Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56-66: Eine Untersuchung Zu Den Literarischen Bezügen in Den Letzten Elf Kapiteln Des Jesajabuches [Reprint 2012 ed.] 3110142392, 9783110142396

In der Reihe Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (BZAW) erscheinen Arbeiten zu sämtlichen Ge

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German Pages 370 [368] Year 1994

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Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56-66: Eine Untersuchung Zu Den Literarischen Bezügen in Den Letzten Elf Kapiteln Des Jesajabuches [Reprint 2012 ed.]
 3110142392, 9783110142396

Table of contents :
Vorwort
Einleitung
Exegese von Jes 56-66
I. “Tritojesaja” (TrJes 60-62*)
1. TrJes 60,1-22*
2. TrJes 61,1-11
3. TrJes 62,1-12*
4. Zusammenfassung
II. “Tradentenkreis I” (Jes 57,14-21*; 66,7-14a; 65,16b-25)
1. Jes 57,14-21*
2. Jes 66,7-14a
3. Jes 65,16b-25
4. Zusammenfassung
III. “Tradentenkreis II” (Jes 66,18-24*; 57,3-13; 66,1-4; 5f.14b-17; 65, 1-7; 8-12.13-16a)
1. Jes 66,18-24*
2. Jes 57,3-13
3. Jes 66,1-4
4. Jes 66,5f.14b-17
5. Jes 65,1-7
6. Jes 65,8-12.13-16a
7. Zusammenfassung
IV. “Tradentenkreis III” (Jes 59,1-21*; 56,9-12+57,1-2; 58,1-14*)
1. Jes 59,1-21*
2. Jes 56,9-12+57,1-2
3. Jes 58,1-14*
4. Zusammenfassung
V. “Einzelüberlieferungen” (Jes 56,1-8*; 63,1-6; 63,7-64,11)
1. Jes 56,1-8*
2. Jes 63,1-6
3. Jes 63,7-64,11
4. Zusammenfassung
VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
Literaturverzeichnis
Zeichenerklärung und Abkürzungsverzeichnis
Bibelstellenregister
“Tabellarische Übersichten”

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Wolfgang Lau Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56 — 66

w DE

G

Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Otto Kaiser

Band 225

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994

Wolfgang Lau

Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56 — 66 Eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten elf Kapiteln des Jesajabuches

Walter de Gruyter · Berlin • New York 1994

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

[Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beihefte] Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. — Berlin ; New York : de Gruyter. Früher Schriftenreihe Fortlaufende Beil. zu: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft NE: HST Bd. 225. Lau, Wolfgang: Schriftgelehrte Prophetie in Jes 5 6 - 6 6 . - 1994 Lau, Wolfgang: Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56 —66 : eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten elf Kapiteln des Jesajabuches / Wolfgang Lau. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1994 (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft ; Bd. 225) Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-11-014239-2

ISSN 0934-2575 © Copyright 1994 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 1993 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Für den Druck ist die gesamte Arbeit nicht unerheblich gekürzt worden. Herzlich danken möchte ich zuallererst und vor allem Herrn Prof. Dr. Dr. Herbert Donner, der diese Untersuchung angeregt und mit stets großer Hilfsbereitschaft und Sorgfalt betreut hat. Des weiteren gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Udo Rüterswörden, der das Korreferat erstellte. Ihm verdanke ich ebenso wie Herrn Dr. Wolfgang Zwickel zahlreiche Anregungen und Hinweise, die ich nicht missen möchte. Herrn Pastor Kurt Triebel aus Neumünster-Einfeld (jetzt Kiel) gebührt Dank für die Mühe, Übersetzungen holländischer Texte angefertigt zu haben. Ohne die großzügige finanzielle Unterstützung meiner Eltern und meiner Großmutter wäre die Arbeit sicher nicht zustandegekommen. Ihnen gilt ebenso mein herzlicher Dank wie meiner Frau Susanne und meiner Tochter Alina, für die die Erstellung der Arbeit mehr Entbehrungen mit sich gebracht hat, als man in Worten ausdrücken kann. Schließlich danke ich Herrn Prof. D. Dr. Otto Kaiser für die Aufnahme der Arbeit in die Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft sowie den Mitarbeitern des Verlags Walter de Gruyter für alle Hilfestellungen. Literatur, die nach dem März 1993 erschienen ist, konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Neumünster-Einfeld, im Januar 1994

Wolfgang Lau

Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung

V 1

Exegese von Jes 56-66 I.

"Tritojesaja" (TrJes 60-62*) 1. TrJes 60,1-22* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 2. TrJes 61,1-11 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 3. TrJes 62,1-12* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 4. Zusammenfassung

II. "Tradentenkreis I" (Jes 57,14-21*; 66,7-14a; 65,16b-25) 1. Jes 57,14-21* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 2. Jes 66,7-14a a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 3. Jes 65,16b-25 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 4. Zusammenfassung

22 22 24 65 66 66 67 89 90 90 91 115 115 118 118 118 126 126 126 127 133 134 134 135 141 141

III. "Tradentenkreis II" (Jes 66,18-24*; 57,3-13; 66,1-4; 5f.l4b-17; 65, 1-7; 8-12.13-16a) 1. Jes 66,18-24* 143

νπι

Inhaltsverzeichnis

a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 2. Jes 57,3-13 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 3. Jes 66,1-4 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 4. Jes 66,5f.l4b-17 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 5. Jes 65,1-7 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 6. Jes 65,8-12.13-16a a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 7. Zusammenfassung IV. "Tradentenkreis III" (Jes 59,1-21*; 56,9-12+57,1-2; 58,1-14*) 1. Jes 59,1-21* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 2. Jes 56,9-12+57,1-2 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 3. Jes 58,1-14* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 4. Zusammenfassung V.

"Einzelüberlieferungen" (Jes 56,1-8*; 63,1-6; 63,7-64,11) 1. Jes 56,1-8* a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit

143 144 150 151 151 151 168 168 168 168 178 178 178 179 185 185 185 186 193 193 193 194 201 201 203 203 204 227 229 229 230 239 240 240 240 260 260 262 262 263 278

Inhaltsverzeichnis

2. Jes 63,1-6 a) Vorbemerkungen b) Exegese c) Fazit 3. Jes 63,7-64,11 a) Vorbemerkungen b) Exegese Exkurs über DtJes 42,14-17* (tvün) c) Fazit 4. Zusammenfassung

IX

279 279 279 285 286 286 288 308 314 315

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

316

Literaturverzeichnis Zeichenerklärung und Abkürzungsverzeichnis Bibelstellenregister "Tabellarische Übersichten"

326 342 344 349

Einleitung Die Kap. 40-66 des Jesajabuches werden seit Döderlein und Eichhorn von nahezu allen Forschern dem Propheten Jesaja aus dem 8Jhdt. v.Chr. abgesprochen. Ausschlaggebend dafür waren sowohl inhaltliche (Adressaten sind offenbar Exulanten in Babylonien; Monotheismus; vornehmlich Heilsprophetie etc.) als auch sprachliche Kriterien (unterschiedlicher Gebrauch derselben Worte, anderer Wortschatz u.a.m.). Die traditionelle Exegese versuchte die genannten Beobachtungen durch autobiographische Hypothesen (der Prophet wurde im Alter ein Heilsprophet; Ortswechsel Jesajas nach Babylon) oder psychologische Spekulationen (der Prophet hat sich in Zeit und Situation des Exils hineingedacht oder konnte durch Inspiration weit in die Zukunft schauen) zu erklären. Nach Calvin schließt das futurische Imperfekt (10^*) in Dtles 40,1 nicht nur die babylonische Gefangenschaft, sondern die gesamte Befreiungszeit einschließlich des Reiches Christi ein: "Hoc autem futurum Dicit, non tantum ad captivitatem babylonicam refero, sed ad totum liberationis tempus quod in se complectitur regnum Christi" (Opera, 4). Doppelungen im Text werden von Calvin damit begründet, daß sich der Prophet wiederhole, um künftigen Zweifeln der Gemeinde wirkungsvoll begegnen zu können. In neuerer Zeit wird nur noch vereinzelt und ohne erkennbaren Fortschritt in der Argumentation an der Einheitlichkeit der Verfasserschaft des Jesajabuches festgehalten, vgl. z.B. Young 1 und Schneider2, ferner die Literaturhinweise bei Koenen (1, Anm. 2). Zweifel an der Authentizität der Kap. 40-66 haben demgegenüber schon den spanischen Rabbi Ibn Ezra ( t l l 6 7 ) bewegt. 3 Dem Reformator Luther erschien zumindest die Zusammenordnung der Sprüche im Jesajabuch durch den Propheten Jesaja selbst zweifelhaft. 4 Eichhorn betrachtet die Kap. 40-52 als exilisch, Kap. 40-66 sind insgesamt erst in nachexilischer Zeit dem Jesajabuch beigeordnet worden. 5 Zur Frühgeschichte der Kritik an der Einheitlichkeit des Jesajabuches vgl. den vorzüglichen Forschungsüberblick bei Vincent.6

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Vgl. Young, Book of Isaiah, bes. 538ff. Schneider will zwar eine "Mitarbeit von Schülern" des Jesaja am Jesajabuch nicht ausschließen. hält letztlich aber weiterhin - aus inhaltlichen Gründen - an Jesaja als Autor aller Kapitel "im Sinne des geistigen Urhebers" fest, vgl. ders., Der Prophet Jesaja, 1. Teil (Kap. 1-39), Wuppertaler Studienbibel (Reihe: Altes Testament), 1988, 17. Vgl. Friedländer, The Commentary of Ibn Ezra on Isaiah, London, 1873, 170ff. Vgl. Bornkamm, Luther und das Alte Testament, Tübingen, 1948, 162f. Vgl. Eichhorn, Einleitung, 84.97ff. Vgl. Vincent, Studien zur literarischen Eigenart und zur geistigen Heimat von Jesaja, Kap. 40-55. BET 5, Frankfurt u.a., 1977, 15ff.

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Einleitung

Zweifel an der jesajanischen Autorschaft der Kap. 40-66 des Jesajabuches hat nicht allein die protestantische Exegese seit dem 19.Jhdt.7, sondern auch die katholische seit etwa Mitte dieses Jahrhunderts gehegt.8 Damit ist allerdings der Konsens bezüglich der Verfasserschaft von Jes 40-66 in der Jesajaforschung bereits weitgehend abgesteckt. Eine überwiegende Mehrheit der Forscher vertritt immerhin noch die Auffassung, daß Jes 40-66 nicht einem einzigen Autor ("Deuterojesaja") zugesprochen werden können. Hier hat sich der erstmals 1892 erschienene Jesajakommentar von Duhm mit seiner konsequent vollzogenen Abtrennung der Kap. 56-66 von 40-55 epochemachend ausgewirkt.9 Die von ihm zugleich aufgestellte These der Einheitlichkeit der Kap. 56-66 und ihre Zuordnung zu einer anonymen Prophetenperson "Tritojesaja"10 hat

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Vgl. unter vielen anderen de Wette (Einleitung, 286ff.), Rosenmüller (Iff.), Gesenius (Jesaia, Iff.), Duhm (Jesaia, 14f.). Die Entscheidung der Päpstlichen Bibelkommission vom 29.6. 1908 ("De libri Isaiae indole et auctore", vgl. Denzinger/ Schönmetzer, Enchiridion, 3505-3509) lehnt die Auffassung, daß die Kap. 40-66 aufgrund der dort angesprochenen Adressaten (Judäer im babylonischen Exil) nicht von dem Propheten Jesaja stammen können und man daher zwei oder mehrere Autoren im Jesajabuch annehmen müsse, ausdrücklich ab. Neben den inhaltlichen werden auch die philologischen Argumente abgewiesen, vgl. ebd. Während die älteren katholischen Exegeten noch deutlich von dieser Entscheidung beeinflußt sind (vgl. u.a. Feldmann, Isaias, 12f.l95, Fischer, Isaias, bes. 25.150), scheint sich in den letzten Jahrzehnten eine weitgehende Lösung von ihr Bahn zu brechen, vgl. Schildenberger (Bedeutung, 189ff.), Schreiner (Buch, 160ff.) und bes. Pauritsch, 9ff. (mit einem Überblick über die katholische Forschung). Die Einheitlichkeit der Kap. 40-66 ist vor Duhm zwar schon des öfteren bestritten worden (vgl. die Hinweise bei Cheyne, Einleitung, 287ff.), nicht aber mit der Konsequenz, daß der Text in zwei Abschnitte, bezogen jeweils auf einen Propheten, unterteilt wurde. Vor Duhm wurde noch häufig die Einheitlichkeit der Verfasserschaft von Jes 4066 vorausgesetzt bzw. vertreten, vgl. neben vielen anderen de Wette (Einleitung, 289), Rosenmüller (Iff.), Gesenius (Jesaia, 2ff.) und Reuss (Geschichte, 453.455). Nach Duhm hat die Zahl derer, die Kap. 40-66 auf einen einzigen Verfasser zurückführen wollen, bedeutend abgenommen, vgl. immerhin u.a. noch Torrey (der sogar Kap. 34-66 weitgehend von einer Hand geschrieben sein läßt, und zwar als 27, in der jetzt vorliegenden Reihenfolge niedergeschriebene Dichtungen, bezeichnet als "Second Isaiah", vgl. Torrey, bes. 3.53.92), Smart (Kap. 35; 40-66 stammen von einem Autor, vgl. Smart, History, 13.20ff.30), Maass (»Tritojesaja«, 162f., mit Einschränkungen), Clements (Unity, 60). Daß hier nicht bibliographische Vollständigkeit angestrebt werden kann, versteht sich beinahe von selbst. Forschungs- und Literaturüberblicke über die Jesajaforschung findet man bei Fohrer (Literatur I, bes. 218ff., ders., Literatur II, bes. 235-249, ders., Literatur III, bes. 1-39) und Kaiser (TRE 16, Art. "Jesaja/Jesajabuch", 641ff.), vgl. zudem noch die Übersichten bei Feldmann (Isaias, 189ff.), Pauritsch (Iff.) und Koenen (Iff., mit Hinweis auf weitere Literaturzusammenstellungen). Vgl. Duhm (Jesaia, 14f.418ff.). "Tritojesaja" wird in zwei Hälften geteilt (56-60 und 6166), die "vielleicht durch den Redaktor von c.40-66 umgestellt" worden seien, Duhm (Jesaia, 15).

Einleitung

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zwar zunächst (in verschiedenen Variationen) Gefolgschaft gefunden 11 , ist in den letzten Jahrzehnten allerdings von den unterschiedlichsten Seiten her mehr und mehr in Frage gestellt worden: Zum einen wird zunehmend die Einheitlichkeit sowohl des Abschnitts Kap. 40-55 1 2 als auch der Kap. 56-66 1 3 angezweifelt. Auch die Abgrenzung der Einheiten Kap. 40-55 und 56-66 gerät infolgedessen ins Wanken. Cheyne (Einleitung, 295f.) beispielsweise unterteilt die Kap. 40-66 in eine zusammenhängende Reihe von Reden in 40-48 und in eine Sammlung von Stücken, zu denen er 49,152,12; 52,13-53,12; 54.55 sowie 56,9-57,21 und 60-62 rechnet. Glahn (Prophet, 26ff.) zählt demgegenüber 56,1-8 noch zu "Deuterojesaja". Muilenburg möchte Kap. 57,14-21 sowie 6062 "Deuterojesaja" 14 oder zumindest einem Schüler "Deuterojesajas" zuschreiben (vgl. ebd.,

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Für die Einheitlichkeit des Abschnitts 56-66 ist am ausführlichsten (mit umfassenden Sprachuntersuchungen bzgl. des Verhältnisses von 56-66 zu 40-55) Elliger eingetreten, vgl. Elliger, Verhältnis, 2f., ders., Prophet, 113.134. Er hält darüber hinaus zahlreiche, teils auch umfangreiche Textabschnitte aus Kap. 40-55 wie z.B. Kap.47 (Elliger, Verhältnis, 105ff.), 49,22-26 (ebd., 123ff.), Kap. 54 und 55 (ebd., 135ff.) sowie das vierte EJL (52,13-53,12, vgl. ebd., 6ff., bes. 16) für "tritojesajanisch". "Tritojesaja" ist bei ihm nicht nur der Verfasser von Jes 56-66, sondern auch Sammler und erster Redaktor von Jes 40-55 (vgl. Eiliger, Verhältnis, 220). - Seine Ausführungen sind jetzt in der ausführlichen Untersuchung von Sekine widerlegt worden. Eine weitgehende Einheitlichkeit von Jes 56-66 wird u.a. von Littmann (Abfassungszeit, 51), Zillessen (233Í.274), Odeberg (27), Mc Cullough (A Re-Examination, 27.30), Kessler (Gott geht es um das Ganze, 14f.), Koch (Die Propheten II, Babylonisch-persische Zeit, Stuttgart u.a., 1980, 157) und Kraus (Evangelium, 169f.) vertreten. Schon Eichhorn hat die Kap. 40-66 insgesamt auf unterschiedliche Verfasser zurückgeführt (vgl. Eichhorn, Einleitung, lOlff.l 10f.). Das Jesajabuch stellt sich ihm damit als eine "prophetische Anthologie" dar, als eine Blütenlese unterschiedlicher Autoren, vergleichbar dem Dodekapropheton, nur mit unbekannten Verfassern (ebd., 109.111). Duhm (Jesaia, 14.18f.) hatte Kap. 40-55 demgegenüber im wesentlichen als einheitlich betrachtet, die EJL allerdings sowie einige redaktionelle Zusätze dem Propheten "Deuterojesaja" abgesprochen. Zu der Problematik um die Einheitlichkeit "Deuterojesajas" vgl. neben den bereits genannten Forschungsberichten die Darstellungen von Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 53ff., mit Hinweis auf weitere Forschungsüberblicke) und Kratz (Kyros, Iff.). Vgl. unter den älteren u.a. schon Gressmann (Verhältnisse, 26, zweifelnd), Budde (Geschichte, 177.182), Hölscher (Die Profeten, Untersuchungen zur Religionsgeschichte Israels, 1914, 373), Abramowski (Problem, 91.119ff.), Volz (198), Eissfeldt (Einleitung, 386), Mowinckel (Prophecy, 69), Jefferson (Notes on the authorship of Isaiah 65 and 66. JBL 68, 1949, 225-230, bes. 226, bzgl. Kap. 65f.), Schreiner (Buch, 161), Mc Kenzie (XXXVI). So kann Fohrer in seinem Literaturüberblick (bereits 1952) resümieren: "Die einheitliche Verfasserschaft für den sog. Tritojesaja wird nur selten vertreten" (ders., Literatur I, 241). Pauritsch (4) schreibt: "Die Einheitlichkeit von 56-66 wird im evangelischen wie katholischen Bereich gleichermaßen von der Mehrheit angezweifelt." Vgl. auch den Forschungsüberblick über die Einheitlichkeitsdiskussion bei Sekine (3ff.). Vgl. schon Cannon, ZAW 52, 1934, 75.

4

Einleitung

670.698). Für Snaith 15 sind die Kap. 40-48.49-55 und 60-62 von einem Verfasser (DtJes). Kratz sieht Kap. 60-62 in Verbindung mit seiner aus Kap. 40-55 erhobenen "Ebed-IsraelSchicht", ist aber in der Frage einer Zuordnung der Kap. 60-62 zu dieser Schicht (im Unterschied zu Steck, Untersuchungen 1,137) zurückhaltend. 16

Damit einher geht zum anderen dann die Kritik an einer Eruierung von Prophetenpersönlichkeiten, die weniger wegen ihrer Anonymität, als vielmehr aufgrund der schwierigen Textverhältnisse kaum biographisch umschrieben oder zeitlich zugeordnet werden können.17 Die prophetischen Texte in Kap. 40-66 entziehen sich weitgehend einer autobiographischen Deutung. So dürfte es wenig Sinn geben, in diesen Texten nach "ipsissima verba" von Propheten zu suchen, die in ihren Konturen nicht deutlich werden.18 Man hat sich daher in der Forschung von der Suche nach hinter den Texten stehenden Prophetenpersönlichkeiten abgewandt und die Textgestalt selbst zur Grundlage für alle Untersuchungen erklärt.1® Dabei rückt, Anregungen von Childs folgend, in neuerer Zeit bei einigen Gelehrten besonders die "kanonische Endgestalt" von Jes 40-55 und 56-66 in den Vordergrund des Interesses, d.h. also der Text in seiner heute vorliegenden Fassung einschließlich aller Erweiterungen und in seiner jetzt vorliegenden Zusammenstellung. 20 Daraus ergibt

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Vgl. Snaith, Isaiah 40-66. A study of the teaching of the second Isaiah and its consequences, SVT 14, 1967, 135-262, bes. 139.146. Vgl. Kratz, Kyros, 206f., vgl. auch dessen "Schichtentabelle" ebd., 217. Die Datierungen der Texte in Jes 56-66 reichen von vorexilischer Zeit (bzgl. 56,9-57,13, vgl. Ewald, Jesaja, 102f., Westermann, ATD, 259 u.a.) bis in das dritte vorchristliche Jahrhundert, vgl. dazu beispielsweise die Übersicht über die zeitliche Zuordnung der Texte bei Steck (Heimkehr, 80). Vgl. zu der Diskussion um die Existenz eines Propheten "Deuterojesaja" Hermisson, Deuterojesaja-Probleme, 66ff. Dabei hat sich die Streitfrage, ob der Prophet von vornherein schriftlich oder doch zunächst mündlich gewirkt hat, als "kaum ersprießlich" erwiesen, ebd., 68. Zur Diskussion um einen Propheten "Tritojesaja" vgl. die kritischen Bemerkungen von Steck (Heimkehr, 76). Daß dies nicht nur für die Jesajaforschung gilt, zeigt u.a. jetzt Jeremias, Amos 3-6. Beobachtungen zur Entstehungsgeschichte eines Prophetenbuches, in: ZAW 100, 1988, Supplementband, 123-138, bes. 124f.). Vgl. den Forschungsüberblick bei Hardmeier (Jesajaforschung, 3ff.) und Reventlow (Hauptprobleme, bes. 128ff., Lit.). Childs (Introduction, 325ff.) betont, daß die kanonische Gestalt von 40-55 die Stücke als Prophetie Jesajas ansehe. Dies sei nicht nur historische Fiktion, sondern trage dem Text insofern Rechnung, als er tatsächlich ohne historischen Bezug sei. Die Rede vom "Früheren" bei "Deuterojesaja" könne sich nur von vornherein auf Protojesaja beziehen (vgl. dagegen Clements, Unity, 57, Kratz, Kyros, 164ff. u.a.). Damit sei eine Existenz "Deuterojesajas" ohne Verbindung mit Protojesaja nicht denkbar, vgl. ebd., 329. Watts (Isaiah 34-66, WBC 25, Texas, 1987, 368) unterteilt Jes 34-66 in "six acts", datiert ca. 545-450 B.C. Einen Propheten "Deuterojesaja" oder "Tritojesaja" hat es seiner Meinung nach nie gegeben (ebd., 71). Auf das gesamte Jesajabuch bezogen bedeute das, daß keine Komposition aus vorher bestehenden einzelnen Einheiten vorliege, sondern ein großes Drama, in dem die Reden für das Ganze ge-

Einleitung

5

sich in der Exegese ein weitgehender Verzicht auf die Erarbeitung der Aussagen von Einzeltexten wie auch eine Beschränkung auf die Frage nach redaktionell beabsichtigten Textbezügen, im Hinblick auf Jes 40-55 und 56-66 also auf die Frage nach "großjesajanischen" Textverbindungen.21 Grundlage dieses Vorgehens ist nach Childs die unbestreitbare Tatsache, daß für die christliche Gemeinde bis in das 18.Jhdt. hinein nicht primär die Einzeltexte, sondern die Texte in ihrer kanonischen Endgestalt als Grundlage ihres Glaubens maßgeblich waren.22 Gleichwohl droht hier ein Rückfall in die vorkritische Exegese: Es scheint, als solle der Kanon der historischen Kritik enthoben werden.2·3 Die Konturen der Einzeltexte finden zu wenig Beachtung24, die unterschiedlichen theologischen Aussagen von Tradition und Redaktion könnten nivelliert oder schlicht ignoriert werden. Damit aber besteht die Gefahr, daß nicht nur die Erkenntnisse der protestantischen Theologie seit dem 18 Jhdt., sondern auch die ursprünglichen Aussagen der Texte selbst beiseite geschoben werden und damit nicht mehr für den Glauben fruchtbar gemacht werden können. 25 Hinzu kommt, daß auch die "kanonische Endgestalt" - insbesondere des Jesajabuches! - alles andere als eine einheitliche Komposition 26 darstellt, vielmehr ihrerseits ein "mixtum compositum" ist, in dem verschiedene Redaktionen, die sich auf unterschiedliche "Schichten"27 oder besser Sammlungen beziehen, unterschieden werden müssen.2®

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staltet worden seien (ebd., 73). - Vgl. dazu die Rezension von Kaiser (ThLZ 114 (1989), 804-809). Beispielhaft für diese Exegese sind neben Watts auch die Arbeiten von Becker (Isaias, bes. 33, der von einer einheitlichen Redaktion im ganzen Jesajabuch ausgeht, vgl. ebd., 36), Clements (Unity, bes. 51, der auch die Existenz eines Propheten "Jesaja" für nicht sicher nachweisbar hält, ebd, 52f.), Evans (Unity, bes. 133), Seitz (Divine Council, bes. 244ff.), Albertz (Deuterojesaja-Buch, 248.253) u.a. Vgl. Childs, Canonical shape, 42 u.ö. Vgl. dagegen jetzt Dohmen/Oeming, Kanon, bes. 16f. Zur Auflösung des vorkritischen Kanonbegriffs bei Semler vgl. Strathmann (ThBl 20, 1941, 295-310), Donner (Gesichtspunkte, 56ff) u.a. Zu den diesbezüglichen Konsequenzen für das Prophetenverständnis vgl. Donner, Prophetie, bes. 37ff. (dargestellt an dem bereits ein Jahrhundert vor Semlers "Abhandlung von freier Untersuchung des Canon" erschienenen Theologisch-politischen Traktat (1670) von Spinoza). Zur (hermeneutischen) Frage nach einer "Mitte" des AT vgl. die Übersicht bei Reventlow, Hauptprobleme der alttestamentlichen Theologie im 20. Jahrhundert, EdF 173, Darmstadt, 1982, 138ff. (Lit.). Vgl. diesbezüglich den Standpunkt von Childs, Canonical shape, 48. Vgl. die diesbezüglichen Korrekturen von Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 69ff.), Steck (Exegese, 79), Kaiser (ThLZ 114 (1989), 808f.) u.a.m. Zur Unterscheidung von Redaktion und Komposition vgl. Fohrer, Exegese, 135ff. Vgl. bzgl. Jes 40-55 u.a. Schmitt (Prophetie, 46) und Kratz (Kyros, 12). Steck findet im Jesaja- und im Zwölfprophetenbuch "Bearbeitungsschichten", die "buchübergreitend ältere Prophetie redigieren" (Steck, Abschluß der Prophetie, 22f.33ff.62ff.). Vgl. Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, bes. 63), ders. (Einheit und Komplexität, bes. 289) u.a. Vgl. zur Diskussion um den Ansatz von Childs die Besprechung seiner "Introduction" von Zimmerli (VT 31, Leiden, 1981, 235-244), Reventlow (Hauptprobleme, bes. 133ff., Lit.), Oeming (Gesamtbiblische Theologien, bes. 186-209) sowie Dohmen/ Oeming (Kanon, bes. 9ff., zur Kritik an Childs vgl. bes. 23ff., jeweils mit weiteren Literaturhinweisen).

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Einleitung

Daher kommt man (zunächst bezogen auf Kap. 40-55) nicht umhin, zwar nicht nach einer hinter diesen Texten stehenden Prophetengestalt, aber doch nach "der sachlichen Einheit eines theologischen Konzepts zu fragen, dessen innere Konsistenz sich durch sprachliche und formale Einheitlichkeit bestätigen muß."29 Diese Textabschnitte können dann, insofern sie deutlich von der Prophétie Jesajas unterscheidbar sind, als eine eigenständige prophetische Botschaft bezeichnet und beschrieben werden.30 In der Bestimmung des Textbestandes dieser prophetischen Botschaft schließen wir uns grundsätzlich den in dem grundlegenden Aufsatz "Einheit und Komplexität Deuterojesajas" von Hermisson formulierten Ergebnissen an.31 Zu den ältesten Sammlungen (I.Grundbestand, vor 539 v.Chr.) zählt er: 1. (7)40,1-11.12-17*. 187+21 -26.27-31. 2. 41,1-4.8-13(*). 14-167.17-20.21-29(*); 42,5-9(*). 3. 42,10-13.14-16; 43,l-7.8-13.14-15?.16-21.22-28(*); 44,(l.)2-4.6-8? (Anmerkung 83: Der Text gehört vielleicht zu III).21-22(7 Anmerkung 84: Die Verse könnten auch beim Einbau der Gottesknechtslieder zugefügt worden sein).23. 4. 44,24-28a; 45,1-7.8.1 la+12-13a.l4*-15.18-23; 46,1-2*7.3-47.9-11; 48, 20-217 5. 47*; (48,20-21); 49,14-21.22-23; 50,1-27; 51,9-10+17-23*+17-23*+52, 1-2+11-12; 52,7-10; 54,1-107; 55,1-5.8-13. 6. 42,1-4; 49,1-6; 50,4-9; 52,13-53,12(Anmerkung 85: Der letzte Gottesknechtstext wurde der noch selbständigen Sammlung hinzugefügt, möglicherweise auch nach 539). 32 2 9 3 0

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Hermisson, Einheil und Komplexität, 289f. Hierin besteht ein weitgehender Konsens unter denjenigen Forschern, die sich nicht der Sicht von Childs angeschlossen haben, vgl. Rendtorff (Komposition, 318), der Kap. 4055 eine dominierende Stellung unter den drei Teilen des Jesajabuches einräumen will, an die der erste (sie!) und der dritte Teil angegliedert wurden), Rendtorff (Jesaja 56,1, bes. 175), Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 59), ders. (Einheit und Komplexität, 299), Kratz (Kyros, 157: "die Grundschicht von Kap. 40-48"), Steck (Israel und Zion, 175) u.a. Eine eigene Untersuchung des ganzen Textkomplexes Kap. 40-55 kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geboten werden. Wo eine literarische Abhängigkeit zwischen Kap. 40 -55 und 56-66 behauptet wird, ist generell nach eigenständigen Begründungen für das jeweilige Abhängigkeitsverhältnis gesucht worden. Abweichungen von der Sicht Hermisson's werden in den Anmerkungen vermerkt. Entnommen aus Hermisson, Einheit und Komplexität, 311. Bemerkenswert ist insbesondere, daß unter Punkt 6 auch die sogenannten "Gottesknechtslieder" zum Grundbestand gerechnet werden. Damit wird die schon von Duhm (Jesaia, 14.18f.) deutlich herausgestellte Beobachtung, daß diese Stücke ursprünglich einmal eine selbständige Sammlung gewesen sind, keineswegs geleugnet, "aber die engen Beziehungen zwischen dem besonderen Gottesknecht und dem Gottesknecht Israel erweisen die Gottesknechtslieder als einen unverzichtbaren Bestandteil des deuterojesajanischen Konzepts" (Hermisson, Einheit und Komplexität, 307). Was die Terminologie angeht, halte ich es eben-

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Dieser hier genannte Grundbestand (und nichts anderes) wird im folgenden als "Deuterojesaja" (bzw. DtJes) bezeichnet.33 Mit der schriftlichen Fixierung des dtjes. Grundbestandes hat seine "Nachgeschichte"34 begonnen: Der Text bekommt durch redaktionelle Umstellungen35, Textfehler, Glossierungen36 und Interpolationen37 neue Konturen, wird damit

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falls mit Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 71): "Da zeigt sich, wie nützlich andernorts der vielgescholtene Terminus "Gottesknechtslieder" ist. Wenn nur jeder einmal die salvatorische Floskel gebraucht hat, daß da keine Lieder zu singen seien, kann man die Bezeichnung getrost gebrauchen, und jeder weiß Bescheid." - Aus Raumgründen gebrauchen wir allerdings zumeist das Kürzel EJL. Zur Problematik der EJL vgl. jetzt die übersichtliche Zusammenstellung der Forschungserträge bei Haag, Gottesknecht, passim. Da die prophetische Botschaft anonym ist, hat es wenig Sinn, neue Terminologien einzuführen. Dieser Begriff ist von Hertzberg (Nachgeschichte, 110-121) geprägt worden. Er bezeichnet "die Geschichte der Stoffe" nach ihrer schriftlichen Fixierung, ebd., 111. Jede schriftliche Fixierung einer Tradition bedeutet schon, daß diese interpretiert wird. Weitere Interpretationen folgen dann in einem Wechselspiel von Tradition und Interpretation, vgl. dazu Fohrer (Tradition, 1-30), auch Schreiner (Interpretation, 19-30). Im Gegensatz zu Steck (Exegese, 75ff., vgl. bes. ebd., 81f., Anm. 73) u.a. möchten wir alle Texterweiterungen, die eigene, "schriftstellerisch-schöpferische Vorgänge" (Fohrer, Exegese, 136) darstellen, unabhängig davon, ob sie auf Vorlagen bezogen sind oder nicht, nicht als Redaktionstexte bezeichnen und also deutlich zwischen Tradition und Redaktion trennen. Ein Redaktor ist im Unterschied zu einem Autor nichts anderes als ein Kompilator vorgegebenen Traditionsgutes, vgl. Eissfeldt (Einleitung, 277), Donner (Redaktor, 10), vgl. auch Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 64) u.a. Die Redaktoren sind "getreue Verwalter des schon schriftlich Fixierten", "Kompositoren bereits vorliegender Texte, die sich selber so wenig wie irgend möglich zu Wort gemeldet haben" (Donner, Forscht in der Schrift, 291, vgl. ders., Redaktor, 17). Der Redaktor scheut dabei "keine Mühe und kein Mittel", "um die Mehrstimmigkeit seiner Vorlagen zum Verschwinden zu bringen" (ders., Redaktor, 9), vgl. ähnlich schon Duhm (Entstehung, 27f.) u.a. Damit kann das hier vertretene Redaktionsverständnis im Sinne von Wonneberger (Redaktion. Studien zur Textfortschreibung im Alten Testament, entwickelt am Beispiel der Samuel-Überlieferung, FRLANT 156, Göttingen, 1992, 92f.) als "Kompilationsredaktion" bezeichnet werden, wenngleich man die bei ihm unter "Adaptionsredaktion" subsumierten Texterweiterungen kaum als "Redaktion" ansprechen mag, weil damit eine deutliche Unterscheidung von Tradition und Redaktion kaum mehr möglich erscheint. Textfehler und Glossen rechnen wir entsprechend dem oben beschriebenen Verständnis von "Redaktion" zum Bereich Redaktion. Glossen können nach Steinhoff (Metzler Literatur Lexikon, Art. "Glosse", 182) "Interlinear-Glossen", "Marginal-Glossen" (Randglossen) oder auch in den Text eingefügte Marginal-Glossen, also "Kontext-Glossen" sein. Diese "fremden Einschiebsel" (so Gunkel, RGG^, Art. "Glosse", 1250) sind (gegen Fohrer, Die Glossen im Buche Ezechiel, ZAW 63, 1951, Berlin, 33-53, bes. 39ff. u.a.) niemals große Textabschnitte, sondern lediglich kleine erklärende, u.U. auch unterschiedliche Texte verbindende Zusätze, in dem Bemühen hingeschrieben, Spannungen abzugleichen und den überlieferten Text weitgehend unangetastet zu lassai. Eine Interpolation ist eine "spätere, nicht vom Autor stammende Veränderung eines Originaltextes durch einen nicht kenntl. gemachten Einschub von zusätzl. Wörtern, Sätzen

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von der hinter ihm stehenden Prophetenperson losgelöst und ist offen für neue Deutungen. Diese lassen nicht lange auf sich warten: Die Tradenten des Propheten, die insofern als "Schüler" bezeichnet werden können, als sie in seiner geistigen Gefolgschaft stehen38, werden selbst produktiv. Sie schreiben die Botschaft des Propheten fort, sie aktualisieren und deuten die Botschaft für ihre Zeit neu. Das hat im Prinzip schon Eichhorn gewußt, wenn er schreibt: "Wenn nun das Volk einen Ausspruch falsch verstund, oder unrecht anwandt; oder wenn es an gewiße Verheißungen sein Herz zu stark hängen wollte: so ward, um alle böse Folgen zu verhindern, entweder schon derselbe Prophet sein eigener Ausleger, oder ein anderer ward der Ausleger seines Vorgängers" (Eichhorn, Einleitung, 22). Weiter heißt es: "Die späteren Propheten bauten fleißig auf den Grund der frühern fort, modificirten ihre Vorstellungen, und bogen sie nach ihren Zeiten und der Lage ihrer Zeitgenossen um" (ebd., 23, vgl. auch ebd., 39f.). Der Begriff "Fortschreibung" ist durch Zimmerli zum terminus technicus für Texte geworden, "die nicht einfach als selbständige Uberlieferungseinheiten angesprochen werden können, also nicht einfach in einem Prozeß der "Sammlung" dazugekommen sind, sondern unverkennbar das im Grundwort angeschlagene Thema nach neuen Richtungen hin verfolgen" (Zimmerli, Ezechiel I, 106*). Die Fortschreibung kann eine starke Umgestaltung oder eine einfache Erweiterung des Grundtextes bedeuten 39 , aber auch an "Ergänzungen unter dem Einfluß anderer Bibelstellen", "biblizistische Anreicherungen", "Zitate" u.a.m. ist gedacht (Zimmerli, Ezechiel I, 107*). Die Fortschreibung kann das Werk des Propheten selbst oder eines Redaktors sein 40 , wobei "der Prozeß der Gesamtredaktion...nicht säuberlich von dem Vorgang der

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oder Abschnitten" (so Grimm, Metzler Literatur Lexikon, Art. "Interpolation", 222f.). Im Unterschied zur Glosse wird mit "Interpolation" in der hier vorliegenden Arbeit ein etwas umfangreicheres "Einschiebsel" wie beispielsweise Jes 59,5-8 benannt, das gleichwohl noch nicht als ein eigenständiges Fortschreibungsstück angesprochen werden kann. - Die Grenzen sind hier allerdings, wie jedermann bemerkt, fließend. Wir verzichten im folgenden allerdings darauf, von einer "Jesaja-Schule" zu reden. Wenngleich diese Terminologie immer wieder verwendet wird (vgl. Mc Cullough, A ReExamination, 157, Schreiner, Buch, 159, Achtemeier, Community, 15f., Sekine, 4f.l3 (distanziert), mit weiteren Literaturhinweisen ebd.), bleibt doch der mit Recht dagegen erhobene Einwand, daß der Begriff einen "Schulbetrieb" andeutet, den niemand nachweisen kann, vgl. Becker (Isaías, 40), Clements (Unity, 52) u.a. Die von Mowinckel (Prophecy, bes. 66ff.) u.a. postulierte "Schule" müßte zudem (seit ihrer "Gründung" durch Jesaja, vgl. Jes 8,16; 30,8) über Jahrhunderte bestanden haben, was ebenso unwahrscheinlich ist wie die These eines fortlaufenden Nebeneinanders von schriftlichen und mündlichen Traditionen über diesen Zeitraum hinweg. Zur Diskussion lind Kritik der postulierten "Jesajaschule" vgl. Koenen (231, Anm. 29) und Steck (Tritojesaja, 7, Anm. 13). Richtig hingegen dürfte die von Mowinckel u.a. geäußerte Vermutung sein, daß mit der dtjes. Prophetie ein Traditionsschub dergestalt einsetzte, daß sich um diese Prophetic alsbald ein Tradentenkreis gebildet hat, der an der Weiterüberlieferung der dtjes. Botschaft interessiert war. Vgl. Zimmerli, Phänomen, 177. Vgl. Zimmerli, Phänomen, 175.188f. u.ö.

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"Fortschreibung" und der Nachinterpretation der einzelnen Redeeinheiten abzutrennen" ist (ders., Ezechiel I, 109f.*). - Daß Zimmerli nicht deutlich zwischen "Fortschreibung" und "Redaktion" trennt, hat zur Folge, daß Steck sein Redaktionsverständnis in die Fortschreibungstheorie von Zimmerli eintragen kann. 4 1 Für Steck können "Redaktion" und "Fortschreibung" geradezu zu synonymen Begriffen werden: "Redaktionelles und Vorgegebenes bilden entsprechend in der so entstandenen Schrift ein neuverstandenes Ganzes. Redaktion ist insofern ein textgebundenes Gestalten, das von der originären Neufassung einer Schrift in Arbeitsweise und Perspektive charakteristisch unterschieden ist" (ders., Exegese, 76). Fortschreibung betrifft bei Steck "nicht nur Zitate, freie Nachbildungen und Neukombinationen und kleinere Anklänge", sondern es müssen auch "bewußte, homogene oder gegenläufige Sach- und Positionsbeziehungen zum Bezugstext in Betracht gezogen werden."^ Entsprechend formuliert Kratz (Kyros, 181): "Um Fortschreibungen handelt es sich, weil die betreffenden Zufügungen einen schon bestehenden Kontext voraussetzen und - ohne jemals ein Eigenleben geführt zu haben - von vorherein auf diesen Kontext bezogen formuliert sind." Im einzelnen bedeutet das: "Zu Fortschreibungen zählen Textänderungen ebenso wie Glossen, Einzelzusätze bis hin zu vollständigen, freilich nicht ursprünglich selbständigen Aussagezusammenhängen im Stil des Prophetenwortes" (ebd., 182). - Nahezu unmerklich ist die Fortschreibung bei Steck und Kratz also nicht nur auf den "Grundtext" (Zimmerli), sondern darüberhinaus auch auf den Kontext so bezogen, daß die Fortschreibung ohne diesen Kontext von vornherein gar nicht mehr denkbar ist. - Wir verwenden den Begriff "Fortschreibung" demgegenüber im Sinne von Zimmerli, zählen dazu allerdings keine redaktionellen Tätigkeiten.

Damit sind die Fortschreiber nicht Redaktoren, sondern Autoren, deren Schriften ihrerseits wieder von Späteren redigiert werden. Die Autoren verstehen dabei ihre Tätigkeit nicht etwa als "Korrektur", obgleich sie inhaltlich durchaus ganz bewußt neue Akzente setzen. Die Texte sind vielmehr Auslegung, (Re-) Interpretation, Aktualisierung43, Beschreibung dessen, was der Prophet ihrer Meinung nach in der Zeit der Tradenten geäußert hätte.44 Inhaltlich gesehen handelt es sich weniger um Ergänzungen, als vielmehr um Aktualisierungen ein und derselben Botschaft. Der den Tradenten vorliegende Text hat dabei offenbar zumindest für diese eine autoritative Bedeutung.45 Der Text

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Vgl. Steck, Exegese, 75ff. 2 Steck, Tritojesaja, 10, vgl. noch ebd., 17, Anm. 31, ders., Exegese, 77f. u.ö. 43 Gelegentlich spricht man in diesem Zusammenhang noch von "relecture", was aber nichts anderes als "Aktualisierung" meint, vgl. Hardmeier, Jesajaforschung, 4 (mit Hinweis auf Vermeylen) u.a. Der Begriff wird auch in der Diskussion um die EJL verwendet (vgl. Haag, Gottesknecht, 23) und geht nach Reventlow (Hauptprobleme, 129, dort Lit.) auf A.Gelin (1951) zurück. 44 Vgl. Hertzberg (Nachgeschichte, 113), Schreiner (Interpretation, 22f.), Steck (Anschlußprobleme, 272) u.a. 45 Dies ist natürlich nicht nur im Jesajabuch so. Als erster Überblick ist Reventlow (Epochen, bes. 11-23) nützlich. Zum Amos-, Hosea- und Michabuch vgl. man Willi-Plein 4

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selbst wird nicht mehr geändert, bestimmt aber die "Fortschreibungen" der Tradenten. Die gelegentlich zu findende Bezeichnung dieser Autoren als "Epigonen", "Abschreiber" o.a. ist allerdings irreführend: Sie impliziert nur zu häufig eine Abwertung der Tradenten und ihrer Botschaft 46 , was ebensowenig zulässig sein kann wie die theologische Abqualifizierung der redaktionellen Arbeit. 47 Die theologischen Aussagen der prophetischen Botschaft wie die ihrer Ausleger (Tradenten) und Redaktoren sind grundsätzlich als gleichwertig anzusehen. Alle zusammen bilden nicht mehr und nicht weniger als die Einheit und Vielfalt der "Heiligen Schrift".

Fortschreibungen der dtjes. Botschaft finden sich nicht nur in Jes 40-55, son-

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(Vorformen), speziell zum Hoseabuch ferner die Arbeiten von Nissinen (Prophetie) und Naumann (Hoseas Erben), zum Amosbuch den oben erwähnten Aufsatz von Jeremias. Zum Sacharjabuch (in der hier vorliegenden Arbeit werden die Kap. 9-14 unter Verzicht auf eine Differenzierung des Stoffes in "DtSach" und "TrSach" durchgehend mit dem Kürzel "DtSach" abgekürzt) vgl. Willi-Plein (Prophetie). Zum chronistischen Geschichtswerk vgl. Willi (Chronik) und Strübind (Tradition als Interpretation), weiterhin die Untersuchung von Utzschneider zu Mal 1,6-2,9, die von Bergler (Joel als Schriftinterpret, bes. 2Iff.) zum Joelbuch, die oben erwähnte Arbeit Wonnebergers zur SamuelÜberlieferung u.a.m. So bes. bei den älteren Autoren. Ewald (Jesaja, 16) wähnt in der Tatsache, daß "ein mehr oder weniger fähiger Schüler an die Stelle eines älteren Propheten" getreten sei, ein "entarten des Prophetenthums". Für Gunkel (Propheten, 114) gilt: "Aber diese Späteren und Spätesten (sc. die Kompositoren) haben es nur zu oft an Sachkenntnis und Sorgsamkeit dabei (sc. bei der Sammlung älterer Prophetien) fehlen lassen und wohl gar eigene Erzeugnisse mit hinein genommen. Die kostbaren Blätter der alten Gottesmänner gerieten in die Hand von Redaktoren, die sich der heiligen Aufgabe, die ihnen von der Vorsehung gestellt war, nicht würdig erwiesen haben." Vgl. insbesondere Hertzberg, der in seinem Aufsatz die Bedeutung der "Nachgeschichte" der Texte herausgestellt hat: Die "Glossatoren, Korrektoren und Redaktoren" seien bislang "häufig als recht vertrottelte Wesen" angesehen worden (ebd., 112). Doch die Ergänzer hätten ihr "Handeln als legitim" betrachtet (ebd., 113, vgl. 120). In Anlehnung an jesajanische Gedanken wird der Prophet im Jesajabuch "in späterer Zeit aus den Bedürfnissen dieser Spätzeit interpretiert" (ebd., 115). In Anknüpfung insbesondere an die Theologie Jesajas würden bestimmte Linien, die bei Jesaja vorhanden seien, "stärker nachgezogen, und so wird das »Wort« als weiterwirkend empfunden und gelehrt" (ebd., 116). Folglich werde man dem Jesajabuch nicht gerecht, wenn man es "als Konglomerat verschiedenartigster Bestandteile und als Tummelplatz herrenloser Prophetien und indisziplinierter Redaktoren ansieht" (ebd., 120). Vgl. zur Bedeutung der "Nachgeschichte" der Texte zusammenfassend ebd., 120f. - Vgl. ferner die Bemerkungen von Fohrer (Exegese, 137), Schreiner (Interpretation, 23), Blenkinsopp (Prophecy, 97) u.a. Zu der damit verbundenen hermeneutischen Diskussion vgl. u.a. Smend (Nachkritische Schriftauslegung, in: Parrhesia, FS K. Barth (80.), Zürich, 1966, 215-237, bes. 234ff.) und Reventlow (Hauptprobleme, 133ff., Lit.).

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dem auch, wie lange erkannt, in Jes 56-66. 48 Dabei hat man nun festgestellt, daß die Fortschreibungen in Jes 56-66 49 (teilweise und in unterschiedlichem Grade) literarische Abhängigkeiten zu der dtjes. Botschaft und ihren Fortschreibungen in Jes 40-55 aufweisen. Vorarbeiten auf diesem Gebiet sind zunächst von Zillessen und Abramowski geleistet worden. Beide Arbeiten stehen der unsrigen sehr nahe, beschränken sich allerdings weitgehend auf eine Aufzählung der Zitate ohne Einzelbegründung. Wichtig ist weiterhin Odeberg (zu dessen Ansatz vgl. ders., bes. 27ff.), dessen Untersuchung sich durch umfassende Konkordanzarbeit auszeichnet, in der Interpretation allerdings ebenso wie die Studie von Zillessen (vgl. bes. 236) durch die von Duhm übernommene Einheitshypothese bzgl. der Kap. 56-66 belastet ist. Zimmerli hat sich in seinem Aufsatz "Zur Sprache Tritojesajas" (1950) erstmals einer eingehenderen Untersuchung der Umdeutung der Zitate gewidmet. Nach ihm sind die von "DtJes" übernommenen Formulierungen in Jes 56-66 zur "religiös geheiligten Vokabel" geworden, "die jetzt in einem übertragenen, bildlichen Sinne zu verstehen ist" (ebd., 220f.). Konkrete Rede wird "vergeistlicht" (ebd., 221), Bildworte werden "abgelöst von der ursprünglichen vollen Bildanschauung" und so zu "Bildworten der religiösen Sprache" (ebd., 221f.). Die Aussagen "beginnen konventionellere Aussagen der frommen Rede zu werden" (ebd., 223). Während der Aufsatz Zimmerli's von vornherein auf einige wenige, markante Stellen in Jes 56-66 beschränkt bleibt, findet sich eine Fülle weiterer Materialien in den Arbeiten von Beuken und Steck. Da dort jedoch unterschiedliche Ansätze der Textinterpretation vorliegen, werden diese Arbeiten im folgenden gesondert besprochen. - Zitatzusammenstellungen finden sich außer in den genannten Arbeiten auch bei Gressmann (Verhältnisse, 30f.) und Glahn (Prophet, 118f.). Gelegentliche, unser Thema betreffende Andeutungen begegnen noch bei Volz (198.201.240f.256f. u.ö.), Whybray (Isaiah, 39.42.196) u.a. - Diejenigen, die nach wie vor an der Einheitshypothese von Jes 40-66 festhalten, bestreiten jegliche literarischen Ab-

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Schon Eichhorn sah in Kap. 40-66 Orakel unterschiedlicher Verfasser, die zum Teil aus bestimmten Schriftsteilem "zusammengeschrieben" seien (ders., Einleitung, 112f., vgl. auch ebd., 106). Spätere Propheten "hatten sich durch ein fleißiges Studium die Sprache der alten Propheten ganz zu eigen gemacht: sie sangen, hofften und ahndeten also in ihrem Geist, und nach der Sele, die iene belebte" (ebd., 129). Deutlicher formuliert Stade: Nach ihm gehen Jes 56-66 wesentlich auf "prophetische Schriftsteller" zurück, die "frühere Weissagungen, bes. Deuterojesajas, erneuern" (ders., Biblische Theologie, 337). Besonders Kap. 61-66 seien "oft bis zur Unselbständigkeit abhängig von DtJs." (ebd., 338). Daneben gebe es aber auch Berührungen mit anderem Schrifttum. Stade resümiert: "Wir sind eben im Zeitalter des Studiums der Propheten, der Arbeit am Deuteronomium und der Psalmendichtung" (ebd.). - Demgegenüber kann man nicht behaupten, daß Jes 40-55 in gleicher Weise von Protojesaja abhängig sei, vgl. Hermisson, DeuterojesajaProbleme, 67, ders., Einheit und Komplexität, 299 u.a. Die Duhm folgende Unterteilung der Kap. 40-66 in 40-55 und 56-66 ist nach dem oben beschriebenen Forschungsstand zunächst nicht mehr als eine Arbeitshypothese. Sie ist vorerst begründet in dem deutlichen redaktionellen Einschnitt innerhalb des Abschnitts Jes 40-66 in Jes 56,1, vgl. dazu jetzt Rendtorff (Jesaja 56,1, bes. 174f.). Irgendwelche weitergehenden Schlußfolgerungen sind daraus nicht zu ziehen.

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hängigkeiten mit dem Hinweis darauf, daß Textüberschneidungen auch einfach als Varianten oder Dubletten erklärt werden können (vgl. die unter Anm. 9 genannten Arbeiten).

In der vorliegenden Arbeit werden die oben angesprochenen literarischen Beziehungen untersucht. Ziel der Untersuchung ist es, dem Leser vor Augen zu flihren, daß, wo, wie und gegebenenfalls warum in Jes 56-66 auf ältere Vorlagen literarisch Bezug genommen wird. Insgesamt soll auf diese Weise ein kleiner Einblick in das geschichtliche Werden der Heiligen Schriften ermöglicht werden, ein Werden, das mit der Anerkennung dieser Schriften als kanonische Schriften einen Abschluß gefunden hat. Bei der Aufgabenstellung ist von "literarischen Abhängigkeiten" die Rede gewesen. Auch der Begriff "Fortschreibung" impliziert eine schriftliche Tätigkeit der Tradenten. In der Tat läßt sich eine vorschriftliche, mündliche Überlieferungsstufe bei keinem der in Jes 56-66 vorzufindenen Texte auch nur wahrscheinlich machen.50 Wir haben es mit "Schreibtischprophetie" zu tun, mit Autoren, die nie öffentlich aufgetreten sind.51 Die Bezugnahmen dieser Tradenten auf Jes 40-55 und andere Texte sind bis in die bewußte Abänderung von Suffixen hinein so fein akzentuiert, daß sie weder als mündliche Varianten noch als zufallig anders gewichtete Dubletten eine ausreichende Erklärung finden. 52

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0 Anders Kessler (Gott geht es um das Ganze, 18), Me Kenzie (XXXVI), Pauritsch (durchgängig), Smart (History, 36). Vgl. dagegen schon Eichhorn (Einleitung, 50), Ewald (Jesaja, 67, nach ihm waren die nachexilischen Propheten "von vorne an mehr blosse prophetische Schriftsteller") und Stade: "Gepredigt wird TrJs nicht haben. Er ist Schriftsteller. Damit hängt seine eigentümliche Vorstellung von der Inspiration zusammen" (ders., Biblische Theologie, 338). Vgl. noch Duhm (Jesaia, 461, ders., Israels Propheten, 361 f.). 5 1 Vgl. Duhm (Israels Propheten, 361 f.). Nach Volz (201) erklärt sich die auffällige Abhängigkeit der Stücke Jes 56-66 von "Dtjes." daraus, "da/5 einige der Lieder aus der Verlesung dtjesajanischer Abschnitte in der Synagoge heraus entstanden oder erstmals nach Verlesung solcher dtjesajanischer Stücke hinzugesprochen worden sind". Für Utzschneider (20) ist der Text zwar von vorherein ein Schreibtischprodukt, müsse aber "als geschriebener Text (vor-) gelesen werden, als gelesener Text besprochen und diskutiert werden", so daß es zu einem Nebeneinander von "Mündlichkeit und Schriftlichkeit" komme. - Warum dies so sein "muß", bleibt mir schleierhaft. 5 2 Wer gleichwohl im Gefolge der sogen. "Skandinavischen Schule" (bes. Nyberg) der Meinung ist, daß in nachexilischer Zeit ein Jesajakreis Prophetien hervorgebracht habe, "die relativ selbständig mündlich tradiert wurden..., um endlich fortlaufend in ein Buch umgeschrieben zu werden" (Birkeland, Traditionswesen, 41) und zudem nicht bereit ist, diesen Standpunkt anhand der hier dargebotenen Exegese emeut zu prüfen, kann an dieser Stelle eigentlich aufhören zu lesen. Er wird das, was wir in unserer Untersuchung mit "Zitieren" bezeichnen, als eine Mischung von Prophetenaussagen im Rahmen eines mündlichen Traditionsprozesses interpretieren (vgl. Birkeland, Traditionswesen, 40) und folglich keinerlei literarische Abhängigkeiten entdecken können.

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Wenn dem aber so ist, wenn wir in Jes 56-66 gleichsam "schriftgelehrte" Produkte von Personen vor uns haben, die sich literarisch auf älteres Material beziehen, dann liegt die Schlußfolgerung von Beuken 53 u.a. nahe, die Interpretation dieser Texte auf deren "Endgestalt" (abzüglich kleinerer redaktioneller Zusätze) zu beschränken. In den Vordergrund der Untersuchung tritt dann nicht nur die Abhängigkeit der Texte von den Vorlagen, sondern besonders auch ihre jetzt vorliegende Stellung und Anordnung ("Kontextualität") im Jesajabuch, die damit verbundenen "Querbeziehungen" zum ganzen Jesajabuch sowie die theologischen Aussagen dieser Beziehungen.54 - Dem Leser wird zweifellos die große Nähe zu dem oben beschriebenen Ansatz von Childs aufgefallen sein. Begründet wird das exegetische Vorgehen im Unterschied zu Childs u.a. jetzt aber nicht mit der für die Gemeinde autoritativen Bedeutung der kanonischen Endgestalt der Texte, sondern mit der Entstehung der Texte. Da diese niemals eine mündliche Vorstufe gehabt hätten, sei es unangemessen, in ihnen selbständige Überlieferungseinheiten suchen zu wollen. Sie seien von vornherein so hingeschrieben worden, wie sie jetzt dastehen, kleine Änderungen und Ergänzungen ausgenommen. Es kann dann kaum verwundern, daß im Rahmen dieses Ansatzes auch eine Wiederbelebung der Einheitshypothese Elligers möglich ist: Nach Beuken sind die Kap. 56-66 im wesentlichen eine schriftgelehrte Antwort auf die in "Jes 53,10" und "Jes 54,17" implizit gestellte Frage nach Aufgabe und Verbleib der "Knechte".55 Dem ist - abgesehen von den bereits gegenüber Childs geäußerten Bedenken - vor allem entgegenzuhalten, daß der prophetische Charakter der Stücke offensichtlich verkannt, zumindest aber nicht hinreichend gewürdigt wird. Denn diese Texte wollen - und das unterscheidet sie von vornherein gegenüber allen rabbinischen Auslegungen - nichts anderes als Prophetie sein. Die Autoren verkündigen zwar nichts mündlich, ahmen aber die bekannten prophetischen Gattungen (teils entsprechend ihrer Vorlage) nach und erweisen sich damit als "schriftgelehrte Propheten". 56 Folglich sind auch aus diesen Fort-

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Wir greifen diesen Forscher heraus, weil wir ihm in neuerer Zeit (1989) eine umfassende Einzeluntersuchung zu Jes 56-66 verdanken, in der der hier beschriebene Ansatz exemplarisch durchgeführt wird. Vgl. den grundlegenden Aufsatz von Beuken (Profetie, bes. 71 f.), aber auch Rendtorff (Jesaja 6, bes. 75) u.a. Die Antwort sei in 54,17 insofern bereits angedeutet, als dort innerhalb von Jes 40-55 erstmals die "Knechte" im Plural genannt werden. Diese seien dann ein zentrales Thema in Jes 56-66, vgl. Beuken (The Main Theme, 67f.). Daß die "Knechte" (außer in Jes 56,6) bis Jes 63,17 überhaupt nicht erwähnt werden, erklärt Beuken durch das "Phänomen der Aposiopese": Die "Knechte" sind (in ihre Aufgabe) eingesetzt, ohne daß ihr Name erwähnt werden muli (vgl. ebd., 69). Der Ausdruck ist der sonst häufig synonym damit gebrauchten, aber mißverständlichen Bezeichnung "Schriftgelehrter" (vgl. Beuken, Profetie, 71, Steck, Tritojesaja, 44, Koenen, 233, der beide Begriffe allerdings nur auf seinen "Redaktor" bezogen wissen will,

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Schreibungen (mehr oder weniger deutlich abgrenzbare) selbständige literarische Einheiten57 zu erheben.58 Hinzu kommt, daß die einzelnen Texteinheiten in ihrer theologischen Aussage so unterschiedlich sind, daß man sie unmöglich von vornherein auf einer Ebene interpretieren oder von einem Autor ableiten kann. Dies gilt auch für die redaktionellen Zusammenstellungen der Texte, wie Steck richtig erkannt hat. Steck interpretiert in seinen zahlreichen Arbeiten zu Jes 56-66 und Jes 40-55 die Texte ganz in unserem Sinne als "schriftgelehrte Prophetie". Im Unterschied zu Beuken findet der formgeschichtliche Ansatz bei diesem Forscher Berücksichtigung, ist jedoch eingebunden in dessen "Schichtenkonzeption". Wir lassen zur Erläuterung Steck selbst zu Wort kommen: "Bei diesen Fortschreibungen, die vor allem in großen, zusammenhängenden, auch positionell überlegt situierten Textblöcken auftreten, handelt es sich aber nicht lediglich um von Abschreibern nach und nach zugefügte Einzelzusätze, die einer literarisch gegebenen Prophetenschrift mit der Zeit clusterartig immer weiter zuwachsen..., sondern...um Eigenformulierungen verschiedener Redaktionen, die ...eine voranstehende Prophetenschrift als ganze in Anlage und Aussage neu

weil dieser im Unterschied zu "Tritojesaja" (vgl. zu der dazugehörigen Textgrundlage ebd., 215) nicht nur "aus dem Deuterojesajabuch schöpfe", sondern "aus einem ganzen Korpus von Schriften", ebd., 233) vorzuziehen. Zur Problematik des Begriffs "Schriftgelehrter" vgl. Beuken (Profetie, 83) und Donner (Forscht in der Schrift, 287). Utzschneider (9ff.) verwendet die noch mißverständlichere Bezeichnung "Schriftprophet."- Unter "schriftgelehrter Prophetie" verstehen wir eine Prophetie, "die zwar nach wie vor unter dem Anspruch göttlicher Vollmacht und Beauftragung steht, faktisch aber nichts anderes ist als Auslegung vorgegebener Tradition..." Es ist "ein charakteristisches Merkmal schriftgelehrter Prophetie, daß sie nicht etwa nur generell die Vorstellungswelt der ihr zugrunde liegenden heiligen Texte reproduziert und aktualisiert, sondern daß sie sich konkret auf diese Texte bezieht" (Donner, Forscht in der Schrift, 288), vgl. auch ders., Abrogationsfall, 95, ders., Geschichte II, 438. - Daneben begegnet bei Steck (der ansonsten auch von "schriftgelehrter Prophetie" redet, vgl. Steck, Heimkehr, 77, ders., Tritojesaja, 16f. u.ö.) noch der Begriff "Tradentenprophetie", vgl. ders., Tritojesaja, 19, ders., Anschlußprobleme, 272 u.ö. 57

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Vgl. Hermisson (Deuterojesaja-Probleme, 64f.), Kaiser (literarkritik und Tendenzkritik, 58), Utzschneider (79.87), Nissinen (Prophetie, 36f.) u.a. Nach Utzschneider (17) ist für den "prophetischen Charakter" der Stücke entscheidend "die sich im Medium der Schriftlichkeit darstellende und ereignende An "rede" an bestimmte Leser in einer bestimmten Situation." So verfahrt auch Koenen. Seine in der Exegese sehr ertragreiche und auch die literarischen Beziehungen berücksichtigende Arbeit differiert im wesentlichen von der hier vertretenen Sicht der Dinge darin, daß er die Texteinheiten in Jes 56-66 weitgehend auf nur zwei unterschiedliche Autoren (auf einen Propheten "Tritojesaja" und einen "Redaktor", vgl. Koenen, 156.215.222ff. u.ö.) verteilt. Die Auseinandersetzung darüber muß in der Exegese selbst erfolgen. Zum unterschiedlichen Redaktorverständnis vgl. die Kritik an Steck.

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präsentieren."59 Diesem Konzept entspricht zum einen, daß Steck nahezu überall in Jes 56-66 "großjesajanische Bezüge" sieht, die schon von den Autoren der betreffenden Stücke beabsichtigt gewesen seien. Zum anderen, daß den Texten eine Eigenexistenz nicht allein dahingehend abgesprochen wird, daß diese nicht unabhängig von ihren Vorlagen ganz verstanden werden können (das ist auch unsere Meinung), sondern auch dahingehend, daß die Texte grundsätzlich im Rahmen einer "redaktionellen Bearbeitungsschicht" und deren übergreifende Textbezüge zu interpretieren sind. In seinen neuesten Studien arbeitet Steck zudem redaktionelle Bearbeitungsschichten heraus, die sich nicht nur auf das "Großjesajabuch", sondern buchübergreifend auf alle prophetischen Schriften im AT beziehen.60 Dieser ganz ohne Zweifel tief durchdachte und mit weitem Horizont entwickelte Ansatz gibt dennoch Anlaß zu kritischen Einwänden: 1. Wieder stehen wir vor dem Problem, daß zwischen Tradition und Redaktion nicht deutlich unterschieden wird. Steck eruiert zwar ursprüngliche Texteinheiten, sieht diese aber von vornherein im Kontext von "redaktionellen Schichten." Die Autoren werden so zu Redaktoren, die Redaktoren zu Autoren. Die einzelnen Texteinheiten werden infolgedessen von vornherein mit redaktionellen Bezügen belastet, die von den jeweiligen Autoren vielleicht noch gar nicht gesehen wurden. 2. Die von den Autoren (nach Steck also von den "Redaktoren") beabsichtigten inhaltlichen Bezüge lassen sich nur über stichhaltige literarische Beziehungen erheben und sind nur auf diesem Wege wissenschaftlich nachprüfbar. Das heißt: Die schriftgelehrten Propheten haben die von ihnen beabsichtigten inhaltlichen Bezüge in der Regel durch wörtliches Zitat kenntlich gemacht. Stichwortbezüge (Musivstil) sind als bewußte literarische Bezugnahme nur dann plausibel, wenn sie in einem Sinnzusammenhang stehen.61 Es ist natürlich einzuräumen, daß bei der schriftgelehrten Tätigkeit dieser Autoren die Grenzen zwischen klar aufzeigbaren Zitaten und nur vermuteten literarischen Anspielungen manchmal recht fließend sein können.62Gleichwohl sind alle Be5 9

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Steck, Anschlußprobleme, 269f. Vgl. auch ders., Tritojesaja, 19, ders., Anschlußprobleme, 271 u.ö. Vgl. Steck, Abschluß der Prophetie, 33ff.62ff. Der Begriff "Musivstil" stammt von F. Rosenzweig (vgl. die Hinweise bei Willi, Chronik, 177, Anm. 4, aufgenommen von Strübind, Tradition als interpretation, 205 u.a.). Zur musivstilistischen Zitation "gehört die erkennbare Absicht, den ursprünglichen Kontext des »Mosaiksteines« in das Licht des vom Verfasser geschaffenen neuen Zusammenhanges zu stellen - also Exegese und nicht bloße Wiederholung" (Donner, Forscht in der Schrift, 290). Das hat schon Zillessen (233f.) beklagt. Auch die Literaturwissenschaftler tun sich hier mit klar abgrenzbaren Definitionen schwer. Als "Zitat" bezeichnet man dort eine "wörtl. Übernahme einer Wendung, eines Satzes, Verses oder längeren Abschnitts...mit Nennung des Verfassers, oft auch der Quelle, sei es durch bes. Hinweise im Text, sei es durch Fußnoten oder Anmerkungen.. .hervorgehoben." Weiter heißt es: "Grenzfalle sind indirekte, sinngemäße Wiedergabe von Zitaten (Paraphrase, Anspielung) und absichtl.

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Ziehungen, die jenseits des literarischen Nachweises behauptet werden, rein spekulativ. Da wir es bei den schriftgelehrten Propheten mit Autoren zu tun haben, hatten diese die Gelegenheit - von der sie ja auch reichlich Gebrauch gemacht haben - ihre beabsichtigten Bezüge auf irgendwelche Vorlagen literarisch kenntlich zu machen. Ist dies nicht der Fall, dann sind solche Bezüge also auch nicht vorauszusetzen. "Gedankenassoziationen" können natürlich immer und überall vorausgesetzt oder vermutet werden, sind aber ganz hypothetisch und tragen zum Textverständnis insofern nichts aus, als sie nicht nachprüfbar sind. Auf die Autoren der hier angesprochenen Texte bezogen, fallen also die Berge von Belegen, die Steck in seinen Untersuchungen als Stützung für deren angeblich beabsichtigte "Querbezüge" anführt, bei Nachprüfung der Evidenz der einzelnen Wortbezüge in kleine Häuflein zusammen. Auch wenn man die "Querverbindungen" nur auf die Redaktoren beziehen will, bleibt die Anfrage, was wir von den Gedankenassoziationen, die irgendwelche uns kaum näher bekannte Redaktoren zu einer bestimmten Textzusammenstellung veranlaßt haben mögen, heute noch konkret wissen können. 3. Damit sind wir beim dritten Kritikpunkt: Wird den prophetischen Autoren der Stücke ebenso wie deren redaktionellen Zusammenstellungen bei Steck nicht generell zuviel theologische Grüblerei zugemutet ? Muß man im Hinblick auf die Autoren wirklich an "Gruppierungen mit einer intensiven Lese-, Lehr- und Lernkultur denken, nicht einfach an Gebildete der Öffentlichkeit und nicht an die in dieser Aufgabe völlig überforderte »Gemeinde«..., sondern an einen engeren Kreis professioneller Tradenten, die das prophetisch-literarische Textgut in der Abfolge auswendig beherrschen und in diesem Wissen redaktionelle Bezugnahmen herstellen und rezipieren können"? 63 - Von den Tradenten (den Autoren) wissen wir so gut wie nichts. 64 Sie verstehen sich als Propheten. Sie sind Vorläufer der späteren Schriftgelehrten, insofern sie literarisch auf andere Texte Bezug nehmen und diese auslegen. Man kann sie in den Kreisen der Leviten oder Priester suchen 65 , ohne auch nur annähernd Gewißheit über die richtige Orien-

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abgewandelte oder ungenaue Zitate" (Schweikle, I., Metzler Literatur Lexikon, Art. "Zitat", 511, Sp.l). Funktion eines Zitats kann u.a. eine "literarische Anspielung" oder "Reminiszenz" sein, ebd. Eine "Anspielung" können wir mit Koch (Schrift, 17) folgendermaßen definieren: "Der Verfasser verwendet eine einzelne traditionelle Formulierung, die jedoch völlig in die eigene Darstellung integriert ist. Die Aufnahme der jeweils vorgeprägten Wendung erfolgt, um den mit ihr verknüpften Bedeutungs- oder Assoziationsgehalt beim Leser wachzurufen. Anspielung hat also Verweischarakter, ohne daß der Rückverweis breiter ausgeführt wird." Steck, Anschlußprobleme, 275. Zum veränderten Prophetenverständnis in nachexilischer Zeit vgl. den Abschnitt "Zusammenfassung und Schlußfolgerungen". Während Eichhorn (Untersuchung, 218) noch ganz allgemein "Schrifftsteller verschiedener Art, Geschichtschreiber, Philosophen, Dichter und theologische Romanschreiber" und Duhm (Entstehung, 27f.) "private Sammler" am Werk sahen, denkt Jepsen (Nabi. Soziologische Studien zur alttestamentlichen Literatur und Religionsgeschichte, Mün-

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tierung dieser Suche zu haben. Die schriftgelehrte Prophetie setzt insofern eine gewisse Gelehrsamkeit bei den Lesern voraus, als diese zum einen in der Lage sein müssen, zu lesen, zum anderen wohl auch, die in den Texten enthaltenen schriftgelehrten Bezüge selbst nachzuvollziehen. Damit gehören sicher nicht "durchschnittliche Gemeindeglieder" zum intendierten Leserkreis solcher Schriften, wahrscheinlich aber Glieder ein oder mehrerer Tradentenkreise, die an der Überlieferung der betreffenden Vorlage (hier: vornehmlich Jes 40-55) und an einer Auseinandersetzung mit ihr in irgendeiner Weise interessiert sind. In ihren Kreisen darf man auch die "Fortschreiber " solcher Prophetien vermuten. 4. Damit aber ist ganz unwahrscheinlich, daß die Fortschreibungen der verschiedenen Prophetenbücher auf ein und denselben Tradentenkreis zurückgehen könnten. Am ehesten würde man dergleichen einem dtr. Tradentenkreis zumuten wollen66, doch Deuteronomismen sind in Jes 56-66 (trotz Sehmsdorf) rar67 und keineswegs als Zeugnis spätdeuteronomistischer Autorschaft, sondern als Einflüsse dtr. Theologie und Literatur zu werten. Gelegentliche, teils bis in den Wortlaut hineinreichende Übereinstimmungen der Fortschreibungsstücke in den Prophetenbüchern erklären sich am ehesten durch gegenseitige literarische Abhängigkeit, nicht durch eine annähernd wortwörtliche Dubletten produzierende gemeinsame Autorschaft. Übereinstimmungen inhaltlicher Art ergeben sich zudem häufig durch den besonderen Einfluß bestimmter Traditionen wie etwa der Ziontradition, ohne daß deshalb auf dieselben Autoren oder Autorenkreise geschlossen werden könnte. 5. Zu den redaktionellen Zusammenstellungen von Texten sei schließlich vermerkt, daß in ihnen am deutlichsten das redaktionelle Unheil-Heil-Schema68 zum Ausdruck kommt,eine insgechen, 1934, 217ff.233) speziell an prophetische Kreise als Tradenten der älteren Schriftpropheten. Albertz (Deuterojesaja-Buch, 254) beschreibt die Verfasserg ruppe (kursiv von mir) von Jes 40-55 als Personen, die sich "in spätexilischer Zeit aus den Nachkommen des nichtpriesterlichen Jerusalemer Tempelpersonals (d.h. vor allem der Kultsänger), aber wohl auch der Kultpropheten rekrutiert haben", vgl. ahnlich schon Westermann (ATD, 11). Schreiner vermutet, daß vor allem in exilischer Zeit "Leviten und Priester, prophetische »Schulen« und weisheitliche Lehrer" am Werk waren, "um zu sammeln, zu redigieren und in umfangreiche Überlieferungsgefüge hineinzubinden - ein Interpretationsvorgang großen Ausmaßes" (ders., Interpretation, 21). Steck (Anschlußprobleme, 276f.) möchte den Jesajatradentenkreis "vielleicht doch am ehesten in naher geistiger und womöglich auch personeller Nachbarschaft zu Teilen der Tempelsängerschaft" sehen, betont aber zugleich, daß es sich hier nur um Vermutungen handeln kann. Auch für Kaiser (Grundriß) kommen als Überlieferungsträger der Literatur in persischer und hellenistischer Zeit "priesterliche und levitische Kreise" (ebd., 28) in Betracht, die "Familien der Hofbeamten einschließlich der Priester und Tempelsänger" (ebd., 29). Vgl. auch Blenkinsopp (Prophecy, 55ff.) u.a.m. 66 67

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Vgl. Steck, Abschluß der Prophetie, 146ff. Hier müssen Ergebnisse der Untersuchung um der Geschlossenheit der Argumentation willen vorweggenommen weiden. Vgl. zum Jesajabuch Rendtorff, Komposition, 297 (Lit.). Das Unheil-Heil-Schema dürfte in der Absicht angewendet worden sein, das ursprüngliche "Entweder-Oder" der vor-

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samt grobe und alle theologischen Einzelheiten weitgehend außer acht lassende Konstruktion.69 Diese trug aber aller Wahrscheinlichkeit nach - neben anderen Faktoren70 - nicht unwesentlich dazu bei, daß die spätesten und letzten Redaktoren schließlich alles das, was ihrer Meinung nach zusammengehörte, auch zusammenfügen konnten. So paßten zwölf im einzelnen ganz unterschiedliche Prophetenbücher für diese Redaktoren insbesondere durch das Unheil-HeilSchema zusammen und konnten im Zwölfprophetenbuch harmonisch miteinander vereint werden.71 Damit scheinen sich die theologischen Überlegungen der Redaktoren weitgehend erschöpft zu haben. Komplizierte Konstruktionen mit unzähligen "Querverbindungen" in den Texten sind den Rabbinen bei der Erklärung der Abfolge der Textabschnitte und Bücher nicht eingefallen, warum sollte das bei ihren "Vorgängern" anders gewesen sein ? 72 Die in dieser Arbeit vorgelegte Konzeption betrachtet die überwiegende Mehrheit der Stücke in Jes 56-66 als Fortschreibungstexte. Die Untersuchung zeigt auf (das darf als Ergebnis vorweggenommen werden), daß vorwiegend Fortschreibungen von verschiedener Hand und aus unterschiedlichen, allerdings kaum näher bestimmbaren Zeiten vorliegen, die als kleine "Sammlungen" tradiert und in das Jesajabuch eingearbeitet wurden.73 Ein großer Teil der Fort-

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exilischen Propheten "in ein zeitliches Vorher-Nachher" (Fohrer, Tradition, 10) umzuinterpretieren und damit zu eschatologisieren, vgl. ebd., lOf. Im Jesajabuch ist sie möglicherweise am Aufbau der Denkschrift orientiert, vgl. dazu Schreiner (Buch, 164). Wer hier eine theologische Abqualifizierung der redaktionellen Arbeit entdecken will, sei darauf verwiesen, daß eine gewisse Vergröberung der theologischen Aussagen bei einem Zusammendenken verschiedener Traditionen nicht nur notwendig, sondern geradezu unentbehrlich erscheint, will man nicht im Partikularismus einzelner Denkhorizonte verbleiben. Solche Vergröberungen müssen also keineswegs von vornherein "falsch" sein oder "schlechter" als die theologischen Einzelaussagen. Umgekehrt - und darum geht es hier - erscheint es gefahrlich, in diese redaktionellen Zusammenstellungen allzuviel Theologie "hineindenken" zu wollen. Zu diesen zählt bzgl. des Zwölfprophetenbuches sicherlich die Zwölfzahl (zwölf Jakobssöhne bzw. zwölf "Stämme", die "Israel" bilden), vgl. Steck (Anschlußprobleme, 134). Daß das Unheil-Heil-Schema auch buchübergreifend als redaktionelles Motiv bedeutsam war, setzen die Rabbinen in ihrer Erörterung der Abfolge der Schriften in dem Traktat Baba Bathra ("Letzte Pforte"), Fol. 14b voraus: "Die Rabbanan lehrten: Die Reihenfolge der Propheten ist wie folgt: Jehosua, Richter, Semuel, Könige, Jirmeja, Jehezqel, Jesaja und die zwölf (kleinen Propheten)...Merke, Jesaja war ja früher als Jirmeja und Jehezqel, so sollte er doch Jesaja an die Spitze setzen!? - (Das Buch) der Könige schließt mit Zerstörung, Jirmeja enthält nur Zerstörung, Jehezqel beginnt mit Zerstörung und schließt mit Trostverheißung, und Jesaja enthält nur Trostverheißungen; wir schließen daher Zerstörung an Zerstörung und Trostverheißung an Trostverheißung" (zitiert nach Goldschmidt, Der Babylonische Talmud Bd.8,55). Spätere Leser des Jesajabuches werden allerdings viele "Querbezüge" innerhalb des Buches und zu anderen Texten entdeckt haben. Hier hat die Mehrzahl der von Steck genannten Belege ihren Ort. Die in der Jesajaforschung für den Abschnitt Jes 56-66 gelegentlich anzutreffende Wendung "Tritojesajanische Sammlung" (vgl. Sekine (schon im Titel seiner Arbeit), Kaiser,

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Schreibungen kann als "schriftgelehrte Prophetie" bezeichnet werden. Die von Duhm propagierte Unterteilung der Kap. 40-66 in 40-55 und 56-66 wird auch das sei hier vorweggenommen - insofern eine Stütze bekommen, als in 56-66 zumeist auf 40-55 literarisch Bezug genommen wird und nicht umgekehrt.74 Dabei lehnen sich die Kap. 60-62* am engsten an den Textkomplex Jes 40-55 an.75 Die drei Kapitel bilden, obwohl sie aus relativ selbständigen Texteinheiten bestehen, (im wesentlichen) eine Einheit für sich und stammen (ausgenommen natürlich die Glossen) von einem Autor. Diesen Autor bezeichnen wir, abweichend von Duhm, als "Tritojesaja" (TrJes).76 Die Einheitlichkeit der Kapitel ergibt sich zum einen aus der engen literarischen Abhängigkeit von Jes 40-55, zum anderen aus einer weitgehend übereinstimmenden Theologie mit einem ebenso weitgehend übereinstimmenden Wortschatz.77 Schließlich sind die Kapitel, ebenso wie in Jes 40-55 die Gottesknechtstexte78, stark personorientiert, so daß wir in der Interpretation von TrJes 60-62 nicht ohne eine personbezogene Exegese auskommen. - Dies gilt insbesondere im Hinblick auf

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TRE 16, Art. "Jesaja/ Jesajabuch", 637 u.a.) halten wir aus zwei Gründen für eine unglückliche Wortwahl: Zum einen wird damit die Annahme einer einzigen Sammlung nahegelegt, zum anderen eine einheitliche Verfasserschaft der einzelnen Stücke. Zumindest die letzte Annahme wird dabei von denjenigen, die diese Formulierung gebrauchen, in der Regel nicht geteilt. Vgl. schon Volz, 198: "Zwingend und durchschlagend für die Abtrennung der Kapitel (sc. 56-66) von Dtjes. ist, daß Dtjes. vielfach zitiert wird, bisweilen geradezu buchstäblich und doch mit Umbiegimg des Wortsinns." Dies wird von den meisten Kommentatoren so gesehen und ist schon verschiedentlich durch Einzeluntersuchungen belegt worden, vgl. u.a. Cheyne (Einleitung, 349f.), Odeberg (234ff., mit Untersuchungen des Sprachgebrauchs), Westermann (ATD, 280ff.), Hanson (Dawn of Apocalyptic, 46), Sekine (69ff.) und die bei Steck (Tritojesaja, 14) genannte Literatur. Schon Gressmann (Verhältnisse, 29) sieht, daß in diesen Kapiteln "lauter deuterojesajanisches Mosaik" enthalten ist. "Grade dass Dtj. hier (sc. in TrJes 6062) so stark und in solcher Weise benutzt und ausgeschrieben wird, ist mir ein Beweis gegen dtj. Autorschaft" (ebd.). Strittig ist vor allem, wie man diese Anlehnung interpretiert: Handelt es sich nur um "Nachahmung des Sprachgebrauchs" (Cheyne, Einleitung, 349f.), oder ist "DUes.s Lexikon, Stil und Geist" durch Zitation von DÜes zu erklären (Abramowski, Problem, 102, Zitat ebd., 120) ? So auch Schreiner (Buch, 161, der die übrigen Stücke von Jes 56-66 allerdings als "Jesaja III" bezeichnen will). Damit kennzeichnen wir die Kap. 60-62* zum einen als eigenständige prophetische Botschaft, zum anderen kann diese Einheit durch das Kürzel "TrJes" besser von anderen Texten des Jesajabuches (diese sind, ausgenommen die dtjes. Stücke, alle mit "Jes" gekennzeichnet) unterschieden werden. Da Texte aus Jes 56-66 wiederum auch von TrJes 60-62 literarisch abhängig sind, dürfte die Unterscheidung von "Jes" und "TrJes" zur Verdeutlichung dieser Beziehungen beitragen. Neben den Zusammenfassungen vgl. dazu das in meiner Dissertation angefugte Glossar, dessen Aussagekraft natürlich nur im Zusammenhang mit den anderen genannten Faktoren Bedeutung bekommen kann. Auf das Glossar wird hier aus drucktechnischen Gründen verzichtet. Vgl. dazu Hermisson, Einheit und Komplexität, 289.

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TrJes 61 und auf die Abfolge der Kapitel 60-61-62, die als ursprünglich angesehen wird. So sprechen wir also von einem anonymen schriftgelehrten Propheten "Tritojesaja", dessen Schriften in TrJes 60-62* vorliegen und in der Untersuchung am Anfang stehen. Diesem Komplex folgen Texte, die prophetische Botschaften enthalten, deren Verfasserschaft nicht weiter zu ergründen ist. Obgleich von unterschiedlicher Hand geschrieben, gibt es doch theologische Übereinstimmungen zwischen einzelnen Texten, die es erlauben, verschiedene Einzelstücke in Textgruppen mit bestimmten theologischen Leitlinien zusammenzufassen. Wir unterscheiden daher insgesamt drei Tradentenkreise mit jeweils eigenen theologischen Leitlinien. Ausschlaggebend für die Zuordnung von Einzeltexten zu einem Tradentenkreis ist vornehmlich die in ihnen vertretene theologische Position, aber auch die Art und Weise des schriftgelehrten Umgangs mit den Vorlagen. Eine Übersicht über die literarischen Beziehungen der einzelnen Stücke ist unter dem Abschnitt "Tabellarische Übersichten" am Ende des Buches zu finden. Den jeweiligen Tradentenkreisen sind auch die Glossen (entsprechend ihrer theologischen Aussage) beigeordnet79, wenngleich die Glossen nicht aus der jetzt vorliegenden Textverbindung gelöst werden und die Textinterpretation der Glossen im Rahmen des jeweiligen Textes erfolgt. Die Abfolge der Tradentenkreise ist bewußt gewählt. Sie ist insofern chronologisch aufzufassen, als TrJes 60-62* sowie die Stücke des "Tradentenkreises I" den Texteinheiten der "Tradentenkreise II und III" zeitlich vorzuordnen sind. Grundlage dieser allerdings nur relativen Chronologie ist die Bestimmung des literarischen Abhängigkeitsverhältnisses. Die Stücke der "Tradentenkreise II und III" hingegen dürften weitgehend parallel entstanden sein. Da nur in einem Falle ein literarischer Bezug zwischen Texten dieser beiden Tradentenkreise vorliegt (in Jes 66,6 wird aus 59,18 zitiert), ist die chronologische Abfolge der Texte weitgehend variabel. Die Behandlung der einzelnen Stücke könnte innerhalb der Tradentenkreise also teils auch in einer anderen Reihenfolge erfolgen, erscheint aber in der vorliegenden Abfolge am sinnvollsten. Genaue Datierungen und damit verbunden genaue chronologische Textabfolgebestimmungen sind in diesen Texten nicht möglich. Die Stücke in den jeweiligen Tradentenkreisen bilden zunächst nicht mehr als eine Textsammlung unter bestimmten theologischen Leitlinien. Redaktoren (= Kompilatoren!) haben diese Textsammlungen später zusammengefügt, teils unter Hinzufügung von Glossen. Wie es im einzelnen um diese redaktionelle Arbeit bestellt gewesen sein könnte,

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Dies gilt nur für Glossen, die eine erkennbare inhaltliche Aussage enthalten. Textverderbnisse und kleinere, unbedeutende Textänderungen werden grundsätzlich in der Exegese, soweit möglich, erklärt.

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wird da und dort angedeutet, ist aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung.80 Die Texte werden vers weise ausgelegt, was die Lesbarkeit der Arbeit und eine schnelle Orientierung fördern soll. Grundlage der Konkordanzarbeit ist der MT. Literarische Bezüge außerhalb des MT und unter den einzelnen Textzeugen werden gelegentlich, aber nicht durchgängig oder etwa vollständig, genannt. Der Abschnitt "Zusammenfassung und Schlußfolgerungen" schließlich ist nicht nur um eine möglichst kurze Zusammenschau der Ergebnisse, sondern auch um einen Vergleich mit der Exegese von Qumran und derjenigen der Rabbinen bemüht.

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Wir können in diesem Zusammenhang weitgehend auf die (allerdings jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen kommenden) redaktionsgeschichtlichen Arbeiten insbesondere von Pauritsch, Sehmsdorf, Sekine, Koenen und Steck verweisen.

Exegese von Jes 56-66

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*) l.TrJes 60,1-22* a) Vorbemerkungen Die Kapitel TrJes 60-62* werden von den meisten Kommentatoren als literarische Einheit betrachtet, ein Standpunkt, der auch in dieser Untersuchung vertreten wird. Während in TrJes 60 die Völkerwallfahrt zum Zion im Vordergrund steht, ist es in Kap. 61 der Auftrag des Verfassers und das Zionvolk, in Kap. 62 die Zionstadt. Umstellungen der Kapitel sind schon oft vorgenommen worden, ohne daß bisher ein überzeugendes Konzept, das auch die Entstehung der jetzigen Abfolge des Textes erklären könnte, gefunden wäre. Wir dürften mit der Aneinanderreihung der Kapitel 60-62 die ursprüngliche Abfolge des Textes vor uns haben. Daß die einzelnen Stücke nicht in einem Zuge geschrieben wurden, ist mit den meisten Kommentatoren als wahrscheinlich anzunehmen. Steck (Tritojesaja, 15) betrachtet TrJes 60-62 als einen von vornherein zusammengehörigen (im Aufbau an Dtles 49 orientierten) und literarisch gewachsenen Komplex, dessen Kern "die nur auf Deuterojesaja bezogenen Passagen, nämlich Jes 60, 1-9.13-16; 61 und, etwas jünger, von Mauerbau und Heilsverzögerung geprägt, 60,10-11 und 62,1-7" sind. Die "auch auf Proto jesaja bezogenen Passagen Jes 60,17-22 und 62,8-12" erweisen sich für Steck "literarisch als später gewachsen." Vgl. dazu noch die etwas differenziertere Einteilung des Textes in "Schichten" bei Steck, Untersuchungen 1, bes. 119. - Demgegenüber wird hier (unter Berücksichtigung der im folgenden besprochenen Ausnahmen) eine weitgehende Einheitlichkeit der Kapitel vertreten, die wohl zu unterschiedlichen Zeiten und Anlässen 1 , aber nahezu im ganzen und von einem Autor geschrieben worden sind. Von einer ursprünglichen Selbständigkeit der einzelnen Kapitel kann nur noch in literarischer Hinsicht gesprochen werden, da wir "Schreibtischprophetie" vor uns haben.

Der "rote Faden", der sich durch alle drei Kapitel zieht, ist das voraussetzungslose Heilshandeln Jahwes an Zion.2 Exemplarisch dafür sind die Themaverse TrJes 60,1-3, die die Lichterscheinung Jahwes über dem Zion beschreiben, durch die die Völkerwallfahrt zum Zion initiiert wird. Der folgende Text 1 2

Vgl. Budde, Jesaja, 703, Odeberg, 16, Sekine, 83 u.a. Die Kap. 60-62 sind eine Mischung aus Heilsankündigung und Heilsschilderung, vgl. Westermann (ATD, 284) sowie die Übersicht über die unterschiedlichen Gattungsbestimmungen bei Langer (Gott als Licht, 18).

l.TrJes 60,1-22*

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des Kapitels 60 beschreibt insgesamt nichts anderes als diese Völkerwallfahrt und die damit verbundene eschatologische Ausstattung des heiligen Ortes Zion.3 Man kann den Text daher ganz unterschiedlich gliedern. 4 Ich teile den auf V.l-3 folgenden Text in vier Abschnitte aus jeweils vier Versen: In den Versen 4-7 und 8-11 (der Einschnitt ergibt sich aus der in V.8 gestellten Frage, die einen neuen Einsatz markiert) steht die Schilderung der Völkerwallfahrt und der Reichtümer, die durch die Völker nach Zion verbracht werden oder selbst nach Zion kommen, im Vordergrund. Fast beiläufig wird auch die Heimbringung der Exulanten mit erwähnt, vgl. V.4b.9b. V.12 ist eine Glosse, die in keiner Weise mit dem Kontext vereinbar ist.^ In V.13-16 geht es dann vornehmlich um die Ausstattung und Bedeutung des heiligen Ortes Zion, während der letzte Abschnitt V.17-20 wieder das Handeln Jahwes und seine Bedeutung für Zion in den Vordergrund stellt. 6 In V.19f. wird die Lichtmetaphorik von V.l-3 wieder aufgegriffen und die Bedeutung der Lichterscheinung Jahwes weiter ausgeführt. Damit ist ein formaler Abschluß des Kapitels erreicht: Die Eschatologie des Autors ist mit V.l-3 und 19f. in Lichtmetaphorik eingerahmt. V.21f. bilden eine Überleitung zu Kap. 61, ohne daß sie dem Autor TrJes abgesprochen werden müßten. Sollte die Abfolge Kap. 60-62 ursprünglich sein, ist sogar mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß der Autor selbst, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt, die V.21f. angefügt hat, um auf das Thema des folgenden Kapitels (im Vordergrund steht dort das Zionvolk) aufmerksam zu machen. Der Autor hat die Verse zugleich so formuliert, daß sie als Ausdeutung der V.19f. erscheinen.

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Die in V.4ff. geschilderten Vorgänge können als Explikation von V.l-3, jedenfalls nicht als Ereignisse in einer zeitlichen Aufeinanderfolge aufgefaßt werden, vgl. dazu die Textanalyse von Steck (Grundtext, bes. 63), zum Aufbau von TrJes 60,1-3 vgl. ebenfalls Steck, Lumen gentium, passim. Eine Übersicht über die verschiedenen Gliederungsmöglichkeiten des Kapitels bietet u.a. Langer (Gott als Licht, 16ff.). Sie teilt den Text ebenso wie Pauritsch (120) in zehn Strophen zu je vier Zeilen: V.1-3/4-5/6-7/8-9/10-11/13-14/15-16/17-18/19-20/21-22 (vgl. ebd., 17). So durchgängig (seit Cheyne und Duhm) alle Kommentare, eine Ausnahme bilden lediglich Volz (243), Hanson (Dawn of Apocalyptic, 56f.) und Sekine (70). Ein Anlaß zu literarkritischen Scheidungen kann diese Tatsache kaum sein (gegen Steck, Heimkehr, 70, ders., Grundtext, 5Iff., der V. 17-22 als jüngeren Zusatz ansieht). Das Handeln Jahwes steht jeweils in den durch die Lichtmetaphorik aufeinander bezogenen Abschnitten V.l-3 und 17-20 im Vordergrund. Ein Widerspruch insbesondere zwischen V.17 und dem Kontext (vgl. V.9, wo die Völker, nicht Jahwe, die Reichtümer zum Zion bringen, oder V.13, wo Holz zur Zierde des heiligen Ortes verheißen wird, während in V.17 Hölzer durch Erz ersetzt werden) besteht nur, wenn man einen "eschato-logischen" Text auf Logik reduziert und zudem nicht in Rechnung stellt, daß in den genannten Versen Zitate und nicht Eigenformulierungen des Verfassers vorliegen. Daß Zitate inhaltlich durchweg übereinstimmen müssen, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil der Autor diese oft nur im Hinblick auf die betreffende Vorlage aufgreift, um diese Vorlage dadurch zu aktualisieren und zu modifizieren. Das Zitierte bildet dann - in vorkritischer Sicht! - insofern eine Einheit, als es durch den neuen Kontext zu einem Ganzen zusammengefügt worden ist.

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I. "Tritqjesaja" (TrJes 60-62*)

Die zeitliche Einordnung des Kapitels 60 ergibt sich im einzelnen aus der Textuntersuchung, vgl. bes. V.10. Da dort der Mauerbau noch verheißen wird, andererseits Tempel und Kult (vgl. V.7b) scheinbar als vorhanden vorausgesetzt werden können, ist man an eine zeitliche Einordnung des Textes zwischen der Einweihung des zweiten Tempels (515 v.Chr.) und den Aufbaumaßnahmen Nehemias (445 v.Chr.) 7 gehalten. 8 Beachtenswert für die zeitliche Einordnung des Textes ist des weiteren einerseits die enge literarische Bezugnahme des Autors auf die Prophetie Deuterojesajas (einschließlich der Stücke, die nicht unmittelbar dem Propheten zugeschrieben werden können) 9 , andererseits die geringe Bedeutung, die der Autor der Heimführung der Exulanten angedeihen läßt. 10 Man wird daher kaum fehlgehen, wenn man etwa die erste Hälfte des 5Jhdts.für die Abfassung von TrJes 60 (sowie für die alsbald folgenden Kap. 61 und 62) veranschlagt. b) Exegese Vers 1: "Richte dich auf, werde licht! Denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit Jahwes geht auf über dir!" Die beiden Imperative fem. Sg. haben im MT keinen Bezug. LXX fassen die Imperative synonym auf und ergänzen sie um die Anrede "Jerusalem", was aber eine spätere Ergänzung sein dürfte. Die Tatsache, daß die Imperative ohne Bezug stehen, deutet vielmehr darauf hin, daß hier an ein bekanntes Motiv angeknüpft wird, ohne dessen Kenntnis der Text rätselhaft bleiben muß. 11 "Olp im Sinne von "mache dich auf" (Luther), also als Aufforderung zu einem Ortswechsel, findet sich in l.Kön 14,2.12; 2.Kön 8,1; Jes 23,12; Cant

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Vgl. zu diesen geschichtlichen Ereignissen und deren Datierung Donner, Geschichte II, bes. 416f.42Iff. Vgl. die Übersicht über die verschiedenen Datierungen, die in der Regel alle von einer Einordnung des Textes TrJes 60-62* in die frühnachexilische Zeit ausgehen, bei Langer (Gott als Licht, 15). Steck (Lumen gentium, 84, ders., Tritojesaja, 15, ders., Untersuchungen I, 137) datiert seine "Grundschicht" (60,1-16 (ohne V.12); 61 und 62,1-7) ebenfalls in die Zeit zwischen 515 und 445 v.Chr. Vgl. dazu die Tabellen am Ende des Buches. Durch diese literarischen Beziehungen wird zum einen ein nicht allzu großer zeitlicher Abstand des Autors von DUes, zum anderen aber auch ein nicht allzu geringer Abstand nahegelegt, denn TrJes bezieht sich auch schon auf die Fortschreibungen der dt jes. Botschaft. Darin könnten sich negative Erfahrungen mit den Heimkehrern widerspiegeln, an deren Erscheinen man ursprünglich (etwa zur Zeit des Propheten Haggai, vgl. Hag 2,20ff.) große Hofthungen geknüpft hatte. Zum geschichtlichen Hintergrund und zur zeitlichen Ansetzung der Heimkehr der Exulanten vgl. Donner, Geschichte 11, bes. 407ff. Vgl. auch Steck, Lumen gentium, 83, Langer, Gott als Licht, 126, Anm. 191 (Druckfehler!). Zion wird erst in Vers 14 - eher beiläufig - erwähnt.

l.TrJes 60,1-22*

25

2,10.13 sowie in Mich 4,13. 12 In diesem Zusammenhang wird "mp zuweilen auch als Interjektion ("Auf!") interpretiert.13 Von einem Ortswechsel der angeredeten weiblichen Person ist allerdings in TrJes 60-62 keine Rede, so daß 'Qlp eher im Sinne von "richte dich auf!" zu verstehen ist. 14 Diesem Aufruf liegt das Bild einer am Boden liegenden, klagenden (oft auch vergewaltigten) Frau zugrunde.15 Auffällig ist, daß 'Elp im bildlichen Gebrauch immer auf die als Frau personifizierte Stadt Zion/Jerusalem bezogen ist.16 Das besonders ausgeprägte Bild von Zion/Jerusalem als einer daniederliegenden, trauernden und klagenden Frau begegnet speziell im Zusammenhang mit der Zerstörung der Stadt im Jahre 587 v.Chr. und wird demnach in den besonders leidvollen Erfahrungen dieser Zeit seine Wurzel haben.17 In DÜes 51,17 und 52,2 ist der 12

In Mich 4,9-14 liegt nach Willi-Plein (Vorformen, 87) ein Stück vor, das Mich 5,Iff. bereits voraussetzt und auf es zu geschrieben wurde. Die Datierung schwankt bei ihr zwischen dem 6 Jhdt. v.Chr. und Entstehung in nachexilischer Zeit. Von besonderem Interesse sind hier die V.l 1-13. Dort ist von einer Zusammenrottung der Völker gegen Zion in feindlicher Absicht die Rede. Damit dürfte das Motiv eines eschatologischen Kampfes der Völker gegen Zion und damit letztlich gegen Jahwe selbst aufgegriffen sein, vgl. Jes 8,9f.; 17,12-14; 29,5ff.; 31,4f.8f.; Ez 38f„ universalistisch ausgeweitet in Joel 4,2ff. (vgl. dazu jetzt Berger, Joel als Schriftinterpret, 26ff.); DtSach 12,Iff.; 14,Iff. (vgl. auch Rudolph, Micha, 92f.). Die Versammlung der Völker gegen Zion wird in Mich 4,9-14 auf die Absicht Jahwes zurückgeführt, die Völker zu vernichten. Der Aufruf *ü1p ergeht in V.13 (zur Textkritik vgl. bes. Wolff, Micha, 102) an die Tochter Zion, damit sie im Auftrag Jahwes zur Vernichtung der Völker schreitet (vgl. Wolff, Micha, 105). Obwohl also Mich 4,13 eine gewisse Nähe zu TrJes 60,1 aufweist, insofern die Tochter Zion angesprochen ist und die Völker auf Zion zuströmen, muß doch das Motiv eines Völkersturms gegen den Zion (mit Wanke, Ziontheologie, 99) deutlich unterschieden bleiben von dem einer Völkerwallfahrt zum Zion. Dieses bezeichnet einen friedlichen Vorgang, jenes ein feindliches Geschehen, das in Mich 4,9-14 wahrscheinlich mit der Tradition des Jahwekrieges verknüpft ist. Auch der doppelte Imperativ in Mich 4,13 dürfte mit der Tradition des Jahwekrieges in Verbindung stehen, vgl. Wolff (Micha, 113). Strittig ist vor allem, in welchem Verhältnis die Motive eines Völkerkampfes gegen den Zion und einer Völkerwallfahrt zum Zion zueinander stehen. - Es ist also kein unmittelbarer motivgeschichtlicher (zur Terminologie vgl. Fohrer, Exegese, 102ff.), stilistischer oder gar literarischer Zusammenhang zwischen Mich 4,13 und TrJes 60,1 zu erkennen.

13

Vgl. beispielsweise die Ubersetzungen von Ewald (Jesaja, 115), Budde (Jesaja, 703) und Westermann (ATD, 281). So auch Steck (Lumen gentium, 82, Anm. 4). Vgl. bereits Calvin (Opera, 353) mit "Surge!", allerdings bezogen auf die "prostratam et afflictam ecclesiam (kursiv von mir)", ebd., 354, Muilenburg (698) u.a. Vgl. Gen 21,18 (Hagar); Ri 19,28 (Nebenfrau eines Leviten); 2.Sam 13,15 (Thamar); Im bildlichen Gebrauch vgl. Thren 2,19 (Tochter Zion); DÜes 51,17 (Jerusalem) und 52,2 (Tochter Zion). Vgl. zu der Personifizierung der Stadt Zion/Jerusalem grundsätzlich Steck, Zion, 126145 (Lit.!). Nur Zion/Jerusalem wird mit einer Frau identifiziert, nicht Israel insgesamt, vgl. ebd., 136f. Vgl. auch Steck, Zion, 143.

14

1 5

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17

26

I. "Tritqjesaja" (TrJes 60-62*)

Aufruf an Zion/ Jerusalem mit einem "Weckruf" verbunden. 18 . In Dtles 51,17 steht das Bild von der am Boden liegenden Frau Zion/Jerusalem in Verbindung mit dem Gerichtsmotiv vom Taumelbecher, der Zion/Jerusalem berauscht hat. Den Taumelbecher wird Jahwe nun den Feinden geben, das Gericht Jahwes über Jerusalem wird ein Ende haben, vgl. DtJes 51,22f. In Dtles 52,2 hingegen wird Zion/Jerusalem als Gefangene beschrieben, die aufgefordert wird, sich aus den Fesseln der Gefangenschaft zu befreien. Die Stellen Thren 2,19; DtJes 51,17; 52,2 und TrJes 60,1 stehen also durch den an Zion/Jerusalem gerichteten Aufruf ^ i p in einem motivgeschichtlichen Zusammenhang. Alle Belege haben das Bild von der in Trauer und Klage daniederliegenden Frau im Hintergrund. Während der Aufruf in Thren 2,19 ein Aufruf zur Klage ist, tritt das Klageelement bei DtJes zurück: Am breitesten ausgeführt ist es noch in Dtles 51,17ff., doch der Aufruf zum Aufstehen ist nun mit dem "Weckruf" und dem Aufruf zum Hören (vgl. Dtles 51,21) einer Heilsbotschaft kombiniert. DtJes 52,2 geht noch einen Schritt weiter, die Aufforderung zum Aufstehen (verbunden mit dem "Weckruf' und weiteren Imperativen) ist nun eine Aufforderung zur Befreiung aus der Gefangenschaft. 19 In TrJes ist das Element der Klage ganz in den Hintergrund getreten, TrJes 60,1 erweist sich damit unter den genannten Stellen als motivgeschichtlich jüngster Beleg. Gegenüber den Vorgaben wird von der am Boden kauernden Frau Zion hier nicht mehr verlangt, als daß sie sich aufrichtet und "licht" wird, womit wahrscheinlich ein Erleuchten der Augen und des ganzen Antlitzes gemeint ist. Das Aufrichten und "lichtwerden" soll lediglich dem Empfang der im folgenden ausgeführten Heilsbotschaft dienen, die gedemütigte Frau bereit zum Hören machen. Damit steht der Aufruf dem in Dtles 51,17 inhaltlich zunächst am nächsten. Da Dtles 52,2 aber deutlich in Verbindung mit dem Auftrag des Verfassers (vgl. TrJes 61,1) steht und der Autor seine Funktion gern mit der Zions vermischt, dürfte ein bewußter Bezug auf beide Stellen vorliegen. 20 Der Verdacht, daß nicht nur eine motivgeschichtliche, sondern auch eine literarische Anknüpfung an DtJes (51,17 und 52,2) vorliegt, wird durch drei Faktoren erhärtet: 1. Der Autor TrJes bezieht sich nicht nur inhaltlich, sondern auch literarisch hauptsächlich auf Dtles. 2. Der Verfasser knüpft mit seinem doppelten Imperativ, der hier im Unterschied zu Mich 4,13 nicht in 18 19

20

Vgl. n n i a n n in DÜes 51,17 und n u ? in DÜes 52,1. Dahood (CBQ 20 (1958), 44) versteht '3tü (MT) unter Hinweis auf lQJes a als Imp. fem. Sg. von 30* und übersetzt: "arise and sit down, O Jerusalem." Damit soll eine Antithese zu 47,1 entworfen sein. Doch das "Sich-(in den Staub)-Setzen" veranschaulicht in DtJes 47,1 eine Demütigung (Babels), der als Gegenbild hier die Erhebung Zions folgen müßte. Ein Aufstehen und anschließendes Sich-Setzen bliebe als Antithese zu 47,1 aber unklar, zudem spricht der Parallelismus zu V.2b gegen das Verständnis Dahood's. Möglicherweise ist der MT in DtJes 52,2 durch Einfluß von DÜes 47,1 verdorben. Vgl. Zillessen (240), Steck (Lumen gentium, 83.87), Langer (Gott als Licht, 22) u.a.

1. TrJes 60,1-22*

27

Jahwekriegstraditionen verwurzelt sein kann, auch stilistisch an DtJes an. 21 Gegenüber den Vorlagen fällt die dtjes. Verbindung des Imperativs mit dem "Weckruf' ebenso fort wie das Bild einer Übertragung des Taumelbechers von Zion auf die Völker (DtJes 51,17), weil dieses Bild nicht zu dem Motiv der Völkerwallfahrt zum Zion paßt, das in TrJes 60 entfaltet wird. 3. mp wird sonst vom Verfasser nur noch in TrJes 61,4 gebraucht, und zwar in einem inhaltlich ganz anderen Verständnis: Dort ist von einem Aufrichten früherer Trümmer durch Fremde die Rede. 22 "Ώψ dürfte daher ein musivstilistisches Zitat des Verfassers aus den Vorlagen Dties 51,17 und 52,2 sein. Der Imperativ n i « ist demgegenüber singulär und wurde aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Verfasser gebildet, um ein Wortspiel mit dem Folgenden zustande zu bringen. 23 Inhaltlich wird zur Beendigung der Klage aufgefordert. Jahwe kommt in der Erscheinungsform des Lichtes, und das bedeutet für Zion/ Jerusalem Heil. 24 Der Theophaniegedanke ist, wie Westermann25 richtig festgestellt hat, in Tr Jes 60,Iff. fast überdeckt von der Vorstellung des Aufgehens eines Gestirns. 26 Darauf weist insbesondere das Prädikat r n i , das in der Regel die Sonne als Subjekt hat. Die "Herrlichkeit Jahwes" begegnet als Subjekt von π~ιτ nur hier, der parallele Begriff "dein Licht" findet sich als Subjekt allerdings noch in Jes 58,IO. 27 Auffällig ist, daß der Gedanke vom Erscheinen der Herrlichkeit (V.

2 1

2 2

2 3

2 4

25 26 27

Vgl. dazu Westermann (ATD, 3 lf.). Wie in der Vorlage steht einfaches 'ölp neben anderen Imperativen (DtJes) bzw. neben einem anderen Imperativ (TrJes). "Jerusalem" dürfte aus metrischen Gründen weggefallen sein, die LXX werden den Text nach den Vorlagen ergänzt haben. Einschränkend muß angemerkt werden, daß der Sprachgebrauch auch in TrJes 61,4 wahrscheinlich nicht von TrJes selbst, sondern von Dties 44,26 herrührt. Andererseits ist in TrJes 61,4 gegenüber der Vorlage kein modifiziertes Verständnis von D1p feststellbar. Wir haben hier eine einfache Form von Paronomasie vorliegen, ein Stilmittel, das bei den späteren jüdischen Exegeten durchaus beliebt war, vgl. z.B. Regel 28 unter den 32 nach Rabbi Eliezer benannten Middot (siehe Strack/Stemberger, Einleitung, 38). Der Sachverhalt ist ausführlich in der Studie von Langer (Gott als Licht) untersucht worden; Zum altorientalischen Verständnishintergrund der Lichtsymbolik vgl. ebd., 156ff. und schon Hempel (Lichtsymbolik, 354ff.). Vgl. Westermann, ATD, 285. Vgl. dazu Langer, Gott als Licht, bes. 34ff., zu Mal 3,20 ebd., 51. Der Autor von Jes 58 hat die Stelle TrJes 60,1 aller Wahrscheinlichkeit nach gekannt. Umgekehrte Abhängigkeit ist auszuschließen, vgl. dazu die Ausführungen zu Jes 58,8. Während in Jes 58 die Verheißung des Lichts an gesellschaftliche Veränderungen gebunden ist und "Licht" dort wie sonst häufig auch - nicht in TrJes 60,1 - ganz allgemein den Segen Jahwes bezeichnet, sind hier keine Voraussetzungen für die Ankunft des Lichts genannt. Jes 58,10 bleibt mit seiner Verwendung der Lichtmetaphorik im Rahmen des üblichen Gebrauchs (vgl. Saebe, THAT I, Art. 1ÍX, 89). Auffällig ist demgegenüber die Verbindung von ΓΠΤ und "dein Licht" (in Jes 58,10 mit dem mask. Suffix), die nur in Jes 58,10 begegnet und auf literarischen Einfluß von TrJes 60,1 hin-

28

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

l b ) in Verbindung mit der Theophanie J a h w e s ( V . l a ) steht. ΓΠΤ steht im A T nur noch einmal i m Theophaniezusammenhang, in Dtn 3 3 , 2 . 2 8 H i n z u k o m m t , daß m i

nur in TrJes 6 0 , 2 und Dtn 3 3 , 2 Jahwe als Subjekt hat. Schließlich

muß noch darauf h i n g e w i e s e n werden, daß TrJes π~ΐΐ nur in 6 0 , 1 - 3 v e r w e n det, so daß der Gebrauch dieser Wurzel hier mit großer Wahrscheinlichkeit auf literarische Abhängigkeit v o n Dtn 3 3 , 2 zurückzuführen ist. 2 9 Dafür sprechen auch f o l g e n d e Indizien: Nur in Dtn 3 3 , 2 begegnen noch K3 und ΓΠΐΟ) parallel. D a s sonderbare N e b e n e i n a n d e r v o n T h e o p h a n i e und Gestirnsterminologie in TrJes 60,1 findet a l s o v o n Dtn 33,2 - und nur v o n dort - her seine Erklärung. B e i d e Prädikate werden offenbar aus Dtn 3 3 , 2 zitiert. Darauf könnte z u d e m hindeuten, daß allein d i e s e beiden Prädikate in TrJes 60,1 f. im Perfekt stehen,

-

8

29

deutet. TrJes 60 steht mit seiner voraussetzungslosen Verheißung der Ankunft des helfenden Gottes in einer größeren theologischen Nähe zur dtjes. Botschaft als Jes 58. Die Gleichsetzung von "Licht" und "Herrlichkeit Jahwes" ist im AT singular. Zimmerli (Sprache, 229, im Anschluß daran auch Pauritsch, 122, Koenen, 138, Anm. 481) möchte sie von Dtles 40,5 herleiten, wo vom "Offenbarwerden" (Π*7> Niph.) der Herrlichkeit Jahwes die Rede ist. "Licht" findet sich bei DtJes allerdings nur in 42,16 und 45,7 (vgl. Jes 51,4) und meint dort weder die "Herrlichkeit Jahwes" noch Jahwe selbst. Westermann (ATD, 284) u.a. weisen auf die "Parallelität" von Licht und Herrlichkeit Jahwes in Jes 58,8 hin, doch die Herrlichkeit Jahwes ist dort nur mit der Lichtmetaphorik verbunden, beide Begriffe sind in Jes 58,8 nicht gleichwertig, vgl. ebd. Darüber hinaus ist umgekehrte Abhängigkeit anzunehmen. Steck (Lumen gentium, 92f., ders., Tritojesaja, 14, Anm. 23) leitet die Verbindung "Herrlichkeit Jahwes" und "Licht" von Ez 43,2 her. Die Herrlichkeit Jahwes in "Jes 60,lf." sei nicht direkt auf die Völker bezogen (was "Jes 40,5 als suffiziente Bezugsstelle" ausschließe), sondern im Anschluß an Ezechiel-Aussagen auf Zion. Entsprechend Ez 43,2 versteht Steck das "Licht" als reflektierendes Licht, das von der Herrlichkeit Jahwes ausgeht und damit nicht mit dieser gleichzusetzen sei. - Ein Bezug unserer Stelle zu Ez 43,2 soll nicht ausgeschlossen werden (anders Koenen, 138, Anm. 481, Langer, Gott als Licht, 70f.). Dafür spricht immerhin das Verständnis der "Herrlichkeit Jahwes" (vgl. auch die priesterschriftliche Theologie, dazu Langer, Gott als Licht, 76ff.) sowie deren Verbindung mit der Lichtmetaphorik ("litt im Hiph.), zudem die Hinwendung der Herrlichkeit zum Zion. Damit aber sind die Bezugnahmen auf Ez 43,2 erschöpft. Die besondere Verbindung des Theophaniegedankens mit dem Erscheinen (ΠΊΤ) der Herrlichkeit kann nur aus Dtn 33,2 erhoben werden (vgl. auch Langer, Gott als Licht, 25), nicht aber aus Ez 43,2. Unter dem "Licht" hat der Verfasser von TrJes 60,1 im Hinblick auf Dtn 33,2 Jahwe selbst verstanden, wie die parallele Gleichsetzung von "Herrlichkeit Jahwes" mit Jahwe im Kontext zeigt. Damit ist also die Bedeutung von Ί1Κ (Hiph., "leuchten") in Ez 43,2 hier nicht übernommen worden, was ja durch die Abänderung in das Nomen (!) "dein Licht" deutlich genug ausgedrückt ist. Gegenüber Ez 43,2 ist (wie auch gegenüber Dtn 33,2) nichts von der Herkunft der Herrlichkeit gesagt, auch der Einzug der Herrlichkeit in den Tempel wird nicht erwähnt. Jahwe bleibt in seiner Herrlichkeit als Lichterscheinung vielmehr über Zion/Jerusalem, vgl. Steck (Lumen gentium, 93). Die Verbindung zwischen Dtn 33,2 und TrJes 60,1-3 hat auch Aalen (ThWAT I, Art. "1ÌK, 180) herausgestellt. Die literarische Abhängigkeit unserer Stelle von Dtn 33,2 hat besonders Langer (Gott als Licht, 25ff., mit ausführlicher Besprechung der Stelle) erkannt.

l.TrJes 60,1-22*

29

während sonst Imperfekt verwendet wird. 30 Gegenüber der Vorlage tritt das Theophanieelement in TrJes 60 zurück. Über die Herkunft Jahwes wird nichts gesagt, seine Epiphanie bleibt anders als in Dtn 33,2 eine Himmelserscheinung. Die Theophanie Jahwes in Dtn 33,2 dient dazu, die "Heiligen" in der Thora des Mose zu unterweisen, vgl. Dtn 33,3f. 3 1 Wenn TrJes 6 0 in einem motivgeschichtlichen Zusammenhang mit Jes 2,2-4 par. (vgl. bes. V.3) steht, dann könnte das ein weiteres Indiz dafür sein, daß der Autor hier bewußt auf Dtn 33,2-5 Bezug nimmt. Vers 2: "Denn siehe, >die< Finsternis bedeckt die Erde und Wolkendunkel die Nationen. Doch über dir geht auf Jahwe, und seine Herrlichkeit erscheint über dir." "Finsternis" steht auch im priesterschriftlichen Schöpfiingsbericht mit Artikel (vgl. Gen 1,4.18), dort aber jeweils in Verbindung mit b~D. 32 Da das Thema "Schöpfung" auch sonst nicht in unserem Abschnitt (V.l-3) anklingt, kann der Artikel vor "Finsternis", der gegenüber dem indeterminierten "Wolkendunkel" auffällt,nicht durch eine ursprüngliche literarische Bezugnahme auf den Schöpfungsbericht erklärt werden. 33 Am wahrscheinlichsten ist daher, daß der Artikel im MT, der zwar die lectio difficilior darstellt, aber nicht in den Kontext paßt, als später eingefügte Glosse oder schlicht als Dittographie des vorangehenden Buchstabens zu erklären und somit auszuscheiden ist. 34 Man hat das Bild von der im Dunkeln befindlichen Völkerwelt und dem über Zion erscheinenden Licht motivgeschichtlich unmittelbar von Jes 9,1 herleiten wollen. 35 Die Unterschiede

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3 1

3 2

3 3

Die Perfekta können natürlich auch als sogen, "perfect propheticum" erklärt werden, vgl. G./K. §106n. Sie weisen jedenfalls auf ein Geschehen in der Gegenwart hin. Steck (Lumen gentium, 82, Anm. 5) will die Perfekta futurisch auffassen. Daß in Dtn 33,2-5 an eine Lichttheophanie gegen Feinde gedacht sei (vgl. Steck, Heimkehr, 71, Anm. 66), kann aus dem Text wohl kaum herausgelesen werden, vgl. Langer, Gott als Licht, 25. Die Vernichtung der Feinde kann bestenfalls als Voraussetzung des in Dtn 33,2-5 geschilderten Heilshandelns betrachtet werden (vgl. Langer, Gott als Licht, 41), ist aber in dem Abschnitt nicht geschildert. "Finsternis" (ohne Präposition) ist ebenfalls in Ex 14,20; Dtn 5,23; Koh 2,13 und 11,8 determiniert. Denkbar wäre höchstens, daß der Artikel im Laufe der Textüberlieferung vom priesterlichen Schöpfungsbericht her in den Text eingetragen worden ist oder ein späterer Tradent diesen Bezug herstellen wollte. Innerhalb des "Tradentenkreises I" käme dafür am ehesten der Autor von Jes 65,16b-25 in Frage, aber auch dem schöpfungstheologisch denkenden Verfasser von Jes 66,1-4 (vgl. "Tradentenkreis 11") oder einem anderen Anonymus ist dergleichen ohne weiteres zuzutrauen.

34

Vgl. LXX, Vulg. (lQJes 8 stimmt hingegen mit dem MT überein), BHS, Duhm (Jesaia, 447), Ehrlich (Randglossen, 214), Torrey (446), Odeberg (217), Volz (242), Westermann (ATD, 281, Anm. 1), Pauritsch (122, Anm. 445), Steck (Lumen gentium, 82, Anm. 6) u.a.m. Π3Π gebraucht der Verfasser auch noch in TrJes 62,11.

35

Vgl. Zimmerli (Sprache, 229), Pauritsch (122) u.a., insbesondere Langer, Gott als Licht, 54ff. (die Einfluß von Jes 9,1 über 42,6f. annimmt), ablehnend Steck (Lumen gentium, 92).

30

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

zwischen TrJes 60,Iff. und Jes 9,1 sind jedoch beträchtlich: Dort ist nur von einem Volk, das in Finsternis wandelt, die Rede, das "Licht" meint in Jes 9,1 eine geschichtsimmanente Befreiung aus der Gerichtssituation durch Jahwe. Ein eschatologisches Kommen Jahwes ist ebensowenig angesprochen wie beispielsweise das Erscheinen seiner Herrlichkeit über dem Zion, eine Völkerwallfahrt zum Zion u.a.m. Stellen wie Jes 9,1; Mich 7,8f. und Jer 13,16 bilden m.E. vielmehr die motivgeschichtliche Vorgabe für eine Lichtmetaphorik, die möglicherweise über die Tag-Jahwes-Vorstellung oder auch über die Gottesknechtstradition eschatologisiert wurde und in andere Zusammenhänge übergegangen ist. Damit wäre nicht mehr als eine mittelbare Verbindung zwischen Jes 9,1 und TrJes 60,Iff. festzustellen. Eine unmittelbare (nicht literarische, aber motivgeschichtliche) Vorgabe für TrJes 60,Iff. könnten demgegenüber die Stellen DtJes 42,6f. und Jes 49,9 gewesen sein. 36 Beide Belege stehen im Kontext kollektiver Deutungen der Gottesknechtstradition. Israel wird von Jahwe zum "Licht der Völker" eingesetzt, zum Licht derer, die in Finsternis sitzen. In TrJes 60,1-3 kommt das Licht, das mit Jahwe identisch ist, zum Zion. Der Zion wird aber durch das über der Stadt erscheinende Licht selbst zum Anziehungspunkt für die Völker. Der von Jahwe ursprünglich an den Gottesknecht übertragene Auftrag, "Licht der Völker" zu sein, wird also von dem Verfasser in Anknüpfung an die kollektive Interpretation in DtJes 42,6f.; Jes 49,9 auf die Ziongemeinde übertragen. 37 Gemeinsam ist den Stellen darüber hinaus die eschatologische Lichtmetaphorik, die das Heil von der eschatologischen Heilsgemeinde in das Dunkel der Völkerwelt ausstrahlen läßt. Eine unmittelbare literarische Anknüpfung an die genannten Stellen ist allerdings bei der weit verbreiteten Lichtmetaphorik nicht nachweisbar.

non wird vom Verfasser auch in V.6 gebraucht, allerdings in positiver Bedeutung. Die Wurzel hat sonst nie "Finsternis" als Subjekt, begegnet aber auch in Ez 30,18; 32,7f. in Gerichtsbeschreibungen in Verbindung mit Lichtmetaphorik.38 Die Wortwahl könnte also, da sie mit dem Sprachgebrauch des Verfassers in V.6 nicht übereinstimmt, von dort beeinflußt sein, obgleich eine Zitation auf dieser Grundlage kaum nachweisbar ist. Die Parallele "Finsternis-Wolkendunkel" findet sich noch in Dtn 4,11; Joel 2,2; Zeph 1,15, jeweils im Epiphaniezusammenhang. Die beiden letzten Stellen, die zudem wörtliche Übereinstimmungen untereinander aufweisen, stehen

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3 8

Vgl. auch Steck (Lumen gentium, 90f.92), der darüber hinaus eine Einflußnahme von DtTes 55,5a annimmt. Von der Lichtmetaphorik ist dort aber mit keinem Wort die Rede, die übrigen Bezüge lassen sich (gegen Steck) ohne weiteres aus den Stellen 42,6f. und 49,9 erheben. Das Wort "Nationen", das TrJes nur hier gebraucht, kann (gegen Langer, Gott als Licht, 63) kaum ein Hinweis für einen Bezug auf DtJes 55,4f. sein, weil dasselbe Wort (im PI.) bei DtJes auch noch in 41,1; 43,4 und 43,9 vorkommt. Der Zionbezug ist gegenüber DtJes 42,6f. und Jes 49,9 neu, bedingt durch das Motiv der Völkerwallfahrt zum Zion. Aus dem Auftrag ist zudem eine Verheißung geworden. Langer (Gott als Licht, 62) sieht mit Hinweis auf Ex 10,15.21ff. eine Verbindung zum Exodusgeschehen (insbesondere zu den Plagen in Ägypten) sowie im Hinblick auf wasserbedeckte Erde eine Verbindung zu dem Urzustand der Welt.

1. TrJes 60,1-22*

31

im motivgeschichtlichen Zusammenhang der Tag-Jahwes-Vorstellung. Eine literarische Beziehung zu TrJes 60,2 ist allerdings nicht nachweisbar. 39 Vers 3: "Und Völker wandern zu deinem Licht, und Könige zu dem Glanz deines Aufgangs." Das Wandern der Völker zum Zion erscheint ohne die motivgeschichtliche Vorgabe der "Völkerwallfahrt zum Zion" unverständlich. 40 Darüber hinaus findet sich "ί^π (Qal) mit dem Subjekt crû im AT nur noch in Mich 4,2, mit dem Subjekt σΉΰ nur noch in Jes 2,3 und Mich 4,5. Da die Belege ausnahmslos dem Text Jes 2,2-4 par. Mich 4,1-3 entstammen, ist anzunehmen, daß über den motivgeschichtlichen Zusammenhang hinaus auch eine literarische Bezugnahme vorliegt. 41 Ob dabei eher an den Text aus dem Jesajabuch oder an denjenigen aus dem Michabuch angeknüpft wurde, ist kaum auszumachen. 42 Anhand der Themenkreise "Zion-Jahwe-Die Völker" sollen die Texte nun verglichen und dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede dargestellt werden: 1. Zion: Gemeinsam ist den Texten, daß das angekündigte Heil zunächst von einem Handeln Jahwes an Zion ausgeht. In Jes 2,2 par. wird verheißen, daß der "Berg des Hauses Jahwes" fest gegründet sein wird, zudem wird eine Relation zu den übrigen Bergen und Hügeln hergestellt. Damit ist die alte mythologische Vorstellung von dem "Götterberg'' als Sitz der Gottheit auf den Zion übertragen.43 Obwohl für TrJes diese Gottesbergtradition in V.13 durchaus eine Rolle spielt, steht an ihrer Stelle hier die Bildrede von Zion als einer am Boden liegenden, klagenden Frau, ein Motiv, das wohl wesentlich durch die Zerstörung Jerusalems im Jahre 587 v.Chr. in die Ziontheologie Einzug gehalten hat. Damit entfallt auch die Verheißung der "Erhabenheit" des Berges gegenüber den übrigen Hügeln. Zwischen den Texten scheint wesentlich die Erfahrung der Katastrophe von 587 v.Chr. zu liegen, was zumindest den Wechsel der Bildsprache (erhabener Gottesberg-am Boden liegende Frau) innerhalb ein und desselben Motivs ("Völkerwallfahrt zum Zion") erklärt. Das Heil für "Frau Zion" ist mit dem Kommen des Lichts ebenso wie mit dem Erscheinen der Herrlichkeit Jahwes über ihr gesetzt. Die eschatologische Lichtmetaphorik ist gegenüber der Einheit Jes 2,2-4 (par.)44 neu, da

39

Vgl. dazu noch Langer (Gott als Licht, 63). Vgl. Zimmerli (Sprache, 229), Langer (Gott als Licht, 86f.), Steck (Heimkehr, 71, Anm. 66), ders. (Lumen gentium, 95). 4 1 Vgl. dagegen Steck, Heimkehr, 71, Anm. 66. 4 - Der Gebrauch von D'iä oder O'ßS gibt keinen Anhaltspunkt. Die Subjekte sind austauschbar, wie man an dem parallelen Gebrauch in Jes 2,4 par. Mich 4,3 ersehen kann. Auch TrJes gebraucht beide Begriffe in 61,9 parallel. Insgesamt bevorzugt TrJes die Rede vom Ί» bzw. den O'ii (vgl. 60,5.11.12 (dis)*.16.22; 61,6.9.11; 62,2) gegenüber OS bzw. ¡TM (vgl. 60,21; 61,9; 62,10 (dis). 12). Zu den unterschiedlichen Erklärungen der wörtlichen Übereinstimmungen zwischen Jes 2,2-4 und Mich 4,1-3 vgl. Kaiser, Jesaja I, 61 f. 43 Vgl. Kaiser, Jesaja I, 64f. (Lit.), Otto, Jerusalem, 39f.92. 44 Vgl. zu der Abgrenzung des Textes Wildberger, Jesaja I, 77f., Kaiser, Jesaja I, 60f.66. Da der Grundbestand der Texte im wesentlichen übereinstimmt (vgl. Wildberger, Jesaja 40

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

"Licht" in den Vergleichstexten nur in Jes 2,5, zudem in anderem Gebrauch, begegnet. Damit wird die These Wildbergers45 um so wahrscheinlicher, daß Jes 2,2-4 geschichtsimmanent und noch keineswegs eschatologisch aufzufassen ist. TrJes hingegen betont mit der Lichtmetaphorik (beachte: "dein (sc. Zions) Licht") die enge Verbindung zwischen Jahwe (dem "Licht", vgl. V.l) und Zion, die durch die Zurückstellung der Gottesbergtradition (der Zionberg als Sitz Jahwes) einerseits und die Rede vom Erscheinen Jahwes über Zion andererseits einer bildlich-theologischen Untermauerung bedarf. Wie man sich die "Lichtverbindung" zwischen Jahwe und Zion vorstellen soll, ist aus dem eschatologischen Text kaum ersichtlich. Die Andeutungen in V.l7b. 18 lassen allerdings an eine Friedensherrschaft denken, die Jahwe auf dem Zion errichten will. Damit wäre auch bei TrJes ein Motiv für die Völker, zum Zion zu ziehen, im Text selbst enthalten.46 2. Jahwe: Gemeinsam ist den Texten, daß sich Jahwe auf bzw. über dem Zion befindet. Durch das Handeln Jahwes widerfahrt Zion/Jerusalem Heil, die Stadt wird zum Mittelpunkt der Welt. Das Handeln Jahwes besteht in Jes 2,2-4 par. nicht nur in der Sicherung seines Wohnsitzes,sondern vor allem in der Unterweisung der Völker (Jes 2,3 par.). Weisung (ÎTlin) und Wort Jahwes gehen aus vom Zion. 47 Das Richten Jahwes unter den Völkern (Jes 2,4 par.) hat eine generelle Abrüstung und dauerhafte Friedfertigkeit (in Mich 4,4 wird das Bild weiter ausgemalt) der Völker zur Folge. Demgegenüber ist das Handeln Jahwes in TrJes 60 wesentlich auf seine Epiphanie über dem Zion beschränkt. Diese veranlaßt zwar ebenfalls einen Völkerzug zum Zion, nicht aber - jedenfalls ist es nicht im Text ausgeführt - zur Unterweisung der Völker vom Zion aus. Die aus dem Handeln Jahwes zu ziehende Erkenntnis betrifft gemäß V.16b vielmehr nur die Heilsgemeinde in Israel. Statt um "Mission" unter den Völkern48 scheint es Jahwe also in TrJes 60-62 vornehmlich um die Heilserkenntnis der Israeliten zu gehen. - Oder soll man sich den Ablauf des Heilsgeschehens als zeitliches Nacheinander vorstellen ? Dann würde nach der Erkenntnis der Israeliten die der Völker folgen. Darauf könnte immerhin die bewußte Aufnahme von Dtn 33,2 (vgl. 33,3) hindeuten. In jedem Fall hat Jahwe nach TrJes für die Völker jedoch nicht primär eine Unterweisung in sein Wort, sondern die Unterstützung seines Volkes im Sinn.

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I, 77, Kaiser, Jesaja I, 61), kann im folgenden vornehmlich einer der Texte (Jes 2,2-4) zum Vergleich herangezogen werden. Vgl. Wildberger, Jesaja I, 89. Dafür spricht insbesondere die Lichtsymbolik, die charakteristischerweise vom Verfasser auch hier angewandt wird. Zum "Licht" Zions zu gehen heißt ja nicht nur: Zu Jahwe gehen, der sich über dem Zion befindet, sondern es heißt auch: An der "Lichtverbindung" zwischen Jahwe und dem Zion teilhaben wollen und können, vgl. bes. Langer, Gott als Licht, 21.88ff. Mit dem Gedanken, daß das Licht über Zion in die Dunkelheit der Völkerwelt hinausstrahlt und dadurch zur Verherrlichung Jahwes durch die Völker beiträgt, wird die Stadt vom Verfasser in die Funktion des Gottesknechts (Dtles 49,6, vgl. 42,6) hineingestellt, vgl. Steck, Heimkehr, 70, Langer, Gott als Licht, 94. Das Verständnis von "Thora" und "Wort Jahwes" hängt nicht unwesentlich mit der zeitlichen Einordnung des Textes zusammen, vgl. Kaiser, Jesaja 1,65. Vgl. Linz (Anwalt der Welt, 94). Einschränkend muß bemerkt werden, daß auch in Jes 2,2-4 keine "Bekehrung" der Völker zum Jahweglauben im Blick ist, sondern die Beilegung von politischen Konflikten durch Jahwe, vgl. Wildberger (Jesaja I, 84.89).

1. TrJes 60,1-22*

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3. Die Völker: Gemeinsam ist den Texten ein Zustrom der Völker zum Zion aus freien Stükken. 49 Sinn und Zweck des Unternehmens soll offenbar eine "Wallfahrt" sein, ein Begriff, der allerdings nicht überstrapaziert werden darf.50 Der Zustrom der Völker hat in Jes 2,2-4 keinen kriegerischen Aspekt51, sondern näherhin den Tempel Jahwes zum Ziel. Dort scheinen die Völker aber keineswegs Opferhandlungen vollziehen zu wollen. Erhoffen sie sich von ihrem Erscheinen eine Unterweisung von Seiten Jahwes in Friedfertigkeit ? 5 2 Im Unterschied zu Jes 2,2-4 par. wird in TrJes 60 das kultische Element der Völkerwallfahrt insofern hervorgehoben, als in V.7b (vgl. auch DtSach 14,16) von Tieropfern im Jerusalemer Tempel die Rede ist. 53 Dieses Opfern wird bei TrJes jedoch zugleich eschatologisiert und damit zu einem einmaligen (nicht regelmäßig durchgeführten) Geschehen. Weder die Gabe der Opfertiere noch der vorherige Zug zum Zion ist den Völkern "auferlegt" oder wird von ihnen erzwungen. Die Völker wandern gemäß V.l-3 zum Zion, weil über dem Zion die Herrlichkeit Jahwes erschienen ist und, so kann man vermuten, weil sie an der Friedensherrschaft auf dem Zion teilhaben wollen. Daß die Völker dabei nicht gleichwertig neben den Israeliten stehen (vgl. bes. V.10.14), ist aus den leidvollen Erfahrungen der Israeliten mit ihnen in der Vergangenheit (vgl. nur den Ausdruck "Söhne deiner Bezwinger" in V.14) zumindest verständlich.54 Die Verbitterung über die nach der Katastrophe von 587 v.Chr. erlittenen Demütigungen hat bei TrJes den Völkern gegenüber zu einer Abschwächung des ursprünglichen Heilsuniversalismus (Jes 2,2-4) geführt. Aus der verheißenen Friedfertigkeit der Völker macht TrJes eine Unterwürfigkeit. Die 49 50

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So auch Langer, Gott als Licht, 86f. Man hat Schwierigkeiten mit diesem Wort bekundet, weil die Völker vom Verfasser als "Unterjochte" angesehen würden, die "einen ihnen aufgezwungenen Tribut zu entrichten" (Koenen, 139, Anm. 485) hätten. Daher schlagen einige Exegeten vor, statt von einer "Völkerwallfahrt" eher von einem "Völkerzug" zu reden, vgl. Westermann, ATD, 286, Steck, Gnindtext, 288, Anm. 93, Koenen, 139, Anm. 485. Anders Kaiser (Jesaja 1,64), der in Jes 2,2 in dem Bild vom fest gegründeten Gottesberg (entsprechend Ps 46 u.a.) das Motiv vom Völkersturm gegen den Zion enthalten sieht. Darauf könnte im Text bestenfalls V.4b hindeuten, wenn dort nicht von einer allgemeinen Abrüstung und dauerhaften Friedfertigkeit (ohne einem Gegenüber von Zion und den Völkern) die Rede wäre. Das Motiv eines Völkerkampfes gegen den Zion (das wiederum auch nicht mit dem Chaoskampfmotiv einfach gleichgesetzt werden kann, vgl. Wanke, Ziontheologie, 76), sollte von der Vorstellung einer Völkerwallfahrt zum Zion getrennt werden. Liegt eine Motivmischung vor, dann ist zu erwägen, ob diese nicht als sekundär betrachtet werden muß, vgl. DtSach 14,16 u.a. Gleichwohl hat die Völkerwallfahrt auch schon in Jes 2,2-4 par. einen kultischen Aspekt, vgl. den Gebrauch von Γ 0 Ϊ (dazu Wildberger, Jesaja, 83) in Jes 2,3 und das von Zion ausgehende Gottesrecht (vgl. von Rad, Stadt auf dem Berge, 216). Ungewiß ist, ob in Jes 2,2-4 par. von regelmäßigen Wallfahrten ausgegangen wird oder von einer einmaligen Aktion. Letzteres kann wegen Jes 2,4 größere Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen, in TrJes 60 ist mit Sicherheit an einen einmaligen, nun auch eschatologischen Vorgang gedacht. M.E. ist es also nicht richtig, den kultischen Bezug der Völkerwallfahrt von vornherein dadurch auszublenden, daß man statt von "Völkerwallfahrt" nun von "Völkerzug" redet, vgl. Anm. 50. Von einem ausgeprägten "Nationalismus" Israels (Volz) kann im Hinblick auf TrJes 60 deshalb kaum die Rede sein, vgl. schon Sekine, 72f.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

umfassende Veränderung der Lebensverhältnisse wird in TrJes 60 eschatologisiert, jedoch einseitig zugunsten der Israeliten. Wie in Jes 2,2-4 wird aber von einem friedlichen Zug der Völker zum Zion ausgegangen. Im Mittelpunkt des Interesses steht bei TrJes ganz das Ergehen Zions, das allerdings nicht auf ein materielles Wohlergehen der Leute beschränkt werden darf, sondern der Verherrlichung Zions und damit Jahwes dienen soll. 55 Dem dient letzten Endes folglich auch das Handeln der Völker.

Neben vielen Gemeinsamkeiten im Ablauf der Völkerwallfahrt zum Zion sind nicht unerhebliche Differenzen im einzelnen deutlich geworden. TrJes 60 erweist sich gegenüber Jes 2,2-4 durch die charakteristischen Umänderungen und Abschwächungen der Verheißung als jünger.56 Die durch von Rad u.a. vorgenommene Nachordnung von TrJes 60,1-3 gegenüber Jes 2,2-4 par. hat sich in unserer Untersuchung bestätigt.57 Wenngleich die Frage nach der Verfasserschaft und damit auch die Frage nach der Datierung von Jes 2,2-4 par. bislang keineswegs befriedigend beantwortet werden konnte58,spricht der Vergleich der Texte dafür, daß zwischen Jes 2,2-4 par. und TrJes 60 die eindrücklichen Erfahrungen der Katastrophe von 587 v.Chr. gelegen haben müssen.59 Das Wortpaar "Völker-Könige" findet sich oft und besagt nichts über literarische Abhängigkeiten.60 Die bei TrJes relativ häufige Erwähnung der Könige der Völker (vgl. noch V.10.11.16; 62,2), die Zion dienen müssen, stellt die Bedeutung Zions heraus. Der Begriff "Glanz" (niD(I)) findet sich häufig in Theophanieschilderungen und scheint aus diesem Zusammenhang auch hier entnommen zu sein. Darauf könnte der dazugehörige Genetiv "deines (sc. Zions) Aufgangs" hindeuten, der erneut auf Dtn 33,2 verweist. Vers 4: "Erhebe ringsumher deine Augen und sieh: Sie alle haben sich versammelt (und) kommen zu dir! Deine Söhne kommen von Ferne und deine Töchter werden auf der Hüfte betreut." Vers 4a stimmt wörtlich überein mit DtJes 49,18a. Die Zeile kann keine zufällige Dublette sein, denn mit der Zitation des Verfassers wird ganz bewußt 5 5 5 6

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Vgl. Steck, Lumen gentium, 89. Vgl. die Eintragung der Lichtmetaphorik und damit verbunden die Eschatologisierung des Stückes, den Wechsel in der Bildsprache, die Ausmalung des Bildes (materielle Güter), die Abschwächung der Heilsverheißung gegenüber den Völkern, vgl. ferner die Motivmischung im Hinblick auf die in TrJes 60 eingetragene Gottesknechtstradition und die Heimkehr der Exulanten. Vgl. von Rad, Stadt auf dem Berge, 215ff. Gegenüber von Rad (vgl. ebd., 221ff.) muß (mit Steck, Lumen gentium, 95) auch Hag 2,6-9 unserem Text vorgeordnet werden, weil dort noch auf die Errichtung des Tempels abgezielt wird, vgl. Sach 6,15. Vgl. zur Literatur Kaiser (Jesaja I, 63, Anm. 14), ders. (TRE 16, Art. "Jesaja/ Jesajabuch", 643f.). Gegenüber DtJes fehlt in Jes 2,2-4 insbesondere die Verheißung der Heimkehr der Exulanten, auch von der Gottesknechtstradition ist noch keine Rede. Vgl. die Aufzählung der Belege bei Sekine (266) und Koenen (153). Die LXX haben eine umgekehrte Abfolge ("Könige-Völker"). Steck (Lumen gentium, 82) läßt "und Könige" wohl ohne Absicht in seiner Übersetzung (ebd.) entfallen.

1. TrJes 60,1-22*

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auf den Abschnitt D Ü e s 4 9 , 1 4 - 2 6 * B e z u g g e n o m m e n . 6 1 TrJes integriert mit dem Zitat d i e Vorstellung, daß die Kinder Zions sich sammeln und nach Jerusalem strömen, in das M o t i v von der Völkerwallfahrt z u m Zion. Während die Völkerwallfahrt das g a n z e Kapitel hindurch im Vordergrund steht, findet die Heimkehr der Exulanten nur noch in Verbindung mit d i e s e m M o t i v Berücksichtigung, vgl. auch V.9. Damit soll offenbar die Verheißung der H e i m k e h r der Exulanten nicht nur aktualisiert, sondern zugleich in einen größeren, aufgrund der bisherigen geschichtlichen Erfahrungen sicher auch verheißungsvolleren Rahmen eingeflochten werden. D i e Verbindung beider M o t i v e (Heimkehr der Exulanten/ Völkerwallfahrt) war TrJes in der V o r l a g e ( D Ü e s 4 9 , 1 4 2 6 * ) vorgegeben. Er übernimmt diese Verknüpfung, baut aber das für ihn und seine Zeit verheißungsvollere M o t i v gegenüber der dtjes. Vorlage weiter aus. 6 2 D i e Rückkehr der Exulanten wird andererseits auch nicht ausgespart: S i e ist in D U e s 4 9 , 1 4 f f . verheißen und hat damit für TrJes einen normativen Stellenwert. Die Zitation von DUes 49,18a ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß der Verfasser die Personifizierung Zions als einer daniederliegenden, klagenden Frau aus Dtles übernimmt, wodurch die These gestützt wird, daß in V.l ebenfalls eine bewußte literarische Anlehnung an DUes darstellt. Der Verfasser zitiert gerade diesen Abschnitt aus Dtles 49,14ff., weil er an die in V.l zum Ausdruck gebrachte Aufforderung an die am Boden liegende Frau, sich zu erheben und "licht" zu werden, anknüpfen will: Die Frau soll den Kopf erheben, um die heilvolle Zukunft, die in diesem Moment auf sie zukommt, überhaupt erst einmal wahrnehmen zu können. "Sie alle" sind vom Kontext her zwar die Völker und Könige aus V.3 6 3 , in der Vorlage jedoch die (Nachfahren der) Exulanten. Obgleich in TrJes 60,4a beide Deutungen möglich sind, wird man doch wegen der Zitation und wegen V.4b eher an die Letztgenannten zu denken haben. 64 Ihre Sammlung ist hier anders als in DÜes 49,22 nicht durch ein Zeichen Jahwes, sondern durch die Gottesoffenbarung über dem Zion motiviert.6^ V e r s 4 b ist offenbar v o r n e h m l i c h e i n e Zitatkombination aus Jes 4 9 , 1 2 ("Nah-

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Der Abschnitt ist weitgehend deuterojesajanisch, lediglich V.24-26 dürften zur sogen. "Naherwartungsschicht" gehören, vgl. Hermisson (Einheit lind Komplexität, 311). Von Zitaten sprechen in unserem Vers u.a. auch Gressmann (Verhältnisse, 30), Zillessen (240), Glahn (Prophet, 119), Zimmerli (Sprache, 222), Westennann (ATD, 283), Pauritsch (123), Whybray (Isaiah, 231), Steck (Grundtext, 62), Beuken (Jesaja, 165) und Koenen (137, Anm. 476). Die oben angesprochene Zitation wird von Maass (»Tritojesaja«, 160) unter der Voraussetzung bestritten, daß DtJes 49,14-26* wie auch TrJes 60-62 dem Propheten DÜes zuschreiben sind. Dies entspricht ganz dem Kontext, so daß umgekehrte Abhängigkeit (vgl. Duhm, Jesaia, 448) ausgeschlossen werden kann. In V.4b wird zudem ebenfalls aus Kap. 49 zitiert, eine umgekehrte Textentwicklung ist ganz unwahrscheinlich. Vgl. Duhm, Jesaja, 448, Koenen, 137, Anm. 476. Vgl. Steck, Untersuchungen I, 121, Anm. 14. Vgl. wirkungsgeschichtlich Baruch 4,36f.; 5,5f.: Dort sind die Kinder Jerusalems "durch das Wort (!) des Heiligen" versammelt.

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I. "Tritqjesaja" (Tries 60-62*)

erwartungsschicht") und Dtíes 49,22f. 66 «13 im Qal in Verbindung mit pirnr? findet sich außer in der für unseren Zusammenhang belanglosen Gerichtsschilderung Hab 1,8 nur noch in Jes 49,12. Dafür, daß die Stelle in TrJes 60,4b zitiert wird, spricht nicht nur die genannte wörtliche Übereinstimmung, sondern wiederum die Vorstellung von der Heimkehr der Exilierten. 67 Während die Heimkehr der Exulanten in der "Naherwartungsschicht" mit dem neuen Exodus verbunden ist (vgl. 49,11) und die "Ferne" in 49,12 weiter ausgeführt wird, fallt hier das erstgenannte Motiv weg, die fernen Länder werden erst im folgenden genannt. Stattdessen knüpft der Autor mit dem meristischen Wortpaar "Söhne/Töchter" (= Nachfahren) 68 , das sich in TrJes 60-62* sonst nicht findet, offenbar an DtJes 49,22b an, denn das Wortpaar findet sich in Jes 40-55 nur dort, aus dem Abschnitt 49,14ff. wurde zudem bereits in V.4a zitiert. V.22b.23aa lautet: "Dann bringen sie deine Söhne im Gewandbausch, und deine Töchter werden auf der Schulter getragen (Π3Κώ3Π ηΓΟ'^Γ). Und Könige werden deine Erzieher (*]"ΟΟΚ) sein, und Fürstinnen deine Ammen ( η τ ρ τ ρ ) . " Mit der Errichtung des Zeichens durch Jahwe (V.22a) beginnen die Völker, die Kinder Zions zu deren Mutter zurückzubringen. In V.23aß wird die Proskynese der Völker vor Zion (!) beschrieben, in V.23b die Erkenntnis, die Zion aus diesen Vorgängen ziehen wird. Für TrJes ist jetzt allein der Abschnitt V. 22b.23aa wichtig, auf den er mit der Übernahme des Wortpaares "Söhne/ Töchter" ebenso Bezug nimmt wie mit der Wurzel vgl. zudem den Transport der Töchter ηΓΟ" 1 ^ in V.22b mit -'¿'by in TrJes 60,4b. V.22b.23aa stehen m.E. in einem synthetischen Parallelismus in chiastischer Wortstellung: Nur diese beiden Zeilen beschreiben die eigentliche Heimholung der Zionkinder durch die Völker. Das Bringen der Söhne "im Gewandbausch" entspricht am ehesten der Aufgabe der Fürstinnen, Amme zu sein; Das Tragen der Töchter auf der Schulter paßt am ehesten zu den Königen als "Erziehern". 69

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Vgl. Zillessen (240), Odeberg (219), Zimmerli (Sprache, 222), Whybray (Isaiah, 231), Steck (Grundtext, 77), ders. (Untersuchungen I, 130, Anm. 57), Koenen (138, Anm. 484, vgl. ebd., 140, Anm. 487). Eine Textänderung in Hiph'il (vgl. u.a. Duhm, Jesaia, 448, Klosterm., 86, Budde, Jesaja, 703, Westermann, ATD, 281, Anm. 2, Pauritsch, 123) ist sachlich nicht vonnöten, zumal es sich um Zitate handelt, so auch Volz, 242. Umgekehrte Abhängigkeit (vgl. Duhm, Jesaia, 448) kann bei Beibehaltung des MT ausgeschlossen werden, da eine Zitatkombination vorliegt. Zur Textkritik vgl. noch Koenen, 139. Vgl. Krasovec, Merismus, 85f. Es muß allerdings eingeräumt werden, daß die Übersetzung des Part. Qal von der Wurzel recht unsicher ist. In Num 11,12 wird das maskuline (sie!) Partizip auf Mose angewendet. Da Mose nicht selbst empfangen und gebären kann, ist offenbar an eine männliche, zur Betreuung der Kinder verpflichtete Person gedacht (anders G./K. §122f, Anm. 1). Aus 2.Kön 10,1.5 (Part. mask. Pl., vgl. DtJes 49,23) geht hervor, daß es sich nicht um Familienmitglieder, sondern um außerhalb der Familie stehende "Vormünder" oder "Erzieher" handeln muß, vgl. auch das Partizip m. Sg. in Esth. 2,7. Zum fem. Partizip

1. TrJes 60,1-22*

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Mit der Wurzel ρ κ findet nun augenscheinlich eine Anknüpfung an diese Verse statt70: Der Verfasser löst das Part. Qal in ein Prädikat im Niph'al auf, wodurch zunächst die handelnden Personen in den Hintergrund treten. Die Wurzel bezeichnet auch dann noch eine königliche, zumindest eine ausgesprochen luxuriöse Behandlung der Betreffenden, vgl. das Partizip pass.Pl. in Thren 4,5. Daß der Verfasser nicht entsprechend der Vorlage die Wurzel Kiü] verwendet hat, kann nur so verstanden werden, daß hier ganz bewußt auf die in Dtfes 49,23 verheißene Erzieher- bzw. Betreuertätigkeit der Könige der Völker angespielt wird. Dabei ist nun der Wechsel von rpD^l! in DUes 49,22b in T ^ p (TrJes 60,4b) von Bedeutung: Die Könige werden durch diese Änderung des Textes von TrJes offenbar mit Ammen verglichen, eine Deutung, die in V.16a ihre sicherste Stütze hat. Steck (Heimkehr auf der Schulter, 97) sieht hier eine bewußte Anknüpfung des Verfassers an Ez 34,21, wo in einem bildlichen Vergleich den fetten Schafen (wohlhabenden Israeliten) vorgeworfen wird, die mageren Schafe, also die sozial schwachen Israeliten, "mit Seite und Schulter" (rpSDì "1S3) zu verdrängen. - Selbst wenn man in Rechnung stellt, daß das Stück TrJes schon in seiner späteren Interpretation als Auseinandersetzung zwischen den Israeliten und den Völkern vorgelegen hat, so sprechen doch mindestens drei gewichtige Gründe gegen eine literarische Bezugnahme des Autors auf diese Stelle: 1. Der Autor hätte seine Bezugnahme schon etwas deutlicher werden lassen müssen. Das Tierbild von der Schafherde findet in TrJes keinerlei Berücksichtigung, die einzige Verbindung ist das Nomen 1X(I). 2. Da sowohl "Seite" als auch "Schulter" (nebeneinander nur dort) erwähnt werden, ist völlig unbegreiflich, warum der Verfasser dann die "Schulter" seiner Vorlage DtJes 49,22b in "Seite" umändert. Beide Nomina stehen in Ez 34,21 für Bedrängnis, eine Unterscheidung von Transportmöglichkeiten, die TrJes offenbar beabsichtigt, steht außerhalb jeglicher Interpretationsmöglichkeit des Textes. Wenn gegenüber Ez 34,21 eine eschatologische Umkehr der Verhältnisse (die mit Hüfte und Schulter Verdrängten werden jetzt auf Hüfte und Schulter heimgebracht, so Steck) beschrieben werden sollte, warum wird dann die "Schulter" der Vorlage in "Hüfte" geändert ? Nach Steck 71 sind die Texte "Jes 49" und TrJes 60 komplementär zu lesen, aber TrJes ergänzt nicht seine Vorlagen, sondern er aktualisiert und verändert sie und setzt auf diesem Wege eigene Akzente. 3. Den Israeliten wird im Kontext (vgl. Ez 34,28) ein sicheres Wohnen, nicht aber eine Heimbringung oder dergleichen verheißen, vgl. Zimmerli, (Ezechiel II, 845f.). Eine Anknüpfung an diesen Text ist m.E. nicht zu erkennen.

vgl. 2.Sam 4,4 und Ruth 4,16. Von einer Amme ist literarisch (trotz 2.Sam 4,4, gegen Steck, Heimkehr auf der Schulter, 99, Anm. 10) im AT nicht bezeugt, daß sie ihr Kind auf der Schulter trägt. Zum archäologischen Befund vgl. Koenen, 139 (Lit.), zur Auseinandersetzung mit Koenen vgl. wiederum Steck, Heimkehr auf der Schulter, 99, Anm. 10. 70 Vgl. auch die Erörterung unseres Zitats bei Koenen, 139. pX findet sich bei DtJes nur noch in 43,10 und 55,3, jeweils in anderen Zusammenhängen. Eine Textänderung (vgl. BHS, Barr, Comparative Philology, 322 u.a., dazu näheres bei Koenen, 140, Anm. 487) ist nicht notwendig, vgl. G./K. §5Im. 71 Vgl. Steck, Heimkehr auf der Schulter, 98.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Fraglich bleibt dann natürlich, warum der Autor nicht von einer Betreuung der Kinder ρ τ φ geschrieben hat, vgl. etwa Ruth 4,16 und Num 11,12. Eine Antwort ergibt sich aus dem literarischen Bezug: Durch die Verwendung der Präposition wird (in Verbindung mit den übrigen Indizien) deutlich, daß der Verfasser bewußt auf die Stelle DtJes 49,22f. Bezug nehmen will. Mit der "Betreuung auf der Seite" ist wohl ein Tragen auf der Hüfte gemeint, insbesondere allerdings eine königliche Versorgung der Transportierten.72 Wenn TrJes hier das Bild der Könige als Ammen vorschwebt, dann hat er damit aller Wahrscheinlichkeit nach die Aussage "Fürstinnen werden deine Ammen sein" aus DtJes 49,23a noch steigern wollen. 73 Während also für den normalen Israeliten die Indienststellung einer Amme an sich schon Hinweis auf vornehme Herkunft oder eine außergewöhnliche Ehrung darstellte, sieht DtJes Fürstinnen und TrJes sogar Könige im Ammendienst. Die Könige werden vom Verfasser so genötigt, nicht nur Erzieher-, sondern auch noch anstelle der Fürstinnen Ammenfunktionen zu übernehmen. Man kann natürlich darüber streiten, ob man das Bild für "geschmackvoll" halten soll oder nicht. Dem schriftgelehrten Propheten kommt es auf solche Geschmacksurteile allerdings kaum an. Ihn stört auch nicht, daß in V.16a Zion selbst mit einem Male zum Säugling wird, obgleich sie vorher Frau und Mutter gewesen ist und hier ihre Nachfahren als Säuglinge angesehen werden. In eschatologischen Texten variieren die Autoren ihre bildhafte Sprache häufig, ohne daß man deshalb auf andere Verfasserschaft oder dergleichen schließen könnte. Der schriftgelehrte Prophet, der Jes 66,12 verfaßt hat, übernimmt das kühne Bild TrJes' nicht: Er zitiert zwar "72"L>a aus unserem Text, kombiniert den Ausdruck allerdings dann wieder entsprechend DtJes 49,22b mit tiffl] und verwendet die Worte im Rahmen eines Mutter-KindBildes. Da in Jes 66,7ff. verschiedentlich auf DtJes und TrJes zurückgegriffen wird, ist umgekehrte Abhängigkeit auszuschließen, vgl. auch Steck, Heimkehr auf der Schulter, 97.

Vers 5: "Dann wirst du sehen und (vor Freude) strahlen, und dein Herz wird aufgeregt sein und sich weiten. Denn die Menge des Meeres wird sich dir zuwenden, und der Reichtum der Völker wird zu dir kommen." 72

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In diesem Zusammenhang mag auch eine Rolle spielen, daß der Transport auf der Schulter für das Kind anstrengender ist als auf der Hüfte. "Auf der Schulter" können überhaupt nur Kinder getragen werden, die schon alt genug sind, sich selbst abzustützen, was bei einem Säugling noch nicht zutrifft. Auch diese Überlegung stützt die These, daß die Könige hier als Ammen vorgestellt sind: Säuglinge werden auf der Seite, nicht auf der Schulter getragen. Säuglinge werden königlich versorgt, wenn sie eine Amme haben, die ihnen die Brust geben kann (vgl. V.16a) und sie ansonsten wie die "Erzieher" betreut (]0K). Die Wortwahl setzt also das Tragen von Säuglingen und mithin die Könige in der Funktion als Ammen voraus. TrJes überträgt damit die Erzieherfunktion der Könige in der Vorlage auf ihre Ammenfunktion entsprechend v.löa. Das parallele Kommen der Söhne in V.4ba kann nicht als Gegenargument angeführt werden: "Söhne und Töchter" bezeichnen ganz allgemein die Nachkommenschaft, das "Kommen" wird zitiert. Der Schluß "a minori ad maius" ist in der späteren rabbinischen Exegese beliebt, vgl. die 1.Regel der sogen. "Regeln Hillels" bei Strack/Stemberger, Einleitung, 28.

l.TrJes 60,1-22*

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Die Wendungen sind im TrJes-Kontext (60-62*) zumeist singulär, lassen sich aber auch nicht eindeutig durch literarische Abhängigkeiten erklären. Nachdem "Frau Zion" sich aufgerichtet und den Kopf gehoben hat, wird sie nun sehen können. Was sie sieht, sind wohl die zuvor erwähnten Völker und heimkehrenden Israeliten, aber es kann auch an die im folgenden genannten Reichtümer der Völker gedacht sein. Man vermißt hinter ,«")n ein Suffix, manche möchten das Wort auch von KT(I) "sich fürchten" herleiten. 74 NT(I) wird von TrJes im Gegensatz zu π t o allerdings sonst nicht verwendet, außerdem legt der Kontext trotz des seltsamen Wortgebrauchs angesichts der auf Zion zuströmenden Reichtümer zumindest eine bewundernde, wenn nicht freudige Reaktion Zions nahe. Das Fehlen eines Suffixes soll vielleicht eine Anknüpfung an den Imperativ ' t o i aus dem Zitat in V.4a assoziieren, möglicherweise ist das Fehlen aber auch aus der Lichtmetaphorik heraus verständlich: Während die Völker noch im Dunkeln sind und gleichsam im Dunkeln tappen, ist Zion durch die Ankunft des Lichtes nun in der Lage, zu sehen. 75 i n e begegnet sonst nicht bei TrJes und hat eigentlich eine negative Bedeutung ("erschrecken"). Im positiven Sinne findet sich die Wurzel nur noch in Jer 33,9, parallel zu dem bei TrJes nicht anzutreffenden τη. Wenngleich literarische Abhängigkeit nicht nachweisbar ist, kann eine bewußte Bezugnahme auf die Stelle auch nicht ausgeschlossen werden: In der Verheißung von der Wiederherstellung Jerusalems und Judas sagt Jahwe unter anderem, daß es ihm "zum Ruhm" (ηικεη'ρ, vgl. dazu TrJes 60,7.(19); 62,3) gereichen werde, wenn die Völker das Gute hören, das Jahwe an Jerusalem tut. Subjekt von "ins sind dort allerdings die Völker, Objekt ihrer freudigen (oder bewundernden) Erregtheit ist das von Jahwe erwirkte "Gute". Gemeinsam ist den Texten also, daß mit dem von Jahwe gewirkten Wandel in Jerusalem eine freudige oder bewundernde Erregtheit der Betroffenen zusammenhängt, dort der Völker, hier Zions. Eine bewußte Bezugnahme auf Jer 33,9 könnte wegen des sonderbaren Gebrauchs von i n s (kombiniert mit nm+Db) in TrJes 60,5 vorliegen. Die Rede von der "Menge des Meeres" (CP fian) ist bei TrJes singulär, sie findet sich auch sonst nicht im AT. 76 Fraglich ist insbesondere die Bedeutung 74

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Vgl. die Diskussion schon bei Vitringa (Conunentarius, 805, Sp.2), ferner Klosterm., 86, Budde, 704 u.a., auch viele MSS, vgl. BHS. Delitzsch (577), Duhm (Jesaia, 448), Odeberg (219), Westermann (ATD, 281), Koenen (247) u.a. behalten die Herleitung von ΗΚΊ "sehen" (schon seit LXX) bei. Für einen Zusammenhang mit der Lichtmetaphorik spricht auch die parallele Wurzel ΊΓΒ(ΙΙ) "strahlen". Merkwürdig ist wiederum, daß die Wurzel sonst nur in Ps 34,6 (dort in Verbindung mit 033) begegnet. Literarische Abhängigkeit ist nicht nachweisbar. Vgl. era jian in Jer 10,13 =51,16 (Schöpfermacht Jahwes), D'ÌP D'ïpS jtàn in Jes 17,12 (Völkerkampf gegen Jahwe), Ο'ί?«1? ]1ΰΗ1 in Ps 65,8 (vgl. aber BHS, Schöpfermacht Jahwes über das Chaosmeer und das "Brausen" der Völker), schließlich ü'iä. |ίί2Π in Gen 17,4f. (Abraham als Vater einer Völkermenge), vgl. Jes 29,7f. (Völkerkampf

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I. "Tritqjesaja" (TrJes 60-62*)

des "Meeres", das nur hier in TrJes 60-62* vorkommt. Man wird keinen mythologischen Hintergrund (wie beispielsweise in DÜes 51,10) annehmen dürfen, darauf weist an dieser Stelle nichts. "Meer" kann auch für Grenzenlosigkeit stehen (Thren 2,13), jedoch in negativem Sinn. Vielleicht sind die Völker oder deren Schätze gemeint, die über das Meer herantransportiert werden. 77 Denkbar ist aber auch, daß TrJes zum Ausdruck bringen wollte, daß sich das Meer selbst in seiner ganzen Fülle Zion zuwendet. Es kommt ebenso zum Zion wie der Reichtum der Völker 7 8 und wie die in V.7 genannten Opfertiere. Gegenüber Jes 2,2-4 ist damit die Hinwendung der Völker zum Zion ausgeweitet zu einer Hinwendung der Natur und aller kostbaren Schätze der damals bekannten Welt. Die Formulierung "Reichtum der Völker" (cnj "rn) ist tritojesajanisch 79 und wird in DtSach 14,14 zitiert. 80 Eine literarische Vorgabe für TrJes (etwa Jes 10,14) ist nicht nachweisbar. Vers 6: "Eine Unzahl Kamele wird dich bedecken, Dromedare (von) Midian und Epha. >Aus Saba werden sie alle kommen) begegnen nur hier bei TrJes, ebenso auch die "Grenzen". Der Verdacht, daß hier zitiert wird, drängt sich also auf. 0ΏΠ findet sich parallel zu "itti und zugleich in Abhängigkeit von DOffi nur noch in Jer 6,7b. Π3 νΐΐψ i t o i ΟΏΠ ist dort eine auf Zion/Jerusalem bezogene Anklage Jahwes. TrJes hat möglicherweise literarisch an diese Formulierung angeknüpft, um herauszustellen, daß es solcherlei frevlerisches Tun in der Zeit der eschatologischen Friedensherrschaft in Zion/Jerusalem (V.17b) nicht mehr geben wird. Auffällig ist auch die Kombination "Gewalttat und Verderben" (-Qfflpä), die sich im AT nur noch in DtJes 51,19; Jer 48,3 und Jes 59,7 findet. Die letztgenannte Stelle ist literarisch von TrJes 60,18 abhängig, zur Begründung vgl. ebd. Als literarische Vorlagen kommen damit noch DtJes 51,19 und Jer 48,3 in Frage. Da in Jer 48,3 aber von Verhältnissen in Moab die Rede ist und ~θώ dort zudem mit *7Π2 verbunden wird, scheint mir doch DtJes 51,19 als literarische Bezugstelle vorgelegen zu haben. Dafür spricht der Bezug auf Jerusalem ebenso wie die Tatsache, daß TrJes sich in V.l bereits auf DtJes 51,17 bezogen hat. Offen bleibt hingegen, warum TrJes gegenüber seiner Vorlage die Artikel wegläßt und das parallele "Hunger und Schwert" nicht erwähnt, doch gewichtige Einwände gegen eine Zitation sind das nicht.164 Warum läßt TrJes es nicht bei einem Zitat aus Jer 6,7b bewenden ? - Während dort von schuldhaftem Frevel der Jerusalemer die Rede war, wird mit DtJes 51,19 nun auch der Aspekt der Klage über das an Jerusalem durch andere verübte Unrecht aufgegriffen.165 Beides hat in der von TrJes beschriebenen Heilszeit keinen Raum mehr. Zion wird seine Mauern daher "Rettung" nennen können (keine Gefahr mehr von außen), und seine Tore "Ruhm" (Friedensherrschaft in Zion).166 "Mauern" und "Tore" stehen hier als pars pro toto für die Zionstadt, die eschatologischen Benennungen sind bei TrJes beliebt.167 164

165

166

Man kann darauf hinweisen, daß der Artikel bei DtJes gern einen demonstrativen Nebensinn annimmt (vgl. G./K. §126b), was TrJes nicht übernehmen muß. "Hunger und Schwert" könnte TrJes weggelassen haben, um eine Überfüllung des Verses zu vermeiden. Durch 1Œ stehen beide Bezugstellen in einem Stichwortzusammenhang. Wir haben somit ein sogen. "Mischzitat" (Koenen, 226) vorliegen: Der Autor verbindet eine Bezugstelle aus DtJes mit einer anderen autoritativen Bezugstelle, beide Belege interpretieren sich gegenseitig und bilden gemeinsam die Vorlage des Verfassers. Vgl. "Ruhm" in 60,6 (Pl.); 61,3.11 (Jahwe läßt "Ruhm" wachsen vor allen Völkern); 62,7 (Jerusalem wird zum "Ruhm" eingesetzt auf Erden, vgl. dazu Koenen, 155). Von den "Toren" ist bei TrJes noch in 60,11 und 62,10 die Rede. LXX haben Γλύμμο , was kaum als Übersetzung von Π^ΠΓι betrachtet werden kann (vgl. Hatch/Redpath I, 271, Sp. 1), sondern nach Fischer (Schrift, 65) seinen Grund in einer Buchstabenverwechslung (Vertauschung von Π und Π, vgl. ^bn(II) = "bohren, aushöhlen" bzw. γλυφΕΪν = "eingraben, gravieren") haben könnte. Andererseits ist Π^ΠΓΙ nur in der Bedeutung "Anfang" belegt, was mit Γλύμμα nichts zu tun haben kann. Die Textzeugen stützen ansonsten den MT, so daß eine Konjektur des MT nicht eben sinnvoll erscheint. Sollte

1. TrJes 60,1-22*

61

Verse 19f.: "Die Sonne wird dir nicht mehr zum Licht am Tage, und zum Glanz der Mond dir nicht leuchtet, sondern Jahwe wird dir zum ewigen Licht und dein Gott zu deiner Pracht. Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht abnehmen, denn Jahwe wird für dich zum ewigen Licht, und die Tage deiner Trauer haben ein Ende." Die beiden Verse zeichnen sich durch einen parallelen Aufbau aus, in dem jeweils im ersten Versteil ein Enden der Gestirnsfunktionen beschrieben wird, dem im jeweils zweiten Versteil die bleibende Bedeutung Jahwes gegenübergestellt ist. Die Verse werden meist als sekundärer, apokalyptischer Einschub betrachtet. Vom Sprachgebrauch her sind denn auch einige Auffälligkeiten festzustellen: Von der "Sonne" ist bei TrJes sonst ebensowenig die Rede wie vom "Mond", der "Glanz" ist bei TrJes auf die Lichterscheinung über dem Zion (60, 3) oder auf das von Zion ausgehende Recht (62,1) bezogen. X1D(V.20) heißt bei TrJes sonst nicht "untergehen", *|OK(V.20) bedeutet in 62,9 nicht "abnehmen", sondern "einsammeln". D'τα wird bei TrJes nur hier als Verb gebraucht. Andererseits ist der übrige Wortgebrauch durchaus tritojesajanisch, so daß die Sprachuntersuchung allein keine sichere Entscheidung über den Verfasser möglich macht. Da die Verse in der späteren Apokalyptik rezipiert worden sind 168 , hat man sie zumeist von vornherein in diesem apokalyptischen Sinne interpretiert. 169 Demgegenüber wird nun versucht, die Verse von ihrem trjes. Kontext her zu verstehen, wobei apokalyptisches Gedankengut als ein TrJes fremdes Element ausgespart bleiben soll. 170 Zunächst einmal gibt der Abschnitt selbst einige deutliche Hinweise darauf, daß er im Zusammenhang mit TrJes 60,1-3 gelesen und verstanden werden will. "rix findet sich als Nomen wie auch als Verb nur in diesen beiden Abschnitten. Mit der Rede vom "Glanz" wird ein Stichwortzusammenhang mit TrJes 60,3 hergestellt, vgl. noch 62,1. Die Epiphanie Jahwes wird nur in TrJes 60,1-3 und 19f. mit Hilfe der Lichtmetaphorik beschrieben. Wenn die V. 21f. als Ausdeutung der heilsamen Epiphanie Jahwes im Hinblick auf die Gemeinde begriffen werden, könnte V.19f. zusammen mit V.l-3 eine Klammerfunktion zukommen, die Lichtmetaphorik bildete dann für den Verfasser gleichsam den Rahmen seiner Eschatologie.

Γλύμμα möglicherweise eine schriftgelehrte Anspielung auf Ex 28,11 (LXX; das Wort bezeichnet dort "Siegelgravierungen" (vgl. Noth, Exodus, 178) auf zwei Karneol-Steinen, auf die die Namen der Israeliten eingraviert worden sein sollen) in Verbindung mit dem Bild Jes 54,12 sein ? - Ähnliches vermutet, wie ich im Nachhinein sehe, schon Ziegler, Untersuchungen, 170. 167 Vgl. neben TrJes noch Jes 1,26; 58,12; Jer 3,17; 33,16; Ez 48,35 und Sach 8,3. 168 vgl. bes. Apk 21,23 und 22,5, weitere Belege bei Beuken (Jesaja, 184, mit Hinweis auf van Ruiten). 169 Vgl. den ganz ähnlichen Sachverhalt in Jes 65,16bff., die meisten Kommentare z.St., Saeb«, THAT I, Art. Ί1Κ, 89 (mit Hinweis auf Aalen und Kraus) u.a. 170 vgl. ähnlich Beuken, Jesaja, 184f. (der allerdings von dem weitläufigen Kontext der Lichtmetaphorik her argumentiert).

62

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Man kann nun in der Tat feststellen, daß die V.19f. eine konsequente Weiterfiihrung der in V.l-3 angedeuteten Lichterscheinung Jahwes über dem Zion darstellen. 171 Während in TrJes 60,1a eher einleitend und im Rahmen der Theophanie vom Kommen Jahwes als dem Licht Zions die Rede war, wird jetzt reflektiert, was es eigentlich heißt, daß Jahwe Zions Licht ist. Daß diese Reflexion im Vergleich mit den Gestirnen ausgeführt wird, hat seinen Grund nicht in apokalyptischem Gedankengut, sondern ist durch ΓΠΤ in V.2b.3 vorbereitet. Der Text selbst zeigt, daß er nicht physikalisch mißverstanden werden will: Während in V. 19 scheinbar die Auflösung von Sonne und Mond zugunsten Jahwes beschrieben wird, kann man in V.20 nachlesen, daß Sonne und Mond gerade nicht verschwinden, sondern in der Funktion mit Jahwe gleichgestellt werden, vgl. V ,20b. 1 7 2 Welches aber ist diese Funktion ? Sonne und Mond erscheinen hier nicht als bestimmte Himmelskörper, sondern als Merismus, der die Gestirne generell bezeichnet. 173 Diese sind im Rahmen der Lichtmetaphorik Zeichen der Schöpfermacht Gottes, seiner Gerechtigkeit, seines heilvollen Eingreifens in die Welt sowie seiner Nähe. 1 7 4 Daraus folgt: Der Segen Jahwes, der bislang in den Gestirnen deutlich werden konnte, wird nun in dem Lichtsein (ΤΙΚ) Jahwes erkannt. Gegenüber den Gestirnen soll mit dem "ewigen Leuchten" Jahwes offenbar noch eine Steigerung ausgedrückt werden. Wie aber kann das Scheinen der Sonne und des Mondes (also das fortwährende Scheinen der Gestirne) durch ein "ewiges Leuchten" Jahwes überboten werden ? - Auch hier scheitert wieder ein physikalisch-apokalyptisches Verständnis des Textes! Überboten wird nicht das Scheinen der Gestirne an sich, sondern ihr Scheinen im Sinne ihrer durch sie ausgedrückten Segensfunktion Jahwes. Jahwe wird nach seiner Epiphanie über dem Zion entgegen früheren Zeiten fortlaufend, direkt und umfassend zum Segen der Gemeinde 175 , so daß die "Tage der Trauer" Zions (V.20b|3) nun endgültig ein Ende haben. Mit V.20bß ist sozusagen die "Auflösung" der kosmischen Erscheinung Jahwes gegeben, eine Auflösung, die zugleich zu Kap. 61 überleitet 176 und damit nicht nur gleiche Verfasserschaft, sondern auch die ursprüngliche Verbindung der Kapitel in ihrer jetzt vorliegenden Abfolge wahrscheinlich macht. Als apokalyptischer Einschub geben die Verse hingegen wenig Sinn: Daß an die Stelle der Gestirne Jahwe treten soll, wird im Text nicht gesagt. 1 7 7 Abgesehen davon hat die Hypothese eines Texteinschubs an dieser Stelle komplizierte Vermutungen über die Entstehung des jetzt vorliegenden Textes zur

171 Vgl. neben Pauritsch (126) und wenigen anderen (vgl. die bei Koenen, 142, Anm. 492f. genannten Arbeiten) vor allem Langer, Gott als Licht, bes. 95ff. 172

Der Autor meidet ebenso wie in V.l-3 eine direkte Gleichstellung der Sonne (des Mondes) mit Jahwe, vgl. insbesondere die Formulierungen in V.20a und 20b. 173 Vgl. Krasovec, Merismus, 155. Beliebt ist neben der Zusammenstellung von "Sonne" und "Mond" auch die Trias "Sonne, Mond und Sterne", Belege ebd. 174 Vgl. dazu den Exkurs bei Langer, Gott als Licht, 36ff. (mit zahlreichen Belegen). 175 vgl. zum "Licht" als Symbol des umfassenden Gottessegens Hempel, Lichtsymbolik, 358ff. (zusammenfassend ebd., 365f.), Langer, Gott als Licht, 126ff. (zusammenfassend ebd., 154f.). 176 Vgl. die Wurzel in TrJes 61,2.3 (bis). 177 Zweifel an dieser Interpretation äußert auch Zimmerli (Sprache, 229), vgl. bes. Langer, Gott als Licht, 96.

1. TrJes 60,1-22*

63

Folge 1 7 8 , die angesichts des in sich weitgehend komplexen Korpus der Kap. 60-62* wenig glaubhaft erscheinen.

Literarische Vorlagen lassen sich für den Abschnitt kaum nachweisen. Die Formulierung, daß der Mond "zum Glanz" wird (V.19a) 179 , ist ebenso singulär wie das "ewige Licht" in V.19f. oder die "Tage deiner Trauer" in V.20b. Die Aussage, daß jemand oder etwas "zum Licht wird", findet sich im AT häufig, wird sonst aber nicht direkt von Jahwe ausgesagt. 180 Die Formulierungen in V.19f. orientieren sich nicht an älteren Vorlagen, sondern sind eine gedankliche Ausgestaltung von TrJes 60,1-3, und es hindert nichts daran, diese gedankliche Ausgestaltung dem Verfasser TrJes selbst zuzuschreiben.181 Vers 21: "„Und dein Volk, sie alle werden Gerechte sein und auf ewig das Land besitzen, als Sproß meiner Pflanzung, als Werk meiner Hände, (mir) zur Verherrlichung." Die V.21f. werden meist als redaktioneller Zusatz o.a. aufgefaßt. Andererseits können sie auch eine von dem Verfasser selbst geschriebene Ausdeutung des Segens Jahwes sein, den seine in V.19f. beschriebene Lichterscheinung für das Volk darstellt. Die Landverheißung wurde in V.8 bereits angedeutet. Die Segensausdeutung des Verfassers entspricht Formulierungen in TrJes 61,3b und 7b und bildet insofern einen geeigneten Übergang zu Kap. 61. Ohne diesen Übergang erscheint wiederum die ursprüngliche Einheit und Abfolge von TrJes 60-62 fragwürdig. Da es keine zwingenden Argumente dafür gibt, die Verse TrJes abzusprechen, spricht also einiges dafür, dies nicht zu tun. Die Verse sind als eine an Zion gerichtete Jahwerede formuliert. Die "Gerechten" sind diejenigen, die der verheißenen Segensgüter Jahwes teilhaftig werden. Eine ethische Deutung der "Gerechten" ist vom Kontext her ausgeschlossen. 18 - Von der Heilsgemeinde werden in

178 Vgl. beispielsweise Koenen, 143. 179 Die Textergänzung von LXX (τήν νύκτα) und lQJes a hinter "Mond" in V. 19aß (vgl. BHS u.a.) ist zwar angesichts von Parallelen wie Jer 31,35 und Ps 121,6 verständlich, doch der Text sperrt sich auch im Vergleich von V.19 mit V.20 einer systematischen Parallelisierung der Aussagen. Der MT sollte also beibehalten werden (vgl. Volz, 243, Ziegler, Untersuchungen, 78, Langer, Gott als Licht, 16), zumal der vermeintliche Wegfall von "in der Nacht" o.ä. und damit die Entstehung des jetzt vorliegenden Textes kaum sinnvoll begründet werden kann. 180 Vgl. Langer, Gott als Licht, 97 (Belege ebd., mit ausführlicher Untersuchung der Parallelen ebd., 99ff.). Langer (Gott als Licht, 103ff.) sieht eine gedankliche Nähe des Abschnitts zu DtJes 42,16. 181

182

Daß TrJes hier nicht auf ältere Vorlagen (insbesondere DtJes) zurückgreift, kann kaum als Gegenargument dienen, denn TrJes zitiert keineswegs unaufhörlich. Daß hier nicht zitiert wird, zeugt vielmehr zunächst von einer Eigenständigkeit der Gedanken gegenüber 60,1-3, wo verschiedene Vorlagen eingearbeitet sind und demzufolge Eigenes nicht weiter ausformuliert werden konnte. Dies hat der Verfasser in V. 19f. nachgeholt, wobei der Gedanke, daß das Wirken Jahwes für Zion nun fortlaufend ein Segen darstellt, typisch tritojesajanisch ist. Gegen Duhm (Jesaia, 453), Koenen (144, Anm. 502) u.a., mit Volz (248) und Westermann (ATD, 289).

64

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Tries 60-62* keine besonderen Leistungen verlangt, deren Erfüllung erst eine Teilhabe am Heil ermöglichen würde. 1 8 3 Mit der Landverheißung wird traditionelles Heilsgut aufgenommen. ohne daß ein historischer Anlaß für die Aufnahme dieser Verheißung bestehen muß. Charakteristisch für TrJes ist die Erweiterung der Verheißung um û'jiïï'p. 184

V.21a hat literarisch eine enge Parallele in Ps 37,29, ohne daß literarische Abhängigkeit nachgewiesen werden kann. Die Wendung "Sproß meiner Pflanzung" findet sich im AT nur hier. 185 Die Bezeichnung könnte als Anspielung auf Jes 11,1 aufzufassen sein, was insofern nicht unwahrscheinlich ist, als der Autor offenbar an traditionelle Heilsverheißungen anknüpfen will. 186 Zion ist der Sproß, von dem die Friedensherrschaft fortan ausgehen wird, nicht allein über das Volk im Lande, sondern über alle Völker, die (vgl. Jes 2,2-4 par.) zum Zion pilgern. Mit dem Gebrauch des Wortes "Pflanzung" wird möglicherweise auf Ez 34,29 angespielt: In beiden Texten meint "Pflanzung" eine Heilssetzung Jahwes zu seinem Ruhm. 187 Während dort die Beseitigung von Hunger und Schmähungen der Feinde Israels im Vordergrund stehen, ist es hier die vollkommene Versorgung des Zionvolkes mit allen Gütern und Segnungen Jahwes. Das Zionvolk wird so selbst zur "Pflanzung Jahwes" (61,3b), die vor allen Völkern Hochachtung genießt.188 Die Formulierung "Werk meiner (sc. Jahwes) Hände" wird nur noch in Jes 19,25 und 29,23 gebraucht. In letztgenannter Stelle ist die Wendung ursprünglich auf das Gerichts- und Heilshandeln Jahwes an seinem Volk bezogen, ein

Ob TrJes 62,10-12 in diesem Sinne interpretiert werden darf, erscheint zumindest zweifelhaft. 184 Vgl. TrJes 60,15.19.20; bes. 61,7b.8. 185 Lies, gestützt durch die Vulg. (vgl. auch Sym. und Theod. bei Field II, 553, Sp. 1), 'aSÜ 1S3 , da es sich um Jahwerede handelt, vgl. Ehrlich (Randglossen, 217). Das Ktîb des MT erklärt sich am ehesten als Versuch einer Angleichung des Textes an V.19f., wo von Jahwe in dritter Person geredet wird. 186 "Sproß" findet sich nur noch in Jes 14,19 und Dan 11,7. Der traditionelle Messianismus hat nicht nur unter DÜes (vgl. 45,1), sondern auch unter dem Propheten Sacharja eine nicht unerhebliche Modifikation hinnehmen müssen, vgl. dazu Donner, Geschichte II, 414. 187 Yg] Zimmerli, Ezechiel II, 846. Anders als bei TrJes kann man bei Ezechiel noch keinen formelhaften Gebrauch des Wortes "Pflanzung" feststellen, vgl. ebd., 846. In Ez 34,29 steht Offl1? 3 8 Í , der Text wird entsprechend der LXX meist in ΰ ΐ ψ ÏSÏ3 emendiert, vgl. BHS, Zimmerli, Ezechiel II, 832. Die Stellen (Ez 34,29; TrJes 60,21 und 61, 3) könnten 2.Sam 7,10 als Vorlage gehabt haben. Jahwe sagt dort Israel zu, daß er ihm (dem Volk) einen Ort (Dipü) geben und es pflanzen (!»]) will, so daß es dort vor der Bedrängnis der Feinde sicher sein wird. 188

Koenen (144, Anm. 501, mit Diskussionsüberblick) deutet "Sproß" allegorisch auf Jerusalem und "Pflanzung" auf das Volk. Die Formulierung "Sproß meiner Pflanzung" widerspreche somit TrJes 61,3. - Eine allegorische Deutung der einzelnen Glieder ist in diesen Wendungen jedoch ebensowenig möglich wie liei den "Terebinthen der Gerechtigkeit" (parallel zu "Pflanzung Jahwes") in TrJes 61,3b.

1. TrJes 60,1-22*

65

Glossator 189 hat - wahrscheinlich beeinflußt durch TrJes 61,3b und einer entsprechenden Deutung von 60,21 - mit der Ergänzung von "seine Kinder" die Formulierung "Werk meiner Hände" als Bezeichnung für das Volk der Gerechten aufgefaßt. Da der Text dort innergemeindliche Konflikte betrifft, macht er gegenüber TrJes einen sekundären Eindruck und wird kaum als literarische Vorlage von TrJes 60,21 gedient haben. In Jes 19,25 ist Assur als "Werk meiner Hände" bezeichnet. Ägypten wird in diesem Segen Jahwes "mein Volk" und Israel "mein Erbe" genannt. Die Bezeichnungen weisen das betreffende Land als ein von Jahwe gesegnetes Land aus, doch eine literarische Beziehung zwischen Jes 19,25 und TrJes 60,21 ist ganz ungewiß und kaum nachweisbar. Vers 22: "Der Unbedeutende wird zu einem Stamm und der Geringe zu einem starken Volk. Ich, Jahwe, will es zu seiner Zeit beschleunigen."" Als abschließender Ausdruck des Segens Jahwes wird nun noch die Mehrung des Volkes verheißen. ("unbedeutend") findet sich in einem Mehrungssegen in Gen 48,19, die Gegenüberstellung mit "Stamm" begegnet allerdings nur hier. Vom "starken Volk" ist zwar des öfteren die Rede 190 , doch nicht im Gegenüber zu TD^n, so daß literarische Beziehungen nicht nachweisbar sind. V.22b erinnert an ähnliche Formulierungen besonders bei DtJes und Ez 191 , ist literarisch aber singular. Daß in V.21f. keine Zitate mehr auffindbar sind, spricht an dieser Stelle nicht gegen die Verfasserschaft Tritojesajas: Die Verse haben Überleitungsfunktion und bedürfen daher einer Eigenformulierung des Autors. c) Fazit Der unbekannte Schriftsteller, den wir behelfsweise als "Tritojesaja" bezeichnen, erweist sich in TrJes 60 als "schriftgelehrter Prophet": Er tritt deutlich mit prophetischem Anspruch auf und nimmt literarisch auf Vorlagen Bezug. Auffallig ist, daß der Prophet nur dort auf die Thora zurückgreift, wo sie Informationen oder Wortkonstellationen enthält, die nicht aus den Nebiim zu entnehmen sind. Die prophetischen Bezugnahmen stehen eindeutig im Vordergrund, unter ihnen wiederum diejenigen auf dtjes. Stellen. Bemerkenswert erscheint, daß sich TrJes hauptsächlich auf die Botschaft DtJes', dann aber auch auf die sogen. "Naherwartungsschicht" bezieht, beide Sammlungen haben ihm also offenbar schon in Verbindung miteinander vorgelegen. Dadurch,daß TrJes sich auf beide Sammlungen bezieht und Stellen aus beiden Textgruppen einarbeitet, werden diese miteinander harmonisiert. Der Autor sieht entweder von vornherein keine Widersprüche in seinen Vorlagen, oder er beseitigt diese Widersprüche ganz bewußt, indem er die Texte unterschiedslos verwendet. Ein Schwerpunkt der schriftgelehrten Arbeit TrJes' ist die Aufnahme von Wendungen aus 189 190 191

Vgl. Guthe, Jesaja, 639 (Anm. h), Kaiser, Jesaja II, 221, Anm. 3 u.a. Vgl. im Sg. Dtn 9,14; 26,5; Joel 1,6; Mich 4,7 (!) und Gen 18,18. Vgl. Zimmerli, Ich bin Jahwe, 29ff., bes. 33.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

dem Abschnitt DtJes 49,14-26*: Der Verfasser greift des öfteren auf diesen Text zurück (vgl. die Tabelle), ohne daß sich darin System finden ließe. Er bereichert die in der Vorlage beschriebene Völkerwallfahrt zum Zion um die Lichtepiphanie Jahwes über dem Zion, die im Sinne von Jes 2,2-4 par. eine freiwillige Wallfahrt der Völker zum Zion auslöst. Die Heimbringung der Exulanten wird nebensächlich, um so wichtiger sind jetzt die Reichtümer der Völker, die einer materiellen Ausstattung des heiligen Zionberges dienen. Das Gericht an den Fremden (vgl. "Naherwartungsschicht" Jes 49,24-26) entfallt, die Völker dienen Zion zum Heil und fallen ehrerbietig vor ihr nieder. Der Abschnitt DtJes 49,14-26* erfährt durch diese Ausdeutung eine neue Aktualität und erweist sich damit als fortdauernd gültiges Jahwewort, vgl. DtJes 40,8. Eine Unterscheidung von "Schichten", die sich nur auf Jes 40-55 beziehen und solchen, die auch andere Quellen benutzen, läßt sich nicht ausmachen. 192 Das Kapitel bildet im großen und ganzen eine Einheit. 193 2. TrJes 61,1-11 a) Vorbemerkungen Das in TrJes 60 im Vordergrund stehende Thema einer "Völkerwallfahrt zum Zion" wird in Kap. 61 explizit nicht mehr ausgeführt. Stattdessen ist jetzt primär von der Bevollmächtigung des Autors und seinem Auftrag an der Ziongemeinde die Rede. Gemeinsam ist den Kapiteln vor allem eine Beschreibung des Wohlergehens der Ziongemeinde, das in dem voraussetzungslosen Heilshandeln Jahwes begründet ist. Man hat insbesondere den ersten Abschnitt V.l3 1 9 4 als ein versprengtes EIL auffassen wollen 195 , doch das Kapitel ist schriftgelehrte Prophetie wie TrJes 60 und paßt auch vom Sprachgebrauch her gut in den trjes. Kontext. 196 Wenngleich das Thema gegenüber dem vorherigen Kapitel deutlich gewechselt hat, muß aus den genannten Gründen davon ausgegangen werden, daß Kap. 60 und 61 von ein und demselben Autor geschrieben wurden. 197 Da TrJes 61,1-3 zunächst wie ein Berufungsbericht eines Propheten klingt, hat man das ganze Kapitel an den Anfang der Trias 60-62 stellen wollen, doch derartige Textumstellungen

19

~ Gegen Steck, Tritojesaja, 14f. Als Glosse ohne inhaltliche Bedeutung ist Jes 60,6aß (entstanden durch Gedankenassoziation) zu benennen, die Glossen Jes 60,12a und 12b sind dem Abschnitt "Einzelüberlieferungen" beigeordnet. 194 Das Kapitel wird in die Verse 1-3.4-7.8f. und lOf. gegliedert, zur Begründung vgl. die Einzelinterpretation. 195 Vgl. dagegen bes. Muilenburg, 709, Pauritsch, 104, Anm. 410f. (Lit.), auch die Literaturübersicht von Koenen, 105, Anm. 277. 196 Zur Metrik vgl. Odeberg ( 14f.) und Köhler (Prophet, 212). 197 ygi heS Sekine (76ff.) in Auseinandersetzung mit Volz (255ff.). 193

2. TrJes 61,1-11

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konnten vor allem wegen einer fehlenden Begründung für die nun vorliegende Abfolge des Textes bislang nicht überzeugen.198 Umgekehrt wurde die Abfolge 60-62 als eine von vornherein geplante Konzeption verstanden, wobei allerdings offen bleibt, warum die einzelnen Kapitel jeweils ein in sich geschlossenes Ganzes mit eigener Themenstellung bilden und unter Berücksichtigung der literarischen Bezüge auf die Vorlagen unabhängig voneinander verstanden werden können. Problematisch bleibt dann auch die Stellung von Kap. 61 innerhalb der Abfolge 60-62. Versteht man den Text TrJes 61 als Zionrede 199 , dann hätte diese Rede weitaus besser an den Schluß einer Prophetie gepaßt, die mit dem Aufruf an die verzweifelt am Boden liegende "Frau Zion" eingeleitet wurde. Hinzu kommt, daß das nicht näher bezeichnete "ich" des ersten Abschnitts V.l-3 neben einer Reihe von anderen Profilen deutlich prophetische Konturen aufweist, die man kaum einer - wenn auch personifizierten - Stadt zuweisen kann.-0® So wird Kap. 61 auf den Propheten Tritojesaja selbst zu beziehen sein.

b) Exegese Vers 1: "Der Geist >Adonai< Jahwes201 ist auf mir, weil Jahwe mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Armen (frohe) Botschaft zu bringen, zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, den Gefangenen Befreiung anzukündigen und den Gebundenen Lösung,..." Die erste Zeile (vgl. BHS) hat Überschriftcharakter, mit der merkwürdig frühen Setzung des Xtnäh verkennen die Masoreten die Verbindung der beiden ersten Halbverse durch Die folgenden Partien bis V.2a sind Explikation dieser Selbstaussage, die Infinitive (+ "7) sind bis 198 vgl. in neuerer Zeit wieder Pauritsch (105ff.221f.) mit der postulierten Abfolge TrJes 61-62-60, demgegenüber die Kritik daran von Sekine, 80ff. (mit Abriß der Forschungsgeschichte). 199 Vgl. Steck (Tritojesaja, 16f., Anm. 29), der durch seine Interpretation genötigt ist, die "Trauernden Zions" in V.3 aus inhaltlichen (!) Gründen zu streichen, vgl. ders., Untersuchungen I, 134, Anm. 67. 200 Gegen Steck, Untersuchungen I, 134f., Anm. 67 u.a. Zwischen der Personifizierung einer Stadt und der Herausstellung ihrer vollmächtigen Verkündigung, die man in TrJes 61 anzunehmen hätte, besteht ein nicht geringer Unterschied, der mindestens durch sichere Textverbindungen abgesichert sein müßte. Diese kann ich in dem Hinweis auf DtJes 50,4ff.; 52,13ff. und Jes 48,16b(!) (Steck, a.a.O.) nicht erkennen. Am ehesten könnte man auf die "Freudenbotin Zion" in DtJes 40,9ff. hinweisen, doch ein Textbezug auf DtJes 40,9ff. liegt nicht vor. 201 "Adonai" fehlt bei allen übrigen wesentlichen Textzeugen (vgl. LXX, lQJes 8 , Vulg.) und begegnet bei TrJes nur noch in 61,11 (auch dort nicht sicher bezeugt). Vom "Geist Jahwes" ist im AT häufig die Rede (nach Albertz/Westermann, THAT II, Art. ΓΠ"1, 742 insgesamt 27 mal), vom "Geist Adonai Jahwes" hingegen sonst nie. Man kann die Ergänzung von "Adonai" einerseits als Text-Qrê erklären, andererseits einen literarischen Einfluß von Jes 48,16b annehmen, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß der Passus dort nicht im geringsten in den Kontext paßt (vgl. Duhm Jesaia, 365, Westermann, ATD, 164f.) und daher auch umgekehrte literarische Abhängigkeit nicht auszuschließen ist. 202 Vgl. dazu auch Koenen, 105 (mit Anm. 275). Zum Gebrauch von vgl. König, Syntax, §389i.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

V.2a abhängig von 'J.n'jB. In V.2b.3a ist wahrscheinlich in Anknüpfung an die Begriffe "Gnadenjahr Jahwes" und "Rachetag für unseren Gott" von Jahwe selbst die Rede, ohne daß ein Unterschied zwischen dem Auftrag des Autors und dem Handeln Jahwes anzunehmen wäre. In V.3b wird der erste Abschnitt schließlich durch einen thematischen Übergang auf das Ergehen der Heilsgemeinde abgeschlossen. Damit ergibt sich ein Wechsel von dem Handeln Jahwes auf das Ergehen der Gemeinde und insofern eine Parallele zu TrJes 60,1-3. Im Unterschied zu diesem Text steht hier nun die Person des Propheten ganz im Vordergrund. Er bildet das Zwischenglied zwischen Jahwe und der Gemeinde, während in TrJes 60 Zion als Bindeglied zwischen Jahwe und den Völkern (samt Heimkehrern) angesehen werden konnte.

Der Autor knüpft mit der ersten Zeile, wie lange erkannt ist, an verschiedenste Traditionen an. 203 Da ist zunächst die Prophetie zu nennen: Obgleich die Propheten in vorexilischer Zeit einen unmittelbaren Bezug ihres Wirkens auf den Geist Jahwes gemieden haben, ist dies doch in nachexilischer Zeit sicher nachweisbar. Hierbei fallt nun auf, daß der Autor nicht von einem Berufungserlebnis berichtet, das ihn mit dem Geist erfüllt hätte, sondern daß er ganz statisch von einem "Geistbesitz" redet.204 Hinzu kommt,daß die Rede vom Geistbesitz als Selbstaussage begegnet, was für Propheten ganz ungewöhnlich ist. Die nächste Parallele hierfür findet sich in Mich 3,8. 205 Der Prophet beruft sich dort in Auseinandersetzung mit "falschen Propheten" auf den Geist Jahwes und erklärt aus dem Geistbesitz seine prophetische Vollmacht. Die prophetische Selbstaussage vom Geistbesitz könnte also ihren "Sitz im Leben" in einer Apo-

203 vgl (j l e Literaturübersicht bei Pauritsch (109, Anm. 421) sowie den inhaltlichen Überblick bei Koenen, 105ff. 204 Vgl. dazu Albert z/Westermann, THAT II, Art. ΠΓΙ, 750. 205 Der Abschnitt ΓΠΓΤ HIV!!« wird seit Wellhausen von nahezu allen Kommentatoren (vgl. BHS, ferner Guthe, Micha, 58, Rudolph, Micha, 68, Anm. 8b„ ebd., 73, WilliPlein, Vorformen, 81 u.a) dem Propheten Micha abgesprochen. Wolff interpretiert die Worte als nachgetragenen Kommentar, der die "dreitaktige Reihe »Vollmacht-RechtTapferkeit« sprengt und metrisch überfüllt" (Wolff, Micha, 61). Auffallig ist zudem die Kopula "HR, die nur dort im Vers verwendet wird (ebd.). Andererseits ist nicht von vornherein auszuschließen, daß sich der Prophet Micha in Auseinandersetzung mit "Heilspropheten", die den Geist ihrerseits für sich beanspruchten (vgl. Mich 2,6ff.), in einer in der vorexilischen Prophetie freilich singulären Weise auf den Geist Jahwes berufen haben könnte. Hinzu kommt, daß der angesprochene Abschnitt nur bei Symm. nicht sicher bezeugt ist, vgl. Field II, 992, Sp. 2. Doch selbst wenn man die besagte "Einfügung" auf Kreise des frühen 6Jhdts. (so Wolff, Micha, 66) zurückführen will, hat der Text in seiner heute vorliegenden Form aller Wahrscheinlichkeit nach auch TrJes vorgelegen und konnte von ihm in der angegebenen Weise (möglicherweise sogar im Hinblick auf 1. Kön 22) interpretiert werden. Es gibt mit Wolff (Micha, 65f.) keinen Grund, Vers 8 im Rahmen von Mich 3,1-12 dem Propheten ganz abzusprechen (gegen Albertz/Westermann, THAT II, Art. ΓΤ1Ί, 747, die den Vers Mich 3,8 insgesamt (sie!) in die Nähe des Dtr. oder von Ρ rücken wollen - Westermann (ATD, 291) hält Mich 3,8 in seinem Kommentar noch für eine Berufungsaussage der vorexilischen Heilsprophetie).

2. TrJes 61,1-11

69

logetik gegenüber Gegnern haben, die ihrerseits den Geist Jahwes für sich beanspruchen.206 Denkbar ist, daß sich TrJes nach der Veröffentlichung seiner Prophetie (TrJes 60), die er immer wieder wörtlich an die prophetische Botschaft Deuterojesajas (und ihre Fortschreibungen) angelehnt hatte, vor Gegnern rechtfertigen mußte. Diese werden ihm vorgeworfen haben, daß er keine eigene Prophetie zustande bringt, weil ihm der Geist Jahwes fehlt. Hinzu kommt, daß TrJes sich auf eine Prophetie bezog, die augenscheinlich nicht in Erfüllung gegangen war. Die Frage nach seiner Legitimation war also gestellt, ohne daß man zwingend annehmen muß, daß die Gegner Tritojesajas "falsche Propheten" im Sinne von Mich 3 gewesen sind. Man muß sich vielmehr vor Augen halten, daß die von Tritojesaja mit dem Kap. 60 veröffentlichte Prophetie insofern infrage gestellt werden konnte, als sie sich nicht auf einen speziellen Auftrag Jahwes, sondern auf literarische Vorlagen früherer Propheten, besonders aber Deuterojesajas, berief. Seine Prophetie lehnt sich allzu deutlich an Vorgegebenes an, eigene Konturen werden nur durch die mit Deutung und Modifikation verbundene Aktualisierung von Traditionen erkennbar.

Für Tritojesaja lag es daher nahe, seine ältere Prophetie auslegende Botschaft durch den Geistbesitz zu legitimieren.207 Damit knüpft TrJes unmittelbar an die vorgegebene Gottesknechtstradition an, vgl. besonders DtJes 42,1. 208 Mehr noch: Die Explikation der ersten Zeile unseres Abschnitts V.l-3 steht in so großer Nähe zu dem Auftrag des Gottesknechts, daß davon ausgegangen werden kann, daß der Verfasser sich mit dem Gottesknecht identifiziert hat.209 Zu 206

Vgl. Albertz/Westermann, THAT II, Art. ΤΤΙΊ, 748, zur Stelle auch Bonnard, 416. Ohne biographische Deutung kommen wir an dieser Stelle nicht aus. Man kann natürlich annehmen, daß die Auseinandersetzung um wahre oder falsche Prophetie rein fiktiv im Hintergrund der Legitimation des Propheten steht (vgl. dagegen aber Sheppard, Prophecy, bes. 263f.), wird damit aber nicht die jetzige Abfolge der Kapitel erklären können, die eine Reaktion der Leser des Kapitels 60 voraussetzt. 208 Vgl. dazu die Literaturübersicht bei Koenen ( 105,Anm. 277). Zur Gottesknechtstradition selbst vgl. grundsätzlich den Forschungsüberblick von Haag (Gottesknecht). 209 Fragend neuerdings auch Gowan (Isaiah, 406): "does the prophet then identify himself with the Servant of the Lord ?" Von "Imitation" (vgl. Koenen, 105, Anm. 277 u.a., in jüngster Zeit wieder Kellermann, Tritojesaja, 57) o.a. zu reden, dürfte angesichts der unzweideutigen Selbstaussage des Verfassers nicht ausreichen. Die Identifikation TrJes' mit dem Gottesknecht bedeutet keinen Widerspruch gegenüber der Tatsache, daß TrJes in Kap. 60 die Ziongemeinde in der Funktion des Gottesknechts gesehen hat (vgl. TrJes 60,1-3 u.ö.). Der Autor bezieht vielmehr ganz bewußt die Heilsfunktionen, die er zuvor der Heilsgemeinde verheißen hat, auf sich bzw. auf die ihm durch Jahwe gegebene Vollmacht, um die Elemente der Heilsverkündigung an das Volk durch die Beauftragung Jahwes ihm gegenüber abzusichern. - Ähnlich wie mit der Gottesknechtstradition verhält es sich auch mit den messianischen Zügen, die in TrJes 61,1 begegnen: In TrJes 60,21 (vgl. 61,3) bekommt das Volk mit dem Ausdruck "Sproß meiner Pflanzung" bzw. "Pflanzung Jahwes" messianische Qualitäten zugesprochen, mit der ersten Zeile von 61,1 hingegen bezieht der Autor diesen Messianismus auf sich selbst. Ein Bezug auf Kyros (DtJes 45,1, vgl. Steck, Heimkehr, 70, ders., Untersuchungen I, 132, Anm. 60 u.ö.) kann aus dem Text nicht erhoben werden, vgl. schon Zimmerli, Gnadenjahr, 224. 207

70

I. "Tritojesaja" (Tries 60-62*)

beachten ist dabei, daß die Figur des Gottesknechts, der nach Ausweis von DtJes 52,13-53,12 offenbar frühzeitig gestorben war, inzwischen zur Chiffre geworden ist, die entsprechend der den EJL beigefügten Zusätze kollektiv (auf Israel) oder eben individuell gedeutet werden konnte. Für die individuelle Deutung ist TrJes 61,1-3 mithin wahrscheinlich der erste und älteste Beleg. 210 Warum deutet TrJes nun die Gestalt des Gottesknechts auf seine Person ? - Zum einen war in der Gottesknechtstradition die Verbindung verschiedener Heilstraditionen vorgegeben. Die Chiffre "Gottesknecht" bezeichnete eine eschatologische Gestalt, der man ursprünglich ganz unterschiedliche Heilstraditionen wie die Erwartung eines königlichen Messias oder eines besonderen Propheten zuordnen konnte. 211 Insbesondere die Charakterisierung des Gottesknechts als "Prophet" mußte TrJes entgegenkommen: Dem Gottesknecht wurde keine öffentliche Rede im herkömmlichen Sinne nachgesagt (vgl. DÜes 42,2!), wohl aber Geistesgabe (Dtles 42,1) und eine Botschaft, die in die ganze Welt hinausstrahlt (vgl. DÜes 49,6). Obwohl der Gottesknecht von Jahwe gesegnet war, ist seine Heilsbotschaft, die inhaltlich kaum näher charakterisiert werden kann und daher für inhaltliche Füllungen offen ist, von den Leuten verkannt worden. Was TrJes zur Identifikation mit dem Gottesknecht veranlaßt haben wird, ist vor allem die Beschreibung seiner Prophetie: Sie ist durch Geistesgabe in Verbindung mit der Verbreitung von "Recht" unter dea Völkern (DÜes 42,1) und nicht vernehmbarer (d.h. nicht hörbarer) Verkündigung (DÜes 42,2) - also durch ein völlig neues Prophetenverständnis - charakterisiert.

Dieses Prophetenverständnis berührt sich nun eng mit dem im Dtn (18,9-22) beschriebenen Prophetengesetz: Dort werden "Propheten wie Mose" verheißen,

210 Vgl. auch Zimmerli, Sprache, 227, Koenen, 107, Anm. 285 (mit Hinweis auf Waldow). Neben unserer Stelle kommt noch Jes 50,1 Of. in Betracht, vgl. Haag, Gottesknecht, 34 (mit Hinweis auf North). Die individuelle Deutung des "Ichs" in TrJes 61 auf einen Hohenpriester (vgl. die Angaben bei Beuken, Servant and Herald, 413f., Koenen, 103f., Steck, Untersuchungen I, 134, Anm. 67, jeweils mit Diskussionsüberblicken) hat durch den Textfund 1 IQ Melch (vgl. van der Woude, Melchisedek, 354ff.) eine interessante Variation erhalten: Dort wird das "Ich" (wenn die herkömmliche Textinterpretation zutrifft) unter Aufnahme von TrJes 61 auf den Hohenpriester Melchisedek gedeutet (vgl. ebd., 362), wobei zu bedenken ist, daß auch andere Heilstraditionen wie die messianische (unsicher, vgl. ebd., 366f.) oder der Bezug auf den Freudenboten in DÜes 52,7 (die Stelle wird zitiert) dort ineinanderfließen, vgl. ebd., bes. 366f. Zur Diskussion um die Zitate in 1 IQ Melch vgl. Brooke, Exegesis at Qumran, 32Iff. (Lit.). 211

Das kam dem Gemisch an unterschiedlichen Heilserwartungen bei Tritojesaja entgegen. Die statische Rede vom "Geistbesitz" knüpft eine Verbindung zwischen Jes 11,2 (Messias), DÜes 42,1 (Gottesknecht) und Tries 61,1 (also Tritojesaja selbst), vgl. Zillessen, 242, Albertz/Westermann, THAT II, Art. ΠΠ, 750. Der Empfang des Gottesgeistes ist nur in l.Sam 16,13 und TrJes 61,1 mit dem Ritus der Salbung (ΠΒΏ) verbunden (vgl. dazu die Diskussion um das Verhältnis von Salbung und Geist bei Koenen, 106, Anm. 281 (Lit.)), was sicher nicht real interpretiert werden darf, sondern auf eine eschatologische Bevollmächtigung des Geistträgers in Analogie zum eschatologisehen Davididen hinweisen soll, vgl. Westermann (ATD, 291), Pauritsch (109) u.a. Zur Überbetonung der "königlichen" Bezüge in TrJes 61 vgl. Koenen, 105, Anm. 276 (Lit.).

2. TrJes 61,1-11

71

solche also, die von Jahwe seine Worte in den Mund gelegt bekommen und nur das verkündigen, was Jahwe ihnen - in der vorgegebenen Tradition - geboten hat, vgl. Dtn 18,18.20 212 . Auch dieses Gesetz trägt einen apologetischen Zug, denn es wird ursprünglich in Auseinandersetzung mit orakelhaften und mantischen Praktiken, mit Einschluß des späteren Zusatzes V. 16-20 in Auseinandersetzung auch mit "falschen Propheten" formuliert.213 Hinzu kommt, daß Mose nicht nur als Prophet, sondern auch als Geistträger verstanden werden konnte. 214 Die Forderung nach einer Prophetie, die sich an der vorgegebenen Tradition zu orientieren hat, fordert das Phänomen "schriftgelehrte Prophetie" geradezu heraus. Ob der Gottesknecht selbst sich schon als ein Prophet im Sinne von Dtn 18,9-22 verstanden hat, ist ungewiß215, bei TrJes können kaum Zweifel bestehen. Auch wenn die Verbindung zwischen der Gottesknechtstradition und dem Prophetengesetz Dtn 18,9-22 nicht zwingend bereits vorgelegen hat, so lag diese Verknüpfung für TrJes doch nahe: Er mußte die eschatologische Gottesknechtsgestalt legitimieren, damit ihn nicht das gleiche Schicksal traf wie den Gottesknecht. Diese Legitimation gelang ihm mit Hilfe des Prophetengesetzes: TrJes interpretiert den Gottesknecht und damit auch sich selbst als einen "Propheten wie Mose".216 Die Verbindung zwischen beiden Gestalten ergibt sich aus ihrem Geistbesitz sowie aus einer Verkündigung, die nicht mit der herkömmlichen Prophetie zu vergleichen ist. 217 Beide können zudem als Mittler

212 ygi m T Abgrenzung und zur Interpretation des Textes Rüterswörden (Gemeinschaft, 76ff.), in jüngster Zeit Zobel (Prophetie, 192ff.). Zum Bezug auf die vorgegebene Tradition vgl. bes. Rüterswörden (Gemeinschaft, 86f.), Zobel (Prophetie, 202). 213 214

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Vgl. Rüterswörden (Gemeinschaft, 80.83), Zobel (Prophetie, 198.200f.). Vgl. Albertz/Westermann, THAT II, Art. ΓΤΠ, 750 (mit Hinweis auf Num 11,17, vgl. 27,18 und Dtn 34,9). Vgl. Rudolph (Messias, llOf.), von Rad (Theologie II, 287), ders. (Deuteronomium, 89), dagegen Zobel (Prophetie, 214). Da er dabei den Gottesknecht nicht mehr als eine einzige, inzwischen verstorbene Person auffaßt, sondern als eschatologische Chiffre, mit der er sich selbst identifizieren kann, dürfte er kaum das Prophetengesetz messianisch auf eine Einzelperson (also auf sich selbst) gedeutet haben, sondern (ebenso wie dann auch seine Nachfolger) das Gesetz entsprechend seinem ursprünglichen Sinn (vgl. Marti, Dtn, 294, Donner, Prophetie, 45f., Rüterswörden, Gemeinschaft, 84, Zobel, Prophetie, 199f., anders von Rad, Deuteronomium, 88f.) als eine mit Mose einsetzende successio prophetica (oder auch successio mosaica) und damit seine Arbeit als prophetische Auslegung im Sinne des Mose. Das Prophetengesetz wird (ohne die späteren Zusätze) meist als deuteronomisch aufgefaßt, vgl. Zobel, Prophetie, 196. Zu beachten ist auch, daß Mose in der dtr. Literatur häufig als "Knecht Jahwes" bezeichnet werden konnte, vgl. Dtn 34,5; Jos 1,1.13.15; 8,31.33 u.ö. Weitere Vergleichsmomente vgl. bei Rudolph, Messias, llOf., von Rad, Theologie II, 287f., ders., Deuteronomium, 89. Die von Kellermann konstruierte Alternative - Bezug TrJes' auf "Dtn 18,15-18" oder auf den Gottesknecht, wobei sich Kellermann (Tritojesaja, 52f.57.63) für die letztere Möglichkeit im Sinne einer "formalen Imitation" entscheidet - entfällt, wenn man die Verbindung beider Bezugnahmen bei TrJes erkennt.

72

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

zwischen Gott und der Gemeinde sowie als Heilsverkündiger aufgefaßt werden. 218 Die Verkündigung ist nach Dtn 18,20 auf die vorgegebene Tradition zu beziehen und damit in der Konsequenz der schriftgelehrten Prophetie auch keine mündlich vorgebrachte Verkündigung mehr (vgl. zum Gottesknecht DtJes 42,2). Von ihr muß gleichwohl Gehorsam verlangt werden, d.h. für TrJes: Seine an der vorgegebenen Tradition orientierte schriftgelehrte Prophetie muß von den Leuten als Gotteswort akzeptiert werden. Deutung und Aktualisierung literarischer Vorlagen geschehen nicht nur im Auftrag Jahwes, sondern sind selbst Jahwewort.219 TrJes 61,1-3 dürfte demnach geradezu als ein Schlüsseltext für das Phänomen "schriftgelehrte Prophetie" zu betrachten sein: Mit TrJes 61,1-3 hat nicht nur der Prophet "Tritojesaja", sondern die "schriftgelehrte Prophetie" insgesamt eine unwiderlegbare Legitimation bekommen. - Wir haben somit in TrJes 61,1-3 keinen prophetischen Berufungstext vorliegen, sondern die apologetische Legitimation220 eines schriftgelehrten Propheten, eine Legitimation, an die alle schriftgelehrten Propheten künftig anknüpfen konnten. KTp kann zwar gerade in prophetischer Literatur als terminus technicus für "Verkündigung" verwendet werden, ist in Verbindung mit "11Ή aber ein verwaltungstechnischer Begriff, der ursprünglich einmal im Rahmen der Ausrufung eines Erlaßjahres verwendet wurde. 2 2 1 Diese Ausrufung zu veranlassen, war nach israelitischem Recht Sache des Königs (vgl. Jer 34,8), den es zu Tritojesajas Zeiten nach unseren Kenntnissen in Israel aber gar nicht gab. 2 2 2 Hinzu kommt, daß die von der "Freilassung" ("liTl) Betroffenen keineswegs als typische soziale Randgruppen im Zusammenhang mit dem Erlali jahr (insbesondere Schuldsklaven) angesprochen werden können 22 ·', so daß sich der Verdacht nahelegt, daß nicht von einer realen 218

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223

Vgl. zum Prophetengesetz diesbezüglich Zobel, Prophetie, 198.210. Im Hinblick auf 11 Q Melch fühlen sich Jonge/van der Woude (1 IQ Melch, 307) an einen "Propheten wie Mose" erinnert. Der Bezug TrJes' auf die dtjes. Prophetie legitimiert umgekehrt auch diese: Sie erweist sich damit als eine Prophetie, die durch ihre Aktualisierung und Umdeutung eben doch noch für die Gegenwart relevant ist und in Erfüllung geht. Damit ist sie entsprechend dem Verständnis von Dtn 18,21 f. Jahwewort. Daß es in TrJes 61,1 um die Legitimation eines Propheten geht, haben (allerdings ohne den hier dargebotenen Verständnishintergrund) auch schon Pauritsch (109) und Koenen (104) gespürt. Schon Gesenius (Jesaia, 250) spricht von einer "Selbstapologie des Propheten" und verweist u.a. auf Mich 3,8 (ebd., 251). Vgl. noch De Wette (Einleitung, 290: "die apologetische Selbsterwähnung des Propheten") u.a.m. Vgl. zu beidenVerwendungsmöglichkeiten Labuschagne, THAT II, Art. !Op, 669 (mit zahlreichen Belegen). Der Bezug auf Kyros (vgl. Steck, Untersuchungen I, 132, Anm. 60, Koenen, 106) ist willkürlich, denn der hat im 5.Jhdt. v.Chr. nicht mehr existiert und ist als eschatologische Heilsfigur nicht im Blick: TrJes hat Kyros bereits in 60,11, wo ein literarischer Bezug auf Dtles 45,1 vorliegt, als eschatologische Heilsfigur ausgeschaltet und durch die Völker ersetzt. Hier liegt weder ein eindeutiger Textbezug auf Dtles 45,1 vor, noch ist eine inhaltliche Anknüpfung (Kyros bekommt von Jahwe Macht, die Völker zu unterwerfen!) erkennbar. Vgl. Steck, Rachetag, 110.

2. TrJes 61,1-11

73

Ausrufung eines Erlaßjahres die Rede ist, sondern entsprechend dem eschatologischen Verständnis von *1ÍTT in einem ganz allgemeinen Sinne von "Befreiung". Die Eschatologisierung des Begriffes ist bereits in Jer 34,17 nachweisbar, dort aber in einem negativen Sinne, so daß die Stelle wohl nicht als Vorlage von TrJes 61,1 in Frage kommt. 2 2 4

Auch der Gebrauch von Ίώα (Pi'el) kann nicht im Sinne herkömmlicher prophetischer Rede aufgefaßt werden: Mit der Bedeutung "gute Nachricht bringen" findet sich die Wurzel in 2.Sam 18,19; Jer 20,15, mit Akk. in l.Kön 1, 42 und DtJes 52,7. 225 Bei der bisher beobachteten Häufigkeit der Anlehnung TrJes' an DtJes ist als nahezu sicher anzunehmen,daß sich TrJes auf den eschatologischen Freudenboten ( i e n a ) von DtJes 52,7 bezieht. 226 Dafür spricht auch, daß der in TrJes 61,1 fehlende inhaltliche Bezug von ~wz durch die Vorlage aufgehellt wird: Seine Botschaft ist eine eschatologische Friedens- und Heilsbotschaft an Zion. Jahwe kehrt zum Zion zurück, er hat sein Volk getröstet (nru, vgl. DtJes 52,9 mit TrJes 61,2b). Als eschatologischer König Zions (DtJes 52,7) kann er eine eschatologische "Freilassung" veranlassen.227 Ob TrJes sich auch mit dem eschatologischen Freudenboten von DtJes 52,7ff. identifiziert hat, läßt sich nicht sicher ausmachen.228 Er hat jedenfalls seinen Auftrag im Sinne dieses Freudenboten verstanden, und in späterer Zeit hat man beide Gestalten miteinander identifiziert.229 Die "Armen" (cur) sind unter zweierlei Aspekten zu betrachten: Zum einen werden so die Gedemütigten, die Jahwetreuen und "geistig" Armen bezeichnet. Zum anderen hat der Ausdruck aber auch eine soziale Komponente, ange-

224

Man könnte höchstens an einen eschatologischen "Gegenentwurf" TrJes' zu der Gerichtsrede an das Jerusalemer Volk in Jer 34,17 denken, doch dies ist aufgrund der geringen Wortberührung kaum nachweisbar. Vgl. zur Eschatologisierung des Begriffs im positiven Sinne 1 IQ Melch, Zeile 6 (dort ist wohl auch schon Sündenvergebung mit eingeschlossen, vgl. van der Woude, Melchisedek, 363, auch Jong e/ van der Woude, H Q Melch, 304). 225 Vgl. die LXX mit ε ι ί α γ γ ε λ ί σ α σ θ α ι . 226 In den übrigen Belegen wird jeweils von dem Bericht eines Boten geredet, die Stellen sind für unseren Zusammenhang bedeutungslos. 227 Ein Bezug auf DtJes 40,9, wo Zion selbst als "Freudenbotin" (ΪΤΊΒ50) bezeichnet wird, gibt hingegen keinen Sinn. 228 Nach Beuken (Servant and Herald, 418.439, ders., Jesaja, 198f.) hat der Verfasser die Figur des Gottesknechts und die des Freudenboten in Kap. 61 vereinigt. Beuken (Jesaja, 195f.) ist dabei unsicher, ob der Verfasser von Kap. 61 mit "Tritojesaja" identisch ist. 229 Zu 11Q Melch vgl. van der Woude, Melchisedek, 367, Jonge/van der Woude, 1 IQ Melch, 306ff., zu Lk 4,18f. vgl. Albertz (Antrittspredigt, bes. 190ff.) und Sanders (Isaiah, 75-85, Lit.), zu weiteren Belegen für die Wirkungsgeschichte von TrJes 61,lf. einschließlich 1 IQ Melch vgl. Jonge/van der Woude, 1 IQ Melch, 309ff., Albertz, Antrittspredigt, 189, Anm. 33f.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

sprachen sind Menschen, die soziale Not leiden.230 Im eschatologischen Kontext kann daraus allerdings kaum ein sicherer Rückschluß auf soziale Hintergründe gezogen werden. Mit den "Gebundenen" spielt TrJes wahrscheinlich auf Dtles 42,7 (dort steht TON allerdings in Verbindung mit NT) an 231 , zumindest deshalb, weil dort parallel zu KT die Wurzel npe begegnet, deren Erklärung in TrJes 61,1 einige Rätsel aufgibt. 232 Hinzu kommt, daß DtJes 42,7

230 vgl. Schwantes (Recht der Annen, 174). Daß TrJes das angesprochene Volk jetzt so betont als "Arme" u.a. anspricht, mag auch in den bisher veröffentlichten Passagen seiner Prophetie einen besonderen Grund haben. In TrJes 60 war der Reichtum der Völker ganz allgemein Zion verheißen worden. Möglicherweise hat dies nicht Begeisterung, sondern Argwohn bei dem zum großen Teil verarmten Zionvolk hervorgerufen: Sollten nicht wieder nur die Reichen noch reicher gemacht werden ? - Damit würde sich die Erwähnung der "Armen" gerade an dieser Stelle bei TrJes auch aus dem sozialen Hintergrund seiner Zeit erklären. Umgekehrt können die Reichen von der Heilsbotschaft TrJes' nicht ausgeklammert werden, denn eine Differenzierung des Heils unter einzelnen GemeindegTuppen geht aus dem trjes. Kontext nicht hervor. So bleiben wir auf Vermutungen angewiesen. In Lk 4,18 wird TrJes 61,lf. mit Jes 58,6 kombiniert, was die sozialkritische Komponente des Auftrags erheblich verstärkt, vgl. dazu Albertz (Antrittspredigt, 191 ff.). Nach Monshouwer (Reading, 90ff.) handelt es sich in Lk 4,18f. nicht um eine Lesung aus einer Haftarah (so Sanders, Isaiah, 81), da die dazugehörige Thoralesung fehlt und auch eine Kombination von TrJes 61,1 f. mit der Seder zu Gen 35,9 nicht nachgewiesen werden kann. Monshouwer (Reading, 93) vermutet in Lk 4,18f. eine aus dem Kopf zitierte Eröffnung einer Predigt nach der Verlesung der Haftarah. 231 Vgl. u.a. Zillessen (242), Ziegler (Untersuchungen, 171) und Glahn (Prophet, 120). 232 Niemand weiß, was nipTIpS (MT) bedeuten soll, vgl. die Diskussion schon bei Vitringa (Commentarius, 824f.). Die Annahme, daß im Text ursprünglich eine Form von ΠΓΙΒ gestanden habe (vgl. Ehrlich, Randglossen, 217, Abramowski, 102), kann die Entstehung des MT nicht erklären. lQJes 3 hat mpnpS, einige MSS bezeugen nur Dp. Nach Volz (254) hat im Text ursprünglich nur np gestanden, darüber wurde dann korrigierend Trips (vgl. DtJes 42,7, nach Volz die ursprüngliche Lesart) geschrieben, was zu ffipnpö zusammenfloß. Die masoretische Konstruktion mit linea Makkëf, die zwei verschiedene Wurzeln annimmt, wird meist als sekundär angesehen, vgl. zur Grammatik G./K. §84b.n, ansonsten Delitzsch, 585 (mit Hinweis auf Vorgänger), Duhm (Jesaia, 454), Dillm./Kittel (503), Beuken (Servant and Herald, 419) u.a. Andererseits hat Yahuda (Hebrew words of egyptian origin, JBL 66 (1947), Philadelphia, 83-90, hier bes. 87) vorgeschlagen, fflp als ein semitisches Lehnwort aus dem neuägyptischen kh (vgl. O "Ä = "hölzerne Klammer o.ä. am Halse des Gefangenen", Erman/Grapow, WB Bd.5,66) zu erklären,so daß in Verbindung mit TTpS und vorhergehendem die Bedeutung "and to open the collars of the prisoners" herauskommt. Die Übersetzung der LXX (ko ì τυφλοϊς ανά βλεφι ν) ist möglicherweise eher eine Interpretation des Textes im Hinblick auf DtJes 42,7 (vgl. Zillessen, 270, Yahuda, 87) oder auf Jes 35,5 (so Albertz, Antrittspredigt, 190, vgl. dazu Lk 4,18), Aquila, Sym. und Theod. haben τοΤς δ ε δ ε μ έ ν ο ι ς . ά ν ά β λ ε φ ι ς (vgl. zu den unterschiedlichen griechischen Bezeugungen im einzelnen Field II, 553, Sp.2) findet sich in der LXX allerdings nur hier, vgl. Hatch/Redpath I, 73, Sp.2. Da npB sich sonst auf die Öffnung der Augen bezieht, wird hier eine Wortkombination vorliegen, die sich nicht allein auf die Öffnung der Augen

2. TrJes 61,1-11

75

für Tries sicherlich zur Gottesknechtstradition gehört hat. Andererseits ist auch eine literarische Bezugnahme auf Jes 49,9 möglich. Die Befreiung der "Gebundenen" scheint für TrJes in Anlehnung an die Gottesknechtstradition jedenfalls zum eschatologischen Programm für Zion/Jerusalem zu gehören, eine bewußte literarische Bezugnahme auf die Stelle DtJes 42,7 hat wegen der dort ebenfalls begegnenden Wurzel nps am meisten Wahrscheinlichkeit für sich. 233 Vers 2: "...zu verkündigen ein Jahr des Wohlgefallens für Jahwe und einen Rachetag für unseren Gott, daß er alle Trauernden tröste,..." Die Erwähnung eines "Rachetages" muß im trjes. Kontext auffallen. 234 Daß hier zitiert wird, ist offensichtlich. 235 Der Rachetag ist eine besondere Ausformung des prophetischen "Tag-Jahwes-Motivs"236, die sich unter der genann-

beziehen läßt, sondan entsprechend der parallelen Formulierung im MT den Gebundenen ganz allgemein "Befreiung", "Lösung" (der Fesseln) oder dgl. ansagt, vgl. Vulg. mit "et clausis apertionem." Das mysteriöse rnp läßt sich daher kaum als Dittographie zu dem vorhergehenden npö erklären (vgl. G./K. §84b.n, Zillessen, 270 u.a.), fremdsprachliche Einflüsse (vgl. Yahuda) sind demgegenüber nicht auszuschließen. Ein Fremdwort kann aus dem Sprachgebrauch recht schnell verschwinden, die Unsicherheiten in der Uberlieferung finden so eine nachvollziehbare Erklärung. Weitere Konjekturvorschläge sowie Hinweise aufkeilschriftliche Parallelen zu unserem Text finden sich bei Koenen, 106f., Anm. 283 (Lit.). 233 vgl. ansonsten noch Ps 146,7f.: Der Psalm macht durch seine Aneinanderreihung von Reminiszenzen an das Handeln Jahwes (vgl. Bertholet, Psalmen, 273) sowie durch seine Aramaismen (vgl. Kraus, Psalmen II, 952) einen sehr jungen Eindruck und nimmt augenscheinlich auf Texte aus Jes 40-66 Bezug, so daß von umgekehrter literarischer Abhängigkeit auszugehen ist. 234 Man hat das Problem der Erwähnung eines "Rachetages" durch Textemendation aus der Welt schaffen wollen (vgl. Zillessen, 270), doch der Text ist gut bezeugt. Andere verstehen "Rache" im Sinne von "Wiederherstellung" (vgl. in Anknüpfung an Mendenhall Westermann, ATD, 292, ähnlich Beuken, Servant and Herald, 421, vgl. auch Koenen, 11 Of., Anm. 307 mit Diskussionsübersicht und Lit.), doch eine positive Füllung der Verbindung "Rachetag" ist sonst nirgends nachweisbar, zudem wird diese Deutung der Möglichkeit eines literarischen Bezugs nicht gerecht. 235 Der Text ist ohne literarische Bezugnahmen schlicht unverständlich, vgl. Steck, Rachetag, 1 lOf. 236 Daher kommen als literarische Bezugstellen auch nur solche Belege in Betracht, die speziell vom Rachetag und nicht allgemein von der Rache Jahwes handeln. Beuken (Servant and Herald, 422) sieht einen Bezug auf Jes 59,17, was Steck (Rachetag, 113f.) zu Recht in Frage gestellt hat. Steck (Rachetag, 114) seinerseits will die Stelle von vornherein auf "Jes 47,3" bezogen wissen, wo vom Gerichtshandeln Jahwes an Babel die Rede ist. Die Rache Jahwes richte sich jetzt gegen die Babylonier, die "im israelitischen Terrain" für die soziale Notlage verantwortlich seien (ebd., 115). Um einem Anachronismus in seiner Interpretation zu entgehen, ist Steck dann allerdings gezwungen, die ganze Wendung "Rachetag für unseren Gott" als sekundär einzustufen und einer "großjesajanischen Redaktionsschicht" zuzuschreiben (vgl. ebd., 116.118). Ursprünglich habe im Text mit Rückbezug auf 49,8 "Tag des Heils" gestanden (ebd., 117). - Gegenüber Steck ist festzuhalten, daß das Verbindungswort "Rache" schon von vornherein keineswegs ausreicht,

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I. "Tritojesaja" (Tries 60-62*)

ten Bezeichnung "Rachetag" nur noch in Jes 34,8 und 63,4 237 findet. 238 Unter diesen beiden Belegen ist Jes 34,8 deutlich der literarisch am nächsten verwandte: Nur dort findet sich φ3Π·ρ+'?+ die Gottheit sowie paralleles "Jahr". Warum sollte TrJes aber ausgerechnet den "Rachetag" zitieren, der doch gar nicht in den Zusammenhang seiner Theologie hineinpassen will ? - Eine Begründung dafür könnte wiederum in der Abfolge Kap. 60-61 verborgen sein: TrJes zitiert ganz bewußt aus der literarischen Vorlage, um seine Prophetie, die bisher (vgl. Kap. 60) reine Heilsprophetie gewesen ist, nicht dem Vorwurf auszuliefern, sie sei "falsche Prophetie".239 Er sichert sich so literarisch gegen die Behauptung ab, daß er das Gericht Jahwes über seine Feinde außer acht lasse, ohne freilich ernsthaft an ein solches Gericht zu denken. Das RachetagMotiv in Jes 34,8 kommt TrJes nur insofern gelegen, als es (auch ohne Verbindung mit Jes 35) als ein Eingreifen Jahwes zugunsten Zions gedeutet werden kann, vgl. Jes 34,8. 240 Aus dem "Jahr der Vergeltung" (crr^ffi rnj0 für den "Kampf Zions"241 wird, wahrscheinlich unter literarischer Bezugnahme auf Jes 49,8, ein "Jahr des Wohlgefallens für Jahwe".242 Es ist die eschatologische Heilszeit des Gottesknechts, die das mit dem Rachetag angesprochene Jahwegericht unter seinen Gegnern zur leeren Phrase werden läßt.243 um eine literarische Bezugnahme auf DUes 47,3 zu begründen, des weiteren, daß die Abänderung der Vorlage Jes 49,8 ("Naherwartungsschicht", vgl. Hermisson, Einheit und Komplexität, 311) durchaus TrJes selbst zuzutrauen ist (vgl. Beuken, Servant and Herald, 422ff.) und schließlich, daß die von Steck eruierten historischen Hintergründe notgedrungen anachronistisch sind und auch im TrJes-Kontext nicht den geringsten Anhalt haben. 237 Daß zu Jes 63,4 kaum ein Bezug anzunehmen ist, hat bereits Steck (Rachetag, 112) dargestellt. 238 Yg] nochi den HnfJJ Di' in Jer 46,10. Der Beleg Prov 6,34 scheidet wegen seiner profanen Bedeutung von vornherein aus. 239 Vgl. Ez 13,10.16; Jer 6,14; 8,11. 240 Ein Gegenüber zu Edom muß daher (gegen Steck, Rachetag, 112f.) bei TrJes nicht im Blick sein. 241 Eine Textemendation (vgl. BHS) ist nicht erforderlich. Der Ausdruck bezeichnet die Zerstörung Jerusalems im Jahre 587 v.Chr., ein Ereignis, das allgemein bekannt war und deshalb nicht deutlicher angesprochen werden mußte, vgl. Duhm, Jesaia, 251, Liedke, THAT II, Art. 773. 2 4 2 y g ] a u c j , Z i m m e r l i , Sprache, 227. Die Formulierung "Jahr des Wohlgefallens" ist singulär. Der "Tag des Wohlgefallens Jahwes" in Jes 58,5 ist literarisch von TrJes 61,2 abhängig, vgl. ebd. In Jes 49,8 (vgl. noch Ps 69,14) ist von der "Zeit des Wohlgefallens" (|12Π Hü) die Rede. Das "Jahr" war TrJes von der Vorlage Jes 34,8 her vorgegeben. Gegenüber Jes 49,8 wird der Gottesname ergänzt, weil im Unterschied zur Vorlage keine Jahwerede vorliegt. Die Formulierung "für unseren Gott" fehlt zwar in der LXX, wird aber wegen des parallelen rnrt'¡7 ursprünglich sein. TrJes konnte aus stilistischen Gründen nicht entsprechend Jes 34,8 zweimal mit'1? verwenden und hat den Text deshalb variiert. 243 Daß die Sinnentleerung eines traditionellen Motivs in eschatologischen Texten keineswegs ungewöhnlich ist, zeigt die Verwendung des Rachemotivs in Jes 35,4. Diese Sinn-

2. TrJes 61,1-11

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Mit der Verwendung von era (Pi'el) greift TrJes deutlich auf dtjes. Sprachgebrauch zurück244 Möglicherweise wird an die bereits benutzte Vorlage DtJes 52,7ff. (hier V.9) angeknüpft, ein sicherer Nachweis ist aber kaum möglich. 245 Die "Trauernden" sind hier im Kontext verankert, vgl. den folgenden Vers und auch TrJes 60,20. 246 In V.2b und 3 folgen weitgehend Eigenformulierungen des Verfassers. Möglicherweise ist der indirekte Subjektwechsel (Übergang von der Beauftragung TrJes' zum Handeln Jahwes) darin begründet Inhaltlich ergibt sich die Aussage: TrJes handelt im Auftrag Jahwes, Jahwe handelt durch ihn. Vers 3: "...daß er den Trauernden Zions >aufsetze (und)< gebe einen Turban anstatt Asche, Freudenöl anstelle von Trauer, ein Ruhmeskleid anstelle eines verzagten Geistes; Und man wird sie nennen »Terebinthen der Gerechtigkeit«, »Pflanzung Jahwes«, (ihm) zur Verherrlichung." V.3aa ist deutlich überladen. 247 Die beiden Infinitive ΟΐίΛ und Hfl1? ergeben einen holperigen Stil, "aufsetzen" (DI®1?) kann man einen Turban, nicht aber Asche. Hinzu kommt, daß 010*7 in der LXX aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wiedergegeben wird 2 4 8 , so daß davon ausgegangen werden kann, daß die LXX den ursprünglichen (weil kürzeren) Text erhalten haben. Der Textfehler ist vielleicht dadurch entstanden, daß das flfl1? infolge von Wortvertauschung hinter die "Trauernden Zions" gerutscht ist. Dadurch mußte das nun objektlose nnb

entleerung ist von einer positiven Deutung der "Rache" im Sinne von "Wiederherstellung" (vgl. Westermann, ATD, 292 u.a.) sorgsam zu unterscheiden. In 1 IQ Melch (Zeile 13) ist das Rachemotiv durch den Gedanken an eine endzeitliche Rache Melchisedeks an den Gottlosen (vgl. van der Woude, Melchisedek, 365 - allerdings unter der Voraussetzung, daß die dort vorgenommene Textergänzung korrekt ist) inhaltlich wieder ganz gelullt. 244 vgl. Westermann, ATD, 31. Die Wurzel begegnet bei TrJes nur hier. 245 Die Verbindung von und ΒΠ3 begegnet nur noch in Hi 29,25 (von Hiob). Zu Jes 57,18 besteht umgekehrte literarische Abhängigkeit, vgl. ebd. 246 Die "Trauernden Zions" (vgl. 61,3) sind die um Zion Trauernden. Zuweilen ist auch davon die Rede, daß Zion selbst oder Teile der Stadt trauern, vgl. Jes 3,26; 33,9; 66,10; Thren 1,4; 2,8; 5,15; Jer 6,26 und besonders 31,13 (Verwandlung von Trauer in Freude). 247 Zu den vorgeschlagenen Textemendationen im einzelnen vgl. Koenen (Anmerkungen, 567f.), der selbst in Vers 3 die ersten drei Wörter streichen will. Gegen eine Streichung der "Trauernden Zions" (vgl. BHS) spricht hingegen ihre zweifelsfreie Textbezeugung in LXX, lQJes a sowieVulgata. Die "Trauemden Zions" werden in Sir 48,24 zitiert, vgl. dazu Beentjes, 156. Weitere Belege für die "Trauernden Zions" finden sich (bislang) nicht. 248 Dort steht lediglich δ ο θ η ν α ι . Dies wird in Hatch/Redpath (I, 325, Sp.2) als Übersetzung von nnb gewertet, einer Interpretation, der auch alle Kommentatoren folgen. M.E. ist diese Deutung jedoch durchaus in Zweifel zu ziehen: δ ι δόνα ( steht im trjes. Kontext (60-62*) zwar auch in 60,17 für fl'ffl, aber in 61,6 und 62,6 für |Π3 (Qal) (!). Daß die LXX überhaupt keinen Unterschied in ihrer Übersetzung von B'iö und |Π5 machen, zeigt exemplarisch DtJes 47,6 (LXX), wo beide Wurzeln mit δ l δόνα ι übersetzt sind. In lQJes 3 wird ΠΙϊΛ mit C d l wiedergegeben, Vulg. entspricht dem MT.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

durch ünb ergänzt werden, zudem wurde an den Anfang des Verses entsprechend den anderen Infinitivsätzen ein Infinitiv + b (also OHD1}) ergänzt.- 4 ' "Turban anstatt Asche" ist im Hebräischen ein Wortspiel2-*®, literarische Bezüge lassen sich nicht ausmachen. Der Turban ist in unserem Zusammenhang vor allem Zeichen fehlender Trauer und somit Zeichen der Freude. Daneben gehört er ausdrücklich zur Priesterkleidung251, womit die Bezeichnung des Volkes als "Priester Jahwes" (vgl. V.6) vorbereitet wird. "Asche" auf dem Kopf ist demgegenüber ein Zeichen der Trauer. Die Wendung "Freudenöl" findet sich im AT nur noch in Ps 45,8. Dort geht es um die Salbung eines idealtypischen Königs durch Jahwe anläßlich seiner (des Königs) Hochzeit. Der König trägt messianische Züge, die unser Autor aller Wahrscheinlichkeit nach durch musivstilistische Zitation auf die Ziongemeinde übertragen w i l l . 2 5 2 Die Wendungen "Ruhmeskleid" 253 , "verzagter Geist" 2 5 4 , "Terebinthen der Gerechtigkeit" 2 5 5 und "Pflanzung Jahwes" sind allesamt singular und werden trjes. Bildungen sein. Mit der letztgenannten Formulierung dürfte einerseits durch das Wort "Pflanzung" wie in TrJes 60,21 eine Anknüpfung an Ez 34,29 vorliegen, andererseits ist als inhaltliche Vorlage 249

Dafür, daß hier D1S/7 und nicht ΠΠ'ρ als Hinzufügung zu betrachten ist, spricht auch, daß TrJes Q*B sonst nicht im Sinne von "jmd. (etwas) aufsetzen" gebraucht, vgl. Anm. 385. Des weiteren wird nur durch die oben beschriebene Erklärung deutlich, wieso überhaupt eine Textergänzung vorgenommen wurde. Der Text dürfte demnach ursprünglich entsprechend der LXX folgendermaßen gelautet haben: ΊΒΚ tlHíl "IKS jÍ>X '^ίίΛ ΓΙΓΊ1?. 250 Man versucht dieses im Deutschen mit "Schmuck statt Schmutz" (vgl. Volz (255) u.a. im Anschluß an Oort) oder auch mit "Putz statt Schmutz" (vgl. Gesenius, Jesaia, 253, Dillm./Kittel, 504, mit Hinw. auf Augusti, auch Budde, Jesaja, 706 u.a.) wiederzugeben, was aber von dem Gemeinten inhaltlich wegführt. 251 Vgl. Ex 39,28; Ez 44,18. 252 Vg] dazu auch "Sproß meiner Pflanzung" in TrJes 60,21 bzw. "Pflanzung Jahwes" in TrJes 61,3. Auch eine umgekehrte literarische Beziehung (Ps 45,8 abhängig von TrJes) ist theoretisch möglich, doch ganz unwahrscheinlich: Der Psalm ist keine schriftgelehrte Poesie, sondern ein altes Hochzeitslied, die Salbung ist ein Element der Hochzeitsriten (vgl. Bertholet, Psalmen, 168f.). In TrJes hingegen paßt der Begriff "Freudenöl" eigentlich nur durch den Bestandteil "Freude" in den Kontext, vgl. dazu auch TrJes 62,5. Der Einbezug messianischer Züge läßt sich allein aus dem Bezug auf Ps 45,8 erschließen. Des weiteren wird die Stelle wahrscheinlich wegen der dort geschilderten Hochzeit aufgenommen. Das Hochzeitsbild führt TrJes in Kap. 62 weiter aus. 253 rfrnfl ist nomen rectum in einer constructus-Verbindung auch in Neh 12,46, textkritische Änderungen (wie etwa die Vertauschung von und rtOJM, vgl. Duhm, Jesaia, 455, Cheyne, Isaiah, 161, Dillm./Kittel, 504, Budde, Jesaja, 706, Gesenius (18.Aufl.), 8, Sp.2 u.a.) sind ganz überflüssig, die Wortfolge ist durch die Textzeugen (zur LXX vgl. Field II, 554, Sp.l) abgesichert. Auch Ziegler (Untersuchungen, 131 f.) behält die Wortfolge bei, zieht aber und ΓΓ^ΠΓΙ ΠΒ1Μ zusammen und übersetzt mit "Trauerhülle" (Hinweis auf Bar5,l). 254 Auffällig ist der andere Gebrauch von "Geist" in V.l, was dort auf Zitation hindeutet. Nach Zimmerli (Sprache, 227, ders., Gnadenjahr, 224, vgl. Koenen, 106 u.a.) könnte die Formulierung durch Dtles 42,3ff. angeregt sein, vielleicht auch durch Ez 21,12. 255 vgl. zu den unterschiedlichen Deutungen Koenen, 108, Anm. 292.

2. TrJes 61,1-11

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s o w o h l für Ez 3 4 , 2 9 als auch für Tr 6 0 , 2 1 ; 6 1 , 3 die Stelle 2 . S a m 7 , 1 0 in B e tracht zu ziehen. TrJes sieht die Verheißung v o n 2 . S a m 7 , 1 0 an der heiligen Stätte (Dipo) des Zionberges in Erfüllung gehen, w o das Zionvolk eingepflanzt (JJBJ) ist und sicher leben kann. D a m i t wird das Zionvolk erneut v o n TrJes in den Zusammenhang messianischer Heilstraditionen gestellt. Vers 4: "Dann w e r d e n s i e Ruinen v e r g a n g e n e r Zeiten (wieder) aufbauen, Trümmer v o n Früher wieder aufrichten, und sie werden wüste Städte erneuern, Trümmer vergangener Geschlechter." Die Verse 4-7 bilden einen Abschnitt über die Fremden im Gegenüber zu der Heilsgemeinde. 256 Subjekt von 1331 können vom trjes. Kontext her nur die Fremden sein, denn zu den "Priestern Jahwes" (V.6) dürfte die Bautätigkeit kaum passen. TrJes kann des weiteren die Lektüre von 60,10 voraussetzen, an die sich der Leser durch 1331 (kein Niph'al, wie sonst häufig) zweifellos erinnert fühlt. 2 5 7 Dort hatte der Autor in Abänderung der Vorlage DtJes 49,17 (text, emend.) betont, daß er die anstehende Bautätigkeit in der Heilszeit nicht von den Exulanten bzw. deren Nachfahren, sondern eben von den Fremden erwartet. Gegenüber TrJes 60 (bes. V.10) fallt auf, daß der explizite Zionbezug nun wegfällt. Gleichwohl kann man daraus kaum folgern, daß sich das "Heilsterrain" (Steck) für TrJes mit einem Male auch auf das weitere Umland Zions erstreckt: Der Wiederaufbau der Trümmer und der Städte ist ein häufig wiederkehrendes Element nachexilischer Eschatologie und besagt wenig über die Theologie des Verfassers. Hier geht es um die Gegenüberstellung der Tätigkeit der Fremden und der Heilsgemeinde, und TrJes legt Wert auf die Feststellung, daß alles Mühselige den "Trauernden Zions" in zukünftigen eschatologischen Zeiten von den Fremden abgenommen wird. D i e Formulierung d 7 \ s m m n findet sich noch in Jes 5 8 , 1 2 ; Jer 2 5 , 9 und 4 9 , 1 3 , in Verbindung mit Π33 nur n o c h in Jes 5 8 , 1 2 . 2 5 8 Jer 4 9 , 1 3 fällt als m ö g l i c h e Vorlage w e g , w e i l kein inhaltlicher B e z u g zu den auf E d o m b e z o g e nen A u s s a g e n m ö g l i c h ist. Übrig bleibt lediglich Jer 25,9, w o von den Zerstörungen Nebukadnezars an Israel und den Nachbarvölkern die R e d e ist 2 5 9 , vgl. auch die Erwähnung des Bräutigams und der Braut in Jer 2 5 , 1 0 i m Gegenüber

256 vgl. Pauritsch (108), der V. 1 -3 als "Wende der inneren Not", V.4-7 als "Wende der äußeren Not" charakterisiert. Es ist daher inhaltlich kaum anzuraten, V.4 noch dem Abschnitt 1-3 zuzurechnen, gegen Koenen, 103 (vgl. zur Diskussion ebd., Anm. 266). 257 258

259

Π33 begegnet bei TrJes nur an diesen beiden Stellen. Zu Jes 58,12 besteht (gegen Koenen, 112, Anm. 316, mit Steck, Heimkehr, 77f.) eindeutig umgekehrte literarische Abhängigkeit. Die Aussage ist hier im Rahmen der Gegenüberstellung "Fremde-Gemeinde" und durch den Bezug auf TrJes 60,10 im trjes. Kontext verankert, dort hingegen bezieht sich der Autor (ab V.10) auf ganz verschiedene Heilstraditionen, um dem (nicht voraussetzungslosen) Segen Jahwes einen eschatologischen Ausdruck zu verleihen. Der Autor von Jes 58,12 greift zudem verschiedentlich auf TrJes 60-62* literarisch zurück, was umgekehrte Abhängigkeit an dieser Stelle ganz unwahrscheinlich macht. Vgl. zur weiteren Begründung ebd. Dies zumindest in der überarbeiteten Version. Ursprünglich dürfte es sich um eine Gerichtsankündigung gegen Juda gehandelt haben,vgl. Thiel, Redaktion 1,262ff.,bes. 271 f.

80

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

zu TrJes 61,10. Doch die Stelle ist textkritisch ganz unsicher 260 , der Textfehler im MT ist möglicherweise sogar durch TrJes 61,4 beeinflußt. Vergleicht man demgegenüber die "Bauaussagen" bei DtJes, dann fallt auf, daß zu DtJes 44,26 auffallende Wortberührungen bestehen: Neben Jerusalem begegnen die Städte Judas (rnirr denen von Jahwe der Wiederaufbau (mit i m ) zugesagt wird 261 und deren Trümmer (iiTiiinm) 2 6 2 Jahwe wieder aufrichten (mp) will. Die Hoffnung DtJes' ruhte dabei auf Kyros als Verwirklicher des Jahwewillens. 263 Angesichts des häufigen Bezugs TrJes' auf DtJes erscheint es als nahezu unumgänglich, eine literarische Anknüpfung an DtJes 44,26 anzunehmen: Nachdem Kyros für TrJes weder geschichtlich noch eschatologisch eine Rolle in seinem eschatologischen Entwurf gespielt hat und die heimkehrenden Exulanten sich kaum als Hoffnungsträger qualifizieren konnten, bleibt als Lösung, den Fremden den Wiederaufbau zuzuschreiben. Während der Wiederaufbau der Trümmer für DtJes mit der Schöpfermacht Jahwes in Verbindung steht und einen aktuellen Bezug auf den Herrscher Kyros hat, entfällt beides bei TrJes, der stattdessen durch die für ihn charakteristische Einfügung von und Tit". i n (vgl. TrJes 60,15) seiner zeitlichen Ferne gegenüber der Zerstörung Jerusalems und allen historischen Konkretionen Ausdruck gibt. 264 Vers 5: "Und Ausländer werden auftreten und euer Kleinvieh weiden, und Fremde werden eure Landarbeiter und Winzerknechte sein." Der Wechsel in die Anrede der 2.Person ist innerhalb von Kap. 61 rätselhaft und hat zu der Vermutung geführt, daß die V.5f. eine sekundäre Einfügung darstellen. 265 Andererseits passen die Verse durchaus in den trjes. Kontext 266 ,

260 vgl. BHS. Wahrscheinlich ist dort eherOSiS ("und zur ewigen Schmach") zu lesen, vgl. LXX (dazu Hatch/Redpath II, 994f.), ferner Volz (Jeremía, 248f.), Weiser (Jeremía 1,216), Rudolph (Jeremía, 148) u.a. 261 262

263 264

265

266

Zum Text vgl. BHS und dazu Westennann, ATD, 124. Das Wort findet sich bei TrJes (60-62*) nur hier, was auf literarische Anknüpfung hindeuten kann. Vgl. DtJes 44,28, auch 45,13 (womit alle Dtles-Belege für ΓΠ3 erwähnt sind). Die "Trümmer von Früher" begegnen nur hier und sind möglicherweise eine Eigenformulierung TrJes'. Die "Trümmer" sind sonst nie mit Dip verbunden, TrJes entnimmt die Wurzel wahrscheinlich seiner Vorlage DtJes 44,26. So seit Stade eine Reihe von Kommentatoren, vgl. bes. Volz (254) und Westermann (ATD, 294). Dafür könnte auch sprechen, daß nur die V.5f. in TrJes 61 keine nachweisbaren literarischen Bezüge aufweisen. Andererseits zitiert TrJes nicht ununterbrochen, so daß dies allein kein hinreichender Grund sein kann, die Verse TrJes abzusprechen. Mit Koenen (112) kann man es für zweifelhaft halten, daß die V.5f. jemals unabhängig von ihrem jetzigen Kontext existiert haben. Auch Steck (Rachetag, 106) wendet sich gegen eine literarkritische Ausgrenzung von V.5f. und versucht den Suffixwechsel seinerseits durch einen möglichen Einfluß von Ex 19,6 (vgl. ebd., 107, Anm. 3), in seinen neueren Untersuchungen (vgl. ders., Untersuchungen 1,122f., Anm. 27) eher mit "redaktionellen Rückbezügen (z.B. auf 48,16b+17ff.)" zu erklären. Literarische oder inhaltliche

2. TrJes 61,1-11

81

die Bedeutung eines Wechsels der Suffixe darf in eschatologischen Texten grundsätzlich nicht überbetont werden. Sichere literarische Bezüge lassen sich in diesem Vers nicht ausmachen. Vers 6: "Ihr aber werdet »Priester Jahwes« heißen, »Diener unseres Gottes« wird man zu euch sagen. Den Reichtum der Völker werdet ihr genießen und in ihre Herrlichkeit eintreten." Die Bezeichnung "Priester Jahwes", bezogen auf die Heilsgemeinde, hat zu allerlei Spekulationen Anlaß gegeben.267 Da "Priester Jahwes" ebenso wie das parallele "Diener unseres Gottes"268 eschatologische Bezeichnungen der Heilsgemeinde darstellen, wird ihnen auch ein eschatologischer Hintergrund zuzuschreiben sein. Aufgrund der Tatsache, daß das eschatologische Priestertum auf die ganze Heilsgemeinde bezogen ist, hat man sich an Ex 19,6 erinnert gefühlt, wo von einer Bundesverpflichtung des Volkes Israel zu einem "priesterlichen Königtum" 269 und zu einem "heiligen Volk" die Rede ist. Elisabeth Schüssler Fiorenza hat in einer ausführlichen Behandlung der Stelle herausgearbeitet, daß kein unmittelbarer inhaltlicher Einfluß von Ex 19,6 auf TrJes 61,6 vorliegt. 270 Ein Zusammenhang könnte, da die Vorstellung eines Priestertums des ganzen Volkes nur in diesen beiden Belegen im AT zu finden ist, immerhin darin bestehen, daß das Priestertum der Heilsgemeinde hier deren Stellung gegenüber den Fremden zum Ausdruck bringt. Die Heilsgemeinde hat eine privilegierte Mittlerfunktion zwischen Jahwe und den Völkern, und aus dieser Position heraus erfüllt sie gegebenenfalls einen Dienst. Viel wichtiger ist TrJes jedoch die privilegierte Stellung der Priester. 271 Sie brauchen nicht selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, können den Reichtum der Völker genießen und in ihre Herrlichkeit eintreten. 272

Bezüge sind zu den letztgenannten Stellen m.E. hier (anders V.l) nicht zu erkennen, die Beziehung zu Ex 19,6 ist mindestens zweifelhaft und könnte bestenfalls den Suffixwechsel in V.6 (nicht aber in V.S) erklären. Da eindeutige literarische Bezüge fehlen, ist der Wechsel in die Anrede der 2. Person hier am ehesten aus der direkten Gegenüberstellung "Fremde-Heilsgemeinde" zu erklären (vgl. nach der Schilderung der Fremdentätigkeit in V.5 das betonte DflKI am Anfang von V.6!), die sich in Kap. 61 nur in V.5f. findet. Diese Lösung des Problems ist schon von Duhm (Jesaia, 456) angedeutet worden, ihr ist aus unerklärlichen Gründen bislang kaum Beachtung geschenkt worden. 267 Vgl. dazu den Diskussionsüberblick bei Koenen, 113. 268 Diese Formulierung ist im AT singular. 269 vgl. zu der Ubersetzung Schüssler Fiorenza, Priester, 78ff., 141f. 270 Vgl. zu Ex 19,6 dies., Priester, 78ff., zum Verhältnis der Stelle zu TrJes 61,6 vgl. ebd., 158ff. 271 Vgl. Koenen, 113 (mit Anm. 323 und weiteren Kommentaren ebd.). 272 Zu den zahlreichen Emendationsvorschlägen der Kommentatoren vgl. bes. die Aufzählungen bei Volz (254), Pauritsch (112, Anm. 427) und Koenen (Anmerkungen, 568ff., mit Diskussionsüberblick und Lit.). Da die Existenz einer Wurzel Ί ΰ ' im Hinblick auf Jer 2,11 nicht ausgeschlossen werden kann, sehe ich vorerst keinen zwingenden Grund, den MT zu ändern. Ein eindeutiger literarischer oder inhaltlicher Bezug TrJes' auf Jer 2, 11 besteht m.E. nicht. Zur "Herrlichkeit" von Fremdvölkern vgl. vielmehr Koenen, 114, mit Anm. 331.

82

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Damit aber knüpft TrJes nicht an Ex 19,6, sondern an das Priestergesetz im Deuteronomium (vgl. Dtn 18,1-8) an. 2 7 3 Der unmittelbar folgende Kontext zeigt, daß die Bezeichnung der Heilsgemeinde als "Priester Jahwes" für TrJes primär im Hinblick auf ihr Ergehen von Bedeutung ist, dann erst im Hinblick auf ihre Stellung gegenüber den Fremden und ganz zuletzt, weil bestenfalls indirekt angedeutet, möglicherweise auch im Hinblick auf ihren Dienst.

Vers 7: "Anstelle ihrer doppelten Schande und Schmach bejubeln sie ihren Anteil. Ja, sie werden in ihrem Lande das Doppelte besitzen, ewige Freude wird ihnen zukommen." Der Text ist insbesondere in seiner ersten Hälfte schwer verdorben. 274 LXX geben V.7a überhaupt nicht wieder, im MT befremdet dort zunächst der Suffixwechsel. Behält man diesen bei, ergeben sich schwierige inhaltliche Interpretationen, die angesichts des übrigen trjes. Kontextes doch wenig Wahrscheinlichkeit für sich haben. 2 7 5 Der Wechsel von der zweiten zur dritten Person (PI.) erweckt vielmehr den Verdacht, daß die gegenüber dem vorherigen Kontext auffällige Inkongruenz der Suffixe in V.5f. hier nachträglich ausgeglichen werden sollte. Der Verdacht erhärtet sich, wenn man in Rechnung stellt, daß der MT in lQJes® durchgängig als Anrede in 2.Person (PI.) formuliert ist und demzufolge eine fortschreitende Angleichuug der Suffixe in der Textüberlieferung beobachtet werden kann. Lies mit BHS und vielen Kommentatoren folglich DFTO3 statt D2Flffl3 (MT). Π3φΰ ist aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich ein Ausdruck der Potenzierung 276 und wird in V.7a und 7b kaum unterschiedlich gemeint sein. 2 7 7 Mit der "Schande" und "Schmach" ist sicherlich die Verwüstung des Landes durch die Fremden angesprochen 278 . Demgegenüber "bejubeln" 279 die Israeliten nun

273

So bereits Schüssler Fiorenza (Priester, 158). Zum Priestergesetz im Dtn vgl. Rüterswörden, Gemeinschaft, 67ff.Obgleich Priester- und Prophetengesetz in Dtn 18 ursprünglich wohl nicht zusammengehörten, legt der inhaltliche Bezug TrJes'auf gerade diese beiden Gesetze nahe, daß sie TrJes schon in Verbindung miteinander vorgelegen haben. 274 vgl. zur Textkritik ausfuhrlicher Koenen, Anmerkungen, 570f. 275 Beispielhaft für eine solche Deutung ist die Exegese von Lohfink, ThWAT III, Art. ©T, 985. Er interpretiert den Abschnitt V.5-7 als einen "komplizierten Midrasch" zu Dües 54,3 (nur dort findet sich bei DtJes die Wurzel üh'). Das Suffix 2.m.Pl. in V.7a beziehe sich auf die Trauernden Zions, mit der 3.m.Pl. seien hingegen die Völker gemeint. Da das erste Suffix in Vers 7b nach Lohfink ebenfalls wieder auf die Völker zu beziehen ist, ergibt sich für ihn der Sinn, daß die Völker ihr Land (sie!) der Ziongemeinde zur Verfügung stellen und sich mit dieser daran freuen. Vgl. zur Kritik an Lohfink schon Koenen, 118, Anm. 356 (mit weiteren Interpretationsmöglichkeiten). 276 Vgl. im negativen Sinn Jer 16,18; 17,18, inhaltlich (ohne wörtlichem Bezug) auch DtJes 40,2b. Im positiven Sinn als Ausdruck von reichlichem Segen vgl. Hi 42,10 und DtSach 9,12. Die letztgenannte Stelle ist wahrscheinlich von TrJes 61,7 literarisch abhängig, vgl. zur Begründung Willi-Plein, Prophetie, 83. 277 Gegen Lohfink (ThWAT III, Art. BT, 985), der das Wort in V.7a im numerischen Sinne auffaßt ("ein Zweifaches"), in V.7b hingegen auf das Land deutet (im Sinne von "Zweitbesitz"), interpretiert als Steigerung der Aussage TrJes 60,21. 278 vgl. Klopfenstein, Scham und Schande, 81.86. Die Präposition ΠΓΙΓΙ ist sowohl auf die "Schande" als auch auf die "Schmach" zu beziehen, vgl. G./K. §119hh. Das Wortpaar begegnet des öfteren, vgl. die Belege bei Koenen, 116 (mit Anm. 342). Gerade diese

2. TrJes 61,1-11

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ihren übergroßen Anteil an den Schenkungen Jahwes, j^b ist möglicherweise mit Koenen 2 8 0 im Sinne eines "emphatischen Lamed"- 8 ' aufzufassen, weil das Wort als conclusio cognoscendi (im Sinne von "also, somit, demnach")- 82 im Hinblick auf V.7a wenig Sinn ergibt.

Von "ewiger Freude" ist im AT nur noch in Jes 35,10 = Jes 51,11 die Rede. Da letztgenannte Stelle in ihrem Kontext inhaltlich auffallt283, gehören beide Belege möglicherweise zu einer "großjesajanischen Redaktion".284 Damit aber muß die Frage nach dem Abhängigkeitsverhältnis vorerst offenbleiben, um so mehr, wenn man in Rechnung stellt, daß TrJes seine traditionellen Vorlagen gern um das bei ihm so beliebte Wort erweitert285, so daß hier auch eine Beziehung zu Texten bestehen könnte, die nur von einer "Freude" (nrra) reden. Im Bereich von Jes 40-55 käme damit neben DtJes 55,12 auch Jes 51,3 in Frage (TrJes gebraucht das Wort nnrçto sonst nicht), aber anhand dieses Wortbezugs allein läßt sich keine literarische Beziehung wahrscheinlich machen. Vers 8: "Denn ich, Jahwe, liebe das Recht, hasse (aber) frevelhaften Raub. Und ich will ihnen ihren Lohn in Treue geben und einen ewigen Bund mit ihnen schließen." V.8f. bilden als Jahwerede eine weitere, abschließende Einheit.286 3ΠΝ mit dem Subjekt "Jahwe" und dem Objekt "Recht" oder "Gerechtigkeit" findet sich an verschiedenen Stellen, ohne daß ein eindeutiger literarischer Bezug erkennbar wäre.287 Die Betonung der göttlichen Person in Anknüpfung an die sogenannte "Selbstvorstellungsformel"288 Jahwes ist im trjes. Kontext gut bezeugt 289 und sicher kein Zitat. Singulär in TrJes 60-62* ist hingegen die Ver-

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Häufigkeit der Belege spricht aber gegen einen bewußten literarischen Bezug auf DtJes 54,4, gegen Koenen, 116. Problematisch ist der hier vermutete transitive Gebrauch von p*l, der sonst nur im Pi'el nachweisbar ist, vgl. dazu aber Koenen (Anmerkungen, 570f.), auch schon den Hinweis bei König (Syntax, §21 lg). Wer hingegen den MT ändert, muß die Entstehung des jetzigen Textes erklären, was m.E. bisher niemandem überzeugend gelungen ist. vgl. Koenen, Anmerkungen, 571. Vgl. Nötscher, Zum emphatischen Lamed, VT 3 (1953), Leiden, 372-380, bes. 375f. Vgl. König, Syntax, §373i. Vgl. Westermann, ATD, 196. Vgl. Steck, Heimkehr, 28f. Auch Hermisson (Einheit und Komplexität, 310, Anm. 79) erwägt, die Stelle einer "großjesajanischen Redaktion" zuzuschreiben. Vgl. dazu bes. TrJes 60,21 (bezogen auf die Landverheißung !), weitere Belege ebd. V.lOf. enthalten nicht nur einen Subjektwechsel, sondern bilden für sich eine vom Kontext unabhängige Einheit. Der Neuansatz hinter V.9 ist auch in lQJes a sowie in der Parascheneinteilung des MT kenntlich gemacht. vgl. Ps 11,7; 33,5; 37,28; 99,4 (vom König Jahwe), dazu auch Jenni, THAT I, Art. 3ΠΚ, 70. Ps 37,28 steht unserer Stelle zwar formal am nächsten (vgl. Koenen, 116, mit Anm. 345), die Aussage allein reicht aber zur Begründung eines literarischen Zusammenhangs kaum aus. Vgl. zur Stelle Zimmerli, Ich bin Jahwe, 201. Vgl. TrJes 60,16.22.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

wendung von 3ΠΚ und CDSttíQ. Da bn ("Raub") sonst nur in Bezug auf innerisraelitische Ungerechtigkeit Verwendung findet290, wird das gleiche für das kontradiktisch gegenübergestellte "Recht" gelten. Dann aber meint "Recht" hier nicht primär Jahwes (heilvolle) Rechtsentscheide im Hinblick auf die Völker291, sondern zunächst ganz allgemein die Wiederherstellung der gestörten Ordnung einer (Rechts-) Gemeinschaft292, insbesondere (bei TrJes) innerhalb der Heilsgemeinde Zions/Jerusalems. - Damit knüpft TrJes aller Wahrscheinlichkeit nach literarisch an Mich 3,9 an. Dafür spricht nicht nur, daß sich TrJes in 61,1 literarisch und inhaltlich auf Mich 3,8 bezogen hat, sondern auch seine literarische Anknüpfung mit ròipa 293 an Mich 3,10 294 sowie mit der Gegenüberstellung von 3ΠΝ und K3iö an Mich 3,2. 295 Damit wird deutlich, was TrJes mit V.8a aussagen will: Im Gegensatz zu dem früheren frevlerischen Tun der Oberen in Jerusalem und Juda stellt Jahwe die göttliche Rechtsordnung wieder her. Die Sicht ist hier auf Jerusalem/ Zion konzentriert, die Oberen können in der Heilszeit ihr Unrechttun gegenüber der Bevölkerung beim Aufbau Zions (vgl. Mich 3,10) nicht fortsetzen. Die Rechtsordnung Jahwes in Zion wird vielmehr auf die Völkerwelt großen Eindruck machen (V.9), womit wieder eine inhaltliche Verbindung zu der Gottesknechtstradition und zur Völkerwallfahrt gegeben ist.

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Vgl. Lev 5,21; Ez 22,29; Ps 62,11 sowie Delitzsch, 588f., Sekine, 79. Das Wort ist deshalb auch nicht auf die Zerstörung Jerusalems durch äußere Feinde zu beziehen, gegen Westermann, ATD, 295, Koenen, 116, Anm. 347. Vgl. Jes 2,4 (par. Mich 4,3), ferner 050 in der Gottesknechtstradition (vgl. Elliger, Deuterojesaja, 206f.). Vgl. Liedke, THAT II, Art. OSO, 1001. Die masoretische Punktation ist wie angegeben zu ändern, vgl. die in der BHS angeführten Textzeugen und nahezu alle Kommentare. Zu den unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der masoretischen Punktation vgl. Koenen, 116, Anm. 347. Der Vorschlag von Koenen (ebd.), Π*7·1ΰ2 ("(Raub) der Verheirateten", bezogen auf Jerusalem, vgl. 62,4) zu lesen, hat keinen Anhalt an den Textzeugen und deutet den Ausdruck auf außenpolitische Ereignisse, was kaum möglich ist. rñlV mit der Präposition 3 begegnet außer in TrJes 61,8 nur noch in Mich 3,10 und Hab 2,12, der Bezug auf Frevel in Zion/ Jerusalem findet sich nur in TrJes 61,8 und Mich 3,10. Diese Gegenüberstellung ist noch häufiger zu finden, vgl. die Belege bei Jenni, THAT I, Art. 3ΠΚ, 63. Zu beachten ist aber, daß TrJes 3ΠΚ nur hier gebraucht, KJB heißt in TrJes 60,15 "ungeliebt." Die Wurzeln scheren also aus dem üblichen trjes. Sprachgebrauch aus, was für Zitation spricht. Hinzu kommt noch der Gebrauch der Wurzel Sîl in Mich 3,2 im Sinne eines frevlerischen Tuns der Verantwortungsträger in Juda (wahrscheinlich Ausbeutung der Leute bei Bauarbeiten in Jerusalem), vgl. dazu Wolff (Micha, 69), der ebenfalls bzgl. ^TJ auf TrJes 61,8 hinweist. Die Wurzel wird aller Wahrscheinlichkeit nach von TrJes literarisch aufgegriffen. Es gibt (gegen BHS, vgl. Guthe, Micha, 58) keinen überzeugenden Grund, in Mich 3 Vers 2b nach Vers 3 zu transponieren. Vers 3 ist demgegenüber zu kürzen, vgl. Rudolph, Micha, 67, Wolff, Micha, 60.

2. TrJes 61,1-11

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Mit der Wiederherstellung der Gerechtigkeit wird ein jeder seinen "Lohn" erhalten 296 , Jahwe wird einen unvergänglichen Bund mit der Heilsgemeinde schließen. Die Formulierung "ewiger Bund" begegnet im AT häufig 2 9 7 , in Verbindung mit ΓΠ3 nur in Ps 105,9f. (= 1. Chron 16, 16f.) 298 ; DtJes 55,3; Jer 32,40 und Ez 37,26. Ein literarischer Bezug TrJes' auf DtJes 55, 3 2 9 9 ist keineswegs sicher: Der "ewige Bund" ist auch in Jer 32,40 und Ez 37,26 ein Heilsbund Jahwes, bezogen auf die ganze eschatologische Heilsgemeinde. In beiden Stellen ist die Bundeszusage mit anderen Heilszusagen verbunden (in Jer 32,37ff. Sammlung der Diaspora, Landgabe 300 , in Ez 37,21ff. ebenfalls Sammlung der Diaspora, Landgabe, eschatologischer "Knecht David", Mehrung des Volkes, mit Auswirkung auf die Völkerwelt, vgl. 37,28). Andererseits ist der "ewige Bund" in Jer 32,40 speziell an die Gabe der Gottesfurcht (zur Einhaltung des Bundes) gekoppelt, in Ez 37,26.28 an den dauernden Fortbestand des Heiligtums. In DtJes 55,3 hingegen steht der Bezug auf die "bestandigen Gnadenzusagen an David", die nun auf das ganze Volk übertragen werden, im Vordergrund. 301 TrJes seinerseits überträgt messianische Züge von sich (vgl. 61,1) auf das Volk (vgl. 60,21; 61,3), so daß eine Anknüpfung an DtJes 55,3 wegen der Übertragung messianischer Züge auf das Heilsvolk in beiden Fällen noch am wahrscheinlichsten erscheint. Unsicher bleibt die Verbindung zu DtJes 55,3 allerdings insofern, als weitere Wortbezüge fehlen. TrJes wiederum erweitert gern Vorgegebenes um ein D'ró (vgl. V.7; 60,21), so daß der Stichwortbezug "ewiger Bund" unsicher bleibt.

Vers 9: "Dann werden berühmt sein unter den Völkern ihre Nachkommen, und ihre Sprößlinge inmitten der Nationen. Alle, die sie sehen, werden erkennen, daß sie Nachkommen sind, die Jahwe gesegnet hat." Mit der Erwähnung der Völker im Hinblick auf die gesegnete Heilsgemeinde wird an die Völkeraussagen in TrJes 60 und damit an das Motiv von der Völkerwallfahrt zum Zion ange-

296

Vom "Lohn" (n^JB*) ist bei TrJes noch in 62,11 die Rede, dort wird DtJes 40,10b zitiert. In Jes 65,7 ist das Wort gleichbedeutend mit "Strafe", einer der vielen Hinweise auf unterschiedliche Verfasserschaft. 297 Vgl. Gn 9,16; 17,7.13.19; Ex 31,16; Lev 24,8; 2.Sam 23,5; Jes 24,5; DtJes 55,3; Jer 32,40; 50,5; Ez 16,60; 37,26; Ps 105,10=l.Chron 16,17, vgl. noch Sir 44,18 (text, emend.) und 45,15. Nach Jenni ist der älteste Beleg in 2.Sam 23,5 zu finden. Er verrate die Herkunft der Formulierung "ewiger Bund" aus der Rechtssprache (vgl. Jenni, Das Wort'öläm, 22). 298 Hier steht "Bund" praktisch gleichbedeutend mit "Gesetz", eine Bezugnahme zu diesen Stellen scheidet von vornherein aus. 299 Vgl. Gressmann (Verhältnisse, 31), Levin (Verheißung, 255, Anm. 223), Koenen (116). 300 Das "Summarium von Heilserwartungen" (Thiel, Redaktion II, 36) muß dem Propheten Jeremía abgesprochen werden (vgl. ebd., 26f.) und gehört nach Thiel zu den Texten derjenigen, die das Jeremiabuch in der späten Exilszeit redigiert haben (vgl. ebd., 35, zur Datierung ebd., 114). Gegenüber TrJes sind die Heilsordnungen vornehmlich auf das Land (Juda) bezogen, eine spezielle Berücksichtigung Jerusalems ist dort noch nicht im Blick, vgl. Volz (Jeremía, 306), Rudolph (Jeremía, 213). 301 Vgl. dazu Westennann, ATD, 228f.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

knüpft. 3 0 - Im Zentrum des Interesses steht wiederum die Heilsgemeinde, nicht das Ergehen der Völker. Mit V.8f. kommt also die Bewegung, die mit der Legitimation des Verfassers und seinem Auftrag an der Gemeinde einsetzte (V.l-3) und ihren Fortgang in einer Gegenüberstellung des Ergehens der Fremden und der Heilsgemeinde nahm (V.4-7), zu einem Abschluß, der durch die Stellung der Ziongemeinde in der Völkerwelt einen Rückbezug auf TrJes 60 enthält. Gegenüber TrJes 60 sind die Völker (bzw. das wichtigste an ihnen: deren Reichtümer) in TrJes 61 fast vollständig ausgeblendet, was am ehesten aus einer apologetischen Situation des Schreibers heraus zu erklären ist. 3 0 3 Daß er auch weiterhin zu seiner in TrJes 60 dargelegten Theologie steht, macht er in diesem abschließenden Vers deutlich.

TrJes knüpft dazu literarisch an DtJes 44,3 an. 304 Für eine literarische Bezugnahme spricht, daß die Parallele "Nachkommen-Sprößlinge" in Verbindung mit 7]~Q nur noch in DtJes 44,3 und Jes 65,23 vorkommt und der betreffende Wortgebrauch bei TrJes singular ist. In DtJes 44,3 wird ein zukünftiges Heilshandeln Jahwes an den Nachkommen der dort angesprochenen Gemeinde verheißen. In TrJes 61,9 sind mit "Nachkommen" und "Sprößlingen" die Glieder der gegenwärtigen eschatologischen Heilsgemeinde selbst angesprochen, an denen diese Verheißung nun in Erfüllung geht. Das Gesegnetsein durch Jahwe beginnt zudem, sich zu einem Zustand zu wandeln, der dem Zionvolk zugeschrieben werden kann, weil es in unmittelbarer Zukunft im Besitz der Reichtümer der Völker sein wird. Der Verfasser von Jes 65,23 schließlich greift Uterarisch auf TrJes 61,9 zurück, indem er den Segen Jahwes negativ (V.23a) und positiv (V.23b) umschreibt, wobei der positive Ausdruck des Segens nun zur Titulatur ("Geschlecht der Gesegneten Jahwes") für die Heilsgemeinde geworden ist. 305 Vers 10: "Ich will mich überaus freuen an Jahwe, meine Seele frohlocke über meinen Gott, denn er hat mir Kleider des Heils angezogen, in einen Mantel der Gerechtigkeit mich gehüllt, gleich einem Bräutigam, der einen Turban außetzt und einer Braut, die ihren Schmuck anlegt." Die Verse lOf. bilden eine kleine Einheit für sich. Die erste Person wird wie in TrJes 61, Iff. den Propheten selbst bezeichnen. Ein Subjektwechsel ist weder angezeigt noch nahege302

303

304 305

Vgl. bes. TrJes 60,3.5.11; femer 61,6 und 62,2 (jeweils D^iä), zu 0'ΏΪΠ (die letzten beiden Wörter in V.9a fehlen in LXX) vgl. 62,10b. Kaum anzunehmen ist, daß der Reichtum der Völker in TrJes 60 von Gegnern TrJes' problematisiert worden ist. Kritische Anfragen konnten allerdings an die Autorität des Verfassers gestellt werden sowie an seine Vorstellungen, wem konkret denn dieser geschilderte Reichtum in der eschatologischen Heilszeit zufließen sollte. In Kap. 62 wird das Thema "Reichtum der Völker" ganz ausgespart. Vgl. Beuken, The Main Theme, 72f. Man kann diese Entwicklung von dem Heilshandeln in DtJes 44,3 bis zum Heilszustand in Jes 65,23 besonders schön auch grammatisch verfolgen: In DtJes 44,3b haben wir einen Verbalsatz, in TrJes 61,9b einen zusammengesetzten Nominalsatz (vgl. G./K. § 143, Meyer, Grammatik III, §92,4), in Jes 65,23b schließlich einen "reinen" Nominalsatz.

2. TrJes 61,1-11

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legt: Der Abschnitt besteht aus einer Lobpreisung Jahwes (V.10) und ihrer Begründung (V. 11). 3 0 6 Die Anrede "mein Gott" in V.lOaQ macht wahrscheinlich, daß nicht eine personifizierte Stadt (Zion/Jerusalem) als Subjekt gedacht ist (Steck), sondern ein Mensch, und das ist im Kontext eindeutig Tritojesaja selbst. 307 Die Verse TrJes abzusprechen, besteht kein Anlaß. Daß sich der Verfasser hier mit einem Bräutigam und einer Braut vergleicht, in TrJes 62, 5 hingegen Jahwe im Bild als Bräutigam und Zion als Braut bezeichnet, ist kein Widerspruch, denn in beiden Fällen geht es darum, der aneinander empfundenen Freude Ausdruck zu geben. Das Wortpaar "Bräutigam-Braut" begegnet in Bildern der Freude häufig, eine allegorische Auslegung ist somit entsprechend dem Sprachgebrauch in diesem Vers ausgeschlossen. Damit ist auch der gelegentlich behauptete literarische Bezug unserer Stelle auf DtJes 49,18, wo Zion bildlich mit einer Braut verglichen wird, hinfällig. 308 Problematisch ist die im MT bezeugte Lesart |ΓΟ', denn ein Bräutigam "spielt" nicht "den Priester im Turban" oder "macht priesterlich den Turban" 309 , sondern der Turban ist Zeichen der Freude. 310

30(

> Eine Textumstellung (insbesondere die Vertauschimg von V.10 und 11, vgl. Westermann (ATD, 293, Anm. 6, mit Hinweis auf Köhler und Kessler), vgl. auch Duhm (Jesaia, 458, der V. 10 darüber hinaus als "Glosse" betrachtet), ebenso Pauritsch, 106) ist nicht erforderlich und begründet auch nicht die jetzige Abfolge des Textes, vgl. dazu den Diskussionsüberblick bei Koenen, 119, Anm. 361. 307 Warum sind die Verse lOf. am Ende des Abschnitts TrJes 61,1-9 ergänzt worden ? Denkbar ist, daß TrJes in Anknüpfung an seine Legitimation und seinen Auftrag in 61, 1-3 seiner schriftgelehrten Prophetie einen hymnischen Abschluß geben wollte. Außerdem können die Verse als Verbindung zu Kap. 62 aufgefaßt werden, vgl. 60,21f. als Verbindung zwischen Kap. 60 und 61 sowie zu 61,10f. Koenen, 121 f. Doch möglicherweise besteht darüber hinaus noch ein weiterer Zusammenhang mit 61,1-3: Insbesondere V.10 erinnert sehr stark an eine Seibstpreisung eines Gerechten wie beispielsweise Hi 29,14. Diese könnte einerseits den Sinn haben, den Verfasser ungeachtet aller Anfeindungen als von Gott anerkannten Gerechten darzustellen. Zum anderen wäre noch daran zu denken, daß sich der Autor, der sich in 61,1-3 mit dem Gottesknecht identifiziert hat, hier von dessen in DÜes 49,4a überlieferten Verzagtheit distanziert und damit deutlich macht, daß er sich in seiner Tätigkeit von Gott ohne Einschränkungen bestätigt sieht. Vgl. zur Diskussion um das "Ich" in V.lOf. Koenen, 118f., Anm. 359. 308 Vgl. bes. Zillessen (242), aber auch Zimmerli (Sprache, 231). Ein literarischer Bezug zwischen den Stellen wird bestenfalls durch die LXX nahegelegt, nicht im MT (vgl. jeweils die Angaben in der BHS). Das tertium comparationis ist hier die Freude des Verfassers über seine von Jahwe verliehene Vollmacht, dort die Verheißung von Freude(?) Zions über ihren Bevölkerungszuwachs. 309 So die etwas eigentümliche Erklärung von Delitzsch (590), der den MT beibehalten will, vgl. schon Gesenius (Jesaia, 256). |ΓΟ (Pi'el) im Sinne von "als Priester dienen" ist im Hebräischen zwar gut bezeugt, dazu paßt aber nicht "Turban" (ΊΝ2) als Akkusativ der näheren Bestimmung (so allerdings Delitzsch, 590). Der Turban kann zwar als Kopfschmuck des Priesters erwähnt sein (vgl. V.3), ist bei TrJes wie in V.3 aber vor allem Zeichen der Freude. 310 Der MT wird durch keinen der wichtigen Textzeugen gestützt. lQJes 8 hat |Π132 (vgl. Kutscher, 322), LXX (περιεΟηκέ μ ο ι , vgl. dazu Hatch/Redpath II, 1127, Sp.3) und Vulg. (quasi sponsum decoratum corona) haben jedenfalls kein "priestern" (Delitzsch, 590) im Sinn, sind allerdings auch nicht als Übersetzung von anzusprechen. Breden-

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Eindeutige literarische Bezüge sind in unserem Vers nicht feststellbar. mit dem Subjekt ""¿ε: findet sich (in umgekehrter Wortfolge) mit dem Objekt "Jahwe" (hier: "mein Gott") zwar sonst nur noch in Ps 35,9, doch mehr als eine Nähe des hymnischen Verses zur Sprache der Psalmen wird man aus dieser Übereinstimmung kaum folgern wollen. 311 Die Formulierung "Kleider des Heils" erinnert zwar an DtJes 52,1, doch dort steht "Kleider deiner Pracht" (7]ΓΠ«εη 'TB), was TrJes ohne weiteres hätte zitieren können, wenn er literarisch Bezug hätte nehmen wollen. 312 Möglicherweise sind die "Kleider des Heils" literarische Vorlage für den Autor von Jes 59,17 gewesen, der aus ihnen "Kleider der Rache" gemacht haben könnte.313 Vers 11: "Denn wie der Boden sein Gewächs hervorbringt und der Garten seine Pflanzen wachsen läßt, so wird >Adonai< Jahwe314 Gerechtigkeit wachsen lassen und Ruhm vor all den Völkern."

kamp, Hitzig, BHS, Budde (Jesaja, 707), Volz (255), Westermann (ATD, 293, Anm. 5), Pauritsch (113) u.a. emendieren den Text in |'D't (Imperf. Hiph. von |15), mit intransitiver Bedeutung ("sich aufsetzen"). Duhm (Jesaia, 458, vgl. u.a. auch Torrey, 455, Koenen, 121, Anm. 371) schlägt |JÍ2' (Imperf. Pi'el von ]12) mit transitivem Sinn ("jmd. etwas aufsetzen") vor, was besser in den Kontext und ins Bild paßt, denn auch in V.lOaß haben die Verben transitiven Sinn. Der Textfehler ist vielleicht durch das Wort "Turban" entstanden, das einen Abschreiber zu der spielerischen Deutung des Textes auf den Priesterdienst (vielleicht durch die Bezeichnung "Priester Jahwes" in V.6 - oder liegt ein Einfluß von Ps 132,9.16 vor ?) angeregt haben mag. Dies wurde von den Übersetzern nicht mehr verstanden und korrigiert. Die Lesart ]3i2' wird hingegen im Anschluß an Duhm ursprünglich gewesen sein. Der für den MT verantwortliche Abschreiber brauchte nur eine geringe Textänderung vornehmen, jJiD^ ist bei TrJes in 62,7 bezeugt. - Beuken (Jesaja, 218) will demgegenüber den MT beibehalten und die Wurzel im Anschluß an Vitringa in ihrer Grundbedeutung "näherbringen" verstehen. 311 Anders Koenen (122), der von einem "Zitat" redet. Für eine Zitation könnte wiederum sprechen, daß TrJes Vi und ÎBÇ] nur hier gebraucht. 31 - "Pracht" findet sich bei TrJes in 60,7.19 und 62,3. 313 Vgl. immerhin in beiden Fällen parallel VSQ in Verbindung mit HO 13(1) (TrJes 61,10 text, emend.). Für 'JOS' (MT) lies, da die Wurzel tälT sonst nicht vorkommt, mit Gesenius (579f.), BHS, Duhm (Jesaia, 458, mit Hinw. auf Bredenk. u. Dillm.), Volz (255), Pauritsch (113), u.a. ']B1)'_ (Imperf. Hiph. 3.Sg. von Γ»1)(Ι) "bedecken" (transive Bedeutung) mit Suff. l.m.Sg., bezogen auf TrJes). Vorgeschlagen wird auch '3B15! (Imperf. Qal) oder (Perf. Qal), was jedoch wegen seiner intransitiven Bedeutung und aus stilistischen Gründen (vgl. zu letzteren Koenen, 122, Anm. 378) wenig Wahrscheinlichkeit fiir sich hat. In der LXX fehlt eine Ubersetzung, Vulg. bietet "circumdedit". Der "Mantel" wird sonst nur noch in Ps 109,29 und Hi 29,14 in übertragener Bedeutung gebraucht. Zur Wirkungsgeschichte vgl. bes. Bar 5,2. 314 "Adonai" ist wie in V.l sekundär. lQJes 8 hat Β'ΓΠ^Κ ΓΠΠ\ LXX übersetzen nur mit κύ ρ ι ος. Der MT wird lediglich durch die Vulg. gestützt, TrJes gebraucht die Verbindung "Adonai Jahwe" sonst nicht (vgl. TrJes 61,1 text, emend.). Das Wort ist zudem metrisch überflüssig und ist folglich als Text-Qrë zu betrachten.

2. TrJes 61,1-11

89

Der Autor sieht sich durch das Handeln Jahwes bestätigt. Um dies zu veranschaulichen, gebraucht der Verfasser das Bild vom Wachstum, wobei TOS in V.l la realen Sinn hat, in V.l lb hingegen übertragen gebraucht wird. Wachstum bedeutet Segen Jahwes315 und ist ein Element der eschatologischen Heilszeit.316 Der übertragene Gebrauch von TOS scheint besonders auf sprachlichen Einfluß von DtJes zurückzugehen317,wobei DtJes 45,8 unserer Stelle am nächsten steht318 und somit literarische Vorlage für TrJes gewesen sein dürfte.319 c) Fazit:

Der Verfasser präsentiert sich als "ein Prophet wie Mose" im Sinne des dtn. Prophetengesetzes (Dtn 18,9-22). Er hat sich mit dem Gottesknecht identifiziert und legitimiert sich mit einer ständigen Geistesgabe. Das Kapitel erweist sich als ein relativ selbständiges Stück320: Gegenüber TrJes 60 tritt die Ziontradition in den Hintergrund, was auch aus den literarischen Bezugnahmen (vgl. Tabelle) deutlich wird. Im Vordergrund stehen jetzt Bezugnahmen auf verschiedene Heilstraditionen (Gottesknechtstradition, Messianismus), die der Prophet zu seiner Legitimation auf sich selbst bezieht. Damit wird die Mittlerstellung zwischen Jahwe und Zionvolk, in der sich der schriftgelehrte Prophet mit seiner Botschaft sieht, deutlich gemacht. In gleicher Weise wird durch eine kollektive Interpretation der zitierten Heilstraditionen und durch Anknüpfung an dtjes. Heilsansagen die Bedeutung des Zionvolkes gegenüber den Völkern beschrieben. Bemerkenswert ist, daß der schriftgelehrte Prophet (neben den bereits genannten Themen) besonders auf das Gerichtswort gegen die Oberen des Volkes in Mich 3 Bezug nimmt. Die Ansage der Zerstörung Jerusalems (Mich 3,12) war ja in Erfüllung gegangen, und so bot sich die Schilderung der frevlerischen Zustände in Mich 3 als Gegenbild der Vergangenheit zu den dtjes. Heilsansagen, die durch den Autor von ihrem Kyrosbezug befreit und damit für die Gegenwart aktualisiert wurden, an. Die thematische Eigenständigkeit auf der einen Seite und die theologische Verbindung mit TrJes 60 und 62 auf der anderen Seite machen wahrscheinlich, daß wir ein ehemals selbständiges Stück vor uns haben, das von niemand anderem als von TrJes stammt. Der apologetische Charakter der Selbstdarstellung des Propheten macht wahrscheinlich, daß das Stück durch Leserreaktionen auf Kap. 60 veranlaßt worden ist und daß somit die überlieferte Abfolge der Texte als ursprünglich gelten kann. 315 316 317 318

319 320

Vgl. (jeweils mit Π8Ϊ) Ps 65,11; 85,12; 104,14; 147,8. Vgl. Jes 4,2; DtJes 44,4 (vgl. 44,3); 55,10 u.ö. Vgl. DtJes 42,9; 43,19, 44,4; 45,8, ferner Jes 58,8 u.a. Nur dort steht noch TOS Hiph. (BHS ändert in Qal) mit dem Objekt njTJX. Der schöpfungstheologische Hintergrund der dtjes. Wachstumsaussagen (einschließlich 45,8) spielt bei TrJes merkwürdigerweise keine erkennbare Rolle. Vgl. auch Zillessen (242.257) und Beuken (Servant and Herald, 437). Der Text ist eine Einheit. Kontext-Glossen ohne inhaltliche Bedeutung finden sich in TrJes 61,1.11 (Text-Qrê) sowie in 61,3 (entstanden durch Wortvertauschung).

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

3. TrJes 62,1-12* a) Vorbemerkungen Kap. 62 setzt, ähnlich wie Kap. 60, wieder mit dem Gebrauch von Lichtmetaphorik ein (V.lb), die ihren Eindruck auf die Völkerwelt nicht verfehlt (V.2). Das eschatologische Heil Zions/Jerusalems wird in V.3ff. beschrieben. Damit stehen sich Kap. 62 und 60 zunächst näher als Kap. 61, was gegen eine von vornherein beabsichtigte Abfolge TrJes 60-61-62 spricht. Auffällig blieben allerdings auch bei einer Zusammenordnung beider Kapitel noch folgende Akzentverschiebungen in TrJes 62 gegenüber TrJes 60: Die Lichtmetaphorik bezieht sich nicht mehr auf eine Epiphanie Jahwes über dem Zion, sondern auf das Recht bzw. das Heil Zions (V.lb). Die Völkerwallfahrt selbst wird nicht mehr explizit geschildert, wohl aber der Eindruck, den die neue Wirklichkeit Zions auf die Völker macht (V.2). Die Güter der Völker, die der Autor schon in Kap. 61 kaum noch erwähnte, werden nicht mehr aufgezählt, dafür wird das eschatologische Heil Zions durch die Schilderung der intensiven Beziehung zwischen Jahwe und Zion zu begründen gesucht. Gegenüber TrJes 60 wird Jahwe nun ungeduldig angemahnt (V.6f.), im letzten Abschnitt (V.10-12) geht der Autor sogar in den Imperativ über. Dieser erste, Einzelheiten vorerst außer acht lassende Überblick deutet zunächst zweierlei an: Zum einen gibt es inhaltliche Verbindungen zwischen TrJes 62 und 60, die zudem noch durch einen weitgehend geschlossenen Sprachgebrauch gestützt werden, so daß man ein und denselben Autor in beiden Kapiteln voraussetzen kann. 3 2 1 Zum anderen bildet Kap. 62 aber neben Kap. 61 und 60 ein eigenes Gefüge mit deutlichen inhaltlichen Akzentverschiebungen, die gegen eine ursprünglich zusammenhängende Gesamtkonzeption des Verfassers sprechen. Vergleicht man insbesondere den Beginn der jeweiligen Kapitel, dann wird man Kap. 60 als euphorisch bezeichnen, Kap. 61 als apologetisch-legitimierend und Kap. 62 als beharrendargumentativ. Letzteres ergibt sich aus dem sonderbaren Einsatz, der in invertierter Wortstellung Zion/Jerusalem in den Vordergrund stellt und beteuert, daß der Verfasser nicht innehalten und nicht ruhen wird - Der Prophet ermutigt sich und damit auch seine Leser, an den überlieferten Verheißungen festzuhalten. Das Stück scheint durch Enttäuschungen gegenüber dem Ausbleiben der bei DUes, seinen "Fortschreibern" und wohl auch schon bei TrJes 60f. verheißenen Heilszeit veranlaßt zu sein.

Der Verfasser versucht jetzt, seine Heilsankündigung argumentativ zu begründen: Er stellt dazu die Stadt in den Vordergrund, die besser als das schuldbeladene und von Gott gestrafte Volk geeignet ist, als Liebesobjekt Jahwes hingestellt zu werden. Damit wäre ein Grund gefunden, warum TrJes seine Heilsworte nun auf die Stadt und nicht wie in Kap. 61 auf das TXonvolk konzen-

321

Vgl. dazu Elliger (Einheit, 90), Volz (239) und ausführlicher Koenen ( 126ff.).

3. TrJes 62,1-12*

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triert.322 Die intensive Liebesbeziehung zwischen Jahwe und der Stadt Jerusalem/Zion ist für TrJes nun die entscheidende Grundlage für ein Beharren auf der Heilshoffnung im Gegenüber zur tatsächlichen Lebenswirklichkeit. Der Text läßt sich folgendermaßen gliedern323: V.l bildet den argumentativbeharrenden Eingang des Kapitels (vom folgenden durch die Nennung Zions/ Jerusalems in dritter Person abgehoben). In den Versen 2-5 wird die Argumentation für das Beharren auf der Heilshoffnung durch eine Beschreibung der Liebesbeziehung zwischen Jahwe und Zion ausgebaut. In den Versen 6f. findet der Abschnitt mit einer Anmahnung Jahwes einen vorläufigen Abschluß. 324 Die Verse 8f. passen nicht in den Kontext und scheinen deplaziert zu sein (formal durch Jahwerede vom Kontext abgehoben). V. 10-12 enthalten Imperative des Verfassers und einen Abschluß aus Namensbenennungen des Zionvolkes und der Zionstadt. b) Exegese Vers 1: "Um Zions willen werde ich nicht innehalten und um Jerusalems willen werde ich nicht ruhen, bis hervorgeht wie der Glanz ihr Recht und ihr Heil wie eine brennende Fackel." Kap. 62 ist m.E. mit Ausnahme der deutlich deplazierten Verse 8f. sowie des als Jahwerede gekennzeichneten kurzen Abschnitts V . l l a ß durchgängig als Prophetenrede gedacht. 325 Dafür spricht insbesondere die Erwähnung Jahwes in dritter Person auch in Abschnitten, in denen die Nennung des Gottesnamens nicht auf formelhafte Wendungen zurückgeführt werden

322

323

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325

Auch in Kap. 60 ist hauptsächlich die Stadt Zion im Blick, was dort allerdings in der Ausgestaltung des Motivs der Völkerwallfahrt zum Zion begründet ist. Eine Übersicht über andere Gliederungsvorschläge findet sich bei Fohrer (Kurzvers, 73), Koenen (123, Anm. 388). Gattungsbestimmungen sind bei Pauritsch (133) angesprochen. Die Verse 1 und 6f. können als "Rahmen" einer ursprünglichen Einheit TrJes 62,1-7 aufgefaßt werden, vgl. dazu insbesondere Westermann (ATD, 297) und Koenen (122f.), ferner Steck (Untersuchungen 1, 124), der allerdings wieder (wie auch Sekine, 91) Gott als Sprecher dieses Rahmens ansieht (vgl. ebd., 128, mit Anm. 50). Michel (Eigenart, 216f.) sieht in V.l eine (aus unbekannter Stelle) zitierte Gottesrede, die in V.2-5 predigthaft ausgelegt werde. Er begründet seine Hypothese mit der Beobachtung, daß in V. 1 und V.2-5 ein Wechsel der Personen vorliegt, was aber kaum als "Eigenart" Tritojesajas bezeichnet werden kann und noch weniger Rückschlüsse auf eine frühe Auslegungstradition zuläßt, vgl. schon Maass (»Tritojesaja«, 163), Sehmsdorf (Studien, 524, Anm. 30, ebd., 544, Anm. 128) und Koenen (123, Anm. 389). Anders die LXX, die den Text in Jahwerede ändern, wodurch "Recht" und "Heil" zu Gottesprädikationen werden. Nach Sekine (93) ist der Text bewußt zweideutig: Er kann und soll sowohl als Gottesrede als auch als Prophetenrede aufgefaßt werden. Als Prophetenrede verstehen den Text im wesentlichen auch Duhm (Jesaia, 458), Dillm./Kittel (507), Budde (Jesaja, 707), Elliger (Einheit, 26), Odeberg (16), Volz (251), Glahn (Prophet, 80), Mowinckel (Aufbau, 169), Westermann (ATD, 297), Pauritsch (115), Koenen (126, mit ausführlicher Diskussionsübersicht ebd., 123ff.) u.a.m.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

kann, vgl. V.4b.5b.6b u.ö. Die Wendung ΓΟ~*Χ3Π ("mein Gefallen an ihr") in V.4aß ist nicht als Jahwerede, sondern als Benennung aufzufassen, die der Verfasser in V.4b erläutert. Aus V.6b geht hervor, daß auch V.6a nicht als Jahwerede, sondern als prophetisches Wort aufzufassen ist. Schließlich ist die Jahwerede in Kap. 62 durch Einleitungsformulierungen als solche gekennzeichnet, vgl. V . l l a und V.8a im sekundären Abschnitt V.8f. Schon kapitelimmanente Kriterien weisen den Text also als Prophetenrede aus. Hinzu kommt, daß auch Kap. 60f. eindeutig den Propheten als fingierten Sprecher voraussetzen, so daß eine neue Disposition in Kap. 62 gegenüber der vorhergehenden gekennzeichnet sein müßte.

Mit der Parallele "Zion-Jerusalem" (beides ist für den Verfasser offensichtlich identisch) greift TrJes möglicherweise auf dtjes. Sprachgebrauch zurück, vgl. DtJes 40,9; 41,27; 52,1. Die Stadt wird durch invertierte Wortstellung hervorgehoben, während Zion in Kap. 60,14 und 61,3 bislang eher beiläufig, Jerusalem überhaupt nicht Erwähnung fand, πώπ und ορώ stehen nur hier im AT parallel 326 und bezeichnen ein "innehalten" oder "ruhen", kaum ein "schweigen", denn mündlich verkündet hat TrJes, soweit wir erkennen können, nie. 327 "Recht", "Heil" (V.lb) und "Herrlichkeit" (V.2a) sind in Kap. 62 synonyme Begriffe, die Zion zugeordnet sind. "Rettung, Heil" (πΐηϊΓ) begegnet in TrJes 60,18 als Benennung der Mauern Zions, "Recht" in TrJes 61,3 in einer Benennung des Zionvolkes, "Herrlichkeit" kann bei TrJes Jahwe (60,1 f.), dem Libanon (60,13) oder den Völkern (61,6) zugeordnet sein. In alledem zeigt sich, daß das Gedankengut TrJes' nun einzig auf die Zionstadt konzentriert wird. Das wird auch mit dem Gebrauch des Wortes "Glanz" deutlich, das TrJes sonst nur in 60,3.19 gebraucht. Wenn man von dem gestirnbezogenen Gebrauch des Wortes in 60,19 einmal absieht, fällt gegenüber 60,3 eine theologische Verflachung auf: Während dort der "Glanz" von dem Erscheinen der Herrlichkeit Jahwes über dem Zion herrührte, ist hier das Recht

326 gpüj s ( e ht mit ahn (sie!) in Ps 83,2 parallel, dort aber in einer Aufforderung an Jahwe. Ein ursprünglicher literarischer oder inhaltlicher Zusammenhang mit Ps 83,2 ist (gegen Westennann, ATD, 298, Steck, Untersuchungen I, 128, Anm. 50) m.E. nicht anzunehmen, weil hier nicht Jahwe, sondern der Prophet redet, inhaltlich auch kaum eine Antwort auf Klage (anders Fischer, Wo ist Jahwe?, 263), sondern auf Zweifel oder Infragestellungen zu erwarten ist. Dementsprechend können die drei Kapitel 60-62 auch nicht in Entsprechung zu "Gliedern der Klage" (Westermann, ATD, 297) aufgefaßt werden. In 1 QJes a (2)ΠΠΚ) wird ΠΒΠ entweder durch das bekanntere ΒΊΠ ersetzt (so Kutscher, 239), oder der Text literarisch an Ps 83,2 angeglichen (oder beides). 327

Letztgenannte Wurzel heißt nie "schweigen" im Gegensatz zu "reden". ΓΚ5Π (Qal oder Hiph'il) kann zwar "schweigen" heißen, insbesondere aber dann, wenn Jahwe als Subjekt gedacht ist. Das Schweigen Gottes bedeutet in diesen Texten Gericht (vgl. lies, die Ausführungen zu Jes 64,11 und der dortigen Vorlage DtJes 42,14). Ein inhaltlicher oder literarischer Bezug zu den genannten Stellen (vgl. auch Jes 57,11; 65,6, dazu BHS) läßt sich nicht nachweisen. Zillessen (242f.253) vermutet demgegenüber, daß DtJes 42,14 in TrJes 62,1.6 als Vorlage gedient haben könnte, erwogen in jüngster Zeit auch von Steck, Untersuchungen I, 128, Anm. 50.

3. TrJes 62,1-12*

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Zions mit dem "Glanz" verglichen. Die Betrachtungsweise ist also gleichsam von der vertikalen Sicht in die horizontale übergegangen, wobei der Verfasser allerdings im folgenden bemüht ist, in Ermangelung einer Lichterscheinung der Herrlichkeit Jahwes, auf die er verweisen könnte, die vertikale Sicht, also die Verbindung Zions mit Jahwe, argumentativ zu erneuern. 328 Das "Hervorgehen" (Κ2Γ) erinnert an das Verbindungsstück TrJes 61,10f. (vgl. bes. V . l l ) und bezieht sich auf den ganzen V.lb. 3 2 9 Der Ausdruck "brennende Fackel" ist singular, literarische Beziehungen sind nicht nachweisbar. Vers 2: "Da werden die Völker dein Recht schauen und alle Könige deine Herrlichkeit, und man wird dich nennen (mit) neuem Namen, den der Mund Jahwes bestimmen wird." Der Autor setzt mit einem Aspekt aus dem Motiv der Völkerwallfahrt zum Zion ein 330 : Völker und Könige werden "Recht" und "Herrlichkeit" Zions bewundernd schauen. TrJes verbleibt hier (anders als in Kap.60) gleichsam in der horizontalen Ebene, versucht aber, in V.2b eine Verbindung zwischen dem neuen Heilszustand Zions und Jahwe zu schaffen: Die neue Wirklichkeit, die durch eschatologische Neubenennungen charakterisiert wird, ist von Jahwe her bestimmt.331 Ob V.2b schon im Zusammenhang mit dem folgenden Bild einer

328 vgl. dazu auch den Gebrauch von "Herrlichkeit" speziell in TrJes 60,lf. und 62,2. Anders Michel (Eigenart, 218), der meint, V.2-5 sei eine Auslegung von V.l, "die selber (sc. gegenüber V.l) nichts Neues" bringe. 329 naa(I) ist hier intransitiv gebraucht, vgl. Gesenius (18. Aufl.), 164, Sp.2. Daß das "Heil" selbst brennt (vgl. u.a. die Übersetzung von Volz, 251, Westermann, ATD, 295), gibt kaum Sinn und erforderte zudem, da ΓψΙϋΓ feminin ist, I M (vgl. lQJes a ). 330

331

Mit der Parallele "Völker-Könige" und dem Gebrauch von ΠΚΊ (vgl. bes. TrJes 60,2.4) wird die trjes. Terminologie der Völkerwallfahrt zum Zion aufgegriffen. Die Kenntnis von TrJes 60 kann von dem Verfasser vorausgesetzt werden, ohne daß deshalb eine von vornherein zusammenhängende Komposition vorläge, wie ja die Differenzen gegenüber TrJes 60 zeigen. Im Gefolge Duhm's (Jesaia, 459) haben einige Exegeten V.2b als sekundäre Glosse verdächtigt, die die Benennungen in V.4 "korrigieren" sollte, da diese auch real verstanden werden könnten und damit im Widerspruch zu anderen Namen Jerusalems stünden. Dies ist mit Sekine (96f. mit ausführlicher Begründung) ausdrücklich in Zweifel zu ziehen. Die auf Zion/Jerusalem oder deren Bewohner bezogenen Namensbenennungen bei TrJes (vgl. 60,14.18; 61,3.6; 62,4.12) und anderswo (Jes 1,26; Jer 3,17; 33,16; Ez 48,35; Sach 8,3, vgl. noch Jes 65,15 und die Tabelle bei Sekine, 257) können nicht gegeneinander aufgerechnet werden, weil sie keineswegs real, sondan als eschatologische Charakterisierungen der neuen Wirklichkeit aufzufassen sind, vgl. auch Andersen, Renaming, 77. Die Betonung liegt in V.2b auf dem neuen Namen und darauf, daß dieser von Jahwe bestimmt wird. Damit ist der Name selbst für inhaltliche Füllungen offen, wie V.4 (12) zeigt. Die eschatologischen Benennungen sind Ausdruck einer endzeitlich verstandenen Wirklichkeit, die nach der Überzeugung TrJes' von Jahwe her bestimmt ist. Die Benennungen sind daher bei TrJes allesamt im Sinne von V.2b zu interpretieren. Der "neue Name" muß lediglich als Kollektivum für die einzelnen bei TrJes genannten Namen

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I. "Tritqjesaja" (TrJes 60-62*)

königlichen Hochzeit interpretiert werden kann, bleibt auch nach den Ausführungen Andersens332 ungewiß: Eindeutige Belege dafür fehlen. Literarische Abhängigkeiten sind auch in diesem Vers nicht nachweisbar. Die Wendung "neuer Name" ist ebenso singulär wie die Verbindung von OD mit 3 p ] im Sinne von "einen Namen bestimmen". Vom "Mund Jahwes" ist häufig die Rede, ohne daß die Belege bislang Aufschluß über den Gebrauch dieser Formulierung in TrJes 62,2 geben könnten.333 Vers 3: "Und du wirst eine prächtige Krone in der Hand Jahwes und ein königlicher Kranz in der Hand deines Gottes sein." Textkritisch muß angemerkt werden, daß die masoretische Punktation der 2.fem.Sg. im Waw-Perf. mit Schwa quiescens unter dem letzten Konsonanten zwar ungewöhnlich, aber nicht singulär ist. 3 3 4 In der zweiten Vershälfte dürfte das Qre(*]*3S1) dem Ktîb vorzuziehen sein, eine Verwechslung von * und 1 ist sehr leicht möglich. Der inhaltlichen Deutung des Verses stellen sich einige Schwierigkeiten entgegen. ΓΠΚΒΓ1 ΓΠΒΪ ("prächtige Krone") findet sich außer in TrJes 62,3 im AT noch in Jer 13,18; Ez 16,12; 23,42; Prov 4,9 und 16,31. 335 Besonders schwierig erscheint die Interpretation von Jer 13,18 336 : Ist der Ausdruck ΓΠΰϊ •3ΡΠί®ΓΙ real auf "Herrscherkronen" zu deuten, die der König und die Königinmutter auf

(vgl. G./K. §123b) aufgefaßt werden, das Imperfekt beschreibt bei TrJes generell die mit der Gegenwart einsetzende zukünftige eschatologische Wirklichkeit. Eine Umstellung des Textes (V.2b hinter V.3, vgl. Ehrlich, Randglossen, 220, Elliger, Einheit, 26 u.a.) trägt nichts aus, vgl. Volz, 250f. 332 Vgl. Andersen, Renaming, bes. 76-78. 333 Eine Beziehung zu dem formelhaften Gebrauch in Jes 58,14 (vgl. Jes 1,20; Dtles 40,5 und Mich 4,4) ist nicht erkennbar. 334 Vgl. BHS, dazu G./K. §10i und 75m. 335 In Prov 16,31 werden die "grauen Haare" metaphorisch als "prächtige Krone" bezeichnet, die man auf dem Wege der Gerechtigkeit finden kann. Die Weisheit bringt in Prov 4,8f. denjenigen, der sich um sie bemüht, dadurch zu Ehren, daß sie ihm einen "lieblichen Kranz" auf den Kopf setzt (]Π3) bzw. mit einer "prächtigen Krone" beschenkt (jlö), vgl. Plöger, Proverbia, 46f. Vgl. ferner Sap 5,16; Sir 6,31 u.a.m. Ein inhaltlicher oder gar literarischer Zusammenhang mit den weisheitlichen Belegen ist nicht erkennbar. 336 Der Vers (text emend.) lautet: "Sprich zum König und zur Königinmutter: Setzt euch tief herunter, denn gefallen ist von eurem Kopf eure prächtige Krone!" Eine Änderung des Imperativs "ΊΰΚ (MT) in den Plural (vgl. Duhm, Jeremía, 124, Rudolph, Jeremía, 92) ist nicht notwendig, wenn man den Vers als eine an Jeremía gerichtete Jahwerede auffaßt, vgl. Weiser, Jeremía, 116. Keineswegs zwingend scheint auch die von Duhm (Jeremía, 124) vorgeschlagene Änderung von TV in ΠΤ1* , weil das Genus bei feminin gedachten Nomina öfters schwanken kann, vgl. G./K. §122n sowie Rudolph (Jeremía, 92). Für MT ü2*nÍiflN"ia (herzuleiten von nitOK"1D*), der mit "zu euren Köpfen" übersetzt werden müßte, was wenig Sinn zu haben scheint, lies mit Duhm (Jeremía, 124), Rudolph (Jeremía, 92) u.a. im Anschluß an LXX D2*fflK"|ü. Die zahlreichen von Volz (Jeremía, 153) zum Vers vorgeschlagenen Emendationen sind zu gewaltsam und werden der Textüberlieferung nicht gerecht.

3. TrJes 62,1-12*

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ihrem Kopf trugen 3 3 7 , bis sie diese durch die Niederlage von 597 v.Chr. 3 3 8 verloren ? Oder ist die Krone als ein bildliches Symbol für das "Königsheil" aufzufassen ? Oder sollte "eure prächtige Krone" ein bildlicher Ausdruck für die Stadt Jerusalem sein ? - Für die letztgenannte Deutung spricht das m.E. ausschlaggebende Argument, daß in dem folgenden Vers Jer 13,19 auch die Not der Städte im Südland geschildert wird. 3 3 9 Möglicherweise haben wir also in Jer 13,18 einen Beleg dafür, daß Jerusalem metaphorisch als "prächtige Krone" bezeichnet werden konnte. 3 4 0 Dieselbe Vorstellung dürfte dem Bild in TrJes 62,3 zugrunde liegen. 341 Wenn Jer 13,18 also literarische Vorlage für TrJes gewesen sein sollte, dann hätte der Autor hier die Metapher der "prächtigen Krone" als Bild für Jerusalem von dort übernommen. Entsprechend den veränderten geschichtlichen Verhältnissen wird die Krone nun nicht mehr dem israelitischen König oder der Königinmutter zugeordnet, sondern nach der Intention TrJes' niemand geringerem als Jahwe. 3 4 2 Gegenüber der vermuteten Vorlage wird in TrJes 62,3 eine Verbindung zwischen der "Krone" Jerusalem und Jahwe geschaffen, Jerusalem erfährt als Königs-

337 vgl. aber die unsichere Textüberlieferung (BHS). Zum Amt und Einfluß der Königinmutter vgl. Donner, Königinmutter, bes. 107ff.l28ff. 338 Duhm (Jeremía, 124), Rothstein (Jeremía, 763) und Weiser (Jeremía I, 116f.) möchten den Spruch Jer 13,18f. zeitlich vor 597 v.Chr. einordnen, ähnlich Rudolph (Jeremía, 95), der die Verse "kurz vor" 597 v.Chr. gesprochen sein läßt. Volz meint hingegen, die Ereignisse von 597 v.Chr. seien bei der Abfassung des Spruchs schon eingetreten oder zumindest im Gange, vgl. Volz, Jeremía, 153. 339 Daß die "prächtige Krone" vom Kopf des Königs (und der Königinmutter ?) fallt, wäre folglich bildlicher Ausdruck für den Fall Jerusalems (vgl. ganz ähnlich noch Thren 5,16!), der insbesondere für das Herrschergeschlecht in Jerusalem natürlich eine Demütigung ohnegleichen darstellte. Jer 13,18f. müßte also bald nach den Ereignissen von 597 v.Chr. angesetzt werden, denn einerseits ist von dem Fall Jerusalems die Rede, andererseits wird die Existenz des Königtums auch nach dieser Katastrophe weiter vorausgesetzt. Die Bedrohung der Städte im Südland kann noch die Ereignisse um den Fall von Jerusalem im Jahre 597 v. Chr. ansprechen oder auf eine emeute Gefahr unter der Herrschaft des Königs Zedekia hinweisen. - Letztere Möglichkeit hat jedoch insofern wenig Wahrscheinlichkeit für sich, als eine erneute Bedrohung Jerusalems sicherlich neben der Bedrohung der Städte im Südland hätte Erwähnung finden müssen. 340 vgl. noch Jes 28,1, wo Samaria (oder vielleicht Sichern?, vgl. Kaiser, Jesaja II, 190) als "prachtvolle Krone" (tlM Π"1013) bezeichnet wird. 341 Stummer (Keilschriftliche Parallelen, 186) verweist zur Klärung des Bildes auf die babylonische Inschrift "Bei, ...Borsippa ist deine Tiara". Das Bild einer Stadt als Krone könnte seiner Meinung nach in Babylonien entstanden und von dort nach Israel gelangt sein. Nach Duhm (Jesaia, 459) kannte der Verfasser Bilder von Gottheiten, die die Mauerkrone (einer Stadt) auf dem Kopf trugen. Daß sich die Krone (Jerusalem) in TrJes 62,3 nicht auf dem Kopf, sondern in der Hand Jahwes befindet, wird als Ausdruck religiöser Scheu gewertet, Jerusalem einen derartigen Stellenwert (als Krone auf dem Kopf Jahwes!) einzuräumen, vgl. Duhm (Jesaia, 459), Budde (Jesaja, 707) und Westermann (ATD, 298). 34 - In Jes 28,5 wird Jahwe selbst als "Krone" bezeichnet.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

krone Jahwes eine immense Aufwertimg. 343 Daß sich die Krone in der Hand Jahwes befindet, könnte (abgesehen von den bereits genannten Erklärungsmöglichkeiten) seinen Grund darin haben, daß mit diesem Bild der künftigen Geborgenheit Jerusalems Ausdruck gegeben werden soll. 3 4 4

Die Verwendung von ΓΓ,φΰ345 erinnert aber im Hinblick auf Cant 3,11 auch an die Übergabe einer Krone an den König anläßlich seiner Hochzeit. In Ez 16, 12 ist möglicherweise unter der "prächtigen Krone" eine Brautkrone zu verstehen, die der Braut am Hochzeitstage vom Bräutigam übergeben wird. 346 Das Bild von der (königlichen) Hochzeit könnte im Hinblick auf die folgenden Verse auch in TrJes 62,3 im Hintergrund stehen, allerdings mit zwei wesentlichen Unterschieden gegenüber Ez 16,12: Zum einen ist das Geschenk der "prächtigen Krone" an die "Braut" Jerusalem in Ez 16 an das Verhalten der "Braut" geknüpft: Treulosigkeit gegenüber Jahwe hat den Verlust der Geschenke zur Folge, vgl. Ez 16,15ff. Gravierender aber ist der Unterschied im Bild: Die "prächtige Krone" ist in TrJes 62,3 Zion/Jerusalem selbst, in Ez 16, 12 wird sie der "Braut" Jerusalem von Jahwe auf den Kopf gesetzt. In TrJes 62,3 ist die "Krone" Jerusalem in der Hand Jahwes, und niemand weiß, wem sie auf den Kopf gesetzt werden sollte oder ob überhaupt beabsichtigt ist, sie jemandem auf den Kopf zu setzen. - Andererseits ist eine spielerische Variation des Bildes von der (königlichen) Hochzeit, die der Autor ja zumindest in V.5b im Sinn zu haben scheint, durchaus möglich 347 , so daß auch Ez 16,12 als literarische Vorlage von TrJes 62,3 nicht ausgeschlossen werden kann. Unter dem 343

Folgerichtig müßte hinter dem Bild in TrJes 62,3 die Vorstellung einer Königsherrschaft Jahwes mit Sitz in (oder über ? - vgl. 60,1-3) Jerusalem stehen (vgl. Duhm, Jesaia, 459, Dillm./Kittel, 507), was aber nicht weiter ausgeführt wird. Zion/Jerusalem hätte dann nach TrJes 60,15b Anteil an der Herrlichkeit dieser Königsherrschaft. 344 Die Krone kann nicht mehr vom Kopf fallen, sie ist fest in der Hand Jahwes. Die "Hand Jahwes" kann verschiedentlich Ausdruck von Geborgenheit sein, vgl. Jes 51,16; 2.Sam 24,14 (l.Chron 21,13), ferner Jes 66,14b u.a.m. (vgl. weitere Belege bei van der Woude, THAT I, Art. Τ , 672). Eine Erklärung des Bildes durch außerisraelitische Parallelen ist bei Berücksichtigung der genannten Interpretation einschließlich der vermuteten literarischen Abhängigkeit unserer Stelle insbesondere von Jer 13,18 nicht mehr zwingend erforderlich. 345 "Pracht" wird zuweilen (vgl. Eiliger, Einheit, 26, Fohrer, Kurzvers, 80, Mowinckel, Aufbau, 177, Pauritsch, 114) metri causa als Variante zu "Krone" (bei TrJes nur hier) gestrichen (Odeberg will umgekehrt "Krone" als Erklärung eines Glossators zu dem trjes. Wort "Pracht" streichen, vgl. Odeberg, 261), im trjes. Kontext wird "Pracht" aber nicht im Sinne von "Krone" verwendet, vgl. 60,7.19. Eine Kürzung des Textes ist daher zweifelhaft, vgl. Volz, 250. 346 vgl. Ziminerli (Ezechiel I, 352). Der Vers gehört zu dem "Grundtext" von Ez 16, den Zimmerli vor 587 v.Chr. ansetzt (vgl. ebd., 362f.) - damit gehört Ez 16,12 zeitlich möglicherweise in die Nähe von Jer 13,18f. In dem von Ez 16,12 abhängigen Beleg Ez 23,42 bezeichnet die "prächtige Krone" einen Kopfschmuck, der den Frauen anläßlich eines Festes geschenkt wird, vgl. Zimmerli, Ezechiel I, 553f. 347 Vgl. TrJes 61,10 und Andersen, Renaming, 78f.

3. TrJes 62,1-12*

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Vorbehalt, daß die oben angegebene Interpretation von Jer 13,18f. richtig ist, muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß der Ausdruck "prächtige Krone" als Metapher für die Stadt Jerusalem nur von dort her seine Erklärung erhält, so daß eine literarische Abhängigkeit unserer Stelle von Jer 13,18 am meisten Wahrscheinlichkeit für sich hat. 348 Vers 4: "Man wird dich nicht mehr als »Geschiedene« bezeichnen, und dein Land wird man nicht mehr »Einsame« heißen, sondern dich wird man nennen »Mein Gefallen an ihr« und dein Land »Verheiratete«. Denn Jahwe hat Gefallen an dir, und dein Land wird verheiratet sein." In diesem Vers liegen gleich mehrere musivstilistische Zitate vor. Γατφ ist zum einen als Frauenname belegt 349 und findet sich sowohl in einem Wortspiel mit der Stadt Gaza (njj), vgl. Zeph 2,4) als auch in einem Gerichtswort über die Städte Israels (vgl. Jer 4,29). Andererseits ist nur bei DtJes 54,6 und TrJes (vgl. 60,15 und 62,4) ein Bezug des Wortes auf die als (verlassene bzw. geschiedene) Frau personifizierte Stadt Jerusalem festzustellen, so daß allein schon von dieser Beobachtung her eine enge Verbindung der Stellen untereinander als wahrscheinlich betrachtet werden kann. Hinzu kommt, daß in DtJes 54,1 noch die femin. Partizipien rtöoiffi und rfpiin begegnen, so daß die Annahme literarischer Abhängigkeit kaum in Zweifel gezogen werden kann. 350 Warum aber diese literarische Anknüpfung TrJes' an das Stück DtJes 54,1-10? - Die zitierten Partizipien charakterisieren ohne viele Worte das Jerusalem nach der Katastrophe von 587 v.Chr. In kurzen, prägnanten Formulierungen stellt TrJes diesen Charakterisierungen sein eschatologisches Gegenbild entgegen, das sich vom deuterojesajanisehen nun deutlich abhebt. Während TrJes in 60, 15 nur mit dem Wort rnni; auf seine Vorlage zurückgreift (vgl. ebd.), wird hier mehrfach durch Zitation auf die gesamte Vorlage Bezug genommen, wobei nun die eigenen theologischen Akzente des Verfassers gegenüber DtJes 54,Iff. deutlich werden.

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Bemerkenswert ist der Hinweis Dalmans (Arbeit und Sitte V, 348) auf jüdische Berichte, nach denen nach dem Tituskrieg ein Verbot goldener Kronen für die (jüdische) Braut ausgesprochen wurde. Dabei könnte es sich nach Dalman bei den goldenen Kronen um Kronen in Gestalt einer Stadtmauer mit Türmen und Toren als Abbildung des eschatologischen Jerusalem handeln. Danach wäre die in Jer 13,18 enthaltene Metapher (Krone = Jerusalem) mit dem Brautbild in Ez 16,12 (angeregt durch TrJes 62,3 ?) zusammengeschmolzen und hätte in Form von goldenem Schmuck für die jüdische Braut ihren künstlerisch gestalteten Ausdruck gefunden. Diese Art von Kopfschmuck könnte daneben natürlich auch durch die von Duhm angesprochenen Darstellungen angeregt worden sein. Vgl. l.Kön 22,42 par. 2.Chron 20,31 (Mutter des Königs Josaphat); l.Chron 2,18f. (Frau Kalebs). Fraglich ist, ob die dem Namen zugrundeliegende Wurzel 3T13 in der Bedeutung "verlassen, entlassen" (so Noth, Israelitische Personennamen, 231) oder eher in der Bedeutung "helfen" (Zadok, Anthroponymy, 1 lOf.) vorliegt. Vgl. Koenen, 128, Anm. 416.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Zunächst fallt auf, daß der an das personifizierte Jerusalem gerichtete Aufruf zum Jubeln (DtJes 54,1) unterbleibt. Die Euphorie DtJes', die bei TrJes wenigstens im ersten Kapitel (Kap. 60) noch zu spüren war, ist inzwischen einer argumentativen Rechtfertigung der Aufrechterhaltung der Heilsbotschaft gewichen. Die in DtJes 54,Iff. angesprochene Verheißung zahlreicher Nachkommenschaft findet ebenso keine Aufnahme, auch sonst spielt sie bei TrJes eine äußerst nebensächliche Rolle. 351 Schließlich fallen gegenüber der Vorlage die schöpfungstheologischen Gottesbezeichnungen (vgl. DtJes 54,5) und heilsgeschichtlichen Bezüge (vgl. bes. DtJes 54,9f.) fort, Gottesrede wandelt sich zudem in Prophetenrede. Unter einer "verlassenen" Frau wird man im Gegenüber zu der n^im in V.4 aß 352 eine "Geschiedene" zu verstehen haben. Während DtJes von der eschatologischen Heilsgemeinde, die er mit einer Geschiedenen vergleicht, sagt, Jahwe habe sie gerufen und werde sie mit großem Erbarmen sammeln (54,6f.), beschränkt sich TrJes lediglich auf Um- bzw. Neubenennungen Zions. Die Zeit, in der man Jerusalem/Zion als "Geschiedene" bezeichnen konnte, ist nach TrJes nun vorbei, rarri? bekommt hier den statischen Charakter einer Chiffre für vergangene Zeiten. Das Bild von der geschiedenen Frau wird erst in dem folgenden Vers in einem eschatologischen Gegenentwurf ausgeführt. Ähnlich verfährt der Autor mit dem aus DtJes 54,1 aufgegriffenen nonic (sie!). 353 Die Verheißung zahlreicher Nachkommenschaft fällt weg, ebenso das Paradoxe des

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Vgl. lediglich TrJes 60,22. TrJes kann nicht an einer zahlreichen Bevölkerung interessiert sein, die die sozialen Nöte unter den angenommenen Voraussetzungen nur verschlimmern würde. Wichtig ist ihm vielmehr, daß sich die Gemeinde im Festhalten an den Verheißungen als eine Gemeinde von Gerechten begreift, die vollen Anteil am Segen Jahwes erhalten wird, so daß das Wohlergehen der Bewohner Jerusalems die Stadt vor den Augen der Völker zu einem ruhmvollen Mittelpunkt der Welt macht. Man beachte dazu den chiastischen Aufbau in V.4a: Ein Rechtsbegriff ist jeweils mit einem "Gefühlsbegriff" (wie auch in V.4b) zusammengestellt, die Begriffe in V.4aß sind denen in V.4aa - in umgekehrter Reihenfolge - gegenübergestellt. Lies das Part. fem. Sg. von DÜffl wie sonst noch in Thren 1,13 (klagende Tochter Zion) und 2.Sam 13,20 (Thamar), so im Anschluß an Oort zahlreiche Kommentatoren, vgl. u.a. BHS, Dillm./Kittel (507), Duhm (Jesaia, 460), Klosterm. (93), Ehrlich (Randglossen, 220), Budde (Jesaja, 707), Odeberg (262), Volz (250), Fohrer (Kurzvers, 80), Westermann (ATD, 296, Anm. 1), Pauritsch (114), Koenen (127f„ Anm. 415). TrJes gebraucht das Part. PI. in 61,4. Die Vokalisierung des MT (Πΰΰφ, eine Nominalbildung ebenfalls von Döffl) könnte durch Stellen wie Lev 26,33; Jes' i,7; Jer 4,27; 6,8; 12,10; Ez 6,14; 12,20; 14,16; 15,8; 33,28f., bes. aber durch Zeph 2,4 (parallel mit Π3ΙΪΪ, aber bezogen auf Askalon) oder Jes 64,9 (bezogen auf Jerusalem) motiviert sein. Nach Koenen (127f., Anm. 415) ist die Punktation durch fHK hervorgerufen worden. DtJes hat das Wort nicht. Die masoretische Lesart (LXX haben "Έρημος, vgl. aber Field II, 555, Sp.2) ist vor allem deshalb unwahrscheinlich, weil eine Abänderung der Punktation in DtJes 54,1 durch TrJes in 62,4 keinerlei Sinn ergäbe. Zu der Lesung rmaö vgl. Vulg. mit "Desolata" und lQJes a mit TTOÜlffl.

3. TrJes 62,1-12*

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von DtJes gebrauchten Bildes: Gerade die "Söhne der Einsamen" (ΠΏρύΓ^Β) werden viel zahlreicher sein als die der "Verheirateten" (rfTiin)! TrJes hingegen greift das Wort von DtJes 54,1 auf, weil damit zum einen wieder eine Chiffre 354 für das zerstörte Jerusalem nach 587 v.Chr. gegeben ist, zum anderen aber nur aus DtJes 54,1 hervorgeht, daß die "Einsame" Heil erwarten kann. Auffällig ist dabei, daß TrJes den Ausdruck "Einsame" auf das Land Zions bezogen wissen will. 355 Da TrJes sonst wesentlich an Zion und seiner eschatologischen Heilsgemeinde interessiert ist und das "Land" lediglich in 60,21 und 61,7 auf dem Hintergrund der traditionellen Landverheißung Erwähnung findet, scheint ein literarischer Einfluß von Jes 49,8 und DtJes 49,19 356 vorzuliegen, der aber nicht sicher nachweisbar ist. Möglicherweise wurde der Autor zur Ergänzung des "Landes" auch durch die Mehrungsverheißung in DtJes 54, Iff. angeregt, die Zion/Jerusalem zu einer Erweiterung seiner Grenzen nötigt, vgl. DtJes 54,2f. Eine inhaltliche "Kurskorrektur" gegenüber seiner sonstigen Theologie wird man TrJes anhand der Erwähnung des "Landes" kaum unterstellen: Das "Land" findet hier nur durch Einfluß von (Dt)Jes 49* Erwähnung, schon in V.5ff. (vgl. auch die Benennungen in V.12) spielt es keine Rolle mehr. 357 Mit r D ' ^ s n kommen wir nun zu der einzigen Bezeichnung, die TrJes nicht aus seiner Vorlage entnommen hat. Schon diese Tatsache gibt dem Namen, der auch als Name der Mutter des Königs Manasse (2.Kön 21,1) belegt ist, eine besondere Bedeutung. Hinzu kommt, daß dieser und der folgende Name (ΓΙ^Μ) in V.4b eine ausdrückliche Deutung erfahren und damit gegenüber den bisher genannten hervorgehoben werden. TrJes geht es in unserem Kapitel ja darum, seine Heilsbotschaft argumentativ zu begründen. Daß das Heil gerade die "Geschiedene" bzw. "Einsame" zu erwarten hat, deutete der Verfasser durch seine Aufnahme von DtJes 54,Iff. bereits an. Nun kommt die inhaltliche Begründung: Es besteht ein gefühlsbetontes Interesse Jahwes an seiner "Braut" Zion. Dieses drückt TrJes durch zwei Wurzeln aus: f S n und (in V.5) i r ò . Im Hinblick auf |>ΒΠ fällt auf, daß die Wurzel weder in der Vorlage DtJes 54,1-10 noch sonst bei TrJes begegnet. Möglicherweise hat sich TrJes zur Verwendung

354

Das Formelhafte im Vers wird auch durch die zweifache Abfolge von Iii) HaK'Tfr deutlich, vgl. dazu Koenen (114.127). BHS, Duhm (Jesaia, 460), Budde (Jesaja, 707), Fohrer (Kurzvers, 80), Mowinckel (Aufbau, 177), Pauritsch (114) u.a. vermuten hier (metri causa) eine Dittographie, doch der Text ist gut bezeugt. 355 Das "Land" bleibt hier (durch das fem. Suffix) Zion zugeordnet, so daß aller Wahrscheinlichkeit nach nur an das unmittelbare Umland Zions gedacht ist, das nach TrJes 60,13 auf dem Hintergrund der Vorstellung vom Gottesberg ganz unproblematisch zu Zion hinzugerechnet werden kann. Gleichwohl bleibt die explizite Erwähnung des Landes, die auch nicht so recht in das folgende Bild einer Beziehung zwischen Jahwe und Zion passen will, an dieser Stelle auffällig. 35< > An beiden Stellen steht "Land" parallel mit den "verwüsteten Gegenden" (üiitÖ). 357 Steck (Untersuchungen I, 127, Anm. 46) schließt an dieser Stelle auf "gravierende Landprobleme", was keinerlei Anhalt im Kontext hat.

100

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

dieser Wurzel durch die Formulierung "Steine des Wohlgefallens"

Π"']DK) in Jes 54,12 3 5 8

anregen lassen, zumal er letztendlich Jahwe als Baumeister (vgl. TrJes 62,5 text, emend.) des eschatologischen Jerusalem ansieht.

Die Herkunft des fem. Partizip pass, rfyii» ist demgegenüber wieder ganz deutlich: Es stammt abermals aus DtJes 54,1, obgleich die "Verheiratete"359 dort gegenüber der "Einsamen" benachteiligt ist. Daraus wird schon deutlich, daß es nicht auf das "verheiratet sein" allein ankommt, sondern darauf, von wem man geheiratet wird. Die Antwort kann bereits aus der Vorlage erhoben werden: "Denn der dich heiratet, (ist) dein Schöpfer, Jahwe Zebaoth ist sein Name" (DtJes 54,5a). 360 TrJes selbst läßt durch seine Formulierungen in V.4b und 5a (text, emend.) keinen Zweifel daran, daß er an diese Aussage DtJes' anknüpft.361 TrJes übernimmt nicht die schöpfungstheologische Begründung DtJes' für die Beziehung zwischen Jahwe und Zion, wohl aber das zwischen beiden mit zum Ausdruck gebrachte Eheverhältnis, das Paradoxon der Vorlage fällt bei TrJes weg. 362 Vers 5: "Denn wie ein junger Mann eine Jungfrau heiratet, so wird dein Erbauer dich heiraten, und (wie) ein Bräutigam sich freut über seine Braut, so wird sich dein Gott über dich freuen." In V.5 haben wir die Spitzenaussage des Abschnitts V.2-5 vor uns: Für Zion/Jerusalem gibt es vor allem deshalb noch Hoffnung, weil Jahwe ihr (der 358

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Die Stelle wird (ebenso wie Jes 49,8) der sogen. "Naherwartungsschicht" zugerechnet, vgl. Hermisson, Einheit und Komplexität, 311. LXX haben ή Οικουμένη (was insofern bemerkenswert ist, als ο ϊ κ ε ί ν sonst nie für S133 steht, vgl. Hatch/Redpath (II, 968), vgl. darüber hinaus die Unsicherheit der einzelnen Textzeugen bei Field II, 555, Sp.2), allerdings werden sie kaum eine andere Vorlage als den MT gehabt haben. Auffällig ist demgegenüber, daß V.4b dort überhaupt nicht wiedergegeben wird. MT O y ^ ' a ) ist Part. PI. mask, mit Suff. 2. fem. Sg. von ^553, der Plural des Partizips könnte als sogen. "Hoheits- oder Herrschaftsplural" (pluralis majestatis, vgl. G./K. § 124g-i) interpretiert werden, bezogen auf Jahwe (eine Deutung, die bzgl. des Partizips allerdings umstritten ist, vgl. G./K. §124k). Vorgeschlagen ist auch die Lesung "dein Ehemann" (pluralis majestatis von *?33(I), mit Suff. 2.fem.Sg., vgl. BHS, Meyer, Grammatik II, §46,3d, Gesenius (18.Aufl.), 161, Sp.2) u.a. Die erste Möglichkeit kann aber angesichts des parallelen TfÓií (vgl. dazu G./K. §124k sowie den Hinweis ebd. auf § 93ss) nicht ausgeschlossen werden. Der Vergleich Jahwes mit einem "Ehemann" ist spätestens seit Hoseas Zeiten bekannt, vgl. Kühlewein, THAT I, Art. 332. Hier geht es aber um die Hochzeit speziell zwischen Jahwe und Zion (ergänzt bei TrJes um das "Land"), die als eine zuvor verstoßene Frau dargestellt ist. In DtJes 54,1 ist die "Verheiratete" (nSlS3 ) schlechter dran als die "Einsame", in 54,5 hingegen wird ^1)3 ganz positiv verwendet. TrJes "korrigiert": hat bei ihm durchweg positiven Sinn, die "Verheiratete" wird so zum krassen Gegenüber der "Einsamen". Beide Benennungen sind - anders als in DtJes 54,1 - deutlich auf ein und dasselbe Objekt, nämlich das "Land", bezogen.

3. TrJes 62,1-12*

101

Stadt) gegenüber Liebesgefühle hegt. Vergleichspunkt ist dabei ganz allgemein die Freude, die beide aneinander haben werden. Am Anfang des Verses dürfte ein 3 weggefallen sein, lies also mit den in BHS angegebenen Textzeugen 1 ?ÏÏ33~'3. 363 V.5bß heißt im MT: "so werden dich deine Söhne heiraten." Die "Söhne" passen allerdings nicht im geringsten in das Ehebild. Hinzu kommt, daß der Parallelismus membrorum am Ende von V.5a entsprechend η'Π^Ν in V.5b eine Bezeichnung für Gott erfordert, und diese dürfte ursprünglich 7J33 oder 7p_3 gelautet haben. 3 6 4 Dementsprechend muß das Prädikat in die 3.m.Sg. (gegenüber PI. im MT) abgeändert werden, lies also j ) e r Xextfehler kann verschiedene Ursachen haben. Sowohl 7JJ3 als auch Tp_3 sind sonst nicht belegt 3 6 6 , so daß den Punktatoren der Gedanke an ein Partizip von Π33 möglicherweise ferner lag als das geläufigere 3 . 3 6 7 Hinzu kommt, daß ein Einfluß von DtJes 49,17 (MT) und 49,22 vorliegen kann, auch TrJes 60,4.9 könnten die Punktation beeinflußt haben. Als literarische Vorlage für TrJes 62,5 (text, emend.) kommt am ehesten der ursprüngliche Text von DtJes 49,17 (text, emend.) in Frage, von dort her ist nämlich am ehesten zu erklären, warum TrJes hier 7j]'3 oder "^33 mit einem Prädikat im Plural verbunden hat: In seiner Vorlage ist wirklich der Plural gemeint, angesprochen sind dort vornehmlich die Exulanten und deren Nachfahren. TrJes hat diesen Text in 60,10 (vgl. 61,4) nach unserer Vermutung dahingehend variiert, daß er die "Fremden" als Erbauer (der Mauern) Jerusalems eingesetzt hat. Letztendlich steht aber hinter der Tätigkeit der Fremden niemand anders als Jahwe selbst 368 , so daß die Bezeichnung Jahwes als "dein (sc. Zions) Erbauer" im trjes. Kontext nur folgerichtig erscheint. Der grammatische Fehler in TrJes 62,5 (Prädikat im Plural) dürfte sich also durch die Vorlage DtJes 49,17 (text, emend.) in den Text eingeschlichen haben.

363

Die Vergleichspartikel 3 ist zwar zuweilen entbehrlich (vgl. G./K. §161), wie man auch an V.5b sehen kann, am Anfang des Satzes und zur Einführung des Vergleichs aber kaum (vgl. Dillm./Kittel, 507f.). Nach Gesenius (Jesaia, 258) kann man sich die Vergleichspartikel aber ebenso "hinzudenken", er behält MT bei. 364 Vgl. BHS und (trotz gegenteiliger Textbezeugung auch durch LXX und Vulg.) nahezu alle Kommentare. Die erstgenannte Möglichkeit geht von einem Partizip Sg. (von Π33, mit Suff. 2.fem.Sg.) aus, wobei sich das * in " p 3 (MT) als fehlerhafte Schreibung einer mater lectionis bei der Anfügung eines Suffixes der 2.fem. Sg. erklären ließe, vgl. G./K. §9 le. Der zweite Vorschlag rechnet mit einem (auf Jahwe bezogenen) pluralis majestatis, der insbesondere durch das parallele ^Vfw nahegelegt wird, aber bei Partizipien (Part. PI. von ΓΠ3, ebenfalls mit Suff. 2.fem. Sg.) umstritten ist, vgl. DtJes 54,5 und G./K. §124k. Volz (250, erwogen auch von Sekine, 89) schlägt statt MT "deine Söhne" 7[T7i< vor, was aber eine zu große Abänderung des MT darstellt. 365 Dies gilt für beide vorgeschlagenen Konjekturen, da auch der pluralis majestatis in der Regel mit einem Prädikat im Singular verbunden wird, vgl. G./K. §145h. Vgl. BHS und die Kommentare. 366 Die letztere Möglichkeit ist aber in DtJes 49,17 (text, emend.) bezeugt, vorausgesetzt natürlich, daß die vorgeschlagene Emendation in "deine Erbauer" (vgl. BHS) dort richtig ist. Vgl. ansonsten nur noch die textkritisch ebenfalls unsichere Stelle Ez 27,4. 367 Ich zähle dazu insgesamt 16 Belege, inclusive DtJes 49,17 (MT) und TrJes 62,5 (MT). 368 Insofern kann Jahwe geradezu als "Architekt" (im Unterschied zu den ausfuhrenden "Erbauern") bezeichnet werden.

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I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

T ^ r éritp, mit Gott als Subjekt und bezogen auf Zion/Jerusalem, findet sich im AT nur noch in Zeph 3,17. Möglicherweise greift der Autor mit dieser Formulierung musivstilistisch auf den Abschnitt Zeph 3,16-20 369 zurück: Der Abschnitt hat durch seine Imperative an Zion, sich nicht zu fürchten 3 7 0 und nicht den Mut zu verlieren (vgl. V.16) sowie mit seiner Verheißung der Heimkehr der Exulanten und der Wende ihrer Gefangenschaft (V.20) m.E. eine größere zeitliche Nähe zu DtJes als TrJes. In TrJes 60-62* wird die Rückkehr der Exulanten (wohl aufgrund entsprechender Erfahrungen mit ihnen) nur noch am Rande erwartet, der Aufruf, sich nicht zu fürchten, ist konkreten materiellen Zusagen an die Bevölkerung gewichen. Statt von "deinen Bedrückern" (Zeph 3,19) ist nun von den "Söhnen deiner Bedrücker" (TrJes 60,14) die Rede. In Zeph 3,17 steht 2Ρ2Γ parallel mit S V , ist also formal besser in den unmittelbaren Kontext eingebettet als in TrJes 62,5. Die Wurzel 2PB gehört allerdings auch sonst zum Sprachgebrauch TrJes' (vgl. 61,10), sie bildet in Verbindung mit ÍDÍW3 in TrJes 62,5b eine figura etymologica, so daß eine Zitation nicht sicher ist. Geht man aber von einer solchen aus, dann ist Zeph 3,17 Vorlage für TrJes gewesen, nicht umgekehrt. TrJes hat die Freude Jahwes über Jerusalem/Zion mit dem Bild von Braut und Bräutigam verbunden und damit die Freude gegenüber seiner (vermuteten) Vorlage argumentativ begründet.

Vers 6: "Über deine Mauern, Jerusalem, habe ich Wächter bestellt, den ganzen Tag und die ganze Nacht, nimmer sollen sie innehalten! Die ihr Jahwe anmahnt, ihr sollt nicht Ruhe geben!" In V.6f. wird ein neues Bild ausgemalt. Es gibt der drängenden Ungeduld des Verfassers Ausdruck. Die Verwirklichung der Verheißungen Jahwes von der Wiedereinsetzung Jerusalems zum Ruhm auf Erden ( V.7b) sollte nach TrJes endlich stattfinden. TrJes will Jahwe durch fortwährendes Drängen dazu bewegen, mit der Realisierung des eschatologischen Heils zu beginnen. Zu seiner Unterstützung setzt TrJes "Wächter" (rnpifl) ein, "Erinnerer" (ffnsm?), die Jahwe seinen Heilswillen "ins Gedächtnis rufen" sollen.371 Sowohl die "Wächter" als auch die "Erinnerer" sind mit herkömmlichen Kategorien hier nicht zu fassen, und so stellt sich die Frage, wen oder was konkret sich TrJes unter diesen Bezeichnungen vorgestellt hat. 3 7 - Als Tätigkeiten sind genannt: Sie sollen Tag und Nacht wachen ("1QB), niemals innehalten (ΠΒΠ), keine Ruhe geben (ΉΊ) sowie Jahwe "erinnern" oder

369

Das Stück wird von den Kommentatoren in der Regel noch weiter untergliedert, vgl. beispielsweise Sabottka (Zephanja, 129ff.: V.16-19a.l9b.20), Krinetzki (Zefanjastudien, 36f.: V. 16-18a. 18b-19.20) sowie Edler (Kerygma, 64ff.99: V.16-18aa.l8aß-19.20), die Verse werden durchweg dem Propheten Zephanja abgesprochen. Vgl. noch TrJes 60,14. 370 vgl. dazu Zvi, Zephaniah, 246f., zu DUes vgl. Westermann, ATD, 60f. 371 Nach Steck (Untersuchungen I, 128, Anm. 51) bringen die "Erinnerer" "das JerusalemProblem unentwegt vor, so daß er (sc. Jahwe) ständig daran denkt". Gemeint sei "das ständige, auf Jahwe gerichtete, ihn erinnernde Drängen, Bedenkenlassen der darniederliegenden Mauem Jerusalems... "(ebd., 128). 372 In diesem Zusammenhang verweise ich ausdrücklich auf die ausführliche Diskussionsübersicht zu dieser Frage bei Koenen (124ff., Lit.).

3. TrJes 62,1-12*

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"anmahnen" (Ί2Τ). Der Exeget steht vor einem Dilemma: Einerseits sind die genannten Tätigkeiten realiter eigentlich keinem Menschen zuzumuten, so daß man in der Interpretation auf himmlische Wesen oder Abstrakte ausweichen möchte. Letztere erscheinen andererseits als Subjekte von Handlungen ungeeignet, so daß man in der Deutung entweder auf himmlische oder irdische Wesen zurückgreifen muß, denen freilich scheinbar übermenschliches abverlangt wird. - Oder doch nicht ? "Ubermenschlich", d.h. für Menschen nicht zumutbar, ist die Tätigkeit der Angesprochenen nur, wenn man die "Wächter" und "Erinnerer" als reale Berufsbezeichnungen auffaßt und die oben genannten Wurzeln als verba dicendi versteht. 3 ' 3 Doch den T3TI? dürfte es zu Zeiten TrJes' nicht gegeben haben 3 7 4 , und so werden auch die "Wächter" keine Stadtwächter sein, sondern sind in übertragener Bedeutung aufzufassen. 375 Auch mit den verba dicendi bekommt man Schwierigkeiten: "IDT Hiph. könnte die These, daß hier durchgehend verba dicendi angesprochen sind, zwar stützen, bei den Termini ΠΟΠ und 7Π. als Gegenbegriffe zu verba dicendi kommen Zweifel, die schließlich bei "IBB offen zutage treten.3^ •

Wenn die genannten Tätigkeiten aber doch als menschenmöglich gedacht werden können, wie soll man sie sich vorstellen ? Worin liegt zudem ein möglicher "Schnittpunkt" aller verwendeten Termini ? Eine Antwort auf beide Fragen gibt es möglicherweise dann, wenn man die Tätigkeiten und Termini im Sinne schriftgelehrter Prophetie versteht:377

373

"Wächter" und "Erinnerer", die Tag und Nacht (= "immer", vgl. Krasovec, Merismus, 105) keine Ruhe geben und Jahwe ununterbrochen durch das gesprochene Wort anmahnen, sind als reale Amtsträger bei ernsthafter Überlegung unvorstellbar. 374 vgl. zum Amt des T3TO Beglich (Söfer und Mazkîr, 1-29), Boecker (Erwägungen, 212220), Schottroff (Gedenken, 253ff.), Donner (Geschichte I, 204), Rüterswörden (Die Beamten, 89-91), Koenen (125, Anm. 401). Trotz der Herleitung des Amtes von dem ägyptischen Amt des whm.w durch Begrich (Söfer und Mazkîr, bes. 1 Iff.) ist eine genaue Abgrenzung der Aufgaben des T3TO bislang leider nicht gelungen. Daß es dieses Amt wirklich gegeben hat, ist nach dem Fund einer moabitischen Siegelinschrift, die die Bezeichnung "Mazkîr" enthält, kaum noch anzuzweifeln, vgl. zu der angesprochenen Siegelinschrift Abu Taleb, ZDPV 101 (1985), 21-29, Timm, Moab, 217 (Ut.). 375 Dafür spricht auch die Erwähnung der "Mauern", die nach TrJes 60,10 noch gar nicht wieder aufgebaut sind. TrJes dürfte das Bild von den eschatologischen Mauem zitierend aus Dtles 49,16 (von "Mauern" ist bei DtJes nur dort die Rede) entnommen haben (vgl. Zillessen, 243, Zimmerli, Sprache, 225), TrJes nimmt in 60,10 schon auf DtJes 49,17 (text, emend.) Bezug. TjTlbin, auf die Mauern Zions bezogen, findet sich (außer in TrJes 60,18) nur an diesen beiden Stellen im AT. Im Unterschied zu DtJes 49,16 steht nicht Jerusalem immerdar vor Jahwe, sondern die "Wächter" und "Erinnerer" sollen dafür sorgen, daß die Verheißungen über Jerusalem Jahwe nicht aus dem Sinn kommen. 376 Die Wurzel selbst ist kein verbum dicendi. Das Wächteramt kann allerdings - besonders bei Ezechiel - prophetisch verstanden werden, doch mit diesem Amt haben die "Wächter" in TrJes 62,6 nahezu nichts gemein, vgl. Reventlow, Wächter, passim. 377 Versteht man unter den "Wächtern" und "Erinnerem" schriftgelehrte Propheten, dann bekommt die Deutung auf himmlische Wesen eine geringere Wahrscheinlichkeit als die auf menschliche Personen. Theoretisch ist zwar möglich, daß auch himmlische Wesen sich in der Vorstellung TrJes' mit schriftgelehrter Prophetie beschäftigen konnten, anderer-

104

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

Π5ΒΠ(Ι) beschreibt ebenso wie ein "innehalten, Ruhe geben", vgl. Ps 83, 2 3 7 8 und TrJes 62,1.Der Prophet setzt "Wächter" und "Erinnerer" ein, damit dies nicht geschehe. Dieser Auftrag entspricht der Arbeit des Propheten (62,1), und die besteht in schriftgelehrter Prophetie. Mit ihr will der Autor die schon durch DUes verkündeten Verheißungen aktualisieren und deuten. Darüber hinaus sollen die von ihm Beauftragten nun offensichtlich Jahwe "anmahnen" ("DT Hiph.), d.h. Jahwe an seine Heilsabsichten erinnern.379 Dadurch werden die Verheißungen für Jerusalem "bewahrt" (~ιηώ)380, sie bleiben Jerusalem erhalten. Menschenmöglich werden diese Tätigkeiten allerdings erst durch das geschriebene Wort, denn die schriftgelehrten "Wächter" (bzw. "Bewahrer")381 seits weist aber auch nichts in Kap.60-62* darauf hin, daß TrJes in seiner Theologie himmlischen Wesen überhaupt einen Platz eingeräumt hat. 378 Dort stehen in einer negierten Jussivfolge Ή'Π , 2ΡΙΠ (sic!) und Bpffl (vgl. TrJes 62,1) parallel. Aus den Imperativen in Ps 83,10.12 und 14ff. geht hervor, daß keineswegs ein Reden, sondern ein Handeln Jahwes gefragt ist. Das Gegenteil meint dann "innehalten, sich ruhig verhalten", die Wurzeln sind also nicht als Gegenüber von verba dicendi anzusprechen. Eine literarische Beziehung zu Ps 83,2 scheint mir auf der Basis eines ähnlich gebrauchten Wortes (vgl. ^ " Τ ί Τ ^ Η , an Gott gerichtet) kaum nachweisbar zu sein. 379 Diese Heilsabsichten sind im geschriebenen Wort (z.B. bei Dtles) niedergelegt. "12T bezieht sich an mehreren Stellen auf das Verheißungswort Jahwes, an das sich Jahwe erinnern soll (so bes. in der Gebetssprache, vgl. Schottroff, THAT I, Art. ""IDT, 514). Das Amt des T3TO könnte insofern in TrJes 62,6 nachwirken, als diesem Beruf möglicherweise auch das Schreiben von Protokollbüchern, Annalen o.ä. oblag, vgl. schon Beglich (Sôfér und Mazkîr, 2, mit Hinweis auf Stade, Smith, Jirku u.a.), sowie Eising (ThWAT II, Art. "IDT, 585) und Rüterswörden (Die Beamten, 90f.) mit Hinweis auf Esra 4,15 und Esth. 6,1. - Dann hätte TrJes diese Amtsbezeichnung eschatologisch auf seine schriftgelehrten Helfer übertragen, die die alten Verheißungen durch schriftgelehrte Aktualisierung und Deutung immer wieder Jahwe ins Gedächtnis rufen sollen. - Zwingend ist die Deutung auf das Mazkir-Amt natürlich nicht, D'I'STÖ (Plural, für das Amt sonst nicht belegt) kann ebensogut einfach als Part. PI. von 1ST (Hiph.) aufgefaßt werden. 380 ime bezieht sich häufig auf das Einhalten von Geboten, Gesetz, Recht u.ä. (vgl. dazu Sauer, THAT II, Art. lüffl, 985, hier liegt bemerkenswerter Weise eine Uberschneidung der Bedeutung mit der Wurzel 1DÎ vor, vgl. Schottroff, Gedenken, 157), wobei in vielen Fällen kaum sicher nachgewiesen werden kann, daß nicht auf schriftlich niedergelegtes Gotteswort Bezug genommen wird. "Bewahrt" wird dann nicht nur die Einhaltung der Gebote, sondern auch die überlieferte Tradition selbst. Die schriftgelehrten Propheten von TrJes 62,6 könnten damit als Vorgänger der späteren "Männer des Dienstes" ('BJK ) unter den Rabbinen oder als Vorgänger der Rabbinen selbst (vgl. dazu Bertram, ThWNT IX, 235, Sauer, THAT II, Art. 102), 987) aufgefaßt werden, mit dem Unterschied, daß diese sich nicht mehr wie die schriftgelehrten Propheten als Propheten verstanden haben. 381 Die Übersetzung mit "Wächter" wird beibehalten, weil TrJes im Hinblick auf das von ihm übernommene eschatologische Bild (in DÜes 49,16) offenbar eine gewisse Doppeldeutigkeit von Ο'Ίΰίδ beabsichtigt hat. Bemerkenswert ist, daß die Vorlage mit ihrer Verwendung der Wurzel ppn (mit Präposition für einen schriftgelehrten Propheten wie TrJes Anregung genug gab, bei den Äußerungen seiner "Wächter" und "Erinnerer"an schriftliches Wort zu denken, vgl. Jes 30,8.

3. TrJes 62,1-12*

105

und "Erinnerer" sind erst durch das niedergeschriebene Wort in der Lage, niemals Ruhe zu geben, die Verheißungen für Jerusalem Tag und Nacht zu bewahren382, Jahwe ununterbrochen anzumahnen - bis das Wort von Jahwe erfüllt wird. Wer ist nun von dem Propheten für diese schriftgelehrte Tätigkeit vorgesehen ? Zwei Möglichkeiten bieten sich: Zum einen könnte man himmlische Wesen mit dieser Aufgabe betraut sehen, doch dies ist aus oben genannten Gründen nicht wahrscheinlich. Weitaus naheliegender scheint mir demgegenüber die These zu sein, daß die in V.6a Beschriebenen und in V.6b.7 Angesprochenen "Prophetenjünger" TrJes' sind383. Vers 7: "Und laßt ihm keine Ruhe384, bis er wiederherstellen wird und bis er (wieder) einsetzen wird Jerusalem zum Ruhm auf Erden." Der Gebrauch von ] θ und CiL1 erinnert an Jes 54,14 und 54,12, nur dort sind beide Wurzeln in Kap. 40-55 noch auf Zion bzw. seine "Zinnen" (Jes 54, 12, pars pro toto für Jerusalem, vgl. V.12b) bezogen, doch literarische Abhängigkeit läßt sich auf dieser Basis nicht sicher nachweisen.385 Wahrscheinlicher ist, daß hier die nur in TrJes 62,7 und DtJes 42,4 begegnende Abfolge σ ^ — ψ mit folgendem jngQund Objekt (in TrJes umgekehrte Reihenfolge) wörtlich zitierend aufgenommen und damit bewußt an die Gottesknechtstradition angeknüpft wird. Gegenüber der Vorlage ist nun nicht mehr vom Gottesknecht,

382

Schriftgelehrte Tätigkeit nimmt viel Zeit in Anspruch: In der sogen. "Gemeinderegel" von Qumran werden die Priester ermähnt: "Und nicht soll an dem Ort, wo zehn Männer sind, einer fehlen, der im Gesetz forscht Tag und Nacht, beständig, einer nach dem andern. Und die Vielen sollen gemeinsam wachen den dritten Teil aller Nächte des Jahres, um im Buch zu lesen und nach Recht zu forschen..." (1QS VI, 6f., Übersetzung nach Lohse, Texte aus Qumran, 23). In der (etwa um 100 n.Chr. anzusetzenden ) Schilderung der Entstehung der Heiligen Schriften in 4.Esra,14,18-47 heißt es:"So saßen sie vierzig Tage; sie schrieben am Tage und aßen des Nachts ihr Brot; ich aber redete am Tage und verstummte nicht des Nachts" (zitiert aus Rüger, Werden des christlichen Alten Testaments, 184). 383 vgl. bereits Koenen, 126 (mit Anm. 406). Ihre schriftgelehrten Produkte wird man am ehesten in den Überlieferungen des "Tradentenkreises I" finden, weil nur dort Zion/ Jerusalem noch im Zentrum des Interesses steht. Lange allerdings wurde der Aufruf des Propheten nicht gehört: Das Problem des ausbleibenden Heils für Jerusalem verliert in den "Tradentenkreisen II und III" an Aktualität, andere Themen (Auseinandersetzung zwischen "Gerechten" und "Frevlern" etc.) rücken in das Blickfeld der Schreiber. 384 Volz (250) sieht V.7a in Anknüpfung an die problematische Textüberlieferung (vgl. bes. LXX) als Variante zu V.6bß an, doch diese Annahme ist nicht notwendig, vgl. Sekine, 89. Das gleiche gilt für die in BHS vorgeschlagene Textänderung in V.7bo entsprechend lQJes". Die dort gegenüber MT ergänzte Hiph'il-Form dürfte eine Kontext-Glosse sein, vgl. van der Kooij, Textzeugen, 103. 385

Mit D'i) knüpft TrJes an seine Aussagen in 60,15 und 17 an, demgegenüber fällt der andere Gebrauch der Wurzel in 61,3 auf, was dafiir spricht, daß die Wurzel dort nicht als ursprünglich zu betrachten ist.

106

I. "Tritojesaja" (TrJes 60-62*)

sondern von Jahwe selbst die Rede. Der Autor und seine "Mitarbeiter" wirken als schriftgelehrte Propheten zwar weiterhin auf das eschatologische Heil hin (vgl. TrJes 61), aber das Heil selbst kann nur Jahwe bewirken.386 Während der Auftrag des Gottesknechts war, ûEffiD auf Erden einzusetzen, ist bei TrJes alles Heil wieder auf Jerusalem konzentriert, das Jahwe "zum Ruhm auf Erden" einsetzen wird.387 Der eschatologische Blick TrJes' richtet sich allein auf Jerusalem, die universale Weite der Gottesknechtstradition wird partikularistisch eingeengt.388 Mit der postulierten Einsetzung Jerusalems zum Ruhm auf Erden wäre ein guter Abschluß der schriftgelehrten Arbeit TrJes' erreicht. Verse 8f.: ">Geschworen hat Jahwe bei seiner Rechten und bei seinem starken Arm: „Ich will dein Getreide nicht mehr deinen Feinden zur Speise geben, noch sollen die Fremden deinen Most trinken, den du erarbeitet hast. Denn die es (sc. das Getreide) einsammeln, die sollen es (auch) essen und Jahwe preisen, und die ihn (sc. den Most) ernten, die sollen ihn (auch) trinken in meinen heiligen Vorhöfen.doch (die) Schlange, ihre Nahrung ist Staub«. Niemand wird schlecht und niemand verderblich handeln auf meinem ganzen heiligen Berge", spricht Jahwe." 3« τ (Wolf) wird im AT meist bildlich gebraucht, im friedlichen Nebeneinander mit anderen Tieren begegnet er nur noch in Jes 11,6. ròa (Lamm) - in Jes 11,6 steht 3NT neben dem häufigeren (Lamm) - wurde vielleicht in Anlehnung an das Bild DtJes 40,11 gewählt. 104 Der Löwe (¡T~x) wird als ein grausames Tier (vgl. Mich 5,7; Nah 2,12) ebenso wie andere gefährliche Tiere in der Heilszeit normalerweise nicht mehr vorhanden sein und kann folglich den Gerechten nicht mehr gefährlich werden, vgl. Hos 2,20; Jes 35,9; Ez 34, 25ff.; Lev 26,6. 105 Im friedlichen Nebeneinander mit dem Rind und wie das Rind Stroh fressend (für einen Löwen sicher keine paradiesische Vorstellung!) trifft man ihn nur noch in Jes 11,7 an. V.25aaß entspricht wortwörtlich und buchstabengetreu Jes 11,7b. Die Staub fressende Schlange paßt eigentlich mehr in ein nachparadiesisches Bild (vgl. Gen 3,14) und fallt auch metrisch und stilistisch (Nominalsatz) aus dem Rahmen. 1 0 6 Auf einen übertragenen Gebrauch (Staub lecken = sich unterwerfen, vgl. Mich 7,17) deutet hier nichts, auch in Jes 11,6ff. begegnet nichts dergleichen. Vermutlich hat ein späterer Leser den Fluch über die Schlange als ein paradiesisches Element hier einschalten wollen, entsprechend der Erwähnung einer "Giftschlange" in Jes 11,8. Möglich ist aber auch, daß der Autor des Stücks selbst diesen Bezug herstellen wollte, und dabei bewußt auf Gen 3,14 zurückgegriffen hat. Was bleibt, ist die metrische und stilistische Auffälligkeit des "Schlangenstücks", und so werden wir wohl doch eine sekundär hinzugefügte Glosse eines Lesers vor uns haben. Schließlich entspricht V.25b buchstabengetreu Jes 11,9a, lediglich ergänzt um die schlichte Schlußformel "spricht Jahwe".

101

Vgl. Sehmsdorf (Studien, 525), dazu aber mit Recht kritisch Koenen ( 177). Darauf verweisen u.a. Dillm./Kittel (525), Odeberg (284), Ziegler (Untersuchungen, 173f., bzgl. LXX und mit Hinweis auch auf Jes 52,6b), Koenen (177). 103 Die sonst übliche Erhörungszusage Gottes wird hier noch (entsprechend dem Schluß "a minori ad maius", vgl. die 1., Hillel zugeschriebene Auslegungsregel) gesteigert: Jahwe erhört schon, während oder sogar bevor die Bittenden reden. 104 Vgl. auch Steck, Knabe, 112. 1 Z u altorientalischen Parallelen vgl. Steck, Knabe, 104, Anm. 3. 106 Vgl. Duhm (Jesaia, 481), Pauritsch (186) u.a. 102

3. Jes 65,16b-25

141

Daß Jes 11,6-9107 Vorlage für unseren Verfasser gewesen ist und keine umgekehrte Abhängigkeit vorliegt, hat in aller Deutlichkeit jetzt Steck herausgestellt.108 In Jes 11,6-8.9 ist die Tierwelt noch ausführlicher beschrieben, hinzu kommt dort das Motiv des gefahrlos spielenden Kleinkindes. Dem Verfasser von V.25a geht es nicht um eine ausführliche Schilderung der Tierwelt im Paradies, er formuliert kurz und thetisch das friedliche Nebeneinander sonst einander nicht eben freundlich gesonnener Tiere. Das Motiv des gefahrlos spielenden Kleinkindes wird von dem Autor vermutlich im Hinblick auf die Verheißung Jes 65,20 nicht übernommen. Schließlich ist durch die Erwähnung des "Lammes" ein Hinweis auf DtJes 40,11 gegeben, mit dem die aus der Tradition übernommene Schilderung des Tierfriedens wahrscheinlich betont als Ergebnis des Heilshandelns Jahwes dargestellt werden soll. c) Fazit: Der Autor ist ein schriftgelehrter Prophet, der seine Schilderung der Heilszeit eng an dtjes. Vorlagen entwickelt. Dabei steht die Bezugnahme auf Texte der Ziontradition (auch Jes 1 l,6f. könnten in Verbindung mit Jes 11,9 im weiteren Sinne noch dazugerechnet werden) im Vordergrund. Ganz anders als bei TrJes ist aber von einer Völkerwallfahrt zum Zion keine Rede. Statt dessen wird an die dtjes. Schöpfungstheologie ausdrücklich angeknüpft, während TrJes den schöpfungstheologischen Ansatz DtJes' nicht übernimmt. Schließlich kann die Aufnahme von TrJes 61,9 in Jes 65,23 nicht als zufällige Dublette oder Variante erklärt werden, so daß eine trjes. Verfasserschaft dieses Abschnitts ganz unwahrscheinlich ist. 109 Der Autor benutzt die Vorlagen für seine Ausmalung eines eschatologischen Heilsbildes. Die Stellung der Völker interessiert diesen Propheten überhaupt nicht, im Mittelpunkt der Heilsschilderung stehen die Verhältnisse in Jerusalem. Damit hat sich die Bezugnahme auf die Ziontradition allerdings schon erschöpft, die Bezeichnung "Zion" findet sich in unserem Abschnitt nicht. Das Stück ist voller "Deuterojesajanismen", die "Deuteronomismen" sind demgegenüber verschwindend gering. - Eher könnte bzgl. des TEZ und der Fluch- und Segenthematik noch auf weisheitlichen Einfluß verwiesen werden, wobei aber die "Deuterojesajanismen" weitaus gewichtiger sind. 4. Zusammenfassung Die Autoren des "Tradentenkreises I" stimmen darin überein, daß sie ihre Sicht des eschatologischen Heils auf Jerusalem (Zion) konzentrieren. Wie TrJes denken sie an ein voraussetzungsloses Heilshandeln Jahwes und differenzieren 107

108 109

Zur Abgrenzung des Textes vgl. die Diskussionsübersicht bei Steck (Knabe, bes. 106f.). Der Text kann kaum dem Propheten Jesaja zugesprochen werden, vgl. auch Hermisson, Zukunftserwartung, 58ff. Vgl. Steck, Knabe, bes. 108f. Anders Westermann (ATD, 326), Sekine (177f.), Koenen (175) u.a.m.

142

II. "Tradentenkreis I"

innerhalb der Heilsgemeinde nicht. Im Unterschied zu TrJes sind die Heilstraditionen bei ihnen in fortgeschrittenem Maße spiritualisiert. Die Hoffnung dieser Autoren konzentriert sich ganz auf Gott. Von der Völkerwallfahrt zum Zion bleibt so nur die Freude an dem verwandelten Jerusalem, die Völker selbst werden vollkommen ausgeblendet. Die Exodus- und die Gottesknechtstradition verlieren gegenüber der Herausstellung der Erhabenheit Jahwes gänzlich ihr Eigengewicht, während im Unterschied zu TrJes der schöpfungstheologische Ansatz DtJes' im ersten und im letzten Text dieser Gruppe aufgegriffen werden kann. Die Verfasser sind schriftgelehrte Propheten wie TrJes. Ihre schriftgelehrte Arbeit unterscheidet sich von der TrJes' vor allem dadurch, daß sie ganz deutlich auf Protojesajatexte (und deren Fortschreibungen) Bezug nehmen, hinzu kommt, daß diesen Autoren offensichtlich auch schon TrJes als literarische Vorlage gedient hat. Daß die hier zusammengefaßten Texte alle von einem Autor stammen, ist von vornherein unwahrscheinlich. Die Stücke sind nicht zusammen überliefert worden und weisen, wie man anhand der Exegese leicht nachprüfen kann, im einzelnen theologische Unterschiede untereinander auf. Man kann vermuten, daß im Kreise dieser Autoren die Interpolation Jes 62,8f. entstanden ist. Dafür könnte sprechen, daß das Heil ähnlich wie in Jes 65,21f. verheißen wird und eine Differenzierung innerhalb der Heilsgemeinde nicht stattfindet. Andererseits ist die Verhältnisbestimmung zu Jes 65,21f. schwierig, auffällig bleibt auch, daß das Heil für die Gemeinde im Gegenüber zu den "Feinden" verheißen wird. So muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Tradentenkreis hier älteres Traditionsgut aufnimmt, eine sehr späte Abfassung und redaktionelle Zuordnung des Stücks erscheint wegen seiner jetzigen Stellung im Kontext eher als unwahrscheinlich. 1

Schließlich kann man aufgrund der Protojesajabezüge annehmen, daß die Autoren dieses "Tradentenkreises" ihre Vorlagen aus dem Jesajabuch mehr oder weniger bereits als .feftyûbotschaft verstanden haben, die nun durch interprétatives Zusammenschreiben fortgeschrieben und damit aktualisiert wird. Die Autoren werden wegen ihrer Nähe zu DtJes und TrJes nicht lange nach TrJes gewirkt haben, eine genauere zeitliche Zuordnung erscheint bei diesen Texten bislang nicht möglich.

1 Ό Dies vor allem dann, wenn der Autor von Jes 65,13-16a schon auf Jes 62,8f. Bezug nimmt.

III. "Tradentenkreis II" (Jes 66,18-24*; 57,3-13; 66,l-4.5f.l4b-17; 65,1-7.8-12.13-16a) Die Autoren des "Tradentenkreises II" haben eine vorwiegend kultisch geprägte Sprache, während diejenigen des "Tradentenkreises III" besonders sozialkritisch schreiben. Kult- und Sozialkritik können zwar eng miteinander verbunden sein, wie man beispielhaft aus Jes 58,1-12 ersehen kann. Gleichwohl meinen wir eine unterschiedliche Gewichtung dieser beiden Themenfelder (vorerst insbesondere auf der Textebene) feststellen zu können, so daß eine Zuordnung der Texte in zwei unterschiedliche "Tradentenkreise" gerechtfertigt erscheint. Die beiden "Tradentenkreise" sind nicht im Sinne einer chronologischen Aufeinanderfolge zu verstehen, die Texte dürften vielmehr etwa in der gleichen Zeit entstanden sein. Diese läßt sich vor allem dahingehend eingrenzen, daß die Autoren sicher nach TrJes und nach den schriftgelehrten Propheten des "Tradentenkreises I" geschrieben haben, denn deren Texte werden hier teilweise schon als Vorlagen benutzt. 1. Jes 66,18-24* a) Vorbemerkungen Die Voranstellung gerade dieses Abschnitts mag verwundern. Gleichwohl ist bemerkenswert, daß der Autor mit seiner Aufnahme des Motivs der Völkerwallfahrt zum Zion (im Text ist vom "heiligen Berg Jerusalem" die Rede, vgl. V.20), seiner Theologie eines voraussetzungslosen Heilshandelns Jahwes und seinem Horizont (Einbezug der Völker) zunächst einmal TrJes, dann aber auch den Autoren des "Tradentenkreises I" noch relativ nahesteht. Andererseits sind literarische Beziehungen sowohl zu TrJes als auch zu den Texten des "Tradentenkreises I" feststellbar, so daß eine Nachordnung des Stückes gegenüber diesen Texten geboten ist. Die Abgrenzung des Abschnitts ergibt sich zum einen daraus, daß V.24 offensichtlich eine spät hinzugefügte Ergänzung gegenüber dem Vorhergehenden darstellt und das Jesajabuch damit abgeschlossen ist. Zum anderen ist die hier vorliegende Heilsankündigung und "Schilderung denkbar deutlich zu unterscheiden von der vorhergehenden Gerichtsschilderung V. 14b-17, die wahrscheinlich mit V.5f. zusammengehört. Für die Redaktoren, die die jetzt vorliegende Zusammenstellung der Texte vorgenommen haben, war der Wechsel von Unheil (66,l-4.5f.), Heil (66,7-14a), Unheil (66,14b-17) und wiederum Heil (66,18-23) wohl maßgeblich. 1 Am 1

In Bezug auf mögliche Gedanken der Endredaktion sind die Überlegungen von Steck (Untersuchungen ΙΠ, 259) heranzuziehen.

144

ΠΙ. "Tradentenkreis II"

Schluß fühlte sich ein Ergänzer noch berufen, seiner Genugtuung an den Qualen der Frevler Ausdruck zu geben. - Damit steht in Verbindung, daß die Redaktoren bei ihren Zusammenstellungen Unheil und Heil jeweils den Frevlern bzw. den Gerechten zuordnen konnten, so daß sich die Texte nicht im geringsten widersprachen, vielmehr als Ausdruck der ganzen Fülle des Handelns Jahwes begriffen werden konnten.

b) Exegese Vers 18: "„Und ich [ihre Taten und ihre Pläne]2 komme, zu sammeln all die Völker und Nationen, und sie kommen und schauen meine Herrlichkeit." Da aller Wahrscheinlichkeit nach "Jahwe" als das Subjekt des Satzes betrachtet werden muß, ist das fem. Partizip ΠΚ3 in ein maskulines (KS) abzuändern. 3 Die Sammlung geschieht offenbar, um eine Völkerwallfahrt zum Zion einzuleiten, vgl. V.18b. Die Formulierung V.18b erinnert deutlich an TrJes 62,2, wenngleich bei dieser allgemeinen Wortwahl kaum ein literarischer Nachweis möglich erscheint. Fraglich ist, ob man das Kommen Jahwes im Sinne von TrJes 60,Iff. interpretieren darf: Die Lichtepiphanie Jahwes über dem Zion und das damit verbundene Aufleuchten der Herrlichkeit Jahwes über dem Zion veranlaßt dort die Völker, zu der Gottesstadt zu ziehen und seine Herrlichkeit zu schauen. Gegen eine solche Interpretation sperren sich vor allem die im folgenden Vers erwähnten "Flüchtlinge" (DtD'bS), die nur in Gerichtszusammenhängen erscheinen. Angesichts der in V.19 erwähnten 013 ist es wahrscheinlich, daß der Zug der Völker zum Zion ein Gericht an Israel mit einschließt. Für ein solches Gericht spricht besonders die Parallele Ez 39,21 (ff.): Die Herrlichkeit Jahwes, die er unter die Völker bringt, wird dort mit dem Gericht (BÖfflB) an Israel verbunden, das die Völker sehen (ΠΚΊ) sollen. Letztere sollen begreifen, wie Jahwe an seinem Volk handelt: Nach dem (verdienten) Gericht kommt das Heil (Ez 39,25ff.). Jahwe bringt die Israeliten aus allen Völkern wieder zurück in ihre Heimat und erweist sich dadurch vor den Augen der Völker als heilig (Ez 39,27). In diesem Sinne können auch Jes 66,18ff. interpretiert werden, was mir am wahrscheinlichsten ist. Die Wallfahrt der Völker zum Zion hängt damit zusammen, daß sich Jahwe in seinem Gerichtshandeln an Israel über die Grenzen Israels hinaus als machtvoll erwiesen hat.

Vers 19: "Und ich werde ein Zeichen an ihnen setzen und aus ihnen Flüchtlinge zu den Völkern senden, nach Tarschisch, Put und Lud, Mesek, Ros, Tubal und Jawan, zu den fernen Ländern, die meine Kunde nicht gehört und meine Herrlichkeit nicht gesehen haben, und sie werden meine Herrlichkeit unter den Völkern verkündigen." Mit den Konjekturen unter den aufgezählten Völkern folge ich wesentlich Duhm.4 'tis begegnet sonst nicht im AT, dafür aber aie neben -fìb in Ez 27, 2

3

4

Hier liegt eine Textverderbnis vor, die wohl durch die Zusammenordnung von Jes 66, 18ff. mit V.14b-17 entstanden ist. Vgl. dazu Jes 66,17 (S.184). Die oben beschriebene Konjektur entspricht auch weitgehend den Textzeugen, vgl. BHS. Dies gilt nicht für andere Konjekturvorschläge wie Π1Γ! ΠΚ3 o.ä., vgl. die Übersicht bei Koenen (202, Anm. 265). Vgl. Duhm, Jesaia, 488.

1. Jes 66,18-24*

145

10; 30,5, vgl. Jer 46,9. Auch die Verbindung n„Und sie werden hinausgehen und die Leichen der Menschen schauen, die v o n mir abgefallen sind. D e n n ihr W u r m wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen, und sie werden ein A b s c h e u sein für alles F l e i s c h . V Der Vers erweist sich sprachlich und inhaltlich deutlich als später Zusatz. Parallelen wie DtSach 14,17f.; Sir 7,17; Judith 16,17, 2.Makk 9,9 und Hen 27,2f. lassen ahnen, worauf die hier gegebene Schilderung des Gerichts hinauslaufen soll. Der Vers gehört wohl in das dritte oder zweite Jhdt. v.Chr. 37 Die Wendung "Leichen der Menschen" findet sich nahezu wörtlich nur noch in Jer 41,9 und könnte von dort aufgegriffen worden sein. In Verbindung mit KT und ntO wird sonst nicht von "Leichen" geredet. 38 Der "Wurm" steht auch in Dtn 28,39 und Jona 4,7 im Gerichtszusammenhang, und zwar jeweils als von Jahwe eingesetzter Schädling. In Ex 16,20 und Jes 14,11 ist er Zeichen fiir Verwesung, in Ps 22,7 Symbol für leidvolles, in Hi 25,6 für unreines Dasein. 39 Die Vorstellung, daß der Wurm jemandes nicht sterben wird, ist im AT singular. Auch hier wird aber an ein leidvolles Dasein im Zusammenhang mit dem Gericht Gottes zu denken sein. Diese Qual wird kein Ende nehmen. Mit der abschließenden Bemerkung, daß die von Wurm und Feuer zerfressenen Leichen eine "Abscheu für alles Fleisch" darstellen, vermag der Ergänzer seiner Verachtung der von Jahwe Abgefallenen keine Grenzen mehr zu setzen. 4 0 c)

Fazit

D a s Stück ist eine relativ selbständige Einheit. In ihr ist nur indirekt mit der Erw ä h n u n g der "Flüchtlinge" v o n e i n e m "Gericht" die Rede, das z u d e m aller Wahrscheinlichkeit nach die Katastrophe der Zerstörung Jerusalems u m 5 8 7 v. Chr. und damit ein Gericht an den Israeliten meint. Im vorhergehenden K o n text ist demgegenüber v o n e i n e m Jahwegericht an Frevlern im Unterschied zu den "Knechten" die Rede. Der Verfasser dieses Abschnitts ist ein schriftgelehrter Prophet. Seine Heilsankündigung und -Schilderung ist an DtJes und TrJes orientiert, dazu wird aber vornehmlich musivstilistisch auf Texte besonders aus dem Pentateuch und dem E z e c h i e l b u c h z u r ü c k g e g r i f f e n . D o c h nicht nur s e i n e schriftgelehrte Arbeit unterscheidet diesen Autor v o n TrJes: D i e mit dem Bild der "Völkerwallfahrt z u m Zion" veranschaulichte H e i m b r i n g u n g der Diasporajuden hat offenbar

3 7

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3 9

4 0

Vgl. Duhm (Jesaia, 489). jìRT! ("Abscheu") begegnet nur noch in Dan 12,2, wo es aber dem "ewigen Leben" gegenübergestellt wird. Dan 12,2 dürfte also zeitlich noch später anzusetzen sein. In Mk 9,43-48 wird Jes 66,24 mehrfach zitiert. Das offene Herumliegen der Leichen ist Ausdruck des Gerichts. Nicht beerdigt zu werden, bedeutet für den Israeliten ein schlimmes Ende und wird als schmähliches Schicksal interpretiert, vgl. Podella (94ff.). Verschiedene "Wurm-Interpretationen" finden sich bei Lang, ThWNT VII, 452-457 (vgl. ebd. auch zu Mk 9,48). Man hat die Schärfe der Worte im synagogalen Gottesdienst dadurch abmildern wollen, daß V.23 nach V.24 noch einmal vorgelesen wurde, vgl. Duhm (Jesaia, 490), Westermann (ATD, 340). Vgl. auch die Masora zu Mal, Thren und Koh (Volz, 300).

1. Jes 66,18-24*

151

deren kultische Integration in die Jerusalemer Gemeinde zum Ziel. 41 Der Kult dieser eschatologischen Heilsgemeinde wird kein Ende nehmen, die Völker werden gegenüber TrJes noch abgewertet. - Der schriftgelehrte Prophet läßt damit ein vorwiegend kultisches (oder auch kultkritisches) Interesse erkennen, weshalb die Zuordnung dieses Textes zum "Tradentenkreis II" als gerechtfertigt erscheint. Das Stück setzt DtJes und TrJes voraus, ebenso auch schon die Fortschreibung Jes 65,16b-25. Es ist entsprechend unserer relativen Chronologie diesen Texten also «DL> nicht mit "dem König", sondern mit "dem Molek" (= "Moloch") übersetzt. Historisch gesehen wurde der Molekkult, der wiederholt im Zusammenhang mit Kinderopfem erwähnt wird, durch die Josianische Kultreform bekämpft und zumindest vorübergehend aller Wahrscheinlichkeit nach auch beseitigt. 59 Gleichwohl verstummt die prophetische Polemik gegen dieses Treiben keineswegs. Man wird also entweder davon ausgehen müssen, daß der Kult immer wieder aufgelebt ist, oder - und das ist aufgrund der literarischen Abhängigkeiten, die auch hier wieder feststellbar sind, bei weitem wahrscheinlicher - daß die Gegner der Propheten mit gewissermaßen "altbewährten" Formeln bekämpft und so mit den Greueltaten früherer Generationen in Verbindung gebracht werden. 60 Folglich muß, historisch

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Vgl. noch die Kultlegende von Ophra in Ri 6,11.19ff., die einen Kult unter Bäumen (Terebinthen) in Verbindung mit Felsen beschreibt (dazu Eissfeldt, Einleitung, 46). Vgl. bes. Dtn 12,2 (wortwörtlicher Bezug auf diese Stelle in der LXX, anders Aq., Sym., Theod., vgl. Field II, 542, Sp.2), dann aber auch l.Kön 14,23; 2.Kön 16,4; 17, 10; 2.Chron 28,4 sowie Jer 2,20 (in Verbindung mit Π3Ϊ), 3,6.13, ähnlich noch 17,2 u.ö. Holladay (VT XI, 176) entwickelt in seiner Untersuchung zu dieser Formel einen "Stammbaum", der Hos 4,13 als ältesten Beleg enthält, gefolgt von Dtn 12,2 und dann parallel Jer 2,20 (= jeremian.); 2.Kön 16,4/2.Chron 28,4 und Jes 65,7. Die Stellen Jes 57, 5.7 sieht er in Abhängigkeit von Jer 2,20. Demgegenüber haben Thiel (Redaktion I, 82) und Hoffmann (Reform, 335f.) daraufhingewiesen, daß auch der Beleg Jer 2,20 dtr. ist. So wird man mit Nissinen (Prophetie, 214f.) jetzt einen "Stammbaum" Dtn 12,2 (= ältester Beleg Η e r 2,20; 3,6 (= dtr.)-Hos 4,11-14 (besser: 12-14, vgl. Willi-Plein, Vorformen, 134) und Jes 57,5-7 erstellen, vgl. die Einordnung der restlichen Belege ebd. Die vier Einzelelemente (1. das Opfern, 2. die Höhen, 3. die Bäume, 4. die Hurerei) vereinigen sich nur in Hos 4,12-14 und Jes 57,5-7, vgl. Nissinen (Prophetie, 214f.). Die Zitatkombination macht ein umgekehrtes literarisches Abhängigkeitsverhältnis gegenüber Hos 4,13 und Ez 6,13 oder eine zufallige Übereinstimmung zwischen diesen Belegen ganz unwahrscheinlich. Vgl. 2.Kön 23,10. Eine neue und umfassende Untersuchung zum Kult des Molek hat Heider (a.a.O.) vorgelegt. So schon Eissfeldt (Einleitung, 273), Odeberg (75) u.a. Nach Heider (The cult of Molek, 381) werden die alten Formeln aus vorexilischer Zeit hier aus aktuellem Anlaß wieder

2. Jes 57,3-13

155

gesehen, das wie auch immer zu interpretierende "Huren" mit einem Kult unter Bäumen oder in Tälern ebensowenig zu tun haben wie die Kinderopfer. Diese Kultpolemik ist schriftgelehrter Natur,sie verweist eher auf ihr vorliegende Schriften als auf realhistorische Gegebenheiten.

Die singuläre Wendung C l ^ o n ,BDD nnn übersetzt man im Anschluß an Weise am besten mit "unter den Felsvorsprüngen".61 Vers 6: "An den Talhängen hängst du, sie, sie sind dein Los! Denen hast du doch Trankopfer ausgegossen, hast Speisopfer dargebracht. Soll ich darüber (etwa) Mitleid empfinden ?" ist ein Wortspiel mit der Wurzel ρ^Π. Es gibt m.E. keinen zwingenden Grund, das Wortspiel dadurch zu komplizieren, daß man es von zwei verschiedenen Wurzeln herleitet. 62 p'jn(III) ist ansonsten weder als Plural constnictus noch an der Stelle eines nomen regens in einer constructus-Verbindung (im Sg.oder PI.) belegt. LXX haben 8Κ ε ί ν η OOU ή μ ε ρ ί ς und beziehen sich damit deutlich auf den vorhergehenden Vers, was sinngemäß richtig ist. Auch in der Vulgata findet man keine "Glatten des Talbachs", sondern mit "in partibus torrenti s pars tua" deutlich eine Übersetzung des Wortspiels unter Zugrundelegung des Nomens ρ^Π(ΙΙ). So erscheint denn als sinnvollste Lösung die Deutung des Wortspiels TfP^n tO(I) "erlösen" zu unterscheiden. Doch eine diesbezügliche Verwechslungsmöglichkeit besteht vom Kontext her nicht, sie ergäbe keinen Sinn. Die Mischform erscheint hingegen in Thren 4,14 verständlich: Die Betroffenen haben zum einen sich selbst mit Blut besudelt (reflexiv: Niph'al), zum anderen sind sie mit Blut befleckt (passivisch: Pu'al). Der Verfasser übernimmt diese Form in den neuen Kontext, wo das Pu'al angebrachter gewesen wäre, denn Jes 59,3a ist vornehmlich deskriptiv. Vgl. Kaiser, Klagelieder, 365f. Gegen Kaiser (Klagelieder, 365). Zu beachten ist ferner, daß das Bild von den taumelnden Blinden auf V.10 eingewirkt hat.

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IV. "Tradentenkreis III"

mehr und nicht weniger als eine bildhafte Beschreibung des frevlerischen Tuns der G e m e i n d e . 2 2 Gegenüber Thren 4 , 1 4 sind nicht b e s t i m m t e Personengruppen, sondern die Gemeindeglieder insgesamt angesprochen. Vers 4: "Niemand ist da, der in rechter W e i s e anruft, und keiner handelt recht in Wahrhaftigkeit: Vertrauen auf N i c h t i g e s und F a l s c h e s reden, s c h w a n g e r gehen (mit) Mühsal und Unrecht zeugen!" pt!23 in Verbindung mit K"lp findet sich sonst nur noch in DtJes 42,6, hat dort aber Jahwe als Subjekt und bezieht sich auf die Berufung des Gottesknechts. Auffällig ist demgegenüber der Gebrauch des Partizips ΚΊρ in Verbindung mit vorangestelltem der sich im AT nur noch in Hos 7,7 und Jes 64,6 findet. In Hos 7,7 beklagt Jahwe, daß trotz der politischen Unruhe, die sich innenpolitisch in Königsmorden und außenpolitisch in militärischer Bedrohung dartut, keiner unter dem Volk Jahwe anruft. 23 Das Gericht Jahwes wird das Volk daher noch ärger treffen als bisher. 24 In Jes 64,6 ist die Klage, daß niemand Jahwe anruft, damit begründet, daß Jahwe selbst sein Angesicht vor dem Volk verhüllt hat, was für das Volk nur Verderben bedeuten kann. ΧΊρ mit vorangestellter Negation ]*K scheint demnach eine Redewendung zu sein, die eine Nichtanrufung Jahwes bezeichnet. Diese steht in Hos 7,7 und Jes 64,6 im Zusammenhang mit dem Gericht Jahwes an den Betroffenen. Wenngleich bei einer so allgemeinen Wendung wie sicherlich keine literarische Abhängigkeit postuliert werden kann, hat doch die Vermutung, daß diese Verbindung auch hier auf das Gebet zu Jahwe zu beziehen ist, durch den Kontext große Wahrscheinlichkeit für sich. Die Gemeinde ist vom Gericht Jahwes betroffen (V.9ff.) und hat eine gestörte Beziehung zum Gebet (V.l). Im Unterschied zu Hos 7,7 ist die Verbindung mit Jahwe nicht durch politische Unruhen unterbrochen (die allerdings auch in Hosea mit der Sündhaftigkeit des Volkes in Verbindung gebracht werden), im Unterschied zu Jes 64,6 nicht dadurch,daß Jahwe selbst sein Angesicht vor dem Volk verhüllt hat. 25 Die Sünden stehen zwischen Gott und der Gemeinde wie eine "Scheidewand". Diese Situation führt - anders als in Hos 7,7 - nicht dazu, daß nun überhaupt nicht mehr gebetet wird, sondern daß man nicht "in rechter Weise" φΠ?3) betet. 26 Inhaltlich ist mit dem Beten "in rechter Weise" nicht nur das Beten mit Glaubenshoffnung (V.l), sondern insbesondere das Eingeständnis eigener Schuld (V.9ff.) sowie wahrscheinlich auch gegenseitige Fürbitte (V.l6) gemeint. D i e V e r w e n d u n g v o n inn in V . 4 b erinnert an dtjes. Sprachgebrauch und ist dort ein g e l ä u f i g e r Begriff in der G ö t z e n d i e n s t p o l e m i k . 2 7 Inhaltlich steht der 22

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Mit Duhm (Jesaia, 441, auch Zimmerli, Sprache, 226, Westermann, ATD, 276 u.a.) ist kein konkreter inhaltlicher Bezug der "blutbefleckten Hände" auf eine bestimmte Freveltat festzustellen. Vgl. Wolff (Hosea, 160), Jeremias (Hosea, 96f.), zur politischen Lage vgl. Donner (Geschichte II, 303ff.). Vgl. Wolff (Hosea, 160). Nach Jeremias (Hosea, 97) wartet Jahwe geduldig ab, bis das Volk sich ihm wieder zuwendet, vgl. Hos 5,15. Vgl. dazu Fischer, Wo ist Jahwe ?, 268. Charakteristischerweise wird das Objekt "Jahwe" hier denn auch nicht genannt, vgl. das jeweils auf Jahwe bezogene in Hos 7,7 und in Jes 64,6. Vgl. DtJes 41,29; Jes 44,9 ("Götzenbilderschicht").

1. Jes 59,1-21*

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Formulierung in Jes 59,4, die im A T singulär ist, besonders D U e s 4 5 , 1 9 nahe. D i e W e n d u n g K12T~0~r kann geradezu a l s "traditionelle Lügenformulierung" bezeichnet werden, v g l . V.3b. S i e b e g e g n e t in Ez 13,8; P s 12,3; 4 1 , 7 ; 144,8. 11 und D t S a c h 10,2, w o b e i die N ä h e zur Psalmensprache auffallt. 2 8 V . 4 b ß ist deutlich ein M u s i v u m aus Hi 15,35. D a s Bild v o m Gebären ist in Hi 15,35 weiter a u s g e m a l t . 2 9 Es beschreibt dort das Ende der Gottlosen i m Hinblick auf Hiob selbst. Für die Betroffenen gibt e s keinen Ausblick, auf sie wartet nur das Gericht. W i e auch in der ähnlichen Stelle Ps 7 , 1 5 steht der Gedanke i m Hintergrund, daß das Verhalten der Gottlosen sie selbst zu Fall bringen wird. Der Gedanke eines sich selbst richtenden Unrechttuns findet sich in Jes 5 9 d e m g e g e n ü b e r nicht. J a h w e selbst wird einschreiten und Mühsal w i e Unrecht beseitigen, v g l . V . 1 7 f f . D a ß in Ps 7,15 anders als in Hi 15,35 und Jes 5 9 , 4 statt das Wort "ipffl verwendet wird, unterstreicht, daß wir es nicht nur mit einer g e l ä u f i g e n R e d e w e n d u n g zu tun haben, sondern i m Hinblick auf Hi 15,35 und Jes 5 9 , 4 mit literarischer Abhängigkeit. Verse 5 und 6;"Basiliskeneier brüten sie aus und S p i n n e n g e w e b e w e b e n sie. W e r v o n ihren Eiern ißt, der stirbt, und das zertretene (Ei) ö f f n e t sich für eine Otter. Ihre G e w e b e taugen nicht z u m Kleide, auch können sie sich in ihrem N e t z w e r k nicht einhüllen. Ihr N e t z w e r k ist ein N e t z w e r k d e s Unrechts, und Gewalttat ist in ihren Händen." Der Abschnitt V.5-8 ist sekundär. 30 Er paßt weder stilistisch noch inhaltlich in das Konzept des Verfassers. Dieser hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt, um Texte für einen Bußgottesdienst zu entwerfen. Die V.5-8 hingegen verurteilen nur und führen daher, anders als der einleitende Abschnitt V.l-4, nicht zur Buße. Der Grund für die Einfügung ist evident: Man hat früh erkannt, daß die V. 1-4 als prophetische Anklage recht karg ausfallen. Angeregt durch das Bild des Gebärens in V.4bß und durch den Vergleich der Beschuldigten mit den Tieren in V.l 1 hat ein Ergänzer den Text so erweitert, daß er als Gerichtswort für ihn annehmbar war.

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Vgl. Westermann, ATD, 276. Damit erweist sich Hi 15,35 als Vorlage, Jes 59,4bß als Zitat (vgl. auch Odeberg, 13. 180f.). Gegenüber der Vorlage ist i S ' (Qal, vgl. noch Ps 7,15) ohne ersichtlichen Grund in Hiph. abgeändert. - Vielleicht will der Autor andeuten, daß einer den anderen mit seinem Unrechttun ansteckt, ihn also ebenfalls zum Unrechttun veranlaßt. So die meisten Kommentare. Westermann (ATD, 276), Steck (Beobachtungen zu Jes 56 -59, 181, Anm. 50), Kendall (395) u.a. halten demgegenüber an der Ursprünglichkeit der Verse fest. Zur Auseinandersetzung mit Westermann vgl. insbesondere Pauritsch (89) und Koenen (61 f., Anin. 10, mit einer Erörterung weiterer Kommentarmeinungen). Die literarischen Bezugnahmen auf "Jes 55", auf das voraufgehende Jesajabuch sowie auf Jeremía und Ezechiel, die Steck (Beobachtungen zu Jes 56-59, 181, Anm. 50) in diesem Abschnitt finden will, kann ich nicht nachvollziehen. Selbst wenn es diese literarischen Bezugnahmen gäl>e, begründeten sie in keiner Weise die ursprüngliche Zugehörigkeit der Verse 5-8 zum übrigen Kapitel. Auch die Ergänzer und Glossatoren haben sich auf das Handwerk der schriftgelehrten Prophetie verstanden. Die Differenzen zwischen V.5-8 einerseits und V.l -4.9-19 andererseits sind inhaltlicher Art.

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IV. "Tradentenkreis III"

Möglicherweise hat die Ergänzung sehr bald stattgefunden und daher weithin verhindert, daß die übrigen Abschnitte des Kapitels als liturgische Texte aufgefaßt werden konnten. Der Zusatz umfaßt wesentlich zwei Bildmotive: Zum einen das von Schlangen und Spinnen (V.5f.), zum anderen das von Straßen und Wegen (V.7f.). V.4 fügt sich nicht in diese Bilder ein und ist deshalb zu dem ersten Abschnitt (V.l-4) zu rechnen. 31 Thematisch ist in dem Abschnitt V.5-8 mit keinem Wort das Gebet erwähnt, das den Verfasser der V.l-4 wesentlich beschäftigte. Stattdessen werden nun die Freveltaten der Sünder ausgemalt.

Verse 7 und 8: "Ihre Füße laufen zum Bösen und sie eilen, unschuldiges Blut zu vergießen. Ihre Pläne sind Pläne des Unrechts, Gewalttat und Verderben sind auf ihren Straßen. Den Weg des Friedens kennen sie nicht, und kein Recht ist auf ihren Gassen. Ihre Pfade machen sie krumm, jeder, der darauf geht, kennt keinen Frieden." V.7 besteht nahezu durchgängig aus Zitaten. V.7a findet sich wörtlich in Prov 1,16 und ist von dort zitiert. In der Vorlage ist das Wegmotiv durch den voraufgehenden Vers (V.15) vorbereitet.32 Im Rahmen einer weisheitlichen Unterweisung wird davor gewarnt, den Frevlern auf ihren Pfaden zu folgen. In Jes 59 wird das Wegmotiv ohne Übergang neben das Schlangenmotiv gestellt. Gegenüber Prov 1,16 wird das Blut, das die Frevler vergießen, des näheren als "unschuldiges Blut" 0p] cn) bezeichnet und damit die Frevelhaftigkeit des Unrechten Tuns noch gesteigert. Bei umgekehrter Abhängigkeit wäre das Adjektiv "unschuldig" Opi) kaum weggelassen worden, zumal es inhaltlich (vgl. Prov 1,11) und metrisch wunderbar in den Text gepaßt hätte.33 Der Autor von Jes 59* hat Prov 1,16 zitiert, weil er wie in Jes 59,3 das frevlerische Tun auf die einzelnen Glieder der Täter verteilen wollte und deshalb neben die zuvor erwähnten Hände (V.6bß) die Füße gestellt hat. Damit war das Wegmotiv durch die Vorlage vorgegeben, der Autor hat es im folgenden weiter ausformuliert. Die Vorlage bot sich auch wegen der Erwähnung des "Blutes" an, womit der Autor zugleich an Jes 59,3 anknüpfen konnte. Die Wendung "unschuldiges Blut" hat der Verfasser aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Aufzählung frevlerischen Tuns in Prov 6,17 entnommen. Die 3 1 32 33

Gegen Volz (230), Westermann (ATD, 276) u.a., mit Koenen (61, Anm. 9). Vgl. schon Volz, 233. Die These, Prov 1,16 sei in Prov 1 sekundär und nachträglich aus Jes 59,7 dort eingefügt worden, fußt im wesentlichen auf der Tatsache, daß der Vers in einigen bedeutenden Handschriften der LXX fehlt (vgl. BHS, Steuernagel, Sprüche, 280, Duhm, Jesaia, 441, Pauritsch, 89). V.16 paßt aber, wie oben dargestellt, gut in den Kontext und wird ursprünglich sein, vgl. auch Plöger (Proverbia, 12.17). Der Fehler ist im literarischen Werden der LXX zu suchen. Die Verse Jes 59,7f. tauchen in der LXX zudem in Ps 14,3 (nicht in dem parallelen Psalm 53) auf, Paulus stellt in Rom 3,9ff. die Stellen Ps 14,13 und Jes 59,7f. in einen engen Zusammenhang, vgl. Delitzsch (569), Duhm (Jesaia, 442), Westermann (ATD, 277) u.a. Man kann mit Kraus (Psalmen I, 245) vermuten, daß die Ergänzung in Ps 14 in der LXX (dort Ps 13) auf eine christliche Hand zurückgeht, die Ps 14 von Rom 3 her in der LXX ergänzt hat.

1. Jes 59,1-21*

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Formulierung begegnet zwar durchaus noch häufiger 34 , doch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausdruck ΓϊΠώΠΏ, den der Verfasser in Prov 6,18 gefunden und in Jes 59,7b zitiert hat. 35 V.7b wurde vom Ergänzer parallel zu V.6b formuliert. Der Autor beschreibt also in traditionellen Formulierungen das üble (und ebenso übliche) Tun der Frevler. Während in der Weisheit daran gedacht ist, daß die Frevler an ihren eigenen Übeltaten zugrunde gehen, konnte der Ergänzer hier auf Jes 59,17ff. verweisen. -I3gl ΊΒ) schließlich findet sich nur noch in Jer 48,3 und TrJes 60,18. 3 6 In Jer 48,3 ist die Wendung durch ein Wortspiel (vgl. Ί3Β in Jer 48,4) mit dem Kontext verbunden. Der Ausdruck begegnet dort als Ausruf der Verzweiflung während der Zerstörung Moabs, die Betroffenen befinden sich auf der Flucht. 37 In Jer 48,3 ist die Wendung um ' m a erweitert. Da der Autor zuvor das frevlerische Tun gegenüber der Vorlage noch im Ausdruck gesteigert hat, wäre es jetzt schon merkwürdig, wenn er es nun gegenüber seiner Vorlage abmildem würde. Hinzu kommt, daß "13B1 Itti nur in Jes 59,7 und TrJes 60,18 mit folgendem 3 konstruiert ist. Im Gegensatz zu Jes 59,7 ist diese Konstruktion in TrJes 60,18aß durch den Parallelismus mit V.18aa im Kontext verankert und erweist sich damit als literarische Vorlage für unseren Ergänzer. Gegenüber dem Fremd völkerorakel in Jer 48 bezieht sich der Ausdruck Ί3Β1 "t!0 in TrJes 60,18 nicht mehr auf die Notsituation eines Nachbarvolkes (speziell der Moabiter), sondern auf die der Ziongemeinde. 38 In ihr ("in deinen Grenzen") wird man nach Tritojesaja in der eschatologischen Heilszeit kein Ί3Β1 "7ÌD (parallel: Οί3Π)39 mehr hören. "Gewalttat und Frevel" meint in Jer 48,3 Unrecht, das dem Volk Moab durch andere Völker zugefügt wird. In DUes 51,19 wird vornehmlich das Unrecht, das den Jerusalemern durch andere Völker zugefügt wurde, gemeint sein. TrJes 60,18 dürfte "Gewalttat und Frevel" sowohl auf Unrecht von außen als auch als Unrecht von innen beziehen. In Jes 59,7 schließlich wird der Ausdruck ganz allgemein in das Tun der Frevler eingereiht und damit einem konkreten historischen Bezug entnommen. Die Wendung, die sich ursprünglich auf das Handeln ganzer Völker bezogen hat, ist jetzt auf eine nicht näher bezeichnete Gruppe von Frevlern eingegrenzt. Man "hört" nicht mehr von Ί3Β1 liti (vgl. Jer 48,3; TrJes 60,18), jedermann erkennt vielmehr beides und anderes mehr im Tun der Frevler ("auf ihren Straßen"). Während "in deinen Grenzen" in TrJes 60,18 noch - wenn auch ohne Näherbestimmung - lokal gemeint ist, sind die "Straßen" der

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In Verbindung mit -|ÖB noch in Dtn 19,10; 2.Kön 21,16; 24,4; Joel 4,19; Ps 106,38; Jer 7,6 und 22,3 (in den drei letztgenannten Stellen ebenfalls in Aufzählungen von Freveltaten). Auffallig ist das häufige Auftreten der Wendung in dtr. Texten, gleichwohl vermutet Weinberg (Deuteronomy, 356, vgl. die dtr. Belege ebd.) mit Hinweis auf l.Sam 19,5 und Ps 94,21 ältere Herkunft des Ausdrucks. Zu jlK ni32inn vgl. Jer 4,14 (7JJÍX Πί3ΒΠΰ, auf Jerusalem bezogen), vgl. noch Jes 55, 7 sowie Jes 65,2 und 66,18(17). Vgl. mit Artikel noch DUes 51,19. Zillessen (239) sieht die Wendung hier aus DtJes 51,19 entlehnt. Vgl. Weiser, Jeremía II, 397. Vgl. auch DUes 51,19. In Anknüpfung an die Vorlage hat der Schreiber von lQJes" hinter Ί3Β1 TB die Parallele 0/2ΓΠ eingefügt, vgl. Kutscher (543).

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IV. "Tradentenkreis III"

Frevler in Jes 59,7 ethisch aufzufassen, also in übertragener Bedeutung gemeint. Auch dies entspricht dem verallgemeinernden Stil des Ergänzers, der einfach verschiedene Formulierungen seiner Vorlagen als Beispiele frevlerischen Tuns aneinanderreiht und diese in das durch das erste Zitat eingeführte Wegmotiv einbaut.

Die Formulierung "Weg des Friedens" (V.8a) ist singulär und wird von dem Ergänzer selbst stammen. Dies ist insbesondere dann bemerkenswert, wenn der Text fast nur aus Zitaten besteht, wie oben dargelegt wurde. Der Ergänzer möchte die Taten der Frevler wahrscheinlich insbesondere als gefährlich (V. 5f.) und friedlos bzw. friedensgefahrdend hinstellen. Auch hierfür benutzt er allerdings wieder traditionelle Formulierungen und greift literarisch aller Wahrscheinlichkeit nach auf DtJes 42,16 zurück, denn dort findet sich nicht nur 1UT , auf den "Weg" bezogen 40 , sondern auch parallel dazu n ù T U î vgl. Jes 59,8b. 41 Während in der Vorlage mit der Zusage, daß Jahwe die Blinden auf einem Weg führen wird, den sie nicht kennen, eine Verheißung ausgesprochen ist, werden die Formulierungen durch musivstilistische Zitation nun in eine Beschreibung frevlerischen Handelns umfunktioniert. Von dtjes. Theologie verbleibt nichts. Das Zitat wird durch das Bild Jes 59,11 veranlaßt worden sein. Die Wendung cstBQ zitiert der Ergänzer aus Jes 59,15bß. 42 Während dort die gegenwärtigen Verhältnisse der Gemeinde in einer Rückschau geschildert werden, bezieht der Ergänzer den rechtlosen Zustand auf das Handeln der Frevler, wobei unklar bleibt, ob sich der Autor diese innerhalb oder außerhalb der Gemeinde vorgestellt hat. Die Formulierung "ihre Pfade machen sie krumm" ist zwar singulär, setzt sich aber aus einem Zitat (DUes 42,16) und einer Wurzel zusammen, die des öfteren mit dem Wegemotiv verbunden ist 4 3 In V.8bß wiederholt der Ergänzer nochmals die Formulierungen von V.8aa, wodurch deutlich wird, welche Bedeutung der Autor seinem vermutlich einzig selbst formulierten Gedanken in V.8 zumißt. Vers 9: "Darum ist das Recht von uns fern, und die Gerechtigkeit erreicht uns nicht. Wir harren auf Licht, doch siehe: Finsternis! - Auf Lichterglanz, (doch) wir wandeln im Dunkel." Die V.9-14 wollen keine Jahwebotschaft vermitteln, sondern sind für den Gottesdienst geschrieben, "¡irbp knüpft unmittelbar an V.4 an und führt nach der Beschreibung der Sünden die Folgen dieser Sündhaftigkeit ein. Die klagende Beschreibung der gegenwärtigen Situation, die mit dem Bekenntnis zu der 40

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m ; K1? (bezogen auf η Ί Ί ) findet sich auch in Jer 5,4 (vgl. Jer 5,5); Ps 95,10 ("meine Wege"), vgl. Prov 4,19. Zur Textkritik in DÜes 42,16 vgl. Jes 56,10, wo die Stelle ebenfalls, aber mit ganz anderer Aktualisierung, zitiert wird. Man beachte den ganz anderen Gebrauch von nia'!]] in Jes 58,12. Sie begegnet sonst nur noch in Hi 19,7. Vgl.zu tops (Pi'el) Mich 3,9; mit Wegbezug Prov 10,9. Vgl. auch iöps (Niph'al) in Prov 28,18 sowie 0|3S in Prov 2,15; 28,6, jeweils mit Wegbezug.

1. Jes 59,1-21*

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e i g e n e n S c h u l d verbunden ist ( V . 1 2 f f . ) , führt nach e i n e m kurzen Rückblick ( V . 1 5 - 1 7 ) hin zu d e m g e g e n w ä r t i g e n Handeln Jahwes ( V . 1 8 ) und zu e i n e m heilsamen Ausblick (V.19). D i e Formulierungen in V . 9 b knüpfen an jeremianischen Sprachgebrauch an. In der K l a g e Jer 8,15 (par 14,19b) heißt es: "Harren ( P i ' e l inf. constr. von m p ) auf Frieden (Dlbïïb), doch (da k o m m t ) nichts Gutes, auf H e i l u n g s z e i t ( π ε π ώ r i i d o c h s i e h e ( m m ) : Schrecken!" m p (Pi'el) wird a l s o mit parallel aufgeführten Objekten (jeweils mit *?) verbunden, denen w i e in Jes 5 9 , 9 unmittelbar ein Kontrastbegriff gegenübergestellt wird, w o b e i in beiden Stellen eine der Gegenüberstellungen mit m m konstruiert ist. 4 4 Der Vers drückt in Jer 8, 15 4 5 die H o f f n u n g s l o s i g k e i t der v o m Gericht J a h w e s Betroffenen aus. In Jer 14,19 ist die Klage mit einem Schuldbekenntnis der G e m e i n d e verbunden, d i e den Autor mit einschließt, vgl. Jer 14,20. Beachtenswert ist aber auch Jer 13, 16, w o in einer Ermahnung g e g e n den H o c h m u t der G e m e i n d e die Erwartung ausgesprochen wird, daß es für die G e m e i n d e finster 0|iün) werden könnte, so daß d i e G e m e i n d e auf Licht (UK1?) harrt (mp), während J a h w e e s 4 6 zu Finsternis und Wolkendunkel verwandeln wird. D i e Lichtmetaphorik läßt hier keine eindeutige literarische Abhängigkeit e r w e i s e n 4 7 , e i n e literarische Anknüp-

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Dieselbe Satzstniktur findet sich auch in Jes 5,7, nur daß dort Π3Π1 zweimal verwendet wird. Langer (Gott als Licht, 60) übersetzt Jes 59,9bß hingegen mit "auf Lichtglanz hin im Dunkel gehen wir." Diese Ubersetzung ist zwar grammatisch möglich, berücksichtigt aber nicht den Parallelismus in V.9b. Nach Volz (Jeremía, 108) steht der Vers in Jer 14,19b am richtigen Platz, Duhm (Jeremía, 131) vertritt die umgekehrte Position. Fraglich erscheint, ob das Suff. 3. fem. Sg. in PWffll (Jer 13,16b) auf Ί1Κ bezogen werden kann, zumal "IIS meist maskulin ist. Gesenius ((18.Aufl.), 27, Sp. 1) schlägt in Anknüpfung an Albrecht ΠΰίξΓΙ ΊίΚ1? (Qal 3.m.Sg.Perf. oder Part, von O*!? und Suff. 3.in. Sg., bezogen auf "Licht") vor. König (Syntax, § 248k) verweist demgegenüber darauf, daß Naturmächte (wie z.B. das Licht) des öfteren im Hebräischen feminines Genus angenommen haben. Wahrscheinlicher ist m.E. hier jedoch ein neutrisches Verständnis des femin. Suffixes, vgl. G./K. § 122q, Rudolph (Jeremía, 92, mit weiteren Textkonjekturen ebd.). "Es" bezeichnet dann im Bild die Umwelt des Volkes überhaupt, im übertragenen Sinn seine Lebenssituation. Das Harren auf Licht beschreibt in diesem Falle die einzig noch mögliche Tätigkeit des Volkes, das von Gott mit Gericht (Finsternis) gestraft ist, vgl. z.B. (positiv formuliert) Mich 7,8. Damit wäre die gegenwärtige Gerichtssituation durch eine vergebliche (fiktive) Mahnung des Propheten gegen den Hochmut des Volkes erklärt, vgl. V.17-19. Bezieht man das Suffix auf das Licht, dann wird angedroht, daß Jahwe das Licht verfinstern wird, auf das die Gemeinde im Unglück, also in Finsternis, hofft. In diesem Falle würde dem Volk eine völlig aussichtslose Gerichtssituation angedroht, in der jegliche Hoffnung (Licht) von Jahwe zunichte gemacht wird. Dem entsprächen Texte wie Am 5,18-20, vgl. Am 8,9 (dazu Langer, Gott als Licht, 38). Vgl. Elliger (Einheit, 18), der mit Hinweis auf Jer 3,25 und 14,7-20 eine Verwandtschaft in der Gattung, nicht aber einseitige literarische Beziehungen zwischen Jes 59,9 und den Jeremiastellen konstatiert. - Zu den Pluralen in V.9bß vgl. König, Syntax, § 259c (Plurale als Begriffsentfaltung und extensive Steigerung).

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IV. "Tradentenkreis III"

fung an jeremianischen Stil bis hin zu inhaltlichem Bezug kann an dieser Stelle jedoch vermutet werden. "Licht" zeigt in Jer 13,16 das Ende der Gerichtssituation an, auf das zu harren dem Volk allein bleibt. In gleicher Weise dürfte die Lichtmetaphorik in der motivgeschichtlichen Grundstelle Jes 9,Iff. aufzufassen sein 48 , vgl. auch Mich 7,8f. In beiden Stellen wird das Bild vom Leben in Finsternis gebraucht. Die Hoffnung auf Licht wird der Gemeinde angesagt (Jes 9,1) bzw. von der Gemeinde freudig bekannt (Mich 7,8). "Licht" bedeutet in diesen Texten Befreiung aus der Gerichtssituation durch Jahwe. 49 Die Befreiung ist geschichtsimmanent und wirkt sich vornehmlich in Veränderung politischer Machtkonstellationen aus. Damit ergibt sich von Jes 9,Iff. her eine traditionsgeschichtliche Linie über Mich 7,8f. und Jer 13,16 zu Jes 59, 9, die die Lichtmetaphorik nicht eschatologisch verwendet, sondern geschichtsimmanent, unmittelbar gemeindebezogen und mit partikularem Horizont. 50 Deutlich ist, daß sich die Belege Jer 13,16 und Jes 59,9 inhaltlich am nächsten stehen, insofern in beiden Texten die Gerichtssituation einer Gemeinde, die auf Licht hofft, beklagt wird. 51 Im Vordergrund steht hier nicht Hoffnung auf Licht, sondern Klage über Finsternis. "Licht" steht in Jes 59 durch die parallele Formulierung in V.l lb synonym mit Recht (O0!ÖÖ) und Hilfe (ΠΪ1ΒΡ), meint also wie die Synonyma nichts anderes als die heilsame Lebensordnung Gottes. Der Lichtmetaphorik entbehrt hier folglich einer eschatologischen Komponente. Der Verfasser sinnt nicht nach Eschatologie, sondern nach Restauration.

Vers 10: "Wir betasten wie die Blinden (die) Wand, und wie ohne Augen tasten wir. Wir straucheln am hellen Mittag wie in der Abenddämmerung, bei Gesundheit wie die Sterbenden." Das Bild des Straucheins (mit Qal) in Dunkelheit findet sich noch in Hos 4,5 und Ps 107,12 (vgl. 107,10), jedoch jeweils in anderen Sinnzusammenhängen. Inhaltlich vergleichbar sind insbesondere die beiden Belege Dtn 28,29 und Hi 5,14. Der Fluch Dtn 28,29 droht dem Volk an, daß es bei Nichterfüllung der Thora "am hellen Mittag" (0*ΊΠϊ3) "tappen" (tran) wird wie ein Blinder ("11ÜH) im Dunkeln (rfiDXa). Mit denselben Worten, aber ohne den Vergleich der Betroffenen mit "Blinden", wird in Hi 5,14 das Schicksal der CbFIM, also der "Hinterlistigen", beschrieben. 52 Der Autor knüpft inhaltlich - gedanklich möglicherweise

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Nach Alt (Kleine Schriften II, 207) löst das mit Licht (in Jes 9,1) angekündigte Heil "in einem überraschenden Vorgang mitten im Raum der Geschichte eine vorausgegangene Periode des Unheils plötzlich ab". Darunter ist keine eschatologische Weltveränderung zu verstehen, sondern die "Wiederherstellung nationaler Ehre und Freiheit" (ebd., 213) für das restliche Israel. Zur neueren Diskussion um den Abschnitt Jes 8,23-9,6 vgl. ausführlich Wildberger, Jesaja 1,362ff. (Lit.). Dies gilt auch für die Aussage "Jahwe ist mein Licht" in Mich 7,8, wenn man den Kontext, insbesondere Mich 7,9, berücksichtigt, vgl. Wolff (Micha, 196). Anders Langer (Gott als Licht, 56ff.). Bemerkenswert ist aber auch das Sündenbekenntnis in Mich 7,9, das den Text mit Jes 59,9ff. verbindet. In Mich 7,9 steht allerdings nicht das Sündenbekenntnis im Vordergrund, sondern die Hoffnung auf Licht. Nur in Dtn 28,29 und Hi 5,14 ist im AT O n n M mit der Wurzel ΒϋΜ verbunden. Hi 5, 14 dürfte von Dtn 28,29 literarisch abhängig sein.

1. Jes 59,]-21*

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durch Jer 13,16 angeregt - an diese Stellen an, literarische Abhängigkeit ist jedoch wegen sonst unterschiedlicher Wortwahl wenig wahrscheinlich. Gegenüber Jes 58,10 fallt der gänzlich unterschiedliche Gebrauch der Lichtmetaphorik auf. Während "Licht" und "heller Mittag" dort Ausdrücke eschatologischer Hoffnung sind, dient die Lichtmetaphorik hier lediglich der bildhaften Beschreibung der gegenwärtigen Lebenswirklichkeit und entbehrt damit jeglicher Eschatologie. Hier wird kein Wandel der Lebensverhältnisse angekündigt, sondern durch Kontrastierung von hell und dunkel in Verbindung mit dem Blindenvergleich der vollkommenen Hilf- und Orientierungslosigkeit der Gemeinde bildhaft Ausdruck verliehen.

Vers 11: "Wir brummen alle wie Bären und wie die Tauben gurren wir. Wir harren auf Recht, aber es ist nicht da, auf Hilfe, (aber) sie ist fern von uns." Das Brummen der Bären als Ausdruck von Ungeduld 53 begegnet nur hier im AT, während sich das Gurren der Tauben, das als Seufzen oder Klageton empfunden wurde, dort mehrfach findet.54 ΠΏΠ beschreibt eine Klage noch in Jes 16,11; Jer 4,19; 31,20; 48,36; Ez 7,16; Ps 39,7; 42,6.12; 43,5; 46,7; 55,18; 77,4, Π3Π noch in Jes 16,7; 38,14 und Jer 48,31. Der gegenüber Jes 59,3b. 13b unterschiedliche Gebrauch von mn erklärt sich am ehesten durch eine Bezugnahme des Verfassers auf diese Klagetexte (vgl. bes. Jes 38,14, mit dem Vergleich "wie die Taube"), so daß ein literarischer Bezug zu Jes 38,14 als wahrscheinlich anzunehmen ist. mn hat nur in Jes 38,14 und 59,11 einen Subjektvergleich mit Taube(n) aufzuweisen. Das Gurren wie eine Taube bezieht sich auch in der Vorlage auf das seufzende Gebet eines in Not Geratenen. Die Stelle wird musivstilistisch aufgegriffen, kollektivisch interpretiert und auf das klagende Gebet der Gemeinde bezogen. Der Vergleich mit dem Brummen der Bären und dem Gurren der Tauben soll wohl besagen, daß die Klage der Gemeinde bald nervöse Ungeduld, bald verhaltenes Seufzen ist.55 V.l lb ist deutlich in Parallelität zu V.9b formuliert worden. Das Fehlen der heilsamen Rechtsordnung Jahwes wird immer neu beklagt und bildet ein wesentliches Moment der Klage der Gemeinde. Vers 12: "Denn unsere Vergehen sind viele vor dir, und unsere Verfehlungen zeugen wider uns. Ja, unsere Vergehen sind bei uns und unsere Sünden, wir kennen sie:" Der Autor macht deutlich, daß er das Bußbekenntnis als ein Element rechten Betens versteht. Er knüpft dabei zwar nicht wortwörtlich, aber doch mit auffallendem wörtlichen Bezug an andere Volksklagen an. Zu diesen zählt zum einen die Volksklage in Jer 14,1-16, zum anderen Ps 51. π:ΰ(Ι) mit Präpositi5 3

54

5 5

Vgl. Kinzler (Biblische Naturgeschichte, 64f.), der zudem berichtet, daß das Brummen der Bären mit einem lauten Zähneknirschen verbunden war. Vgl. Kinzler (Biblische Naturgeschichte, 115ff.), mit Hinweis auf Jes 38,14; 59,11; Ez 7,16; Nah 2,8 sowie griechische und römische Dichter. Stummer (Keilschriftliehe Parallelen, 186) verweist noch auf babylonische Parallelen, vgl. auch Volz, 237 (Lit.). Vgl. ähnlich Volz, (237).

216

IV. "Tradentenkreis III"

on 3 im Sinne v o n "Zeugnis ablegen gegen" hat sonst nie π κ θ π als Subjekt. Ein Sündenbegriff als Subjekt findet sich hingegen nur noch in Jer 14,7, nämlich i n i r . A u f f ä l l i g ist, daß in Jer 14,7b auch die Formulierung

mit fol-

g e n d e m S ü n d e n b e g r i f f (das j e r e m i a n i s c h e iJ'rDTOQ) b e g e g n e t 5 6 , allerdings muß berücksichtigt werden, daß das einleitende

als stilistische Besonderheit

des Autors gelten kann. V . 1 2 b zeigt hingegen große Ähnlichkeit mit der individuellen V o l k s k l a g e in Ps 51. In V . 5 heißt es: "denn meine Vergehen, ich kenne sie, und m e i n e Verfehlung ist ununterbrochen vor mir" ( τ ρ η

"rmam x h k

•m'S",3).57

D i e Wortanklänge sind unübersehbar und brauchen nicht i m einzelnen aufgezählt zu werden. W e n n man der Frage nach einer literarischen A b h ä n g i g k e i t beider T e x t e nachgeht 5 8 , m u ß auffallen, daß nicht recht einsehbar ist, warum der Autor des einen oder anderen T e x t e s den Wortlaut seiner V o r l a g e nicht a b g e s e h e n v o n d e m n o t w e n d i g e n W e c h s e l der Person - unabgeändert übern o m m e n hat. F o l g l i c h kann literarische Abhängigkeit auch hier nur vermutet werden. Vers 13: "Abfallen und J a h w e verleugnen, und sich absondern v o n unserem Gott, der Bedrängnis (das Wort) reden und (mit) Widerspenstigkeit schwanger gehen, und murmeln aus d e m Herzen Worte der Lüge! " Im Vers werden je Vershälfte drei Freveltaten aufgezählt, die Masoreten dürften sich daher in der Setzung des Zâqêp parvum geirrt haben. Der Fehler kann dadurch entstanden sein, daß die Masoreten Stellen wie Dtn 13,6; Jer 28,16 und 29,32 im Sinne hatten, wo das Verbalabstraktum ΓΠΟ in der Redewendung ΓΠΓΓ'^Ρ ΓΓ)0"Ί31 mit der Wurzel Ί 3 1 verbunden ist. Entsprechend haben die Masoreten beide Nomen (ΓΠΟ undpIDS) von "DT abhängig gemacht. Gegen diese Interpretation des Textes spricht, daß pfflï sonst nie parallel zu ΓΠΟ steht 59 , an-

5 6

5 7

58

5 9

331(1) hat nur noch in Jer 5,6 und Hi 35,6 das Subjekt "Vergehen", literarische Beziehungen sind nicht nachweisbar. Die Verse Jer 14,7-9 werden als Volksklage aufgefaßt (vgl. Rudolph, Jeremía, 99; Duhm, Jeremía, 128, bzgl. V.7-10). Der Text ist nicht zu beanstanden (gegen BHS u.a.). "Vergehen" im Plural kann parallel zu "Verfehlung" im Singular stehen, vgl. umgekehrt Jes 58,1. Solcherlei Textänderungen (Angleichung des Singulars an den Plural und umgekehrt) sind grundsätzlich als Textglättung abzulehnen, entsprechendes gilt für die in zwei MSS auffindbare und von BHS u.a. vorgeschlagene Lesart "und unsere Verfehlung" (Sg.) in V.12aß. Zur Verbindung eines abstrakten Plurals mit einem Prädikat im femin. Sg. vgl. G./K. §145k. Daß vor HM kein geschrieben werden muß (vgl. BHS zu Ps 51,5), zeigt Jes 59,12. Duhm (Jesaia, 443) vermutet ein Zitat von Jes 59,12b in Ps 51,5, Odeberg (13.186) geht von umgekehrter Abhängigkeit aus. Wenn literarische Abhängigkeit besteht, dann ist Ps 51,5 der ursprüngliche Text. Jes 59,12 vermischt in der Wortwahl Jer 14,7 und Ps 51,5. Zudem gibt V.5 in Ps 51 die Begründung für die vorher genannte Bitte um Reinigung von den Sünden und ist damit fest im Kontext verankert. pffll) findet sich relativ häufig in Aufzählungen von Freveltaten, in Jer 22,17 und Ez 22, 12 neben der Freveltat des Vergießens (unschuldigen) Blutes. Der einzige Beleg, in dem

1. Jes 59,1-21*

217

dererseits steht ΓΠΟ sonst auch nicht in Verbindung mit ΓΠΠ. Ausschlaggebend ist, daß die beiden Wurzeln ΠΊΠ und ΓΠΠ inhaltlich schlecht auf die folgenden Worte bezogen werden können. Π)Π heißt wie in V.3b "murmeln" und steht in Jes 33,18; Prov 15,28 und 24,2 ähnlich Jes 59,13 mit "Herz" in Verbindung. ΠΊΠ hingegen heißt wie in V.4b "schwanger gehen (mit)" und ist nie mit "Herz" verbunden - was auch keinen Sinn ergäbe. 60 Hinzu kommt, daß der Verfasser den beiden Wurzeln in V.3b und 4b jeweils ein unterschiedliches Objekt zuordnet 6 1 , der Bezug beider Wurzeln auf ein und dasselbe Objekt entspricht somit kaum dem Stil des Autors. Schreibt man hingegen das Zâqëp parvum über ί"1Π (MT), dann ergibt sich jeweils für Π)Π und ΓΠΠ ein Parallelismus mit der Wurzel "13t, was dem Sprachgebrauch des Verfassers in V.3b und 4b entspricht. Weiterhin erhält man metrisch einen schönen Doppelvierer, gegenüber einem Doppeldreier in V.13a. Man kann vermuten, daß die im AT singulären "Po'el-Infinitive" lediglich durch die Versetzung des Zâqëp parvum entstanden und daher mit Klostermann richtig als Inf. absol. 62 entsprechend den übrigen Infinitiven des Verses zu punktieren sind. 63

Vers 14: "Das Recht aber ist zurückgedrängt worden, und Gerechtigkeit steht von ferne. Denn es strauchelt auf dem Platz die Treue, und Aufrichtigkeit kann nicht hineinkommen." Mit der Erwähnung eines "Platzes" könnte der Autor an einen Platz vor den Toren der Stadt gedacht haben, so daß die "Wahrheit" vor aller Augen oder trotz des weiten Raumes 64 ins Wanken geraten ist, während die "Aufrichtigkeit" nicht durch die Tore der Stadt in diese hineinkommen konnte. Denkbar ist m.E. aber auch, an einen mit dem Tempel verbundenen Platz zu denken, der nicht näher bezeichnet werden brauchte, weil er jedem Tempelbesucher des "zweiten Tempels" von vornherein bekannt war. 6 5 Das Straucheln der Treue findet dann im

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6 3

64 65

pfflS noch mit der Wurzel Ί3Τ verbunden ist (Ps 73,8), gilt als zweifelhaft, man vermutet Konsonantenmetathesis (Bf3S), vgl. Gesenius, 626, Sp.2. Entsprechend wird von Dillm./Kittel (494) u.a. auch in Jes 59,13 Konsonantenmetathesis angenommen. Deshalb wird ΠΠ seit Duhm (Jesaia, 443, vgl. lQJes 3 ) als stehen gebliebener Schreibfehler oder als Dittographie zu ΠΙΠ gestrichen, vgl. Dillm./Kittel (495, abwägend), Ehrlich (Randglossen, 212), Budde (Jesaja, 702), Elliger (Einheit, 15), Odeberg (188), Westermann (ATD, 273), Pauritsch (91) u.a.m. Koenen (61, Anm. 7) behält i m zu Recht als inf. absol. von ΓΠΠ bei,* bezieht aber nicht nur ΓΠ01, τ τ : sondern die ersten drei Worte des Halbverses V. 13b auf diese Wurzel. ΠΪΠ im Sinne von "gurren" (V.l 1) ist in der Bedeutung nicht direkt vergleichbar und steht in Verbindung mit dem Vergleich "wie die Tauben". Ein Akkusativobjekt vor dem inf. absol. könnte auch in Dtn 28,56 und Jes 42,24 vorliegen, vgl. G./K. § 113d, femer Waltke/O'Connor, Syntax, 590. Dies setzt natürlich voraus, daß das Zâqëp parvum ursprünglich richtig gestanden hat und erst im Laufe der masoretischen Überlieferung an seinen jetzigen Ort im MT gelangt ist. Dillm./Kittel (495, mit Hinweis auf ältere Kommentare) erklären die Punktation dadurch, daß die Masoreten i m und ΠΠ als Inf. Hiph'il von Xl* und ΠΓ verstanden haben, vgl. auch Duhm (Jesaia, 443) u.a.m. Lies demgegenüber mit Klosterm.(83) u.a. den inf. absol. von Π1Π und ΓΠΠ, nämlich iJHI 1ΊΠ (vgl. ίΊΠ inV.4b). Vgl. Ehrlich, Randglossen, 212. Vgl. 3h"l(I) in Esra 10,9; 2.Chron 29,4. Zu den Realien vgl. Otto (Jerusalem, 98f.).

218

IV. "Tradentenkreis III"

Tempelbereich statt und bezeichnet bildhaft das geringe Vertrauen der Gemeinde in den Gottesdienst, genauer in das Gebet, vgl. V.l und V.16. "Aufrichtigkeit" kann bildhaft nicht in den Tempelbereich hineinkommen, vgl. das Bild von den Sünden als "Scheidewand" in V.2, wo der Autor aller Wahrscheinlichkeit nach auch schon an eine den Tempelbereich abgrenzende Mauer (vgl. Ez 42,20) gedacht hat. Für diese Interpretation spricht außerdem, daß die Verbindung von und Sia'j in den drei Belegen, die außer Jes 59,14 im AT noch anzutreffen sind, jeweils auf das Objekt "Stiftshütte" bzw. "Tempel" bezogen ist. 6 6 Wenngleich hier nur sprachliche Parallelen (keine Zitate) vorliegen, macht der Sprachgebrauch diese inhaltliche Deutung jedenfalls wahrscheinlich. Eine Näherbestimmung des "Hineinkommens" ist insbesondere dann nicht nötig, wenn die Gemeinde sich im Tempel befindet und an einem Gottesdienst teilnimmt. Damit wird wiederum wahrscheinlich, daß der Text von vornherein für einen Gottesdienst verfaßt wurde.

Vers 15: "Und die Treue blieb aus, wer aber vom Bösen abließ, ward (selbst) zur Beute. Und Jahwe sah es, und in seinen Augen war es schlecht, daß kein Recht da war." In V. 15-17 findet ein Tempuswechsel in die Vergangenheit statt. Zudem endet der Bekenntnisstil und mündet in eine Beschreibung ein. Der Autor projiziert die gegenwärtige Situation der Gemeinde in die Vergangenheit, um nun erstmals (!) das Handeln Jahwes zu thematisieren. Er macht damit deutlich, daß die These der Gemeinde, Jahwe habe sich weder um die Freveltaten noch um die Gebete der Gemeinde (V.l) gekümmert, irrig ist. Jahwe hat das alles vielmehr genau registriert und sich gerüstet, zugunsten seiner heilsamen Rechtsordnung einzugreifen. Dieses Eingreifen erfolgt in der Gegenwart, vgl. V.l8. Die Formulierung "und in seinen Augen war es schlecht" steht absolut wie beispielsweise in Gen 48,17 und Prov 24,18. 67 Schließlich verweist der Leitgedanke, daß "kein Recht" vorhanden ist 6 » , darauf, daß der Abschnitt nicht von seinem Kontext gelöst werden kann.

Vers 16: "Und er sah, daß niemand da war, und er staunte, daß niemand Fürbitte tat. Und es half ihm sein Arm und seine Gerechtigkeit, sie unterstützte ihn." Der Vers stimmt nahezu wörtlich mit Jes 63,5 überein. Bereits Duhm hat festgestellt, daß Jes 63,5 gegenüber Jes 59,16 als ursprünglich zu betrachten ist. 69 Folgende Beobachtungen weisen darauf hin, daß der Autor in V.16 zi-

66

Vgl. Ex 40,35; Jer 36,5 und 2.Chron 7,2. Eine Korrektur des Textes metri causa (vgl. einerseits Duhm, Jesaia, 444 (mit Hinweis auf Gunkel), BHS u.a., andererseits Marti, Box, Odeberg (189) u.a.) ist nicht gerechtfertigt, vgl. Volz (235), Pauritsch (93), Koenen (65, Anm. 33, mit Hinweisen auf das Metrum und auf weitere Kommentare). 6 8 Vgl. bes. V.4a und 1 lb. In V.8a wird die Wendung vom Ergänzer wörtlich zitiert. Nach Kendall (403) meint OSCH in V.l5b "Gericht". Demnach müßte sich Jahwe über sich selbst argem, weil er nicht zum Gericht eingeschritten ist. - Es gibt keinen Grund, B3ÇÛ hier anders zu interpretieren als etwa in V.4 und V.l 1. 69 Vgl. Duhm (Jesaia, 445). So auch Westermann (ATD, 279) und Sekine (136), der allerdings von Jes 63,5 her in Jes 59,16 die erwartete Unterstützung für Jahwe universali67

1. Jes 59,1-21*

219

tiert: 1. Die Aussage V.lóaa gibt für sich genommen im Kontext keinen Sinn, denn kurz zuvor (in V.15b) war festgestellt worden, daß Jahwe den Frevel der Gemeinde und damit auch die Frevler vor Augen hat. Die merkwürdige Formulierung entsteht durch ein musivstilistisches Zitat von '¿TN y« aus DtJes 50,2 (einer Stelle, die dem Autor bereits in V. 1 als Vorlage gedient hat) oder aus Jes 63,3. 70 2. Gegenüber V.l fällt auf, daß der Autor hier nicht den Ausdruck "Hand" Jahwes verwendet, sondern "Arm" Jahwes, was auf anderen Sprachgebrauch und damit auf Zitation hinweist. 3. Die Formulierung V. 16bß ist auffällig und singulär. - Was ist hier konkret mit "Unterstützung" gemeint ? Eine Klärung ergibt sich erst aus der Vorlage Jes 63,5: Dort stehen in V.5a die Wurzeln ~MJ und "jOO parallel, in V.5b utiT und τρο. Jahwe erwartet in der Vorlage Unterstützung für sein Gericht. In Jes 59,16 hingegen ist dieser Parallelismus durch das Zitat aus DtJes 50,2 gestört. Statt "Grimm" (παπ(Ι)), das in Jes 63,5 durch den Kontext bestens gestützt wird und daher textkritisch nicht angezweifelt werden sollte71, verwendet der Autor von Jes 59 "Gerechtigkeit". Dieser Ausdruck steht in V.9 und 14 parallel mit "Recht" und meint also die heilsame Rechtsordnung Jahwes. Damit wird zwar der Wortlaut von Jes 63,5 weitgehend übernommen, inhaltlich aber nicht unerheblich von der Vorlage abgewichen. Der Gerichtsgedanke tritt in den Hintergrund72, die Durchsetzung der heilsamen Rechtsordnung gemäß V.l8 in den Vordergrund. Gegenüber Jes

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stisch interpretieren will. Diese Interpretation stützt sich in Jes 59 allein auf den umstrittenen V. 18b und ist von dem gemeindebezogenen Kontext in Jes 59 her überaus unwahrscheinlich. Zillessen (247) vertritt umgekehrte Abhängigkeit, also die Zitation von Jes 59,16b in Jes 63,5 (so auch Steck, Heimkehr, 51). - In unserer Untersuchung wird der Abschnitt Jes 63,1-6 unter "Einzelüberlieferungen" behandelt. Aus der Nachordnung in der Arbeit ist keine chronologische Nachordnung zu schlußfolgem. ΖΓΚ findet sich in Jes 40-66 noch in DtJes 41,28; Jes 57,1 (abhängig von Jer 12,11) und 63,3. Die Stelle DtJes 41,28 steht unserem Text durch das voraufgehende, auf Jahwe bezogene ΠΚΊ literarisch am nächsten. In DtJes 41,28 ist ®*K jedoch auf Götzendiener bezogen, zudem ist am ehesten anzunehmen, daß der Autor aus einer bereits bekannten Vorlage zitiert. Beuken (Profetie, 73f.) hält ein Zitat aus DÜes 50,2 für wahrscheinlich. Das voraufgehende ΠΚ1, gewählt gegenüber dem S3] der Vorlage Jes 63,5, erklärt sich aus der Verwendung der Wurzel in Jes 59,15b. Nach Odeberg (189) handelt es sich in Jes 59,16aa bloß um "an unhappy imitation of Deut-Isa 50,2". Vgl. Jes 63,3b.6a, Koenen (84, Anm. 145) und Gesenius (18.AufI.), 71 (zu ΓΜΚ(Ι)), gegen BHS, Seeligmann (Septuagint, 67), Rubinstein (Word-Substitution, 52-55), Dahood (Biblica 44 (1963), 295) u.a. Die mit der Konjektur in Jes 63,5 (ΤΙΒΠΙ ersetzt durch 'ΠΏΧ1, hergeleitet von ΠΏΚ(Ι)) verbundenen Theorien zum Verhältnis von Ps 91,4 (text, emend., ebenfalls fragwürdig, vgl. Weiser, Psalmen II, 415, Loretz, Psalmen II z.St.), Jes 63,5 und 59,16 sind m.E. daher hinfällig. Anders Cramer (ZAW 27 (1907), 84), der "Gerechtigkeit" hier und in V.17 im Sinne eines richterlichen Tuns Jahwes interpretiert. Ehrlich (Randglossen, 212) versteht demgegenüber unter HpTif in V.16f. Jahwes "Heilsplan".

220

IV. "Tradentenkreis IN"

63,5a verwendet der Autor in Jes 59,16a statt τρο die Wurzel MS und will damit offenbar eigene Akzente setzen. Die Änderung von TpO in SJ5 erscheint schlicht überflüssig, wenn man die Wurzel ÏÏJ2 hier in der Bedeutung "einschreiten" auffallt.^ J5J0 (Qal) findet sich in Hi 21,15 in einem fiktiven Zitat von Frevlern, das ihr mangelndes Gottvertrauen bzgl. des Gebetes zum Ausdruck bringt. In DtJes 53,12 steht die Wurzel im Hiph. in Verbindung mit b in der Bedeutung "Fürbitte leisten für jemanden". 74 Da in Jes 59 das Thema "mangelndes Gottvertrauen im Gebet" zweifellos eine wichtige Rolle spielt (vgl. V.l), kann man mit Gesenius 75 erwägen, ob 1515 (Hiph.) nicht auch hier im Sinne von "Beten, Fürbitte leisten" aufzufassen ist. Diese Bedeutung entspricht zudem gut der Wendung Β*» in V.16aa, die damit - auf die Tempelsituation bezogen - zu einer Klage über ein leeres Gotteshaus wird. Jahwe erwartet von der Gemeinde nicht mangelndes Gottvertrauen, sondern Eingeständnis eigener Schuld, vertrauensvolles Gebet und gegenseitige Fürbitte angesichts der Not.

4. Das in V . l 7 vom Kontext her überraschende Thema der "Kleidung Jahwes" erklärt sich am ehesten im Hinblick auf die Vorlage Jes 63,1-6. Schließlich kann noch bemerkt werden, daß die Jahwerede in Jes 63,5 dem Kontext entsprechend in Jes 59,16 in einen deskriptiven Text abgeändert wurde. Vers 17: "Und er legte Gerechtigkeit an wie einen Panzer und (setzte) 76 einen Helm des Heils auf sein Haupt, und er legte Kleider der Rache an > Wehrgehänge der Schande< und umhüllte sich (mit) Eifer wie (mit) einem Mantel." Der Autor fährt fort, das Handeln Jahwes in der Vergangenheit zu beschreiben, um die gegenwärtige notvolle Gemeindesituation als das Resultat einer schon in der Vergangenheit beginnenden Reaktion Jahwes auf das mangelnde Vertrauen der Leute in seine Macht (V.l) darzustellen, ώα1? in Verbindung mit np"^ findet sich nur hier, ebenso der Vergleich der "Gerechtigkeit" mit einem "Panzer". Gleichwohl erscheint der "Panzer" in l.Sam 17,5.38 neben •,ΐϋΗΤ^ΰ ntcrn UDÌ Di, so daß man annehmen kann, daß sich der Autor in der Formulierung von V.l7a sprachlich-stilistisch an diesen beiden Stellen orientiert hat. 77 Mit der Erwähnung der "Gerechtigkeit", die in V.9a parallel zu astüQ (vgl. wiederum V.l lb) steht, sowie mit dem Bezug des Bildes auf Jah-

73 74 75 76

77

So die meisten Kommentare z.St. Vgl. Gosse (Detoumement, 107), weitere Belege bei Gesenius (632f.), KBL (751, Sp.l ). Vgl. Gesenius, 633, Sp.l. LXX haben καί περί εθετο, wahrscheinlich durch literarischen Einfluß von TrJesól, 10 (LXX). Ziegler (Untersuchungen, 78) rechnet mit einer Glosse in der hebräischen Vorlage (veranlaßt durch TrJes 61,10) oder damit, daß hier aus V.17b übersetzt worden ist. In l.Sam 17,5 wird die Rüstung Goliaths beschrieben, in l.Sam 17,38 diejenige Davids. Jahwe wird auch in DtJes 42,13 als Kriegsheld beschrieben, woraus allerdings kein bewußter Bezug auf diese Stelle hergeleitet werden kann, so mit Recht Steck (Jahwes Feinde, 188). Vgl. wirkungsgeschichtlich Sap 5,17ff.; l.Thess. 5,8; Eph. 6,10ff. Zu den Realien vgl. Galling, Goliath, bes. 153ff.

1. Jes 59,1-21*

221

we setzt der Verfasser eigene Akzente: Jahwe hat die Durchsetzung seiner heilsamen Rechtsordnung selbst in die Hand genommen - und zwar schon in der Vergangenheit. Eine eschatologische Interpretation des Bildes ist damit ausgeschlossen.78 Mit der Inkraftsetzung der Rechtsordnung Jahwes erfahren die Gerechten Heil 79 , die Frevler Unheil. 80 Problematisch für die Gemeinde ist, daß sie sich mit ihrem mangelnden Vertrauen gegenüber Jahwe auf die Seite der Frevler gestellt und damit ihre gegenwärtige notvolle Situation selbst verschuldet hat. Einen Ausweg aus diesem Dilemma kann es nach Auffassung des Autors nur über Schuldbenennung und Sündenbekenntnis geben. Der "Mantel" Οτΰΰ) wird auch in TrJes 61,10; Ps 109,29 und Hi 29,14 bildlich gebraucht, ohne daß im einzelnen literarische Abhängigkeiten nachgewiesen werden könnten.81 Die Vorstellung vom rachebekleideten Jahwe dürfte auf die Vorlage Jes 63,1-6 zurückgehen. Vers 18: "Wie die Taten, so vergilt er, Zorn seinen Gegnern, Vergeltung seinen Feinden. >An den fernen Ländern übt er Vergeltung. wird herkömmlicherweise als weitere Ausführung des Namens betrachtet. Dies ergibt jedoch wenig Sinn, zudem bestehen die Namensgebungen zumeist aus höchstens zwei Gliedern, was auch die parallele Bezeichnung "Riß-Verputzer" nahelegt. 256 So betrachte ich mit Ehrlich Γΰ2>b257 als Glosse eines Späteren, der den zweifellos krassen Übergang zu der Sabbatthematik in V.13f. kennzeichnen wollte. Ebenso wie TrJes 62 schließt das Stück mit einer Namensgebung. Inhaltlich lugt sich V. 12 problemlos in das vorher gezeichnete sozial gefärbte Bild eschatologischen Heils ein, denn V.l lb und 12 verheißen gemeinsam, daß die Heilsgemeinde in der Heilszeit auch zum Segen für andere werden wird.25®

Verse 13 und 14: "Wenn du vom Sabbat deinen Fuß zurückhäist, deine Vergnügungen zu unternehmen an meinem heiligen Tage, und den Sabbat »Freude« nennst, den Heiligen Jahwes »Geehrter«, und du ihn ehrst, (indem du davon abläßt,) deine Wege zu verfolgen, deine Vergnügung zu finden und Trug zu reden,

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Möglicherweise denkt der Autor hier konkret an die Zeiten Davids und Salomos (vgl. zu Am 9,11-15 Rudolph, Amos, 281), denn der Verfasser von Jes 58,1-12 hat die Authentizität von Am 9,11 mit Sicherheit nicht auch nur einen Augenblick angezweifelt. Die soziale Komponente der Namensnennung ergibt sich aber auch ohne weiteres aus dem Kontext und muß überhaupt keinen konkreten Bezug haben. Die Wortwahl ist zweifelsohne ungewöhnlich. 31tö heißt sonst, gerade auch im Zusammenhang mit dem neuen Exodus, "zurückkehren" bzw. im Hiph. "zurückbringen". Die Wurzel kann aber auch im Kontext von "Wiederherstellung des Früheren" gebraucht werden, vgl. Soggin (THAT II, Art. 31!ö, 887). Der "Straßenarbeiter" stellt also durch Ausbesserungsarbeiten den ursprünglichen Zustand der Straßen wieder her. Vgl. TrJes 60,14.18; 61,3.6; 62,(2).4.12. In der Vorlage TrJes 61,3 folgt bemerkenswerterweise ein Infinitiv mit Dieser Infinitiv (IKSlinb) gehört allerdings nicht zum Namen selbst, sondern gibt den Grund für die Namensnennung an. Lies rifts'? , vgl. Ehrlich, Randglossen, 209. Eine literarkritische Ausgrenzung von V.l2 gegenüber dem vorherigen Kontext (vgl. Kosmala, Isaiah 58, 76.78 u.a.) ist deshalb nicht gerechtfertigt.

258

IV. "Tradentenkreis III"

dann wirst du dich laben an Jahwe, und ich will dich einherfahren lassen über des Landes Höhen und dich genießen lassen das Erbe Jakobs, deines Vaters, denn der Mund Jahwes hat's geredet." Die beiden Verse sind gegenüber dem vorherigen Abschnitt V.l-12 sekundär. 2 5 9 Die Sabbatthematik spielte vorher schlechterdings keine Rolle und paßt auch nicht zu dem eschatologischen Horizont des Verfassers von Jes 58,1-12, der sich zuvor gerade deutlich von einem anderen kultbezogenen Brauch der Gemeinde getrennt hat. Auch die Heilsansagen unterscheiden sich grundlegend: Die Verheißung V.14 knüpñ zwar stilistisch mit dem einleitenden ÎK und folgendem Imperfekt an V.8a.9a an, hat aber keinen sozialen Inhalt und ermangelt der mit der Lichtmetaphorik zum Ausdruck gebrachten Totalität der Veränderung der Verhältnisse. MS Hitpa'el (V.14a) bildet mit US (V.13ba) ein Wortspiel und begegnet mit rnîT^S nur noch in Ps 37,4 (dort Imperativ).- 60 Gegenüber Jes 57,4 und 66,11 ist ein deutlich anderer Gebrauch der Wurzel ¡US festzustellen, gleiche Verfasserschaft ist somit ganz unwahrscheinlich. Eine inhaltlich ähnliche Heilszusage findet sich in Hi 22,26. US steht hier wie dort im Gegenüber zum Unrecht-Tun und nicht etwa zur Arbeit. Möglicherweise hat der Autor an diese Stelle angeknüpft. 261

DDI (Hiph.) in Verbindung mit der Wendung "über des Landes Höhen" (V. 14a) findet sich wörtlich nur noch in Dtn 32,13. 262 Daß der Verfasser von dort zitiert, wird auch noch durch das folgende *?3K263 (V.14b; Dtn 32,13) sowie durch die Formulierung "Erbe Jakobs"264 (V.14b; Dtn 32,9) unterstrichen. Schließlich macht eine so enge Wortberührung wahrscheinlich, daß (V. 14b) darüber hinaus als musivstilistisches Zitat aus Dtn 32,7 zu betrachten ist. Die Zitationen sind wahrscheinlich durch das Wüstenbild V.l lf. (vgl. Dtn 32, 10) und das Bild von der Leitung durch Jahwe (vgl. ΠΠ3 in V.l 1 und Dtn 32, 12) veranlaßt. Der Dichter des exilischen oder frühnachexilischen "Moseliedes"265 will mit seiner hymnischen Beschreibung der früheren Heilstaten Jah259

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264 265

Optisch kann man das in lQJes a verfolgen, wo zwischen V.12 und V.13 fast eine ganze Zeile Freiraum gelassen wurde. Zum sekundären Charakter von V.13f. vgl. ausführlich schon Koenen, 88ff. Umgekehrte literarische Abhängigkeit ist hier wahrscheinlich, obwohl sich r n r f ^ S in einer Jahwerede am besten als Zitation erklären ließe. Während aber in Jes 58,14 die Wurzel US durch das Wortspiel in den Kontext eingebunden ist, begegnet sie in Ps 37,4 als allgemeine Aufforderung innerhalb eines weisheitlich geprägten Akrostichons. Die Stelle ist also aller Wahrscheinlichkeit nach von Jes 58,14 abhängig, die Nennung von Jahwe in 3.Person in einer Jahwerede geht hier wahrscheinlich auf formelhaften Gebrauch zurück, vgl. Hi 22,26 (mit Vgl. schon Duhm (Jesaia, 440). Vgl. Dillm./Kittel (491), Duhm (Jesaia, 440), Volz (228), Seeligmann (Septuagint, 48), Westermann (ATD, 272), Koenen (90) u.a. Der MT ist trotz imposanter Textbezeugung für die 3.Person (vgl. BHS) beizubehalten, die Textzeugen gleichen an die 3.m.Sg. der Vorlage an. Als constructus-Verbindung ist die Wendung singulär. Der Dichter ist vielfach von Jer, Ez und DÜes abhängig, vgl. Marti (Dtn, 318). Zur Datierung vgl. auch von Rad (Deuteronomium, 143).

3. Jes 58,1-14*

259

wes die Treue Jahwes betonen, die sich in Strafe ebenso kundtut wie in Rettung. Der Autor von Jes 58,14 hingegen münzt die Formulierungen zu einer auf die Zukunft bezogenen Heilsansage Jahwes um. Durch das Zitat wird jedoch deutlich, daß der Verfasser keine eschatologisch sich wandelnde Welt vor Augen hat, sondern die Wiederherstellung früherer Verhältnisse zusagen will: So wie Jahwe seinem Volk früher geholfen hat, so wird er jetzt jedem Einzelnen helfen, wenn er nur den Sabbat getreu einhält. Während in Jes 58,1-12 die Heilszusagen mit sozialethischen, über die Thora hinausgreifenden und damit eschatologischen Forderungen verknüpft waren, ist die Verheißung V.14 in eine auf die Thora bezogene Gebotsparänese eingebunden. 266 Während hier allein die Erfüllung des Gebotes eine Rolle spielt, hebt der Verfasser von V.l12 mit seiner differenzierten Erwähnung des Volkes im allgemeinen und der Bedürftigen im besonderen den sozialen Aspekt seiner Forderungen und Heilszusagen hervor. Mit der abschließenden Formel "denn der Mund Jahwes hat's geredet" (V. 14b) versucht der Verfasser vielleicht an die dtjes. Verheißung der Offenbarung der Herrlichkeit Jahwes anzuknüpfen. 267 Die wörtliche Zitation kann allerdings kaum verdecken, daß beide Verheißungen inhaltlich nichts miteinander zu tun haben. In V.13 sind die Bedingungen des in V.14 zugesagten Heils geschildert. Die Formulierung am Anfang des Verses scheint den Sabbat als heiligen Ort zu betrachten, der nicht durch unbefugtes Betreten entweiht werden darf, vgl. Ex 3, 5 und Jos 5,15. Gleichwohl machen ähnliche Formulierungen deutlich 268 , daß man sinngemäß auch übersetzen könnte: "Wenn du dich nicht am Sabbat daran vergehst, deine Vergnügungen zu unternehmen... " etc. Die Wendung "mein heiliger Tag" wird allein in Jes 58,13 auf den Sabbat bezogen, sie begegnet sonst nur noch in Neh 10,32, dort neben dem Sabbat. Literarische Beziehungen sind nicht nachweisbar. "Deine Wege verfolgen" ( τ ρ ι mit niüJJ) in V.13bß hat nur eine Parallele in Ri 17,8, dort real verstanden als "seines Weges ziehen". Im übertragenen, pejorativ verstandenen Sinn meint die Wendung hier "deinen Machenschaften/ dunklen Wegen nachgehen". 269 266

Zur Gattungsbestimmung "Gebotsparänese" vgl. Westermann, ATD, 271. Lescow (Stufenschema, 16) sieht in V.13f. eine nachexilische "Sabbattora". 267 vgl. Dües 40,5. Wörtlich findet sie sich sonst nur noch in Jes 1,20 (keine Verheißung), vgl. aber noch Mich 4,4 (mit "Jahwe Zebaoth"). Zu TrJes 62,2 gibt es bezeichnenderweise keine Beziehungen. Nach Koenen (90) zitiert der Verfasser hier aus Dtles 40,5, um die Abänderung des vorherigen Zitates (vgl. Dtn 32,13) von Moserede zu einer Verheißung Jahwes inhaltlich zu unterstreichen. 268 Vgl. 31» Hiph. in Ez 18,8.(17); Mal 2,6. 269 Koenen (90, Anm. 174) sieht in Ri 17,8 einen Beleg dafür, daß in Jes 58,13 "geschäftliches Handeln" gemeint sei. Die Wendung in Ri 17,8 leite das Einstellungsgespräch von Ri 17,9-11 ein. Demgegenüber muß festgehalten werden, daß die Formulierung

260

IV. "Tradentenkreis III"

c) Fazit Das eschatologische Stück V.l-12 besteht aus einer nachgeahmten Prophetenberufung, einer kurzen Scheltrede und einem sozialethischen Programm, das, verbunden mit eschatologischen Heilszusagen, den Schwerpunkt des Abschnitts ausmacht. V.l-8 ist als Jahwerede gestaltet und entwickelt die vollständige Distanzierung Jahwes vom Fastenbrauch der Gemeinde. In V.6-8 wird dazu die in Erwartung des Eschaton (vgl. zur Gemeinde das "Nahen Gottes" in V.2) einzig mögliche Alternative aufgezeigt. Die Verse 9-12 dienen dazu, diese Alternative nochmals ausdrücklich herauszustellen und sie zu diesem Zwecke mit weiteren Heilszusagen zu verbinden. Der Verfasser formuliert in der aktuellen Auseinandersetzung mit der Gemeinde über das Fasten weithin eigenständig und erinnert darin an Stücke wie Jes 57,3-13, 65,1-7 oder 66,1-4. Seine Heilszusagen hingegen sind deutlich von Texten aus Jes 40-55 und TrJes 60-62 geprägt. Wichtig sind dabei Texte aus dem Zionkontext (Heil in Jerusalem) sowie Wendungen, die mit dem dtjes. Gedanken eines "neuen Exodus" eng verbunden sind. In Verbindung mit den sozialethischen Forderungen des Autors wird der "neue Exodus" nun sozial interpretiert. Der Verfasser von Jes 58,1-12 aktualisiert die Verheißung DUes' also dadurch, daß er sie sozial interpretiert. V.13f. sind durch eine kleine Glosse am Ende von V.12 mit dem vorherigen Abschnitt verbunden. Die eschatologische Distanz zum Fasten wird hier nicht mehr wahrgenommen, der Text Jes 58,1-12 wird vielmehr als ethische Ermahnung zu einer noch engagierteren Gesetzesfrömmigkeit aufgefaßt und um ein weiteres Beispiel ergänzt. 4. Zusammenfassung In den Stücken des "Tradentenkreises III" scheint es vornehmlich um soziale Auseinandersetzungen in der Gemeinde zu gehen. Im "Tradentenkreis II" sind demgegenüber Abschnitte gesammelt, die in ihrer Sprache an den Vorwurf synkretistischer Praktiken erinnern, obgleich vermutlich weniger auf Synkretismus als auf Mißbräuche im Jahwekultus oder anderes angespielt wird. Da wir die historischen Hintergründe dieser Texte nicht kennen, erscheint es sinnlos, diese durch Spekulation verdeutlichen zu wollen. Wir sprechen demnach bei der Unterscheidung der Texte im "Tradentenkreis II und III" von Unterschie"Weg verfolgen" inhaltlich nichts mit dem "Einstellungsgespräch" zu tun hat (auch gegen Brongers, ZAW 87,214, der den Ausdruck im Sinne von "Geschäftsreisen" interpretiert). Das Einstellungsgespräch wird zunächst lediglich als Zwischenstation auf der Wanderung des Fremden geschildert, vgl. Kittel (Richter, 400) und Hertzberg (ATD 9, 236). Diese Wanderung ist keine Geschäftsreise, sondern eine Suche nach fester Bleibe, ein unstetes Dasein aus Not, vgl. Ri 17,6. Zum (durchweg negativ verstandenen) ethischen Gebrauch von " p l in Jes 56-66 vgl. Koenen (36), der unter Anm. 152 auch die Stelle Jes 58,13 aufführt - im Gegensatz zu seiner oben genannten Interpretation.

3. Jes 58,1-14*

261

den auf der sprachlichen und inhaltlichen Ebene, ohne deshalb schon auf verschiedene Gemeindegruppen o.ä. unter den Tradenten schließen zu wollen. Die theologischen Unterschiede zu TrJes und zum "Tradentenkreis Γ sind deutlich: Das Handeln Jahwes wird ambivalent beschrieben, vornehmlich als Unheilshandeln. Die Völker sind (wenn Jes 59,18b eine Glosse ist!) vollkommen aus dem Blickfeld. Schöpfungstheologische Ansätze fallen auch gegenüber dem "Tradentenkreis II" ganz fort. In der Gemeinde wird hier weniger differenziert als in dem "Tradentenkreis II", gleichwohl sind die Adressaten niemals schlicht "die Heilsgemeinde". Klage, Scheltworte und ethische Forderungen werden erhoben. Zion- und Gottesknechtstradition (Ausnahme zum letzteren: Jes 57,1-2) spielen keine erkennbare Rolle mehr, obwohl sie literarisch aufgenommen werden. Die Heilsankündigungen der Propheten DtFes (einschließlich der Fortschreibungen) und TrJes werden aktualisiert, indem sie als Heilsansagen nur noch auf die "Gerechten" in der Gemeinde bezogen werden oder als Elemente einer Beschreibung der eschatologischen Heilszeit in neue Heilsbilder mit einfließen. Gegensätze zwischen den Vorlagen werden so ausgeglichen, sie sind vermutlich schon "Heilige Schrift."

Ein Unterschied der schriftgelehrten Bezugnahmen des "Tradentenkreises II und III" ist kaum zu erkennen. In beiden Textgruppen finden neben DtJes und seinen Fortschreibungen auch Jer und Ez sowie vereinzelt Texte aus der "Thora" und dem Dodekapropheton Berücksichtigung. Aus den Bezugnahmen auf TrJes und teils auch auf Texte aus dem "Tradentenkreis I" ergibt sich in beiden Tradentengruppen eine chronologische Nachordnung gegenüber diesen Texten. Im "Tradentenkreis III" fallen häufigere Bezugnahmen auf die "Ketubim" auf, was der Tatsache entspricht, daß die Texte weniger als "prophetische Stücke" angesprochen werden können als die der anderen "Tradentenkreise". Auch von daher scheint mir eine gesonderte Zusammenstellung der unter dem "Tradentenkreis III" gesammelten Texte vonnöten. Daß die Texte dieses "Tradentenkreises" alle von demselben Autor stammen, ist eher unwahrscheinlich. Im einzelnen haben die Abschnitte deutlich eigene Profile, wie aus der jeweiligen Exegese ersehen werden kann. Aus dem Kreise dieser Tradenten stammt vielleicht die Kontext-Glosse Jes 57,2aß, die Interpolation Jes 59,5-8 (die man allerdings auch dem "Tradentenkreis II" zutrauen könnte), der ergänzende Zusatz Jes 59,20f. sowie möglicherweise die mahnende und zugleich verheißende Überschrift Jes 56,1.

V. "Einzelüberlieferungen" (Jes 56,1-8*; 63,1-6; 63,7-64,11) Hier sind Abschnitte zusammengefaßt, die man nicht als "schriftgelehrte Prophétie" bezeichnen kann. Sie sind kaum noch als prophetische Stücke anzusprechen, schriftgelehrte Bezugnahmen sind zudem selten. Wir haben somit "Einzelüberlieferungen" vor uns, die sich weder TrJes noch einem der "Tradentenkreise" sinnvoll zuordnen lassen. Die Stücke sind aus unterschiedlichen, teils kaum noch ersichtlichen Gründen in das Jesajabuch gelangt und in Jes 5666 eingearbeitet worden. 1. Jes 56,1-8* a) Vorbemerkungen Das Stück ist eine "prophetische Thora", die durch eine Überschrift (V.l) und eine deutlich sekundäre Ergänzung (V.8) abgegrenzt ist.1 Der Überschriftcharakter von V.l ist lange erkannt,2 offen bleibt, ob der Vers noch aus dem Bereich der hier besprochenen "Tradentenkreise" kommt (wir haben ihn dem "Tradentenkreis III" zugeordnet) oder aus späterer Zeit stammt. Wahrscheinlich soll Jes 56-66 zur Gänze unter dem mahnenden und zugleich Heil verheißenden Motto Jes 56,1 gelesen werden.3 Die Redaktoren werden V.2-7 in Verbindung mit V.8 der Sammlung Jes 5666 vorangestellt haben. So konnte die "prophetische Thora" in die Thematik der Sammlung des Gottesvolkes zum Zion eingebunden werden. Fraglich erscheint die immer wieder vertretene These, nach der Jes 56,1-8 unmittelbar auf 1

Vgl. die Übersichten über die unterschiedlichen Gliederungen der Kommentatoren bei Pauritsch (31), Sehmsdorf (Studien, 542ff.), Sekine (31f.) und Koenen (11, Anm.l; ebd., 12, Anm.6). - Kessler (Gott geht es um das Ganze, 21, vgl. schon Abramowski, 91f. u.a.) unterteilt das Stück Jes 56,1-8 entsprechend der hier vertretenen Auffassung in V.1/V.2-7/V.8. Volz (203f.) beschreibt V.lf. in lockerer Verbindung zueinander, für Elliger (Einheit, 6), Odeberg (7), Pauritsch (42f.), Donner (Abrogationsfall, 81) u.a. gehören V.lf. zusammen. Zur Auseinandersetzung mit Michel (Eigenart, 225) vgl. schon Sehmsdorff (Studien, 544, Anm.128). Polan (Ways of Justice, 19) sieht in V.l und Jes 59,20 einen Rahmen für den seiner Meinung nach insgesamt zusammengehörigen Abschnitt Jes 56,1-59,20. 3 Nach Rendtorff (Jes 56,1, 174) wird das protojesajanische und dtjes. Verständnis von bewußt in Jes 56,1 nebeneinandergestellt und damit der Neubeginn eines eigenen Abschnitts (Jes 56-66) für den Leser des Jesajabuches kenntlich gemacht. - Wenn dem aber so ist, dann wird damit also die Abspaltung der Kapitel Jes 56-66 von Jes 40-55. die Duhm vorgenommen hat, trotz seiner weitgehend fraglich gewordenen Einheitshypothese nicht unerheblich gestützt.

1. Jes 56,1-8*

263

Jes 5 5 o d e r e i n z e l n e V e r s e d i e s e s K a p i t e l s b e z o g e n s e i . 4 A m e h e s t e n scheint e i n S t i c h w o r t a n s c h l u ß in J e s 5 6 , 1 an Jes 5 5 , 6 ( 3 i l ¡ ? b z w . r G i n p in Jes 5 6 , 1 ) g e g e b e n , a b e r d i e s e r b e t r ä f e nur d i e Ü b e r s c h r i f t Jes 5 6 , 1 , d i e s e k u n d ä r der "prophetischen Thora" vorangestellt w o r d e n sein dürfte. D a kein unmittelbarer literarischer B e z u g z u Jes 5 5 besteht, kann man v e r m u t e n , daß Jes 5 6 , 1 - 8 auch nicht unmittelbar n a c h o d e r in b e z u g a u f J e s 5 5 g e s c h r i e b e n w u r d e , sondern e h e d e m - d i e Ü b e r s c h r i f t Jes 5 6 , 1 und d i e E r g ä n z u n g V . 8 a u s g e n o m m e n

-

e i n e selbständige Einheit war. b)

Exegese

Vers 1: "So spricht J a h w e : „Wahret (das) R e c h t und übt G e r e c h t i g k e i t ! D e n n nahe ist m e i n H e i l , d a ß e s k o m m e , und m e i n e Gerechtigkeit, daß s i e o f f e n b a r werde." D i e V e r w e n d u n g der B o t e n f o r m e l in Verbindung mit e i n e m m a h n e n d e n A u f ruf m a c h t s c h o n deutlich, daß hier w e d e r DtJes n o c h TrJes a m W e r k e ist. C h a rakteristisch für d i e dtjes. V e r w e n d u n g der B o t e n f o r m e l ist ihre V e r k n ü p f u n g m i t e i n e r a p p o s i t i o n e l l e n N ä h e r b e z e i c h n u n g J a h w e s . 5 Ist d i e s nicht der Fall, dann f o l g t a u f die B o t e n f o r m e l kein Imperativ, o b g l e i c h DtJes sonst gern I m p e rative v e r w e n d e t . 6 In TrJes 6 0 - 6 2 * findet sich überhaupt k e i n e B o t e n f o r m e l . Was aber meint der Verfasser mit 032M ΠΏΒ ? Ein wichtiger Hinweis scheint mir zunächst die Tatsache zu sein, dali 02φΰ im Singular und verbunden mit der Wurzel "Ιΰ!Β nur noch zweimal im AT begegnet, nämlich in Hos 12,7 und Ps 106,3. Hos 12,7 ist eine mahnende Aufforderung Jahwes an den Stammvater Jakob. In dem fingierten Jahwezitat folgt nach dem wohl als Zusage aufzufassenden Halbvers 7a 7 die Aufforderung: "„Bewahre ("ltttö) nur Hingabe ("10Π) und Recht (Û3BÏ3) und harre beständig (TOR) auf deinen Gott!"" Dieser - zumindest in der Fiktion - ursprünglich an Jakob gerichtete mahnende Aufruf wird von den Tradenten auf die eigene Generation übertragen. 8 Doch die Wirkungsgeschichte dieses Jahwewortes bricht damit keineswegs ab. Sie findet ihre Fortsetzung in Ps 106,3: nS'^D? Π[Τ1Χ Πφϊ BS afta n n ö nfflK. Der mahnende Aufruf zur Rechtsbewahrung ist nun eingebettet in einen kultischen Makarismus, der ganz allgemein formuliert ist. Gegenüber Hos 12,7 fallt die persönliche Zusage V.7a fort, QSfflB wird jetzt nicht mehr mit 10Π, sondern mit HplX parallel gesetzt und so einem Bedeutungswandel unterworfen: Im Rahmen des breit angelegten Schuldbekenntnisses des Volkes preist der Makarismus jeden selig, der an der Thora Gottes festhält. Das TöPI der Vorlage wird durch 4

Vgl. die Diskussionsübersicht bei Koenen (229f., Lit.). Besonders ausgeprägt findet sich diese Auffassung bei Steck (Beobachtungen zu Jes 56-59, 170, ders., Untersuchungen III, 230, mit Anm. 12), vgl. auch Beuken (Jesaja, 26f.29 u.ö.). 5 Vgl. DÜes 43,1.14.16; 44,2.6.24; 45,11.18; 51,22. 6 Vgl. die Botenformeln in DtJes 45,1.14; 49,22; 50,1. 7 Vgl. die Übersetzung von Jeremias (Hosea, 148): "Ja, du darfst mit Hilfe deines Gottes zurückkehren". Anders hingegen Weiser (Propheten I, 89): "Du aber sollst umkehren zu deinem Gott". ® Vgl. Jeremias, Hosea, 154.

264

V. "Einzelüberlieferungen"

HS aufgenommen. Die Tatsache, dal! Q9BÍ3 weiterhin im Singular neben "Ifotö erscheint, obgleich die Bedeutung "Rechtssatzungen der Thora" eher den Plural nahelegen würde (vgl. auch BHS), macht wahrscheinlich, daß Hos 12,7 literarische Vorlage für Ps 106,3 gewesen ist.

Eine interessante Wandlung erfährt aber auch der Makarismus von Ps 106,3: In Jes 56,1 wird zunächst osttip im Singular neben "Oü und in Parallelität mit rtpnis + Wurzel TVüV übernommen. 9 Der Makarismus wird wieder aufgelöst und entsprechend der Vorlage Hos 12,7 zu einem mahnenden Aufruf in Gestalt einer fiktiven Gottesrede umgestaltet. Anders als in Hos 12,7 wird hier die Botenformel verwendet, vielleicht, um das Folgende insgesamt als Gottesrede zu qualifizieren. 10 Die Bedeutung von astüQ hat sich gegenüber Ps 106,3 nicht geändert, da die parallelen Begriffe wörtlich beibehalten sind.11 Zu V.lb vergleiche man zudem die Bitte in Ps 106,4. Schließlich kann vermutet werden, daß der literarische Bezug des Autors von Jes 56,1 auf Ps 106,3 in einer Stichwortassoziation begründet war: Der Schreiber hatte die mit einem Makarismus (ηώκ) eingeleitete "prophetische Thora" (V.2-7, mit Zusatz V.8) vorliegen und fühlte sich an den vermutlich im Gottesdienst des öfteren verlesenen Makarismus in Ps 106,3 erinnert. Gegenüber seiner wohl schon schriftlich fixierten Vorlage 12 gestaltet der Autor den Makarismus zu einer mahnenden Aufforderung um, wobei ihm vermutlich auch die ältere Stelle Hos 12,7 zur Seite stand. Das fiktiv an den Stammvater gerichtete Jahwewort erfährt so immer neue Verwendung: In Hos 12,7 als mahnende Aufforderung an die Israeliten, in Ps 106,3 als hymnische Seligpreisung, im Zusammenhang mit dem Schuldbekenntnis ebenfalls mit mahnendem Unterton, und schließlich wieder als mahnende Aufforderung, die nun wahrscheinlich als Einleitung zu Jes 56-66 gedacht ist. Statt der persönlichen Zusage in Hos 12,7a folgt die allgemeinere und an Jes 40-55 orientierte Verheißung V.lb, die Betonung der Beständigkeit (vgl. in Hos 12,7 τ ρ η , in Ps 106,3 n i r ^ r o ) paßt nicht mehr zu der eschatologischen Erwartung des Verfassers (vgl. V.lb) und fallt daher weg. Mit V. lb knüpft der Autor an die eschatologische Erwartung der "Naherwartungsschicht" an, vgl. insbesondere Jes 46,12f. 13 "Gerechtigkeit" und "Hilfe" 9

Ps 106,3 als literarische Vorlage für Jes 56,1 haben auch Odeberg (33, allerdings fälschlich Ps 106,2) und Koenen (13, vgl. nun auch Steck, Untersuchungen III, 244f.) erkannt. Auf die Stelle weist schon Hieronymus (Jesaja, 538) hin. 10 Vgl. Pauritsch, 49. 1 1 Die etwas ungewöhnliche Wortstellung (vgl. Pauritsch, 39, mit Hinweis auf Ehrlich, Randglossen, 197) ist durch den literarischen Bezug auf Ps 106,3 erklärt. OSfflJ wird auch von Dillm./Kittel (474), Odeberg (34: "...a fixed system of statutes, a concrete holy law, or, better, law-book") u.a. im Sinne von "Rechtssatzungen der Thora" interpretiert. 1 - Ps 105f. werden auszugsweise vom Chronisten zitiert, vgl. 1 .Chron 16,8-22.34ff., dazu Weiser (Psalmen II, 461.466). 13 Zur Zuordnung der Verse zur "Naherwartungsschicht" vgl. Hermisson (Einheit und Komplexität, 311). In Jes 46,13a heißt es in einer Jahwerede: „Ich lasse nahen meine

1. Jes 56,1-8*

265

(Jahwes) stehen dort parallel, beides wird in naher Zukunft eintreffen. Wie in der Vorlage wird auch in Jes 56,1 eine baldige Offenbarung des Heils Gottes erwartet, nun aber aufs engste mit der Forderung nach Gesetzesgehorsam verwoben. 14 Man kann nicht sagen, daß die Zusage V.lb Voraussetzung für die Erfüllung der Thora sei oder umgekehrt. 15 Vielmehr soll der Gesetzesgehorsam in der eschatologisehen Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Eintreffens des Heils Gottes verwurzelt und begründet sein. Der Parallelismus zwischen V.la und lb ist also nicht als zeitliche Abfolge, sondern als ineinander verwobener Kausalzusammenhang zu verstehen, vgl. ganz ähnlich TrJes 60,1. Gemeint ist: Weil (vgl. Vulgata: quia) das Heil Gottes kommt, deshalb sollt ihr so handeln. Menschliches Tun und göttliche Gnade sollen einander entsprechen, dies wird besonders durch das zweifach gebrauchte n p T i in V. la.b deutlich. Die emphatische Erwartung einer beständigen Hilfe Gottes (vgl. Jes 51,6.8 16 ) wird gegenüber der "Naherwartungsschicht" wohl bewußt nicht mehr erwähnt. In Anbetracht der Tatsache, daß V.l sich literarisch auf Ps 106,3 (und wohl auch auf Hos 12,7) sowie auf Texte der "Naherwartungsschicht" bezieht und redaktionell vor die "prophetische Thora" V.2-7(8) (vermutlich vor Jes 56-66 insgesamt) eingeschaltet wurde, wird man von einer zeitlichen Einordnung des Verses frühestens in spätnachexilische Zeit auszugehen haben. Vers 2: "Wohl dem Menschen, der dies tut, und dem Menschenkind, das daran festhält: Der den Sabbat wahrt, ohne ihn zu entweihen, und der seine Hand bewahrt, allerlei Böses zu tun!" V.2-7 ist eine "prophetische Thora." 17 Die einzelnen Elemente der ihr zugrundeliegenden "Thora" lassen sich am Text deutlich aufzeigen: Die generalisierende Einleitung, bei Lescow "Stute A " , ' 8 findet sich in V.2. Das 'ΊφΧ am Anfang des Verses hat man für weisheitlichen Stil gehalten, der zudem im Munde Jahwes undenkbar sei. 19 Fraglich ist allerdings, ob diese Beobachtungen auch im Rahmen einer "prophetischen Thora" Gültigkeit beanspruchen können. Die Einleitung einer "Thora" durch eine Seligpreisung ist zwar (soweit im AT literarisch

14 15 16

17

18 19

Gerechtigkeit (Tip?? ' f O l p ) , sie ist nicht (mehr) fem, und meine Hilfe ('ΠΰίΒΠΙ) verzögert sich nicht." - Die Wortbezüge sind u.a. von Zillessen (237), Volz (204), Zimmerli (Sprache, 230), Michel (Eigenart, 220) und Westermann (ATD, 247) erkannt worden. Elliger (Verhältnis, 183ff.) schreibt die Verse TrJes zu, von einer spezifischen Ausdrucksweise TrJes' kann dort jedoch keine Rede sein, vgl. Sekine (243f.). Gegenüber der Vorlage fallt in Jes 56,1 der Zionbezug (vgl. Jes 46,13b) fort. Vgl. auch Eiliger, Prophet, 116. "Meine Hilfe" und "mein Heil", jeweils von Jahwe, stehen nur an diesen beiden Stellen in Jes 40-55 noch parallel. Eine musivstilistische Zitation aus den genannten Texten scheint mir damit wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher nachweisbar. So nahezu alle Kommentatoren, allerdings mit unterschiedlichen Abgrenzungen. Vgl. zur Metrik Odeberg (7) und Köhler (Prophet, 190f.). Vgl. Lescow, Tora, 363. Vgl. Elliger (Einheit, 7), Koenen (12, mit Hinw. auf weitere Kommentare).

266

V. "Einzelüberlieferungen"

erfallt) singular, aber doch keineswegs undenkbar. Wem der Zutritt zum Heiligtum und damit die Eingliederung in die Kultgemeinschaft durch eine "Thora" gewährt wird, empfangt den Segen Jahwes, vgl. Ps 24,5. Dieser Jahwesegen wird durch den Propheten, der die Thora erteilt, hier vermittelt. Der Makarismus nimmt den positiven Jahweentscheid von V.4-7 verallgemeinernd vorweg. Darauf deuten die allgemeinen Bezeichnungen ffiiJK und Û7X"|3 ebenso wie der Hinweis auf die Notwendigkeit der Sabbatobservanz, der sich durch die "Thora" wie ein roter Faden zieht, sowie die denkbar allgemeine Formulierung V.2bß. Die "priesterliche" wie die "prophetische Thora" wollen ausdrücklich und betont Jahwerede sein. 20 Abschließend bleibt festzuhalten, daß der Prophet, der diese Thora formuliert hat, die Seligpreisung auf jeden bezieht, der die in V.2b genannten Bedingungen erfüllt. Dies wird anhand zweier exemplarischer Beispiele im folgenden ausgeführt. Mit V.3 haben wir die zweite Stufe der Thora 21 vor uns. Im Gegensatz zur ursprünglichen, "priesterlichen Thora" betrifft der Entscheid nicht das ganze Volk Israel, sondern die Frage einer Aussonderung bestimmter Gruppen (Nichtisraeliten und Verschnittene) aus der israelitischen Kultgemeinde. Die dritte und letzte Stufe der Thora findet sich in dem "Urteil" oder besser Entscheid in V. 4-7. Charakteristisch ist hier die Formulierung als Verheißung, die meist auch die Folgen des Entscheids mit einschließt. 22 Der historische Ort dieses Stückes ist vermutlich die Zeit der Neugestaltung der Gemeinde von Jerusalem unter Nehemia und Esra. 23 Fraglich ist, worauf sich HtW und Π3 in V.2a beziehen. Gegen einen Rückbezug auf V.l spricht schon die Sonderstellung dieses Verses, mit V.2ff. beginnt eine neue Thematik. 24 Pronomina demonstrative verweisen zudem in der Regel auf das F o l g e n d e , w e s h a l b viele an einen (ursprünglichen) Bezug auf V.2b denken. 26 Die parallelen Formulierungen zu V.2aß in V.4b und V.6bß machen aber m.E. deutlich, daß der Verfasser in V.2 insgesamt proleptisch, sozusagen "ad sensum", an das Festhalten des Bundes (= femin.) gedacht hat. 2 7 pîn mit der Präposition 3, auf Π'13 bezogen, begegnet im AT nur in Jes 56,4.6, kann folglich als charakteristisch für den Verfasser von Jes 56,2-7 gelten. Zudem wurde anhand der Gattungsbestimmung bereits deutlich gemacht, daß die Verse 3ff. den Themavers 2 explizieren und konkretisieren. Schließlich darf der Bundesgedanke hier auch inhaltlich nicht unterschätzt werden.

2 0 2 1 2 2 23

24 25

2 6

27

Vgl. Beglich (Tora, 244), Donner (Abrogationsfall, 87f.). Vgl. Lescow, Tora, 363. Vgl. "Stufe C" liei Lescow (Tora, 363). Vgl. auch Begrich (Tora, 246f.). Vgl. Donner (Abrogationsfall, 82ff.). Anders Pauritsch (46f.), vgl. Sekine (41 f.): Der ursprüngliche Abschnitt (V.l-5) wurde vor der "Neubesinnung auf Dtn 23,3-5" verfallt, kurz nach 515 v.Chr. Steck (Heimkehr, 80) versetzt den Abschnitt Jes 56,1-8 in die Zeit nach 301/2 v.Chr. (!). Gegen Westermann (ATD, 247), Koenen (11, Anm.l, mit Diskussionsüberblick). Vgl. G./K. §136a sowie zur Stelle Gesenius (Jesaia, 207) mit Hinweis auf Ps 7,4f. und Dtn 32,29. Vgl. u.a. Delitzsch (545), Volz (204), Glahn (Prophet, 37), Polan (Ways of Justice, 62), Lescow (Stufenschema, 113). Einen Bezug in beide Richtungen sehen Elliger (Einheit, 7), Muilenburg (654), Whybray (Isaiah, 197), Beuken (Jesaja, 22f.) u.a. Das fem. Suffix in PT3 wird ansonsten häutig (vgl. u.a. schon Rosenmüller, 381) neutrisch aufgefaßt, zur Grammatik vgl. G./K. §l22q.

1. Jes 56,1-8*

267

Daß der Begriff Π'"13 zweimal explizit erwähnt wird, dürfte kaum Zufall sein. Das Festhalten am Bund Jahwes wird neben der Einhalhmg des Sabbatgebotes als Bedingung für den Verbleib in der Gemeinde genannt. Das entspricht zunächst einmal der Tatsache, daß Beschneidung und Sabbat seit exilischer Zeit den Rang von Bekenntniszeichen einnahmen. Zudem waren sie Bundeszeichen, deren Wahrung über die Zugehörigkeit zu Jahwe und seinem Volk entschied. 28 Man kann sich natürlich fragen, warum hier zwar das Sabbatgebot, nicht aber die Beschneidungsforderung angeführt wird. - Daß sie nicht zwangsläufig neben dem Sabbatgebot erscheinen muß, zeigt beispielhaft Ex 31,12ff., wo allein die Einhaltung des Sabbats als "ewiger Bund" bezeichnet werden kann. 29 Ein Vergleich mit Ex 31,12ff. ist für unsere Stelle generell aufschlußreich. Der Autor scheint sich, wenn auch nicht nachweislich literarisch, so doch zumindest "ad sensum" auf diesen Thoratext zu beziehen: Die Wendung fl3ffl "TOB begegnet im AT neben Jes 56,2 nur noch in Ex 31,13.14.16; Lev 19,3.30; 26,2 und Dtn 5,12. Während in Leviticus von den Sabbaten im Plural in einer formelhaften Wendung geredet wird ('Πή3φ-ηκ nßfflfl), erscheint in Ex 31,12ff. und Dtn 5,12 der Sabbattag im Singular. 30 Seine Verknüpfung mit den Wurzeln ÜTIp und Υ?Π (I, in Ex 31,14 werden beide Wurzeln antithetisch einander gegenübergestellt, vgl. Ez 22,8) macht deutlich, worum es auch in Jes 56,2 geht: Mit der Forderung, den Sabbattag nicht zu "entweihen", wird davor gewarnt, die Heiligkeit dieses Tages zu verletzen. Die Grenzen zwischen heilig und profan dürfen weder durch Israeliten noch durch Proselyten oder Eunuchen in irgendeiner Weise verwischt werden. Charakteristisch für unseren Schreiber ist aber nun gerade, daß nicht der soziologische, sondern der ethische Aspekt ausschlaggebend für die Zugehörigkeit zur Gemeinde sein soll. 31 Das Sabbatgebot scheint als das wesentlichste der Gebote aufgefaßt zu werden (vgl. Neh 9, 14), jedenfalls hat die Einhaltung des Sabbats Zeichencharakter für das Verhältnis Gott-Israel, vgl. auch Ex 31,17. 32 Im Zusammenhang mit V.2aß (par.) wird man den Sabbat insbesondere als Bundeszeichen ansehen dürfen. Dazu ist auch V.2bß heranzuziehen. Die denkbar allgemeine Formulierung, die ohne literarische Parallele im AT ist, expliziert das Sabbatgebot im Sinne des Bundesgedankens. Darauf deutet das wiederholte IQffl, in Verbindung mit Τ singulär, ebenso wie der Parallelismus zu V.2a. Es ist sinnlos, eine so allgemein gehaltene Wendung spezifizieren zu wollen, man kann sich bestenfalls an die dtr. Formel "das Böse in den Augen Jahwes tun" erinnert fühlen. 33

2 8 29 30

3 1

32 3 3

Vgl. von Rad (Theologie I, 92,97). Vgl. Ex 31,16, dazu Kutsch (THAT I, Art. Π'Ί3, 349f.). In Jes 56,2 kann sich das Suffix 3.m.Sg. von iV?nji nicht auf das feminine Π3φ, sondern nur "ad sensum" auf ΓΰΒΠΌΙ* beziehen, vgl. schon Delitzsch (545), Dillm./Kittel (475), Duhm (Jesaia, 420) u.a. lQJes a enthält mit η'Λπίΐ eine Textglättung, vgl. dagegen Jes 56,6b (MT). Vgl. Westermann (ATD, 248), Stendebach (Überlegungen, 281: Änderung der Kriterien für die Aufnahme in die Gemeinde aufgrund soziologischer Entwicklungen), Koenen (24). In Nehemia und Esra ist Gegenteiliges berichtet, vgl. dazu Donner (Abrogationsfall, 83ff.). Vgl. Stolz, THAT.II, Art. Π30, bes. 867f. Vgl. Sehmsdorf (Studien, 546), Koenen (24).

268

V. "Einzelüberlieferungen"

Vers 3: "Und der Fremde, der sich Jahwe angeschlossen hat, soll nicht (folgendes) sagen: »Jahwe wird mich ganz und gar aussondern aus seinem Volk!« Und der Eunuch soll nicht sagen: » Ich bin ja doch ein vertrockneter Baum! «"" Die Klage des Fremden steht parallel zu derjenigen des Eunuchen, was besonders bei der Aussage des Eunuchen berücksichtigt werden muß.34 Der Prophet zitiert exemplarisch die Klagen der Betroffenen,35 um die zugrundeliegende Problematik deutlich zu machen. Mit dem negierten Jussiv greift der Prophet mahnend und doch zugleich tröstend diese Klagen auf, um den unmittelbar folgenden Gottesentscheid verständlich zu machen und in seiner Bedeutung zu verstärken. Durch das Zitat wird der Gegensatz zwischen Volkswille (nämlich, die Betreffenden aus der Gemeinde auszusondern) und Jahwewille noch hervorgehoben.36 Die folgende Verheißung (V.4-7) macht unzweifelhaft deutlich, daß es um eine Entscheidung in kultischen Angelegenheiten geht, also um eine "Thora". Die merkwürdige Zusammenstellung der Klage von Fremden und Eunuchen hat immer wieder die Frage aufkommen lassen, in welcher Beziehung diese "Thora" zum Gemeindegesetz des Deuteronomiums (Dtn 23,2ff.) steht. Nach Klein haben beide Texte nichts miteinander zu tun. Die "Vorschrift Dtn 23,2-4" beziehe sich nicht auf Eunuchen, da diese, insofern sie als Königssklaven am Hof dienten, zu Israel gehörten. Man wird eher - nach Klein - an fremdländische Familienväter zu denken haben, die sich im Zuge einer rituellen Kastration (möglicherweise ein Hinweis auf kanaanäischen Fruchtbarkeitskult) verstümmelten. 37 Auffällig ist tatsächlich, daß in Dtn 23,2 nicht wie in Jes 56,3 von einem 0*10, sondern von jemandem "mit zerquetschten Hoden und abgeschnittener Harnröhre" KSTJMXS rDS&)) die Rede ist. Diese Beschreibung läßt m.E. weniger an eine rituelle Kastration als an eine brutale und von dem Opfer sicher nicht erwünschte Verstümmelung (vielleicht sind hier gefolterte bzw. bestrafte Kriegsgefangene im Sinn) denken. 38 Gleich im nächsten Vers wird auch die Aufnahme eines Mischlings O.TOfl) in die Gemeinde untersagt, in V.4 ebenso die bestimmter nichtisraelitischer Völker. Man darf also vermuten, daß in dem dtn. Gemeindegesetz bestimmte Personengruppen durch ihre Verstümmelungen und bestimmte Völkerschaften durch das Verhalten ihrer Vorfahren (Ammoniter, Moabiter) als in einem Schuldzusammenhang befindlich angesehen werden, der entweder gar nicht oder erst nach mehreren Generationen der vorausgesetzten Heiligkeit der israelitischen Gemeinde nicht mehr schaden kann. Erst

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3 5

3 6 3 7

3 8

Das Bild vom vertrockneten Baum begegnet noch wörtlich in Ez 17,24 und 21,3. Vgl. weitere Belege bei Beuken (Jesaja, 25). Literarische oder inhaltliche Bezüge sind allerdings nicht erkennbar. Fremdzitate sind selten auf Einzelne, meist auf Gruppen zu beziehen, vgl. Wolff (Zitat, 20). Der Singular kann durch den Artikel kollektive Bedeutung bekommen, vgl. G./K. §126m. Vgl. Wolff, Zitat, 55.74. Vgl. Klein (Aufnahme, 28f.). Auch Braulik (Studien, 87) entnimmt Dtn 23,2f. einen Bezug auf sexuelle Bräuche der Kanaanäer. Im Hinblick auf die Deutung auf Kriegsgefangene ist Dtn 23,10ff. zu vergleichen, der Abschnitt gehört m.E. also eher in die Reihe der dtn. Kriegsgesetze.

269

1. Jes 56,1-8*

nach Aufhebung der aus sich selbst heraus wirksamen Tat-Folge-Sphäre (TEZ) erscheint eine Aufnahme der Betreffenden in die Gemeinde m ö g l i c h . ^ 3

4

Kein israelitischer oder nichtisraelitischer Eunuch ® wird sich mit dem Verstümmelten von Dtn 23,2 jemals identifiziert haben. Folglich wird man auch nicht davon ausgehen können, daß das dtn. Gemeindegesetz im Sinne einer Ausgrenzung von Eunuchen aus der Gemeinde aufzufassen war. 41 Problematisch wird für die 0*0*10 das Gemeindegesetz erst dann, wenn sie mit den in Dtn 23,2 beschriebenen Verstümmelten polemisch gleichgestellt werden. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Fremden (123Π"|3). 42 Auch er kann aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von vornherein mit den in Dtn 23,3f. bezeichneten Personen identifiziert werden, denn dort sind neben dem "Mischling" ganz bestimmte Völker, nicht aber die "Fremden" generell angesprochen. 43 Belege aus Esra und Nehemia verdeutlichen den historischen Hintergrund der beiden in Jes 56,3 geschilderten Klagen: Eine rigoristische Gemeindegruppe interpretierte das dtn. Gesetz im Sinne einer Gleichstellung der in dem Gesetz bezeichneten Personen mit den Fremden und Eunuchen, so daß diese um ihr Verbleiben in der Gemeinde bangen mußten. 44 Im Vergleich mit den angegebenen Esra-/Nehemiastellen kann man die Frage aufwerfen, warum dort zwar die Ausgrenzung der Fremden, nicht aber die der Eunuchen aus der Gemeinde thematisiert wird. Donner schlußfolgert daraus, daß die Klage des Eunuchen keinen historischen Hintergrund für sich beanspruchen könne. Sie sei nur deshalb mit angeführt, weil der Prophet sich ganz betont auf das dtn. Gemeindegesetz beziehen und es abrogieren wolle. 45 Das Fehlen jeglicher Wortberührungen

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4 5

Dagegen, daß wir eine rein fiktive Aufzählung von Personen und Völkerschaften im Gemeindegesetz vor uns haben, spricht die Unterscheidung der Personengruppen und Völker im einzelnen sowie die unterschiedliche Verfahrensweise mit ihnen. Delitzsch (545) denkt an Israeliten, die unfreiwillig als Eunuchen an fremden Höfen dienen mußten, vgl. 2.Kön 20,18 = Jes 39,7; 24,15; Jer 29,2. Anders Donner, Abrogationsfall, 85. "lD3rr|3, nur hier mit Artikel (unterstreicht die exemplarische Bedeutung), meint im AT eindeutig den Nichtisraeliten, vgl. Duhm (Jesaia, 420), Volz (204) und Odeberg (41). rn^rr kann als lectio difficilior beibehalten werden, vgl. Donner (Abrogationsfall, 81, Anm.3). Die Übersetzung mit ό ηροσκε ί μ ε ν ο ς (LXX) dürfte unter Einfluß des LXX -Pentateuchtextes entstanden sein, vgl. Ziegler (Untersuchungen, 129). Bultmann (Chr., Der Fremde, 209) versteht unter den "Fremden" Proselyten, "die als neue Glieder Israels wohl aus der Diaspora nach Jerusalem kommen". Der Anschluß dieser Fremden an die jüdische Gemeinde kann nach Bultmann deshalb nicht in Frage stehen, weil diese nicht mit den in dem Gemeindegesetz Dtn 23,2-9 aufgezählten Nachbarvölkern identisch gewesen sind. Das Gemeindegesetz habe folglich für die Proselyten aus der Diaspora keine Geltung gehabt. Problematisiert worden sei zur Zeit der Abfassung von Jes 56,1-8 vielmehr die Zulassung dieser Fremden zum Jerusalemer Tempelkult (vgl. ebd., 209ff.). Vgl. bes. Neh 9,If.; 10,29-32; 13,1-3; Esra 9,If.; 10,11. Dazu Donner (Abrogationsfall, 83ff.). Vgl. Donner (Abrogationsfall, 92). Eine Aufhebung des dtn. Gesetzes an dieser Stelle hat auch schon Gesenius (Jesaia, 205) - allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Abrogation" - vermutet: "...und dieses Gesetz (sc. 5.Mos. 23,2-8) widerruft (kursiv von mir) hier der Prophet, sofern es ihm, als theokratisch-begeistertem Lehrer zustand."

270

V. "Einzelüberlieferungen"

zwischen Jes 56,3 und Dtn 23,2ff. erklärt Donner durch das Verfahren der Abrogation: Der Autor von Jes 56 zitiere das dtn. Gemeindegesetz bewußt nicht, um es in Vergessenheit geraten zu lassen. Gültigkeit behalten und damit schließlich kanonisiert werden sollte die prophetische Thora, nicht aber das Gemeindegesetz in Dtn 23 4 6 Hier ergeben sich mehrere Probleme: Zum einen wird vorausgesetzt, daß in Dtn 23,2ff. und Jes 56,3 genau dieselben Personengruppen bezeichnet sind. Gerade dies aber erscheint eher zweifelhaft. Die Wendung in Dtn 23,2 (TOSO !Ίί"Οί KS Τ SB) ist singulär, und es wäre schon überaus merkwürdig, daß in einem Gesetzestext, der explizit auf die Eunuchen bezogen sein soll, diese nicht mit ihrer regulären Bezeichnung ΰ'Ο'ΊΟ angeführt würden. Die inhaltliche Erörterung wird allerdings dadurch erschwert, daß die hebräische Bezeichnung Ο'ΊΟ nicht einmal sicher mit "Eunuch" übersetzt werden kann, vgl. Rüterswörden (Die Beamten, 96-100). Ebenso kann an königliche Beamte gedacht sein, die kinderlos geblieben sind, vgl. Schneider (ThWNT II, 764). Gleichwohl gibt die Klage über die Kinderlosigkeit im Kontext nur dann Sinn, wenn sie im Zusammenhang eines drohenden Ausschlusses der Betreffenden aus der Gemeinde begriffen wird, vgl. V.4f. Unter dieser Voraussetzung wird aber eher an Eunuchen als an königliche Beamte zu denken sein, da die im dtn. Gemeindegesetz beschriebenen Verstümmelten wohl polemisch mit Eunuchen, nicht aber mit königlichen Beamten gleichgesetzt werden konnten. Die Klagen in Jes 56,3 setzen also eine böswillige Interpretation dieses Gesetzes voraus, die nur dann Sinn hat, wenn reale historische Gegebenheiten im Hintergrund gestanden haben. Dies entspricht auch der Funktion einer "prophetischen Thora" im übrigen AT: Anläßlich einer bestimmten historischen Situation will man durch sie nicht ein Gesetz aufheben, sondern eine Entscheidung zwischen verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten desselben fallen. Zum Verfahren der Abrogation stellt Donner bereits fest, daß es nur hier im AT nachweisbar ist. Nicht ganz unproblematisch erscheint jedoch der Hinweis auf islamische Parallelen: Sowohl im Judentum wie auch im Islam handelt es sich zwar um Buchreligionen, die, was den Kanonisierungsprozeß ihrer Heiligen Schriften wie auch ihre vorkritische Exegese anbetrifft, sicher ähnliche Entwicklungen durchlaufen haben mögen. 47 Doch der besondere Sinn, den die islamische Abrogation in den bei Donner genannten Beispielen durchweg hat, läßt sich in bezug auf Jes 56,3 kaum aufzeigen: Ganz offensichtlich hat man zwischen der unpolemisch interpretierten dtn. Gemeindegesetzgebung und der prophetischen Thora nie einen Gegensatz empfunden, wie die Wirkungsgeschichte und insbesondere die Kanonisierung beider Texte zeigen. Eine Abrogation ergibt nur dann Sinn, wenn man mit ihr wirklich die Absicht verfolgt, den abrogierten Text durch eine neue Offenbarung zu ersetzen. Dies erscheint aber im Hinblick auf das dtn. Gemeindegesetz als problematisch, da das Dtn aller Wahrscheinlichkeit nach bereits mit seiner Entstehung als Heilige Schrift galt und folglich jede Abrogation dieses Gesetzes von vornherein zum Scheitern verurteilt war. - Umstritten ist natürlich, in welchem Umfang das dtn. Gesetz zur Zeit der Abfassung von Jes 56,1-8 bereits kanonische Geltung

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47

Vgl. dazu grundlegend Donner (Abrogationsfall, 8Iff., hier bes. 89), dem sich Koenen (30, Anm. 104) anschließt. Vgl. Leipoldt/Morenz (Heilige Schriften, bes. 11.31.60).

1. Jes 56,1-8*

271

hatte (vgl. zur Diskussion beispielsweise Albertz, Religionsgeschichte Israels I, 309ff.). Wenn aber die Zuordnung des Textes zu den in Esra/Nehemia beschriebenen Auseinandersetzungen zutrifft, dann scheinen diese schon ein in Geltung befindliches dtn. Gemeindegesetz vorauszusetzen, vgl. ebenfalls Donner (Abrogationsfall, 87). Infolgedessen bleibt fraglich, ob die Unterscheidung von "exegetischer" und "aktueller Abrogation", die Donner (Abrogationsfall, 91) vornimmt, greifen kann, denn das dtn. Gemeindegesetz dürfte sich zur Abfassungszeit von Jes 56,2-7 eben nicht "auf der Strecke der Kanonbildung" (Donner, Abrogationsfall, 92) befunden haben, sondern bereits in Geltung gewesen sein. Die beabsichtigte Abrogation kann auch kaum mit einem eschatologischen Handeln des Verfassers begründet werden (so Donner, Abrogationsfall, 87, unter Hinweis auf Jes 56,1), denn Jes 56,1 gehört nicht zur "prophetischen Thora", in der - im Unterschied zu Jes 56,1 - ganz bestimmte Personengruppen und Regelungen angesprochen werden.

In Sap. 3,14 wird die "prophetische Thora" Jes 56,2ff. nicht im Gegenüber zum dtn. Gemeindegesetz paraphrasiert, sondern unter dem Leitgedanken "Seligpreisung der Kinderlosen", vgl. Sap. 3,13ff. In einer kleinen Sammlung "eschatologischer Midraschim" aus Qumran heißt es in einem Midrasch über 2.Sam 7,10-14: "Dies ist das Haus, in das (...in ) Ewigkeit (0*71» "UJ) kein Ammoniter und kein Moabiter und kein Bastard (itnoi) und kein Ausländer ("DjpO und kein Fremdling (~ir,) eintreten darf (K13"1 κι1?) in Ewigkeit, sondern diejenigen, die den Namen »Heilige« tragen." 48 Aus dem letztgenannten Beleg, der wortwörtlich auf das Gemeindegesetz Dtn 23,2ff. Bezug nimmt, lassen sich folgende Schlußfolgerungen ziehen: 1. In dem Qumrantext wird weder ein Eunuch noch ein Verstümmelter erwähnt. Das zeigt, daß man die Bezeichnung für den Verstümmelten in Dtn 23,2 offensichtlich schon zu Zeiten der Qumrantexte nicht mehr verstanden und deshalb ausgelassen hat.49 Ganz offensichtlich hat man die Formulierung auch nicht auf Eunuchen bezogen, da diese ansonsten gewiß nicht unerwähnt geblieben wären. 2. Die Tatsache, daß das dtn. Gemeindegesetz gerade von der Qumrangemeinde im Sinne einer Ausgrenzung aller Fremden aus der Gemeinde ver4 8 4 9

Vgl. 4Q flor I, 3f. Übersetzung nach Lohse (Texte aus Qumran, 257). Die Rabbinen haben vor diesem Problem freilich nicht kapituliert: Sie unterscheiden in ihren ausführlichen Erörterungen zum dtn. Gemeindegesetz den "Quetschverstümmelten" (»DT 151X5) und den "Ergußdurchschnittenen" (ΓΤ55Β m~D), vgl. Traktat Jebamoth, Fol. 70a (vgl. auch ebd., Fol. 75a ff.). Beide werden wie folgt definiert: "Quetschverstümmelt heißt derjenige, dessen Hoden zerquetscht sind, selbst eine von ihnen; Ergußdurchschnitten heißt derjenige, dessen Glied abgeschnitten ist; ist etwas von der Eichel vorhanden, selbst ein Haar breit, so ist er tauglich" (Übersetzung nach Goldschmidt, Der Babylonische Talmud Bd.4,559). Es folgen eingehende Erörterungen über alle denkbaren Mißbildungen der Hoden oder des Gliedes, jeweils unter der Fragestellung, ob die betreffende Person als kulttauglich oder -untauglich bezeichnet werden muß. Weder die Qumraner noch die Rabbinen haben die in Dtn 23,2 erwähnte Wendung also als "Fachausdruck" für Eunuchen angesehen. Bei den Rabbinen sind vornehmlich biologische Mißbildungen angesprochen.

272

V. "Einzelüberlieferungen"

standen wird, spricht für sich. - Es handelt sich um eine radikale Interpretation dieses Gesetzes durch eine rigoristische Gemeindegruppe wie zu Zeiten Nehemias und Esras, vgl. die genannten Belege. Hier wie dort wird die dtn. Gesetzgebung unter Bezugnahme auf das Gesetz Dtn 23,2ff. (Erwähnung der Aramoniter und Moabiter) auf alle Fremden generell ("ο; ^Q) ausgedehnt. Mit der Ergänzung von 13] p i nimmt der Qumrantext vermutlich nicht auf Jes 56,3 Bezug, 50 sondern auf die Texte in Nehemia/Esra, vgl. beispielsweise Neh 9,lf.3. Damit, daß im Midrasch kein Versuch unternommen wird, Jes 56,2ff. mit Dtn 23,2ff. zu harmonisieren, zeigt sich, daß kein Gegensatz zwischen beiden Texten empfunden wurde. Ich halte es nach alledem für wahrscheinlicher, daß eine Abrogation des dtn. Gemeindegesetzes selbst auch von dem Verfasser von Jes 56,2ff. gar nicht beabsichtigt war. Durch die "prophetische Thora" wird vielmehr jene rigoristische Gesetzesauslegung aufgehoben, die alle Fremden und Eunuchen unter das Verdikt des dtn. Gemeindegesetzes stellen will. Insofern dürfte zwar nicht das dtn. Gemeindegesetz, wohl aber eine bestimmte Interpretation dieses Gesetzes in prophetischer Vollmacht aufgehoben worden sein. Offen bleibt, warum die Eunuchen in den genannten Esra- und Nehemiastellen keine Erwähnung finden, obgleich doch ein historischer Hintergrund für die prophetische Thora in Jes 56,2ff. angenommen werden muß. Möglicherweise hat man die Kinderlosigkeit der Eunuchen als Mangel an Segen Jahwes interpretiert 51 und sie deshalb in die rigoristische Ausgrenzung der Fremden aus der Jahwegemeinde mit einbezogen, ohne jene ausdrücklich zu erwähnen. 5 Das dtn. Gemeindegesetz kam, rigoristisch ausgelegt, diesem Ansinnen nur entgegen. Der in Dtn 23,2 erwähnte Verstümmelte konnte in diesem Sinne interpretiert werden. Die Erwähnung der Eunuchen in Jes 56,3 kann somit als ein Hinweis darauf gelten, daß die "prophetische Thora" sich auf eine rigoristische Interpretation speziell des dtn. Gemeindegesetzes Dtn 23,2ff. bezieht.

Vers 4: "Denn so spricht Jahwe: „Den Eunuchen, die da wahren meine Sabbate und erwählen, was mir wohlgefällt, und die da festhalten an meinem Bund,..." Die Näherbestimmungen der D*0'"10 sind nicht primär als Bedingungen für deren Verbleib in der Gemeinde aufzufassen. Die Forderungen nach Einhaltung des Sabbats etc. sind ja keineswegs neu und bislang sicher auch von den Betroffenen eingehalten worden. Vielmehr ist darauf zu achten, welchen Sinn die häufigen, nahezu oder exakt wörtlichen Wiederholungen der Wendungen haben: Sie sollen den Hörern bzw. Lesern inhaltliche Verbindungen aufzeigen. So wird durch die Wendung "die da wahren meine Sabbate" deutlich, daß für diejenigen, die so näher bezeichnet werden können, die Seligpreisung in V.2 (vgl. V.2ba) gilt. Diese Seligprei5

5 5

0 Dann wäre auch der Eunuch mit angeführt. Außerdem fehlt der für Jes 56,3 charakteristische Artikel (so nur dort). 1 Vgl. dazu Wolff (Anthropologie, 259f.). Vgl. bes. Sap 3,13f„ auch Sir 30,20. - Möglicherweise ist historisch gesehen auch nur an fremdländische Eunuchen zu denken, die gleichsam "automatisch" unter die Ausweitung (!) des dtn. Gemeindegesetzes fielen und deshalb in Nehemia/Esra nicht explizit erwähnt werden mußten.

1. Jes 56,1-8*

273

sung, die dort ganz allgemein auf den "Menschen" bezogen ist, wird nun konkretisiert. Dasselbe gilt für die Wendung "die da festhalten an meinen Bund", vgl. mit V.2aß. Das Unerhörte der Aussage besteht nicht darin, daß auch den Ο'Ο'ΊΟ durch mancherlei Bedingungen der Einlaß in die Gemeinde gewährt wird. Vielmehr werden die Eunuchen, die sich schon Jahwe angeschlossen haben, also bereits zur Gemeinde gehören, durch den Jahweentscheid ausdrücklich seliggepriesen! - Dazu vergleiche man die parallelen Formulierungen in V.6b, die dort auf die Fremden bezogen sind. 53

Vers 5: "...ihnen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern Gedächtnis und Namen geben - besser als Söhne und Töchter! Einen ewigen Namen will ich ihm geben, der nicht ausgerottet werden wird." Gegenüber 0Π1? in V.5a fallt ib in V.5b auf. LXX, lQJes a , Vulg. u.a. glätten den Text, indem sie auch in V.5b die 3.m.Pl. lesen. Das b kann hier allerdings auch distributiv gemeint sein, so daß die Verheißung betont auf jeden einzelnen wie in V.4 beschriebenen 0*Ί0 bezogen wird. 5 4 Zu beachten ist darüber hinaus das Nebeneinander von Singular und Plural (auf den Eunuch bezogen) in V.3b und V.4. 55 Die Wendung "in meinem Hause" begegnet in 2.Kön 20,15 (= Jes 39,4); Ez 8,1; Mal 3, 10; Jer 11,15; 23,11 und l.Chron 17,14. In den letzten drei Stellen bezieht sie sich deutlich auf den Tempel Jahwes, so auch hier in der Jahwerede, vgl. V.7. 56 "Meine Mauern" begegnet im AT häufig, mit 3 in Jes 3,7 (auf ein Privathaus bezogen), mit vorgeschalteter Konjunktion 1 ist die Wendung singular. Mit Duhm 5 7 ist hier wohl am ehesten an Mauern des (Jerusalemer) Tempelbezirks zu denken, weniger wahrscheinlich an die Mauern Jerusalems, vgl. V.7.

Umstritten ist besonders die Bezeichnung Π'ΰ) ~t\ Sie ist im AT singulär, literarische Beziehungen sind nicht nachweisbar, τ übersetzt man im Hinblick auf l.Sam 15,12 und 2.Sam 18,18 in der Regel mit "Denkmal", "Gedenkstein" o.ä. Im Vergleich mit archäologischen Funden denkt man an Stelen mit 58 oder 5 3

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In diesem Punkt dürften die Fremden und die D'ODIO nicht zu differenzieren sein, vgl. die wiederkehrenden Formeln der Frömmigkeit in unserem Text, die sowohl auf die Fremden wie auch auf die O'CCIO bezogen werden. Zur Gemeindezugehörigkeit der Fremden und Eunuchen vgl. jetzt auch Bultmann (Chr., Der Fremde, 209f.). Vgl. G./K. §123c, Brockelmann, Syntax, § 107i, ebenso Delitzsch (546), Dillm./Kittel (475), Volz (202), Pauritsch (36) u.a. Sekine (31) vermutet hier eine chiastische Konstruktion. Welchen Sinn diese in Bezug auf den Wechsel zwischen Singular und Plural haben soll, bleibt allerdings offen. Es reicht auch, eine "constructio ad sensum" im Hinblick auf den (sowieso nur grammatischen) Singular in V.3b anzunehmen. Vgl. zudem die Belege für "mein Haus" (= Tempel Jahwes) bei Odeberg (46). Die Verbindung mit "und in meinen Mauern" ist singulär. Literarische Abhängigkeiten sind nicht nachweisbar. Vgl. Duhm (Jesaia, 422). Daß V.5a gegenüber V.5b Überlänge hat, ist kein Grund, "und in meinen Mauern" als Glosse zu betrachten (so bes. Duhm, Jesaia, 422, Odeberg, 47). Die erste Vershälfte ist in V.3-7 generell länger als die zweite. Nach Scullion (UF 4 (1972), 106) ist das 1 in ΊΊΰίΠϊΙ emphatisch aufzufassen: "Yes, within my walls". Volz (205) plädiert für eingeschriebene Namen und Zeichen, vgl. auch Koenen (26, Anm. 83).

274

V. "Einzelüberlieferungen"

ohne Inschrift oder mit einer eingemeißelten Hand.59 Die Interpretationen von als "Platz/ Ort"60 oder "Teil/ Anteil"61 haben zu Recht keine Zustimmung gefunden. Robinson62 möchte ~P vom Kontext her deuten und schlägt die Übersetzung "portion (or possession)" vor, da Otti häufig mit einem dauerhaften Leben im verheißenen Land assoziiert wird und τ entsprechend Gen 35,4; Ex 10,25; Dtn 15,2; l.Sam 9,8 "in Besitz jemandes" heißen kann. Ein Ausdruck, der im AT singulär ist, sollte m.E. tatsächlich zunächst einmal vom Kontext her interpretiert werden. Auffallig ist, daß in V.5b nur noch vom "ewigen Namen", nicht aber von τ die Rede ist. Das macht wahrscheinlich, daß der Ausdruck COT τ als Hendiadyoin zu interpretieren ist,63 d.h. also, daß zwei sinnverwandte Substantive zur Verstärkung der Aussage miteinander verbunden worden sind. Damit dürfte τ hier keine von unabhängige Bedeutung haben.64 Eine weitere Beobachtung fällt angesichts des Kontextes auf: Die Verse 6f. verheißen die Integration und Anerkennung der Fremden und Eunuchen in den Kultus durch Jahwe. Mit keinem Wort wird eine Aufstellung von Denkmälern oder etwa die Verheißung von Land (vgl. Robinson) erwähnt. Das macht wahrscheinlich, daß V.5a von V.5b her interpretiert werden muß. Vom 59

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6 4

Vgl. Galling (Erwägungen, 9), Eerdmans (8), Mittmann (Grabinschrift, bes. 150f.). Umstritten ist, ob die abgebildete Hand als Symbol eines betenden, Gott verehrenden Menschen aufzufassen ist (Mittmann) oder apotropäische Funktion hat (so Schroer, Deutung, 192, vgl. dies., In Israel gab es Bilder, 372). Vgl. LXX (τόπον, für Τ nur an dieser Stelle, vgl. Hatch/Redpath II, 1364, Sp.2ff.), Vulg. (locum), Ibn Ezra (vgl. Friedländer, Commentary, 257) u.a. - In jüngster Zeit unter Hinweis auf Ps 65,5 wieder vertreten von Beuken (Jesaja, 28). Vgl. die älteren Kommentare bei Dillm./Kittel (475). Vgl. Robinson (Meaning, 282f.). So auch Westermann, ATD, 251 (vgl. Whybray, Isaiah, 198), der zwar inhaltlich durchaus Konsequenzen zieht, hingegen Τ weiterhin im Sinne von "Gedächtnismal" (vgl. 2.Sam 18,18) interpretiert - was nicht zu der Stilform Hendiadyoin paßt. Vgl. zu eben dieser Stilform Bühlmann/Scherer (Stilfiguren der Bibel, 3Iff.), auch Schroer (In Israel gab es Bilder, 369, Anm. 66, mit Hinw. auf Talmon). "Name" hat nie die Bedeutung "Gedächtnismal" im Sinne eines wie auch immer beschaffenen Denkmals. - Es sei denn, man wollte DtJes 55,13 (dort steht DtD1? parallel zu •bil) Hl ¡Λ) in diesem Sinne interpretieren, so etwa Gottheil (280, der DD auch in Gen 11,4 und 2.Sam 8,13 mit "Denkmal" übersetzen möchte) und Duhm (Jesaia, 418). Gressmann (Verhältnisse, 30), Zillessen (237), Odeberg (48), Beuken (Jesaja, 29) und Koenen (230) sehen die Stelle hier zitiert. Vgl. demgegenüber van der Woude (THAT II, Art. DB, 948f.), zu Dtles 55,13 Westennann (ATD, 234f.) u.a. Eine literarische Beziehung unserer Stelle zu DtJes 55,13b halte ich zum einen für unwahrscheinlich, weil das Stück auch sonst keine schriftgelehrten Bezüge aufweist. Vgl. zudem die ganz ähnliche Stelle Jes 48,19b, zu der auch eine literarische Beziehung angenommen werden müßte. Zum anderen wäre es für den Schreiber nicht ganz unproblematisch, eine auf Jahwe bezogene Ehrerbietung der Vorlage nun auf den Eunuchen zu beziehen. Die wunderbare Wandlung der Natur gereicht Jahwe im Sinne Dtles' zum ewigen Ruhmeszeichen, insofern sie auf seine Schöpfermacht hinweist, vgl. Dtles 41,17-20. Dîà heißt in DtJes 55, 13 also "Ruhm", nicht "Denkmal".

1. Jes 56,1-8*

275

Fortleben des Namens wird im AT oft gesprochen, vgl. nur Gen 48,16; Num 27,4; 2.Sam 18,18(!>; Jes 48,19; 66,22. Der Erhalt des Namens war nach regulärem Verständnis von Nachkommenschaft abhängig. 65 Diese Möglichkeit bestand für einen Eunuchen nicht, folglich stellte sich die Frage,wie ihm ein über den Tod hinausreichendes Gedenken zuteil werden konnte. Absalom konnte sich als kinderloser Thronprätendent 66 eine eigene Regelung erlauben: Er stellte sich zu Lebzeiten eine Erinnerungssäule auf, vgl. 2. Sam 18,18. Die Antwort der Jahwegemeinde gegenüber den Eunuchen dürfte hingegen über Jahrhunderte hinweg gelautet haben: Durch Integration in die Gemeinde. 67 Eben diese Regelung wurde, wie man der Klage des D'HO entnehmen kann, jedoch von einer radikalen Gemeindegruppe mit Verweis auf Dtn 23,2ff. in Frage gestellt. Mit der Verheißung in V.4f. wird den 0 , p , "lD ausdrücklich von Jahwe selbst ein dauerhafter Bestand ihres Namens zugesichert. Die Errichtung eines Denkmals wird erstens nirgends (in diesem Text) ausgeführt, zweitens wäre ein solcher Vorgang für die Eunuchen aller Wahrscheinlichkeit nach ein Novum gegenüber der bisherigen Praxis, was der Intention des Kontextes (vgl. V.4 und 6f.) in keiner Weise entspricht. Zudem: Was für Saul (vgl. l.Sam 15,12) und Absalom (vgl. 2.Sam 18,18) gegolten hat, kann nicht ohne weiteres auf die ΠΌΉΟ übertragen werden, von der Aufstellung eines solchen Denkmals im Tempelbereich ganz zu schweigen.68 Mithin ergibt sich die Schlußfolgerung, daß für den Ausdruck Qffil ~p insgesamt keine materielle, sondern eine geistige Deutung naheliegt. 69 Nicht ausgelöscht werden soll die Erinnerung, das Gedächtnis an die Betroffenen. "Name" in diesem Sinne begegnet häufig, in Verbindung mit ΓΓΟ (Niph.) in Jes 48, 1970 und Ruth 4,10. 71 Der dauerhafte Erhalt des Namens wird durch die Zusicherung Jahwes, die Opferung der Brandopfer etc. (V.7) anzuerkennen, garan65

Vgl. dazu noch l.Sam 24,22, 2.Sam 14,7 u.ö., auch das "Leviratsgesetz" in Dtn 25,5ff. In 2.Sam 14,27 sind zwar Kinder Absaloms erwähnt, im Hinblick auf 2.Sam 18,18 muß man aber wohl davon ausgehen, daß diese früh gestorben sind, vgl. Hertzberg (Samuelbücher, 275). 6 7 Daß Eunuchen generell nicht in die Gemeinde integriert wurden, ist nirgends belegt. 6 8 Eerdmans (8) verweist in diesem Zusammenhang auf Sach 6,14. Dort ist allerdings von einer Krone (vgl. Elliger, Propheten II, 130) bzw. von Kronen (nilBJJ) die Rede. Vgl. vielmehr zu 2.Sam 18,18 Ockinga (31-34, mit Hinw. auf Albright). 6 9 Es ist darauf hinzuweisen, daß diese Deutung von Τ der häufig erwähnten Stelle 2.Sam 18,18 (in l.Sam 15,12 denkt man eher an eine Siegesstele) recht nahe kommt, lediglich auf die materielle Seite des Gedenkens sollte hier aus oben genannten Gründen verzichtet weiden. 70 Die Stelle wird von Duhm (Jesaia, 366), Elliger (Verhältnis, 120f.), Westermann (ATD, 165) u.a. Dtles abgesprochen, Hermisson (Einheit und Komplexität, 311) ordnet sie der "Naherwartungsschicht" zu. 7 ' "Ewiger Name" begegnet nur noch in Jes 63,12 (von Jahwe); Sir 15,6 (von der Weisheit, die den Gottesfürchtigen mit einem ewigen Namen beschenkt); l.Makk. 2,51; 6,44 (jeweils im Sinne von "ewigem Andenken"). 66

276

V. "Einzelüberlieferungen"

tiert. Mit der Integration in den Kultus ist ein Erhalt des Namens vor Jahwe (vgl. Jes 48,19, mit wörtlichen Berührungen) gewährleistet. 72 Traditionsgeschichtlich dürften wir es hier vermutlich mit Vorstellungen zu tun haben, aus denen die Notiz von Namen in ein Lebensbuch hervorgegangen sind. 73 Vers 6: "Und die Fremden, die sich Jahwe angeschlossen haben, ihm zu dienen und den Namen Jahwes zu lieben, daß sie ihm Knechte seien, jeder, der den Sabbat wahrt, (ohne) ihn zu entweihen, und die da an meinem Bund festhalten, ..." Nachdem in V.4 zunächst der cr~iD pluralisch aufgegriffen und durch mehrere kleine Verbalsätze näher charakterisiert wurde, geschieht das gleiche nun mit dem Fremden. Dieser Aufbau läßt als unwahrscheinlich erscheinen, daß V.6 insgesamt redaktionell ist. 74 Die Konstruktion • v "ni? l 7 + *? + nrn 1 ? 7 5 begegnet noch in Jer 34,16, eine literarische Beziehung ist allerdings nicht nachweisbar. Vers 7:"...die will ich zu meinem heiligen Berge bringen und in meinem Bethause erfreuen. Ihre Brandopfer und ihre Schlachtopfer sollen mir wohlgefällig sein auf meinem Altar, denn mein Haus soll ein Bethaus genannt werden für all die Völker."" Hinter α π τ π π in V.7a vermißt man ein Verb. 76 Dieses fehlende Verb findet seine Erklärung am ehesten dadurch, daß hier ein literarischer Bezug auf Jer 6, 20b vorliegt. Dort heißt es: "h 'cnir« 1 ? CQTPn jUn 1 ? xb r r r , " , ^ . Die Aussage steht bei Jeremía in Verbindung mit Jer 7,21 f., ist also in die dortige prophetische Kultkritik eingebunden. Hier hingegen ist die Erwähnung von "Brandopfern" und "Schlachtopfern" ebenso auffällig wie das gegenüber TrJes 60,7 fehlende Verb. - Damit ist aber auch schon der zweite Textbezug genannt, der Autor entnimmt die Wendung ' r a r a fte"}1? musivstilistisch aus TrJes 60,7b

7

- Vgl. Dillm./Kittel (475): ">Denkmal und Namen< sind nicht nur dauerhafter, sondern auch wertvoller als Söhne und Töchter." Diese Feststellung trifft insbesondere dann zu, wenn man an ein "Gedächtnis und Namen" vor Jahwe denkt. Nach Volz (205) widerspricht V.7 einer geistigen Deutung von Offih 1*, da dort ein kultischer Vorgang geschildert wird. V.7 ergibt aber im Zusammenhang nur Sinn, wenn man in ihm eine formelhafte Beschreibung der Integration der Betroffenen in den Kultus durch Jahwe erkennt. 73 Vgl. dazu Welten (TRE 7, Art. "Buch/Buchwesen", 274f.) und Volz (Eschatologie, 95). Nach Koep (Das himmiischeBuch, 38) wird man damit rechnen dürfen, daß die Metapher vom "Buch des Lebens" als himmlischer Bürgerliste israelitischen Ursprungs ist. 7 4 Gegen Sekine, 37f. Die Unterschietie gegenüber V.3, die Sekine zur Stützung seiner Argumentation heranzieht, finden größtenteils eine Parallele im Vergleich zwischen V.3b und V.4. 75 LXX haben dafür του ε ί ν α ι α ύ τ ΰ ε ι ς δ ο ύ λ ο υ ς κ α ι δούλας, vgl. dazu Odeberg (54) und Ziegler (Untersuchungen, 77): και δούλας ist eine Ergänzung aus Jes 14,2 (LXX). - Zu ft vgl. Gesenius (Jesaia, 208). 76 Vgl. Klosterm. (70), BHS u.a. Bemerkenswert ist, daß sowohl LXX als auch lQJes 3 ein Verb haben (vgl. Ziegler, Vorlage, 42f.), doch dies dürfte in beiden Fällen als nachträgliche Harmonisierung des Textes im Hinblick auf TrJes 60,7 zu werten sein.

1. Jes 56,1-8*

277

(text, emend.!). Warum dieses Mischzitat ? - Man kann vermuten, daß dem Autor TrJes 60,7 (text, emend.) schon mit der Glosse TrJes 60,6aß vorgelegen hat. Vielleicht ist er durch diese Glosse, vielleicht aber auch allein durch seine Schriftkenntnis auf Jer 6,20 gestoßen und wollte im Hinblick auf den drohenden Ausschluß Fremder aus der Gemeinde dazu eine "Gegenaussage" formulieren. Diese sollte natürlich nicht der autoritativen Vorlage widersprechen, sondern vielmehr eine "Thoraentscheidung" in bezug auf einen bestimmten Personenkreis darstellen. Was lag näher, als TrJes 60,7b (text, emend.) in diese "Thora" einfließen zu lassen ? Mit ytei1? standen die beiden Belege in einem Stichwortzusammenhang.77 Sie konnten problemlos miteinander harmonisiert werden, indem der Schreiber Jer 6,20 nur noch auf Fremde ohne Verbindung mit der Gemeinde bezog, zugleich aber den Zugang von Fremden zum Kultus, der in der Vorlage TrJes 60,7 nur eschatologisch im Rahmen der Völkerwallfahrt Erwähnung fand, ganz real auf die Betroffenen in der gegenwärtigen Gemeindesituation deutete. Damit hatte die Thoraentscheidung ihre Grundlage in den autoritativen Texten und war zugleich eine "Entscheidung" bezüglich eines bestimmten Streitfalls. Die Proselyten sollen im "Bethaus" Jahwes erfreut werden. 78 Der Ausdruck "Bethaus" begegnet sonst nicht im AT, dafür hier gleich zweimal. Westermaiin schließt daraus, daß das Wortelement im Gottesdienst beherrschend geworden ist. 79 Andererseits ist im folgenden von Brand- und Schlachtopfern die Rede, außerdem liegt der besondere Akzent der Aussage nicht auf dem Begriff "Bethaus", sondern auf "für all die Völker". 80 Der Tempel ist also sicherlich nicht einzig und allein als "Bethaus" zu verstehen, für die Fremden scheint diese Funktion des Tempels jedoch im Vordergrund zu stehen.81 Abschließend bleibt festzuhalten, daß der Prophet mit seiner "Thora" das Motiv der Völkerwallfahrt zum Zion (vgl. TrJes!) realistisch weitergedacht hat. Er bezieht es auf die im Lande wohnenden fremdländischen Proselyten und auf die Eunuchen, die nunmehr von Jahwe selbst in den Kult integriert und damit wie die Israeliten in der Jahwegemeinde verbleiben werden. 77

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Stichwortzusammenhänge spielen in der vorkritischen Exegese häufig eine Rolle. Interessant ist ein Vergleich mit der 13., Rabbi Jischmael zugeschriebenen Regel, die da lautet: "Zwei Schriftverse widersprechen einander, bis der dritte Vers kommt und zwischen ihnen entscheidet" (Zitat aus Strack/ Stemberger, Einleitung, 31). - Im Grunde liegt hier nichts anderes als das vor, mit dem Unterschied, daß der "Thoraentscheid" selbst noch nicht zur Heiligen Schrift gehört. Vgl. dazu die dtn. Wendung ΠΊΓΡ TOÓ, Koenen (30, Lit.). Vgl. Westermann (ATD, 251), auch Pauritsch (37). So richtig Koenen (29, Anm. 97). Anders dagegen in Mk 11,17 par. Vgl. noch l.Kön 8,29f.41ff.; Ps 65,3. Im einzelnen läßt der Text völlig offen, wie weit die kultische Integration der Fremden und auch der Eunuchen gehen soll bzw. schon vorauszusetzen ist. V.7 läßt vermuten, daß gegenüber dem bloßen "sich Jahwe anschließen" nun eine weitergehende Integration der Betreffenden in den Kultus auf Veranlassung Jahwes stattfinden soll.

278

V. "Einzelüberlieferangen"

Vers 8: "Spruch Adonai Jahwes, der die Verstreuten Israels sammelt: „Ich will noch mehr zu ihm (sc. Israel) sammeln, zu seinen Versammelten!"" Wenngleich aus diesem kurzen Vers kaum weitreichende Schlüsse gezogen werden können, wird man doch vermuten dürfen, daß der Vers ein sekundärer Zusatz ist. Dies vor allem deshalb, weil es vorher gar nicht um "die Verstreuten Israels" ging, auch das Thema "Sammlung" wird hier erstmals angesprochen. Von der Sammlung der Verstreuten Israels Til?) ist auch in Jes 11, 12 (mit und Ps 147,2 (mit D»(II)) die Rede. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Jes 11,12 dem Autor als literarische Vorlage gedient 82 : Durch das Stichwort "Heiliger Berg" fühlte sich der Ergänzer, vielleicht angeregt auch durch das Motiv von der Völkerwallfahrt (bei TrJes oder anderswo), motiviert, der in Jes 11,12 verheißenen Sammlung der Verstreuten Israels durch Jahwe erneut Ausdruck zu geben. Für die "Sammlung" verwendet er f n p in spielerischen Variationen. Gegenüber der Vorlage erstarrt dabei der Vorgang des Sammeins zunächst zu einer Gottesprädikation, daneben bleibt aber die Sammlung als Vorgang in V.8b erhalten.83 Dadurch wird der einmalige Akt (der Sammlung) zu einer beständigen Handlung Jahwes. 84 Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Sammlung Jahwes hier nur auf die Diasporaisraeliten zu beziehen.8^ Dafür spricht vor allem die ausdrückliche Erwähnung der "Verstreuten Israels" in V.8a. Die Suffixe 3.m.Sg. müßten sich entsprechend auf Israel beziehen. Versteht man hingegen l ' b s (MT) im Sinne von "über es (= Israel) hinaus", dann kann V.8 mit dem vorherigen Abschnitt harmonisiert werden. 86 - Wahrscheinlicher ist mir jedoch, daß V.8 als Ergänzung eines Späteren betrachtet werden muß. V.8 stört den ansonsten parallelen Aufbau der "Thora" und erweckt den Eindruck einer allgemeinen Floskel, die in einer "prophetischen Thora" keinen Platz hat. Zudem dürfte der Ergänzer V.7 nicht in seinem ursprünglichen Sinn gedeutet haben: Er interpretiert den Vers entspechend seiner (vermutlichen) Vorlage Jes 11,12 im Sinne einer Sammlung der Israeliten zu Jahwes Heiligem Berg.

c) Fazit: Jes 56,2-7 ist eine "prophetische Thora", die aller Wahrscheinlichkeit nach über die kultische Integration der Eunuchen und fremdländischen Proselyten in 82

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Beziehungen zu Jes 11,12 sind auch von Dillm./Kittel (476), Volz (206), Westermann (ATD, 251 f.), Steck (Heimkehr, 75, ders., Untersuchungen III, 248) u.a. gesehen worden. Koenen (31, Anm.l 13) bestreitet eine Verbindung mit Jes 11,12 und nimmt demgegenüber dtr. Hintergrund an. Steck (Heimkehr, 75) findet auch noch Beziehungen zu Jes 27,13 und 14,1-3. Der letztere Text hat mit Jes 56,8 nur wenige (inhaltliche) Gemeinsamkeiten, während Jes 27,13 mit Jes 56,7 inhaltlich vergleichbar ist. Demgegenüber ist die Wendung "der die Verstreuten Israels sammelt" in späterer Zeit zu einer Formel erstarrt, vgl. Ps 147,2 und die 10. Bitte des Achtzehnbittengebets, vgl. Riessler (Altjüdisches Schrifttum, 9), Volz (206) und Westermann (ATD, 251). Vgl. Westermann, ATD, 252. Gegen Dillm./Kittel (476), Koenen (28, Anm. 89) u.a. Vgl. Steck (Untersuchungen III, 245f.) und die dort genannten Kommentare.

1. Jes 56,1-8*

279

Israel handelt. Dabei wird nach der hier vorliegenden Interpretation nicht das dtn. Gemeindegesetz im Wortlaut, sondern eine rigoristische Auslegung desselben unter betontem Bezug auf dieses Gesetz außer Kraft gesetzt. Inhaltlich ergibt sich folgender Aufbau: Nach der Klage der Betroffenen in V.3 folgt eine Beschreibung der jeweiligen Gruppe (V.4.6), die deren bisherige Loyalität gegenüber Jahwe und seiner Gemeinde herausstellt und die Betroffenen zugleich in den Segen V.2 hineinnimmt. Dann folgt jeweils der konkrete Jahweentscheid (V.5.7), der für beide Gruppen ausdrücklich ihre Integration in die Gemeinde sicherstellt. Die "prophetische Thora" kann kaum als "schriftgelehrte Prophetie" bezeichnet werden. Die vorhandenen Textbezüge sind Anknüpfungen allgemeiner Art, lediglich in V.7 greift der Autor auf autoritative Vorlagen zurück. Der Abschnitt wurde alsbald durch einen Ergänzer in den Zusammenhang der Sammlung der Israeliten zum Zion und damit zugleich in einen "großjesajanischen" Zusammenhang gestellt. 87 Jes 56,1 wird schließlich dem Ganzen als Überschrift (wohl zu Jes 56-66 insgesamt) - mit vielen Textbezügen - vorangestellt worden sein. Die Zusammenstellung der Texte ist redaktionelle Arbeit. 2. Jes 63,1-6 a) Vorbemerkungen Der Abschnitt Jes 63,l-6 8 8 steht durch das Stichwort "Rachetag" (D¡?3 Qi\ vgl. 63,4) in Verbindung mit zwei weiteren Texten des Jesajabuches, zum einen mit Jes 34 (vgl. 34,8), zum anderen mit TrJes 61 (vgl. 61,2). 89 b) Exegese Vers 1: "Wer ist's, der da aus Edom kommt, (mit) grellroten Kleidern aus Bosra, der da prächtig ist in seinem Gewände, stolz einherschreitend in seiner großen Kraft ? - „Ich bin's, der da redet in Gerechtigkeit, mächtig zu helfen!""

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Vgl. Steck (Heimkehr, 75), auch Beuken (Example, 50). Letzterer (vgl. ebd., 51 ff.) sieht ebenso wie Steck (Untersuchungen III, 230,Anm.l2,244f., 247) zahlreiche Beziige zwischen Jes 56 und 54/55 und anderen Texten, die aber erst für die Leser der zusammengeordneten Texte von Bedeutung sind. Der Text bildet eine Einheit. Literarkritische Ausscheidungen sind überflüssig, vgl. Steck (Heimkehr, 51), Fischer (Wo ist Jahwe ?, 258f.). Sie werden hingegen von Duhm (Jesaia, 465, vgl. Westermann, ATD, 304) u.a. erwogen. Watts (314ff.) will den Abschnitt auf "Jes 62,8-63,6" erweitem. Die Wendung "Rachetag" begegnet sonst nur noch in Prov 6,34, dort aber in völlig anderem Zusammenhang. Die Stelle läßt keine inhaltliche Verbindung zum RachetagMotiv erkennen und bedarf deshalb an dieser Stelle keiner weiteren Berücksichtigung. Eine ausführliche Erörterung der Bezugstelle Jes 34,8 sowie eine Verhältnisbestimmung zu Jes 63,4 und TrJes 61,2 findet sich in meiner Dissertation.

280

V. "Einzelüberlieferungen"

Die Frage ΠΓΤ3 wird von Jahwe im Zusammenhang mit dem Tag-Jahwes-Motiv bzw. auch mit dem Schlachtopfermotiv in Jer 46,7ff. und im Edomorakel Jer 49,19 (vgl. 50,44) gestellt. Insbesondere das Edomorakel in Jer 49 verdient besondere Aufmerksamkeit: Da treten Winzer als Vollstrecker des Jahwegerichts auf (V.9), das Gericht Jahwes wird mit dem Kelchbild ausgemalt (V.12; vgl. 63,6), und es ergeht ein Aufruf an die Völker, an der Vernichtung Edoms mitzuwirken (V.14, vgl. 63,3.5). Wenngleich literarische Abhängigkeiten im einzelnen nicht festzustellen sind, scheint das Gedicht Jes 63,1-6 doch die Lektüre des Edomorakels in Jer 49 vorauszusetzen. Es verdeutlicht die Klage Jahwes in Jes 63,3.5, daß niemand unter den Völkern ihm beim Gericht beigestanden habe. Des weiteren erweist sich die aus Jes 63,Ιό allein kaum erklärliche Verbindung von Winzer- und Kelchbild als inhaltlich vorgegeben. Die Frage iTTTJ bezeichnet in Jer 49,9 wie auch in den weiteren Belegstellen keine "Wächterfrage" 90 , sondern ist literarisches Stilmittel, das die Aufmerksamkeit auf die angefragte Person lenken soll oder im weiteren Sinne zur Herausstellung der Bedeutung Jahwes dient. 91 Die parallele Verwendung von Edom und Bosra in einem Vers führt wiederum auf Jer 49 (V.22, vgl. V.13f.), aber auch auf Jes 34 (V.6), ein Edomorakel, das schon durch das Stichwort "Rachetag" mit unserem Gedicht verbunden ist. Damit stellt sich nun die Frage nach der Beziehung von Jes 63,1-6 zu Jes 34,1-15.

Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Aussage Jes 63,1: Sie geht davon aus, daß Jahwe aus Edom kommt92, und zwar, wie man den folgenden Versen entnehmen kann, nachdem er in Edom das Gericht an den Völkern vollzogen hat. Strenggenommen, und darin ist Steck zweifelsohne im Recht, handelt es sich in Jes 63,1-6 also nicht um ein Edomorakel, sondern 90

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92

Vgl. Westermann, ATD, 302f. (in Anknüpfung an Muilenburg), ähnlich auch Koenen (76f., mit eingehender Erörterung der herkömmlichen Gattungsbestimmungen ebd.), der Jes 63,Iff. als "Wächterbefragung" charakterisiert. Koenen beachtet m.E. zu wenig, daß die Frage gar nicht beantwortet wird. - Sie braucht es auch nicht, denn jedermann weiß, daß nur Jahwe gemeint sein kann. Vgl. ähnlich auch schon Schult (Jes 63,1, 32), der hier allerdings eine Gattung (!) "Begrüßungssprüche" erkennen will, vgl. noch Fohrer (Jesaja, 245) - Am einfachsten ist es demgegenüber, die Frage als literarisches Stilmittel aufzufassen, das hier der hymnischen Einleitung eines Gedichtes (vgl. Smend, Entstehung, 155: "dialogisches Gedicht") dient. Inhaltlich nahe steht Jes 63,1 insbesondere Ps 24,8, wo als Bezugsperson der Frage Jahwe als "mächtig im Kampf" beschrieben wird. Die Belegstelle macht zudem den hymnischen Charakter solcher Beschreibungen deutlich. Den Gebrauch der Frage als literarisches Stilmittel unterstreichen auch Ps 25,12; Hi 38,2; 42,3; Thren 3,37. Vgl. noch ΠΤ twn 'Î2 in Jer 30,21 und Ps 24,10 sowie Γ Ι Κ Τ TJ in Cant. 3,6; 6,10 und 8,5. Die Konjektur von de Lagarde (Semitica I, Göttingen, 1878, 1-32: Lies statt Di*lKÖ (MT) CHt«, statt ΓΠ2Μ (MT) 1S3Ï3 und übersetze: "Wer ist's, der da kommt gerötet, röter die Kleider als ein Winzer ?"), die zwar auf eine Änderung des Konsonantentextes weitgehend verzichtet, aber dennoch das Winzerbild von V.3ff. in unschöner Weise vorwegnimmt (vgl. Dillm./Kittel, 511, das Wortspiel mit V.2 wird zerstört), kann sich (gegen BHS u.a.) nicht auf die LXX berufen. Βοσορ steht auch in Jes 34,6 für Bosra. Vgl. zur Kritik an dieser Konjektur bes. Cheyne (Isaiah, 162), Volz (261), Sekine (146) und Koenen (78, Anm. 113, sowie die ebd. genannten Kommentare), in jüngster Zeit noch Watts (316) und Gesenius (18. Aufl.), 168, Sp.l.

2. Jes 63,1-6

281

um die Vorstellung, daß ein Völkergericht in E d o m stattgefunden habe. 9 3 D i e s w i e d e r u m macht wahrscheinlich, daß für das Verständnis v o n Jes 6 3 , 1 - 6 die vorherige Lektüre v o n Jes 3 4 , 1 - 1 5 vorausgesetzt ist. 9 4 Dort wird ein Völkergericht beschrieben, das mit der Vernichtung E d o m s einsetzt. Ob das Gericht an E d o m als erstes Glied in einer R e i h e v o n Völkergerichten aufzufassen ist oder als exemplarische Vernichtung eines der Fremdvölker, ist i m einzelnen unerheblich. Entscheidend ist, daß der Verfasser v o n Jes 6 3 , 1 - 6 den Text o f f e n sichtlich i m Sinne einer Androhung oder Beschreibung eines Völkergerichts in Edom aufgefaßt hat und dieses Gericht nun als v o l l z o g e n ansieht. In Jes 6 3 , 1 - 6 wird die Vernichtung E d o m s zwar nicht explizit erwähnt, kann aber, da von einer Vernichtung der Völker in E d o m die R e d e ist, implizit vorausgesetzt werden. V o n Jes 3 4 her wird also am ehesten erklärbar, warum das Völkergericht Jes 6 3 , I f f . ausgerechnet in E d o m stattgefunden haben soll. U m g e k e h r t e Abhängigkeit ist damit auszuschließen, der "Rachetag" in Jes 6 3 , 4 erweist sich als musivstilistisches Zitat aus Jes 3 4 , 8 . 9 5 Während sich der Verfasser v o n Jes 34, 1-15 an der grausamen Vernichtung der Edomiter ergötzt, steht in Jes 6 3 , 1 - 6 die Bewunderung des Einzelkämpfers Jahwe i m Mittelpunkt des Interesses. Schwierig ist das Verhältnis zwischen Jes 63,1-6 und TrJes 61 (vgl. V.2) zu bestimmen. Während in Jes 34,8 das "Jahr der Vergeltung" parallel zum "Rachetag" steht, ist es in TrJes 61,2 das "Gnadenjahr" und in Jes 63,4 das "Jahr meiner Blutrache". Während TrJes deutlich von Dtfes und der Gottesknechtstradition beeinflußt ist, kann dies in Jes 63,1-6 bestenfalls indirekt behauptet werden.9** Inhaltlich haben TrJes 60-62* und Jes 63,1-6 nichts miteinander zu tun, so daß man die Stichwortverbindung "Rachetag" am ehesten dadurch erklärt, daß zwei

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Vgl. Steck (Heimkehr, 50f.) sowie dessen Auseinandersetzung mit Koenen (77) in ders., Untersuchungen II, 210. Gleichwohl ist Jes 63,1-6 deshalb noch nicht ohne Jes 34 unverständlich. Daß Jahwe von Edom kommt, kann ebenso wie das damit verknüpfte Völkergericht grundsätzlich auch mit ähnlichen Theophanieschilderungen wie beispielsweise Dtn 33,2; Hab 3,2ff. in Verbindung gebracht werden, vgl. Jeremias (Theophanie, 29.99ff.175). Gegen Zillessen (271), Volz (263), Koenen (82) u.a., die umgekehrte Abhängigkeit annehmen, mit Steck (Heimkehr, 50f. u.ö.). Die Zitation verrät allerdings noch keine "schriftgelehrte Prophetie". In Jes 34,1-15 wie auch in Jes 63,1-6 haben wir Stücke vor uns, die durch Stichwortbezug miteinander verbunden sind, insgesamt aber so wenig Zitate enthalten, daß man schwerlich von "schriftgelehrter Prophetie" sprechen kann. Bzgl. Jes 34,1-15 vgl. Donner (Forscht in der Schrift, bes. 290f.). Vgl. die Beschreibung Jahwes als eines Kriegshelden (vgl. Dtles 42,13), der mächtig ist zu helfen (JJSP, in Jes 40-55 15mal). Bereits Cannon (76) erkannte in Jes 63,1-6 "resemblances" (Ähnlichkeiten) mit Dtles, mochte diesem das Gedicht aber nicht zuschreiben. Zweifellos hat der Verfasser der Zeilen die universale Macht Jahwes bewundert und sein Gerichtshandeln als heilvoll für Israel angesehen. Andererseits kann das Gerichtshandeln an den Völkern nicht gleichsam als Kehrseite dtjes. Heilsprophetie angesehen werden, denn diese Schloß die anderen Völker (mit Ausnahme der Babylonier, vgl. 46,9ff.; 47, Iff.; 51,23; 52,1) vom Heil Jahwes nicht aus, vgl. DÜes 42,10-13; 49,17.19 u.a.m.

282

V. "Einzelüberlieferungen"

ganz unterschiedliche Autoren an ein und dieselbe Vorlage (Jes 34,8) durch musivstilistische Zitation angeknüpft haben.' 7

n i ^ ist in der Bedeutung "stolz einhergehn" ganz unsicher98 und wird in der Regel in Ί ΰ ϊ (Part. akt. von "schreiten") emendiert." Fraglich bleibt allerdings, warum es in der Überlieferung von einem sicher bezeugten Wort mit klarer Bedeutung (vgl. Ri 5,4: Jahwe einherschreitend von Edom (!); Ps 68,8; Hab 3,12) zu einer Abänderung in eine nur schwierig in diesen Text einzuordnende Wurzel gekommen sein soll. Unter Vergleichung besonders des Arabischen scheint mir im MT ursprünglich ΠΰΟ (Part.akt. von ni)0, vgl. 10 arab. °) gestanden zu haben. Das im Hebräischen sonst nur spärlich bezeugte Wort dürfte in Jes 63,1 durch eine versehentliche Vertauschung von Κ und D101 in Vergessenheit geraten sein, wird aber von den anderen Textzeugen durchaus bezeugt. 102 Vers 2: "Warum ist so rot dein Gewand und dein Kleid wie das eines Keltertreters ?" Die Frage bezieht sich auf die Ursache der bereits in V.laa erkannten Rotfárbung der Kleidung. Interessant ist, daß das Wortspiel "rot (D"1S) - Edom (DTK)" im AT nur noch in Gen 25,30 begegnet. Es ist also durchaus möglich, wenn auch kaum nachweisbar, daß der Autor das Wortspiel von dort aufgegriffen hat. Das Bild vom keltertretenden Jahwe stammt deutlich aus Thren 1,15, denn Jahwe selbst wird im AT nur in Thren 1,15 und Jes 63,Iff. als Keltertreter im Gericht dargestellt.1*® Literarische Abhängigkeiten sind allerdings nicht erkennbar. In V.2a liegt offenbar eine Dittographie von 4 in ^Jffi/û'p'? vor, lies mit mehreren Textzeugen - Auch die zweite Frage ist Stilmittel der Rhetorik und dient im Stück dazu, die Aufmerksamkeit der Hörer und Leser ganz auf die in V.3ff. Jahwerede zu konzentrieren. 9 7

Gegen Koenen (81 ff., vgl. auch Gosse, Détournement, 109 u.a.), der Jes 63,4 als Fortschreibung von TrJes 61,2 verstehen will und damit verkennt, daß beide Texte außer der Anknüpfung an Jes 34 nichts gemeinsam haben. 9 8 Zu der Bedeutung "sich krümmend" bemerkt Duhm (Jesaia, 464), daß diese Haltung höchstens denkbar wäre "bei einem Athleten oder Berserker..., der sich zum Angriff anschickt". Nach Klosterm. (95) beschreibt das Bild einen, der "zerzaust und blutverspritzt von einer Schlägerei kommt", sich aber nicht "davonschleicht", sondern "sich brüstet und mit voller Kraft daherschreitet". 9 9 So zuerst Lowth, dann u.a. auch Duhm (Jesaia, 464), Dillm./Kittel (511), Ehrlich (Randglossen, 222), Elliger (Einheit, 28), Volz (261), Koenen (76, Anm. 104) u.a.m. 100 v g l . Wehr, Arabisches Wörterbuch, 5.Aufl., 573, Sp.l: J U U U = "gehen, sich vorwärts bewegen, Schritte tun, sich langsam voranbewegep". 101 Vgl. Delitzsch, Lese- und Schreibfehler, §141. 102 Vgl. LXX mit β ί α , was nach Hatch/Redpath (I, 218, Sp.l) nur in Jes 63,1 für HJJX, jedoch nie für I S S gebraucht wird, Vulg. mit "gradiens". 103 vgl. ansonsten Joel 4,13, wo ein Aufruf an Helfershelfer ergeht, an dem von Jahwe bestimmten Gerichtsort zu erscheinen und die Kelter zu treten, also das Gericht zu vollziehen. Die Bildrede von den Winzern als Gerichtsvoll Streckern begegnet in Jer 6,9; 49,9

2. Jes 63,1-6

283

Vers 3: "„Ich trat die Kelter allein und niemand von den Völkern war bei mir, und ich trat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meinem Grimm, daß ihr Saft auf meine Kleider spritzte, und all meine Sachen habe ich besudelt !" Im Mittelpunkt der Aussage steht zunächst die Feststellung, daß Jahwe allein (Π?1?) gehandelt habe. Die Frage nach der Ursache der Rotfärbung der Kleidung wird hingegen eher beiläufig beantwortet, was unterstreicht, daß die Frage V.2 vornehmlich als literarisches Stilmittel anzusehen ist. Die Feststellung, daß der Gerichtsvollstrecker keine Helfer gehabt habe, ist nur aus dem Kontext anderer Gerichtstexte (vgl. bes. Jer 49,14) überhaupt zu verstehen. (V.3aa) expliziert dabei das voraufgehende ,rT3'p und ist somit hier im Text fest verankert.

104

Aus dem Stück selbst ist nicht ersichtlich, ob an eine Einzelperson (vgl. LXX,

Vulg.) oder an ein Volk unter den vielen Völkern gedacht ist. Es erscheint allerdings fraglich, ob der Dichter mit seinen Formulierungen überhaupt mehr im Sinn gehabt hat als die Herausstellung der Tatsache, daß Jahwe allein gehandelt habe. TrtjSlK (Hiph' il) ist ein aramaisierender Textfehler, lies mit mehreren Textzeugen (vgl. BHS) TÒKi (Pi'el Perf.). 105 In Verbindung mit den perfektischen Aussagen geben in Jes 63, 3ff. nur Waw-Imperfekte Sinn, die entsprechend den Angaben in BHS herzustellen sind. 1 0 6 Literarische Anknüpfungen liegen offenbar nicht vor. Jahwe stellt zunächst fest, daß er das Gericht allein vollziehen mußte. Während in dieser Aussage (V.3a) der Sarkasmus des Verfassers gegenüber den Völkern nur unterschwellig mitschwingt, tritt er in V.3b offen zutage: Jahwe beklagt nicht etwa das Schicksal der Völker, sondern die Beschmutzung seiner Kleidung! - Aus V.l wird demgegenüber deutlich, daß der Autor dieses "Gewand" Jahwes für außerordentlich bewunderungswürdig hält.

Vers 4: "Denn der Tag der Rache war in meinem Herzen und das Jahr meiner Blutrache war gekommen." Die Aussage knüpft, wie bereits festgestellt wurde, an Jes 34,8 an. Gegenüber der Vorlage entfallt der Bezug auf den Fall Zions. Der Autor ersetzt das "Jahr der Vergeltung" (Jes 34,8) durch die Wendung "Jahr meiner Blutrache", um ein Wortspiel mit ^κχΐ) in V.3b zu erreichen. Einer positiven Deutung von ^",κ: 107 steht zum einen dieses Wortspiel entgegen, zum anderen das auf Jah-

und Ob 5. Das Gerichtsbild vom Keltertreten wird im NT in Apk 14,19; 19,13ff.(!) aufgenommen, vgl. zur Wirkungsgeschichte Koenen (85, Anm. 147). 104 vgl. demgegenüber Jes 59,16, wo die Wendung parallel zum "Fürbitte tun" steht. Der Verfasser von Jes 59,16 hat entweder aus Jes 63,3 oder aus Dtles 50,2 zitiert. Gegenüber Jes 59,16 steht die Wendung hier in einem universalen Horizont ("unter den Völkern"). Eine Vorlage für ΒΓίΓ}'Κ in Jes 63,3 läßt sich nicht erweisen. 105 Vgl. u.a. Ehrlich (Randglossen, 222), Gesenius (18.Aufl.), 190, Sp.2. Die Übersetzung von V.3b in der LXX ist deutlich von V.6b (LXX) her beeinflußt, während dem Schreiber von lQJes a mit der Auslassung von 0211X1 bis HID (vgl. MT) augenscheinlich eine aberratio oculi unterlaufen ist. 106 Zur Erklärung der masoretischen Punktation vgl. Koenen (78, Anm. 116). 107 Entweder als Abstraktum ("meine Erlösung") oder als Konkretum ("meine Erlösten"), vgl. dazu und zu vorgeschlagenen Konjekturen sowie zu den grammatischen Interpreta-

284

V. "Einzelüberlieferungen"

we bezogene Suffix der l.Sg., das sich dem Bezug des Ausdrucks auf eine Erlösung anderer nur mühsam einfügt. Erst in TrJes 61,2 wird der "Rachetag" ausdrücklich in einen positiven Kontext eingefügt, deutlich beeinflußt von DtJes bzw. der Gottesknechtstradition. Nicht ausgeschlossen werden soll, daß der Autor von TrJes 61,2 neben Jes 34,8 auch Jes 63,4 als Vorlage gehabt hat und das "Jahr meiner Blutrache" wegen der Doppeldeutigkeit von b«: in das "Gnadenjahr" ( p n n í t í ) abgeändert hat, aber aufgrund der ganz unterschiedlichen Kontexte ist eine unmittelbare Bezugnahme von TrJes 61,2 auf Jes 63,4 (und umgekehrt) doch eher unwahrscheinlich. Eine literarische Verbindung zwischen TrJes 61,2 und 34,8 hingegen wird durch die auffällige Wortübereinstimmung nicht nur in Dp] nv, sondern auch in niiT1?, nahegelegt. Vers 5: "Und ich sah mich um, aber da war kein Helfer, und ich staunte, doch da war keiner, der unterstützte. Da half mir mein Arm, und mein Grimm, er unterstützte mich." Die Wendling ITS bezieht sich in der Regel auf (unterbleibende) Hilfe für Israel, Jerusalem, sozial Schwache oder einzelne Klagende 108 , nur hier aber auf Hilfe für Jahwe selbst. Damit wird wiederum die theozentrische Sicht des Dichteis deutlich. Das Schicksal der Völker berührt den Verfasser nicht, wohl aber die Handlungskraft Jahwes, die auch ohne menschliche Helfershelfer auskommt. Deutlich ist, daß V.5a und 5b inhaltlich einen synonymen Parallelismus bilden, eine Textänderung ist daher weder inhaltlich nötig noch von der Textgrundlage her gerechtfertigt. 109 ÜBT mit dem "Arm (Jahwes)" als Subjekt findet sich außer in Jes 63,5 und der davon abhängigen Stelle Jes 59,16 nur noch in Ps 44,4. Zu dieser Stelle gibt es weder in Jes 59,16 noch in Jes 63,5 eine literarische Beziehung.

Vers 6: "Und ich zertrat Völker in meinem Zorn und habe sie trunken gemacht in meinem Grimm, und ließ ihren Saft zur Erde herabfließen."" Mit der Wurzel Dil (Qal) wird auch in Jes 14,25 und Ps 60,14 (= 108,14) ein Gerichtshandeln Jahwes beschrieben110, mit dem Objekt "Völker" findet sich das Wort nur hier. Daß Jahwe die Völker trunken gemacht hat, paßt nicht mehr in das zuvor ausgemalte Winzerbild, sondern knüpft an das Taumeltionen Koenen (79). - Als "Blutrache" interpretieren die Wendung u.a. Köhler (Miscelle "Jes 63,4" (1921), 316: D^itÇl ="Zeit, wo einer als Bluträcher waltet", hergeleitet von ΕΠΠ = "Bluträcher", vgl', die Belege bei Gesenius (18.Aufl.), 190, Sp. 1), Fohrer (Jesaja, 246), Westermann (ATD, 305) und Steck (Heimkehr, 52). 108 V g l -ITs in 2.Kön 14,26; Ps 22,12; 72,12; 107,12; Thren 1,7; Dan 11,45. Vgl. noch "ira SÒ in Hi 29,12 und 30,13. 109 Vgl. auch Zillessen (272), Koenen (84, Anm. 145, mit Angaben zu den Konjekturvorschlägen) sowie die Ausführungen zu Jes 59,16. ΠΰΠ(Ι) ist auch in Ps 88,8 Subjekt von Î|J30, ohne daß eine literarische Bezugnahme auszumachen wäre. 110 Ogden (JStOT 31 (1985), 91) will Jes 63,1-6 insgesamt als "Antwort" auf den in Ps 60 formulierten Ruf nach Hilfe verstehen. Die ebd. genannten Wortbezüge können seine These allerdings kaum stützen. Zudem wird in Jes 63,1-6 die Zerstörung Edoms zwar implizit vorausgesetzt, aber nicht explizit ausgeführt. Als "Antwort" auf Ps 60 würde eher ein Edomorakel passen, vgl. Ps 60,11.

2. Jes 63,1-6

285

becher-Gerichtsmotiv an. Motivmischungen sind in Gerichtstexten keineswegs ungewöhnlich und können kaum eine Abänderung des Textes rechtfertigen. Die Verbindung von Winzer- und Kelchmotiv findet sich u.a. auch in Ob 5.16; Jer 25,15ff.30 und wiederum in Jer 49,9.12 (allerdings mit πηώ), so daß man davon ausgehen kann, daß der Autor an eine bekannte Motivverbindung inhaltlich angeknüpft hat. Die teilweise in den hebräischen Handschriften bezeugte und von den meisten Auslegern bevorzugte Variante D"i3(öNl ("und ich zertrümmerte sie")111 für das masoretische D"i35öNl wird von Jes 14,25 herrühren, wo in einem gegen Assur gerichteten Fremdvölkerorakel die Wurzeln und 013, beide mit dem Subjekt Jahwe, einträchtig beieinanderstehen.112 c) Faut Der Abschnitt Jes 63,1-6 steht, obgleich er strenggenommen nicht als Edomorakel, sondern als Völkerorakel bezeichnet werden muß, in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit Edomorakeln, der teilweise auch durch wörtliche Berührungen gekennzeichnet ist. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Edomorakeln in Jes 34 und Jer 49 zu. Während aus Jes 34 am ehesten deutlich wird, warum das Völkergericht Jahwes in Edom stattgefunden hat, hat Jer 49 offenbar durch Gerichtsmotive, Stil und Wortwahl auf Jes 63,1-6 eingewirkt. Das Stück kann dennoch kaum als "schriftgelehrte Prophetie" bezeichnet werden. Lediglich eine Zitation ist nachweisbar (vgl. Jes 63,4), während die übrigen Wortverbindungen schwerlich als bewußte literarische Bezugnahmen angesprochen werden können. Der Text ist eine hymnische Preisung Jahwes und will etwas anderes als das auch gar nicht sein. Er ist klar abgrenzbar und als eine selbständige Einheit zu betrachten. Die Einzeluntersuchung hat ergeben, daß dem Autor von Jes 59,1-4.9-19 das Stück Jes 63,1-6 als literarische Vorlage diente, das Gedicht Jes 63,1-6 folglich älter ist als die genannten Verse in Jes 59. Über diese relative Chronologie hinausgehende Vermutungen über das Alter des Textes bleiben dem Leser hier erspart.113 Die Textgrundlage läßt eine sichere Datierung des Abschnitts nicht zu. 111

Vgl. u.a. Dillm./Kittel (512), Duhm (Jesaia, 465), Westermann (ATD, 302), Pauritsch (142). Manche lesen statt Pi' el auch Qal: ΒΊ3ΒΚ1 (vgl. Ehrlich, Randglossen, 222, Volz, 261, Koenen, 79, Anm. 122 (abwägend) u.a.). 112 (Pi' el) findet sich in einem Gerichtsbild noch in Jer 51,7. Mit dem Subjekt "Jahwe" begegnet die Wurzel im Qal in Jes 49,26, im Hiph'il in Dtn 32,42 sowie in Jer 51,39(.57) (auf Babel bezogen, in Verbindung mit dem Schlachtopfermotiv, vgl. 51,40). Zillessen (243) sieht einen Bezug unserer Stelle zu Jes 49,26. 113 Steck (Untersuchungen 11, 192) weiß, daß "die Redaktion", aus deren Feder seiner Meinung nach Jes 63,1-6 stammt, "zwischen der Heimkehrredaktion (um 312/11 v.Chr.) und der Schlußredaktion (zwischen 302/1 und 270 v.Chr.), also im letzten Jahrzehnt des 4.Jhdts" geschrieben hat. Demgegenüber nehme ich gern die Datierung von Elliger (Einheit, 92) auf, die da lautet: "Sicher nachexilisch, nicht weiter bestimmbar." Nach einigen

286

V. "Einzelüberlieferungen"

Wie ist nun Jes 63,1-6 in das Jesajabuch gelangt ? - Eine sichere Antwort darauf ist kaum möglich. Man kann vermuten, daß Jes 63,1-6 ursprünglich in einen Überlieferungskomplex eingebunden war, der u.a. auch die Edomorakel Jes 34 und Jer 49 enthielt. Uns nicht näher bekannte Redaktoren hielten es offenbar für richtig, die ihnen vorliegenden Edomorakel, zu denen Jer 49 zur Zeit der redaktionellen Bearbeitung von Jes 34 und 63,1-6 nicht mehr gehört haben wird, nach Stichwortverbindungen und dem Unheil-Heil-Schema der Jesajaprophetie zuzuordnen. Jes 34 hat seinen Ort neben der schriftgelehrten Heilsprophetie Jes 35 gefunden, während Jes 63,1-6, vielleicht wegen bestehender Wortbezüge zu TrJes und Jes 59, diesen Kapiteln angehängt wurde.

3. Jes 63,7-64,11 a) Vorbemerkungen Der Abschnitt Jes 63,7-64,11 gehört zu denjenigen des Alten Testaments, in denen die Parascheneinteilung gegenüber der späteren Kapiteleinteilung vorzuziehen ist. 114 Das Stück ist das einzige kollektive Klagelied in Jes 56-66. 115 und hat kaum Verbindungen zum Kontext. Möglicherweise ist die im Psalm immer wieder begegnende Vater-Sohn-Thematik mit dem Vertrauen einflößenden dtjes. Gottesbild in Verbindung gebracht worden (vgl. z.B. die Rede von Gott als dem "Erlöser" in Jes 63,9.16). Auch die Erwähnung der Exodustradition in 63, 1 Iff. könnte an DtJes erinnert haben. Die Vorstellung von dem im Himmel thronenden Jahwe (Jes 63,15.19b) rief vielleicht die eindrucksvolle Vision Jesajas in Jes 6 ins Gedächtnis, nach der Jahwe über dem Tempel thront. Auch die in Jes 64,3a.6 u.ö. angedeutete Verstockungsthematik kann für die redaktionelle Zuordnung des Psalms zur Prophetie des Jesaja (vgl. Jes 6,9ff.) verantwortlich gewesen sein. 1 1 6 Hinzu kommt, daß der Psalm wahrscheinlich treffend die Gedanken des Volkes nach dem erfahrenen Gericht (587 v.Chr.) wiedergibt, nach einem Gericht, das der Prophet Jesaja schon lange vorhergesagt hatte. Zu Jes 63,1-6 besteht demgegenüber überhaupt keine einleuchtende Beziehung, wenn man von der banalen Tatsache absieht, daß in beiden Texten vom Gericht Jahwes die Rede ist. Nicht wesentlich besser steht es mit den übrigen Texten in Jes 56-66. - So kann die Frage, warum der Psalm ausgerechnet an diesem Ort und überhaupt in Jes 56-66 steht, nur mit dem Hinweis auf die genannten inhaltlichen "Verbindungen" beantwortet werden. 1 1 7 Die Klage

114 115

116 117

Bemerkungen zu einem vermuteten Bezug des Gedichts auf Gegebenheiten der edomitischen (!) Geschichte bemerkt Elliger (Einheit, 94) treffend: "Sicher ist, wenn wir zurückschauen, gar nichts". Vgl. Eissfeldt, Einleitung, 138f. So die meisten Kommentatoren, vgl. u.a. Elliger (Einheit, 30), Westermann (ATD, 306), Pauritsch (160). Einen Überblick über die Metrik des Psalms vermitteln Odeberg (18), Köhler (Prophet, 220ff.), Morgenstern (Isaiah 63,7-14, 190f.) und Pauritsch (145). Vgl. Duhm, Jesaia, 469 u.a. Darüber hinaus kann man vermuten, daß eine Einordnung des Psalms gerade in diesen Kontext auch damit zusammenhängen wird, daß das Jesajabuch zur Zeit der Einordnung

3. Jes 63,7-64,11

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hat weitaus engere Beziehungen zu anderen Texten. 118 Man geht daher m.E. fehl, wenn man die redaktionelle Einordnung des Psalms in das Jesajabuch durch eine Fülle vermeintlicher "Querverbindungen" zum jesajanischen Kontext zu erhellen sucht. 119 Demgegenüber bleibt festzuhalten, daß tatsächliche Querverbindungen hauptsächlich zu Texten außerhalb des Jesajabuches bestehen, so daß bei Berücksichtigung der entsprechenden inhaltlichen und wörtlichen Verbindungen eine redaktionelle Zusammenstellung des Psalms mit diesen Texten viel eher nahegelegen hätte als mit Stücken aus dem Jesajabuch, die zudem an einem ganz anderen Ort innerhalb des Buches stehen.1·20 Die kollektive Volksklage wird eingeleitet mit einem Lobpreis Jahwes (63, 7). In der Klage erwartet man diesen eher am Schluß, doch zwingt diese Tatsache allein keineswegs dazu, Jes 63,7 für sekundär zu halten. Hymnisches Gotteslob findet sich, wenn überhaupt, dann nur noch in Jes 64,3b. Inhaltlich lassen sich des weiteren Verse zusammenfassen, die das Handeln Gottes an Israel in der Vergangenheit beschreiben, vgl. Jes 6 3 , 8 f . l 0 b . l 4 b ; 64,4 (?).6b. Das Verhalten der Gemeinde in der Vergangenheit wird in Jes 63,10a.l l-14a; 64,2a.3a.5.6a geschildert. In der Klage muß damit gerechnet werden, daß Beschreibungen der Vergangenheit zumindest teilweise auch die gegenwärtige Situation in der Gemeinde implizit enthalten. Ausdrücklich auf die gegenwärtige Gemeindesituation bezogen sind Jes 63,18.19a sowie 64,9f. Die Klage enthält Fragen und Bitten der Gemeinde (Jes 63,15.17.19b; 64,lb.8.11) ebenso wie ihr Bekenntnis zu Jahwe, dem Vater (63,16; 64,7). Man hat den Abschnitt Jes 63,7-64,11 in unterschiedliche "Überlieferungsschichten" einteilen wollen, doch die oben angegebene Gliederung läßt keine inhaltlichen Gegensätze erkennen, die mehrere Entwicklungsstadien innerhalb des Textes voraussetzten. 121

(nicht der Abfassung) des Stückes bereits weitgehend abgeschlossen vorlag, so daß die Redaktoren gezwungen waren, das Stück im letzten Abschnitt mit beizufügen. Doch wir tappen hier ganz im Dunkeln. 118 Diese sind exemplarisch bei Williamson (ZAW 102 (1990), 55f.) aufgezählt sowie in der ausführlichen und überaus lesenswerten Dissertation von Fischer (Wo ist Jahwe ?, bes. 205ff.) eingehend untersucht worden. Obwohl der Psalm einige "Deuteronomismen" enthält, kann er doch nicht ohne weiteres in den Kontext dtr. Theologie eingeordnet werden (vgl. Koenen, 158f.), näheres dazu bei Steck (Untersuchungen III, 236). 119 Yg] (fou insbesondere Steck, Untersuchungen III, 239ff. 120 Dem Dilemma, daß Jes 63,7-64,11 hinter Texten steht, die überwiegend Heilsansagen zum Inhalt haben, kann Steck (Untersuchungen III, 232f.) denn auch nur durch die hier wiederholte Hypothese entgehen, daß der vorhergehende Kontext den Redaktoren bereits abgeschlossen vorgelegen haben wird. Steck (Untersuchungen III, 233) betrachtet Jes 63,7-66,24 (sic!) als ein Stück, das an ein bereits vorgegebenes, mit 63,6 endendes Jesajabuch später "hinzugeschrieben" wurde. ' - 1 Für die Einheitlichkeit des Psalms sprechen insbesondere die ausführlichen Leitwortuntersuchungen von Fischer (Wo ist Jahwe ?, 76ff.), die (in Auseinandersetzung insbesondere mit Pauritsch, vgl. dazu schon Sekine, 150ff.) ebenfalls zu dem Schluß kommt, daß keine unterschiedlichen Uberlieferungsschichten vorliegen, vgl. ebd, 73ff.

288

V. "Einzelüberlieferungen"

b) Exegese Vers 7: "Die Gnadentaten Jahwes will ich preisen, die Ruhmestaten Jahwes, gemäß allem, was Jahwe an uns getan hat. - Und (sc. ich will preisen) die große Güte am Hause Israel, die er ihnen erwiesen hat nach seinen Erbarmungen und nach seinen großen Gnaden." wird wie in Jes 59,18 (dort ebenfalls in Verbindung mit der Wurzel bm) im Sinne von "wie es angemessen ist" ("entsprechend", "gemäß") gebraucht. 122 V.7b ist nicht von sondern von T3ÌK abhängig bzw. setzt die Wiederholung von T3TK implizit voraus.123 Damit ergibt sich ein Parallelismus zwischen V.7aa und 7ba sowie zwischen V.7aß und 7bß. Der Autor gebraucht mit der Auslassung von T3W in V.7b das Stilmittel der Ellipse, um den ohnehin überlangen Vers nicht noch weiter aufzufüllen und um ganz das Gotteslob in den Vordergrund zu stellen. Die Lesart aicran ist sowohl in Ps 31,20 Cpieran πα) als auch in Ps 145, 7 (^nicrni Τ DT) belegt, Konjekturen am Text sind mithin überflüssig.124 Der Ausdruck kommt sonst nicht in Verbindung mit ^tCli?' rPH1? vor. Die letztgenannte Bezeichnung fällt auf, da der Adressat sonst in der Regel mit "Volk" (Di?) bezeichnet wird 125 und die Objektbenennung weder grammatisch noch sachlich notwendig erscheint. Andererseits wird damit zugleich fraglich, warum jemand das Objekt ergänzt haben sollte. Die Wendung ist in den Übersetzungen gut bezeugt und dürfte eher dem plerophoren Stil des Verfassers als einer gedankenlosen Ergänzung eines Späteren zuzuschreiben sein.126 Vers 8: "Und er sprach: „Oh ja, mein Volk sind sie, Söhne, die nicht untreu sind!" Und er ward ihnen zum Helfer (V.9) in all ihrer Not." 122

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Konjekturen (vgl. etwa Morgenstern, Isaiah 63,7-14, 187, der unter Hinweis auf die Parallelen Ps 89,2 und 103,17 trtiffla lesen will) sind nicht gerechtfertigt. Ehrlich (Randglossen, 222) will das Wort als Dittographie aus dem Folgenden ganz streichen. So insbesondere auch Dillm./Kittel (512) und Fischer (Wo ist Jahwe ?, 32). Gegen BHS, in der auch der Text in Ps 145,7 angezweifelt wird. LXX haben κ ύ ρ ι ο ς κ ρ ι τ ή ς α γ α θ ό ς ("der Herr ist ein gerechter Richter"), κ ρ ι τ ή ς setzt weder 3Ί (MT), 3Ί (BHS, Ziegler, Untersuchungen, 147), 3T (vgl. Vulg., Ehrlich, Randglossen, 222, Morgenstern, Isaiah 63,7-14, 187 u.a.) oder (vgl. nur Ri 13,8) voraus, sondern ist in der Regel Ubersetzung für 850 (vgl. Hatch/ Redpath II, 791, Sp. lf.). Folglich bieten die LXX keine Übersetzung, sondern lediglich eine Kommentierung, vgl. zum letzten auch Ziegler (Untersuchungen, 147). In der Vulgata wird der Ausdruck mit "multitudinem bonorum" wiedergegeben, was sich als Angleichung der Wendung an "multitudinem misericordiarum suarum" am Schluß des Verses erklärt. Duhm (Jesaia, 466) streicht unter Hinweis auf LXX vor DT (MT) das 1 und kann die Wendung so als appositioneile Näherbezeichnung Jahwes auffassen ("Jahwe, groß an Güte"), vgl. Volz (265), Sekine (148) u.a., dagegen Dillm./Kittel (513). Vgl. Jes 63,8.11.14.18; 64,8. In Jes 63,16a wird der Stammvater Jakob als "Israel" bezeichnet. Vgl. auch Fischer (Wo ist Jahwe ?, 33, Anm.5).

3. Jes 63,7-64,11

289

Die Masoreten lassen mit "in all ihrer Not" einen neuen Satz beginnen, weil sie "Bote" und "Engel" im V.9 jeweils eigenen Versabschnitten zuordnen (siehe unter V.9). Hinzu kommt, daß mit der masoretischen Verseinteilung ein paralleler Aufbau zwischen V.9aa und V.9aß konstruiert wird. 127 Gleichwohl ist die Verseinteilung des MT mit der LXX und den meisten neueren Kommentatoren in Frage zu stellen: V.8b ist gegenüber V.8a auffallig kurz und gibt erst in Verbindung mit "in all ihrer Not" rechten Sinn. Auch V.9 gewinnt durch die geänderte Verseinteilung, denn V.9a wird auf diese Weise in seiner Überlänge gekürzt. Vers 9: "Nicht ein Bote oder Engel, (nein,) sein Angesicht half ihnen. In seiner Liebe und in seinem Mitleid war er es, der sie erlöste, und er hob sie auf und trug sie alle Tage von alters her." Betont und herausgestellt wird nun, daß Jahwe selbst für sein Volk eingeschritten ist, nicht irgendeine Hilfsperson. Dieses Textverständnis ergibt sich aber erst durch Abänderung der masoretischen Verseinteilung. MT lautet "In all ihrer Bedrängnis war keine Bedrängnis" - oder, unter Berücksichtigung des Qre 128 - "In all ihrer Bedrängnis war ihm Bedrängnis."129 Fortgeführt wird der Vers dann mit "und der Engel seines Angesichts hat sie gerettet." Damit würde "und er ward ihnen zum Helfer" (V.8b im MT) näher ausgeführt. Problematisch an dieser Lesart ist und bleibt, daß als Hilfsperson ein "Engel seines Angesichts" eingeführt wird, der im AT sonst nie begegnet130 und zudem auch ganz unerwartet eingeführt würde, nachdem doch herausgestellt worden war, daß Jahwe allein und niemand sonst dem Volk geholfen hat. Die Hilfe Jahwes ist nach V.8 in der einzigartigen Beziehung zwischen Vater und Sohn bzw. Söhnen begründet. Sie steht in Verbindung mit der Gnade und Liebe Jahwes. Nun soll nicht behauptet werden, daß zwischen dem Engel Jahwes und Jahwe irgendeine Diskrepanz bestehen müsse und daß der "Engel seines Angesichts" nicht im Auftrag Jahwes für das Volk helfend einschreiten könnte.131 127 Vgl. jedoch den Einwand von Fischer, Wo ist Jahwe ?, 38 (die Präposition 3 wird unterschiedlich gebraucht). 128 Lies für JÒ (MT) ft (auf Jahwe bezogen), vgl. BHS sowie die ausführliche und gelehrte Diskussion dieses Problems (mit Anführung älterer Kommentatoren) bei Vitringa (Observationum, 739ff.), ders. (Commentarius, 855.860). 129 Eine ausführliche Textkritik z.St. bietet in neuerer Zeit Beek (Mit-Leiden Gottes, 2330): Er folgt unter Hinweis auf das traditionelle Verständnis des Verses (bes. in der Targumliteratur) dem Qrë und sieht hier einen Beleg für das Mit-Leiden Gottes im AT. 130 Anders in späterer Literatur, vgl. die Belege bei Winter (VT 4 (1954), 439) und Fischer (Wo ist Jahwe?, 10). Winter (ebd., 440) behält den "Engel seines Angesichts" bei und sieht demgegenüber die LXX in einer Auseinandersetzung mit der gegenüber der Zeit des MT inzwischen verbreiteten Engellehre: Nicht irgendwelche Engel, sondern Jahwe selbst hilft den Israeliten. In seiner Interpretation ist der LXX-Schreiber damit nach der Auffassung Winter's nicht dem MT, sondern einem hebräischen Text gefolgt, der nicht mehr erhalten ist, aber eine Parallele in der Haggadah hat (vgl. ebd.). 131 Vgl. Pauritsch (148) mit Hinweis auf Ps 34,8; 91,11 und 103,20f.

290

V. "Einzelüberlieferungen"

Merkwürdig ist vielmehr, daß kein Hinweis darauf vorliegt, daß der "Engel seines Angesichts" mit irgendeiner Person in der Geschichte Israels identifiziert werden soll. Wenn aber kein geschichtlicher Bezug erkennbar wird, dann muß mindestens eine theologische Überlegung hinter diesem "Engel seines Angesichts" stehen. In die enge und einzigartige Beziehung zwischen Vater und Sohn bzw. Söhnen will sich die explizite Entsendung eines "Engels seines Angesichts" aber kaum einfügen. So wird man mit vielen anderen der Übersetzung der LXX den Vorzug geben müssen.132 Sie lautet in dem hier in Frage stehenden Abschnitt: "oü πρεσβυς οϋδε άγγελος, άλλ'αύτος Κύριος έ'σωσεν αύτοΰς...". πρέσβυς kann in LXX sowohl für ηκ^Ώ als auch für T S stehen133, wobei zu beachten ist, daß T S auch in Jes 57,9 defektiv geschrieben wird.134 Damit wird immer wahrscheinlicher, daß die Punktation der Masoreten ("IS(I) = rns(I) "Bedrängnis, Not") als sekundär von o n i s (V.9a im MT) her beeinflußt entstanden ist, während "IS demgegenüber die ursprünglichere und schwierigere Lesart darstellt und folglich vorzuziehen ist. Mit "Ι(')2 wird ein Bote Jahwes (Jer 49,14; Ob 1), ein Gesandter eines Volkes (Jes 18,2; 59,9) oder schlicht irgendein Bote (Prov 13,17, parallel zu TfKSQ; 25,13) bezeichnet, jedoch in jedem Falle ein Mensch, kein himmlisches Wesen. Dementsprechend wird auch das parallele 7]K*7Ü(!) nur auf ein menschliches Wesen gedeutet werden können. Jahwe hat ohne menschliche Gesandte gehandelt, er hat sich väterlich seinem Volk ganz direkt zugewandt. 135 Die

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Vgl. Rosenmüller (525ff.), BHS, Duhm (Jesaia, 466), Budde (711), Volz (266), Westermann (ATD, 306), Reindl (Angesicht, 81 sowie ebd., 256, Anm. 170 mit Diskussion), Koenen (163, Anm. 30, mit Diskussionsüberblick). Vgl. Hatch/Redpath (II, 1201, Sp.2). Mit Fischer (Wo ist Jahwe?, 7) kann man zwar einschränken, daß T S in der LXX außer in Jes 63,9 nur noch in Jes 57,9 mit π ρ έ σ β υ ς wiedergegeben wird, da Jes 13,8 zweifelhaft ist. Gleichwohl ist durch den parallelen Gebrauch von ά γ γ ε λ ο ς nicht zu bestreiten, daß die LXX unter π ρ έ σ β υ ς einen "Boten" oder "Gesandten" verstanden haben, vgl. Num 21,21; 22,5; Dtn 2,26 u.a.m. Anders Gesenius (682, Sp.2), gegen Fischer (Wo ist Jahwe?, 7) u.a. Die pleneSchreibung von T S bzgl. Jes 57,9 bei Lisowsky (Konkordanz, 1217, Sp.2) entspricht nicht dem MT. lQJes a hat T S in Jes 57,9 in plene-Schreibung, in 63,9 hingegen in defektiver Schreibung. Dies besagt m.E. hier der Ausdruck "sein Angesicht", vgl. auch Reindl (Angesicht, 84, mit Diskussionsübersicht). Reindl bestreitet zu Recht einen direkten Bezug unseres Textes auf Ex 33,14 (vgl. ebd.), bezieht die Aussage aber auf den Exodus, obgleich er (ebd., 83) richtig feststellt, daß sich das Wort Q'39 in der Exodustradition nicht findet, vgl. van der Woude (THAT II, Art. D'JS, 447). Der Gebrauch von DIS kommt an unserer Stelle dem Reflexivpronomen "selbst" sehr nahe (vgl. LXX, auch Reindl, Angesicht. 84, van der Woude, THAT II, Art. D*35, 447), könnte aber nicht unter Berücksichtigung des Nahkontextes (V.9f.) "harmonischer" durch Κ1Π ersetzt werden (gegen Fischer, Wo ist Jahwe?, 9), denn Kl Π betont hier die Person Jahwes, TIS seine Person im Hinblick auf seine persönliche Zuwendung zum Volk. D'33 als handelndes Subjekt einer Aussage

3. Jes 63,7-64,11

291

Herausstellung, daß Jahwe ganz allein geholfen habe, fuhrt denn auch zu der ungewöhnlichen Zusammenstellung von mit einem Verb im Singular.136 Vers 10: "Sie aber waren widerspenstig und kränkten seinen heiligen Geist. Da wandelte er sich ihnen gegenüber zum Feind, er war es, der gegen sie stritt." Literarisch sehr schön wird der Kontrast zwischen dem Verhalten Gottes und dem des Volkes durch ein einleitendes waw-adversativum (vgl. 64,7) mit folgendem, auf das Volk bezogenen selbständigen Personalpronomen herausgestellt. Das Nebeneinander von "widerspenstig sein" und "jemanden kränken" begegnet nur hier und in Ps 78,40 (mit 3 ^ ( 1 1 ) im Hiph.). 1 3 7 3Χΰ(ΙΙ) (Pi'el) findet sich nur noch in Ps 56,6 (ohne erkennbaren Zusammenhang mit Jes 63, 10), wird aber eine Anspielung auf "Götzenbild" sein, vgl. Ps 106,36.38 u.ö.138 Vom "heiligen Geist" ist im AT nur in Jes 63,10f. und in Ps 51,13 die Rede. Aus der Verbindung von "Geist" und "heilig" wird deutlich, daß mit dieser Formulierung die Unantastbarkeit des Geistes besonders herausgestellt werden soll. 1 3 9 In Ps 51,13 und Jes 63,10 (vgl. den vorhergehenden Kontext und V.l 1) erscheint der "heilige Geist" zunächst als eine schützende Kraft. Wagt der Mensch jedoch, diese in seinem Hochmut zu kränken140, dann mißbraucht er die persönliche Zuwendung Gottes (vgl. V.9!), dann wandelt sich das Heilige für den Menschen zum Unheil. "Heiliger Geist" steht hier letztlich (ebenso wie "sein Angesicht" im vorherigen Vers) für Gott selbst 141 , und so mußte die Gemeinde voll Schrecken feststellen, daß sich Gott selbst gegen sie gewandt hat, ihr zum Feind geworden ist. Sì Π (V.lOb) ist dabei deutlich demfflanQ)(V.lOa) gegenübergestellt.

findet sich noch in Ex 33,14; Dtn 4,37 und Thren 4,16. Zu Ex 33 vgl. van der Woude, THAT II, Art. D*3S, 446f. 136 Yg] Reindi (Angesicht, 84, mit Angabe von sprachlichen Parallelen). Eine Korrektur von DS*fflirt in 01)*fflìn (vgl. Budde, Jesaia, 711, Elliger, Einheit, 29, Morgenstern, Isaiah 63,7-14, 188 u.a.) ist daher nicht notwendig. 137 Vgl. zu den inhaltlichen und wörtlichen Verbindungen des Stücks mit Ps 78 die ausfuhrliche Zusammenstellung bei Fischer (Wo ist Jahwe ?, 209ff.). 13 8 Die Wort- und Sachbeziehungen zu Ps 106 sind evident und bei Fischer (Wo ist Jahwe?, 216ff., vgl. auch Morgenstern, Isaiah 63,7-14, 192ff.) zusammengestellt. Sie sind allerdings nicht so zwingend, daß literarische Abhängigkeit angenommen werden müßte, machen aber deutlich, daß die Volksklage der israelitischen Gemeinde aus Traditionen bestand, die immer wieder aufgegriffen werden konnten. 139 Nach Albertz/Westermann (THAT II, Art. ΠΓΙ, 752) ist die Verbindung "heiliger Geist" ein Widerspruch in sich, weil "heilig" vornehmlich statisch und "Geist" vornehmlich dynamisch aufzufassen sei. Jes 63,10 einerseits und Jes 63,11; Ps 51,13 andererseits zeigen, daß beide Elemente in dem Ausdruck enthalten sind: In Jes 63,10 überwiegt das statische, in den beiden anderen Belegen das dynamische Element. Zum dynamischen Element des Heiligen vgl. noch Otto, Das Heilige, 27f. 140 Vgl. zur Wirkungsgeschichte von Jes 63,10 Apg 7,51; Eph 4,30 sowie Mk 3,28f. par. 141 Nach Volz (270f.) haben wir es hier mit einer "beginnenden Hypostasierung" des heiligen Geistes zu tun.

292

V. "Einzelüberlieferungen"

Vers 11: "Da gedachte der Tage der Vorzeit >Mose< sein Volk: Wo ist der, der sie herausführte aus dem Meer, die Hirten seiner Schafe ? Wo ist der, der seinen heiligen Geist in seine (sc. des Volkes) Mitte legte ?" Der Text ist verdorben. MT setzt bzgl. V.lla folgendes Verständnis voraus: "Und er (sc. Jahwe) dachte an die Tage der Vorzeit, an Mose, an sein Volk." Da die zweite Wo-Frage deutlich auf Jahwe abzielt, wird dies auch in der ersten Frage der Fall sein. In V.l la ist offensichtlich also an einen Satz mit appositionellen Aneinanderreihungen gedacht, dessen Subjekt der in V.lOb beschriebene Jahwe ist. Das Gedenken Jahwes an die Tage der Vorzeit etc. würde dann wahrscheinlich ein Innehalten Jahwes im Gericht bedeuten, verbunden jedoch mit seinem Fernbleiben dem Volke gegenüber, so daß das Volk beginnt, bange Fragen zu stellen. Auffallig bleibt bei diesem Verständnis der plötzliche Subjektwechsel, denn die Fragen in V. 11b geben im Munde Jahwes keinen Sinn, das Volk bzw. die fragende Gemeinde muß Subjekt sein. LXX geben V.lla.ba unter Auslassung von ÌJ3J5 ilt&Q folgendermaßen wieder: "Kai έμνήσθη ή μ ε ρ ΰ ν a ï u v i u v ό ά ν α β ι β ά σ α ς έκ της γ η ς τον π ο ι μ έ ν α τ ΰ ν προβάτων." Die Übersetzung dürfte in Anlehnung an Dtn 20,1 (ό άναβι βάσας σε έκ γη ς Αιγύπτου) entstanden sein. Sie setzt - gestützt u.a. (vgl. BHS) von lQJes®, Vulg. entspricht MT - rfrsan (bezogen auf Jahwe) voraus oder ändert den Text entsprechend ab, um den "Hirten" (Sg. gegenüber Plural im MT) auf Mose deuten zu können. 142 Man darf auf jeden Fall davon ausgehen, daß sie HOS keinesfalls unübersetzt gelassen hätten, wenn das Wort in ihrer Vorlage gestanden hätte. ÍÍ313 und das folgende ΓΓΚ müssen durch aberratio oculi unübersetzt geblieben sein. 143 Die auffälligen Ubereinstimmungen zwischen den LXX-Formulierungen in Jes 63,11 und Dtn 20,1 warnen davor, der LXX-Version vorschnell den Vorzug vor dem MT zu geben. Als deutlich sekundär erweist sich m.E. lediglich HB)b , das die LXX sicher nicht vorgefunden haben und das sich als Randglosse eines Späteren im Hinblick auf V.12 leicht erklärt. 144 Der Glossator wollte mit Blick auf den folgenden Vers das Gedenken Jahwes an die Tage der Vorzeit präzisieren. Später ist die Glosse durch einen Abschreibfehler in den Text gelangt ("Kontext-Glosse"), so daß nun eine Aneinanderreihung der Dinge entstand, an die Jahwe gedacht haben soll. Mit der Einfügung von "Mose" wird jedoch V.12 ungebührlich vorgegriffen, sie ist inhaltlich auch durchaus überflüssig. Umgekehrt ergeben sich Schwierigkeiten, wenn man mit LXX VìS Π2Μ oder auch nur ifäö streicht, weil damit zwangsläufig Jahwe zum Subjekt

142

Vgl. auch Duhm (Jesaia, 467), Elliger (Einheit, 29), Westermann (ATD, 306), Schottroff (Gedenken, 132, Anm.3), Pauritsch (150), weitere Kommentare in der ausführlichen Textkritik bei Fischer (Wo ist Jahwe ?, 13f.). Ein anderes Verständnis bietet Klosterm. (97): Auch er ändert in Π^ΪΒΠ, bezieht den Abschnitt aber auf das Wasser des Nils, aus dem Jahwe den Mose rettete, um ihn zum Hirten (Sg.) seines Volkes heranwachsen zu lassen, vgl. Budde, 711. Dem ähnelt der bereits von Ibn Ezra erhobene Vorschlag, H2M als Partizip von ΓΙΒ0 "herausziehen" aufzufassen, vgl. dazu ausfuhrlicher Fischer (Wo ist Jahwe ?, 13). D^Sian (= MT) wird u.a. von Brockelmann (Syntax, § 99a) und Waltke/O'Connor (Syntax, 618) beibehalten. 143 Was viel Wahrscheinlichkeit für sich hat, da der Blick des Übersetzers leicht von O^IV in V.l 1 a nach D^SÖH in V.l lb abrutschen konnte. 144 Vgl. Gesenius (Jesaia, 267), Duhm (Jesaia, 467).

3. Jes 63,7-64,11

293

des Satzes V.l la wird, denn Mose als Subjekt gibt keinen Sinn. Die Folge wäre ein krasser Subjektwechsel zwischen V. 1 la und 1 lb sowie eine unerträgliche Kürzung des Halbverses 1 la, so daß man aus metrischen Gründen zu einer anderen Verseinteilung kommen würde, die allerdings den parallelen Aufbau der beiden Wo-Fragen in V.l lb zerstörte. Man tut also gut daran, ifäl) beizubehalten und als das gedachte Subjekt des ganzen Verses aufzufassen.14^ Problematisch an dieser Lösung ist lediglich die Wortstellung, die weniger durch eine beabsichtigte Betonung der "Tage der Vorzeit" als einfach durch Textkorruption (unbeabsichtigte Wortvertauschung) - vielleicht im Zuge der Einfügung der Glosse - erklärt werden kann.

Damit ergibt sich folgendes Textverständnis: Im hymnischen Rückblick wird beschrieben, daß das Volk, nachdem es gefrevelt und Jahwes Zorn erfahren hatte, sich auf seine alten Heilstraditionen besonnen hat. Zu denen gehörte und gehört für die Gemeinde des Psalms immer noch - das wird nun unzweifelhaft deutlich - das Exodusgeschehen. Die Fragen zielen auf Jahwe ab. In der Not sucht das Volk Halt bei einem Gott, der sich seinem Volk gegenüber in Heilstaten offenbart hatte. Zu diesen gehört zunächst der Exodus. Merkwürdig ist nun, daß als Objekt der Herausführung die "Hirten seiner Schafe" erscheinen.146 Vom Exodusgeschehen her gibt die Frage nach den Hirten kaum Sinn. Man hat hier eine "dogmatische Korrektur" von Späteren erblicken wollen, die neben Mose auch Aaron berücksichtigt haben wollten147, doch als Objekt geben weder Mose noch Aaron noch beide zusammen einen Sinn. Möglicherweise müssen die "Hirten" überhaupt nicht vom Exodusgeschehen her interpretiert werden, sondern von der gegenwärtigen Gemeindesituation her: Die "Hirten" sind die Oberen des Volkes, vgl. Jes 56,11 und die dort genannten Parallelen. Diese sind im Zuge der Ereignisse um 587 v.Chr. entweder umgebracht oder nach Babylonien verschleppt worden.148 Die Frage zielt nun möglicherweise darauf ab, wo der Gott ist, der diese Hirten damals im Exodusgeschehen aus dem Meer geführt hatte. - Es ist verständlich, daß man später diese Verwicklung von Exodustradition und Gemeindesituation nicht mehr nachvollziehen konnte und von Seiten der LXX den Vers auf Mose bezogen hat. Vers 12: "Der Mose zur Rechten führte (mit) seinem prächtigen Arm, der vor ihnen her das Wasser zerspaltete, um sich einen ewigen Namen zu machen." "Ewiger Name" begegnet nur noch in Jes 56,5, ohne daß literarische Abhängigkeit wahrscheinlich gemacht werden kann. Zu V.12bß insgesamt vgl. die ganz ähnliche Stelle Jes 63,14bß. 145 vgl. auch Delitzsch, 602 (allerdings, ebenso wie Fischer, Wo ist Jahwe ?, 14 mit Beibehaltung von "Mose"), Dillm./Kittel (514, mit Aufzählung älterer Kommentare). 146 In der Vulg. ist das Problem dadurch behoben, daß Jahwe das Volk mit den Hirten seiner Herde (cum pastoribus gregis sui) herausgeführt hat, vgl. auch Volz (266), Fischer (Wo ist Jahwe ?, 14). 147 Vgl. beispielsweise l.Sam 12,6.8, Dillm./Kittel (514), Duhm (Jesaia, 467), Volz (266) u.a., kritisch Fischer (Wo ist Jahwe ?, 15). 148 Vgl. Donner, Geschichte II, 379ff.

294

V. "Einzelüberlieferungen"

Vers 13: "Der sie durch die Fluten führte wie ein Pferd durch die Steppe, nicht strauchelten sie." Auffällig ist zunächst die sprachliche Parallele mit V.12 (vgl. jeweils den Versanfang), die unterstreicht, daß "Mose" in V.12 als pars pro toto für das Exodusvolk steht. Mit den "Fluten" wird hier deutlich, wie sonst nur noch in Ex 15,5.8; DtJes 51,10 und Ps 106,9, auf das Schilfmeer angespielt. Mit Artikel finden sich die "Fluten" nur in Jes 63,13 und Ps 106,9. Der inhaltliche und wörtliche Bezug zu Ps 106,9 ist besonders signifikant (vgl. 1 3 Ί Ώ 3 rrtann? CD^r",), insbesondere deshalb, weil das "trockene Land" in Ps 106,9 auf das Exodusgeschehen bezogen ist, während es in Jes 63,13 nur im bildlichen Vergleich sinnvoll erscheint und damit inhaltlich ohne direkten Bezug zum Kontext bleibt. - Dennoch ist keineswegs sicher, daß wir es mit literarischer Abhängigkeit zu tun haben, denn eine wortgetreue Zitation liegt nicht vor. Mit den in der B H S 1 4 9 vorgeschlagenen Konjekturen sollen Jes 63, 13 und Ps 106,9 gewaltsam einander angeglichen werden. Vielfältige Wortberührungen des Abschnitts nicht nur mit Ps 106, sondern auch mit Ps 77 und 78 lassen eher vermuten, daß wir allgemeine kultische Traditionen (etwa: Ex 15, 5.8) vor uns haben, die immer wieder aufgenommen worden sind. 1 5 0 Das Pferd wird des öfteren zum Vergleich herangezogen, steht im AT jedoch sonst nie für die gesamte Gemeinde und wird selten im positiven Sinn verwendet. Der Vergleich der Gemeinde mit einem Pferd in der Wüste zielt m.E. weder auf sicheres Reiten noch auf die Wüstenwanderung des Volkes beim Exodus ab, sondern dient der Illustration der lebensrettenden Führung des Volkes durch Jahwe. Ein Pferd allein wäre in der Wüste orientierungslos und würde umkommen. Über die Bildebene hinaus ist ein Zusammenhang des Vergleichs mit dem Exodusgeschehen nicht erkennbar. Die abschließende Bemerkung "nicht strauchelten sie" fällt aus dem Vergleich und wirkt wie ein Randkommentar eines späteren Lesers, buchstabengetreu finden sich die beiden Worte noch in Jer 31,9. 151 Eine Ausscheidung der Worte ist aber nicht zwingend, büb bezeichnet sonst - u.a. auch in Jes 59,10 - häufig ein Straucheln in Orientierungslosigkeit. Es ist also denkbar, daß der Verfasser mit den Worten "nicht strauchelten sie" die Folge (konsekutiver Nebensinn) der lebensrettenden Führung des Volkes durch Jahwe beschreiben wollte. Der voranstehende Vergleich, der, wie oben bereits erwähnt, im AT einzigartig ist, hat diese Bemerkung notwendig gemacht. Da jedoch keine Konsekutivkonstruktion vorliegt, wird auf eine konsekutive Übersetzung verzichtet. 152 Man kann die Formulierung auch der Ungeschick-

149 Vg| a u c h Morgenstern, Isaiah 63,7-14, 190f. 150 Vgl. zu Ps 77 noch Fischer (Wo ist Jahwe ?, 205ff.). 151 Ob literarische Abhängigkeit vorliegt, ist ungewiß. Wenn man eine Zitation annehmen will, ist ein sekundäres Eindringen der Worte von Jer 31,9 her in unseren Text am wahrscheinlichsten. Das Zitat gehörte dann allerdings kaum zum ursprünglichen Text, sondon wäre als ein im Nachhinein in dai Text eingedrungendes Randzitat aufzufassen. 152 Zu erwarten wäre mindestens ein waw copulativum, wenn nicht gar eine einführende Konjunktion, wobei vornehmlich 'S oder "IfflK zur Auswahl ständen, vgl. G./K. §166.

3. Jes 63,7-64,11

295

lichkeit des Autors zuschreiben. Der Verfasser zeigt sich in dem gesamten Stück nicht gerade als Meister der Poesie.

Vers 14: "Wie das Vieh, das ins Tal hinabsteigt, so ließ der Geist Jahwes es (sc. das Vieh) zur Ruhe kommen. So führtest du dein Volk, um dir einen prächtigen Namen zu machen." Der Text fährt zunächst in einem bildlichen Vergleich fort. Der verbindende Leitgedanke besteht in der Illustration der lebensrettenden und heilvollen Führung des Volkes 153 durch Jahwe. V.14a bleibt insgesamt in der Bildhälfte, so daß eine Versabgrenzung gemäß LXX hinter V.14aa (vgl. BHS) wenig sinnvoll erscheint. m3 (Hiph.) hat nur in Jes 63,14 den "Geist Jahwes" als Subjekt, häufig aber Jahwe selbst. In der dtn.-dtr. Literatur ist die Wurzel terminus technicus für die Landgabe, 154 so daß man annehmen kann, daß diese auch in Jes 63,14 im Blick ist. 155 Literarische Beziehungen bestehen nicht. Vers 15: "Schau herab vom Himmel und sieh von der Wohnung deiner Heiligkeit und deiner Pracht! Wo ist dein Eifer und deine Stärke ? Das Seufzen deines Innern und deine Erbarmung, halten sie sich vielleicht (noch immer) zurück ?" V.15a macht deutlich, daß Jahwe als im Himmel wohnend gedacht wird. Der Tempel ist zerstört (Jes 64,10). Während Jahwe mit seiner Heiligkeit in früheren Zeiten mitten im Volk gegenwärtig war (Jes 63,11b), symbolisiert der "Himmel" als Wohnort Jahwes nun seine Ferne, vgl. V.19b. Die Wo-Fragen des Psalms (63,11.15) zielen folglich nicht auf die Lokalisierung der Gottheit ab, sondern auf das heilsame Eingreifen Jahwes zugunsten seines Volkes. V.15aa findet sich buchstabengetreu auch in Ps 80,15. Hinzu kommt, daß dort auch der Aufruf niïï an Jahwe gerichtet wird, vgl. V.17b. Man könnte also literarische Abhängigkeit erwägen, wobei sich der Aufruf an Jahwe in Jes 63, 15 besser in den Kontext einfügt (vgl. V.15aß.l9b) als in Ps 80,15 (vgl. Ps 80,2). Andererseits ist ganz unsicher, ob Ps 80 zeitlich früher oder später als unser Text eingeordnet werden muß. 156 Zudem muß berücksichtigt werden, daß die Aufforderung an Jahwe, zu schauen, häufig in der Klage begegnet 157

153

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157

Möglich wäre auch die Übersetzung "...so ließ der Geist Jahwes uns zur Ruhe kommen"; Gleichwohl halte ich es für besser, die Bildhälfte in V. 14a, die Sachhälfte hingegen in V.14b zu belassen. Das "Vieh" (Π!3Π3) wird nur hier bildlich für das israelitische Volk verwendet. Vgl. Dtn 3,20; 12,10; 25,19; Jos 1,13.15; 21,44 u.ö. Möglicherweise ist sogar entsprechend V. 14aa daran gedacht, daß sich die Landgabe vom Gebirge her in die Ebenen vollzog, doch ein bildlicher Vergleich steht immer in Gefahr, überinterpretiert zu werden. Weiser (Psalmen II, 372) betrachtet den Psalm als vorexilisch, Bertholet (Psalmen, 208f.) denkt an die Makkabäerzeit. Vgl. auch den Überblick bei Kraus (Psalmen II, 556). Vgl. u.a. Ps 13,4; 142,5; Thren 1,11; 2,20; 3,63; 5,1, auch Jes 64,8. Inhaltlich vgl. noch Ps 33,13 und 102,20.

296

V. "Einzelüberlieferungen"

und damit literarische Abhängigkeit kaum zweifelsfrei begründen kann. Umgekehrt sollte sie an dieser Stelle aber auch nicht ausgeschlossen werden. Die beiden letzten Wörter sind in der masoretischen Punktation nahezu unverständlich und haben zahlreiche Emendationen erfahren. Delitzsch (604) behält die Punktation bei und übersetzt V.15b: "Wo sind dein Eifer und deine Machterweise - der Drang deines Inwendigen und deiner Erbarmungen halten sich gegen mich zurück." Diese Übersetzung könnte zumindest Aufschluß über das Textverständnis der Masoreten geben, wenngleich der Ubergang in die Ich-Rede des Psalmisten trotz 63,7 wenig Sinn ergibt. Die LXX übersetzen die beiden letzten Worte des Verses mit ότι άνέοχου ήμΰν; und orientieren sich damit offensichtlich an 64,11. 159 Die Ausleger vertreten in Anlehnung an Jes 64,11 und die LXX zumeist eine Emendation in ρ0ΚΓ1Π S3"1?»« ("halte dich doch nicht zurück!" - an Jahwe gerichtet) oder ìp0Kn,"'lK ("sie (sc. deine Erbarmungen) sollen nicht an sich halten"). 160 Die Wörter werden zuweilen als Randglosse ausgeschieden oder zu V.16 gezogen. Die genannten Emendationen erscheinen allerdings vor allem deshalb firaglich, weil sie die Entstehung des Konsonantentextes (MT) kaum erklären können und eine Textangleichung an 64,11 darstellen. Einen neuen Vorschlag bietet daher Fischer, die in das Demonstrativpronomen ÎT^R ändert und V.15b übersetzt: "Wo sind dein Eifer und deine Großtaten ? Die Regung deines Leibes und deine Erbarmungen - diese halten sich zurück!" 161 - Damit bleiben Verb und masoretische Verseinteilung in V.15b erhalten, allerdings muß eine Vertauschung von Π und * in **Τ>Κ angenommen werden. - Ganz ohne Änderung des Konsonantentextes kommt man aus, wenn man nicht als punktiert, sondern als defektiv geschriebenes also wie in Gen 24,39 "Vielleicht" ist dann Ausdruck der Befürchtung wie in Gen 24,5.39 und kann auch ohne Fragepartikel in Anknüpfung an das voraufgehende ΪΤΚ als Frage aufgefaßt werden. Die Masoreten haben die sonst nur noch in Gen 24,39 belegte Defektivschreibung von ''JIX hier nicht erkannt und dai Text entsprechend ihrem Verständnis punktiert.162

"Erbarmung" bezeichnet hier barmherzige Regungen, der Plural ist ein pluralis intensivus wie in Jes 63,7.163 ρε« (Hitpa'el) "an sich halten", "(Gefühle) unterdrücken" wird von Gefühlen noch in Gen 43,31; 45,1; DtJes 42,14; Jes 158 vgl. Fischer, Wo ist Jahwe ?, 17f. 159 ά ν ε χ ε I V steht für ρο» Hitpa'el nur in Gen 45,1; DtJes 42,14; Jes 63,15 und 64,11, nur an den letzten beiden Stellen begegnet άνεσχου (vgl. Hatch/Redpath I, 87, Sp.3). Das Suffix l.Sg. in wird, da es sich nun um Worte der Gemeinde handelt, in ein Suff. 1.P1. geändert, das Verb muß von der 3.P1. in die 2.Sg. abgeändert werden. 160 vgl. BHS sowie die Zusammenstellung der Emendationen bei Barthélémy (Critique textuelle, 442f.). Für die erste Lösung treten u.a. Zillessen (253, mit Hinw. auf Oort), Budde (Jesaia, 711), Volz (266), Elliger (Einheit, 29) und Westermann (ATD, 310) ein, für die zweite u.a. Duhm (Jesaia, 469). 161 Fischer, Wo ist Jahwe ?, 18. 162 Zur falschen Punktierung von Wörtern, deren scriptio defectiva nicht verstanden wurde, vgl. Beispiele bei Delitzsch (Lese- und Schreibfehler, 62ff.). 163 Vgl. G./K. §124e. Dies gilt auch für ηΠΊΠΪ in V.15b (lies jrHini), eine Textänderung in den Sg. entsprechend einigen MSS ist daher nicht notwendig (gegen BHS, Budde, Jesaja, 711, Pauritsch, 152 u.a.).

3. Jes 63,7-64,11

297

64,11 und Est 5,10 gebraucht, auf die Gefühle Jahwes bezogen ist die Wurzel nur in Jes 63,15; 64,11 und DtJes 42,14. Die letztgenannte Stelle steht deutlich in einer literarischen Beziehung zu Jes 64,11, und so kann davon ausgegangen werden, daß auch die Formulierung in Jes 63,15 mit DtJes 42,14 literarisch in Verbindung steht.164 V.15bß gibt so der Befürchtung Ausdruck, daß sich Jahwe noch immer - d.h. trotz der durch die Ereignisse von 587 v.Chr. bereits entstandenen Notlage - in Schweigen und Zurückhaltung hüllen könnte. Damit ergibt sich ein mit Jes 64,11 übereinstimmendes Textverständnis ohne Änderung des MT. Vers 16: "- Aber du bist doch unser Vater, denn Abraham kennt uns nicht und Israel weiß von uns nichts. Du, Jahwe, bist unser Vater, »unser Erlöser« ist dein Name von alters her." Hier wird explizit das im gesamten Psalm immer wieder mehr oder weniger deutlich berührte Vater-Sohn-Motiv thematisiert. Der Rückgriff auf die Väter (Abraham und Israel = Jakob) erfolgt nicht, um die mit den Vätererzählungen verbundene Heilsgeschichte Israels in Frage zu stellen. 16 ^ Dem widerspräche m.E. der positive Bezug zum Exodusgeschehen in 63, 11 ff., denn eine Ablehnung der Väterüberlieferung bei gleichzeitiger Anerkennung des Exodusgeschehens als Heilsgeschehen kann implizit nicht ohne konkrete Hinweise vorausgesetzt werden. Vom Kontext her wird vielmehr an die "große Güte" (63,7), an die "Erbarmungen" (63,7.15), an "Liebe" und "Mitleid" (63,9, verbunden mit ^ÍO) des Vaters (Jahwe) gegenüber seinen Söhnen (den Israeliten, 63,8) appelliert. Dies insbesondere deshalb, weil die angesprochenen Vatergefühle für die Gemeinde in der Gegenwart fraglich geworden sind (63,15), denn das Volk hatte den Vater, der sich zu seinen Söhnen bekannte (63,8), empfindlich gekränkt (63,10). Das ΠΓΙΚ, eingeleitet durch ein mit adversativem und zugleich beschwörenden Nebensinn, betont denn auch weniger, daß Jahwe allein der Vater der Gemeinde ist, sondern ist appellativ direkt an Gott gerichtet. Zugleich bekennt sich die Gemeinde damit zu ihrem Angewiesensein auf die Gnade des Vaters, was in Jes 64,7 dadurch betont wird, daß sie sich als Geschöpf des Schöpfervaters beschreibt. "Denn Abraham kennt uns nicht und Israel weiß von uns nichts" besagt dann, daß die Väter der Vergangenheit, die als Ahnherren des Volkes im Blick sind, in der Gegenwart nichts mehr für das Heil des Volkes ausrichten können - anders als Jahwe, der dem Volk über alle Zeiten hinweg geholfen hat und darum "unser Erlöser" genannt wird, vgl. 63,9. Der Name, der nicht als Name, wohl aber als Benennung Sinn gibt, könnte aus DtJes 47,4 stammen, wenn überhaupt eine literarische Beziehung vorliegt. 166 164

165

166

Zillessen (253) und Beuken (Servant and Herald, 423) denken an literarisches Einwirken von DtJes 42,14 auf Jes 63,15, aber auch umgekehrte Abhängigkeit ist denkbar. Der Prophet hätte dann mit seiner Verheißung in DtJes 42,14.16 (zur Abgrenzung des Textes vgl. den Exkurs S.308ff.) auf die Zweifel des Volkes nach der Katastrophe von 587 v. Chr. reagiert. Gegen Pauritsch (153), Fischer (Wo ist Jahwe ?, 51Í.116, mit Hinweis auf Beuken). Vgl. zu den Anknüpfungen an die Väterverheißungen in der dtn.-dtr. Literatur Jenni (THAT I, Art. 3«, 11 f.), Römer (Israels Väter, passim). "Unser Erlöser", auf Jahwe bezogen, kommt nur an diesen beiden Stellen vor. In DtJes 47,4 scheint es sich jedoch nicht ausdrücklich um eine Namensnennung zu handeln,

298

V. "Einzelüberlieferungen"

Vers 17: "Warum läßt du, Jahwe, uns abirren von deinen Wegen, verhärtest unser Herz, daß wir dich nicht fürchten ? Kehre zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme deines Eigentums willen! " Die für die Klage typische Warum-Frage begegnet nur einmal im Psalm. Sie kennzeichnet hier die besonders verzweifelte Hinwendung der Gemeinde zu Jahwe. Dabei wird Jahwe in die Schuld des Volkes mit einbezogen, insofern er das "Irregehen" der gesamten Gemeinde zugelassen (Hiph.) hat. Diese Grenzaussage wird in der maßlosen Trauer begründet sein, die die Gemeinde über die Zerstörung ihrer Heimat und ihres Heiligtums empfunden hat. Zugleich wird mit V.17 deutlich, daß die Gemeinde selbst keinerlei Möglichkeit sieht, irgendetwas zu ihrem Heil beizutragen: Das Schicksal des Volkes in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist allein in Jahwes Hand. 167

Die an Jahwe gerichtete Aufforderung "Kehre zurück! " begegnet im AT relativ selten, vgl. noch Ex 32,12; Num 10,36; Ps 6,5; 80,15; 85,5 und 90,13. 168 Literarische Beziehungen sind hier nicht nachweisbar. Vers 18: "Aus Verachtung169 haben sie dein heiliges Volk vertrieben, unsere Feinde haben dein Heiligtum zertrampelt" wenngleich diese unmittelbar folgt. Die Bezeichnung "unser Erlöser" dürfte wohl eher zu dem vorhergehenden Vers DtJes 47,3 gehören, vgl. BHS, Duhm (Jesaia, 355), Westermann (ATD, 151) u.a. Eine literarische Beziehung zwischen beiden Stellen muß fraglich bleiben, da Jahwe in Jes 40-55 häufig als "Erlöser" bezeichnet wird (vgl. 41,14; 43,14; 44,6.24; 47,4; 48,17; 49,7.26; 54,5.8), vgl. dazu Westermann, ATD (63f.). Zu TrJes vgl. noch TrJes 60,16 und 62,12. 167 Yg] f i c h e r (Wo ist Jahwe ?, 52f.). Man kann daher nicht von "einer Art Selbstgerechtigkeit" sprechen, die allein Jahwe für die Sünden der Gemeinde verantwortlich mache (gegen Pauritsch, 164). Das Volk ist sich seiner Sünden sehr wohl bewußt (vgl. Jes 64, 5f.), kann sich diese aber nur vom Handeln Gottes her erklären: Wenn die Gemeinde gesündigt hat, dann muß Jahwe sich zuvor von ihr abgewandt haben, vgl. Volz (274), Jeremias (Die Reue Gottes, 115f.). Die Gemeinde stellt damit ihr uneingeschränktes Angewiesensein auf das Verhalten Jahwes heraus. Dies kann nicht mit "Selbstgerechtigkeit" gleichgesetzt werden. Die Frage, ob der Zorn Jahwes und seine damit verbundene Abwendung von der Gemeinde in dem vorherigen Verhalten der Gemeinde begründet ist, wird hier nicht weiter reflektiert (gegen Hesse, Verstockungsproblem, 76). 168

169

Inhaltlich wird an eine Rückkehr Jahwes zu seinem früheren Verhalten dem Volk gegenüber gedacht sein. Diese "Rückkehr" begründet zugleich einen Neuanfang, vgl. Soggin (THAT II, Art. 3TO, 888f.). Das erste Wort ist in seiner Bedeutung umstritten. Die LXX bieten keine Hilfestellung, weil sie die Aussage V.18a in eine Verheißung gemäß Jes 57,13 und 65,9 (vgl. jeweils LXX) verwandeln. Die Vulg. macht mit ihrem "quasi nihilum" allerdings schon deutlich, daß keine Zeitangabe gemeint ist. Die Wurzel ISS heißt "klein sein oder werden" yr s und hat wie das arab. ¿Jl>0 den Nebensinn "gering sein, verachtet sein" (vgl. Wehr, Arabisches Wörterbuch, 5.Aufl., 714, Sp.l). Entsprechend kann m.E. das von dieser Wurzel hergeleitete Nomen als "Verachtung, Geringschätzung" aufgefaßt werden. Die Präposition gibt dann den Grund oder die Ursache an, weshalb jemand gehandelt hat.

3. Jes 63,7-64,11

299

1ΒΓΡ wird hier nicht in der dtn.-dtr. Formel "das Land in Besitz nehmen" gebraucht,170 sondern hat als Objekt "dein heiliges Volk", wodurch ein geschickter Gegensatz zu dem Handlungsmotiv der Feinde geschaffen wird. Das "Volk deiner Heiligkeit" - sicher nicht "deines Heiligtums", wahrscheinlich aber wie in TrJes 62,12 adjektivisch aufzufassen (also "dein heiliges Volk") - dürfte Vorlage für TrJes 62,12 gewesen sein, denn die Verbindung kommt außer in der sicher späteren Stelle Dan 12,7 nur an diesen beiden Stellen im AT vor. Während in TrJes 62,12 mehrere Benennungen aneinandergereiht sind und der "Name" nur für die Heilsgemeinde gilt, ist in Jes 63,18 wie in 63,8.11.14 und 64,8b das gesamte Volk gemeint. Die Heiligkeit Jahwes hat sich auf das Volk, auf das Heiligtum (64,10) und sogar auf die Städte (63,9) übertragen, weil sie vormals mitten unter dem Volk gewesen ist (63,11). Zudem spielt die Formulierung auf die Erwählung Israels durch Jahwe an, 171 was der Selbstbezeichnung der Gemeinde als "Stämme deines Eigentums" (63,17) entspricht. Mit der Vertreibung des Volkes aus dem angestammten Besitz und der Zerstörung des Tempels haben die Feinde das Eigentum Jahwes gering geachtet - Grund genug für Jahwe, nun endlich helfend einzuschreiten. Die himmlische Wohnstatt Jahwes ("Wohnung deiner Heiligkeit" in 63,15) ist begrifflich von dem irdischen Tempel getrennt, vgl. "Heiligtum" in 63,18 und "Haus unserer Heiligkeit und unserer Pracht" in 64,10. Die Feinde haben zwar Verfügungsgewalt über das, was Gott seinem Volk übereignet hat, nicht aber über Gott selbst oder über seine Wohnstatt. Vers 19: "Wir sind geworden (wie) solche, über die du seit alters nicht geherrscht hast, über die dein Name nie genannt wurde. - Oh daß du zerrissest den Himmel (und) führest herab, daß vor dir (die) Berge erbebten,..." V.19a ist Klage, V.19b eine im AT sonst nur noch in Ps 144,5f. begegnende Bitte um Theophanie.172 Mit V.19a ist inhaltlich ein Abschnitt abgeschlossen. LXX beenden den Satz hinter V.19a (vgl. BHS), was die Verslänge wohl an V.18 angleichen soll. Grundsätzlich ist aber gegen die ursprüngliche Zusammengehörigkeit von V.19a und 19b nichts einzuwenden, denn Klage und Bitte um die Theophanie Jahwes gehören zusammen.173 Ist vom "Herrschen" (*?BÎÎ) Jahwes die Rede, dann kann eine Anspielung auf die Königsherrschaft Gottes vorliegen 174 , die angesichts der Tatsache, daß nun die Feinde über das Land, das Jahwes Eigentum ist, herrschen, eine brisante politische Dimension hat. In die gleiche Richtung zielt die fest-

170

Vgl. dazu Schmid (THAT I, Art. Bh\ 779). Einige Kommentatoren sind trotzdem der LXX gefolgt und haben entsprechend emendiert, vgl. die bei Koenen (ZAW 100 (1988), 407, Anm. 13) genannten Exegeten. 171 Vgl. Blip DS in Dtn 7,6; 14,2.21; 26,19; 28,9, femer Dan 8,24 mit mÖ^-D». 172 Vgl. Jeremias, Theophanie, 129f. 173 Dies kann man auch an dem schönen Adventslied "O Heiland, reiß die Himmel auf" (vgl. EKG 5) sehen, wo zudem noch der Lobpreis hinzukommt, vgl. ebd., Strophe 7 (in unserem Psalm vgl. Jes 63,7). 174 Vgl. Soggin, THAT I, Art. *70n, 933, vgl. 931.

300

V. "Einzelüberlieferungen"

stehende Formulierung "dein Name werde genannt über N.N.", die terminus technicus für einen Eigentumswechsel ist 175 : Jahwe hatte sich durch seine Rettung des Volkes aus Ägypten als jemand erwiesen, dem das "Besitzrecht" über das Volk Israel zukommt.17*· Das Volk Israel ist rechtmäßiges Eigentum Jahwes. Nachdem aber durch das frevelhafte Verhalten der Feinde dieses Besitzrecht in Frage gestellt worden war (vgl. BT in V.18), steht die Gemeinde da, als wenn sie keinen Besitzer hätte. Damit hat die folgende Bitte um Theophanie zunächst eine politische Dimension: Jahwe soll vom Himmel her eingreifen, um sein Besitzrecht mit allen Mitteln durchzusetzen. Hinzu kommt eine religiöse Dimension, denn durch das brutale Auftreten und den Sieg der Feinde wurde der Name Jahwes geschändet und Jahwe damit in seiner Ehre verletzt. Der Autor versucht also, gleichsam im Sinne Jahwes zu argumentieren und ihn so aus seiner Reserve zu locken. Das Volk beklagt, daß es sich in einem "Machtvakuum" befinde. Doch statt in Orientierungslosigkeit und Klage zu verharren, wendet e s sich emphatisch an Jahwe: "Oh daß du zerrisset den H i m m e l . . . " 1 7 7 Das Bild begegnet im A T nur hier, m p bezeichnet sonst häufig den Trauergestus des Zerreißens von Kleidung. Hier wird jedoch nicht die Trauer, sondern die Leidenschaft Jahwes angesprochen, die man bei dem f e m im Himmel wohnenden Jahwe nicht mehr glaubt, wahrnehmen zu können, vgl. V.15. Erbeten wird das Kommen Jahwes, seine Theophanie. Mit ihr in loser Verbindung 1 7 8 steht die Reaktion der Natur, w i e in Jes 64,2 und Ri 5,5 das "Erbeben der Berge". 1 7 9 Der Autor greift nahezu wortwörtlich auf die alte Theophanieschilderung in Ri 5,5 zurück, um das Kommen Jahwes nicht nur in eigenen Worten, sondern auch mit einer traditionellen Formulierung poetisch zu erbitten. Eine literarische Bezugnahme ist sehr wahrscheinlich, weil v o m "Erbeben der Berge" in diesen Worten nur an den genannten Stellen die Rede ist, so daß die Leser und Hörer, sofern sie Ri 5,5 kannten, durch diese Formulierung an Jahwes kämpferisches Eingreifen zugunsten Israels erinnert wurden. Im Unterschied zur Vorlage wird die Theophanie Jahwes nur erbeten, nicht umschrieben. D e s weiteren fällt der "Sinai" als Ort der Theophanie gegenüber 175

Auf das Volk Israel bezogen auch in Dtn 28,10; Jer 14,9; Dan 9,19 und 2.Chron 7,14, vgl. van der Woude, THAT II, Art. DB, 957. 176 Damit hat Jahwe sich "einen (ewigen) Namen gemacht", vgl. 63,12b. 14b. 16b. 177 Kìb ist hier wie in Jes 48,18 Ausdruck des Wunsches, daß etwas von der Zukunft Erhofftes schon eingetreten sein möchte, vgl. G./K. §15 le. Brockelmann, Syntax, §8a sowie Delitzsch (606). 178 vgl. dazu Jeremias (Theophanie, 14), der darauf hinweist, daß ein Kausalzusammenhang zwischen dem Kommen Jahwes und der Reaktion der Natur keineswegs hervorgehoben wird. 179 Vgl. Ri 5,5 mit flirr '320 Λ η D'in (MT). Λτ: ist jedoch nicht von "7T3 "zerfließen" herzuleiten (vgl. LXX, Vulg., BHS), sondern ist Niph. von V?T(I) "erbeben", vgl. Gesenius (199, Sp.2), Bauer/ Leander (Historische Grammatik § 58t), Delitzsch (Lese- und Schreibfehler, 70), Jeremias (Theophanie, 15, mit Hinweis auf altorientalische Parallelen ebd, 89). Das "Zerfließen" der Berge wird in Jes 34,3 u.a. mit anderen Vokabeln beschrieben.

3. Jes 63,7-64,11

301

Ri 5,5 fort. Schließlich findet das Kommen Jahwes von Seïr her (also aus Edom, vgl. Ri 5,4) keine Erwähnung mehr. - Es wäre auch kaum einzusehen, warum Jahwe, der nach 63,15 nun im Himmel wohnt, für seine Theophanie einen Umweg über die Gefilde Edoms machen sollte.180 Kap. 64, Vers 1: ">gleichwie Feuer Reisig entzündet, (wie) Feuer, das Wasser zum Brodeln bringt< damit dein Name deinen Feinden kund würde und vor dir die Völker erzitterten! " Die erste Zeile des Verses ist schwer zu deuten und hat zu zahlreichen Emendationsvorschlägen Anlaß gegeben.181 Die Formulierungen in der zweiten Zeile des Verses sind durchweg singular, literarische Beziehungen bestehen nicht Da die zweite Zeile von Jes 64,1 sehr schön an die Theophaniebitte in Jes 63, 19b anschließt und der bildliche Vergleich der ersten Zeile kaum in den jetzigen Zusammenhang paßt, ist mit den meisten Kommentatoren zu vermuten, daß Jes 63,19b und die zweite Zeile von Jes 64,1 ursprünglich zusammengehörten. Dies ist auch aus metrischen Gründen anzunehmen. Ein Glossator hat vermutlich mit der ersten Zeile von Jes 64,1 die Theophanie Jahwes illustrieren wollen und seine Bemerkung an den Rand des Textes geschrieben. Durch Unachtsamkeit wurde die Randglosse später in den Text eingearbeitet, womit allerdings ein zufriedenstellendes Verständnis des Textes schon für die ersten Übersetzer nicht mehr möglich war. Vers 2: "Während du Ehrfurchterregendes getan hast, hofften wir nicht (sc. auf dich), >ach führest du herab, daß vor dir (die) Berge erbebten! 0). Und in DtJes 54,6f. wird die Heilsgemeinde mit einer verlassenen Frau verglichen (Π31Τ5) HBtO), über die sich Jahwe nun erbarmt. Lediglich in Jes 55,7 wird 3TS nicht im Rahmen der dtjes. Heilsbotschaft gebraucht, nach der Jahwe seiner Gemeinde zusichert, sie nicht mehr zu verlassen. Jes 55,7 wird aus diesen und anderen Gründen DtJes abgesprochen, vgl. Westermann (ATD, 231), Hermisson (Einheit und Komplexität, 311). Da es keinen ausreichenden Grund gibt, V.16 nicht DtJes zuzuschreiben, sollte man also das Suffix von 3TS in DtJes 42,16 im Rahmen der dtjes. Heilsbotschaft als Heilsansage an die Blinden interpretieren. 224 Vgl. Westermann, ATD, 85. 225 Westermann (ATD, 90) vermutet, daß es sich um ein "Disputationswort" handelt. 226 Vgl. Westermann, ATD, 88.

310

V. "Einzelüberlieferungen"

er den g a n z e n Abschnitt als h y m n i s c h e B e s c h r e i b u n g des "umwandelnden Handelns" J a h w e s begreift (mit H i n w e i s auf Ps 107, 3 3 - 3 7 ) und V . 1 7 auf die F e i n d e Israels b e z i e h t . 2 2 7 D a s ändert allerdings nichts an der Tatsache, daß nicht nur in V . 1 7 , sondern auch in V . 1 5 ein Unheilshandeln Jahwes beschrieben wird, während V . 1 4 g a n z deutlich e i n e n W e c h s e l i m Verhalten J a h w e s zugunsten Israels ankündigt. D i e Verse 14 und 16 sind e i n e Heilsverheißung, d i e ein Eingreifen Gottes und als d e s s e n F o l g e (vgl. V . 1 6 ) die H e i m f ü h r u n g der Exulanten in die Heimat z u m Inhalt hat. Damit stammen V . 1 4 und 16 zweif e l l o s v o n DtJes. Fraglich ist, w e l c h e Bedeutung den Versen 15 und 17 in diesem Z u s a m m e n hang z u k o m m t . D u h m 2 2 8 bezieht V . 1 5 auf die V e r w ü s t u n g fremder Länder, die v o n Späteren als Heil für Israel gedeutet worden sei. D o c h dies könnte sich i m Sinne DtJes'nur auf B a b y l o n i e n beziehen, da andere Länder scheinbar an d e m e s c h a t o l o g i s c h e n H e i l s g e s c h e h e n teilhaben sollen (vgl. DtJes 4 2 , 1 0 ; 4 9 , 22f.; 55,5), hat aber in d e m Völkerspruch über Babel (DtJes 47) keine Entsprec h u n g . 2 2 9 D i e Austrocknung v o n Flüssen etc. b e g e g n e t bei DtJes nur noch ein

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228 229

Daran anknüpfend bezieht auch Rüterswörden (Erwägungen, 4) die Schilderungen in DtJes 42,14-17* und 41,17-20 auf die Schöpfergewalt Jahwes. Nach Rüterswörden sind die Stücke nicht als Verheißungen aufzufassen, sondern deklarativ gemeint (ebd., 3). Jahwe erweise sich in diesen Texten als "Herr des Wassers", eine Vorstellung, die in Gen 2 und Ex 17 im Jahweglauben verwurzelt sei und in Auseinandersetzung mit mesopotamischen Traditionen (Belege ebd., 8ff.) bei DtJes ausgeführt werde. - Diese Interpretation scheint mir bes. im Hinblick auf DtJes 41,17-20 und 43,16-21 (der letztgenannte Text wird auch von Rüterswörden berücksichtigt, vgl. ebd., 6) zuzutreffen. Die wunderbare Verwandlung der trockenen Wüste in eine wasserreiche Gegend dürfte mit dem schöpfungstheologischen Ansatz DtJes'und folglich mit dessen Auseinandersetzung mit entsprechenden mesopotamischen Aussagen in Verbindung stehen. Schöpfungstheologie und Heilsgeschichte sind bei DUes eng verflochten. Fraglich ist, welchen Stellenwert die Schöpfungstheologie gegenüber heilsgeschichtlichen Bezügen in den dtjes. Verheißungen hat. In den genannten Stücken scheint mir der heilsgeschichtliche Bezug auf das "Quellwunder" (Ex 17; Num 20) primär zu sein. Damit aber dürfte der "Verheißungscharakter" dieser Aussagen gegenüber ihrem "deklarativen Charakter" im Vordergrund stehen. Insbesondere DtJes 43,19b wäre dann primär als Aneinanderreihung von Heilshandeln Jahwes aufzufassen, weniger als Beschreibung seiner Schöpfergewalt. - Wie man auch immer dazu stehen mag, in Jes 42,15 wird gegenüber DUes 41,18 genau Gegenteiliges angesagt: Die Natur soll gänzlich austrocknen. Daran kann ich nun nichts "Deklaratives" erkennen. Vgl. Duhm, Jesaia, 317. Hinzu kommt, daß die Erwähnung der "Berge und Hügel" nicht so recht zu der Landschaft Babyloniens passen will, vgl. Eiliger (Deuterojesaja, 262). Der Gebrauch der Wendung "Berge und Hügel" bei DtJes (vgl. 40,12; 41,15; 54,10; 55,12) macht demgegenüber deutlich, daß an überhaupt keine bestimmte Landschaft gedacht ist, sondern meristisch an die Natur insgesamt. Folglich wird man schlußfolgern müssen, daß in V. 15 entweder hymnisch-deklaratorisch das Handeln Jahwes beschrieben wird (vgl. Westerraann, Rüterswörden), was zwar in einen Psalm (vgl. Ps 107,33-37), m.E. aber kaum in

3. Jes 63,7-64,11

311

einziges Mal, in DtJes 50,2 als Gerichtshandeln an Israel.23° Umgekehrt bedeutet die Wandlung der Wüste in fruchtbares Land bei DtJes Wegbereitung für die Exulanten in die Heimat und somit Segen, vgl. DtJes 41,17-20; 43,16-21. Somit drängt sich der Verdacht auf, daß V.15 nicht von DtJes stammt, sondern eine sekundäre Hinzufügung ist.231 V.15 ist deutlich im Hinblick auf DtJes 41, 18f. formuliert (vgl. die Wortübereinstimmungen) und spiegelt m.E. zunächst einmal die Enttäuschung über diese de facto nicht eingetroffene Verheißung wider. Darüber hinaus kann die Einordnung des Verses in die Heilsprophetie DtJes'als ein Versuch gewertet werden, auch die gegenteiligen Erfahrungen der späteren Zeit (Trockenheit, Wüste, trostlose Umgebung) als Handeln Gottes zu begreifen. Dieses Handeln ist m.E. als ein Unheilshandeln aufzufassen, und so stellt sich die Frage, auf wen dieses Unheilshandeln bezogen wurde. Daß dieselben Adressaten wie in der Verheißung DUes 42,14.16 angesprochen sind, wäre paradox und hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Möglicherweise ist die Ergänzung eher im Zusammenhang mit V.17 zu sehen, einem Vers, der mit seiner Polemik gegen Götzendiener von vornherein in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Verheißung V.14.16 steht und aus dem Kontext der "Götzenbilder"-Sammlung stammen dürfte. 232 Dann hätte der Ergänzer V.15 auf die in V.17 angesprochenen Götzendiener gedeutet und er ergäbe sich ein alternierender Aufbau des Abschnitts: Heil für Israel (V.14) - Unheil für die Frevler (V.15) - Heil für Israel (V.16) - Unheil für die Frevler (V.17). Denkbar ist aber auch, daß der Ergänzer an Hochmütige im Gegensatz zu den in V.16 erwähnten Blinden gedacht hat (vgl. ähnlich in Jes 29,18-20; Ps 107, 40f.; 146,8f.), doch das ist im einzelnen hier ganz belanglos. die Heilsverheißung DtJes 42,14.16 hinempaßt. Oder man geht mit Elliger (Deuterojesaja, 262f.) von einer eschatologischen Deutung aus, d.h. mit dem eschatologischen Wandel im Verhalten Jahwes findet auch ein eschatologischer Wandel der Natur statt. In V.15 wird auch nach der letztgenannten Deutung die negative Seite des Gotteshandelns beschrieben. 230 Daß hier wie dort ein Gerichtshandeln gemeint ist, kann kaum zweifelhaft sein, vgl. jedoch die ganz unterschiedlichen Deutungen des Verses durch ältere Kommentatoren, aufgeführt bei Elliger (Deuterojesaja, 262). Das Sprießen von "Bewuchs" (vgl. 301? in 42, 15) wird u.a. auch in Gen 9,3; Dtn 11,15; Ps 72,16; Hi 5,25; DtSach 10,1 als Segen aufgefaßt, sein Vertrocknen ist Ausdruck von Leid, vgl. Dtn 29,22; Jer 12,4; 14,6; 2.Kön 19,26 (par. Jes 37,27); Ps 102,5.12 u.a.m. Das Wort "Bewuchs" findet sich sonst nicht bei DUes. Der Wandel der Wüste in Sumpfgebiete (vgl. QJK(I) in Jes 42,15) wird in DtJes 41,18 ausdrücklich als Heil angekündigt, der umgekehrte Vorgang muß also Unheil bedeuten. Die Austrocknung des Landes hätte den Exulanten auf der ohnehin schwierigen Strecke (Wüstenweg und natürliche Hindernisse) kaum hilfreich gewesen sein können, entsprechend wird von DtJes ja auch Gegenteiliges verheißen. 231 Damit differiert unsere Sicht an dieser Stelle von derjenigen Hermissons', der 42,14-16 insgesamt DUes zuschreibt (vgl. Hermisson, Einheit und Komplexität, 311). 232 Vgl. Westermann (ATD, 27), auch Hermisson (Einheit und Komplexität, 311). Vorsichtiger urteilt Elliger (Deuterojesaja, 258.267), der V.17 "wahrscheinlich, aber nicht sicher" für einen späteren Zusatz hält.

312

V. "Einzelüberlieferungen"

Wichtig ist vielmehr, folgendes festzuhalten: 1. DtJes 42,14.16 bildet aller Wahrscheinlichkeit nach den Grundstock des Abschnitts 42,14-17 und ist eine dtjes. Heilsverheißung an das Volk Israel. 2. Die Verse 15 und 17 sind demgegenüber als spätere Ergänzung zu betrachten233, die Heilsverheißung bekommt nun ambivalenten Charakter. Es entspricht dabei der nach-dtjes. Theologie, daß das von DtJes angekündigte Heil auf die Heilsgemeinde der Gerechten eingeschränkt wird, wohingegen die Frevler Unheil trifft. Das Unheilshandeln Jahwes an den Frevlern ist ein eschatologisches Handeln und schließt deshalb auch die Natur mit ein, vgl. V.15 - so konnte die nach-dtjes. Gemeinde, die nach wie vor unter ihrer andauernden mißlichen Lage zu leiden hatte, ihre bisherigen Erfahrungen in das Tun Gottes mit einordnen. In diesem Sinne werden somit auch die Verse 15 und 17 aufzufassen sein. In DtJes 42,14 wird ein Wechsel im Verhalten Jahwes gegenüber seinem Volk angekündigt. Jahwe "schweigt" nicht länger234, sondern tritt vehement für sein Volk ein, er hilft den Hilflosen (vgl. DtJes 42,16). Nach den späteren Zusätzen V.15 und 17 bedeutet das Heilshandeln Jahwes gegenüber seinem Volk zugleich ein Unheilshandeln gegenüber den Frevlern in der Gemeinde. Damit wird die dtjes. Heilsbotschaft, die ungeteilt an das ganze Volk erging,235 im Nachhinein auf die Gemeinde der Gerechten eingeschränkt und der Unheilsbotschaft an die Frevler gegenübergestellt. In Jes 64,11 ist die Heilsverheißung DtJes 42,14.16, die ein verändertes Verhalten Jahwes zugunsten der Gemeinde enthielt, für die gesamte Gemeinde scheinbar wieder ganz in Frage gestellt, vgl. 63,15. Ob die Zusätze DtJes 42,15.17 dem Verfasser des Psalms bekannt gewesen sind, ist ungewiß. Einerseits könnte die gegenwärtige Situation der Gemeinde auf das in V.15 und 17 angekündigte Unheilshandeln Jahwes zurückgeführt worden sein, wenn die Gemeinde sich mit den dort beschriebenen Frevlern identifiziert hat. Andererseits ist von einer solchen Identifikation im ganzen Psalm nichts zu merken, so daß es eher zweifelhaft erscheint, daß der Abschnitt V.14-17 zur Gänze vorgelegen hat. Interessant ist, daß in beiden Texten das Exodusmotiv auftaucht. Beide Autoren aktualisieren das Motiv: In DtJes 42,16 ist es auf den Auszug aus Babylonien bezogen, ist Inhalt der Heilsverheißung an das Volk. In Jes 63,7ff. hin-

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Welcher von beiden Versen zuerst ergänzt wurde oder ob beide Verse zusammen hinzugefügt wurden, ist hier von sekundärer Bedeutung und im Rahmen des gesamten DtJesKomplexes zu klären. Möglich wäre auch, die Ergänzung V.15 im Rahmen der "Naherwartungsschicht" zu sehen. In DtJes 42,14 steht die Bedeutung "schweigen" im Hinblick auf V.14b im Vordergrund. Inhaltlich ist zwischen dem "Schweigen" Jahwes und seinem "Stillehalten" jedoch kein Unterschied feststellbar, vgl. Duhm (Jesaia, 317). Die Heilsbotschaft an die Exulanten bedeutet bei DtJes grundsätzlich auch Heil für das übrige Volk. DtJes kennt in seiner Heilsansage keine Differenzierung der Gemeinde Israel, vgl. Westermann (ATD, 10.14f.).

3. Jes 63,7-64,11

313

gegen beschränkt sich die Heilsbedeutung des Exodusgeschehens auf die Vergangenheit (vgl. 63,12). Welcher Text dem anderen chronologisch vorgeordnet werden muß, ist schwer zu bestimmen.236 Der Autor von Jes 64,11 scheint die dtjes. Verheißung in Frage zu stellen, umgekehrt kann aber auch angenommen werden, daß er sie gar nicht gekannt hat und daß infolgedessen DtJes 42,14.16 als "Antwort Jahwes" auf die Volksklage Jes 64,11 zu begreifen wäre. 237 Dies würde zudem erklären, warum in Jes 63,7-64,11 insgesamt von "Deuterojesajanismen" wenig zu spüren ist. - Andererseits kann dies auch allein aus inhaltlichen Gründen erklärt werden. Der Autor hätte dann angesichts der gegenwärtigen Situation keine Möglichkeit gesehen, die Heilsbotschaft DtJes's zu übernehmen und hätte seine Klage mit einer Anfrage an die Verheißung DtJes's abgeschlossen, die inhaltlich ganz dem Kontext (vgl. bes. 63,15) entspricht. Die unmittelbare Betroffenheit des Autors von der Zerstörung des Tempels deutet m.E. aber eher darauf hin, daß Jes 63,7-64,11 der dtjes. Heilsbotschaft vorgeordnet werden muß. Eine letztgültige Entscheidung über die zeitliche Abfolge beider Belege scheint allerdings kaum möglich. In diesem Zusammenhang soll ein kurzer Überblick über die Aufnahme des Abschnitts DtJes 42,14-17* in Jes 56-66 folgen: πώπ (Qal) findet sich noch in TrJes 62,1, hat dort allerdings nicht Jahwe als Subjekt, sondern den Propheten. Die Wurzel steht in Verbindung mit einer Negation und bezeichnet so das heilvolle Engagement des Propheten für Zion bzw. Jerusalem. Eine literarische Bezugnahme auf DtJes 42,14.16 ist kaum nachweisbar. In TrJes 62,6, wo die Wurzel die "Wächter" als Subjekt hat, ist überhaupt keine literarische Beziehung feststellbar. Anders verhält es sich mit Jes 65,6 (text, emend.), wo πώπ (Qal) wie in Jes 64,11 mit dem Subjekt Jahwe begegnet. Inhaltlich nimmt der Text offenbar auf DtJes 42,14-17* insgesamt Bezug, denn beide Stücke enthalten ein einander gegenübergestelltes Verhalten Jahwes. Anders als in der Vorlage wird ein Wechsel im Verhalten Jahwes gegenüber der Heilsgemeinde nicht vorausgesetzt. Angesprochen sind in Jes 65,6 vielmehr allein die Frevler, die das bisherige Heilshandeln Jahwes nicht beachtet haben (vgl. 65,Iff.) und deshalb jetzt dem Gericht verfallen. 236

237

Eine eingehende Übersicht über die zeitlichen Ansetzungen und ihre Argumente findet sich bei Elliger (Einheit, 94ff.), der selbst eine frühnachexilische Datierung vertritt (ebd., 98f.). Vgl. in jüngster Zeit noch Steck (Untersuchungen III, 236ff.), der sich in Auseinandersetzung mit Fischer für eine Datierung des Psalms in hellenistische Zeit (Angriff Ptolemaios I. auf Jerusalem und Umland im Jahre 302/1 v.Chr.) einsetzt. So Volz (276). Vgl. zur Stimmung im Volk unmittelbar nach 587 v.Chr. die in DtJes 49,14 aufgegriffene Klage Zions: "Verlassen hat mich Jahwe, und Adonai hat mich vergessen!". Fraglich erscheint Hann die "Reihenfolge" der Texte innerhalb des Jesajabuches. Den Redaktoren (!) dürfte zum Zeitpunkt der Einordnung des Psalms in das Jesajabuch die dtjes. Prophetie schon als mehr oder weniger fester Überlieferungskomplex vorgelegen haben. Nachweisbar ist dies allerdings weitgehend erst mit TrJes 60-62 und der davon abhängigen Literatur.

314

V. "Einzeliiberlieferungen"

Während die Aufhebung des Schweigens in TrJes 62,1 und Ps 28,1 (Aufforderung an Jahwe, nicht zu schweigen, mit ntön im Qal) Heil bedeutet, hat rran (Qal) in Verbindung mit einer Negation in 65,6 Unheil zur Folge. Damit scheint in Jes 65,6 ein inhaltlicher Bezug insbesondere auf die Zusätze Jes 42, 15.17 vorzuliegen, zu Jes 64,11 hingegen kann aus inhaltlichen Gründen keine Beziehung bestehen. Schließlich wird der ganze Abschnitt DtJes 42,14-17* möglicherweise noch in Jes 57,11 (inhaltlich) vorausgesetzt, die Texte sind zudem im Nachhinein aneinander angeglichen worden. Inhaltlich steht die Stelle besonders Jes 65,6 nahe, wohingegen ein literarischer oder inhaltlicher Bezug auf Jes 64,11 (oder umgekehrt) nicht feststellbar ist. Beide Stellen (Jes 57,11 und 65,6) knüpfen wahrscheinlich insbesondere an den (auf die Frevler bezogenen) Unheilsaspekt in DtJes 42,14-17* an. Abschließend bleibt festzuhalten, daß keine weiteren Textbezüge in Jes 64, 11 aufzeigbar sind.Der Abschluß der Klage mit einer an Jahwe gerichteten Frage erinnert an Thren 5,22.238 c) Fazit

Schließlich ist noch einmal die Frage der zeitlichen Einordnung aufzugreifen: Die Datierungen des Psalms reichen vom Exil bis in die Makkabäerzeit, eine sichere Festlegung scheint auch kaum möglich. Die unmittelbare Betroffenheit von der Zerstörung des Tempels, wie sie in Jes 63,18 und 64,10 zum Ausdruck kommt, sowie die damit verbundene Zerstörung des ganzen Landes sind m.E. jedoch Indiz genug, den Psalm nicht lange nach 587 v.Chr. anzusetzen.239 Diese gefühlvollen Worte der Verzweiflung lassen sich nicht als "Elemente der Klage" in eine Zeit transponieren, die von den Ereignissen um 587 v.Chr. Jahrhunderte entfernt ist. 240 Ein wesentliches Indiz ist auch, daß keine Gruppen innerhalb der Gemeinde unterschieden werden, was an die dtjes. Gemeindesituation erinnert.241 Anders als die meisten Texte in Jes 56-66 weist unser Abschnitt keine deutlichen Bezüge zu DtJes auf, 242 die literarische Bezugnahme auf DUes 42,14 in Jes 64,11 könnte sogar als umgekehrte Abhängigkeit aufzufassen sein. Anders als bei DUes und von ihm abhängigen Texten ist von einem "neuen Exodus" keine Rede, auch die in der späteren Klage des öfteren begegnende Bitte um Heimführung des Volkes fehlt.243 Die Gemeinde

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240 241 242 243

Vgl. auch Steck, Untersuchungen III, 242. Zu demselben SchluB kommt auch Fischer (Wo ist Jahwe ?, 279). Für die zeitliche Ansetzung in die Exilszeit treten u.a. Budde (Jesaja, 710), Volz (268), Westermann (ATD, 307) und Williamson (ZAW 102 (1990), 50.55) ein. Anders jetzt insbesondere Steck, Untersuchungen III, 236 (vgl. bes. Anm. 45). Vgl. in Auseinandersetzung mit Hanson jetzt Williamson, ZAW 102 (1990), 53ff. Vgl. Williamson (ZAW 102 (1990), 50ff.), Koenen (158) u.a. Steck (Untersuchungen III, 239) erklärt dies mit der Situation, in der sich das Volk um 300 v.Chr. befunden hätte: Problematisch sei für diese Leute nicht mehr eine Verzöge-

3. Jes 63,7-64,11

315

scheint sich in einer "heilsgeschichtlichen Lähmung" zu befinden: Sie kann das Geschehene noch nicht in die Geschichte Gottes mit seinem Volk einordnen. "Schriftgelehrte Prophetie" liegt hier nicht vor. 4. Zusammenfassung Die Texte, die unter "Einzelüberlieferungen" gesammelt sind, haben keine einheitliche Theologie und stammen auch nicht aus der gleichen Zeit. Das älteste Stück dürfte die kollektive Volksklage Jes 63,7-64,11 sein, wenn die hier angenommene zeitliche Bestimmung zutrifft. Jes 63,1-6 ist Vorlage für Jes 59* ("Tradentenkreis III") und folglich etwa zur Zeit TrJes' oder des "Tradentenkreises I" entstanden. Jes 56,1-8* schließlich könnte in die Zeit Nehemias oder Esras gehören. Dies alles ist natürlich nicht sicher und vor allem nicht mehr als eine relative Chronologie. Die redaktionelle Einordnung der Stücke in das Jesajabuch wird man möglicherweise noch sehr viel später ansetzen müssen. In ihren Zusammenhang gehören vielleicht die Glossen Jes 59,18b; 60,12a und 12b, die das Handeln Jahwes an "Israel" im Gegenüber zu dem Ergehen der Völker sehen wollen (vgl. Jes 63,1-6!). Möglicherweise sind auch die Ergänzungen Jes 56,8 und 58,13f. im Zuge einer Anpassung der Stücke an den Kontext im Kreis dieser Kompilatoren entstanden. Hier möchte man am ehesten von einer "großjesajanischen Redaktion" reden. Die Stücke können kaum als "schriftgelehrte Prophetie" angesprochen werden, sind aber als "Äußerungen Jesajas" in Verbindung mit jesajanischer Prophetie gebracht und in das Jesajabuch eingearbeitet worden.

rang des von DU es angekündigten Heils gewesen, sondern die Verarbeitung der in ihrer Gegenwart erfahrenen Katastrophe, die im Lichte der Ereignisse um 587 v.Chr. interpretiert werde.

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen Die Texte in Jes 56-66 sind größtenteils als "schriftgelehrte Prophetie" zu bezeichnen. Sie weisen Bezugnahmen zu älteren Stücken auf, die nicht allein als Aufnahme von Motiven und Traditionen, sondern als literarische Bezüge charakterisiert werden müssen. Im einzelnen haben wir die wörtliche Zitation eines ganzen Halbverses (vgl. z.B. das Zitat von DtJes 49,18a in TrJes 60,4a) ebenso feststellen können wie die Verknüpfung zweier oder mehrerer zitierter Worte oder Wortverbindungen zu einem neuen Text (vgl. z.B. das Mischzitat in Jes 65,25: Kombination von Jes 11,6.7.9 und DtJes 40,11, wahrscheinlich von einem Glossator noch um einen Bezug auf Gen 3,14 erweitert). Die literarischen Bezugnahmen sind oft nur Stichwortbezüge, die zitierten Wörter werden in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt (musivstilistische Zitation). 1 Zuweilen kann beobachtet werden, daß Stellen, die bereits literarisch auf eine Vorlage Bezug genommen haben, ihrerseits wieder in einem späteren Text zitiert worden sind (vgl. die Aufnahme von TrJes 62,10 (wo DtJes 40,3 zitiert ist) in Jes 57,14). Diese "Zitate der zweiten Generation" 2 werden teilweise wieder mit anderen Stellen kombiniert (vgl. die Tabelle zu Jes 57,14 und 66,12).

Die Autoren kennzeichnen ihre literarischen Bezugnahmen nicht durch Zitationsformeln oder irgendwelche Quellenangaben, sondern durch eine möglichst wortgetreue Aufnahme3 ihrer Vorlagen.4 Dabei werden die zitierten Worte oder Wortfolgen in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt und sind dadurch von bloßen Dubletten, Wiederholungen u.ä. grundlegend zu unterscheiden. Die Wortbezüge sind insbesondere dann erkennbar, wenn die literarischen Bezugnahmen zu grammatischen oder stilistischen Unebenheiten in dem neu erstellten Text führen5, der Sprachgebrauch im Kontext auffällt6 oder mit dem Zitat ver1 2 3

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Vgl. Donner (Forscht in der Schrift Jahwes, 290). Vgl. Zillessen (246). Damit ist in den seltensten Fällen eine buchstabengetreue Zitation gemeint. Eine geringfügige Abänderung der Vorlage hat die vorkritischen Exegeten grundsätzlich nicht gestört, wie auch Vergleiche mit den Zitaten in Qumran zeigen, vgl. Eiliger (Studien, 132). Das Zitieren ohne Zitationsformel findet sich gelegentlich auch in Qumran (vgl. Elliger, Studien, 127ff., Betz, Offenbarung, 166ff„ Koch, Schrift, 12), bei Philo v. Alexandrien, in der außerjüdischen hellenistischen Literatur (vgl. dazu allgemein Reventlow, Epochen, 37-49, speziell zu unserem Thema Koch, Schrift, 11) und im NT (vgl. Koch, Schrift, 11, Anm. 1), in der rabbinischen Literatur hingegen fast überhaupt nicht (vgl. ebd., 12). Als bes. markante Beispiele seien genannt: Das Zitat der seltenen Mischform in Jes 59,3 aus Thren 4,14; die wörtliche Aufnahme von 1331 in Jes 58,12 aus TrJes 61,4 ("Ruinen" als Subjekt von ΓΤ33 sind unmöglich) sowie das Zitat von ΓΠΓΛ in einer Jahwerede (Jes 58,5) aus TrJes 61,2.

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

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bundene Inhalte der Vorlage von dem zitierenden Verfasser vorausgesetzt werden.7 Der Inhalt der zitierten Textstelle muß allerdings nicht übernommen werden. Das Zitat wird in einen neuen Kontext gestellt, die ursprüngliche Bedeutung des Wortes kann damit auch variiert oder ganz verändert worden sein.8 Andererseits machen die Verfasser mit ihren Zitationen deutlich, daß sie sich bewußt auf literarische Vorlagen beziehen wollen.9 Daraus kann man folgern, daß diese literarischen Vorlagen für den Zitierenden schon eine autoritative Bedeutung haben. Es geht den schriftgelehrten Autoren in Jes 56-66 ja nicht nur darum, bekannte sprachliche Formulierungen aufzugreifen und damit die Gegenwart zu veranschaulichen. Die Vorlagen sind vielmehr als autoritative Grundlagen der neuen Schreibertätigkeit vorausgesetzt. Sie werden aufgegriffen, weil sie als Wort eines bekannten Propheten respektive als Jahwewort Geltung beanspruchen können und deshalb auch das neu Geschriebene legitimieren. Mit der Zitation einer Stelle wird einerseits deren aktuelle Bedeutung, andererseits aber auch ihre Bewahrheitung in der Gegenwart oder unmittelbar bevorstehenden Zukunft bekannt. Im Unterschied zu dem mit jeder Verschriftlichung verbundenen Wechselspiel zwischen Tradition und Interpretation10 haben wir es hier also mit einer Aktualisierung und Fortschreibung von Texten zu tun.11 Dabei werden aus der Tradition bekannte Elemente der Prophetie typisiert. Die Tatsache, daß ganz verschiedene Stellen aus ihrem bisherigen Kontext entnommen und in einen neuen Zusammenhang eingefügt werden können, 6

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Vgl. beispielsweise die Zitation der Wendung "Rachetag" in TrJes 61,2 aus Jes 34,8. Hinzu kommt hier eine inhaltliche Auffälligkeit, denn von "Rache" ist in dem trjes. Kontext weder sprachlich noch inhaltlich die Rede. So z.B. in Jes 66,22, wo ohne die Vorlage Jes 65,17 keinerlei Kontextbezug der Aussage vom "neuen Himmel" und der "neuen Erde" ersichtlich wäre. Der "Weg" in DtJes 40,3 ist dort eine Bezeichnung für den Weg Jahwes durch die Wüste. In TrJes 62,10 herrscht ein bildlicher Gebrauch des Wortes vor: Es bezeichnet nun den "Heilsweg" der Heilsgemeinde. In Jes 57,14 dürfte demgegenüber eine metaphorische Verwendung des Wortes vorliegen: Der "Weg" ist dort der Weg des Herzens, vgl. 57,17. So ist aus dem Wüstenweg Jahwes ein Herzensweg geworden, identisch ist hier nur noch der Aufruf "bahnt einen Weg!". Eine allegorische Deutung der Vorlagen ist in Jes 56-66 allerdings - im Unterschied zu den Qumrantexten (vgl. Elliger, Studien, 142, Betz, Offenbarung, 176ff.) und zur rabbinischen Exegese (vgl. die 26. Regel nach R. Eliezer) - noch nicht zu finden. Von einer bewußten Abänderung des Wortsinns kann hier ebensowenig die Rede sein wie in Qumran oder bei den Rabbinen: Man war der Meinung, die Deutung sei in der zitierten Stelle implizit enthalten (vgl. zur Qumran-Exegese Elliger, Studien, bes. 149f., zum rabbinischen Verständnis Maass, Schriftauslegung, bes. 137). So ist der Aufruf zum Bahnen eines Weges in Jes 57,14 nur als stilistischer Bezug auf die Vorlagen TrJes 62,10 und DtJes 40,3 sinnvoll zu erklären. Ein unmittelbarer Kontextbezug des Aufrufs ist in Jes 57,14 hingegen nicht erkennbar. Vgl. dazu die "Einleitung", S.7, Anm. 34. Dies betrifft nicht nur die "sekundären Anhänge" der Prophetenbücher, sondern auch die ältere Prophetenüberlieferung, die etwa seit dem Exil eine "große Überarbeitung" erfahren hat. Vgl. zur Sache bereits Wellhausen (Geschichte, 186f.), in neuerer Zeit vgl. bes. E. Auerbach (SVT 1 (1953), 1-10) sowie Reventlow (Epochen, bes. 13ff.).

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VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

weist darauf hin, daß die betreffenden Texte für die Schreiber die Geltung von "Heiligen Schriften" haben. Die Stellen werden als widerspruchslos angesehen, sie können problemlos zusammengeordnet werden. Mit der bewußten literarischen Bezugnahme wird ihre autoritative Bedeutung erkennbar. Zudem dürften die Texte schon auf bekannte Autoritäten, in den in Jes 56-66 vorzufindenen Texten insbesondere auf den Propheten Jesaja, zurückgeführt worden sein. 12 Hinter alledem steckt der Gedanke, daß der "Geist der Prophetie erloschen" ist. 1 3 Die Prophetie beginnt, sich in Auslegung zu wandeln. Der Prophet wird zum Amtsträger, der aufgrund des von ihm beanspruchten Geistbesitzes (vgl. TrJes 61,1, Jes 59,21) in der Lage ist, das literarisch vorliegende Jahwewort vollmächtig auslegend fortzuschreiben. Dieses Prophetenverständnis ist deutlich an dem dtn. Prophetengesetz (Dtn 18,9-22) orientiert, wie in der hier vorliegenden Untersuchung insbesondere die Auslegung von TrJes 61,1 und auch von Jes 59,21 gezeigt hat. 1 4 Die Tradenten der schriftgelehrten Prophetien von Jes 56-66 stehen mit ihrem Selbstverständnis in einer Tradition, die sich, ausgehend von Dtn 18,9-22, auch in anderen Prophetenbüchern (sowie dem chron. Geschichtswerk ' ^ ) bis hin zum Prophetenverständnis der Übersetzer der LXX 1 6 , der Verfasser der Makkabäerbücher 17 und des 4. Esrabuches 18 , den Exegeten von Qumran, 1 ^ den Rabbinen 20 und schließlich den Masoreten 21 aufzeigen läßt. 22 12 13

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Vgl. dazu Schildenberger (Bedeutung, bes. 192.199). Vgl. DtSach 13,2f.4ff., dazu kritisch Meyer (ThWNT VI, 813f.), weiterhin Hanhart (Bestimmung, 23.25), Plöger (Prièster und Prophet, bes. 40), Donner (Prophetie, 42) u.a. Nach jüdischer Auffassung (vgl. Josephus, Contra Apionem 1,8, bei Niese §38-46) reicht die Zeit der Prophetie bis zur Zeit des Persers Artaxerxes (bzw. Esras). Das Jesajabuch haben wir nach dem Traktat Baba Bathra (Fol. 15a, vgl. Goldschmidt, Der Babylonische Talmud Bd. 8,56) Hiskia und seinem Kollegium zu verdanken. Nach Artaxerxes setzt die Tätigkeit der "Großen Synagoge" ein, vgl. den Traktat Aboth 1,1 (Goldschmidt, Der Babylonische Talmud Bd.9, 665), dazu den Kommentar von Stemberger (Talmud, 7Iff.). - Diese Überlieferung wird allerdings nur selten (vgl. aber L. Finkelstein, The Cambridge History of Judaism Vol. 2 (The Hellenistic Age), 1989, 229-244) für historisch gehalten, vgl. Strack/Stemberger (Einleitung, 72, mit Hinweis auf Kuenen). Im Prinzip hat das neben dem Reformator Luther (vgl. den Hinweis von Rüterswörden, Exeget, 328) auch schon Eichhorn gewußt, wenn er die Propheten "im Lichte von Dtn 18,15-22" (allerdings auf mündliche Prophetie bezogen) interpretierte: "Endlich, zufolge ihrer Bestimmung mußten sie (sc. die Propheten) Erklärer und Erläuterer Mosis werden" (Eichhorn, Einleitung, 14). Und: "Mosis lezte Worte hallen in einem grossen Theil der hebräischen Orakel wieder" (ebd., 18). Vgl. Willi (Chronik, 228f.242). Vgl. dazu Rüterswörden (Exeget, 327). Vgl. Donner (Der verläßliche Prophet, 91). Zum Verständnis Esras in 4.Esra 14,18-47 vgl. Macholz (Entstehung, bes. 385). Zum Verfasser von lQJes 3 vgl. diesbezüglich van der Kooij (Textzeugen, 95f.). Insbesondere der "Lehrer der Gerechtigkeit" hat sich nach Betz (Offenbarung, 62.64.88ff.) als ein "Prophet wie Mose" verstanden. Das Wort des "Lehrers" wird in Qumran, da er als eine Art "Garant" für die Auslegung der Qumrangemeinde gelten kann (vgl. Elliger,

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

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Im Unterschied zu den Schreibern der LXX, der Qumranschriften und der rabbinischen Literatur wollen die Autoren der meisten Stücke in Jes 56-66 aber nicht nur die autoritativen Vorlagen tradieren und bewußt oder unbewußt dabei interpretieren, sondern diese zugleich fortschreiben, "schriftgelehrte Prophetien" erstellen. Obgleich also in dem vorkritisch-exegetischen Umgang mit den "Heiligen Schriften" zwischen den Schreibern der LXX 23 , denen der Qumranschriften24 und denen der rabbinischen Literatur25 durchaus Gemeinsamkeiten erkennbar sind, kann man mit Seeligmann im Hinblick auf die Fortschreibungen in den Prophetenbüchem erst von Vorformen oder " Voraussetzungen der Midraschexegese"26 sprechen, die vornehmlich als "Spielelement" der Sprache anzusprechen sind.27 Mit der Mischung aus Fortschreibung und beginnender Ausdeutung vorgegebenen Schriftmaterials wird allerdings ein Kanonisierungsprozeß erkennbar28, der zur Zeit des Abschlusses der LXX und der Ab-

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Studien, 154f.), dem autoritativen Schriftwort insofern gleichgeacbtet, als er allein in der Lage ist, die "Heiligen Schriften" vollmächtig auszulegen, vgl. Betz (Offenbarung, 99) und Vermes (Schriftauslegung, 188f.l 93). Darin liegt ein grundlegender Unterschied zum Selbstverständnis der Rabbinen und zum rabbinischen Midrasch (vgl. Stemberger, Midrasch, 19). Mit der autoritativen Hochschätzung der eigenen Literatur stehen die Qumranexegeten den schriftgelehrten Propheten folglich näher als die Rabbinen. Der Unterschied zu den Fortschreibem in Jes 56-66 besteht vor allem darin, daß diese "Prophetien" schreiben wollen und ihre Autorität nicht primär von einem Einzelnen herleiten. Auch die Rabbinen haben ein dem dtn. Prophetengesetz nahestehendes Selbstverständnis gehabt, vgl. dazu Meyer (ThWNT VI, 818f.). Vgl. Rüterswörden (Exeget, 328). Vgl. zum Gesamtphänomen Donner (Forscht in der Schrift Jahwes, bes. 295f.) sowie Blenkinsopp (Prophecy, 87ff.). Vgl. Seeligmann (Voraussetzungen, 151), van der Kooij (Textzeugen, 27ff.62ff.), Stemberger (Midrasch, 13). Vgl. den Überblick bei Elliger (Studien, 118ff.) und Feltes (Gattung, bes. 35). Vgl. dazu ausführlich Goldberg (Entwurf, 1-41) und Stemberger (Midrasch, passim). Zu den Hillel, Jischmael und R. Eliezer zugeschriebenen Regeln bzw. Middot vgl. Strack/ Stemberger (Einleitung, 25ff.) sowie die Analyse von Willi-Plein (Vorformen, 5ff.). In unserer Untersuchung wurde bes. auf die Anwendung der R. Eliezer zugeschriebenen Regel 28 (Paronomasie) in TrJes 60,1 (mit der Einschränkung, daß "dein Licht" dort nicht sicher Zitat ist), auf die Anwendung der 1., Hillel zugeschriebenen Regel (Schluß a minori ad maius) in TrJes 60,4b, sowie auf die 13., R.Jischmael zugeschriebene Regel (Zwei Schriftverse widersprechen einander, bis der dritte Vers kommt und zwischen ihnen entscheidet) hingewiesen, an die Jes 56,7 im Gegenüber zu Jer 6,20 und TrJes 60,7b (text, emend.) erinnert, vgl. die Tabelle z.St. Vgl. Seeligmann (Voraussetzungen, 157.176.181), auch Ssebo (Aspekte, 126ff„ Lit.), Stemberger (Midrasch, 1 lf.21ff.) u.a., anders insbesondere Michel (Eigenart, 229 u.ö.). Zu demselben Ergebnis kommt Willi (Chronik, 53) bzgl. der Auslegung des dtr. Geschichtswerkes im chron. Geschichtswerk, vgl. bereits Willi-Plein (Vorformen, 8). "Es wäre so gar zu wünschen gewesen, man hätte den Ausdruck Kanon nie vom Alten Testament gebraucht", seufzt Eichhorn (Untersuchung, 223). Mit dem Begriff "Kanoni-

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VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

fassung der Qumranschriften schon deutlich fortgeschritten ist,29 aber erst im 3./4. Jhdt. n.Chr. unter den Rabbinen zum Abschluß kommt. 30 Damit ist offensichtlich, daß es schon während des kanonischen Prozesses "Heilige Schriften" gegeben hat. Neben den formalen Kriterien, die sich aus dem Phänomen der Fortschreibung erheben lassen31, können auch inhaltliche Kriterien für "Heilige Schriften" geltend gemacht werden: Hier ist vor allem auf die Ziontradition zu verweisen. Sie wird in dieser Untersuchung im weitesten Sinne gefaßt, d.h. Einzeltraditionen wie der Völkerkampf gegen den Zion und die Völkerwallfahrt zum Zion werden ebenso zur "Ziontheologie" gerechnet wie alle TempelbergAussagen, ohne daß "Zion" ausdrücklich genannt sein muß. Auffällig ist, daß in nachexilischer Zeit der Bezug auf diese Ziontradition in nahezu allen Prophetenbüchem besonders ausgeprägt ist. Mit Gese kann man daher annehmen, daß das Offenbarungsgeschehen sich in nachexilischer Zeit

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sierungsprozeß" wird hier nicht mehr als die Entwicklung hin zu einem feststehenden Bestand von Heiligen Schriften bezeichnet. Im Unterschied zum christlichen Kanonisierungsprozeß hat es im Judentum niemals eine übergeordnete Autorität gegeben, die per "Synode" eine Abgrenzung des Kanons autoritativ hätte festlegen können, vgl. Talmon (Schrifttum, 56.70f.79) u.a. Zu der von Heinrich Graetz (1871) ins Leben gerufenen Diskussion um die sogen. "Synode von Jamnia" vgl. in neuerer Zeit bes. Stemberger (Jabne und der Kanon, 163ff.) und Hübner (Vetus Testamentum, 150ff.). Nach Steck (Abschluß der Prophetie, 136Í.139) lassen der sogen. "Väterhymnus" in Sir 44-49.50 (vgl. dazu bes. auch Schildenberger, Bedeutung, 188-204) ebenso wie das Zwölfprophetenbuch Indizien erkennen, die darauf hindeuten, daß um 180 v.Chr. die "Thora" (vgl. dazu kritisch Maier, Zur Frage des biblischen Kanons, 139f.) sowie ein Großteil des nachmaligen corpus propheticum ("Nebiim") als relativ geschlossene Größen voraussetzt werden können, vgl. ebd., 127ff. (Lit.). Gleichwohl kann man nicht davon reden, daß insbesondere die "Nebiim" zur Zeit Sirachs bereits als "abgeschlossene", fixe Größe zu betrachten wären, vgl. Steck (Abschluß der Prophetie, 139). Eine weitgehende Festlegung dessen, was als "kanonisch" zu betrachten ist, findet sich bei Josephus, (Contra Apionem 1,8, siehe Niese §38-46, zur Diskussion dieses Belegs vgl. Meyer, ThWNT III, 982, Donner, Gesichtspunkte, 59ff„ Wanke, TRE 6, Art. "Bibel I", 5f., Childs, Theologie, 17, Hübner, Vetus Testamentum, 149), vgl. ferner 4.Esra 14,18-47 (dazu Rüger, Werden des christlichen Alten Testaments, 183ff., mit weiteren Belegen). Erst im 3./4Jhdt. n.Chr. sind hingegen alle Kriterien für "Heilige Schriften" gebündelt und als Auswahlkriterien auf die überlieferte Tradition unangefochten angewendet worden, vgl. Maier (Geschichte, 13f.). Dazu zählen insbesondere die "Gleichzeitigkeit", d.h. also, daß die Schriften alle als Schriften des Propheten Jesaja aufgefaßt werden, die "Einheitlichkeit", die es erlaubt, ganz unterschiedliche Belege zusammenzufügen, sowie die "Zeitlosigkeit", die diesen Stellen eignet, weil sie immer wieder neu auf die Gegenwart angewendet werden können. Das Moment der "rituellen Heiligkeit" der betreffenden Texte (vgl. den Traktat Jadajim III, 5 (Goldschmidt, Der Babylonische Talmud Bd. 12, 849), dazu Meyer, ThWNT III, 983f., Lenhardt/von der Osten-Sacken, Rabbi Akiva, 25 Iff. (mit eingehender Erörterung), Stemberger, Jabne und der Kanon, 167, Maier, Zur Frage des biblischen Kanons, 138) ist in unseren Stücken hingegen noch nicht aufzeigbar.

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

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"vom Sinai zum Zion" verlagert hat. 32 Es hat sich aber nicht nur verlagert, es hat sich auch verändert.33 Das Charisma der Geistesgabe, das vormals Einzelne vorübergehend zur Verkündigung des Jahwewortes befähigte, ist nun auf den "Beruf' des schriftgelehrten Propheten übergegangen und eine dauerhafte Vollmacht zur Produktion von Jahwewort geworden. Man kann auch sagen: Die "intermittierende" Offenbarung hat sich in eine "perennierende" gewandelt. 34 Dem entspricht, daß das Jahwewort kaum noch - vielleicht gar nicht mehr - verkündigt wird. Es wird vielmehr unter Berücksichtigung schriftlicher Vorlagen niedergeschrieben. Ganz unterschiedliche Verkündigungselemente bilden ein schriftlich fixiertes Konglomerat, das schnell von seinem ursprünglichen Zeit- und Adressatenbezug gelöst werden kann und entsprechend zeitübergreifende und adressatenvariable Geltung bekommt. So könnte die für die Ziontradition zweifellos wichtige Passage Jes 2,2-4 (par. Mich 4,1-3) von den schriftgelehrten Propheten so aufgefaßt worden sein, daß die von Zion ausgehende Unterweisung der Völker mit der schriftlichen Tradierung von Jahwewort ihren Anfang nehmen werde. "Denn vom Zion geht aus Weisung (rnin), und das Wort Jahwes (rnrr'-ai) von Jerusalem" (Jes 2,3b). In den Augen der schriftgelehrten Propheten kann diese "Weisung"35 nur schriftlich erfolgen, und so ist nicht auszuschließen, daß diese Tradenten an eine "Tradentenkreis" übergreifende Beachtung des schriftlich fixierten Jahwewortes im Zionvolk und schließlich in der ganzen Völkerwelt gedacht haben. Damit wäre jedenfalls ein Grund für die außerordentlich deutliche Prävalenz der Ziontradition in den Texten ebenso wie in den literarischen Bezugnahmen gefunden. Damit eng verbunden ist die hervorgehobene Bedeutung von individuell und kollektiv interpretierter Gottesknechtstradition. Die schriftgelehrten Propheten werden sich vornehmlich aus inhaltlichen Gründen auf diese Stellen bezogen 3 2 33

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Vgl. Gese (Gesetz, 68ff.74f.), dazu Reventlow (Hauptprobleme, 142ff.). Gese (Gesetz, 68ff.75) hebt die "Sapientialisierung" und die "Eschatologisierung" der Thora hervor. Donner, Prophetie, 45f. Der "Thora'-Begriff ist natürlich schillernd und keineswegs auf den Pentateuch einzugrenzen. Die Tempelrolle von Qumran ist größtenteils als eine Jahwerede stilisiert, die Mose am Sinai offenbart wurde (vgl. van der Woude, Qumranforschung, 235). Im rabbinischen Judentum hat sich in späteren Zeiten der Begriff der "mündlichen Thora" gebildet, der die mündlichen Überlieferungen bezeichnete, die neben den im MT niedergelegten Schriftgut Mose "am Sinai" offenbart und von den Rabbinen ihrerseits schriftlich fixiert wurden (vgl. dazu die Erörterung von bMenachot 29b (Akiva und Mose) bei Lenhardt/von der Osten-Sacken (Rabbi Akiva, 319ff.), ferner Maier (Geschichte, 16f.l9). Für das rabbinische Judentum gilt dementsprechend der Grundsatz rD K^D: "Alles ist in ihr (sc. der Thora) enthalten (vgl. Maass, Schriftauslegung). Die Rabbinen konnten sogar die Prophetie des Jesaja vom Sinai herleiten: Jesaja habe seine Prophezeiung am Sinai empfangen, aber erst später die Vollmacht zur Verkündigung erhalten (so um 300 n.Chr. nachweisbar, vgl. Meyer, ThWNT VI, 818). - Nach der Zerstörung Jerusalems scheint sich damit wieder ein traditionsgeschichtlicher Wandel vollzogen zu haben: Die Offenbarung geht nun nicht mehr vom Zion, sondern wieder vom Sinai aus.

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VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

haben: Der Gottesknecht ist im Geistbesitz (vgl. DtJes 42,1 mit TrJes 61,1 und Jes 59,21) und trägt, ohne laut zu verkündigen (DUes 42,2), das Recht (osar?) zu den Völkern hinaus, vgl. DtJes 42,1 und besonders die Selbstaussage Jes 51,4b. Die schriftgelehrten Propheten könnten daran gedacht haben, daß nicht nur sie selbst (Jes 59,21), sondern auch ganz Israel (vgl. TrJes 60,9 mit dem Schriftbezug auf Jes 51,5) in diese Gottesknechtsfunktion gegenüber den Völkern eintreten werde.36 Eine wichtige Rolle für die Autoren in Jes 56-66 spielt auch der jesajanische Gedanke an den "Heiligen Israels". Dies ist aus den beigefügten Tabellen nicht auf den ersten Blick ersichtlich, weil keine gesonderte Kennzeichnung vorgenommen wurde. Doch die Tabelle zu Jes 57,14-21 mag verdeutlichen, was gemeint ist: Jes 6,1 wird in Jes 57,15 nicht nur zitiert, um an die jesajanische Vision zu erinnern, sondern um Jahwe als den "Hohen" und "Erhabenen" dem "gedemütigten Geistes" und dem "Verzagten" gegenüberstellen zu können. Ähnlich wird in Jes 57,3-13 das frevlerische Treiben der dort angesprochenen Kultgemeinde als Beschmutzung des "hohen und erhabenen" Berges Jahwes dargestellt. Es kommt also auf das Gegenüber zum "Heiligen Israels" an: Auf der einen Seite sind die "Knechte Jahwes", denen Heil verheißen wird, auf der anderen die dem Gericht verfallenen "Jahwe-Verlasser", wie die Frevler beispielsweise in Jes 65,11 genannt werden. Ganz offensichtlich spiegeln sich in diesen Texten Gemeindeauseinandersetzungen wider, über die wir im einzelnen leider wenig wissen.37 Alle literarischen Bezugnahmen, die im weitesten Sinne mit diesen Auseinandersetzungen um das rechte Verhältnis zum "Heiligen Israels" zu tun haben, könnten insofern unter das Thema "der Heilige Israels" subsumiert werden.

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Daß (las "Knecht-Thema" in Jes 56-66 eine besondere Rolle spielt, hat auch Beuken erkannt. Er sieht in Jes 56-66 die Frage beantwortet, wer die "Knechte" (bei DtJes nur im Sg., vgl. aber Jes 53,10 und 54,17) seien und was ihr Erbteil sei (vgl. Beuken, Profetie, 78ff.). Die Tatsache, daß von "Knechten" in Jes 56-66 außer in Jes 56,6 erst ab 65,17 die Rede ist, erklärt Beuken damit, daß die in Jes 56-66 geschilderten gemeindeintemen Auseinandersetzungen um nichts anderes als um eben dieses Thema geführt werden. Die "Gerechten" tragen dabei Züge des Gottesknechts (Beuken, Prophetie, 79). Ausgehend von unserer Interpretation TrJes' (in 61,1) und im Hinblick auf Jes 59,21 (vgl. dazu auch Beuken, Profetie, 81 f.) könnte man vermuten, daß unter den "Knechten" zunächst niemand anders als die schriftgelehrten Propheten selbst, also die Autoren der "Tradentenkreise", zu verstehen sind. Diese hätten ihre "Knechtfunktion" auf das Volk übertragen wollen. - Gegen Beuken muß allerdings jeglicher Bezug von Jes 56,1-8* auf dieses Thema abgestritten werden. Die Erwähnung der "Knechte" in Jes 56,6 steht in einem ganz anderen Kontext. Während Duhm noch das "Samaritanische Schisma" hinter den Texten wähnte (vgl. zu diesem jetzt Maier, Geschichte, 53ff.), vermutet Hanson (Apokalyptik, 456f.) Auseinandersetzungen zwischen einer "zadokitisch geleiteten Gruppe" und einer "gemischten Gruppe, die aus Anhängern von Deuterojesaja und oppositionellen Leviten" bestand (ebd.), vgl. auch Achtemeier (Community, bes. 19f.).

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

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Schließlich muß auf das ebenfalls häufige Aufgreifen der Exodustradition in Jes 56-66 hingewiesen werden. Dies geschieht natürlich vor allem im Gefolge der dtjes. Botschaft, mag inhaltlich aber auch darin begründet sein, daß man sich bei der Beschreibung der anbrechenden Heilszeit besonders gern bildlich (TrJes 62,10-12) oder im übertragenen Sinn (Jes 57,14; 58,8.11) der Exodustradition bediente. Insgesamt haben wir somit vier Themen, die inhaltlich einen Großteil der literarischen Bezugnahmen abdecken. Damit ist zum einen erklärt, warum die Texte Jes 56-66 im Jesajabuch stehen: Die Tradenten haben sie im wesentlichen im Hinblick auf diese vier Themen, die für sie offenbar "jesajanische" Themen38 waren, geschrieben.39 Zum anderen aber wird auch deutlich, daß das Werden "Heiliger Schriften" nicht von ihrem Kanonisierungsprozeß getrennt werden kann40: Die normative Bedeutung, die diese Schriften bekommen, ist den Texten nicht nur formal, sondern auch inhaltlich eigen. Der Kanonisierungsprozeß findet ganz konsequent dann seinen Abschluß, wenn versucht wird, diese Inhalte grundlegend anders zu interpretieren oder formal oder inhaltlich in Frage zu stellen.41 3 8

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Zweifelhaft erscheint die These, nach der in 2.Chron 36,22f. (par. Esra l,lf.) DtJes 44, 28 als ein Vers aus dem Jeremiabuch aufgefaßt werde, vgl. Smend (Entstehung, 144). Ganz ähnliche Beobachtungen kann man auch schon bei Kessler (Gott geht es um das Ganze, 11. 106ff.) und Schreiner (Buch, 167ff.) nachlesen. Einzelhinweise finden sich femer bei Rendtorff (Komposition, bes. 301 ff., allerdings mit nicht immer überzeugenden "Querverbindungen"), Clements (Unity, 54. 60) und Kraus (Evangelium, 170.190). Whybray (Second Isaiah, 5) erwähnt noch, daß die vordem anonymen Prophetien mit der Autorität Jesajas ausgestattet werden sollten, daß man die jesajanische Prophetie um weitere Heilsprophetie erweitern wollte, daß eine Verbindung zwischen Jes 40-55 in der Verehrung Jerusalems und seiner religiösen Traditionen bestand und daß bes. die dtjes. Prophetien leicht generalisierbar waren. - Die in Anknüpfung an jüdische Traditionen vornehmlich von älteren Forschern (vgl. Eichhorn, Einleitung, 55.118f. u.ö., Budde, Geschichte, 157f.) gelegentlich angeführte Begründung, daß das Volumen des Jesajabuches an das des Jeremía- und Ezechielbuches hätte angeglichen werden müssen, wird demgegenüber eine höchst sekundäre Rolle gespielt haben. Ewald (Jesaja, 83f.) vermutet einen chronologischen Grund für die Anfügung von Kap.40-66 an die Jesajaprophetie: Weil man das Dodekapropheton für älter gehalten habe, sei auf Jer und Ez ganz am Schluß Jesaja gefolgt, Anfügungen seien nur dort noch möglich gewesen. Die Unterscheidung von "Heiligen Schriften" und "kanonischen Schriften" (vgl. Assmann, Gedächtnis, 94f.) erscheint nur bei einem sehr eng gefaßten Kanonbegriff als sinnvoll, und zwar dann, wenn man vornehmlich das abgrenzende Moment der Kanonisierung von Texten im Blick hat, vgl. Talmon (Schrifttum, bes. 50f.) u.a. Vgl. dagegen schon Childs (Introduction, 58f.236), ders. (Canonical shape, 43), zur begrifflichen Problematik insgesamt Dohmen/Oeming (Kanon, bes. 19ff., Lit.). Die bei Leiman (14f. 127) propagierte Unterscheidung von "inspirierten" und "nicht inspirierten" kanonischen (sie!) Schriften hat sich als nicht sachgemäß erwiesen, vgl. Stemberger (Jabne und der Kanon, 165f.) und Dohmen/Oeming (Kanon, 20, vgl. den Exkurs ebd., 43ff.). Vgl. zu den "Abschlußphänomenen", die der Fortschreibung ein Ende gesetzt haben, zusammenfassend Dohmen/Oeming (Kanon, 29ff.). Insbesondere die Apokalyptik und das

324

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Daß in den einzelnen Stücken unterschiedlich stark auf bestimmte literarische Vorlagen Bezug genommen wird, daß sich manche Autoren also vorwiegend an DÜes oder TrJes oder an beiden orientieren und andere überhaupt nicht, kann seine Ursache nicht in unterschiedlichen Gattungen haben42, sondern ist in der unterschiedlichen Theologie von verschiedenen Autoren begründet. Eine fortlaufende Auslegung von Vorlagen haben wir im Gegensatz zu Steck43 in der Regel nicht feststellen können. Lediglich Jes 56,9-12 und 57,1-2 könnten fortlaufend an der Vorlage Jer 12,7-13 entlanggehen, wenn die beiden Stücke ursprünglich zusammengehören. Zuweilen sind Schwerpunkte von schriftgelehrten Bezügen auf bestimmte Texte zu beobachten44, doch in der Regel ist in der Zitation kein durchdachtes System erkennbar. Manche Autoren zitieren häufig, andere kaum.45 Soweit sich keine besonders auffallenden widersprüchlichen Aussagen der einzelnen Stücke zueinander ergeben haben, sind die Texte in "Sammlungen" zusammengefaßt worden, die jeweils von einem "Tradentenkreis" verfaßt worden sein dürften. Die Frage, ob einzelne Texte eines "Tradentenkreises" möglicherweise von ein und demselben Autor stammen, wird offengelassen. Sie ist auch unwichtig, insofern sich die Exegese vorwiegend auf Texte und ihre theologischen Aussagen, weniger auf hinter ihnen stehende Personen bezieht. TrJes und alle Autoren der "Tradentenkreise" eint, daß sie bei ihrer schriftgelehrten Tätigkeit vornehmlich auf die "Nebiim" zurückgreiChristentum setzen dieser Fortschreibung, die mit dem Anspruch auftritt, selbst Heilige Schrift zu sein, ein Ende. Das Werden Heiliger Schriften wird hier als ein Prozeß innerhalb Israels angesehen. Obgleich berücksichtigt werden muß, daß ähnliche Entwicklungen auch in der Umwelt Israels stattgefunden haben (vgl. zur Phänomenologie "Heiliger Schriften" Bertholet (Macht der Schrift, passim) sowie Leipoldt/Morenz (Heilige Schriften, passim), zu altorientalischen Parallelen vgl. jetzt auch die Materialsammlung von Dohmen/Oeming (Kanon, 68ff.), speziell zu ägyptischen Parallelen vgl. Assmann, Gedächtnis, 174ff.), ist nicht erkennbar, daß es für das Werden der Heiligen Schriften in Israel irgendeines Anstoßes von außen bedurft hätte. Vgl. zu den vieldiskutierten "Fremdeinflüssen" Maier (Geschichte, 27ff.). Daß der Kanon in Palästina "nicht nur unter Duldung, sondern im Auftrag der Perser" entstanden sei (so Assmann, Gedächtnis, 208), kann mitnichten behauptet werden, vgl. kritisch Dohmen/Oeming (Kanon, 91ff.). Geistesgeschichtlich bedeutsam wird vielmehr der "nationale Niedergang des israelitischen Staatswesens" (Hanhart, Bestimmung, 26f.), die damit verbundene Identitätskrise der Bevölkerung (vgl. Wanke, TRE 6, Art. "Bibel I", 2f., Talmon, Schrifttum, 66 u.a.) sowie die nachfolgende "Gründung und Festigung der nachexilischen Kultgemeinschaft" (Hanhart, Bestimmung, 26f.) bes. unter Esra und Nehemia, die auch eine Identitätsftndung der israelitischen Gemeinde (vgl. Sanders, Torah, 91) mit sich brachte, gewesen sein. 4 2 43 4 4

4 5

Gegen Volz (199) und Elliger (Verhältnis, 284). Vgl. Steck (Untersuchungen 1,129ff.), anders dagegen schon Zimmerli (Sprache, 233). Zu nennen ist hier der häufige Schriftbezug auf DÜes 49,14-26 in TrJes 60, auf Mich 3 in TrJes 61, auf DÜes 54,1-10 und 49,14-26 in TrJes 62, auf TrJes 60-62 in Jes 66,714a u.a.m. Zu ersteren gehört beispielsweise TrJes und der Autor von Jes 66,7-14a, zu letzteren die Autoren der Stücke Jes 66,1-4; 65,1-7 und Jes 59* (vgl. die Tabellen).

VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

325

fen, auf die "Thora" hingegen nur dann, wenn das betreffende Zitat aus inhaltlichen Gründen allein von dort bezogen werden kann. "Thora" und "Ketubim" spielen insgesamt gegenüber den "Nebiim" eine ausgesprochen untergeordnete Rolle. 46 Für die Redaktoren, denen im Unterschied zu immer wieder anzutreffenden Ansichten hier weithin eine kompilatorische, keine Schreibertätigkeit zugeordnet wird, haben die theologischen Differenzen der Stücke ebensowenig eine Rolle gespielt wie die in den Texten zu beobachtenden unterschiedlichen literarischen Bezugnahmen.47In vielen Fällen war vermutlich das Unheil-Heil-Schema für die Zusammenordnung der Texte maßgeblich, das nicht nur eine gleichzeitig-ambivalente Interpretation des Handelns Jahwes zuließ, sondern zunehmend auch eine eschatologisch-nachzeitige in dem Sinne, daß auf das Gerichtshandeln Jahwes in der Vergangenheit nun und in unmittelbarer Zukunft das eschatologische Heilshandeln Jahwes folgen würde. So konnte das Jesajabuch von den Rabbinen schließlich als Heilsprophetie gelesen werden.48

46

4 7

48

Man kann daraus schließen, daß die "Tradentenkreise" wohl vorwiegend "prophetische Kreise" gewesen sind. Merkwürdig gegenüber der sonstigen Hochschätzung der "Thora" (vgl. Strack/Billerbeck, Exkurse, 435ff., mit zahlreichen Belegen) ist deren scheinbare Mißachtung durch unsere Autoren. Doch hier kommt viel auf das Verständnis dieser "Propheten" an: Autoren wie die "schriftgelehrten Propheten" von Jes 56-66, die in ihrem Selbstverständnis an das dtn. Prophetengesetz (Dtn 18,9-22) anknüpfen, können auch in Verbindimg mit dtr. (vgl. Rendtorff, ThWNT VI, 804, Blenkinsopp, Prophecy, 98.101, Steck, Abschluß der Prophetie, 146ff.) oder levitischen Kreisen (vgl. die im Abschnitt "Einleitung" unter S.16f., Anm. 65 genannte Lit.) gestanden haben, ohne daß man diese deshalb allerdings schon als "Deuteronomisten" oder "Leviten" bezeichnen dürfte. Prinzipiell gilt, was schon Wellhausen (Geschichte, 186) u.a. geschrieben haben: "Ein Widerspruch zwischen den Propheten und dem Gesetz ward nicht empfunden; im Gegenteil lebte noch das Bewußtsein, daß sie die Urheber des Gesetzes seien... " Vgl. dazu auch Horst (Heilige Schrift, bes. 162ff.) u.a.m. Dies ist bes. im Hinblick auf die Tatsache evident, daß auch Stücke wie die "Einzelüberlieferungen" Jes 63,1-6; 63,7-64,11 und 56,1-8* Aufnahme in Jes 56-66 gefunden haben, obwohl hier von "Fortschreibung" oder "schriftgelehrter Prophetie" keine Rede sein kann. Vgl. schon die Schilderung "Jesajas" in Sir 48,23-25: "23. In seinen Tagen hielt die Sonne still und fügte dadurch Lebenszeit dem König hinzu. 24. Mit dem Geist der Kraft schaute er die Endzeit und tröstete die Trauemden Zions. 25. Für immer tat er kund, was werden sollte, und die verborgenen Ereignisse, ehe sie eintreten." - Der Autor bezieht sich auf Passagen aus dem "Großjesajabuch", die theologische Botschaft ist mit einem Zitat von TrJes 61,2f. charakterisiert. Vgl. weiterhin den Traktat Baba Bathra (Fol.l4b), der in der "Einleitung" (S.18, Anm. 71) zitiert ist.

Literaturverzeichnis Abkürzungen richten sich nach S. Schwertner, Abkürzungsverzeichnis (in: Theologische Realenzyklopädie, Berlin, New York, 1976). Im Text werden nur die hier angegebenen Kurztitel verwendet. Aus Raumgründen wurde das Literaturverzeichnis gegenüber der Dissertation erheblich gekürzt. Standardwerke aller Art (Nachschlagwerke, Kommentare, Grammatiken) sind nicht aufgezählt, insoweit ihr Gebrauch allgemein üblich und damit selbstverständlich ist. Literatur, die im Text nur einmal erwähnt wird sowie generell die Lexikonartikel sind in der Untersuchung am jeweiligen Ort genannt und werden im Literaturverzeichnis nicht noch einmal aufgeführt. Jede Literaturangabe enthält regulär Name, (Ersterscheinungsjahr), Fundort, Jahreszahl, (Seitenzahl) sowie den Kurztitel. Die Titel der Aufsätze etc. entfallen in der Regel, sie lassen sich mit den gegebenen Daten ohne allzu große Mühe finden. Abramowski, Rudolf, Alttestamentliche Forschungen. Sonderheft der ThStKr, Erstes Heft, 1925, S.90-143. -kurz: Abramowski. Abu Taleb, Mahmud, ZDPV 101 (1985), S.21-29. -kurz: Abu Taleb, ZDPV 101 (1985). Ackroyd, Peter M, Israel under Babylon and Persia, 1970. -kurz: Ackroyd, Israel. Albertz, Rainer, ZNW 74 (1983), S.182-206. -kurz: Albertz, Antrittspredigt. ders., FS R. Rendtorff (65.), 1990, S.241-256. -kurz: Albertz, Deuterojesaja-Buch. ders., ATD Ergänzungsreihe Bd. 8/1,1992. -kurz: Albertz, Religionsgeschichte I. ders., ATD Ergänzungsreihe Bd. 8/2, 1992. -kurz: Albertz, Religionsgeschichte II. Alonso-Schökel, Luis, Das Alte Testament als literarisches Kunstwerk, 1971 -kurz: AlonsoSchökel, Kunstwerk. Alt, Albrecht, Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel, Band 1, 4. Aufl., 1968. kurz: Alt, Kleine Schriften I. ders., Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel, Band 2, 3. Aufl., 1964. -kurz: Alt, Kleine Schriften II. Andersen, T. David, Biblica 67 (1986), S.75-80. -kurz: Andersen, Renaming. Assmann, Jan, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, 1992. -kurz: Assmann, Gedächtnis. Aus, Roger D., ZNW 67 (1976), S.252-268. -kurz: Aus, Relevance. Bardtke, Hans, FS O. Eissfeldt (1957), BZAW 77, 1958, S.9-24. -kurz: Bardtke, Erwekkungsgedanke. Barr, James, Comparative Philology and the text of the Old Testament, 1968. -kurz: Barr, Comparative Philology. Barthélémy, Dominique, OBO 50/2,1986. -kurz: Barthélémy, Critique textuelle. Bastiaens, Jean/Beuken, Wim/Postma, Ferenc (- Hrsg.), Trito-Isaiah. An exhaustive concordance of Isa.56-66, especially with reference to Deutero-Isaiah. An example of computer assisted research, 1984. -kurz: Bastiaens, Trito-Isaiah. Becker, Joachim, Analecta Biblica 25, 1965. -kurz: Becker, Gottesfurcht. ders., SBS 30, 1968. -kurz: Becker, Isaias.

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Zeichenerklärung Für den Übersetzungstext gilt folgende Zeichenregelung: "... " >...< »... « „..." Kursivschrift Fettschrift (...) [...]

Anfang und Ende der Übersetzung. Glosse. Fingiertes Zitat oder Benennung. Jahwerede. Emendationen. Betonung. Sinngemäße Ergänzungen. Textverderbnis.

Für die "Tabellarischen Übersichten" wurde folgende Kennzeichnung gewählt: Der Beleg steht in Fettschrift Der Beleg steht in Kursivschrift Der Beleg ist unterstrichen Hinter dem Beleg steht (?) Der Beleg ist eingeklammert [ ]

Ziontradition (im weitesten Sinne). Gottesknechtstradition. Exodustradition. Die literarische Bezugnahme ist unsicher. Literarische Bezugnahmen von Glossatoren.

Die einzelnen Kennzeichnungen können auch kombiniert werden. Ausschlaggebend für die Kennzeichnung ist der theologische Kontext des angegebenen Belegs in seinem ursprünglichen Textzusammenhang (also vor der Zitation).

Abkürzungsverzeichnis a.a.O. akt. Art. bes. bzgl. bzw. d.h. EJL fem. Hinw. Imp. Jhdt. jmds. Kap. koll. Lit. m./mask. m.E. m.W.

- am angegebenen Ort -aktiv -Artikel - besonders - bezüglich - beziehungsweise - das heißt - Ebed-Jahwe-Lied(er) - feminin - Hinweis - Imperativ - Jahrhundert -jemandes - Kapitel - kollektiv - Literatur - maskulin - meines Erachtens - mit Wissen

o.ä. par. pass. s.o. sogen. s.u. TEZ

-

u.a.

-

u.a.m. u.U. u.v.a. V. vgl. Verf. Vulg. z.B. z.St. z.T.

-

oder ähnlich(es)/(em) parallel passiv siehe oben sogenannte(n) siehe unten Tun-Ergehen-Zusam menhang und andere(n); unter anderem und andere(s) mehr unter Umständen und viele(s) andere Vers(e) vergleiche Verfasser Vulgata zum Beispiel zur Stelle zum Teil

Bibelstellenregister (in Auswahl) Nicht enthalten sind insbesondere alle Stellen aus Jes 56-66, da diese problemlos in der versweise vorgehenden Exegese nachgeschlagen werden können. Genesis 3,14 15,1-4 15.1 5 17,4f 21,18 24,39 25,3f 25.1 3 25,30 27.3 4 9 .4

140.316 130 239 39 25 296 41 41.43 282 221 160

Exodus 3,5 13.9 19,6 21,12 28,11 31,12ff. 33.1 4 34,19f. 40,35

259 158f. 80Í.114 175 61 267 290 176 218

Leviticus 11,29 26.1 6

184 139

Numeri 7,3 10,25 11,12 18.2 0 28.10 28,14

147 251 36.38 156 149 149

Deuteronomium 4,11 4,39 6,5 6,9 10.2 1 1 l,14f. 11,18 12,2 15.1 1 18,1-8 18,1 18,9-22 20,1

30 169 158 158 302 254 158 154 249 82.147 147f. 70ff.89.182. 202.227.318.325 292

22.1 22,3f 23,2ff. 26,19 28,29 28,39 28,47 31,16-22 31,18 3 2 .7 32,9 32,13 32,22 33. 2

249 249 26 8 ff. 106 214.254 150 199 122 122.126 258 258 25 8f. 190 28.34.281

Josua 5,15 6 .9 6,13 22,25.27

259 2 5 1 f. 2 5 1 f. 156

Richter 5 .4 5 .5 6,19f 17. 8 18,6 19,28

282 300 189 259f. 238 25

1.Samuel 2,19 15.1 2 16.1 3 17,5 17,38

157 273.275 70 220 220

2.Samuel 4,4 7 7.1 0 13,15 14,27 18,18 23,5

37 169 64.79 25 275 273.275 85

1. Könige 8,27 10,2

169Í.178 41

2. Könige 10,1.5 21,1

36 99

Jesaja 1,15 1.2 7 1.2 8 1.2 9 1.3 0 2,2-4

2. 2 2. 3 2.4 5. 2 5,7 6,1 6. 3 9,1 9.5 11. 1 11. 2 11,6-9 11. 6 11. 7 11. 8 11. 9 11,12 14,2 14,25 17.1 2 19,19-22 19,25 25,6 27.1 3 28. 1 28,5 29,7f 29,16 29,23 30,33 33,9 33,15 34,8 35,Iff. 35. 2 35. 4 35. 5

206f. 197.226 197 183.188 255 29.31ff.44.47. 5 7 . 6 6 . 1 1 5 f . 157. 168.227.321 157.168 59 84 111 213 120.157.322 120 29.214 120 64.116 70 141 140.316 140.316 131 140.316 278 276 284f. 39 145 64f. 167 146.278 95 95 3 9 f. 306 64 162 196 121 76.116.279. 281.283f.317 133 53.196 76 72

Bibelstellenregister 35,6 249 35. 9 115 35.1 0 83.137 37,23 153 38,14 215 40,1 1 40. 3 109ff.119.316f. 40. 5 28.259 40. 6 241 40,9ff. 67 40. 9 73.113.156f.241f. 40.10 85.114.182 40.1 1 113.140f.316 40.2 2 169 40,25 120 41,16 167 41,17-20 310 41.1 8 255 41.1 9 53f. 41.2 8 219 41.2 9 167 42.1 69f.226.322 42. 2 70.72.322 42,3ff. 78 42. 4 47.105 42. 6 32.208 42,6f 30 42. 7 74f. 42,10-13 42 42,11 43 42.1 3 220.281 42,14-17 308ff. 42.1 4 92.132.165. 297.312.314 42,16 28.212.232 42.2 5 182 43,6 48f. 43,16-21 135.310 43.1 8 135 43.1 9 136 43.2 3 177 44. 3 86.133.139 44,9-20 164 44,15f 153 44.2 6 27.80.256 44,28 323 45,1 51.69.72 45. 6 223 f. 45. 7 28 45. 8 89 45. 9 306 45,19 209 46,3f. 137 46,12f 264f. 46,13 264f.

47,1 47. 3 47. 4 47. 6 47. 7 47. 9 48,1 48. 5 48,16 48,17-19 48.1 8 48.1 9 48.2 0 48.21 48.2 2 49,4 49. 6 49. 8 49. 9 49.1 0 49,12 49,14-26

49.1 4 49.1 5 49.1 6 49.1 7 49.1 8 49.1 9 49.21 49,22f. 49.2 2 49.2 3 49,26 50,1-3 50. 1 50.2 50,10f. 50.1 0 51. 3 51,4-8 51. 4 51. 5 51. 6 51,8 51.1 1 51.1 2 51.1 6 51.1 7 51,19 51,23 52. 1 52. 2

26 75f. 297 122.126 164 128 195 166 67 131 131 131.274f.276 113.115 249 125f. 87.139 32.146 76.99.246.253 30.75 199 35f. 35.49.58.66. 112.115f.l27ff. 134.137.324 313 132.137 49.103f. 49f.79.101.103 34.87.316 99 128Í.134 36f.38.146 35.49.101. 112.131.147 56f.58 56Í.285 204Í.228 171.205 204f.219.283.311 70 164 83.137 47 322 46f.48f.322 136.265 265 83.137 164 226 25f.27 60.211 56 88 25f.27

345 52. 5 52. 6 52. 7 52. 9 52.1 2 52,13ff. 52.1 3 53,6 53. 8 53.1 0 53.1 1 53.1 2 54,1-10 54. 1 54. 2 54. 3 54. 5 54. 6 54,7f 54,8 54.1 1 54.12 54.1 4 54,17 55,3 55,5 55. 7 55.1 2 55.1 3 2,11

2,20 3,5 3,17 4,13 4,15 4,31 6,7 6,9 6,20 6,27f 7,30 8,15 10,13 12,7-13 12. 8 12. 9 12.1 0 12.1 1 12,12f. 12.1 2 13,11 13,16

56 140 70.73 77 25 If. 146 156 234 238 13 236 220.305 97ff.l 15f. 126f.134.324 97f.99f.127ff.134 160.241 82 lOOf. 56f.97.129 121 50.122 132 61.100.105 105 13 85 30.48f. 309 83 274 Jeremía 81

154 121 46 f. 49.55 182 182 127 60.187f. 282 41.45.276f.319 187 178 213 39 125f.229ff. 236.324 230 230 231 236f. 126 125 106 30.213f.

346 13,18f. 14,1-16 14. 7 14,12 14,19 15,14 17. 4 17,12 18,6 18,12 23, I f f 23,24 2 5 .9 25.1 0 25,30f. 25,31 25,33 27. 8 30,2ff 30,3 30.1 7 30,21 31. 9 31.1 2 32.1 8 32,40 33,6 33,9 34.1 6 34.1 7 36. 5 41,9 42,17 46,9 48,3 49,9 49.1 3 49.1 4 49.1 9 49,23 49,38 51. 6 51.1 6 51,58 4,12-15 4,14 8,3 8,7 8,10 16,9 16,12 16,16f. 16.1 7 16,18f.

Bibelstellenregister 94f.97 215f. 216 245 213 190 190 54f.169f.178 306 187 234 169 79 79 183 183 183 53 195 195f. 115 280 294 255 191 f. 85 124 39 276 73 218 150 237 145 60.211 280.282 79 283 280 124f. 169 181 39 139 Ezechiel 189 189 183 183 183f. 162 94.96f. 157 159 162

16,25f 16.2 5 16,28f 16,29 16,33f 18,7 18,9 18,16 21,12 23.1 6 23.1 7 23.1 8 23.1 9 23.2 0 23,36 23.4 0 23.4 1 23.4 2 30,18 32,7f. 33,3 33.2 8 34,1-10 34.2 1 34.2 9 37.2 6 39,2 I f f . 42,20 43, Iff. 43. 2 43. 7 43. 8 2. 3 2,7f 2,10 2,12 2,16f 3. 4 4.1 2 4.1 3 4,16 6,3 7,7 7.1 4 8. 1 11,11 12,2 12,7 13,14 14. 3 14,5 2. 2 2,12f.

162 161 163 162 163 248 249 248 78 163 157 160 161 163 166 163 162 94.96 30 30 242 57 231.233 37 64.78f. 85 144 .....206.218.225 224Í.228 28 54f.169f.178 159 Hosea 197 163 162 162 196f. 254 152 154 156 251 208 157 242 46 162 263f.265 135 123Í.126 124 Joel 30.251 245

2,23 4,5 4,13

130 308 282 Amos

3,9 5,18-20 9.1 1

125 213 257 Obadja

5

283 Jona

4,7

150 Micha

1. 4 1. 5 1. 7 3,2 3. 8 3. 9 3.1 0 4,1-3 4. 1 4. 2 4,9ff 4.1 0 4,13 7,2 7,8f 7,8

301 242 166f. 84 68.72.242f. 84.242 84 31 ff.321 157 157 127f. 127f. 25 235f. 30.214 214 Habakuk 2.1 3 139 3,2ff 281 3.1 2 282 Zephanja 1.1 5 30 2,4 98 2.1 1 149 3,16-20 102 3,17 102 3,19f 106 3,19 56 Haggai 2,6-9 34 2,7 130 Sachmja 1.1 6 162 6.1 4 275 7 244f. 8,3ff 137 8,10 125 8,19 245 9.1 2 82 10. 1 254 10. 2 254 11,17 234 13,2f. 318

347

Bibelstellenregister 14,14 14,16 14,17f

40.52 33.53.149 150 Maleachi

3,If.

183 Psalm

7,15 10,1 11. 4 14. 3 24. 5 24. 8 24,10 28.1 31.2 0 33. 9 34. 6 35. 9 35,19 35.2 1 36,5 37. 4 37.2 8 37.2 9 42. 5 45,8 46,3 48,3 49.1 0 50,7-15 51,5 51.1 3 51,20f 60.1 4 65,5 65,8 68. 3 68,8 69.1 4 73. 8 73,28 79,12 80.1 5 83. 2 84. 7 86. 9 91. 4 101. 8 102,16 102,22 103. 9 103.1 9 104,11 104.2 0

209 165 169 210 266 280 280 165.l90f.314 288 171 39 88 153 153 187 258 83 64 110 78 301 57 171 170.172Í. 216 291 50 284 274 39 301 282 246 217 243 19 I f . 295 92.104 110 149 219 56 2 2 3 f. 43 121 169 230 230

106. 3 106,9 107,2 107,33-37 108,14 112. 4 132,8 132,9.16 145,7 146,7f. 146,7 147,2

263Í.265 294 115 310 284 250 170 88 288 75 248 278 Hiob

5.1 4 10,9 15,35 22,26 29,14 30,22 33,6

214 306 209 258 87 306 306 Proverbia

1,16 4,8f 6.1 7 6.1 8 6,34 11,18 15.1 3 16,29 16,31 17,22 18.1 4

210 94 21 Of. 211 279 192 172 187 94 172 172

5,16 5,22

95 306f.314 Esther

2,7 6. 1

36 104 Daniel

8,27 12. 2 12,7

237 150 114.299 Esra

l.lf. 2,62 4,15 9, If 9. 4 10. 3 10,11

323 148 104 269 173 173 269

Nehemia 9, If. 10,29-32 13,1-3 1.Chronik 1,29 I,3 3 22,14 2.Chronik 2. 5 7. 2 9,1 15,5 36,19 36,22f.

269 269 269 41.43 41 58 169 218 41 125 308 323

Ruth 3.1 5 4.1 0 4.1 6

19 If. 275 37f.

Neues Testament Matthäus 2,11

43 Markus

Canticum 3,6 3.1 1 6,10 8,5

280 96 280 280 Kohelet

7,15-22 7,15

291 150 277 Lukas

4,18f 235 235

Threni 1,10 1,15 2.1 3 2,19 3,19 3,56 4. 4 4. 5 4.1 4 5,1 ff

3,28f 9,43-48 II,1 7

308 282 40 25.26 247 165 249 37 207f.256.316 107

73f. Johannes

4,20-26 16,20-22

170 127 Acta

7,48-50 17,24ff.

170 170 Römer

3,9ff. 8,32 9,20f 10,20f. 11,26

210 305 306 187 225

348

Bibelstellenregister l.Korinther

2,9 Epheser 4,30 6,1 Off 1. Thessalonicher 5,8 2. Petrus 3,13 Apokalypse 7,51 14,19 19,13ff. 21,1 21,23 22,5

Baruch 302f. 291 220 220 136 291 283 283 136 61 61

Außerkanonische Literatur: Ascensio Jesaiae 11,34 303

4,36f 5,2 5,5f

35 88 35

4.Esra 14,18-47 105.318.320 ¡.Henoch TI,li. 150 91.1 6 136 Judith 16.1 7 150 I.Klemens 16,7 305 1.Makkabäer 2,51 275 6,44 275 2. Makkabäer 9,9 150 Sapientia 3f 235.239

3,14 5,17ff.

271 f. 220 Sirach

7,17 15,6 30,20 44ff 48,23-25 48,24

150 275 272 320 325 77

- aus Qumran: CD 10,20 244 CD 11,2 244 4Qflor 1,3 f. 271 llQMelch 70.72f.77 1QS 6,6f. 105 1QS 7,13 161 1QS 11,2 254

"Tabellarische Übersichten" Berücksichtigt sind nur literarische Bezüge im MT. Die Textstellen sind entsprechend der Zeichenerklärung gekennzeichnet. Um der Übersichtlichkeit der Tabellen willen wurden nur die Vorlagen des jeweiligen Autors eingetragen, umgekehrte Textabhängigkeiten können aus der Exegese ersehen werden. Übersicht über "Tritojesaja" TrJes 60 Text Vers Vers Vers Vers

1 2 3 4

Vers 5 Vers 6

Vers 7

Vers Vers Vers Vers Vers Vers Vers Vers

8 9 10 11 12 13 14 15

Thora Dtn 33,2 Dtn 33,2 Dtn 33,2

Nebiim DtJes 51,17; 52,2; Ez 43,2(7)

Ketubim

Jes 2,3 ( p a r . Mich 4,2) DtJes 49.18a: Jes 49.12: DtJes 49,22f. Jer 33,9 (?) Gen 25,4 (par. DtJes 42,10-13(7); [l.Kön 10,2 (par. l.Chron 1,33) 2.Chron 9,1)(7); Jer 6,20(7); T r J e s [Gen 25,3 (?)] 60,4f.(?)J Gen 25,13 DtJes 42,11(7) (par. l.Chron 1,29) Hos 11.11(7) Jes 51.5: DtJes 43.6b: DtJes 55.5b DtJes 49,17(text. emend.) DtJes 45,1 [Jer 27,8] DtJes 41.19b: .1er 17.12: Ez 43.7 Zeph 3.19 (?) Ps DtJes 54,6; Ez 33,28(?)

48,3

(?)

Vers 16 Vers 17

Jes

Vers Vers Vers Vers

Dtles 51,19; J e r 6,7b(7)

18 19 20 21

Vers 22

49,26b l.Chron 22,14

Jes 11,1(7); Ez 34,29(7); 2.Sam 7,10(7)

350

"Tabellarische Übersichten"

TrJes 61 Text

Thora

Vers 1

Nebiim

Vers 2

[Jes 48,16b(7)]; Mich 3,8; DtJes 42,1; DtJes 52,7; DtJes 42,7(1) Jes 34.8: Jes 49.8: Dtles 52.9(71

Vers 3

Ez 34,29(7); 2.Sam 7,10(7)

Vers 4

DtJes 44,26

Ketubim

Ps 45,8

Vers 5 Vers 6 Vers 7 Vers 8

Mich 3,2.9.10; DtJes 55,3(7)

Vers 9

DtJes 44,3

Vers 10 Vers 11

DtJes 45,8

TrJes 62 Text

Thora

Nebiim

Ketubim

Vers 1 Vers 2 Vers 3

Jer 13,18(7); Ez 16,12(7)

Vers 4

Vers 6

DtJes 54,1.6; Jes 54,12(7); Jes 49,8(1); DtJes 49,19(7) DtJes 49,17(text, emend.); Zeph 3.17(?) DtJes 49,16

Vers 7

DtJes 42,4

Vers 5

Vers 8 Vers 9 Vers 10

DtJes 40.3: DtJes 49.22

Vers 11

DtJes 48.20: 40.10b

Vers 12

Jes 63,18(7); Jer 30,17(7)

Ps 107.2 12)

"Tabellarische Übersichten"

351

Übersicht über den "Tradentenkreis I" Jes 57,14-21

Text Vers 14 Vers 15 Vers 16 Vers 17 Vers 18 Vers 19 Vers 20 Vers 21

Thora

Nebiim DtJes 40.3: Tr.Ies 62.10 Jes 6,1.3(7); 9,5

Dtn 31,18

DtJes 47,6

Ketubim

TrJes 61,2

Hos 14,3(7); Jer 33,6(?) [Jer 12,12] Jes 66,7-14a

Text Vers 7 Vers 8 Vers 9 Vers 10 Vers 11 Vers 12

Thora

Nebiim Mich 4,10(7); DtJes 54,1 DtJes 49,21; DtJes 47,9(7) DtJes 54,6(7) TrJes 61,2.30)·,

Ketubim

60,15b(?)

TrJes 60,16; 61,6b Jes 48,18; DtJes 49,22; TrJes 60,4; Jes 11,8

Vers 13 Vers 14a Jes

Text Thora Vers 16b Vers 17 Vers 18 Vers 19 Vers 20 Vers 21 Vers 22 Vers 23 Lev 26,16 Vers 24 Vers 25 |Gen 3,14]

65,16b-25

Nebiim DtJes 43.18 DtJes 43.19

DtJes 49,15

DtJes 49,4; TrJes 61,9 Jes 11,6.7.9; DtJes 40,11

Ketubim

352

"Tabellarische Ubersichten"

Übersicht über den "Tradentenkreis II" Jes 66,18-24

Text Vers 18 Vers 19 Vers 20 Vers 21 Vers 22 Vers 23 Vers 24

Thora

Num 7,3(?) Dtn 18,1 (?)

Nebiim Ketubim T r j e s 62,2 Ez 38,2(par. 38,3, par. 39,1) Dtjes 49,22(7); T r j e s 60,4(?) Jes 65,17

Num 28,10.14 Jer 41,9(?) Jes 57,3-13

Text Vers Vers Vers Vers Vers

Thora 3 4 5 6 7

Nebiim

Ketubim Ps 35,19.21(7)

Jes 44,15.16(7); Hos 4,13; Ez 6,13 Jes 2,2 (par. Mich 4,1); Dtjes 40,9 Ez 16,17; 23,18; Dtjes 54,2 Ez 16,18f.; 23,41; Ez 23,16.40(7) DtJes 47,12.15 Jes 50,10·, 51,12(7); DtJes 47,7

Vers 8 Vers 9 Vers 10 Vers 11 Vers 12 Vers 13

Mich 1,7 Jes 66,1-4

Text Vers 1 Vers 2 Vers 3 Vers 4

Thora

Ex 21,12; Ex 34,19.20(7)

Nebiim Ez 43,7; Jer 17,12; T r j e s 60,13; l.Kön 8,27

Ketubim Ps 132,7.8(7)

353

"Tabellarische Übersichten"

Jes 66 J f . 14b-17

Text

Thora

Ketubim

Nebiim

Vers 5

Jes 66,2; T r j e s 61,7(?)

Vers 6

Jes 59,18

Vers 14b Vers 15

Jer 4,13; Jes 42,25(?)

Vers 16 Vers 17

Jer 25,31.33 Lev 11,29

Jes 1,29(7); Jes 66,3 Jes 65,1-7

Text

Thora

Ketubim

Nebiim

Versi Vers 2 Vers 3

Jer 6,7(7); Jes 1,29(7)

Vers 4

Jes 66,3; Ez 4,14

Vers 5 Vers 6

Jer 32,18

Vers 7

Jer 32,18 Jes

Text

Thora

65,8-12.13-16a

Nebiim

Vers 8 Vers 9

Jer 30,3

Vers 10

Jes 33.9: Hos 2.17: 2.3(7)

Vers 11

Jes 1,28

Vers 12

Jes 66,4(7)

Vers 13

TrJes 62.8f.(?V. Jes 49.1 Oí?)

Vers 14

T r j e s 61,7(?)

Vers 15 Vers 16a

Ketubim

354

"Tabellarische Übersichten"

Übersicht über den "Tradentenkreis III"

Jes 59 Text

Thora

Nebiim

Vers 1

DtJes 50,2

Vers 2

DÜes 50,1; Ez 42,20

Ketubim

Vers 3

Thren 4,14

Vers 4

Hi 15,35

Vers 5 Vers 6 Vers 7

[Trjes 60,18]

Vers 8

[DtJes 42.161: [Jes 59.151

Vers 9

Jer 8,15 (par. 14,19); Jer 13,16(7)

IProv 1,16; 6,17.18]

Vers 10 Vers 11

Jes 38,14

Vers 12

Jer 14,7(7)

Ps 51,5(7)

Vers 13 Vers 14 Vers 15 Vers 16

DÜes 50,2(7); Jes 63,5; 63,3(7)

Vers 17

l.Sam 17,5.38(7); T r j e s 61,10(7)

Vers 18 Vers 19

DÜes 45,6; Ez 43,5(7)

Vers 20 Vers 21

\ DrJes 42,1 \\ \ Jes 51,16}

Ps

102,16

"Tabellarische Übersichten"

Jes 56,9-12; Text

Thora

355

57,1-2

Nebiim

Ketubim

Kap. 56, Vers 9 Vers 10

Jer 12,9

Ps 104,11.20

Vers 11

Jes 53,6(7); Jer 12,10

DÜes 42.16(7)

Vers 12 Kap. 57, Vers 1 Vers 2

Mich 7,2; Jer 12,11 Jer 12,12 Jes 58

Text Vers 1

Thora

Ketubim

Nebiim DÜes 40,6.9; 54,2; Hos 8,1(?) Ez 33,3(7); Mich 3,8; 3,9(?); 1,5(7)

Vers 2 Vers 3 Vers 4 Vers 5

TrJes 61.2: Jes 49.8

Vers 6 Vers 7

Ez 18,7 (par. 18,16)

Vers 8

DÜes 48.21: Tr.les 60.1.2: Hos 6.3: DÜes 52.12b

Thren 3,19(7)

Vers 9 Vers 10

TrJes

Vers 11

.Ter 31.12b: DÜes 41.18

Vers 12

TrJes 61,3.4; Am 9,11

60,1.2

Vers 13 Vers 14

[Dtn 32,7.9.131 [DÜes 40,51

[Hi 22,26(7)1

356

"Tabellarische Übersichten"

Übersicht über die "Einzelüberlieferungen" Jes 56,1-8 Text

Thora

Versi

Nebiim

Ketubim

Jes 46,13; Hos 12,7(7); Jes 51,6.8(7) Ps 106,3

Vers 2 Vers 3 Vers 4 Vers 5 Vers 6 Vers 7

Jer 6,20; Trjes 60,7 (text, emend.)

Vers 8

[Jes

11,12]

Jes 63,1-6 Text

Thora

Nebiim

Vers 1 Vers 2 Vers 3 Vers 4 Vers 5 Vers 6

Jes 34,8

Ketubim

"Tabellarische Übersichten"

Jes

Text

Thora

Nebiim

357

63,7-64,11

Ketubim

Kap. 63, Vers 7 Vers 8 Vers 9 Vers 10 Vers 11 Vers 12 Vers 13 Vers 14 Vers 15

Dües 42.14Í?)

Vers 16

DtJes 47,4(7)

Vers 17 Vers 18 Vers 19

Ri 5,5

Kap. 64, Vers 1 Vers 2 Vers 3 Vers 4 Vers 5 Vers 6 Vers 7 Thren 5,22(7)

Vers 8 Vers 9 Vers 10 Vers 11

DtJes 42.14(71

An die Freunde Vertrauliche d. i. nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Mitteilungen

(1903-1934) Nachdruck mit einer Einleitung von Christoph Schwöbel Quart. XXIV, 618 Seiten. 16 Beilagen. 1993. Ganzleinen. ISBN 3-11-013675-9 Die 1903 gegründete „Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt" scharte sich um die gleichnamige Zeitschrift „Die Christliche Welt" und war eines der wichtigsten theologischen und kirchenpolitischen Diskussionsforen der Kaiserzeit und der Weimarer Republik. Alles, was im deutschen liberalen Protestantismus Rang und Namen hatte, wie etwa Adolf von Harnack, Ernst Troeltsch, Friedrich Naumann und Martin Rade, gehörte dazu. Die Vertraulichen Mitteilungen „An die Freunde" dienten dem internen Dialog dieses Kreises und stellen ein einzigartiges kirchen- und theologiegeschichtliches Dokument dar, das bislang nur in Form eines einzigen, komplett erhalten gebliebenen Exemplares existierte. PAUL TILLICH

Frühe Predigten (1909-1918) Herausgegeben von Erdmann Sturm Oktav. XII, 686 Seiten. 1994. Gebunden. ISBN 3-11-014083-7 (Ergänzungs- und Nachlaßbände zu den Gesammelten Werken, Band VII) Erstedition von insgesamt 173 Predigten, die der junge Theologe und Philosoph Paul Tillich in den Jahren 1909 — 1914 in Kirchengemeinden in Berlin und Umgebung sowie als Feldprediger während des ganzen 1. Weltkrieges an der Westfront (1914 — 1918) gehalten hat. Ihr Grundthema ist das spannungsreiche Verhältnis von Gott, Seele und Welt.

Christianity and Modern Politics Edited by Louisa S. Hulett 1993. Large-octavo. IX, 453 pages. Cloth ISBN 3-11-013462-4 Paperback ISBN 3-11-013461-6 Anthology of writings on Religion and Politics in the United States of America Sample contents: Definitions of Christianity, Civil Religion, and Politics · Separation of Church and State in America · Religious Freedom and the Supreme Court · The Rise of Christian Fundamentalism • Fundamentalism versus Secular Humanism · Just War Doctrine · Pacifism and Nuclear Ethics · Liberation Theology

Walter de Gruyter

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