl (heavy grade oil, HGO) hat das MEPC ebenfalls in Reaktion auf das Prestigeunglück ein gänzliches Transportverbot in Einhüllentankern ab 5.000 tdw. beschlossen, welches nach In-KraftTreten der entsprechenden Einführung der Regel 13H (voraussichtlich 5. April 2005) gelten soll. Für Schiffe ab 600 tdw. soll dieses Verbot ab 2008 gelten. Damit ist die IMO einer Initiative verschiedener europäischer Küstenstaaten gefolgt15. b) Doppelhüllentanker in der Europäischen Union Auf europäischer Ebene erließ der Rat der Europäischen Union im Jahre 1994 zunächst eine Verordnung zur Durchführung der IMO-Entschließung A.747(18)16, welche bis dato nicht von allen EU-Mitgliedern umgesetzt worden war17. Die Entschließung förderte den Einsatz von umweltfreundlichen Öltankschiffen mit von der Ladung getrennten Ballasträumen, indem sie insbesondere festschrieb, dass die zu entrichtenden Hafen- und Lotsengebühren aufgrund des durch die Ballasträume größeren Gesamtvolumens nicht höher sein dürfen als bei herkömmlichen Schiffen18. 14 Anlage IV Regel 4 Übereinkommen von 1992 über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki-Übereinkommen), BGBl. 1994 II, S. 1397. 15 Vorschlag von Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Portugal und Spanien auf der 49. Sitzung des MEPC, IMO Doc. MEPC 49/8/1. Zu weiteren Initiativen in Europa insbesondere auch Anregungen zu Selbstverpflichtung der Wirtschaft, siehe: Ehlers, Schiffssicherheit nach der „Prestige“, ZUR 14 (2003), 342–349, (344 f.). 16 Entschließung der Versammlung der IMO-Mitgliedstaaten vom 4.11.1993. 17 Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates vom 21.11.1994 zur Durchführung der IMO-Entschließung A.747(18) über die Vermessung der Ballasträume in Öltankschiffen mit Tanks für getrennten Ballast, ABl. L 319, 12.12.1994, S. 1 (zum 31.12.2007 aufgehoben durch Verordnung (EG) Nr. 417/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.2.2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates, ABl. L 64, 7.3.2002, S. 1). 18 Verordnung (EG) Nr. 2978/94 (Anm. 17), Erwägungsgrund 13.

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Im Rahmen des „Erika I“-Paketes wurde 2002 eine Verordnung zur Einführung von Doppelhüllentankern bzw. gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllenöltankschiffe verabschiedet, die die beschleunigte Anwendung der diesbezüglichen Anforderungen in MARPOL 73/78 bezweckt19. Sie gilt für alle Öltankschiffe, die unter der Flagge eines EU-Mitgliedes fahren sowie, unabhängig von ihrer Flagge, für alle Öltankschiffe, die die Häfen oder Vorhäfen eines EU-Mitgliedstaates anlaufen. Der in Anwendung dieser Verordnung erstellte Zeitplan legte, allerdings in Abweichung von den noch strengeren Vorschlägen der Kommission20, folgende Fristen für die Außerdienststellung von Einhüllenöltankschiffen fest: bis maximal 2007 für Öltankschiffe der Kategorie 121 und bis 2015 für solche der Kategorien 2 und 3. Weiterhin schrieb die Verordnung Höchstaltersgrenzen für die verschiedenen Kategorien von Einhüllenöltankschiffen je nach Kategorie und Baujahr vor. Diese lagen im Allgemeinen zwischen 26 und 30 Jahren. Damit entsprachen diese EG-Regeln den durch die Neufassung des MARPOL 73/7822 geänderten internationalen Normen für die Außerdienststellung von Einhüllen-Öltankschiffen. Nach dem „Prestige“-Unglück wurde der EG-Zeitplan im Juli 2003 durch Verordnung 1726/2003 in drei wesentlichen Punkten verschärft23: Zum einen wurden Einhüllenschiffe, die Schweröl, schweres Rohöl, Altöle, Bitumen oder Teer transportieren, generell und mit sofortiger Wirkung aus den Häfen der Europäischen Union verbannt, und zwar unabhängig davon, wel19

Verordnung (EG) Nr. 417/2002 (Anm. 17). Sie ist im September 2002 in Kraft getreten. 20 Für die Kategorie 1 sah der ursprüngliche Vorschlag (KOM(2000) 142 endg., ABl. C 212 E, 25.7.2000, S. 121) eine einheitliche Altergrenze von 23 Jahren und 2005 als endgültige Frist für die Außerdienststellung vor. Kategorie 2: Altersgrenze von 28 Jahren, längstens bis 1.1.2010 Kategorie 3: Altersgrenze von 30 Jahren, längstens bis 1.1.2015. Die „Prestige“ (Kategorie 1) war zum Zeitpunkt des Unfalls 26 Jahre alt. 21 Art. 3 unterscheidet in Übereinstimmung mit Anlage I Regel 13G Abs. 3 MARPOL 73/78 drei Kategorien von Einhüllenschiffen: Kategorie 1: über 20.000 Tonnen Tragfähigkeit und vor 1980 gebaut. Kategorie 2: über 20.000 Tonnen und nach 1980 gebaut. Kategorie 3: zwischen 5.000 und 20.000 Tonnen. Für Schiffe unter 20.000 Tonnen galt die Doppelhüllenanforderung aus MARPOL zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Verordnung nicht, neuerdings liegt die Grenze jedoch schon bei 5.000 Tonnen Tragfähigkeit (Anlage I Regel 13G Abs. 1 lit. a MARPOL 73/78 in der durch Entschließung MEPC.95(46) geänderten Fassung, siehe oben Anm. 11). 22 Entschließung MEPC.95(46) (Anm. 11). 23 Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.7.2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe, ABl. L 249, 1.10.2003, S. 1. Sie ist am 21.10.2003 in Kraft getreten.

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che Flagge sie führen. Zweitens wurde der Zeitplan für die Außerdienststellung von Einhüllenschiffen gestrafft: Demzufolge gelten nun in der EG ebenso strenge Außerdienststellungsfristen wie in den USA. Danach gilt für die größten und gefährlichsten Schiffe (Kategorie 1) nun ein Höchstalter von nur noch 23 Jahren; sie dürfen in jedem Fall längstens bis 2005 betrieben werden24. Die Schiffe der Kategorie 2 werden bis 2010 nach einem gestrafften Zeitplan außer Dienst gestellt. Das gleiche gilt nun ebenso für die Tanker der Kategorie 3. Drittens unterliegen diesem Kontrollsystem nun auch kleinere Tankschiffe, die bislang von den obligatorischen Zustandsbewertungsprüfungen für Einhüllentanker, die älter als 15 Jahre sind (Condition Assessment Scheme, CAS)25, ausgenommen waren. Abgesehen von den dargestellten Bemühungen um eine Verschärfung des „harten“ Rechts führte die Kommission Verhandlungen mit den europäischen Ölgesellschaften über einen „Verhaltenskodex“, dem zufolge insbesondere kein Schweröl mehr in Einhüllenschiffen transportiert werden soll. Zu einer Einigung ist es bisher nicht gekommen26. c) Genügen Doppelhüllentanker den Sicherheitserfordernissen? Selbst angesichts dieser Erfolge bei den Sicherheitsbemühungen darf nicht übersehen werden, dass die technische Entwicklung nicht stehen bleibt und dass auch Sicherheitskonzepte entwickelt werden, die den Doppelhüllentankern ebenbürtig und möglicherweise sogar überlegen sind. Ein alternatives Konstruktionskonzept erkennt auch das MARPOL 73/78 ausdrücklich als gleichwertig an. Auf einen doppelten Boden kann verzichtet 24 Für die anderen Kategorien wurden die Außerdienststellungsregeln ebenfalls verschärft: Kategorie 2: Höchstalter 28 Jahre und längstens bis 2010; Kategorie 3: Höchstalter 28 Jahre und längstens bis 2015. 25 Entschließung MEPC.94(46) „Zustandsbewertungsschema“ des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt, angenommen am 27.4.2001, Bundesanzeiger Nr. 241, 28.12.2002, S. 26640; Art. 5 und 6 Verordnung (EG) Nr. 417/2002 (Anm. 17). 26 Mitteilung der Kommission – Bericht an den Europäischen Rat über die angesichts der Folgen der Prestige-Katastrophe zu ergreifenden Maßnahmen, KOM(2003) 105 endg., 5.3.2003, , Stand 15.4.2004, Punkt 2.2.1.6.; Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. („Prestige“) (Anm. 8); Schlussfolgerungen des Rates (Verkehr) vom 6.12.2002, „Schiffssicherheit und Verhütung von Umweltverschmutzungen“ – Jüngste Havarie der „Prestige“ vor der galizischen Küste, Punkt 3, , Stand 15.4.2004; Memo der Kommission „Mehr Sicherheit im Seeverkehr: mit voller Kraft voraus“ vom 21.10.2003, , Stand 15.4.2004, S. 6: „[S]eitens der Industrie [ist] keine ernsthafte Bereitschaft zu solchen Vereinbarungen vorhanden.“

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werden, wenn der Tanker gemäß Anlage I Regel 13F Abs. 4 lit. a so konstruiert ist, dass der Druck des Ladetanks nach unten und der Wasserdruck des Meeres von unten bei Leckagen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, so dass wegen des geringen Druckunterschieds kein Öl nach unten austritt. Das kann dadurch erreicht werden, dass der Öltank im Rumpf des Schiffes in einen oberen und einen unteren Ladetank aufgeteilt wird, so dass nicht die gesamte Öllast nach unten „drückt“. Seitlich müssen diese Tanker freilich auch eine doppelte Hülle haben. Aber auch für andere Konzepte erweist sich das MARPOL durchaus als offen. So kann nach Anlage I Regel 13F Abs. 5 das Marine Environment Protection Committee (MEPC) der IMO eine andere Bauart zulassen, wenn sie die gleiche Sicherheit wie die Doppelhüllentanker gewährt. Diese Offenheit ist auch notwendig, da die Doppelhüllentanker noch kein Optimum an Sicherheit versprechen. Trotz einer erheblichen Minderung des Ölverschmutzungsrisikos bei Tankerunfällen mit Doppelhüllentankern kann das Doppelhüllenkonzept in einzelnen Fällen sogar das allgemeine Unfallrisiko steigern27. So sind die einzelnen Wände bedingt durch das sonst übermäßig erhöhte Stahlgewicht jeweils dünner und daher anfälliger für Verschleißerscheinungen. Durch unsichtbare Leckagen in den Öltanks kann zudem in den Zwischenräumen von innerer und äußerer Hülle ein explosives Gasgemisch entstehen. Im Ergebnis lässt sich dennoch festhalten, dass die Vorschriften über die Doppelhüllentanker eine wirksame Maßnahme zur Bekämpfung von Ölkatastrophen bei Tankerunfällen darstellen. Es ist aber auch weiterhin erforderlich, dass sie mit dem Fortschreiten der technischen Entwicklung und Forschung ergänzt und erweitert werden. Das Verfahren der stillschweigenden Vertragsannahme („tacit acceptance“) in den Organen der IMO bietet hier einen hinreichenden organisatorischen Rahmen, der auch in relativ kurzer Zeit auf Veränderungen reagieren kann. Die Maßnahmen der IMO nach dem Untergang der Prestige belegen das. 2. Zweite Ruderanlage Neben den Regeln zur sicheren Konstruktion von Tankern, die wie das Doppelhüllenerfordernis Schäden vermeiden sollen, wenn es erst einmal zu einem Unfall gekommen ist, sind auch jene Regeln besonders wichtig, die einen Unfall gerade verhindern sollen. Als Reaktion auf die Strandung des Öltankers „Amoco Cadiz“ vor der französischen Atlantikküste am 16. März 1978 mit seinen verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt der bretoni27 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Welt im Wandel – Neue Strukturen globaler Umweltpolitik, Berlin u. a. 2000, S. 36.

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schen Küste wurden durch Ergänzungsprotokoll zu SOLAS 1974 die Vorschriften über die Ruderanlagen verschärft. Neben einer Hilfsruderanlage28 muss das Schiff nunmehr auch über mindestens eine zweite Kraftantriebseinheit für die Hauptruderanlage verfügen29. Seit 1981 gilt dies für alle Tanker ab 10.000 tdw. Nach dem Ausfall einer Rudereinheit muss gemäß Regel II-1/29 Abs. 16.1 das Ruder mit Hilfe der zweiten Einheit innerhalb von 45 Sekunden wieder betriebsbereit sein. Die Umsetzungsfrist für diese Regeln ist am 1. September 1986 abgelaufen30. 3. Inertgassysteme Eine wesentliche Gefahr bei Öltankern entsteht durch flüchtige Gase aus den Öltanks, die sich mit dem Sauerstoff in der Luft zu einem explosiven Gemisch verbinden können. Die Explosionsgefahr kann durch Einleitung eines Gases reduziert werden, welches eine nichtbrennbare Atmosphäre in den Tanks herstellt (sog. Inertgas oder Schutzgas31). Ein solches Inertgassystem schreibt Regel II-2/60 Abs. 1 SOLAS 1974 für alle Tanker ab 20.000 tdw. vor. Regel II-2/62 Abs. 4 SOLAS 1974 kommt den betriebswirtschaftlichen Interessen der Reeder dadurch entgegen, dass dieses Inertgas auch aus den Rauchgasen der Kessel gewonnen werden kann. Auch für den Einbau von Inertgassystemen sind die Umrüstungsfristen bereits abgelaufen32. 4. Radaranlage und zusätzliches technisches Gerät Das SOLAS-Übereinkommen schreibt auch bestimmte technische Ausrüstungsgegenstände vor. Besonders sicherheitsrelevant ist Regel V/12 lit. g SOLAS 1974, die für Schiffe die Installation von näher spezifizierten Radargeräten vorschreibt33. Diese Regel bezieht auch alle älteren Schiffe ein, sofern ihr Gewicht über 1.600 tdw. beträgt. Ferner müssen alle Schiffe ab 28 Bereits in der Fassung von 1974 vorgeschrieben: Regel II-1/29 lit. a, c; nach heutiger Nummerierung: Regel II-1/29 Abs. 1 SOLAS 1974. 29 Regel II-1/29 SOLAS 1974, damals noch abgestuft nach Alter des Schiffes; heute (seit Protokoll von 1981) für alle Tanker ab 10.000 tdw.: Regel II-1/29 Abs. 15 SOLAS 1974 in der Fassung des Protokolls von 1988. 30 Regel II-1/29 Abs. 19.2 SOLAS 1974. 31 Äußerst reaktionsträge Gase, die nur unter extremen Bedingungen an chemischen Reaktionen teilnehmen. 32 Für Tanker ab 70.000 tdw. am 1.9.1984 und für Tanker unter 70.000 tdw. am 1.5.1985 (Regel II-2/60 Abs. 5.1 und 5.2 SOLAS 1974). 33 Für Schiffe ab 500 tdw. seit 1.9.1984; für Schiffe, die vorher gebaut wurden nur ab 1.600 tdw.

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10.000 tdw. über zwei voneinander getrennte Radarsysteme verfügen (Regel V/12 lit. h). Seit dem Protokoll von 1981 sind weitere Geräte jeweils in Abhängigkeit von der Größe des Schiffs zwingend vorgeschrieben. Hierzu gehören Radarbildauswertungsgeräte34, ein Echolot-System35 sowie Drehzahlmesser für jeden einzelnen Propeller und eine Anzeige für den Winkel des Ruders36. Ab dem 1. Februar 1999 müssen ferner alle Schiffe über 1.600 tdw., die nach dem 25. Mai 1980 gebaut wurden, über eine Radioausrüstung verfügen, die über die Notruffrequenz angepeilt werden kann37. In Bezug auf die technische Ausstattung ist eine Tendenz zur Verschärfung der Anforderungen an Schiffe und Tanker erkennbar. Noch 1974 wurden viele Regeln auf neue Schiffe begrenzt. Die Entwicklungen des SOLAS seit den Protokollen von 1978 und 1981 zeigen aber, dass zunehmend der gesamte aktuelle Schiffsbestand erfasst wird38. Umrüstungsfristen geben Gelegenheit, auch ältere Schiffe auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmevorschriften. In „Härtefällen“ können in Abhängigkeit von der Länge der Fahrten und der navigatorischen Hindernisse auf Antrag Ausnahmegenehmigungen durch den Flaggenstaat erteilt werden39. Auch dies ist ein Zugeständnis an die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Schiffsbetreiber. 5. Das Freibord Auch die Überladung von Schiffen kann Ursache für Unfälle auf See sein, wenn der Schiffskörper bei schwerer See über Ladeluken geflutet wird40. Um solche Überflutungen bei hohem Wellengang zu vermeiden, legt das Internationale Freibord-Übereinkommen41 von 1966 Höchstgrenzen für die Zuladung von Schiffen fest. Dazu werden an der äußeren Bordwand Markierungen angebracht, bis zu denen das entsprechende Schiff zuladungsbedingt eintauchen darf. Diese Markierungen stehen in Abhängigkeit von den durch das Schiff zu befahrenden Gewässern. Das Freibord34

Regel V/12 lit. i und j SOLAS 1974. Regel V/12 lit. k SOLAS 1974. 36 Regel V/12 lit. m SOLAS 1974. 37 Regel V/12 lit. q SOLAS 1974. 38 J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a. 1994, S. 41. 39 Regel V/12 lit. u SOLAS 1974. 40 Wilkens (Anm. 38), S. 47. 41 International Convention on Load Lines (Freibord-Übereinkommen oder LL), angenommen am 5.4.1966, in Kraft seit 21.7.1968, BGBl. 1969 II, S. 250 ff. 35

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Übereinkommen teilt die Weltmeere in verschiedene Zonen42 nach den vorherrschenden Wetterlagen ein und bemisst dann das Freibord entsprechend. Ein Schiff darf nach Art. 3 Freibord-Übereinkommen nur dann auf Auslandsfahrt gehen, wenn es mit einer entsprechenden Freibordmarke und dem dazugehörigen internationalen Freibordzeugnis versehen worden ist. 6. Ergebnis Die im Vorstehenden gebotene summarische Übersicht über die anwendbaren technischen Vorschriften zeigt, dass ein Großteil der seefahrenden Staaten unter dem Dach der IMO ständig darum bemüht ist, die Öltanker sicherer zu machen, um Ölkatastrophen zu verhindern. Die langen Fristen, wie etwa beim Doppelhüllendesign, sind den Wirtschaftlichkeitsbestrebungen der Reeder geschuldet, die auf der anderen Seite des Spannungsfeldes stehen. Forderungen, Einhüllentanker schon sehr viel früher als bisher vorgesehen gänzlich zu verbieten, sind kaum praktikabel, da die wenigsten der 3.500 Tanker starken Welthandelsflotte bereits heute mit doppelter Hülle ausgerüstet sind. Ihre Öltransportleistung deckt bisher nur einen Bruchteil des Transportbedarfs43. Bemerkenswert ist aber, dass die IMO keinen generellen Bestandsschutz gelten lässt und auch ältere Schiffe den neuen technischen Regeln unterwirft. Neue technische Entwicklungen werden in neue Standards gegossen. Die meisten Änderungen spiegeln dabei Lehren aus Schiffsunfällen der Vergangenheit wider. Die in der Hand der Flaggenstaaten liegenden Befugnisse, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, stellen allerdings einen wesentlichen Schwachpunkt der aktuellen Rechtslage dar. Abhilfe kann derzeit nur durch entsprechende Hafenstaatkontrollen geschaffen werden.

II. „Straßenverkehrsregeln“ und Navigation auf See 1. Allgemeine Regeln für den Schiffsverkehr Bei dem steigenden Schifffahrtsaufkommen sind besonders in schwierig zu navigierenden Gewässern eindeutige und allgemein gültige „Verkehrsregeln“ unabdingbar, um einen sicheren Transport auf See zu garantieren. Im Übereinkommen über die Internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (COLREG 1972)44, welches die Kollisionsregeln aus 42

Anlage II Freibord-Übereinkommen (1966). IMO, Focus on IMO, Tanker safety: the work of the International Maritime Organization, London 1996, S. 5, , Stand 1.5.2003. 43

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dem SOLAS von 196045 abgelöst hat, werden die Schiffsführung und die Schiffssteuerung in Beziehung zu anderen Schiffen geregelt. Dieses Abkommen wird deshalb auch als die „Straßenverkehrsordnung der Seeschifffahrt“ bezeichnet46. Zu den Grundregeln des Schiffverkehrs nach COLREG gehört, dass alle Schiffe stets Ausguck halten müssen (Regel 5), dass die Geschwindigkeit den Verkehrs- und Witterungsbedingungen angepasst werden muss (Regel 6) und dass bei aufeinander zufahrenden Seefahrzeugen stets nach Steuerbord auszuweichen ist (Regel 14 lit. a). Hinzu kommen Vorrangregeln (Regel 18), die sich, wie allgemein im Schiffsverkehr üblich, nach der Manövrierfähigkeit der verschiedenen Schiffe richten. Für Tankschiffe gelten aufgrund ihres Tiefgangs und der damit verbundenen Einschränkungen in der Navigation besondere Regeln. Bei schlechten Sichtverhältnissen müssen sie sich durch bestimmte akustische Signale bemerkbar machen (Regel 35 lit. c). Gibt sich ein Tankschiff durch drei zusätzliche Rundumlichter als „tiefgangbehindert“47 zu erkennen (Regel 28), so dürfen andere Schiffe ihm den Weg nicht versperren (Regel 18 lit. d [i]). Diese Regeln dienen der Sicherheit im Schiffsverkehr. Sie gelten deshalb nicht starr. Von ihnen kann bei einer unmittelbaren Gefahr („immediate danger“) abgewichen werden, wenn beim Abweichen auch die damit verbundenen Gefahren berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden48. Für die Einhaltung der geschilderten Verkehrsregeln sind die Flaggenstaaten der jeweiligen Schiffe verantwortlich. Die Mitgliedstaaten trifft insoweit die völkerrechtliche Pflicht, auf die Einhaltung zu achten und dazu geeignete Maßnahmen zu treffen. Welche das sein können, lässt das COLREG offen. In Deutschland werden Verstöße als Ordnungswidrigkeit geahndet49. 2. Schiffswegeführungssysteme als Mittel zur Unfallverhütung Zur Sicherheit auf See kann insbesondere in stark befahrenen Gewässern oder solchen, die besonders hohe Anforderungen an das Manövrieren stellen, eine Schiffswegeführung beitragen. Dazu gehören die Festlegung von Tiefwasserfahrrinnen sowie von Verkehrstrennungsgebieten mit Fahrrinnen für 44 Convention on the International Regulations for Preventing Collisions at Sea, BGBl. 1976 II, S. 1018. 45 BGBl. 1965 II, S. 480. 46 Wilkens (Anm. 38), S. 42. 47 Begriffsdefinition in Regel 3 lit. h COLREG 1972. 48 Regel 2 lit. b COLREG 1972. 49 § 9 Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (VSeeStrO) vom 13.6.1977, BGBl. 1977 I, S. 813.

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bestimmte Richtungen oder von Küstenverkehrszonen, die nicht durch den Hochseeverkehr genutzt werden dürfen. Regel 10 iVm Regel 1 lit. d COLREG 1972 regelt das Verhalten in Verkehrstrennungsgebieten („traffic separation schemes“). Darunter versteht man Schifffahrtswege, die in Einbahnwege geteilt sind, so dass für jede Fahrtrichtung eine getrennte Fahrrinne besteht50. In Regel V/8 SOLAS 1974 wird der IMO die Befugnis übertragen, Schiffswegeführungen („ships’ routeing“) und damit auch Verkehrstrennungsgebiete einzurichten. Staaten, die ein solches System einrichten wollen, müssen es bei der IMO beantragen51. Wenn einmal eine Schiffswegeführung durch die IMO festgelegt wird, ist diese auch verbindlich52. Nach Art. 211 Abs. 1 Satz 1 SRÜ53 sind die Staaten verpflichtet, Systeme der Schiffswegeführung anzunehmen, um die Gefahr von Unfällen zu verringern. Die Schiffswegeführung trägt erheblich zur Verringerung des Kollisionsrisikos auf See bei. Nach einer Studie der International Association of Institutes of Navigation von 1981 hat die Anzahl der Kollisionen in der Straße von Dover von 60 (1956–1960) auf 16 (1960–1980) abgenommen, nachdem 1967 eine derartige Regelung über die Verkehrstrennung eingeführt wurde. Verkehrstrennungsgebiete mit festen Schifffahrtswegen können auch dazu dienen, Fahrverbote für Tankschiffe über eine bestimmte Tonnage zu etablieren, um so Rückzugsräume von seltenen Meerestieren vor unfallbedingten Ölverschmutzungen zu bewahren54. 3. Aktive Verkehrsleitung und Verkehrslenkung Neben den passiven Vorschriften zu den Schifffahrtswegen hat sich auch eine aktive Verkehrsleitung in der Form des „Vessel Traffic Service“ (VTS) durchsetzen können. VTS funktioniert ähnlich wie die Flugüberwachung. Eine Küstenverkehrszentrale überwacht per Radar den Schiffsverkehr und steht dabei per Funk im Dialog mit den Schiffen im Überwachungsgebiet. So kann die Verkehrszentrale frühzeitig auf Gefahren aufmerksam machen. Ein solches VTS-System können die Vertragsstaaten von SOLAS nach Regel V/8-255 dort etablieren, wo das Verkehrsaufkommen oder das Unfall50

Vergleiche auch die Definition nach § 6 Abs. 1 VSeeStrO (Anm. 49). Regel V/10 SOLAS 1974. Der Vorschlag wird zuerst dem Sub-Committee of Navigation (NAV) zugeleitet, der seine Empfehlung dem Maritime Safety Committee (MSC) zur Entscheidung weiterleitet. 52 Das gilt seit 1971, IMO-Entschließung A.572(14); siehe auch Regel V/8 lit. h SOLAS 1974. 53 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, BGBl. 1994 II, S. 1799. 54 Wilkens (Anm. 38), S. 54. 55 Angenommen am 4.6.1997, in Kraft seit 1.7.1999, BGBl. 1998 II, S. 2550. 51

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risiko besonders hoch ist. Ein VTS kann allerdings verbindlich nur im Küstenmeer errichtet werden56. Einschränkend kommt hinzu, dass ein VTS keine nach anderen Vorschriften vorgesehenen Freiheiten beeinträchtigen darf57. Das heißt, für Schiffskapitäne ergeben sich aus der Einführung eines VTS keine weitergehenden Pflichten. Anders als beim VTS gibt es seit 1996 mit Regel V/8-1 SOLAS 197458 ein verbindliches Berichtssystem für Schiffe („Ship Reporting System“, SRS). Ein solches erlegt dem Schiffskapitän bestimmte Handlungspflichten auf. Bei einem verbindlichen SRS muss ein ankommendes Schiff an die Zentrale des Küstenstaates Details über Ladung, Ziel und Herkunft per Funk übermitteln, so dass der Küstenstaat vor Gefahren warnen kann59. Wie auch bei den Verkehrstrennungsgebieten kann ein verbindliches SRS nur durch die IMO auf Vorschlag eines Staates festgelegt werden. Eine Weiterentwicklung des „Ship Reporting System“ bildet das Automatische Identifikationssystem (AIS)60. Bei diesem System werden mittels auf den Schiffen installierter Transponder automatisch und andauernd Schiffsdaten an die Überwachungsbehörden des Küstenstaates übertragen. Der Küstenstaat erhält so ein umfassendes Bild des Schiffsverkehrs vor der Küste. Seit den Änderungen vom 6. Dezember 2000, welche am 1. Juli 2002 in Kraft getreten sind, ist die Ausrüstung mit AIS-Geräten für Transportschiffe, die über 500 tdw. verfügen, international verkehren und nach dem 1. Juli 2002 gebaut wurden, verbindlich vorgeschrieben61. Hinsichtlich älterer Schiffe stellt das SOLAS einen nach Ladung und Schiffsalter abgestuften Zeitplan für die Umrüstung auf. Danach müssen international verkehrende Schiffe spätestens zum 1. Juli 2007 umgerüstet sein. Nach den neuesten Änderungen im Rahmen der Abwehr äußerer Gefahren wurde dieser Zeitplan noch einmal verkürzt. Schiffe ab 300 BRT mussten nun schon bis Ende 2004 mit AIS ausgerüstet werden62. Für Tankschiffe gilt die Auf56

Regel V/8-2 Abs. 3 SOLAS 1974. Regel V/8-2 Abs. 5 SOLAS 1974: „Nothing in this regulation or the guidelines adopted by the Organization shall prejudice the rights and duties of Governments under international law or the legal regimes of straits used for international navigation and archipelagic sea lanes“. 58 Angenommen am 24.5.1994, in Kraft seit 1.1.1996, BGBl. 1995 II, S. 994. 59 Für verbindliche ship reporting systems, die bereits arbeiten, siehe: IMO, Focus on IMO, IMO and the safety of navigation, London 1998, , Stand 1.5.2003. 60 Universal Ship-borne Automatic Identification System (AIS). 61 Regel V/19 SOLAS 1974. 62 Je nach Datum der nächsten Sicherheitsinspektion zum 1.7.2004 oder 31.12. 2004. Siehe Regel V/19 Abs. 1 Nr. 4 SOLAS in der Fassung vom 12.12.2002, die 57

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rüstungspflicht bereits seit 1. Juli 2003. Die Hauptlast bei diesem System tragen freilich die Küstenstaaten, deren Überwachungsbehörden es obliegt, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Daten zu empfangen, auszuwerten und entsprechend zu reagieren63. Die automatischen Informationen aus dem AIS bilden eine wesentliche Unterstützung der Küstenbehörden bei der Erhöhung der Sicherheit in Schiffsverkehr in ihren Einzugsbereichen. 4. „Black Box“ zur Unfallprävention Ein indirektes Mittel zur Unfallvermeidung ist die Einführung von sog. „Voyage Data Recordern“ (VDR) oder Schiffsdatenschreibern. Diese Geräte funktionieren ähnlich der Black Box in Flugzeugen und zeichnen Befehle und Vorgehensweisen der Schiffsbesatzung auf. Solche Aufzeichnungen erleichtern die Suche nach den Ursachen von Schiffsunglücken, weil man durch sie den gesamten Geschehensablauf kurz vor dem Unglück rekonstruieren kann. Nach dem neuen Art. V/20 SOLAS müssen Tanker, die nach dem 1. Juli 2002 gebaut wurden und über 3.000 tdw. verfügen, mit solchen VDR ausgerüstet sein. Für bestehende Schiffe gibt es eine solche Verpflichtung allerdings noch nicht. Das MSC der IMO untersucht derzeit die Notwendigkeit, auch für die bestehende Handelsflotte die Ausrüstung mit VDR verbindlich vorzuschreiben. Diese Untersuchung soll Anfang 2004 abgeschlossen sein. In der Zwischenzeit werden die Regierungen aufgefordert, die Schiffseigentümer zu ermutigen, freiwillig das System der VDR einzuführen64. 5. Berichtspflichten für Schiffe in der Europäischen Union und Transeuropäisches Telematiknetz Die Europäische Union bedient sich bei der Regelung der Seeschifffahrt an ihren Küsten der gleichen Instrumentarien, die auf globaler Ebene Anwendung finden. Meldepflichten wurden im Gemeinschaftsrecht erstmals durch Richtlinie 79/11665 und später durch die sie ersetzende „Anlauf-“ am 1.7.2004 im Verfahren der stillschweigenden Vertragsannahme (tacit acceptance) in Kraft treten. 63 Siehe Verpflichtung der Ostsseestaaten zur Einrichtung eines AIS-gestützten Verkehrsüberwachungssystems bis 1.7.2005 in Anlage IV Regel 10 Helsinki-Übereinkommen. 64 IMO, Ships’ „black boxes“ and automatic identification systems, Pressebericht vom 28.6.2002, , Stand 15.4.2004. 65 Richtlinie 79/116/EWG des Rates vom 21.12.1978 über Mindestanforderungen an das Einlaufen von bestimmten Tankschiffen in Seehäfen der Gemeinschaft und

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bzw. „Hazmat-“66 Richtlinie 93/7567 normiert. Danach mussten Schiffe mit gefährlicher oder umweltschädlicher Ladung eine Meldung abgeben, bevor sie einen EG-Hafen anliefen. Außerdem wurden an den europäischen Küsten mehrere obligatorische Berichterstattungssysteme errichtet, die von der IMO gebilligt wurden (vgl. Regel V/8-1 SOLAS 1974)68. Die im Rahmen des „Erika II“-Paketes beschlossene Schiffsmelderichtlinie 2002/59/EG69 errichtet ein umfassendes Meldesystem für die Gemeinschaftsgewässer, das zur Verhütung von Unfällen und Verschmutzungen beitragen sowie Maßnahmen im Notfall erleichtern soll. Die Richtlinie, die für alle Schiffe über 300 BRZ gilt, verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass alle Schiffe die von der IMO anerkannten Schiffsmeldesysteme und die obligatorischen Systeme der Schiffswegeführung beachten sowie, wo vorhanden, die Schiffsverkehrsdienste70 nutzen (Art. 5, 7, 8). Sie schreibt die Ausrüstung der Schiffe mit Transpondern für das automatische Schiffsidentifizierungssystem71 (Art. 6) vor. Dieses System ermöglicht es den Behörden, jederzeit die Identität, die Position und die Ladung der Schiffe, die sich auf der Durchfahrt durch europäische Gewässer befinden, das Auslaufen, ABl. L 33, 8.2.1979, S. 33; geändert durch Richtlinie 79/1034/EWG des Rates vom 6.12.1979 zur Änderung der Richtlinie 79/116/EWG, ABl. L 315 vom 11.12.1979, S. 16. 66 Von „hazardous materials“. 67 Richtlinie 93/75/EWG des Rates vom 13.9.1993 über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern, ABl. L 247, 5.10.1993, S. 19. Dazu näher A. Werbke, Kommentar: Umwelt und Schiffssicherheit: Recht der Europäischen Gemeinschaften contra Völkerrecht?, AVR 32 (1994), 405–421 (411–412). 68 Zum Beispiel in der Straße von Gibraltar, am Kap Finisterre, an den Küsten von Ouessant und der Meerenge von Pas-de-Calais. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Sicherheit des Erdöltransports zur See vom 21.3.2000, KOM(2000) 142 endg. („Erika I“-Paket), S. 31, , Stand 15.4.2004. 69 Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2002 über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/ EWG des Rates, ABl. L 208, 5.8.2002, S. 10. Bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 5.2.2004 hatten nur Dänemark, Deutschland und Spanien entsprechende Maßnahmen ergriffen. Siehe Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/04/268 vom 26.2.2004: „Nichtumsetzung einer wichtigen Richtlinie im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr: Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen 12 Mitgliedstaaten ein“, , Stand 15.4.2004. Zum Richtlinienentwurf umfassend R. Lagoni, Vorsorge gegen Schiffsunfälle im Küstenvorfeld, TranspR 24 (2001), 284–293. 70 Vessel Traffic System (VTS). 71 Automatic Identification System (AIS).

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zu identifizieren. Das transeuropäische Telematiknetz „SafeSeaNet“ ermöglicht den Austausch dieser Schiffsdaten zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Es steht auch allen Anrainerstaaten der Meere an den Grenzen der Union offen72. Die Informationen können außerdem auch von gleichartig ausgerüsteten Schiffen empfangen werden, wodurch die Gefahr von Kollisionen beträchtlich vermindert wird. Die Richtlinie sieht weiterhin die Ausrüstung aller Schiffe über 300 BRZ mit Schiffsdatenschreibern („Black Boxes“) vor (Art. 10). In einem zweiten Teil enthält die Richtlinie Vorschriften für Schiffe mit gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern, wozu gemäß Art. 3 lit. h auch Rohöl und Mineralölerzeugnisse gehören: Die Meldepflichten (Art. 13) und die Überwachung von sog. „Risikoschiffen“, die z. B. bereits gegen Verkehrsregeln oder Sicherheitsstandards verstoßen haben (Art. 16), werden verschärft. Außerdem werden die Kapitäne verpflichtet, Gefahren und Verschmutzungen, wie z. B. auf See treibende Ölteppiche, sofort zu melden (Art. 17). Die Schiffsmelderichtlinie bewegt sich zwar überwiegend im Rahmen der IMO-Vorgaben; sie geht aber möglicherweise in einzelnen Punkten über die völkerrechtlichen Standards hinaus: So ist fraglich, ob eine Meldepflicht für einlaufende Drittlandschiffe, die sich noch außerhalb des Küstenmeers eines EG-Mitgliedstaates befinden73, mit dem internationalen Recht vereinbar ist74. Ähnlich umstritten ist, ob die Unterwerfung von sich noch in der ausschließlichen Wirtschaftszone befindlichen Drittlandschiffen unter ein Verkehrslenkungssystem gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Navigationsfreiheit (Art. 87, 21, 58 SRÜ) verstößt75. Insgesamt sind aber die Maßnahmen der EU zur Ausdehnung der Melde- und Ausrüstungspflicht als sachgemäß und angemessen zu begrüßen76. 72 Zum Projekt „SafeSeaNet“: Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. („Prestige“) (Anm. 8), S. 8 sowie Memo der Kommission „Mehr Sicherheit im Seeverkehr: mit voller Kraft voraus“ vom 21.10.2003, , Stand 15.4.2004. 73 Art. 4 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 69): „mindestens achtundvierzig Stunden im Voraus“. 74 Lagoni 2001 (Anm. 69), 293 bejaht die Möglichkeit zur völkerrechtskonformen Auslegung; ablehnend W. Graf Vitzthum, Schiffssicherheit: Die EG als potentieller Durchsetzungsdegen der IMO, ZaöRV 62 (2002), 163–182 (176). 75 Art. 8 lit. b Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 69). Vergleiche dazu W. Erbguth u. a., Maritime Sicherheit im Ostseeraum 2002, Endbericht des Ostseeinstituts für Seerecht und Umweltrecht der Juristischen Fakultät Rostock im Auftrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band II), Schwerin 2002, S. 204–339 (246). 76 So auch Lagoni 2001 (Anm. 69), S. 293.

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Schließlich arbeitet die EU über das europäische Satellitennavigationssystem GALILEO77 an einem internationalen Navigations- und Ortungssystem (GNSS)78 mit.

III. Ausbildung, Qualifikation und Sicherheitsmanagement 1. Internationale Sicherung der Ausbildungsqualität Alle Regeln über den Schiffsverkehr und die Navigation sind wertlos, wenn es keine entsprechend ausgebildeten Seeleute gibt. Unzureichend ausgebildete Seeleute sind einer der Hauptgründe für Schiffsunfälle79. Deshalb legt das Internationale Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW)80 Mindeststandards fest. Diese beziehen sich sowohl auf die zu erbringenden Befähigungsnachweise als auch auf die Ausbildungsinhalte. So schreibt Regel I/12 STCW iVm Abschnitt A-I/12 des STCWCode81 eine Ausbildung an einem Simulator für die Übung mit dem Umgang mit Radar- und Radarauswertungsgeräten verbindlich vor. Die Qualität der Ausbildung und Befähigungsbewertung ist ständig zu überwachen82. Neben den allgemeinen Vorschriften, die für alle Schiffsbesatzungen gelten, gibt es auch Regeln, die speziell Seeleute auf Tankschiffen betreffen83. So müssen Kapitäne und erste Offiziere auf Schiffen über 200 tdw. Kenntnisse über den Transport von gefährlichen Gütern auf See und Sicherheitsrichtlinien für Tankschiffe nachweisen. Zur Umsetzung dieser Vorschriften sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, entsprechende Befähigungszeugnisse für die Besatzungen der unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe auszustellen. Die vom Flaggenstaat ausgestellten Befähigungszeugnisse sind dann grundsätzlich von allen anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen84. In Bezug auf die Verhaltensvorschriften aus dem 77 , Stand 15.4.2004. 78 Global Navigation Satellite System. 79 R. Lagoni, Umwelt und Schiffssicherheit im Völkerrecht und im Recht der Europäischen Gemeinschaften, AVR 32 (1994), 382–404 (382). 80 International Convention on Standards of Training, Certification and Watch Keeping for Seafarers, 1978, BGBl. 1982 II, S. 298, neu gefasst am 7.7.1995, Neufassung in Kraft seit 1.2.1997, BGBl. 1997 II, S. 1119. Die zitierten Regeln finden sich in der Anlage zum STCW, BGBl. 1982 II, S. 310. 81 Anlagenband zum BGBl. 1997 II, Nr. 26. 82 Regel I/8 STCW (1978/1995). 83 Regel V/1 STCW (1978/1995). 84 Regel I/19 STCW (1978/1995).

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STCW müssen die Staaten diese in nationales Recht umsetzen. Das STCW schreibt hierfür vor, dass Verstöße gegen Vorschriften, die das STCW vorschreibt, durch Strafen oder Disziplinarmaßnahmen zu ahnden sind85. Bedenken, dass den Staaten bei der Bewertung der erforderlichen Kenntnisse ein zu weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt worden sei86, wurde mit der Neufassung des STCW 1995 begegnet87. Erstmalig in der Geschichte der IMO erhält die Organisation das Recht, selbst bei der Umsetzung eines IMO-Abkommens mitzuwirken. Die Ausbildung und Zertifizierungen der Flaggenstaaten werden von der IMO überprüft. Nach Regel I/7 STCW müssen nämlich die Parteien detailliert über die von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung und Einhaltung des STCW berichten. Die so gesammelten Informationen werden ausgewertet, und der Schiffssicherheitsausschuss der IMO (MSC) erstellt eine Liste der Parteien, die die Anforderungen vollständig erfüllen88 (sog. „White List“)89. Es kann erwartet werden, dass Schiffe, die unter der Flagge eines Staates fahren, der sich nicht auf dieser Liste befindet, verstärkt Kontrollen durch die Hafenstaaten ausgesetzt werden. Das läge auch im ureigenen Interesse der Hafenstaaten, da Ölunfälle im Hafen oder an der Küste des Hafenstaates stets eine erhebliche ökologische, ökonomische und auch politische Belastung darstellen. Die Staaten, die auf der Liste stehen, könnten es zu ihrer Politik machen, nur solche Seeleute auf ihren Schiffen zu dulden, die einen Befähigungsnachweis haben, der von einem Staat erteilt wurde, welcher ebenfalls auf der „White List“ steht. So hätten es die Staaten in der Hand, auf eine baldige Erfüllung der Ausbildungskriterien hinzuwirken. Durch die Änderungen des STCW im Jahre 1995 wurde dessen Anlage aufgeteilt in einen Teil mit allgemeinen Regelungen und den STCWCode90, der sämtliche technischen Details enthält, die für die Umsetzung der Regeln der Anlage notwendig sind. Der erste Teil des STCW-Code 85

Regel I/5 Abs. 2 STCW (1978/1995). So noch Wilkens (Anm. 38), S. 59. 87 Angenommen am 7.7.1995, in Kraft seit 1.2.1997 mit einer Übergangsfrist bis 1.2.2002. 88 „[T]hat full and complete effect is given to the provisions of the Convention“: Regel I/7 STCW (1978/1995). 89 Die erste Liste wurde von der MSC auf der 73. Sitzung (27.11.–6.12 2000) vorgestellt. Sie enthielt 71 Länder. Die aktuelle Liste vom 5.6.2003 enthält 111 Mitgliedstaaten und ein assoziiertes Mitglied (China/Hongkong), IMO-Dokument „International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers (STCW), 1978, as amended“, MSC/CIRC.1092 vom 13.12.2002, , Stand 15.4. 2004. Kritisch zu der nur aufgrund von Eigeninformationen der Vertragsstaaten erstellten Weißen Liste Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, S. 169. 90 Siehe oben Anm. 81. 86

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(Part A) ist verbindlich, der zweite (Part B) hat empfehlenden Charakter. Im unverbindlichen Teil schlägt der STCW-Code Maßnahmen vor, wie die Vorschriften des STCW am besten umgesetzt werden können. Der Code folgt in seinem Aufbau exakt dem Aufbau der STCW-Anlage und konkretisiert diesen. So schreibt beispielsweise Regel II/1 Abs. 2.2 für nautische Wachoffiziere vor, dass das Ausbildungsprogramm auch eine Ausbildung an Bord eines Schiffes beinhalten muss. Die Anforderungen an diese Ausbildung an Bord werden im korrespondierenden verbindlichen Abschnitt A-II/1 des STCW-Code festgelegt. Der Vorteil dieser Aufspaltung liegt in der besseren Abänderbarkeit der technischen Einzelheiten, um sie an die technische Entwicklung anzupassen. Werden solche technischen Anpassungen erforderlich, muss nur noch der Code geändert werden, die Anlage mit den allgemeineren Vorschriften bleibt unverändert. Eine solche Änderung kann gemäß Art. XII Abs. 1 [vii] Ziff. 1. oder 2. STCW im Verfahren der stillschweigenden Vertragsannahme („tacit acceptance“) nach einem entsprechenden Beschluss im Schiffsicherheitsausschuss der IMO herbeigeführt werden. Die Europäische Gemeinschaft legte zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der Bestimmungen des STCW durch Richtlinie 94/58/ EG Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten fest91. Danach mussten Kapitäne, Offiziere und Wache gehende Schiffsleute eine Mindestausbildung nach bestimmten Kriterien und einen entsprechenden Befähigungsnachweis haben92. Sie wurde ersetzt durch Richtlinie 2001/25/EG93, die die geänderten Anforderungen des STCW in das Gemeinschaftsrecht umsetzt. Ende 2003 wurde Richtlinie 2001/25/EG dahingehend geändert, dass gemäß den Bestimmungen von STCW und SOLAS 197494 das Verfahren zur Anerkennung von in Drittländern erteilten Befähigungszeugnissen verbessert und die systematische Verwendung des Englischen als Kommunikationssprache zwischen den Schiffen und den Behörden an Land vorge91 Richtlinie 94/58/EG vom 22.11.1994 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 319, 12.12.1994, S. 28, geändert durch Richtlinie 98/35/EG, ABl. L 172, 17.6.1998, S. 1. 92 Art. 2 Richtlinie 94/58/EG (Anm. 91). 93 Richtlinie 2001/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.4. 2001 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 136, 18.5.2001, S. 17. 94 Nach Regel I/2 Abs. 1 und Art. VI Abs. 1 STCW sind Zeugnisse bzw. Vermerke ins Englische zu übersetzen, wenn die Sprache des Originals nicht Englisch ist. Regel V/14 Abs. 4 SOLAS 1974 schreibt vor: „Auf der Kommandobrücke (. . .) ist zur Verständigung von Schiff zu Schiff und von Schiff an Land (. . .) Englisch als Arbeitssprache zu verwenden, sofern die Personen, die unmittelbar an der Nachrichtenübermittlung beteiligt sind, nicht eine gemeinsame andere Sprache als Englisch sprechen.“

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schrieben wird95. Außerdem wurden 1999 per Richtlinie 1999/95/EG die Vorschriften der Internationalen Arbeitsorganisation zu Arbeits- und Ruhezeiten in das Gemeinschaftsrecht übernommen96. 2. Internationales Sicherheitsmanagement Zur Erhöhung der Schiffssicherheit und Vermeidung der Meeresverschmutzung hat die IMO ein verbindliches Sicherheitsmanagementsystem, den Internationalen Code für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung (ISM-Code)97, eingeführt. Dieser Code98 für Reeder ist rechtlich in Kap. IX SOLAS 1974 verankert99. Er stellt keine neuen Sicherheitsvorschriften auf, sondern fördert die Durchsetzung der bestehenden Anforderungen. Er gilt seit dem 1. Juli 2002 weltweit. Nach dem ISM-Code muss der Eigentümer oder „das Unternehmen“ („the company“100), in dessen Verantwortung das Schiff betrieben wird, ein lückenloses Konzept für ein Sicherheitsmaßnahmensystem („Safety Mana95 Richtlinie 2003/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.11.2003 zur Änderung der Richtlinie 2001/25/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 326, 13.12.2003, S. 28. Umsetzungsfrist: 14.5.2005. 96 Richtlinie 99/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.1999 zur Durchsetzung der Arbeitszeitregelung für Seeleute an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen, ABl. L 14, 20.1.2000, S. 29. Es sind Höchstarbeitszeiten von 14 Stunden für jeden Zeitraum von 24 Stunden bzw. 72 Stunden für jeden Zeitraum von 7 Tagen und Mindestruhezeiten von 10 Stunden für jeden Zeitraum von 24 Stunden bzw. 77 Stunden für jeden Zeitraum von 7 Tagen vorgeschrieben. Gegen Irland und Luxemburg leitete die Kommission ein Verfahren vor dem EuGH wegen Nichtumsetzung ein, Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/03/981 vom 9.7.2003: „Arbeitszeit von Seeleuten: Kommission geht gegen Irland und Luxemburg vor“, , Stand 15.4.2004. 97 International Management Code for the Safe Operation of Ships and for Pollution Prevention, kurz: International Safety Management Code, , Stand 15.4.2004; IMO, ISM Code & Guidelines, London 2002. 98 Vertiefend zum ISM: P. Anderson, The ISM Code: Is it working?, International Maritime Law 9 (2000), 259–263; A. J. Rodriguez/M. Campbell Hubbard, The International Safety Management (ISM) Code, a new level of uniformity, Tulane Law Review 73 (1999), 1585–1618; L. Chen, Legal and practical consequences of not complying with ISM code, Maritime Policy and Management 27 (2000), 219– 230, V. Looks, Rechtliche Auswirkungen des ISM Code, Schriften des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht, Reihe A, Berichte und Vorträge, 93 (2000), , Stand 15.4.2004. 99 Für Öltankschiffe in Kraft seit 1.7.1998.

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gement System“, SMS) für die Führung sowohl seines Landbetriebes als auch seiner Schiffe aufstellen101. Dieses Sicherheitskonzept muss das Unternehmen in einem Handbuch, dem „Safety Management Manual102“, dokumentieren. Dazu gehören Betriebsablaufpläne sowie Notfallpläne und Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Besatzung und Instandhaltung des Schiffes, die Dokumentation von Unfällen und Beinaheunfällen sowie die Benennung eines Mitarbeiters, der für das Sicherheitsmanagement verantwortlich ist. Zur Überwachung der Einhaltung des ISM-Codes werden zwei Zeugnisse erteilt, das „Document of Compliance“ (DOC) und das „Safety Management Certificate“ (SMC). Das erste von beiden bezieht sich auf das gesamte Unternehmen und bescheinigt, dass das Unternehmen ein Sicherheitsmanagementsystem eingerichtet hat, welches die verbindlichen Anforderungen des ISM-Codes zumindest umsetzen kann103. Das zweite Zeugnis, das SMC, wird vom Flaggenstaat104 für das Sicherheitsmanagement auf dem jeweiligen Schiff vergeben. Bei Nichterteilung des SMC für das Schiff verliert das jeweilige Schiff seine Fahrterlaubnis; bei Nichterteilung oder Entzug des DOC wird dem Unternehmen der Betrieb von Schiffen untersagt. Dadurch, dass das Betreiberunternehmen Adressat der Pflichten aus dem ISM-Code ist, wird sichergestellt, dass sich die für das Schiff Verantwortlichen nicht hinter einem „Billigregister“ und einer dort eingetragenen „Scheinfirma“ verstecken können105. Verpflichteter ist nämlich derjenige, der das Schiff tatsächlich betreibt. Aus diesem Grunde gibt der ISM-Code dem Eigentümer auch auf, dem Flaggenstaat anzuzeigen, auf wen er den Betrieb des Schiffes überträgt. Die verbindliche Einführung des ISM-Code überlässt zwar den Unternehmen einen weiten Spielraum für die konkrete Ausgestaltung des Sicherheitsmanagementsystems. Der ISM-Code schafft aber insbesondere auf der Leitungsebene der beteiligten Unternehmen ein höheres Sicherheitsbewusstsein, welches der Seeschifffahrt zu mehr Sicherheit und Qualität verhelfen kann, wenn der ISM-Code von allen Beteiligten ernst genommen wird.

100 Nach Art. 1.1.2 ISM-Code: „the owner of the ship or any other organization or person such as the manager, or the bareboat charterer, who has assumed the responsibility for operation of the ship . . .“ 101 Art. 1.4.1.1.4.6 ISM-Code. 102 Art. 11.3 ISM-Code. 103 Auf Einzelverstöße kommt es hierbei nicht an. 104 In Deutschland durch die Seeberufsgenossenschaft. 105 Looks (Anm. 98).

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IV. Internationale Kontrollen des Schiffszustandes 1. Kontrollen des Schiffszustandes, Harmonized System of Ship Survey and Certification (HSSC) Bei allen vorgenannten Vorschriften zur Tankersicherheit obliegt es in erster Linie den Flaggenstaaten als Vertragsparteien, die Einhaltung der Regeln zu überwachen. Das geschieht durch Inspektion der Schiffe und Erteilung von Zeugnissen über ihren Zustand bzw. die Einhaltung von Konstruktionsvorschriften. Das erteilte Zeugnis führt Beweis darüber, dass die Schiffe den internationalen Regeln entsprechen, und ist in der Regel von den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen106. Die Inspektion und die Durchführung der notwendigen Reparaturen eines Schiffes kann mehrere Tage in Anspruch nehmen. Für diese Zeit fällt das Schiff für seine Betreiber aus. Damit sich diese Ausfälle bei der Fülle der Konventionen und der damit verbundenen Inspektionen nicht häufen, konnten sich die Staaten 1988 auf ein harmonisiertes Inspektions- und Zertifizierungssystem mit einheitlichen Inspektionsintervallen einigen107. Die Zertifizierungsvorschriften der in das System einbezogenen Vertragswerke108 wurden entsprechend geändert. Im Mittelpunkt steht die gründliche Inspektion vor Indienststellung des Schiffes und der Erteilung der entsprechenden Zeugnisse als Betriebserlaubnis für das Schiff. Es folgt eine jährliche allgemeine Besichtigung durch den Flaggenstaat. Die erteilten Zertifikate sind maximal fünf Jahre gültig109 und müssen dann nach gründlicher Inspektion erneut erteilt werden. Ein Zertifikat kann aber bis zu drei Monate verlängert werden, um dem Schiff die Beendigung seiner Reise zu ermöglichen. Werden bei einer Besichtigung Mängel festgestellt, muss der Besichtiger die Reparatur oder andere Abhilfemaßnahmen verlangen. Folgt der Schiffsbetreiber dem nicht, wird das Zertifikat eingezogen. Ist ein Zertifikat einge106 Art. 217 Abs. 3 Satz 3, 1. Halbsatz SRÜ; Art. 5 Abs. 1 MARPOL 73/78; Art. 20 Freibord-Übereinkommen; Art. 17 SOLAS 1974; zur Anerkennung von Befähigungszeugnissen für die Seeleute siehe Regel I/10 iVm Regel I/2 Abs. 5 STCW. 107 Harmonized System of Ship Survey and Certification (HSSC), eingeführt auf der Conference on the HSSC 1988, in Kraft seit 3.2.2000, IMO-Entschließung A.883(21), abgedruckt in: IMO, SOLAS, consolidated edition 2001, London 2001, S. 499. 108 SOLAS, MARPOL 73/78, Freibord-Übereinkommen, International Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Dangerous Chemicals in Bulk (IBC-Code), Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Dangerous Chemicals in Bulk (BCH-Code) und International Code for the Construction and Equipment of Ships Carrying Liquefied Gases in Bulk (IGC-Code). 109 Das Passenger Ship Safety Certificate ist maximal 12 Monate gültig.

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zogen, abgelaufen oder nicht erteilt, erlischt die Betriebserlaubnis, und der Flaggenstaat muss gemäß Art. 217 Abs. 2 SRÜ ein Auslaufverbot verhängen, da das Schiff dann nicht den „internationalen Regeln und Normen“ entspricht. Zur Inspektion der Schiffe ist der Flaggenstaat verpflichtet110. Die vorgeschriebenen Besichtigungen kann der Flaggenstaat entweder durch eigene Bedienstete vornehmen oder anerkannte Besichtiger damit beauftragen111. Zu den anerkannten Besichtigern gehören die sog. Klassifizierungsgesellschaften. In Deutschland ist die Einhaltung der nationalen und internationalen Vorschriften zur Verkehrs- und Betriebssicherheit und zum Umweltschutz kraft Gesetzes Aufgabe der See-Berufsgenossenschaft112 (§ 1 Nr. 4 iVm § 6 SeeAufgG113, § 3 iVm §§ 13, 17 SchSV114). Bei den technischen Untersuchungen nimmt sie nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SeeAufgG die Hilfe der Klassifikationsgesellschaft „Germanischer Lloyd“ als eines „schiffstechnischen Sachverständigen“115 in Anspruch. 2. Exkurs: Klassifikationsgesellschaften Von der Zertifizierung und der Betriebserlaubnis ist die private Klassifikation zu unterscheiden. Die Klassifikationsgesellschaften sind ursprünglich im Seeversicherungswesen entstanden116. Zwar wird die Klassifikation auch als „TÜV des Schiffes“117 bezeichnet, sie hat aber für die Betriebserlaubnis und die vorgeschriebenen Inspektionen zunächst keine Bedeutung. Durch die Klassifikation werden die Schiffe je nach Bauart, Zweck und Fahrtbereich im Auftrag des Reeders von einer Klassifikationsgesellschaft in Klassen eingeteilt. Dieses System der Schiffsklassifizierung wird allein von der Klassifikationsgesellschaft aufgestellt und richtet sich nach den Risiken, 110

Stellvertretend: Anlage I Regel 4 Abs. 1 lit. a–e MARPOL 73/78. Anlage I Regel 4 Abs. 3 lit. a MARPOL 73/78; Art. 16 Abs. 3 FreibordÜbereinkommen; Regel I/6 lit. a SOLAS. 112 Dazu: H. J. Puttfarken, Seehandelsrecht, Heidelberg 1997, Rn. 602. 113 Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz), BGBl. 2002 I, S. 2876. 114 Schiffssicherheitsverordnung, in der Fassung vom 1.10.1994: BGBl. I 1994, S. 3291; Liste der Änderungen , Stand 15.4.2004. 115 A. Drobnig, Tätigkeit und Haftung von Klassifikationsgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel des Germanischen Lloyd, Münster u. a. 1995, S. 86. 116 Drobnig (Anm. 115), S. 25; Puttfarken (Anm. 112), Rn. 602; R. Herber, Seehandelsrecht, Systematische Darstellung, Berlin/New York 1999, S. 175. 117 Puttfarken (Anm. 112), Rn. 602. 111

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denen die verschiedenen Schiffe nach Bauart und Verwendung ausgesetzt sind118. Durch die Zuweisung zu einer Klasse bescheinigt die Klassifikationsgesellschaft, dass das Schiff für den klassengemäßen Einsatz technisch einwandfrei ist119. Sie überwacht das Schiff im Auftrag des Reeders über seine gesamte Lebensdauer. Üblicherweise wird das Schiff alle drei Jahre zur Verlängerung der Klasse besichtigt120. Die Schiffsklassen sind vor allem für die Versicherungsbedingungen, als Wertgutachten aber auch für den Verkaufspreis relevant121. Die Schiffsklassifikation liegt in den Händen weniger anerkannter Klassifikationsgesellschaften122, die zwar ihren Ursprung jeweils in einem Staat haben, generell aber international tätig sind. Die Klassen der verschiedenen Gesellschaften werden weltweit anerkannt123. Zunehmend werden die privaten Klassifikationsgesellschaften auch zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereich der Schiffssicherheit eingesetzt124. Wie bereits gezeigt, bedient sich in Deutschland die für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständige Seeberufsgenossenschaft des „Germanischen Lloyd“ bei den technischen Untersuchungen zur Erteilung der entsprechenden Zeugnisse. Im Zuge der europäischen Liberalisierung kann auf Antrag des Reeders die Besichtigung des Schiffes im Rahmen einer Zeugniserteilung auch durch eine andere europäische Klassifikationsgesellschaft durchgeführt werden. Die Anerkennung einer Klassifikationsgesellschaft liegt in den Händen der Europäischen Kommission125. Eine Besichtigung durch eine anerkannte Klassifikationsgesellschaft dient dann als Nachweis für die ordnungsgemäße Durchführung einer notwendigen Inspektion126. Soweit die Klassifikationsgesellschaften im Bereich der Zeugniserteilung öffentliche Aufgaben wahrnehmen, prüfen sie nicht mehr nach ihren eigenen Maßstäben wie bei der Erteilung der Schiffsklasse. Sie müssen sich 118

Herber (Anm. 116), S. 175: zur Erleichterung der „Abschätzung des versicherten Risikos“. 119 Puttfarken (Anm. 112), Rn. 602. 120 Puttfarken (Anm. 112), Rn. 602. 121 Zur historischen Entstehung von Klassifikationsgesellschaften siehe: Drobnig (Anm. 115), S. 25–42. 122 Die weltweit anerkannten Klassifikationsgesellschaften sind: Germanischer Lloyd (Deutschland), Lloyd’s Register (UK), Bureau Véritas (Frankreich), Det Norske Veritas (Norwegen), American Bureau of Shipping ABS, Registro Italiano Navale, Nippon Kaiji Kyokai NKK (Japan). 123 Herber (Anm. 116), S. 175. 124 Herber (Anm. 116), S. 175. 125 Schiffssicherheitsverordnung, Anlage 2 Abschnitt B Nr. 1.3 in der am 25.9.2002 geänderten Fassung: BGBl. 2002 I, S. 3762 (3775). 126 Schiffssicherheitsverordnung, Anlage 2 Abschnitt B Nr. 3.5, BGBl. 1998 I, S. 3036 (3039).

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vielmehr an die für die Ausstellung der Schiffssicherheitszeugnisse erforderlichen Vorschriften halten, die durch die internationalen Abkommen vorgezeichnet sind und durch die Nationalstaaten umgesetzt werden. Für Deutschland wird dieser Prüfungsmaßstab in dem Wortlaut der Anlage 2 Abschnitt B Nr. 3.4 zur Schiffssicherheitsverordnung deutlich, der auch die Klassifikationsgesellschaften auf den Prüfungsmaßstab der internationalen Übereinkommen festlegt: „Die anerkannte Klassifikationsgesellschaft hat die Schiffsbesichtigungen nach diesem Abschnitt gemäß den in den internationalen Übereinkommen [. . .] sowie der zur Auslegung dieser Vorschriften im Verkehrsblatt oder durch Rundschreiben gegenüber der Klassifikationsgesellschaft bekannt gemachten einschlägigen Richtlinien der See-Berufsgenossenschaft durchzuführen“127.

Die primäre Verantwortung bei der Begutachtung der Schiffe zur Erteilung der Betriebserlaubnis bleibt bei den Flaggenstaaten. Sie müssen sicherstellen, dass, wenn sie eine Klassifikationsgesellschaft als „technischen Gehilfen“ einstellen, diese die Schiffe nach den geltenden Prüfungskriterien besichtigt. Es liegt auf der Hand, dass auch insoweit eine gemeinschaftsrechtliche Regelung erforderlich war. Um einen einheitlichen Prüfungsmaßstab sicherzustellen und den Trend zum Ausweichen zu „bequemen“ Überprüfungsgesellschaften zu beenden128, hat die EU Rahmenvorschriften erlassen. Organisationen, die von einem Mitgliedstaat beauftragt werden, Sicherheitsbeurteilungen vorzunehmen, müssen nach Richtlinie 1994/57/EG129 bestimmten Qualifikationsanforderungen genügen, die in deren Anhang detailliert aufgelistet sind und auf den Normen EN 45004 und EN 29001 des Internationalen Verbands der Klassifikationsgesellschaften (IACS) beruhen. Außerdem wurde eine zwingende Kontrolle der schon anerkannten Klassifikationsgesellschaften durch die Mitgliedstaaten eingeführt (Art. 11). Einige Schwachstellen dieser Richtlinie wurden im Rahmen des „Erika I“Paketes durch Richtlinie 2001/105/EG130 beseitigt. Insbesondere wurden 127 BGBl. 1998 I, S. 3039 zuletzt geändert durch Art. 2 Vierte Schiffssicherheitsanpassungsverordnung vom 25.9.2002, BGBl. 2002 I, S. 3762 (3773). 128 Insbesondere der italienischen Klassifikationsgesellschaft RINA, die sowohl für die Öltanker „Pallas“ und „Erika“ als auch für das im Oktober 2000 vor La Hague gesunkene Chemikalienschiff „Ievoli Sun“ verantwortlich war, wurde Nachlässigkeit vorgeworfen. Siehe zum Beispiel die schriftliche Anfrage P-3557/00 des Europaabgeordneten Wilhelm Piecyk an die Kommission, ABl. C 151 E, 22.5.2001, S. 189. 129 Richtlinie 94/57/EG des Rates vom 22.11.1994 über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften), ABl. L 319, 12.12.1994, S. 20.

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ein einheitliches, zentralisiertes Verfahren und eine zentralisierte Kontrolle eingeführt. Waren nach der alten Richtlinie hauptsächlich die Mitgliedstaaten für die Erteilung und den Entzug der Anerkennung verantwortlich, ist nun die Kommission dafür zuständig131. Die regelmäßige Überprüfung der anerkannten Einrichtungen nimmt die Kommission gemeinsam mit dem jeweiligen Mitgliedstaat vor. Als neu eingeführte Sanktion kann die Kommission anerkannten Organisationen die Anerkennung befristet und bei Nichtbeseitigung der Mängel endgültig entziehen132. Zudem wurden die Qualifikationsanforderungen verschärft und Regeln für die finanzielle Haftung der Gesellschaften eingeführt133. Nach dem Unfall der „Prestige“ denkt die Kommission ferner darüber nach, wie sich die bei den Klassifikationsgesellschaften übliche Praxis, Seetüchtigkeitszeugnisse für ein Schiff zum einen im Rahmen einer Geschäftsbeziehung für den Reeder, zum anderen in Ausübung übertragener Befugnisse im Namen des für die Kontrolle des Schiffes zuständigen Flaggenstaats auszustellen, hin zu einer größeren Trennung der verschiedenen Kontrollen ändern lässt134. 3. Das Problem der Billigflaggenstaaten135 Es ist erstaunlich, dass angesichts dieser scheinbar lückenlosen Regeln über die Schiffskontrolle immer noch viele sog. „Substandard-Schiffe“136 auf den Weltmeeren unterwegs sind137. Darunter versteht man Schiffe, die den technischen Standards, wie sie das internationale Regelwerk vorgibt, nicht entsprechen. Das liegt vor allem daran, dass in den sechziger und siebziger Jahren viele Schiffseigner ihre Schiffe in Staaten mit niedrigeren 130

Richtlinie 2001/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 94/57/EG des Rates über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden, ABl. L 19, 22.1.2002, S. 9. Die Umsetzungsfrist endete am 22.7.2003. 131 Art. 4 n. F. iVm Art. 7 Abs. 2 n. F. Richtlinie 94/57/EG (Anm. 129). 132 Art. 10 Abs. 2, 4 n. F. Richtlinie 94/57/EG (Anm. 129). 133 Neugefasster Anhang und Art. 6 Abs. 2 n. F. Richtlinie 94/57/EG (Anm. 129). 134 Mitteilung der Kommission KOM(2002) 681 endg. („Prestige“) (Anm. 8), S. 7. 135 Dazu: M. Hayashi, Toward the Elimination of Substandard Shipping: The Report of the International Commission on Shipping, IJMCL 16 (2001), 501–513; N. S. Skourtos, Die Billig-Flaggen-Praxis und die Staatliche Flaggenverleihungsfrist, Köln u. a. 1990. 136 D. König, Durchsetzung internationaler Bestands- und Umweltvorschriften auf Hoher See im Interesse der Staatengemeinschaft, Berlin 1990, S. 107. 137 Puttfarken bezeichnet sie als „eines der größten Probleme der Handelsschifffahrt heute“, Puttfarken (Anm. 112), Rn. 606.

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Sicherheitsstandards registriert hatten. Inzwischen sind aber viele der traditionell als Billig-Flaggenstaaten bezeichneten Länder wie etwa Liberia und Panama den wichtigsten IMO-Konventionen zu Schiffssicherheit und Umweltschutz beigetreten138. Einige der IMO-Konventionen erreichen einen erstaunlichen Grad an Ratifikationen139. Die in SOLAS 1974, COLREG 1972 und dem Freibord-Übereinkommen enthaltenen Regelungen sind mittlerweile sogar zu Gewohnheitsrecht erstarkt140. Im Übrigen ist jede Vertragspartei des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) über Art. 94 Abs. 1 SRÜ verpflichtet, „[ihre] Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten über die [ihre] . . . Flagge führenden Schiffe wirksam [auszuüben]“.

Jeder Flaggenstaat ist verpflichtet, in Bezug auf Bau, Ausrüstung und Seetüchtigkeit der Schiffe (Art. 94 Abs. 2 lit. a SRÜ) die allgemein anerkannten internationalen Vorschriften, Verfahren und Gebräuche einzuhalten141. Dazu gehören vor allem auch die IMO-Konventionen (SOLAS, COLREG, MARPOL, Freibord-Übereinkommen und STCW)142. Dennoch bleibt zu berücksichtigen, dass Überwachungsorgane nur dort tätig werden, wo sie von den Behörden des Flaggenstaates hinbestellt werden. Besonders kleineren Staaten kann es an den Machtmitteln, den administrativen Möglichkeiten und an ausreichend qualifiziertem Personal fehlen, um sämtliche Vorschriften effektiv durchzusetzen143. Ein Zwangssystem gegen Flaggenstaaten, die ihre Verpflichtungen nicht ernst nehmen oder aus anderen Gründen nicht erfüllen, gibt es nicht. Hier ist wieder die Staatengemeinschaft gefragt. Einen ersten Schritt bildete die Gründung des Sub-Committee on Flag State Implementation (FSI) der IMO im Jahre 1992. Dieser Unterausschuss widmet sich den Problemen der Umsetzung der bestehenden Normen. Das STCW könnte mit seinen neuen Regeln über die Kontrollen durch die IMO selbst als Beispiel dienen, um die Staatengemeinschaft in die 138

König (Anm. 136), S. 78. SOLAS 1974: 147 Staaten mit 98,4% des Weltfrachtaufkommens, SOLAS Protokoll von 1988 immerhin noch 63,27% des Frachtaufkommens; Freibord-Übereinkommen 1966: 98,38% (151 Staaten); Freibord-Übereinkommen Protokoll von 1988, 63,13%; beim STCW 1978 sind es 98,38% (144 Staaten); Anlage I/II MARPOL 73/78: 96,92% (127 Staaten), Stand 15.4.2004. 140 Statt vieler: M. Nfflñez-Müller, Die Staatszugehörigkeit von Handelsschiffen im Völkerrecht, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Flaggenverleihung unter besonderer Berücksichtigung der so genannten Billigflaggen, Berlin 1994, S. 282; König (Anm. 136); W. H. Lampe, Sicherheit der Schifffahrt und Schutz der Meeresumwelt, VN 30 (1982), 86 (91). 141 Art. 94 Abs. 4 SRÜ. 142 So ausdrücklich statt vieler: Hayashi (Anm. 135), S. 507. 143 Hayashi (Anm. 135), S. 507. 139

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Überwachung der Erfüllung der Konventionen einzubeziehen. Es ist zu überlegen, ob man nicht auch andere Aspekte der Schiffssicherheit in die „White List“ nach dem STCW aufnimmt. Damit könnte etwa den Hafenstaaten ein klares Bild darüber verschafft werden, welche Schiffe verstärkten Kontrollen unterzogen werden müssen. Auch die verstärkte Einbeziehung der Schiffsbetreiber selbst, wie es durch den International Safety Management Code (ISM) geschieht, kann sich als wirksam erweisen. Als „Notwehr“144 bleibt schließlich die Hafenstaatenkontrolle, bei der stets auch ausländische Schiffe überprüft werden können. Hier müssen die Hafenstaaten, die schließlich auch einen Nutzen aus dem Betreiben der Häfen ziehen, mehr Verantwortung übernehmen145. Verstärkte Kontrollen sind, auch wenn sie durch die Staatengemeinschaft in Form einer internationalen Organisation übernommen werden, stets mit erhöhten Kosten verbunden. Selbstredend gilt das auch für die Ausrüstung und Umrüstung von Öltankern auf immer neue Standards. Deshalb ist langfristig ein Umdenken in der Preisgestaltung von Öl und Diesel erforderlich: „It is clear [. . .] that the price of petrol and diesel at the filling station pump is not reflecting the true environmental costs“146.

V. Ergebnis Dank der Bemühungen der Staaten und der IMO, die Sicherheitsstandards zu erhöhen, Navigationshilfen einzuführen und die Ausbildung der Seeleute zu verbessern, sowie durch die Einführung von Verkehrstrennungsgebieten ist die Zahl der Schiffsverluste seit Ende der siebziger Jahre erheblich zurückgegangen147. Die unfallbedingte Ölverschmutzung der Meere beträgt nur noch ein Drittel der Verschmutzung aus den siebziger Jahren148. Die internationalen Regeln zur Schiffssicherheit haben einen hohen Dichte144

Puttfarken (Anm. 112), Rn. 606. Zu Einzelheiten zu Rechten und Pflichten der Hafenstaaten siehe Beitrag von Bianca Dormuth. 146 Exekutivdirektor des UNEP, Klaus Töpfer, in Reaktion auf das Tankerunglück der „Prestige“: Press Release, Nairobi, 28.11.2002, , Stand 15.4.2004. 147 C. Hinz, 50 Jahre Vereinte Nationen – Tätigkeit und Wirken der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation (IMO), in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), 50 Jahre Vereinte Nationen – Tätigkeitsbericht und Wirken der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), Baden-Baden 1997, S. 17; United Nations Group of Experts on the Scientific Aspects of Marine Pollution (GESAMP), Report on the State of the Marine Environment, 1990, zitiert in IMO, Focus on IMO, Tanker safety; the work of the International Maritime Organization, London 1996, S. 6, , Stand 1.5.2003. 148 Hinz (Anm. 147), S. 17. 145

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grad erreicht, der durch flexible Normsetzungsverfahren und Vertragsänderungsverfahren in der IMO stetig an den technischen Stand angepasst wird. Die Reaktionen der IMO auf das Prestigeunglück haben gezeigt, dass es möglich ist, auch binnen kurzer Zeit auf Gefahrenlagen zu reagieren. Der Schwerpunkt des Problems mit den Öltankern liegt nicht so sehr in unzureichenden Regeln, sondern ist in der Schwäche der Durchsetzungsmechanismen zu sehen149. Nach Angaben der IMO gäbe es gar kein Problem mehr, wenn alle existierenden Normen strikt angewendet werden würden. „If all these measures were rigorously applied the problem would already have been virtually eliminated“150.

Hier ist jeder einzelne Staat in seiner Funktion als Flaggen-, Küstenoder Hafenstaat gefragt. Die Durchsetzungsschwäche ist es auch, die heute den Kern des Billigflaggenstaatenproblems bildet. Bei der gesamten Frage der Sicherheit von Öltankern auf See darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Verschmutzung durch Tankerunfälle nur einen sehr kleinen Teil der Verschmutzung der Weltmeere ausmacht. Zur Bewältigung der größten Verschmutzungsquelle, der Verschmutzung der Meere vom Lande aus, muss ebenso intensiv gearbeitet werden. Da es für diesen Bereich keine eigene internationale Organisation gibt, sind hier die Probleme sogar noch schwerwiegender.

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So auch Graf Vitzthum (Anm. 74), S. 172. IMO, Focus on IMO, Tanker safety; the work of the International Maritime Organization, 1996, , Stand 1.5.2003, S. 6. 150

Die Befugnisse des Küstenstaates zur Verhinderung von Öltankerunfällen Von Ingo Niemann Die verheerenden Schäden von Ölkatastrophen an den Küsten zeigen, welch vitales Interesse ein Staat an der Regelung auch desjenigen Schiffsverkehrs hat, der seine Küste nur passiert. Gewohnheitsrechtlich muss er fremden Schiffen die friedliche Durchfahrt durch das seiner Souveränität unterliegende Küstenmeer gewähren1. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen2 (SRÜ) hat überdies, angesichts der möglichen Ausdehnung des Küstenmeers auf zwölf Seemeilen und der inneren Gewässer durch die Methode der geraden Basislinien, zur Sicherung der Schifffahrtsfreiheit besondere Durchfahrtsrechte für Meerengen und Archipelstaaten geschaffen. Ganz offensichtlich muss insoweit wiederum ein Ausgleich mit den Interessen der Küstenstaaten getroffen werden. Für sie sind Unfälle besonders bedrohlich, wenn sie sich in Küstennähe ereignen. Die (eigennützigen) Interessen der Küstenstaaten an der Reinhaltung des Meeres setzen heute aber schon in viel größerer Entfernung von ihren Küsten ein. Als schutzbedürftig wird auch die ausschließliche Wirtschaftszone angesehen, die sich nach dem SRÜ (Art. 57) bis zu 200 Seemeilen in das Meer erstrecken kann. Damit nationale Regulierungen die Schifffahrt möglichst wenig beeinträchtigen, lässt das SRÜ fast durchweg nur solche Einschränkungen der Schifffahrtsfreiheit zu, die in internationalen Gremien wie der IMO getroffen wurden, und begrenzt so die Rechtsetzungsmacht des Küstenstaats.

I. Die Befugnisse im Küstenmeer Den Grundsatz der friedlichen Durchfahrt durch den der Küste unmittelbar vorgelagerten Meeresstreifen, der seit alters her anerkannt war und im Jahre 1958 in Art. 14 der Genfer Konvention über das Küstenmeer und 1

Vgl. P. C. Jessup, The Law of Territorial Waters and Maritime Jurisdiction, New York 1927, S. 120–123; A. Verdross, Völkerrecht, 5. Aufl., Wien 1964, S. 278 f.; I. Brownlie, Principles of Public International Law, 5. Aufl., Oxford 1998, S. 191 f. 2 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982, BGBl. 1994 II, S. 1799; in Kraft getreten am 16.11.1994, BGBl. 1995 II, S. 602.

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die Anschlusszone3 einen förmlichen Niederschlag fand, hat das SRÜ in Art. 17 für das nunmehr bis auf zwölf Seemeilen ausdehnbare Küstenmeer übernommen. Die inneren Gewässer hingegen unterstehen in vollem Umfang der Herrschaftsmacht des Küstenstaates4, mit lediglich einer Ausnahme: Sofern sie erst durch die nach Art. 7 SRÜ zugelassenen geraden Basislinien zu inneren Gewässern wurden, gilt auch hier das Recht der friedlichen Durchfahrt (Art. 8 Abs. 2 SRÜ). Gewährt werden muss die zügige und ununterbrochene Fahrt durch das Küstenmeer mit der Möglichkeit des Anhaltens oder Ankerns, sofern dies zur normalen Schifffahrt gehört oder aus Not oder zur Hilfeleistung geschieht (Art. 18 SRÜ). Dem korrespondiert die Pflicht des Küstenstaates, die Durchfahrt ohne Diskriminierung zu dulden und sie nicht praktisch zu verhindern (Art. 24 Abs. 1 SRÜ). 1. Ausschluss von der Durchfahrt aufgrund Unfriedlichkeit Da der Küstenstaat nur die friedliche Durchfahrt gewähren muss, ließe sich erwägen, ob einem gefährlichen Öltanker die Friedlichkeit von vornherein abgesprochen werden könnte. Nähme man an, dass bereits ein Verstoß gegen die zulässigen küstenstaatlichen Regulierungen die Friedlichkeit der Durchfahrt ausschließt, so würde sich das Ausschlussrecht wegen Unfriedlichkeit ganz oder teilweise mit der Regelungsbefugnis des Küstenstaates decken5. Das SRÜ allerdings geht einen anderen Weg. Es stellt der allgemeinen Definition der Friedlichkeit in Art. 19 Abs. 1 SRÜ einen Katalog von Ausschlusstatbeständen zur Seite. So ist klargestellt, dass bloße Verstöße gegen küstenstaatliche Regelungen die Durchfahrt nicht schon unfriedlich machen6. Eine durch ein Schiff hervorgerufene Verschmutzung schließt die Friedlichkeit erst dann aus, wenn sie schwer ist und vorsätzlich erfolgt (Art. 19 Abs. 2 lit. h SRÜ). Während betriebsbedingte Einleitungen meist nicht den erforderlichen Schweregrad erreichen7, fehlt es bei Ölunfällen durchweg am Vorsatz, so dass Öltransporten die Friedlichkeit im Grundsatz 3 Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone vom 29.4.1958, AJIL 52 (1958), 834–842 (von der Bundesrepublik Deutschland nicht ratifiziert). 4 Vgl. nur R. Lagoni, Internal Waters, Seagoing Vessels, EPIL, Vol. II, S. 1036 f.; C. Gloria, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., München 2004, S. 826. 5 In diesem Sinne lässt sich die Küstenmeerkonvention deuten, vgl. J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a. 1994, S. 89 f. 6 So auch die Schlussfolgerung Nr. 9 des Committee on Coastal State Jurisdiction Relating to Marine Pollution der International Law Association (ILA), Report of the Sixty-Ninth Conference held in London, London 2000, S. 443 (497).

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nicht abgesprochen werden kann8. Ob in anderen als den in Art. 19 Abs. 2 SRÜ genannten Fällen die Durchfahrt eines Schiffes als unfriedlich angesehen werden kann, ist umstritten. In ihrer gemeinsamen Erklärung von Jackson Hole sahen die USA und die Sowjetunion den Katalog des Art. 19 Abs. 2 SRÜ übereinstimmend als erschöpfend an9. Eine solche Auslegung widerspricht aber der weiten Definition des Art. 19 Abs. 1 SRÜ. Dem Wortlaut des Abs. 2 fehlt zwar das auf Regelbeispiele deutende Adverb „insbesondere“10. Ein abschließender Katalog aber würde Abs. 1 entbehrlich machen. In der Tat wird man der Erklärung von Jackson Hole nach InKraft-Treten des SRÜ keineswegs noch dasselbe Gewicht beimessen können wie 1989, als sie, von den damaligen Supermächten abgegeben, einen ganz erheblichen Beleg für eine opinio iuris im Seerecht darstellte. Zu Recht hat daher das Komitee der ILA zu küstenstaatlichen Hoheitsbefugnissen auch solche Schiffe als unfriedlich eingestuft, die wegen ihres unsicheren Zustands einen Unfall extrem wahrscheinlich machen11. Allerdings muss dies auf Fälle beschränkt bleiben, in denen dem Küstenstaat tatsächlich die konkrete Gefahr einer Schädigung seiner Küste droht. Die Befugnis, Tanker allein wegen ihrer veralteten Konstruktion oder wegen Verstoßes gegen Sicherheitsvorschriften als unfriedlich einzustufen, enthält das SRÜ nicht. 2. Regulierungsbefugnis im Küstenmeer Der Vermeidung von Unfällen dient in erster Linie die Pflicht des Küstenstaates, auf bekannte Gefahren für die Schifffahrt im Küstenmeer hinzuweisen (Art. 24 Abs. 2 SRÜ)12. Außerdem kann er den Schiffsverkehr re7 Anderes kann allerdings in besonders verschmutzten Meeresgebieten oder aufgrund besonderer geographischer Gegebenheiten gelten, ILA-Report (Anm. 6), S. 494 f. 8 A. E. Boyle, Marine Pollution Under the Law of the Seas Convention, AJIL 79 (1985), 347–372 (359); Wilkens (Anm. 5), S. 87. 9 Joint Statement by the United States and the Union of Soviet Socialist Republics vom 23.9.1989 mit Uniform Interpretation of Rules of International Law Governing Innocent Passage (Anhang), Art. 3; Wortlaut siehe ILM 28 (1989), 1444; AJIL 84 (1990), 239. 10 So das Argument für den erschöpfenden Charakter, vgl. Wilkens (Anm. 5), S. 89 m. w. N. 11 Schlussfolgerung Nr. 7 (Anm. 6), S. 493 sowie Kommentar S. 495. Das Komitee spricht insofern von „a ship whose condition is so utterly deplorable that it is extremely likely to cause a serious incident with major harmful consequences, including to the marine environment“ (aaO, S. 493). Gemeint sind sog. „ ‚leper‘ ships“, obgleich dieser Ausdruck im offiziellen Bericht vermieden wurde, so E. J. Molenaar, in: Working Session, ILA-Report (Anm. 6), S. 501 (510). Gegen die präventive Versagung der Durchfahrt aber Wilkens (Anm. 5), S. 268 m. w. N.

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geln (Art. 21 Abs. 1 lit. a) und weitgehend selbstständig Schifffahrtswege festlegen und Verkehrstrennungsgebiete ausweisen (Art. 22 SRÜ). Darüber hinaus darf er insbesondere auch zum Schutz seiner Umwelt Regeln erlassen (Art. 21 Abs. 1 lit. f, Abs. 2 SRÜ), und Art. 211 Abs. 4 SRÜ erstreckt diese Befugnis mutatis mutandis auf den Schutz der Meeresumwelt, die in Art. 192 SRÜ zum gemeinschaftlichen Schutzgut erklärt worden ist. Dies betrifft zunächst Verhaltenspflichten, z. B. zur Einleitung von Tankspülwasser. Problematischer sind Regulierungen, die den Zustand von Schiffen betreffen. Da es in diesem Fall nicht in der Hand der Besatzung liegt, den Regeln des Küstenstaats Folge zu leisten oder nicht, wirken Zustandsregeln gegenüber Schiffen, die ihnen nicht entsprechen, im Ergebnis wie ein Verbot der Durchfahrt. Zudem wäre die Schifffahrt erheblich beeinträchtigt, wenn ein Schiff je nach durchfahrenem Küstenmeer auf verschiedene technische Anforderungen stieße. Das SRÜ stellt in Art. 21 Abs. 2 SRÜ daher Zustandsregeln unter den Vorbehalt „allgemein anerkannter internationaler Regeln und Normen“13. Umstritten ist dabei, ob der Küstenstaat seinen Regulierungen auch unverbindliche Normen zugrunde legen darf. So gilt etwa die Regel 13F MARPOL 73/78 über Doppelhüllentanker nicht für bestimmte ältere Schiffe14. Gleichwohl könnte sie als gemeinsamer technischer Standard herangezogen werden, um solche Tanker von der Küste fernzuhalten. Die gleiche Frage stellt sich für technische Normen, die nur empfehlenden Charakters sind. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf Art. 211 Abs. 2 SRÜ, der den Flaggenstaat beim Schutz der Meeresumwelt ebenfalls auf „allgemein anerkannte internationale Regeln und Normen“ verpflichtet. Fielen darunter 12

So schon der IGH in Corfu Channel (United v. Albania), ICJ Reports 1949, 4

(22). 13 Das Sekretariat der IMO vertrat früher die Auffassung, die IMO sei die einzige Organisation mit entsprechendem universellem Mandat, vgl. Implications of the United Nations Convention on the Law of the Sea 1982 for the International Maritime Organisation, IMO-Dokument LEG/MISC/1 vom 27.7.1987, NILOS 3 (1987), 340–414 (346 f.). Nach der neuesten Version dieser 2002 durch den IMORat gebilligten und seither regelmäßig aktualisierten Studie soll eine ausschließliche Zuständigkeit der IMO bestehen, wenn das SRÜ auf „the ‚competent international organization‘ “ Bezug nimmt („Implications of the United Nations Convention on the Law of the Sea for the International Maritime Organisation“, IMO-Dokument LEG/MISC/4, S. 3, , Stand 22.3. 2005). Ebenso F. L. Kirgis, Shipping, in: O. Schachter/C. C. Joyner (Hrsg.), United Nations Legal Order, Vol. 2, Cambridge u. a. 1995, S. 715–751 (734). Als Normen im Sinne des Art. 21 Abs. 2 SRÜ kommen z. B. auch ILO-Konventionen in Betracht, vgl. I. A. Shearer, Problems of Jurisdiction and Law Enforcement Against Delinquent Vessels, ICLQ 35 (1986), 320–343 (325). Zur Zuständigkeit der IMO vgl. auch Wilkens (Anm. 5), S. 147 f. 14 Siehe oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. I. 1. a).

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auch Ausnahmen oder Empfehlungen, so wäre der Flaggenstaat durch das SRÜ zwingend auf unverbindliche Normen verpflichtet, sofern sie durch eine weitverbreitete Übung allgemeine Anerkennung gefunden haben15. Hieran dürfte es zumindest solange fehlen, wie die entsprechenden IMO-Regeln die Ausnahme gerade vorsehen. Die jüngsten Beschlüsse der IMO über die endgültige Abschaffung von Einhüllentankern bis 201016 belegen erneut, dass ein sofortiges und generelles Verbot keine allgemeine Anerkennung genießt. Bloße Empfehlungen der IMO können aber auch aus einem anderen Grund nicht als allgemein anerkannte internationale Regeln und Normen gelten. Das SRÜ selbst nimmt nämlich an anderer Stelle auf empfohlene Gebräuche und Verfahren ausdrücklich Bezug, und zwar gerade ohne daran klare Verpflichtungen der Staaten zu knüpfen17 (Art. 207 Abs. 1 und 5, Art. 208 Abs. 5 und Art. 210 Abs. 4). Der Hinweis auf die langwierige und komplexe Redaktion des SRÜ kann derartige Formulierungsunterschiede, die ersichtlich im Zusammenhang mit den in das SRÜ aufgenommenen Verpflichtungen stehen, nicht einfach hinwegwischen18. Auch wenn es sich bei Art. 21 Abs. 2 SRÜ im Gegensatz zu Art. 211 Abs. 2 SRÜ nicht um eine Verpflichtungs-, sondern eine Befugnisnorm handelt und obwohl auch unverbindliche Normen eine technische Harmonisierung herstellen könnten, steht der Wortlaut des SRÜ hier der einseitigen Durchsetzung nichtverbindlicher Standards durch die Küstenstaaten entgegen. Nichts anderes gilt wegen der erforderlichen allgemeinen Anerkennung für regionale Abkommen. Liegt die Schwelle der allgemeinen Anerkennung auch unterhalb des Gewohnheitsrechts, so müssen solche Regeln jedenfalls durch eine große Mehrheit der Staatengemeinschaft akzeptiert sein19. Zweifelsfrei trifft dies auf die wichtigsten im Rahmen der IMO geschlossenen Verträge selbst zu20. Solange Schifffahrtsfragen regelmäßig in der IMO be15

Boyle erwägt insofern, dass so das Instrument der Empfehlung selbst hinfällig würde (Anm. 8), S. 356 f. Für die Anwendung auf bloße Empfehlungen dagegen Kirgis (Anm. 13), S. 735–737. 16 Beschlüsse vom 1. und 4.12.2003, in Kraft ab 5.4.2004 („tacit acceptance procedure“), siehe ! Marine Environment ! MEPC, Stand 22.3.2005. – Hierzu auch oben, Beitrag von Christian Tomuschat, Abschn. II. 2. 17 Vgl. M. H. Nordquist (Hrsg.), United Nations Convention on the Law of the Sea 1982, A Commentary, Vol. IV, Dordrecht u. a. 1991, Art 207 Rn. 7(a). 18 So aber Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 475 f., das folglich allein auf den Gesichtspunkt der tatsächlichen Übung abstellt, Schlussfolgerung Nr. 2, S. 475 sowie Kommentar S. 479–481. 19 Boyle (Anm. 8), S. 355; C. Tomuschat, Obligations Arising for States without or against Their Will, RdC 241 (1993), 195–374 (350–352); Wilkens (Anm. 5), S. 68 f. m. w. N. 20 Vgl. IMO-Dokument LEG/MISC/4 (Anm. 13), S. 7 f., 14; Kirgis (Anm. 13), S. 737 f.

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handelt werden, erscheint es zudem ausgeschlossen, dass sich Normen und Standards an diesem Forum vorbei bilden. Gegenstand anhaltender Diskussion ist die Frage, ob der Küstenstaat Öltankern die Durchfahrt allein aufgrund ihrer abstrakten Gefährlichkeit vorbeugend untersagen kann. Darauf, dass nur extrem gefährlichen Schiffen die Friedlichkeit abgesprochen werden kann, wurde bereits hingewiesen21. Auf der Dritten Seerechtskonferenz wurde vorgeschlagen, eine Notifikationspflicht für gefährliche Durchfahrten einzuführen22. Die dann verabschiedeten Art. 22 Abs. 2 und Art. 23 SRÜ gehen indes nicht wesentlich über die dem Küstenstaat ohnehin zustehenden Befugnisse hinaus. Die einseitige Festlegung einer solchen Anzeigepflicht durch den Küstenstaat wird daher weithin als unzulässig angesehen23. Allerdings erscheint eine Anmeldepflicht dann nicht ausgeschlossen, wenn sie sich nicht gerade gegen besonders gefährliche Transporte richtet, sondern als Teil eines technischen Systems zur Gewährleistung der sicheren Schifffahrt für alle durchfahrenden Schiffe gilt. Derartige küstenstaatliche Regulierungskompetenzen werden heute im Rahmen der im SOLAS-Abkommen vorgesehenen „Ship Reporting System“ (SRS) und „Vessel Traffic Service“ (VTS) (Regel V/8-1 und 8-2 SOLAS 1974) diskutiert24. Da auch das „Automatic Identification System“ (AIS), das seit 1. Juli 2002 nach Regel V/19 SOLAS als Ausrüstungsstandard für bestimmte Schiffe gilt25, eine ständige Übertragung von Schiffsdaten an den Küstenstaat vorsieht, wird man in dieser Frage von einer sich verfestigenden Praxis ausgehen dürfen26. 21

Siehe Anm. 11 mit begleitendem Text. M. H. Nordquist (Hrsg.), United Nations Convention on the Law of the Sea 1982, A Commentary, Vol. II, Dordrecht u. a. 1993, Art. 23 Rn. 2 f. 23 So die gemeinsame Erklärung von USA und Sowjetunion von Jackson Hole (Anm. 9), Abs. 2; Erklärung der Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Beitrittsurkunde zum SRÜ, vgl. BGBl 1995 II, S. 602. Für einen gewohnheitsrechtlichen Ausschluss der Anzeigepflicht W. Heintschel von Heinegg, Atomgesetz und Seevölkerrecht, AVR 36 (1998), 44–66 (48 f.). Siehe aber zur uneinheitlichen Staatenpraxis in diesem Punkt E. J. Molenaar, Coastal State Jurisdiction Over Vessel-Source Pollution, The Hague u. a. 1998, S. 228–236. 24 Zu SRS und VTS im Überblick IMO-Dokument LEG/MISC/3/Rev.1 (Anm. 13), S. 24; nähere Erläuterungen dazu oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. II. 3. 25 Vgl. IMO-Dokument LEG/MISC/4 (Anm. 13), S. 15; nähere Erläuterungen dazu oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. II. 3. 26 Für die Zulässigkeit von Anmeldepflichten aufgrund der Kompetenz zum Schutz der Meeresumwelt R. Jansoone, La pratique étatique belge et la zone économique exclusive (ZEE), in: J. Salmon/E. Franckx (Hrsg.), Colloque sur la Belgique et la nouvelle Convention des Nations Unies sur le droit de la mer, Bruxelles 1995, S. 93–107 (102 f.). Molenaar (Anm. 23), S. 214–216, unterscheidet streng die Notfizierung einer Durchfahrt durch den Flaggenstaat von der Anmeldung nach SRS/ 22

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3. Zwangsbefugnisse im Küstenmeer Weniger eindeutig als zur Regelungsmacht verhält sich das SRÜ zu den Zwangsbefugnissen. Art. 25 SRÜ enthält eine Sonderregelung über Zwangsbefugnisse zur Abwehr der nichtfriedlichen Durchfahrt und zur vorbeugenden Anwendung von Regeln, die der Küstenstaat für Schiffe erlassen hat, die seine Häfen anlaufen. Dagegen kann aus Art. 25 SRÜ nicht der Gegenschluss gezogen werden, anderweitige Zwangsmaßnahmen im Küstenmeer seien ausgeschlossen. Denn dies würde zu dem offenkundig abwegigen Ergebnis führen, dass der Küstenstaat im Küstenmeer zwar nach Art. 21 und 22 SRÜ Regelungen erlassen, diese aber nicht vollziehen darf. Soweit der Küstenstaat seine Regulierungsbefugnisse nach SRÜ wahrnimmt, folgt die Vollzugsbefugnis vielmehr unmittelbar aus seiner Souveränität über das Küstenmeer. Auch das SRÜ selbst geht in Art. 24 Abs. 1 davon aus, dass der Küstenstaat zur Ausübung seiner Befugnisse Vollzugsmaßnahmen trifft. In jedem Fall darf er bei Verdacht auf einen Verstoß gegen seine Vorschriften ein Schiff anhalten, kontrollieren und festhalten, um die Verantwortlichen seiner Strafgewalt nach Art. 27 Abs. 1 lit. a SRÜ zu unterwerfen27. Allerdings unterliegen die Zwangsmaßnahmen des Küstenstaats gewohnheitsrechtlich einer Beschränkung auf Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, und zwar selbst dann, wenn die Durchfahrt unfriedlich ist28. Zieht man die Ausweisung aus dem Küstenmeer als zusätzliche Zwangsmaßnahme in Betracht, so zeigt sich, wie schwer die Unterscheidung zwischen Friedlichkeit der Durchfahrt und vollziehbarer Regelung durch den Küstenstaat durchzuhalten ist. Ausdrücklich sieht das SRÜ die Ausweisung nur als Zwangsmaßnahme gegen fremde Kriegsschiffe vor (Art. 30 SRÜ) und stellt damit sicher, dass diese nicht der Gerichtsbarkeit des Küstenstaats unterworfen werden. Hieraus zu folgern, die Ausweisung sei im Vergleich mit den sonstigen im Küstenmeer zulässigen Zwangsmaßnahmen von vornherein minder schwer, wäre allerdings verfehlt, denn eine Ausweisung kommt der Verweigerung der friedlichen Durchfahrt gleich29. Andererseits VTS. Zweifelnd K. Hakapää/E. J. Molenaar, Innocent Passage – Past and Present, Marine Policy, 23 (1999), 131–145 (134 f.). Tendenziell für eine Zulässigkeit Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 453 f. mit Schlussfolgerung Nr. 8, S. 496 f. 27 Shearer (Anm. 13), S. 326. 28 Shearer (Anm. 13), S. 341 f.; R. McLaughlin, Coastal State Use of Force in the EEZ under the Law of the Sea Convention 1982, University of Tasmania Law Review 18 (1999), 11–21 (17 f.); Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 456 sowie Schlussfolgerung Nr. 9, S. 497. 29 Vgl. Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 455 f., wonach zwar die Ausweisung, nicht aber ein Anhalten und Festsetzen im Hafen das Recht zur friedlichen Durchfahrt verletzen.

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kann auch die Auffassung, eine Ausweisung komme zur Durchsetzung der küstenstaatlichen Regeln im Küstenmeer generell nicht in Betracht, nicht überzeugen. Denn zumindest sofern es um die Durchsetzung zustandsbezogener Regeln nach Art. 21 Abs. 2 SRÜ geht, wäre dem Küstenstaat das praktisch bedeutsamste Vollzugsinstrument genommen. Wie bereits bemerkt, wirken zustandsbezogene Regeln wie ein Verbot der Durchfahrt für Schiffe, die den Vorschriften nicht entsprechen. Der offensichtliche Widerspruch zwischen einer entsprechenden Regelungsmacht des Küstenstaates und dem Recht auf friedliche Durchfahrt kann schwerlich durch eine Beschränkung der verfügbaren Zwangsmittel entschärft werden. Dass ein Küstenstaat verpflichtet sein soll, ein unvorschriftsmäßiges Schiff in sein Küstenmeer einfahren zu lassen, nur um es gleich darauf festzusetzen und zu einem Hafen zu geleiten, wird der Interessenlage nicht gerecht. Denn schließlich ermächtigt ihn Art. 21 SRÜ gerade dazu, Gefahren von der Küste fernzuhalten. Dass er sich genau diesen Gefahren aussetzen soll, um seine Befugnisse durchzusetzen, ist damit unvereinbar30. Dem entspricht die Praxis einer Reihe von Staaten, die den Verweis als Zwangsmittel im Küstenmeer auch gegen friedlich durchfahrende Schiffe zumindest vorsehen31. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Küstenstaat nicht Regelungen zum eigenen Schutz vollzieht, sondern zum Schutz der Meeresumwelt. Deren Gefährdung lässt sich durch eine Ausweisung aus dem Küstenmeer nicht verringern. Daher findet sich der Verweis nicht unter den Zwangsmaßnahmen des Art. 220 Abs. 2 SRÜ. Will der Küstenstaat das Gemeinschaftsinteresse am Schutz der Meeresumwelt durchsetzen, so kann er das betroffene Schiff kontrollieren und gegebenenfalls festhalten. Dabei gelten allerdings die Bindungen der Art. 223–232 SRÜ, insbesondere die vorrangige Strafgewalt des Flaggenstaates (Art. 228 SRÜ)32 und eine weitgehende Beschränkung auf Geldstrafen (Art. 230 Abs. 1 und 2 SRÜ).

II. Besondere Durchfahrtsrechte In Meerengen und Archipelgewässern treten die Rechte des Küsten- bzw. Archipelstaats gegenüber dem Interesse an einer freien Durchfahrt zurück. Bei der in Art. 38 SRÜ angesichts des erweiterten Küstenmeeres vorgesehenen Transitdurchfahrt müssen die Meerengenanliegerstaaten zur Regelung 30 Anderer Ansicht mit Hinweis auf die Verfahrenssicherungen der Art. 223 ff. SRÜ Wilkens (Anm. 5), S. 88. Wie hier Molenaar (Anm. 23), S. 247 und 250 sowie Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 456, das aber in Schlussfolgerung Nr. 9 (S. 497) den gebotenen Schluss nicht zieht. 31 Molenaar (Anm. 23), S. 267; Hakapää/Molenaar (Anm. 26), S. 140 f.; Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 456 f. 32 Hierzu unten, Beitrag von Karola Wolprecht, Abschn. III. 2.

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des Schiffsverkehrs miteinander und den zuständigen internationalen Organisationen zusammenwirken (Art. 41 SRÜ). Diese Zusammenarbeit kann sich mitunter als schwierig erweisen. So konnte bisher in der IMO keine Einigung über eine Lotsenpflicht in der Kadetrinne zwischen Rügen und dem Darß im Süden und Dänemark im Norden erzielt werden33. Zum Schutz vor Verschmutzung dürfen Meerengenanliegerstaaten nur Einleitungsverbote erlassen34, und sie sind dabei an die anwendbaren internationalen Regeln35 gebunden (Art. 42 Abs. 1 lit. b SRÜ). Schiffe, die gegen internationale Regeln über Entwurf, Bau, Bemannung oder Ausrüstung verstoßen, muss der Anliegerstaat dagegen grundsätzlich gewähren lassen. Weitergehende Lösungen können nur in Zusammenarbeit mit den Benutzerstaaten gefunden werden (Art. 43 SRÜ); die IMO verzeichnet bisher keine derartigen Arrangements36. Dem insgesamt wenig restriktiven Regime entspricht die Begrenzung der Durchsetzungsbefugnisse auf Fälle, in denen schwere Schäden für die Meeresumwelt der Meerenge drohen (Art. 233 SRÜ). Sie verhindert, dass sich der Anliegerstaat aufgrund seiner exponierten Lage zum allgemeinen Sachwalter des Gemeininteresses aufschwingt. In Archipelgewässern, die nach der durch Art. 47 SRÜ zugelassenen Methode der Archipelbasislinien festgelegt wurden, gilt nach Art. 52 SRÜ grundsätzlich das Regime der friedlichen Durchfahrt. Allerdings muss der Archipelstaat gemäß Art. 53 SRÜ die Durchfahrt von einem Teil der Hohen See oder einer ausschließlichen Wirtschaftszone zu einem anderen Teil in erweitertem Umfang dulden. Für diese Archipeldurchfahrtswege verbleiben ihm nur eingeschränkte Rechte, die im Wesentlichen dem Regime der Meerengendurchfahrt entsprechen37. Insbesondere kann er Schifffahrtswege und Verkehrstrennungsgebiete nur in Abstimmung mit der IMO festlegen. Auch für die Befugnisse zum Schutz vor Verschmutzungen verweist Art. 54 SRÜ auf die Regelung des Art. 42 SRÜ in Meerengen. Dass ausdrückliche Befugnisse zum Schutz der Meeresumwelt fehlen, muss wohl ein Redaktionsfehler sein38. Auf den Archipeldurchfahrtswegen ist daher die Rege33 Bislang besteht in der Kadetrinne ein Verkehrstrennungsgebiet mit einer Empfehlung der IMO, Lotsendienste in Anspruch zu nehmen. 34 Vgl. Molenaar (Anm. 23), S. 291. 35 Zu diesem Begriff Molenaar (Anm. 23), S. 291–293; Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), Schlussfolgerung Nr. 4 mit Kommentar, S. 482–485. 36 IMO-Dokument LEG/MISC/4 (Anm. 13), S. 52. 37 Nordquist, Vol. II (Anm. 22), Art. 53 Rn. 1 und 9(b). Für die geringen Unterschiede im Wortlaut und aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in Meerengen und Archipelgewässern vgl. die Kommentierung aaO, S. 477–479, Ziff. 53.9 (e), (h) bis (l). 38 So R. R. Churchill/A. V. Lowe, The Law of the Sea, 3. Aufl., Manchester 1999, S. 127 f.

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lungsmacht des Archipelstaats zum Schutz der Meeresumwelt auf die Kompetenzen beschränkt, wie sie auch bei der Meerengendurchfahrt bestehen, d.h. Zwangsmittel dürfen auch hier nur bei drohenden schweren Schäden für die Meeresumwelt angewendet werden (Art. 233 SRÜ)39. Abseits der Durchfahrtswege kann der Archipelstaat dagegen kraft seiner Souveränität über die Archipelgewässer (Art. 49 SRÜ) wie im Küstenmeer Regelungen zum Schutz der Meeresumwelt erlassen. Im Übrigen bleibt es bei den Befugnissen im Küstenmeer und der ausschließlichen Wirtschaftszone, die sich an die um das Archipel gezogenen Basislinien anschließen (Art. 47 und 48 SRÜ).

III. Die Befugnisse in der ausschließlichen Wirtschaftszone Als Reaktion auf das Unglück der „Prestige“ beschlossen Frankreich und Spanien, Einhüllentankern, die älter als 15 Jahre sind, die Einfahrt in ihre ausschließliche Wirtschaftszone zu verwehren40. In der Folge wurde einer Reihe von Schiffen die Durchfahrt durch die französische bzw. spanische ausschließliche Wirtschaftszone versagt, so z. B. dem griechischen Einhüllentanker „Kriti Filoxenia“, den die französischen Behörden am 24. Dezember 2002 der französischen ausschließlichen Wirtschaftszone im Atlantik verwiesen41. Diese Praxis wirft die Frage auf, ob dem Küstenstaat in der ausschließlichen Wirtschaftszone, die weitaus größer als das Küstenmeer ist, derart starke Befugnisse zustehen. 39 Wilkens (Anm. 5), S. 106; Molenaar (Anm. 23), S. 343 f., 345; Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 461. Nordquist, Vol. II (Anm. 22), Art. 54 Rn. 7(b), schließen die Anwendung von Art. 233 SRÜ sogar direkt aus dem Verweis auf Art. 42 SRÜ. Dagegen für Behandlung des gesamten Archipels wie das Küstenmeer Shearer (Anm. 13), S. 333. 40 Vgl. die gemeinsame Erklärung von Ministerpräsident Aznar und Staatspräsident Chirac auf dem französisch-spanischen Gipfel vom 26.11.2002. Wortlaut der Pressekonferenz abrufbar über die Internetseite des Elysée-Palastes, ! Conférences et points de presse ! 2002 ! novembre, Stand 22.3.2005. Ein rechtsförmliches Verbot ist allerdings wohl nicht erlassen worden, vgl. J. Juste Ruiz, El accidente del Prestige y el Derecho internacional: de la prevención fallida a la reparación insuficiente, Revista española de derecho internacional 55 (2003), 15 (30). Siehe auch M. Lehardy, Naufrage du „Prestige“ et accord sur le contrôle de la navigation dans la zone économique exclusive, RGDIP 107 (2003), 132–136 (132 f.). 41 Stellungnahme des französischen Außenministeriums vom 26.12.2002, , Stand 22.3.2005: „They [die zuständigen französischen Behörden] advised the Greek commander of the tanker Kriti Filoxenia not to enter the exclusive economic zone and to inform them at regular intervals of his position and of any eventual incident.“ Siehe auch A. Habib, La France a interdit à trois pétroliers à simple coque de s’approcher de ses côtes, Le Monde, 27.12.2002, S. 8; Lehardy (Anm. 40), S. 133, 135.

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Im Gegensatz zum Küstenmeer unterliegt die ausschließliche Wirtschaftszone nicht der Souveränität des Küstenstaates, es gilt vorbehaltlich der besonders eingeräumten Befugnisse die Freiheit der Hohen See (Art. 58 SRÜ). Die Rechte des Küstenstaates beschränken sich nach Art. 56 Abs. 1 SRÜ darauf, die Ausbeutung der Ressourcen in der Wirtschaftszone zu regeln. Zwar darf auch deren Erhaltung reguliert werden, Art. 61 SRÜ stellt aber klar, dass damit nur der Schutz der lebenden Ressourcen vor übermäßiger Ausbeutung gemeint ist. Zum Schutz gegen Verschmutzungen ist der Küstenstaat auf die durch das SRÜ besonders eingeräumten Befugnisse zum Schutz der Meeresumwelt beschränkt, die sich zwingend auf allgemein anerkannte internationale Regeln und Normen stützen müssen (Art. 56 Abs. 1 lit. b [iii], Art. 211 Abs. 5 SRÜ). Die Anwendung der Doppelhüllennorm nach 13F MARPOL 73/78 gegen Tanker älterer Bauart ist daher auch hier ausgeschlossen. Nur bei besonderen Umständen darf der Küstenstaat in Abstimmung mit der IMO Sondergebiete mit weitergehenden Regelungen ausweisen (Art. 211 Abs. 6 SRÜ). Einseitige Regelungen sind nach Art. 234 SRÜ allein für eisbedeckte Gebiete zugelassen, eine Konzession der Dritten Seerechtskonferenz an Kanada, das bereits derartige Regeln erlassen hatte und daraufhin die Forderung nach einer besonderen arktischen Umweltzone fallen ließ42. Da die umweltbezogenen Regulierungsbefugnisse in der ausschließlichen Wirtschaftszone nicht aus den dort bestehenden souveränen Rechten folgen, enthält Art. 73 Abs. 1 SRÜ keine Zwangsbefugnisse zu ihrer Durchsetzung. Wegen seines Vorbehalts für die sonstigen Regelungen des SRÜ vermittelt auch Art. 56 Abs. 1 lit. b [iii] SRÜ keine eigenen Zwangsbefugnisse43. Ebenso wenig kommt eine Billigkeitslösung nach Art. 59 SRÜ in Betracht, weil in der ausschließlichen Wirtschaftszone das Recht der freien Schifffahrt ausdrücklich angeordnet ist (Art. 58 Abs. 1 SRÜ). Was die Zwangsbefugnisse betrifft, ist der Küstenstaat daher auf die in Art. 211 Abs. 3 bis 6 SRÜ abschließend aufgeführten Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt als Gemeinschaftsgut beschränkt. Im Einzelnen darf er bei Verdacht auf einen Regelverstoß zunächst sachdienliche Angaben erheben (Art. 220 Abs. 3 SRÜ), die zu machen der Flaggenstaat das Schiff nach Abs. 4 zwar verpflichten kann, deren Verweigerung der Küstenstaat aber nicht sanktionieren darf44. Nur wenn es zu einer Einleitung gekommen ist, in deren 42 G. Dahm/J. Delbrück/R. Wolfrum, Völkerrecht, Band I/1, 2. Aufl., Berlin/ New York 1989, S. 519 f.; Committee on Coastal State Jurisdiction (Anm. 6), S. 468 f. Zu den Befugnissen nach Art. 234 SRÜ ebd., S. 469–473. 43 Die französisch-spanische Erklärung (Anm. 40) nahm dagegen ausdrücklich auf Art. 56 SRÜ Bezug. 44 Zur systematischen Auslegung der Formulierung „request“ in Art. 220 Abs. 3 SRÜ in diesem Sinne vgl. McLaughlin (Anm. 28), S. 18 f.

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Folge erhebliche Verschmutzungen der Meeresumwelt zumindest drohen, und die notwendigen Auskünfte verweigert wurden, darf der Küstenstaat das Schiff überprüfen (Art. 220 Abs. 5 SRÜ); zurückhalten darf er ein Schiff nur, wenn seine eigenen Interessen akut gefährdet sind, nämlich seiner Küste oder den Ressourcen der Wirtschaftszone konkret schwerer Schaden droht (Art. 220 Abs. 6 SRÜ). Auch in diesem Fall gilt aber die vorrangige Strafgewalt des Flaggenstaates und die Beschränkung auf Geldstrafen (Art. 228, 230 Abs. 1 SRÜ). Da die umweltbezogenen Regelungsbefugnisse mit Ausnahme des Extremfalls nach Art. 220 Abs. 6 SRÜ nicht im Sonderinteresse des Küstenstaats, sondern zum Schutz des Gemeinschaftsguts Meeresumwelt verliehen sind, ist eine Ausweisung gefährlicher Schiffe auf die Hohe See nicht vorgesehen. Auch sofern ein Küstenstaat Einhüllentanker zur ständigen Durchgabe ihrer Position verpflichtet, ergeben sich Zweifel an seiner Regelungsbefugnis. Das SRÜ sieht die einseitige Regelung des Schiffsverkehrs durch den Küstenstaat jenseits des Küstenmeers nicht vor45. Zwar gelten die im Rahmen der IMO verabschiedeten Vorschriften über Schiffswegeführung und SRS (Regeln V/8 und 8-1 SOLAS 1974) grundsätzlich auch für die ausschließliche Wirtschaftszone. Dies ergibt sich aus dem Gegenschluss zu Regel V/8-2 Abs. 3, die nur die Einführung von VTS auf das Küstenmeer beschränkt; eine entsprechende Regelung fehlt in den Bestimmungen zu Schiffswegeführung und SRS. Als Regeln zum Schutz der Meeresumwelt sind solche Systeme nach Art. 211 Abs. 1 SRÜ aber nur im Rahmen der IMO oder einer allgemeinen diplomatischen Konferenz, keinesfalls hingegen einseitig zulässig. Da sie für das betroffene Seegebiet jeweils konkret festgelegt werden müssen, können sie auch nicht als allgemein anerkannte Regeln angesehen werden, die durchzusetzen der Küstenstaat berufen wäre46. Damit finden einseitige Anmelde- und Berichtspflichten in der ausschließlichen Wirtschaftszone keine Stütze im SRÜ. So berechtigt das Interesse Frankreichs und Spaniens auch erscheinen mag, das SRÜ räumt in der ausschließlichen Wirtschaftszone keine Kompetenz zum Schutz der Küste vor abstrakten Gefahren ein; sie erlaubt kein einseitiges Vorgehen gegen die navires-poubelles47. Allerdings zeigt der Untergang der „Prestige“, welch desaströse Folgen auch Unfälle in der Wirtschaftszone, ja auf Hoher See für die Küste haben können. Ob mit den Maßnahmen Frankreichs und Spaniens eine neue Übung beginnt, die, an eine Reihe entsprechender gesetzlich vorgesehener Befugnisse von Küstenstaaten anknüpfend48, in diesem Bereich den vor über 20 Jahren für ange45 46 47

Näheres siehe oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. II. 2. Molenaar (Anm. 23), S. 364 f., 382. Ebenso Molenaar (Anm. 23), S. 386; Lehardy (Anm. 40), S. 134.

Die Befugnisse des Küstenstaates zur Verhinderung von Öltankerunfällen

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messen gehaltenen Ausgleich verschiebt, wird sich erst am künftigen Verhalten der betroffenen Schifffahrtsnationen ermessen lassen49.

IV. Notmaßnamen bei Unfällen Die Entscheidung Spaniens, den havarierten Tanker „Prestige“ auf die Hohe See zu schleppen, um die Küste vor einer Ölpest zu bewahren, lässt sich nicht am Maßstab der dargestellten Regulierungsbefugnisse würdigen. Die dem Küstenstaat im SRÜ zuerkannten Befugnisse wären unannehmbar restriktiv, wenn er bei Tankerunfällen nicht auf die akute Bedrohung reagieren dürfte. Im Küstenmeer ergeben sich besondere Eingriffsrechte bei Unfällen bereits aus seiner Souveränität50. Für die ausschließliche Wirtschaftszone und die Hohe See stellt dagegen Art. 221 Abs. 1 SRÜ klar, dass den Staaten zum Schutz eigener Interessen gewohnheitsrechtliche und vertragliche Eingriffsrechte bei Seeunfällen verbleiben. Angesprochen ist damit das gewohnheitsrechtliche Eingriffsrecht, das in der Interventionskonvention51 von 1969 kodifiziert wurde. Allerdings müssen in jedem Fall die sonstigen völkerrechtlichen Bindungen beachtet werden. Zwar hat mit den heutigen Methoden zur Rettung der Besatzung aus der Luft das aus humanitären Erwägungen folgende gewohnheitsrechtliche Zufluchtsrecht eines havarierten Schiffs weitgehend an Bedeutung verloren52. Doch schon das völkerrechtliche Rücksichtnahmegebot verbietet es, ein Wrack ins Küsten48 Nach Molenaar (Anm. 23), S. 391 f., 369, 398 ermächtigen die Gesetze Chiles, Kanadas und Spaniens zur Verweigerung der Einfahrt in die Wirtschaftszone. Siehe auch Churchill/Lowe (Anm. 37), S. 171–173. 49 Gegen die Maßnahme gegen die „Kriti Filoxenia“ legte das griechische Ministerium für Handelsschifffahrt Protest ein, vgl. Habib (Anm. 41); Lehardy (Anm. 40), S. 133. Kritisch zu den ihrer Ansicht nach ungenügenden Befugnissen des Küstenstaates in der EEZ J. Pueyo Losa/I. Lirola Delgado/J. Jorge Urbino, En torno a la revisión del régimen jurídico internacional de seguridad marítima y protección del medio marino a la luz del accidente del Prestige, Revista española de derecho internacional 55 (2003), 43 (48 ff., 59 ff.). 50 Nach Churchill/Lowe (Anm. 37), S. 353, folgt dies daraus, dass sich ein havariertes Schiff nicht mehr in der Durchfahrt befindet. In diesem Sinne auch Committee on Coastal States Jurisdiction (Anm. 6), Schlussfolgerung Nr. 7, S. 493 sowie Kommentar S. 495. 51 Internationales Übereinkommen über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungsunfällen vom 29.11.1969, BGBl. 1975 II, S. 139; englischer Wortlaut ILM 9 (1970), 25; in Kraft getreten am 6.5.1975, für die Bundesrepublik Deutschland am 5.8.1975, BGBl. 1975 II, S. 1196. Im Einzelnen siehe unten, Beitrag von Rico Kassmann, Abschn. II. 52 Vgl. A. Chircop, Ships in Distress, Environmental Threats to Coastal States and Places of Refuge: New Directions for an Ancien Régime?, Ocean Development and International Law 33 (2002), 207–226 (212–215).

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meer oder die ausschließliche Wirtschaftszone eines anderen Staates zu schleppen. Beim Schleppen auf die Hohe See unterliegt der Küstenstaat dagegen der Verpflichtung zum Schutz der Meeresumwelt vor Verschmutzung, und zwar ungeachtet ihrer Ursache (Art. 192, 194 Abs. 1 SRÜ). Insbesondere darf er die Gefahr nicht einfach auf die Hohe See verlagern (Art. 195 SRÜ). Das verlangt im Einzelfall eine Abwägung, ob das Abpumpen des Öls eines havarierten Tankers im Hafen nicht die geringeren Gefahren für andere Staaten und die Meeresumwelt birgt.

V. Fazit Im Ergebnis muss festgestellt werden, dass die Befugnisse des Küstenstaats zur Vorbeugung gegen Tankerunfälle vor seiner Küste eng begrenzt sind. Innerhalb seines Küstenmeers darf er zwar die innerhalb der IMO vereinbarten Zustandsstandards für Schiffe durchsetzen, erforderlichenfalls auch durch Ausweisung aus dem Küstenmeer. Strengere Maßstäbe anzulegen ist ihm jedoch verwehrt. Namentlich darf er nicht die Durchfahrt solcher älterer Einhüllentanker untersagen, die den IMO-Standards noch entsprechen. Allenfalls wenn von einem Schiff die konkrete Gefahr eines schweren Ölunfalls droht, kann ihm die Durchfahrt durch das Küstenmeer untersagt werden. Auch in der ausschließlichen Wirtschaftszone stehen dem Küstenstaat Eingriffsbefugnisse nur zu, wenn ein konkreter Ölschaden droht. Darüber hinaus hindert den Küstenstaat seine Verantwortung für den Schutz der Meeresumwelt, einen havarierten Öltanker ohne weiteres auf die Hohe See zu schleppen und dort seinem Schicksal zu überlassen. Hieraus folgt geradezu sachnotwendig, sich mit der Frage nach einem System von Nothäfen zu befassen.53 Da die jüngsten Beschlüsse der IMO erneut bestätigt haben, dass eine sofortige Verschärfung der Zustandsregeln für Schiffe keine allgemeine Unterstützung genießt, muss die weitere Vorbeugung bei der Regelung des Schiffsverkehrs ansetzen. Außerdem muss die schnelle und wirksame Reaktion auf Havarien sichergestellt werden. Hierfür bietet die IMO den Küstenstaaten insbesondere mit den neueren Regeln über Anmelde- und Überwachungssysteme die notwendige Handhabe. Allerdings ist der Küstenstaat für Verkehrsregelungsmaßnahmen jenseits des Küstenmeers, in Meerengen und auf Archipeldurchfahrtswegen auf die Zustimmung der anderen Schifffahrtsnationen angewiesen. Insofern bleibt zu hoffen, dass an gefahrgeneigten und besonders empfindlichen Küstenabschnitten nicht erst ein neuerliches Unglück zu den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Anlass gibt. 53

Dazu unten, Beitrag von Rico Kassmann, Abschn. III. 2. b) ii).

Befugnisse des Hafenstaates Von Bianca Dormuth* Primär verantwortlich für die Gewährleistung eines Sicherheitsstandards, der den Anforderungen der internationalen Übereinkommen entspricht, sind die Flaggenstaaten (Art. 94 SRÜ). Mit dieser generellen Zuschreibung der Verantwortlichkeit sind die in der Praxis auftretenden Probleme freilich nicht gelöst. Zum einen werden die ihnen obliegenden Verpflichtungen insbesondere von sog. Billigflaggenstaaten häufig nur unzureichend erfüllt. Zum anderen hat eben diese Tatsache dazu geführt, dass nicht wenige Schiffseigentümer und -betreiber ihre Schiffe in Ländern registrieren lassen, zu denen sie keinerlei echten Bezug haben1. So kommt es, dass diese Schiffe ihre „Heimathäfen“ oft gar nicht anlaufen, womit eine Kontrolle durch den Flaggenstaat von vornherein ausscheidet, selbst wenn dieser inzwischen die einschlägigen Abkommen ratifiziert hat2. Damit stellt sich gerade angesichts der in jüngster Zeit schnell angewachsenen Zahl neuer IMO-Regulierungen und Sicherheitsbestimmungen ein gefährliches Vollzugsdefizit ein. Die Hafenstaatkontrolle wird daher als notwendiges „Sicherheitsnetz“3 betrachtet4. Hafenstaaten können sich dabei in Bezug auf * Die europarechtlichen Passagen entstanden in Zusammenarbeit mit Karola Wolprecht. 1 Die Vorschrift des Art. 91 Abs. 1 S. 3 SRÜ, wonach eine echte Verbindung zwischem dem Schiff und dem Flaggenstaat bestehen muss, hat sich in der Praxis als wirkungslos erwiesen. Die zur näheren Ausfüllung dieser Bestimmung erarbeitete United Nations Convention on Conditions for Registration of Ships, 7.2.1986, ILM 1987, 1236, ist bisher mangels einer ausreichenden Anzahl von Ratifikationen noch nicht in Kraft getreten. 2 C. Horrocks, Flag State Implementation and Port State Control, in: M. H. Nordquist (Hrsg.), Current Maritime Issues and the International Maritime Organization, The Hague u. a. 1999, S. 191–198 (193). 3 Z. O. Özçayir, Port State Control, London 2001, S. 93; L. Schiano di Pepe, Port State Control as an Instrument to Ensure Compliance with International Marine Environmental Obligations, in: A. Kirchner, International Marine Environmental Law: Institutions, Implementation and Innovation, The Hague u. a. 2003, S. 137 (142). 4 D. König, The Enforcement of the International Law of the Sea by Coastal and Port States, ZaöRV 62 (2002), 1–15 (2); H. Hoppe, Port State Control – an update on IMO’s work 2000, Stand 1.5.2003.

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Ermächtigungsgrundlage, Kontrollmaßstäbe und geschützte Interessen auf eindeutige völkerrechtliche Normen berufen5. Der Hafenstaat wird einerseits zum Schutz eigener Interessen, insbesondere ökologischer und wirtschaftlicher, andererseits aber auch im Interesse der Staatengemeinschaft zum Schutz des Gemeinschaftsgutes Meeresumwelt tätig. Bedenken, dass die Ausdehnung der Hafenstaatbefugnisse zulasten der Navigationsfreiheit geht, bestehen nicht, weil die Zuständigkeit erst mit dem freiwilligen Einlaufen des Schiffes in den Hafen begründet wird6.

I. Recht fremder Handelsschiffe auf Hafeneinfahrt 1. Völkergewohnheitsrecht Hafenstaaten können ein Interesse daran haben, fremden Schiffen, von denen eine Gefahr für die eigene Umwelt und Sicherheit ausgeht, die Einfahrt zu verweigern. Das wirft die Frage auf, ob sie daran durch ein gewohnheitsrechtliches Recht fremder Schiffe auf Hafeneinfahrt gehindert werden. Häfen gehören nach Art. 11 SRÜ zu den inneren Gewässern. Vor der Küste liegende ständige Hafenanlagen werden noch als hinter der Basislinie liegend betrachtet, sofern sie Bestandteil des Hafensystems sind. Somit unterliegen sie der vollen Souveränität des Staates, zu dem sie gehören7. Aufgrund der überragenden Bedeutung der Häfen für die Schifffahrt und den internationalen Seehandel wird angenommen, dass es zwar ein allgemeines Einverständnis gebe, fremden Handelsschiffen grundsätzlich die Hafenzufahrt zu gewähren, dieses jedoch angesichts der hafenstaatlichen Souveränität nicht als gewohnheitsrechtliche Pflicht verstanden werden könne8. Manche Autoren haben allerdings versucht, aus der Tatsache, dass in zahlreichen bi- und multilateralen Handels- und Schifffahrtsverträgen die gegenseitige Hafenöffnung vereinbart worden ist, eine entsprechende opinio iuris abzuleiten, und eine Pflicht, fremden Handelsschiffen die Hafeneinfahrt zu gewähren, angenommen9. Der Abschluss derartiger Verträge ent5

König 2002 (Anm. 4), S. 5. T. Keselj, Port State Jurisdiction and Pollution from Ships, Ocean Development and International Law, 30 (1999), 127–160 (149). 7 A. Bardin, Coastal State’s Jurisdiction over Foreign Vessels, Pace International Law Review 14 (2002), 27–76 (30). 8 G. C. Kasoulides, Port State Control and Jurisdiction, Dordrecht u. a. 1993, S. 21. 9 Nachweise bei L. de la Fayette, Access to Ports in International Law, IJMCL 11 (1996), 1–22 (13). 6

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springt jedoch durchweg spezifischen wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Staaten, für eine Rechtsüberzeugung bieten sich auch angesichts der aus den verschiedensten Gründen immer wieder erfolgten Hafensperrungen keine ausreichenden Hinweise10. Viel eher deutet die Aufnahme derartiger Klauseln in völkerrechtliche Verträge darauf hin, dass von dem Bestehen eines Rechts auf Hafeneinfahrt nach Gewohnheitsrecht gerade nicht ausgegangen wird11. In der Praxis erfolgen Hafensperrungen, um Umweltschäden für das eigene Land zu verhindern12, die eigenen Fischereibestände zu erhalten13, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder aus politischen Gründen14. Nach § 7 Hamburgisches Hafenverkehrsund Schiffahrtsgesetz15 etwa kann einem Schiff, das zu sinken droht, brennt oder Öl verliert, das Einlaufen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung untersagt werden16. Hafensperrungen aufgrund derartiger vitaler nationaler Interessen dürfen auch gezielt bestimmte Schiffstypen oder Schiffe bestimmter Flaggenstaaten herausgreifen17. Im Schrifttum herrscht grundsätzlich Einigkeit, dass Häfen auch vollständig für den (fremden) Handelsverkehr geschlossen werden können. Hafenstaaten können nach Völkergewohnheitsrecht also grundsätzlich frei entscheiden, wann und unter welchen Voraussetzungen sie die Einfahrt ausländischer Handelsschiffe in ihre Häfen zulassen oder verweigern18. Eine Ausnahme kann sich im Fall einer Havarie ergeben. Ein leckgeschlagener Öltanker kann unter Umständen nur durch eine Reparatur im nächstgelegenen Hafen vor dem Sinken bewahrt werden. Dies ist insbesondere bei schlechten Wetterverhältnissen denkbar. Für den Küsten- bzw. Hafenstaat kann die Aufnahme jedoch eine Bedrohung seiner Umwelt durch 10

Özçayir (Anm. 3), S. 79. De la Fayette (Anm. 9), S. 4, 22. 12 Beispiele aus der Staatenpraxis Neuseelands, das nuklear angetriebenen USKriegsschiffen die Hafenzufahrt verweigert hatte, in: RGDIP 89 (1985), 169; sowie Frankreichs in: AFDI 26 (1980), 863; weitere Beispiele bei Kasoulides 1993 (Anm. 8), S. 22 Anm. 125. 13 So hat Kanada Fischereischiffen („fishing vessels“) der EG, die dieselben Fische fingen wie kanadische Fischer, den Hafenzugang verwehrt, siehe de la Fayette (Anm. 9), S. 20. 14 Kasoulides 1993 (Anm. 8), S. 21 Anm. 116 zur Entscheidung Syriens im Oktober 1986, britischen Schiffen die Hafenzufahrt zu verwehren. 15 3.7.1979, HmbGVBl. 1979, S. 17. 16 Kritisch dazu R. Lagoni, Vorsorge gegen Schiffsunfälle im Küstenvorfeld: Gemeinschaftliches Schiffsmeldesystem und Hafenzugang im Notfall, TranspR 2001, 284–293 (293). 17 Bardin (Anm. 7), S. 33. 18 De la Fayette (Anm. 9), S. 19; Kasoulides 1993 (Anm. 8), S. 21; R. R. Churchill/A. V. Lowe, The Law of the Sea, 3. Aufl., Manchester, 1999, S. 62. 11

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auslaufendes Öl bedeuten19. Es stellt sich die Frage, ob gegenüber Schiffen in Seenot eine absolute Pflicht besteht, den Hafenzugang zu gewähren, oder ob Hafeneinfahrtsrechte durch legitime Interessen des Küstenstaates begrenzt werden. Letztlich wird eine Abwägung zwischen den Interessen des Hafenstaates bezüglich seiner Sicherheit und dem Schutz seiner Umwelt und den bedrohten Rechtsgütern des Schiffes und seiner Besatzung vorzunehmen sein. Eine Pflicht aus Völkergewohnheitsrecht, einem Schiff in Seenot die Hafenzufahrt zu gewähren, kann da angenommen werden, wo menschliches Leben in Gefahr ist20. Eine Verletzung dieser Pflicht unter Berufung auf nationale Vorschriften würde zu völkerrechtlicher Verantwortlichkeit führen21. Eine Verpflichtung des Hafenstaates besteht allerdings nicht, wenn es lediglich um die Rettung der Fracht geht22. Der Hafenstaat ist freilich auch bei einer Gefahr für menschliches Leben nicht unter allen Umständen zur Gewährung der Hafenzufahrt verpflichtet. In vielen Fällen wird der Einsatz von Rettungsbooten oder Hubschraubern zur Rettung der Besatzung ausreichen. Von dieser Möglichkeit wird ein Staat insbesondere dann Gebrauch machen, wenn seine eigenen elementaren Interessen etwa durch eine drohende Verschmutzung seiner Küste und Gewässer durch auslaufendes Öl berührt werden23. Das gewohnheitsrechtliche Zufluchtsrecht havarierter Schiffe hat daher weitgehend an Bedeutung verloren24. Insgesamt ergibt sich danach aus Völkergewohnheitsrecht nur in Fällen von Seenot nach einer Abwägung der gefährdeten Interessen und verfügbaren Rettungsmöglichkeiten unter Umständen ein Recht auf Hafenzufahrt für fremde Handelsschiffe25.

19 So die Vorfälle vor der südafrikanischen Küste im Juli 1989 und April 1991, bei denen die Marine Schiffen, die durch einen Riss Öl verloren hatten, zunächst trotz gefährlicher Wetterbedingungen auf hoher See die Zufahrt in die False Bucht verweigert hatte; Nachweise bei D. J. Devine, The Cape’s False Bay: A Possible Haven for Ships in Distress, South African Yearbook of International Law 16 (1990–1991), 80–97 (82). 20 Lagoni 2001 (Anm. 16), S. 290; Devine (Anm. 19), S. 87. 21 Kasoulides 1993 (Anm. 8), S. 21; Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 63. 22 Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 63. 23 Devine (Anm. 19), S. 91; Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 63. 24 A. Chircop, Ships in Distress, Environmental Threats to Coastal States and Places of Refuge: New Directions for an Ancien Régime?, Ocean Development and International Law 33 (2002), 207–226 (212–215). 25 R. Lagoni, Der Hamburger Hafen, die internationale Handelsschiffahrt und das Völkerrecht, AVR 26 (1988), 261–365 (312).

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2. Völkerrechtliche Verträge Regionale Abkommen und bilaterale Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge räumen den Vertragspartnern allerdings häufig ein Recht auf Hafeneinfahrt ein. Diese Verträge sind derart weit verbreitet, dass die meisten Staaten, die miteinander in Handelsbeziehungen stehen, ihren Handelsschiffen gegenseitig freie Zufahrt gewähren26. In verschiedenen Handels- und Schifffahrtsabkommen finden sich zudem Seenotklauseln27, wonach Schiffe in Seenot in Bezug auf Hafeneinfahrt und Behandlung im Hafen wie inländische Schiffe zu behandeln sind. In der EU resultiert eine Pflicht zur Gewährung der Hafeneinfahrt schon aus den Marktfreiheiten. Als vertragliches Recht auf Hafenzugang wurde auch das auf der Zweiten allgemeinen Verkehrskonferenz des Völkerbundes beschlossene Übereinkommen über die internationale Rechtsordnung der Seehäfen vom 9.12. 192328 angeführt. Dieses enthält jedoch kein subjektives Recht auf Hafenzugang oder -benutzung, sondern ein völkerrechtliches Verbot diskriminierender Behandlung in den Häfen29 und sieht in Art. 16 Abs. 1 die Möglichkeit einer Hafenschließung vor. Im Übrigen haben sich die Mitgliedstaaten aufgrund der unbestimmten Formulierungen des Übereinkommens kaum jemals darauf berufen30. Bislang ist auch kein neues Übereinkommen zum Hafenzugang abgeschlossen worden. Nach Art. 5 Abs. 3 MARPOL 73/78 können Hafenstaaten Schiffen, die gegen Konstruktions- und Ausbildungsvorschriften verstoßen oder verbotswidrig Schadstoffe auf Hoher See, im eigenen oder fremden Küstenmeer eingeleitet haben, die Einfahrt verweigern (näher dazu unten).

II. Kontrollrechte und Durchsetzungsbefugnisse des Hafenstaates Angesichts der Gefahren, die von nicht den Sicherheitsnormen entsprechenden Schiffen ausgehen, und der Tatsache, dass sog. Billigflaggenstaa26 Die USA etwa haben mit 35 Staaten Verträge über „friendship, commerce and navigation“ abgeschlossen, Stand 15.4.2004; vgl. auch den Bericht der Welthandelskonferenz Economic Co-operation in Merchant Shipping – Treatment of Foreign Vessels in Ports, UNCTAD/TD/B/C.4136 vom 9.9.1975, in dem mehr als 100 Verträge untersucht werden. 27 Nachweise bei Lagoni 2001 (Anm. 16), S. 290 Anm. 74 f. 28 RGBl. 1928 II, S. 23. In Kraft seit 1926, bislang nicht ratifiziert von den USA, Russland und Japan. 29 Art. 2 Hafenübereinkommen von 1923. Ebenso P. Ehlers, Schiffssicherheit nach der „Prestige“, ZUR 14 (2003), 342–349 (344). 30 Lagoni 1988 (Anm. 25), S. 276.

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ten die Kontrollen meist sehr locker handhaben und nicht selten Gefälligkeitszeugnisse ausstellen, hat die Ausübung von Kontrollen durch Hafenstaaten an Bedeutung gewonnen. Anders als bei der Kontrolle durch Küstenstaaten muss hier keine zwangsweise Unterbrechung der Durchfahrt erfolgen, weil die Kontrollen während der Liegezeit im Hafen durchgeführt werden31. Churchill/Lowe nehmen an, dass ein hafenstaatliches Kontrollund gegebenenfalls Festhalterecht sich bereits aus Gewohnheitsrecht ergebe und die entsprechenden Vertragsbestimmungen nur eine Kodifizierung und Klarstellung bildeten32. Durch das Festhalten sog. unternormiger Schiffe bis zur Reparatur bzw. die Auflage, nach dem Auslaufen die nächstgelegene Reparaturwerft anzulaufen, werden Hafenbehörden präventiv zur Vermeidung von Tankerunfällen tätig. Das SRÜ sieht jedoch auch Verfahrenseinleitungen aufgrund erfolgter Verstöße gegen die einschlägigen internationalen Bestimmungen vor, also repressive Maßnahmen. Während das SRÜ die Befugnisse von Hafenstaaten grundsätzlich normiert, legen die IMO-Abkommen wie SOLAS, MARPOL, STCW und die ILO-Konvention Nr. 147 fest, wie die Befugnisse ausgeübt werden sollen, um die Einhaltung von Sicherheits- und Umweltschutznormen zu garantieren33. 1. Globale Verträge a) Kontrollrechte nach SOLAS, MARPOL, STCW und ILO-Konvention Nr. 147 SOLAS, MARPOL und das STCW erlauben routinemäßige Kontrollen, wonach die Hafenbehörden zunächst nur die durch den Flaggenstaat ausgestellten Zertifikate34 auf ihre Vollständigkeit und Gültigkeit überprüfen. So soll sichergestellt werden, dass Flaggenstaaten keine Gefälligkeitszeugnisse ausstellen und die regelmäßig erforderlichen Besichtigungen vornehmen. Erst wenn sich daraus (z. B. weil die Zertifikate abgelaufen oder gar nicht vorhanden sind) oder aus anderen Umständen Gründe für die Annahme von Verletzungen der einschlägigen Sicherheitsnormen ergeben, kann einem Schiff das Auslaufen bis zur Reparatur untersagt werden. Der Flaggenstaat ist über getroffene Maßnahmen zu informieren35. Art. 4 Abs. 1 ILO-Kon31 J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a. 1994, S. 130. 32 Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 274. 33 IMO-Dokument Implications of the United Nations Convention on the Law of the Sea for the International Maritime Organization, LEG/MISC/3/Rev.1 vom 6.1.2003, S. 8, , Stand 15.4.2004. 34 Dazu siehe oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. III. und IV. 35 Wilkens (Anm. 31), S. 110 f.

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vention Nr. 147 hingegen räumt ein Kontrollrecht erst nach Beschwerde durch ein Besatzungsmitglied, durch Berufsvereinigungen oder andere interessierte Personen ein. Besonderheiten gelten nach der Regel VIII/11 für nuklear betriebene Schiffe. Hier darf bereits vor der Einfahrt in den Hafen kontrolliert werden, ob ein gültiges Nuklearschiffssicherheitszertifitkat vorhanden ist und von dem Schiff keine besonderen Gefahren ausgehen36. SOLAS, MARPOL, das STCW und die ILO-Konvention Nr. 147 gewähren den Hafenstaaten kein Recht, Verstöße gegen Sicherheitsstandards zu ahnden. Es bleibt ihnen aufgrund ihrer Souveränität in ihren inneren Gewässern jedoch unbenommen, Sicherheitsverstöße als Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten nach nationalem Recht zu normieren und zu verfolgen, was in der Praxis allerdings selten geschieht37. Gewisse Durchsetzungsbefugnisse verleiht Art. 5 Abs. 3 MARPOL 73/78 mit der Möglichkeit, Schiffen die Hafeneinfahrt bei Verstößen gegen Konstruktions- und Ausbildungsvorschriften zu verweigern. Dies gilt auch für Einhüllentanker, die mit den Zusätzen zu MARPOL, die seit dem 1. September 2002 in Kraft sind, abgeschafft werden sollen38. Dabei werden den Flaggenstaaten jedoch Übergangsfristen bis zur Abschaffung sämtlicher Einhüllentanker eingeräumt. Allerdings darf auch diesen „Übergangsschiffen“ von den Behörden der Hafenstaaten das Einlaufen verweigert werden39. Um einen Missbrauch der Kontrollrechte zu vermeiden, trifft den Hafenstaat bei unangemessenen Verzögerungen eine Schadensersatzpflicht40. b) Die hafenstaatlichen Kompetenzen nach dem SRÜ In seinem 12. Abschnitt bezieht sich das SRÜ auf die „anwendbaren internationalen Regeln und Normen“, worunter insbesondere die Befugnisse nach den IMO-Abkommen fallen, die nicht im SRÜ geregelt sind. Das SRÜ enthält jedoch auch selbst hafenstaatliche Durchsetzungsbefugnisse, die auch von MARPOL gedeckt werden, weshalb diese beiden Instrumente sich ergänzen und im Sinne einer einheitlichen Anwendung zusammen gelesen werden sollten41. Kompetenzen des Hafenstaates begründen die Art. 218 und 219 SRÜ. Nach Art. 219 hindern Hafenstaaten nichtseetüchtige Schiffe, von denen 36

IMO-Dokument (Anm. 33), S. 25. Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 276. 38 Dazu oben, Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. I. 1. 39 IMO-Dokument (Anm. 33), S. 44. 40 Art. 7 Abs. 2 MARPOL 73/78; Regel I/19 lit. f SOLAS 1974; Art. 10 Abs. 4 STCW. 41 IMO-Dokument (Anm. 33), S. 35. 37

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eine Gefahr für die Meeresumwelt ausgeht, daran auszulaufen bzw. erlauben das Auslaufen nur unter der Auflage, die nächste Reparaturwerft aufzusuchen. Diese Befugnis kann der präventiven Bekämpfung von Tankerunfällen dienen. Nach Auffassung der IMO ist der Begriff der Seetüchtigkeit dabei nicht auf die Konstruktion, Besatzung, Ausstattung und Wartung beschränkt, sondern umfasst auch die Sicherheitsbestimmungen des MARPOL-Abkommens42. Die Ausübung dieser Befugnis ist jedoch nicht verbindlich, sondern in das Ermessen der hafenstaatlichen Behörden („nach Möglichkeit“43) gestellt. Anders verhält es sich mit den Kompetenzen, die Weiterfahrt zu verhindern (Art. 5 Abs. 2 Satz 3 MARPOL 73/78), die lediglich an die Gefährdung der Meeresumwelt anknüpfen und eine Verpflichtung für den Hafenstaat begründen44. Während es sich bei den bislang genannten Kontrollrechten um präventive Maßnahmen in Bezug auf die Schiffssicherheit im weitesten Sinne handelt, beziehen sich die nach Art. 218 und 220 SRÜ eingeräumten Befugnisse vor allem auf repressive Maßnahmen (Untersuchungen und gegebenenfalls Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens) zum Schutz der Meeresumwelt45. Im Unterschied zu den präventiven Kontrollbefugnissen dient die Verfahrenseinleitung weniger der Kontrolle des Flaggenstaates als vielmehr der Beweissicherung und Unterstützung bei der Verfolgung von Verstößen46. Anknüpfungspunkt für diese Durchsetzungskompetenzen ist nach beiden Vorschriften das freiwillige Einlaufen des Schiffes in den Hafen. Allerdings begründet Art. 220 eine küstenstaatliche Kompetenz. Der Küstenstaat kann nach Abs. 1 ein Verfahren wegen eines Verstoßes in seinen Küstengewässern oder der ausschließlichen Wirtschaftszone einleiten, wenn ein Schiff den Sicherheitsstandards des SRÜ oder anderen anwendbaren Vorschriften „zur Verhütung, Verringerung und Überwachung der Verschmutzung durch Schiffe“ nicht entspricht. Art. 218 SRÜ bleibt einerseits dahinter zurück, da er nur Verstöße durch Einleiten von Schiffen erfasst (dazu sogleich), geht aber andererseits über die küstenstaatlichen Befugnisse hinaus, weil der Hafenstaat ein Verfahren sogar bei Verstößen einleiten kann, die außerhalb seiner eigenen Küstengewässer bzw. ausschließlichen Wirtschaftszone erfolgt sind, also keine territoriale Verknüpfung des verfolgenden Staates zum Verstoß voraussetzt. Die 42

IMO-Dokument (Anm. 33), S. 41. „as far as practicable“. 44 „(. . .) ensure that the ship shall not sail until it can proceed to sea without presenting an unreasonable threat of harm to the marine environment.“ 45 Lagoni 1988 (Anm. 25), S. 341. 46 D. König, Durchsetzung internationaler Bestands- und Umweltvorschriften auf Hoher See im Interesse der Staatengemeinschaft, Berlin 1990, S. 182. 43

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hafenstaatlichen Behörden können Untersuchungen vornehmen und bei hinreichendem Tatverdacht Verstöße in Form verbotener Schadstoffeinleitung selbst verfolgen und bestrafen. Ist der Verstoß auf Hoher See erfolgt, liegt die Verfahrenseinleitung im Ermessen des Hafenstaates (Abs. 1). Ist die verbotene Einleitung hingegen in den inneren Gewässern, den Küstengewässern oder der ausschließlichen Wirtschaftszone eines anderen Staates erfolgt, so kann der Hafenstaat nur dann ein Verfahren einleiten, wenn er von jenem, einem dritten geschädigten Staat oder dem Flaggenstaat darum ersucht wird oder wenn er eigene (Umwelt-)Schäden zu befürchten hat (Abs. 2)47. Weitere Voraussetzung für ein Tätigwerden ist die Beweisbarkeit des Verstoßes. Inspektionen und Verfahrenseinleitung setzen Ölspuren in unmittelbarer Schiffsnähe voraus. Die IMO hat die erforderlichen Hinweise auf einen Verstoß in Entschließungen näher spezifiziert48. Dafür kommen Zeugenaussagen, Fotografien und Berichte von Probeanalysen in Betracht49. Es wurde kritisiert, dass dadurch die praktische Durchführung dieser Kontrollen oftmals erschwert werde; die Kontrolle von Zertifikaten sei wesentlich leichter durchzuführen als den Beweis eines Verstoßes durch Öleinleitung zu erbringen50. Fraglich ist, ob diese Kompetenzen auch der Bekämpfung von Tankerunfällen dienen können. Die Mehrheit der Autoren will unter den „Verstoß durch Einleiten“ nur die vorsätzliche Einleitung (von Öl und anderen Schadstoffen) fassen. Unfälle, die ihre Ursache in der Missachtung von Konstruktions- oder anderen Sicherheitsvorschriften haben und zu einem Ölverlust führen, sollen nicht darunter fallen51. Bei Tankerunfällen könnte der Hafenstaat demnach kein Strafverfahren gemäß Art. 218 SRÜ einleiten. Die hafenstaatlichen Befugnisse werden durch die Art. 223 bis 232 sowie Art. 218 Abs. 4 SRÜ einer Reihe von Schranken bzw. Schutzbestimmungen unterworfen. So müssen Maßnahmen in nicht diskriminierender Weise, öffentlich und in Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip durchgeführt 47 Özçayir (Anm. 3), S. 81; Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 350; König 1990 (Anm. 46), S. 198; anders insoweit Wilkens (Anm. 31), S. 126 f., der die Voraussetzungen des Abs. 2 auf die Verfahrenseinleitung im Unterschied zur reinen Untersuchung bezieht und die Abgrenzung nicht nach dem Ort des Verstoßes vornimmt. 48 1995 wurde die Entschließung A.787(19) während der 19. Versammlung der IMO angenommen, in der die Richtlinien verschiedener IMO-Entschließungen zu einer Richtlinie über die Durchführung von Hafenstaatkontrollen zusammengefasst wurden. Eine Ergänzung findet sich in der Entschließung A.882(21) von 1999, vgl. IMO-Dokument (Anm. 33), S. 42. 49 Keselj (Anm. 6), S. 137 f. 50 Özçayir (Anm. 3), S. 82 f.; Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 351. 51 Wilkens (Anm. 31), S. 127 m. w. N.; aA G. C. Kasoulides, Global and Regional Port State Regimes, in: H. Ringbom (Hrsg.), Competing Norms in the Law of the Marine Environmental Protection, London, 1997, S. 121–139 (123).

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werden. Dabei dürfen die Hafen- und Küstenstaaten nach Art. 225 SRÜ ihrerseits keine Gefahren für die Seefahrt oder die Meeresumwelt schaffen. Art. 226 bestimmt, dass ein Schiff nicht länger als für die Kontrollen nötig festgehalten werden darf, und präzisiert die Anforderungen und Schranken von Überprüfungen und Auslaufsperren. Nach Art. 218 Abs. 4 sind Untersuchungsunterlagen auf Anfrage an den Flaggenstaat oder betroffenen Küstenstaat weiterzuleiten; auf Verlangen des Küstenstaates kann er das Verfahren aussetzen und Beweismaterial, Unterlagen und eine von den Behörden erhobene Kaution übermitteln. Hier ist der geschädigte Küstenstaat, der nur über schwache eigene Durchsetzungsbefugnisse verfügt, also auf die Kooperation durch den Hafenstaat angewiesen52. Hingegen ist das Verfahren auszusetzen, wenn der Flaggenstaat – dem im Regelfall der Vorrang bei der strafrechtlichen Ahndung von Verstößen gebührt – ein Verfahren einleitet. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Küsten- bzw. Hafenstaat erhebliche eigene Umweltschäden zu befürchten hat oder wenn der Flaggenstaat sich in der Vergangenheit als unzuverlässig bei der Kontrolle seiner Schiffe erwiesen hat (Art. 228 Abs. 1 SRÜ). Auch wenn der Flaggenstaat zunächst ein Verfahren einleitet, dieses aber nicht weiterführt oder ohne Entscheidung beendet, wird von einem Wiederaufleben der hafenstaatlichen Rechte auszugehen sein53. Allerdings muss der Hafenstaat selbst bei einem Ersuchen durch einen Drittstaat im Rahmen des Art. 218 nur „nach Möglichkeit“ tätig werden; ihn trifft also auch diesbezüglich keine Pflicht54. Deswegen werden Staaten häufig nur dann ein Verfahren einleiten, wenn (auch) ihre eigenen Interessen betroffen und die Kontrollen nicht zu kostenintensiv sind55. In der Praxis stehen effektiven Kontrollen insbesondere zwei Umstände entgegen: zum einen die Schadensersatzpflicht nach Art. 232 SRÜ bei nicht gerechtfertigtem Festhalten56, zum anderen das wirtschaftliche Interesse an der vollen Auslastung der Liegeplätze und einem schnellen Umschlag, welches durch festgehaltene Schiffe beeinträchtigt würde57. Der Hafenstaat übernimmt mit diesen subsidiären Durchsetzungsbefugnissen eine Exekutivfunktion für die internationale Gemeinschaft, die das klassische Völkerrecht, wonach bei Vorfällen auf Hoher See ausschließlich 52

König 1990 (Anm. 46), S. 199. Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 351. 54 Im Originaltext wird in Art. 218 das Verb „may“ verwendet. Dagegen legt das Verb „shall“ in Art. 219 die Annahme einer Verpflichtung nahe, Özçayir (Anm. 3), S. 84. 55 König 2002 (Anm. 4), S. 7. 56 Vgl. die entsprechenden Bestimmungen der anderen Übereinkommen (Anm. 39). 57 E.-G. Stender, Die neuen Hafenstaatkontrollen und die Schiffahrtsgerichte – Unternormige Schiffe und Seehäfen, Deutscher Verkehrsgerichtstag 21 (1983), 377– 386 (382). 53

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der Flaggenstaat zuständig war, nicht kannte58. Aus diesem Grund stellen die hafenstaatlichen Befugnisse „die radikalsten Neuerungen“ des SRÜ59 und einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Durchsetzung bestehender Normen in „einem wahrhaft globalen System der Kontrolle und Überwachung“60 dar. 2. Regionale Abkommen Der Umsetzung61 dieses globalen Überwachungssystems stehen häufig nicht nur ökonomische Interessen der Hafen- und Flaggenstaaten, sondern auch das Fehlen einheitlicher Kontrollkriterien und Verfahrensvorschriften entgegen. Staaten mit strengeren Inspektionen haben sich daher gegenüber attraktiveren „Billighäfen“ mit niedriger Kontrollrate benachteiligt gesehen und Wettbewerbsverzerrungen beklagt. Überdies hat kein Staat die personellen und finanziellen Möglichkeiten, alle fremden Schiffe zu überprüfen62. Die IMO hat daher die Bildung regionaler Abkommen zur Hafenstaatkontrolle ausdrücklich gewünscht63. Sie weist darauf hin, dass Schiffe in der Regel mehrere Häfen einer Region anlaufen, was bei einem einheitlichen Überwachungsstandard und Informationsaustausch zu einem effektiven Kontrollregime führt, welches eine größtmögliche Zahl an Schiffen erfasst und gleichzeitig Verzögerungen vermeidet64. Regionale Abkommen über Einlaufbedingungen werden durch die Auskunftsverpflichtung nach Art. 211 Abs. 3 Satz 3 SRÜ in ihrer Durchführung gefördert. Dadurch soll das Schutzniveau, das durch nationale Bestimmungen gewährt wird, jedoch nicht herabgesetzt werden. Art. 25 Abs. 2 SRÜ, der dem Hafenstaat ein Einschreiten bei Verletzung seiner nationalen Einlaufbedingungen (dazu unten) gewährt, bleibt unberührt65.

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König 1990 (Anm. 46), S. 203; Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 122. Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 350; Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 138. 60 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 124. 61 Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 352 Anm. 58 f., weisen darauf hin, dass nach ihrer Kenntnis insgesamt lediglich zwei Staaten die Bestimmung des SRÜ zur Hafenstaatkontrolle in nationales Recht transformiert haben: Belize (Maritime Areas Act 1992) und das Vereinigte Königreich (Merchant Shipping Regs, 1996, regs. 34-9). 62 König 1990 (Anm. 46), S. 179. 63 IMO-Entschließung A.682(87); Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 125, 128. 64 ! Safety ! Port State Control, Stand 15.4.2004. 65 Wilkens (Anm. 31), S. 116. 59

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a) Das Pariser Hafenstaatkontrollabkommen von 1982 Durch das am 1. Juli 1982 in Kraft getretene Pariser Abkommen zur Hafenstaatkontrolle (Memorandum of Understanding on Port State Control)66, dem mittlerweile 20 Staaten angehören67, wird die Koordination und Vereinheitlichung bestehender Abkommen angestrebt. Dabei handelt es sich um eine informelle Kooperationsabsprache zwischen Schifffahrtsbehörden, die nach dem Willen der Staaten keine neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen begründen sollte68. Wenn die fehlende rechtliche Verbindlichkeit auch als Nachteil anzusehen ist, so hat diese pragmatische Herangehensweise doch die Kompromissfindung zwischen den Staaten und damit ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gefördert69. Das Pariser Hafenstaatkontrollabkommen normiert keine neuen Anforderungen in Bezug auf Schiffssicherheit und Umweltschutz. Überprüft wird lediglich die Einhaltung bereits existierender Schutzvorschriften nach SOLAS, MARPOL, STCW, COLREG, dem Internationalen Freibord-Übereinkommen, dem Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommen vom 23.6.196970 sowie dem ILO-Übereinkommen Nr. 14771. Mittlerweile fällt auch der Internationale Code für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung (ISMCode)72 darunter, der seit dem 1. Juli 2002 weltweit verbindlich ist. Er ver66 BGBl. 1982 II, S. 586, aktueller Text , Stand 15.4.2004; sein Vorgänger war das 1978 in Kraft getretene Haager Übereinkommen zur Hafenstaatkontrolle, das sich für die Verhütung von Umweltverschmutzungen und Unfällen als wenig effektiv erwiesen hatte, vgl. G. C. Kasoulides, Paris Memorandum of Understanding: A Regional Regime of Enforcement, in: D. Freestone/T. IJlstra, (Hrsg.), The North Sea, Perspectives on Regional Environmental Co-Operation, London 1990, S. 180–192 (181). 67 Mitglieder sind neben 15 EU-Staaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich) auch Island, Kanada, Kroatien, Norwegen und die Russische Föderation. Im Ausschuss des Pariser Abkommens, dem Exekutivorgan des Übereinkommens, ist auch die Europäische Kommission vertreten. 68 König 2002 (Anm. 4), S. 8. 69 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 130. 70 BGBl. 1975 II, S. 67, in Kraft für Deutschland 18.7.1981, BGBl. 1981 II, S. 954. 71 T. Treves, Navigation, in: R.-J. Dupuy/D. Vignes (Hrsg.), Handbook on the New Law of the Sea, Vol. 2, Dordrecht u. a. 1991, S. 835–976 (917). 72 International Management Code for the Safe Operation of Ships and for Pollution Prevention, kurz: International Safety Management Code, , Stand 15.4.2004; IMO, ISM Code & Guidelines, London 2002.

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pflichtet Betreiber, durch Zertifikate die Sicherheit ihrer Schiffsbetriebsführung nachzuweisen73. Das SRÜ hingegen findet im Hafenstaatkontrollabkommen von Paris keine Erwähnung. Daher ist die Überprüfung von Verstößen durch Einleiten im Sinne des Art. 218 SRÜ nicht Gegenstand der Inspektionen nach dem Pariser Abkommen74. Als Zielvorgabe ist die Überprüfung von 25% der die Häfen der Parteien des Abkommens anlaufenden fremden Schiffe vereinbart worden75. Dahinter steht die Berechnung, dass eine Kontrolle von 25% aller ausländischen Schiffe durch einen Hafenstaat zu einer Kontrollrate von 90% der fremden Schiffe in der Gesamtregion führt, weil in der Regel mehrere Häfen einer Region angelaufen werden76. 2001 lag die durchschnittliche Überprüfungsrate bei 27,3%, 2000 bei 28,6%77. Im Januar 2003 sind 190 Schiffe ausländischer Flagge in deutschen Häfen besichtigt worden, was einer Quote von über 30% entspricht. Bei 104 Schiffen wurden Mängel festgestellt; 18 wurden mit einem Auslaufverbot belegt78. Diese Daten werden von den Hafenbehörden dem Informationszentrum in St. Malo übermittelt, welches sie im Internet veröffentlicht. Der Datenaustausch zwischen den Behörden ist ein wichtiges Instrument zur Effektivätssteigerung und Verhinderung von Doppelkontrollen79. Nach dem Pariser Abkommen müssen zunächst die gemäß den genannten Verträgen erforderlichen Zertifikate und Dokumente überprüft werden, welche in Anlage I Abschnitt 2 des Abkommens aufgeführt sind. In Ermangelung dieser Unterlagen oder bei triftigen Gründen („clear grounds“), die auf einen mangelhaften Zustand des Schiffes hinweisen, wird eine gründlichere Kontrolle durchgeführt (Abschnitt 3.1). Triftige Gründe können sich aus dem Bericht oder Hinweis einer anderen Behörde, eines Besatzungsmitglieds bzw. einer Person, die einer Organisation mit einem legitimen Interesse angehört, und aus sonstigen Gründen ergeben (Abschnitt 3.2.1). Kontrollierte Schiffe sollen in den sechs Monaten nach der Kontrolle nur bei 73

Ehlers (Anm. 29), S. 345. Siehe Kritik bei Keselj (Anm. 6), S. 149, die die Einbeziehung des SRÜ in die relevanten Instrumente empfiehlt. 75 D. Steinicke, Die neuen Hafenstaatkontrollen und die Schiffahrtsgerichte, Deutscher Verkehrsgerichtstag 21 (1983), 354–376 (355). 76 Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 275. 77 Pariser MoU, Jahresbericht 2001, S. 12, , Stand 15.4.2004. 78 Bundesverkehrsministerium, Pressemitteilung 055/03 vom 21.2.2003 – Mertens: Schiffssicherheit und Schutz der Meere hat in Deutschland höchste Priorität, , Stand 15.4.2004. 79 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 131. 74

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Vorliegen triftiger Gründe erneut überprüft werden (3.4). Klare Richtlinien für Fälle, in denen ein Schiff einer gründlichen Kontrolle unterzogen werden kann oder bevorzugt zu kontrollieren ist (Abschnitt 3.3), sind in Anlage I des Abkommens normiert. In diese Kategorie fallen unter anderem Schiffe, die gefährliche Güter geladen haben, ohne die insoweit relevanten Informationen den Hafenbehörden mitzuteilen, sowie Schiffe, die in eine Kollision verwickelt waren, oder Fälle, in denen den Hafenbehörden ein Verstoß gegen Schiffssicherheits- und Umweltschutznormen gemeldet wurde. Auch die Vorgehensweisen und Kriterien für eine Kontrolle werden in der Anlage normiert. Nachdem zunächst die Politik der Nichtdiskriminierung proklamiert wurde, werden inzwischen schwarze Listen derjenigen Flaggen, die in einem Drei-Jahres-Zeitraum überdurchschnittlich häufig aufgrund von Mängeln festgehalten wurden, und jährliche Berichte über festgehaltene Schiffe im Internet veröffentlicht. Außerdem können Behörden nach Kriterien wie Alter und Typ des Schiffes, Flaggenstaat, bereits erfolgten Kontrollen und dabei festgestellten Mängeln einen „Prioritätsfaktor“ ermitteln, der bevorzugt zu kontrollierende Schiffe bestimmt80. Dieser Prioritätsfaktor soll verhindern, dass unternormige Schiffe den Kontrollen entgehen81. Die Reaktionsmöglichkeiten bei Verstößen sind in den Abschnitten 3.7 und 3.8 geregelt. Darin ist unter anderem das Auslaufverbot bzw. die Auflage vorgesehen, vorhandene Mängel in der nächstgelegenen Reparaturwerft beseitigen zu lassen. Wird ein Schiff festgehalten, soll der Flaggenstaat unverzüglich benachrichtigt werden. Etwas anderes ergibt sich allerdings dann, wenn die Gründe für ein Festhalten aus einem Unfall resultieren (Abschnitt 3.7.3). Um das Schutzniveau regionaler Abkommen nicht zum Vorteil für Länder werden zu lassen, welche die Zulassung von Schiffen an die Einhaltung weniger strenger Sicherheitsvorschriften knüpfen, wurden sog. „no more favourable treatment“-Klauseln82 aufgenommen. Schiffe dritter Staaten werden danach genauso kontrolliert wie Schiffe unter der Flagge eines Unterzeichnerstaates, um Wettbewerbsnachteile für diese zu vermeiden. Soweit notwendig sind Konventionsbestimmungen auch auf Schiffe von Drittstaaten anwendbar. Damit wird die Position der Hafenstaaten gestärkt83. Hierin 80

„Target Factor“, , Stand 15.4.2004. 81 Horrocks (Anm. 2), S. 194, kritisiert, dass Hafenbehörden zu häufig sichere Schiffe kontrollieren, um sich Aufwand und Ärger bei der Kontrolle unternormiger Schiffe zu ersparen. Er schlägt daher vor, auch einen „Positivfaktor“ sicherer Schiffe festzulegen, damit diese weniger häufig kontrolliert werden. 82 Art. 5 Abs. 4 MARPOL 73/78; Art. II Abs. 3 Protokoll zu SOLAS von 1978 (BGBl. 1980 II, S. 525); Art. 10 Abs. 5 STCW. 83 Wilkens (Anm. 31), S. 122.

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liegt keine unzulässige Bindung Dritter an völkerrechtliche Verträge. Vielmehr begeben sich die Handelsschiffe freiwillig in die Häfen, d.h. das Hoheitsgebiet des Hafenstaates, der die Kontrollen kraft seiner Souveränität ausübt84. Auf der anderen Seite werden nach dem Übereinkommen Schiffe der Unterzeichnerstaaten wie fremde Schiffe behandelt, so dass ein Großteil der Kontrollen Schiffe der Mitgliedstaaten trifft85. Die genannten Bestimmungen führen dazu, dass unternormige Schiffe die Häfen der Vertragsstaaten nicht mehr anlaufen und in andere Regionen ausweichen müssen86. Wollen die betroffenen Länder ihre Außenhandelspositionen halten, obliegt es ihnen, die Sicherheitsstandards ihrer Schiffe zu gewährleisten. Daher können regionale Abkommen ein wirksames Instrument zur Steigerung der Sicherheit auf Schiffen und zur Bekämpfung von Gefahren für Mensch und Umwelt, wie sie von unsicheren Schiffen ausgehen, darstellen87. Das Pariser Abkommen diente als Beispiel für das Tokyo Memorandum of Understanding on Port State Control88, das im Asien-Pazifik-Raum gilt, sowie sechs weitere Übereinkommen89. Gegenwärtig wird mit Hilfe der IMO ein regionales „Memorandum of Understanding“ (MoU) für die Golfregion ausgearbeitet. Im Falle seiner Unterzeichnung wäre ein umfassendes Netz regionaler Abkommen zur Hafenstaatkontrolle in Kraft, das die meisten Erdregionen umfasst und zu einer effektiveren Durchsetzung der IMO-Abkommen führt90. Die Behörden des Tokioter Hafenstaatkontrollabkommens und des karibischen Abkommens haben ebenso wie die US-Hafenbehörden einen Beobachterstatus bei den Versammlungen nach dem Pariser Abkommen inne. Diese interregionale Kooperation auf Administrativebene soll die Vereinheitlichung der Kontrollen fördern. Die Erfolge der Hafenstaatskontrollabkommen sind aber dort zweifelhaft, wo Staaten nicht über die erforderlichen Kapazitäten oder Motivationen verfügen, effektive Kontrollen in ihren Häfen durchzuführen. Hier könnte die 84 Lagoni 1988 (Anm. 25), S. 342; M. Nfflnez-Müller, Die Staatszugehörigkeit von Handelsschiffen im Völkerrecht, Berlin 1994, S. 82 ff.; A. Proelß, Meeresschutz im Völker- und Europarecht, Berlin 2004, S. 129 ff., äußert Zweifel, ob nicht doch ein Verstoß gegen Art. 34 WVK vorliegen könne, falls gegenüber Schiffen unter der Flagge eines Nichtvertragsstaats von MARPOL an Tatbestände angeknüpft werde, die nach dem SRÜ nicht zu beanstanden seien. 85 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 134. 86 Wilkens (Anm. 31), S. 122. 87 M. Hayashi, Toward the Elimination of Substandard Shipping: The Report of the International Commission on Shipping, IJMCL 16 (2001), 501–513 (508). 88 , Stand 15.4.2004. 89 Ähnliche Abkommen gibt es unter anderem in der Karibik, dem Mittelmeer, im Indischen Ozean und der west- und zentralafrikanischen Region, Auflistung bei Hoppe (Anm. 4). 90 IMO-Dokument (Anm. 33), S. 41 f.

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IMO technische, inhaltliche oder finanzielle Unterstützung zugunsten ärmerer Staaten und Regionen im Interesse der internationalen Schiffssicherheit gewähren91. b) Das Regelwerk der EU Die EG-Normen haben gegenüber dem Pariser Hafenstaatkontrollabkommen den Vorteil der Rechtsverbindlichkeit92. Die Richtlinie 95/21/EG zur Hafenstaatkontrolle93 übernimmt internationale Schiffssicherheitsstandards in das Gemeinschaftsrecht, wobei die zu überprüfenden Mindeststandards dieselben wie nach dem Pariser Abkommen sind. Anlass für die Verabschiedung der Richtlinie war die Feststellung der Kommission, dass Kontrollen und Bewertungen nach dem Pariser Abkommen nicht einheitlich erfolgten94. Die Richtlinie hat die Bestimmungen des Pariser Abkommens im Wesentlichen übernommen. Kontrolliert werden sollen mindestens 25% der einlaufenden Schiffe, die nicht unter der Flagge des Hafenstaates fahren95. Im Jahre 2002 erfüllten elf der damals 13 Mitgliedstaaten mit Seehäfen diese Quote96. Die Kontrollraten lagen dabei zwischen 16,6% (Frankreich97) und 41,7% (Italien98). Deutschland rangierte mit 26,1% überprüften Schiffen im Mittelfeld99. Doppelkontrollen in den Häfen der Union sol91 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 129; Ansätze dazu im Pariser MoU, Jahresbericht 2001 (Anm. 77), S. 12. 92 D. König, Schiffssicherheit und Umweltschutz vor Deutschlands Küsten – Völkerrechtliche, europarechtliche und verfassungsrechtliche Grundlagen, NordÖR 6 (2003), 89–98 (94). 93 Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19.6.1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157, 7.7.1995, S. 1. Umsetzungsfrist bis 30.6.1996. 94 T. Lechner, Die Seehäfen im Recht der EU, Berlin 1997, S. 132. 95 Art. 5 Abs. 1, Art. 2 Nr. 3 Richtlinie 95/21/EG (Anm. 92). 96 Pariser MoU, Jahresbericht 2002, S. 23, , Stand 15.4.2004. Noch im Jahr zuvor (2001) erfüllten nur acht EU-Mitgliedstaaten die 25%-Quote. Am schlechtesten schnitt Frankreich mit 9,6% ab, Deutschland erreichte eine Rate von 21,8%, Pariser MoU, Jahresbericht 2001 (Anm. 76), S. 20. Vgl. auch die Übersicht der MoU, abgedruckt bei Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, S. 166. 97 963 überprüfte von 5792 eingelaufenen Schiffen. Gegen Frankreich ist deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig; Memo der Kommission „Mehr Sicherheit im Seeverkehr: mit voller Kraft voraus“ vom 21.10.2003, S. 7, , Stand 15.4.2004. 98 2442 überprüfte von 5850 eingelaufenen Schiffen. 99 1761 überprüfte von 6745 eingelaufenen Schiffen.

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len vermieden werden. Auch hier werden zunächst Zeugnisse kontrolliert und wird eine kurze Regelüberprüfung zum Schiffszustand durchgeführt. Erst wenn sich danach triftige Gründe für die Annahme einer Verletzung einschlägiger Schiffssicherheitsnormen ergeben, wird eine intensivere Prüfung vorgenommen. Die Feststellung, dass triftige Gründe vorliegen, unterliegt dem professionellen Urteil des Kontrolleurs, ohne dass wie im Pariser Abkommen besondere Anhaltspunkte hierfür normiert wären. Der gründlichen Prüfung sind von vornherein Öltanker, Massengutfrachter, ältere Gasund Chemietankschiffe sowie Fahrgastschiffe unterworfen100. Zeigen sich bei diesen Untersuchungen schwerwiegende Mängel, die eine eindeutige Gefährdung für Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt darstellen, ist die Hafenbehörde verpflichtet, das Schiff festzuhalten, bis die Gefahr beseitigt ist101. Die Daten festgehaltener Schiffe werden dem durch das Pariser Hafenstaatkontrollabkommen geschaffenen Informationszentrum (siehe oben) übermittelt und veröffentlicht. Schiffen, deren Betreiber oder Kapitäne ihren Reparaturverpflichtungen nicht nachkommen, soll die Zufahrt zu anderen Häfen der EU verweigert werden102. Für Betreiber oder Inhaber liegt in einer solchen Sperre wegen der damit einhergehenden erheblichen finanziellen Verluste die härteste Sanktion103. Die Regelungen der Richtlinie von 1995 wurden im Rahmen des „Erika I“Paketes durch die Richtlinie 2001/106/EG104 verschärft, wobei auch internationalen Entwicklungen im Rahmen der IMO und des Pariser Abkommens Rechnung getragen wurde. So wurden die schwarzen Listen des Pariser Abkommens übernommen. Fernerhin baut die Richtlinie 2001/106/EG das System der häufigeren und erweiterten Kontrolle von gefahrträchtigen Schiffen aus. Unter anderem wird der nach dem Pariser Abkommen bereits angewandte Prioritätsfaktor zur Beurteilung der Gefährlichkeit eines Schiffes eingeführt. In Reaktion auf das „Prestige“-Unglück sollen zudem die Kontrollintervalle für gefährliche Tanker von zwölf auf sechs Monate reduziert werden105. 100

Lechner (Anm. 94), S. 133. Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 95/21/EG (Anm. 92). 102 Art. 11 Abs. 4 Richtlinie 95/21/EG (Anm. 92). 103 König 2002 (Anm. 4), S. 8. 104 Richtlinie 2001/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 95/21/EG des Rates zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 19, 22.1.2002, S. 17. Umsetzungsfrist bis 22.7.2003; dazu Proelß (Anm. 84), S. 407 ff. 105 Schlussfolgerungen des Rates (Verkehr) vom 6.12.2002, „Schiffssicherheit und Verhütung von Umweltverschmutzungen“ – Jüngste Havarie der „Prestige“ vor 101

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Im November 2003 veröffentlichte die Kommission eine erste Liste von zehn Schiffen, denen der Zugang zu EU-Häfen endgültig verweigert wird, darunter ein Öltanker106. Außerdem gab sie quasi als gelbe Karte eine vorläufige Liste von 143 Schiffen heraus, die Gefahr laufen, den Zugang verweigert zu bekommen, falls sie erneut in einem Unionshafen festgehalten werden, darunter 17 Öltanker107. In der Europäischen Union wird die Hafenstaatkontrolle auch mit anderen Aktivitäten im Schiffsverkehr abgestimmt. So wird die Arbeit der Lotsen in den Komplex der Hafenstaatkontrolle einbezogen. Lotsen verfügen häufig über Informationen aus erster Hand über Sicherheitsmängel der Schiffe, die die Häfen der EU anlaufen. Nach der Richtlinie 95/21/EG über die Hafenstaatkontrolle108 sind sie verpflichtet, die zuständige Behörde zu unterrichten. Schiffe, die von Lotsen gemeldet wurden, haben höchste Priorität bei den Überprüfungen. Die Kommission schlug eine Überarbeitung der entsprechenden Bestimmungen der Pariser Vereinbarung zur Hafenstaatkontrolle vor, um sicherzustellen, dass das dort vorgesehene Meldeverfahren auf Schiffe ausgedehnt wird, die sich auf der Durchfahrt durch die Gewässer der EU befinden, und dass Kopien derartiger Lotsenberichte an die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs weitergeleitet werden109. Wenn auch Befürchtungen geäußert worden sind, dass sich durch die nicht deckungsgleiche räumliche Geltung von Vorschriften des Pariser Hafenstaatkontrollabkommens und der EG-Normen unterschiedliche Sicherder galizischen Küste, Punkt 6, , Stand 15.4.2004. 106 ABl. C 272, 13.11.2003, S. 16. Die Veröffentlichung erfolgt auf Grundlage von Art. 7b Abs. 3 Richtlinie 95/21/EG (Anm. 93) in der durch Richtlinie 2001/ 106/EG (Anm. 103) geänderten Fassung in halbjährlichem Abstand. 107 , Stand 15.4.2004. Die Liste ist ebenfalls abgedruckt in: Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, S. 263. 108 Art. 13 Abs. 1. Bereits die Richtlinie 79/116/EWG vom 21.12.1978 des Rates über Mindestanforderungen an das Einlaufen von bestimmten Tankschiffen in Seehäfen der Gemeinschaft und das Auslaufen (ABl. L 33, 8.2.1979, S. 33) schrieb vor, dass der Lotse die zuständige Behörde über ihm bekannt gewordene Informationen über Sicherheitsmängel von Schiffen unterrichtet (Art. 1 Abs. 2), ebenso Art. 8 Abs. 2 Richtlinie 93/75/EWG des Rates vom 13.9.1993 über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern, ABl. L 247, 5.10.1993, S. 19. 109 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr nach dem Untergang des Öltankschiffs „Prestige“ vom 3.12.2002, KOM (2002) 681 endg., S. 13, , Stand 15.4.2004.

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heitsstandards („double standards“) ergeben könnten, so haben sich beide Normgefüge tatsächlich wechselseitig beeinflusst. Auch dadurch, dass die EG-Richtlinien sich weitgehend am Pariser Abkommen orientieren, ist die Vereinheitlichung der Kontrollen eher gefördert als behindert worden. Die Durchsetzung wird durch die Tatsache, dass 15 der Staaten des Hafenstaatkontrollabkommens zugleich EU-Mitgliedstaaten sind110 und sich die Kontrollen für sie als Pflichten darstellen, sogar noch verbessert111. Eine weitere Verbesserung würde die Einbeziehung des SRÜ in die relevanten Instrumente für eine Kontrolle nach dem Pariser Abkommen und den einschlägigen EG-Richtlinien darstellen. Dadurch würden die Durchsetzungsbefugnisse nach den Art. 218 ff. SRÜ gestärkt112. 3. Nationale Bestimmungen Da es Staaten nach Völkergewohnheitsrecht gestattet ist, ihre Häfen zu schließen, haben sie erst recht die Möglichkeit, Auflagen für das Einlaufen fremder Handelsschiffe zu bestimmen113. Das Recht, derartige Auflagen zu erlassen, wird in Art. 25 Abs. 2, 211 Abs. 3, 255 SRÜ vorausgesetzt. Die Schiffe eigener Flagge unterliegen ohnehin ohne Einschränkung dem nationalen Recht. Hafenstaaten haben im Einklang mit ihren nationalen Gesetzen und internationalen Verpflichtungen das Recht, Schiffseigentümern oder Kapitänen strafrechtliche Sanktionen oder Bußgelder aufzuerlegen114. In den nationalen Bestimmungen wird die Zufahrt zu Häfen etwa an die Einhaltung von Sicherheits- oder Umweltschutzstandards geknüpft, wie sie durch Konstruktions-, Bau-, Ausrüstungs- und Ausbildungsvorschriften gewährleistet werden sollen. Als Beispiel für eine effektive Politik nationaler Hafenstaatkontrollen seien die gesetzlich eingeräumten Befugnisse der US-Küstenwache angeführt115. Unternormige („sub-standard“) Schiffe sollen aus den US-Küstengewässern ferngehalten werden. Die US-Hafenbehörden nehmen eine Kategorisierung vor, die sich auf den aktuellen Zustand des Schiffes, seine Unfallgeschichte, den Schiffstypus, die Beurteilung anderer Schiffe derselben Gesellschaft und derselben Flagge stützt. Die danach risikoreichsten Schiffe unterfallen der ersten Kategorie; sie werden kontrolliert, 110

Siehe oben Anm. 67. Keselj (Anm. 6), S. 146 ff. 112 Keselj (Anm. 6), S. 149; Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 138. 113 IGH im Nicaragua-Fall, ICJ Reports 1986, 14 (111); K. Hakapää, Marine Pollution in International Law, Helsinki 1981, S. 168; Lagoni 1988 (Anm. 25), S. 307. 114 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 133. 115 ; für Kanada vgl. , Stand 15.4.2004. 111

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bevor sie in den Hafen einfahren. Schiffe anderer Gefahrenkategorien werden erst beim Beladen im Hafen überprüft116. Außerdem werden Schiffe bestimmter Billigflaggenstaaten auf eine schwarze Liste gesetzt117. Ein monatlicher Bericht über festgehaltene Schiffe wird im Internet veröffentlicht. Dieser enthält ausführliche Informationen über die festgestellten Mängel, die Eigentümer und sonstigen Schiffsdaten. Leise Kritik an den Kontrollbefugnissen der US-Hafenbehörden wurde dahingehend geäußert, dass sie zwar mit den Zuständigkeiten nach Völkergewohnheitsrecht und dem SRÜ in Einklang stünden, jedoch dessen Geist widersprächen, der gemeinsames, nicht einseitiges Vorgehen fördern wolle118.

III. Fazit In Anbetracht der unzureichenden Kontrollen durch manche Flaggenstaaten, des Durchsetzungsdefizits im Völkerrecht und der Tatsache, dass viele Schiffsbetreiber und -eigentümer die Sicherheit ihrer Schiffe aus Profiterwägungen vernachlässigen, hat die Rolle der Hafenstaaten bei der Erzwingung von Sicherheitsstandards an Bedeutung gewonnen. Mit der Statuierung der einschlägigen Kontrollbefugnisse und der Erarbeitung regionaler Abkommen zu ihrer effektiven Ausübung sind insoweit bedeutende Fortschritte erzielt worden. Die praktische Durchführung des rechtlichen Instrumentariums lässt allerdings noch erhebliche Mängel erkennen. Den jüngeren Entwicklungen stehen im Übrigen nach wie vor die gewohnheitsrechtlich begründeten Rechte und wirtschaftlichen Interessen der Flaggenstaaten entgegen119. Zudem setzen die Kontrollbefugnisse die Ratifizierung der einschlägigen Übereinkommen voraus, so dass auch aus diesem Grund eine weitere Steigerung der jeweiligen Mitgliederzahlen wünschenswert ist. Bislang konnten unternormige Schiffe Regionen mit strengeren Hafenstaatkontrollen meiden und in andere Regionen ausweichen. Vor diesem Hintergrund strebt die IMO einerseits eine Verbesserung in der Durchführung der Hafenstaatkontrollabkommen an und andererseits deren Verknüpfung, um die Durchsetzung bestehender Schutzvorschriften weltweit zu standardisieren und effizienter zu gestalten120. Durch Informationsaustausch, gemein116

J. Hare, Flag, Coastal and Port State Control, , Stand 1.5.2003. 117 Im Jahre 2002 befanden sich 26 Staaten auf der Liste, bei denen in den vorangegangenen drei Jahren mehr als einmal ein Schiff der Flagge festgehalten werden musste und bei denen die „detention rate“ über dem Durchschnitt liegt. Schiffe dieser Staaten werden häufiger kontrolliert, , Stand 15.4.2004. 118 Horrocks (Anm. 2), S. 192; Churchill/Lowe (Anm. 18), S. 353. 119 König 1990 (Anm. 46), S. 183.

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same Schulungen von Inspekteuren verschiedener Regionen sowie durch IMO-Personal und IMO-Beratungsmissionen soll ein globaler Standard geschaffen werden121. Diese pragmatische Herangehensweise zielt auf eine weltweite Harmonisierung von Vorschriften, wenngleich die Grundlagen weitgehend in regionalen Systemen und nicht in einem weltweiten Übereinkommen zu finden sind. Ein weiterer Schritt in diese Richtung wäre die Überwachung der Kontrollen durch eine übergeordnete Stelle, was z. B. durch obligatorische Berichte der Hafenstaaten mit Auskünften zur Anzahl kontrollierter Schiffe, zu den angewandten Kontrollkriterien, der Ausbildung der Kontrolleure und zu den festgestellten Mängeln untersuchter Schiffe geschehen könnte122. Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere sog. Entwicklungsländer häufig nicht über die finanziellen Mittel und administrativen Strukturen für wirksame Hafenkontrollen verfügen. Im Interesse der internationalen Schiffssicherheit und des Umweltschutzes sollte wirtschaftlich leistungsschwachen Ländern daher technische Unterstützung gewährt werden123. Auch eine weitergehende Verpflichtung der Hafenstaaten zu Kontrollen könnte diese Ziele noch fördern. Zu Recht ist allerdings darauf hingewiesen worden, dass die Tatsache, dass die Hafenstaatkontrollabkommen ursprünglich keine neuen völkerrechtlichen Verbindlichkeiten begründen sollten, nicht bedeutet, dass die Normen in der Praxis nicht eingehalten würden124. Insgesamt wird durch Hafenstaatkontrollen der Druck auf sog. Billigflaggenstaaten erhöht, ihre Inspektionspflichten wirksam wahrzunehmen. Die Kontrollen und gegebenenfalls zu verhängenden Auslaufverbote kommen der Schiffssicherheit zugute und leisten einen Beitrag zur Vermeidung von Tankerunfällen und Umweltverschmutzung. Die jüngsten Ansätze zu verstärkter interregionaler Kooperation durch Informationsaustausch und gemeinsame Schulungen können zu einem global einheitlichen Kontrollsystem führen, das unternormigen Schiffen keinen Betätigungsraum mehr lässt und die Einhaltung bestehender Schiffssicherheitsnormen erheblich steigert.

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Hayashi (Anm. 87), S. 509; F. Plaza, Thoughts on the Respective Roles of Flag States and Port States, in: Nordquist (Anm. 2), S. 199–219, (206 ff.). 121 Plaza (Anm. 120), S. 206 ff. 122 Kasoulides 1997 (Anm. 51), S. 125 f. 123 König 2002 (Anm. 4), S. 10. 124 Keselj (Anm. 6), S. 143.

Die Ausweisung bestimmter sensibler Seegebiete und Küstenregionen Von Marina Pauli Obwohl die Havarie eines Öltankers, bei der Tausende Tonnen Öl ins Meer fließen, eine Katastrophe für die Meeresumwelt und die betroffenen Küstenregionen ist, gibt es Gebiete, in denen gleichsam die Zeit die Wunden heilt, die Natur sich selbst hilft. So ist es möglich, dass sich felsige Küsten, an denen eine starke Strömung herrscht und wo das Meerwasser etwa durch den Einfluss des Golfstroms relativ warm ist, innerhalb weniger Jahre erholen1. Dagegen werden Ölverschmutzungen in kühleren Meeresgebieten weniger rasch abgebaut. Alaska hat auch heute noch, 14 Jahre nach dem Unfall der „Exxon Valdez“ im Jahr 1989, mit dessen Folgen zu kämpfen2. Durch eine Ölpest, wie sie die Havarie der „Prestige“ an der galizischen Küste verursacht hat, können langfristige oder sogar irreparable Schäden für die Umwelt verursacht werden, unter denen dann meistens auch die Wirtschaft der angrenzenden Küstenstaaten zu leiden hat, denkt man nur an die Wirtschaftsfaktoren Fischfang und Tourismus3. Einigkeit besteht in der internationalen Gemeinschaft darüber, dass solche hochempfindlichen und durch den Tankerverkehr stark gefährdeten Gebiete besonders geschützt werden müssen. Die Aufmerksamkeit der Staaten in Bezug auf die Empfindlichkeit maritimer Ökosysteme und das Interesse am Schutz der Meeresumwelt vor ihren Küsten sind in den letzten Jahren gewachsen4. 1

A. Jung-Hüttl, Was Tankerunglücke im Meer anrichten, Süddeutsche Zeitung – Online, 19.11.2002, , Stand 1.5.2003. 2 Detaillierte Informationen auf der Homepage des Exxon Valdez Oil Spill Trustee Council, , Stand 15.4.2004. 3 M. Balser/K. Läsker, Die teure Ölspur der Prestige – Die Tankerhavarie verursacht neben der ökologischen auch eine ökonomische Katastrophe, Süddeutsche Zeitung, 21.11.2002, S. 18. 4 R. R. Churchill/A. V. Lowe, The Law of the Sea, 3. Aufl., Manchester 1999, S. 392; R. Lagoni, Marine Protected Areas in the Exclusive Economic Zone, in: A. Kirchner (Hrsg.), International Marine Environmental Law. Institutions, Implementation and Innovation, The Hague u. a. 2003, S. 157–167; R. Warner, Marine Protected Areas Beyond National Jurisdiction: Existing Legal Principles and a Future Inter-

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I. Schutzkonzepte auf internationaler Ebene Effektiv wäre es, Tankern, die nicht den notwendigen Sicherheitsbestimmungen entsprechen, die Fahrt durch Gebiete zu verbieten, in denen ein Unfall besonders schwerwiegende Folgen nach sich ziehen würde. Wollte ein Küstenstaat eine solche Vorschrift erlassen, würde das mit dem Recht auf die gewohnheitsrechtlich anerkannte und in Art. 87 Abs. 1 lit. a SRÜ kodifizierte Freiheit des Schiffsverkehrs kollidieren5. Einer Beschränkung durch den Küstenstaat in seinen Küstengewässern steht das Recht auf friedliche Durchfahrt gemäß Art. 17 SRÜ entgegen6. Zwar ist der Küstenstaat gemäß Art. 21 Abs. 1 lit. f berechtigt, Regeln bezüglich der friedlichen Durchfahrt zum Schutz der Umwelt zu erlassen. Diese Regeln dürfen sich aber nach Abs. 2 nur dann auf den Bau oder die Ausrüstung von Schiffen beziehen, wenn anerkannte internationale Vorschriften dies legitimieren. Dadurch ist die tatsächliche Möglichkeit des Küstenstaats, unsichere und dadurch für die Umwelt gefährliche Tanker aus seinem Küstenmeer zu verbannen, sehr eingeschränkt. Denkbar wäre eine Beschränkung allerdings in dem Fall, dass die Durchfahrt eines Tankers durch eventuelle Sicherheitsmängel unfriedlich würde. Es müsste sich dafür aber um sehr gravierende oder vorsätzliche Verschmutzung handeln. Zu dem Zeitpunkt, zu dem das Schiff aus dem Küstengewässer verbannt werden müsste, hat aber eine Verschmutzung noch nicht stattgefunden, und bei einem Unfall wird der Vorsatz fehlen7. Damit stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es für den Gebietsschutz im Hinblick auf Ölverschmutzungen überhaupt gibt, ohne dass durch entsprechende Schutzmaßnahmen gegen internationale Übereinkommen wie das SRÜ verstoßen wird.

national Law Framework, in: M. Haward (Hrsg.), Integrated Oceans Management: Issues in Implementing Australia’s Oceans Policy, Cooperative Research Centre for Antarctica and the Southern Ocean, Research Report 26 May 2001, Hobart 2001, S. 55–76 (56); auch zu finden im Internet unter , Stand 15.4.2004. 5 P. Birnie/A. Boyle, International Law and the Environment, 2. Aufl., Oxford 2002, S. 371; A. Boyle, Marine Pollution under the Law of the Sea Convention, AJIL 79 (1985), 347–372 (359). 6 Art. 21 Abs. 2, 24 Abs. 1, 211 Abs. 4 SRÜ; Churchill/Lowe (Anm. 4), S. 81 ff. 7 Siehe zu den Befugnissen des Küstenstaates im Einzelnen den Beitrag von Ingo Niemann.

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1. Regelungen des SRÜ zum Schutz besonders empfindlicher Meeresgebiete Die völkerrechtlichen Normen erlauben es nicht, den Meeresschutz durch die Einrichtung umfassend angelegter Naturschutzgebiete, die gegen jegliche Beeinträchtigung Schutz bieten, zu verwirklichen8. Es fehlt eine Instanz, welche die Kompetenz hätte, allgemein Regeln zum Schutz der Meeresumwelt in all ihren Facetten zu erlassen und auch durchzusetzen. Im SRÜ finden sich aber Regelungen über den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt in Teil XII. Art. 192 SRÜ bestimmt, dass die Staaten verpflichtet sind, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren, und sieht damit eine allgemeine Umweltpflichtigkeit der Staaten im Hinblick auf die Meeresumwelt vor9. Art. 194 SRÜ konkretisiert die allgemeinen Pflichten des Art. 192 SRÜ unter dem Gesichtspunkt der „Verhütung, Verringerung und Überwachung der Verschmutzung der Meeresumwelt“10. Die Vorschrift stellt aber klar, dass die Staaten keine Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt erlassen dürfen, die nicht mit den übrigen Vorschriften des SRÜ im Einklang stehen11. Zu den Maßnahmen im Sinne des Art. 194 SRÜ gehören insbesondere auch „die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz und zur Bewahrung seltener oder empfindlicher Ökosysteme sowie des Lebensraums gefährdeter, bedrohter oder vom Aussterben bedrohter Arten und anderer Formen der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres“12. Bezüglich der Verschmutzung durch Schiffe verweist Art. 211 SRÜ zunächst auf die „internationalen Regeln und Normen“. Für den Fall, dass diese nicht ausreichen, enthält Abs. 6 eine Autorisierung des jeweils betroffenen Küstenstaates zur Ausweisung von Schutzgebieten13. Das zeigt, dass 8 H. D. Jarass, Naturschutz in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, Baden-Baden 2002, S. 35. 9 P.-T. Stoll, Meeresschutz im Küsten- und Offshore-Bereich im Hinblick auf nicht-stoffliche Einflüsse, NuR 1999, 666–674 (668); C. C. Joyner, Antarctica and the Law of the Sea, Dordrecht u. a. 1992, S. 156; Boyle (Anm. 5), S. 350. 10 Das SRÜ definiert in Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 die Verschmutzung der Meeresumwelt als „die unmittelbare oder mittelbare Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen in die Meeresumwelt einschließlich der Flussmündungen, aus der sich abträgliche Wirkungen wie eine Schädigung der lebenden Ressourcen sowie der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, eine Behinderung der maritimen Tätigkeiten einschließlich der Fischerei und der sonstigen rechtmäßigen Nutzung des Meeres, eine Beeinträchtigung des Gebrauchswerts des Meerwassers und eine Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt ergeben oder ergeben können“. 11 Art. 194 Abs. 1 SRÜ. 12 Art. 194 Abs. 5 SRÜ; Jarass (Anm. 8), S. 30; Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 352. 13 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 355.

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die Identifizierung und Ausweisung bestimmter Meeresgebiete, die eines größeren Schutzes bedürfen, dem SRÜ nicht fremd ist. Es enthält allerdings keine konkreten Bestimmungen darüber, wie und von wem eine solche Ausweisung vorgenommen werden soll. Statt dessen bleibt nur der Verweis auf die „internationalen Regeln und Normen“14. Die Bedeutung von Art. 211 SRÜ scheint darin zu liegen, dass er durch Verweisung andere Konventionen, völkerrechtliche Verträge und eventuell auch Bestimmungen und Richtlinien der IMO in das SRÜ-Regime inkorporiert15. Solche SRÜkonformen Regeln und Normen können auf regionaler16 und auch auf globaler17 Ebene bestehen. 2. Regionale Übereinkommen Es gibt eine Reihe regionaler Abkommen zum Schutz besonders empfindlicher Ökosysteme18. Sie verwirklichen den eher allgemein gehaltenen Gedanken des SRÜ, wonach die allgemeine Umweltpflichtigkeit der Staaten im Hinblick auf besonders empfindliche und gefährdete Meeresgebiete verstärkt ist, was in Art. 211 Abs. 6 SRÜ zum Ausdruck kommt. Die Vorschriften zum regionalen Meeresschutz sind überwiegend unter dem Dach von UNEP als Teil des UNEP Regional Seas Programme entstanden19. Dieses Programm hat zum Abschluss zahlreicher Verträge zwischen den Staaten der jeweils relevanten Region geführt. So sieht das Protokoll über besonders geschützte Gebiete und die biologische Vielfalt im Mittelmeer vom 10. Juni 1995 in erster Linie einzelstaatliche Maßnahmen und eine zwischenstaatliche Kooperation vor20. Neben dem Mittelmeer werden durch regionale Verträge unter anderem die Ostsee21, das Rote Meer22 und der Per14

Art. 207 Abs. 1 und 4, Art. 211 Abs. 1. Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 353; Verträge zum Schutz der Meeresumwelt, die vor dem In-Kraft-Treten des SRÜ geschlossen wurden, wie z. B. MARPOL 73/78, behalten gemäß Art. 237 SRÜ ohnehin ihre Gültigkeit. 16 Art. 207 Abs. 3 SRÜ. 17 Art. 207 Abs. 4 SRÜ. 18 Churchill/Lowe (Anm. 4), S. 392; Boyle (Anm. 5), S. 349. 19 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 358. 20 Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt und der Küstenregion des Mittelmeerraums vom 10.6.1995 (Barcelona-Übereinkommen), ABl. L 322, 14.12.1999, S. 34. Das Protokoll löst das Protokoll über besonders geschützte Gebiete im Mittelmeerraum ab, das bereits am 3.4.1982 geschlossen wurde. 21 Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets vom 9.4.1992 (Helsinki-Übereinkommen), BGBl 1994 II, S. 1355. 22 1982 Jeddah Convention for the Conservation of the Red Sea and the Gulf of Aden Environment, , Stand 15.4.2004. 15

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sische Golf23 erfasst24. Diese regionalen Programme haben große Bedeutung für den Schutz der Meeresumwelt gegen Verschmutzung durch Einleitungen vom Land25. Strengere Standards für den Bau und die Ausrüstung von Tankern aller Flaggenstaaten, also auch für Nichtvertragsstaaten, können durch solche regionalen Abkommen aber nicht eingeführt und durchgesetzt werden26. Gegenwärtig ist zum Beispiel Finnland nicht in der Lage, Maßnahmen gegen unsichere Öltanker zu ergreifen, die sich durch das Packeis im Finnischen Meerbusen schieben und jederzeit eine Umweltkatastrophe in der gesamten Region verursachen könnten27. Dabei ist der Finnische Meerbusen als Teil der Ostsee durch das Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki-Übereinkommen) von 1992 umfassend geschützt. Der Schutz besonders empfindlicher Meeresgebiete ist daher effektiver durch globale Regime zu bewirken28. Im weiteren Verlauf soll daher auf die regionalen Ansätze zum Schutz besonders sensibler Meeresgebiete nicht mehr eingegangen werden. 3. Der Ansatz der IMO Ein anderer Ansatz zum Schutz besonders gefährdeter Seegebiete findet sich bei der IMO. Wenn die IMO ursprünglich in erster Linie für die Sicherheit von Leben auf See zuständig war, so ist heute daneben eine ihrer vorrangigen Aufgaben die Verhütung und Kontrolle der von Schiffen ausgehenden Meeresverschmutzung29. Zudem ist die IMO gemäß Art. 211 Abs. 1 SRÜ die zuständige internationale Organisation, in deren Rahmen internationale Regeln und Normen zur Verhütung, Verringerung und Überwachung der Verschmutzung der Meeresumwelt durch Schiffe aufgestellt werden können30. 1991 hat die IMO-Versammlung eine Entschließung be23 1978 Kuwait Regional Convention for Co-operation on the Protection of the Marine Environment from Pollution, ILM 17 (1978), 511. 24 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 354. 25 Churchill/Lowe (Anm. 4), S. 379 ff. 26 Art. 211 Abs. 4 SRÜ. 27 R. Nimtz-Köster, Alarm am Kap, Der Spiegel 10/2003, S. 158. 28 Darum forderte der WWF die Ausweisung des Finnischen Meerbusens als besonders empfindliches Meeresgebiet durch die IMO. Pressemitteilung des WWF vom 10.2.2003, , Stand 15.4.2004. Auf der 51. Sitzung des MEPC vom 29.3. bis 2.4.2004 ist dies geschehen mit Ausnahmen der Küstengebiete der Russischen Föderation, siehe unten Anm. 59. 29 Joyner (Anm. 9), S. 151. 30 R. Lagoni, Die Internationale Seeschiffahrts-Organisation (IMO) als Rechtssetzungsorgan, in: P. Ehlers/W. Erbguth, 50 Jahre Vereinte Nationen. Tätigkeiten und Wirken der IMO, Baden-Baden 1997, S. 45–56 (53); Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 361.

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schlossen, in der sie Richtlinien zur Bestimmung von „Special Areas“ und zur Identifikation von „Particularly Sensitive Sea Areas“ (PSSAs) festschreibt31. „Special Areas“ sind bestimmte Seegebiete, in denen wegen ihrer ozeanographischen und ökologischen Beschaffenheit und wegen des dort herrschenden Schiffsverkehrs zwingende Maßnahmen zum Schutz vor Verschmutzung notwendig sind32. Sie sind in den Anlagen I, II und V der MARPOL-Konvention definiert und beruhen damit auf einem zwischen den IMO-Mitgliedstaaten geschlossenen völkerrechtlichen Vertrag, so dass ihr rechtlicher Status für alle Vertragsparteien verbindlich ist. Das Konzept der PSSAs dagegen ist ein eigenes Konzept der IMO, welches nicht auf einem von den IMO-Mitgliedstaaten geschlossenen völkerrechtlichen Vertrag beruht33. Vielmehr wurden die PSSAs durch eine Entschließung der IMOVersammlung ins Leben gerufen34, was einige Schwierigkeiten bei der rechtlichen Bewertung der Ausweisung solcher Gebiete hervorruft, worauf noch näher einzugehen ist. Für die Ausweisung von „Special Areas“ und PSSAs gelten nicht notwendig die gleichen Bestimmungen. Allerdings wird in vielen Fällen ein PSSA in einem schon als Special Area deklarierten Gebiet auszuweisen sein und umgekehrt35.

II. MARPOL „Special Areas“ 1. Rechtliche Grundlage MARPOL 73/78 sieht für Gebiete, die wegen ihrer ökologischen Beschaffenheit oder durch den Schiffsverkehr besonders gefährdet sind, die Ausweisung als „Special Areas“ vor. Detaillierte Vorschriften über den Schutz vor Verschmutzungen sind in den Anlagen des Übereinkommens enthalten, die gemäß Art. 1 Abs. 2 MARPOL Vertragsbestandteil sind. In den Anlagen I, II und V definiert MARPOL 73/78 solche Seegebiete als „Special Areas“, in denen wegen ihrer ozeanographischen und ökologischen 31 IMO-Entschließung A.720(17), die mittlerweile durch Entschließung A.927(22) (siehe unten Anm. 45) erweitert und ersetzt wurde. 32 Annex 1 Abs. 2.1. Entschließung A.927(22) (siehe unten Anm. 45); vgl. , Stand 15.4.2004. 33 G. Peet, Particularly Sensitive Sea Areas. A Documentary History, IJMCL 9 (1994), 469–506 (469). 34 IMO-Entschließung A.720(17). 35 L. de La Fayette, The Marine Environment Protection Committee: The Conjunction of the Law of the Sea and International Environmental Law, IJMCL 16 (2001), 155–238 (185).

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Beschaffenheit und wegen des Umfangs des Seeverkehrs die Annahme spezieller zwingender Methoden für die Verhütung von Meeresverschmutzungen erforderlich ist36. Nach der Konvention gilt in diesen Gebieten ein höheres Schutzniveau als in anderen Seegebieten. In Anlage I geht es um die Verhinderung der Verschmutzung durch Öl. „Special Areas“ gemäß Anlage I sind das Mittelmeer, die Ostsee, das Schwarze Meer, das Rote Meer, der Persische Golf, der Golf von Aden, die Antarktis und die nordwesteuropäischen Gewässer37. Die Verhinderung von Ölverschmutzung steht im Mittelpunkt der vorliegenden Erwägungen und ist auch im Rahmen von MARPOL 73/78 eines der vorrangigen Ziele. Dennoch sei kurz erwähnt, dass es „Special Areas“ auch nach Anlage II und Anlage V von MARPOL 73/78 gibt, die jeweils den Schutz der betreffenden Meeresgebiete vor anderen schädlichen Umweltbeeinträchtigungen bezwecken38. Die Ausweisung von empfindlichen Meeresgebieten als „Special Areas“ gründet sich also auf einen völkerrechtlichen Vertrag. Damit existiert eine für die Vertragsparteien verbindliche Regelung. Da nahezu alle bedeutenden Schifffahrtsnationen, die insgesamt über 94% der Welthandelstonnage ausmachen, Mitglieder der IMO und Vertragsparteien39 von MARPOL sind und da die Vertragsparteien durch Anlage I gebunden sind40, steht dem globalen Schutz vor Ölverschmutzung durch dieses Regime nichts im Wege41. Auch kollidiert die Konvention nicht mit dem SRÜ. Soweit die MARPOLVorschriften schon vor In-Kraft-Treten des SRÜ bestanden haben, gelten sie gemäß Art. 237 SRÜ weiter. Nachträgliche Erweiterungen halten sich bis36 MARPOL 73/78 Anlage I Regel 1 Abs. 10, Anlage II Regel 1 Abs. 7, Anlage V Regel 1 Abs. 3. 37 MARPOL 73/78 Anlage I Regel 10 Abs. 1; H. Hohmann, Weltweiter Schutz der Meeresumwelt unter besonderer Berücksichtigung des Schutzes von Nord- und Ostsee (einschließlich des Wattenmeeres), in: K.-P. Dolde, Umweltrecht im Wandel, Berlin 2001, S. 99–128 (108). 38 „Special Areas“ gemäß MARPOL 73/78 Anlage II Regel 1 Abs. 7 sind die Ostsee, das Schwarze Meer und die Antarktis. Sie sollen besonders vor der Verschmutzung durch als Massengut beförderte schädliche flüssige Stoffe, also in Tankern transportierte Chemikalien, geschützt werden. „Special Areas“ gemäß Anlage V Regel 5 Abs. 1 sind das Mittelmeer, die Ostsee, das Schwarze Meer, das Rote Meer, die Golf-Gebiete, die Nordsee, die Antarktis und die Karibik einschließlich des Golfs von Mexiko; sie sollen besonders vor der Verschmutzung durch Schiffsmüll geschützt werden. 39 Der Flaggenstaat der „Prestige“ (Bahamas) ist Vertragspartei dieses Übereinkommens. 40 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 363. 41 J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a. 1994, S. 70.

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her jedenfalls im Rahmen der Regelungen, die gemäß Art. 211 Abs. 1 SRÜ zum Schutz der Meeresumwelt erlassen werden dürfen42. 2. Ausweisung eines Meeresgebiets als Special Area Das Konzept der „Special Areas“ ist ein wichtiges Merkmal der MARPOL-Konvention. Es stellt sich die Frage, wer darüber entscheidet, welche Gebiete besonders schützenswert sind, so dass sie in die Liste der „Special Areas“ aufzunehmen sind, und nach welchen Kriterien die Beurteilung vorgenommen wird. Für die Überwachung und Weiterentwicklung von MARPOL 73/78 ist nach einem Beschluss der IMO-Versammlung das MEPC (Marine Environment Protection Committee) zuständig43. Der Küstenstaat kann einen entsprechenden Antrag beim MEPC stellen, über den dann beraten wird44. Für die Entscheidung werden die Richtlinien für die Ausweisung von „Special Areas“ herangezogen, wie sie jetzt in Entschließung A.927(22)45 festgeschrieben sind46. Danach sollen alle Interessen berücksichtigt werden – die der Küstenstaaten, der Flaggenstaaten und der Umweltorganisationen –, indem als Kriterien die relevanten wissenschaftlichen, technischen, ökonomischen und ökologischen Gegebenheiten in den betreffenden Gebieten herangezogen werden. 3. Auswirkungen auf die Seeschifffahrt Was die Ausweisung eines Gebiets als Special Area für den Seeverkehr bedeutet und welche Regeln Tanker zu beachten haben, wenn sie besagte Seegebiete durchqueren, ist in der entsprechenden Anlage von MARPOL detailliert geregelt47. Nach der Konvention gilt in diesen Gebieten ein 42 IMO-Dokument „Implications of the United Nations Convention on the Law of the Sea for the International Maritime Organisation“, LEG/MISC/3/Rev.1 vom 6.1.2003, S. 35 f., , Stand 15.4. 2004; A. Blanco-Bazán, IMO interface with the Law of the Sea Convention (2000), in: M. H. Nordquist (Hrsg.), Current Maritime Issues and the International Maritime Organization, The Hague u. a. 1999, S. 269–287 (273); auch zu finden im Internet unter , Stand 15.4.2004. 43 Vgl. Beschluss zur Erweiterung von Anlage I MARPOL durch Entschließung MEPC.21(48), Report of the Marine Environment Protection Committee on its Forty-Eighth session vom 24.10.2002, Abs. 7.7.2. 44 De La Fayette 2001 (Anm. 35), S. 185. 45 Guidelines for the Desigantion of Special Areas under MARPOL 73/78 and Guidelines for the Identification and Designation of Particularly Sensitive Sea Areas, Entschließung A.927(22) vom 29.11.2001. 46 Annex 1 Entschließung A.927(22) (Anm. 45).

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höheres Schutzniveau als in anderen Seegebieten. Die Vorschriften betreffen überwiegend die Verhütung von Verschmutzungen, die durch den normalen Schiffsbetrieb verursacht werden48. Öltanker reinigen ihre Tanks traditionell, indem sie sie durchspülen und das Abwasser ins Meer ableiten. In „Special Areas“ gemäß Anlage I von MARPOL kann dieses Vorgehen verboten oder stark eingeschränkt sein, da sie als Gebiete angesehen werden, die durch Ölverschmutzung besonders bedroht und damit schutzbedürftig sind.

III. Particularly Sensitive Sea Areas (PSSAs) Um den Schutz besonders sensibler Meeresgebiete weiter zu verbessern, hat die IMO 1978 im Rahmen der Internationalen Konferenz für Tankersicherheit und Verschmutzungsprävention das Institut der PSSAs (Particularly Sensitive Sea Areas) geschaffen49. Ein „besonders empfindliches Meeresgebiet“ ist nach den IMO-Richtlinien ein Gebiet, das wegen seiner Bedeutung aufgrund von anerkannten ökologischen, sozioökonomischen oder wissenschaftlichen Kriterien besonderer Schutzmaßnahmen der IMO bedarf, da es durch die internationale Seeschifffahrt gefährdet sein kann50. PSSAs können sich vom Küstenmeer über die ausschließliche Wirtschaftszone bis auf die Hohe See erstrecken51. Die Schutzgebiete werden in den einschlägigen Seekarten eingetragen, um den Schiffsführungen im Hinblick auf die besondere Empfindlichkeit der Gebiete gegenüber Beeinträchtigungen durch die Seeschifffahrt eindeutige Kenntnisse zu verschaffen. Bisher hat die IMO weltweit neun Seegebiete als PSSA ausgewiesen52. Dabei fällt auf, dass die IMO diesbezüglich in jüngster Zeit eine bemerkenswerte Aktivität entwickelt hat. Als erstes Gebiet wurde 1990 das Great Barrier Reef vor der Nordostküste Australiens als PSSA ausgewiesen53. Es 47 Anlage I Regel 9 MARPOL 73/78 regelt zum Beispiel die Kontrolle der Einleitung von Öl ins Meer. 48 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 363. 49 Regulation 9 of the 1978 Conference on Tanker Safety and Pollution Prevention; detaillierte Richtlinien für die Ausweisung der PSSAs wurden 1991 durch die Entschließung A.720(17) angenommen, die wiederum später durch Entschließung A.927(22) (Anm. 45) ersetzt wurde. 50 Annex 2 Abs. 1.2. Entschließung A.927(22) (Anm. 45); L. de La Fayette, International Maritime Organization (IMO), Yearbook of International Environmental Law 10 (1999), 689–705 (695). 51 Annex 2 Abs. 4.3. Entschließung A.927(22) (Anm. 45); Warner (Anm. 4), S. 68. 52 , Stand 15.4.2004. 53 Entschließung MEPC.44(30).

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folgte mit einem Abstand von sieben Jahren das Sabana-Camagüey-Archipel vor Kuba 199754. Die anderen sieben Gebiete sind alle innerhalb der letzten Jahre zu PSSAs geworden: die Insel Malpelo55 in Kolumbien, die Florida Keys56 in den USA im April 2002, das Wattenmeer57 vor den Küsten Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande im Oktober 2002, im Juli 2003 der Küstennationalpark Paracas in Peru58 und schließlich im April 2004 die Galápagos-Inseln, die Kanarischen Inseln und die Ostsee59. 1. Rechtliche Grundlage Den Schutz von PSSAs sicherzustellen, ist im Interesse der Umwelt ohne Zweifel wünschenswert. Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen für derlei Beschränkungen der Seeschifffahrt bestehen indes erhebliche Unsicherheiten. Das Konzept der PSSAs beruht im Gegensatz zu dem Konzept der „Special Areas“ nicht auf einem völkerrechtlichen Vertrag60. Es handelt sich um so genanntes soft law61. Der Ursprung der PSSAs findet sich in einer Entschließung, die 1978 von der Internationalen Konferenz für Tankersicherheit und Verschmutzungsprävention angenommen wurde62. Richtlinien für die Bestimmung von „Special Areas“ und die Identifikation von PSSAs wurden ungefähr 14 Jahre später von der IMO-Versammlung während der 17. Sitzungsperiode angenommen63, im Jahr 2000 durch Entschließung A.885(21) ergänzt und letztlich durch komplett überarbeitete Richtlinien in Entschließung A.927(22) vom 29. November 2001 ersetzt. Fraglich ist, ob das Konzept der PSSAs mit den Regelungen des SRÜ im Einklang steht64. Es wird über das Verhältnis des Konzepts zu Art. 211 Abs. 6 SRÜ gestritten65. Einerseits wird vertreten, es handele sich bei der 54

Entschließung MEPC.74(40). Entschließung MEPC.97(47). 56 Entschließung MEPC.99(47). 57 Entschließung MEPC.101(48). 58 Entschließung MEPC.106(49). 59 Ausgenommen bleiben allerdings die Küstengebiete der Russischen Föderation, da diese der Entschließung ihre Zustimmung verweigert hat, , Stand 15.4.2004. 60 A. Blanco-Bazán, The IMO Guidelines on Particular Sensitive Sea Areas (PSSAs), Marine Policy 20 (1996), 343–349 (346). 61 Warner (Anm. 4), S. 66. 62 Regulation 9 of the 1978 Conference on Tanker Safety and Pollution Prevention; Peet (Anm. 33), S. 475. 63 Entschließung A.720(17). 64 Blanco-Bazán 1996 (Anm. 60), S. 347. 65 De La Fayette 2001 (Anm. 35), S. 190 f. 55

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Errichtung von PSSAs um ein gegenüber den schützenswerten Gebieten nach Art. 211 Abs. 6 SRÜ eigenständiges Regime66. Andererseits ist der Zweck der beiden Instrumente der gleiche, nämlich der Schutz der Meeresumwelt vor Verschmutzung. Zudem wird von der IMO ausdrücklich festgestellt, dass keine Maßnahmen in Bezug auf PSSAs getroffen werden dürfen, die nicht mit internationalem Recht, wie es im SRÜ kodifiziert ist, übereinstimmen67. Das spricht dafür, PSSAs schlicht als eine mögliche Ausgestaltung der Rahmenvorgabe des Art. 211 Abs. 6 SRÜ zu betrachten68. Grundsätzlich werden Maßnahmen für den speziellen Schutz von bestimmten Seegebieten in Form von PSSAs daher als legitim angesehen69. 2. Ausweisung eines Meeresgebiets als PSSA Die IMO wird nicht von sich aus tätig, wenn es darum geht, besonders empfindliche Meeresgebiete zu identifizieren und als solche auszuweisen. Der Antrag hierfür wird von den betroffenen Staaten beim MEPC, dem Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt, gestellt70. Für einen solchen Vorschlag gelten die von der IMO aufgestellten Richtlinien, die jetzt in Entschließung A.927(22) enthalten sind. Zum einen muss in dem Antrag nachvollziehbar dargelegt werden, warum gerade dieses Gebiet PSSA sein muss71. Zum anderen muss mit dem Antrag ein umfassendes Konzept zum Schutz des Gebietes vorgestellt werden72. So hatten im Jahr 2001 die drei Staaten Dänemark, Niederlande und Deutschland die Ausweisung des Wattenmeeres als PSSA beantragt. Der Antrag enthielt einen detaillierten Plan zur Ausgestaltung eines „PSSA Wattenmeer“, in dem die Abgrenzung und Zonierung des PSSA festgelegt sowie die Einrichtung einer PSSA-Zentrale und Einsatzleitung wie schließlich auch der Aufbau einer Informationsdatei vorgesehen waren. Als Schutzmaßnahmen waren Lotsenannahme, aktives und passives Eskortieren und die Ausrüstung aller Schiffe mit einem Notschleppgeschirr vorgeschlagen worden73. 66

De La Fayette 2001 (Anm. 35), S. 191. Annex 2 Abs. 7.4.2.1. lit. a [iii], 7.4.2.2., 7.7., 9.2. Entschließung A.927(22) (Anm. 45). 68 De La Fayette 2001 (Anm. 35), S. 192. 69 IMO-Dokument LEG/MISC/3/Rev. 1 (Anm. 42), S. 46; Blanco-Bazán 1996 (Anm. 60), S. 344. 70 Annex 2 Abs. 3.1. Entschließung A.927(22) (Anm. 45). 71 WWF Deutschland, Schutz des Wattenmeeres vor Schiffsunfällen durch Einrichtung eines „PSSA Wattenmeer“ – Ein Konzept zur Umsetzung durch die trilaterale Kooperation von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden, Frankfurt am Main 2000, S. 11. 72 WWF Deutschland (Anm. 71), S. 11. 67

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Die IMO hat im Oktober 2002 diesem Antrag entsprochen und das Wattenmeer als das erste PSSA in Europa ausgewiesen, da es sich bei dem Wattenmeer um ein außergewöhnliches, höchst dynamisches Gezeiten-Ökosystem von weltweiter Bedeutung handele74. Dies sei durch die Auswirkungen der internationalen Schifffahrt bedroht, insbesondere da die angrenzende Nordsee eines der meistbefahrenen Seegebiete weltweit bilde. Für die Bestimmung von „Special Areas“ und PSSAs gelten nicht notwendig die gleichen Kriterien. Die „Special Areas“ sind im Einklang mit den bestehenden vertraglichen Vorschriften von MARPOL 73/78 geschaffen worden. Dagegen existierte kein solcher rechtlicher Rahmen für PSSAs. Trotz dieser Unterschiede wurden die PSSA-Richtlinien von der IMO zusammen mit den Richtlinien für die Ausweisung von „Special Areas“ gemäß MARPOL 73/78 in einem Dokument verabschiedet75. Das zeigt die inhaltliche Nähe der beiden Einrichtungen: Beides sind Seegebiete, die besonderen Schutzes bedürfen76. Konkret muss ein Meeresgebiet bestimmte Kriterien erfüllen, um als PSSA ausgewiesen zu werden. Das können ökologische Kriterien wie Einzigartigkeit, biologische Vielfalt, Empfindlichkeit, oder soziokulturelle und ökonomische Kriterien wie die menschliche Abhängigkeit, der wirtschaftliche Nutzen, oder wissenschaftliche Kriterien wie Forschung und historische Bedeutung sein77. Wenn diese materiellen Kriterien erfüllt sind und die formellen Voraussetzungen der Antragstellung und des Vorschlags bestimmter Maßnahmen zum Schutz des Gebiets gegeben sind, kann ein Meeresgebiet als PSSA ausgewiesen werden. 3. Auswirkungen auf die Seeschifffahrt Der Schutz der PSSAs soll vor allem dadurch sichergestellt werden, dass der internationalen Schifffahrt in diesen Gebieten Beschränkungen auferlegt werden78. PSSAs werden in den Seekarten als solche markiert79. So werden Schiffsbesatzungen, die sich dem Gebiet nähern, angehalten, besonders vor73

WWF Deutschland (Anm. 71), S. 14 ff. Report of the Marine Environment Protection Committee on its Forty-Eighth Session, MEPC.21(48); Annex 5 Entschließung MEPC.101(48) vom 11.10.2002. 75 Entschließung A.927(22) (Anm. 45). 76 De La Fayette 2001 (Anm. 35), S. 185. 77 Vgl. detaillierte Auflistung in Annex 2 Abs. 4 Entschließung A.927(22) (Anm. 45); Peet (Anm. 33), S. 488; Warner (Anm. 4), S. 67. 78 K. Gjerde/D. Freestone, Particularly Sensitive Sea Areas – An Important Environmental Concept at a Turning-point, IJMCL 9 (1994), 431–468 (433); Hohmann (Anm. 37), S. 109. 79 WWF Deutschland (Anm. 71), S. 10. 74

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sichtig zu sein. Letztlich ist damit aber kein effektiver Schutz gewährleistet. Es fragt sich, ob eine Anerkennung als PSSA auch verbindliche Regeln zum Schutz der betreffenden Gebiete nach sich zieht. Die bloße Ausweisung als PSSA bedeutet nicht automatisch die Geltung bestimmter strengerer Regeln bezüglich der Verkehrsführung, Ausstattung der Schiffe oder Ähnlichem. Aber die IMO kann gleichzeitig mit der Anerkennung eines Gebiets als PSSA Regeln zu dessen Schutz beschließen. Die beschlossenen Maßnahmen müssen dann vom Küstenstaat, der sie in seinem Antrag in aller Regel vorher vorgeschlagen hatte, umgesetzt werden80. Das ist allerdings eher ein Privileg als eine Last. Eine Klassifizierung als PSSA eröffnet den Anrainerstaaten die Möglichkeit, schärfere Regelungen zu erlassen, soweit die IMO diese beschlossen hat. Daß dies allerdings kein Automatismus ist, zeigt das Beispiel des Wattenmeers, dessen Anerkennung als PSSA keine neuen Schutzmaßnahmen nach sich zog81. Die Befugnis der Küstenstaaten, in ihren Gewässern eigene Umweltschutz- oder Befahrensregelungen gegen ausländische Schiffe durchzusetzen, wird grundsätzlich durch internationales Recht eingeschränkt. Selbst in ihrem Küstenmeer innerhalb der Zwölfseemeilenzone82 dürfen Küstenstaaten das Recht der friedlichen Durchfahrt nur dann beschränken, wenn die Gefahr für die Umwelt durch einen Öltanker so groß ist, dass die Durchfahrt als unfriedlich zu qualifizieren ist83. Innerhalb der maximal 200 Seemeilen in das Meer hinausreichenden ausschließlichen Wirtschaftszone können sie nur Regelungen erlassen, die von der IMO anerkannt wurden. Durch die PSSAs wird es möglich, schärfere Bestimmungen für den Schiffsverkehr festzulegen, also mit gebietsspezifischen Maßnahmen auf die lokalen Bedingungen einzugehen. Es muss sich dabei um Maßnahmen handeln, die in anderen IMO-Konventionen vorgesehen sind, wie z. B. Vorgaben für die Schiffswegeführung gemäß SOLAS und COLREG84. Der Küstenstaat kann danach Verkehrstrennungsgebiete vorsehen, die für die durchfahrenden Schiffe auch verbindlich sind85. Ein PSSA kann auch in einem Gebiet liegen, das Special Area gemäß MARPOL 73/78 ist86. In diesem Fall würden die Bestimmungen der entsprechenden Anlage von MARPOL 73/78 auch für das PSSA gelten. 80

Annex 2 Abs. 9.2. Entschließung A.927(22) (Anm. 45). Kritisch hierzu Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, S. 170. 82 Art. 3 SRÜ. 83 Art. 17 SRÜ; siehe ausführlich dazu den Beitrag von Ingo Niemann. 84 Annex 2 Abs. 7.4.2.1. Entschließung A.927(22) (Anm. 45); vgl. Ausführungen im Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. II. 85 Regel 10 COLREG 1972. 86 Annex 2 Abs. 6.1.1. Entschließung A.927(22) (Anm. 45); Hohmann (Anm. 37), S. 108. 81

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IV. Fazit Schwachstelle des Regimes der „Special Areas“ scheint die ungenügende Regelung von MARPOL zur Verhinderung von Schiffsunfällen zu sein87. Seit die MARPOL-Konvention 1983 in Kraft getreten ist, haben sich weitere große Tankerunfälle ereignet. Verunglückt sind die „Exxon Valdez“ 1989, die „Aegean Sea“ 1992, die „Braer“ 1993, die „Sea Empress“ 1996, die „Erika“ 1999. Die Havarie der „Prestige“ im November 2002 ist der bisher letzte in der Reihe von Tankerunfällen. Bezüglich der Verhinderung von Ölverschmutzung durch den normalen Schiffsbetrieb sind die MARPOL-Vorschriften durchaus erfolgreich88. In Bezug auf die Verhinderung von Ölkatastrophen durch Tankerunfälle scheint die Wirksamkeit des Konzepts der „Special Areas“ aber zweifelhaft zu sein89. Das Konzept der PSSAs hatte seinen Ursprung im Jahre 1978. Da 1997 gerade erst das zweite Gebiet weltweit als PSSA ausgewiesen wurde, erhoben sich manche Stimmen, die dieses Konzept in Frage stellten90. Seit dem Jahr 2002 sind aber sieben weitere Gebiete als PSSAs ausgewiesen worden. Zudem haben Staaten Interesse bekundet, weitere Anträge bei der IMO zu stellen. So haben die Ostsee-Anrainerstaaten vor, zumindest die empfindlichsten Gebiete der Ostsee durch die IMO unter internationalen Schutz stellen zu lassen. Der WWF hat die spanische Regierung aufgefordert, die Ausweisung der Seegebiete an der galizischen Küste als PSSA zu beantragen91. In Anbetracht dieser Entwicklung scheinen die PSSAs für den Schutz der Meeresumwelt ein zukunftsträchtiges Konzept zu sein92. Wie sich diese Vorhaben weiterentwickeln, werden die nächsten Jahre zeigen. Viel hängt hier von der Aktivität der einzelnen Staaten ab, welche die Anträge bei der IMO stellen müssen. So ist Spanien vom WWF zwar aufgefordert worden, die Ausweisung als PSSA für das Seegebiet vor der galizischen Küste zu beantragen, ob der spanische Staat aber dieser Empfehlung nachkommen wird, bleibt abzuwarten.

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Hohmann (Anm. 37), S. 107. Zu den Regelungen im Einzelnen siehe oben, Beitrag von Marcus Schroeder. 89 Birnie/Boyle (Anm. 5), S. 369. 90 Churchill/Lowe (Anm. 4), S. 395. 91 Mitteilung des WWF UK, , Stand 15.4.2004. 92 Gjerde/Freestone (Anm. 78), S. 432. 88

Die Bekämpfung der Meeresverschmutzung nach Tankerunglücken – Intervention und Kooperation Von Rico Kassmann* „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ F. Dürrenmatt, aus: Die Physiker.

I. Einleitung Seit jeher will der Mensch das Meer beherrschen, das Meer urbar machen. Schon in prähistorischen Zeiten verwendeten die Menschen Konstruktionen, um sich auf dem Wasser fortzubewegen. Doch spätestens mit der Industrialisierung trübte sich das Verhältnis des Menschen zum Meer: Einst bloßer Nutznießer, war er nunmehr eine Bedrohung. Im 20. Jahrhundert zeigte sich diese Bedrohung in Ausmaßen, wie sie bis dahin nicht für möglich gehalten worden waren. Die Havarie der „Torrey Canyon“ im Jahre 19671 führte zu einer der ersten Umweltkatastrophen der Menschheitsgeschichte. Sprichwörtlich über Nacht mussten die Staaten realisieren, dass Tankerunfälle in ihren Auswirkungen das nationale Blickfeld sprengen und damit ein ganzes Bündel von schwierigen Rechtsfragen aufwerfen. Die Bekämpfung der Meeresverschmutzung kristallisierte sich so als internationale Angelegenheit heraus. Im Kielwasser der „Torrey Canyon“ wurden große Teile des Meeresvölkerrechts neu gestaltet. Der erste Reformschritt betraf die küstenstaatlichen Befugnisse zur Abwehr von Gefahren, die von fremden Schiffen auf Hoher See drohen, und fand Ausdruck im Interventions-Übereinkommen von 19692 (II.). Gleichzeitig entstanden die ersten zwischenstaatlichen Abkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der marinen Ölverschmutzung (III.). * Die europarechtlichen Passagen entstanden in Zusammenarbeit mit Karola Wolprecht. 1 „Die größte Ölkatastrophe, die Großbritannien und die Welt jemals erlebt haben“, vgl. I. Nehlmeyer-Günzel, Der maritime Umweltschutz dargestellt anhand von Tankerunfällen, Münster 1986, S. 100. 2 Internationales Übereinkommen über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen vom 29.11.1969, BGBl. 1975 II, S. 139.

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II. Maßnahmen der Küstenstaaten zur Abwehr der Verschmutzung durch Öl und andere gefährliche Stoffe3 1. Einleitung Am 18. März 1967 strandete der Tanker „Torrey Canyon“ mit 119.000 Tonnen Rohöl an Bord vor der Südküste Großbritanniens. Das Schiff schlug leck, und das Öl begann auszutreten, woraufhin ein gigantischer Ölteppich entstand. Wegen schlechten Wetters scheiterten alle Versuche, das Schiff zu bergen. Als das Schiff in zwei Hälften brach, beschloss die britische Regierung, das unter liberianischer Flagge registrierte Schiff zu bombardieren4. Dabei galt es in erster Linie, das austretende Öl zu verbrennen. Da sich das Unglück auf Hoher See, also außerhalb der Sphäre staatlicher Souveränität ereignete, bestand Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit der britischen Maßnahmen. Das Vereinigte Königreich ersuchte daher die IMO (damals: IMCO), ein globales Abkommen zu entwerfen5. Das sog. Interventions-Übereinkommen6 wurde 1969 in Brüssel verabschiedet und trat 1975 in Kraft. Inzwischen sind 79 Staaten Vertragsparteien des Abkommens, was einer Welthandelstonnage von 71,39% entspricht7. 2. Das Interventions-Übereinkommen Das Übereinkommen regelt primär die Frage, wie weit die küstenstaatlichen Befugnisse zum Schutz eigener Interessen reichen, ob sie den Küstenstaat insbesondere zu einem Eingriff („intervention“) in die Rechtspositionen des Schiffseigentümers und des Flaggenstaates ermächtigen. Wegen dieser Zielsetzung dient das Übereinkommen nur mittelbar dem Meeresumweltschutz. Jedenfalls wurde damit erstmals klargestellt, dass der Küstenstaat zum Schutze der Umwelt auch außerhalb des Küstenmeers gegen havarierende Schiffe vorgehen darf.

3 Soweit nicht anders vermerkt, behandeln die völkerrechtlichen Verträge inzwischen Verschmutzungen durch Öl und andere gefährliche Stoffe. 4 Nehlmeyer-Günzel (Anm. 1), S. 100. 5 D. W. Abecassis/R. L. Jarashow, Oil Pollution from Ships, London 1985, Rn. 6–13, S. 120. 6 Siehe oben Anm. 2. 7 , Stand 15.4.2004.

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a) Geltungsbereich Art. 1 und der Vertragstitel reduzieren den Geltungsbereich des Abkommens auf die Hohe See. Vor dem Seerechtsübereinkommen (SRÜ)8 von 1982 galt als Hohe See der gesamte Meeresraum jenseits des Küstenmeeres9. Art. 55 SRÜ führte zusätzlich die ausschließliche Wirtschaftszone ein, in der dem Küstenstaat besondere Rechte zustehen, die aber im Übrigen den Statusregeln über die Hohe See unterliegt. Entsprechend den Seezonen des SRÜ hat der Küstenstaat also abgestufte Kompetenzen, was sich auch auf das Interventions-Übereinkommen von 1969 auswirkt. Das Interventions-Übereinkommen gilt nicht für das Küstenmeer10, so dass die darin statuierten Notifikations- und Konsultationspflichten dort nicht zur Anwendung kommen. Im Küstenmeer hat der Staat vielmehr die Souveränität inne, wie Art. 2 SRÜ bestätigt: Der Staat bedarf damit für sein Handeln grundsätzlich keiner besonderen völkerrechtlichen Ermächtigung. Zwar muss der Küstenstaat die friedliche Durchfahrt durch sein Küstenmeer gewährleisten, er kann aber Gesetze und sonstige Vorschriften zum Schutze seiner Umwelt erlassen und durchsetzen11. Das heißt, der Küstenstaat kann angesichts einer drohenden Verschmutzung sofortige Gegenmaßnahmen einleiten, ohne vorherige Absprache mit dem Flaggenstaat oder der Reederei12. Damit sind die Anforderungen an die Eingriffsvoraussetzungen weniger hoch als auf Hoher See, wie vom Interventions-Übereinkommen vorgesehen13. Nichtsdestoweniger wird der Küstenstaat auch dort das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachten müssen. 8 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982, BGBl. 1994 II, S. 1799; in Kraft seit 16.11.1994. 9 Art. 1, Genfer Übereinkommen über die Hohe See vom 29.4.1958, BGBl. 1972 II, S. 1091. 10 J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a., 1994, S. 163. 11 Art. 21 Abs. 1 lit. f SRÜ: „Der Küstenstaat kann . . . Gesetze und sonstige Vorschriften . . . erlassen: zum Schutz der Umwelt des Küstenstaates und der Verhütung, Verringerung und Überwachung ihrer Verschmutzung“; Art. 220 Abs. 2 SRÜ: (Durchsetzung durch Küstenstaaten) „. . . kann dieser Staat . . . ein Verfahren einleiten und insbesondere das Zurückhalten des Schiffes anordnen“. Zu den Befugnissen im Einzelnen oben, Beitrag von Ingo Niemann, Abschn. I. 12 R. Lagoni, Vorsorge gegen Schiffsunfälle im Küstenvorfeld: Gemeinschaftliches Schiffsmeldesystem und Hafenzugang im Notfall, TranspR 24 (2001), 284–293 (291); aA R. R. Churchill/A. V. Lowe, The Law of the Sea, 3. Aufl., Manchester 1999, S. 353, welche das Interventionsrecht der Küstenstaaten damit begründen, dass eine Schiffshavarie das Recht auf friedliche Durchfahrt verwirke. Dagegen spricht jedoch Art. 18 Abs. 2 SRÜ, welcher Schiffen trotz Notfall die friedliche Durchfahrt garantiert. Streitig ist insoweit, ob ein Notfall im Sinne von Art. 18 Abs. 2 eine große Tankerhavarie mit potenziell schweren Umweltschäden einschließt.

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Die Konvention ist auch auf die ausschließliche Wirtschaftszone anzuwenden, auch wenn es diese 1969 noch nicht gab14. Zwar genießt sie eine sui generis-Stellung zwischen Küstenmeer und Hoher See15. Allerdings garantiert das SRÜ in Art. 221 den Küstenstaaten, Maßnahmen ergreifen zu dürfen, um ihre Küsten vor drohender Verschmutzung zu schützen, und zwar „außerhalb des Küstenmeers“. Die ausschließliche Wirtschaftszone liegt ebenso wie die Hohe See außerhalb des Küstenmeers. Im einen wie im anderen Falle findet daher das Interventions-Übereinkommen Anwendung. b) Interventionsvoraussetzungen Die Hohe See bildet sowohl nach Völkergewohnheitsrecht wie auch nach dem SRÜ einen von einzelstaatlicher Herrschaft freien Raum16. Schiffe unterliegen dort grundsätzlich der ausschließlichen Hoheitsgewalt des Flaggenstaates (vgl. Art. 92 Abs. 1 Satz 1 SRÜ). Aber schon die Präambel des Interventions-Übereinkommens spricht von „außergewöhnlichen Maßnahmen“, die zum Schutz küstenstaatlicher Interessen „notwendig sein können“. Damit ist angedeutet, dass von dem völkerrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Meere gewisse Ausnahmen zugelassen werden17. Das Interventions-Übereinkommen stellt dementsprechend strenge Eingriffsbedingungen auf, die restriktiv auszulegen sind. Voraussetzung für einen staatlichen Eingriff ist nach Art. I Abs. 1 ein Seeunfall, der zu einer schwerwiegenden schädlichen Meeresverschmutzung geführt hat bzw. führen kann. Wenn dieser Unfall eine unmittelbare und ernste Gefahr („grave and imminent danger“) für die Küste oder verwandte Interessen einer Vertragspartei darstellt, darf diese die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Gefahr zu bekämpfen bzw. zu verhüten. Mögliche „verwandte“ Interessen eines Küstenstaates werden in Art. II Nr. 4 beispielhaft aufgezählt; so gelten unter anderem Fischerei, Tourismus und die Tier- und Pflanzenwelt als geschützte Rechtsgüter. Gegen Kriegsschiffe sind Maßnahmen im Rahmen des Übereinkommens unzulässig18. 13

Abecassis/Jarashow (Anm. 5), Rn. 6–18, S. 121. R. Lagoni, Abwehr von Gefahren für die marine Umwelt, DGVR 32 (1992), 87–156 (139). 15 Daher gibt es auch Stimmen, die eine Abstufung der Eingriffskompetenzen annehmen, vgl. A. C. J. De Rouw, Emergency Response to Maritime Pollution Incidents: Legal Aspects, in: A. Couper (Hrsg.), The Marine Environment and Sustainable Development: Law, Policy, and Science, Honululu 1993, S. 325–348. 16 „Freiheit der Meere“, vgl. C. Gloria, in: K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., München 2004, § 54, Rn. 1. 17 So auch die Präambel des Interventions-Übereinkommens. 18 Vgl. Art. I Abs. 2 Interventions-Übereinkommen. 14

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Art. III beschreibt das genaue Vorgehen, um einen Eingriff – entgegen den Interessen des Flaggenstaates, des Reeders, der Bergungsfirmen – zu rechtfertigen. So müssen nach Art. III lit. a weitere betroffene Staaten konsultiert werden, insbesondere der Flaggenstaat. Diese Staaten – und dazu die betroffenen natürlichen und juristischen Personen – sind über die geplanten Maßnahmen zu benachrichtigen (Art. III lit. b), und ihre Auffassungen sind zu berücksichtigen. Von diesen Konsultations- und Benachrichtigungspflichten kann nur in Fällen äußerster Dringlichkeit abgerückt werden, wie Art. III lit. d besagt. Art. V schreibt zudem ein Abwägungsgebot fest: Die Maßnahmen des Küstenstaates müssen vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gedeckt sein. Unangemessene Handlungen ziehen nach Art. VI Entschädigungsverpflichtungen nach sich. Im Lichte des Gebots der Verhältnismäßigkeit muss auch „Torrey Canyon“ neu ausgelegt werden19: Die Techniken der Havariehilfe haben sich seitdem enorm verbessert; das Bombardement des verunglückten Schiffes wird deswegen zumeist nicht erforderlich sein. Der Küstenstaat kann den Schaden oftmals verhindern, indem er den Kapitän zur umfassenden Auskunft und Zusammenarbeit anhält20. Das heißt, der Küstenstaat darf sich über den Willen des Kapitäns hinwegsetzen und in schwereren Fällen z. B. Notschleppmaßnahmen anordnen. Das Bombardieren von Schiffen ist heute ultima ratio der Schadenseindämmung auf Hoher See. 3. Völkergewohnheitsrecht Das Interventions-Übereinkommen gilt nur zwischen Vertragsparteien, demnach müssen sowohl intervenierender als auch Flaggenstaat Parteien des Abkommens sein. Somit stellt sich die Frage, ob völkergewohnheitsrechtlich ein Eingriffsrecht gegen Drittstaaten besteht. Das Schrifttum prüft gemeinhin die Nähe zum völkerrechtlichen (Staats-)Notstand21. Nach früherer Auffassung rechtfertigte der völkerrechtliche Notstand Interventionen nur dann, wenn die Gefahr den Staat in seinen Grundfesten – seiner Existenz – berührt. Die ILC hat jedoch nach entsprechenden Untersuchungen den Art. 25 ihrer Artikel über die Staatenverantwortlichkeit22 so formuliert, dass Notstand all jene Maßnahmen rechtfertige, die für einen Staat das einzige Mittel darstellten, „to safeguard an essential interest against a grave 19 Vgl. P. Birnie/A. Boyle, International Law and the Environment, 2. Aufl., Oxford 2002, S. 380. 20 R. Lagoni 2001 (Anm. 12), S. 288. 21 Wilkens (Anm. 10), S. 158 ff.; Nehlmeyer-Günzel (Anm. 1), S. 132. 22 Articles on the Responsibility of States for internationally wrongful acts, in: C. Tomuschat (Hrsg.), Völkerrecht, 2. Aufl., Baden-Baden 2004, Nr. 9; zur Kenntnis genommen durch Resolution 56/83 der UN-Generalversammlung, 12.12.2001.

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and imminent peril“. Nur wenige würden heutzutage anzweifeln, dass die Erhaltung der Umwelt unter die wesentlichen Interessen des Staates fällt. So hat die ILC in ihrem Kommentar zu der Vorschrift das britische Vorgehen im Falle der „Torrey Canyon“ als Beispiel für einen Notstandsfall angeführt23. Auch der IGH hat im Fall Gabcˇíkovo-Nagymaros24 angenommen, dass „ecological necessity“ staatliche Eingriffe rechtfertigen könne. Des Weiteren führte er aus, der damalige Art. 33 des in erster Lesung angenommenen Entwurfs der ILC („necessity“) spiegele Völkergewohnheitsrecht wider. Durch diese Feststellung hat der IGH dem Inhalt des Artikels zum Notstand unanfechtbare Rechtsqualität verschafft. Der Notstand ist jedoch bloßer Rechtfertigungsgrund, das heißt, er schließt die Unrechtmäßigkeit der staatlichen Handlung aus, wenn sie die ultima ratio gegen unvorhersehbare Ereignisse darstellt. Darüber hinaus gibt es die Auffassung, dass den Staaten ein konkretes gewohnheitsrechtliches Interventionsrecht zustehe, ohne dass die besonderen Voraussetzungen einer Notstandssituation des Art. 25 der ILC-Artikel vorliegen müssten. Dieses Eingriffsrecht habe das Interventions-Übereinkommen seinerzeit lediglich kodifiziert25. Zwar kann man kaum von einer gewissen Übung der internationalen Staatengemeinschaft sprechen, da das Bombardieren der „Torrey Canyon“ der erste Vorgang dieser Art war. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Staatengemeinschaft gegen das Vorgehen des Vereinigten Königreichs nicht protestiert hat. Überdies widmet sich das 15 Jahre nach „Torrey Canyon“ verabschiedete SRÜ der küstenstaatlichen Intervention. Art. 221 SRÜ verweist dabei auch auf das Recht der Staaten, nach Völkergewohnheitsrecht angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um nationale Rechtsgüter gegen Verschmutzungsschäden zu schützen. Damit ist letztlich erwiesen, dass ein Interventionsrecht auch völkergewohnheitsrechtlich existiert26 und möglicherweise weiter reicht als die Konvention selbst27. Folg23 J. Crawford, The International Commission’s Articles on State Responsibility, Introduction, Text and Commentaries, Cambridge 2002, Art. 25, Rn. 9. 24 Case concerning the Gabc ˇ íkovo-Nagymaros Project (Hungary v. Slovakia), ICJ Reports 1997, 7 (39–40). 25 Erklärung des Delegierten Tikhonow für die UdSSR im Jahre 1979, vgl. Wilkens (Anm. 10), S. 168. 26 Vgl. Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 379; Wilkens (Anm. 10), S. 154. Freilich ist Art. 221 SRÜ bisher niemals zur Anwendung gelangt, vgl. A. Blanco-Bazán, The Environmental UNCLOS and the Work of IMO in the Field of Prevention of Pollution from Vessels, in: A. Kirchner (Hrsg.), International Marine Environmental Law. Insitutions, Implementation and Innovation, The Hague u. a. 2003, S. 31 (37). 27 Vgl. De Rouw (Anm. 15), S. 340, der argumentiert, das Interventionsrecht nach Völkergewohnheitsrecht stehe neben dem Interventions-Übereinkommen und sei weniger restriktiv. Das SRÜ verlangt im Gegensatz zum Interventions-Übereinkommen in Art. 221 keine unmittelbare und ernste Gefahr als Eingriffsvoraussetzung.

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lich darf der Küstenstaat auch gegen Nichtvertragsparteien des Interventions-Übereinkommens vorgehen, solange der Eingriff in einem angemessenen Verhältnis zum Schaden steht. 4. Bewertung Ein Defizit der Konvention besteht darin, dass der Kapitän eines Schiffes nicht verpflichtet wird, etwaige Unfälle zu melden. Ursache für dieses Manko ist der Schwerpunkt des Abkommens, der auf den küstenstaatlichen Eingriffskompetenzen liegt. Durch das Zustimmungsgesetz von 1975 hat aber der deutsche Gesetzgeber normiert, dass Führer von Schiffen, welche die Bundesflagge führen, Seeunfälle mit Gefährdungspotential zu melden haben, und zwar sowohl an die deutsche Meldestelle als auch an die betroffene Vertragspartei28. Bemerkenswert erscheint im Übrigen, dass einige Billigflaggenländer29 wie Panama, Liberia und die Bahamas Parteien des Übereinkommens sind. So beriefen sich die USA im Dezember 1976 auf das Interventions-Übereinkommen, als sie gegen den liberianischen Tanker „Argo Merchant“ vorgingen30. Insgesamt sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Küstenstaaten so nachdrücklich in die flaggenstaatlichen und privaten Interessen eingreifen mussten wie im Falle der „Torrey Canyon“. Die Techniken der Ölbekämpfung haben sich seit 1967 verbessert, insbesondere, was das Notschleppen betrifft31. Solange das Schiff noch irgendeinen wirtschaftlichen Wert hat, werden Private versuchen, es zu bergen. Unbeschadet der rechtlichen Möglichkeiten liegt die praktische Relevanz des Abkommens heute darin, dass der Küstenstaat dem Kapitän konkrete Handlungen vorschreiben oder Schlepper bestellen kann, um das beschädigte Schiff von seinen Küsten zu entfernen32.

28 Gesetz zu dem internationalen Übereinkommen von 1969 über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen, BGBl. 1975 II, S. 137, Art. 2 Abs. 1. 29 H. Steiger/B. Demel, Schutz der Küsten durch Verschmutzung vom Meer aus, DVBl. 94 (1979), 205–221 (220). 30 L. Juda, IMCO and the Regulation of Ocean Pollution from Ships, ICLQ 26 (1977), 558–584 (566). 31 Abecassis/Jarashow (Anm. 5), Rn. 6-03, S. 115. 32 Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 380.

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III. Zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungen 1. Einleitung Wie schon dargestellt, betreffen die negativen Auswirkungen eines Tankerunglücks häufig mehrere Staaten. Ölverschmutzungen im Meeresraum oder in Küstennähe verlangen daher nach einer grenzübergreifenden Problemlösung, umso mehr, wenn kein Staat direkt, sondern die Meeresregion als Ganzes gefährdet ist. Die Staatengemeinschaft wird dann zur Schicksalsgemeinschaft und ist gefordert, bei der Öl- bzw. Schadensbekämpfung zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zweck sind auf regionaler und globaler Ebene Abkommen abgeschlossen worden, welche die Grundlage für schnelle und effektive Notfallmaßnahmen darstellen sollen. Die internationale Kooperation kann im Detail unterschiedliche Formen annehmen, doch lässt sich ein Schema denken, das alle möglichen Aspekte einer Ölbekämpfungsaktion umfasst. Dieses Schema spiegeln die völkerrechtlichen Verträge (2.) in den einschlägigen Regelungen wider. Auch das Völkergewohnheitsrecht (3.) konstituiert Kooperationspflichten. Insoweit richtet sich das Schrifttum ebenfalls nach einem Schema möglicher Zusammenarbeit: a) Erforderlichkeit der Zusammenarbeit Grundsätzlich wird erst eine Verschmutzung oder Verschmutzungsgefahr von erheblicher Größenordnung eine internationale Zusammenarbeit notwendig machen. Dabei ist von Bedeutung, ob der Gefahren- und Schadensbegriff lediglich mit Bezug auf staatliche Interessen formuliert ist oder darüber hinaus den Wert der Meeresumwelt als solchen berücksichtigt. Letzteres deutet auf ein modernes, ökozentrisches Abkommen hin. b) Warnung – Überwachung – Information Wichtigste Grundlage für eine Notfallaktion ist der reibungslose Informationsfluss. Das bedeutet zum einen die schnellstmögliche Warnung, zum Beispiel durch die Schiffskapitäne gegenüber den potenziell gefährdeten Staaten. Die ständige Überwachung der See ist essenziell, um Tankerunglücke rechtzeitig zu entdecken. Weiterhin gehört zu den kommunikativen Kooperationsverfahren33 der regelmäßige Informationsaustausch zwischen abstrakt gefährdeten Staaten, z. B. neue wissenschaftliche Erkenntnisse betreffend. 33 P. Kunig, Nachbarrechtliche Staatenverpflichtungen bei Gefährdungen und Schädigungen der Umwelt, DGVR 32 (1992), 9–56 (32).

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c) Koordination – Bekämpfungsmaßnahmen Auf der Grundlage der ausgetauschten Informationen können die betroffenen und die Hilfe leistenden Staaten ihr Vorgehen koordinieren. Eine Notfallaktion muss abgestimmt werden, damit nicht verschiedene Parteien das Gleiche tun oder unterlassen. Günstigstenfalls werden im Vorfeld Katastrophenpläne ausgearbeitet und wird Personal dementsprechend geschult und ausgerüstet. d) Beistand Für den Fall, dass die betroffenen Staaten das Tankerunglück nicht allein eindämmen können, ist der Beistand anderer Länder vonnöten. Inwiefern sie verpflichtet sind, Hilfe zu gewährleisten, ist eine Frage des materiellen Beistands. 2. Völkerrechtliche Verträge Im Jahre 1966 verunglückte die „Anne Mildred Brovig“ vor der Elbmündung, woraufhin die Bundesrepublik Deutschland Arbeiten für ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen in der Nordsee einleitete34. Die Havarie der „Torrey Canyon“ bestärkte die Anrainerstaaten in ihrem Anliegen, so dass sie am 9. Juni 1969 in Bonn das entsprechende Übereinkommen verabschiedeten. Das Bonner Übereinkommen35 war der erste völkerrechtliche Vertrag, der sich der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit bei Schiffsunfällen annahm, und diente damit als Vorbild für andere Regionen36. Diese Wirkung verstärkte sich nach dem Ersten Weltumweltgipfel 1972 noch, denn mehr und mehr vermochte die globale Umweltbewegung Gehör auch bei staatlichen Instanzen zu finden. Nach 1974 übernahm UNEP37 die Hauptrolle beim Stiften neuer Abkommen. Das erste Übereinkommen innerhalb des UNEP-Regionalmeerprogramms kam im Jahre 1976 für das Mittelmeer zustande; es stand seitdem Pate für alle weiteren UNEP-Regionalabkommen zum Meeresschutz38. Die UNEP-Abkommen enthalten allesamt sog. Notfallprotokolle, welche die Zusammenarbeit 34

Nehlmeyer-Günzel (Anm. 1), S. 178. Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzungen der Nordsee, BGBl. 1969 II, S. 2073. 36 De Rouw (Anm. 15), S. 328. 37 Umweltprogramm der Vereinten Nationen, begründet am 15.12.1972, UNGA Resolution 2997 (XXVII). 38 Eine Liste der Regionalmeerprogramme findet sich auf , Stand 15.4.2004. 35

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bei Verschmutzungsereignissen regeln. Für Deutschland einschlägig ist neben dem Bonner Übereinkommen das Helsinki-Übereinkommen, das den Ostseeraum abdeckt39. Auch das Helsinki-Übereinkommen ist außerhalb von UNEP geschaffen und weitergeführt worden. Auf globaler Ebene haben zudem Regelungen in MARPOL 73/78 und im SRÜ Einfluss auf die Vertragssysteme der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit genommen. Die IMO lancierte darüber hinaus im Jahre 1989 das Internationale Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung40, das seit dem 13. Mai 1995 in Kraft ist. Da das Seerechtsübereinkommen 1982 als Dachvertrag („umbrella convention“) über den vorherigen und späteren Abkommen steht, soll seine Rolle zuerst diskutiert werden. a) Globale Vertragsregime aa) SRÜ Teil XII des SRÜ beschäftigt sich mit dem Schutz und der Bewahrung der Meeresumwelt. Die Regelungen in diesem Teil sind sehr allgemeiner Natur. Lagoni spricht daher von einem „gemeinsamen rechtlichen Dach aus allgemeinen Grundsätzen“41. Das heißt, das SRÜ erkennt die bestehenden Verträge an und formuliert sozusagen einen allgemeinen Teil zum Recht des Meeresumweltschutzes. Gemäß Art. 194 Abs. 1 SRÜ ergreifen die Staaten, einzeln oder gemeinsam, alle notwendigen Maßnahmen, um die Verschmutzung der Meeresumwelt zu verhüten, zu verringern und zu überwachen, unabhängig davon, ob Schäden an fremdstaatlichen Rechtsgütern zu erwarten sind. Art. 194 Abs. 2 SRÜ verpflichtet dagegen die Staaten, mögliche Schäden aus grenzüberschreitender Meeresverschmutzung auf ein Minimum zu begrenzen42. Art. 194 Abs. 3 lit. b SRÜ zählt zu den möglichen Ursachen der Meeresverschmutzung ausdrücklich den Seeunfall. Diesem soll also begegnet werden, sei nun das Meer als solches von Verschmutzung bedroht („ökozentrische Perspektive“: Art. 194 Abs. 1 SRÜ) oder Schaden an Rechtsgütern anderer Staaten zu erwarten („nationalzentrische Perspektive“: Art. 194 39 Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets vom 9.2.1992, BGBl 1994 II, S. 1397. 40 International Convention on Oil Pollution Preparedness, Response and Cooperation, BGBl. 1994 II, S. 3799. 41 Lagoni 1992 (Anm. 14), S. 94; vgl. auch Blanco-Bazán (Anm. 26), S. 34. 42 Lagoni 1992 (Anm. 14), S. 136.

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Abs. 2 SRÜ). Dabei reicht es, dass der jeweilige Staat den Seeunfall vorfindet; ob er ihn selbst verursacht hat, spielt keine Rolle43. Die nachfolgenden Artikel konkretisieren diese allgemeinen Verpflichtungen: Art. 198 SRÜ verpflichtet Staaten, die von einer Verschmutzung Kenntnis erhalten, zur Benachrichtigung über unmittelbar bevorstehende oder tatsächliche Schäden, und zwar gegenüber den potenziell betroffenen Staaten sowie den zuständigen internationalen Organisationen44. Art. 199 SRÜ betrifft die Pflicht zur Koordination und Kooperation. Die Staaten des betroffenen Gebiets und die zuständigen internationalen Organisationen sollen nach ihren Möglichkeiten zusammenarbeiten, um die Verschmutzung zu beseitigen bzw. zu bekämpfen. Zu diesem Zweck werden die Parteien angehalten, Notfallpläne zu erarbeiten. Das SRÜ ist jedoch bloßer Rahmenvertrag, der nur wenige konkrete Rechtspflichten enthält45. Art. 237 Abs. 1 sieht daher vor, dass spätere Übereinkünfte die im SRÜ enthaltenen allgemeinen Grundsätze ausgestalten sollen. bb) MARPOL 73/7846 (1) Benachrichtigung Im allgemeinen Teil der MARPOL-Konvention (1973) werden in Art. 8 iVm Protokoll I die Pflichten hinsichtlich der Benachrichtigung über Unfälle mit Ölen oder anderen Schadstoffen normiert. MARPOL richtet sich an die Flaggenstaaten47, und die Meldepflicht gilt unmittelbar für die Führer von Schiffen, die in einen Vorfall mit Ölverschmutzungsfolgen verwickelt sind48. Vorfälle dieser Art sollen unverzüglich an den nächstgelegenen Küstenstaat gemeldet werden, unabhängig davon, ob sich das Schiff auf der 43

Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 378. Auf globaler Ebene ist IMO die zuständige Organisation; auf regionaler Ebene gibt es zum Teil Zentren und Kommissionen, die zuständig sein können, siehe unten. 45 W. Heintschel von Heinegg, in: K. Ipsen (Anm. 16), § 57 Rn. 38, S. 1002. 46 Internationales Übereinkommen vom 2.11.1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und Protokoll vom 17.2.1978 zu diesem Übereinkommen, BGBl 1982 II, S. 4, BGBl 1985 II, S. 596. Aktuelle Fassung: MARPOL 73/78 Consolidated Edition 2002. 127 Staaten sind Parteien von MARPOL 73/78 einschließlich Anlage I und II, was einer Welthandelstonnage von 96,92% entspricht, , Stand 15.4.2004. 47 Korrelat der Benachrichtigungspflicht ist das Recht der Küstenstaaten, diese im Küstenmeer und der ausschließlichen Wirtschaftszone auch durchzusetzen, Art. 211 Abs. 4, 5, 7 SRÜ. 48 Vgl. Art. I, Protokoll I MARPOL 73/78 (BGBl. 1984 II, S. 236). 44

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Hohen See, in der ausschließlichen Wirtschaftszone oder im Küstenmeer befindet49. Nicht zu melden sind nach MARPOL vorgefundene Verschmutzungen wie treibende Ölfelder. Die Vertragsparteien haben dafür Sorge zu tragen, dass im Lande Stellen errichtet werden, die die Meldung in Empfang nehmen50. Die schnellstmögliche Telekommunikationsmethode ist zu wählen. Zusätzlich zu dem Protokoll hat die IMO Richtlinien für den Meldevorgang aufgestellt51. (2) SOPEP (Shipboard Oil Pollution Emergency Plan) Anlage I von MARPOL 73/78 wurde am 4. Juli 199152 – nach „Exxon Valdez“ – um Regel 26 ergänzt. Diese führte den sog. SOPEP ein. Die bordeigenen Ölnotfallpläne sind nachzuweisen für Öltanker mit einem Bruttoraumgehalt von mehr als 150 Registertonnen und andere Schiffe mit mehr als 400 Registertonnen. Die Notfallpläne sollen zumindest beinhalten: das Meldeverfahren, das im Falle eines Ölverschmutzungsvorfalles zu befolgen ist (im Sinne von Art. 8 und Protokoll I MARPOL 73/78, siehe oben), die zuständigen Melde- bzw. Kontaktstellen und eine Beschreibung möglicher schadenseindämmender Notfallmaßnahmen. Die Notfallpläne müssen von der Verwaltung genehmigt werden. Die IMO hat wiederum Richtlinien zur Ausgestaltung der Notfallpläne erlassen53. Im Jahre 2000 hat man die Notfällpläne um weitere Schadstoffe erweitert. Dementsprechend hat die IMO neue Richtlinien erlassen, die seit 1. Januar 2001 in Kraft sind und seit 1. Januar 2003 endgültig befolgt werden müssen. Die neuen Richtlinien erstrecken sich auf Öl und andere Schadstoffe54. (3) Bewertung MARPOL ist ein umfangreiches Vertragswerk, dessen Hauptaugenmerk auf der Verhütung der Meeresverschmutzung liegt. Was Schiffsunfälle be49

Vgl. Art. V, Protokoll I MARPOL 73/78 (Anm. 48). Vgl. Art. 8 Abs. 2 MARPOL 73/78. 51 General Principles for Ship Reporting Systems and Ship Reporting Requirements, including Guidelines for Reporting Incidents Involving Dangerous Goods, Harmful Substances and/or Marine Pollutants, IMO-Entschließung A.851(20), 27.11.1997. 52 Entschließung MEPC.47(31) vom 4.7.1991, vgl. BGBl. 1993 II, S. 993. 53 Guidelines for the Development of Shipboard Oil Pollution Emergency Plans, Entschließung MEPC.54(32) (6.3.1992). 54 Guidelines for the Development of Shipboard Marine Pollution Emergency Plans For Oil and/or Noxious Liquid Substances, Entschließung MEPC.86(44) (13.3.2000). 50

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trifft, wird das Abkommen also vor allem im Vorfeld relevant. Soweit die Unfallfolgen bekämpft werden, flankiert MARPOL nur die Übereinkommen, die sich konkret mit der Zusammenarbeit im Verschmutzungsfalle beschäftigen. Von herausragender Bedeutung ist dabei die oben dargestellte Meldepflicht, die aufgrund der weit reichenden Ratifizierung von MARPOL quasi universale Geltung beansprucht. Die Meldepflicht aus Art. 8 MARPOL ist darüber hinaus wichtiger Bezugspunkt für ähnliche Bestimmungen in den einschlägigen Übereinkommen und EG-Richtlinien. cc) Internationales Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung, 1990 Aufgrund der „Exxon Valdez“-Katastrophe im Jahre 1989 sahen sich die USA veranlasst, bei der IMO die Entwicklung eines universellen Abkommens zur Ölverschmutzungsbekämpfung einzufordern55. Der IMO-Entwurf wurde am 30. November 1990 in London als Internationales Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung (OPRC)56 verabschiedet. Das Abkommen hat inzwischen 73 Vertragsparteien (auch Deutschland) und deckt damit 58,84% der Welthandelstonnage ab57. Noch bevor OPRC am 13. Mai 1995 in Kraft trat, wurden seine Bestimmungen vorläufig angewendet, um auf die Ölverschmutzungen des Zweiten Golfkrieges von 1991 zu reagieren58. (1) Erforderlichkeit der Zusammenarbeit Art. 2 Nr. 2 OPRC definiert ein Verschmutzungsereignis als Vorfall, der die Meeresumwelt, die Küste oder damit zusammenhängende Interessen eines Küstenstaates bedroht oder bedrohen kann und daher Notfallmaßnahmen erforderlich macht. Art. 1 verpflichtet die Parteien allgemein, die geeigneten Maßnahmen im Einklang mit dem Übereinkommen zu treffen, um auf solche Verschmutzungsereignisse vorbereitet zu sein und sie zu bekämpfen. In den folgenden Artikeln legt das Abkommen spezifische Kooperationspflichten fest.

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De Rouw (Anm. 15), S. 333. Siehe oben Anm. 40. 57 , Stand 15.4.2004. Von den G8-Staaten sind alle vertreten außer Russland. 58 Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 378. 56

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(2) Benachrichtigung Gemäß Art. 4 OPRC schreiben Vertragsparteien Kapitänen unter ihrer Flagge vor („require“), jedes Vorkommnis auf dem Schiff, das einen Ölunfall herbeigeführt hat bzw. herbeiführen kann, unverzüglich zu melden. Das Gleiche gilt für jede beobachtete Ölverschmutzung auf See, was eine Erweiterung im Vergleich zu MARPOL 73/78 darstellt. Zu benachrichtigen ist der nächstgelegene Küstenstaat; die Meldung soll nach den Grundsätzen von MARPOL 73/78 erfolgen59. Benachrichtigungspflichten treffen auch Piloten und Kapitäne, die für die Überwachung des Meeresraumes bestellt werden. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c sind – wenn die Schwere des Vorkommnisses es bedingt – die Staaten unverzüglich zu unterrichten, die von der Ölverschmutzung potenziell betroffen sind. (3) Verpflichtung zum regelmäßigen Austausch von Informationen Nach den Art. 8 und 9 verpflichten sich die Parteien, in Forschung, Entwicklung und auf technischem Gebiet zusammenzuarbeiten, um adäquat auf Notfälle auf dem Gebiet der Ölverschmutzung vorbereitet zu sein. So sollen zusammen neue Techniken entwickelt, Personal ausgebildet und Informationen diesbezüglich ausgetauscht werden. Gemäß diesen Vorgaben werden seit 1992 „Research and Development“-Foren abgehalten, das dritte und bisher letzte in Brest (Frankreich) im Jahre 200260. (4) Koordination Gemäß Art. 6 Abs. 1 hat jede Partei ein innerstaatliches System für die sofortige und wirksame Bekämpfung von Ölverschmutzungsereignissen zu schaffen. Mindestens sind folgende Behörden zu benennen: diejenige für die Meldung der Ölverschmutzung, diejenige, welche für die Bekämpfung zuständig ist, und die Behörde, bei der Hilfsgesuche eingehen sollen. Zudem ist ein innerstaatlicher Vorsorgeplan für Vorsorge- und Bekämpfungsmaßnahmen aufzustellen, der die Beziehungen zwischen den potenziell beteiligten öffentlichen und privaten Stellen klärt61. Als Richtlinie für diesen 59

Vgl. Art. 4 Abs. 2 OPRC; De Rouw (Anm. 15), S. 331. >Marine Environment >Responding to Oil Spills, Stand 15.4.2004. 61 Beispiele für nationale Notfallpläne: Australien , erhältlich über AMSA Offices, ; UK , erhältlich über MCA, , Stand 15.4.2004. 60

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ist Sektion II des „Oil Pollution Manual“ der IMO – „Contingency Planning“ – vorgesehen62. Aussagen zu Nothäfen werden insoweit nicht gemacht. Nach Art. 6 Abs. 2 hält jede Vertragspartei unter anderem einen Grundbestand an angemessenem Bekämpfungsgerät vor, sieht Übungsprogramme für das Personal vor und entwickelt detaillierte Pläne zur Verschmutzungsbekämpfung. Art. 6 Abs. 2 steht jedoch unter Möglichkeitsvorbehalt. Ferner sieht OPRC in Art. 3 Abs. 1 vor, dass alle Schiffe, welche die Flagge eines Vertragsstaates führen, einen bordeigenen Notfallplan für Ölverschmutzungen mitführen müssen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b kann das Mitführen des Notfallplans (SOPEP, siehe oben) auch von den Hafenstaaten überprüft werden. (5) Beistand Auf Ersuchen einer betroffenen Vertragspartei leistet gemäß Art. 7 OPRC jede andere im Rahmen ihrer Möglichkeiten Beistand. Beistand kann auf verschiedene Art und Weise geleistet werden: materiell in Form von bereitgestellten Gerätschaften und Einsatzkräften oder rein konsultativ als Expertenrat. Art. 7 Abs. 3 soll zudem gewährleisten, dass Vertragsstaaten in ihrem Hoheitsgebiet den Verkehr in Richtung Einsatzort erleichtern, z. B. für den Fall, dass Geräte und Personal über weite Entfernungen transportiert werden müssen. (6) Bewertung Das globale Ölbekämpfungs-Übereinkommen OPRC baut auf den Regionalabkommen auf und erweitert sie um einige Elemente63. In der Präambel wird die Bedeutung der regionalen Bemühungen ausdrücklich anerkannt. Art. 10 appelliert an die Vertragsparteien, sich zu bemühen, bilaterale und multilaterale Übereinkünfte zur Bekämpfung der Ölverschmutzung abzuschließen. Ferner lässt OPRC gemäß Art. 11 andere Übereinkünfte unberührt64. Damit kommt auch dieses Übereinkommen kaum über die Funktion als bloßer Rahmenvertrag hinaus65. So bleiben die Verpflichtungen zum Austausch von Informationen und Techniken ohne konkrete Zielvorgaben, vielmehr stehen sie unter Möglichkeitsvorbehalt66. Positiv bleibt zu vermerken, dass OPRC die besondere Rolle der Entwicklungsländer berücksich62 63 64 65 66

Manual on Oil Pollution, Section II: Contingency Planning, London 1995. De Rouw (Anm. 15), S. 330. De Rouw (Anm. 15), S. 333. Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 57 Rn. 26, S. 998. Vgl. Art. 6 Abs. 2 OPRC.

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tigt: Sie sollen nach besten Kräften unterstützt werden, z. B. durch fachliche Schulung und technische Zusammenarbeit67. Die hervorgehobene Stellung der IMO als Katalysator der Zusammenarbeit in Art. 12 ist jedoch bedenklich. Demnach soll IMO Informationsdienste bereitstellen, die Ausbildung fördern und Finanzierungen sicherstellen. Die Sach-, sprich Finanzzwänge der IMO scheinen dies aber kaum möglich zu machen68. Nichtsdestoweniger hat sich OPRC – angewandt auf provisorischer Basis – im Golfkrieg 1991 als nützlich erwiesen. Auf Bitte Saudi-Arabiens hin errichtete die IMO ein Koordinationszentrum, um die Ölverschmutzungen im Persischen Golf wirksam zu bekämpfen69. Deutschland unterstützte die Säuberungsaktionen mit Hilfe des Mehrzweckschiffes „Mellum“70. Diese Maßnahmen sind jedoch im Lichte der damaligen Kriegsereignisse zu betrachten. Die internationale Staatengemeinschaft sah sich in der Pflicht, die Kriegsfolgen in der Region zu mildern. Dazu gehörte auch die vom Irak verursachte Meeresverschmutzung, die eben nicht zufällig wie bei einem Tankerunfall entstand. Diese zu bekämpfen war damit sowohl Ausdruck der Missbilligung des irakischen Verhaltens als auch Kriegsfolgenbeseitigung. Ob unter anderen Umständen eine ähnlich organisierte internationale Zusammenarbeit zustande käme, steht daher in Frage71. Die Ursache für die sehr allgemein gehaltenen Verpflichtungen globaler Abkommen wie des OPRC liegt auf der Hand: Auf Regionalebene lassen sich Meeresverschmutzungen effektiver bekämpfen. Staaten, die ein Meer teilen, teilen auch ein Interesse an dessen Reinhaltung. Daher lassen sich konkrete Vertragspflichten leichter formulieren. b) Regionale Vertragsregime, insbesondere Nord- und Ostsee betreffend Mit dem Bonner Nordsee-Übereinkommen begann der Trend zur Regionalisierung des Meeresschutzes. Es sprachen und sprechen gute Gründe dafür, den Meeresschutz gerade auf regionaler Ebene zu institutionalisieren: die gemeinsame Interessenlage der Anrainer, die räumliche Übersichtlichkeit und die Möglichkeit der Rücksichtnahme auf regionale Charakteris67

Art. 9 OPRC. Wilkens (Anm. 10), S. 172. 69 De Rouw (Anm. 15), S. 334. 70 J.-H. Berner u. a., Folgen des Untergangs der „Prestige“, Hansa 140 (03/2003), 28–32 (28), , Stand 15.4.2004. 71 P. Patronos, Der konzeptionelle Ansatz im Umweltvölkerrecht. Ein Beitrag zu den normativen Grundlagen des internationalen Umweltschutzes, Frankfurt am Main u. a. 1997, S. 369. 68

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tika72. Nachfolgende Abkommen ließen sich vom Bonner Übereinkommen inspirieren und entwickelten dessen Normen weiter. In der Regel weisen daher zeitlich spätere Regionalabkommen ein Mehr an gegenseitigen Verpflichtungen auf als frühere. Diese Ausweitung und Intensivierung ist zum einen Reaktion auf erneute Tankerunglücke und die bei solchen Gelegenheiten erkannten Defizite. Zum anderen spiegelt sie den erhöhten Stellenwert des Umweltschutzes im Allgemeinen wider. Das UNEP-Regionalmeerprogramm regelt den Meeresumweltschutz in Form von Rahmenabkommen, bei denen die Details in späteren Protokollen geklärt werden (sog. „framework approach“)73. Für die Bekämpfung von Ölverschmutzungen sind Notfallprotokolle abgeschlossen worden74. Demgegenüber entstand das Vertragssystem für die Nordsee gradualistisch. Das Bonner Übereinkommen von 1969, das im Jahre 1983 ersetzt wurde75, stellte nur den Anfang dar und bezog sich ausschließlich auf die Zusammenarbeit bei der reaktiven Bekämpfung von Ölverschmutzungen. Mittlerweile ist praktisch jeder Verschmutzungsart ein Abkommen zugeordnet (sog. „piecemeal approach“). Das Ostseeregime, 1974 mit dem ersten Abkommen bedacht, steht für den umfassenden Ansatz („comprehensive approach“). Die Regeln zur Bekämpfung von Verschmutzungsereignissen stehen in Anlage VII des aktuellen Vertragstexts von 199276. Nord- und Ostsee weisen besondere Charakteristika auf; der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zum Meeresschutz kommt daher eine herausgehobene Rolle zu. Die Ostsee ist ein halb umschlossenes, sehr flaches Meer und daher von Ölverschmutzungen außerordentlich gefährdet. Der Zufluss von Wasser aus der Nordsee ist nur begrenzt möglich, denn die verbindenden Meerengen sind sehr schmal77. Zudem wird, bedingt durch die wachsende Wirtschaft im Baltikum und die Erdölexporte Russlands, das Tankeraufkommen weiter zunehmen78. Die Besonderheit der Nordsee liegt im Wattenmeer, das neben den Alpen den letzten natürlichen Groß72

Lagoni 1992 (Anm. 14), S. 112; Nehlmeyer-Günzel (Anm. 1), S. 178. Lagoni 1992 (Anm. 14), S. 112. 74 Siehe Anhang (Regionale Übereinkommen) für Quellennachweise. 75 Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe vom 13.9.1983, BGBl 1990 II, S. 71. 76 Siehe oben Anm. 39. 77 Für den gesamten Wasseraustausch wird ein Zeitraum von 25–30 Jahren angenommen, vgl. P. Ehlers, Der Schutz der Ostsee – Ein Beitrag zur regionalen Zusammenarbeit, NuR 23 (2001), 661–666 (661). 78 P. Ehlers, Schiffssicherheit auf der Ostsee – Strategien der Helsinki-Kommission, NordÖR 3 (2002), 89–95 (89); Eine Übersicht über Schiffsunfälle in der Ostsee zwischen 1989 und 1999 findet sich auf , Stand 15.4.2004. 73

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lebensraum Europas darstellt79. Es ist aufgrund seiner Beschaffenheit so empfindlich, dass die negativen Folgen eines Tankerunglücks kaum überschätzt werden können80. aa) Erforderlichkeit der Zusammenarbeit Anknüpfungspunkt der Abkommen ist ein Verschmutzungsereignis. Die meisten Verträge zur Ölbekämpfung nennen – im Gegensatz zum Interventions-Übereinkommen – den Schiffsunfall nicht mehr als allein denkbare Ursache von Verschmutzungen. Vielmehr lösen sie sich von der Formulierung einer Seenotsituation und stellen auf die resultierende Verschmutzung ab81. Die Abkommen nehmen ein Verschmutzungsereignis zumeist dann an, wenn „ernste und unmittelbare Gefahren“ für die Küste oder damit zusammenhängende Interessen einer oder mehrerer Parteien durch eine Verschmutzung bestehen (so Art. 1 Bonner Übereinkommen). Bei den neueren Übereinkommen ist dagegen das ökologische Element stärker ausgeprägt. So spricht das Helsinki-Übereinkommen in mehreren Vorschriften vom Schutz der Meeresumwelt. Ein Verschmutzungsereignis liegt nach Art. 2 Nr. 4 des Abkommens schon dann vor, wenn die Meeresumwelt der Ostsee bedroht ist. Die einzelstaatlichen Interessen bleiben zwar nicht vollkommen unerwähnt, im Vergleich zum Bonner Übereinkommen erhält die Meeresumwelt jedoch eine prominentere Stellung. Jedenfalls muss ein gewisser Grad an Schwere der Bedrohung erreicht sein, damit der Anwendungsbereich der Abkommen eröffnet wird. Für diesen Fall verpflichten sich die Vertragsparteien allgemein zur Zusammenarbeit82, die sich in einzelne Pflichten aufteilt. bb) Benachrichtigung Gleichlautend verpflichten alle Regionalabkommen (bzw. Notfallprotokolle) ihre Vertragsparteien, drohende oder existierende Verschmutzungsereignisse sofort allen potenziell betroffenen Vertragsparteien zu notifizie79 T. Cron, Das Umweltregime der Nordsee – völker- und europarechtliche Aspekte, Baden-Baden 1995, S. 61. 80 Siehe auch BT-Drs. 14/2430, Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Küstenwache, Antwort der Bundesregierung vom 22.12.1999, S. 8. 81 Schiffsunfälle werden jedoch Hauptanwendungsfall der Ölbekämpfungsabkommen bleiben. Die Bezeichnung Notfall-Protokolle für die UNEP-Übereinkommen bleibt daher weiterhin richtig, umso mehr, als die Verschmutzung selbst auch einen Notfall darstellt, welche Ursache sie auch immer hat. 82 Vgl. Art. 3 Abs. 1 Bonn-Übereinkommen; Regel 1 Abs. 1 und Abs. 3 Anlage VII Helsinki-Übereinkommen.

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ren83. Um dies zu ermöglichen, halten die Vertragsparteien die Kapitäne der ihre Flagge führenden Schiffe an, jeden Unglücksfall so schnell wie möglich den zuständigen staatlichen oder zwischenstaatlichen Stellen zu melden. Diese Verpflichtung ist Ausdruck des Flaggenstaatsprinzips84. Kapitäne von fremden Schiffen im Küstenmeer werden in einigen Übereinkommen ersucht, das Gleiche zu tun85. Allein das Bonner Übereinkommen (Art. 5 Abs. 2) und das Helsinki-Übereinkommen (Anlage VII, Regel 5 Abs. 1 lit. c) formulieren ein „Ersuchen“ an die Kapitäne („request“), beobachtete Meeresverschmutzungen unverzüglich zu melden. Eine Rechtspflicht scheint damit nicht begründet zu sein86. Für Unfälle auf dem eigenen Schiff schreibt das Helsinki-Übereinkommen jedoch eindeutig die unverzügliche Meldung durch den Kapitän vor („require“), und zwar an den nächsten Küstenstaat. Das Meldeverfahren erfolgt dabei in Übereinstimmung mit Art. 8 und Protokoll I MARPOL 73/7887. Sowohl die Ostsee- als auch die Nordseevertragsparteien haben mittlerweile diese allgemeinen Vorgaben näher definiert und jeweils das sog. POLREP („Pollution Reporting System“) entwickelt. Angaben dazu finden sich in den Handbüchern zur Ölverschmutzung88.

83 Vgl. Art. 5 Abs. 1 Bonner Übereinkommen; Art. 13 und Regel 1 Abs. 2 Anlage VII Helsinki-Übereinkommen. 84 Zumeist werden auch die Piloten der auf dem Staatsgebiet gemeldeten Luftfahrzeuge angehalten, Verschmutzungen zu melden. 85 Vgl. für das Mittelmeer Art. 8 Protokoll über die Zusammenarbeit bei Unfällen durch die Verschmutzung durch Öl und andere gefährliche Stoffe vom 16.2.1976 (Notfallprotokoll), ABl. L 162, 19.6.1981, S. 6 (am 25.1.2002 wurde ein neues Notfallprotokoll beschlossen, das allerdings noch nicht in Kraft ist); für die Karibik: Art. 5 Abs. 1 Protokoll vom 24.3.1983 über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungsunfällen in der weiteren karibischen Region, ILM 22 (1983), 240. 86 Lagoni 2001 (Anm. 12), S. 287; das Ersuchen sollte jedoch im Lichte der übrigen Vertragsbestimmungen ausgelegt werden: Gemäß Art. 5 Bonn-Übereinkommen und Art. 13 Helsinki-Übereinkommen hat ein Staat unverzüglich andere betroffene Vertragsparteien zu unterrichten, sobald er von einem Verschmutzungsereignis erfährt. Diese Benachrichtigungspflicht kann der Staat nur effektiv erfüllen, wenn er rechtzeitig informiert wird. Im Ergebnis werden Staaten daher ihre Kapitäne innerstaatlich zur unverzüglichen Benachrichtigung anhalten. 87 Regel 5 Abs. 1 Anlage VII Helsinki-Übereinkommen. 88 HELCOM Manual on Co-operation in Combatting Marine Pollution, , Stand 15.4.2004; Bonn Agreement Counter Pollution Manual, , Stand 15.4.2004.

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cc) Verpflichtung zum regelmäßigen Austausch von Informationen Der gegenseitige Austausch von Informationen ist auch unabhängig von konkreten Notfallaktionen wichtig. So müssen die Vertragsparteien wissen, welche Stellen in anderen Staaten über Unfälle zu benachrichtigen sind. Auch über neue Mittel und Wege, die zur effektiven Bekämpfung von Meeresverschmutzungen angewandt werden, soll eine gegenseitige Unterrichtung stattfinden. Dies gilt ebenfalls für Rechenschaftsberichte über erfolgte Maßnahmen oder die nationalen Notfallpläne. Die ausgetauschten Informationen bilden die Grundlage für eine koordinierte und effektive gemeinsame Notfalloperation. Die Regionalübereinkommen enthalten dem entsprechende Vorschriften89. dd) Überwachung – Zonenaufteilung Anlage VII Regel 3 des Helsinki-Übereinkommens verpflichtet die Vertragsparteien, einzeln oder gemeinsam Überwachungsmaßnahmen für die Ostsee zu entwickeln und anzuwenden, unter anderem mittels Fernerkundung aus der Luft. So wird sichergestellt, dass Öle und sonstige Stoffe im Meer schnellstmöglich entdeckt werden, insbesondere wenn sie von Nichtvertragsparteien verursacht worden sind. Auch das Bonner Übereinkommen wurde 1989 ergänzt, um die Überwachung durch Luftfahrzeuge zu ermöglichen90. Für die Zwecke des Bonner Übereinkommens wird die Nordsee gemäß Art. 6 iVm der Anlage in Zonen aufgeteilt91. Die Ostsee wird nach Regel 4 Anlage VII des Helsinki-Übereinkommens in Bekämpfungsbereiche geteilt. Diese Zuständigkeitszonen werden aber erst durch zwei- oder mehrseitige Vereinbarungen festgelegt. Die jeweiligen Vertragsparteien sind für eine bestimmte Zone zuständig, in der auch die Überwachungstätigkeiten stattfinden. In Deutschland werden zwei Flugzeuge des Typs Do-228 eingesetzt, die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beschafft wurden und vom 3. Marinefliegergeschwader „Graf Zeppelin“ in Nordholz betrieben und unterhalten werden92. Die Zonenüberwachung bedeutet im Hinblick auf die Benachrichtigungspflichten ein Mehr an Vorsorge93. In ihrer Funktion als Flaggenstaaten verpflichten Vertragsparteien 89

Art. 4 Bonner Übereinkommen; Regel 10 Anlage VII Helsinki-Übereinkom-

men. 90

Änderung vom 22.9.1989, BGBl. 1995 II, S. 180. Eine Lagekarte der Zonen findet sich unter , Stand 15.4.2004. 92 BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 19. 91

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in der Regel bloß ihre Kapitäne zur unverzüglichen Benachrichtigung über Verschmutzungsereignisse94. Die regelmäßige Überwachung ermöglicht es darüber hinaus, unabhängig von den Beobachtungen der Kapitäne Verschmutzungen aufzuspüren. ee) Koordination Regel 2 der Anlage VII des Helsinki-Übereinkommens gibt den Vertragsparteien auf, innerstaatliche Notfallpläne aufzustellen, die gegebenenfalls mit den anderen Vertragsparteien abzustimmen sind. Art. 3 Abs. 2 des Bonner Übereinkommens bestimmt sehr allgemein, dass die Vertragsparteien gemeinsam Richtlinien erlassen, um gemeinsame Maßnahmen zu koordinieren. Zu diesem Zweck wurde das „Bonn Agreement Counter Pollution Manual“95 entworfen, welches die nationalen Kontaktpunkte festhält und diverse Empfehlungen gibt, wie konzertierte Aktionen und effektive Bekämpfungsmaßnahmen auszusehen haben. Im Rahmen des Helsinki-Übereinkommens ist ebenfalls ein derartiges Handbuch entstanden96. Des Weiteren nimmt Regel 6 Abs. 1 Anlage VII des Helsinki-Übereinkommens ausdrücklich Bezug auf den SOPEP nach MARPOL 73/78, der auf Schiffen mitzuführen ist. Die UNEP-Übereinkommen sehen im Übrigen zum Teil die Errichtung regionaler Zentralstellen vor, die Notfallmaßnahmen koordinieren und Informationen verwalten sollen. Die erste regionale Zentralstelle („Regional Oil Combating Centre“) wurde im Rahmen des Mittelmeerübereinkommens errichtet, und zwar auf Malta97. Laut Art. 6 Notfall-Protokoll98 sammelt die Ölbekämpfungszentralstelle Informationen und leitet diese bei Bedarf weiter. Zudem fungiert sie als Anlaufstelle für Beistandsersuchen, wie Art. 10 besagt. Die regionalen Zentralstellen sollen also Koordination und Kooperation erleichtern. Für die Nordsee besteht keine Zentralstelle dieser Art, das Bonner Übereinkommen hat keinen institutionellen Überbau. Seit 1984 finden jedoch regelmäßig Nordseeschutzkonferenzen statt, die im Wesentlichen als Aktions- und Koordinationszentrum des Übereinkommens wirken99. 93 Neben Bonner und Helsinki-Übereinkommen verpflichtet unter anderem das Mittelmeer-Notfallprotokoll (Anm. 85) zur regelmäßigen Überwachung, vgl. Art. 4. 94 Siehe oben, Abschn. III. 2. b) bb). 95 Siehe oben Anm. 88. 96 Siehe oben Anm. 88. 97 Übereinkommen zum Schutze des Mittelmeers vor Verschmutzung vom 16.2.1976 (Barcelona-Übereinkommen), ABl. L 240, 19.9.1977, S. 3, 1995 geändert zu Barcelona Convention for the Protection of the Marine Environment and Coastal Region of the Mediterranean, 10 June 1995, ABl. L 322, 14.12.1999, S. 34. 98 Siehe oben Anm. 85.

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Art. 19 des Helsinki-Übereinkommens errichtet die Kommission zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee (HELCOM). In der HELCOM sind Vertreter aller Vertragsparteien organisiert. Sie hat zahlreiche Aufgaben, unter anderem die Durchführung des Übereinkommens zu überwachen und es weiterzuentwickeln. Die Kommission gibt zu diesem Zweck rechtlich unverbindliche Empfehlungen ab und verfolgt deren Umsetzung in den Staaten100. Nach Regel 10 verwaltet HELCOM auch die Informationen, die im Rahmen des regelmäßigen Informationsaustausches übermittelt werden101. Im Vergleich zum „Oil Combating Centre“ auf Malta hat HELCOM damit nur eingeschränkte Koordinationsaufgaben im Notfall. Nach dem Zusammenstoß der „Baltic Carrier“ mit dem Trockenfrachter „Term“ im Jahre 2001 wurde eine außerordentliche Sitzung der HELCOM einberufen. Dabei gingen die zuständigen Minister der Ostseeanrainer ausführlich auf die Notfallkapazitäten ein und beschlossen, die Zusammenarbeit bei Notfällen zu intensivieren. Zu diesem Zweck verabschiedeten sie die „Kopenhagener Erklärung“102, welche zum Teil als dringendes Ersuchen formuliert ist, zum Teil aber auch Vertragsänderungen enthält103. Die Abschnitte zu den Notfall- und Bekämpfungskapazitäten sind nicht rechtsverbindlich. Die Umsetzung der Empfehlungen in den Mitgliedstaaten wird dennoch überprüft. Im Übrigen soll untersucht werden, ob das Abkommen erweitert werden kann, um gemeinsame Aufräum- und Säuberungspflichten an verschmutzten Küsten zu statuieren104. Auf der Grundlage beider Deutschland betreffender Abkommen finden gemeinsame Übungen der Vertragsparteien statt105. Zusätzlich hat Deutschland mit den Nachbarländern Niederlande und Dänemark gemeinsame Alarm- und Einsatzpläne beschlossen: den „Nethger-Plan“ 1991 und den „Denger-Plan“ 1993. Diese sehen eine besonders enge Zusammenarbeit vor, was der räumlichen Nähe und der besonderen Bedeutung des Wattenmeers geschuldet ist. „Denger-“ und „Nethger-Plan“ ermöglichen, dass in sog. Soforteinsatzzonen der Staat zu agieren beginnt, der zuerst die Verschmutzungsmeldung erhält. Der Beistand des Nachbarlandes muss nicht gesondert angefordert werden106. Ähn99

Cron (Anm. 79), S. 61. Art. 20 Abs. 1 lit. c Helsinki-Übereinkommen. 101 Siehe oben, Abschn. III., 2. b) cc). 102 Vgl. Ehlers 2002 (Anm. 78), S. 89; die Erklärung im Wortlaut: , Stand 15.4.2004. 103 Die Vertragsänderungen betreffen Anlage IV des Helsinki-Übereinkommens. 104 Die Dokumente der Sitzungen und die Empfehlungen der HELCOM finden sich unter , Stand 15.4.2004. 105 Bericht und Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission „Havarie Pallas“ vom 16.2.2000, , Stand 15.4.2004, S. 17. 100

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liche Vereinbarungen bestehen auch mit Schweden und Polen107. Für das Wattenmeer ist außerdem ein Sensitivitätsraster erstellt worden, um zum einen Opfergebiete, zum anderen ökologisch besonders wichtige Gebiete („Präferenzgebiete“) zu definieren. Für die Ostsee ist eine Sensitivitätskartierung bisher nicht unternommen worden108. Im Übrigen wurde ein computergestütztes Unfallmanagementsystem aufgebaut109. Zudem hat im Januar 2003 das Havariekommando in Deutschland seine Arbeit aufgenommen, welches für die nationale Notfallplanung zuständig ist110. ff) Bekämpfungsmaßnahmen Praktisch alle Regionalübereinkommen verpflichten die Parteien, die einen Verschmutzungsvorfall vorfinden, erstens die Art und das Ausmaß des Unfalls zu beurteilen (Menge des Schadstoffs, Richtung/Strömung), und zweitens jede geeignete Bekämpfungsmaßnahme vorzunehmen, um die Verschmutzung einzudämmen111. Je nachdem, ob eine Zentralstelle installiert wurde, soll diese koordinierend tätig sein112. Aufgrund der Zonenaufteilung können Vertragsparteien des Helsinki- und des Bonner Übereinkommens nur innerhalb ihrer Zonen auf Verschmutzungsereignisse treffen. Der besonderen Ökologie der Ostsee entsprechend sollen laut Regel 7 Abs. 2 der Anlage VII des Helsinki-Übereinkommens in erster Linie mechanische Bekämpfungsmethoden angewandt werden. Grundsätzlich ist zu vermerken, dass im Rahmen der Übereinkommen jedes Land ausreichend Ausrüstungs- und Personalkapazität aufweisen muss, um zumindest den ersten Eingriff selbst durchführen zu können113. Deutschland hat daher entsprechend dem Gefährdungspotential Geräte und Personal über die gesamte Küste verteilt114. Erst im Falle der Grenz- (bzw. Zonen-)Überschreitung – oder, wenn die betroffene Partei um Beistand bittet – werden die anderen Vertragsparteien materiell auf den Plan gerufen115. Die materielle Kooperation ist damit eher ultima 106

BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 20. Vgl. , Stand 15.4.2004. 108 Bericht der Expertenkommission „Pallas“ (Anm. 105), S. 64, 68. 109 Bericht der Expertenkommission „Pallas“ (Anm. 105), S. 15. 110 Auf die Arbeit des Havariekommandos geht der Beitrag von Hans Fabian Kiderlen in Abschn. II. ein. 111 Vgl. Regel 7 Anlage VII Helsinki-Übereinkommen; Art. 6 Abs. 2 und 3 Bonner Übereinkommen. 112 Vgl. Mittelmeer-Notfallprotokoll (Anm. 85), Art. 10. 113 Vgl. Regel 1 Abs. 1 Helsinki-Übereinkommen. 114 BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 20. 115 Bericht der Expertenkommission „Pallas“ (Anm. 105), S. 17. 107

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ratio als Normalfall116, abgesehen von den bilateralen Vereinbarungen wie dem „Denger-Plan“ oder dem „Nethger-Plan“117. In Deutschland stehen für die Nordsee zwei Mehrzweckschiffe, die „Mellum“ und die „Neuwerk“, und ein Hochseeschlepper, die gecharterte „Oceanic“, zum Notschleppen zur Schadstoffbekämpfung bereit. Das für die Ostsee zuständige Mehrzweckschiff „Scharhörn“ wird im Zuge des „Pallas“-Vorfalls notschlepptauglich gemacht118. Die „Neuwerk“ kam bisher zum Einsatz beim Tankerunglück der „Erika“, die „Scharhörn“ bei der Havarie der „Baltic Carrier“119. Die gemeinschaftliche Nutzung von Gerätschaften – mit Ausnahme der Schlepper – kann allerdings bei Notfallaktionen eher kontraproduktiv sein, denn die Transportzeiten von einem Land zum anderen sind zu lang120. Es lässt sich freilich an eine Verpflichtung zu gemeinsamen Aufräumarbeiten denken; diesen Gedanken verfolgt derzeit die Helsinki-Kommission121. gg) Beistand Benötigt eine Vertragspartei Unterstützung, um eine Verschmutzung oder drohende Verschmutzung zu bekämpfen, so kann sie die anderen Vertragsparteien um Unterstützung bitten. Die um Hilfe ersuchten Vertragsparteien verpflichten sich zu Bemühungen nach besten Kräften122. Für den Fall, dass die Hilfe ausdrücklich erbeten wird, ist sie kostenpflichtig123. In Deutschland ist eine gewisse Anzahl der Gerätschaften für mögliche Hilfseinsätze markiert. Die innerstaatliche Kapazität darf sich im Falle einer solchen Hilfsaktion aber nur um ein Drittel verringern124. hh) Bewertung Jede der einzelnen Kooperationspflichten hat eine enorme Bedeutung. Der Spruch des Seeamts Kiel vom August 1999 bestätigt, dass der „Pallas“-Unfall besser hätte bekämpft werden können, wenn die zuständige dänische Behörde den Ernst der Lage richtig eingeschätzt und die deutschen 116

Patronos (Anm. 71), S. 355. BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 20. 118 BT-Drs. 15/198, Antrag von Franz Müntefering und Fraktion und Katrin Göring-Eckardt und Fraktion vom 17.12.2002, S. 3. 119 Berner (Anm. 70), S. 28. 120 BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 20. 121 Vgl. Kopenhagener Erklärung (Anm. 102). 122 Vgl. Art. 7 Bonner Übereinkommen; Regel 8 Helsinki-Übereinkommen. 123 Art. 9 Bonner Übereinkommen; Regel 9 Anlage VII Helsinki-Übereinkommen. 124 BT-Drs. 14/2430 (Anm. 80), S. 20. 117

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Meldestellen angemessen informiert hätte125. Überdies stehen die Verpflichtungen zu materiellen Bekämpfungsmaßnahmen und zum Beistand zumeist unter Möglichkeitsvorbehalt, bzw. sie sind nach besten Kräften zu erledigen. Die Nordseeregion, deren Anrainer entwickelte Industrieländer sind, dürfte unter diesem Vorbehalt wenig leiden. Anders sieht es im Ostseeraum aus, wo Russland und Litauen betroffene Staaten sein können. So hat HELCOM auch festgestellt, dass die vorhandenen Notfallkapazitäten nur in einigen Teilen des Ostseeraums zufrieden stellend sind126. Dennoch hat gerade die Helsinki-Kommission bewiesen, dass sie auf aktuelle Ereignisse schnell und adäquat zu reagieren weiß. Die Umsetzung der Kopenhagener Erklärung vom 10. September 2001 wird akribisch überprüft und zeitigt erste Erfolge127. ii) Insbesondere: Notliegeplätze128 Ein besonders komplexes Problemfeld besteht hinsichtlich der Notliegeplätze für havarierte Schiffe. Die Entscheidung, einem Not leidenden Schiff Zuflucht zu gewähren, kann für den Küsten- bzw. Hafenstaat schwerwiegende Folgen haben. Im Falle der „Prestige“ hatte Spanien die Anfrage der Bergungsfirmen, das Schiff an einen sicheren Ort zu transportieren, abgewiesen; statt dessen erfolgte die Anweisung, das Schiff von der Küste weg zu schleppen. Das Risiko einer Verschmutzung war auf jeden Fall gegeben; in einem Nothafen hätten die Reparaturchancen jedoch besser gestanden, das Öl hätte zudem ein kleineres Gebiet betroffen129. Die universal geltenden Übereinkommen sehen Notliegeplätze bisher nicht vor. Am ehesten könnte man eine Pflicht zu deren Bereitstellung in Art. 6 des OPRC-Übereinkommens hineinlesen, wonach die Staaten verpflichtet sind, Vorsorgepläne zu erstellen. In den Handbüchern der Regionalabkommen werden Hinweise zu Nothäfen gegeben, wobei das Handbuch zum Bonner Übereinkommen ausdrücklich die völkerrechtliche Pflicht zum Bereitstellen eines Schutzhafens verneint130. Das Helsinki-Übereinkommen wurde durch die Kopenhagener Erklärung um Regel 13 der Anlage IV erweitert, 125 J. Hinz, Der Seeunfall „Pallas“ in: Sicherheit im Seeverkehr? Mit neuen Konzepten in die Zukunft, SDN-Kolloquium 2000, Nr. 2, Varel 2000, S. 45–73 (56). 126 Ehlers 2002 (Anm. 78), S. 94. 127 Ehlers 2001 (Anm. 77), S. 666. 128 Ebenfalls gebräuchlich ist die Bezeichnung Nothäfen, die IMO verwendet jedoch den Ausdruck „Places of Refuge“ (Notliegeplätze), womit besser zum Ausdruck kommt, dass über die Seehäfen hinaus auch provisorische Liegeplätze in Frage kommen. 129 Vgl. R. Shaw, Places of Refuge – International Law in the Making, S. 4, , Stand 15.4.2004.

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welche nunmehr die Vertragsparteien verpflichtet, Pläne zu Notliegeplätzen zu erstellen und diese untereinander auszutauschen. Ein Recht auf Hafenzugang im Notfall existiert zwar nach Völkergewohnheitsrecht. Nachweise dafür lassen sich schon im 18. Jahrhundert finden – also zu einer Zeit, da an Öltanker und unfallbedingte Umweltkatastrophen noch nicht zu denken war131. Heutzutage kann jedoch nahezu jede Schiffshavarie zu einer substanziellen Verschmutzung und damit zur Bedrohung staatlicher Interessen führen. Daher werden dem Küstenstaat vielfältige Eingriffsrechte in Bezug auf ein havariertes Schiff zugestanden132. Das Einlaufrecht im Notfall gilt daher nur noch eingeschränkt, und zwar in erster Linie im Hinblick auf die Rettung von Menschenleben133. In einem Bericht des Comité Maritime International (CMI) heißt es, ein Noteinlaufsrecht „no longer appears to be recognized by many States as an absolute right and has become clouded“134. Im Jahre 2001 suchte der voll beladene Tanker „Castor“ 39 Tage vergeblich nach einem Nothafen135. In Folge dieses Vorfalls erklärte die IMO die Nothäfenproblematik zum Schwerpunktthema136. Der Unfall der „Prestige“ im November 2002 beschleunigte die Arbeit und Verhandlungen in den Ausschüssen. Die EG nahm insoweit die Vorreiterrolle ein. Sie forderte ihre Mitgliedstaaten auf, an der Erarbeitung der IMO-Richtlinien teilzunehmen137. Auch die HELCOM erklärte, die Bemühungen sowohl der IMO als auch der EG aktiv zu unterstützen138. Die IMO-Versammlung verabschiedete auf ihrer 23. Sitzung im Dezember 2003 die „Guidelines on Places of Refuge for Ships in Need of Assistance“139. Diese sollen Schiffskapitänen 130 Bonn Agreement Counter Pollution Manual (Anm. 88), Chapter 26 „Places of Refuge“: „. . . at present there exists no binding obligation on the part of a Contracting Party to offer predefined places of refuge or safe havens“. 131 Vgl. A. Chircop, Ships in Distress, Environmental Threats to Coastal States, and Places of Refuge: New Directions for an Ancien Régime?, Ocean Development and International Law 33 (2002), 207–226. 132 Vgl. Teil I Interventions-Übereinkommen; Art. 25, 211, 220 SRÜ. 133 Vgl. Lagoni 2001 (Anm. 12), S. 290; Chircop (Anm. 131), S. 216. 134 IMO, Dok. LEG 89/7, 19.8.2004. 135 M. Herma/U. Jenisch, Gutachten: Rechtliche Beurteilung der maritimen Sicherheit unter besonderer Berücksichtigung der Interessen des Landes MecklenburgVorpommern, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band I), Schwerin 2001, S. 279–454 (372). 136 Vgl. , Stand 15.4.2004. 137 Schlussfolgerungen des Rates (Verkehr) vom 6.12.2002, „Schiffssicherheit und Verhütung von Umweltverschmutzungen“ – Jüngste Havarie der „Prestige“ vor der galizischen Küste, Punkt 8, , Stand 15.4.2004. 138 Kopenhagener Erklärung (Anm. 102), Abschnitt XII, „Sicherstellung der Verfügbarkeit von Schutzhäfen/geschützten Liegeplätzen“. 139 Entschließung A.949(23) vom 5.12.2003.

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und Küstenstaaten als Leitfaden dienen für den Fall, dass ein Schiff in Seenot gerät und Menschenleben nicht in Gefahr sind. Die Richtlinien stellen als Grundsatz auf, dass sich Schäden und Verschmutzungen am besten verhindern lassen, wenn das Schiff entladen und zugleich repariert wird. Dieser Vorgang sei am besten durchführbar an einem Notliegeplatz140. Nichtsdestoweniger erkennt die IMO in den Richtlinien an, dass sowohl wirtschaftliche als auch Umweltinteressen der Küstenstaaten berührt werden, sobald das havarierte Schiff den Nothafen in Küstennähe ansteuert (Paragraph 1.4). Damit ist das grundsätzliche Problem genau umrissen. Die Lösung formuliert Paragraph 1.7: Das Bereitstellen eines Notliegeplatzes kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. In den Richtlinien kommt damit die Besonderheit von Entscheidungen zur Gefahrenabwehr zum Ausdruck: Sie sind notwendigerweise ex ante zu treffen, also als Prognosen für die Zukunft. Im Zentrum der Richtlinien steht daher auch der Kommunikationsaspekt. Bevor eine Entscheidung, welcher Art auch immer, getroffen wird, sollte der Küstenstaat Sachverständige konsultieren und Rücksprache mit dem Kapitän halten. Nur so kann die Situation umfassend analysiert und ein genaues Lagebild erstellt werden. Erst aufgrund dieser Analyse dürfte der Staat das Schiff abweisen141. Insgesamt berücksichtigen die Richtlinien die Interessen der beteiligten Parteien gleichermaßen, was auch in dem Postulat der Einzelfallentscheidung zum Ausdruck kommt. Dennoch scheint Paragraph 3.12 eine Vermutung zugunsten des havarierten Schiffes zu begründen: „. . . the coastal state should weigh all the factors and risks in a balanced manner and give shelter whenever reasonably possible.“ Obwohl die Formulierung ein weites Ermessen zulässt, machte Spanien Einwände geltend. In den einschlägigen IMO-Ausschüssen versuchte es, die Vermutung in dem Sinne umzukehren, dass nur ausnahmsweise Notliegeplätze bereitgestellt werden müssten142. Dies gelang jedoch nicht. Inwieweit die Richtlinien zu den Notliegeplätzen Einfluss auf die Regionalübereinkommen und die nationale Gesetzgebung haben werden, bleibt abzuwarten. Zwei Hauptprobleme haben sich hinsichtlich der Bereitstellung von Notliegeplätzen herausgeschält. Einerseits fragt es sich, ob die Planungen der einzelnen Staaten durch amtliche Veröffentlichung den Schiffahrtskreisen im vorhinein kundgemacht werden sollten. Einige Regierungen wie insbesondere die britische fürchten, dass solche Bekanntmachungen einen uner140

Vgl. Paragraph 1.3 Entschließung A.949(23). Zu diesem Zweck – als Kontaktstelle und zur Koordination – sollen Küstenstaaten sog. „Maritime Assistance Services“ einrichten, deren genaue Aufgaben Entschließung A.950(23) festlegt. 142 Vgl. Shaw (Anm. 129), S. 6. 141

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wünschten Anziehungseffekt ausüben könnten, während andererseits Dänemark und Norwegen eine offene Ausweisung von Nothäfen befürworten. Schwerer noch ins Gewicht fallen die mit der Aufnahme oder der Abweisung von havarierten Schiffen verbundenen Haftungsfragen. Ein Land kann sich gegenüber anderen Staaten oder gegenüber der internationalen Gemeinschaft insgesamt haftbar machen, wenn es sich weigert, einen Notliegeplatz zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber bleibt nach der gegebenen Rechtslage offen, von wem es Ersatz für die ihm entstandenen Schäden verlangen kann, wenn es auf Grund örtlicher Nähe einem Schiff fremder Nationalität das Einlaufen in einen seiner Häfen gestattet. In der IMO wird gegenwärtig überlegt, ob nicht die damit verbundenen Rechtsfragen in einem neu abzuschließenden Abkommen geregelt werden sollten143. jj) Exkurs EG Die EG ist als solche Mitglied aller Europa betreffender Regionalabkommen144. Damit übernimmt sie eine wichtige koordinierende Rolle zwischen den Mitgliedstaaten. (1) Eingriffsbefugnisse nach EG-Recht Für den Fall eines Unglücks auf See enthält die Richtlinie 93/75/ EWG145 bereits eng begrenzte Vorschriften für Eingreifmaßnahmen der Mitgliedstaaten: Danach dürfen die Mitgliedstaaten Einfluss auf die Fahrtroute des Schiffes nehmen und haben gewisse Informationsrechte146. Die neue Schiffsmelde-Richtlinie 2002/59/EG147 erweitert diese Befugnisse. Die Mitgliedstaaten können nun unter anderem eine Routenänderung anordnen, ein Bewertungsteam an Bord absetzen, den Einsatz eines Lotsen oder das Abschleppen des Schiffes anordnen148. Außerdem ist vorgesehen, dass 143

Vgl. dazu die IMO-Dokumente LEG 89/7, 19.8.2004, und 89/7/1, 24.9.2004. Bonner Übereinkommen (Anm. 75), Helsinki-Übereinkommen 1992 (Anm. 39), Barcelona-Übereinkommen (Anm. 97) und Lissabon-Übereinkommen 1990 (zum Schutz des Nordostatlantiks), ABl. L 267, 28.10.1993, S. 22. 145 Richtlinie 93/75/EWG des Rates vom 13.9.1993 über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern, ABl. L 247, 5.10.1993, S. 19. 146 Art. 6 Abs. 3 iVm Anhang III Richtlinie 93/75/EWG (Anm. 145). 147 Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2002 über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/ EWG des Rates, ABl. L 208, 5.8.2002, S. 10. Umsetzungsfrist bis 5.2.2004. 148 Art. 19 Abs. 1 iVm Anhang IV Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 147). 144

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Mitgliedstaaten bei außergewöhnlich schlechten Wetterbedingungen, die eine Gefahr für Menschenleben oder ein erhebliches Verschmutzungsrisiko in sich bergen, ein Einlauf- oder Auslaufverbot erlassen können149. Ob dieser Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Kapitäns völkerrechtskonform ist, ist fraglich150. Allerdings stellt die Richtlinie zumindest klar, dass die Entscheidung des Kapitäns durch die Behördenmaßnahmen nicht präjudiziert werden darf. Demgemäß hat der Schiffsführer lediglich eine Begründungspflicht, wenn er von der Anordnung der Behörde abweicht151. Die Schiffsmelde-Richtlinie bestätigt die nach Völkervertragsrecht bestehende Meldepflicht des Kapitäns und erweitert diese: So sollen Kapitäne nach EG-Recht den Küstenstaaten künftig auch treibende Ölfelder (oder andere Schadstoffe) melden152. Damit geht die Richtlinie über die Pflichten nach MARPOL und dem Ostsee- bzw. Nordseeübereinkommen hinaus. In diesen fehlt entweder die konkrete rechtliche Bindung (HelsinkiÜbereinkommen, Bonner Übereinkommen), oder die Meldepflicht umfasst nur Vorfälle, die das Schiff selbst betreffen (MARPOL). Bisher ist eine Meldepflicht für schon vorhandene Verschmutzungen nur in der OPRC vorgesehen153. (2) Bergungs- und Aufräumarbeiten Im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens für Katastrophenschutzmaßnahmen koordiniert zudem die Kommission die von den Mitgliedstaaten geleisteten Bergungs- und Aufräumarbeiten154. Im Jahre 2001 wurde dazu ein Krisenzentrum der Kommission eingerichtet155; über dieses Zentrum bat 149

Art. 18 Abs. 1 lit. b) Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 147). Siehe W. Erbguth u. a., Maritime Sicherheit im Ostseeraum 2002. Endbericht des Ostseeinstituts für Seerecht und Umweltrecht der Juristischen Fakultät Rostock im Auftrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band II), Schwerin 2002, S. 204–339 (246). 151 Art. 18 Abs. 2 Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 147). 152 Art. 17 Abs. 1 lit. d Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 147). 153 Das für die EG erhebliche Barcelona-Übereinkommen (Anm. 97), bzw. sein Notfall-Protokoll (Anm. 85) sieht diese Pflicht im Mittelmeergebiet ebenfalls vor: Art. 8 Abs. 1 lit. b. 154 Siehe die Schlussfolgerungen des Rates (Umwelt) vom 9.12.2002, „Umweltkatastrophe infolge des Unfalls der ‚Prestige‘“, Punkt 11, Bulletin der Europäischen Union 12/2002, Ziff. 1.4.49, denen zufolge die Kommission aufgefordert wird, ein Expertenteam in Sachen „Prestige“ einzusetzen. 155 Entscheidung 2001/792/EG des Rates vom 23.10.2001 über ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen (Euratom), ABl. L 297, 15.11.2001, S. 7. 150

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beispielsweise Spanien nach dem „Prestige“-Unglück die anderen EU-Staaten um Beistand. Die Gemeinsame Forschungsstelle stellt ihre Dienste, wie z. B. die Auswertung von Satellitenbildern zur Bestimmung des Ausmaßes eines Ölteppichs, zur Verfügung. Die im Jahre 2002 gegründete Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) besitzt bislang keine Kompetenzen für Bergungsoder Aufräumungsarbeiten. Die Kommission hat jedoch im August 2003 vorgeschlagen, die Aufgaben der Behörde dahingehend auszuweiten, dass sie ausdrücklich auch für die Gefahrenabwehr im Seeverkehr und das Eingreifen bei Verschmutzungen zuständig ist156. So ist unter anderem geplant, dass die Agentur für den Einsatz im Katastrophenfall Ölbekämpfungsschiffe und anderes Hilfsgerät kauft oder mietet. (3) Notliegeplätze Die Frage der Notliegeplätze für Schiffe in Seenot besitzt zweifellos Gemeinschaftsdimension, da die Schiffe, die in einem Hafen abgewiesen wurden und Schiffbruch erleiden, sonst die Küstenzone von Nachbarstaaten verschmutzen können157. Die im Rahmen von „Erika II“ beschlossene Schiffsmelderichtlinie 2002/59/EG158 sieht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Rechtsrahmen der IMO vor, dass die Mitgliedstaaten Pläne aufstellen, um Schiffe in Seenot an Notliegeplätzen in ihren Hoheitsgewässern aufzunehmen159. Im Rahmen der EU-Verpflichtungen hat Deutschland eine Bestandsaufnahme möglicher Notliegeplätze durchgeführt und das Ergebnis dem Havariekommando zur Verfügung gestellt. Entlang den deutschen Küsten wurden mehr als 40 Plätze identifiziert, zudem sollen zwei besonders ausgerüstete Notliegeplätze in Cuxhaven und in der Jademündung errichtet werden160. 156 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, 6.8.2003, KOM (2003) 440 endg., , Stand 15.4.2004. 157 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über ein zweites Paket von Maßnahmen der Gemeinschaft für die Sicherheit der Seeschifffahrt im Anschluss an den Untergang des Öltankschiffs „Erika“ vom 6.12.2000, KOM (2000) 802 endg. („Erika II“-Paket), S. 16 f., , Stand 15.4.2004. 158 Siehe oben Anm. 147. 159 Art. 20 Richtlinie 2002/59/EG (Anm. 147). 160 Vgl. BT-Drs. 15/343, Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, Antwort der Bundesregierung vom 21.1.2003, S. 5.

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Es ist freilich berichtet worden, dass eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten dieser Pflicht bisher nicht nachgekommen ist, dass jedenfalls die Listen mit den von ihnen vorgesehenen Notliegeplätzen nicht veröffentlicht worden sind161. (4) Hilfen der EU für die Opfer einer Ölkatastrophe Die Europäische Union, die sich nicht nur als Markt-, sondern auch als Wertegemeinschaft versteht, sieht in Notfällen Ausnahmen vom Grundsatz des Verbots staatlicher Subventionen vor und stellt diverse Strukturmittel zur Verfügung. So gestattet es im Fischereisektor die Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 den Mitgliedstaaten ausdrücklich, vorübergehend Ausgleichszahlungen an Fischer zu leisten162. Weiterhin ist unter bestimmten Bedingungen für die Behebung von Ölschäden eine Mitfinanzierung durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), für Arbeiten am Wrack sowie für Vorbeugungs-, Kontroll- und Sanierungsmaßnahmen eine Finanzierung im Rahmen des Kohäsionsfonds bzw. des INTERREG III-Programms möglich. Im Fischerei-Strukturfonds (FIAF) sind Beihilfen für geschädigte Muschelzucht-, Aquakultur- und Fischereiunternehmen vorgesehen. Außerdem wird geprüft, inwieweit eine Unterstützung aus dem neuen EU-Solidaritätsfonds, der nach den Überschwemmungen des Sommers 2002 in Österreich und Deutschland eingerichtet wurde, in Frage kommt163. Dazu müsste wahrscheinlich der dort festgelegte Schwellenwert gesenkt werden (derzeit bei Schäden ab drei Milliarden Euro oder 0,6% des Bruttovolkseinkommens des betroffenen Mitgliedstaates)164. 3. Völkergewohnheitsrecht Es steht die Frage aus, ob im internationalen Meeresschutz ein gewohnheitsrechtliches Gebot der Zusammenarbeit besteht, das die vertraglichen Regelungen flankiert. Da Fragen dieser Art stets komplexe Antworten 161

Vgl. R. Shaw, Recent Developments – Update as at August 2003, CMI Yearbook 2003, 358–360 (359). 162 Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates vom 17.12.1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor, ABl. L 337, 30.12.1999, S. 10. 163 Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11.11.2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union, ABl. L 311, 14.11.2002, S. 3; siehe auch die Schlussfolgerungen des Rates vom 9.12.2002 (Anm. 154). 164 Mitteilung der Kommission – Bericht an den Europäischen Rat über die angesichts der Folgen der Prestige-Katastrophe zu ergreifenden Maßnahmen, KOM (2003) 105 endg., 5.3.2003, Punkt 3.5.

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nach sich ziehen und mitunter ganze Bibliotheken füllen, kann hier das Thema nur gestreift werden. Völkergewohnheitsrecht weist grundsätzlich zwei Merkmale auf: die Staatenpraxis und ihre Anerkennung als Recht165. Gerade im Umweltrecht neigt das Schrifttum dazu, über moderne Interpretationsansätze völkergewohnheitsrechtliche Normen zu finden und darüber hinaus sogar erga omnes-Pflichten zu postulieren166. Die allgemeine Diskussion bewegt sich zwischen folgenden Argumentationspolen: Zum einen wird die Existenz eines umfassenden gewohnheitsrechtlichen Normensystems im Umweltvölkerrecht angenommen, zum anderen wird dessen Geltung – mit Berufung auf die materielle Staatenpraxis – zum jetzigen Zeitpunkt verneint167. Letztere Auffassung wird zumeist von Generalisten des Völkerrechts vertreten, erstere eher von ausgewiesenen Umweltvölkerrechtlern168. Dementsprechend besteht erhebliche Rechtsunsicherheit, was die gewohnheitsrechtliche Geltung von Kooperationspflichten betrifft169. a) Benachrichtigungspflicht und allgemeine Ausführungen zu Kooperationspflichten Warn- und Informationspflichten im Notfall gelten als gewohnheitsrechtlich gesichert170. Dies unterstreicht die Regelung in Art. 198 SRÜ, die zur Warnung über Verschmutzungsereignisse verpflichtet, unabhängig von ihrer Verursachung. Es gibt gute Argumente für die Annahme, Teil XII des SRÜ zum Meeresumweltschutz sei kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht, mithin auch die Warnpflicht aus Art. 198171. Dafür spricht, dass das SRÜ 145 Teilnehmerstaaten und damit fast universelle Geltung aufweist. Freilich kann das Abkommen bisher vor allem die USA nicht zu ihren Vertragsparteien zählen172. Außerdem decken die regionalen Meeresschutzabkommen 165 Art. 38 Abs. 1 lit. b IGH-Statut; die klasischen Aussagen dazu enthält das erste Festlandsockel-Urteil des IGH vom 20.2.1969, ICJ Reports 1969, 41 ff. 166 Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 Rn. 1, S. 1043. 167 Patronos (Anm. 71), S. 1. 168 Patronos (Anm. 71), S. 16. Beispielhaft sei hier auf die Meinungsunterschiede zwischen Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 und Birnie/Boyle (Anm. 19), Kapitel 3, S. 104 f. verwiesen. 169 Patronos (Anm. 71), S. 8. 170 Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 136; Patronos (Anm. 71), S. 118; U. Beyerlin, Grenzüberschreitender Umweltschutz und allgemeines Völkerrecht, in: K. Hailbronner, Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Doehring, Berlin u. a., 1989, S. 37–62 (55). 171 Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 352; zweifelnd R. Platzöder, Diskussionsbeitrag zu den Referaten Kunig, Lang und Lagoni, DGVR 32 (1992), 166 f. Aufsätze von Lagoni (1992) und Kunig siehe oben Anm. 14 und 33.

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fast den gesamten Küstenmeeresraum der Welt ab173, und sie enthalten ebenfalls konkrete Warnpflichten. Für den Fall, dass die Vertragspraxis die Staatenpraxis vervollständigt, ist eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung damit indiziert174. Noch vor dem Umweltvertragsboom behauptete die klassische Völkerrechtsprechung in den Fällen Trail Smelter175 und Corfu Channel176 völkergewohnheitsrechtliche Pflichten die Umwelt betreffend. Als ratio decidendi des Trail-Smelter-Schiedsspruches lässt sich formulieren, dass erhebliche grenzüberschreitende Umweltschädigungen verboten sind. Dieses Prinzip stellt noch heute – erweitert auf herrschaftsfreie Räume – die einzig gesicherte Grundlage und damit den Minimalkonsens des Umweltvölkerrechts dar177. Darüber hinaus soll der Corfu-Channel-Fall als Nachweis für eine gewohnheitsrechtliche Warnpflicht herhalten. Er erweitere das Trail-Smelter-Verbot um die Komponente, dass Wissen um schädigende (Umwelt-) Ereignisse auf dem Staatsgebiet – unabhängig von der Verursachung – den Staat zumindest zu einer Warnung gegenüber potenziellen Opfern verpflichte178. Nach besonders wohlwollender Auffassung gilt diese Warnpflicht – gerade im Meeresumweltschutz – sogar als ius cogens, als notwendige Verfahrenspflicht bei erheblichen Umweltgefahren. Kurzum: Da die massive Meeresumweltverschmutzung (in Analogie zu Trail Smelter) verboten ist, muss als Korrelat erst recht eine Warnpflicht bestehen, falls es doch zu Schädigungen kommt179. Völkerrechtler, die den Blick in erster Linie auf die Staatenpraxis richten, tun sich schwer, gewohnheitsrechtliche Warnpflichten auszumachen. Sie verweisen auf den Grundsatz der Staatssouveränität und lassen jenseits des Nichtschädigungsgebots aus Trail Smelter keine weiteren außervertrag172

, Stand 15.4.2004. Die USA sind jedoch Mitglied der OPRC und MARPOL 73/78 (mit Anlage I und II), welche ebenfalls Warnpflichten enthalten, , Stand 15.4.2004. 173 Vgl. Weltkarte auf , Stand 15.4.2004; Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 356. 174 A. Kiss, International Co-operation for the Control of Accidental Marine Pollution, GYIL 23 (1980), 231–254 (252). 175 USA v. Canada, AJIL 35 (1941), 684 und RIAA 3 (1947), 1905. 176 United Kingdom v. Albania, ICJ Reports 1949, 4. 177 Vgl. dazu insbesondere das Gutachten des IGH „Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons“, 8.7.1996, ICJ Reports 1996, 226 (241 f.), sowie das Urteil im Fall Gabcikovo-Nagymaros, ICJ Reports 1997, 7 (67 f.); vgl. ferner P. Sands, Principles of International Environmental Law, 2. Aufl. 2003, S. 241–246. 178 Abecassis (Anm. 5), Rn. 7-09, S. 129; Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 136; Sands (Anm. 177), S. 842. 179 Patronos (Anm. 71), S. 142.

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lichen Pflichten zu180. Zum Teil gibt ihnen die politische Wirklichkeit Recht. So hat der Zweite Golfkrieg 1991 gezeigt, dass selbst ein sorgfältig ausgearbeitetes Regionalabkommen zum Meeresschutz in einem Umfeld von übersteigertem Nationalismus nur wenig ausrichten kann181. Es erscheint daher illusorisch, im Nahen und Mittleren Osten eine gewohnheitsrechtliche Warnpflicht einzufordern182. Wenn Staaten die Souveränität ihrer Nachbarstaaten, sprich deren Grenzen, nicht anerkennen183, fällt es schwer, eine allgemeine Pflicht zur Zusammenarbeit empirisch zuverlässig zu belegen184. In diese Richtung weist auch die Erfahrung mit dem Internationalen Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen185. Die in Art. 1 Abs. 1 enthaltene Warnpflicht bindet den Staat nur unter Voraussetzungen, die sehr allgemein abgefasst sind und damit einen weiten Ermessensspielraum eröffnen186. Je nach Perspektive schließt der eine aus dem Abkommen eine mittlerweile geltende völkergewohnheitsrechtliche Benachrichtigungspflicht187, der andere wiederum sieht einen weiteren Beweis dafür, dass die Staaten noch immer nicht willens sind, ihre Souveränität dementsprechend zu beschränken188. Letztere schließen aus Nuklearunfällen als GAU, dass im Falle von Tankerunfällen erst recht keine Warnung verlangt werden kann. Mithin ist es problematisch, eine Warnpflicht nach Völkergewohnheitsrecht nachweisen zu wollen. Stimmen, die nach deren Geltung rufen, ziehen Grundsätze heran wie das Prinzip der guten Nachbarschaft189 oder das insoweit ähnliche Rücksichtnahmegebot190. Überlegungen dieser Art lassen sich vor allem auf Instrumente des soft law stützen, wie die Deklarationen 180

So Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 Rn. 33. 1978 Kuwait Regional Convention for Co-operation on the Protection of the Marine Environment from Pollution, ILM 17 (1978), 511; Protocol Concerning Regional Co-operation in Combating Pollution by Oil and Other Harmful Substances in Cases of Emergency, ILM 17 (1978), 526. 182 Patronos bildet ein Beispiel mit Israel und möglichen Pflichten gegenüber den arabischen Staaten (Anm. 71), S. 354. 183 Vgl. Sechstagekrieg 1967; Yom-Kippur-Krieg 1973, Libanon-Krieg 1982, Erster Golfkrieg 1980–1988, Zweiter Golfkrieg Kuwait-Irak. 184 Krieg bedeutet jedoch Ausnahmezustand, daher für die Betrachtungen nur bedingt instruktiv; vgl. Patronos (Anm. 71), S. 360. 185 BGBl. 1989 II, S. 434; das Abkommen war eine Reaktion auf die Tschernobyl-Katastrophe und die unzulängliche Informationspolitik der damaligen Sowjetunion, vgl. Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 471. 186 Von Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 57 Rn. 91. 187 Birnie/Boyle (Anm. 19), S. 471. 188 Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 Rn. 34. 189 Beyerlin (Anm. 170). 181

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der Generalversammlung der Vereinten Nationen oder weltweiter Staatenkonferenzen. Von diesen besitzt die „Friendly Relations Declaration“ aus dem Jahre 1970191 mit ihrer Einbeziehung des Kooperationsprinzips als eines der tragenden Prinzipien der heutigen Weltordnung besonderes Gewicht192. Dennoch bleiben zunächst Zweifel, ob es nicht jeweils im Hinblick auf eine bestimmte Sachverhaltstypik einer Konkretisierung bedarf. Eine Pflicht zur Warnung bei Nuklearunfällen insbesondere lässt sich wegen des hohen Gefahrenpotenzials nuklearer Strahlungsvorgänge nur schwer mit einer Warnpflicht im Hinblick auf Seeunfälle vergleichen. Aber in der Praxis des IGH tritt das empirische Element des Gewohnheitsrechts zunehmend zurück. Der IGH ist bereit, Gewohnheitsrechtssätze anzunehmen, die sich zwingend aus grundlegenden Prämissen der Völkerrechtsordnung ergeben. So ist im Urteil Kongo gegen Belgien vom 14. Februar 2002 die Immunität eines Außenministers aus dem Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten abgeleitet worden193. Hier lässt sich argumentieren, dass die Warnpflicht ebenfalls eine souveränitätsschützende Funktion hat. Obwohl es sich um eine Handlungspflicht und nicht lediglich um eine Unterlassungspflicht klassischen Zuschnitts handelt, ist die Belastung für den verpflichteten Staat gering. Hier fügt sich die moderne Deutung staatlicher Souveränität gut ein194. Es gibt gute Argumente dafür, das Gebot der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit nicht bloß als Gegenentwurf zum Konzept der staatlichen Souveränität, sondern vielmehr als Bestandteil derselben zu begreifen, der ihr gewissermaßen zwangsläufig innewohnt. Staatliche Souveränität bedeutet demnach nicht mehr ausschließlich uneingeschränkte Autonomie und Freiheit, sondern umfasst darüber hinaus die Verantwortung, mit anderen Staa190 Weitere Nachweise bei Patronos (Anm. 71), S. 229; Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 Rn. 26. 191 UNGA Resolution 2625 (XXV) vom 24.10.1970. 192 Etwa: Development and strengthening of good-neigbourliness between States, UNGA Resolution 46/62 vom 9.12.1991: „The General Assembly, (. . .), calls upon all States to keep in mind the need to act as good neighbours both in their dealings with other States and when taking decisions that could affect them.“ Weitere wichtige soft law-Instrumente: UNCHE, Stockholm Declaration on the Human Environment vom 14.6.1972, ILM 11 (1972), 1416, Principle 24: „International matters concerning (. . .) the environment should be handled in a cooperative spirit by all countries . . .“; UNCED, Rio Declaration on Environment and Development vom 14.6.1992, in: Tomuschat 2004 (Anm. 22), Nr. 25 und ILM 31 (1992), 874, Principle 7: „States shall cooperate in a spirit of global partnership to conserve, protect and restore (. . .) the Earth’s ecosystem . . .“. 193 Case concerning the Arrest Warrant of 11 April 2000 (Congo v. Belgium), ICJ Reports 2002, 3. 194 Guter Überblick: M. Haedrich, Internationaler Umweltschutz und Souveränitätsverzicht, Der Staat 39 (2000), 547–569.

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ten zusammenzuarbeiten195. Schon die UN-Charta erwähnt in den Zielen (Art. 1 Ziff. 3) und in Art. 55 und 56 die internationale Zusammenarbeit. Des Weiteren wird dieses so genannte „moderne“ Souveränitätskonzept bestätigt durch die bereits erwähnte „Friendly Relations Declaration“ von 1970196, welche auf der UN-Charta aufbaut und deren Prinzipien weiterentwickelt197. Die Erklärung, die im Konsensusverfahren ohne Abstimmung angenommen wurde, bekennt sich zum kooperativen Charakter der internationalen Rechtsordnung, indem sie verlautbart: „States have the duty to cooperate with one another, irrespective of the differences in their political, economic and social systems, in the various spheres of international relations (. . .)“. Dieses Gebot konnte im Jahre 1970 die Umweltproblematik noch nicht berücksichtigen198, es erhielt durch die Deklaration jedoch die Weihe als einer der Stützpfeiler des Völkerrechts199. Es bestehen kaum Zweifel, dass der Umweltschutz inzwischen ebenfalls unter das allgemeine Zusammenarbeitsgebot im Sinne der „Friendly Relations Declaration“ zu fassen ist200. Grundlagen für die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit liefern im Übrigen auch die sozialwissenschaftlichen Theorien für internationale Beziehungen (Interdependenz- und Regimetheorie). Diese Theorien, die hauptsächlich empirisch argumentieren, zum Teil aber auch normative Vor195 Allgemein zu dieser These: F. X. Perrez, Cooperative Sovereignty. From Independence to Interdependence in the Structure of International Environmental Law, The Hague u. a. 2000. 196 Siehe oben Anm. 191. 197 Perrez (Anm. 195), S. 257. 198 Es lässt sich zwar argumentieren, die Umwelt sei unter die „various spheres of international relations“ zu fassen, dennoch liegt die Priorität der Deklaration aus dem Jahre 1970 auf Wirtschafts- und Friedenspolitik, vgl. A. E. Boyle, The principle of co-operation: the environment, in: C. Warbrick/A. V. Lowe (Hrsg.), The United Nations and the Principles of International Law. Essays in memory of Michael Akehurst, London/New York 1994, S. 120–136 (120). 199 Der Rechtscharakter der Deklaration ist umstritten, vgl. etwa C. Gloria, in: Ipsen (Anm. 16), § 26, Rn. 6, S. 366. Der IGH argumentiert im Nicaragua-Fall, dass die Zustimmung zur Deklaration Ausdruck der opinio iuris sei und damit die Prinzipien der „Friendly Relations Declaration“ Völkergewohnheitsrecht darstellten. Im Einzelnen hat er die völkergewohnheitsrechtliche Geltung für die Prinzipien der souveränen Gleichheit, das Gewaltverbot und das Interventionsverbot nachgewiesen: Case concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. USA), ICJ Reports 1986, 14 (97 ff.). Zur Kooperationspflicht vgl. aus dem Schrifttum etwa Boyle (Anm. 198); C. Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999), 13–438 (261–267). 200 Siehe auch E. McWhinney, The concept of Co-operation, in: M. Bedjaoui (Hrsg.), International Law: Achievements and Prospects, Paris/Dordrecht u. a. 1991, S. 425–436 (435).

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gaben machen, fielen auf fruchtbaren Boden gerade im Umweltvölkerrecht: Die modernen Staaten sind voneinander abhängig; kein Staat existiert mehr autark, ohne Wechselbeziehungen zu anderen. Es liegt auf der Hand, dass speziell Umweltprobleme (Beispiel: globale Erwärmung) kaum über einseitige innerstaatliche Maßnahmen gelöst werden können201. Die natürlichen Ressourcen sind endlich; eine Umweltkatastrophe in der südlichen Hemisphäre kann Auswirkungen haben auch in der nördlichen. Insbesondere das Umweltmedium Wasser ist von globaler Bedeutung, in Gestalt der Hohen See wird es von allen Staaten genutzt und damit auch von allen Staaten verschmutzt. Im Hinblick auf die weltweite Vertragspraxis zum Meeresumweltschutz und die allgemeinen Ausführungen zum Kooperationsgebot sollte daher eine Warnpflicht zumindest bei erheblichen Gefahren angenommen werden, in Europa wohl auch bei Gefahren unterhalb der Erheblichkeitsschwelle202. b) Beistand Überdies wird in der Literatur eine Pflicht zur positiven Hilfeleistung diskutiert. Alle weltweit bestehenden Regionalabkommen und Art. 199 SRÜ verpflichten zur Hilfeleistung, zumindest nach besten Kräften. Das heißt, die Vertragsbestimmungen erreichen eine solche Dichte, dass deren gewohnheitsrechtliche Geltung glaubhaft behauptet werden kann203. Doch hier ist die gleiche Vorsicht geboten wie für mögliche Warnpflichten. Eine materielle Hilfeleistung bedeutet zudem ein Mehr an Aufwand als eine Warnung; die gewohnheitsrechtliche Verpflichtung ist damit unwahrscheinlicher. Im Übrigen stehen auch die vertraglichen Beistandspflichten unter Möglichkeitsvorbehalt. Wenn überhaupt, dann kann das Völkergewohnheitsrecht ohnehin nur sehr allgemeine Vorgaben machen: Inwieweit z. B. zwölf Dutzend Arbeitskräfte gestellt oder zwei Notschlepper eingesetzt werden müssen, bleibt Sache konkreter Vereinbarungen. c) Bewertung De lege ferenda lassen sich Pflichten leicht formulieren, doch ist der Nachweis für die lex lata sehr viel schwerer zu führen. Grundsätzlich ist zu 201 Als eines der ersten internationalen Foren rief die UN-Generalversammlung bereits 1968 nach einer internationalen Konferenz betreffend die Umweltproblematik, denn diese Probleme „can only, or best be solved through international co-operation and agreement“, vgl. UNGA Resolution 2398 (XXIII), 3.12.1968. 202 Heintschel von Heinegg (Anm. 16), § 58 Rn. 34, S. 1057; zur Bestimmung des Erheblichkeitsbegriffs kritisch: Kunig (Anm. 33), S. 19. 203 Patronos (Anm. 71), S. 143.

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bedenken, dass erst seit gut 30 Jahren überhaupt von Umweltvölkerrecht die Rede ist. Insofern besteht das Problem, eine dauerhafte Staatenpraxis zu belegen. Ehedem behandelte man Kooperationspflichten unter völkerrechtlichem Nachbarrecht, das anfänglich ausschließlich Anrainer betraf204. Hierin zeigt sich auch die Crux des Umweltvölkerrechts. Die meisten Verpflichtungen basieren auf dem Grundsatz der Reziprozität: Was der eine verlangt, kann der andere ebenfalls erwarten. So erklärt sich Trail Smelter weniger über ein grundsätzliches Bekenntnis zum Naturschutz als vielmehr über eine konkrete Verletzung der amerikanischen Souveränität205. Die Verträge, die in den letzten Jahren abgeschlossen worden sind, weisen jedoch eine zunehmende Ökozentrierung auf206. So spricht das Helsinki-Übereinkommen des Öfteren vom Schutz der Meeresumwelt als solcher, ohne auf die insoweit vorhandenen staatlichen Interessen zu verweisen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, kann man in Zukunft überzeugender für die Geltung gewohnheitsrechtlicher Kooperationspflichten, sogar erga omnes, argumentieren. Je mehr die Umwelt als solche in den Blickpunkt des vertraglichen Schutzes gelangt, umso leichter können Souveränitätsbarrieren überwunden werden. Interessanterweise werden Trends zur völkergewohnheitsrechtlichen Geltung diverser Pflichten schon seit Jahrzehnten beschrieben, insbesondere im europäischen Rahmen207. Den entscheidenden Schritt, diese als verbindlich zu konstatieren, hat die internationale Staatengemeinschaft bisher nicht gewagt208. Dennoch kann im Zusammenhang mit der modernen Deutung des Souveränitätsbegriffes und im Lichte der „Friendly Relations Declaration“ ein allgemeines Gebot zur Kooperation angenommen werden. Für den Nachweis konkreter Pflichten heißt es jedoch weiterhin, die Evolution des Umweltvölkerrechts in seinen genauen Einzelheiten zu verfolgen und gleichzeitig den Diskurs um seine normativen Grundlagen zu intensivieren.

IV. Fazit In erster Linie gilt es, Seeunfälle zu verhindern: Hier muss die Priorität der Bemühungen der Staatengemeinschaft liegen. Sichere Schiffe sind auch umweltfreundliche Schiffe. Dennoch, und das lehrt die Geschichte der Seefahrt, lassen sich Schiffsunfälle nie ausschließen. Hier tritt der Koopera204

Kunig (Anm. 33), S. 15; zur Entwicklung des Nachbarbegriffs ebenfalls Kunig (Anm. 33). 205 Kunig (Anm. 33), S. 16. 206 Patronos (Anm. 71), S. 140 f. 207 „Emerging principles“, vgl. Kiss (Anm. 174), S. 248. 208 Kunig (Anm. 33), S. 16.

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tionsgedanke zu Tage und damit das Völkerrecht auf den Plan. Für den Bereich des Meeresumweltschutzes und speziell die Verschmutzungsbekämpfung ist dabei ein umfassendes Vertragsregime entstanden, das konkrete Kooperationspflichten enthält. Sogar für den Fall, dass ein Schiff essenzielle küstenstaatliche Interessen bedroht, normiert das Interventions-Übereinkommen die vorherige Pflicht zur Konsultation. Der Kooperationsgedanke zieht sich also wie ein roter Faden durch das Seevölkerrecht. Die See ist heute das Umweltmedium mit der höchsten Dichte an Umweltabkommen209. Zwar ist einzugestehen, dass internationale Initiativen zumeist nur als Reaktion auf Großunfälle entstehen. Auch lassen sich von einem umfangreichen Vertragsregime noch keine Schlüsse ziehen auf die Effektivität desselben. Doch haben Schiffsunfälle – zuletzt das der „Prestige“ – immer wieder gezeigt, dass Staaten bereit sind, international zusammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit lässt sich im weitgehend homogenen Wirtschafts- und Rechtsraum der EG natürlich leichter durchführen als auf Weltebene. Deswegen wird der Meeresumweltschutz auch weiterhin in regionalen Foren verhandelt werden. Die IMO kann hier bloß den Rahmen abstecken, denn konkrete Verpflichtungen lassen sich effektiver in regionalen und bilateralen Abkommen beschließen und implementieren. Mithin lässt sich feststellen, dass die Zusammenarbeit zur Ölbekämpfung bei Schiffsunfällen auf einem umfassenden Vertragsregime fußt. Die vertragliche Dichte indiziert dabei die gewohnheitsrechtliche Geltung von Kooperationspflichten und hat damit Strahlkraft auch auf andere Umweltregime.

209 M. Kilian, Umweltschutz durch Internationale Organisationen, Berlin 1987, S. 164.

Haftung und Entschädigung bei Öltankerunfällen Von Knut Traisbach

I. Hintergrund Nach nahezu jeder Havarie eines Öltankers beginnt nach den ersten Maßnahmen zur Vermeidung und Eindämmung der Schäden die Arbeit der Juristen im Rahmen der entstandenen Haftungsfragen. Schadensersatzforderungen sind dabei von der unmittelbar betroffenen Bevölkerung und deren Heimatstaaten gegen den Kapitän und den Reeder, aber auch gegen andere Staaten denkbar. Im Falle der am 13. November 2002 havarierten „Prestige“ handelte es sich um einen in Japan gebauten und unter der Flagge der Bahamas fahrenden Öltanker, der im Eigentum eines griechischen, in Libyen registrierten Reeders stand, von einer russischen Handelsgesellschaft mit britischen Direktoren und Sitz in der Schweiz gechartert war und russisches Öl von Lettland nach Singapur transportieren sollte. Die zuständige Klassifizierungsgesellschaft war das „American Bureau of Shipping“. Vor der Havarie war der Tanker in den Häfen von St. Petersburg, Dubai und Guangzhou (VR China) inspiziert und teilweise repariert worden. Schließlich wurde der Tanker durch Schlepper im Auftrag spanischer Behörden trotz des hohen Wellengangs auf das offene Meer hinausgeschleppt, wo er schließlich auseinanderbrach1. Die in solch einer – nicht ungewöhnlichen – Situation entstehenden juristischen Probleme sind komplex und beginnen bereits mit der Wahl des Anspruchsgegners, betreffen die Definition von „Umwelt“ und eines „Umweltschadens“ sowie die Evaluation der entstandenen Schäden und beziehen sich nicht zuletzt auf die Handhabe der zahlreichen Ansprüche im Rahmen der anwendbaren völkerrechtlichen und nationalen Haftungsregelungen. Welche Haftungsregime unter welchen Voraussetzungen Anwendung finden, welche Ansprüche wie geregelt werden und wie die Ansprüche untereinander gehandhabt werden, sind daher die vorrangig zu beantwortenden Fragen.

1 Zu den komplexen Sachverhalten vgl. auch S. Robert, L’Érika: Responsabilités pour un désastre écologique, Paris, 2003, S. 1 ff.

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II. Allgemeine Probleme einer Haftung für Ölverschmutzungsschäden Gewisse Schwierigkeiten haben somit alle zivilrechtlichen Umwelthaftungsregime gemeinsam2. Wie erwähnt, ist stets eine Haftung für Umweltschäden, d.h. für Schäden der Umwelt per se, schwierig zu beurteilen, da diese ohne einen eindeutig bestimmbaren finanziellen Wert gewürdigt werden müssen3. Das Problem der Evaluation eines Umweltschadens ist vor allem aus internationalen Gemeinschaftsräumen wie der Antarktis, dem Weltraum und der Hohen See bekannt. Für eine Entschädigung, die über konkrete finanzielle Schäden und Wiederherstellungskosten hinausgehen soll, müssten besondere Maßstäbe existieren, deren Entwicklung in der Regel an der fehlenden Bestimmbarkeit der Auswirkungen auf ökologische Systeme und der dadurch bedingten zu großen Abstraktheit scheitert. Die Folgen uneindeutiger Kriterien wären nicht zuletzt unterschiedliche Auslegungen und Urteile vor nationalen Gerichten. Gleichzeitig stellt sich bei Umweltschäden außerhalb der nationalen Gerichtszuständigkeit das Problem, wer einen solchen Anspruch geltend machen können soll (locus standi). Dies könnte durch Staaten, internationale Organisationen oder private Interessenvereinigungen erfolgen. Somit sind zentrale Themen bei den Beratungen zu internationalen umweltrechtlichen Haftungsübereinkommen, welche Schäden ersetzt werden können, wer haften, wie streng der Verschuldensmaßstab gestaltet werden soll, wen die Beweispflicht trifft und ob die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung zuzulassen ist. Zudem ist stets der Ersatz von Beeinträchtigungen nichtmaterieller Güter und indirekter wirtschaftlicher Einbußen, vor allem in touristischen Gebieten, fraglich4. Ähnlich wie im nationalen Delikts2 Für eine ausführliche Darstellung vgl. L. Bergkamp, Liability and Environment, The Hague u. a. 2001, S. 259 ff.; siehe auch L. de La Fayette, The Concept of Environmental Damage in International Liability Regimes, in: M. Bowman/A. E. Boyle (Hrsg.), Environmental Damage in International and Comparative Law, Oxford/ New York 2002, S. 149–189; Studie des UNEP-Sekretariats, Liability & Compensation Regimes Related to Environmental Damage, Expert Meeting 2002, , Stand 15.3.2005; J. G. Lammers, International Responsibility and Liability for Damage Caused by Environmental Interferences, Environmental Policy and Law 31 (2001), 42–50 und 94–105. 3 Vgl. dazu im Rahmen der Arbeit der Entschädigungskommission der UN nach dem Ersten Golfkrieg mit konkreten Definitionsvorschlägen: R. Mackenzie/R. Khalastchi, Liability and Compensation for Environmental Damage in the Context of the Work of the United Nations Compensation Commission, RECIEL 5 (1996), 281–289 (285 f.) sowie P. Sands/R. B. Stewart, Valuation of Environmental Damage – US and International Law Approaches, RECIEL 5 (1996), 290–296, passim.

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recht müssen auch Schwierigkeiten des Nachweises einer unmittelbaren oder mittelbaren Kausalität (Zurechnungszusammenhang) und die damit verbundenen Probleme der überholenden Kausalität oder der Unterbrechung des Kausalverlaufs gelöst werden5. Dabei ist natürlich stets zu bedenken, inwieweit nationale Maximen der zivilrechtlichen Haftung auf die internationale Ebene unverändert übertragen werden können. Die Lösung, die überwiegend in den existierenden internationalen Abkommen im Bereich der Umwelthaftung gewählt wurde, ist eine strikte Einschränkung auf einen engen Kreis von Haftungsverpflichteten (in aller Regel den Verursacher) und Anspruchsinhabern sowie auf genau festgelegte Anspruchsinhalte und oftmals auch auf Haftungshöchstgrenzen6. Die Haftung für Umweltschäden per se wird zumeist auf die Kosten von notwendigen und angemessenen Sanierungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen beschränkt, was allerdings wiederum zu Schwierigkeiten bei der Auslegung der Begriffe „angemessen“ und „notwendig“ führt7.

III. Das internationale vertragliche Haftungs- und Entschädigungsregime Zur Regelung der zivilrechtlichen Haftung im Falle von Öltankerunfällen wurde Ende der sechziger und zu Beginn der siebziger Jahre nach dem Unfall der „Torrey Canyon“ (1967) ein zweigliedriges internationales Regime etabliert, das im Wesentlichen auf zwei Abkommen beruht8. 1969 wurde das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden verabschiedet, das nunmehr in seiner durch das Protokoll von 1992 geänderten Fassung gilt (Haftungsübereinkommen von 1992)9. Damit verbunden ist das ebenfalls 1992 neu gefasste, ursprünglich 1971 verabschiedete Internationale Übereinkommen über die Errichtung ei4 G. Gauci, Oil Pollution at Sea: Civil Liability and Compensation of Damage, Chichester u. a. 1997, S. 28 ff.; P. Wetterstein, Trends in maritime environmental impairment liability, LMCLQ 21 (1994), 230–247 (234); vgl. auch A. Rest, Berührungen des völkerrechtlichen und zivilrechtlichen Schadenersatzes im internationalen Umweltrecht?, in: M. Bothe/M. Prieur/G. Ress (Hrsg.), Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, Berlin 1984, S. 223–241 (235 ff.). 5 Vgl. C. Herbst, Risikoregulierung durch Umwelthaftung und Versicherung, Berlin 1996, S. 78 ff. 6 Vgl. die im Anhang aufgeführten Übereinkommen. 7 Sands/Stewart (Anm. 3), S. 292 ff. 8 Vgl. allgemein R. Wolfrum/C. Langenfeld, Umweltschutz durch internationales Haftungsrecht, Berlin 1999, S. 6 ff.; M. Faure/Wang H., The International Regimes for the Compensation of Oil-Pollution Damage: Are they Effective?, RECIEL 12 (2003), 242–253; Wetterstein 1994 (Anm. 4), S. 233 ff.

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nes Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (Fondsübereinkommen von 1992)10. Vor In-Kraft-Treten der Konventionen in ihrer ursprünglichen Fassung 1975 bzw. 1994 wurde eine Entschädigung schlicht durch freiwillige und weniger strenge Vereinbarungen der Ölindustrie wie TOVALOP (Tanker Owners Voluntary Agreement concerning Liability for Oil Pollution, 1969) und CRISTAL (Contract Regarding an Interim Supplement to Tanker Liability for Oil Pollution, 1971) gefördert, die im Februar 1997 außer Kraft traten11. Ziel der beiden internationalen Abkommen über Ölverschmutzungsschäden ist die angemessene, unverzügliche und wirksame Entschädigung von betroffenen Personen, doch ist zu beachten, dass die Übereinkommen in ihrem räumlichen Anwendungsbereich begrenzt sind und nicht alle Ansprüche der verschiedenen Berechtigten abschließend regeln12. 1. Das Internationale Übereinkommen von 1992 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (Haftungsübereinkommen von 1992) a) Anwendungsbereich aa) Sachlicher und personeller Anwendungsbereich Das Haftungsübereinkommen von 1992 gilt zunächst nur für Seeschiffe, die beständiges Öl tatsächlich in ihrem Bulk befördern und zu diesem Zweck gebaut oder hergerichtet worden sind (Tankschiffe), aber auch für Folgefahrten solcher Schiffe nach dem Transport von Öl, soweit nicht nach9 BGBl. 1996 II, S. 671; in der Fassung des Protokolls von 1992 in Kraft getreten, auch für die Bundesrepublik Deutschland, am 30.5.1996; 105 Vertragsstaaten, entspricht 93,52% der Welttonnage, Stand 15.3.2005. 10 BGBl. 1996 II, S. 686; in der Fassung des Protokolls von 1992 in Kraft getreten, auch für die Bundesrepublik Deutschland, am 30.5.1996; 93 Vertragsstaaten, entspricht 88,49% der Welttonnage, Stand 15.3.2005; das Fondsübereinkommen von 1971 ist am 24.5.2002 außer Kraft getreten. 11 Vgl. P.-M. Dupuy, The Preservation of the Marine Environment, in: R.-J. Dupuy/D. Vignes (Hrsg.), A Handbook on the New Law of the Sea, Vol. 2, Dordrecht u. a. 1991, S. 1151–1232 (1158 f.); Gauci 1997 (Anm. 4), S. 25 ff. 12 Das Haftungsübereinkommen und das Fondsübereinkommen von 1992 sind in Kraft für alle Staaten der Europäischen Gemeinschaft außer für Luxemburg (nur Haftungsübereinkommen von 1969), Österreich (keines der Abkommen), Slowakei, Tschechische Republik und Ungarn (jeweils keines der Abkommen) sowie Bulgarien und Rumänien (beide jeweils nur Haftungsübereinkommen von 1992); Kroatien und die Türkei sind Vertragsparteien beider Übereinkommen von 1992; die VR China ist nur Mitgliedstaat des Haftungsübereinkommens von 1992, während die USA keines der Abkommen ratifiziert haben, Stand 15.3.2005.

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gewiesen werden kann, dass keine Rückstände des zuvor transportierten Öls an Bord sind (Art. I Nr. 1). Nicht erheblich ist, ob das Öl als Ladung oder „in den Bunkern des Schiffes“ befördert wurde, d.h. nicht als Schiffsladung transportiert, sondern zum Betrieb des Schiffs verwendet wurde oder dazu bestimmt war (Art. I Nr. 5 a. E.). Nicht erfasst werden somit Ölverschmutzungen durch Schiffe, die nicht als Öltanker gebaut oder zur Beförderung von Öl umgebaut worden sind (Trockenfrachter)13. Diese bedeutende Regelungslücke des Haftungsübereinkommens von 1992 führte schließlich zur Verabschiedung des Internationalen Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Bunkerölverschmutzung am 23. März 2001 (Bunkerölübereinkommen von 2001), das grundsätzlich dem Haftungsregime des Übereinkommens von 1992 entspricht, allerdings bisher noch nicht in Kraft getreten ist14. Bis zu seinem In-Kraft-Treten15 ist eine diesbezügliche Haftung nur nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts und nach nationalem Haftungsrecht möglich. Von dem Haftungsübereinkommen von 1992 nicht erfasst werden zudem Kriegsschiffe und staatseigene bzw. staatlich betriebene Schiffe, die nicht zu gewerblichen Zwecken eingesetzt werden (Art. XI Abs. 1). Ist ein Staat Eigentümer eines zu gewerblichen Zwecken genutzten Schiffes, so kann dieser vor den zuständigen Gerichten haftbar gemacht werden (Art. XI Abs. 2). Entschädigungsberechtigt ist nach Art. I Nr. 2 Haftungsübereinkommen von 1992 jede natürliche und juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts einschließlich Staaten und deren Gebietskörperschaften. Nachzuweisen ist nur, dass der Betroffene einen Verschmutzungsschaden aufgrund des Schadensereignisses erlitten hat. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Schiffseigentümers braucht hingegen nicht bewiesen zu werden. Ausgeschlossen sind Forderungen von NGOs und Interessenvereinigungen, die Schäden treuhänderisch geltend machen wollen. Weiterhin findet das Über13 Vgl. M. Jacobsson, Internationales Schadenersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport, Schriften des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht, Reihe A, Heft 90, Hamburg 1998, S. 2; zu den technischen Hintergründen siehe C.-Y. Hwang, Die Reederhaftung für Ölverschmutzungsschäden (insbesondere auf See), Hamburg 1978, S. 6. 14 Vgl. P. Griggs, International Convention on Civil Liability for Bunker Oil Pollution Damage, British Maritime Law Association, 2001, , Stand 15.3.2005; siehe auch die Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Bunkerölverschmutzung von 2001 („Bunkerölübereinkommen“) im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen und zu ratifizieren, ABl. L 256, 25.9.2002, S. 7. 15 Bisher wurde das Bunkerölübereinkommen von 2001 nur von sechs Staaten, darunter Slowenien, Spanien und Zypern, ratifiziert, Stand 15.3.2005. Die notwendige Zahl von Ratifikationen für das In-Kraft-Treten beträgt 18.

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einkommen nur Anwendung, wenn es sich um Schäden handelt, die durch Öl im Sinne der Definition in Art. I Nr. 5 verursacht worden sind. Es muss sich danach um ein beständiges Kohlenwasserstoffmineralöl handeln. Obwohl nicht ausdrücklich genannt, ist hierzu auch Schweröl zu zählen, das als Reststoff nach der Raffinierung von Rohöl zu den in Art. I Nr. 5 ausdrücklich genannten Ölformen übrig bleibt16. Zu den nichtbeständigen Ölen zählen beispielsweise Benzin, leichtes Dieselöl oder Kerosin. bb) Örtlicher Anwendungsbereich Nach Art. II iVm Art. I Nr. 6 und Nr. 7 werden nur solche Verschmutzungsschäden erfasst, die durch das Ausfließen oder Ablassen des geladenen Öls hervorgerufen werden, unabhängig davon, wo dies geschieht, doch werden nur solche Schäden ersetzt, die im Hoheitsgebiet bzw. dem Küstenmeer einschließlich der ausschließlichen Wirtschaftszone eines Staates entstehen. Die Kosten von Schutzmaßnahmen werden allerdings unabhängig davon ersetzt, wo sie getroffen worden sind. Somit fallen Verschmutzungsschäden außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone nicht in den Anwendungsbereich des Haftungsübereinkommens von 1992. Gegebenenfalls außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone getroffene Schutzmaßnahmen können jedoch ersetzt werden, soweit sie angemessen waren (Art. I Nr. 7). b) Haftungsverpflichtete Verpflichtet, die entstandenen Schäden zu ersetzten, ist nach Art. III iVm Art. I Nr. 3 der Eigentümer des Schiffes. Nach der Definition des Abkommens ist Eigentümer derjenige, dem das Schiff gehört bzw. in dessen Name das Schiff in das Schiffsregister eingetragen ist. Gehört das Schiff einem Staat und wird es von einer Gesellschaft betrieben, so ist diese Gesellschaft der Eigentümer. Damit schränkt das Haftungsübereinkommen den Kreis der Verpflichteten im Vergleich zu anderen internationalen Haftungsübereinkommen und nationalen Umwelthaftungsgesetzen sehr weit ein. An sich ist die damit erreichte Klarheit zu begrüßen. Andererseits lädt diese Rechtskonstruktion geradezu zu Manipulationsversuchen ein. Vielfach werden für den Betrieb unsicherer Tanker Einschiffgesellschaften gegründet17. Bestünde nicht daneben die Versicherungspflicht, würde die Haftung damit weitgehend ins Leere laufen. 16

Es handelt sich um eine relativ minderwertige Form des Rohstoffs, der einen besonders hohen Anteil an Asphalten und giftige Schwefelverbindungen enthält und vor allem als günstiger Schiffstreibstoff eingesetzt wird. 17 Vgl. dazu Robert (Anm. 1), S. 25 ff.

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Hervorzuheben ist auch, dass es auf ein Verschulden grundsätzlich nicht ankommt. Eine Entschädigungspflicht entsteht nach den Grundsätzen der Gefährdungshaftung („strict liability“). Allerdings kann sich der Eigentümer unter Umständen von seiner Haftung befreien. Nicht zu ersetzen hat er gemäß Art. III Abs. 2 und 3 Schäden, die durch Kriegshandlungen, Naturkatastrophen, ausschließlich durch absichtliches Handeln eines Dritten oder ausschließlich durch unsachgemäße (staatliche) Navigationshilfen verursacht worden sind. Weiterhin sieht das Übereinkommen die Möglichkeit einer Haftungsbefreiung des Eigentümers gegenüber geschädigten Dritten vor, die Verschmutzungsschäden mitverursacht haben (Art. III Abs. 3). Der Eigentümer kann zudem Kosten, die ihm durch eigene Schutzmaßnahmen gegen Verschmutzungsschäden entstanden sind, sowohl gegenüber dem nach dem jeweiligen Ereignis neu eingerichteten Fonds (Art. V Abs. 8) als auch gegenüber dem Internationalen Entschädigungsfonds für Ölverschmutzungsschäden (Art. 4 Abs. 1 a. E. Fondsübereinkommen von 1992) geltend machen. Weitergehende Ansprüche gegen den Eigentümer auf Ersatz von Verschmutzungsschäden aufgrund anderer internationaler oder nationaler Rechtsgrundlagen schließt Art. III Abs. 4 iVm Art. XII aus. Gleichzeitig werden jegliche Ansprüche gegen Bedienstete des Eigentümers, die Besatzung, Lotsen, Charterer18, Ausrüster oder Betreiber des Schiffes sowie gegen die an Bergung und Schutzmaßnahmen beteiligten Personen ausgeschlossen, wenn sie die Schäden nicht mindestens leichtfertig und wider besseres Wissen verursacht haben. Wurde der Schaden demnach ausschließlich durch einen Dritten oder durch vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln verursacht, so kann dies zu einer (Rückgriffs-)Haftung Dritter führen. Dies können außer den zuvor Genannten auch Klassifizierungsgesellschaften sein19. Eine subsidiäre Staatshaftung für den Fall, dass der Eigentümer nicht für die Schäden aufkommt, ist nicht vorgesehen. Ein Schadensersatzanspruch kann jedoch direkt gegen den Versicherer des Eigentümers oder einen anderen Sicherungsgeber geltend gemacht werden (Art. VII Abs. 8)20.

18 Für das Verhältnis von Schiffseignern zu Charterern vgl. R. O. Phillips, Charterer’s Point of View, in: C. M. de la Rue (Hrsg.), Liability for Damage to the Marine Environment, London u. a. 1993, S. 155–167. 19 Vgl. P. F. Cane, The liability of classification societies, LMCLQ 21 (1994), 363–376, passim; Gauci 1997 (Anm. 4), S. 108 f. 20 Siehe unten 2. a).

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c) Zu ersetzende Schäden Wie bereits dargelegt, sind alle durch das Schadensereignis verursachten Verschmutzungsschäden und Kosten der Schutzmaßnahmen zu ersetzen. Seit In-Kraft-Treten des Protokolls von 1992 können Kosten für Schutzmaßnahmen selbst dann ersetzt werden, wenn eine ernsthafte und gegenwärtige Gefahr von Verschmutzungsschäden vorlag, es aber zu einem Auslaufen von Öl nicht gekommen ist (Art. I Nr. 6b iVm Nr. 7 und 8). Schadensersatz für allgemeine Beeinträchtigungen der Umwelt (Umweltschaden), ausgenommen der aufgrund einer solchen Beeinträchtigung entgangene Gewinn, wird auf die Kosten tatsächlich ergriffener oder zu ergreifender angemessener Wiederherstellungsmaßnahmen beschränkt (Art. I Nr. 6a)21. Mit dieser Vorschrift werden zum einen die zuvor beschriebenen Probleme einer Definition und Evaluation des Umweltschadens umgangen, zum anderen sollte dadurch eine Regelungslücke in dem Haftungsübereinkommen von 1969 geschlossen werden, da zuvor nationale Gerichte einen „Umweltschaden“ abhängig von den jeweiligen nationalen Umsetzungsakten und Spezialgesetzen unterschiedlich interpretieren konnten22. Auch nach In-Kraft-Treten des Protokolls von 1992 gab es jedoch unterschiedliche Auslegungen des Begriffs der „angemessenen Wiederherstellungsmaßnahmen“ für Umweltbeeinträchtigungen, da – wie dargestellt – für das Angemessenheitsurteil die Kosten der Wiederherstellungsmaßnahmen nicht zu einem Wert der Umwelt in Verhältnis gesetzt werden können. Zudem erlaubt Art. III Abs. 4 den Vertragsstaaten, nationale Gesetze zu verabschieden, die eine Haftung für solche Schäden begründen, die nicht von der Definition des „Verschmutzungsschadens“ in dem Haftungsübereinkommen von 1992 und damit nicht von der Ausschließlichkeitsregel des Art. III Abs. 4 erfasst sind. Somit ist die Diskussion um die rechtliche Beurteilung von Schäden an natürlichen Ressourcen nicht verstummt23. Um Streitigkeiten hinsichtlich der vorgenommenen Wiederherstellungsmaßnahmen vorzubeugen, finden in der Regel Beratungen zwischen den zuständigen staatlichen Stellen, dem Schiffseigentümer, seinem Sicherheitsgeber und dem Internationalen Entschädigungsfonds für Ölverschmutzungsschäden statt24. 21 Vgl. C. E. Edye, Die Haftung des Reeders für Dritt- und Umweltschäden beim Seetransport gefährlicher Güter, Kehl am Rhein 1993, S. 35 ff.; Jacobsson (Anm. 13), S. 15 ff. 22 M. Mason, Civil liability for oil pollution damage: examining the evolving scope for environmental compensation in the international regime, Marine Policy 27 (2003), 1–12 (3); Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 18 ff. 23 Vgl. nur E. H. P. Brans, Liability and Compensation for Natural Resource Damage under the International Oil Pollution Conventions, RECIEL 5 (1996), 297– 304 (299 f.); ders., Liability for Damage to Public Natural Ressources, The Hague u. a. 2001, passim.

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Der Internationale Entschädigungsfonds hat außerdem unverbindliche Leitlinien für die Beurteilung der Angemessenheit publiziert. Danach soll eine „objektive Einschätzung“ basierend auf den verfügbaren konkreten Informationen und nicht auf Grundlage theoretischer Wertschätzungen erfolgen, welche die Verhältnismäßigkeit und voraussichtliche Wirksamkeit der Maßnahmen berücksichtigt25. Noch immer besteht zudem Klärungsbedarf hinsichtlich des Ersatzes von Vorhaltekosten für Spezialschiffe und Notfallausrüstungen für Schadensfälle, die bisher nur anteilsmäßig ersetzt worden sind26. d) Höhe des Schadensersatzes Der Eigentümer hat nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 grundsätzlich die Möglichkeit, seine Haftung auf einen Höchstbetrag zu beschränken (Art. V). Dieser Betrag wird in Sonderziehungsrechten des IWF nach den Raumgehaltseinheiten des Schiffes errechnet und muss in Form eines Fonds eingerichtet werden. Die Haftungsbeschränkung kann nur dann durchbrochen werden, wenn der Eigentümer nachweislich absichtlich Verschmutzungsschäden herbeiführen wollte oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass entsprechende Schäden eintreten können. Nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 stand im Vergleich zu dem Abkommen von 1969 bereits eine wesentlich höhere Summe von bis zu 59,7 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 72,8 Mio. EUR) zur Verfügung27. Da jedoch schon bald nach den Havarien der „Nakhodka“ vor Japans Küsten und der „Erika“ deutlich wurde, dass auch diese Summe für eine vollständige Entschädigung nicht ausreichen würde, wurde am 18. Oktober 2000 mit Wirkung zum 1. November 2003 eine weitere Einschränkung der Haftungsbegrenzung vereinbart und somit das Haftungslimit auf 89,8 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 109 Mio. EUR) erhöht28. Der Haftungsbegren24

Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 15. IOPC-Fonds, Claims Manual, S. 23 ff., , Stand 15.3.2005; vgl. auch Jacobsson (Anm. 13), S. 18 f.; G. M. Gauci, Protection of the Marine Environment through the International Ship-Source Oil Pollution Compensation Regimes, RECIEL 8 (1999), 29–36 (32); E. H. P. Brans, The Braer and the Admissibility of Claims for Pollution Damage under the 1992 Protocols to the Civil Liability Convention and the Fund Convention, Environmental Liability 3 (1995), 61–69 (63 ff.). 26 Jacobsson (Anm. 13), S. 14 f. 27 Die aktuellen Umrechnungskurse sind unter abrufbar, Stand 15.3.2005. 28 Vgl. auch die Verordnungen vom 29.10.2001, BGBl. 2001 I, S. 2785 und vom 22.3.2002, BGBl. 2002 I, S. 943. 25

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zungsfonds wird unter den Geschädigten im Verhältnis der Höhe ihrer nachgewiesenen Forderungen verteilt (Art. V Abs. 4). Soweit ein Kläger Zugang zu dem den Fonds verwaltenden Gericht hat und der Fonds zur Befriedigung des Anspruchs tatsächlich verwendet werden kann, sind weitergehende Ansprüche gegen den Eigentümer ausgeschlossen (Art. VI). Zudem ermöglicht die Errichtung eines solchen Fonds die Freigabe des unter Umständen beschlagnahmten Schiffes oder anderer Vermögenswerte des Eigentümers29. Anders als beispielsweise im Falle des Bunkerölübereinkommens von 2001 besteht somit in der Regel nicht die Notwendigkeit, das Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen von 197630 auf das Haftungsübereinkommen von 1992 anzuwenden31. e) Verjährung und Gerichtsstand Schadensersatzansprüche nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 müssen innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Schadens erhoben werden. Unabhängig vom Zeitpunkt des individuellen Schadenseintritts ist die Erhebung von Klagen nach Ablauf von sechs Jahren nach dem Schadensereignis nicht mehr möglich (Art. VIII). Grundsätzlich sind die Gerichte des Staates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Schäden entstanden bzw. die Schutzmaßnahmen getroffen worden sind (Territorialitätsprinzip). Eine ausschließliche Zuständigkeit besteht nach Einrichtung eines Haftungsbegrenzungsfonds für die Gerichte des Staates, in dem der Fonds errichtet worden ist. Nach Rechtswegerschöpfung wird ein ergangenes Urteil in allen Vertragsstaaten anerkannt und ist dort vollstreckbar. 2. Versicherungen Jedem Eigentümer eines Tankschiffs, das in das Schiffsregister eines Vertragsstaates des Haftungsübereinkommens von 1992 eingetragen ist und mehr als 2.000 Tonnen Öl als Bulkladung befördert, wird gemäß Art. VII Haftungsübereinkommen von 1992 eine Versicherungspflicht in Höhe des für das Schiff zulässigen Haftungshöchstbetrags auferlegt, die gegebenenfalls durch eine gleichwertige Sicherheit ersetzt werden kann. Auf dem Gebiet der Umwelthaftung gilt eine Deckungsvorsorge in Form einer Versi29

Vgl. zu den Befugnissen des Hafenstaates den Beitrag von Bianca Dormuth. BGBl. 1986 II, S. 787; in Kraft getreten am 1.12.1986, für die Bundesrepublik Deutschland am 1.9.1987; siehe auch das Protokoll von 1996, BGBl. 2000 II, S. 791, das die Haftungshöchstbeträge bedeutend erhöht und am 13.5.2004 in Kraft getreten ist. 31 Vgl. für mögliche Ausnahmen: Gauci 1997 (Anm. 4), S. 161 f. 30

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cherung als der wirksamste Weg, um eine effektive Schadensbehebung nach dem Verursacherprinzip zu gewährleisten und gleichzeitig eine Streuung der Risiken zu ermöglichen. Die Versicherung für Öltankschiffe wird in aller Regel durch einen der weltweit operierenden „Protection and Indemnity Clubs“ (P&I Clubs) gewährt. a) Die Versicherungspflicht nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, Schiffen unter ihrer eigenen Flagge Handel nur mit einer gültigen Bescheinigung zu gestatten und darüber hinaus für jedes Schiff, das über 2.000 Tonnen Öl als Bulkladung befördert und einen Hafen in ihrem Hoheitsgebiet oder einen Umschlagplatz vor der Küste anläuft, sicherzustellen, dass eine Versicherung oder entsprechende Sicherheit besteht (Art. VII Abs. 10 und 11). Die Kontrolle erfolgt durch die zuständige Behörde des Vertragsstaates, die auch eine entsprechende Bescheinigung ausstellt32. Für staatseigene Tankschiffe gilt die Versicherungspflicht nicht, doch muss gleichwohl eine Bescheinigung über die Deckung des jeweiligen Haftungshöchstbetrags vorliegen. Hervorzuheben ist, dass für Schiffe, die nicht in das Schiffsregister eines Vertragsstaats des Haftungsübereinkommens von 1992 eingetragen sind, jeder Vertragsstaat die Möglichkeit hat, eine solche Bescheinigung auszustellen, so dass auch für Schiffe, die in keinem Vertragsstaat registriert oder in einem Staat eingetragen sind, der bisher nur das Haftungsübereinkommen von 1969 ratifiziert hat, der erhöhte Haftungsbetrag des Übereinkommens von 1992 gelten kann. Die Versicherungssumme ist selbst dann auszuzahlen, wenn dem Eigentümer vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln nachgewiesen werden kann (Art. V Abs. 11), doch kann die Versicherung ebenfalls ihre Haftung durch die Einrichtung eines Fonds begrenzen. Hat die Versicherung bereits vor Verteilung eines solchen Haftungsbegrenzungsfonds Schadensersatz an Dritte erbracht, so fallen ihr die Ansprüche des Dritten gegen diesen Fonds zu (Art. V Abs. 5). Umgekehrt kann der Internationale Entschädigungsfonds nach Entschädigungszahlungen Ansprüche des Entschädigten gegen den Sicherheitsgeber erhalten (Art. 9 Abs. 1 Fondsübereinkommen von 1992). Nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 ist es auch möglich, 32 Dies ist in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, vgl. Verordnung über die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Ölschadengesetz (Ölhaftungsbescheinigungs-Verordnung) vom 30.5.1996, BGBl. 1996 I, S. 707, in der Fassung vom 21.8.2002, BGBl. 2002 I, S. 3322.

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direkt den Versicherer oder einen anderen Sicherungsgeber auf Entschädigung zu verklagen, ohne zuvor den Anspruch bei dem Eigentümer geltend machen zu müssen (Art. VII Abs. 8). Dies sichert eine Entschädigung auch für den Fall, dass der Schiffseigner nicht oder nur schwer auffindbar ist. Auch in diesem Fall kann der Beklagte (in der Regel die Versicherungsgesellschaft) die Haftung auf einen Haftungshöchstbetrag begrenzen, unabhängig davon, ob der Eigentümer dazu berechtigt war. Schwierig zu beurteilen bleibt die Frage, ob auch Schäden an natürlichen Ressourcen trotz der nur bedingt möglichen Evaluation versicherbar sind. Solche Versicherungen existieren in den USA und werden sich nun nach der Verabschiedung der europäischen Umwelthaftungsrichtlinie wohl auch in Europa entwickeln33. b) Exkurs: P&I Clubs Entgegen der Versicherung von Schiffen durch private Versicherungsunternehmen erfolgt die Versicherung von Verschmutzungsschäden durch den Zusammenschluss von Schiffseigentümern in P&I Clubs, mittels derer die Eigentümer sowohl Versicherer als auch Versicherte werden34. Dies hat zur Folge, dass alle in dem Club zusammengeschlossenen Schiffseigentümer für Unfälle anteilig haften, so dass ein hohes Eigeninteresse an der Vermeidung von Verschmutzungsschäden besteht35. Es handelt sich daher oftmals 33

Siehe dazu unten Abschn. V. 1. und VI. 2. sowie die Gutachten zu dem europäischen Weißbuch zur Umwelthaftung von M. G. Faure/D. Grimeaud, Financial Assurance Issues of Environmental Liability, in: M. G. Faure (Hrsg.), Deterrence, Insurability, and Compensation in Environmental Liability, Wien/New York 2003, S. 7–255; von J. Boyd, A Market-Based Analysis of Financial Insurance Issues Associated with US Natural Ressource Damage Liability, in: Faure (Hrsg.) ebd., S. 258–302 und von C. Lahnstein, A Market-Based Analysis of the Financial Assurance Issues of Environmental Liability Taking Special Account of Germany, Austria, Italy and Spain, in: Faure (Hrsg.) ebd., S. 303–330; kritisch L. Bergkamp, Environmental Risk Spreading and Insurance, RECIEL 12 (2003), 269–283 (277 ff.); für einen Vergleich zwischen Entschädigungsfonds und Versicherungen siehe R. Gütersloh, Umwelthaftungsfonds, Karlsruhe 1999, S. 151 ff. sowie die Beiträge in A. Endres/E. Rehbinder/R. Schwarze, Haftung und Versicherung für Umweltschäden aus ökonomischer und juristischer Sicht, Berlin u. a. 1992; Herbst (Anm. 5), S. 180 ff. 34 Vgl. zu Hintergrund und Entwicklung: P. Bennett, Mutual risk: P&I insurance clubs and maritime safety and environmental performance, Marine Policy 25 (2001), 13–21; Gauci 1997 (Anm. 4), S. 209 ff.; J. C. Bongaerts/A. F. M. de Bièvre, Insurance for Civil Liability and Compensation for Marine Oil Pollution, Internationales Institut für Umwelt und Gesellschaft, Gutachten dp 86-3, Berlin 1986, S. 18 ff.; W. Kebschull, Grundsätze der Protection- und Indemnity-Versicherung, Hamburg 1967. 35 Für eine kritische Beurteilung des Präventionseffekts von P&I Clubs siehe Bennett (Anm. 34), S. 15 ff.; Robert (Anm. 1), S. 50.

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um Verbindungen mit einer enorm großen Mitgliederzahl, was eine weite Streuung des Risikos ermöglicht36. Die Versicherungsprämie richtet sich nach einer jährlich erfolgenden Gesamtbewertung der versicherten Tonnage und einer Risikoeinschätzung, die unter anderem auf dem Zustand und der bisherigen Unfallstatistik der Schiffe beruht. Diese Schätzung kann unter Berücksichtigung der tatsächlich zu zahlenden Entschädigungssummen erhöht werden. Mehrere P&I Clubs haben sich, um die Versicherung größerer Risiken und eine effektivere Interessenvertretung zu ermöglichen, zu einer „International Group“ zusammengeschlossen37. Damit wird gleichzeitig sichergestellt, dass Schiffseigentümer mit einer hohen Unfallwahrscheinlichkeit nicht einfach von einem Club zu einem anderen wechseln können, um die Versicherungsprämie niedrig zu halten. Allerdings existieren vergleichbar zu den „Billigflaggen“ auch Versicherer, die für eine geringe Prämie einen Versicherungsschutz gewähren, damit die Schiffseigentümer die notwendige Haftungsbescheinigung erhalten können. Wie im Versicherungsgewerbe üblich und im Bereich der Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden notwendig, gibt es wiederum Rückversicherungsgesellschaften, die in besonders kostenintensiven Schadensfällen die Liquidität der P&I Clubs zu sichern suchen. 3. Das Internationale Übereinkommen von 1992 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (Fondsübereinkommen von 1992) Der Internationale Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (IOPC-Fonds) bildet die zweite Säule des internationalen Haftungsund Entschädigungsregimes und ist sekundär zu der Haftung nach dem Haftungsübereinkommen von 1992. Der Internationale Entschädigungsfonds ist eine juristische Person, die sowohl von der IMO als auch von den Vereinten Nationen unabhängig ist und durch ein Sekretariat in London verwaltet wird. Neben der Entschädigungsaufgabe gewährt der Fonds den Vertragsstaaten auch finanzielle und logistische Hilfe bei Schutzmaßnahmen, die gegen Ölverschmutzungsschäden ergriffen werden. Der Fonds von 1971 war bis zu seinem Außerkrafttreten in 117 Schadensereignisse eingebunden und hat bis 2002 507 Mio. US-$ an Entschädigung ausgezahlt. Der Fonds von 1992 wurde innerhalb von zehn Jahren in 19 Fällen aktiv und hat bis zu diesem Zeitpunkt ca. 140 Mio. US-$ an Entschädigungsberechtigte bezahlt. Nur im Zusammenhang mit sieben Ereignissen kam es dabei zu 36 Nach Bennett (Anm. 34) werden bis zu 8.000 Schiffe von einem P&I Club versichert. 37 Kebschull (Anm. 34), S. 77 f.

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Gerichtsverfahren, während die große Mehrzahl der Entschädigungsfälle außergerichtlich geregelt werden konnte38. Vor allem der Untergang der beiden Tanker „Erika“ und „Prestige“ hat in der jüngsten Vergangenheit zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt. a) Grundzüge des Entschädigungsregimes Der personelle, sachliche und örtliche Anwendungsbereich des Fondsübereinkommens von 1992 entspricht dem des Haftungsübereinkommens. Art. 2 Abs. 1 lit. a Fondsübereinkommen von 1992 bestimmt, dass eine Entschädigung durch den Fonds nur geleistet wird, „soweit der durch das Haftungsübereinkommen von 1992 gewährte Schutz nicht ausreicht“, und in Art. 4 Abs. 1 heißt es, dass der Fonds jedem Berechtigten eine Entschädigung zahlt, „wenn der Betreffende nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 nicht voll und angemessen für den Schaden entschädigt werden konnte“. Voraussetzung ist daher, dass entweder (1) kein Anspruch auf Schadensersatz nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 besteht, da sich der Schiffseigentümer auf einen Ausschlussgrund in Art. III Abs. 2 Haftungsübereinkommen von 1992 berufen kann, (2) der Eigentümer finanziell zur Entschädigung nicht in der Lage ist und die Versicherungssumme nicht ausreicht oder am häufigsten (3) der Schaden den Haftungshöchstbetrag des Schiffseigners übersteigt. Sollte der Eigentümer seine Haftung nicht durch die Einrichtung eines Fonds nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 begrenzt haben, so wird der IOPC-Fonds nur in Ausnahmefällen und nach einer Entscheidung der ihn verwaltenden Versammlung tätig. Wie im Fall der „Prestige“, in dem aus dem gesunkenen Tankschiff noch jahrelang Öl austreten kann, und somit die Gesamtsumme der entstandenen Schäden auf lange Zeit nicht abzusehen ist, kann der Fonds entscheiden, dass vorerst nur anteilig Entschädigungszahlungen geleistet werden (Art. 4 Abs. 5). Für die Entschädigung nach der Havarie der „Prestige“ steht beispielsweise eine relativ kleine Summe von 171,5 Mio. EUR zur Verfügung39. Daher hat der Exekutivausschuss der Versammlung des Fonds in Anbetracht der geschätzten Schäden entschieden, dass die auszuzahlende Entschädigung vorerst auf 15% des tatsächlich festgestellten 38

IOPC-Fonds, Press Note: 1971 Fund Convention to Terminate, S. 2, , Stand 15.3.2005; vgl. auch den Jahresbericht des Fonds 2003, Stand 15.3.2005. 39 Im Februar 2005 gaben Spanien, Frankreich und Portugal Kosten in Höhe von insgesamt 1.330 Mio. EUR in Zusammenhang mit dem „Prestige“-Unglück an, vgl. IOPC-Fonds, Incidents involving the 1992 Fund – Prestige, Note by the Director, , Stand 15.3.2005.

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Anspruchs begrenzt wird, um zumindest eine anteilige Entschädigung der bereits geltend gemachten Ansprüche zu ermöglichen. Die Entschädigungshöhe wird im Lichte der genaueren Gesamtschadensfeststellung regelmäßig überprüft40. Bei Bewertung der Schäden und Regulierung der Ansprüche arbeitet der Fonds sehr eng mit den Versicherern, d.h. in der Regel mit einem der P&I Clubs, zusammen41. Der Internationale Entschädigungsfonds ist von seiner Entschädigungspflicht unter den gleichen Umständen befreit, wie sie bereits für das Haftungsübereinkommen dargestellt worden sind, allerdings muss der Fonds die Kosten für Schutzmaßnahmen selbst dann ersetzen, wenn diese von Personen ergriffen worden sind, die Verschmutzungsschäden selbst verursacht haben (Art. 4 Abs. 3 a. E.). Weiterhin hat der Fonds, anders als der Eigentümer oder der Sicherheitsgeber, auch dann Ersatz in voller Höhe zu leisten, wenn das Ereignis durch ein außergewöhnliches, unvermeidbares und unabwendbares Naturereignis verursacht worden ist (Art. 4 Abs. 4 lit. b). Nach der Auszahlung einer Entschädigung tritt der Fonds in die Ansprüche des Entschädigten gegen den Eigentümer oder den Sicherheitsgeber ein (Art. 9 Abs. 1). Entsprechend bestimmt Art. 9 Abs. 3, dass Vertragsstaaten oder deren Stellen, die nach innerstaatlichem Recht Schadensersatzzahlungen geleistet haben, in die Rechte des Empfängers eintreten, die diesem gegen den Fonds zustehen. Die Entschädigungshöhe des Fonds war bisher für ein einzelnes Schadensereignis unter Anrechnung des nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 geleisteten Schadensersatzes auf 135 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 164,5 Mio. EUR), bei erhöhten Ölumschlagskapazitäten auf 200 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 243,7 Mio. EUR) begrenzt (Art. 4 Abs. 4). Durch Änderungen im Jahr 2000 wurde mit deren In-Kraft-Treten am 1. November 2003 diese Summe auf 203 bzw. 300,74 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 247,3 Mio. EUR bzw. 366,4 Mio. EUR) erhöht.

b) Finanzierung des Fonds Der Fonds finanziert sich aus den Jahresbeiträgen aller natürlichen und juristischen Personen eines Vertragsstaates, die innerhalb eines Jahres mehr als 150.000 Tonnen auf dem Seeweg transportierten Roh- oder Heizöls entweder direkt in Häfen oder Umschlagplätzen im Hoheitsgebiet dieses Staates oder, wenn es sich um in einem Nichtvertragsstaat gelöschtes Öl han40 Vgl. IOPC-Fonds, Bericht zu dem „Prestige“-Unglück, , Stand 15.3.2005. 41 Jacobsson (Anm. 13), S. 11 f.

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delt, in Anlagen des Vertragsstaats erhalten haben (Art. 10 Abs. 1). Die von assoziierten Gesellschaften erhaltenen Einzelmengen werden zum Zwecke der Mengenberechnung zusammengerechnet. Damit haftet neben dem Eigentümer des Tankers und seinem Sicherheitsgeber mittelbar vor allem die ölverarbeitende Industrie, die über den Seeweg transportiertes Öl erhält. Die Höhe des zu entrichtenden Beitrags wird nach einer jährlichen Veranschlagung des von dem Fonds benötigten Gesamtbetrags für jede natürliche oder juristische Person eines Vertragsstaats unter Berücksichtigung der laufenden Kosten und der Entschädigungszahlungen des Fonds berechnet und richtet sich nach der im vorangegangenen Jahr erhaltenen Gesamtmenge beitragspflichtigen Öls (Art. 12 Abs. 2). Die Verantwortung für die pünktliche Entrichtung der Beiträge trägt dabei primär der Vertragsstaat, in dem das Öl umgeschlagen wird (Art. 13 Abs. 2). Weiterhin ist der Vertragsstaat verpflichtet, eine Liste der beitragspflichtigen Personen zu führen und den Fonds über die erhaltenen Mengen Öl zu informieren42. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zu einem Schadensersatzanspruch des Fonds gegen den Vertragsstaat führen (Art. 15 Abs. 4). Darüber hinaus kann der Fonds auch Darlehen zur Befriedigung der Ansprüche aufnehmen (Art. 12 Abs. 1 [i] lit. b). 4. Reform des internationalen vertraglichen Haftungs- und Entschädigungsregimes a) Das Fakultativprotokoll von 2003 Nach den Havarien der „Patmos“, „Haven“ und „Erika“ haben vor allem Frankreich und Italien Reformvorschläge in die im April 2000 von der Versammlung des IOPC-Fonds etablierte Arbeitsgruppe zur Reform des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes eingebracht. Die ursprüngliche Aufgabe der Arbeitsgruppe bestand zunächst in der Ausarbeitung eines Protokollentwurfs zur Etablierung einer fakultativen dritten Entschädigungssäule in Form eines weiteren Fonds, der eine Entschädigung für Verschmutzungsschäden in Vertragsstaaten des Protokolls jenseits der Höchstbeträge von 1992 ermöglichen sollte. Das Entschädigungspotential erwies sich selbst nach der Erhöhung der Höchstbeträge im Jahr 2000 als unzureichend. 42 Vgl. für die Bundesrepublik Deutschland: Verordnung zur Ermittlung der zum Internationalen Entschädigungsfonds für Ölverschmutzungsschäden nach dem Ölschadengesetz beitragspflichtigen Ölmengen (Ölmeldeverordnung) vom 10.6.1996, BGBl. 1996 I, S. 812, in der Fassung vom 21.12.2000, BGBl. 2000 I, S. 1956.

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Der Entwurfstext des Protokolls wurde im Oktober 2001 von der Versammlung bestätigt und an den Generalsekretär der IMO weitergeleitet. Vom 12. bis 16. Mai 2003 fand eine von dem Generalsekretär der IMO einberufene Staatenkonferenz statt, auf der das Protokoll von 2003 zum Internationalen Übereinkommen von 1992 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (Internationaler Zusatzentschädigungsfonds von 2003 für Ölverschmutzungsschäden)43 verabschiedet wurde, das ab dem 31. Juli 2003 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde. Es sollte drei Monate nach der Ratifizierung durch mindestens acht Vertragsstaaten des Fondsübereinkommens von 1992 in Kraft treten, auf deren Gebiet während des vorangegangenen Kalenderjahres insgesamt mehr als 450 Mio. Tonnen beitragspflichtigen Öls umgeschlagen wurden (Art. 21)44. Nach der Ratifikation durch Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Japan, Norwegen und Spanien waren diese Voraussetzungen seit dem 3. Dezember 2004 erfüllt, so dass das Protokoll am 3. März 2005 in Kraft treten konnte. Durch das Protokoll wird die maximal zur Verfügung stehende Entschädigungssumme unter Anrechnung der durch die beiden Übereinkommen von 1992 ausgezahlten Beträge auf 750 Mio. Rechnungseinheiten (ca. 1,2 Mrd. EUR) erhöht. Der Entschädigungshöchstbetrag kann durch ein vereinfachtes Änderungsverfahren zukünftigen Bedürfnissen angepasst werden (Art. 24). Funktionsweise und Geltungsvoraussetzungen entsprechen weitestgehend dem IOPC-Fonds, dies gilt insbesondere für den Anwendungsbereich des Protokolls (Art. 3). Einer entsprechenden Empfehlung der Staatenkonferenz folgend, sollen daher das Sekretariat und der Direktor des Internationalen Entschädigungsfonds auch für den Zusatzfonds zuständig sein. Entschädigungsberechtigt sind Opfer von nach dem In-Kraft-Treten des Protokolls entstandenen Verschmutzungsschäden, deren Ansprüche von dem IOPC-Fonds festgestellt worden sind, jedoch nicht vollständig entschädigt werden konnten. Überschreitet die Summe der geltend gemachten Ansprüche die Gesamtsumme der unter dem IOPC-Fonds zur Verfügung stehenden 43

BGBl. 2004 II, S. 1291; vgl. auch „Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Genehmigung der im Interesse der Europäischen Gemeinschaft durch die Mitgliedstaaten erfolgenden Unterzeichnung oder Ratifizierung des oder des Beitritts zum Protokoll von 2003“, 8.9.2003, KOM(2003) 534 endg., nicht im Amtsblatt veröffentlicht, , Stand 15.3.2005. Das Europäische Parlament hat am 12.2.2004 dem Vorschlag zugestimmt und die Mitgliedstaaten aufgefordert, das Zusatzentschädigungsprotokoll bis zum 30.6. 2004 zu unterzeichnen oder zu ratifizieren. Am 2.3.2004 erfolgte die formelle Annahme durch den Rat. 44 Vgl. auch Pressemitteilung der IMO vom 16.5.2003: Better deal for oil pollution victims as IMO adopts third tier of compensation, , Stand 15.3.2005.

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Entschädigung oder droht dies zu geschehen, so entscheidet die Versammlung des Zusatzentschädigungsfonds darüber, ob und in welchem Umfang der noch offene Teil eines festgestellten Anspruchs entschädigt wird. In diesem Fall muss der Geschädigte nicht erneut seinen Anspruch vor dem Zusatzfonds geltend machen (Art. 6 Abs. 2). Auch die Finanzierung entspricht weitestgehend der des Internationalen Entschädigungsfonds. Die Unternehmen, die in einem Vertragsstaat des Fakultativprotokolls mehr als 150.000 Tonnen beitragspflichtigen Öls innerhalb eines Jahres erhalten haben, sind zu Beitragszahlungen verpflichtet soweit die Gesamtmenge des in dem Staat umgeschlagenen Öls 1 Mio. Tonnen übersteigt. Allerdings wird in Art. 14 der Empfang dieser Mindestmenge für die Mitgliedstaaten des Zusatzfonds fingiert, um dessen Liquidität zu gewährleisten. Sollte die Menge empfangenen beitragspflichtigen Öls tatsächlich unter 1 Mio. Tonnen liegen, so übernimmt der Vertragsstaat selbst die Beitragspflichten, soweit für die Gesamtmenge des in Empfang genommenen Öls kein Beitragspflichtiger festzustellen ist. Diese Möglichkeit steht den Vertragsstaaten auch auf freiwilliger Basis zu (Art. 12 Abs. 2). Die Höhe der Beitragszahlungen wird auf Grundlage der zu erwartenden Ausgaben und Einnahmen durch die Versammlung und den Direktor des Zusatzfonds festgelegt. Jedoch darf in den ersten zehn Jahren nach InKraft-Treten des Protokolls bzw. bis die Gesamtmenge beitragspflichtigen Öls in allen Mitgliedstaaten 1.000 Mio. Tonnen erreicht, die jährliche Beitragslast in Bezug auf einen einzelnen Mitgliedstaat einen Anteil von 20% an dem Gesamtbetrag aller Jahresbeiträge nicht übersteigen (Art. 18). Vorgesehen sind auch strenge Durchsetzungsregeln bezüglich der Beitragszahlungen und Informationspflichten der Mitgliedstaaten (Art. 15). Durch das Fakultativprotokoll wird somit nur der ölverarbeitenden Industrie eine größere finanzielle Last aufgebürdet. Die Schiffseigner und Versicherungsgesellschaften sind davon nicht betroffen. Dies hat innerhalb der Reform-Arbeitsgruppe insbesondere die Interessenvertretung der ölverarbeitenden Industrie zu Kritik veranlasst, die beanstandet, dass durch den Zusatzentschädigungsfonds zwar eine höhere Entschädigung ermöglicht, nicht jedoch die Schiffssicherheit und damit die Prävention von Öltankerunfällen verbessert werde45. Dass das Fakultativprotokoll so bald nach seiner Verabschiedung in Kraft getreten ist, beruht nicht nur auf dem Interesse der Vertragsstaaten an einer effektiven und vollständigen Entschädigung der Opfer. Dahinter steht viel45 IOPC-Fonds, Report on the Fifth Meeting of the Third Intersessional Working Group – Review of the International Compensation Regime, Note by the Director, 92FUND/A/ES.7/6, 92 FUND/WGR.3/15, 25.3.2003, S. 3 und 10, , Stand 15.3.2005.

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mehr das Bestreben, die Einheit des internationalen Entschädigungsregimes zu wahren, die durch Pläne innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, mittels eines eigenen Fonds die Entschädigungssumme auf 1 Mrd. EUR zu erhöhen, gefährdet worden wäre46. In der Tat ist die Verabschiedung des internationalen Fakultativprotokolls vorrangig auf das Engagement der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten zurückzuführen. Der Rat (Verkehr) nahm nach der Havarie der „Prestige“ eine verschärfte Haltung ein und bekräftigte in seinen Schlussfolgerungen auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen, dass die Mitgliedstaaten eine Aufstockung der Entschädigungsobergrenze im Rahmen des Internationalen Entschädigungsfonds auf 1 Mrd. EUR unterstützten und, falls diese Änderung bis Ende 2003 nicht bereits in Kraft sein sollte, unverzüglich die Errichtung eines entsprechenden europäischen Fonds anstreben würden47. Zum Zeitpunkt der Staatenkonferenz im Mai 2003 hatte der Vorschlag der Kommission zur Etablierung eines europäischen Entschädigungsfonds vorbehaltlich einer Reihe von Änderungen bereits die Zustimmung des Europäischen Parlaments gefunden. Es war somit allen Teilnehmern klar, dass im Falle eines Scheiterns der diplomatischen Konferenz die EG ihren eigenen Weg gehen würde. Dies zeigt deutlich, welche enorme Durchsetzungskraft der Europäischen Gemeinschaft auf der internationalen Ebene zukommen kann. b) Weitere Reformvorschläge Die weiteren Reformvorschläge in der Arbeitsgruppe betreffen vor allem eine Ausdehnung der Haftung des Schiffseigners, die Schwierigkeiten in Zusammenhang mit Umweltschäden, außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren, den Ersatz von Fixkosten für Notfallausrüstungen, eine Verschärfung der Ölmeldepflichten, das Finanzierungssystem des Fonds, die Definition des Begriffs „Schiff“ im Hinblick auf unbeladene Tankschiffe, die Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung und Auslegung der Übereinkommen und schließlich die Beitragserhebung von Unternehmen, die Öl nicht verarbeiten, sondern nur lagern48. 46

Siehe unten Abschn. V. 2. Vgl. Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Rates bezüglich des Protokolls von 2003 (Anm. 43), S. 4; Faure/Wang (Anm. 8), S. 248. 48 Vgl. hierzu und zu dem Folgenden den Bericht über die fünfte Tagung der Arbeitsgruppe (Anm. 45) sowie die zahlreichen Beiträge der unterschiedlichen Interessenvertretungen auf den Tagungen der Arbeitsgruppe, verfügbar auf dem Dokumentenserver des IOPC-Fonds , Stand 15.3.2005; für einen kritischen Vergleich mit dem US-amerikanischen System und weitere Reformvorschläge siehe G. Little/J. Hamilton, Compensation for catastrophic oil spills: a transatlantic comparison, LMCLQ 24 (1997), 391–405. 47

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Insbesondere Frankreich und die Europäische Kommission dringen darauf, die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit des Schiffseigners unter dem Haftungsübereinkommen von 1992 einheitlich auf 89,77 Mio. Rechnungseinheiten unabhängig von der Größe des Schiffes festzulegen und die Versicherungspflicht auch auf Schiffe, die weniger als 2.000 Tonnen Öl als Bulkladung befördern, auszudehnen. Weiterhin wird eine Ausweitung der Haftung auf den Betreiber oder Charterer diskutiert. Demgegenüber befürworten die Vertretungen der Schiffseigner und P&I Clubs eine schlichte freiwillige Erhöhung der Haftungsgrenze für kleine Tankschiffe auf 20 Mio. Rechnungseinheiten. Gegen eine Einschränkung der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit des Schiffseigners wird vor allem eingewendet, dass dies zu langwierigen Verfahren gegen den Eigentümer führen und damit eine zügige Entschädigung der Betroffenen behindert würde. Zudem sei es die Aufgabe des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes, eine rasche und umfassende Entschädigung zu ermöglichen, nicht jedoch die Verbesserung der Schiffsicherheitsstandards. Hierfür seien Maßnahmen im Rahmen der IMO besser geeignet und effektiver. Besonders im Hinblick auf die erhöhte Beitragslast der ölverarbeitenden Industrie nach dem Fakultativprotokoll von 2003 wird nunmehr die Verteilung der finanziellen Belastung zwischen Schiffseignern, Versicherungen und der Ölindustrie einer genauen Prüfung unterzogen. Die Abnehmer von Rohöl machen geltend, dass sie keinen Einfluss auf den Zustand der Schiffe hätten, sondern schlechte Schiffe sogar indirekt subventionieren würden, da regelmäßig eine Entschädigung durch den Internationalen Entschädigungsfonds auch für Schäden durch solche Schiffe zur Verfügung stehe. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass Schiffe durch P&I Clubs in der Regel weit über die Haftungshöchstbeträge des Haftungsübereinkommens von 1992 hinaus versichert seien, um einen Versicherungsschutz auch in Nichtvertragsstaaten der internationalen Abkommen zu garantieren. In der Diskussion befindet sich unter anderem ein Vorschlag, den Schiffseigner mit der durch den Zusatzfonds ausgezahlten Entschädigung anteilig zu belasten. Der Direktor des Internationalen Entschädigungsfonds hat im Mai 2004 im Auftrag der Arbeitsgruppe eine Studie über die finanzielle Kostenverteilung auf Grundlage der Daten früherer Öltankerunfälle unter Berücksichtigung des neuen Zusatzentschädigungsfonds und der geänderten Haftungshöchstbeträge erstellt49. Darin wird für die Zukunft eine höhere Belastung der ölverarbeitenden Industrie im Vergleich zu den Nettozahlungen der 49 IOPC-Fonds, Review of the International Compensation Regime, Study of the Costs of Oil Spills in Relation to Past, Current and Future Limitation Amounts of the 1992 Conventions, Note by the Director, 92FUND/WGR.3/22, 14.5.2004, , Stand 15.3.2005.

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Schiffseigner prognostiziert. Diese Studie wird zur Grundlage der zukünftigen Reformdiskussion werden. Weiteren Vorschlägen zufolge sollen Staaten oder auch Umweltschutzorganisationen Ansprüche gegen den Fonds treuhänderisch im Namen der betroffenen Bevölkerung, für Allgemeingüter und für Kosten der Nutzbarmachung anderer Seegebiete geltend machen können. Auch wurde eine finanzielle Entschädigung von Umweltschäden für die Fälle gefordert, in denen eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht möglich ist50. Gegen treuhänderisch geltend gemachte Ansprüche spricht jedoch, dass sie nur schwierig mit den Ansprüchen der unmittelbar betroffenen Individuen in Einklang zu bringen sind. Eine einheitliche Interpretation und Anwendung der Übereinkommen vor nationalen Gerichten ist vor allem relevant im Hinblick auf die Beschränkung der Haftung auf den Schiffseigner, die Verjährung der Ansprüche, die Vollstreckung von Urteilen, die Zuständigkeiten von Gerichten und die Verteilung von Entschädigungssummen. Die Arbeitsgruppe hat daher beschlossen, die Transparenz der Arbeit des Fonds und die Publizität seiner Entscheidungen durch eine verbesserte Informationsarbeit zu erhöhen sowie die Kriterien für die Schadensevaluation – soweit möglich – zu präzisieren. Dies soll zunächst durch die Schaffung einer Datenbank mit Urteilen nationaler Gerichte und Entscheidungen der Organe des Internationalen Entschädigungsfonds erfolgen. Auch eine Vereinfachung und Präzisierung des Konventionstexts wird erwogen51. Die Reformdiskussionen sind in aller Regel von den unterschiedlichen bzw. gegensätzlichen Interessen der verschiedenen Akteure geprägt und daher äußerst langwierig. Einigungen sind nur selten innerhalb der Arbeitsgruppe zu erreichen, so dass zahlreiche Entscheidungen auf den Zeitpunkt der nächsten Revision der Übereinkommen verschoben werden. Neben den Eigeninteressen lassen sich jedoch die Verbesserung der Effektivität und die Wahrung der Einheitlichkeit des internationalen Regimes als maßgebliche Prämissen der Bemühungen der Arbeitsgruppe erkennen.

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Vgl. auch Wetterstein 1994 (Anm. 4), S. 238. Vgl. IOPC-Fonds, Review of the International Compensation Regime, Uniform Application of the Conventions, Note by the Director, 92FUND/WGR.3/14/3, 9.1.2003, , Stand 15.3.2005 und den Resolutionsentwurf der Fondsversammlung im Anhang des Berichts über die fünfte Tagung der Arbeitsgruppe (Anm. 45). 51

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5. Resümee Die wichtigsten Merkmale des durch das Haftungsübereinkommen und das Fondsübereinkommen seit 1969 etablierten internationalen Haftungsund Entschädigungsregimes für Ölverschmutzungsschäden sind die Kanalisierung der Gefährdungshaftung auf den Schiffseigner, die Etablierung einer Versicherungspflicht, die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung sowie die Schaffung eines sekundären und tertiären Entschädigungsfonds. Dieses Regime diente als Beispiel für zahlreiche weitere internationale Übereinkommen und nationale Umwelthaftungsgesetze, doch ist es bisher das einzige, das sich in Kraft befindet und praktische Erfahrungen mit Entschädigungsfällen aufweisen kann52. Heute sind über 90% der Welttonnage durch das Haftungsabkommen an die beschriebenen Haftungsregeln und eine Versicherungspflicht gebunden. Es wäre falsch, in der strengen Haftung des Eigentümers unter Ausschluss des Charterers oder Betreibers ausschließlich einen Nachteil des Haftungsregimes zu erblicken. Vielmehr werden durch diese strenge Haftung Fragmentierungen des Haftungsregimes verhindert und gleichzeitig die Eigentümer angehalten, besonders strenge Anforderungen an den Zustand der Tankschiffe zu stellen. Zu Recht wird jedoch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung kritisiert53. Die notwendige Versicherungssumme in Höhe des Haftungshöchstbetrags kann durch den Zusammenschluss der Eigentümer in P&I Clubs in der Regel unproblematisch aufgebracht werden. Dies mindert jedoch merklich den bezweckten präventiven Effekt, der durch weitere Erhöhungen des Haftungslimits bis hin zu einem Ausschluss der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit im Falle grober Sorgfaltspflichtverletzungen verbessert werden könnte54. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Eigenversicherung der Eigentümer zwar einen unmittelbaren Durchgriff erlaubt, aber auch die Einflussnahme durch einen unbeteiligten Dritten von außen verhindert. Denkbar wäre hier, die Pflichtversicherung nicht auf P&I Clubs zu beschränken, sondern zusätzlich eine Versicherung durch unabhängige private Gesellschaften zu fordern. Mit dieser Kombination unterschiedlicher Versicherer und dem Zwang, eine solche Versicherung abzuschließen, könnte der Druck von außen bezüglich der 52 Für einen kritischen Vergleich mit anderen internationalen zivilrechtlichen Haftungsregimen siehe A. Daniel, Civil Liability Regimes as a Complement to Multilateral Environmental Agreements: Sound Environmental Policy or False Comfort, RECIEL 12 (2003), 225–241; R. R. Churchill, Facilitating (Transnational) Civil Liability Litigation for Environmental Damage by Means of Treaties: Progress, Problems, and Prospects, YIEL 12 (2001), 3–41 (31 ff.). 53 Vgl. auch Churchill (Anm. 52), 35 ff.; Z. O. Özçayir, Liability for Oil Pollution and Collisions, London/Hong Kong 1998, S. 377 ff. 54 Ähnlich Faure/Wang (Anm. 8), 249 und 252 f.; vgl. auch Bergkamp 2001 (Anm. 2), S. 86 ff.

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Einhaltung hoher Sorgfaltspflichten verstärkt und damit die Prävention gesteigert werden. Auch die Verpflichtung zu einer stärkeren Reglementierung der P&I Clubs durch die Entwicklung von Liquiditäts- und Qualitätsstandards und eine Beschränkung der Mitgliederzahl erscheint erwägenswert. Bisher ist eine Entschädigung primär von den eingetretenen Schäden abhängig. Überhaupt spielt die Verletzung von Sorgfaltspflichten nur sekundär eine Rolle. Besonders gravierende Sorgfaltspflichtverletzungen könnten jedoch mit Geldstrafen geahndet werden, die von den Vertragsstaaten eingezogen und an den Internationalen Entschädigungsfonds abgeführt werden müssten. Eine Patentlösung für den Umgang mit Umweltschäden ist nicht in Sicht. Ein abstrakter Schadensbegriff führt unweigerlich zu uneinheitlichen Auslegungen vor nationalen Gerichten. Eine eindeutig negative Folge des Begriffs der „angemessenen Wiederherstellungsmaßnahmen“ ist jedoch, dass erhebliche Aufwendungen nach umfangreichen Schäden unter Umständen als unangemessen bewertet und daher nicht voll ersetzt werden. Wertvolle Anregungen könnte diesbezüglich das Übereinkommen des Europarates über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch umweltgefährdende Tätigkeiten (Lugano-Übereinkommen)55 liefern, das den Ersatz für ökologische Schäden gemäß Art. 2 Abs. 7 lit. c genau wie die beiden internationalen Übereinkommen von 1992 auf die Kosten tatsächlich ergriffener oder zu ergreifender Wiederherstellungsmaßnahmen beschränkt. Jedoch ist die Definition der „Wiederherstellungsmaßnahme“ in Art. 3 Abs. 8 Lugano-Abkommen umfassender, da neben der Wiederherstellung und Sanierung auch die Einbringung von gleichwertigen ökologischen Bestandteilen und Ressourcen erfasst wird. Diese Möglichkeit wird jedoch an ein vages Verhältnismäßigkeitskriterium geknüpft. Gegen die Möglichkeit der Nutzbarmachung anderer Seegebiete wird zudem eingewendet, dass die Einführung neuer Fischarten oder technische Eingriffe in bisher ungenutzte Seegebiete das ökologische Gleichgewicht, das für die Erholung der verschmutzten Gebiete entscheidend ist, empfindlich stören könnten56. Um die Funktionalität und Effektivität des internationalen Haftungsregimes in Zukunft zu gewährleisten, ist auch die zunehmende Zahl von Regio55 ETS Nr. 150; das Übereinkommen wurde am 21.6.1993 angenommen, doch ist äußerst unwahrscheinlich, dass es in der heutigen Form jemals in Kraft treten wird; bis heute wurde es nur von neun Staaten unterzeichnet, allerdings von keinem ratifiziert, Stand 15.3.2005; vgl. auch A. Bianchi, Harmonizing Liability Rules for Environmental Damage in Europe: Achievements and Prospects, in: A. Gambaro/A. M. Rabello (Hrsg.), Towards a New European Ius Commune, Jerusalem 1999, S. 261– 277 (262 ff.); H.-J. Friehe, Der Ersatz ökologischer Schäden nach dem Konventionsentwurf des Europarats zur Umwelthaftung, NuR (1992), 453–459. 56 Vgl. Mason (Anm. 22), S. 4 f.; vgl. dazu auch unten Abschn. V. 1.

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nalabkommen zu berücksichtigen, wie sie beispielsweise für die Nord- und Ostsee, den Nordostatlantik oder den Indischen Ozean existieren57. Auch befindet sich ein besonderes Instrument zur Haftung für Umweltschäden in der Antarktis im Entstehungsprozess58. Darüber hinaus sind die zahlreichen Regelungen zu besonders schützenswerten Gebieten zu beachten, die durch Art. 211 Abs. 6 SRÜ und die Zusatzprotokolle zu dem Ostafrika-, Mittelmeer-, Süd-Ost-Pazifik- und Karibik-Übereinkommen im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen geschaffen worden sind. Hierzu sind auch die in Anlage I zu MARPOL bezeichneten „Special Areas“ und die im Rahmen der IMO geschaffenen besonders empfindlichen Meeresgebiete59 zu zählen. Diese Entwicklung hin zu einem umfassenderen Schutz besonderer Gebiete könnte in Zukunft – wohl aber erst nach einer weiteren Koordinierung und Systematisierung der entstandenen Abkommen untereinander – zur Notwendigkeit aufwändigerer Wiederherstellungsmaßnahmen und zu einer strengeren Haftung führen, was im Rahmen des internationalen Haftungsregimes berücksichtigt werden sollte.

IV. Völkerrechtliche Verantwortlichkeit bzw. Haftung Auch eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit kommt bei Ölverschmutzungsschäden in Betracht60. Die entsprechenden Rechte und Verpflichtungen entstehen dann im zwischenstaatlichen Verhältnis. Haben Staatsorgane oder von einem Staat beauftragte Personen solche Schäden absichtlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein (mit-)verursacht, dass solche Schäden entstehen können, so schließt Art. III Abs. 4 Haftungsübereinkommen von 1992 ein Vorgehen gegen Staaten nicht ausdrücklich aus. Auch eine staatliche Rückgriffshaftung ist in diesem Fall denkbar (Art. III Abs. 5). Dies ist wohl in aller Regel nur in Zusammenhang mit fehlerhaften Navigationshilfen an Land, bei Bergungs- und Hilfeleistungen oder der Vornahme von 57 Vgl. R. Harndt, Völkerrechtliche Haftung für die schädlichen Folgen nicht verbotenen Verhaltens, Berlin 1993, S. 348 ff. 58 Vgl. allgemein R. Wolfrum, Liability for Environmental Damage: A Means to Enforce Environmental Standards?, in: K. Wellens (Hrsg.), International Law: Theory and Practice – Essays in Honour of Eric Suy, The Hague u. a. 1998, S. 565– 578, passim; A. Aust/J. Shears, Liability for Environmental Damage in Antarctica, RECIEL 5 (1996), 312–320; C. Langenfeld, Verhandlungen über ein neues Umwelthaftungsregime für die Antarktis – Innovationen für ein internationales Haftungsrecht, NuR 16 (1994), 338–346. 59 „Particularly Sensitive Sea Areas“ (PSSA); dazu und zu „Special Areas“ siehe Beitrag von Marina Pauli. 60 Vgl. allgemein T. Scovazzi, State Responsibility for Environmental Harm, YIEL 12 (2001), 43–67; P. Sands, Principles of international environmental law, Band I, Manchester/New York 1995, S. 631 ff.; siehe auch unten Anm. 70.

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Schutzmaßnahmen wahrscheinlich61. Die Frage nach der Zulässigkeit getroffener Schutzmaßnahmen stellte sich insbesondere nach der Havarie der „Prestige“. So wurde die spanische Regierung von vielen Beobachtern beschuldigt, die Ölpest mitverschuldet zu haben, indem sie darauf bestand, den Tanker auf das offene Meer hinauszuschleppen, anstatt einen Hafen zur Verfügung zu stellen, wo die Ladung hätte abgepumpt werden können. Unter Berücksichtigung des Anwendungsbereichs des Haftungs- und des Fondsübereinkommens von 1992 ist eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit vorrangig in zwei Fällen denkbar: (1) im Falle eines einem Staat zurechenbaren Unglücks, durch das (zumindest auch) Schäden außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone eines Staates verursacht werden und (2) bei Ölverschmutzungsschäden, gleichgültig wo sie entstehen, durch Kriegsschiffe oder durch staatseigene bzw. staatlich betriebene Schiffe, die nicht gewerblichen Zwecken dienen. 1. Möglichkeiten einer völkerrechtlichen Verantwortlichkeit Gemäß Art. 2 der am 12. Dezember 2001 nach Vorbereitung durch die Völkerrechtskommission von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Kodifikation des geltenden Völkergewohnheitsrechts zur Kenntnis genommenen Artikel über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen62 ist eine dem Staat zurechenbare rechtswidrige Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung Voraussetzung einer staatlichen Verantwortlichkeit. Es kommt dabei maßgeblich auf die Völkerrechtswidrigkeit der Pflichtverletzung und nicht bloß auf die Kausalität oder zusätzlich auf ein Verschulden an63. Die verletzte Pflicht kann sich aus Vertrag oder unmittelbar aus Völkergewohnheitsrecht ergeben. Auf Kriegsschiffe und nichtkommerziell genutzte Schiffe in staatlichem Eigentum oder Betrieb finden weder die beiden Übereinkommen von 1992 noch die Vorschriften des Seerechtsübereinkommens über Schutz und Bewahrung der Meeresumwelt Anwendung (Art. 236 SRÜ). Eine Zurechenbarkeit wäre in Zusammenhang mit diesen Schiffen allerdings ohne weiteres gegeben. Wenn daher einem anderen Staat durch völkerrechtswidrige 61 Zur Verletzung von Notifizierungspflichten bei der Durchfahrt durch territoriale Gewässer vgl. T. Scovazzi, The Evolution of International Law of the Sea: New Issues, New Challenges, RdC 286 (2000), 39–244 (159 f.). 62 UNGA Resolution 56/83, 12.12.2001 in: C. Tomuschat (Hrsg.), Völkerrecht, 2. Aufl., Baden-Baden 2004, Nr. 9. 63 Vgl. J. Crawford, The International Law Commission’s Articles on State Responsibility. Introduction, Text and Commentaries, Cambridge u. a. 2002, Vor Art. 4 Rn. 4.

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Handlungen Schäden entstehen, so wird in der Regel auch eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit anzunehmen sein64. Bei Schäden, die auf Hoher See außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone eines bestimmten Staates eintreten, lässt sich die Rechtslage jedoch nicht so einfach beurteilen. a) Verantwortlichkeit für Schäden auf Hoher See Angesichts der üblichen Schifffahrtsrouten ist ein Schiffsunglück, das keine Verschmutzungsschäden innerhalb der Zweihundertmeilenzone eines Staates verursacht, zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Trotz verschiedener regionaler Regelungen im Bereich der Umwelthaftung existiert bisher aufgrund der zahlreichen praktischen Probleme und der damit verbundenen Zurückhaltung der Staaten kein unmittelbar anwendbares völkerrechtliches Haftungsregime für Ölverschmutzungsschäden auf Hoher See65. Die Regelungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen zur Verantwortlichkeit und Haftung in Abschnitt 9 von Teil XII (Art. 235 SRÜ) verweisen schlicht auf das geltende Völkerrecht. In früheren Entwürfen der ILC zur Staatenverantwortlichkeit waren schwerwiegende Umweltschäden und damit auch erhebliche Verschmutzungen der Hohen See als ein internationales Verbrechen in Art. 1966 ausdrücklich genannt, doch wurde das Konzept der „international crimes of States“ im Verlauf der Beratungen aufgegeben67. Oft wird daher schlicht darauf verwiesen, dass Ölverschmutzungen auf Hoher See schwer zu handhaben seien und auf den natürlichen Abbau des Öls vertraut werden müsse. Dies kann jedoch keineswegs befriedigen. Bereits Art. 192 SRÜ bestimmt, dass die Staaten verpflichtet sind, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren. Insbesondere die Abschlusserklärungen der Staatenkonferenzen in Stock64 Vgl. A. Bussek, Schutz der Meere vor Verschmutzung, Baden-Baden 1993, S. 41 ff.: Für Verschmutzungsschäden im fremden Hoheitsgebiet durch militärische Maßnahmen gelten die allgemeinen Grundsätze der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit. 65 Vgl. statt vieler: M. H. Arsanjani/W. M. Reisman, The Quest for an International Liability Regime for the Protection of the Global Commons, in: K. Wellens (Anm. 58), S. 469–492, passim. 66 Vgl. ehemals Art. 19 Abs. 3d, YILC (1976) II-2, S. 95 ff. 67 Vgl. dazu P.-M. Dupuy, A General Stocktaking of the Connections between the Multilateral Dimension of Obligations and Codification of the Law of Responsibility, EJIL 13 (2002), 1053–1081 (1061 ff.); A. Pellet, The New Draft Articles on the Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts: A Requiem for States’ Crime?, NYIL 32 (2001), 55–79; M. A. Fitzmaurice, International Protection of the Environment, RdC 293 (2001), 9–488 (144 ff.); G. Hafner/H. L. Pearson, Environmental Issues in the Work of the International Law Commission, YIEL 11 (2000), 3–51 (15 ff.).

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holm (Prinzip 22) und Rio (Prinzip 13)68 einschließlich der Agenda 21 sowie die zunehmende Zahl internationaler Umwelthaftungsübereinkommen verbunden mit der Anerkennung bestimmter Haftungsprinzipien (z. B. dem Verursacherprinzip – „polluter pays principle“)69 haben zu einem erhöhten Umweltbewusstsein und umfassenderen Schutz der „global commons“ als einem „common concern of mankind“ in der internationalen Gemeinschaft beigetragen70. Eine einem Staat zurechenbare Verschmutzung der Hohen See stellt somit heute eine Verletzung einer allen anderen Staaten gegenüber (erga omnes, „to the international community as a whole“) bestehenden Rechtspflicht dar. Aus diesem Umstand ist jedenfalls die Rechtsfolge abzuleiten, dass alle Staaten berechtigt sind, den Verletzerstaat zur Beendigung seines schädigenden Handelns aufzufordern71. Nach Kapitel II der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ist eine Zurechnung vor allem in den Fällen denkbar, in denen es sich um ein staatseigenes Tankschiff handelt oder staatliche Behörden bzw. vom Staat beliehene Personen die Pflichtverletzung (mit-)verursacht haben72. Dies gilt selbst dann, wenn die Beauftragten ihre Befugnisse überschritten oder gegen die Anweisungen gehandelt haben (Art. 7 ILC-Artikel zur Staatenver68 UNCED, Rio Declaration on Environment and Development vom 14.6.1992, in: Tomuschat 2004 (Anm. 62), Nr. 25 und ILM 31 (1992), 874. 69 Vgl. Rio Declaration on Environment and Development (Anm. 68), Principle 16; A. Kiss/D. Shelton, International Environmental Law, Ardsley 2000, S. 266 ff.; hinzuweisen ist auch auf die Arbeit des Institut de Droit International zum Umweltschutz, insbesondere die dritte Resolution ihrer 68. Tagung, Responsibility and Liability under International Law for Environmental Damage, Annuaire de l’Institut de Droit International 67-II (1998), 486 ff.; vgl. weiterhin die zahlreichen Studien im Rahmen der OECD zu Entschädigung, Kosten und anderen Aspekten von grenzüberschreitenden Umweltverschmutzungen, Öltankerunglücken und dem Verursacherprinzip (polluter pays), sowie die diesbezüglichen Resolutionen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, , Stand 15.3.2005. 70 Vgl. Atomwaffen-Gutachten des IGH, Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, ICJ Reports 1996, 226 (241 f.) und Gabcˇíkovo Nagymaros Project (Hungary v. Slovakia), ICJ Reports 1997, 7 (41); B. Fassbender, Der Schutz der Menschenrechte als zentraler Inhalt des völkerrechtlichen Gemeinwohls, EuGRZ 30 (2003), 1–16 (11); A. L. Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, München 2001, S. 267 f.; Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 165 ff.; dies., Liability for Environmental Damage Caused to the Global Commons, RECIEL 5 (1996), 305–311 (306 ff.); P. W. Birnie/A. E. Boyle, International Law and the Environment, 2. Aufl., Oxford/New York 2002, S. 97 ff.; U. Hartmann, Die Entwicklung im internationalen Umwelthaftungsrecht unter besonderer Berücksichtigung von erga omnes-Normen, Frankfurt am Main u. a. 2000, S. 135 ff.; A. Rest, Ökologische Schäden im Völkerrecht. Die Internationale Umwelthaftung in den Entwürfen der UN International Law Commission und der ECE Task Force, NuR 14 (1992), 155– 164 (158 ff). 71 Vgl. auch Daniel (Anm. 52), S. 238.

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antwortlichkeit). Erwarten lässt sich überdies, dass sich die staatliche Verantwortlichkeit für Handlungen Privater bzw. für eine unzureichende Kontrolle und Überwachung von Aktivitäten nichtstaatlicher Akteure im internationalen Umweltrecht verschärfen wird73. Allerdings zeigt die völkerrechtliche Praxis, dass mit der Anerkennung der Rechtsgüter „Umwelt“ und „Hohe See“ nicht zwangsläufig auch eine Schadensersatzpflicht einhergeht. Nur bedingt lässt sich daher sagen, dass Staaten, die das Verbot der erheblichen Schädigung der Umwelt verletzen, neben der Einstellung der Beeinträchtigung auch Schadensersatz zu leisten haben74. Selbst die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erscheint aufgrund der aufgezeigten Evaluationsschwierigkeiten und der physikalischen Bedingungen äußerst fraglich. Darüber hinaus sind bisher noch keine eindeutigen Kriterien erkennbar, wer in einem solchen Fall Inhaber eines Wiedergutmachungsanspruchs sein könnte75.

72 Zu denken ist hier auch an die Klassifikations- und Zertifizierungsgesellschaften, vgl. Beitrag von Marcus Schroeder, Abschn. IV.; vgl. auch Crawford (Anm. 63), Art. 8 Rn. 6 ff. 73 Vgl. hierzu R. Wolfrum, Means of Ensuring Compliance with and Enforcement of International Environmental Law, RdC 272 (1998), 9–154 (92); J. Wolf, Die Haftung der Staaten für Privatpersonen nach Völkerrecht, Berlin 1997, S. 466 ff.; O. Kimminich, Völkerrechtliche Verantwortlichkeit für das Handeln Privater im Bereich des internationalen Umweltschutzes, AVR 22 (1984), 241–282; sehr optimistisch: G. Handl, International Liability of States for Marine Pollution, CanYIL 21 (1983), 85–117 (108 ff.); ders., State Liability for Accidental Transnational Environmental Damage by Private Persons, AJIL 74 (1980), 525–565. 74 So noch W. Graf Vitzthum, Raum und Umwelt im Völkerrecht, in: ders. (Hrsg.), Völkerrecht, 2. Aufl., Berlin u. a. 2001, S. 379–467 (462 Rn. 156); vorsichtiger: W. Heintschel von Heinegg, Internationales öffentliches Umweltrecht, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 5. Aufl., München 2004, S. 973–1064 (1063 f. Rn. 48 f.); Crawford (Anm. 63), Art. 36 Rn. 14 ff.; A. E. Boyle, Reparation for Environmental Damage in International Law: Some Preliminary Problems, in: Bowman/Boyle (Anm. 2), S. 17–26 (21 ff.); ders., Remedying Harm to International Common Spaces and Resources: Compensation and Other Approaches, in: P. Wetterstein (Hrsg.), Harm to the Environment: The Right to Compensation and the Assessment of Damages, Oxford 1997, S. 83–100 (92); P.-M. Dupuy, L’État et la réparation des dommages catastrophiques, in: F. Francioni/T. Scovazzi (Hrsg.), International Responsibility for Environmental Harm, London u. a. 1991, S. 125–147 (134 ff.); A. Kiss, Present Limits to the Enforcement of State Responsibility for Environmental Damage, in: Francioni/Scovazzi (Hrsg.) ebd., S. 3–14, passim. 75 Vgl. E. Brown Weiss, Invoking State Responsibility in the Twenty-First Century, AJIL 96 (2002), 798–816 (800 ff.); Dupuy 2002 (Anm. 67), S. 1075; K. Beeckman, Transboundary Damage to the Environment per se: Remedial Measures and Standing, RBDI 29 (1996), 453–492 (483 ff.); R. Dolzer, Völkerrechtliche Verantwortlichkeit und Haftung für Umweltschäden, DGVR 32 (1992), 195–244 (222).

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b) Andere Pflichtverletzungen Im Fall der Havarie eines Öltankers ist weiterhin an eine Verletzung einer Beistandspflicht zu denken, die sich aus dem Internationalen Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung vom 30. November 1990 (OPRC)76 ergeben könnte. Dieses Abkommen betrifft allerdings vorrangig die Schaffung von Notfallplänen, die Sicherung eines effektiven Informationsaustauschs und die Förderung technischer Zusammenarbeit77. Eine völkerrechtliche Pflicht zur Zusammenarbeit wird indes durch Art. 7 des Abkommens nicht geschaffen78. Allerdings legt die allgemeine Pflicht zum Schutz und Erhalt der Meeresumwelt in Art. 192 iVm Art. 194 und 199 SRÜ die Annahme einer solchen Beistandspflicht nahe79. Gemäß Art. I Abs. 1 Internationales Übereinkommen über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen vom 29. November 1969 (Interventionsübereinkommen)80 können die Vertragsparteien alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine unmittelbare ernste Gefahr, die aller Wahrscheinlichkeit nach schwerwiegende schädliche Auswirkungen haben wird, zu bekämpfen. Dabei sind unter Beachtung der Notifizierungs- und Konsultationspflichten vor allem die durch den Unfall drohenden Schäden mit der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der geplanten Schutzmaßnahmen und der durch diese Maßnahmen drohenden Schäden abzuwägen (Art. V). Gemäß Art. VI ist ein Vertragsstaat verpflichtet, für Schäden, die durch unangemessene Maßnahmen verursacht worden sind, Entschädigung zu leisten81. Ob auch Nichtvertragsstaaten des Interventionsabkommens einer solchen Entschädigungspflicht unterliegen, ist fraglich. Neben den umfassenderen 76 BGBl. 1994 II, S. 3799; in Kraft getreten am 13.5.1995, für die Bundesrepublik Deutschland am 15.5.1995; 82 Vertragsstaaten, entspricht 63,67% der Welttonnage, Stand 15.3.2005. 77 Vgl. auch Art. 211 SRÜ. 78 Vgl. Heintschel von Heinegg (Anm. 74), S. 997 f. Rn. 26; vgl. auch die Formulierung in regionalen Kooperationsabkommen, wie Art. 7 des Übereinkommens vom 13.9.1983 zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe, BGBl. 1990 II, S. 71. 79 Vgl. M. H. Nordquist (Hrsg.), United Nations Convention on the Law of the Sea 1982, A Commentary, Vol. IV, Dordrecht u. a. 1991, Art. 192 Rn. 9 und Art. 199 Rn. 1 ff. 80 BGBl. 1975 II, S. 139; in Kraft getreten am 6.5.1975, für die Bundesrepublik Deutschland am 5.8.1975; 82 Vertragsstaaten, entspricht 71,79% der Welttonnage, Stand 15.3.2005. 81 Vgl. auch D. König, Durchsetzung internationaler Bestands- und Umweltschutzvorschriften auf Hoher See im Interesse der Staatengemeinschaft, Berlin 1990, S. 157.

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Befugnissen des Küsten- oder Hafenstaates in Abschnitt 6 von Teil XII des SRÜ verweist Art. 221 SRÜ für die Zulässigkeit von Maßnahmen auf Hoher See auf das geltende Völkergewohnheitsrecht, das allerdings keine eindeutigen Kriterien für ein solches Eingriffsrecht kennt82. Art. 235 iVm Art. 195 SRÜ enthält darüber hinaus nur vage Vorgaben für die Ausgestaltung eines Haftungsregimes83. Art. 232 iVm Art. 225 hingegen spricht deutlicher von einer Haftungsverpflichtung aufgrund unrechtmäßiger oder unverhältnismäßiger Maßnahmen bei der Durchsetzung der nach dem sechsten Abschnitt von Teil XII ergriffenen Maßnahmen84. In Anbetracht der vorgenannten Pflicht erga omnes ist schließlich festzustellen, dass jede Maßnahme, die unangemessen oder unverhältnismäßig ist und zu vermeidbaren Schäden geführt hat, eine Pflichtverletzung darstellt, die eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit begründen kann. Sollte daher eine staatliche Maßnahme zu Ölverschmutzungsschäden beigetragen haben, ohne dass eine ordnungsgemäße Abwägung vorher stattgefunden hat oder andere mildere bzw. größeren Erfolg versprechende Mittel genutzt worden sind, kann dies die völkerrechtliche Verantwortlichkeit eines Staates begründen, ohne dass der Staat in der Lage wäre, sich auf Notstand („necessity“) zu berufen85. 2. Möglichkeiten einer völkerrechtlichen Haftung Unabhängig von einer staatlichen Verantwortlichkeit aufgrund völkerrechtswidrigen Verhaltens wird auch eine auf den Schiedsspruch im TrailSmelter-Fall86 zurückgehende völkerrechtliche Haftung für nicht völkerrechtswidrige Handlungen diskutiert. Die Völkerrechtskommission arbeitet seit 1978 an einem Entwurf zum Thema Haftung für Schäden aus nicht völkerrechtswidrigem Verhalten (International Liability for Injurious Consequences Arising out of Acts not Prohibited by International Law)87. Wann 82

Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 25; siehe auch Beitrag von Rico Kassmann. Vgl. Dupuy 1991 (Anm. 11), S. 1226; für eine umfassende Ausgestaltung mittels der internationalen Haftungsübereinkommen siehe T. A. Mensah, Environmental Damages under the Law of the Sea Convention, in: J. E. Austin/C. E. Bruch (Hrsg.), The Environmental Consequences of War, Cambridge 2000, S. 226–249 (228 f.). 84 Für eine restriktive Beurteilung des Art. 232 SRÜ, der danach nur die innerstaatliche Amtshaftung zum Gegenstand hat, siehe Harndt (Anm. 57), S. 353 ff. 85 Vgl. auch Crawford (Anm. 63), Art. 25 Rn. 9 ff. 86 AJIL 35 (1941), 684 und RIAA 3 (1947), 1905. 87 Für eine ausführliche Darstellung des zweiten Berichterstatters der ILC zu diesem Projekt siehe J. Barboza, International Liability for the Injurious Consequences of Acts not Prohibited by International Law and Protection of the Environment, RdC 247 (1994), 291–405; vgl. auch Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 233 ff.; A. E. Boyle, Codification of International Environmental Law and the International 83

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die Arbeiten an diesem Projekt abgeschlossen sein werden, ist auch heute noch nicht abzusehen, da viele Fragen noch offen und Gegenstand kontroverser Diskussionen sind. 1992 entschied die ILC, sich zunächst mit der Vermeidung grenzüberschreitender Schäden zu befassen und dann die komplizierte Frage einer völkerrechtlichen Haftung weiterzuverfolgen. Auf ihrer 53. Tagung (2001) nahm die Kommission die 19 Artikel des ersten Teils des Projektes, der die Prävention grenzüberschreitender Schäden durch gefährliche Tätigkeiten regelt, in ihrer endgültigen Form an88. Dieser Entwurf umfasst gemäß Art. 1 Aktivitäten, die einen erheblichen grenzüberschreitenden Schaden („significant transboundary harm“) verursachen können. Nach den Begriffsbestimmungen in Art. 2 sind damit Aktivitäten gemeint, die höchstwahrscheinlich einen erheblichen bzw. möglicherweise einen katastrophalen grenzüberschreitenden Schaden verursachen können. Die Definition des „Herkunftsstaats“ umfasst auch den Betrieb eines Öltankers oder einer Ölplattform und sonstige im Herrschaftsbereich eines Staates geplante oder ausgeführte Aktivitäten, wenn dadurch Schäden in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates verursacht werden, unabhängig davon, ob die Staaten eine gemeinsame Grenze besitzen. Ausgenommen sind somit Schäden an den „global commons“, die zu einem früheren Zeitpunkt Teil der Beratungen waren89. Die Arbeit an den Artikeln zur völkerrechtlichen Haftung wurde im Jahr 2002 durch eine Arbeitsgruppe wiederaufgenommen. Es soll eine (bisher noch recht schwache) staatliche Ausfallhaftung etabliert werden, falls trotz ergriffener Präventionsmaßnahmen Schäden verursacht werden und die Haftung der Betreiber und ihrer Versicherer bzw. anderer Beteiligter nicht ausreicht. Im August 2004 kam die Arbeit mit der Annahme von acht Grundsätzen in erster Lesung vorläufig zum Abschluss. Ein definitives Ende ist freiLaw Commission: Injurious Consequences Revisited, in: A. E. Boyle/D. Freestone (Hrsg.), International Law and Sustainable Development, Oxford 1999, S. 61–85 (72 ff.); T. Gehring/M. Jachtenfuchs, Liability for Transboundary Environmental Damage: Towards a General Liability Regime, EJIL 4 (1993), 92–106; vgl. auch die Symposiumsbeiträge in NYIL 16 (1985), 1–300; W. Rudolf, Haftung für rechtmäßiges Verhalten im Völkerrecht, in: J. Damrau/A. Kraft/W. Fürst (Hrsg.), Festschrift für Otto Mühl, Stuttgart u. a. 1981, S. 535–552. 88 Bericht der ILC, 53. Sitzung 2001, Offizielles Protokoll der Generalversammlung, 56. Sitzung, Beilage Nr. 10 (A/56/10), S. 370 ff., , Stand 15.3.2005; vgl. auch B. Simma, The Work of the International Law Commission at Its Fifty-Third Session (2001), Nordic Journal of International Law 71 (2002), 123–187 (137 ff.). 89 Vgl. C. Tomuschat, International Liability for Injurious Consequences Arising out of Acts not Prohibited by International Law: The Work of the International Law Commission, in: Francioni/Scovazzi (Anm. 74), S. 37–72 (41); Barboza (Anm. 87), S. 392 ff.

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lich nicht abzusehen, da jetzt erst die Generalversammlung ihr Votum abgeben muss90. Der vorgenannte Anwendungsbereich gilt nach dem aktuellen Diskussionsstand auch für die Haftungsregelungen91. Unter Berücksichtigung der vorrangigen Anwendbarkeit des Haftungsübereinkommens von 1992 wäre der Anwendungsbereich der völkerrechtlichen Haftungsregeln auf die Verursachung von Ölverschmutzungsschäden durch Kriegsschiffe und sonstige Schiffe, die einem Staat gehören oder von diesem betrieben werden und die im nichtgewerblichen staatlichen Dienst eingesetzt sind, begrenzt. Allerdings birgt der gewöhnliche Betrieb eines solchen Schiffes kaum das Risiko der Verursachung eines erheblichen grenzüberschreitenden Schadens. Außerhalb des Seetransports kommen jedoch der Betrieb von Ölplattformen und anderer Ölfördereinrichtungen in Betracht. Es sei dennoch kurz bemerkt, dass nach den Artikeln zur Prävention einen Staat zunächst die Pflicht trifft, risikobehaftete Handlungen, die in seiner Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten durchgeführt werden, unter eine Genehmigungspflicht zu stellen („require its prior authorization“) und vor der Entscheidung über die Genehmigung die möglicherweise betroffenen Staaten anzuhören und ihre Interessen zu berücksichtigen92. Es wurde dazu ausdrücklich in den Beratungen der ILC festgestellt, dass eine Nichtbefolgung der Präventionspflichten die völkerrechtliche Verantwortlichkeit eines Staates begründen kann93. Bisher war die Ansicht vorherrschend, dass eine Verletzung von Präventionspflichten nicht notwendig zu voller völkerrechtlicher Haftung führen müsse. In der Tat lässt sich ein Haftungsregime, das Wiedergutmachungspflichten an solche Pflichtverletzungen knüpft, kaum von einer echten völkerrechtlichen Gefährdungshaftung unterscheiden, die bis zum heutigen Tage nur in einer Reihe völkerrechtlicher Verträge etabliert worden ist, sich aber noch nicht als Gewohnheitsrecht konsolidiert hat94. 90 Bericht der ILC, 56. Sitzung 2004, offizielles Protokoll der Generalversammlung, 59. Sitzung, Beilage Nr. 10 (A/59/10), S. 143 ff., , Stand 15.3.2005. 91 Bericht der ILC, 54. Sitzung 2002, offizielles Protokoll der Generalversammlung, 57. Sitzung, Beilage Nr. 10 (A/57/10), S. 224 ff., und Bericht der ILC, 55. Sitzung 2003, offizielles Protokoll der Generalversammlung, 58. Sitzung, Beilage Nr. 10 (A/58/10), S. 221 f., , Stand 15.3.2005; vgl. auch Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 241 ff.; C. Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999), S. 13–438 (302); ders. 1991 (Anm. 89), S. 50. 92 Vgl. auch Rio Declaration on Environment and Development (Anm. 68), Principle 15. 93 Bericht der ILC, 54. Sitzung 2002 (Anm. 91), S. 223.

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V. Haftung nach europäischem Gemeinschaftsrecht Ein selbstständiges gemeinschaftsrechtliches Haftungsregime für Ölverschmutzungsschäden existiert bisher nicht. Dennoch soll kurz auf einige aktuelle Entwicklungen eingegangen werden, soweit sie Anregungen für eine Weiterentwicklung des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes für Öltankerunfälle liefern können. Dies schließt auch die Richtlinie zur Umwelthaftung ein, obwohl diese in ihrer endgültigen Fassung nicht mehr auf Ölverschmutzungsschäden im Sinne der beiden internationalen Übereinkommen anwendbar ist. Die Vielzahl der im Verlauf ihrer Entstehung durchgeführten Studien und die getroffenen Regelungen enthalten einen großen Pool wertvoller Information und beruhen mithin auf interessanten Neuansätzen. 1. Die europäische Umwelthaftungsrichtlinie Die Entwicklung einer europäischen Umwelthaftungsrichtlinie geht zurück auf das 1993 veröffentlichte Grünbuch über die Sanierung von Umweltschäden95 und das Weißbuch zur Umwelthaftung vom 9. Februar 200096, die die Festschreibung des Verursacherprinzips in der europäischen Umwelthaftung als gemeinschaftsweite Durchsetzung der in Art. 174 EG niedergelegten Grundsätze und als Maßnahme der Prävention empfahlen97. Das ehrgeizige Ziel des von der Europäischen Kommission am 23. Januar 2002 in seiner endgültigen Fassung angenommenen Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt98 war demnach die Festlegung der Rahmenbedingungen eines wirksamen Entschädigungs- und Haftungsregimes für die in internationalen Übereinkommen regelmäßig ausgeschlossenen Umweltschäden. Am 23. Februar 2004 haben der Rat und das Europäische Parlament im Rahmen des Mit94 Vgl. A. E. Boyle, State Responsibility and International Liability for Injurious Consequences of Acts not Prohibited by International Law: A Necessary Distinction?, ICLQ 39 (1990), 1–26 (13 ff.); Bericht der ILC, 55. Sitzung 2003 (Anm. 91), S. 115 f. 95 Mitteilung vom 14.5.1993 an den Rat, das Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss, KOM(93) 47 endg. 96 KOM(2000) 66 endg., nicht im Amtsblatt veröffentlicht, , Stand 15.3.2005. 97 Für eine Nachzeichnung der über 15-jährigen Entstehungsgeschichte der Umwelthaftungsrichtlinie bis zum Zeitpunkt des gemeinsamen Standpunktes vgl. C. Clarke, The Proposed EC Liability Directive: Half-Way Through Co-Decision, RECIEL 12 (2003), 254–268. 98 KOM(2002) 17 endg., ABl. C 151 E, 25.6.2002, S. 132.

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entscheidungsverfahrens nach Verhandlungen im Vermittlungsausschuss eine Einigung über den Entwurf erzielt. Die Richtlinie wurde schließlich am 30. bzw. 31. März 2004 vom Rat und dem Parlament verabschiedet und trat am 30. April 2004 mit der Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft99. Die Mitgliedstaaten haben nach dem In-Kraft-Treten der Richtlinie drei Jahre für die Umsetzung Zeit. Gegenstand der Richtlinie ist die Vermeidung von Umweltschäden auf Grundlage des Verursacherprinzips, dem zufolge Kosten von Vorsorge-, Schadensevaluations- und Sanierungsmaßnahmen von Betreibern tatsächlich oder potentiell gefährlicher Tätigkeiten zu tragen sind, die Schäden an natürlichen Ressourcen verursacht haben. Bei Verschulden oder Fahrlässigkeit können auch Betreiber anderer als der in Anhang III genannten Tätigkeiten haftbar gemacht werden. Umgekehrt können die Mitgliedstaaten eine Haftungsbefreiung für Schäden vorsehen, die durch genehmigte oder nach Stand der Technik als risikofrei einzuschätzende Tätigkeiten hervorgerufen wurden, soweit der Verursacher die Schäden nicht zu vertreten hat. Sowohl das Weißbuch als auch der Kommissionsvorschlag und die zuvor veröffentlichen Gutachten waren Gegenstand heftiger Diskussionen mit Stellungnahmen der anderen europäischen Institutionen und verschiedener Interessengruppen100. Entgegen der Empfehlung des Weißbuchs werden nunmehr Personenschäden, Schäden an Privateigentum und wirtschaftliche Verluste nicht mehr erfasst, da diesbezüglich die nationalen Rechtsvorschriften als ausreichend angesehen werden. Auch werden Umweltschäden, die durch bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen oder durch diffuse, nicht eindeutig zurechenbare Verschmutzungen verursacht werden, nicht berücksichtigt. Nochmals ist zu betonen, dass in der endgültigen Fassung die Anwendbarkeit der Richtlinie auf Umweltschäden, die durch Ölverschmutzungen im Sinne der beiden Übereinkommen von 1992 für Ölverschmutzungsschäden oder des Bunkerölübereinkommens verursacht werden, ausdrücklich ausgeschlossen wird (Art. 4 Abs. 2 iVm Anhang IV)101. Die Europäische 99 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt, ABl. L 143, 30.4.2004, S. 56. 100 Vgl. hierzu die zahlreichen Dokumente unter , Stand 15.3.2005. 101 Weiterhin nicht erfasst werden Schäden im Sinne des Internationalen Übereinkommens über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf See von 1996 und des Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung für die während des Transports gefährlicher Güter auf dem Straßen-, Schienen- und Binnenschifffahrtsweg verursachten Schäden von 1989 so-

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Gemeinschaft zieht es vor, Maßnahmen auf internationaler Ebene gemäß Art. 174 Abs. 1 a. E. EG zu fördern und sich um eine Verbesserung des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes zu bemühen. Allerdings wird diese Ausnahme zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie durch die Kommission überprüft werden (Art. 18 Abs. 2 und 3). Dabei sollen insbesondere die Erfahrungen innerhalb der IMO sowie in Zusammenhang mit den einschlägigen internationalen Übereinkommen und Einrichtungen berücksichtigt werden. Auf Drängen des Europäischen Parlaments soll zudem speziell das Verhältnis zwischen der Haftung der Schiffseigner und den Beiträgen der Abnehmer von Rohöl zu den Internationalen Entschädigungsfonds berücksichtigt werden. Damit erhält die Studie des Direktors der Internationalen Entschädigungsfonds über die Kosten vergangener Ölschäden auch diesbezüglich eine erhebliche Relevanz102. Gleichzeitig hält die Europäische Gemeinschaft den Reformdruck auf das internationale Haftungs- und Entschädigungsregime aufrecht, da eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Umwelthaftungsrichtlinie auf Ölschäden im Sinne der internationalen Übereinkommen noch nicht endgültig vom Tisch ist. Die Richtlinie verpflichtet primär den Verursacher, die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden zu ergreifen (Art. 5 ff.). Doch steht es im Ermessen der zuständigen Behörden, selbst tätig zu werden, insbesondere wenn der Betreiber seine Verpflichtungen nicht erfüllt, nicht ermittelbar ist oder nicht für die Kosten aufkommen muss und der Behörde keine weiteren Mittel bleiben. Der Vorschlag der Kommission sah hingegen eine allgemeine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Vorsorge und Sanierung vor, die dann von dem Verursacher Ersatz der Kosten verlangen können sollten (vgl. Art. 6 und 7 Kommissionsvorschlag)103. Interessant sind besonders die in Art. 2 getroffenen Definitionen. In Art. 2 Nr. 1 wird ein „Umweltschaden“ als messbarer „erheblicher Schaden“ (Art. 2 Nr. 1 und 2 iVm Anhang I) an einer „natürlichen Ressource“ (dazu zählen durch bestimmte EG-Richtlinien geschützte Arten und Lebensräume104, Gewässer und Boden, einschließlich des Unterbodens) unter Berücksichtigung wie nukleare Schäden, die von einschlägigen internationalen Übereinkommen erfasst werden. 102 Siehe oben Abschn. III. 4. b). 103 Dies ist mit den US-amerikanischen Umwelthaftungsgesetzen vergleichbar, siehe unten Abschn. VI. 2.; vgl. auch E. H. P. Brans, EC Proposal for an Environmental Liability Directive: Standing and Assessment of Damages, Environmental Liability 10 (2002), 135–146 (138); Clarke (Anm. 97), 261 ff. 104 Im Vorschlag der Kommission (Anm. 98) wurde der Begriff „biologische Vielfalt“ verwandt; vgl auch M. Bowman, Biodiversity, Intrinsic Value, and the Definition and Valuation of Environmental Harm, in: Bowman/Boyle (Anm. 2), S. 41–61.

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des „Ausgangs- und Erhaltungszustands“ (Art. 2 Nr. 4 und 14) bzw. des ökologischen Potentials der Ressource beschrieben105. Den Schwierigkeiten bei der Evaluation von Umweltschäden wurde durch die Wahl eines Konzeptes Rechnung getragen, das dem Kostenersatz von Sanierungsmaßnahmen den Vorzug vor einer (abstrakten) monetären Schadensbewertung gibt, die aber nicht generell ausgeschlossen ist106. Diesbezüglich ist hervorzuheben, dass die Sanierung selbst oder eine Kompensation für zwischenzeitliche Verluste auch durch Schaffung gleichwertiger natürlicher Ressourcen an einem anderen Ort erfolgen kann (ergänzende Sanierung und Ausgleichssanierung im Sinne des Anhangs II)107. Ein weiteres Novum zu den internationalen Abkommen ist die Tatsache, dass eine Aufforderung an Behörden, angesichts eines Schadens tätig zu werden, auch durch (qualifizierte) Umweltschutzorganisationen erfolgen kann, die zudem die Möglichkeit haben, die Entscheidungen, Handlungen oder ein Untätigbleiben der Behörde umfassend gerichtlich überprüfen zu lassen (Art. 12 und 13). Ein Recht, unmittelbar gegen den Betreiber vorzugehen, wie dies noch in dem Weißbuch befürwortet wurde, wird NGOs allerdings nicht zugestanden108. Trotz ausführlicher Studien zu diesem Thema enthält die Richtlinie nur eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, das Bereithalten einer Deckungsvorsorge, beispielsweise in Form einer Versicherung, zu fördern, ohne eine diesbezüglich Pflicht vorzusehen (Art. 14)109. Wiederum soll die Kommission nach sechs Jahren unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit und Effektivität solcher Versicherungen überprüfen, ob ein System einer harmonisierten und obligatorischen Deckungsvorsorge erforderlich ist. Diesbezüglich hat die Kommission bereits Zweifel geäußert. Denn die Schaffung einer verbindlichen Deckungsvorsorge durch EG-Recht sei fraglich, wenn dies den Wirtschaftsteilnehmern zuvor selbst nicht gelungen sei110. Es ist keine Überraschung, dass die Frage einer Haftungsbegrenzung nach Maßgabe der entsprechenden Übereinkommen für Seeforderungen und für die Binnenschifffahrt zu den umstrittensten Themen im Verlauf der Ent105 Für eine kritische Bewertung der ähnlichen Definition im Richtlinienvorschlag der Kommission vgl. G. Hager, Haftung für reine Umweltschäden, NuR 25 (2003), 581–585 (582 f.); E. H. P. Brans, The EC White Paper on Environmental Liability and the Recovery of Damages for Injury to Public Natural Resources, in: Bowman/ Boyle (Anm. 2), S. 323–337 (325 ff.). 106 Vgl. hierzu Brans 2002 (Anm. 103), S. 141 ff. 107 Vgl. Hager (Anm. 105), S. 585. 108 Vgl. auch M. Wilde, Locus Standi in Environmental Torts and the Potential Influence of Human Rights Jurisprudence, RECIEL 12 (2003), 284–294 (292 ff.). 109 Siehe hierzu auch Bergkamp 2003 (Anm. 33), S. 281 f. 110 Vgl. Stellungnahme der Kommission zu dem gemeinsamen Standpunkt des Rates, 26.1.2004, KOM(2004) 55.

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stehung der Richtlinie gehörte (Art. 4 Abs. 3). Hier konnte sich das Europäische Parlament nicht durchsetzen, das eine solche Haftungsbeschränkung völlig ausschließen wollte. Doch soll die Notwendigkeit dieser Möglichkeit ebenfalls durch die Kommission zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der Richtlinie überprüft werden (Art. 18 Abs. 2 und 3). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Richtlinie zur Umwelthaftung sich sehr von den Ursprüngen des Weißbuchs unterscheidet und nun einen Mittelweg zwischen dem oft als zu weitgehend empfundenen USamerikanischen Haftungsregime und den eingeschränkteren Haftungsmöglichkeiten nach den internationalen Abkommen findet sowie gleichzeitig zu einer Konkretisierung der mit einem Umweltschaden verbundenen Probleme beiträgt. Die Richtlinie kann daher wichtige Anregungen und sicherlich bald auch erste Erfahrungen zu weiteren Reformen des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes im Fall von Ölverschmutzungsschäden liefern, gerade im Hinblick auf den Ersatz von Umweltschäden. 2. Der Vorschlag für einen europäischen Entschädigungsfonds Bereits das „Erika II“-Paket enthielt erste Anregungen zur Etablierung eines selbstständigen europäischen Entschädigungsregimes für Ölverschmutzungen, das die umfassende Kompensation von geschädigten Personen sicherstellen sollte und dafür eine Erhöhung der für eine Entschädigung zur Verfügung stehenden Summe auf bis zu 1 Mrd. EUR vorsah. Die Idee eines eigenen europäischen Entschädigungsfonds wurde jedoch wegen der damit einhergehenden Schwächung des internationalen Regimes zunächst nicht weiter verfolgt und statt dessen eine Änderung der beiden internationalen Übereinkommen von 1992 angestrebt, die mit dem Beschluss zur Erhöhung der maximalen Entschädigungsbeträge beider Abkommen im Jahr 2000 erfolgte. Dennoch zeichnete sich bereits vor der Havarie der „Prestige“ ab, dass die Höchstbeträge des internationalen Haftungsregimes immer noch nicht für eine vollständige Entschädigung ausreichen würden. Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzung in europäischen Gewässern und damit in Verbindung stehende Maßnahmen111 sah daher die Schaffung eines subsidiären europäischen Entschädigungsfonds (COPE-Fonds) vor, der Personen, die nach dem Fondsübereinkommen von 1992 einen Anspruch auf Entschädigung haben, aber aufgrund unzureichender Entschädigungshöchstgrenzen nicht voll befriedigt werden können, eine 111

KOM(2002) 313 endg., ABl. C 227 E, 24.9.2002, S. 487.

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weitere Entschädigung sichern sollte112. Wiederum herrschte unter den europäischen Mitgliedstaaten die Meinung vor, dass es besser sei, eine höhere Entschädigungssumme auf internationaler Ebene festzulegen, um die Einheitlichkeit und damit die Brauchbarkeit des internationalen Regimes zu erhalten113. Mit der zuvor dargestellten Verabschiedung des Fakultativprotokolls zum IOPC-Fonds im Mai 2003 wurde dieses Ziel erreicht114. Insbesondere die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind weiterhin gehalten, das Protokoll rasch zu ratifizieren. Allein bezüglich der Vereinbarkeit der Protokollvorschriften zur Gerichtszuständigkeit und der Vollstreckung von Urteilen hegte die Europäische Kommission gewisse Vorbehalte bezüglich der Vereinbarkeit mit geltendem EG-Recht115. Auch strebt die Gemeinschaft eine Änderung der internationalen Übereinkommen an, die ihr die Ratifikation bzw. den Beitritt erlaubt. Inhaltlich ist der Internationale Zusatzentschädigungsfonds dem ursprünglich geplanten COPE-Fonds sehr ähnlich. Allerdings sollten die Beiträge zu dem europäischen Fonds erst dann erhoben werden, wenn sich ein Unfall ereignet hat, der die Entschädigungshöchstgrenze des Internationalen Entschädigungsfonds übersteigt oder zu übersteigen droht. Die Beiträge hätten dann innerhalb eines Jahres an den COPE-Fonds gezahlt werden müssen, wobei nicht benötigte Mittel an die Beitragszahler zurückerstattet worden wären. Zudem sollte ein System von Geldstrafen für eine vorsätzliche und grob fahrlässige Verursachung von Ölverschmutzungen etabliert werden.

VI. Haftung nach nationalem Recht Neben der strafrechtlichen Sanktionierung von Umweltstraftaten116 haben zahlreiche Länder spezielle Umwelthaftungsgesetze erlassen, die in aller Regel eine verschuldensunabhängige Haftung des Verursachers etablieren117. Zudem ist in zahlreichen internationalen umweltrechtlichen Abkommen die wirksame Durchsetzung der Vertragspflichten regelmäßig den Vertragsstaaten selbst übertragen118. So fällt die Durchsetzung der Verpflich112 Für einen Überblick über vergleichbare Ausfallhaftungsregime vgl. R. Lefeber, Transboundary Environmental Interference and the Origin of State Liability, The Hague 1996, S. 307 f. 113 Vgl. Vorschlag für einen Beschluss des Rates (Anm. 43), S. 4. 114 Siehe oben Abschn. III. 4. a). 115 Vorschlag für einen Beschluss des Rates (Anm. 43), S. 5 ff. 116 Vgl. auch Beitrag von Karola Wolprecht. 117 Vgl. CMS Cameron McKenna, Gutachten zu dem europäischen Weißbuch zur Umwelthaftung, Study of Civil Liability Systems for Remedying Environmental Damage, , Stand 15.3.2005.

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tungen aus dem SRÜ je nach Sachlage dem Flaggen-, dem Küsten- oder dem Hafenstaat zu119. Für den Bereich der Ölverschmutzung ist in diesem Zusammenhang besonders auf Art. 4 MARPOL 73/78120 und die deutsche Umsetzung durch eine Verordnung121 hinzuweisen, die die Ahndung von Verletzungen der durch MARPOL geschaffenen Pflichten als Ordnungswidrigkeiten ermöglicht122. Das nationale Deliktsrecht, die Grundsätze einer Aufopferungs- und Gefährdungshaftung bzw. einer ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme des Störers oder spezielle Umwelthaftungsgesetze123 finden jedoch nur dann Anwendung auf durch Öl verursachte Schäden, wenn diese nicht durch das internationale Haftungsübereinkommen geregelt werden oder in dem Hoheitsgebiet eines Staates verursacht werden, der das Abkommen nicht ratifiziert hat. 1. Nationale Rechtsakte im Bereich der Ölverschmutzung in Vertragsstaaten der internationalen Übereinkommen Zur innerstaatlichen Umsetzung des Haftungs- und des Fondsabkommens von 1992 hat die Bundesrepublik Deutschland das Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden vom 30. September 1988 (Ölschadengesetz – ÖlSG)124 verabschiedet. Das ÖlSG bestimmt, dass sich die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden grundsätzlich nach den drei internationalen Übereinkommen richtet. Darüber hinaus werden die durch die Fondsübereinkommen auferlegten Informationspflichten über die Menge des umgeschlagenen beitragspflichtigen Öls und die behördlichen und gerichtlichen Zuständigkeiten geregelt. Die Anwendbarkeit 118 Vgl. G. Dahm/J. Delbrück/R. Wolfrum, Völkerrecht, Band I/2, 2. Aufl., Berlin 2002, S. 381 ff. 119 Vgl. R. Wolfrum/V. Röben/F. L. Morrison, Preservation of the Marine Environment, in: F. L. Morrison/R. Wolfrum (Hrsg.), International, Regional and National Environmental Law, The Hague u. a. 2000, S. 225–283 (264 ff.). 120 Vgl. dagegen die schwächere Formulierung in Art. 211 Abs. 2 SRÜ. 121 Verordnung über Zuwiderhandlungen gegen das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und gegen das Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen, Neufassung vom 19.2.1989, BGBl. 1989 I, S. 247, zuletzt geändert am 19.12.2002, BGBl. 2002 II, S. 2942. 122 Für einen praktischen Fall vgl. die Urteilsanmerkung von E. Brandt, Meeresumweltschutz in der Seeschifffahrt, NuR 25 (2003), 411–414. 123 Für die Bundesrepublik Deutschland wäre an die Anwendung des Umwelthaftungsgesetzes oder des Wasserhaushaltsgesetzes zu denken; vgl. auch W. Erbguth, Entwicklungen der Umwelthaftung: Ansätze eines Haftungsregimes für die Verschmutzung der Meere im deutschen Recht, NuR 16 (1994), 377–381; I. Luge, Haftung als notwendiger Teil des internationalen Meeresumweltschutzes, München 1989, S. 101 ff.; Edye (Anm. 21), S. 58 ff. 124 BGBl. 1988 I, S. 1770, in der Fassung vom 15.9.2004, BGBl. 2004 I, S. 2320.

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des Haftungsübereinkommens wird dabei zusammen mit der Versicherungspflicht auch auf Schiffe ausgedehnt, die mehr als 2.000 Tonnen Öl als Bulkladung auf deutschen Gewässern befördern, aber nicht im Schiffsregister eines Vertragsstaats eingetragen sind oder nicht die Flagge eines Vertragsstaats führen dürfen (§ 1). Sollte die Pflicht zur Mitführung der Ölhaftungsbescheinigung nicht erfüllt werden, kann die Beförderung oder der Umschlag von mehr als 2.000 Tonnen Öl untersagt und als Ordnungswidrigkeit gegen den Eigentümer und den Kapitän mit bis zu 5.000 EUR durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) geahndet werden. Bei Schiffen unter der Bundesflagge ist in diesen Fällen das Schiffssicherheitszeugnis einzuziehen. Dies gilt nicht nur für Schiffe, die einen Hafen im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder einen Umschlagplatz im Küstenmeer anlaufen oder verlassen, sondern für alle Schiffe, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden. Es werden damit auch Schiffe im Transit, etwa durch den Nord-Ostsee-Kanal, erfasst. Darüber hinaus kann der Eigentümer gemäß § 7 für einen vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen die Versicherungspflicht mit einer Freiheits- oder Geldstrafe belegt werden. Ordnungswidrig handelt auch, wer eine Versicherungsbescheinigung entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen ausstellt. Andere nationale Regelungen finden sich beispielsweise in Art. L2181 ff. des französischen Umweltgesetzbuchs (Code de l’environnement), im italienischen Gesetz 349 vom 8. Juli 1986 (Legge 8 luglio 1986, n. 349) oder dem britischen Merchant Shipping Act 1995. Es ist ein gemeinsames Merkmal der meisten nationalen Rechtsakte, dass sie über das geltende internationale Haftungs- und Entschädigungsregime hinausgehen. So wird in der Regel der Kreis der Schadensersatzverpflichteten erweitert und oftmals auch ein Ersatz von Umweltschäden ermöglicht, der mitunter treuhänderisch durch den Staat geltend gemacht werden kann. Das britische Gesetz ermöglicht beispielsweise bereits heute eine Haftung für Verschmutzungsschäden durch Bunkeröl. Wie bereits dargestellt worden ist, führte die Anwendung nationaler Gesetze besonders vor In-Kraft-Treten des Protokolls von 1992 zu dem internationalen Haftungs- und dem Fondsübereinkommen zur Entwicklung unterschiedlicher Maßstäbe und eines uneinheitlichen Fallrechts hinsichtlich des Ersatzes von Umweltschäden125. Es sei zudem darauf hingewiesen, dass im Falle eines dem Staat zurechenbaren Fehlverhaltens, welches gemäß Art. III 125 Vgl. zu den bekannten Entscheidungen italienischer Gerichte nach den Havarien der „Patmos“ (1985) und der „Haven“ (1991) die Darstellungen bei M. C. Maffei, The Compensation for Ecological Damage in the „Patmos“ Case, in: Francioni/ Scovazzi (Anm. 74), S. 381–394; A. Bianchi, Harm to the Environment in Italian

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Abs. 4 die ausschließliche Anwendbarkeit des Haftungsübereinkommens von 1992 aufhebt, nicht nur eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit des Staates begründet werden kann, sondern auch die Grundsätze der Staatshaftung Anwendung finden können126. 2. Nationale Umwelthaftungsgesetze in Nichtvertragsstaaten: das Beispiel der USA Zu den bekanntesten nationalen Umwelthaftungsgesetzen zählen der Comprehensive Environmental Response, Compensation and Liability Act 1980 (CERCLA 1980)127 oder auch Superfund und der Oil Pollution Act 1990 (OPA 1990)128 der USA, die nach einem schwerwiegenden Altlastenskandal bzw. nach der Havarie der „Exxon Valdez“ verabschiedet wurden129. Die USA haben keines der beiden internationalen Übereinkommen von 1992 oder deren Protokolle ratifiziert, da insbesondere der ursprünglich niedrige Haftungshöchstbetrag nicht dem Interesse der USA an einer umfassenden Haftung entsprach. Beide Gesetze dienten für zahlreiche nationale Gesetze und auch für die europäische Umwelthaftungsrichtlinie als Modell. Der CERCLA 1980 regelt die Sanierung und Haftung in Zusammenhang mit kontaminierten Gebieten und gefährlichen Emissionen. Die Kosten einer durch staatliche Behörden veranlassten Sanierung müssen von den Verursachern ersetzt werden, falls sie nicht selbst die Sanierung vornehmen130. Als Verursacher gelten neben dem gegenwärtigen Eigentümer oder Betreiber auch frühere an dem Betrieb Beteiligte. Können die Verantwortlichen nicht ermittelt werden oder sollten diese zahlungsunfähig sein, wird die Sanierung aus dem Superfund bezahlt, der sich aus Steuern auf Ölprodukte und bestimmte Chemikalien sowie aus einer Umsatzsteuer für große Unternehmen finanziert. Neben den Sanierungs- und Wiederherstellungskosten können auch Schäden an natürlichen Ressourcen ersetzt werden, was unter anderem die Schaffung einer gleichwertigen Ressource beinhalten kann131. Practice: The Interaction of International Law and Domestic Law, in: Wetterstein 1997 (Anm. 74), S. 104–129 (113 ff.). 126 Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 230 ff. 127 42 U.S.C. 9601 ff. 128 33 U.S.C. 2701 ff. 129 Für eine ausführliche Darstellung der beiden Gesetze siehe Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 291 ff.; T. J. Schoenbaum, Environmental Damages: The Emerging Law in the United States, in: Wetterstein 1997 (Anm. 74), S. 159–174; CMS Cameron McKenna, Gutachten zu dem europäischen Weißbuch zur Umwelthaftung (Anm. 117); Özçayir (Anm. 53), S. 256 ff.; C. B. Kende, The United States Approach, in: de la Rue (Anm. 18), S. 131–147. 130 Vgl. de La Fayette (Anm. 2), S. 182 f.

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Der OPA 1990 dehnt die verschuldensunabhängige Haftung des Schiffseigentümers auf den Betreiber und Charterer aus. Auch kann der Eigentümer der Fracht haftbar gemacht werden. Weiterhin sind sehr strenge Sorgfaltspflichten des Schiffseigentümers und des Betreibers des Schiffes vorgesehen. Pflichtverletzungen durch Unterlassen einer Benachrichtigung oder die Verweigerung von Kooperation können bereits zu einer unbeschränkten Gefährdungshaftung führen. Weiterhin ist es möglich, Umweltschäden und abstrakte Gebrauchswertverluste mittels der durch Verordnungen zu dem CERCLA 1980 und OPA 1990 etablierten Maßstäbe, die einen subjektiven Ansatz verfolgen, zu evaluieren und dafür Schadensersatz zu verlangen132. Ein solcher Anspruch kann auch von der Regierung, deren Körperschaften oder durch Interessenvertretungen der Urbevölkerung treuhänderisch geltend gemacht werden133. Ersetzbar sind auch Kosten, die durch die Nutzbarmachung anderer Seegebiete entstehen, die als Ersatz für verschmutzte Gebiete genutzt werden sollen. Beide Gesetze fordern zudem den Abschluss und den Nachweis einer Schadensversicherung. Obwohl sowohl der CERCLA 1980 und der OPA 1990 Gegenstand weitreichender Kritik sind, die sich vorrangig auf die umfassende Haftung und die subjektiven Wertschätzungen von Umweltschäden beziehen, zeigt das strenge Haftungsregime Erfolge in der Prävention von Ölverschmutzungskatastrophen, deren Volumen seit der Verabschiedung des OPA 1990 und durch strengere Schiffssicherheitsstandards um über 60% zurückgegangen ist134. Kurz sei auch erwähnt, dass ein „Recht auf Umwelt“ völkerrechtlich (noch) nicht als (Menschen-)Recht anerkannt ist135, so dass die in den USA zunehmenden Schadensersatzklagen nicht US-amerikanischer Staatsangehöriger nach dem Alien Tort Claims Act im Bereich der Ölverschmutzung bisher unwahrscheinlich sind136. 131

Kritisch bezüglich der Finanzierbarkeit und Funktionalität des Superfund J. P. Acton/L. S. Dixon, Superfund and Transaction Costs. The Experience of Insurers and Very Large Industrial Firms, Santa Monica 1992, S. 4 ff. und 60 ff.; L. S. Dixon, Fixing Superfund. The Effect of the Proposed Superfund Act of 1994 on Transaction Costs, Santa Monica 1994, passim. 132 Vgl. Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 304 ff. 133 Vgl. dazu auch G. Handl, Indigenous Peoples’ Subsistence Lifestyle as an Environmental Valuation Problem, in: Bowman/Boyle (Anm. 2), S. 85–110. 134 Vgl. I. Kim, Ten years after the enactment of the Oil Pollution Act of 1990: a success or a failure, Marine Policy 26 (2002), 197–207 (197 ff. und 203). 135 Vgl. C. Tomuschat, Human Rights: Between Idealism and Realism, Oxford 2003, S. 49 ff.; Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 305 ff., speziell S. 330; Birnie/ Boyle (Anm. 70), S. 252 ff. 136 Vgl. aber zu einem ersten Versuch: H. Hirte/K. Otte/M. Willamowski, Die Rechtsentwicklung im Haftungsrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika von 1996 bis 2000 (Teil 3), Versicherungsrecht 53 (2002), 940–950 (944).

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VII. Verhältnis der Haftungsregime zueinander Zunächst schließt Art. III Abs. 4 Haftungsübereinkommen von 1992 die Anwendbarkeit anderer Haftungsregime weitgehend aus. Zu beachten ist jedoch, dass ein völkerrechtlicher Anspruch gegen Staaten, also eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit bzw. Haftung, in der Vorschrift zur Haftungskanalisierung nicht enthalten ist und auch nicht durch andere vorrangige Rechtsgrundsätze verdrängt wird137. Diese Überschneidung des zivilrechtlichen und des völkerrechtlichen Regimes erscheint unvermeidbar und vermag letztlich eine – in der Praxis sicherlich subsidiäre – Entschädigung durch Staaten zu sichern138. Festzuhalten ist, dass es bei der Staatenverantwortlichkeit um eine eigene Pflichtverletzung des Verursacherstaates geht, die von der Pflichtverletzung des Verursachers im Sinne der zivilrechtlichen Haftungs- und Entschädigungsübereinkommen zu trennen ist, auch wenn Verpflichteter oder Anspruchsinhaber unter den verschiedenen Rechtsregimen durchaus dieselbe Identität haben können139. Diesbezüglich ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Höhe des Schadensersatzes, der mittels der internationalen Abkommen erlangt worden ist, auf die Höhe des völkerrechtlichen Anspruchs auswirken kann, wenn es sich um denselben Schaden handelt140. Weiterhin stellt das Haftungsübereinkommen von 1992 in Art. III Abs. 5 ausdrücklich fest, dass das Rückgriffsrecht des Eigentümers bzw. des Versicherers gemäß nationalen Haftungsvorschriften gegen Dritte, beispielsweise auch gegen den Charterer, Reeder, Ausrüster, Betreiber oder die Zertifizierungsgesellschaften, nicht beeinträchtigt wird. Eine staatliche Gefährdungshaftung ist im geltenden Völkerrecht, wie dargestellt worden ist, noch nicht fest etabliert. Obwohl Art. III Abs. 4 Haftungsübereinkommen von 1992 ein Vorgehen gegen Staaten nicht schlechthin ausschließt, ist dennoch äußerst unwahrscheinlich, dass Staaten Rechte ihrer Staatsangehörigen im Wege des diplomatischen Schutzes geltend machen oder selbst gegen andere Staaten vorgehen, da eine zivilrechtliche Haftung von Privatpersonen nach dem Haftungsübereinkommen von 1992 einer staatlichen Haftung deutlich vorgezogen wird141. 137

Vgl. A. Hoche, Das Verhältnis der Zivilhaftungskonventionen für Atom- und Ölverschmutzungsschäden zur völkerrechtlichen Haftung, München 1988, S. 226 ff.; Wolf (Anm. 73), S. 742. 138 Vgl. Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 301 f.; Gehring/Jachtenfuchs (Anm. 87), S. 104 f.; Dolzer (Anm. 75), S. 235. 139 Wolfrum/Langenfeld (Anm. 8), S. 122. 140 Vgl. G. Bornheim, Haftung für grenzüberschreitende Umweltbeeinträchtigungen im Völkerrecht und im Internationalen Privatrecht, Frankfurt am Main u. a. 1995, S. 281 ff.

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VIII. Schlussbetrachtung Wie gezeigt wurde, beruht das internationale Haftungs- und Entschädigungsregime auf dem anerkannten Grundsatz der verschuldensunabhängigen Verursacherhaftung. Für ein effektives Haftungs- und Entschädigungsregime ist ausschlaggebend, dass auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der fehlenden Ermittelbarkeit des Verursachers, hier des Eigentümers, Schadensersatz geleistet werden kann. Das internationale Haftungsregime begegnet dieser Gefahr durch die Etablierung einer Versicherungspflicht und mittels des Internationalen Entschädigungsfonds und nunmehr des Zusatzentschädigungsfonds, die sich unabhängig von dem Eigentümer und Versicherer finanzieren und damit selbst im Fall der Enthaftung des Eigentümers oder der Insolvenz der Versicherungsgesellschaft zumindest eine Minimalentschädigung sichern142. Damit werden die immensen Kosten zwischen dem Eigentümer, den Versicherungsgesellschaften und der ölverarbeitenden Industrie verteilt. Durch die Möglichkeit weiterer Rückgriffsansprüche findet eine zusätzliche Verteilung der Risiken statt. Die Effektivität des internationalen Regimes muss sich jedoch nicht nur an dem Maßstab einer wirksamen Entschädigung messen lassen, sondern auch an seiner präventiven Wirkung143. Im Verhältnis zu der wesentlich strengeren US-amerikanischen Umwelthaftung muss hier das Augenmerk auf die Haftungshöchstbeträge gerichtet werden, die allerdings vor allem aufgrund eines verstärkten Engagements europäischer Staaten mehrfach erhöht worden sind. Generell ist dabei zu berücksichtigen, dass auf jeder Staatenkonferenz zur Annahme oder Reform eines internationalen Übereinkommens unterschiedliche Interessen aufeinander stoßen, die in Einklang zu bringen sind. Das Ergebnis kann nur ein Kompromiss sein. Wie gezeigt wurde, ist die Effektivität der Grundsätze der Staatenverantwortlichkeit im Bereich der Umwelthaftung äußerst begrenzt. Das Beispiel 141 Vgl. L. Belotsky, State Responsibility and Liability for Damage to the Environment, in: Gambaro/Rabello (Anm. 55), S. 237–259 (253 ff.); für eine positivere Einschätzung vgl. Hoche (Anm. 137), S. 289 ff. 142 Für einen Vergleich zwischen Pflichtversicherung und Schadensfonds siehe M. G. Faure/T. Hartlief, Compensation Funds versus Liability and Insurance for Remedying Environmental Damage, RECIEL 5 (1996), 321–327. 143 Vgl. dazu die ausführliche Studie im Rahmen der International Oil Spill Conference 2003 von S. A. Lentz/F. Felleman, Oil Spill Prevention: A Proactive Approach, , Stand 15.3.2005, sowie das Gutachten zu dem europäischen Weißbuch zur Umwelthaftung von D. Austin/A. Alberini, An Analysis of the Preventive Effect of Environmental Liability, 2001, , Stand 15.3.2005; vgl. auch mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland P. Döring, Haftung und Haftpflichtversicherung als Instrumente einer präventiven Umweltpolitik, Berlin 1999.

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der Katastrophe in Tschernobyl hat verdeutlicht, dass Schadensersatzforderungen oftmals nicht durchsetzbar sind. Die fortschreitende Entwicklung der zivilrechtlichen Haftung Privater, primär des Verursachers, entspricht daher der Erkenntnis, dass eine Haftung privater Akteure die effektivere Vorbeugung gegen Öltankerunfälle darstellt144. Es leuchtet dann auch ein, dass die Mehrzahl der relevanten internationalen Abkommen mittels „noncompliance procedures“ die Überwachung primär den Vertragsstaaten selbst übertragen. Strenge Verfahren sehen dabei auch eine Haftung des die vertragliche Pflicht verletzenden Staates vor. Ziel ist dann allerdings nicht die Wiederherstellung des status quo ante, sondern die Wiedereingliederung in die Reihe der den Vertrag befolgenden Staaten145. Im Hinblick auf die dritte, die nationale Haftungsebene ist festzustellen, dass die Existenz unterschiedlicher nationaler Haftungsmaßstäbe die Gefahr birgt, dass es zu einem Abwandern betroffener Industrien kommt. Da Ölverschmutzungen nach Tankerunglücken in aller Regel mehr als einen Staat betreffen, sollten nationale Umwelthaftungsgesetze und regionale Initiativen möglichst kohärent mit dem internationalen Haftungsregime sein146. Die Entscheidung der USA, einen eigenen Weg mit dem CERCLA 1980 und dem OPA 1990 einzuschlagen und dem internationalen Regime völlig den Rücken zu kehren, hat zu der Fragmentierung und Herausbildung unterschiedlicher Standards im Bereich der Haftung für Ölverschmutzungen beigetragen. Dies kann den präventiven Effekt eines Haftungsregimes deutlich mindern. Gleichzeitig dienten die strengeren Regelungen in den USA als Anregung und Beispiel für Weiterentwicklungen auf der internationalen und nationalen Ebene147. Im Sinne einer größeren Einheitlichkeit ist die euro144 B. B. Röben, Civil Liability as a Control Mechanism for Environmental Protection at the International Level, in: Morrison/Wolfrum (Anm. 119), S. 821–843 (826). 145 Vgl. M. A. Fitzmaurice/C. Redgwell, Environmental Non-Compliance Procedures and International Law, NYIL 31 (2000), 35–65 (56 f.); P.-M. Dupuy, À propos des mésaventures de la responsabilité internationale des états dans ses rapports avec la protection internationale de l’environnement, in: M. Prieur/C. Lambrechts (Hrsg.), Les Hommes et l’Environnement. Quels droits pour le vingt-et-unième siècle? Études en hommage à Alexandre Kiss, Paris 1998, S. 269–282 (277 ff.). 146 Vgl. zur Nichtanwendung der von dem Internationalen Entschädigungsfonds entwickelten – unverbindlichen – Beurteilungsmaßstäbe für die Schadensevaluation durch nationale Gerichte: E. Watt, Oil Pollution and Pure Economic Loss Decided, Landcatch v. Braer Corporation, LMCLQ 27 (2000), 16–20; IOPC-Fonds, Uniform Application of the Conventions (Anm. 51); vgl. für eine umfassende Studie R. B. Stewart, Introduction: Environmental Regulation in Multi-Jurisdictional Regimes, in: R. L. Revesz/P. Sands/R. B. Stewart (Hrsg.), Environmental Law, the Economy and Sustainable Development, Cambridge 2000, S. 1–33, passim. 147 Vgl. zu den verschiedenen Evaluationsmethoden für Umweltschäden: Fitzmaurice 2001 (Anm. 67), S. 229 ff.; C. A. Jones, Restoration-Based Approaches to Compensation for Natural Resource Damages: Moving Towards Con-

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päische Initiative zur Verabschiedung einer Rahmenrichtlinie zur Umwelthaftung, auch wenn diese nicht unmittelbar auf Ölverschmutzungen anwendbar ist, daher ebenso zu begrüßen wie die Zurückhaltung bei der Etablierung eines europäischen Entschädigungsfonds. An der Konvergenz der verschiedenen Haftungsregime sollten alle Staaten ein besonderes (Eigen-)Interesse haben. Für die zahlreichen Probleme bei der Bewertung und dem Ersatz von Umweltschäden wird eine Ideallösung kaum zu finden sein148. Denkbar wäre die Festlegung von fixen Schadensersatzbeträgen für eine bestimmte Maßeinheit ausgelaufenen Öls. Dabei müsste der Betrag sowohl die Ölart als auch die wirtschaftliche und ökologische Bedeutung des betroffenen Gebietes berücksichtigen. Dies könnte durch eine Klassifizierung von Gebieten erreicht werden, wie dies beispielsweise in Alaska geschehen ist. Vorrangig muss jedoch die Wiederherstellung des Zustandes vor der Verschmutzung sein. Man kann nur hoffen, dass die Internationale Gemeinschaft auch den Schutz der Umwelt per se ernst nimmt und dies durch eine Ausweitung des internationalen Haftungs- und Entschädigungsregimes beweist, ohne zuvor weitere Katastrophen abzuwarten.

vergence in US and International Law, in: Austin/Bruch (Anm. 83), S. 477–499 (487 ff.); Beeckman (Anm. 75), S. 457 ff. 148 Vgl. Gauci 1997 (Anm. 4), S. 126 ff.

Strafrechtliche Aspekte des Schutzes vor Öltankerunfällen auf See Von Karola Wolprecht Wenn Schiffsunfälle schwerwiegende Folgen haben, müssen die Verantwortlichen in angemessener Weise zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu gibt es, wie bereits dargestellt1, zivilrechtliche Instrumente. Strafrechtliche Sanktionen als ultima ratio kommen vor allem beim absichtlichen Einleiten von verschmutzenden Substanzen in Frage. Jedoch können auch nicht vorsätzlich herbeigeführte Verschmutzungen ein strafrechtliches Nachspiel haben, wenn sie nämlich zu solch katastrophalen Konsequenzen wie zuletzt im Fall der „Prestige“ führen2. So ist gegen den griechischen Kapitän der „Prestige“ ein Strafprozess im spanischen Corcubión anhängig3, und auch drei Beamte der spanischen Verwaltung, denen Missmanagement beim Umgang mit der Havarie vorgeworfen wird, müssen sich einer Untersuchung stellen4.

I. Deutsches Strafrecht Zunächst soll kurz auf die Frage eingegangen werden, wie das deutsche Strafrecht für die Sanktionierung von Ölunfällen auf See gerüstet ist. Dazu sind einerseits die materiellen Strafnormen, andererseits die Frage der Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit zu betrachten. Als materiellrechtliche Tatbestände kommen § 315a Strafgesetzbuch (StGB), Gefährdung des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs, und § 324 StGB, Gewässerverunreinigung, in Betracht. Gemäß § 315a StGB wird unter anderem derjenige bestraft, der als Führer eines Schiffes oder als sonst für die Sicherheit Verantwortlicher durch grob pflichtwidriges Verhalten gegen 1

Siehe oben Beitrag von Knut Traisbach. Zu strafrechtlichen Sanktionen im Falle von Schiffsunglücken auch P. Ehlers, Schiffssicherheit nach der „Prestige“, ZUR 14 (2003), 342–349 (349). 3 Kapitän der „Prestige“ auf freiem Fuß, Süddeutsche Zeitung vom 8./9.2.2003, S. 12; CNN, Prestige captain on $3m bail, , Stand 15.4.2004. 4 CNN, Spanish judge probes oil spill, , Stand 15.4.2004. 2

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Rechtsvorschriften zur Sicherung des Schiffsverkehrs verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Nach § 324 StGB wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft, wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert5. Gemäß der Legaldefinition in § 330d Nr. 1 StGB gehört auch das Meer zum Gewässerbegriff. Die Verunreinigung des Meeres durch Öl erfüllt klar den objektiven Tatbestand. Sowohl bei § 315a StGB als auch bei § 324 StGB wird aber in der Regel der für das Vorsatzdelikt nötige zumindest bedingte Vorsatz („billigendes in Kauf nehmen“)6 nicht nachzuweisen sein, so dass eine Bestrafung nur wegen Fahrlässigkeit gemäß § 315a Abs. 3 StGB bzw. § 324 Abs. 2 StGB möglich ist. Angedroht sind dafür bis zu zwei bzw. drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Außerdem kann unter Umständen auch der Tatbestand des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen (§ 326 StGB), insbesondere durch Verwirklichung von Abs. 1 Nr. 4, bei dem ebenfalls auch Fahrlässigkeit bestraft wird (Abs. 5), erfüllt sein. Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich zunächst gemäß § 3 StGB (Territorialitätsprinzip) auf alle Sachverhalte, die sich im Inland zutragen. Dazu gehören, neben dem Festland und dem darüber befindlichen Luftraum, auch die deutschen Eigen- und Küstengewässer. Weiterhin umfasst die deutsche Gerichtsbarkeit gemäß § 4 StGB (Flaggenprinzip) alle von deutschen Schiffen aus erfolgenden Öleinleitungen in die See, unabhängig vom Tatort und der Nationalität der Täter. Außerdem sind, als Straftaten gegen inländische Rechtsgüter, gemäß § 5 Nr. 11 StGB Straftaten gegen die Umwelt gemäß § 324 StGB in der ausschließlichen Wirtschaftszone umfasst, soweit völkerrechtliche Übereinkommen zum Schutz des Meeres ihre Verfolgung als Straftaten gestatten. Schließlich kann die deutsche Strafgewalt auch nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB bestehen, wenn der Täter Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist (Personalitätsprinzip). Ergänzt wird das deutsche Strafrecht durch zahlreiche Bußgeldtatbestände, mit denen Verstöße auch dann geahndet werden können, wenn die Meeresverschmutzung selbst nicht bewiesen werden kann7. 5 Eingehend zu § 324 StGB: E. Günther-Nicolay, Die Erfassung von Umweltstraftaten mit Auslandsbezug durch das deutsche Umweltstrafrecht gemäß §§ 324 ff. StGB, Baden-Baden 2002, S. 273 ff. 6 P. Cramer/D. Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 81a ff., in: A. Schönke/H. Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 26. Aufl., München 2001. 7 Siehe den Jahresbericht des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie 2002, S. 80 f., , Stand 15.4.2004.

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II. Ebene der Europäischen Union und des Europarates Weiterhin gibt es Bemühungen, abschreckende strafrechtliche Sanktionen bei Unfällen von Öltankern auch auf Ebene der Europäischen Union zu regeln. So schlug die Kommission im Jahre 2001 eine Richtlinie zur Einführung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften zur Bestrafung von Personen (einschließlich juristischer Personen) vor, die durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten eine Verschmutzung verursacht haben8. Bislang konnte darüber jedoch keine Einigung erzielt werden9. Stattdessen verabschiedete der Rat im Januar 2003 im Rahmen der „dritten Säule“ der EU einen Rahmenbeschluss über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht10. Im März 2003 legte die Kommission einen zusätzlichen Vorschlag für eine neue, speziellere Richtlinie vor, die strafrechtliche Sanktionen für die vorsätzliche oder grob fahrlässige Meeresverschmutzung durch Schiffe festlegt11. Dieser Vorschlag betrifft alle Glieder der Verantwortungskette (Reeder, Charterer, Klassifikationsgesellschaft usw.) und sieht für die gravierendsten Fälle auch Freiheitsstrafen vor. Flankierend zu dieser Richtlinie soll ein Rahmenbeschluss erlassen werden, der die Annäherung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Erleichterung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Sanktionierung solcher Verstöße bewirken soll12. 8

Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt vom 13.3.2001, KOM(2001) 139 endg., ABl. C 180 E, 26.6.2001, S. 238; geändert durch KOM(2002) 544 endg., ABl. C 20 E, 28.1.2003, S. 284, die Änderungen sind nicht wesentlich und für unser Gebiet nicht relevant. Der Vorschlag sieht Geld- und Freiheitsstrafen vor. 9 Siehe die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr nach dem Untergang des Öltankschiffs „Prestige“ vom 3.12.2002, KOM(2002) 681 endg., S. 12, , Stand 15.4.2004. 10 Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom 27.1.2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ABl. L 29, 5.2.2003, S. 55. Siehe dazu auch D. Stefaniuk, La prévention des marées noires et leur indemnisation. Aspects de droit international et européen, Journal du Droit International 130 (2003), 1013–1057 (1052). 11 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, für Verschmutzungsdelikte, KOM(2003) 92 endg., 5.3.2003, , Stand 15.4.2004. Der Vorschlag wurde vom Europäischen Parlament im Januar 2004 mit mehreren Änderungen gebilligt. 12 Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe, KOM(2003)

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Fraglich ist allerdings, ob die EG überhaupt eine Kompetenz in Bezug auf Strafmaßnahmen hat. Eine ausdrückliche Zuständigkeit der Gemeinschaft gibt es dazu nicht13. Die Mitgliedstaaten sind jedoch gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EG allgemein verpflichtet, geeignete Schritte zum Erreichen eines Gemeinschaftsziels zu unternehmen. Solche Gemeinschaftsziele sind ganz unstreitig die Gewährleistung der Sicherheit des Seeverkehrs und der Schutz der Gewässer (Art. 80 Abs. 2, 174 EG)14. In Fällen, wo das Strafrecht das einzige Mittel bildet, um die wirksame Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, könnten die Mitgliedstaaten möglicherweise verpflichtet werden, strafrechtliche Sanktionen vorzusehen. Im Fall der Meeresverschmutzung durch Schiffe vertritt die Kommission die Auffassung, dass die angestrebte Wirkung der diesbezüglichen Vorschriften nur durch strafrechtliche Sanktionen sichergestellt werden könne. Eine hinreichende Abschreckung lasse sich nur erzielen, wenn rechtswidrige Einleitungen mit angemessenen Sanktionen bedroht seien und als Delikt gälten, was eine besondere Missbilligung durch die Gesellschaft ausdrücke15. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten sieht das bislang offenbar anders16. Angesichts der durch die Unfälle der „Erika“ und der „Prestige“ wach gerüttelten Öffentlichkeit könnte es jedoch im eng begrenzten Bereich der Meeresverschmutzung durch Schiffe zu einer Einigung auf einen gemeinschaftlichen Rahmen für strafrechtliche Sanktionen kommen. Außerdem wurde auf der Ebene des Europarates am 4. November 1998 ein Übereinkommen über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht zur Unterzeichnung aufgelegt17. Die Konvention will den Umweltschutz stärken, indem sie die Vertragsparteien dazu verpflichtet, auf gravierende Umweltverstöße mit strafrechtlichen Mitteln zu reagieren. Dazu soll die entsprechende nationale Gesetzgebung harmonisiert werden. Das Übereinkommen erklärt bestimmte vorsätzliche und fahrlässige Handlungen zu Straftaten, sofern diese bleibende Schädigungen der Luft, des Bodens, des Wassers oder an Flora oder Fauna verursacht haben oder zu verursachen geeignet sind. Die Taten müssen mit Haft- oder Geldstrafen sanktioniert 227 endg., 2.5.2003, , Stand: 15.4.2004. Der Vorschlag wurde vom Europäischen Parlament im Januar 2004 mit zwei Änderungen angenommen. 13 M. Zuleeg, Der Beitrag des Strafrechts zur europäischen Integration, JZ 47 (1992), 761–769 (762); G. Dannecker, Strafrecht in der Europäischen Gemeinschaft, JZ 51 (1996), 869–880 (869). 14 Siehe oben im Beitrag von Karola Wolprecht, Abschn. II. 15 Vorschlag für eine Richtlinie, KOM(2003) 92 endg. (Anm. 11), Punkt 2.2. der Begründung. 16 Deshalb das Vorgehen des Rates im Rahmen der „dritten Säule“ (Justiz und Inneres), siehe oben Anm. 10. 17 ETS Nr. 172.

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werden, auch die Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Umwelt ist möglich. Eine wichtige Neuerung ist die in Art. 9 festgelegte strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen, allerdings sind Vorbehalte zu dieser Regelung ausdrücklich erlaubt. Umstritten war während der Ausarbeitung der Konvention auch die Frage, ob Umweltschutzverbände am Strafverfahren teilnehmen können sollen (Art. 11), weshalb man sich diesbezüglich auf eine rein fakultative Formulierung einigte. Für das In-Kraft-Treten des Übereinkommens sind drei Ratifikationen notwendig, bislang hat als einziges Land Estland ratifiziert. Zwölf weitere Staaten, darunter Deutschland, haben die Konvention unterzeichnet18.

III. Globale Ebene 1. Die Übereinkommen von 1952 und 1958 Auf globaler Ebene regelt das Internationale Übereinkommen vom 10.5.1952 zur Vereinheitlichung von Regeln über die strafgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen und anderen mit der Führung eines Seeschiffes zusammenhängenden Ereignissen19 in später Reaktion auf das Lotus-Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahre 192720, dass bei Schiffskollisionen und anderen „incidents of navigation“ nur der Flaggenstaat Straf- oder Disziplinarverfahren einleiten darf 21. Das Abkommen gilt nicht für Häfen und innere Gewässer (Art. 4 Abs. 1). Außerdem können sich die Vertragsparteien das Recht vorbehalten, in ihren eigenen Hoheitsgewässern begangene Verstöße selbst zu verfolgen (Art. 4 Abs. 2). Einen solchen Vorbehalt hat die Bundesrepublik Deutschland erklärt. Diesem Abkommen zufolge kann zum Beispiel ein Küstenstaat nicht gegen einen Kapitän vorgehen, aus dessen Schiff auf Hoher See oder in der ausschließlichen Wirtschaftszone unfallbedingt Öl ausläuft22. 18 , Stand 15.4.2004. 19 International Convention for the Unification of Certain Rules relating to Penal Jurisdiction in Matters of Collision or Other Incidents of Navigation, BGBl. 1972 II, S. 653, 668. 20 PCIJ Ser. A, vol. 2 (1927–1928), No. 10. Darin hatte der StIGH entschieden, dass es keinen völkerrechtlichen Rechtssatz gebe, der der Türkei als Flaggenstaat des verletzten Schiffes die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den verantwortlichen französischen Kapitän der unter französischer Flagge fahrenden „Lotus“ verbiete. 21 J. Klages, Meeresumweltschutz und Strafrecht, Freiburg i. Br. 1989, S. 70 f.; D. Oehler, Neuerer Wandel in den Bestimmungen über den strafrechtlichen Geltungsbereich in den völkerrechtlichen Verträgen, in B. Börner/H. Jahrreiß/K. Stern, Einigkeit und Recht und Freiheit: Festschrift für Karl Carstens zum 70. Geburtstag, Köln u. a. 1984, S. 435–448 (437 f.).

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Das (Genfer) Übereinkommen vom 29.4.1958 über die Hohe See23 wiederholt diese Regelungen im Wesentlichen. Allerdings legt es fest, dass neben dem Flaggenstaat auch der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Kapitän oder sonst Verantwortliche besitzt, strafrechtliche Maßnahmen ergreifen kann (Art. 11). Damit wird das Flaggenstaatsprinzip um das aktive Personalitätsprinzip ergänzt. 2. Die Regelungen des Seerechtsübereinkommens von 1982 Das 1994 in Kraft getretene Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen24 enthält ähnliche Grundsätze. Seinem Art. 97 zufolge liegt die Strafgewalt bei Zusammenstößen und anderen mit der Führung eines Schiffes zusammenhängenden Ereignissen auf Hoher See grundsätzlich beim Flaggenstaat. Ein Fest- oder Zurückhalten eines Schiffes auf Hoher See darf, selbst zu Untersuchungszwecken, nur vom Flaggenstaat angeordnet werden. Im Küstenmeer hingegen darf der Küstenstaat das Zurückhalten des Schiffes anordnen und ein Verfahren einleiten, wenn „eindeutige Gründe für die Annahme“ bestehen, dass das Schiff gegen internationale oder nationale Regeln verstoßen hat, und die Beweislage das Zurückhalten rechtfertigt (Art. 220 Abs. 2 SRÜ). Dies gilt, unter der strengeren Voraussetzung eines „eindeutigen objektiven Beweis[es]“, auch für die ausschließliche Wirtschaftszone (Art. 220 Abs. 6 SRÜ). Bei der Einleitung eines Strafverfahrens sind die Schutzbestimmungen der Art. 223–233 SRÜ zu beachten25. Zu ihnen zählt das Nichtdiskriminierungsgebot des Art. 227 SRÜ sowie die Norm des Art. 228 SRÜ, der den Vorrang der Strafgewalt des Flaggenstaates näher konkretisiert26. Eine Ausnahme zugunsten des Küstenstaates besteht demnach nur dann, wenn eine Verletzung innerhalb des Küstenmeers oder ein größerer Schaden für den Küstenstaat im Raume steht oder der Flaggenstaat wiederholt seine Pflichten zur effektiven Durchsetzung verletzt hat. Nach Art. 226 SRÜ darf ein fremdes Schiff nicht länger festgehalten werden als für die Untersuchung unerlässlich ist. Was die Intensität der aufzuerlegenden Strafen angeht, verpflichtet Art. 217 Abs. 8 SRÜ die Vertragsparteien, zum Zwecke des Schutzes der 22

Vgl. Klages (Anm. 21), S. 437. Convention on the High Seas, BGBl. 1972 II, S. 1089. 24 BGBl. 1994 II, S. 1799; in Kraft getreten am 16.11.1994, BGBl. 1995 II, S. 602. Das Seerechtsübereinkommen genießt gemäß Art. 311 Abs. 1 zwischen seinen Vertragsparteien Vorrang vor dem Genfer Übereinkommen vom 9.4.1958. 25 Dazu J. Wilkens, Rechtsregeln zur Vermeidung von Tankerunfällen, zur Schadenseindämmung und zur Schadensregulierung, Köln u. a. 1994, S. 131 ff. 26 Siehe Günther-Nicolay (Anm. 5), S. 200. 23

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Meeresumwelt für die unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe Strafen vorzusehen, die ausreichend streng und abschreckend sind. Die Sanktionsmöglichkeiten für Nicht-Flaggenstaaten sind jedoch erheblich eingeschränkt: Gemäß der Schutzbestimmung des Art. 230 SRÜ dürfen bei Verstößen fremder Schiffe gegen innerstaatliche oder internationale Vorschriften zum Schutz vor Meeresverschmutzung, die sich außerhalb des Küstenmeers zutragen, nur Geldstrafen verhängt werden (Abs. 1). Das Gleiche gilt für Verstöße fremder Schiffe innerhalb des Küstenmeers, allerdings mit Ausnahme vorsätzlicher schwerer Verschmutzungen (Abs. 2). Wendet man diese Vorschriften auf den Fall der „Prestige“ an, ergeben sich interessante juristische Fragestellungen27: War die Inhaftierung des griechischen Kapitäns des unter der Flagge der Bahamas fahrenden Schiffes durch Spanien völkerrechtskonform? Ist unter Umständen der Internationale Seegerichtshof für Streitigkeiten über die Freilassung von Schiff und Kapitän zuständig (vgl. Art. 286 ff. SRÜ)? Da die Prestige ca. 28 Seemeilen vor der spanischen Küste Leck schlug und ca. 130 Seemeilen vom Festland entfernt sank, beides also innerhalb Spaniens ausschließlicher Wirtschaftszone28, durfte Spanien gemäß Art. 220 Abs. 6 SRÜ ein Strafverfahren gegen den Kapitän einleiten. Weil die Verstöße jedoch außerhalb Spaniens Küstenmeer stattfanden29, ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht statthaft (Art. 230 Abs. 1 SRÜ). Gleichwohl muss die Festnahme des Kapitäns nicht notwendiger Weise rechtswidrig gewesen sein, insbesondere wenn und solange sie zu Beweissicherungszwecken erfolgte30. Die Inhaftierung dürfte aber in jedem Fall nur kurze Zeit andauern, um eine Aushebelung des Verbots der Freiheitsstrafe durch eine allzu lange Untersuchungshaft zu verhindern. 3. Strafrechtlich relevante Normen in anderen globalen Meeresschutz-Übereinkommen Das im Jahre 1983 in Kraft getretene Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL 73/78)31 enthält Regelungen über den Schutz der Meere vor schiffsbetriebsbedingtem 27

Sowohl die Bahamas als auch Spanien sind Parteien des Seerechtsübereinkommens. 28 Spanien hat, wie die allermeisten anderen Staaten auch, seine Ausschließliche Wirtschaftszone auf die gemäß Art. 57 SRÜ maximal möglichen 200 Seemeilen (gemessen von den Basislinien) erstreckt. 29 Das Küstenmeer darf gemäß Art. 3 SRÜ höchstens 12 Seemeilen breit sein. 30 So J. Juste Ruiz, El accidente del Prestige y el derecho internacional: de la prevención fallida a la reparación insuficiente, Revista española de derecho internacional 55 (2003), 15–42 (32).

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Einleiten von Schadstoffen. In Art. 4 Abs. 1 MARPOL 73/78 werden die Vertragsparteien verpflichtet, für Verstöße von unter ihrer Flagge fahrenden Schiffen gegen MARPOL-Regelungen Strafen vorzusehen. Diese müssen unabhängig vom Begehungsort sein. Außerdem sieht Art. 4 Abs. 2 MARPOL 73/78 vor, dass die Staaten in Anwendung des Territorialitätsprinzips in ihrem Hoheitsbereich begangene Verstöße unter Strafe stellen. Im Fall eines solchen Verstoßes haben sie wahlweise die Pflicht, entweder selbst ein Strafverfahren einzuleiten oder aber dem Flaggenstaat alle für ein Strafverfahren dienlichen Informationen zu übermitteln. Die Strafen nach Abs. 1 und 2 müssen gemäß Art. 4 Abs. 4 MARPOL 73/78 schwer genug sein, um abschreckend zu wirken; ihre Höhe darf des Weiteren nicht vom Tatort abhängen. Das Internationale Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW)32 schreibt den Vertragsparteien in der 1995 neu eingefügten Regel I/5 Abs. 2 vor, dass Verstöße gegen das STCW durch Strafen oder Disziplinarmaßnahmen zu ahnden sind. In Abs. 3 sind drei Fallgruppen genannt, für die das insbesondere gilt. Im Internationalen Freibord-Übereinkommen33, im Übereinkommen über die Internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (COLREG 1972)34 und im Internationalen Übereinkommen zum Schutz des Menschlichen Lebens auf See (SOLAS 1974)35 gibt es keine expliziten Vorschriften zur Bestrafung von Verstößen. Die Vertragsparteien werden jedoch jeweils im ersten Artikel verpflichtet, alles Notwendige zu unternehmen, um dem betreffenden Vertragswerk eine umfassende Wirkung zu verleihen.

31 International Convention for the Prevention of Pollution from Ships, aktueller Text: IMO, MARPOL 73/78, Consolidated Edition 2002, London 2002. 32 International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers, 1978, BGBl. 1982 II, S. 298, in der Fassung vom 7.7.1995, BGBl. 1997 II, S. 1119. 33 International Convention on Load Lines vom 5.4.1966, BGBl. 1969 II, S. 250. 34 Convention on the International Regulations for Preventing Collisions at Sea vom 20.10.1972, BGBl. 1976 II, S. 1018. 35 International Convention for the Safety of Life at Sea, Text in der Fassung von 2001: IMO, SOLAS, Consolidated Edition 2001, London 2001.

Prävention und Bekämpfung von Tankerhavarien in Deutschland – Rechtsgrundlagen und Organisation Von Hans Fabian Kiderlen Für die praktischen Belange des Umweltschutzes in Deutschland ist es von wesentlicher Bedeutung, welche rechtlichen Regelungen hier getroffen worden sind, um Tankerhavarien zu verhindern oder zumindest dennoch eingetretene Unfälle effektiv zu bekämpfen. Dabei steht weniger die nationale Umsetzung völker- und europarechtlicher Vorgaben1 als vielmehr die Zuständigkeitsverteilung im deutschen Föderalstaat im Vordergrund. In ihren Leitlinien zurück in die Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik reichend2, stellt sie sich heute als eine höchst unübersichtliche Gemengelage dar3. Die von der deutschen Verfassung vorgesehene strikte Trennung zwischen Kompetenzen des Bundes und Kompetenzen der (Küsten-) Länder widerspricht dem Bedürfnis der Praxis nach einer zentralen Einsatzleitung. Um diesem Manko abzuhelfen, sind zwischen Bund und Ländern zahlreiche Koordinationsabkommen geschlossen worden, ein Umstand, der freilich nicht zur Übersichtlichkeit der Rechtslage beiträgt. Dass die Rechtslage nicht nur aus juristischer Sicht unbefriedigend ist, sondern im konkreten Notfall zahlreiche Schwierigkeiten aufwirft, hat die Havarie des italienischen Holzfrachters „Pallas“ vor der Insel Amrum im Herbst 1998 in aller Deutlichkeit gezeigt4. Die von Bund und Küstenlän1

Zur Umsetzung völkerrechtlicher Vorgaben der IMO in Deutschland siehe P. Ehlers, Die nationale Umsetzung von Übereinkommen und Beschlüssen der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation (IMO), in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), 50 Jahre Vereinte Nationen. Tätigkeiten und Wirken der IMO, Baden-Baden 1997, S. 57–65. 2 Dazu G. Hoog, Art. 89, in: I. von Münch/P. Kunig, Grundgesetzkommentar, Band III, 5. Aufl., München 2003, Rn. 6–10; D. C. Umbach, Art. 89, in: D. C. Umbach/T. Clemens (Hrsg.), Grundgesetz. Mitarbeiterkommentar, Band II, Heidelberg 2002, Rn. 1–6. 3 D. König, Schiffssicherheit auf der Ostsee: Nationales Recht – Status quo und Fortentwicklungen, DÖV 55 (2002), 639–647 (639). 4 K. Kruse/B. Schmid, Fast schon Sabotage, Der Spiegel 47/1998, S. 22–25. Siehe ferner den Bericht und die Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission „Havarie Pallas“ vom 16.2.2000 [im Folgenden: Pallas-Bericht], , Stand 15.4.2004.

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dern in der Folge vorgenommene Reorganisation der maritimen Gefahrenabwehr ließ indes die grundgesetzliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern unangetastet. Diese komplexe Zuweisung der einschlägigen Zuständigkeiten (I.) bildet daher den Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung, an den sich eine Analyse der durch Bund-Länder-Vereinbarungen geschaffenen tatsächlichen Aufgabenverteilung (II.) anschließt.

I. Die Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz Nach dem Grundgesetz ist prinzipiell zwischen Regelungskompetenz und Vollzugskompetenz zu unterscheiden. Dabei sind gemäß Art. 30 iVm 70 GG bzw. iVm Art. 83 GG grundsätzlich die Länder zuständig, sofern das Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Aufgrund ihres Ausnahmecharakters werden Befugnisse des Bundes den Schwerpunkt der Ausführungen bilden. Wesentliche Unterschiede in der Kompetenzordnung bestehen ferner zwischen dem Küstenmeer (1.), den sich seewärts daran anschließenden Meeresgebieten (2.) und den Häfen (3.). Sie werden daher im Folgenden getrennt behandelt. 1. Kompetenzverteilung im Küstenmeer Es bietet sich an, mit dem Küstenmeer zu beginnen, da sich an seinem Beispiel das deutsche maritime Kompetenzgefüge am besten darstellen lässt. Seine Ausdehnung betrug zunächst drei Seemeilen. Mit Beschluss vom 12. November 1984 hatte die Bundesregierung das Küstenmeer in der Nähe von Helgoland auf eine Breite von bis zu sechzehn Seemeilen erweitert5. Dadurch sollten wesentliche Schifffahrtsrouten in der Deutschen Bucht deutschem Recht unterworfen werden, wodurch es der Bundesrepublik möglich wurde, in diesen Bereichen Verkehrstrennungsgebiete einzurichten und schärfere Sicherheitsvorschriften zu erlassen6. Explizites Ziel war es, so „geeignete Maßnahmen gegen die Gefahr eines Tankerunfalls und einer Ölverseuchung des Meeres und der Küsten (. . .) treffen zu können.“7 Diese einseitige Erweiterung des deutschen Hoheitsgebiets blieb 5 Beschluss der Bundesregierung vom 12.11.1984, BGBl. 1984 I, S. 1366. Eine kartographische Darstellung findet sich bei R. Wolfrum, Die Küstenmeergrenzen der Bundesrepublik Deutschland in Nord- und Ostsee, AVR 24 (1986), 247–276 (273), und J. Kokott/L. Gündling, Die Erweiterung der deutschen Küstengewässer in der Nordsee, ZaöRV 45 (1985), 675–693 (676). 6 Siehe die 6. Verordnung zur Änderung der Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung vom 9.1.1985, BGBl. 1985 I, S. 38. Ausführlich zu den Zielen und Auswirkungen dieser Erweiterung Kokott/Gündling (Anm. 5), S. 677 ff., und Wolfrum 1986 (Anm. 5), S. 255 f. 7 Beschluss der Bundesregierung (Anm. 5).

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international nicht unumstritten. 1994 reduzierte die Bundesregierung ihren Anspruch auf ein Küstenmeer entsprechend Art. 3 des Seerechtsübereinkommens auf eine Breite von zwölf Seemeilen8. Der Streit um die völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit9 dieser Ausdehnung des Küstenmeeres über eine Breite von zwölf Seemeilen hinaus hat sich somit erledigt10. Völkerrechtlich gesehen ist das Küstenmeer ein Teil des deutschen Staatsgebietes11. Als solches ist es territorialer Bestandteil der angrenzenden (Küsten-)Länder12, unterliegt also vollumfänglich deutschem Recht13. a) Regelungskompetenzen des Bundes im Küstenmeer14 Gemäß Art. 73 Nr. 5 GG ist der Bund ausschließlich zuständig für die Gesetzgebung im Bereich der Schifffahrtsverträge. Diese Vorschrift spiegelt die außenpolitische Prärogative des Bundes wider (vgl. Art. 32 Abs. 1 GG) und umfasst materiell alle Bereiche, die üblicherweise in bilateralen oder multilateralen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträgen geregelt wurden15. Die weitaus wichtigste Vorschrift ist allerdings Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG, welcher dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die See- und Binnenschifffahrt, für die Seezeichen und die Schifffahrtsstraßen gewährt. Diese Gesetzgebungskompetenz ist verkehrsbezogen, d.h. sie erlaubt nur solche Bestimmungen, die der einheitlichen Regelung von An8 Art. 3 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 (SRÜ), BGBl. 1994 II, S. 1799 iVm der Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeeres vom 19.10.1994, BGBl. 1994 I, S. 3428. Siehe dazu auch P.-T. Stoll, Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994, ZaöRV 56 (1996), 998–1203 (1030 f.). 9 Siehe dazu Kokott/Gündling (Anm. 5), 679 ff., und Wolfrum 1986 (Anm. 5), 257 f. 10 R. Wolfrum, Germany and the Law of the Sea, in: T. Treves (Hrsg.), – The European Union and its Member States, The Hague u. a. 1997, S. 199–224 (204). 11 Art. 2 Abs. 1 SRÜ (Anm. 8). 12 H. Schnoor, Verfassungsrechtliche Bedingungen einer Küstenwache zur Bewältigung maritimer Schadensfälle, NordÖR 3 (2000), 221–226 (223). 13 Kokott/Gündling (Anm. 5), S. 677. 14 Eine Übersicht über wichtige deutsche Rechtsakte im Bereich Schiffssicherheit findet sich in M. Herma/U. Jenisch, Gutachten: Rechtliche Beurteilung der maritimen Sicherheit unter besonderer Berücksichtigung der Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band I), Schwerin 2001, S. 279–454 (Anlage II, S. 445 ff.). 15 Beispielsweise den Zugang zu Häfen. Zum Ganzen: P. Kunig, Art. 73, in: von Münch/Kunig (Anm. 2), Rn. 23.

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gelegenheiten der Schifffahrt und der Schifffahrtswege dienen und für einen reibungslosen Schiffsverkehr erforderlich sind16. Damit scheiden Regelungen, die primär die Reinhaltung der Gewässer bezwecken, aus17. Für diese Bereiche besitzt der Bund lediglich eine Zuständigkeit zur Rahmengesetzgebung (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG)18. Auch dem Warenumschlag dienende Häfen werden von Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG nicht erfasst19. Die Regelungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG besteht ferner aus einer wegerechtlichen und einer verkehrsrechtlichen Komponente20. Wegerechtlich besitzt der Bund die Befugnis, alle Regelungen zu erlassen, die zum Betrieb der Seewasserstraßen und ihrem Erhalt in einem schiffbaren Zustand erforderlich sind. Dies schließt den Erlass zu diesem Zweck dienender Ordnungsvorschriften (sog. strompolizeiliche Vorschriften) ein21. Der Begriff „Seewasserstraße“ umfasst dabei das gesamte Küstenmeer der Bundesrepublik22. Die Einrichtung von Verkehrstrennungsgebieten im deutschen Küstenmeer ist daher auf nationaler Ebene allein Aufgabe des Bundes. Die verkehrsrechtliche Gesetzgebungsbefugnis des Bundes beinhaltet dagegen die allgemeine Regelung des Schiffsverkehrs23, d.h. der allgemeinen Verkehrsregeln auf See24 und der Anforderungen an die Schiffe und ihre Besatzungen25. Auf seine verkehrsrechtlichen Befugnisse kann sich der Bund bei der Umsetzung technischer Anforderungen der IMO an Öltanker stützen. Sie berechtigt auch zum Erlass schifffahrtspolizeilicher Vorschriften. Diese können sowohl der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs26 dienen als auch der Prävention von Meeresverschmutzungen, sofern und soweit diese von Schiffen ausgehen27. 16

BVerfGE 15, 1 (9); D. C. Umbach/T. Clemens, Art. 74, in: Umbach/Clemens (Anm. 2), Rn. 137; König 2002 (Anm. 3), S. 640. 17 BVerfGE 15, 1 (22 f.). 18 Auf dieser Grundlage wurde z. B. das Wasserhaushaltsgesetz (BGBl. 2002 I, S. 3245) erlassen. 19 Siehe unten 3. 20 S. Petersen, Deutsches Küstenrecht, Baden-Baden 1989, S. 159 f. 21 König 2002 (Anm. 3), S. 640, sieht dies als Annexkompetenz zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG. 22 So die Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG), BGBl. 1998 I, S. 3294; zur Entstehungsgeschichte siehe Hoog (Anm. 2), Rn. 17. 23 Vgl. § 1 Seeaufgabengesetz (SeeAufgG), BGBl. 2002 I, 2876. 24 Niedergelegt in der Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung vom 22.10.1998 (SeeSchStrO), BGBl. 1998 I, S. 3209. 25 Insbesondere hinsichtlich ihrer Ausstattung und Qualifikation. Siehe dazu das Schiffssicherheitsgesetz (SchSG), BGBl. 1998 I, S. 2860. 26 Beispielsweise Vorschriften zur Unfallverhütung.

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Für die Regelung aller anderen Sachverhalte sind gemäß Art. 30 iVm 70 GG allein die Küstenländer zuständig. Die Grenzen ihrer jeweiligen maritimen Hoheitsgebiete haben die Länder 1998 untereinander in einem Abkommen festgelegt28. b) Vollzugskompetenzen des Bundes im Küstenmeer Gemäß Art. 89 Abs. 1 GG ist der Bund Eigentümer der Bundeswasserstraßen. Dies begründet jedoch keine Gebietshoheit des Bundes, vielmehr bleiben die Bundeswasserstraßen Staatsgebiet der Länder29. Art. 87 Abs. 1 Satz 1 iVm Art. 89 Abs. 2 GG gibt dem Bund jedoch auch die Verwaltungshoheit, die er vor allem durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) wahrnimmt, eine dem Bundesverkehrsministerium nachgeordnete Behörde mit eigenem Verwaltungsunterbau30. Auch hier lassen sich schifffahrtspolizeiliche und strompolizeiliche Maßnahmen unterscheiden31. Letztere dienen der Erhaltung der Schiffbarkeit der Seestraßen32, wie z. B. die Beseitigung von Hindernissen33. Sie werden entweder von der WSV des Bundes oder im Wege der Auftragsverwaltung von den Ländern34 ausgeführt. Schifffahrtspolizeiliche Maßnahmen dagegen beinhalten die Überwachung des Schiffsverkehrs und Kontrolle einzelner Schiffe (§ 1 Nr. 4 SeeAufgG). Auch diese Aufgabe hat der Bund durch Verwaltungsabkommen gemäß Art. 89 Abs. 2 Satz 2 GG weitgehend auf die Küstenländer übertragen35, deren Wasserschutzpolizeien so in Form der Organleihe für den Bund tätig werden36. Mit Einrichtung und Betrieb eines 27 König 2002 (Anm. 3), S. 640; P. Kunig, Art. 74, in: von Münch/Kunig (Anm. 2), Rn. 103 m. w. N. 28 Abkommen zwischen den Ländern Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die wasserschutzpolizeilichen Zuständigkeiten auf dem Küstenmeer vom 5.2.1998, abgedruckt als Anlage zum Gesetz vom 27.9.1998, GVOBl. SchleswigHolstein 1998, S. 297–302. 29 Schnoor (Anm. 12), S. 223; Hoog (Anm. 2), Rn. 12 m. w. N. 30 Ein Überblick über die Tätigkeit der WSV im Bereich der Seeschifffahrt findet sich unter , Stand 15.4. 2004. 31 König 2002 (Anm. 3), S. 640. 32 Vgl. § 3 Abs. 1 SeeAufgG und § 24 Abs. 1 WaStrG. 33 Beispielsweise die Bergung von Wracks, § 30 WaStrG. 34 Art. 89 Abs. 2 Satz 3 GG lässt dies ausdrücklich zu. 35 Einzelheiten und Nachweise bei Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 348 f. und 360 f., sowie bei U. Jenisch, Hoheitliche Aufgaben für Polizei und Umweltschutz vor den deutschen Küsten, NuR 22 (2000), 193–201 (197). 36 Hoog (Anm. 2), Rn. 31; P. Ehlers, Grundgesetz und Meer, NordÖR 6 (2003), 385–391 (387).

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Seenotrettungsdienstes hat der Bund die private Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger e. V. betraut37. c) Vollzugskompetenzen der Länder im Küstenmeer Neben den ihnen übertragenen Aufgaben üben die Küstenländer alle sonstigen Vollzugskompetenzen aus. Dazu gehört neben der Wahrnehmung allgemeiner polizeilicher Aufgaben, der Fischereiaufsicht, der Strafverfolgung und der Brandbekämpfung – so diese nicht eine Gefahr für die Schifffahrt darstellt (§ 35 Abs. 2 WaStrG)38 – insbesondere die Bekämpfung von Gewässerverunreinigungen. Dies führt zu der schwierigen Situation, dass der Bund zuständig ist, solange ein Havarist in der Fahrrinne treibt (§ 30 Abs. 1 WaStrG), aber allein das betroffene Küstenland, sobald er die Fahrrinne verlässt und die Schifffahrt deshalb nicht mehr beeinträchtigt39. Läuft Öl aus, ist für dessen Beseitigung das Land verantwortlich40, allerdings nur dann, wenn das Öl – etwa wegen einer möglichen Entflammbarkeit – keine Gefahr für die Schifffahrt darstellt41. Dies zeigt, dass zumindest im Küstenmeer die Zuständigkeiten räumlich und fachlich unlösbar miteinander verschränkt sind42. 2. Kompetenzverteilung jenseits des Küstenmeeres Weniger kompliziert stellt sich in der Praxis die Kompetenzverteilung in denjenigen Gebieten dar, die seewärts an die Zwölfmeilenzone angrenzen und für die Deutschland nach Völkerrecht bestimmte Rechte und Pflichten innehat. Für dieses Gebiet der sogenannten Anschlusszone und der ausschließlichen Wirtschaftszone hat sich der Bund in § 1 Nr. 3 SeeAufgG für allein zuständig erklärt. Da eine ausdrückliche Ermächtigung dazu im Grundgesetz fehlt, mag man eine ausschließliche Bundeskompetenz kraft 37 § 1 Nr. 7 SeeAufgG iVm Verwaltungsvereinbarung des Bundesministeriums für Verkehr mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger e. V. über die Durchführung des Such- und Rettungsdienstes in Seenotfällen vom 3.2.1982 sowie vom 12.5.1987, in Auszügen abrufbar unter , Stand 15.4.2004. 38 Ausführlich zu den Zuständigkeiten zur Brandbekämpfung Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 366 f. 39 Zum Begriff der Beeinträchtigung der Schifffahrt im Sinne des § 30 Abs. 1 WaStrG siehe A. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz – Kommentar, 4. Aufl., Köln u. a. 1999, § 30 Rn. 3. 40 BVerwGE 87, 181 (185). 41 Friesecke (Anm. 39), § 24 Rn. 8. 42 Jenisch (Anm. 35), S. 195.

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Natur der Sache annehmen43. Der Gesetzesvollzug obliegt grundsätzlich der WSV, wurde aber in diesem Gebiet dem Zoll und dem Bundesgrenzschutz (See) übertragen44. 3. Zuständigkeit für die Häfen Die vorliegend allein interessierenden Seehäfen45 fallen dagegen in die alleinige Kompetenz der Länder46. Ihr enger Sachzusammenhang mit der Schifffahrt rechtfertigt nicht die Einbeziehung von Häfen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG47, zumal eine bundeseinheitliche Regelung angesichts der gegenwärtigen Praxis nicht als im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich angesehen werden kann48. Etwas anderes gilt für Schutzhäfen, die Wasserfahrzeugen bei widrigen Verhältnissen (Sturm, Hochwasser u. a.) Zuflucht bieten sollten49. Denn diese dienen allein der Schifffahrt, weshalb der Bund sie zulässigerweise selbst geregelt hat. Daher ist der Bund auch für die Einrichtung von Nothäfen für havarierte Tankschiffe zuständig50, wobei ihn der Grundsatz des bundestreuen Verhaltens zur engen Abstimmung mit den betroffenen Küstenländern verpflichtet. Problematisch erweist sich allein die räumliche Kompetenzabgrenzung, wo Häfen sich auch über Bundeswasserstraßen erstrecken51. Für diese Bereiche bleibt der Bund mit seiner Was43 So Schnoor (Anm. 12), S. 224. Kritisch Ehlers 2003 (Anm. 36), S. 386, der entsprechend der Rechtslage im Küstenmeer nach den einzelnen Regelungsmaterien unterscheidet. 44 § 3 Abs. 2 SeeAufgG iVm § 1 Abs. 1 Seeschiffahrtsaufgaben-ÜbertragungsVO vom 23.6.1982, BGBl. 1982 I, S. 733. Zu den verschiedenen in der ausschließlichen Wirtschaftszone tätigen Einrichtungen des Bundes siehe D. König, Schiffssicherheit und Umweltschutz vor Deutschlands Küsten, NordÖR 6 (2003), 89–98 (92). 45 Zu Seehäfen allgemein siehe Petersen (Anm. 20), S. 257 ff. 46 Diese von BVerfGE 2, 347 (376) für Binnenhäfen getroffene Feststellung gilt sinngemäß auch für Seehäfen. Etwas anderes gilt nur für die bundeseigenen Seehäfen, die regelmäßig anderen Zwecken als dem Warenumschlag dienen (dazu Petersen (Anm. 20), S. 264 f.). 47 Petersen (Anm. 20), S. 258; Kunig (Anm. 27), Rn. 103. 48 P. Badura/E. Schmidt-Aßmann, Hafenentwicklung in Hamburg, Ebelsbach 1983, S. 174. 49 Friesecke (Anm. 39), § 1 Rn. 25. 50 Zu entsprechenden Vorhaben des Bundesverkehrsministers siehe Bundesverkehrsministerium, Pressemitteilung 530/02 vom 23.12.2002: Bundesminister Stolpe stellt Maßnahmen Deutschlands zur schnellen Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses zur Schiffssicherheit und Umweltschutz vor, , Stand 15.4.2004. Allgemein zu Nothäfen in deutschen Gewässern Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 371 ff. und oben Beitrag von Rico Kassmann, Abschn. III. 2. b) ii). 51 Für die Bremer Häfen siehe V. Specht, Hafenrecht, in: A. Fisahn, Bremer Recht, Bremen u. a. 2002, S. 355–375 (361 ff.). Zur parallel gelagerten Frage der

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ser- und Schifffahrtsverwaltung zuständig52. Demgegenüber obliegt die Gefahrenabwehr im übrigen Bereich eines Hafens allein den Ländern. Dies gilt – anders als im Küstenmeer – auch für die von den dort anlegenden Schiffen ausgehenden Gefahren (Hafenpolizei)53. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass für Regelung und Vollzug in Häfen allein die Länder zuständig sind, jenseits des Küstenmeeres dagegen allein der Bund, während im Küstenmeer die Kompetenzen geteilt sind.

II. Wahrnehmung der (Vollzugs-)Kompetenzen in der Praxis Die zersplitterten Zuständigkeiten insbesondere im deutschen Küstenmeer erschweren eine effektive Vorbeugung und Bekämpfung von Schiffshavarien. Sie erscheinen auch insofern bedenklich, als es die Leistungsfähigkeit der einzelnen Beteiligten übersteigt, die für die Ölbekämpfung erforderlichen technischen Mittel vorzuhalten. So verfügt allein der Bund über größere Einheiten zum Absaugen von Öl oder Abschleppen von Havaristen54. Durch zahlreiche Bund-Länder-Vereinbarungen (unter anderem auf dem Gebiet der Bekämpfung von Meeresverschmutzungen), ausführliche Nutzung des Instituts der Amtshilfe und Einräumung von Eil- und Notfallzuständigkeiten wurden diese Defizite gemildert. Ferner hat der Bund insbesondere zur Wahrnehmung seiner Kompetenzen in der ausschließlichen Wirtschaftszone den Koordinationsverbund „Küstenwache“ geschaffen55. Dieser umfasst allerdings nur die verschiedenen maritimen Stellen des Bundes (WSV, Bundesgrenzschutz, Zoll, Fischereiaufsicht jenseits des Küstenmeeres) und soll deren Zusammenarbeit verbessern56. Nach außen hin sollte dies durch Eigentumsabgrenzung ausführlich E. Löwe, Das Eigentum an Wasserflächen von Häfen im Küstenbereich, NordÖR 4 (2001), 235–238. 52 § 45 Abs. 4 WaStrG. Für die Besonderheiten des Hamburger Hafen und der sog. Hafenelbe siehe R. Lagoni, Hafenrecht, in: W. Hoffmann-Riem/H.-J. Koch, Hamburgisches Staats- und Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Baden-Baden 1998, S. 419– 433 (422 f.). 53 Friesecke (Anm. 39), § 24 Rn. 22. 54 Es handelt sich dabei um die Mehrzweckschiffe „Mellum“, „Neuwerk“ und „Scharhörn“. Ein viertes Schiff befindet sich in Bau. Ferner hat die WSV einen privaten Hochseeschlepper dauerhaft gechartert. Siehe dazu , Stand 15.4.2004. 55 König 2003 (Anm. 44), S. 91. Ausführlicher zur „Küstenwache“ Herma/ Jenisch (Anm. 14), S. 351 ff. Siehe auch die Webseite der Küstenwache unter , Stand 15.4.2004. 56 Zu den an der Küstenwache beteiligten Dienststellen des Bundes und den ihr zur Verfügung stehenden Einheiten siehe auch M. Schütte, Küstenwache des Bun-

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den einheitlichen Schriftzug „Küstenwache“ an den Fahrzeugen des Bundes deutlich gemacht werden, ohne dass jedoch im Innenverhältnis eine einheitliche Organisation geschaffen worden wäre. In diesen Koordinationsverbund sind die zuständigen Stellen der Länder durch Verbindungspersonal und „Fernmeldemittel“ eingebunden worden57. Obwohl diese Zusammenarbeit nach Ansicht von Praktikern vorher gut funktionierte58, offenbarte die Havarie der „Pallas“ 1998 schwere Mängel in der Organisation. Dieses Unglück verlief noch glimpflich, da nur vergleichsweise wenig Öl in die Nordsee gelangte59. Hätte es sich bei der „Pallas“ dagegen auch nur um einen kleinen Tanker gehandelt, wäre eine Umweltkatastrophe in der Nordsee kaum zu vermeiden gewesen. Dies hat den Ruf nach der Schaffung einer zentralen „Deutschen Küstenwache“ wieder lauter werden lassen, in der – nach dem Vorbild der amerikanischen „Coast Guard“ – alle maritimen Stellen des Bundes und der Länder in einer einheitlichen Behörde zusammengefasst werden sollten60. Die dazu wegen des Verbots der Mischverwaltung erforderliche Änderung des Grundgesetzes61 fand jedoch keine Mehrheit62. Auch um zeitraubende Debatten zu vermeides, Marineforum 78 (2003), 14–15, , Stand 15.4.2004. 57 Jenisch (Anm. 35), S. 196 f. 58 Jenisch (Anm. 35), S. 196. 59 Pallas-Bericht (Anm. 4), S. 4 und 5. 60 Siehe Empfehlung 3 von W. Erbguth u. a., Maritime Sicherheit im Ostseeraum 2002. Endbericht des Ostseeinstituts für Seerecht und Umweltrecht der Juristischen Fakultät Rostock im Auftrage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.), Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band II), Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2002, S. 204–339 (216). Siehe ferner Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e. V. (SDN), Pressemitteilung vom 26.11.2002: Deutsche Küstenwache Gebot der Stunde, , Stand 15.4.2004. Weitergehend D. Lorenzen, Überlegungen zu einer europäischen Küstenwache, Bevölkerungsschutz 2003, S. 7–11, , Stand 15.4.2004. 61 Schnoor (Anm. 12), S. 221 f., der sich gegen eine Grundgesetzänderung ausspricht. Vorschläge für eine Grundgesetzänderung bei Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 421 f. 62 Befürwortet wurde sie unter anderem vom Umweltminister Mecklenburg-Vorpommerns (Rede vom 25.6.2002, , Stand 15.4.2004) und von der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag (Antrag vom 6.3.2003, BT-Drs. 14/5450, , Stand 15.4.2004), abgelehnt dagegen von der Bundestagsmehrheit (BT-Plenarprot. 14/233, S. 23244 vom 25.4.2002). Einen Überblick über die Diskussion geben Erbguth u. a. (Anm. 60), S. 301 ff. Zuletzt machte sich im Januar 2004 die CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag für eine entsprechende Verfassungsänderung stark (siehe CDU-Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein, Pressemitteilung 09/04 vom 9.1.2004: Einheitliche Deutsche Küstenwache für

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den63, wurde stattdessen mit der Einrichtung des Havariekommandos zur Bekämpfung von Unfällen auf See und der Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung von Meeresverschmutzungen versucht, den bestehenden grundgesetzlichen Rahmen optimal auszuschöpfen. Die Küstenwache des Bundes bleibt allerdings weiter als separater Koordinierungsverbund bestehen64. Eine Vereinbarung vom 4. Februar 2003 erlaubt es dem Havariekommando aber, auf die Ressourcen der Küstenwache zurückzugreifen65. Im Folgenden werden das Havariekommando und seine Aufgaben im Alltag kurz vorgestellt (1.), bevor am Beispiel eines Tankerunfalls in der Nordsee gezeigt wird, wie es im Einsatzfall funktionieren soll (2.). 1. Das Havariekommando im Alltagsbetrieb Das Havariekommando mit Sitz im niedersächsischen Cuxhaven wurde durch eine zwischen dem Bund und den fünf Küstenländern geschlossene Verwaltungsvereinbarung66 ins Leben gerufen. Es handelt sich bei diesem nicht um eine einheitliche Behörde, die über eigene Kräfte zur Bekämpfung von Schiffsunglücken und Ähnlichem verfügt. Vielmehr ist es lediglich eine gemeinsame „Einrichtung“ des Bundes und der Küstenländer (§ 1 Abs. 1 HK-Vb.67), welche als gemeinsames Kompetenzzentrum allein mit der Planung und Leitung von Gefahrenabwehrmaßnahmen bei komplexen Schadenslagen auf See betraut ist. Durchgeführt werden diese Maßnahmen aber von den weiterhin bestehenden zuständigen Stellen des Bundes und der Länder. Diese erlassen auch die gegebenenfalls zur Gefahrenabwehr erforderlichen Rechtsakte in eigenem Namen68. Das Havariekommando selbst verfügt nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit. Seine Handlungen werSicherheit auf See unabdingbar, , Stand 15.4.2004). 63 R. Nagel, Das Havariekommando – wichtiger Meilenstein in der maritimen Notfallvorsorge, Hansa 140 (07/2003), 10, , Stand 15.4.2004. 64 M. Herma/U. Jenisch, Ergänzungsgutachten (August 2001), in: Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Maritime Sicherheit im Ostseeraum (Band I), Schwerin 2001, S. 511–579 (574). 65 B. Klodt, Das Havariekommando, Bevölkerungsschutz 2003, S. 12–14 (13), , Stand 15.4. 2004. 66 Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Errichtung des Havariekommandos vom 23.5.2002 (im Folgenden HK-Vb.), abgedruckt Bundesanzeiger 16/2003 vom 24.1.2003, S. 1170 f., und als Anlage 1 zum Gesetz zu den Vereinbarungen (. . .) zur Verbesserungen des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002, GVOBl.-MV 2002, S. 475, , Stand 15.4.2004. 67 HK-Vb. (Anm. 66).

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den vielmehr jeweils dem Bund oder dem Land zugerechnet, in dessen Verantwortungsbereich es tätig wird. Auch ein Gesamthaushalt scheint nicht vorgesehen zu sein. Stattdessen besteht in § 10 HK-Vb. eine detaillierte Kostenregelung, der zufolge insbesondere die Einsätze einzeln zwischen Bund und Küstenländern abzurechnen sind. Das Havariekommando verfügt auch nicht über eigene Beamte oder Angestellte. Vielmehr bleiben seine Mitarbeiter formal Beschäftigte der sie abordnenden Landes- oder Bundesverwaltung und unterliegen grundsätzlich weiterhin der Dienst- und Fachaufsicht der sie abordnenden Dienststellen69. Gemäß § 5 HK-Vb. beauftragen die Länder lediglich den Leiter des Havariekommandos, der ein Beamter des Bundes ist, mit der Führung auch ihrer Beschäftigten. Sofern das Havariekommando im Kompetenzbereich eines Landes tätig wird, tut es dies ebenfalls in ihrem Auftrag. Die grundgesetzliche Kompetenzverteilung bleibt unberührt (§ 5 Abs. 2 Satz 2 HK-Vb.). Diese gemischte Wahrnehmung von Bundes- und Länderaufgaben unter wechselseitiger Beauftragung und Organleihe stellt eine verfassungsrechtlich bedenkliche Mischverwaltung dar, ist aber im Ergebnis wohl noch zulässig70. Im Alltag ist das Havariekommando ein in sechs Fachbereiche unterteiltes Kompetenzzentrum71. Gemäß § 6 Abs. 1 HK-Vb. ist es mit der Entwicklung von Einsatzkonzepten, der Vorsorgeplanung und der Auswertung vergangener Schadensereignisse betraut. Wesentlicher und zugleich gesonderter Teil des Kompetenzzentrums ist das Maritime Lagezentrum (MLZ), welches zu gleichen Teilen mit Beschäftigten der WSV des Bundes und der Wasserschutzpolizeien der Länder besetzt ist (§ 4 Satz 1 HK-Vb.). Seine Aufgabe ist es, im 24-Stunden-Betrieb alle Informationen zu sammeln, die für die Bekämpfung eines Seeunfalls von Nutzen sein können (§ 4 Satz 2 HK-Vb.). Ziel ist es, durch ständige Beobachtung von Schiffsbewegungen und Ähnlichem stets ein umfassendes Bild der Lage auf See72 zu haben, um bei Unfällen schnell und auf gesicherter Tatsachengrundlage über Ab68 G.-J. Scholz, Das Havariekommando – Probleme gelöst?, Hansa 140 (03/ 2003), 32–36 (35), , Stand 15.4. 2004. 69 König 2002 (Anm. 3), S. 645. Auf Seiten der Bundesbediensteten liegt die Fach- und Dienstaufsicht dabei nicht bei der WSV, sondern unmittelbar beim Bundesminister für Verkehr (siehe Scholz (Anm. 68), S. 36). 70 König 2002 (Anm. 3), S. 645–647, und S. Nickels, Rechtsentwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern von Juli bis Dezember 2002, VIZ 13 (2003), 119–121 (119 f.). Für die Zulässigkeit auch Ehlers 2003 (Anm. 36), S. 387, und Scholz (Anm. 68), S. 35. Kritisch Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 401 ff. (insbes. 414–417), und Erbguth u. a. (Anm. 60), S. 309–321, jeweils m. w. N. 71 In Cuxhaven sind zur Zeit 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Ein Organigramm des Havariekommandos findet sich bei Klodt (Anm. 65), S. 13. 72 Das sog. „maritime Lagebild“ (§ 6 Abs. 2 HK-Vb.).

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wehrmaßnahmen entscheiden zu können. Gemäß § 4 Satz 3 HK-Vb. übernimmt das MLZ ferner die Aufgabe der nationalen und internationalen Meldestelle für Seeunfälle73. Auch weitere Meldeaufgaben können ihm zugewiesen werden (§ 4 Satz 4 HK-Vb.). Ferner arbeiteten Bund und Küstenländer schon länger bei der Bekämpfung von Meeresverschmutzungen zusammen. Die bestehende Bund-Länder-Vereinbarung von 199574 wurde im Zuge der Reorganisation der maritimen Gefahrenabwehr in der Bundesrepublik durch eine neue abgelöst und die Zusammenarbeit von Bund und Küstenländern in diesem Bereich im Havariekommando gebündelt. Aufgaben und Personal der bisher bestehenden Sonderstellen des Bundes und der Küstenländer für die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen wurden vom Havariekommando übernommen75. Im Alltagsbetrieb hat dies vor allem die Folge, dass der Leiter des Havariekommandos an der Koordination der Schadstoffunfallvorsorge zu beteiligen ist (§ 5 MVs-Vb.76). Dies beinhaltet auch die Abstimmung zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf die Anschaffung und den Unterhalt von Fahrzeugen und Material zur Öl- und Chemikalienbekämpfung (§ 7 MVs-Vb.). 2. Das Havariekommando im Einsatzfall a) Der Einsatzfall Kommt es in der Nordsee zu einem Tankerunfall, bei dem Öl auszulaufen droht77, so nimmt das Havariekommando dies entweder über das Maritime Lagezentrum in eigener Beobachtung des Schiffsverkehrs wahr, oder 73 Es übernimmt damit die Aufgaben des Zentralen Meldekopfes der WSV (§ 12 Abs. 2 HK-Vb.). 74 Vereinbarung zwischen dem Bund und den Küstenländern über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen vom 22.5.1995, Verkehrsblatt 1995, S. 382. 75 Personalübernahme gemäß § 3 Satz 1 HK-Vb., Aufgabenwahrnehmung gemäß § 12 Abs. 2 HK-Vb. und §§ 4–5 Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen vom 23.5.2002 (im Folgenden: MVs-Vb.), abgedruckt in Bundesanzeiger 16/2003 v. 24.1.2003, S. 1171 f., und als Anlage 2 zum Gesetz zu den Vereinbarungen (. . .) zur Verbesserungen des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002 (Anm. 66). Zur Sach- und Rechtslage vor 2002 ausführlich Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 363 ff.; ferner Jenisch (Anm. 35), S. 197 f. 76 MVs-Vb. (Anm. 75). 77 Der Tankerunfall ist hier nur Beispiel, das gleiche Verfahren käme auch bei anderen Unfällen zur Anwendung, sofern der in § 1 Abs. 4 HK-Vb. genannte Schwellenwert erreicht wird. Ausführungen zum Einsatz des Havariekommandos bei Meeresverschmutzungen finden sich am Ende dieses Beitrags.

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die Havarie wird ihm in seiner Eigenschaft als nationale Unfallmeldestelle zur Kenntnis gebracht. Der Leiter des Havariekommandos kann nun entscheiden, dass eine sog. „komplexe Schadenslage“78 droht, und die Einsatzleitung gemäß § 9 HK-Vb. an sich ziehen. Bei drohenden Gefahren hat er somit ein Selbsteintrittsrecht. Dagegen muss er die Einsatzleitung übernehmen, wenn die komplexe Schadenslage bereits eingetreten ist oder er von der WSV oder dem betroffenen Küstenland darum ersucht wird. So ist sichergestellt, dass das Havariekommando auch dann zum Einsatz kommen kann, wenn die Situation weniger bedrohlich erscheint oder in den Kompetenzbereich nur eines der Vertragspartner79 fällt.

b) Die Einsatzleitung Übernimmt das Havariekommando die Einsatzleitung, so hat sein Leiter den Havariestab einzuberufen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 HK-Vb.). Dieser besteht aus den Mitarbeitern des Kompetenzzentrums und berät den Leiter bei der Havariebekämpfung. Nach Bedarf kann es durch externe Experten verstärkt werden kann (§ 7 HK-Vb.). Bei der Leitung des Einsatzes bestimmt der Leiter, welche Maßnahmen zu treffen sind und welche Mittel dazu eingesetzt werden. Dabei genießt er eine „weitgehende fachliche Unabhängigkeit“ (§ 9 Abs. 3 HK-Vb.). Allerdings besitzt das Havariekommando keine eigenen Einsatzkräfte, sondern ist auf die von Bund und Küstenländern vorgehaltenen Einsatzmittel angewiesen. Doch auch diese kann der Leiter des Havariekommandos nicht direkt befehligen. Vielmehr erfolgt die Einsatzleitung nach dem Auftragsprinzip (§ 9 Abs. 2 HK-Vb.), d.h. der Leiter des Havarie-Kommandos erteilt Aufträge und Vorgaben, die von den Einsatzkräften in eigener Verantwortung ausgeführt und umgesetzt werden. Diese eher indirekte Einsatzleitung ist weniger persönlichen Eitelkeiten innerhalb der zuständigen Verwaltung geschuldet als der für Bund und Länder verbindlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes, die eine Trennung zwischen Bundes- und Landesverwaltungen fordert80. Auch könne dadurch vor Ort flexibler und unter besserer Berücksichtigung lokaler Bedingungen und Besonderheiten gehandelt 78 In § 1 Abs. 4 HK-Vb. definiert als eine Gefahrenlage, zu deren „Beseitigung (. . .) die Mittel und Kräfte des täglichen Dienstes nicht ausreichen oder eine einheitliche Führung mehrerer Aufgabenträger erforderlich ist“. 79 Gemeint sind die Vertragsparteien der HK-Vb., d.h. der Bund und die Küstenländer. 80 Herma/Jenisch (Anm. 14), S. 416 und 419 sehen auch dieses Durchgriffsrecht als verfassungswidrig an. Zulässig seien lediglich Empfehlungen des Leiters an die zuständigen Landesbehörden.

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werden81. Es bleibt aber die größte Crux des Havariekommandos, dass zur Wahrung des Grundgesetztes keine Kompetenzen übertragen werden durften, so dass das Havariekommando keine eigenen originären Kompetenzen besitzt. Vielmehr soll es lediglich die kompetenten Stellen koordinieren, die sich wiederum vertraglich verpflichtet haben, den Aufträgen aus Cuxhaven Folge zu leisten82. In der Praxis wird es vor allem von den beteiligten Persönlichkeiten abhängen, wie stark sich die Einsatzleitung nach dem Auftragsprinzip von einer einheitlichen Hierarchie- und Befehlsstruktur unterscheiden wird83. In § 8 Abs. 2 HK-Vb. haben sich Bund und Küstenländer verpflichtet, dem Havariekommando alle geeigneten Einsatzkräfte und -mittel zu nennen und sie ihm im Einsatzfall zur Verfügung zu stellen (§ 8 Abs. 3 HK-Vb.). Davon sind allerdings die Einheiten der Bundeswehr (insbesondere Suchund Rettungshubschrauber sowie Flugzeuge zur Erkennung von Umweltverschmutzungen) und der DGzRS (Seenotrettungsboote) ausgenommen. Mit diesen wurden gesonderte Vereinbarungen geschlossen84. Die einheitliche Einsatzleitung durch das Havariekommando umfasst ausdrücklich auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der Einsatzfall endet mit dem vom Leiter festzustellenden Abschluss der Bekämpfungsmaßnahmen (§ 9 Abs. 4 HK-Vb.). c) Die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen Die mit den Bund-Länder-Vereinbarungen vom Mai 200285 erfolgte Bündelung der maritimen Gefahrenabwehr in Deutschland sieht einen weiteren Einsatzfall für das Havariekommando vor, den sog. komplexen Schadstoff81

Pallas-Bericht (Anm. 4), S. 39. Etwas polemisch nennt C. Wilde, Kooperationskommando in Übung, Hansa 140 (07/2003), 8–13 (11), dieses rechtliche Konstrukt einen „legalen Beipass zu den verfassungsrechtlichen Zuordnungsverfahren“ und spricht von der Aufgabe des Leiters als einem „Konsenskommando“ (ebd., S. 13). Der Artikel ist abrufbar unter , Stand 15.4.2004. 83 Ähnlich Wilde (Anm. 82), S. 13. 84 Gemäß der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Kooperationsvereinbarung mit dem Bundesverkehrsministerium unterstellt sich auch die DGzRS der zentralen Einsatzleitung des Havariekommandos. Siehe Bundesverkehrsministerium, Pressemitteilung 114/03 vom 9.4.2003: Seenotrettung durch die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ist wichtiger Baustein im Havariekonzept, , Stand 15.4.2004. Die Kooperationsvereinbarung vom 23.12.2002 ist abgedruckt im Bundesanzeiger 16/2003 vom 24.1.2003, S. 1172. 85 HK-Vb. (Anm. 66) und MVs-Vb. (Anm. 75). 82

Prävention und Bekämpfung von Tankerhavarien in Deutschland

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unfall. Dieser wird in § 2 Abs. 2 MVs-Vb. definiert als eine plötzlich erfolgte oder drohende Meeresverschmutzung – unabhängig von ihrer Ursache –, die bestimmte Richtwerte hinsichtlich des Gefährdungsgrades für die Umwelt und der involvierten Schadstoffmenge überschreitet. Gemäß § 1 und § 2 Abs. 3 MVs-Vb. ist das Havariekommando befugt, die zur Erkennung und Beseitigung eines solchen Schadstoffunfalls erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen zu treffen, wobei die Einsatzleitung ebenfalls nach dem Auftragsprinzip erfolgt.

III. Fazit Das komplizierte und zersplitterte Kompetenzgefüge des Grundgesetzes entspricht nicht den Anforderungen der Praxis an eine einheitliche Einsatzleitung bei der Bekämpfung von Tankerunfällen in Nord- und Ostsee86. Eine enge Abstimmung und Koordination aller beteiligten Stellen in der Praxis ist daher dringend erforderlich. Die Einrichtung des Havariekommandos als zentrale Koordinationsstelle für schwere Unfälle auf See scheint dabei ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der bei der „Pallas“-Havarie vorgefundenen Lage zu sein87. Allerdings hat das Kommando erst am 1. Januar 2003 seinen Betrieb aufgenommen88, so dass über seine Praxistauglichkeit an dieser Stelle noch nicht abschließend geurteilt werden kann. Eine Notfallübung im Juni 2003 in Warnemünde verlief nach Ansicht des Leiters des Havariekommandos zufrieden stellend89. Wie belastbar insbesondere das diffizile Instrument der Leitung nach dem Auftragsprinzip tatsächlich ist, kann aber nur ein realer Einsatz zeigen90. Gerade bei einem Tankerunglück, welches zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht und so die handelnden Akteure starkem politischem Druck aussetzt, wäre eine einheitliche Hierarchie mit eindeutigen Befehls86 Eine klarere Regelung der Zuständigkeiten im Grundgesetz fordert auch Ehlers 2003 (Anm. 36), S. 391. 87 Ähnlich König 2003 (Anm. 44), S. 93. 88 Bundesverkehrsministerium, Pressemitteilung 018/03 vom 17.1.2003: Stand und Schwerpunkte der Aktivitäten zur Erhöhung der Sicherheit des Seeverkehrs auf der Ostsee, , Stand 15.4.2004. 89 H. Blombach, Havariekommando – So kämpfen sie gegen Schiffskatastrophen, Hamburger Abendblatt, 3.6.2003, , Stand 15.4.2004. Siehe auch die Bundesverkehrsministerium, Pressemitteilung 194/03 vom 2.6.2003: Schiffssicherheit ist vorrangiger Schwerpunkt der Schifffahrtspolitik des Bundes, , Stand 15.4.2004. 90 Auf die möglichen praktischen Mängel des Auftragsprinzips verweist insbesondere Wilde (Anm. 82), S. 8 ff.

238

Hans Fabian Kiderlen

strukturen wohl von Vorteil. Auch unter den Gesichtspunkten von Rechtsklarheit und effektiver demokratischer Kontrolle wäre eine einheitliche Zuständigkeit des Bundes wünschenswert. Ob sie auch in tatsächlicher Hinsicht sinnvoller wäre, kann nur die Praxis zeigen91.

91 Gegenwärtig werden Pläne verfolgt, im Zusammenwirken des Bundes und der norddeutschen Küstenländer in Cuxhaven ein „Maritimes Sicherheitszentrum“ aufzubauen, in das auch das Havariekommando eingegliedert werden soll, vgl. FAZ vom 27.10.2004, S. 5.

Schlussbemerkungen Von Christian Tomuschat Die Gesamtschau hat ergeben, dass ein umfangreiches rechtliches Instrumentarium bereitsteht, um Gefährdungen der Meeresumwelt zu verhindern und gegebenenfalls entstandene Schäden wieder auszugleichen. Selbstverständlich ist Vorbeugung die bessere Methode als der Versuch einer nachträglichen Wiedergutmachung, die in den meisten Fällen aus rein tatsächlichen Gründen scheitern wird. Es sind vor allem vier Rechtsinstrumente, die sich als Mittel der Prävention bisher schon als relativ erfolgreich gezeigt haben. Die obligatorische Ersetzung der traditionellen Einhüllentanker durch Doppelhüllentanker verringert das Risiko eines Schiffsunfalls in ganz erheblicher Weise. Ob eine Doppelhülle auch die Stabilität eines Tankschiffes erhöht, lässt sich aus den in diesem Werk verwerteten Materialien nicht erkennen. In jedem Fall aber ist sichergestellt, dass nicht sogleich das kleinste Leck in der Bordwand zu einem Austreten des geladenen Öls führt. Bisher sind auch noch keine größeren Havarien mit Doppelhüllentankern bekannt geworden. Aus diesem Grunde ist es zu begrüßen, dass nunmehr durch vereinte Anstrengungen von IMO und EG die Fristen für die weitere zulässige Verwendung von Einhüllentankern verkürzt worden sind. Die Festlegung besonderer Routen für Schiffe mit gefährlicher Fracht stellt ein weiteres Mittel dar, um Unfälle zu verhindern. Was im Küstenmeer ohne Weiteres durch einseitige Entscheidung angeordnet werden darf (Art. 21 Abs. 1 lit. a SRÜ), benötigt in der ausschließlichen Wirtschaftszone und auch im Hinblick auf die Transitdurchfahrt der Zustimmung der IMO. Insoweit ist bisher keine Kritik laut geworden, dass die IMO zu zögerlich bei der Entscheidung über gestellte Anträge sei. Die Initiative liegt also bei den potentiell betroffenen Küstenstaaten. Es braucht nicht eigens betont zu werden, dass Verkehrsregelungen für die Seeschifffahrt kein Allheilmittel sind. Wenn ungünstige Wetterverhältnisse herrschen, wenn vor allem Nebel die Sicht behindert, ist es trotz der modernen Navigationshilfen immer noch schwierig, einen festen vorgeschriebenen Kurs einzuhalten. Aber mit einer vorausschauenden Verkehrsführung hat man eben das getan, was menschenmöglich ist. Restrisiken lassen sich niemals völlig ausschließen.

240

Christian Tomuschat

Entschiedener als bisher sollte der Kampf gegen die Billigflaggen aufgenommen werden. Die Geschichte des Unglücks der „Prestige“ stellt insoweit ein warnendes Beispiel dar. Globalisierung heißt in der Seeschifffahrt häufig nichts anderes als Verwischung der Verantwortlichkeit. Es sollte Ernst gemacht werden mit der Haftung der Staaten, die ihre Verpflichtungen nach Art. 94 SRÜ nicht wahrnehmen. Leider hat sich das SRÜ nicht dafür entschieden, in Divergenzfällen, wo Staaten nicht dieselbe Methode der Streiterledigung gewählt haben, den Seegerichtshof für zuständig zu erklären. Besäße der Seegerichtshof eine solche prinzipielle Zuständigkeit, so wäre der Anreiz für einen geschädigten Staat sehr viel größer, den Weg der gerichtlichen Streiterledigung einzuschlagen. Der Seegerichtshof könnte dann über eine Kette von Fällen hinweg eine Rechtsprechung entwickeln, die im Einzelnen klarstellen würde, welche konkreten Verpflichtungen ein Flaggenstaat hinsichtlich der bei ihm registrierten Tankerflotte besitzt. Schiedsgerichtliche Entscheidungen nach Anlage VII des SRÜ werden niemals die gleiche Konsistenz und innere Geschlossenheit aufweisen. Gerade auf dem Gebiet des Meeresumweltschutzes wäre es von immenser Bedeutung, wenn tatsächlich über die Generalklauseln des SRÜ hinaus im konkreten Einzelfall die Anforderungen präzisiert würden, die nach dem Maßstab der due diligence an einen Flaggenstaat zu stellen sind. Letzten Endes geht es um die praktische Durchsetzung der vielen Regeln, die mittlerweile von den zuständigen internationalen Instanzen erlassen worden sind. Das SRÜ hat insoweit zukunftweisende Grundlagen gelegt. Vor allem die Hafenstaatkontrolle ist geeignet, technische Defekte aufzuspüren und unternormige Schiffe aus dem Verkehr zu ziehen. Leider ist dieser Kontrollmodus aus verständlichen Gründen von eher beschränkter Wirksamkeit. Viele Staaten verfügen in ihren Häfen weder über das notwendige technische Rüstzeug, noch haben sie das erforderliche qualifizierte Personal, um mehr als die gröbsten Mängel zu entdecken. Überdies ist es mit erheblichen Kosten verbunden, ein schlagkräftiges Kontrollsystem aufzubauen und laufend zu unterhalten, und schließlich kann sich ein Hafenstaat durch das ungerechtfertigte Festhalten eines Schiffes schadensersatzpflichtig machen (Art. 232 SRÜ). So kann es zu dem geradezu absurden Ergebnis kommen, dass von den zuständigen Hafenbehörden eher technisch einwandfreie als mangelhafte Schiffe untersucht werden, wenn von Rechts wegen verlangt wird, dass ein bestimmter Prozentsatz der eingelaufenen Schiffe untersucht werden muss. Ganz offensichtlich liegen hier Defizite, denen sich IMO und EG verstärkt zuwenden sollten. Die Frage, ob ein regionales oder ein globales Vorgehen mehr Erfolg verspricht, kann nur differenziert beantwortet werden. Natürlich verbindet die Anliegerstaaten besonders gefährdeter Seegebiete das gemeinsame Interesse an der Abwendung von Unglücksfällen. Soweit es um die Havariebekämp-

Schlussbemerkungen

241

fung oder die Zusammenarbeit bei Hafenstaatskontrollen geht, eröffnen sich hier vielfältige Handlungsmöglichkeiten. Da die Seefahrt im Grundsatz allen Staaten offensteht, werden sich aber viele Regelungen sinnvoll nur im Rahmen der einzigen weltweit zuständigen Organisation, der IMO, treffen lassen. Denn rechtlich setzt das SRÜ einseitigen oder regionalen Maßnahmen der Anliegerstaaten gefährdeter Meere deutliche Grenzen, und die Verschärfung flaggenstaatlicher Regulierungen eröffnet die Gefahr, dass Schiffsbetreiber in Billigflaggstaaten abwandern. Andererseits beruhen eine Reihe der in den letzten Jahren erreichten Verbesserungen maßgeblich auf einseitigen bzw. regionalen Initiativen der USA und der EU, so nicht zuletzt die beschleunigte Ausmusterung der Einhüllentanker. Gerade am Beispiel der EU zeigt sich, dass ein regionales Vorgehen zum kraftvollen Motor für die weltweite Verbesserung der Schiffssicherheit werden kann. Als Schlussergebnis darf man vielleicht die sehr schlichte Wahrheit festhalten, dass jeder Euro, der sinnvoll in den Aufbau eines Systems zur Verhinderung von Ölverschmutzung investiert wird, reichen Lohn trägt, wenn man die unermesslichen Schäden bedenkt, die durch einen Öltankerunfall verursacht werden können. Der Unfall der „Prestige“ hat eine Fülle von rechtsetzenden Tätigkeiten nach sich gezogen. Es geht nun in erster Linie darum, dieses rechtliche Instrumentarium in alltägliche Praxis umzusetzen und die Kontrollen so zu effektivieren, dass allenfalls noch vereinzelte „Ausreißer“ übrig bleiben, die sich nie zur Gänze ausschalten lassen.

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente (Chronologisch) I. Völkerrechtliche Verträge 1. Globale Übereinkommen 9.12.1923:

Übereinkommen über die internationale Rechtsordnung der Seehäfen, RGBl. 1928 II, S. 23.

26.6.1945:

Statut des Internationalen Gerichtshofs, BGBl. 1973 II, S. 505. Abgekürzt: IGH-Statut.

6.3.1948:

Übereinkommen über die Internationale Seeschiffahrts-Organisation, zuletzt geändert durch Beschluss vom 15.11.1979, in der seit 10.11. 1984 geltenden Fassung, BGBl. 1986 II, S. 423. Abgekürzt: IMO-Übereinkommen.

10.5.1952:

Internationales Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die strafgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen und anderen mit der Führung eines Seeschiffes zusammenhängenden Ereignissen, BGBl. 1972 II, S. 668.

12.5.1954:

Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Öl, BGBl. 1956 II, S. 379. Abgekürzt nach dem englischen Titel: OILPOL 1954.

29.4.1958:

Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone (Übereinkommen über das Küstenmeer und die Anschlusszone), AJIL 52 (1958), 834.

29.4.1958:

Genfer Übereinkommen über die Hohe See, BGBl. 1972 II, S. 1091.

5.4.1966:

Internationales Freibord-Übereinkommen, BGBl. 1969 II, S. 250. Abgekürzt: Freibord-Übereinkommen.

23.6.1969:

Internationales Schiffsvermessungs-Übereinkommen, BGBl. 1975 II, S. 65.

29.11.1969: Internationales Übereinkommen über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen, BGBl. 1975 II, S. 139. Abgekürzt: Interventions-Übereinkommen. Protokoll vom 2.11.1973 über Maßnahmen auf Hoher See bei Fällen von Verschmutzung durch andere Stoffe als Öl, BGBl. 1985 II, S. 596. 20.10.1972: Übereinkommen über die internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See, BGBl. 1976 II, S. 1018. Abgekürzt nach der englischen Bezeichnung: COLREG.

244

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

2.11.1973:

Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, BGBl. 1982 II, S. 4 (in der Fassung des Protokolls von 1978, BGBl. 1984 II, S. 231). Protokoll vom 17.2.1978 zu diesem Übereinkommen, BGBl. 1982 II, S. 24. Text in der Fassung von 2002: IMO, MARPOL 73/78, Consolidated Edition 2002, London 2002. Abgekürzt nach dem englischen Titel: MARPOL 73/78.

1.11.1974:

Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, BGBl. 1979 II, S. 142. Anlage zum Übereinkommen, Anlagenband BGBl. 1979 II Nr. 8, S. 3. Protokoll vom 17.2.1978 zu diesem Übereinkommen, BGBl. 1980 II, S. 525. Text in der Fassung von 2001: IMO, SOLAS, Consolidated Edition 2001, London 2001. Abgekürzt nach dem englischen Titel: SOLAS 1974. Außer Kraft: Internationales Übereinkommen von 1960 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS 1960), BGBl. 1965 II, S. 480.

19.11.1976: Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen, BGBl. 1986 II, S. 787. Protokoll von 1996, BGBl. 2000 II, S. 791. 7.7.1978:

Internationales Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten, BGBl. 1982 II, S. 298, in der Fassung vom 7.7.1995, BGBl. 1997 II, S. 1119. Abgekürzt nach dem englischen Titel: STCW.

10.12.1982: Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, BGBl. 1994 II, S. 1799. Abgekürzt: SRÜ. 26.9.1986:

Internationales Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen, BGBl. 1989 II, S. 434.

30.11.1990: Internationales Übereinkommen über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung, BGBl. 1994 II, S. 3799. Abgekürzt nach dem englischen Titel: OPRC. 27.11.1992: Internationales Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden, in der Fassung des Protokolls von 1992, BGBl. 1996 II, S. 671. Abgekürzt: Haftungsübereinkommen von 1992. Noch in Kraft: Internationales Übereinkommen vom 29.11.1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden, BGBl. 1975 II, S. 305. 27.11.1992: Internationales Übereinkommen über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, in der

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

245

Fassung des Protokolls von 1992, BGBl. 1996 II, S. 686. Abgekürzt: Fondsübereinkommen von 1992. Außer Kraft seit 24.5.2002: Internationales Übereinkommen vom 18.12.1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, BGBl. 1996 II, S. 320. Protokoll vom 31.7.2003 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, BGBl. 2004 II, S. 1291. 21.6.1993:

Übereinkommen des Europarates über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch umweltgefährdende Tätigkeiten (Lugano-Übereinkommen), ETS Nr. 150 (noch nicht in Kraft).

28.7.1994:

Übereinkommen zur Durchführung des Teils XI des SRÜ, BGBl. 1994 II, S. 2565.

4.11.1998:

Übereinkommen über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ETS Nr. 172 (noch nicht in Kraft). 2. Regionale Übereinkommen a) Nordsee

13.9.1983:

Übereinkommen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe, BGBl. 1990 II, S. 71. Abgekürzt nach dem Ort der Vertragsschließung: Bonn-Übereinkommen. Änderungen vom 22. September 1989: BGBl. 1995 II, S. 180. Außer Kraft: Übereinkommen vom 9.6.1969 zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Nordsee, BGBl. 1969 II, S. 2073.

b) Ostsee 9.2.1992:

Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets, BGBl. 1994 II, S. 1397. Abgekürzt nach dem Ort der Vertragsschließung: Helsinki-Übereinkommen. Außer Kraft: Übereinkommen vom 22.3.1974 über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets, BGBl. 1979 II, S. 1230. c) Mittelmeer

10.6.1995:

Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt und der Küstenregion des Mittelmeerraums, ABl. L 322, 14.12.1999, S. 34. Abgekürzt nach dem Ort der Vertragsschließung: Barcelona-Übereinkommen.

246

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente Protokoll über besonders geschützte Gebiete und die biologische Vielfalt im Mittelmeer vom 10.6.1995, ABl. L 322, 14.12.1999, S. 3. Abgekürzt: SPA and Biodiversity Protocol. Früher: 16.2.1976 Übereinkommen zum Schutze des Mittelmeers vor Verschmutzung, ABl. L 240, 19.9.1977, S. 3. Protokoll über die Zusammenarbeit bei Unfällen durch die Verschmutzung durch Öl und andere gefährliche Stoffe vom 16.2.1976, ABl. L 162, 19.6.1981, S. 6. Protocol Concerning Mediterranean Specially Protected Areas vom 3.4.1982, ABl. L 68, 10.3.1984, S. 36. d) Persischer Golf

24.4.1978:

Kuwait Regional Convention for Co-operation on the Protection of the Marine Environment from Pollution, ILM 17 (1978), 511. Protocol Concerning Regional Co-operation in Combating Pollution by Oil and Other Harmful Substances in Cases of Emergency, ILM 17 (1978), 526. e) Rotes Meer

14.2.1982:

Jeddah Convention for the Conservation of the Red Sea and the Gulf of Aden Environment, abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

f) Karibik 24.3.1983:

Konvention über den Schutz und die Entwicklung der Meeresumwelt in der weiteren karibischen Region, ILM 22 (1983), 227. Protokoll vom 24.3.1983 über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Ölverschmutzungsunfällen in der weiteren karibischen Region, ILM 1983, 240. g) Nordostatlantik

17.10.1990: Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung, ABl. L 267, 28.10.1993, S. 22. Abgekürzt nach dem Ort der Vertragsschließung: Lissabon-Übereinkommen. 22.9.1992:

Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks, BGBl. 1994 II, S. 1360. Abgekürzt nach dem Ort der Vertragsschließung: Paris-Abkommen 1992.

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

247

3. Sonstige Übereinkommen 1.7.1982:

Pariser Abkommen zur Hafenstaatkontrolle (Memorandum of Understanding on Port State Control), BGBl. 1982 II, S. 586, aktueller Text abrufbar unter: , Stand 15.4.2004. Abgekürzt: Paris MoU.

1.12.1993:

Tokyo Memorandum of Understanding, abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

II. Sekundärrechtsakte der Europäischen Gemeinschaften 21.12.1978: Richtlinie 79/116/EWG des Rates über Mindestanforderungen an das Einlaufen von bestimmten Tankschiffen in Seehäfen der Gemeinschaft und das Auslaufen, ABl. L 33, 8.2.1979, S. 33. 6.12.1979:

Richtlinie 79/1034/EWG des Rates zur Änderung der Richtlinie 79/ 116/EWG, ABl. L 315 vom 11.12.1979, S. 16.

22.12.1986: Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 1. 22.12.1986: Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 4. 22.12.1986: Verordnung (EWG) Nr. 4057/86 des Rates über unlautere Preisbildungspraktiken in der Seeschiffahrt, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 14. 22.12.1986: Verordnung (EWG) Nr. 4058/86 des Rates vom 22.12.1986 für ein koordiniertes Vorgehen zum Schutz des freien Zugangs zu Ladungen in der Seeschiffahrt, ABl. L 378, 31.12.1986, S. 21. 13.7.1987:

Beschluss 87/373/EWG des Rates zur Festlegung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. L 197, 18.7.1987, S. 133.

19.6.1990:

Entschließung des Rates über die Verhütung von Unfällen, die zur Meeresverschmutzung führen, ABl. C 206, 18.8.1990 S. 1.

7.12.1992:

Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage), ABl. L 364, 12.12.1992, S. 7.

15.2.19931: Entschließung des Parlaments zur Havarie des Öltankers „Braer“, ABl. C 42, 15.2.1993, S. 155. 13.9.1993:

1

Richtlinie 93/75/EWG des Rates über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen aus-

Datum der Veröffentlichung im Amtsblatt.

248

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente laufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern, ABl. L 247, 5.10.1993, S. 19.

21.11.1994: Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates zur Durchführung der IMOEntschließung A.747(18) über die Vermessung der Ballasträume in Öltankschiffen mit Tanks für getrennten Ballast, ABl. L 319, 12.12.1994, S. 1 22.11.1994: Richtlinie 94/57/EG des Rates über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften), ABl. L 319, 12.12.1994, S. 20. 22.11.1994: Richtlinie 94/58/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 319, 12.12.1994, S. 28. 19.6.1995:

Richtlinie 95/21/EG des Rates zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157, 7.7.1995, S. 1.

5.7.19971:

Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr, ABl. C 205, 5.7.1997, S. 5.

25.5.1998:

Richtlinie 98/35/EG des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/58/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 172, 17.6.1998, S. 1.

13.12.1999: Richtlinie 99/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Arbeitszeitregelung für Seeleute an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen, ABl. L 14, 20.1.2000, S. 29. 17.12.1999: Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor, ABl. L 337, 30.12.1999, S. 10. 6.12.2000:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über ein zweites Paket von Maßnahmen der Gemeinschaft für die Sicherheit der Seeschifffahrt im Anschluss an den Untergang des Öltankschiffs „Erika“; KOM(2000) 802 endg. („Erika II“-Paket), 6.12. 2000; abrufbar unter , Stand 15.4.2004, enthält: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzung in europäischen Gewässern und damit in Verbindung stehende Maßnahmen.

3.2.20011:

Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen, ABl. C 37, 3.2.2001, S. 3.

1

Datum der Veröffentlichung im Amtsblatt.

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

249

13.3.2001:

Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, KOM(2001) 139 endg., ABl. C 180 E, 26.6.2001, S. 238.

4.4.2001:

Richtlinie 2001/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 136, 18.5.2001, S. 17.

19.12.2001: Richtlinie 2001/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/57/EG des Rates über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften), ABl. L 19, 22.1.2002, S. 9. 19.12.2001: Richtlinie 2001/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 95/21/EG des Rates zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 19, 22.1. 2002, S. 17. 23.1.2002:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt, KOM(2002) 17 endg., ABl. C 151 E, 25.6.2002, S. 132.

18.2.2002:

Verordnung (EG) Nr. 417/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates, ABl. L 64, 7.3.2002, S. 1.

12.6.2002:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung eines Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzung in europäischen Gewässern und damit in Verbindung stehende Maßnahmen, KOM(2002) 313 endg., ABl. C 227 E, 24.9.2002, S. 487.

27.6.2002:

Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/EWG des Rates, ABl. L 208, 5.8.2002, S. 10.

27.6.2002:

Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), ABl. L 208, 27.6.2002, S. 1.

17.7.2002:

Entscheidung 2002/868/EG der Kommission über die Beihilferegelung Italiens zur Verringerung der Zahl der über 20-jährigen EinhüllenÖltankschiffe der italienischen Tankerflotte, ABl. L 307, 8.11.2002, S. 49.

250

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

19.9.2002:

Entscheidung 2002/762/EG des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, im Interesse der Gemeinschaft das Internationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Bunkerölverschmutzung von 2001 („Bunkeröl-Übereinkommen“) zu unterzeichnen, zu ratifizieren oder diesem beizutreten, ABl. L 256, 25.9.2002, S. 7.

30.9.2002:

Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, KOM(2002) 544 endg., ABl. C 20 E, 28.1.2003, S. 284.

5.11.2002:

Verordnung (EG) Nr. 2099/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einsetzung eines Ausschusses für die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (COSS) sowie zur Änderung der Verordnungen über die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe, ABl. L 324, 29.11.2002, S. 1.

11.11.2002: Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11.11.2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union, ABl. L 311, 14.11.2002, S. 3. 20.12.2002: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates, KOM(2002) 780 endg., abrufbar unter , Stand 15.4.2004. 27.1.2003:

Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom 27.1.2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ABl. L 29, 5.2.2003, S. 55.

5.3.2003:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, für Verschmutzungsdelikte, KOM(2003) 92 endg., abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

2.5.2003:

Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe, KOM(2003) 227 endg., abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

22.7.2003:

Verordnung (EG) Nr. 1644/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, ABl. L 245, 29.09.2003, S. 10.

22.7.2003:

Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe, ABl. L 249, 1.10.2003, S. 1.

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

251

6.8.2003:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, KOM(2003) 440 endg., abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

8.9.2003:

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Genehmigung der im Interesse der Europäischen Gemeinschaft durch die Mitgliedstaaten erfolgenden Unterzeichnung oder Ratifizierung des oder des Beitritts zum Protokoll von 2003 zum Internationalen Übereinkommen von 1992 über die Errichtung eines internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden und zur Genehmigung des im Interesse der Gemeinschaft erfolgenden Beitritts durch Österreich und Luxemburg zu den zugrundeliegenden Instrumenten, KOM(2003) 534 endg., abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

17.11.2003: Richtlinie 2003/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/25/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, ABl. L 326, 13.12.2003, S. 28. 13.12.2003: Einvernehmlicher Beschluss 2004/97/EG der auf Ebene der Staatsund Regierungschefs vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten über die Festlegung der Sitze bestimmter Ämter, Behörden und Agenturen der Europäischen Union, Euratom, ABl. L 29, 3.2.2004, S. 15. 21.4.2004:

Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt, ABl. L 143, 30.4.2004, S. 56.

III. Deutsche Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvereinbarungen 27.1.1975:

Gesetz zu dem internationalen Übereinkommen von 1969 über Maßnahmen auf Hoher See bei Ölverschmutzungs-Unfällen, BGBl. 1975 II, S. 137.

10.6.1975:

Verordnung über die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Gesetz zu den Internationalen Übereinkommen vom 29. November 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden und vom 18. Dezember 1971 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, BGBl. 1975 I, S. 1337.

13.6.1977:

Verordnung zu den Internationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (VSeeStrO), BGBl. 1977 I, S. 813.

3.7.1979:

Hafenverkehrs- und Schiffahrtsgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg, HmbGVBl. 1979, S. 17.

3.2.1982:

Verwaltungsvereinbarung des Bundesministeriums für Verkehr mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger e. V. (DGzRS)

252

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente über die Durchführung des Such- und Rettungsdienstes in Seenotfällen, in Auszügen abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

23.6.1982:

Verordnung zur Übertragung von Aufgaben auf dem Gebiet der Seeschiffahrt zur Ausübung auf den Bundesgrenzschutz und die Zollverwaltung, BGBl. 1982 I, S. 733. Abgekürzt: Seeschiffahrtsaufgaben-ÜbertragungsVO.

23.12.1983: Verordnung über Zuwiderhandlungen gegen das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und gegen das Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen, BGBl. 1983 I, S. 1677. 12.11.1984: Beschluss über die Erweiterung des Küstenmeeres der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee zur Verhinderung von Tankerunfällen in der Deutschen Bucht, in Kraft getreten am 16.3.1985, BGBl. 1984 I, S. 1366. 9.1.1985:

Sechste Verordnung zur Änderung der Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung, BGBl. 1985 I, S. 38.

30.9.1988:

Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden, BGBl. 1988 I, S. 1770, in der Fassung vom 15.9.2004, BGBl. 2004 I, S. 2320. Abgekürzt: Ölschadengesetz (ÖlSG).

19.2.1989:

Verordnung über Zuwiderhandlungen gegen das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und gegen das Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen, BGBl. 1989 I, S. 247, zuletzt geändert am 19.12.2002, BGBl. 2002 II, S. 2942.

1.10.1994:

Verordnung über die Sicherheit der Seeschiffe, BGBl. 1994 I, S. 3291, Liste der Änderungen , Stand 15.4.2004.

19.10.1994: Bekanntmachung der Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeers, BGBl. 1994 I, S. 3428. 22.5.1995:

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Küstenländern über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen, Verkehrsblatt (Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr) 1995, S. 382.

30.5.1996:

Verordnung über die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Ölschadengesetz, BGBl. 1996 I, S. 707, in der Fassung vom 21.8.2002, BGBl. 2002 I, S. 3322. Abgekürzt: Ölhaftungsbescheinigungs-Verordnung.

10.6.1996:

Verordnung zur Ermittlung der zum Internationalen Entschädigungsfonds für Ölverschmutzungsschäden nach dem Ölschadengesetz beitragspflichtigen Ölmengen, BGBl. 1996 I, S. 812, in der Fassung vom 21.12.2000, BGBl. 2000 I, S. 1956. Abgekürzt: Ölmeldeverordnung.

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

253

5.2.1998:

Abkommen zwischen den Ländern Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die wasserschutzpolizeilichen Zuständigkeiten auf dem Küstenmeer, abgedruckt als Anlage zum Gesetz vom 27.9.1998, GVOBl. Schleswig-Holstein 1998, S. 297.

9.9.1998:

Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerlichen Bedingungen in der Seeschiffahrt an den internationalen Standard, BGBl. 1998 I, S. 2860. Abgekürzt: Schiffssicherheitsgesetz (SchSG).

22.10.1998: Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO) in der Fassung der Bekanntmachung im BGBl. 1998 I, S. 3209. 4.11.1998:

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG), neu gefasst durch Bekanntmachung, BGBl. 1998 I, S. 3294.

23.5.2002:

Vereinbarung über die Errichtung des Havariekommandos (HK-Vb.), abgedruckt als Anlage 1 zum Gesetz zu den Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zur Verbesserung des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002, GVOBl. Mecklenburg-Vorpommern 2002, S. 475.

23.5.2002:

Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen (MVs-Vb.) vom 23. Mai 2002, abgedruckt als Anlage 2 zum Gesetz zu den Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zur Verbesserung des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002, GVOBl. Mecklenburg-Vorpommern 2002, S. 475.

23.5.2002:

Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Errichtung des Havariekommandos, abgedruckt BAnz. 16/2003 vom 24.1.2003, S. 1170 f., und als Anlage 1 zum Gesetz zu den Vereinbarungen (. . .) zur Verbesserungen des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002, GVOBl.-MV 2002, S. 475, abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

23.5.2002:

Vereinbarung des Bundes und der Küstenländer über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen, abgedruckt in BAnz. 16/2003 vom 24.1. 2003, S. 1171 f., und als Anlage 2 zum Gesetz zu den Vereinbarungen (. . .) zur Verbesserungen des gemeinsamen Unfallmanagements auf der Nord- und Ostsee vom 15.7.2002, GVOBl.-MV 2002, S. 475, abrufbar unter , Stand 15.4.2004.

254

Anhang: Liste der zitierten Rechtsinstrumente

26.7.2002:

Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt in der Fassung der Bekanntmachung im BGBl. 2002 I, S. 2876. Abgekürzt: Seeaufgabengesetz (SeeAufgG).

19.8.2002:

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts, in der Fassung der Bekanntmachung im BGBl. 2002 I, 3245. Abgekürzt: Wasserhaushaltsgesetz (WHG).

23.12.2002: Zusatzvereinbarung zu der Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für Verkehr und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger über die Durchführung des Such- und Rettungsdienstes in Seenotfällen vom 11.3.1982 über die Kooperation zwischen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und dem Havariekommando, BAnz. 16/2003, S. 1172.

IV. US-amerikanische Gesetze 11.12.1980: Comprehensive Environmental Response, Compensation and Liability Act 1980, 42 U.S.C. 9601 ff. 18.8.1990:

Oil Pollution Act 1990, 33 U.S.C. 2701 ff.

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Autorenverzeichnis Bianca Dormuth, Doktorandin an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin/Tiflis Rico Kassmann, Berlin Hans Fabian Kiderlen, Rechtsreferendar am Hanseatischen OLG Hamburg Ingo Niemann, LL.M. (Lond.), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Völker- und Europarecht der Humboldt-Universität zu Berlin Marina Pauli, Rechtsreferendarin am Kammergericht Berlin Dr. Marcus Schroeder, Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Tomuschat, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Völker- und Europarecht, Unter den Linden 9, 10099 Berlin Knut Traisbach, Doktorand an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin Karola Wolprecht, Maître en droit (Paris X), Rechtsreferendarin am Kammergericht Berlin