Schriften. Band I: Die Schriften 1-21 der chronologischen Reihenfolge (Anmerkungen). Zweisprachige Ausgabe 9783787332953, 9783787301447

Plotin ist der intensivste und kraftvollste Denker im Kontext spätantiker Philosophie, von großer unmittelbarer und gesc

165 48 15MB

German Pages 584 [224] Year 1956

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Schriften. Band I: Die Schriften 1-21 der chronologischen Reihenfolge (Anmerkungen). Zweisprachige Ausgabe
 9783787332953, 9783787301447

Citation preview

Philosophische Bibliothek

Plotin Schriften Band I Schriften 1–21 Anmerkungen

Meiner

PLOTINS SCHRIF TEN Übersetzt von RICHA RD HA RDER

Neubearbeitung mit griechischem Lesetext und Anmerkungen

BAND I Die Schriften 1–21 der chronologischen Reihenfolge b) Anmerkungen

FELIX MEINER VERL AG HA MBURG

PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BA ND 211 b

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN eBook 978-3-7873-3295-3

www.meiner.de © Felix Meiner Verlag Hamburg 1956. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfiltromungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in e­lek­­ nischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 UrhG ­ausdrücklich gestatten. 

Neque vero Plotini philosophia est arida aut balbutiens, est brevis etdensa ac vivo spirantique orationis genere expressa. Friedrich Creuzer

1 Das Schöne / 6 Περί του καλοΰ Die Schrift vom Schönen, schon im Altertum stark wirkend, hat in der Neuzeit als Panier des aesthetisierenden Piatonismus ungewöhnliche Verbreitung gefunden, mehr als irgendein anderes Werk Plotins. Vielfach war und ist das Bild Plotins ganz aus dieser einen Schrift bestimmt, daher rührt viel von der Einseitigkeit dieses Bildes. Dabei ist περί τον καλού durchaus ein Sonderfall unter Plotins Schriften. Schon chronologisch steht sie als die früheste für sich (Porphyrios hatte sie zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zur Hand, Vita 149 26,25, was mehrdeutig, aber merkwürdig ist); es ist möglich, daß sie durch einen längeren zeitlichen Abstand von der Masse aller übrigen Schriften getrennt ist; sie würde dann ein uns sonst nicht bekanntes Frühstadium repräsentieren. Ferner ist sie unter den Vorträgen Plotins der populärste (was nicht wenig zu der weiten Verbreitung beigetragen hat); besonders ausgiebig spielt sie mit 'rhetorischen* Mitteln (z. B. 19 Ιδόντας μεν - ίδόντας δε. 22 άχρώματον μεν άχρώματον δέ. 27 μονω&εϊσα — άπαλλαγεϊσα — καΰαρΰεΐσα — σωματωΰ'εϊσα. 35—37 εραστάς - έραστούς. 33 μακάριος - μακαρίαν. 3 3 - 3 6 τνχών - άτυχης - τυχών - τυχών - τυχών άτυχης. 37μηχανή - αμήχανος. 41 δσα περιττά-οσα σκολιά, δσα σκοτεινά), übergeht wichtige Probleme (11.44) und meidet dabei nicht gewisse sachliche Gewagtheiten und Unsauberkeiten (15.22.28). Schließlich scheint diese Schrift stärker als die anderen gnostisch beeinflußt zu sein. Diese Sonderstellung muß davor warnen, περί τον καλόν zur Hauptgrundlage eines Plotinbildes zu machen. Indessen

16

Περί τον καλόν

366

ist die Schrift deswegen nicht etwa unplotinisch. Sie zeigt durchaus den großen Griff und die individuelle Signatur des Meisters, nur eben in bestimmter Abtönung. Eine Ästhetik, für die man sie immer ins Feld geführt hat, enthält sie freilich nicht, man mag sie metaphysisch nennen oder ethisch - all diese unzulänglichen Einteilungen treffen Plotin nicht, denn bei ihm beginnt wieder große Philosophie. Äußerlich gesehen faßt Plotin zwei platonische Grundmotive zusammen, die Erotik und die Kathartik (also Symposion und Phaidros einerseits, Phaidon anderseits). Beide wurden natürlich im Piatonismus fleißig durchgespielt, so etwa bei dem c Mittelplatonikery Albinos. Doch möchte ich die geniale Art, wie er die beiden Motive zusammenbindet (24ff.), für Plotins persönliches Eigentum halten; ebenso die Umwendung platonischer Motive nach innen (21b. 41), aus der objektiven Welt ins Selbst hinein, die von einem neuen Menschentum zeugt, wie es auch bei Marc Aurel nicht vorliegt. Auch die Anweisung zur Schau spricht trotz traditioneller hymnischer Formen und gängiger mystischer Motive unzweideutig von eigener Erfahrung. Das eigentlich Individuelle und Charakteristische liegt aber in dem Aufgreifen des Gegenstandes: das Schöne. Die Zurückführung des sinnlich Schönen aufs geistige ist platonische Tradition; sie wird hier neu und original ergriffen (von der Unmittelbarkeit des plotinischen Piatonismus zeugt schon sein Leben und Weben in Piatos Sprache, für das in den Anmerkungen einige Beispiele verzeichnet sind). Die Wahl dieses Gegenstandes enthält aber noch eine wichtigere Entscheidung: das sinnlich Schöne bekundet die Gegenwart der Idee hier auf Erden. Natürlich wird der Platoniker es aus der oberen Welt herleiten, aber nicht diese Herleitung, sondern umgekehrt die Analyse des sichtbar Schönen, und damit die Anerkennung seines Vorhandenseins ist das eigentlich Bedeutsame. Hier meldet sich derselbe Denker, der bald der Menschenseele, statt ihr den Abfall vorzuwerfen, ein ständiges Verweilen im oberen Reich zuerkennen wird, der im sichtbaren Kosmos das Göttliche erkennt, mit einem Wort, es kündet sich, trotz einzelner gnostischer Motive, der antignostische Plotin an.

367

Das Schöne

1

Kommentierte Sonderausgabe (auf Anregung von Görres und mit Unterstützung von Wyttenbach) von Fr. Creuzer, Plotini liber de pulchritudine, Heidelberg 1814. 1 Das Schöne wird angetroffen im Sinnenbereich und darüber hinaus. 2 Was ist die Ursache dieser Schönheit ? 3 Denn im Leiblichen kann sie nicht liegen. (I) 4 Was ist die Ursache des Reizes der zum Urteil 'schön* führt ? Die Symmetriethese. 5 Gegen sie ist einzuwenden: (a) wenn Schönheit Symmetrie der Teile ist, kann nichts Einfaches schön sein; (b) es könnten dann Teile eines schönen Ganzen häßlich sein; 6 Beispiele für (a); ferner (c): eine Beobachtung: ein Gesicht ist trotz unverändertem Verhältnis der Teile bald schön bald häßlich; 7/8 (d) jenseits des Wahrnehmungsbereiches ist der Symmetriebegriff sinnlos, im Ethischen und im Noetischen. 9 Analyse des 'erotischen' Erlebnisses der Sinnenschönheit. 10 Ihr Reiz beruht darauf daß die Seele an ihr das Urverwandte entdeckt. 11 Denn das schöne Sinnending ist dem höheren Schönen ähnlich vermöge seiner Teilhabe an der Idee. Häßlich nämlich ist das Ungeformte oder nicht Durchgeformte; 12 erst die hinzutretende Idee formt es, sie gibt (a) dem Zusammengesetzten Einheit und Harmonie, (b) dem Einfachen Schönheit des Ganzen. 13 Dies erkennt die Wahrnehmung, entweder allein oder unter Beteiligung der ganzen Seele. 14 Denn die äußere Schönheit ist ein Hervortreten der übersinnlichen Schönheit an der Materie; 15 auf diese höhere Schönheit paßt die Wahrnehmung das sinnlich Schöne a b ; (a) ist es vielfältig, so faßt sie es zusammen; 16 (b) ist es einfach, so gibt ihm das Licht, das ideenhafteste Element, die Schönheit; 17 (c) die hörbaren Harmonien gehorchen Zahlenverhältnissen die der Idee konform sind. 18 Überall also ist der Reiz der sinnlichen Schönheit ein Ausläufer der Idee. (II) 19/20 Die s e e l i s c h e Schönheit ist nur dem zugänglich der die Fähigkeit hat sie zu erleben, dem spirituellen Erotiker. 21/23 Gegenstand seines Entzückens ist die Tugend, der Geist, das Seiende. 24/27 Inwiefern diese schön

Ι 6,1

Περί τον καλόν

368

sind, ergibt sich aus dem Gegenteil: Häßlichkeit der Seele ist ihre Verunreinigung. 28/29 Dementsprechend sind die Tugenden Reinigungen', d. h. ein sich Sammeln der Seele auf sich selbst. (III) 30 Damit wird die Seele ganz zur reinen Gestalt, d. h. der höchste Grad der Schönheit hegt darin daß sie sich zum G e i s t erhebt. 31 Dieser Weg führt weiter zu G o t t , zum ersten Schönen, das mit dem Seienden identisch ist. 32 So ergeben sich die Stufen das Gute - die Schönheit der Geist - das unmittelbar Schöne die Seele - schön durch den Geist die Tätigkeiten - schön durch die Seele die Leiber - teilweise schön durch die Seele. 33/34 Das Gute ist zugleich schön; es ruft die stärkste 'erotische* Wirkung hervor, die unempfänglich macht für alle niederen Reize. 35/36 Es zu erschauen ist höchster Lebenswert. (IV) Anweisung zur Schau. 37/39 Abkehr von allem Irdischen, das nur narrt; Heimkehr ins wahre Vaterland. 40 Der Weg: Entwicklung eines i n n e r e n Gesichts. 41 Pflege dieses inneren Gesichts durch Selbstbetrachtung und Selbstreinigung; 42 dann bedarf es keines Mystagogen mehr; 43 dem Unreinen aber nützt keine Unterweisung. Denn Schauendes und Geschautes muß gleichartig sein. 44 So gelangt die schauende Seele zum Geist und den Ideen, und schließlich zum Guten - ob man dieses nun dem Schönen gleichsetzt oder als seinen Urgrund betrachtet. 1-3 Der Anfang, der weitgehend Plato Gr. Hippias 297 Ε bis 298Β paraphrasiert (vgl. auch Gorgias474 D),fußt ganz auf elementaren platonischen Gegebenheiten. Nur das Phänomen der 'Freude', der c Lust' am Schönen wird strenger gefaßt; statt δ αν χαίρειν ήμας ποιη Hipp. 297 Ε 5 (vgl. ήδύ 298 Α 7) sagt Plotin 1, 7 τό πεποιηκός . . . φαντάζεσθαι, κ α ι . . . έπινεύειν: die ganze Lust-Problematik wird eliininiert, statt dessen präzisere Fassung des psychischen Tatbestandes. Hiermit wird die nähere Ausführung in 4 schon vorbereitet.

369

Das Schöne

1, 1-6

l 1,2 Kirchhoffs Streichung von Ιστι δέ normalisiert den Satz. Aber statt des erwarteten καΐ entspricht dem τε ein ϊστι δέ καΐ, ein Anakoluth, das ganz plotinisch klingt. Vgl. auch Cilento. 1 1, 2 [καΐ]: μουσική πάσα V 9,11, 9. So öfter Plato. 4 Die Symmetrielehre hier in ihrer stoischen Form: SVF. I I I 278/9; vgl. insbesondere 22 τό της εύχροίας προστεθέν mit Cicero Tusculanen 4, 31 cum coloris quadam suavitate (Creuzer de pulchr. z. St.). 4 2 , 2 0 έ π ι β ά θ ρ α . . . χρώμενοι geht auf den Zusammenhang Plato Symp. 211 C 3 ώσπερ έπαναβαθμοις χρώμενοι (έπανιέναι) zurück, setzt aber die platonische Augenblicksmetapher um, das hellenistisch geläufige Wort (vgl. Liddell-Scott Jones) tritt ein; das Bild vom Hinaufschreiten ist verschwunden; statt dessen die Vorstellung vom 'Fußen* einer Erkenntnis auf der anderen (Becker, Plotin 31). 4 1, 21 μερών: über die Variante μελών s. Henry, iStats 173. Die Entscheidung für μερών ist gegeben durch den Gegensatz 22 τό δλον, vgl. 29. 6 1, 34 νυκτός ή αστραπή ή άστρα όρασθαι τω καλφ ist überliefert ; von den Sternen scheint auch Basilius in Hexaem. 2, 7 (Henry, iStats 173) gelesen zu haben (έσπερος αστέρων κάλλι­ στος). Und doch können die Sterne oder ein einzelner Stern hier nicht auftreten, denn es geht ja um ungeformte, unindividuelle Dinge, wie Farbe, Sonnenlicht, Gold. Also ist ή άστρα un­ tragbar und mit Recht von Müller getilgt (τα άστρα inter­ poliert auch 31, 27); vielleicht war es hier gar kein Glossem, sondern nur eine Dittographie zu η άστρα-πή. Dann ent­ spricht νυκτός ή αστραπή ('Blitz* ist natürlich falsch) genau dem φώς ήλιου 31. Das folgende όρασθαι τω καλώ ist sinnlos und wird auch durch Kirchhoffs Änderung καλόν nicht hergestellt, denn schon όρασθαι ist anstößig; eine Streichung auch dieser Worte würde alles ins Reine bringen, aber ich finde dazu keinen textkritischen Anhaltspunkt. So bleibt für mich die Stelle ungeheilt.

/ 6,1-2

Περί του καλόν

370

6 1,36 των έν τφ δλω καλφ ist allein richtig, τφ statt των verdirbt den Sinn, denn der einzelne Teil soll ja gerade aus sich selber und nicht vermöge des Ganzen schön sein. 6 1, 37-40: das Argument aus der Symmetrie des Antlitzes kehrt wieder 88,180, und zwar so daß man dort erst genau sieht was gemeint ist: die Charis und Lebendigkeit muß zur Symmetrie hinzutreten, um die Schönheit hervorzubringen. An unserer Stelle wird das nur angedeutet, sei es daß das Argument traditionell war oder sei es daß Plotin es selber im Kopf trug und nicht voll ausmalen mochte. Der Denker spricht nicht immer alles aus was er weiß, man darf dann nicht sagen, er habe es 'noch* nicht gewußt. 6 1, 39 an dem επί hängt der Gedanke, es bezeichnet das Hinzutreten, zugleich das darüber Walten; vgl. 5, 5 (V 9, 2,12) τό κάλλος τό επί τοις σώμασιν . . . ; 43, 53 (VI 2, 7, 16) ούτε υπό τό δν τακτέα ούτε έπί τφ οντι άλλα μετά του οντος. Und aus unserem Zusammenhang 5,5 (V 9, 2, 14) μορφαί γάρ αύται σωμάτων ως έπί ύλη αύτοΐς. 7 1,46-49 Bezeichnend für die Art desPlatonisierensist,daß die beiden Beispiele für schlechte Sätze nicht frei erfunden sind, sondern Thesen von Sophisten bei Plato (Kallikles Gorg. 491 Ε 2. Thrasymachos Staat 348 C 12). 8 1,53 ή των θεωρημάτων ist eine unangebrachte Rückerinnerung an 44; seit 49 geht es nicht mehr um die θεωρήματα, sondern um die Tugenden (das Neutrum 50 σύμμετρα ent­ nimmt seinen Plural aus 49 αρετή πάσα). 9 2,2 βολή gegen Volkmanns επιβολή mit Recht verteidigt von Becker, Plotin 19 s , vgl. schon Creuzer de pulchr.; Be­ deutung einfach 'blicken', es wird 5 mit προσβαλοΰσα wieder aufgenommen,' das hier ebenfalls im schlichten Sinn des einfachen Erblickens gebraucht ist,vgl. z.B. 12,12 (114,5,10) προς τό φως βαλών; ferner VI 9,5,44. Siehe zu 10, 14. 9 2,3 λέγει vom inneren Sprechen und Ansprechen der Seele, das den Dingen den Namen gibt, vgl. 3, 3.7. 4, 2. II 4,5 12. Dies λέγειν enthält (wie φθέγγεσθαι) zugleich das Mo­ ment des Bewußtwerdens, vgl. ζ. Β. 22, 47 (VI 4,6,15).

371

Das Schöne

1,6-11

9 2, 3 ώσπερ συνεΐσα: vgl. 5 0 , 4 (III 5,1,16) τήν αύτοΰ κάλλους πρότερο ν έν ταΐς ψυχαΐς ορεξιν καΐ έ π ί γ ν ω σ ι ν καΐ συγ­ γενείας και οίκειότητος ά λ ο γ ο ν σύνεσιν. σύνεσις ist mit c Bewußtsein > (Becker, Plotin, 25 3 ) zu allgemein wiedergegeben, vgl. H . v. Kleist, Programm Leer 1887, 5 2 und Plotin 4 9 , 96 (V 3, 10, 46): das Unmittelbare, Unreflektierte, Unausgesprochene gehört z u m Bedeutungsgehalt u n d wiegt a n unserer Stelle vor; Brehiers Übersetzung ,,avec intelligence" ist also gerade umzukehren. Vgl. noch zu 4. 9 2, 4 έπιγνοΰσα < wiedererkennen > nämlich das συγγενές (8); vgl. zu 3. Ferner 4 9 , 11 (V 3, 2, 11), w o έπιγινώσκον in­ terpretiert wird durch έφαρμόζον τοις έν αύτω έκ παλαιού τύποις τους νέους και άρτι ήκοντας (unmittelbar vorher wieder die σύνεσις). 10 2,7 προς της κρείττονος . . . ουσίας (οδσα): vgl. 6, 1 (IV 8,1,3) της κρείττονος μοίρας είναι. 2, 15. 11 2,13 durch Teilhaben: die elementare F o r m der pla­ tonischen Lehre wird hier einfach dogmatisch ausgesprochen. D i e seit Aristoteles einsetzende Kritik a m platonischen Teilhabe-Begriff wirkte natürlich auch auf die Platoniker zurück, so sagt z. B . Albinos Didaskalikos 10 μετέχει αυτών δύσφραστον δή τίνα τρόπον. W e n n Plotin hier davon absieht, so heißt das nicht, daß er die schweren Probleme des Teilhabe-Gedankens nicht kannte; er läßt sie beiseite, er spricht in diesem Vortrag elementar, populär. 11 2,15 έξω θείου λόγου ist nach dem unmittelbar vorauf­ gehenden λόγου hart; m a n könnte versucht sein m i t Bury das platonische έξω θείου χοροΰ einzusetzen. Indessen schützt 27 λόγου άπό θεών έλθόντος den T e x t . 11 2,16 κρατηθέν: die bei Plotin häufige Vorstellung (z. B . 33, 171), daß die formende Gestalt der Materie nicht voll Herr wird, ist anscheinend nicht platonisch (zu Piatos Grundvorstellung v o m Eidos paßt sie auch schlecht), wohl aber aristotelisch; de generatione animalium 770 b 16 δταν μη κράτηση τήν κατά τήν ΰλην ή κατά τό είδος φύσις. D e m Bild

16,2-4

Περί τον καλόν

372

(vgl. 1, 15 u n d oft) liegen zwei Vorstellungen zugleich zu Grunde: das Überwiegen in einer Mischung, u n d das Bemeistern des Materials durch den Schaffenden. 11 2,17 άνασχομένης: hier in der selteneren Bedeutung v o n άνέχεσθαι, vgl. 5 1 , 99 (I 8,14,39). 12 2,20 εις μίαν συντέλειαν: vgl. 3 8 , 231 (VI μίαν συντέλειαν φύσεως.

7,30,15)

εις

12 2,23 ήδη v o n Brohier restituiert, fehlte seit Kirchhoff in den Ausgaben. Härder 1 bezog es auf Εδρυται, es gehört vielmehr zu συναχθέντος. 13 Härder 1 schlecht, vgl. die Richtigstellungen v o n Dodds, Classical R e v i e w 45, 1931, 36 u n d Calogero, Gnomon 8, 1932, 207 f. Entscheidend ist, daß 3,3 αύτη sich beziehen m u ß auf 1 δύναμις, u n d nicht auf die Seele; dies αυτή heißt dann nicht „eile aussi" (Brehier), sondern a l l e i n 5 (richtig W y t t e n b a c h bei Creuzer de pulchr.), im Gegensatz z u m συνεπικρίνειν der übrigen Seele (zu diesem vgl. Plato Staat 524 Ε 4 έπικρινοΰντος). D a s γινώσκει 1 wird sinnvoll fort­ geführt durch λέγει 3 (über λέγειν vgl. zu 9 2,3) wie 3 8 , 203 (VI 7,26,2) γινώσκει και λέγει Ιχειν; a n dieser letzteren Stelle handelt es sich u m die Wahrnehmung, u n d so auch hier: das v o n der übrigen Seele unterschiedene, dem Leibesschön e n vorgeordnete Vermögen ist die αϊσθησις, wie es dann gleich in 15 ausgesprochen wird. 13 3,1 αύτω ist überliefert u n d richtig, vgl. oben zu 1,39 u n d Plato Staat 477 D 2 δ ύ ν α μ ι ν . . . τήν μέν έ π ί τω αύτφ τ ε τ α γ μ έ ν η ν (statt τεταγμένην weiterhin dann πέφυκεν 478 Α 4. 13). 524 Α ή έ π ί τω σκληρφ τ ε τ α γ μ έ ν η αϊσθησις. 14 3,6.8 το ένδον είδος: der Ausdruck scheint vor Plot i n nicht vorzukommen (ähnliches nicht selten bei Seneca) u n d könnte v o n i h m geprägt sein (Plato sagt in solchen Fällen eher εντός). E s ist der Ursprung des neuzeitlichen Begriffes c innere Form > , vgl. R. Schwinger u n d H . Nicolai, Innere F o r m u n d dichterische Phantasie, München 1935. Geradezu programmatisch klingt τό έ^δον κινεί 3 1 , 15. Ü b e r d e n εϊσω άνθρωπος W . Theiler, Porphyrios u n d Augustin 10.

373

Das Schöne

1, 11-19

15 3, 15 f. So wie einen edlen Mann: der Vergleich ist k ü h n ; wollte m a n ihn voll durchführen, so wäre der edle Mann der Geist, die Spur der Tugend die leibliche Schönheit, τφ άληθεΐ τφ ένδον muß doch wohl auf den edlen Mann bezogen werden, nicht auf den Jüngling; denn in dieser Übereinstimmung liegt ja das σύμφωνον και συναρμόττον και φίλον. 16 3, 17 κρατήσει möchten Henry- Sehwyzer lieber als Verb u m auffassen. Indessen ist dann sowohl das κάί wie vor allem das Futur schwierig. Besser als Substantiv: άπλοΰν Prädikat, κρατήσει erläutert μορφή (etwa gleich ή κρατεί), und der D a t i v παρουσία abhängig v o n der im Substantiv κρατήσει wirkenden Verbalkraft. 16 5, 19-24 Vorzugsstellung des Feuers unter den Elemen­ t e n : Chrysipp S V F . I I 413. 16 3, 26 κρατούν m i t Brehier, Cilento und Henry-Seh wyzer gegen Ficinus, Volkmann u n d Härder 1 zu halten; es ist der nicht mehr voll sich durchsetzende Teil des Feuers, der in seiner Leuchtkraft verblaßt und die unreinen, nicht mehr schönen Farben erzeugt, έξίτηλον τφ φωτΐ cverblassend an seinem Licht* ist hart, aber hinzunehmen. 17 3, 29 και ταύτη . . . σύνεσιν bezieht sich zurück auf 9 2f 3 ώσπερ συνεΐσα. 17 3, 31 παρακολουθεί heißt nicht c il s'ensuit* - diese B e deutung hat das Wort meines Wissens überhaupt nicht - , sondern wie bei Aristoteles a n h a f t e n , eigentümlich sein 5 , vgl. Plotin 27, 160 (IV 3, 20, 7). 34, 21 (VI 6, 4, 3). 18 3, 34 Kirchhoffs σκιαΐ ist schlecht, οίον έκδραμοΰσαι gehört engstens zu σκιαί, u n d zwar so eng, daß sich auch die Ergänzung έκδραμοΰσαι erübrigt; das Bild ist kräftig, besser als < entfliehen > ('entfließen* Härder 1 Druckfehler) ist c entlaufen\ 18 3, 35 διεπτόησαν greift auf den Ausgangspunkt der Dar­ legung zurück, 10 9f 9 διεπτόηται. 19 D e r Gedanke, daß zur Erkenntnis der höheren Welt ein vorgängiges < Erlebnis > die Vorbedingung ist, wurzelt in der

J 6, 4-δ

Περί τον καλόν

374

Erlebnisreligion der Alten Akademie, über welche W . J a e g e r , Aristoteles 162 ff. Vgl. etwa Plato Phaidros 251 Α ό δέ άρτιτελής, ό των τότε πολυθεάμων, u n d z u m Vergleich m i t den Blinden Staat 4 8 4 C. 19 4, 7 μη τοις: τοις μή Diesen, μή τοις Brehier. D i e Überlieferung ist heil; das H y p e r b a t o n der Negation findet sich nicht nur in Verbindung m i t Präpositionen (Gnomon 1928, 641. W. Heintz, Studien zu Sextus Empiricus, Halle 1932, 165 f.), sondern auch beim einfachen Artikel, Bonitz, I n d e x Aristotelicus 539 a 29 ff. (ζ. Β . Aristot. 136 a 21 μή του άνθρωπου für του μή άνθρωπου). 19 4, 11 πρόσωπον 'Antlitz' (vgl. 5, 14) wie 34, 43 (nicht etwa 'Person'). D i e Tugenden sind vorgestellt als Götterbilder, 2, 68 ώσπερ αγάλματα εν αύτη ιδρυμένα. Zugrunde liegt Piatos Sprache der geistigen Erotik; Phaidros 251 Α θεοειδές π ρ ό σ ω π ο ν . . . ώς ά γ ά λ μ α τ ι καΐ θεφ (vgl. 252 D 7, 254 Β 7, das u n t e n 41 zitiert wird), ferner die εντός αγάλματα S y m p . 216 Ε , αγάλματα αρετής 222 Α. - Doch wird, worauf W y t t e n bach bei Creuzer de pulchr. hinweist, die Wendung 'Antlitz der G e r e c h t i g k e i t schon v o n Euripides gebraucht (Fr. 486 N . 2 = Aristoxenos Fr. 50 Wehrli = Athen. X I I 546 B ) . 19 4, 11 nicht Morgen- und nicht Abendstern: die W e n ­ dung s t a m m t aus Aristoteles, Nik. Ethik 1129 b 28 (Müller, H e r m e s 51, 1916, 320), letzten E n d e s beruht sie natürlich auf Ilias 22, 318. 19 4, 12 ώ: das Vermögen ist die ένδον βψις, v o n der erst 40 ff. gehandelt wird; hier nur vortastend berührt, in stilgerechter Weise. Plato S y m p . 212 Α 3 όρώντι ω όρατόν τό καλόν vergleicht Creuzer. 19 4, 14 άτε αληθινών ήδη εφαπτόμενους: P l a t o S y m p . 212 Α 5 άτε του αληθούς έφαπτομένω. 21 5, 1 τα έν ούκ αίσθήσει; das εν bezeichnet soviel wie τα εις αίσθησιν εμπίπτοντα, vgl. Plato Phaidon 75 Β 1 τα έν ταΐς αίσθήσεσιν. D i e Negation m i t ού ist schärfer, philosophischer als das α privativum (das hier ohnehin wegen Doppeldeutig-

375

Das Schöne

1, 19-22

keit von αναίσθητος unbequem wäre); vgl. 45, 139 εν ούχ ύποστάσει ή εν ούχ υπάρξει. - Der Begriff des wird erst allmählich in voller Abstraktheit ausgebildet, zunächst ist er der Anschauung noch benachbart und heißt unsichtbar* (wie auch noch oft in der Neuzeit, ζ. Β. bei Kant); doch bahnt sich diese Präzisierung schon bei Plato an, ζ. Β. Timaios 52 Α άόρατον δε και άλλως άναίσθητον. 21 5, δ ff.: Die Wendung des spirituellen Erotikers auf sich selbst ist neu gegenüber Plato, wo der Eros sich auch auf den höheren Stufen immer auf einen Gegenstand richtet. Daß das Selbst Träger der geistigen Gegenstände ist, klingt bei Plato höchstens an; Plotin steigert dies Moment bis zu der paradoxen Formulierung 5, 7 έαυτοΐς συνεΐναι ποθείτε (nämlich statt mit dem Geliebten zusammen zu sein; ausgeführt 39, 134 f.). Statt eine Verbindung zu stiften, wird hier der Eros zur Triebfeder der Selbstisolierung. Dieser Steigerung entspricht auch der Ton; das poetische άναβακχεύεσθε und seine prosaische Interpretation ανακινείστε unplatonisch (vgl. κινεί­ ται και άναβακχεύεται 38, 175 in verwandtem Zusammen­ hang). 22 Die Diktion nährt sich immer wieder aus Plato. Die Nebeneinanderstellung von σχήμα und χρώμα bei Plato oft (z. B., bezogen auf das καλόν, Phaidon 100 D); άχρώματον emphatisch wie Phaidros 247 C; die folgende Aufzählung der Tugenden ist eine Erweiterung von Phaidros 247 D, wo δικαιοσύνη und σωφροσύνη genannt sind. Bezeichnend wieder die Umbildung: die Individualtugend σωφροσύνη rückt an die erste Stelle; und das ganze Schaubild, das bei Plato im überhimmlischen Ort erblickt wird, ist hier in das Innere der Seele verlegt. 22 5, 14 βλοσυρόν: mit πρόσωπον schon bei Homer (vgl. auch βλοσυρώπις Γοργώ), dann abgeschwächt und in der Spätantike gern wie hier mit σεμνόν verbunden (vgl. LiddellScott-Jones); und doch zugleich von Plato inspiriert, wo es Staat 535 Β gerade von den Tapferen gebraucht wird. Mitten in einer aus dem Phaidros gespeisten Partie also ein Anklang an eine Politeiastelle: das ist nicht zusammengeflickt oder

/ 6, 5-6

Περί τον καλόν

376

systematisiert, sondern die beschwingte Rede lebt in Plato und gebietet frei auch über seinen sprachlichen Schmuck. Und zwar trägt der Schwung hier u m eine Winzigkeit aus der Bahn: von den Götterbildern der Tugenden wird die Tapferkeit eine Spur zu anschaulich gemalt, nachdem doch das Unfarbige und Gestaltlose der Leitgedanke ist. 22 5, 15 έπιθέουσαν, was der scharfsinnige Vitringa änderte, ist nicht anzutasten, es heißt c darüber hinspielen*, 'darauf schimmern, 'darüber hinlaufend erstrahlen 5 , wobei vielleicht das verschollene Wort θέειν glänzen 5 (Wilhelm Schulze, Kleine Schriften 369) mitklang, auch war Plotin natürlich der Odysseevers 6, 45 λευκή δ'έπιδέδρομεν αίγλη im Ohr. έπιθέειν wird sonst mit επί (28, 130. 81, 67. 38, 174) oder mit dem bloßen Dativ verbunden (27, 56. 38, 179), oder absolut gesetzt (43, 162. 33, 60), das εν unserer Stelle scheint singulär zu sein. Indessen liegt gar keine Verbindung mit έν vor, horcht man auf den Atem des ganzen Satzes, so bemerkt man, daß έν άτρεμεΐ . . . διαθέσει zu allen genannten Tugenden ge­ hören muß, und έπιθέουσαν auch hier absolut gebraucht ist. 23 Hier wird, den nachherigen gehobenen Äußerungen in nüchterner Sprache vorgreifend (über dies Vorgreifen s. zu 19 4,12) ein tragender Gedanke signalisiert: Schönsein ist Sein, Schönheit ohne Seinsheit ist sowenig denkbar wie Seinsheit ohne Schönheit; vgl. ζ. Β. 31, 62. 23 5, 18 Für λέγομεν schreibt Volkmann λέγετε; allein es gelingt auch so nicht, ein klares Frage- und Antwortspiel herzustellen, man müßte dann auch noch 9 πάσχετε schrei­ ben, und käme wiederum mit der 2. Person 12 f. in Schwierigkeit. Die Frage an die spirituellen Erotiker bricht mit 8 πάσχουσι ab, von da ab schwankt die Rede frei zwischen 1. und 2. Person; und am Schluß der Aufzählung faßt 17 ταΰτα οδν abbrechend zusammen. 24 Der Grundsatz der Demonstration aus dem Gegenteil, der hier so locker vorgebracht wird, ist in Wahrheit streng methodisch, nach platonischem Verfahren (ausgesprochen unten 31 51, 3). - Die Farben stanunen von den platonischen

377

Das Schöne

1, 22-28

Sündern im Jenseits, z. B . Gorgias 524 D - 525 Α (αδικία π ά ν τ α σ κ ο λ ι ά , ασυμμετρίας τε και αίσχρότητος γ έ μ ο υ σ α ν την ψυχήν). Platonischer Wortgebrauch ist auch 29 φίλη. 25 D i e Theorie der Häßlichkeit wird gewonnen aus Piatos Phaidon 6 4 - 6 8 (66 Α ούκ έ ώ ν τ ο ς την ψυχήν . . . 66 Β σ υ μ π ε φ υ ρ μ έ ν η . . . ή ψυχή μετά τοιούτου κ α κ ο ΰ . . . 66 Ό ώστε μή δύνασθαι . . . καθοραν τάληθές . . . κ α θ α ρ ώ ς γνώναι 67 C οίκεΐν καθ' αυτήν; ferner 79 C έ λ κ ε τ α ι . . . εις τα ουδέποτε κατά ταύτα έχοντα). W a s dort gegen den Leib gesagt war, ist hier gegen die Häßlichkeit gewendet, nur daß ein neuer, positiver Begriff des 'Lebens 1 hineinspielt. Vgl. 5 1 , 21 ff. 25 5, 32 κακόν ist unerläßlich, der durchgehende Gedanke will, daß das Häßliche der Seele v o n H a u s aus fremd ist. καλόν ist auch dadurch nicht zu retten, daß m a n έπακτον m i t Henry- Sehwyzer als 'unecht 1 auffaßt. Vgl. 42. 46 (προσ­ θήκη του αλλότριου). 6, 18. 25 5, 36 κεκραμένη: nicht die Seele ist m i t dem Tod ver­ mengt, sondern das Leben der Seele, nur so wird die eigen­ tümliche Verwendung v o n θάνατος < Todeskräfte, Todesstoff* durch den Gegensatz richtig gestützt; der Fehler erklärt sich leicht durch Angleichung a n κεχρημένην. 27 5, 51 δε ist nicht anzutasten, es m u ß nur richtig interpungiert werden (so auch Henry-Sehwyzer). Zur Sache 2, 68. 28 D i e Phaidon-Benutzung, die 25 einsetzte, geht weiter u n d wird z u m freien Zitat (bis 4 έν βορβόρω = Phaid. 59 BC); der Anschluß ist so eng, daß ή φρόνησις αυτή übernommen wird, obgleich i m Vorhergehenden die Phronesis, die bei Plato der Leitbegriff ist, gar keine Rolle spielte. Auch 4 εις "Αιδου κείσεσθαι έν βορβόρω lehnt sich wörtlich a n P l a t o a n (δτι δς αν . . . εις "Αιδου άφίκηται, έν β ο ρ β ό ρ ω κ ε ί σ ε τ α ι ) ; aber εις b e k o m m t , da Plotin den Begriff des 'Kommens' ausläßt, den Sinn v o n έν, wie in späterem Griechisch nicht selten (Kühner-Gerth, Griechische Grammatik 1 5 4 5 ) ; vgl. z . B . 3 4 , 2 (IV 6, 2, 4) αδυνατούν εις αυτό μένειν. Schwierig ist nur das και vor εις; vielleicht weist es zurück auf 5, 44. - D i e An-

Ι 6, 6-8

Περί τον καλόν

378

knüpfung a n die Mysterien ist ebenfalls getreu aus Plato übernommen, braucht also m i t konkreten Geheimkulten in Plotins Zeit nichts zu t u n zu haben. 30 6, 15 και τα συγγενή πάντα τοιαύτα: Ficinus und Härder 1 falsch; τοιαύτα k a n n nicht als zweites Attribut zu τα συγγενή gehören, das ergibt eine schiefe Gewichtsverteilung, es m u ß Prädikatsnomen sein, τοιαύτα heißt dann, wie so oft (vgl. eben 6, 6 τω τοιούτω), dementsprechend*, V o n gleicher Art*, also hier: schön. 30 6, 16 επί το μάλλον . . . καλόν: vgl. im gleichen Zusam­ menhang 1 0 , 18 (V 1, 3, 20) επί μάλλον θειοτέραν. 31 6, 20 Gott ähnlich werden: Zitat der berühmten Stelle Plato Theait. 176 B , unter Fortlassung der wichtigen Einschränkung κατά τό δυνατόν (die auch 19, 1 fehlt). D i e Theaetetstelle ist seit d e m mittleren Piatonismus zentral ge­ worden. I n unserm Zusammenhang ist sie nur durch freie Interpretation gerückt, 19 και καλόν ist eine Ausdehnung, zu der der platonische Zusammenhang (der auf das αγαθόν u n d δίκαιον zielt) keinen unmittelbaren Anlaß gibt. 32 Hier sind die plotinischen Seinsstufen eindeutig aufgestellt, einschließlich des 'Einen*, das hier 'das Gute* heißt (vgl. zuletzt Schwyzer, R E Plotinos 559, 29 ff.); auch u n t e n 44 ist d a v o n die R e d e . Die Stufenlehre Plotins liegt also bereits in dieser frühesten Schrift vor. 32 6, 29 ούτω: das einschränkende δσα u n d das ήδη zeigen, daß ούτω nicht, wie Brehier in der Übersetzung will, heißen k a n n 'was m a n Körper nennt*; der durchgehende Strom des Gedankens trägt jede Einzelheit, m i t ούτω ist καλά gemeint. Ähnlich 35 7, 25. 'Richtig schon Ficin. 33 7, 2 εΧ τις οδν είδεν αυτό, οϊδεν δ λέγω wie 9, 67 δστις δε ει δεν, οϊδεν δ λέγω. I n 9 ist der Zusammenhang voller, vorher wird v o n denen gesprochen, denen dies Erlebnis fremd ist, was hier erst 34 nachgetragen wird. Plotin greift in einen für ihn gegebenen Zusammenhang hinein, u n d zwar etwas unvermittelt: 7, 1 το αγαθόν οΰ ορέγεται πάσα ψυχή ist

379

Das Schöne

1, 28-37

i m Zuge v o n 1 n e u (der G e d a n k e n a t ü r l i c h p l a t o n i s c h ) , dagegen in 9 gegeben, vgl. 9, 6 4 - 6 5 . D e r T y p u s d e r Aussage ist n a t ü r l i c h a l t , vgl. (mit A r n o u , Desir 228) P a u s a n i a s 1, 37, 4 όστις δέ ήδη τελετήν Έλευσΐνι είδεν . . . , οι δεν δ λέγω. 33 7, 5-7 άποδυομένοις . . . γυμνοΐς. L e t z t l i c h liegt z u g r u n d e die p l a t o n i s c h e V o r s t e l l u n g v o m L e i b als einem a b z u l e g e n d e n K l e i d (Gorgias 523 C). D o c h spielt hier noch a n d e r e s hinein, vielleicht d a s k o n k r e t e Bild eines K u l t e s , zu r e c h n e n ist a b e r a u c h m i t d e r B e n u t z u n g eines c h a l d ä i s c h e n O r a k e l s ; P r o k l o s zu Alk. I 104 Ε , d e r zweifellos u n s e r e P l o t inst eile b e n u t z t , zitiert ein λόγιον für die N a c k t h e i t s f o r d e r u n g ( H e n r y , iStats 211 A n m . ) . 34 79 17-18 δριμύς k a n n m . E . n i c h t positiv g e b r a u c h t w e r d e n v o n der w a h r e n , h ö h e r e n Liebe, ich folge also gegen Cilento u n d H e n r y - S e h w y z e r d e r K o r r e k t u r v o n V i t r i n g a . 34 7, 21-23

fast wörtlich a u s P l a t o S y m p . 211 E .

35 7, 30-32 οδ - πόνος: freies P l a t o z i t a t , u n d z w a r d e r a r t , d a ß d e r e r s t e Teil n a c h P h a i d r . 247 Β 5, d e r zweite n a c h S y m p . 210 Ε 6 gebildet ist, a u s d e m G e d ä c h t n i s n a t ü r l i c h , es h a n d e l t sich u m eine für d a s J e n s e i t s r i s i k o t y p i s c h e p l a t o nische Redeweise, vgl. noch S t a a t 618 Β 6. Gleich i m fol­ g e n d e n ist d a n n βψιν μακαρίαν wieder Z i t a t a u s P h a i d r . 250 Β 6. 36 7, 34 οΰτος: όντως V i t r i n g a . D e r überlieferte T e x t g ä b e g r a m m a t i s c h zur N o t einen Sinn, a b e r die schwungvolle Stilisierung d e r P a r t i e e n t s c h e i d e t gegen ihn. V i t r i n g a s K o n j e k t u r ist a u s g e z e i c h n e t , sie g i b t d e m W o r t - u n d Gedankenspiel, d a s die folgenden Zeilen b e h e r r s c h t , die r e c h t e G r u n d l a g e , ich ziehe sie d a h e r H e n r y s zweifelndem Vorschlag (Plotin e t TOccident 105 f.) πάντως v o r . 36 7, 37 Die βασιλειαι u n d άρχαί sind, wie 38 ούρανοΰ be­ weist, gnostiech. E v . M a t t h . 4, 8. - Basilius H o m . 15 S. 130ff. (ed. Garnier) b e n u t z t n i c h t , wie H e n r y iStats 175 a n n i m m t , u n s e r e Stelle, s o n d e r n P i a t o s P h a i d r o s . 37 W i e d e r dies freie S p r e c h e n in p l a t o n i s c h e n W e n d u n g e n . 8, 1 τρόπος . . . μηχανή (vgl. 2 0 , 3 ) : Philebos 16 Α 7. 8, 2 κάλλος

Ι 6, 8-9

Περί τον καλόν

380

άμήχανον: Staat 509 Α 6 άμήχανον κάλλος. 4 συνεπέσθω . . . ό δυνάμενος: Phaidr. 247 Α 6 έπεται δέ ό άεΐ έθέλων τε και δυνάμενος. 37 8,2 οίον ένδον έν άγίοις ίεροΐς: das gleiche Bild 10, 31 (V 1, 6, 12) έν τφ ε?σω οίον νεώ. 37 8, 7 γνόντα: mit dieser leichten Änderung ist der einheitliche Zusammenhang befriedigend hergestellt. Die methodische Situation ist anders als in 5, 18. 38 Der hier zitierte Mythos ist nicht (wie Zielinski, Archiv für Religionswissenschaft 8, 327 f. wollte) der von Hylas, sondern von Narziß (so Wyttenbach und Creuzer), das beweist das Motiv der Spiegelung. Daß Narziß in das Wasser, in dem er sich spiegelt, stürzt und so umkommt, ist auch sonst überliefert, vgl. R E XVI 1723, 50 ff. Andere verwandte Deutungen des Mythos: Hermes Trismegistos Poimandres 1, 14; Mythogr. Gr. I I I 2 S. 91 Nr. I X Festa; vgl. Eitrem R E XVI 1729. (Das Zitat des Ficinus bei Kern in den Fragmenta Orphicorum Nr. 362 paraphrasiert vielmehr unsere Stelle.) 38 8, 10 6: ohne diese leichte Änderung (das o5 falsch angeglichen an das vorausgehende -ου) hat der Satz kein Sub­ jekt (was unentbehrlich ist, da eine ganz neue Person ein­ geführt wird); erst im geänderten Text entsprechen sich οία . . . ό λαβείν βουληθείς und τον αυτόν δη τρόπον ό έχόμενος. So schon Creuzer de pulchr. - Daher verbietet sich auch die leichte Streichung [οΰ]. 38 8, 15 Das Volkmannsche hinter τυφλός ist vom Übel, es stört nur die wichtige Korrelation και ενταύθα κάκεΐ. Zur Sache vgl. Plato Staat 534 C und Plotin 51, 89. 39 8, 16 φεύγωμεν: Iliaszitat (2, 14. 9, 27); gedacht ist aber schon an Odysseus (φεύγωμεν auch Odyssee 10, 269). 39 8, 17 Zur Interpunktion und Deutung vgl. Gnomon 1952, 181 f. αίνιττόμενος, δοκεΐ μοι entspricht ganz dem δοκώ μοι von 11: die allegorische Deutung wird mit der Bescheidenheitsfloskel versehen (richtig Creuzer de pulchr.). Zur Sache vgl. Creuzer de pulchr. Praeparatio § 11.

381

Das Schöne

1, 37-42

39 8, 21 πατρίς: die Metapher von der himmlischen 5 Hei­ mat bedarf näherer Untersuchung (die gelehrten Parallelen bei Creuzer de pulchr. sind alle nachplotinisch; in den Hermetischen Schriften erinnere ich mich nicht diesem Wortgebrauch begegnet zu sein - so häufig dort und anderwärts seit Plato die Metapher πατήρ ist; für die Griechen älterer Zeit ist das Wort πατρίς offenbar vorwiegend mit der politi­ schen Bedeutung belastet. Daß ich im Theol. Wörterbuch zum NT nichts finde, wird nicht meine Schuld sein). - παρήλθομεν ist heil, vgl. z. B. 51, 98 (I 8, 14, 36). 39 8, 22 ού ποσΐ: das Scholion zu Plato Gorgias 507 D, auf das Creuzer de pulchr. verweist, scheint wirklich auf unsere Stelle anzuspielen. 41 Wieder ist die Rede in platonische Farben getaucht. 1-2 verwendet eine Partie aus dem Höhengleichnis, Staat 515 CD; 7 άναγε επί σαυτόν και ίδέ: Alkib. 132 D 6 ίδέ σαυτόν; 8 ff. das Bildhauerbild ist aus Phaidr. 252 D (13 τεκταίνων ^ Phaidr. 252 D 7 τεκταίνεται); 14 folgt ein wörtliches Zitat aus Phaidr. 254 Β 7. 41 9,1 Über die Akzentuierung ή vgl. Gnomon 1952, 183 f. 41 9, 8 ff. Das platonische Bildhauerbild (eine der Wurzeln unseres Begriffs der ) gilt einem Akt der Erziehung; bei Plotin wird daraus Selbsterziehung - so wie die platoni­ sche Erotik zu einer spirituellen Autoerotik wird (vgl. oben zu 21). 41 9, 15 βάθρω: die Emendation ist gesichert durch das Platozitat. Die schwere Korruptel im Archetypus ist bemer­ kenswert (wie schon Creuzer de pulchr. anmerkt); Verwechs­ lung von β und κ deutet auf Minuskelursprung, mitwirkend war wohl halbbewußtes Einfließen des vorher und nachher vorkommenden Begriffes καθαρός. 42 9, 16 αυτό ist mit Brohier und Henry gegen Vitringa zu halten. 42 9, 23 θαρσήσας περί σαυτφ: Plato Theait. 148 C 9 θάρρει τοίνυν περί σαυτφ.

16,9

Περί του καλόν

382

42 Ρ, 24 του δεικνύντος: vgl. 20, 8 (Ι 3, 3, 3) του δεικνύντος δεΐται μόνον. Mysteriensprache; vgl. aber auch die ένδειξις Plato 7. Brief 341 Ε 3. 42 9, 25 τό μέγα κάλλος: ich zweifle, ob diese Verwendung von μέγας genuin griechisch ist; dagegen ist sie natürlich gnostisch. 43 9, 30 ff. vgl. Arnou, Desir 143 ff. Zugrunde liegt Plato Staat 508 B. Über die weite Verbreitung des Gedankens (u.a. Poseidonios bei Sext. adv. Math. 7, 92 f.) vgl. Ernst Schröder, Plotins Abhandlung πόθεν τα κακά, Diss. Rostock 1916, 120 ff. K. Praechter, Die Philosophie des Altertums 12 , Ber­ lin 1926, 96. Übersetzt von Goethe in der Einleitung zur Farbenlehre: War' nicht das Auge sonnenhafb, Wie könnten wir das Licht erblicken ? Lebt' nicht in uns des Gottes eigne Kraft, Wie könnt' uns Göttliches entzücken ? Textnäher die Retraktation Zahme Xenien I I I 724 Vers 2: Die Sonne könnt' es nie erblicken. 44 9, 35 εϊσεται: είσόψεται bei der durchgängigen Betonung des Sehens doch wohl unerläßlich. 44 0, 37 ουσίας: da ουσία und νους auf der gleichen Stufe stehen, können die Erzeugnisse des νους nicht mit der ουσία gleichgeordnet werden; diesen philosophisch schwerwiegen­ den Anstoß beseitigt in glücklicher Weise Heintzens leichte Verbesserung. 44 9, 38 προβεβλημένον: die Vorstellung ist räumlich (Passiv des Mediums), vgl. 5, 7 (V 9, 2, 24) νους δέ προέστηκε μέν αρχής της πρώτης ώς προς ήμας, ώσπερ έν προθ-ύροις τάγα•8-οΰ usw. 44 9,39 - Ende. Die Partie kann kein Rosume des Porphyrios sein, schon weil sie überhaupt kein Resume ist. Der Gedanke geht unmittelbar weiter, όλοσχερεΐ λόγω heißt nicht nur callgemein>, sondern c in groben Umrissen*, c ohne nähere Schei-

383

Die Unsterblichkeit der Seele

ο

düng* (so richtigLiddell-Scott-Jones; vgl. 30, 65 (77/ 8, 9, 36, Gegensatz ακριβώς 36]) wie άδιαρθρώτως an der eben genann­ ten Stelle; das folgende διαιρών steht dazu im Gegensatz. Es kommt Plotin hier nicht auf diese schwierigen Einzelheiten an; 'die Hauptsache bleibt* (43 πλην), daß das Schöne εκεί ist: damit wird abschließend die Grundthese der ganzen Schrift nochmals unterstrichen. 44 9, 41 Der ειδών τόπος kann nicht, wie bei Aristoteles 429 a 28, die Seele sein, denn wir befinden uns hier ja im Be­ reich des Geistes, sondern nur der ύπερουράνιος τόπος aus Piatos Phaidros 247 C, der in der Tat der τόπος der εΐδη ist (274 DE) - wie denn sich diese ganze Partie am Phaidros inspiriert.

2 Die Unsterblichkeit der Seele IV 7 Περί αθανασίας ψυχής Philosophiegeschichtlich ist diese frühe Schrift merkwürdig vor allem wegen der besonderen Stellung zwischen den Schulen, Die stoischen Lehren werden durchweg mit peripatetischen Beweisen widerlegt; gegen die Atomisten werden stoische Einwände ins Feld geführt; die Peripatetiker werden von platonischen Voraussetzungen aus bekämpft. Das Piatonistische wird stellenweise dogmatisch gehandhabt, Gutes Material zu diesen Fragen in Brihiers Notice, Genauere Untersuchung steht noch aus. Formal bemerkenswert als Beispiel einer Vorlesung der Frühzeit, Im ersten Teil (\-5Ί) knappe, dornige Schulsprache; dann

IV 7

Περί άυ\ινασίας ψυχής

384

für den zweiten Teil (58-Ί&) plötzlicher Übergang zu hymnischer Redeweise; hier sprachliche Gleichklänge ^rhetorischer* Art f60 δίδουσα — έχουσα — έχουσα. 61 ζών - δν — δν — ζών. 67 άιδίφ τό άίδιον. 75 τεταμένη — συνεπιμελουμένη — γιγνομένη — γενομένη, πληροϋντος καΐ διακοσμουντός άϋ·άνατον δι9 ά&ανάτου). Weiter folgen dann locker gesprochene, wieder mehr scholastische Einzelbemerkungen. Kritische Ausgabe von 1-59 bei Henry, Etats 77 ff.

1 Ist der Mensch unsterblich, oder ist er ganz, oder ist er zu einem Teil vergänglich ? 2 Der Mensch ist zusammengesetzt aus Leib und Seele. 3 Der L e i b ist hinfällig und verwest; 4 auch die unorganischen Körper und die Elemente sind auflösbar in Form und Stoff, und sind als Größen teilbar. 5 Nicht der Leib ist das eigentliche Selbst des Menschen, sondern die Seele. (I) 6 Die S e e l e ist entweder ein Körper oder nicht. Gegen ihre Körperlichkeit sind folgende Einwände zu erheben (gegen die Stoiker). 7 Die Seele hat ihrem Begriff nach Leben. Unter den Teilen, die sie als Körper haben müßte, wäre derjenige, dem Leben inhäriert, die Seele. 8 Es gibt aber keinen Körper, der primär lebendig ist. Die E l e m e n t e sind leblos. 9 Das bloße Zusammentreffen lebloser Elemente kann aber keine Seele hervorbringen; 10 auch die A t o m e nicht; ihr Zusammentreffen kann nicht zu einer Empfindungsgemeinschaft führen, ja noch nicht einmal einen Körper erzeugen. 11 Und liegt ein e i n f a c h e r K ö r p e r zugrunde, so kann an ihm Seele nicht der Stoff sein, höchstens die Form; diese ist aber unkörperlich. Eine Affektion des Stoffes kann die Seele auch nicht sein, da für eine solche eine Ursache nötig wäre. 12 I n allen drei Fällen muß also die Seele von außen kommen. Umgekehrt ist sogar die Existenz des K ö r p e r l i c h e n an das Vorhandensein der Seele gebunden (und vielleicht sogar die der M a t e r i e ) ; 13/14 und nur durch die ordnende Kraft der Seele ist der K o s m o s ermöglicht.

385

Die Unsterblichkeit der Seele

2

15/17 Die Notwendigkeit dieser Annahme ergibt sich aus den (stoischen) Prämissen selber. Sie setzen gar nicht den bloßen Hauch (Pneuma) als Weltprinzip an, sondern fügen nähere Bestimmungen hinzu, hinter denen sich in Wahrheit das Seelenprinzip verbirgt. 18/19 Körper kann die Seele nicht sein wegen der Verschiedenheit der von ihr hervorgerufenen Q u a l i t ä t e n 20 und B e w e g u n g e n . 21/22 Als Körper könnte sie kein W a c h s t u m erzeugen, 23 keine Erinnerung haben. 24/27 Q u a n t i t a t i v kann die Seele nicht sein: dann wären ihre Teile, als quantitativ andre, nicht Seele; 28 der Same als Träger einer seelischen Formkraft enthält etwas Überquantitatives. 29 Auch die W a h r n e h m u n g wäre unmöglich, 30/33 für sie ist ein zentrales, überquantitatives Organ unerläßlich; 34 körperliche Abdrucke können die Wahrnehmungen nicht sein; 35 die Wahrnehmung des Schmerzes könnte im rein Körperlichen nicht weitergegeben werden. 38/40 Auch das D e n k e n wäre unmöglich, es ist, oder enthält, seinem Begriff nach die Erfahrung von Unkörperlichem, was mit den Mitteln des Körpers nicht möglich wäre. 41/42 Schließlich wären die T u g e n d e n undenkbar. 43 Auch die Aktivität der Körper kann nicht auf eine körperlich gedachte Seele zurückgehen. 44/45 Denn die Qualitäten (Kräfte) des Körpers sind unkörperlich. 46 Daß das L e b e n an den Hauch gebunden ist, beweist nichts. Auch die M i s c h u n g einer körperlichen Seele mit dem Leibe ist unmöglich, sowohl als gewöhnliche Mischung, 47 wie als 'Mischung durch und durch*. 48/49 Schließlich verkehrt die gegnerische These die metaphysische Rangordnung des F r ü h e r u n d S p ä t e r . Die Seele darf nicht (mit den Stoikern) später sein als Wachstumskraft (Physis) und Zuständlichkeit (Hexis). Denn es muß voraufgehen erstens das Wertvollere dem minder Wertvollen, zweitens das Aktuale dem Potentialen.

IV 7,1

Περί ά&ανασίας ψυχής

386

(II) 50 Aber die Seele ist auch kein c Etwas > des Körpers. Sie ist nicht seine H a r m o n i e ; die stoische Lehre von der Harmonie ist eine Umdeutung der alten pythagoreischen These und meint eine so und so bestimmte Mischung der Leibesbestandteile. 51 Die Unmöglichkeit dieser These ist schon vielfach erwiesen worden; 52 Hauptargument: jede Harmonie erfordert einen Urheber außerhalb ihres Systems. 53 Die Seele ist auch nicht (wie Aristoteles lehrt) E n t e l e c h i e des Leibes. Sie wäre dann mit ihm teilbar; es gäbe keine Schlaf entrückung, ja keinen Schlaf; 54 keinen Widerspruch zwischen Vernunft und Begierde. 55 Weder die denkende noch die wahrnehmende noch die begehrende Seele kann untrennbare Entelechie des Leibes sein; 56 aber auch die Wachstumsseele nicht. 57 Auch die Verwandlung in andre Lebewesen wäre dann unmöglich. (III) 58/60 Die Seele ist also weder Körper noch ein Etwas des Körpers, sondern unkörperliche Substanz. Als Prinzip der Bewegung und des Lebens ist sie mit Notwendigkeit unvergänglich. 61/62 Das Göttliche, das primär Seiende, ist primär lebend. 63 Ihm ist die Seele wesensverwandt. 64/65 Denn die gereinigte Seele ist Trägerin der Tugend, also göttlicher Kräfte, muß demnach gottverwandt sein. 66 Dies ihr Wesen wird freilich in der Durchschnittsseele verdunkelt und verstümmelt. Aber nur in seiner Reinheit erkennt man ein Ding richtig. 67 I n ihrer Reinheit betrachtet erscheint die Seele als Trägerin der intellegiblen Welt 68 und der eigentlichen Wissenschaften. 69/70 Ein solches Wesen muß unsterblich sein; ihm inhäriert das Leben notwendig. 71 Die Unsterblichkeit gilt nicht nur für die Allseele, sondern auch für die Einzelseelen; 72 das beweist der ewige Gehalt der Einzelseele an Schaubildern und Erkenntnissen. 73 Auch gibt es für die reine Seele weder eine Teilung noch sonst eine Möglichkeit des Vergehens. 74 Wie aber erklärt sich der Abstieg der Seele in die Leibesweit ? Der Geist erhält von unterhalb einen Antrieb, aus sei-

387

Die Unsterblichkeit der Seele

2, 1-2

nem Eigensein hervorzutreten. Sein Anblick erweckt der Seele Schaffenstrieb und Zeugungslust. 75 Doch entsendet die Seele nur ihren unteren Teil in die Sinnenwelt, ein Stück von ihr bleibt immer oben. 76 Nicht nur die Einzelseelen sind unsterblich, auch die Tierseelen, selbst die Pflanzenseelen. 77 Die Teilbarkeit der Menschenseele ist kein Gegenargument. 78 Wer nicht durch Beweise, sondern durch einleuchtende Wirklichkeiten überzeugt werden will, ist hinzuweisen auf die Tatsachen des Totendienstes und das Weiterwirken von abgeschiedenen Seelen, ζ. Β. als Stiftern von Orakeln.

1 Titel: 4, 1 zitiert Plotin diese Vorlesung als τήν της ψυχής ούσίαν ζητοΰντες. Der richtige Titel wäre Unsterblichkeit des Menschen* (Brehier S. 179). Man sieht, wie gleichgültig die überlieferten* Titel sind - sie stammen eben nicht vom Autor. 1 191 ει δέ: initium ex abrupto; das Kolleg ist eine Fort­ setzung voraufgehender. 11,1 ημών: terminologisch 'der Mensch1 (Zeile 5 aufgenom­ men mit άνθρωπος), Gegensatz das Tier oder der Kosmos. Offenbar Schulsprache; bei Plotin stehender, reich differen­ zierter Sprachgebrauch (der Sinn des Terminus wird erörtert 28, 81). 2 1, 4 εΐη unnötig, vgl. Henry, Eusebe 60 f. 2 1, δ &ra : die Einfügung stützt das δέ καΐ erst richtig. Sie wäre natürlich 'entbehrlich* - doch ist sie paläographisch 90 leicht, daß ich zu ihr neige. Die Entscheidung solcher Fragen ist nicht von der einzelnen Stelle aus zu fällen, sie hängt von dem Gesamturteil über unsere Plotinüberlieferung und über Plotins Stil ab.

IV 7,1-3

Περί άϋαναανας ψυχής

388

2 19 7 τε: die alte Konjektur γε wird von Henry zu Un­ recht abgelehnt. Man muß erst einmal dem Satz seinen Atem wiedergeben, der durch den Punkt hinter προσηρτημένον zer­ stört ist - dann kommt erst die Bewegungslinie des Gedankens zum Vorschein (so Härder 1 und Cilento). Plotin spricht differenziert und mit philosophischer Behutsamkeit: Seele 'ist* im Menschen, er 'hat* 'auch' Leib; w i e dies Leibhaben stattfindet, ist eine schwierige Frage (das mit έτερον τρόπον angedeutete Problem wird ausführlich erörtert 27, 109ff.); es soll aber jetzt dies Verhältnis von ήμεΐς zum Leib nicht näher geprüft werden. Dies Abbrechen einer sich aufdrängenden Frage spricht sich typisch aus in άλλ* ουν jedenfalls', 'immer­ hin'; und für dies abbrechende άλλ' ουν ist bekanntlich γε seit der klassischen Zeit die gebotene Verstärkung (wenn man plotinische Parallelen für dies γε nach άλλ* οΰν will: 2, 39 (8,9). 2, 48 ( άλλο άλλω schreiben. Intakt ist jedenfalls der Text nicht. 46 12, 6 Durch das Komma hinter γρυπός wird die Hin­ zufügung einer satzverbindenden Partikel in der nächsten Zeile unnötig.

437

Qeiet, Ideen und Seiendes

5, 42-62

46 12, 7 διαφοράς έν εΐδει: vgl. die είδικαΐ διαφοραΐ 18,4. 47 12, 9 ist in dieser knappen Diktion unnötig. 48 13,2 αυτός άνθρωπος: Kirchhoffs Änderung ist nötig, sonst müßte es ja άνθρωπος αυτός heißen. 48 13, 3 καΐ νου αύτονοΰς: ich glaube, dies soll als absurd erscheinen und damit dem Folgenden den Boden bereiten. 49 13,8 Gerechtigkeit usw.: hier scheint nicht an die Ein­ schränkung der Tugenden auf den unteren Stufen gedacht zu sein; die Gewichtsverteilung ist etwas anders als dann in 19. 49 13,12 Aus dem Leibe sich herausgehoben: 6, 36. 50 13,14 δσα usw.: ich folge Α; alle andern Hss. fügen nach ψυχή ein εκεί hinzu. Wohl (richtige) Konjektur von A. 51 14, 4 Kirchhoffs ist nicht gut; es ist viel einleuch­ tender, daß überhaupt keine direkte Frage stattfindet, sondern mit 2 και eine Reihe von indirekten Fragesätzen beginnt, deren Hauptsatz 5 λεκτέον ist. Der erste Fragesatz geht bis 3 ούσης, καΐ πώς heißt hier 'wieso (diese αρχή alles umfassen kann)'; der zweite Fragesatz geht von 3 πλήθους bis 4 τό £v; der dritte lautet και πώς πλήθος usw. Die Überlieferung ist also intakt. 52 14, 7 /. aus Fäulnis: 15, 26. 27, 25. - χαλεπά sind die wilden Tiere, synonym άγρια. - Schmutz: Plato Parmenides 130 C. 52 14, 9 εϊδεσιν: ich sehe keinen andern Weg als Strei­ chung. 52 14,10 άλλα - 1 1 Eine dunkle Stelle, έκ τούτων kann wohl nur auf αρίστων gehen, und zu νους ist zu verstehen ταΰτα ποιεί (vgl. 14 ού νφ); dann also ψυχή . . . άλλα sc. ποιεί, nämlich was nicht mehr άριστα ist, darunter das Häßliche und Schädliche, λαβουσα muß wohl zu παρά ύλης gehören. Dann bleibt παρά νου übrig - denn dazu noch einmal, und zwar in anderm Sinne, λαβουσα zu ergänzen, heißt doch zuviel ver-

IV 8

Περί της είς τα σώματα καϋόδον της ψυχής

438

langt. Vielleicht hilft Heintzens Konjektur ψυχή παρά νου weiter. - Hier wird alles immer skizzenhafter; aber Notizen oder bloße Bruchstücke sind es nicht, έν οΐς ού ταύτα 9 und έν οίς ταΰτα 11 korrespondieren sogar recht kunstvoll. 52 14, 12-14 περί δέ τούτων - πλήθος: der Gedanke ge­ hört eng zum Vorigen; das Fäulnis-Problem gehört zum Vielheits-Problem, aus e i n e m verwesenden Tier entstehen v i e l e Maden, vgl. 15, 26. Also ist der Satz eine Zwischenbemerkung, wie denn auch 15 wieder die Fäulnis da ist. 14 οτι δέ greift über die Parenthese hinweg auf 8 λεκτέον ώς zurück. 53 Die von Heintz getilgten Worte unterbrechen den Zusammenhang, und zwar nicht nur gedanklich (dann könnten sie eine Zwischenbemerkung sein wie 10,18-21), sondern grammatisch. Eine Randbemerkung, die den Inhalt von 41-45 ungefähr zusammenfaßt und mit Porphyrios sicher nichts zu t u n hat. 53 14, 20 Nach Tilgung des Glossems erübrigt sich hier eine Ergänzung, es wirkt, wie in 14, immer noch jenes λεκτέον weiter, άλλην (sc. την) καθόλου. 53 14, 21 τήν έν wieder nur Α : ή έν die übrigen.

6 Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt IV 8 Περί της είς τά σώματα καθόδου της ψυχής Die Schrift ist ein Vortrag. Sie zeigt die Elemente des frühen plotinischen Vortragsstils wie 1 und der Schlußteil von 2 (vgl. dort die Einleitungen), so den reichen rhetorischen Schmuck der Gleichklänge und Anklänge: 2 ζητεϊν - ζητήσας; 8 ζητήσασι ζητήσαι; 9 δεομένων - συνεχόμενων - δεομένων; 10 έχουσα πάσχουσα — απεισιν — πρόσεισιν; 12 πραττόμενον — πράττον -

439

Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt

6

πραττόμενον; 13 νπερεχονσης - πεμπονσης; 29 προσλαβοϋσα γνονσα - άγαγοϋσα; 36 έπισχονσαν - οϋσαν - οϋσαν - οϋσαν; 37 προσλαβονση - μαΰονση - μαΰονση. Ferner Antithetik: 1 των μεν άλλων έξω, έμαντον δέ εϊσω; 35 των αρίστων εν νοητοϊς τό εν αίσΰ'ητω κάλλιστον (chiastisch); 39 λαμβανονση μεν, χορηγούστ} δέ; Wortspiel: 43 άντιλήψει - αντιλαμβανόμενος. Ferner eine besondere Art sophistischer Gnomik, allgemeine, logisch scharf formulierte Sätze: 12 διττή γαρ κτλ.; 27 παν μεν γαρ κτλ.; 27 και γαρ άφ' ης κτλ.; 37 γνώσις γάρ κτλ. (ähnlich 1, 11 πάν μεν γάρ κτλ.; 2, 66 δει δέ κτλ.; 2, 23 παν τε κτλ.). Zur freien Art der Gedankenführung eines Vortrages gehört es auch, daß nach dem Abschluß 2 9 - 3 0 mit 31 der Gedanke von 18 nochmals aufgenommen wird, zwar zunächst auf höherer Stufe (das Eine statt des Geistes) und mehr von oben statt von unten gesehen, aber doch im Verlauf wie eine erneute Paraphrase des Gedankens ( 3 2 ~ 2 0 ; 3 5 ~ 3 0 ; 3 7 ~ 2 9 ) . Die Haltung dieses Vortrages ist eine besondere: ein Hervortreten der eigenen Person, ein freies Reden von sich selber (das nur in der Schrift 33 eine freilich gedämpftere Parallele hat). So gleich zu Beginn das kostbare Selbstbekenntnis, dieser Bericht vom eigenen Erlebnis der Versenkung und von der Erfahrung, daß die Rückkehr aus ihr wie eine Wiederholung des Werdevorgangs ist — in der Präzision und Schlichtheit ohne Parallele im Altertum. Die gleiche bescheidene Selbstsicherheit in der Proklamation des Schlusses, wo die eigene Lehre den ^andern* (d. h. den kaiserzeitlichen Piatonikern, natürlich nicht dem Plato) leise aber entschieden gegenübergestellt wird; sehr bezeichnend dabei das Wort bestimmter, σαφέστερον: die Lehre ist da, wohl schon lange, und in diesem Augenblick ent­ schließt der Denker sich zu ihrer Enthüllung. Schon das gibt der Schrift ihren besonderen Rang unter allen Schriften der ersten Periode. Aber auch sachlich ist sie, wie nach jener Proklamation nicht anders zu erwarten, von hoher Bedeutung. Das Thema ist traditionell, ein gegebenes Hauptthema für alle Platoniker (vgl. 2, 6 2 ; 2, 74; ausführliche Neubehandlung 27, 49ff.); das zeigt besonders klar Jamblichs Traktat über die Seele. So treffen wir denn auf dem Weg dieser Schrift nicht zufällig ab und an auf Bestandteile der Schuh

IV 8

Περί της είς τά σώματα κα&όδον της ψυχής

440

tradition (s. Anmerkungen zu 6 1, 33-36; 7 1, 47; 8; 12 2, 29; 25 u, ö.), die auch die Hauptroute des Vorgehens bestimmt. Es tritt aber, nicht nur in der Prägung der traditionellen Gedanken, sondern in neuen, revolutionären Thesen der echte und eigentliche Plotin hervor. Die Lehre, daß die Menschenseele auch im Leibe eigentlich immer im Geist bleibt (40-42; ein Vorklang schon 23 4, 31), ist eine Kardinalthese Plotins. Sie meldet sich schon an 2, 75; 5, 49, wird wiederholt 21, 3; 22, 123-126; 27, 66; 33,17; besonders in 22, 94-98 erfährt sie die entscheidende Vertiefung durch die Überwindung des Begriffes *Teü*. Sie ist, wie ja Plotin ausdrücklich sagt, neu und gegen die anderen Platoniker gerichtet; denn während zum Beispiel Numenios (Jamblich bei Stobaeus 1 S. 380, 15 ff.) den Abstieg auf das Böse der Seele zurückführt, und so die Gnostiker, gibt Plotin der irdischen, im Leibe weilenden Seele den geistigen Adel zu'ück, sein erster Protest gegen die gnostischen cSchauerdrameny. Wie tief und notwendig diese Lehre mit Plotins ganzem Denken zusammenhängt, zeigt sich darin, daß gleichzeitig mit ihr eine andere These auftaucht, die zu ihrer Durchführung unerläßlich ist: die Lehre vom Unbewußten, die so spezifisch plotinisch ist (vgl. Anmerkung zu 40-41). Die so folgenreiche Entdeckung des Unbewußten steht also im Dienst der Rechtfertigung des irdischen Seelendaseins.

1 Das Erlebnis des Herabsteigens aus der Ruhe in Gott in den natürlichen Zustand regt die Frage an nach dem einstigen Herabsteigen der Seele in den Leib. 2 Bei den frühen Denkern findet sich keine deutliche Auskunft. Den Worten Heraklits ist die Notwendigkeit des Abstiegs zu entnehmen, im übrigen aber nur die Aufforderung, selber nach der Lösung der Frage zu suchen. 3 Empedokles spricht von der Schuld der Seelen, ist aber als Pythagoreer und als Dichter undeutlich. 4 So bleibt nur Plato, der ausführlich und klar über die Frage spricht. 5 Bei ihm aber erhebt sich die Schwierigkeit, daß sich die einzelnen Äußerungen zu widersprechen scheinen. Einerseits ist ihm der Leib

441

Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt

6

Fessel und Grab der Seele, 6 die Höhle bedeutet die irdische Welt, die Seele sinkt herab durch den Zwang von Gericht, Losung und dergleichen. 7 Auf der anderen Seite preist er im Timaios diese Welt als seligen Gott, und zeigt die sinnvolle Notwendigkeit des Seelenabstiegs. 8 Daher muß die Frage allgemeiner angegriffen werden: Gemeinschaft der Seele überhaupt mit dem Leibe (nicht der Einzelseele, sondern der Weltseele), Bewertung des Kosmos und des Weltschöpfers. 9 Der gebrechliche Leib der Menschenseele verlangt mühevolle Betreuung und daher tiefes Herabsteigen der Seele. 10 Der vollkommene Weltleib dagegen bietet keine Widerstände und ist leicht zu lenken. 11 An dieser mühelosen Lenkung kann sogar die Einzelseele teilhaben. 12 Es gibt nämlich eine höhere, allgemeine und eine niedere, ausübende Fürsorge. 13 Die Weltseele aber beschränkt sich auf das höhere, auf das mühelose Walten. 14 Ebenso steht es mit den Gestirnseelen. 15/16 Der Weltleib verursacht der Weltseele keinerlei Störung und Hemmung. 17 Was die Menschenseele angeht, die im Leib Übles duldet, so besteht kein Widerspruch in der platonischen Lehre, denn die Gründe ihres Abstiegs sind andere. 18 Wie der Gesamtgeist Einheit und Vielheit ist, so auch die Gesamtseele. Diese Vielheit muß zur Entfaltung kommen. 19 Dabei sind die einzelnen der in Vielheit aneinandergetretenen natürlich schwächer als das Gesamt. 20 Die Seele kann nicht im reinen Denken verharren (und damit in der Einheit), sie wendet sich auf sich selbst und regiert damit das Irdische. Denn das Hervortreten der Stufen der Wirklichkeit aus dem Geist ist eine Wesensnotwendigkeit. 21 So kann die Einzelseele andererseits im Geist verharren; oder mit der Weltseele den Kosmos regieren, auch dann ist sie^ioch in der Einheit, 2 Löst sie sich aber von dieser Einheit und gibt sich einem Teil-Leib hin, gerät sie in Mühe und Not und sinkt tief in den Leib hinab. 23 Diesen Zustand hat Plato gemeint mit seinen negativen Äußerungen über den Abstieg. Doch kann die Seele wieder aufsteigen, denn ganz sinkt sie nie ab. 24 So ist die Einzelseele ein Doppelwesen,

IV 8

Περί της είς τα σώματα καϋόδου της ψυχής

442

bald oben bald unten lebend. Eine Hindeutung darauf in Piatos Worten über den Mischkrug. 25 Übrigens sind die platonischen Äußerungen über Schaffen, Reden, Säen der Götter mythische Verdeutlichungen eines ewigen Zustandes und Vollzugs. 26 Es besteht also zwischen den Lehren der alten Denker kein Widerspruch. Auch nicht zwischen freiwilligem und unfreiwilligem Abstieg. 27 Denn der Abstieg kann zugleich Strafe und doch der Vollzug eines Naturgesetzes sein. 28 Die Strafe ist einerseits im Abstieg selbst enthalten, andererseits schnellere Wiederverkörperung, oder besondere Höllenstrafen. 29 So kommt also die Seele, die ein Gott ist, in den Leib. Sie bereichert hier ihr Erleben und trägt bei zur Entfaltung der Wirklichkeit; 30 so erst entsteht die Welt, die in ihrer sinnvollen Schönheit dem Menschen ein Hinweis auf die obere Welt ist. 31 Wie das Eine nicht allein existieren durfte, sondern die nächsten Stufen aus ihm hervorgehen mußten, 32 so mußte auch aus den Seelen das leibliche Sein hervorgehen; denn jedes Wesen trachtet nach Erzeugung der nächsten Stufe. 33 Das Eine bleibt bei sich, aber seine unendliche Mächtigkeit und Güte bringt die anderen Stufen hervor. 34 Auch die Materie - wie immer ihre Entstehung zu beurteilen ist erhält durch Gnade Teil am Sein. 35 So ist die räumliche Welt eine Offenbarung der geistigen, beide sind einander verknüpft und ewig. 36 Daher darf die Seele es nicht verargen, wenn sie bald im Höheren, bald im Niederen weilen muß. 37 Auch gewinnt die Seele im Niederen die Erfahrung des Bösen und würdigt so besser den Wert des Oberen. 38 Wie der Geist nicht nur nach oben, sondern auch nach unten steigen muß zur Seele, ist die Seele nach oben und nach unten gerichtet; 39 die Einzelseele seltener nach oben, während die Allseele, die eigentlich gar nicht absteigt, beides zugleich kann. 40 Um aber die neue These eindeutig auszusprechen: auch die Einzelseele versinkt nicht ganz, ein Etwas an ihr bleibt

443

Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt

6, 1-2

oben, was aber nicht zum Bewußtsein kommt. 41 Denn das Geschehen in der Seele kommt erst dann zum Bewußtsein, wenn es zur inneren Wahrnehmung gelangt. 42 Jede Art von Seele ist einerseits auf den Leib, andererseits auf den Geist gerichtet. Die Weltseele lenkt den Leib ohne Überlegung. 43 Die Einzelseelen haben stets den oberen Teil, aber der Leib stört und verwirrt. Und er verlockt sie mit Lust: ihr oberer Teil aber unterliegt keiner Augenblickslust und lebt in Frieden.

1 i , 1 πολλάκις Viele Male*, 'immer wieder', mit dem Ton persönlichen Bekenntnisses. Das Ethos dieses Wortes finde ich in keiner der Parallelen (Marc Aurel 5, 23, 1. 12, 4, 1. Am Anfang der Schrift auch de mundo 1. Am ähnlichsten noch Cicero de oratore 1, 1 saepenumero - auch am Anfang der Schrift). I 1,1 aufwache: dies Erwachen ist eine spezifische Aufgabe der Seele die im Leib «schläft» (26, 48; vgl. 27, 60f. 38, 177. Theiler, Vorbereitung 42. Becker, Plotin 99). Das Wachen ist seit Ilias 2, 23 (Hippokrates Über die Umwelt 16; π. εύσχ. 1. Aristoteles Metaphysik 1072 b 17) eine spezifisch hellenische Forderung - charakteristisch verschieden von der gnostischen άυπνία (zu dieser vgl. Festugiere zu Herrn. Trism. 1 Anm. 44). Wieder ganz anders akzentuiert ist die christliche Mahnung 'seid wach» (Ev* Marc. 14, 38). II 1,3 της κρείττονος μοίρας: die Redeweise ist altgrie­ chisch (Plato Phaidros 230 Α. 248Ε. Philebos 54D). Gemeint ist der 'höhere', geistige Weltteil. 1 1, 4 πιστεύσας: 2, 67. 1 1, 5. 7 Ιδρυθείς, ίδρύσας: festen, bleibenden Grund finden, wo man Fuß fassen kann (Plato ist diese Bedeutung noch fremd). IV 7,9,14, Dazu gehört eng die στάσις (7); II 1, 3,15 /. 2-3 Heraklit ist für Plotin Vertreter der Notwendigkeit (12 αναγκαίας) des Seelenabstiegs (so faßte er natürlich die οδός κάτω), also des ακούσιον und zugleich wohl des Sinnvollen

IV 8, 1

Περί της εϊς τά σώματα κα&όδον της ψυχής

444

(zur Sache vgl. K.Reinhardt, Parmenides, 1916, 1942); im Empedokles findet er Schuld und Sühne (also έκούσιον) als Ursache; vgl. 26. 2 Ein dichtes Konzentrat von Heraklit-Zitaten. 1,11 ge­ bietet hiernach zu forschen: vielleicht eine Interpretation von Β 101 wiePlotin 5, 22; sonst könnte unter den uns erhaltenen Fragmenten am ehesten Β 116 (Selbsterkenntnis) gemeint sein (oder auch Β 41. Β 45). Aber Plotin las ja mehr als wir. -1,12 notwendiges Umschlagen: Α1 § 8 (Vorsokratiker6 S. 141, 22). - Bahn hinauf: Β 60. - Ausruhen im Wechsel, Plakkerei: Β 84. - Plotin las sichtlich den Heraklit selber, und genau. Er findet in ihm die Erfahrung des Wechsels, die er auf das Erlebnis des Abstiegs deuten möchte; er erhebt gegen ihn den alten Schulvorwurf der Undeutlichkeit (so Aristoteles gegen Plato, Metaph. 987 b 14, Plato gegen die Vorsokratiker Sophist. 243 A, Plotin gegen Plato 31, 34, gegen Parmenides 10, 47); vgl. unten 27. Doch erkennt er mit schöner Vorsicht (vielleicht) in der Undeutlichkeit eine positive Aufforderung, selber zu suchen. - Alles in allem eine eigenständige Interpretation der großen Alten. - Jamblich bei Stobaios I S. 378, 21 Wachsmuth ist eine Paraphrase unserer Plotinstelle (fehlt bei Henry, iStats und bei Schwyzer, R E Plotinos 583, 15); ebenso Stob. I 375, 5-8. 2 1,11 δς überliefert (δ bei Brohier Druckfehler), [δς] Heintz, entbehrlich. 2 1,15 Ιδωκεν ist gut und richtig; denn das είκάζειν geht seinem Wortsinn nach nicht auf Heraklit (dem wird ja nicht 1 Vermuten',' sondern 'Unklarheit' vorgeworfen), sondern auf 'uns': er 'überläßt' uns Vermutungen, stellt sie uns frei. 2 1,16 παρ' αύτφ: nicht bei Heraklit sollen wir suchen, sondern bei uns selbst. Daher παρ* αύτοϊς Volkmann, was aber nicht zu Ende gedacht ist. Nicht 'bei uns' sollen wir suchen (in unserem Inneren), das wird widerlegt durch 17 αυτός, sondern 'von uns aus', 'auf eigene Hand'. So ergibt sich παρ' αυτών, wie Heintz trefflich verbessert und schon zwei junge Handschriften konjizieren.

445

Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt

6, 2-6

3 1,17-20 Empedokles Β 115, und zwar wird das ganze Fragment paraphrasiert; 18 νόμον ist Emp. 115, 1 (so paraphrasiert auch Hippolyt); άμαρτανούσαις ταΐς ψυχαΐς ist Deu­ tung von Emp. 115, 3 (und zwar die gleiche Deutung wie bei Plutarch de exilio 17), und πεσεΐν ένταΰθα faßt die Deutung der Empedoklesverse 9-12 zusammen (unter Verwendung von Plato Phaidros 248 C 8 έπί τήν γην πέση); dann die wörtlichen Zitate Emp. Vers 13-14. - Es ist klar, daß auch Plotin einen bereits gedeuteten Empedokles vorfand („eine mit Zitaten gespickte Darstellung der empedokleischen Lehre", U. v. Wilamowitz, Die Katharmoi des Empedokles, 1929, 10) - aber er erliegt nicht der Deuterei, er bleibt bei der Feststellung der Unklarheit. - φυγάς θεό&εν ist mit Wilamowitz gegen Diels zu verstehen c von den Göttern weg' (vgl. 6 άπό μακάρων), obgleich Plotin vielleicht 'von Gott* verstehen mochte (vgl. unten 47). 3 1, 21 Pythagoras: als dessen Schüler nämlich Empedokles gilt. Gemeint ist also, daß Empedokles allgemeiner pythagoreischer Geheimhaltungstendenz folgt. Vgl. 10, 54. 3 1,22 die poetische Form: Aristoteles Rhetorik 3, 5. 5 1, 30 Fessel, Grab: Plato Kratylos 400 C. 5 1, 32 in Haft: Phaidon 62 B . 6 1, 33-36 Höhle, Grotte: Plato Staat 515 C 4. 517 Β 4-5 (Plotin erschließt den Sinn durch exakte Textinterpretation). Empedokles Β 120 (Porphyr, Nymphengrotte 8). Porphyr zitiert den Empedoklesvers in der gleichen Zusammenstel­ lung mit dem platonischen Höhlengleichnis, führt aber eine andere (weniger wichtige) Stelle aus dem platonischen Text an. E r folgt offenbar derselben Quelle wie Plotin. - Übrigens glaube ich (mit Erwin Rohde gegen Wilamowitz), daß Plotins Empedokles-Deutung im Prinzip richtig ist, daß also der Schauplatz der Katharmen nicht die Unterwelt, sondern die Erde, diese unsre Welt war (vgl. jetzt W. Jaeger, Die Theologie der frühen griechischen Denker, 1953, 170). 6 1, 34 λέγειν (nämlich αύτφ) 'bedeuten' (entfernt ver­ gleichbar V 5, 2,19): vgl. etwa Plato Phaidon 60 Ε 2.

IV 8, 1-2

Περί της εις τα σώματα κα&όδου της ψυχής

446

6 1, 36-40 im Phaidros: Entfiederung 246 C. 248. Umläufe 249 Α 3. Richtspruch 249 Α 6. Los 249 Β 2. Schicksal: viel­ leicht 248 C 6. Zwang: liegt im ganzen Zusammenhang, vgl. Adrasteia 248 C 2. 6 1, 39 άλλας ist nachlässig zitiert, αϊ δέ άλλαι Phaidros 249 Α 5; in Plotins Referat entsteht der falsche Eindruck, als würde nur ein Teil der Seelen dem Gericht unterworfen. 7 1, 41-46 im Timaios: seliger Gott 34 Β 8. Schöpfer in seiner Güte: 29 Ε 1. Geistbegabt usw.: 30 B. Ferner 48 alle Arten von Wesen: 39 Ε. 7 i , 47 έπέμφθη, 48 τέλειον: vgl. πέμπεσθαι τάς ψυχάς υπό θεών, ferner εις τελέωσιν του παντός Lehre der Platoniker um Tauros (Jamblich bei Stob. I S. 378, 26 W). 8 Der Übergang von der Einzelseele zur Seele überhaupt und ihrer κοινωνία προς τα σώματα wieder wie bei Jamblich (Stob. I 379, 12, dies Exzerpt schließt, wenigstens gedanklich, eng ans vorige an). Mit 2, 3 ψυχής δλως ist die *Gesamtseele' gemeint, und d. h. in erster Linie die Weltseele; daher folgt gleich der Kosmos. 8 2, 3 έφάπτεσθαι. . . ζητήσαι: der Infinitiv ungewöhnlich (normal wäre ζητήσεως), offenbar nach Analogie von έπιχειρεΐν. 8 2, 5 unnötig, Schwyzer, Rhein. Museum 90, 228. 8 2, 7 ορθώς: III 2,12, 9 (das widerlegt die Eingriffe von Gollwitzer, Beiträge 31). Die Parallele bekräftigt zugleich, daß ποιητής der Weltschöpfer ist. 8 2, 7 Die Ausführungen Schwyzers zu dieser schwierigen Stelle haben mich überzeugt (Rhein. Museum 90, 228 f.), ich versuche mit ihm, den überlieferten Text zu verstehen (zustimmend auch B. Marien bei Cilento). 9 2, 8 ούσαι vor ϊσως schlecht bezeugt (nur in den Hss. AE); vgl. Schwyzer 228. 9 2,11 zurückfallen: vgl. 2, 3.

447

Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt

6, 6-13

9 2,13 όχλώδους klassisches Griechisch, wahrscheinlich aus Plato. 9 2,13-14 E s wird Plato Timaios 33 Α paraphrasiert (dort auch προσπίπτειν). 9 2,13-15 δεομένων - συνεχόμενων - δεομένων: der R e i m ist Stilmittel, d e m zu Liebe die Wortwiederholung. Vgl. zu 29 5, 28. 10 D i e Timaios-Paraphrase geht weiter; 33 A - 3 4 Β (τέλειοι 34 Β 2. αυταρκες 33 D 2. ουδέν γαρ άπεισιν ουδέ πρόσεισι 33 C 6). - D i e platonische Lehre v o m Weltleib weiter entwickelt 15, 14; stärker differenziert 47, 27 ff. 10 2, 17 κελεύσματος: II 9, 7, 28 κελεύσασα. 18 ώς πέφυκε ψυχή έθέλειν: ebenda 32 δπου ήθέλησεν έξ αρχής αυτής ή φύσις. 11 D a s Phaidros-Zitat (246 C), das dann v o n Plotin para­ phrasiert wird, ist eine in die Timaios-Exegese gestellte er­ läuternde Parallele. 12 2, 26 του εύ . . . και του είναι zu Unrecht angetastet; in d e m ganz parallelen Gedankengang 27, 53 steht τφ είναι και τω καλφ. 12 2, 29 επιστασία: 27, 53 έπιστατεΐ (dort auch επιμέλεια u n d άβλαβης). - D e r Vergleich m i t d e m Herrscher u n d die Unterscheidung zwischen oberer Befehlsstelle u n d den aus­ führenden Unterorganen liegt in breiter Durchführung vor in der Schrift v o n der W e l t 397 b 20 ff.; die Berührung ist so nahe, daß Plotin aus derselben Tradition schöpfen muß. 12 2,31 τής φύσεως άναπιμπλασα: Plato Phaidon 67 Α 5 άναπιμπλώμε des Lehrenden wie 9, 4. 47 8,10 das την Εδέαν, das die Plotinhandschriften vor έκ δέ haben, ist offenbar falsch wiederholt aus 8f. (so Henry, fitats 139). 47 8,10 τούσδε besser und kräftiger als Kyrills vulgäres τούτους. 48-49 Die Art der Parmenides-Kritik ist traditionell, Plotin zitiert ja geradezu (22 αίτίαν είχεν), womit er doch wohl Aristoteles meint, etwa die Parmenides-Kritik Physik I 2-3. 48 8,18 Bei richtiger Interpunktion erweist sich das δέ vor λέγει als gut und richtig.

V1, 9-10

Περί των τριών αρχικών υποστάσεων

506

50 9, lf. Anaxagoras: die drei Prädikate des Geistes άπλοΰν, άμιγη, καθαρόν werden dem Anaxagoras auch zuge­ schrieben Aristoteles, Von der Seele 405 a 15; dem Sinn nach findet man sie wieder in dem wörtlichen Fragment Β 12. 50 9, 4 Der überlieferte Satz scheint mir unverständlich. 519,7 ύστερον entspricht dem πρότερον 8,15 und heißt also: später als Plato. 51-53 Die Kritik an Aristoteles ist eine sehr selbständige, auf genauem Studium des Λ der Metaphysik beruhende, an Theophrasts Kritik anknüpfende Leistung, die übrigens ins Schwarze trifft: W. Jaeger, Aristoteles 376ff. 51 9,12 έχων Α Ε : έχον die übrigen Handschriften. Dies verteidigt Schwyzer, Rhein. Museum 86, 1937, 377. Er scheint zu übersehen, daß es sich um eine Wiedergabe von Aristotelesworten handelt (1074 a 16-17): Aristoteles selbst nimmt ausdrücklich keine Notwendigkeit in Anspruch, also wäre 'als Notwendigkeit setzend' geradezu unrichtig. Plotin macht diesen Fehler nicht, das beweist in der folgenden Zeile εί και ευλόγως: erst hier, und hier als etwas Neues, wird auch die Wahrscheinlichkeit bestritten (so schon Jaeger und nun Cilento). Also έχων notwendig. 52 9, 21 άστρα: die erste, die Fixsternsphäre, ist voll von Sternen, die andern haben je einen (oder mehrere zusammen einen) Stern. Klarer wäre das, wenn άστρον da­ stände, doch gibt auch άστρα diesen Sinn wohl her. 53 9, 2d συνέσονται, 25 ομονοήσει: beide Verben müssen den gleichen Numerus haben (daher όμονοήσουσιν Vitringa); aber es kann, da ein Neutrum Pluralis Subjekt ist, so gut der Singular wie der Plural sein. Nun ist συνέσονται schwach und schief, die Sphären s i n d ja gar nicht zusammen, sondern sie w i r k e n zusammen, συνεργήσει wird dann gut plotinisch erläutert mit προς Ιν έργον usw. - Eine andere Lösung unteriiimmt Cilento: ομονοήσει wäre Substantiv - das Wort ist freilich nicht belegt (auch von Schwyzer R E . Plotinos 525 nicht unter die plotinischen Neubildungen aufgenommen),

507

Die drei ursprünglichen Wesenheiten

10, 50-57

es steht eben ομόνοια zur Verfügung. Schwerer wiegt, daß mit diesem angenommenen Dativ der Satz nicht stehen würde. 53 9, 26 f. Das letzte Argument verwendet einen selbstkritischen Gedanken des Aristoteles selber (1074 a 31 ff.), wie Jaeger 377 gezeigt hat. 54 In dieser merkwürdigen Zusammenfassung bleibt noch manches ungeklärt. 54 9, 29 Φερεκύδης ν . Wilamowitz (bei Diels, Vorsokratiker6 7 Α 7 a), sinngemäß und wirklich zu fordern - aber der ganze Zusatz ist m. E. mit Müller zu streichen. Nur der Name des Pythagoras darf hier neu auftauchen, an ihn soll alles angeknüpft werden. Auch wäre Pherekydes, der als Lehrer des Pythagoras galt - gewiß war er, wie Cilento sagt, im Plotinkreis bekannt - , vor ihm zu nennen gewesen. 55 10, 5 έν τη φύσει im Gegensatz zu έν ήμΐν Plato Phaidon 103 Β 5. 55 10,10 Plato: seit Creuzer werden hier eine Menge von Stellen zitiert, anscheinend fehlt aber die richtige, Staat 589 Α ό εντός άνθρωπος (sie führt an Schwyzer, RE Plotinos 550, 68). Vgl. Theol. Wörterbuch zum NT. I S. 366 (J. Jeremias). Siehe oben zu 1, 14. 56 Zur Sache vgl. 2, 64f. 6, 40. 57 10,19 f. Als Akkusative aufgefaßt (zu ergänzen λογιεϊται) Härder1; ich ziehe das auch heute noch der Auffassung als Nominative (zu ergänzen Ισται) vor, da diese allzu tautologisch würde. Sachlich wären beide Auffassungen möglich (vgl. die ausführliche Behandlung 27, 99-113). 57 10, 21 auch noch außen: Plato Tim. 34 B, oft von Plotin zitiert. 57 10, 23 Aus ϊτι κρυπτών, was einhellig überliefert ist, machte Vitringa άνακύπτειν und brachte so eine Beziehung auf Phaidros 249 C in den Text (auf den Phaidros bezogen die Stelle auch schon Ficin und Bouillet). Indessen ist άνα­ κύπτειν έπ* άκρα schon sprachlich höchst bedenklich. Halten

V1, 10-12

Περί τών τριών αρχικών υποστάσεων

508

wir uns an das einhellig Überlieferte: έφ* ημών steht (wie in diesem ganzen Abschnitt) in Gegensatz zu 22 επί του παντός. Beim Kosmos reicht die Seele über den Leib hinaus; beim Menschen (ist sie) έπ'άκρα τη κεφαλή (angesiedelt) - also nicht Phaidros, sondern Timaios 90 A. Beide Timaioszitate wie hier nebeneinander behandelt 27, 113. 1 1 7 . - Bleibt noch das verderbte ϊτι κρυπτών, das einfach um einen Strich zu ver­ mehren ist: έπικρύπτων, von der andeutenden, insbesondere der allegorischen Redeweise 13, 5. Porphyr, Leben Plotins 15, 3. Plotin schreibt ja Plato immer wieder allerhand An­ deutungen zu. 58 10, 25 τούτο - εστίν strich Härder1. Erneute Erwägung zeigt aber, daß 27 καΐ τό λοιπόν eigentlich dies τοΰτο vor­ aussetzt. Der Gedanke ist gewiß nicht ganz scharf, das muß aber geduldet werden. 59 11, 5 Ficins besser mit Schwyzer, Rhein. Museum 86, 376 nach τόν einzufügen, δει Härder1. - Zur Sache 49, 18-22. 53, 43. 60 11, 9 μέν βντος (nicht μένοντα): er bleibt nicht im Raum, sondern ist im Raum. Das Anakoluth des Kasus geläufig. 60 11,10-13 Das Bild vom Kreismittelpunkt, vorbereitet schon 2, 30, metaphysisch gewendet dann 4, 3 und öfter. 60 27,14 ol: ώ? 61 12, 5 άεικίνητον: im gleichen Zusammenhang άεΐ κινού­ μενης . . . ψυχής 27, 158. Die Seele ist ständigt bewegt, d. h. ständig in geistiger Verwirklichung. Das ist geradezu ihr Hauptmerkmal; ούτως interpretiert, es wird Phaidros 245 C zitiert. 62 Über das Unbewußte vgl. zu 6, 40-41. 62 12,10 ζών ist richtige Konjektur Ficins, vgl. Schwyzer· Rhein. Museum 86, 376. 63 Bei dem Bild von dem Hören nur des einen Klanges wirkt letzten Endes der Schluß von Piatos Kriton (54 D) nach.

509

Entstehung und Ordnung der Dinge nach dem Ersten

11

11 Entstehung und Ordnung der Dinge nach dem Ersten V 2 Περί γενέσεως και τάξεως των μετά το πρώτον Dies kurze Blatt ist kein Fragment (wie die Notizen der Schrift 13,), sondern eine Kurzdarstellung des plotinischen Stufenbaus, mit schönen und vdchtigen Formulierungen; sie hat einen richtigen Anfang und ein, freilich abbrechendes, Ende, Der Fortgang der Skizze leidet nur darunter, daß sich immer wieder die Probleme der Pflanzenseele vordrängen (zur Sache Armstrong, Architecture 85), die dann schließlich auf eine neue Untersuchung (15) verschoben werden. 1 Das Eine ist keines von den Dingen, 2 daher kann alles aus ihm stammen, es erzeugt aus Überfülle das andere. 3 So entstand der Geist, der mit dem Seienden identisch ist. 4 Dieser bringt die Seele hervor; 5 und sie schreitet hinab bis zur Tier- und Pflanzenseele. 6 Auch die Pflanzenseele bleibt mit dem Geist verknüpft. 7 Der Werdeprozeß des Alls läßt jede Stufe auf sich verharren, jede Stufe gleicht sich dem Unteren an, dem sie sich hingibt. 8-11 Die Probleme der Pflanzenseele. 12 Alle Stufen genießen die Dargabe des Einen, ohne ihre Unterschiedenheit zu verlieren. 13 Die Frage der Pflanzenseele soll anderweitig untersucht werden.

\ 1,2 έκείνως ist überliefert, das wird noch besonders bezeugt durch die Übersetzung dieses Satzes durch Marius Victorinus gegen Arius IV 22; denn daß der Rhetor und späte Konvertit hier unsere Plotinstelle wörtlich übersetzt, hat Henry erwiesen und die Übersetzung sorgfältig analysiert (Plotin et Toccident 48-54). Es besteht aber kein Grund, deswegen die Zuverlässigkeit der direkten Plotinüberlieferung zu preisen; erwiesen ist damit nur das Alter dieser Lesart, keineswegs ihre Richtigkeit. Henry selber verkennt

V 2,1

Περί γενέσεως και τάξεως των μετά το πρώτον

510

nicht ihre Schwierigkeit, auch Brohier hat ihm (brieflich) Bedenken erhoben, und H. hat sich schließlich in den ingeniösen Einfall von Theiler gerettet (ebenfalls brieflich, vgl. a. O. 52 Anm. 2), έκείνως sei zu verstehen „du mode d'etre transcendant de l'Un", worauf Henry den Satz übersetzt „mais il est d'une maniere transcendant e t out es choses"; ihm folgt Cilento „in una maniera trascendente". Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was das bedeuten soll, Henry selber bemerkt treffend (50), daß £v πάντα die Formel nicht für das Eine, sondern für die zweite Stufe ist, für den Geist, τδ Sv πάντα - so beginnt die Schrift, aber es wird sofort zurückgenommen: καΐ ουδέ lv, und gleich heißt es ου πάντα - und da soll nochmals mit einer lahmen Transzendenz zur ersten These zurückgekehrt werden ? ού πάντα, άλλα . . . πάντα: das zweite πάντα muß nach der Gewichtsverteilung Subjekt sein, nicht Prädikatsnomen, und es ist dann ja gleich Subjekt für άνέδραμε. So ergibt die Diagnose (die sich nicht beweisen, aber mit dem Gefühl für Plotins Sprachklang erhorchen läßt), daß έκείνως korrupt ist. Nun ist dieser Ausspruch Plotins glücklicherweise nicht isoliert. Wir haben zwei nahe Parallelen, VI 7, 32,13 und III 8, 9, 40. VI 7, 32 3 ποικίλοις 5 μηδέ εν 12 ουδέν των βντων 12 και πάντα

14 πάντα δέ, δτι έξ αύτοΰ

Υ 2,1 4 ποικιλίας 3 άπλοΰ 1 ουδέ εν

III 8, 8 43 άπλούστερον 41 ουδέ τι των πάν­ των

1 τό £ν πάντα 1 αρχή γάρ πάντων 39 ού γάρ αρχή τα πάντα ού πάντα 2 άλλ' έκείνως πάντα 40 αλλ' έξ αρχής τα πάντα

Die Nebeneinanderstellung beweist, daß in allen drei Fällen der gleiche Zusammenhang vorliegt. Daher drängt alles darauf hin, daß statt έκείνως dem Sinne nach έξ εκείνου

511

Entstehung und Ordnung der Dinge nach dem Ersten 11,1-3

zu fordern ist (έξ αύτοΰ VI 7, 32,14. έξ άρχης III 8, 9, 40). Außer diesen Parallelen weist auch die Fortsetzung unserer Stelle auf das gleiche hin: 3 έξ άπλοΰ ενός setzt voraus, daß vorher schon von dem έκ-Motiv die Rede war. Diese kon­ sequente Forderung von Heintz liegt Härder 1 zugrunde. Sie ist paläographisch unbequem, und nactudem Nachweis des hohen Alters der Lesart έκείνως füge ich ihr jetzt ein Fragezeichen zu - aber in Ordnung ist die Überlieferung nicht. Alt ist nicht gleich gut, und die ältesten Korruptelen pflegen die schwersten zu sein. 2, 2 οίον άνέδραμε: ένέδραμε wird verteidigt von Henry a. O. 50f. Seine Berufung auf den Übersetzer Victorinus wird nur zögernd vorgetragen und ist in Wirklichkeit nichtig (hier folgt auch Cilento nicht). Abgesehen davon soll nach H . hier das Wort den Sinn von „se trouver" haben, es soll nichts sein als ein ,synonyme plus expressif de ίστιν". Ci­ lento übersetzt vermittelnd 'trovarsi come dopo una corsa* damit gibt er wenigstens dem οίον seinen Sinn zurück, έντρέχω ist bei Plotin nicht nachgewiesen; dagegen ist άναδραμεΐν jedem Plotinleser vertraut. Das ist natürlich nicht entscheidend; wohl aber entscheidet der unbefriedigende Sinn gegen die Überlieferung und für Kkchhoffs einfache Verbesserung. Man darf aber dem WorCnicht wie Härder 1 die Anschaulichkeit nehmen, sonst wird die Korrektur μάλλον δέ unverständlich. 2 1, 4 έν ταύτφ ist sprachlich unbefriedigend und sachlich bedenklich, denn die Kategorie der Identität gehört zur Stufe des Geistes (17, 1) und ist streng genommen dem Einen nicht zuzuschreiben (9, 48). Nicht Identität, sondern Einfachheit ist das Thema (auch έν τούτω wäre möglich). 2 2, 4 διπλόη: hier wohl nicht im Sinne des Denkaktes wie 9, 14, sondern im weitesten Sinn; 'patchiness' Liddell-ScottJones richtig. 2 2, 6 αυτός mit Recht von Cilento verteidigt. 3 2,10 Das zweite αυτό und 12 αυτό wurde in den älteren Ausgaben mit Spiritus asper gelesen; diese Akzentuierung

V 2, 1-2

Περί γενέσεως χαΐ τάξεως των μετά το πρώτον

512

verteidigt von Arnou und Cilento. Überlieferung gibt es in diesen Dingen nicht, entscheidend ist nur der Sinn. Nun ist der Gedanke, daß der Geist entsteht, indem er auf sich s e l b e r blickt, selbstverständlich ebenfalls gut plotinisch. So ist die Entscheidung nicht leicht, sie muß sich am feineren Zusammenhang dieser Stelle orientieren. Es soll hier die Identität von Geist und Seiendem dargelegt werden, das eine entsteht aus «Hinstellen', das andere durch 'Blicken'; das Hinstehen hat aber eben das Blicken zum Zweck (13), beide sind identisch. Der Gegensatz liegt also in der Art des Sichhinwendens zum Einen; wäre auch das Objekt der Hinwendung verschieden, so müßte das, wenn ich recht sehe, den Zusammenhang zerstören. Ich bin in dieser Lesung in Ülbereinstinimung mit Brohier (Notice 311). 1,11 οΰτος ist ausgezeichnet, der Satz entspricht ganz dem καΐ αύτη . . . ψυχή 16 f. 4 1,14 τα δμοια ποιεί bringt seinesgleichen hervor Härder1 (so auch Bouillet, Müller, Cilento), kaum richtig (besser Brohier). ποιεΐν heißt keineswegs nur hervorbringen, es kann fast wie πράττειν gebraucht werden (vgl. zu 3, 4); dann wird auch der Plural τα δμοια besser verständlich. 4 1,15 είδος ist nicht einfach gleich εϊδωλον (wie 18); es heißt (außer 'Idee' und ^Form') bei Plotin auch 'sichtbare Gestalt» (II 8,1, 38. 51, vgl. I 6, 7) 20). 4 1,15-16 Härder1 folgte der Konjektur von Kirchhoff το πρό statt αυτό, die aber wenig glücklich ist. Jetzt bediene ich mich provisorisch eines Vorschlags von Heintz (αυτό αύ­ τοΰ πρότερον. Sleeman liest αυτό αύτοΰ πρ.)· Die Überlieferung müßte heißen 'so wie es (das Eine) von sich früher (ein Bild) ausgeschüttet hatte' - es ist wohl kaum denkbar, daß αύτοΰ zwei Wörter vorher den Geist bezeichnet und jetzt plötzlich das Eine. Mir scheint die Stelle ungeheilt. 5-6 Diese Darlegungen werden in der Schrift 15, die unten in Paragraph 13 angekündigt wird, gleich zu Anfang zitiert.

613

Entstehung und Ordnung der Dinge nach dem Ersten 11, 4-9

5 1, 20-21 τήν έν τοις φυτοΐς tilgte Härder 1 , es ist aber doch wohl Selbstglossierung Plotins. 6 1, 22 Daß die Seele des M e n s c h e n bis zu den Pflanzen herabgeht, ist ein Unding. Auch ist hier überall nicht von der menschlichen, sondern von der Gesamtseele die Rede. So ist Brohiers Streichung von ανθρώπου wohlbegründet, άνθρωπου als ανου gelesen, ergibt die Heilung (vgl. 25 κάτω). 6 1, 24 γινομένη: zum Präsens vgl. 2, 5. 6 1, 27 έπεί καΐ leitet eine begründende Parallele ein. Begründet wird das ού μήν πάσα 24: so wie das untere Vermögen der Seele, indem es zu den Pflanzen herabschreitet, ihr oberes Vermögen nicht mit sich hinabzieht, ebenso läßt das obere Seelenvermögen seinerseits den Geist bei sich selber verharrend (Cilentos Übersetzung „che e in essa" verstehe ich nicht; έφ' έαυτοΰ muß doch zu μένειν gehören). 7 2, 4 έπίσπηται: man darf hier nicht an die höhere Stufe denken, in deren Gefolge man ist (wie in Plato Phaidr. 246 E), das würde den Zusammenhang zerstören, sondern έφέπομαι ist zu verstehen wie έπακολουθεΐν an der verwandten Stelle III4, 2,14, es handelt sich um die Beschäftigung mit den niederen Stufen. Richtig Bouillet „ä la chose ä laquelle il s'attache". 8 2, 8-9 έν λογικω ή κίνησις ή Härder 1 mit den Früheren. Indessen ist nicht zu begreifen, was zu der Scheidung von λογικόν und νους den Anlaß gegeben haben soll. Ich glaube das jetzt durch einfache Interpunktions- undAkzentuierungsänderung bereinigen zu können. Der Mensch ist nicht das einzige λογικόν ζψον (sondern das ζφον λογικόν θνητόν), da sind auch noch die höheren Wesen. Das Umspringen von εις zu έν erklärt sich leicht aus dem έν 5 und 7, Und ή κίνησις ή άπό νου steht parallel mit 7 ή του αίσθάνεσθαι δύναμις und hat noch ήγαγεν zum Prädikat. 9 Das Kappen der Schößlinge oder das Ausroden mit Axt und Feuer, das sind die üblichen Verfahrensweisen mit dem Baum im Niederwald, vgl. J . Trier, Holz, Etymologien aus dem Niederwald, 1952.

II 2

Περί των δύο υλών

514

9 2,15 Ficins Lesimg έλθούση sieht doch mehr nach einem Notbehelf aus. Da mit άλλα κάν zweifellos etwas Neues be­ ginnt, denke ich am ehesten an eine Lücke hinter ψυχή, in der etwa gestanden haben könnte . 10 2, 16 εί δέ μή - 17 στενοχωρείται: das Stück ist innerhalb dieses schwer verständlichen Zusammenhanges ein Fremdkörper, wenn man es auch an sich nicht gerade als unplotinisch bezeichnen kann. Für die Maßnahme einer Streichung ist aber die ganze Umgebung zu unsicher. 12 2, 27 οίον ζωή μακρά: Lebenslauf Härder 1 , wie die Früheren (soweit sie klar sprechen). Natürlich müßte das eigentlich βίος heißen, wenn man es von der zeitlichen Erstreckung verstehen will. Ferner fühlt man sich doch sehr erinnert an das große Lebens-Netz 27, 54 und an den Weltbaum 30, 71 (ζωήν φυτοΰ μεγίστου); so erwägt man, ob nicht hier mehr an den Lebensträger gedacht ist, das ζωον, und 28 εφεξής nicht eher räumlich als zeitlich zu verstehen ist. 13 Wieder Rückgriff auf die Pflanzenseele, die nun endlich einer neuen Erörterung vorbehalten wird. Sie findet statt in der Schrift 15, die also im Zeitpunkt der Schrift 11 schon geplant vorliegt.

12 Die beiden Materien / / 4 Περί των δύο υλών Wieder eine schulmäßige Schrift, die sich in traditionellem Kollegstil mit gegnerischen Meinungen auseinandersetzt. Mit den Schriften 3, 17 und 25 hat sie gemeinsam, daß sie nicht eigentlich die inneren Angelegenheiten des Piatonismus behandelt, schon die Themastellung rührt von Peripatos und Stoa her.

515

Die beiden Materien

12

Doch wird, mit 3 verglichen, der Ton hier persönlicher, durchgreifender, beteiligter. (Der Raum des Interesses an der Materie ist gespannt zwischen 6, 34 und 26, 49 ff.) Die eigene Position wird nicht nur locker angedeutet, sie blickt deutlicher durch das traditionelle Gewebe der Argumentationen. So läßt sich Plotin sofort von dem Problem der intelligiblen Materie fesseln, dessen ausführliche Behandlung eigentlich den konventionellen Aufbau sprengt; sie führt in Kernprobleme reiner Metaphysik hinein (15/16). An der Materie der Körper interessieren vor allem zwei Dinge: einmal daß sie nicht diskursiv erfaßbar ist, sondern nur im Einswerden (30/35); sodann ihr Zusammenfallen mit der radikalen Privation, wodurch sie eindeutig auf die Seite des Bösen gerückt wird (53/66). Im übrigen sehen wir einen Geländekundigen sich in jenem Bereich bewegen, der von Aristoteles, dem eigentlichen Vollstrecker des platonischen Materiegedankens, ausgebaut, von den Stoikern ausgebeutet wurde; ein mehr oder weniger feingesponnenes Weiterziehen alter Gedanken, die oft sehr genau zugespitzt sind, aber doch nicht mehr die Frische und den Reichtum haben, die Aristoteles ihnen gegeben hatte. - Zur Sache vgl. Ph. Merlan, From Platonism to Neoplatonism, Den Haag 1953, 114 ff.

1 Die Materie ist Unterlage und Aufnahmeort der Formen. 2 Nach den einen (den Stoikern) ist die Materie Substanz und körperlich, 3 nach den anderen (Aristoteles) unkörperlich. Von diesen nehmen einige neben der Materie der körperlichen noch eine zweite der geistigen Dinge an. (I) Zuerst eine Untersuchung über die Frage dieser zweiten Materie. 4 Vier Einwände gegen ihre Existenz: (a) in der geistigen Welt gibt es nichts Unbestimmtes; (b) die geistigen Dinge sind einfach, nicht zusammengesetzt; (c) die geistigen Dinge sind unveränderlich, bedürfen also keiner Wandlungsunterlage; (d) die Entstehung der intellegiblen Materie wäre unerklärbar, aber sie kann auch nicht ewig sein. Widerlegung dieser Einwände a) 5 Das Unbestimmte ist nicht überall minderwertig; b) 6 die Zusammengesetztheit

II 4

Περί των δυο υλών

516

der geistigen Dinge versteht sich in einem andern Sinn als die der sinnlichen; c) 7 die intellegible Materie ist nicht wandelbar; d) die Frage nach ihrer Existenz wird verscho­ ben (s. 15). 8 Die Vielheit der Ideen setzt Unterschiede unter ihnen, die an einem Gemeinsamen hervortreten müssen, und das ist die intellegible Materie. 9 Als Modell des irdischen muß der intellegible Kosmos Materie und Form enthalten. 10 Es gibt auch im Intellegiblen eine Teilbarkeit, eine Teilung, die nicht teilt, und das Eine, das Alles in sich enthält, ist selber unbestimmt. 11/14 Dies Unbestimmte ist nicht identisch mit dem Einen, sondern sein Substrat; wie denn auch die irdische Materie immer nur geformt vorkommt und erst durch Abstraktion gewonnen wird, als das Dunkel in der Tiefe der Körper. Das intellegible Dunkle nimmt freilich anders als das irdische Leben und Geist in sich auf. 15/16 Die intellegible Materie ist entstanden und zugleich unentstanden. I m vollen Sinne ewig ist sie deshalb nicht, weil sie von den übergeordneten Prinzipien abhängt. Aber sie entstand nicht in der Zeit, sondern ist ewig bedingt von der intellegiblen Andersheit. I I Die Materie der Körper. Α Beweis ihrer Existenz. 17 Die Verwandlung der Körper und insbesondere der Elemente ineinander setzt ein Bleibendes voraus, in dem sich diese Wandlung vollzieht. 18/19 Das Zugrundegehen ist nur möglich an einem Zusammengesetzten, also bestehen die zugrundegehenden Dinge außer der Form aus Materie. Das gleiche zeigt die Auflösung', der Elementenwandel. Auch die Elemente beweisen durch ihre Zusammengesetztheit das Gleiche. I I Β Das Wesen der Materie, a) 20/23 Die Lehren der Alten (Vorsokratiker). b) 24/25 Die Materie ist körperlos und größelos, 26/27 sie ist bar aller Bestimmtheiten, auch der Größe. 28/29 Denn auch die Großheit ist, wie die Wiebeschaffenheiten (Qualitäten), Gestalt und wird der Materie wie diese mitgeteilt. c) 30/35 Das denkende Erfassen dieser größelosen Materie ist schwierig. Das platonische Denken wird gedeutet

517

Die beiden Materien

12

auf die plotinische Schau, das Einswerden der Seele mit dem Gegenstand. Es setzt Abstraktion voraus; die Seele neigt dazu, die Materie irrtümlich mit den Dingen zu identifizieren. d) Einwände gegen die (größelose) Materie. 36 (A) Ohne Größe hat sie keinen Raum zum Aufnehmen; (B) die Größe stammt doch sichtlich von der Materie her. 37 (C) So wie Handlungen, Bewegungen u. dgl. eine Materie brauchen, brauchen die Elemente sie. e) Widerlegung dieser Einwände. Α 38/39 Die Materie ist nicht Masse, sondern das Erstgeeignete zur Aufnahme von Masse und Größe. 40/41 Den Eindruck von Masse erweckt die Materie dadurch, daß sie (platonisch) 'groß' und 'klein* ist, alle Möglichkeit der Ausdehnung und Zusammenziehung in sich trägt; selber aber ist sie unbestimmt. Β 42 Die Größe als solche genügt nicht zur Hervorbringung der Körper, sie ist bloßer Begriff. 43 Die Körper bedürfen zu ihrer Mischung der Materie, und freilich auch des Raumes; dieser aber ist (als Grenze der Körper) später als sie. Also bedürfen sie (zu ihrer Entstehung) der Materie, C 44 Die Handlungen bedürfen keiner Materie, bzw. der Handelnde ist ihre Materie. f) 45/47 Also gibt es die Materie als Größeloses, Qualitätsloses, mit den Sinnen nicht Erfaßbares. g) 48 Die Materie ist nicht Wiebeschaffenheit, 49 aber ist sie nicht als Privation doch, wenn auch negativ bestimmt ? 50/52 Aber dieser (aristotelische) Begriff der Privation ist unsinnig (in Bezug auf die Materie), Privation ist nicht bloß Verneinung, sondern Aufhebung aller Wiebeschaffenheit. So ist die Materie das schlechthin andere*, von allen Dingen und Bestimmtheiten unterschieden. Polemik gegen die Unterscheidung von Privation und Materie. 53/57 Aufriß des möglichen Verhältnisses der beiden Begriffe. 58/59 Das Unbegrenzte und Unbestimmte haftet der Materie nicht bloß an, sondern sie ist es selber. 60/61 Das gilt auch von der intellegiblen Materie. 62/63 Bei der Materie gibt es auch keinen (aristotelischen) Unterschied zwischen unbegrenzt und Unbegrenztsein; sie ist selber das Unbegrenzte.

/ / 4, 1-4

Περί των δύο υλών

518

64 Die Materie ist mit Andersheit und Privation identisch, soweit diese dem eigentlich Seienden entgegengesetzt sind. 65 Diese Privation, dies Unbegrenzte wird auch bei der For­ mung der Körper nicht beseitigt, sondern nur in seinem Wesen unterstrichen. 66 Trotzdem bleibt die Materie nichtseiend und böse, im Unterschied von der intellegiblen Materie.

Titel: Henry, iStats 11, hält mit Recht beide Titel für antik. Ich gebe aber, wie die früheren Editoren, dem charakteristischen Titel, wie ihn Porphyr überliefert, vor dem banalen den Vorzug. Henry-Schwyzer berufen sich auf I 8,15, 2 . . . δεικτέον αύτω έκ των περί ύλης λόγων . . . δια πλειόνων έκεΐ περί τούτου είρημένου. Gewiß ist hier unsere Schrift gemeint und ausdrücklich zitiert (έκεΐ) - nicht aber mit ihrem Titel (sie hatte wohl damals gar keinen), sondern nach ihrem In­ halt ('aus unseren Darlegungen über die Materie'). - Die genaue Untersuchung der Titel und ihrer Überlieferung ist eines der vielen Verdienste Henrys. Es darf aber darüber nicht vergessen werden, daß Plotin, wie wir positiv wissen, seinen Schriften keine Titel gab (er blieb auch hierin unliterarisch, naiv, wesentlich - mitten unter all den philosophierenden Literaturen, deren zahlreiche Geistesprodukte fein säuberlich mit Titeln, Widmungen und allem literarischen Instrumentarium versehen waren). Zweitens wissen wir positiv, daß schon vor der Ausgabe des Porphyrios im Plotinkreis die einzelnen Schriften recht verschiedene Titel führten. Wir hätten durchaus die Freiheit, neue Titel von Plotins Schriften einzuführen, so gut wie Plotins Schüler (Kirchhoff verweist konsequenterweise die überlieferten Titel in den Apparat). Wenn ich mich dieser methodisch gegebenen Freiheit nicht bediene, so geschieht das lediglich aus praktischen Gründen. 2=SVFII320. 2 1,9 die Materie Substanz: SVF I I 307. 316. Freilich ist diese Lehre auch schon aristotelisch, Metaphysik Η 1. Phy­ sik Α 9. - Vgl. unten 14.

519

Die beiden Materien

12, 2-8

2 1,12 der Qott bestimmt befindliche Materie: 42, 221. 2 1,12 [αυτών]: 'ihr* Gott wäre an sich möglich, aber dann könnte stilistisch nicht mehr ταύτην folgen. 2 1, 13 αυτήν: wenn mit αυτό auf σώμα zurückgegriffen würde, so würde καΐ μέγεθος δέ (διδόασιν αύτώ) schlecht. 3 2, 2 Der Zusatz der Klasse y καΐ πώς ούσα τυγχάνει ergäbe (da ούσα τυγχάνει soviel wie εστίν ist) eine bare Tautologie; der Schreiber ist einfach abgeirrt. Plotins Trichotomie da­ gegen ist von vollendeter Präzision: 1. die Existenz, 2. die Definition, 3. die Möglichkeit der Existenz. 4 Dies Stück ist aus dem Geist eines Gegners geschrieben und wird 5-7 widerlegt; lebhafter wird dies Wechselgespräch zwischen These und Antithese 36-44. Es ist das nicht eigentlich ein Dialog (Gnomon 1928, 649 f.), auch die hernach verworfene These wird im eigenen Namen aufgestellt. Dies probeweise Einnehmen möglicher Standpunkte ist eine echt philosophische und echt griechische Haltung. 6/7 Mit άλλου, καΐ 3, 8 und αεί. έκεϊ 3, 13 folgen HenrySchwyzer mit Recht der Interpunktion von Gollwitzer. 7 3, 9 Die Konjektur τε nehme ich zurück. 7 3,14 /. Mit ουδέ έκεϊ lassen sich die Worte retten, ούτε finde ich nicht erträglich. % 4,2 an anderer Stelle: 5, 9 ff. Ein rein literarisches Zitat, die Schrift 5 lief also als Schrift im Hörerkreis um. 8 4, 6 έστι, das ich in έσται ändern wollte, läßt sich halten, zumal nachdem sich herausgestellt hat, daß das folgende καΐ nicht überliefert ist; ohne καΐ ist die Fügung lockerer und das Präsens duldbar. 8 4, 7 Meine Konjektur το άεΐ ύποκείμενον ist unnötig, es handelt sich um ein Hyperbaton von ähnlicher Art wie ούκ έξ ουσίας statt έξ ούκ ουσίας.

IJ 4, 4-7

Περί των δύο υλών

520

10 4,16 [τό ποικίλον]: 'dies eine, das vielfältige, denke dir (nicht nur) vielfältig, (sondern auch) vielgestaltig*, müßte die Überlieferung bedeuten. Zu solcher gekünstelten Deutung ist aber die Bedeutung von πολύμορφον nicht eindeutig und der Unterschied zu ποικίλον nicht klar genug; gleich in 17 ist der Gegensatz zu άμορφον nicht πολύμορφον, sondern ποικίλον. 10 4,16 νόησον bei schwierigen Vorstellungen wie III 8, 10, 15. Freie Anrede, nicht eigentlich dialogisch. Als eigent­ liche Anrede dagegen häufig bei den Hermetikern (ζ. Β. 5, 3 S. 61, 9 Nock). 11 5,1 das Eine Härder1 falsch; ersichtlich wird auf die Debatte in 7 zurückgegriffen (5, 1 ίχει - 3,10 ϊσχει). Dann kann man auch versuchen, mit Henry- Schwyzer 5, 2 εκείνο zu halten, so viel auch für έκεΐ spricht. 12 5, 8 [λόγος]: ich hatte vermutet και ό λόγος νους, die Streichung ist aber besser (als Wiederholung aus dem gleich Vorhergehenden). Ohne Änderung komme ich nicht durch. 12 5,10 βαλών intakt, vgl. zu 1, 9 und III 8,10, 32. 13 5,14 δσω gegen w und die Editoren mit Recht Henry Schwyzer. 13 5,15 f. Statt der vulgaten Erfindung τό ώρισμένον αυτή bringen Henry-Schwyzer τό όρίζον αυτήν aus der Überlieferung zu Ehren. 14 5, 20 die Lehre, die Materie sei Substanz: stoisch, vgl. oben 2. 14 5, 23 Die Feminina νοούμενη καΐ δλη οδσα sind täuschend, sie beziehen sich nicht auf 22 ουσία, sondern sachlich auf 22 ύποκείμενον, und grammatisch, darüber hinweg, auf 21 ΰλην. 14 5, 23 πεφωτισμένη ουσία: so ist der Geist nach 24, 17 πεφωτισμένον (besser -ος) έν τη αύτοΰ ουσία. 15-16 Andersheit und Bewegung: Ableitung dieser platonisch-plotinischen Grundprinzipien 10, 26.

521

Die beiden Materien

12, 10-22

16 5, 34 sie war das 'Andere*: diesen Sinn bringt Burys Konjektur καθό (statt καΐ τό) in den Text hinein. Daß το έτερον nicht Subjekt sein kann, empfindet er richtig. Aber man braucht nicht zu ändern, τό έτερον ist Prädikatsnomen und durch καΐ mit αόριστον verbunden. Schwierig ist nur das και vor ή ΰλη, doch läßt es sich als 'auch' verstehen und halten. 16 5, 37 ούκ έχει άεί: zum Ausdruck vgl. zu 3, 8 (2, 9) (das beseitigt wohl den Anstoß, den man genommen hat). 17 5, 38 /. πλείω των προσηκόντων παραγυμνωθ-έντα: eine ge­ läufige Schriftstellerwendung (παραγ. seit Herodot, vgl. IV 8, 1, 20; προσηκ. Ι 8, 2, 2). Man darf nichts Mystisches dahinter suchen; der Rahmen ist überschritten, die Behandlung der intellegiblen Materie sollte eigentlich Vorerörterung (2,1 πρότερον) sein und hat sich zu einem Hauptstück ausgewachsen. 18 6,12 das Gold in Wasser: 40, 48. 20-23 gibt im traditionellen, zuletzt aristotelischen Stil eine Doxographie über die Materie; und zwar werden nur Vorsokratiker behandelt, Empedokles und die Atomisten (23) mehr im Vorbeigehen, Anaxagoras (20) und Anaximander (22) eingehender. Der Geist ist peripatetisch, auf nahe Beziehungen zu Metaphysik Λ 2 weist Brohier hin. 21 7f 8 Der Plural αύτοΐς belegt, daß vorher zwei Dinge genannt waren; also Komma vor άλλου. 21 7, 11 άποίω οΰση: die Überlieferung erfolgreich von Henry-Schwyzer verteidigt. 22 Anaximander setzt wie Plotin das άπειρον (angeblich) als Materie an. Wenn trotzdem gegen ihn polemisiert wird, so ergibt sich das aus der Abstempelung seines Unendlichen als eines Körperlichen. 22 7, 14 f. άπειρον ώς άδιεξίτητον: Aristoteles Physik Γ 7, 207 b 29 τό άπειρον . . . ώς άδιεξίτητον. Vgl. Plotin 9, 40.

IT 4, 7-10

Περί των δύο υλών

522

22 7,17 /. dann auch sein Teil: Argument des Aristoteles, Physik Γ 5, 204 a 20-27. 23 Die Atomlehre wird wieder, wie 3, 12 nebenher, und mit traditionellen Argumenten abgefertigt. 23 7, 23 καΐ το gerettet und damit die Herstellung des gan­ zen Zusammenhanges angebahnt von Henry- Sehwyzer (so auch Heintz). 23 7, 24 τε zeigt, daß man hier nicht mit Henry- Schwyzer eine Parenthese einsetzen lassen darf; es beginnt ein neues Argument. Damit bleibt das Vorhergehende ohne Verbum. Wie so oft. 24 8,1 /. bezeichnet wird: nämlich von den Stoikern (Brohier, Notice S. 50. Henry, ß t a t s S. 109 zu Z. 14). 24 8, 7 Henry-Schwyzer dulden nebeneinander die Tautologie αύτη und τη αύτης φύσει, was ich nicht für denkbar halte, αύτη ist als Glossem zu τη αυτής φύσει zu begreifen (vgl. 14), also das zu Tilgende (Müllers umgekehrtes Verfahren hat zu Unrecht Nachfolge gefunden). 25 8,12 μεγεθύνομαι anscheinend von Plotin in dieser Be­ deutung neu geprägt (vgl. 10, 24. 12, 7), in Anlehnung an das aristotelische σχηματίζομαι. Der Fall ist wohl Schwyzers Liste R E Plotinos 525 f. hinzuzufügen. 25 8,14 έρημος: der bildliche Ausdruck scheint wieder eine plotinische Prägung zu sein; vgl. Plato Timaios 66 Ε 8. 26 8,15 [καΐ μορφήν]: die Streichung stellt einen echt plotinischen'Satz und Gedanken her. Das Emblem (verteidigt auch von Cilento) ist falsche Wiederholung von 14 καΐ ό μορ­ φήν, die Fehlerquelle ähnlich wie 5, 8. 26 8,16 προφέρων lesen Henry-Schwyzer mit xyQ, offenbar wegen der reicheren Bezeugung; προσφέρων w und die Aus­ gaben seit Creuzer. προφέρων heißt c an den Tag bringen', 'hervorholen* (vgl. außer den Stellen in Brohiers Index vor allem III 8, 6, 22 προφέρει καΐ προχειρίζεται). Diese Vorstellung liegt hier fern, gerade der Begriff der Hinzufügung ist dagegen ent-

523

Die beiden Materien

12, 22-31

scheidend (15άλλην. 23 &πεισι. 23f. (προσ^) έπ' αυτήν φέρον. 28 άλλο έπάγειν. 29 προστιθέναι. 9, 12 προσελθοΰσα). Über den Text entscheidet auch hier der Sinn und nicht die Variantenstatistik. 26 8,18 daß aber sein Wille: diese These muß stoisch sein, und der Satz ist unter die Stoikerfragmente aufzunehmen (ich finde in Arnims Sammlung nichts ähnliches). Wenn wir es hier auch überall mit einer vergröberten Stoa zu tun haben, so ist doch der Satz, daß der Schöpfergott sich nach der Größe der Materie richtet, stoisch gut verständlich, da er ja selber den Stoff körperlich durchdringt. 26 8, 20 Das πάντη findet seine Parallele in εις άπαντα 21, gehört also in den Hauptsatz, wohin es Kirchhoff gerückt hat. Henry- Sehwyzer behalten das überlieferte ή πάντη b e i es müßte dann den Sinn von όπηοΰν haben, was ich nicht glauben kann. 27 8, 28 Die in der Überlieferung fehlende Satzverbindung scheint mir unentbehrlich (da hilft auch ein stilistisch unglaubhafter Fragesatz nichts). 27 8, 28 άλλο von Henry- Schwyzer richtig erklärt, falsch Härder 1 . 29 9, 7 Mein γάρ findet eine gewisse Zustimmung bei Cilento. Bei dieser Art der Explikation in derartigem logi­ schem Zusammenhang scheint es mir auch heute unerläßlich. 29 9,11 τι πηλίκον entspricht genau dem τι λευκόν in 7, darf also nicht angetastet werden. Vgl. im übrigen Gnomon 24, 1952, 187. 30 10, 3 Ich halte die vulgate Akzentuierung αοριστία für richtig, ausgerichtet auf das vorausgehende τις ή νόησις (vgl. 5 αόριστος; 12 geradezu Zitat); erst im nächsten Satz taucht dann der Instrumental auf. - Zum Gedanken Becker, Plotin 17. 31 10, 10 μετά του έτερου λόγου verstehen Henry-Schwyzer als: 'cum altero id est ratione*, was mir sprachlich unmöglich scheint. Vitringas του , das sachlich schlagend, formell noch verbessert durch Müllers θατέρου.

II4, 10-14

Περί των δύο υλών

524

32 10,13 αφασία: vgl. Gnomon 1952, 187. 32 10,14 χρώματος: meine Konjektur gründet sich darauf, daß gleich folgend (15/16) vom Licht auf den Sinnendingen die Rede ist und nicht von der Farbe, daß ferner 18 die Farblosigkeit nur als eine der Formen der Unsichtbarkeit genannt ist. 33 10, 25/26 ώς τό συνάμφω, vgl. 24 ώς σύνθετα. Das καΐ er­ gibt keinen klaren Gedanken. 35 10, 26/27 των έπόντων: das was 'darauf* ist, ist die Form, vgl. zu 4, 6. 35 10,27 Die Tilgung von του άμορφου scheint mir angezeigt, weil es das folgende ού γαρ είδος tautologisch vorausnimmt. Es könnte ein Glossem zu υποκειμένου sein. 36 11, 3 Das zweite δ sichert das erste. Also ist das erste δγκος nicht Prädikatsnomen, und Henry- Schwyzers Text ist richtig - mit Ausnahme des οΰκουν, das auch durch ein Fragezeichen nicht paralysiert wird; eine Frage hat hier kei­ nen Sinn, der Gegner spricht bis 13. Warum also nicht mit Kirchhoff ούκοΰν akzentuieren ? 37 11,12/13 ώστε - είναι: der Gedanke 'die Größelosigkeit der Materie ist ein leeres Wort* ist nicht ganz scharf; es muß nach den voraufgegangenen Argumenten heißen (wie es auch in der Entgegnung 12, 22 heißt): die Materie ist leeres Wort (wie an der angeblichen Größelosigkeit klar wird). Das ließe sich textlich ausdrücken durch vor βνομα: cso zeigt also dje Größelosigkeit der Materie, daß sie (die Materie) leeres Wort ist*. Doch zweifle ich, ob nicht eine Nachlässigkeit Plotins vorliegt. 39 11, 23 άπαιτεϊ Medium. 39 11, 25 τόν ist lebendiger als τό, von Kirchhoff und Cilento gehalten, mit Recht von Henry-Schwyzer wieder­ hergestellt. 39 11, 29 die Materie das Leere: Aristoteles Physik Δ 7, 214 Α 13.

525

Die beiden Materien

12, 32-56

42 12,1 τα μέγιστα von Henry- Schwyzer richtig gehalten (mit Kirchhoff, Härder1, Cilento). 43 12,10 Das von Creuzer gestrichene ώς ist in der Tat unerträglich, aber auch das και ist nicht gut. Es war wohl καΐ ώς, Variante zu δμως (geschrieben war also, wie oft, erst das Falsche, es folgte sogleich die Korrektur). 45 12, 22 leeres Wort: wie der Gegner 37 behauptet hatte. 47 12, 33 κενώς richtig verteidigt von Henry-Schwyzer. 'Leer' sind die bloß formalen Schlüsse, vgl. 51, 8. 51 13, 22 ού vor ψόφου, das nur in der Handschrift Β fehlt, halte ich mit Creuzer und den Folgenden (einschließlich Cilento) gegen Henry-Schwyzer für unmöglich. Sie erläutern: „seil, εστίν", die Lautlosigkeit bestünde also in 'Nicht-Laut' und dies wäre mit dem Genetiv gesagt. Vielmehr ist έρημία zu subintellegieren wie vorher und nachher. Fehlen oder Überschießen der Negation ist ein häufiger Überlieferungsfehler. 51 13, 24 τφ von Henry-Schwyzer verteidigt; hart ist die Fügung, besonders durch das γάρ, aber wohl hinzunehmen. 53 Es beginnt die Polemik gegen Aristoteles Physik Α 9. Merkwürdig ist das λόγφ δέ 14, 3; es fehlt bei Aristoteles (vgl. indessen 190 b 24), findet sich aber den aristotelischen Worten hinzugesetzt Simplicius in Phys. S. 246, 71 Diels, vgl. 217, 32 - ein Hinweis darauf, daß Plotin eine Aristoteles kommentierende Tradition vor Augen hatte, die auch bei Simplicius weiterlebt (so Brohier Notice S. 53). 53 14,1/2 περί αυτήν korrigierte Kirchhoff denn doch nicht ohne Grund: 13,12. 13,13; ferner etwa 12, 2. 12, 4. 12, 5. 12, 9. 12, 33. 12, 34. Zwar kann in der Bedeutung «über', betreffend* der Genetiv bekanntlich mit dem Akkusativ wechseln, hier aber geht es um eine streng terrninologische Bedeutung, das συμβεβηκός (10). 56 14,23 έτι: Kirchhoffs Emendation stellt einen tragenden Pfeiler des Gedankengangs her, vgl. 29 έτι δύο ot λόγοι (vgl.

II4, 15-16

Περί των δυο υλών

526

die Vorbereitungen 12 καΐ οΰτω, 17 ούδ' οοτως). - Brohier, Cilento und Henry- Sehwyzer halten έστι. 58 15, 6 ουδέ τάξις tilgte Härder1. Es ist geradezu falsch, denn die τάξις ist ja gerade das τάττον - πέρας δρος λόγος sind nur Umschreibungen von τάξις. 59 15,14 πέρατι ist wohl entbehrlich. 61 15, 23 το είναι τό αληθές, vgl. 27. 6115,26 Ficins Deutung velut imaginarie (είδωλον ώς) leuch­ tet sprachlich nicht ein. Wenn man Öv nicht absolut nimmt, sondern als Prädikatsnomen zu εΐδωλον, ergibt sich 27j8 die Paradoxie einer doppelten Bedeutung von εϊδωλον - aber ge­ rade diese Paradoxie paßt in dies Gedankenspiel. 65 16, 8 [ούκ]: für den Sinn ist die Streichung, der auch Cilento folgt, unerläßlich; πώς οΰν ού heißt ja 'in jedem Falle', 'selbstverständlich* (so ζ. Β. gleich 23). Und wollte man hier den Einwand eines Gegners setzen: 'wie kommt es dann, daß sie nicht zerstört* - so wäre dieser Einwand mit dem 4 f. vorgebrachten identisch und zerstörte den Gedankengang. 65 16,14 setzen Henry-Sehwyzer mit Recht das Kreuz. Der Sinn ist klar, die Herstellung noch nicht gelungen. Die Buchstabenkonjektur καη statt καΐ paßt inhaltlich nicht, es kommt nicht auf die Liebesglut an, sondern auf physiologische Vorgänge. Eine Form von κυέω scheint unentbehrlich zu sein, dann auch eine Präposition zu του άρρενος; man künstele das aber nicht in και hinein; τό θήλυ του άρρενος, καΐ wäre denkbar (auch Bury hält das και). 66 16, 21 ουδέ ισχύος und 22 ισχύος vertragen sich nicht, weil sie sich auf den beiden Seiten der Antithese gegenseitig ausschließen. Müller tilgte das zweite, dort aber wird der Begriff durch κάλλους gestützt. 66 16, 27 verteidigen Henry-Schwyzer die Überlieferung, indem sie etwas wie προστεθείσα subintellegieren; das ist doch wohl sprachlich nicht erträglich. Mir scheint, trotz geistreicher Konjekturen, die Stelle ungeheilt.

527

Vermischte Untersuchungen

13

13 Vermischte Untersuchungen / / / 9 Επισκέψεις διάφοροι (Kapitelzählung, d. h. Zählung der einzelnen Stücke, nach Brohier und Henry-Schwyzer, nicht nach Ficin und den anderen.) Diese 'Schrift* weckt zunächst einmal ein Erstaunen, daß sie uns überhaupt erhalten ist. Denn sie ist nicht, wie Biotins andere Schriften, ein 'Buch* (sei es nun für wenige oder viele bestimmt) oder das Manuskript eines Vortrags oder einer Vorlesung. Aber es sind auch keine 'Aphorismen*. Es handelt sich um ein lockeres Bündel von Notizen, oder genauer: von probeweisen Ausarbeitungen (nur in VI wird die Sprache so knapp, daß sie sich dem Notizenstil nähert). Ein denkerischer Zusammenhang zwischen den einzelnen Stellen besteht nicht, nur ein gewisses Weitergleiten innerhalb verwandter Bereiche. Sogar ein Bruchstückchen von noch nicht drei Zeilen ist in V erhalten. Eine gewisse Parallele für derartige Sonderfälle der Überlieferung bietet der Nachlaß Plutarchs. Es ist verständlich, daß derartige private Aufzeichnungen nicht leicht zu deuten sind. Geht man an sie nicht mit besonderer Behutsamkeit heran, so gerät man aus dem Deuten ins Polemisieren und erklärt gar das Ganze für unecht wie Heinemann (Plotin 19-34). Die Deutung muß vor allem darauf bedacht sein, diese isolierten Bruchstücke in den dahinterliegenden Gedankengang einzuordnen. I Die intellegible Schöpfungslehre ist ein Hauptthema des Piatonismus. Daß die Ideen schon vor dem Geist da sind, ist eine These des Porphyrios (Proklos zu Piatos Timaios I S. 322, 23) - sie wird hier von Plotin nicht vertreten, sondern bekämpft (richtig Brihier, Notice 1691). Die Aufteilung der Prinzipien, wie sie Plotin in 2 versucht, findet sich ähnlich bei Amelios (Proklos S. 306). Auch im engsten Plotin-Kreis sind diese Fragen also heftig diskutiert. Die Stellungnahme des Meisters ist vorsichtig tastend, alle Möglichkeiten erwägend, vgl. 5, 21.

III 9

'Επισκέψεις διάφοροι

528

II Der Vergleich mit den Wissenschaften kehrt öfter wieder (h9 26. 32 für das Verhältnis von Geist und Ideen; 27, 15 f. für das Verhältnis von Allseele und Einzelseele); freilich nicht in der paränetischen Wendung, die die Pointe dieses Fragmentchens ist; ähnlich aber 23, 34f.; Urgrund und Endziel 9, 68. III Der Kerngedanke der Mittelstellung der Seele in der Welt, ganz ähnlich schon 6, 20. IV Das Überall und Nirgends: 11, 11. 39, 143. V Daß die Seele den Geist schauen soll, ist ein immer wiederkehrender Gedanke Plotins, z.B. 11, 5; daß sie im Verhältnis zum Geist als Materie angesehen werden kann, ist nach der Schrift 12 selbstverständlich, vgl. auch 5, 11; όφις in Verbin­ dung mit Unbestimmtheit 49, 100. Daß diese Gedanken sich jeweils anders nuancieren, ist gerade ein Zeichen der Echtheit. VI Entscheidend ist, daß hier nur vom menschlichen Denken gesprochen wird, und hier gibt es die Doppelheit, die im reinen Geist früher nicht zugelassen ist; 49, 8 ff.; 9, 12-15; 9, 47. VII Daß der Geist sowohl steht wie sich bewegt, kehrt wörtlich 14, 15 wieder. VIII ist eine vorläufige Skizze an Hand aristotelischen Materials. I X Daß das Erste kein Denken, auch kein Sichselberdenken hat, war 9, 47 ausgeführt. Daß ihm auch kein Selbstbewußtsein zukommt, wird 49, 120 ff. entwickelt; vgl. auch 38, 294 f.

I 1 Sind in Piatos Weltschöpfung die Ideen vor dem Geist da ? 2 Und ist der 'wesenhafte Organismus' vor dem Geist ? 3 Nein, der Geist erblickt den Organismus in sich selbst; 4 oder es handelt sich um den Unterschied von ruhendem und aktivem Geist. Eine weitere Instanz bei Plato ist die, die cden Gedanken faßt' - also der aktive Geist; 5 dem frei-

529

Vermischte Untersuchungen

13

lieh Plato eine Sonderexistenz zu geben scheint; die Meinungen darüber schwanken. Aber diese Instanz ist die Schaffende und damit die Teilende. 6 Vielleicht teilt der Geist nur indirekt, das eigentlich Teilende aber ist die Allseele. II 7 Man muß sich in der Teilung zur Einheit zusammenfassen, um die obere Welt zu erfassen. III 8 Die Allseele ist unräumlich und bleibt oben. 9 Erst die Teilseelen erzeugen, indem sie sich hinunterwenden, die Körper. IV 10 Das Eine ist sowohl überall als auch nirgends. V 11 Die Seele wird im Schauen auf den Geist geformt wie eine Materie. VI 12 I m Selbstdenken ist ruhendes und wirkendes Denken. VII 13 Das Erste ist jenseits und denkt nicht, auch nicht sich selbst. VIII 14 Das Aktualsein gibt auch den Elementen Vollendung; das unzusammengesetzte Aktuale ist das Ewige.

IX 15 Das Erste denkt nicht. 16 Es denkt auch nicht sich selber, denn das Denken ist ein Zweites. 17 Das Erste hat kein Selbstbewußtsein, 18 es hat auch kein Leben. Auch das Selbstbewußtsein ist erst ein Zweites.

IIJ 9, 1-3

'Επισκέψεις διάφοροι

530

Ι 1 Anfang: Zitat aus Plato Timaios 39 Ε ; es ist gleichsam das Thema, an das die folgenden Probleme geknüpft werden. 2 1,6 θεώμενον aus der Überlieferung von Henry- Sehwyzer gegen alle Ausgaben mit Recht eingesetzt. Es nimmt das δρφ von 1 und 3 wieder auf. 2 2 , 7 αυτό umschreibt das δ ίστιν von 1 und 3; vgl. 25 τό ζφον αυτό δ έστιν. 2 1,9 ίξει: nach dem άρα erwarte ich, daß der hypothetische Charakter des Schlusses, den ja Plotin nicht teilt, hervorgehoben wird. 2 2, 9 Das erste έκεΐ muß, da hier überall enger Anschluß an das zu interpretierende Platowort gehalten wird, sich auf das ζφον beziehen: es hieß ja, daß in dem wesenhaften Organismus die Ideen darin sind, diese Ideen sind mit τάληθή gemeint. 2 1,10 φησιν: die neue hier zitierte Platostelle ist nicht Staat 508 D, sondern Phaidros 247 C-E (άλήθειαν ~ Phaidr. D 4; έν τφ öVu ^ E l ; αυτό £καστον ^ D 6 αυτήν). 3 1, 12 δσον έττΐ τω λεγομένω: ganz einfacher Sinn der Schulsprache 'nichts von dem soweit es (bisher) gesagt wurde*. Sextus Emp. S. 66, 27 und Bekkers Index. 3 2, 13 ώς läßt sich wohl mit Henry-Schwyzer halten. 3 2,14 δ γάρ καθορα meint wieder die Ausgangsstelle Plato Timaios 39 Ε 9, nur daß hier genauer zitiert wird (2 und 3 όρα statt des platonischen καθορα, natürlich aus dem Gedächtnis). Aber das δ ist anstößig, es ist ja die Vielheit des Geschehenen bedeutungsvoll, weshalb es denn sonst immer & heißt (2, 8. 22. vgl. 27 τα δρώμενα). Änderung in ά wäre zu simpel, es ist zugleich auch dem Satz aufzuhelfen, der eigentümlich lahmt, τό ist der zitierende Artikel: der Ausdruck (des Textes) 'καθορ^'. 4 2,15 τφ έν αύτφ von Kirchhoff und Härder 1 gehalten als Paraphrase von Tim. 30 C 8,

531

Vermischte Untersuchungen

13, 1-8

4 2,19 Das zweite έκεϊνον streiche ich mit Volkmann und Cilento; es scheint mir sinnlos zu sein, es zerstört die sinntragende Beziehung von οίον auf νουν; und da das Wort in diesen drei Zeilen außerdem noch fünfmal vorkommt, ist eine versehentliche Wiederholung leicht möglich. 4 2, 22 ζώων γένη τέσσαρα haben Henry-Seh wyzer durch Hinweis auf Plato Timaios 39 Ε 10 erfolgreich verteidigt. Vgl. 6, 8. 5 1, 26 προτείνων: Verbum zu πρότασις. 5 2, 26 Es wurden hier viele Änderungen des Textes versucht. Man versteht ihn, wenn man προτείνων άλλως ό δέ άλλως νοεί interpretiert: 'indem der eine diese, der an­ dere jene Voraussetzung macht, versteht jeder die drei anders'. Dies ist kein Vorschlag zur Textänderung; es handelt sich, glaube ich, nicht um Haplographie, sondern um Haplologie. 6 2, 33 die Allseele: Porphyrios (Proklos zu Piatos Timaios I S. 307) setzte die Weltseele als Demiurgen an und berief sich dabei auf Plotin, was ihm von Jamblich und Proklos verwiesen wird. Immerhin konnte Porphyr in unserem Text einen gewissen Anhaltspunkt finden. 6 2, 34 heißt es auch: Beiziehung einer neuen Platostelle, Tim. 35 A, die frei interpretiert wird. II Ί 2,2 κατακερματίζω: das platonische Bild hat in der Kaiser­ zeit weite Verbreitung gefunden. Zur Sache: die Zerteilung, Zerreißung, Zerschneidung ist charakteristisch für die körperlichen Dinge, die geistigen sind von ihr frei; 12, 10. 7 2, 4 καΐ ούτω χρή: dem οίον 2 muß zu Beginn des Nachsatzes ein voll einsetzendes ούτω entsprechen, daher meine Umstellung (aber besser ούτω καΐ χρή). III 8 3,1 Der erste Buchstabe ist von Kirchhoff richtig ak­ zentuiert als ή (so Henry-Seh wyzer, ή Cilento). Das sind

III 9,3-8

Επισκέψεις διάφοροι

532

keine Quisquilien; nur so wird dem Bruchstück sein vollklingender Anfang erhalten. Eine Warnung an die Akzentgläubigen. 8 3,1 ούδαμοΰ έγένετο heißt natürlich nicht 'ist nicht entstanden' (ein Mißverständnis, das Heinemann, Plotin 26 zu Fehlschlüssen verleitet), sondern 'ist nirgendwohin gekommen', vgl. ενταύθα γεγενήμεθα 49, 47 (V 3, 6, 16); Plato Tim. 57 Α 5 εις άλλο τι γιγνόμενον. 39 3 ούκ έν τφ σώματι: Plotin braucht selber diesen popu­ lären Ausdruck oft ganz unbefangen; vgl. aber z . B . 6, 14 (IV 8, 2, 41) έντίθησι usw., 22, 1. 27, 54. - Piaton: Timaios 36 D. Zum Gedanken vgl. z. B. 22, 123ff. 9 3,7 Für die Belichtung der Seele sei, da die Vorstellung beanstandet worden ist (Heinemann a. O. 27), auf 49, 69 verwiesen. 9 3,10 βουλομένη ist notwendig und der Ausfall leicht erklärbar (Haplographie von -ενη). 9 3,12 τούτου ist unhaltbar („id est animae" HenrySchwyzer, aber in dem ganzen, in einem Atem gesprochenen Stück ist von der Seele nur im Feminin die Rede); Kirch hofifs τοΰτο ist zwingend. 9 3, 14 είς δέ τό μεταξύ: doppelter Gegensatz ist 8 το προ αυτής und 9 τό μετ*αυτήν, hier in der Mittelzone weilt sie, es müßte eigentlich έν heißen, das εις ist veranlaßt durch εις 8. 9 3,16 ήσθεΐσα: vgl. 6,42 (IV 8, 8, 22) και ήδεται δέ καΐ ηδονή ήπάτησεν - freilich vom Körper in seiner Rückwirkung auf die Seele gesagt. In 14, 14 f. richtet sich die χαρά nur auf ein vermeintliches Gutes, ήσθεΐσα ist die Seele wegen der Gaben von oben. Ganz wie hier aber ist άσμένη καταβαίνει 9, 16 und προθυμία του χείρονος 11, 6. IV 10 4, 2 πληροί; Henry-Sehwyzer. Aber nach dem Ausfüllen wird nicht gefragt, es ist These, vgl. 8; also sehen die früheren Herausgeber hier mit Recht keinen Frage-, sondern

533

Vermischte Untersuchungen

13, 8-14

einen Aussagesatz. - Im folgenden Satz πολλά usw. deuten Henry- Sehwyzer richtiger als Härder1. 10 4, 4 τα πάντα γίνεται μέν: die direkte Überlieferung mit Recht gegen Porphyrios zu Ehren gebracht von HenrySchwyzer, vgl. Henry £tats S. 61. Auch weiterhin folgen sie mit Recht der Überlieferung (4/5 δι' αυτόν, δ εκείνος, δ αυτός, 6 αυτός, 6 καΐ, 8 αυτόν); die Früheren haben das Stück recht übel durchkorrigiert. VI 12 6, 6 ταύτα usw.: die Formulierung ist so knapp, daß keine Sicherheit über den Sinn zu gewinnen ist. VII 13 7, 3 Das zweite περί wird man mit Henry-Sehwyzer (deren Parallele freilich nicht verfängt) versuchen müssen zu halten. 13 7, 4 Iv sehr schön aus der Überlieferung eingesetzt von Henry- Sehwyzer. 13 7, 5 καΐ αύτό(ν) νοεί: daß hierin ein konzessiver Nebensatz steckt, ergibt sich aus dem Gegensatz 4 άλλο. Meine Lesung και geht von νοεί aus, das 'überliefert* ist; HenrySchwyzer halten sich an die (nur graphische) Variante νοή und schreiben daher statt καΐ vielmehr καν. Diese Differenz ist unerheblich, die Hauptsache bleibt die Einig­ keit über den konzessiven Sinn. VIII 14 Vgl. 50, 24 f. 14 8, 1\2 δ έστι: έλθόντι Härder1; zum Wortgebrauch: δύναμις εις ένέργειαν έλθουσα 30, 76 (III 8, 11, 2); έκ δυνάμεως εις ένέργειαν έρχεται 49, 107 (V 3, 12, 4). 14 8, δ aktual, zugleich potentiell: einer, der aktual Mensch ist, kann potential Grammatiker sein. Es muß dies sogar der Fall sein nach Sextus Emp. Hypotyp. 2, 225f.

II 2

Περί της κυκλοφορίας

534

IX 15 9,1 αλλ' ού θεοί . . . βντες: der Text ist schwer korrupt (bemerkenswerterweise). Der Sinn von 15 ist dadurch ge­ sichert, daß diese Zeilen geradezu eine Dublette zu 13 sind: Gedanke für Gedanke kehrt wieder. Die Parallele lehrt auch, daß hier am Anfang von Denken noch keine Rede zu sein braucht. Es ist also müßige paläographische Spielerei, aus θεοί: νοεί zu machen. Statt an den Buchstaben herumzubasteln, entferne man das ernstlich Falsche: [άλλ* ού θεοί] offenbar eine polemische Randnotiz, οντες ist grammatisch falsch, δντος eine leichte Verbesserung Vitringas. 16 9, 5 ού - εαυτό: der Satz ist nicht einfach eine Folgerung aus dem Vorhergehenden (das nicht Trachten schließt das sich selber Denken nicht aus; 9, 46), sondern er bringt ein neues Moment; also Fragesatz, nicht mit Henry-Schwyzer Aussagesatz. 118 9, 7 Vitringa hat richtig bemerkt, daß ein neues Subjekt nötig ist, wegen προς τό πρώτον kann das πρώτον hier nicht mehr Subjekt sein. Nur hat er das geforderte zu früh eingesetzt, ich füge es hinter 7 λέγεται ein. 18 9,18 παρακολοθοΰν έαυ*τφ: Arnou, Desir 3081. 18 9,21 είναι, ein ersichtliches Glossem zu τετυχηκέναι, mit Recht von Kirchhoff gestrichen; Henry-Sehwyzers Er­ klärungsversuch ist mir unverständlich.

14 Die Kreisbewegung des Himmels / / 2 Περί της κυκλοφορίας Viele Jahre nach dieser kleinen Schrift der Frühzeit ruft Plotin aus, nun habe er den Grund der himmlischen Kreisbewegung gefunden (45, 30). Die Andeutungen unserer Schrift

535

Die Kreisbewegung des Himmele

14

hielt er also sowenig für endgültig wie die weiteren, inzwischen erfolgten Äußerungen zum Problem (22, 17. 28, 72f. 40, 21 f.; später noch 47, 30). Schon das muß davor warnen, sie dogmatisch zu pressen. Auch muß die Problem-Form beachtet werden. (Gegen die Athetese von Heinemann, Plotin 1921, 54-62 s. Brehier, Notice 181; ferner Gnomon 1928, 647ff.) Das Stückchen, in dem manches dunkel bleibt, ähnelt den Zetteln von 13 und ist kaum zum Vortrag bestimmt gewesen. Die Problemata-Form beherrscht den ersten Teil (1-12) und läßt allen möglichen Erwägungen Raum, ob sie nun plotinisch sind oder nicht. Der zweite Teil entwickelt sich dann aus einer Timaios-Stelle. Der Kern des kleinen Versuchs liegt in der Absicht, die Kosmologie des platonischen Timaios gegen die Angriffe des Aristoteles (Von der Seele Α 3; Metaphysik Λ 7) zu verteidigen, weitgehend mit aristotelischen Mitteln.

1 Ist der Träger der himmlichen Kreisbewegung die Seele (I) oder der Körper (II) ? I Die Seele: was bewegt sie ? nimmt sie den Körper mit ? Warum bleibt sie nicht mit ihm stehen ? Wie kann sie, die selbst unräumlich bewegt, räumliche Bewegung hervorrufen ? 2 Die Kreisbewegung ist vielleicht unräumlich, eine Lebensbewegung in sich selber. 3 Wenn aber räumlich, so ist das durch den beteiligten Körper verursacht. I I Der Körper: 4 Das Feuer, nach oben strebend und von daher in Bewegung, biegt dort zur Kreisbewegung um, 5 nicht vordenkend, sondern aus Notwendigkeit. I n der äußersten Sphäre gibt es keinen weiteren Raum mehr, so daß es umbiegen muß. 6 Diese Kreisbewegung ist eine Art Trachten nach dem Mittelpunkt. 7 Die Seele führt den Kosmos (nach Aristoteles) mit leichter Mühe um. Ferner läßt sie den kreisenden Himmel durch die Bewegung an ihrem Überallsein teilhaben. 8 Da die Seele unräumlich ist, ist es für den Weltleib allein möglich, sie kreisend zu fassen.

II 2, 1-3

Περί της κυκλοφορίας

536

(9 Die anderen Wesen sind zu dieser Kreisbewegung nicht imstande). 10 Das Kreisen um die Mitte bei Seele und Körper (im einzelnen dunkel). (11 Den Einzelseelen und den Leibern ist diese Kreisbewegung versagt.) 12 Bewegung der Seele um Gott. Eigendrehung der Sterne. 13/15 Kommentar zu Plato Timaios 36 Ε. 13 Die untere Seele wird von der oberen bewegt, 14 die untere bewegt den Körper mit. 15 Die Bewegung der Seele zum Guten führt den Körper im Kreis herum. Der Geist bewegt sich um sich selbst. Das All bewegt sich und steht doch still.

Titel: Ich halte auch hier den Titel der Vita für den prägnanteren; Macrobius* caelestis volubilitas spricht (volub,9 nicht motus) für κυκλοφορία. 1 1,2/3 Die Textgestaltung und Interpunktion von Henry- Sehwyzer ist überzeugend (mit Ausnahme des Fragezeichens hinter κίνησις, das ich durch ein Komma ersetze). Ausschlaggebend ist, daß in 3 das ers'te ή maßgebend überliefert und άεΐ nur Konjektur ist. 1 1, 4 συνέχει: ich verstehe den Sinn nicht genau, trotz Henry-Sehwyzers Erklärung *in se ipsa non continua'. Ist vielleicht nicht die Seele, sondern die Bewegung gemeint ? Bei ihr ist die Kontinuität das Charakteristische (ζ. Β . Ari­ stoteles Physik 261 a 30 und oft). 1 7, 6 ή : in dem wahrhaft intrikatenText eine Gasse durchs Dickicht: mit 4 ή φερομένη συμφέρει setzt ein neuer Ge­ danke ein: der Alternative von 2 Leib oder Seele sind wir vielleicht dadurch enthoben, daß die Seele den Leib mitnimmt (bei ihrem Weg nach oben). Jetzt ein Einwand (άλλα 4): dann müßte sie den Leib, da sie ja oben ist, zur Ruhe gebracht haben statt zum Kreisen. Denn sie selbst kommt ja oben zur Ruhe. - Ist das ein neuer Einwand ?

537

Die Kreisbewegung des Himmels

14,1-11

Nein, es ist die Weiterführung des Gedankens: da sie ja auch selbst . . . erst mit 7 πώς setzt wieder der Einwand ein. Also muß der Gedanke eng angeschlossen werden, daher fj statt ή. 2 1,11 κατά schlagend (so auch Cilento). Henry-Sehwyzers Rettungsversuch scheitert an dem γαρ 12. 4 1, 20 παντός: meine Konjektur πάντως dürfte nicht nötig sein; vgl. unten 2,17. 5 2, 25j6 Vorsehung: wenn das Feuer, um nicht zerstreut zu werden, zur Kreisbewegung umbiegt, so wäre das ein voraussehender, fürsorgender Akt, dessen Subjekt das Element Feuer kaum sein könnte. Antwort auf diesen Einwand: es ist ein von der Vorsehung in es gelegtes Gesetz. Der gleiche Gedanke unten 2, 27. 5 1, 30/31 αυτός und γεγενημένος: das Maskulin von Henry Schwyzer wiederhergestellt, der Genuswechsel recht hart, aber so wechselt Plotin ja auch gern beim Ersten zwischen Neutrum und Maskulin. 8 Vgl. 22, 17-20. 8 1, 44 πασά έστιν αυτής kann nicht richtig sein; daß die Seele sich selber gehört, stimmt, paßt aber nicht in diesen Zusammenhang; das Feuer sucht sie überall, weil sie überall ist. πάσα ändert deshalb die Handschrift Q in ταΰτα; Härder 1 schrieb παν; die Lösung bringt aber erst Sleemans Konjektur; so entspricht πάσα dem δλη 40 und πάντη dem πανταχού ebendort. 10 2, 14 αύτη akzentuiere ich mit Kirchhoff; als nachge­ tragener Nominativ hat das Wort keinen rechten Inhalt. 11 2,18 unser kugelförmiger Bestandteil: das ist der κύκλος aus Plato Timaios 37 Β 6, der, wenn er εύτροχος ist, νους und επιστήμη erzeugt. 11 2, 21 Ισως - 22 ποιεί: ein schwieriger Satz, τούτο ποιεί muß nach dem Zusammenhang bedeuten: hindert am Mitfolgen in der Kreisbewegung. Also muß das πνεύμα etwas Hinderndes sein, das sich im Erdensein an die Seele heftet.

777 4

Περί τον είληχότος ημάς δαίμονος

538

In solchem Sinne scheint das Wort sonst bei Plotin nicht vorzukommen. Wohl aber gibt es ein solch schlimmes πνεύμα in den Aphormai des Porphyrios; schon Liddell-Scott-Jones verglichen mit unserer Stelle Porph. Sent. S. 15, 1 (dies meinen sie offenbar, nicht, wie Henry-Schwyzer, S. 13, 8); vgl. ferner S. 39, 7: dieser böse Hauch des Irdischen macht gottlos und ungerecht. Eine Vorstellung, die Plotins Denken nicht widerspricht. Zum Gedanken Plato Timaios 42 C 5, zum Wort Tim. 43 C 3 (ζάλη πνευμάτων). - Vgl. Ε. R. Dodds in Appendix II von Proclus, The Elements of Theology, Oxford 1933. 13 3, 5 τη πρότερη: nicht metaphysisch (wie Heinemann S. 59 versteht), sondern ganz schlicht 'die vorher genannte'. 14 3,11 μέν δν: „prob, intus manens" Henry-Schwyzer; „wenn er . . . drinnen bleibt" Härder1. 15 3, 22 κινείται: ich kann mich immer noch nicht von der Richtigkeit dieser überlieferten Lesart überzeugen, τω κύκλω geben Henry-Schwyzer wieder mit „motu circulari" - das aber müßte τη κύκλω heißen.

15 Der Daimon der uns erloste / / / 4 Περί του είληχότος ή μας δαίμονος Diese Schrift, locker und oft fast assoziierend im Vorgehen und manchmal überknapp, ist trotzdem offenbar zum Vorlesen bestimmt gewesen; darauf deuten außer dem Stil die Zitate und Verweise auf andere Schriften (1. 15). Der Titel ist irreführend, in Wahrheit wird die in 11 begonnene metaphysische

539

Der Daimon der uns erlöste

15

Untersuchung, wie dort angekündigt (11, 13) weiter ausgeführt. Die Frage nach dem Daimon taucht erst 9 auf, beherrscht dann freilich die Untersuchung bis nahe ans Ende; aber immer ist sie durchwirkt von der Frage nach der Funktion der Seele, zumal ihres unteren Bereiches, des Wachstumsvermögens. Porphyrios erzählt in seiner Plotinbiographie die Geschichte von einem ägyptischen Priester, der den Daimon Plotins beschwört; als er erscheint, stellt sich heraus, daß er kein Daimon, sondern ein Gott ist. Porphyrios verknüpft mit diesem Vorfall (den er nicht selbst erlebt hat, sondern nur vom Hörensagen kannte) die Abfassung unserer Schrift (das scheint wenigstens die Absicht seiner etwas unkfaren Worte Vita 10, 30 zu sein); womit er eben den Vorfall in die Zeit vor seiner Anwesenheit datiert. E. R. Dodds (The Greeks and the Irrational, 1951, 286, vgl. 289ff.) nennt die ganze Geschichte „Schulklatsch", man könnte besser wohl 'Legende* sagen. Daß Plotin, wie Porphyrios weiter sagt, in dieser Schrift Gründe andeutet über den Rangunterschied der beiwohnenden Daimonen, stimmt. Trotzdem ist die Verbindung dieser Schrift mit jener Beschwörung mit Vorsicht aufzunehmen. Porphyrios war ja an dem Thema sehr speziell interessiert, vgl. seinen Brief an Anebo Fragment 44 Parthey (Jamblich, Über die Mysterien 9, 8); eine Vergröberung der sehr differenzierten Äußerungen unserer Schrift 18. Denn es geht ihr nicht um 'Daimonologie*. Plotin interpretiert, er sucht verschiedene Platostellen miteinander abzugleichen. Und sein Auskunftsmittel besteht darin, verschiedene Stufen von Dämonen anzunehmen, auf die dann die verschiedenen, sich arg widersprechenden Äußerungen Piatos aufgeteilt werden. Gerade der Gedanke des persönlichen Daimons im Sinne des individuellen Schutzgeistes, man kann also sagen der religiöse Kern der ganzen Vorstellung, wird von ihm zurückgedrängt, ja eigentlich eliminiert (18). Es gibt hier Dämonen verschiedener Art und Stufe, und darüber Götter. Verglichen aber mit dem Dämonenglauben der Zeit und mit der Dämonologie der späteren Platoniker wirkt Plotins Haltung gleichsam unschuldig, ganz undogmatisch, dem Dämonen-Erlebnis

III 4

Περί τον είληχότος ήμας δαίμονος

540

nicht fremd, aber frei und ohne Systematik und Hierarchie geöffnet. Die ganze Darlegung hat etwas von Improvisiertem an sich. Dazu stimmt, daß sie im weiteren Denken Plotins keine Spuren hinterlassen hat; 52, 78 etwa ist aus ganz anderem Geist geschrieben.

1 Auf der Stufenreihe des Seins ist die unterste Stufe die Seele, und zwar in ihrer Gestalt als Wachstumskraft (vegetative Seele). 2 Der nächste Schritt, das Erzeugnis dieser untersten Seelenkraft, führt ins Unbelebte und Unbestimmte; 3 und zwar das schlechthin Unbestimmte: es entsteht die Materie, die nur noch (leblose) Form annehmen und (lebloser) Körper werden kann. 4 Diese vegetative Seele ist vorwiegend gemeint mit Piatos Wort von der Betreuung des Unbeseelten (Phäidros 246 B); mit «Gestalt* an derselben Stelle meint Plato diese drei Seelenkräfte, von denen jedes auf seiner Stufe für sich wirkt. 5 I m Menschen wirken alle drei Seelenkräfte nebeneinander, dem entspricht seine Organisation, die ihm auch Wahrnehmungs- und Wachstumsaktionen gestattet. 6 Nach dem Tode wird die Seele zu dem, was in ihr überwogen hat'(es gilt also im Leben das Geistige zu üben, damit wir zu Gott gelangen). 7/8 So ergeben sich die Neuverkörperungen (nach der Lehre Piatos in den Jenseitsmythen des 'Phaidon* und des 'Staates') in Menschen, Tiere verschiedener Art und (nicht platonisch) sogar Pflanzen. 9 Daimon und Gott wird, wer es schon im Leben war. Der Daimon aber, der (nach Plato Phaidon 107 D) den Menschen erloste, ist ein anderer, steht eine Stufe höher. 10 So löst sich der Widerspruch zu Staat 617 E, wo vielmehr der Mensch den Daimon wählt. Der Daimon aber, der nach Phaidon 107 D den Menschen gleich nach dem Tode ins Jenseits führt, ist ein anderer, als der ihn im Leben betreute. 11 Dieser Daimon hat einen andern Daimon über sich; folgt er diesem nicht, so sinkt er hinab. Und der Mensch wird als Tier wiederverkörpert. 12 Folgt er ihm aber, so ergibt sich ein Aufstieg von Sufe zu Stufe. 13 Die Seele nämlich hat

541

Der Daimon, der uns erloste

15

denselben breiten Bereich wie der intellegible Kosmos, dessen Abbild sie ist. Sie reicht bis hinab in den Leib. 14 Dieser Seelenteil löst sich im Aufstieg mit aus dem Leibe. Anders die Weltseele; sie hat sich gar nicht in den Weltleib hineinbegeben. 15 Sie hat keine Sinne, kein Selbstbewußtsein, keine Lustempfindung. 16 Die Wahl des Daimons im Jenseits widerspricht nicht der Willensfreiheit, sondern unterstreicht sie gerade. - Also ist der erst auf Erden hinzutretende Leib kein Unheil, da die Entscheidung schon im Jenseits fiel. 17 Die Seele kann einen schlechten Leib verbessern. 18 Der Daimon aber gehört in gewissem Sinne der Seele an, wie aus anderen Platostellen (Timaios 90 A; Staat 620 E) zu entnehmen ist. Das Problem wird (wieder) gelöst durch Aufteilung in höhere und niedere Daimonen. 19 Der sittliche Mensch folgt dem höheren Daimon. Er ist trotzdem selber Träger des Sittlichen, da sein Daimon der Geist oder das Eine ist. 20 (Der Daimon kann sich im Menschen nicht immer durchsetzen; bei der Geburt ist der Mensch gestört [Plato Timaios 43 A-44 B ] ; und diese Störung wird nicht immer überwunden, je nach der Artung der Seele.) 21 Der Daimon verbleibt in der Zwischenexistenz zwischen Tod und neuer Geburt bei seiner Seele. 22 Die neuen Verkörperungen: Verschlechterungen stammen von einem schlechten Daimon. Erhöhung ist möglich durch Eingehen in Gestirne oder noch höhere Stufen; 23 die Seele enthält die reichsten Möglichkeiten, sie kann, dem Gott oder Daimon folgend, Gestirnseele werden (vielleicht ist es wieder der Daimon einer höheren Stufe); 24 sie kann auch ganz ins geistige Reich eingehen, 25 dann ist sie identisch mit der Weltseele, die sich nicht teilt, 26 und doch aus einem vieles werden läßt. 27 Bei neuer Einkörperung erhält die Seele je nach ihrem Leben wieder einen neuen (diesseitigen) Daimon. Dieser setzt sie in einen Kahn (wie bei Plato Timaios 41 Ε der

III 4, 1-2

Περί του είληχότος ημάς δαίμονος

542

Gott die Seele auf einen Stern wie auf ein Fahrzeug setzt), dann k o m m t sie zur Weltspindel (Staat 617 A), der U m ­ schwung des Alls ist der Fahrwind, sie fährt so durch den K o s m o s u n d seine Wunder. A u s den U m s t ä n d e n u n d ihrem Verhalten ergibt sich ihr Schicksal.

1 1 , 1 die Hypostasen: das Wort bedeutet etwa 'in Erscheinung treten', 'Wirklichkeit werden*. Vgl. j e t z t H . Dörrie, Ύπόστασις, Nachr. Göttingen 1955 I 3. 1 1, 2 wurde schon ausgeführt: nämlich in 11, 4 - 6 ; dort schon μένοντος εκείνου, ferner αϊσθησις, φύσις u n d (6) μέχρι φυτών. 1 1,3 καΐ μέχρι φυτών, oder μέχρι φυτών ? So 11, 6 (V 2, 1, 23); u n d das καΐ a n unserer Stelle ist nicht recht glücklich. 1, 4 : der überlieferte T e x t ist nicht in Ordnung. D e n n 4 μέρος οδσα steht in Gegensatz zu 5 μόνη γενομένη, geht also auf die Wachstumskraft u n d nicht auf die Seele (vgl. 2, 5 τό κρατούν αυτής μόριον,). 2 2, 6 D i e Einfügung des v o n Henry- Sehwyzer durch Interpunktion (Fragezeichen) entbehrlich gemacht. - Zur Sache: die Frage n i m m t wörtlich 11,13 f Ρ 2, 2 Ende) wieder auf u n d ist die Ausführung des dort angekündigten Vorhabens. 2 i , 10 δει halte ich fest, nicht δή. 3 1,12 κάν: hier haben Henry-Schwyzer endlich den durch sämtliche Ausgaben gelaufenen Druckfehler κάν beseitigt. 3 1, 15 την τή δυνάμει πρόσφορον: seinem Vermögen (Härder 1 war falsch); der t o t e Körper nämlich vermag nur die F o r m noch aufzunehmen u n d kein Leben. 3 1,15 ύποδοχήν erklären Henry-Schwyzer als σώμα. Aber nicht der Körper ist υποδοχή, sondern das U n b e s t i m m t e , die

543

Der Daimon, der uns erlöste

15, 1-13

Materie (vgl. ζ. Β. 12, 40f.); also ist KirchhofFs leichte Änderung richtig. 3 1,16 τούτο: nicht (oder zunächst nicht) die Seele, sondern die Form (15). 4 2,6 έξω muß (anders als ζ. Β. unten 6, 19. 6, 31) heißen außerhalb des betreuten Wesens*. J e nach der Weltstufe tritt z. B. in die Pflanzen die Seele nur mit der Wachstumskraft ein, Wahrnehmungskraft und Vernunft gehen in die Pflanzen nicht ein. Anders ist der Gesichtspunkt in 15. 7 2, 17 αισθήσεις (vor μετά θυμοΰ): der Dativ wirkt noch bis 21 αίσθήσει weiter, ist also auch hier unentbehrlich; da­ her gehört die Korrektur in Α αίσθήσει (wohl Konjektur Ficins) in den Text. 8 2, 28 άρετήν ist nicht nötig; es ist eher έχων zu ergänzen, aber nicht in den Text zu setzen, sondern aus dem folgenden μετέχων zu entnehmen. 9 3,1 Daimon, Gott: das kann nämlich der Mensch schon hier auf Erden werden, vgl. 2, 67. 19, 28. 19, 35. - Es wird wieder auf Stellen der platonischen Jenseitsmythen angespielt (Timaios 90 Α 3 Gott und Daimon nebeneinander). 9 3, 2 έκαστου halte ich nicht für möglich; Ικαστον wird in Α und Β Konjektur sein, aber richtige. 10-11 Eine andere Auffassung des Textes bei P . O. Kri­ steller, Deutsche Literaturzeitung 1931, 59. 10 3, 10 ή τόν < άγοντα τόν> βιοτεύσαντα verstehe ich den Text, ohne ihn zu ändern. 11 3,15 εκείνο: gut verteidigt von Henry-Sehwyzer. 12 3,19 6,22 (IV 8,4,18), besonders die akustische (Plato Timaios 67 B. Aristoteles. Plotin 49, 39 ff.); hier im weiteren Sinne von der Sinneswahrnehmung überhaupt wie 32, 5, vgl. den kaiserzeitlichen Ausdruck πληκτικός. Es ist das Äquivalent für den modernen Begriff 'Reiz'. 26/27 δ, 24 γειτονήσει, dann γειτόνων, dann γειτνιάσεως: die Ausdrucksfülle umspielt einen Begriff, der für Plotin fast religiösen Klang hat. Genau der Gedanke unserer Stelle wird, mit dem gleichen Bild der Nachbarschaft, näher ausgeführt 22, 116-121. Zu der räumlichen Metapher der Nachbarschaft vgl. etwa noch 10,15 (ού πόρρω) 22, 17 ff. (έφάπτεσθαι). 27, 52f. (ουκ άπετέτμηθα). 27, 117. 31, 44 (allgemeines Weltprinzip; ουδέν μεταξύ). Dasselbe Bild mit anderm Wort schon 6, 35 (βμορος); auch εγγύς in diesem emphatischen Sinne, vgl. oben 2, 23. - Die Nachbarschaft* ist das Symbol für die Überbrückung des Zwischenraumes zwischen den Dingen, den Weltregionen und den Seinsstufen, die räumliche Metapher für die letztlich unräumliche, gegenseitige innige Verquickung des gesamten Seins. Es spricht also in diesen Ausdrücken das eigentliche Weltgefühl Plotins, das aufruht auf Grundmotiven der älteren Philosophie (Theophrast Metaphysik 2). Zum Ganzen Theiler, Vorbereitung. 27 5, 26 γινόμενος ist, wie auch Cilento hervorhebt, unerläßlich. Warum Plotin ein starres, unlebendiges Sprechen zuschreiben, wo es sich doch ersichtlich um ein übliches Schreiberversehen handelt ? 28 6\ 7 sein Selbst ist das: 22, 110.

/ 2, 6-7

Περί αρετών

570

28 6, 8 έστιν φ : Ich bedaure, Gnomon 1928, 642 nicht beachtet zu haben, daß diese schlagend richtige Lesung bereits von Dodds, Class. Quart. 1922, 93 gefunden worden ist. 28 6,10 Die Entfernung des την vor δύναμιν ist ein schöner Erfolg der Henry- Sehwyzerschen Recensio. 29 6,12 Daß καΐ φρόνησις aus der Paraphrase des Porphyrios aus sachlichen Gründen unbedingt eingesetzt werden muß, sah Kirchhoff. Eine empfindliche Lücke also in dem Archetypus unserer Handschriften, und zwar ohne erkennbare äußere Fehlerquelle. 30 6, 17 Den Zusatz von ή δικαιοσύνη ή ενταύθα nach αύτοδικαιοσύνη, den die erste Hand von Q auf Rasur bietet, scheint Henry, Ütats 51 für echt zu halten, auch setzt er ihn ohne Klammern in den Enneadentext. Henry-Sehwyzer setzen ihn nicht mehr in den Text. Mit Recht, meine ich. I n den Zeilen 14-18 erscheint viermal αρετή als Prädikatsnomen (nicht „un attribut"): da ist es doch ein wohlbegründeter Zwang, hier in 17 das fünfte Mal αρετή auch als Prädikatsnomen aufzufassen, wie es richtig schon ricinus t a t und Henry-Sehwyzer t u n ; έκαστη steht dann für sich, gleich έκαστη αυτή καθ' αυτήν/Damit entfällt die Möglichkeit, den Zusatz von Q für etwas anderes zu halten als eine verständnislose Schlimmbesserung. 30 6, 20 οίκειοπραγία: der Gedankengang erklärt sich aus der Platostelle Staat 434 C, auf die inhaltlich und wörtlich angespielt wird, wie schon oben 3. 32 7, 2 cd: daß das Wort auch durch Porphyrios bezeugt sei, ist ein trügerischer Eindruck, den Henry-Schwyzers Apparat hervorruft. Fallen muß es unbedingt; denn mit τά πρό της αρετής ist der Tugendbegriff eliniiniert (sonst müßte man τα streichen). Nur so, indem τα zu παραδείγματα gehört, und ώσπερ als olov genommen wird, steht der Satz. Wieder einer von Kirchhoffs griffsicheren Treffern. 32 7, 5 An ταυτότης halte ich fest (άυλότης die direkte Überlieferung); offensichtlich ist καΐ τό usw. eine erklärende Bemerkung.

571

Die Tugenden

19, 28-35

33 7, 9 Gereinigtheü: 17. 34 7, 13 Der σπουδαίος ist hier im höchsten Sinn zu nehmen (nicht stoisch); vgl. 46, 112, und P. O. Kristeller, Der Begriff der Seele in der Ethik Plotins, 1929, 57 (anders Theiler, Gnomon 1929, 312). 34 7,16 Wenn man eingesehen hat, daß die Akzente nicht überliefert* sind, wird man sich auch hier nicht sträuben, das durch Gedanken und Satz geforderte μένει statt μένει herzustellen. 34 7,18 εκείνη: der Grund der vielen Anzweiflungen dieses Wortes liegt darin, daß man in der Tat zunächst verstehen möchte 'die obere, höhere'; aber Plotins Sprache bleibt lebendig, kennt keine terminologische Erstarrung, und hier heißt das Wort eben gerade umgekehrt 'die niedere*. Ebenso gleich 23 έκείνω. 34 7,19 wenn überhaupt: der Übersetzungsversuch ist nicht sicher. 35 7, 20 είδήσει: ob das Verb oder Substantiv ist, läßt sich nicht ohne Weiteres sagen: wir haben IV 4,12,19 das Verb, und bald darauf 30 das Substantiv. Entscheiden muß an unserer Stelle der Satz; zu αύτάς gehört eng καΐ αυτών, also verbindet καΐ nicht zwei Verben, also ist, denke ich, είδήσει Substantiv, und steht im Gegensatz zu ενεργεία 13. 35 7,21 περιστατικώς: vgl. I 4,13, 3. Stoischer Terminus, es ist das in Europa als 'circonstances', 'circumstances', 'Um­ stände' eingebürgerte Wort. 35 7, 28 Hier wird die Zweiteilung der Gleichwerdung von 9 abschließend wieder aufgenommen.

13

Περί διαλεκτικής

572

20 D i a l e k t i k Ι 3 Περί διαλεκτικής Die Schrift, die richtiger περί αναγωγής 'Anleitung zum Aufstieg* betitelt würde, knüpft nicht an 19 an (obgleich der Schluß darauf zurückgreift), sondern an die zu Anfang zitierten Abhandlungen wie 6 und ahnliche, ζ. T. auch an 1. Auch der Ton ist anders als in 19, allgemeiner und zugänglicher (wieder abgesehen vom Schluß) - wie denn das Thema ein typisches Einleitungsthema der Schule war. So ist die Definition der Dialektik 10-12 unmittelbar aus Plato entwickelt und läßt die schulmäßigen Einteilungen, wie sie uns etwa bei Albinos, Didaskalikos 5 vorliegen, souverän bei Seite. In der Schilderung des Musikers und Erotikers zeigt sich (ähnlich wie in manchen Stellen von 1) eine gewisse psychologische Realistik (in dem Sinne, wie jeder große Denker unter anderm auch Realist ist). Der Piatonismus setzt sich überall mit anderen Richtungen auseinander, meistens indem er die fremden Thesen in sich aufnimmt und dadurch umakzentuiert. So darf man nicht mitfBrihier etwa die Partie 14-15 als stoisch ansprechen; neben den stoischen finden sich peripatetische und platonische Motive (vgl. die Anmerkungen), wie es durchgehend im späteren Piatonismus ist. 16-18 hält Heinemann, Plotin, 1921,1371 für „später angehängt", ohne sich zu äußern, ob Plotin oder ein späterer der Verfasser sein soll. Gewiß finden sich hier manche Schwierigkeiten. Aber der Gedanke läuft seit 14 durchaus gradlinig weiter, und für irgendeine Art von 'UnechiheiV liegt kein Anzeichen vor. Übrigens neigt Plotin zu knappen, oft etwas dunklen Schlüssen.

1 Welches ist die Methode des Aufstiegs ? Das Ziel ist früher nachgewiesen. 2 Wer kann aufsteigen ? Philosoph, Musiker, Erotiker. 3 Die Methode ist zweifach: (I) der Aufstieg von unten, und (II) die Wanderung in der oberen Welt.

573

Dialektik

20

Ι 4 Der Aufstieg von unten ist bei den drei Typen ver­ schieden. Der M u s i k e r ist eindrucke- und hinreißungsfähig. 5 So muß man ihn von der sinnlichen Schönheit der Musik zur geistigen Schönheit und zur Philosophie führen. 6 Der E r o t i k e r ist beständiger in seiner Hingerissenheit. 7 Ihn muß man (nach der Stufenleiter des platonischen Symposion) von einem Leibe zu allen, von der leiblichen Schönheit zur seelischen, und schließlich zum Geist führen. 8 Der P h i l o s o p h ist schon auf dem Wege nach oben, bedarf nur in Schwierigkeiten eines Führers. 9 Er ist zu erziehen durch die Wissenschafben, seine Tugend ist zu vervollkommnen, dann soll er zum Dialektiker gemacht werden. I I Die Dialektik. 10 Ihr Wesen: sie ist die Wissenschaft vom Seienden und vom Guten; 11 sie führt ins geistige Reich, zu den Ideen, den Kategorien; ist die Kunst der Verflechtung und Auflösung (Synthese und Analyse); 12 gelangt schließlich zur Schau des Einen. Die Syllogistik ist ihr nur Hilfsmittel. 13 Ihre Grundprinzipien erhält sie vom Geist, sie ist unsere wertvollste Gabe und führt noch über den Geist hinauf. Dialektik und Philosophie. 14 Die Dialektik ist der wertvollste Teil der Philosophie und nicht bloß ihr Werkzeug. 15 Die Aufgaben der Syllogistik löst sie nebenbei, ohne spezialistisch bei ihr zu verweilen. 16 Die anderen Teile der Philosophie, Physik und Ethik, erhalten grundlegende Hilfe von der Dialektik. Die Ethik fügt ihr praktische Gesichtspunkte hinzu. 17 Die spirituellen Tugenden stehen der Dialektik nahe, sie aber steht als das Allgemeinste über ihnen. 18 Die niederen Tugenden können die Dialektik nicht entbehren: die Dialektik wird die niederen besitzen, aber sie steht vor und über ihnen. 1 1, 4 vielfach nachgewiesen: wahrscheinlich doch ein Verweis auf Plotins eigene voraufgehende Untersuchungen wie 6 (vor allem wegen δ έδείκνυτο, ήν). 2 i , 8 φιλοσόφου μουσικού: alle anderen Einschwärzungen aus dem Platotext haben Henry-Sehwyzer mit

Ι 3, 1-5

Περί διαλεκτικής

574

Recht beseitigt. Dies ή aber ist unentbehrlich, denn es wird ja gleich zwischen Philosophen einerseits, Musikern und Erotikern andererseits genau geschieden. 2 1,8 μουσικού: nicht in dem alten weiteren Sinn des Wortes 'Musenbewegter', 'Gebildeter', sondern dem (schon bei Plato auftauchenden) engeren des Musikers, siehe 4 ff. 3 i , 10 τις οΰν ό τρόπος; Platoreminiszenz, wörtlich wie in 1,37. 3 1,18 bleibe zunächst: ich meine nämlich, daß dieser obere Weg eben die hernach behandelte Dialektik ist; das wird schon durch πρότερον sehr nahegelegt; vgl. ferner 4, 18. 5, 7. Anders Müller, Dispositionen, 1883, 14. 4 1, 23 έκτύπων: das οίον beweist, daß hier nicht das gewöhnliche Wort stehen muß, sondern etwas Besonderes. Also nehme ich Vitringas schöne Konjektur κτύπων auf; dem entspricht genau 2, 3 πληττόμενος (zu diesem Wort vgl. zu 19, 26). Diese κτύποι teilen sich dann schön in a) ψόφοι b) φθόγγοι. 5 Vgl. 1,17. 5, 42. 38,,172f. V

5 1, 35 davon später: nämlich in den Darlegungen über Dialektik und Philosophie, 10 - Schluß. 6/7 Erotiker: 1, 20-22. 5, 4ff. 6 2,1\2 Der Musiker wird Erotiker: Plato Staat 403 C 6. 6 2, 3 ov verdient den Vorzug, weil es (worauf auch Cilento hinweist) im Gegensatz zu dieser Stelle 39 2 heißt ού δεόμενοι χωρίσεως. 7 2, 5 πεσόντα schwierig; aber es ist περί εν σώμα dazu zu ziehen, so ungewöhnlich diese Präposition auch ist. Er gerät c an' einen Körper und ist 'von' ihm erschüttert. Dahinter wird wohl das Kompositum περιπίπτω gefühlt. 7 2,11 έν ποιητέον: der Gedanke bewegt sich in der Bahn der oben paraphrasierten Symposionstelle weiter, vgl. 210 D 7 έπιστήμην μίαν.

575

Dialektik

20, 2-14

8 3, 1 Auffallend ist das ούτος; ich habe an δς 8έ φιλόσοφος gedacht - richtiger wird es sein, nach φύσιν eine Pause an­ zusetzen (besser als ein Fragezeichen nach φύσιν). 8 3, 3 nur einer Weisung: so keinen Anweisenden 1, 42. 9 3, 8 ένάρετον: ein vorzugsweise stoisches Wort. Wie Cilento, hatte Härder 1 es als Neutrum aufgefaßt ( ένάρε­ τον); doch ist, schon vom Wort aus, das Maskulin wahr­ scheinlicher. Ich bleibe jetzt beim überlieferten Text. 10 4, 2 ff. Die Definition des Dialektikers kommt nicht nur sachlich aus Plato, sie knüpft auch im Wortlaut an Staat 534 Β an. 10 4, 7 υπό . . . sc. πίπτει. 10 4, 8 Müllers Umstellung von δηλονότι halte ich für überzeugend; es ist an seiner überlieferten Stelle unverständlich, während die beiden satzschließenden Dative (die platonische Rerniniszenz sind) eine solche Stützung und Anknüpfung dringend verlangen. So auch Cilento. 11 4, 10 ένιδρύει von Liddell-Scott-Jones mit Recht als intransitiv verstanden; dementsprechend auch 9 παύσασα zu verstehen. 11 4,16 Interpunktion nach Ιλθη: das zweite και in 14 ist satzverknüpfend und zielt bereits auf 18 βλέπει. 12 4, 17 Zur Akzentuierung του s. die sorgfältige Darlegung von Cilento. 12 4,21 αναγκαία καΐ πρό τέχνης: so Plato Phaidros 269 Β 7. 12 4, 23 βουλομένης: ähnlich objektiv - intentionistisch 5, 23. 13 5, 2 ψυχή ist m. E. besser als ψυχή, das eine neues Subjekt hereinbrächte und der Nebenbemerkung zuviel Gewicht gäbe. Subjekt ist im Folgenden, auch im Platozitat, επιστήμη. 14 5, 8 Die Philosophie wird hier erstmals eingeführt; daher scheint es mir besser, das Fragezeichen hinter φιλοσοφία zu setzen.

Ι 3, δ-6

Περί διαλεκτικής

576

14 5, 9/10 μέρος: βργανον. Diese Position ist in der Tat stoisch (SVF. I I 49); die jüngeren Peripatetiker, die für die Logik keinen Platz im aristotelischen S y s t e m ' fanden, wollten in ihr nicht einen Teil der Philosophie, sondern nur das 'Werkzeug* des Philosophen sehen, und dagegen verwahren sich die Stoiker. Aber Plotin spricht hier von der der Logik übergeordneten Dialektik, und zwar einer rein platonischen Dialektik. 14 5, 13 άμα τοις θεωρήμασιν τά πράγματα έχουσα: das ist aristotelische Lehre (Über die Seele I I I 5. Metaphysik Λ 9), ein Lieblingsgedanke Plotins: 5, 22. 7, 16. 15 Die Erkenntnis von Irrtum und Trugschluß: es handelt sich um das schulmäßig viel erörterte Problem des κριτήριον, 15 κρίνουσα; Plotin meidet die Schulausdrücke. Statt 16 προσαγάγη wäre schulmäßig προσφέρεσθαι (Sextus Empiricus), wie 21. - Zur Sache 1, 13. 15 5, 14/15 άλλου ποιήσαντος: denn er selber, so wird in stoischer Manier vorausgesetzt, wird als Weiser keinen Irr­ tümern und Trugschlüssen unterliegen. 15 5,17 προτάσεων: im allgemeinen Sinne des Wortes, lo­ gische Setzungen, wie Albinos Didaskalikos 6 Anf. 15 5, 18 καΐ γάρ γράμματα ist Parenthese - aber wie zu er­ gänzen? ούκ οϊδε Härder 1 . Indessen ist das sprachlich bedenklich (man müßte ουδέ statt καΐ erwarten). Also zu er­ gänzen εστίν oder είσίν. Sie sind die bloßen Buchstaben, noch kein Wort. Dann aber muß man, was auch sachlich naheliegt, 17 προτάσεων schreiben, es ist das eine Art pole­ mischer Plural, und es ist gerade ausgezeichnet, daß dann 19, wie es ums Wesen geht, πρότασιν im Singular steht. 15 5, 19 Die logischen Akte heißen hier κινήματα της ψυχής; diese psychologistisch-naturalistische Ausdrucksweise ist nicht aristotelisch (de anima 408 b), wohl aber im späteren Peripatos terminologisch, Sextus Empiricius adv. log. I 217 ff. (S. 239, 2. Auch διάνοια und νους heißen κινήματα της ψυχής, S. 239, 25). Vgl. Plotin 3, 14 (III 1, 3, 23).

577

Dialektik

2 0 , 14r-18

15 5, 21 die Sinneswahrnehmung: Becker, Plotin, 15. 15 5, 22 einer andern Disziplin: vgl. Albinos Didaskalikos 3 Anf.

nämlich der Syllogistik,

16 6, 617 Daß die Ethik zu dem theoretischen, von der Dialektik gelieferten Unterbau die Gesichtspunkte der Praxis hinzufügt, ist gut verständlich; daß aber die Ιξις der άρεταί (denn daß έξεις von vornherein die Tugenden im Auge hat, zeigt 9 αϊ άλλαι άρεταί) schlechthin aus der άσκησις kommen soll, befremdet; es stimmt nicht zu Plato und Ari­ stoteles (trotz Nikomachischer Ethik Β 1 und Κ 10) und nicht zu Plotins Schrift 15. Man muß wohl verstehen, daß hier nur die niederen Tugenden gemeint sind (die höheren kommen unmittelbar aus der Dialektik). Ähnlich SVF. I I I 278. 17/18 Es ergibt sich also folgende Stufenfolge: 1. Dialektik, Weisheit; 2. Einsicht, 'logische*, 'vollkommene* Tugenden; 3. 'niedere', 'natürliche* Tugenden. 17 6, 10 έπιλογισμός entspricht etwa der συγκεφαλαίωσις, Sextus Empiricus adv. log. 1, 224. 17 6, 13 Vitringas έτι halte ich für unerläßlich zur Herstellung des Satzes und kann nicht mit Cilento und Müller finden, daß es den Aufbau des Gedankens stört. 18 6, 17 ή ττρότερον: sc. εστί (nicht συναύξεται). 18 6, 20 είτα: an είπερ dachte Heintz, sehr ansprechend. Indessen läßt sich wohl die Überlieferung im gleichen Sinn verstehen. 18 6,20/21 Bei Härder 1 miß verstanden. Der Zusammenhang kommt erst in Ordnung, wenn man hinter 21 συντελειουται ein Fragezeichen setzt, das folgende ή als 'nein* auffaßt und in ετέρα - έτέραν keine Wechselseitigkeit erblickt, sondern die bestimmte Beziehung auf die Weisheit einerseits, die na­ türlichen Tugenden andererseits (dies letztere richtig in Brehiers Übersetzung). Damit ist 21 προλαβοΰσα zu halten.

IV 1

Περί ουσίας ψυχής

578

21 Das Wesen der Seele (II) IV 1 Περί ουσίας ψυχής β' Über den Text und das besondere textgeschichtliche Schicksal dieses kleinen Zettels vgl, Henry, jStats 16, 37 ff. Eine gelegentliche Interpretation von Plato Timaios 35 Α im Hin­ blick auf die Frage der Teilung, 4 18 αύτώ τφ μέρει muß gehalten werden; über die Interpretationsmöglichkeiten der schwierigen Stelle vgl. Henry,

fitats 39 f.

VERZEICHNIS DER GEKÜRZT ZITIERTEN

WERKE

Armstrong, Architecture: Α. Η. Armstrong, The Architecture of the Intellegible Universe in the Philosophy of Plotinus. Cambridge 1940 Arnou, Desir: R. Arnou, Le Desir de Dieu dans la philosophie de Plotin. Paris 1921 Becker, Plotin: O. Becker, Plotin und das Problem der geistigen Aneignung. Berlin 1940 Bouillet: Μ. Ν. Bouillet, Les Ennoades de Plotin. Paris 1857-1861 Brehier: £ . Brehier: Plotin, Enneades. Paris 1924-1938 Brehier, Notice: ebenda vor jeder einzelnen Schrift Brehier, Plotin: lS. Brohier, La Philosophie de Plotin. Paris 1928 Cilento: V. Cilento, Plotino, Enneadi. Bari 1947-1949 Creuzer: F . Creuzer, H. G. Moser, Plotinus opera omnia. Oxford 1835 Creuzer, De pulchr.: F . Creuzer, Plotinus Liber de Pulchritudine. Heidelberg 1814 Ficinus: Marsilius Ficinus, Plotini Opera, Latina Interpretatio. Florenz 1492 Gollwitzer: Th. Gollwitzer, Beiträge zur Kritik und Erklärung Plotins. Programm Kaiserslautern 1909 Härder 1 : die erste Auflage dieser Übersetzung, Leipzig 1930-1937 Heinemann: F . Heinemann, Plotin. Leipzig 1921 Heintz: in meinem Besitz befindliches Manuskript aus dem Nachlaß von W. Heintz (vgl. Härder 1 Vorrede zu Band I S. V I I I f.) Henry, E t a t s : P . Henry, Les iStats du texte de Plotin. Paris 1938 Henry, Eusebe: P . Henry, Recherches sur la Preparation iSvangelique d'Eusebe et l'edition perdue des oeuvres de Plotin publiee par Eustochius. Paris 1935

Verzeichnis der gekürzt zitierten Werke

580

Henry, Manuscrits: P . Henry, Les Manuscrits des Ennoades. Paris 1941 (Π948) Henry, Occident: P . Henry, Plotin et lOccident. Louvain 1934) Henry-Sehwyzer: Plotini opera ediderunt P . Henry et Hans-Rudolf Schwyzer. I . : Enn. I - I I I . Paris 1950 Kirchhoff: Plotini Opera ed. A. Kirchhoff. Leipzig 1856 Kleist, Studien: H . v. Kleist, Studien zu Plotin, Programm Leer 1888 Liddell-Scott-Jones: Α Greek-English Lexicon compiled by H. G. Liddell and R. Scott, revised by H . S. Jones. Oxford 1940 Müller: Plotinus Enneades ed. H . F . M ü l l e r . Berlin 18781880 Müller, Übersetzung: H. F . Müller, Die Enneaden Plotins, Berlin 1878-1880 R E : Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, herausg. von Pauly-Wissowa-Kroll-Ziegler Schwyzer, R E Plotinos: H. R. Schwyzer, Artikel Plotinos, R E Band X X I 1 Sp. 471-592, 1951 SVF: Stoicorum Veterum Fragmenta ed. J . ab Arnim. Leipzig 1903-1924 Theiler, Porphyrios: W. Theiler, Porphyrios und Augustin. Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft. Geisteswissenschaftliche Klasse 10, 1. 1933 Theiler Vorbereitung: W. Theiler, Die Vorbereitung des Neuplatonismus. Berlin 1930 Theol. Wörterbuch zum N T : Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, herausgegeben von G. Kittel (Bd. I-IV) und G. Friedrich (Bd. V). Stuttgart 1933-1954 Volkmann: Plotinus Enneades ed. R. Volkmann. Leipzig 1883-1884 Vorsokr.: H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, 6. Aufl. von W. Kranz. Berlin 1951-1952 Weitere bibliographische Auskunft bei Henry-Schwyzer S. XLIV ff. und in der Plotin-Bibliographie von B. Marien bei Cilentο Band I I I . I n den Anmerkungen ist immer vorausgesetzt der Apparat von Henry-Schwyzer, oder, wo diese noch nicht vorliegen, die Anmerkungen von Cilento.

ZITIERWEISE Normal gesetzt: chronologische Zählung + Paragraphen Paragraphen = gewöhnliche Schrift; Nummern der chronologischen Reihenfolge = fett gesetzt 3 = § 3 der vorliegenden Schrift 3 = Schrift Nr. 3 der chronologischen Reihenfolge 3, 3 = § 3 der Schrift Nr. 3 Kursiv gesetzt: Enneadenzählung -f- Kapitel und Zeilen der Ausgabe von Brohier 6 = Zeile 6 des vorliegenden Kapitels 6,6 = Kapitel 6 Zeile 6 VI 6 = 6. Schrift der 6. Enneade VI 6,6,6 = Zeile 6 Kapitel 6 der 6. Schrift der 6. Enneade.

ZÄHLUNGS SCHLÜSSEL Enneaden-Anordnung -> chronologische Reihenfolge Enn. chron. Enn. chron. Enn. chron. Enn. chron. Enn. chron. Enn. chron.

I

1 2 3 4 5 6 7 8 9

53 19 20 46 36 1 54 51 16

II 1 2 3 4 5 6 7 8 9

40 14 52 12 25 17 37 35 33

IIIl 2 3 4 δ 6 7 8 9

3 47 48 15 50 26 45 30 13

IV 1 2 3 4 5 6 7 8 9

21 4 27 28 29 41 2 6 8

V 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 49 7 32 24 18 31 5

VI 1 2 3 4 5 6 7 8 9

42 43 44 22 23 34 38 39 9

Chronologische Reihenfolge -> Enneaden-Anordnung chron. Enn. chron. Enn. Bd.I: I 6 1 2 IV 7 3 III 1 4 IV 2 5 V 9 6 IV 8 V 4 7 8 IV 9 9 VI 9 10 V 1

11 V 2 12 II 4 13 III 9 14 II 2 15 III 4 16 19 17 II 6 18 V 7 I 2 19 20 I 3 21 IV 1

chron. Enn. Bd. II: 22 VI 4 23 VI 5 24 V 6 25 II 5 26 III 6 27 IV 3 28 IV 4 29 IV 5

chron. Enn. Bd. III: 30 in 8 31 V 8 32 V 5 33 II 9 34 VI β 35 II 8 36 I 5 37 II 7 38 VI 7

chron. Enn. chron. Enn. Bd. IV: 39 VI 8 40 II 1 41 IV 6 42 VI 1 43 VI 2 44 VI 3 45 III 7

Bd.V: 46 I 4 47 III 2 48 III 3 49 V 3 50 III 5 51 18 52 II 3 53 I 1 54 ι 7

INHALTSVERZEICHNIS Band I a Vorwort

VII Text und Übersetzung

1 Das Schöne I 6 περί τον

2

χαλον

2 Die Unsterblichkeit der Seele IV

7 περί ά&ανασίας

26

ψνχής

3 Das Schicksal III

1 περί

70

ειμαρμένης

4 Das Wesen der Seele (I)

92

IV 2 περί ουσίας ψνχής β'

5 Geist, Ideen und Seiendes

102

V 9 περί vov xal τών Ιδεών χαϊ τοϋ δντος

6 Der Abstieg der Seele in die Leibeswelt IV 8 περί της είς τά σώματα χα&όδον

της

ψνχής

7 Das Erste und das nach ihm V 4 πώς άπό τον πρώτον

128 150

τά μετά τό πρώτον xal περί τον ενός

8 Die Einheit der Einzelseelen

158

IV 9 εΐ πασαι αϊ χρνχάί μία

9 Das Gute (Das Eine)

170

VI 9 περί τάγα&οϋ ή τον ενός

10 Die drei ursprünglichen Wesenheiten V 1 περί τών τριών άρχιχών

208

υποστάσεων

11 Entstehung und Ordnung der Dinge nach dem Ersten 238 V 2 περί γενέσεως

xal τάξεως

12 Die beiden Materien J I 4 περί τών δύο υλών

τών μετά τό

πρώτον

244

Inhaltsverzeichnis 18 Vermischte Untersuchungen

584 278

III 9 επισκέψεις διάφοροι

14 Die Kreisbewegung des Himmels

290

II 2 περί της κυκλοφορίας

16 Der Daimon der uns erloste

298

III 4 περί τον είληχότος ημάς δαίμονος

16 Berechtigter Freitod ?

312

/ 9 περί ευλόγου εξαγωγής

17 Wiebeschaffenheit

314

II 6 περί ποιότητος

18 Ob es auch von den Einzeldingen Ideen gebe . . . 324 F 7 περί τοϋ εΐ καΐ των καθέκαστα είσϊν Ιδέαι

19 Die Tugenden

332

Ι 2 περί αρετών

20 Dialektik

350

Ι 3 περί διαλεκτικής

21 Das Wesen der Seele (II) . .

v

360

IV 1 περί ουσίας ψυχής β*

Band Ib Anmerkungen Verzeichnis der gekürzt zitierten Werke Zitierweise Zählungsschlüssel Inhaltsverzeichnis

365 579 581 362 und 582 363 und 583