Schaukästen der Wissenschaft: Die Sammlungen an der Universität Wien 9783205792284, 9783205787228

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Schaukästen der Wissenschaft: Die Sammlungen an der Universität Wien
 9783205792284, 9783205787228

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Claudia Feigl (Hg.)

SCHAUKÄSTEN DER WISSENSCHAFT Die Sammlungen an der Universität Wien

2012 BÖHLAU VERLAG WIEN • KÖLN • WEIMAR

Gedruckt mit der freundlichen Unterstützung durch :

Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in Wien

MA 7, Kulturabteilung der Stadt Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildungen: Große Abbildung: Modelle verschiedener Kristallformen. Aus der

Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallo­ graphie; Foto: Claudia Feigl Kleine Abbildung: Gipsabguss des Hermes mit dem Dionysosknaben aus Olympia (Marmor), um 320 v. Chr. Aus der Archäologischen Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie ; Foto: Claudia Feigl

© 2012 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, 1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung: Balto print, Vilnius Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Lithuania ISBN 978-3-205-78722-8

Die Herausgeberin dankt Herrn HR Mag. Josef Friedl für die sorgfältige ­D urchsicht des Manuskripts.

INHALTSVER ZEICHNIS

Heinz W. Engl Wissen sammeln Maria Seissl Innovationsfeld Sammlungen Claudia Feigl Die gegenständliche Universität Peter-Christian Jánosi, Irene Kaplan Sammlung des Instituts für Ägyptologie

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21

Hubert Szemethy Sammlung des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik 25 Maria Teschler-Nicola Anthropologische Sammlung

Günter Müller Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen

49

Li Gerhalter Sammlung Frauennachlässe

53

Alexander Schiller Nachlass Erich Frauwallner

57

Walter Lang Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung

59

Irene Jörg Gesteinssammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung 63

29 Alexandra Gappmayr Historische Sammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung

65

Ralf Buchner Historische Bildersammlung des Fakultätszentrums für Biodiversität 37

Alexandra Gappmayr Kartensammlung der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung

69

Michael Kiehn Die Pflanzensammlungen des Botanischen Gartens 41

Robert Peticzka Lackprofilsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung

73

Tanja Fabian Ernest-Dichter-Archiv

Wolfgang Rudolf Kainrath Nachlassbibliothek Dionys Ritter von Grün

75

Wolfgang Rudolf Kainrath Teilnachlass Friedrich Simony

77

Marion Meyer Archäologische Sammlung

33

47

Inhaltsverzeichnis 

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Richard Lein Geologisches Archiv Richard Lein, Friedrich Popp, Michael Wagreich Geologische Sammlung

Martin Engel Plansammlung des Instituts für Kunstgeschichte

119

Anton Amann Paul F. Lazarsfeld-Archiv

121

Wolfram Richter Mineraliensammlung des Departments für Lithosphärenforschung

123

Hans-Dominik Schwabl Historische Sammlung der Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik und Informatik

125

Herta Silvia Effenberger Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallographie

127

103

August Schmidhofer Musikinstrumentensammlung

131

107

Hubert Emmerig Sammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte

135

Karl Rauscher Paläontologische Sammlung

139

Christa Kletter Historische Sammlungen des Departments für Pharmakognosie

143

Franz Sachslehner Physikhistorische Sammlung

147

Irene Lichtscheidl Sammlungen des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie

151

81

85

Walter Till Herbarium der Universität Wien

89

Wolfgang Waitzbauer Insektensammlung

93

Roland Domenig Japanologische Sammlung Pia Janke Elfriede Jelinek-Forschungszentrum Julia Gohm-Lezuo, Ruth Haselmair, Cathrin Lipowec Sammlungen des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie Friedrich Polleroß Diasammlung des Instituts für Kunstgeschichte Martin Engel Fotosammlung des Instituts für Kunstgeschichte Friedrich Polleroß Gipsabguss-Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte Martin Engel Originalsammlung des Instituts für Kunstgeschichte

8  ]  Inhaltsverzeichnis

95

99

109

113

115

Irene Lichtscheidl Sammlung pflanzlicher Rohstoffe des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie Manfred Bobrowsky Videoarchiv des Instituts für Publizistikund Kommunikationswissenschaft

Daniel Siderits Sammlung Zoologischer Wandtafeln

197

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

201

Personenregister

204

Bildnachweis

211

155

157

Michael Zach Sudanarchäologische Sammlung

159

Birgit Peter Theaterhistorisches Archiv

163

Klemens Gruber, David Krems Intermediales Bildarchiv des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft

167

Anton Fuxjäger Videothek des Instituts für Theater-, Filmund Medienwissenschaft

169

Thomas Maisel Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs

171

Isolde Müller, Thomas Posch Universitätssternwarte und Museum des Instituts für Astronomie

179

Violetta Reiter, Alois Stuppner Studiensammlung des Instituts für Urund Frühgeschichte

185

Verena Widorn Western Himalaya Archive Vienna (WHAV)

189

Daniel Siderits Zoologische Sammlung

193

Inhaltsverzeichnis 

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WISSEN SA MMELN

Wissen zu sammeln, neue Erkenntnisse zu gewinnen und dieses Wissen zu vermitteln ist Universität. Die nahezu 650-jährige Tradition bringt es mit sich, dass die Universität Wien über wertvolle alte Bücher und Handschriften ebenso verfügt wie über vielfältige Sammlungen. Mehrheitlich sind diese in früheren Jahrhunderten entstanden, teilweise bilden sie auch noch im 21. Jahrhundert den Ausgangspunkt für Forschungsthemen. Heute können etwa Sammlungsstücke mit weiterentwickelten Untersuchungsmethoden neu analysiert werden, beispielsweise werden historische Pflanzenbelege inzwischen genetisch erforscht oder Ausstellungsstücke mit dem Computer analysiert. Diese innovativen Untersuchungsmethoden und Möglichkeiten der Digitalisierung öffnen nicht nur die Türen für neue Formen der Archivierung, sondern ermöglichen auch einen breiteren öffentlichen Zugang zu den Sammlungen über das Internet. Viele Institute und Einrichtungen der Universität Wien verfügen über Archive, Sammlungen und Nachlässe, die in Forschung, Studium und Lehre Verwendung finden. Die Bandbreite reicht dabei von lebensgeschichtlichen Aufzeichnungen über Münzsammlungen bis hin zu Herbarien. Die Vielfalt der Universität Wien in ihren Studien- und Forschungsrichtungen spiegelt sich damit auch in ihren Sammlungen wider. Ausgangspunkt von universitären Sammlungen war und ist das wissenschaftliche Interesse, das »zur Schaustellen« hingegen nicht ureigenster Zweck. Allerdings hat sich in den letzten Jahren das Umfeld geändert, die wissenschaftlichen Methoden haben sich weiterentwickelt und allein aus disziplinärem Selbstbezug kann für Sammlungen keine Existenzberechtigung mehr abgeleitet werden. Auf die Fragen der Öffentlichkeit sind Antworten zu geben  : Welchen Zweck haben Sammlungen

für Forschung und Lehre  ? Gerade gegenüber der interessierten Öffentlichkeit ist zu dokumentieren, welchen Zweck Sammlungen auch im Jahr 2011 haben. Sofern inzwischen der museale Charakter im Vordergrund steht, ist für eine adäquate Lagerung und Ausstellung von wertvollen Exponaten Sorge zu tragen, durchaus auch mit Unterstützung von externen Partnern, insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Museen. Im vorliegenden Band hat Frau Claudia Feigl den in der Vergangenheit entstandenen Sammlungsschatz der Universität dokumentiert und damit einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Zukunft der universitären Sammlungen zu gestalten. Die Universität Wien freut sich über Ihr Interesse und möchte mit dem vorliegenden Band einen informativen Einblick bieten. Heinz W. Engl Rektor der Universität Wien

Wissen sammeln 

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INNOVATIONSFELD SA MMLUNGEN

Als im Jahre 2007 das Projekt »Sammlungen an der Universität Wien« an der Dienstleistungseinrichtung Bibliotheks- und Archivwesen eingerichtet wurde, war es erklärtes Ziel und Auftrag, die vielfältigen wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen an der Universität Wien systematisch zu erheben und für die interne und externe Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen. So sollte unter anderem auch ein Gesamtverzeichnis erstellt und im Internet präsentiert werden – stets mit dem Ziel, die Sammlungsbestände als Ressourcen für universitäre Lehre und Forschung besser zugänglich und die auch kulturell bedeutsamen Bestände einem interessierten Publikum bekannt zu machen  : http://bibliothek.univie.ac.at/sammlungen/ Aufgrund des großen Erfolges des Projekts wurde an der DLE Bibliotheks- und Archivwesen die Funktion einer Sammlungsbeauftragten der Universität Wien als Stabsstelle eingerichtet. Sie führt die Gesamtübersicht über alle Sammlungen und dient als Schnittstelle zur Verbesserung von Kommunikation und Vernetzung der an den einzelnen Instituten untergebrachten Sammlungen. Außerdem werden Standards im Umgang mit den Beständen sowie ein gesamtuniversitäres Konzept zu Funktion und Nutzung der Sammlungen erarbeitet. Wurden im Rahmen des Projektes noch Best-PracticeModelle an anderen Einrichtungen untersucht, wird das Vorgehen der Universität Wien nunmehr selbst als BestPractice-Modell angesehen, wie zahlreiche Besuche und Einladungen zu Vorträgen aus dem Ausland zeigen und auch der deutsche Wissenschaftsrat in seinen im Jänner 2011 veröffentlichten »Empfehlungen zu wissenschaftlichen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen« bestätigt. Die wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen spiegeln die Lehr- und Forschungstätigkeit der

Universität auf einzigartige Art und Weise wider und sind Grundlagen und Infrastruktur für Wissenschaft und deren Vermittlung. Mit der Publikation dieses Bandes möchte die Universität Wien die Vielfalt ihrer Sammlungen in ihrer Gesamtheit erstmals in Buchform vorstellen. Maria Seissl Leiterin des Bibliotheks- und Archivwesens der Universität Wien

Innovationsfeld Sammlungen 

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Claudia Feigl

DIE GEGENSTÄNDLICHE UNIVERSITÄT Die Universität Wien und ihre Sammlungen

An den meisten Universitäten haben sich im Laufe der Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte mehr oder weniger große Mengen an Gegenständen angesammelt, die für Wissenschaft, Lehre und Forschung angeschafft wurden. Sie spielten im universitären Betrieb eine unverzichtbare Rolle und tun dies in der Regel noch heute. Diese Materialsammlungen haben ihre jeweils eigene Entstehungsgeschichte und sind in ihren Zusammenstellungen einzigartig. Anders als Sammlungen an Museen oder Archiven, Privatsammlungen oder kirchliche Sammlungen wurden sie nicht einer bestimmten Erwerbungspolitik folgend aufgebaut, sondern im Zuge einer konkreten wissenschaftlichen Tätigkeit an den verschiedenen Instituten gegründet, wo sie bis auf einzelne Ausnahmen bis heute untergebracht sind. Damit sind sie einerseits stark mit der Universitätsgeschichte, aber auch mit den jeweiligen Personen, von denen sie aufgebaut und erweitert wurden, verknüpft und spiegeln andererseits die wissenschaftliche Praxis der verschiedenen Disziplinen auf einzigartige Art und Weise wider. Und obwohl solche Gegenstände schon seit mehreren Jahrhunderten als Objekte der Forschung und Anschauungsmaterialien an Universitäten eine wichtige Funktion innehatten, rückten sie erst seit Kurzem wieder in den Blickpunkt eines breiteren Interesses. Die lange Phase ihrer Nichtbeachtung hängt wohl mit dem Schattendasein zusammen, das die meisten akademischen Sammlungen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts fristeten, als ein Teil der Bestände aufgrund der raschen technischen Entwicklungen den modernen Unterrichtsmethoden nicht mehr genügten und auch für die zeitgenössische Forschung nicht mehr von Interesse waren. Viele der schon lange bestehenden Sammlungen wur-

den damals in Kisten und Schränke verpackt, in Depots verräumt oder in Keller verlagert. Mittlerweile hat sich die Situation jedoch geändert  : Universitätssammlungen werden erneut zum Gegenstand der Forschung, vor allem der Kultur- und Geschichtswissenschaften, bilden die Basis internationaler Vereinigungen und bestücken viel besuchte Ausstellungen. Diese Entwicklung, die im deutschsprachigen Raum ihren Ausgang in Berlin nahm, ist seit ein paar Jahren auch in Österreich angelangt. Im Jahr 2007 startete an der Universität Wien ein Projekt, das sich in einem Zeitraum von drei Jahren mit der Sichtung und Dokumentation der akademischen Sammlungen und Einrichtungen beschäftigte. Aus dem Projekt ist eine fixe Einrichtung hervorgegangen, deren Aufgabe die Koordination und langfristige Erhaltung der Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen ist. Das Projekt, dessen inhaltliche Gestaltung und wissenschaftliche Bearbeitung in den Händen der Verfasserin dieses Beitrags lag, war Grundlage einer Masterarbeit mit demselben Titel und bildet auch die Basis dieses Sammelbandes, der erstmals die Sammlungen an der Universität Wien in Buchform präsentiert. Als eine der ältesten und größten Universitäten Europas verfügt die Universität Wien über eine besonders große und vielfältige Anzahl an Sammlungen, die im deutschsprachigen Raum einzigartig ist. Dies ist nicht nur auf das lange Bestehen der im Jahre 1365 gegründeten Universität zurückzuführen, sondern auch darauf, dass sie bis ins Jahr 2004 den Rang einer Volluniversität innehatte und damit Studienfächer aus den Bereichen der Natur-, Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, aber auch der Medizin und Theologie anbot. Doch selbst nach der Ausgliederung der medizinischen Die gegenständliche Universität 

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Fakultät und den dazugehörigen Sammlungen weist die Universität eine beachtliche Zahl an Sammlungsbeständen auf, die das nach wie vor sehr vielfältige Angebot an Studienfächern widerspiegeln. Nicht an jedem Studienfach ist eine Sammlung zu finden, dennoch sind heute rund hundert Sammlungen an der Universität Wien untergebracht, deren Ursprünge zum überwiegenden Teil in die Zeit zwischen der zweiten Hälfte des 19. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückreichen. Von Beginn an erfüllten sie eine Vielzahl von Aufgaben und sind zum Großteil bis heute Teil des universitären Alltags. Als Sammlung werden dabei all jene Bestände verstanden, die sich aus materiellen Dingen zusammensetzen, die wiederum mit einer bestimmten Absicht zusammengetragen wurden. Das gemeinsame Ziel dabei war der Einsatz der Objekte in Lehre, Wissenschaft und Forschung, wobei eine Sammlung oft mehrere Funktionen gleichzeitig zu erfüllen hatte  : nicht nur für die Lehre, auch für wissenschaftliche Untersuchungen wurden Objekte gesammelt, angekauft oder als Schenkung angenommen. Und bis heute hat sich an dieser Praxis des Bestandsaufbaus nichts geändert. Die Ursprünge der ersten Sammlungen der Universität Wien liegen in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als im Zuge der Universitätsreformen Kaiserin Maria Theresias im Jahre 1752 das Fach Naturgeschichte an der philosophischen Fakultät eingerichtet und möglicherweise schon eine kleine Auswahl an Instrumenten und mineralogischen, zoologischen und botanischen Objekten angeschafft wurde. Maria Theresia war es auch, die ein neues, dreistöckiges Universitätsgebäude in der Bäckerstraße errichten ließ, das 1756 feierlich eröffnet wurde und heute die Österreichische Akademie der Wissenschaften beherbergt. Das Gebäude war unter anderem mit einem prunkvollen Festsaal, mehreren Hörsälen, einem anatomischen Theater, einem chemischen Laboratorium und auf dem Dach des Hauses mit einer Sternwarte ausgestattet. 1774 kam es schließlich zur Institutionalisierung einer ersten eigentlichen Universitätssammlung, dem sogenannten »Naturalien-Cabinet«, das mineralogische, botanische aber auch zoologische 16  ]  Claudia Feigl

Objekte enthielt. In seinem 1796 erschienenen Werk mit dem Titel »Kurzer Inbegriff von dem Ursprunge der Wissenschaften, Schulen, Akademien, und Universitäten in ganz Europa, besonders aber der Akademien und hohen Schule zu Wien« beschreibt Friedrich Colland die Ausstattung des neuen Universitätsgebäudes und erwähnt dabei auch die vorhandenen Sammlungen  : In diesem neuen Universitäts-Gebäude aber wurde hauptsächlich für die nöthigen Hörsäle der höheren Wissenschaften Sorge getragen. Auch ward in dem ersten Stockwerke alda ein sehr grosser prächtiger von Guglielmi herrlich gemahlter Saal, worinn die Rektorwahl, Disputazionen, und andere Universitäts-Feyerlichkeiten gehalten werden, zubereitet, von diesem gegen über befindet sich der physikalisch- und mechanische Hörsaal mit einer sehr ansehnlichen, und merkwürdigen Sammlung von physikalischen Instrumenten, Kunststücken, und mechanischen Modellen, neben diesem ist der theologische Hörsaal. […] Im 3ten Stocke ist eine mit sehr guten Instrumenten versehene hohe Sternwarte angebracht. Zusätzlich gab es im gegenüberliegenden alten Universitätsgebäude noch weitere Räumlichkeiten, in denen das 1774 gegründete »Naturalien-Cabinet« untergebracht war  : In einem ungefähr 30 Schritte von dem neuen UniversitätsHause entfernten, vormals den Jesuiten gehörigen Gebäude befindet sich das prächtige für die Vorlesungen der Naturgeschichte bestimmte Naturalien-Kabinet (Vormals wurden allda von dem berühmten Pater Franz S.J. verschiedene physikalische Versuche in Gegenwart sehr zahlreich versammelter hoher und niederer Zuschauer angestellt.) worinn nebst der ansehnlichen, und kostspieligen Sammlung des Thier- und Mineralien-Reichs, die beiden Wendeltreppen, oder fliegenden Stiegen, und der vormals dem k. k. Thiergarten zu Schönbrunn umgekommene 15jährige Elephant, dessen Haut ausgeschoppt, und dessen Beine von dem berühmten Herrn Professor Barth sceletesirt, und alda aufgestellt wurden, besonders merkwürdig ist. Auch ist daselbst

ein chemisches Laboratorium, um die zur Naturgeschichte nöthigen Experimente anzustellen, zubereitet worden, was aber sammt dem Naturalien-Saal, und dem Auditorium vom Herrn Professor Jordan seit einigen Jahren durchaus sehr verbessert, und vermehret worden ist. Einige Jahre zuvor, nämlich 1754, wurde eine weitere, bis heute bedeutende Einrichtung gegründet, deren Ziel ebenfalls vorrangig in der Anschauung und Vermittlung lag  : Damit aber auch die Schüler der Arzneykunde die so nöthige Pflanzenkenntnis erlernen mögen, so kaufte Maria Theresia auf Anrathen des Freyherrn van Swieten das auf dem Rennwege bef indliche Haus und Garten des Herrn von He[u]nisch, und ließ alda den nun unter der Aufsicht des Herrn Professors von Jacquin so sehr in Flor gebrachten, mit allen möglichen in- und ausländischen, zum Theil sehr seltenen Gewächsen versehenen botanischen Garten anlegen. Die in der Mitte des 18. Jahrhunderts gegründeten akademischen Sammlungen und Einrichtungen bestehen noch heute, wenngleich in anderer Form und Ausstattung. Der Botanische Garten, das »Naturhistorische Museum«, das »Physikalische Kabinett« und die Sternwarte der Universität Wien wurden laufend erweitert, Bestände ausgesondert und durch neue ersetzt. Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, nach den 1849 durch Minister Leopold Graf von Thun-Hohenstein durchgeführten Hochschulreformen, wurden infolge der sich mehr und mehr ausdifferenzierenden Wissenschaften zahlreiche neue Lehrstühle und Institute eingerichtet und viele neue Sammlungen gegründet. Die zunehmende Spezialisierung der objektbezogenen Disziplinen verlangte nach umfangreicheren, weil spezifischeren Sammlungen und so wurden bereits bestehende Sammlungen aufgeteilt, ergänzt und neu aufgestellt. Mit der Fertigstellung eines neuen Universitätshauptgebäudes am Ring im Jahre 1884 bestand endlich die Möglichkeit, die bis dahin über die Stadt verstreuten und zum Teil in Privatwohnungen von Professoren untergebrachten

Sammlungen räumlich zusammenzuführen und würdig aufzustellen. Damit erfüllten die Sammlungen nicht nur didaktische und wissenschaftliche Zwecke, sondern dienten auch der Repräsentation der oftmals noch recht jungen Disziplinen und Institute, aber auch der Universität überhaupt. Diese Funktion trat mit der zunehmenden Raumnot in den darauffolgenden Jahrzehnten immer mehr in den Hintergrund. Auch die Tatsache, dass ein Teil der Sammlungsbestände aufgrund von Verschiebungen der Forschungs- und Lehrinhalte nach und nach an Wichtigkeit verlor, trug dazu bei, dass im Zuge von Übersiedlungen in neue Universitätsgebäude schon länger bestehenden Sammlungen von vornherein weniger Platz zugestanden wurde. Es findet jedoch auch eine gegenläufige Entwicklung statt, denn nach wie vor werden neue Sammlungen angelegt, die die Grundlage neuer Forschungsgebiete bilden  : etwa die Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte, das Western Himalaya Archive Vienna am Institut für Kunstgeschichte oder die Bestände des Elfriede-JelinekForschungszentrums am Institut für Germanistik. Akademische Sammlungen befinden sich generell ständig in Bewegung, werden ergänzt, erneuert und erweitert und im Zuge von strukturellen Änderungen in der Organisation der Institute, Departments und Fakultäten zusammengelegt, getrennt und verlagert. Im Vordergrund steht dabei ihre wissenschaftliche Nutzung, weshalb sie stets an der Einrichtung aufbewahrt werden, an der sie in Lehre und Forschung eingesetzt werden. Ein Großteil der Sammlungsbestände setzt sich aus Gegenständen zusammen, die als Anschauungsobjekte sowohl abstrakter wie auch konkreter Inhalte angeschafft oder aber auch speziell angefertigt wurden. Eine wichtige Objektgruppe bilden dabei die Modelle, die in den verschiedensten Ausführungen und Materialien vorliegen – seien es die von Studierenden selbst hergestellten und bemalten Kristallmodelle aus Pappe, die industriell fabrizierten mathematischen Modelle aus Holz und Metall, die Gipsmodelle von Einzellern oder aber die wertvollen Pflanzen- und Tiermodelle aus dem 19. Jahrhundert, die aus Gelatine, Wachs und Glas geDie gegenständliche Universität 

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fertigte Produkte höchster Handwerkskunst darstellen. Letztere werden freilich nicht mehr in der Lehre eingesetzt, ebenso wenig wie die vielen noch erhaltenen Wandtafeln aus dem späten 19. Jahrhundert, die gleich den historischen Modellen mittlerweile Objekte von hohem kulturhistorischem Wert geworden sind. Eine weitere, für die Lehre wichtige Objektgruppe bilden die Gipsabgüsse, die einerseits von antiken Skulpturen, Reliefs und Münzen angefertigt wurden, aber auch von diversen kunsthistorischen Objekten sowie prähistorischen Funden. Den größten Teil bilden jedoch »Originale«, die anders als in Sammlungen anderer Institutionen nicht der ausschließlichen Betrachtung dienen, sondern von den Studierenden in die Hand genommen und gedreht, gewendet, gewogen, abgetastet und genau untersucht werden wollen. Der angeleitete Umgang mit den Originalen ist in einigen Fächern nach wie vor im Studienplan fest verankert, die Ausbildung ohne die zur Verfügung stehenden Objekte undenkbar. Dies ist vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern wie etwa der Botanik, Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Fall, aber auch in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern wie der Archäologie, der Ur- und Frühgeschichte, der Kunstgeschichte und der Numismatik. Ergänzt werden diese Objektbestände durch Bildmaterialien, die in mannigfacher Form bestehen und bis vor einiger Zeit ebenfalls sehr intensiv in der Lehre eingesetzt wurden. Eine der ältesten diesbezüglichen Sammlungen ist die Fotosammlung des Instituts für Kunstgeschichte, das 1852 gegründet wurde und noch heute einige wenige Abzüge aus dieser Zeit besitzt. Neben Sammlungen von Fotoabzügen wurden um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auch erste Diasammlungen angelegt. Diese Dias, die zunächst in Form von Glasplatten unterschiedlicher Formate angefertigt und im Rahmen von Lehrveranstaltungen auf Leinwände projiziert wurden, bilden nicht nur Reproduktionen aus Druckwerken ab, sondern zeigen zum Teil auch Bilder von Exkursionen, die von Angehörigen der Universität bis in die Zwischenkriegsjahre in größerer Zahl unternommen wurden. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang etwa auf die 18  ]  Claudia Feigl

botanischen Exkursionen, die um 1900 in die verschiedenen Regionen der Habsburgermonarchie, aber auch nach Südamerika, Nordafrika und Asien führten. Erst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzten sich allmählich die kleinformatigen Dias mit Kunststoffrahmen durch, die bis heute, wenn auch in digitalisierter Form, in Wissenschaft und Lehre Verwendung finden. Neben den klassischen Lehrmittelsammlungen finden sich aber auch Sammlungen, die sich aus Objektbeständen zusammensetzen, die zur Bearbeitung bestimmter Forschungsthemen oder zum Abfassen von wissenschaftlichen (Abschluss-)Arbeiten angeschafft wurden. Bei diesen Objekten handelt es sich etwa um von den jeweiligen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern selbst zusammengetragene Stücke, wie beispielsweise prähistorische Kleinfunde, Knochen, Mineralien und Bodenproben, aber auch um Gipsabgüsse von Münzen, die in Museen der ganzen Welt angefertigt wurden, um dann gemeinsam in einer Kassette in einem Professorenzimmer aufbewahrt und studiert zu werden. Sobald die Objekte nicht mehr den aktuellen wissenschaftlichen Interessen entsprechen, erfahren sie einen Bedeutungswandel von »Gebrauchsgegenständen« hin zu historischen Objekten, deren Funktion dann oft in der Wissenschaftsvermittlung liegt. Bei diesen auch materiell wertvollen Stücken handelt es sich beispielsweise um optische Geräte und Instrumente, Globen und Modelle aus dem 19. Jahrhundert. Vor einiger Zeit wurden diese für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte bedeutenden Objekte oft an Museen abgegeben. Heute wird hingegen versucht, die Rahmenbedingungen an der Universität zur Unterbringung dieser wertvollen Stücke so weit zu verbessern, dass sie am jeweiligen Institut belassen werden können und so weiterhin für zukünftige wissenschaftliche Forschung bereitstehen. Denn dass diese Entwicklung auch wieder in die entgegengesetzte Richtung verlaufen kann, beweisen etwa jüngste Untersuchungen an historischen zoologischen Präparaten, bei denen erfolgreich DNA-Proben entnommen werden konnten, die wiederum die Grundlage neuer Forschungsfragen bilden. Überhaupt erweisen sich die

historischen naturwissenschaftlichen Sammlungen zunehmend als unschätzbare Quellen für Fragen zur Biodiversitäts- und Evolutionsforschung. Zu den genannten Beständen treten noch Spezialsammlungen, die sich aus bestimmten Objektgruppen zusammensetzen, etwa die zahlreichen Mediatheken, in denen Ton-, Bild- oder Filmträger aufbewahrt werden. Die Bestände reichen zuweilen bis ins 19. Jahrhundert zurück und erhalten als Quellen aktueller wissenschaftshistorischer Fragestellungen neue Bedeutung. Zuletzt sei noch auf die zahlreichen wissenschaftlichen Nachlässe ehemaliger an der Universität Wien tätigen Professorinnen und Professoren hingewiesen, die neben Vorlesungsmanuskripten, Briefen, Notizbüchern und Terminkalendern auch Fotografien, Zeitungsausschnitte, Tonbänder, Zeitschriften, Videokassetten und Kleingegenstände beinhalten können. Die Sammlungen sind in der Regel nicht öffentlich zugänglich, sondern können nur gegen Voranmeldung besichtigt werden. Dies hat zum einen personelle Gründe, zum anderen sind die räumlichen Voraussetzungen oft nicht gegeben, um die Bestände besucherfreundlich in Vitrinen auszustellen. Ausnahmen stellen größere Einrichtungen wie der Botanische Garten und die Universitätssternwarte dar, die ganzjährig Führungen und ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm anbieten. Bei einigen Sammlungen wird die Möglichkeit genutzt, in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Instituts Schaukästen aufzustellen und mit ausgewählten Stücken zu füllen. Anhand der Objekte werden gerne bestimmte Themengebiete oder aktuelle Forschungsvorhaben vorgestellt. Immer häufiger werden bei der Gestaltung Studierende miteinbezogen und Ausstellungen im Rahmen von Lehrveranstaltungen gestaltet. Zwei der Sammlungen werden in Räumen aufbewahrt, die gleichzeitig für Lehrveranstaltungen, Vorträge und Empfänge genutzt werden  : die Archäologische Sammlung und die Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte. Diese Art der Aufstellung entspricht der ursprünglich an Universitäten üblichen Form der Aufbewahrung. Für die Studierenden, aber auch die Lehren-

den ist die Sammlung auf diese Weise leicht zugänglich und die Objekte für die Vermittlung von Lehrinhalten, aber auch für Prüfungszwecke sofort verfügbar. Darüber hinaus können die Studierenden die Sammlung auch außerhalb von Lehrveranstaltungen als Ort des Lernens und der Vertiefung nutzen, um sich auf bevorstehende Prüfungen vorzubereiten oder aber auch um sich mit bestimmten Objekten eingehender auseinanderzusetzen. Der überwiegende Teil der Sammlungen ist jedoch in nicht öffentlich zugänglichen Institutsräumen in Schränken, Rollregalen oder Kellerabteilen untergebracht. Diese aufgrund der allgegenwärtigen Ressourcenknappheit seit der Mitte des 20. Jahrhunderts weit verbreitete Situation hat dazu geführt, dass das Wissen von und über die Sammlungen bis vor Kurzem stetig abgenommen hat und Studierende in einzelnen Fällen von einer am Institut vorhandenen Sammlung gar nichts wussten. Durch das Projekt zur Erhebung und besseren Sichtbarmachung der Sammlungen hat sich dieser Zustand geändert und das Interesse, sich den historisch gewachsenen Sammlungen mit neuen, aktuellen Fragestellungen wieder anzunähern, stark zugenommen. Das Bewusstsein der Einzigartigkeit und Unwiederbringlichkeit solcher Objekte, deren kultureller Wert und potenzielle Bedeutung für zukünftige wissenschaftliche Tätigkeiten zunehmend in den Vordergrund rückt, hat dazu geführt, dass nun großer Wert auf die Erhaltung der Sammlungen gelegt wird. In jüngster Zeit vermehrt durchgeführte Digitalisierungs- und Restaurierungsprojekte sollen dafür sorgen, dass die Bestände auch zukünftigen Generationen von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, Studierenden und einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

Die gegenständliche Universität 

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Peter-Christian Jánosi, Irene Kaplan

SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR ÄGYP TOLOGIE

Die Sammlung des Instituts für Ägyptologie geht auf die Gründung des Instituts im Jahre 1923 zurück und setzt sich aus einer Objektsammlung und einer Sammlung alter Fotografien und Glasplattendias zusammen. Der größte Teil der Objektsammlung stammt von Ausgrabungen, die der Gründer des Instituts, Hermann Junker (1877–1962), im Auftrag der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (heute  : Österreichische Akademie der Wissenschaften) zwischen 1910 und 1939 in Ägypten durchgeführt hatte. Zahlreiche Fundstücke gelangten aufgrund der damals geltenden gesetzlichen Regelung mit den ägyptischen Behörden nach der Fundteilung nach Wien und befinden sich heute in der ägyptischorientalischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien. Einen kleinen Anteil von Objekten, die wohl im Besitz des Ausgräbers verblieben waren, erhielt später das Institut für Ägyptologie und Afrikanistik (wie es vor der Teilung 1979 noch hieß) als Geschenk. Die Sammlung wurde in der Zeit von 1923–1939 in den Räumlichkeiten des ursprünglichen Instituts-standorts in der Albertina (Wien 1, Augustinerbastei 1) aufgestellt. Im Jahr 1940 übersiedelten Institut und Sammlung in eine Privatwohnung im neunten Wiener Gemeindebezirk, in der sich beide noch heute befinden. Insgesamt zählt die Sammlung etwa 350 archäologische Objekte, wobei der Schwerpunkt auf Keramiken liegt, die mehrere Tausend Jahre an pharaonischer Kultur abdecken. Die Objektsammlung ist sowohl als Schau- als auch als Lehrsammlung anzusehen. Die Aufstellung in den Vitrinen erfolgte vor allem nach Objektgruppen und chronologischen Aspekten und nur vereinzelt nach den verschiedenen Fundplätzen. Bei vielen der thematisch aufgestellten Objekte ist leider kein Fundkontext mehr rekonstruierbar. Die ältesten Funde der Sammlung stammen von Junkers Grabungen in der Zeit zwischen 1929 bis 1934

Abb 1: Die ersten Institutsräumlichkeiten in der Albertina (Augustinerbastei 1), um 1930

sowie in den Jahren 1937 und 1939. Sie fanden zum Teil in Kooperation mit dem Stockholmer Staatlichen Historischen Museum vor allem in Merimde Beni Salame im westlichen Nildelta sowie im benachbarten Abu Ghalib statt. Bei den Objekten aus Merimde handelt es sich vorwiegend um Steingeräte (Werkzeuge und Pfeilspitzen) sowie neolithische handgefertigte Keramik aus dem frühen 5. Jahrtausend v. Chr. Aus Abu Ghalib sind einige mikrolithische Werkzeuge vorhanden. Die ObSammlung des Instituts für Ägyptologie 

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Abb 2: Vorratsgefäß mit einem frühen Königsnamen, Nagada IIIB-Zeit, ca. 3.100 v. Chr.

jekte aus der Vor- und Frühzeit (rund 500.000–2.700 v. Chr.) und des Alten Reichs (2.700–2.200 v. Chr.) wurden in den Nekropolen von Tura und Giza gefunden. Die Friedhöfe von Tura (Grabung 1909–1910), etwa 13 km südlich von Kairo gelegen, lieferten eine Reihe von Zylindergefäßen, die als typische Vertreter einer typologischen Entwicklungsreihe angesehen werden können und daher für chronologische Studien wertvoll sind. Der restliche Bestand an Keramiken umfasst Schalen und verschiedene andere Gefäße. Besonders bemerkenswert ist ein etwa 50 cm hohes Vorratsgefäß, das eine seltene Topfmarke mit einem frühen Königsnamen »Serech« aus der Nagada IIIB-Zeit (etwa 3.100 v. Chr.) trägt. Die aus Giza (Grabungen 1912–14 und 1925–29) stammenden 26 Ton- und sechs Kalzitminiaturgefäße datieren vermutlich aus der 5. Dynastie (rund 2.450–2.300 v. Chr.). Eines der wenigen Fundstücke mit gesicherter Herkunft ist eine Flintklinge, die im Westfriedhof in der Mastaba IIs gefunden wurde und in die 22  ]  Peter-Christian Jánosi, Irene Kaplan

4. Dynastie (rund 2.550–2.450 v. Chr.) datiert. Die in der Sammlung befindliche Keramik der Friedhöfe von el-Kubanieh-Süd (Grabung 1910/11), Kubanieh-Nord (1911), Toschke (Grabung 1912) besteht hauptsächlich aus typischer Keramik der C-Gruppe (rund 2.300–1.550 v. Chr.), d.h. Näpfe mit inkrustiertem Ritzmuster und schwarzrandige Näpfe. Außerdem besitzt das Institut eine kleine Auswahl von Schmuck und Schminkzubehör aus den C-Gruppen-Gräbern von Toschke, darunter zwei Perlenketten aus Fayence, Karneol, Elfenbein und Knochen, zwei Armreifen aus Elfenbein und Muscheln, ein Fragment eines Ohrrings und ein Fingerring. Darüber hinaus gibt es Schminkutensilien in Form einer Muschelschale zum Anreiben der Schminke sowie Rötel und ein Schminkstäbchen. Die Funde aus Ermenne (Grabung 1911/1912) stammen mit Ausnahme einer Schminkpalette mit Reibstein (C-Gruppe) aus meroitischer (rund 270 v. Chr.–350 n. Chr., darunter ein mit geometrischem Muster bemalter Napf aus Ton) und christlicher Zeit (Grabplatte mit koptischer Inschrift und eine Grablampe aus Ton). Ergänzt wird die Sammlung durch glasierte Keramikfragmente unbekannter Provenienz mit floralen und geometrischen Mustern sowie Lampen aus islamischer Zeit. Im Jahr 1936 erhielt das Institut einige Objekte aus zwei privaten Sammlungen  : Die erste Schenkung beinhaltet zwölf Grabfigurinen (Uschebtis), drei bronzene Osirisfiguren und eine hellenistische Herme, wobei etwa die Hälfte der Uschebtis hieroglyphische Inschriften trägt. Die zweite Schenkung stammt aus dem Besitz der Ethnologin Etta Becker-Donner (1911–1975) und umfasst sechs liberianische Gelbgussplastiken. Die Fotosammlung besteht aus rund 400 alten Fotografien, die teils durch Ankäufe, teils über Nachlässe ins Institut gelangten (etwa durch jene von Georg Ebers und Felix von Luschan). Die Motive reichen von Architektur aus altägyptischer bis islamischer Zeit über Kunstwerke aus dem Ägyptischen Museum in Kairo bis zu Landschaften und Szenen mit ethnologischem Hintergrund. Einige der SchwarzWeiß-Bilder sind gerahmt und hängen in den Räumlichkeiten des Instituts, die meisten werden jedoch in

Mappen aufbewahrt. Weiters beinhaltet die Fotosammlung mehr als 1.400 alte fotografische Glasplattendias, vornehmlich im Format 8,5 x 8,5 cm und 8,5 x 9,8 cm. Dabei handelt es sich nicht um Negativplatten, sondern um Diapositive, die im Unterricht Verwendung fanden. Etwa ein Drittel halten Situationen und Objekte von Grabungen Hermann Junkers in Ägypten fest, die meisten dieser Aufnahmen stammen von den Grabungen bei den großen Pyramiden in Giza. Ein kleinerer Teil wurde bei den ersten Grabungen in Merimde aufgenommen. Der zweite große Teil der Glasplattensammlung umfasst Aufnahmen aus wissenschaftlichen Büchern (Grundrisse, Karten, Objekte etc.) beziehungsweise Museen, die ganz offensichtlich in der Lehre verwendet wurden. Eine weitere, kleinere Sparte bilden Aufnahmen aus Ägypten, dem Sudan und vermutlich Äthiopien, die den damaligen gemeinsamen Schwerpunkt des Instituts (Ägyptologie/Afrikanistik) widerspiegeln. Vor einigen Jahren vermachte der an der Universität Trier tätige Ordinarius für Ägyptologie Erich Winter (geb. 1928) dem Institut seine Sammlung fotografischer Glasplatten vom Tempel in Philäe, die als Grundlage für eine Veröffentlichung zu diesem Bauwerk dienten. Der wichtigste und größte Teil der alten Aufnahmen wurde digitalisiert, so etwa die Grabungsbilder bei den Pyramiden, die in einem großen archäologischen Onlinearchiv zum GizaPlateau abrufbar sind, sowie die Glasplatten des Tempels von Philäe, die Interessierten in der Bildarchivierungsdatenbank der Universität Wien digital zur Verfügung stehen. Adresse  : Institut für Ägyptologie Frankgasse 1 1090 Wien

Abb 3: Glasplattendia mit Statue der Hatschepsut, Berlin 1908

Junker, Hermann  : Giza I. Die Mastabas der IV. Dynastie auf dem Westfriedhof, Wien und Leipzig 1929. Junker, Hermann  : Bericht über die von der Akademie der Wissenschaften in Wien nach dem Westdelta entsendeten Expedition (20. Dezember 1927–25. Februar 1928), Wien und Leipzig 1928. Junker, Hermann  : Bericht über die Grabungen der Akademie der Wissenschaften in Wien auf den Friedhöfen von El-Kubanieh-Süd, Winter 1910–1911, Wien 1919. Junker, Hermann  : Bericht über die Grabungen der Akademie der Wissenschaften in Wien auf den Friedhöfen von El-KubaniehNord, Winter 1910–1911, Wien 1920. Junker, Hermann  : Bericht über die Grabungen der Akademie der Wissenschaften in Wien auf dem Friedhof von Toschke (Nubien) im Winter 1911/12, Wien und Leipzig 1926. Jánosi, Peter-Christian  : Österreich vor den Pyramiden. Die Grabungen Hermann Junkers im Auftrag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien bei der Großen Pyramide in Giza, Wien 1997. Zu den beiden Schenkungen von 1936 siehe  : Exhibiten des Instituts für Ägyptologie, SS36, Nr. 57 u. 63  ; SS36, Nr. 94.

Weiterführende Literatur  : Junker, Hermann  : Bericht über die Grabungen der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien auf dem Friedhof in Turah. Winter 1909–1910, Wien 1912. Junker, Hermann  : Ermenne. Bericht über die Grabungen der Akademie der Wissenschaften in Wien auf den Friedhöfen von Ermenne (Nubien) im Winter 1911/12, Wien 1925. Sammlung des Instituts für Ägyptologie 

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Hubert Szemethy

SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR ALTE GESCHICHTE UND ALTERTUMSKUNDE, PAPYROLOGIE UND EPIGR APHIK

Die Sammlung des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigrafik gehörte ursprünglich zur Archäologischen Sammlung der Universität Wien. Diese geht auf den ersten Lehrstuhlinhaber für Klassische Archäologie, Alexander Conze (1831– 1914), zurück, der 1869 aus Halle nach Wien berufen wurde. Hier begründete er 1876 gemeinsam mit dem Althistoriker und Epigrafiker Otto Hirschfeld (1843– 1922) das sogenannte »Archäologisch-Epigraphische Seminar«, dem eine Archäologische Sammlung, bestehend aus einer Gipsabguss- und einer Original-Sammlung, angeschlossen war. Anfangs gemeinsam mit der Sammlung der Akademie der Bildenden Künste aufgestellt, übersiedelte die Archäologische Sammlung 1886 in repräsentative Räumlichkeiten des neuen Universitätsgebäudes am Ring. 1956 wurde das ArchäologischEpigraphische Seminar in »Institut für Alte Geschichte, Archäologie und Epigrafik« umbenannt. Nach einer Trennung des Instituts für Klassische Archäologie von dem der Alten Geschichte, rechtlich 1984, räumlich erst 1989, verblieb Letzterem, dem heutigen »Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigrafik«, eine kleine Sammlung von Objekten. Diese Sammlung besteht im Wesentlichen aus antiken Inschriften in Form von Originalen, Gipsabgüssen und Abklatschen. Die Originale gehen dabei vor allem auf Eugen Bormann (1842–1917) und Adolf Wilhelm (1864–1950) zurück. Beide waren als Ordinarien für römische beziehungsweise griechische Altertumskunde und Epigrafik an der Universität Wien tätig und überließen dem Institut mehrere griechische und lateinische Inschriften aus ihren privaten Sammlungen. Bei einigen Inschriften, z.B. einem Fragment aus den Grabungen

Abb 1: Columbarinschrift eines sechsjährigen Knaben (CIL VI 21223), aus der Sammlung Bormann

Heinrich Schliemanns (1822–1890) in Troja, ist bis auf den heutigen Tag unklar, wann und unter welchen Umständen sie in die Sammlung kamen. Kurios ist auch die Geschichte eines Altars aus Kalksandstein, der 1935 in Bruckneudorf (Burgenland) gefunden worden war, in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verschwand, ehe er unlängst auf einer Steindeponie in Bruck an der Leitha zufällig wiedergefunden und der Sammlung zum Geschenk gemacht wurde. Der Bestand an Gipsabgüssen deckt fast den gesamten Zeitrahmen der griechischrömischen Antike ab. Der 1908 im Palast von Phaistos gefundene Diskos ist ebenso vertreten wie Linear B-Tafeln aus den Grabungen von Arthur Evans (1851–1941) in Knossos. Ein Abguss des 1899 in Rom am Rande des Forum Romanum zutage getretenen Forumscippus zeigt eine der ältesten lateinischen Inschriften aus dem 7./6.  Jahrhundert v.  Chr. Dem 5.  Jahrhundert v. Chr. zuzurechnen ist einer der längsten erhaltenen etruskischen Texte, dessen 62 Zeilen in zehn Absät-

Sammlung des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik 

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Abb 2: Grabstein des Aurelius Iustinus, nach: A. Conze, Römische Bildwerke einheimischen Fundorts in Österreich, III: Sculpturen in Cilli, Pettau und Seckau (1877), Taf. XIII

Abb 3: Abklatsch einer Myron-Inschrift, von Eugen Bormann 1889 im Vatikan angefertigt

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zen auf e­ iner Tontafel zu finden sind, die 1898 in der Nekropole von Santa Maria di Capua Vetere entdeckt wurde (Tabula Capuana). Aus Celje (Slowenien) stammt der römische Grabstein des Aurelius Iustinus, der im Alter von 23 Jahren als Soldat der Legio II Italica im dakischen Feldzug fiel. Seit dem frühen 18. Jahrhundert bekannt, wurde er erstmals von Alexander Conze 1877 ausführlich publiziert. Relativ jung ist hingegen der Abguss einer Ehreninschrift für Marcus Haterius Summus  : 1957 bei Ausgrabungen in der Kaigasse Nr. 21 in Salzburg gefunden, machte sie Artur Betz (1905–1985), Professor für römische Geschichte in Wien, umgehend der Forschung zugänglich und übergab den Abguss der Sammlung. Die letzten beiden Beispiele sollen genügen, um auf die stets enge Verbindung der Sammlung mit jeweils aktuellen Forschungen des Instituts hinzuweisen. Mehrere Abgüsse von Militärdiplomen und Consulardiptychen runden das Spektrum unterschiedlicher Inschriftenträger ab. Eine große Sammlung von Abklatschen geht auf die Forschungen des Archäologen Emanuel Löwy (1857–1938) zu den Namensinschriften griechischer Bildhauer zurück. Der von Eugen Bormann 1889 im Vatikan angefertigte Abklatsch einer MyronInschrift belegt in diesem Zusammenhang, dass diese Sammlung auch nach der 1885 erfolgten Publikation Löwys weitergeführt wurde. Zum Sammlungsschwerpunkt Inschriften treten zahlreiche weitere originale Objekte unterschiedlichster Art und Zeitstellung hinzu  : Dazu zählen Ziegel- und Terra-Sigillata-Fragmente mit Stempel sowie unpublizierte historische Glasplatten-Negative, die auf eine Expedition des Jahres 1916 nach Albanien und Montenegro zurückgehen. Auch alte Fotoalben, eine Reliefkarte von Neu- und Alt-Athen im Maßstab 1  : 12 500, die von dem Bildhauer Heinrich Walger (1829–1909) 1880 in Berlin nach dem Atlas von Athen (1878) von Ernst Curtius (1814–1896) und Johann August Kaupert (1822–1899) modelliert wurde, und das Gipsmodell einer Büste von der Hand des Bildhauers Carl Kundmann (1838–1919) finden sich im Inventar. Die Büste stellt wohl den Entwurf für eine 1892 geschaffene Mar-

morbüste des Philologen Hermann Bonitz (1814–1888) dar, die im Arkadenhof der Universität Wien aufgestellt ist und gemeinsam mit der Büste Franz Serafin Exners (1802–1853) und der Statue von Leopold Graf von Thun-Hohenstein (1811–1888) zu einer prominenten Denkmalgruppe gehört, die die Reformer des österreichischen Bildungswesens nach 1848 ehrt. Die Sammlung war von Beginn an als Studien- und Lehrsammlung für die Ausbildung von Studierenden der Alten Geschichte und Altertumskunde konzipiert. Ihre Bestände werden daher nach wie vor regelmäßig im Rahmen von Lehrveranstaltungen bearbeitet und hin und wieder auch von Wissenschaftlern für deren Forschungen benutzt. Adresse  : Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Szemethy, Hubert  : Die »Archäologische Sammlung« der Universität Wien – Rückblick und Ausblick. In  : Florian Müller (Hg.)  : Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit. Innsbruck 2012 (in Druck).

Abb 4  : Inschrift aus Doclea, nach einem auf einer Forschungsreise nach Albanien und Montenegro angefertigten Glasplatten-Negativ, 1916

Sammlung des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik 

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Maria Teschler-Nicola

ANTHROPOLOGISCHE SA MMLUNG

Während die Verankerung der Prähistorie an der Universität Wien mit der Erteilung der Venia Legendi an Moriz Hoernes (1852–1917) für das Fach »Prähistorische Archäologie« bereits 1892 erfolgte, konnte sich das Fach Anthropologie-Ethnographie erst im Jahr 1913 mit der Ernennung von Rudolf Pöch (1870–1921) zum außerordentlichen Professor in Wien etablieren. Als Arzt, Anthropologen, Ethnografen und erstem Lehrkanzelinhaber kommt ihm in disziplin- und sammlungshistorischer Hinsicht eine besondere Bedeutung zu. International ist er bis heute als Entdeckungsreisender und Medienpionier ein Begriff. Rudolf Pöchs Wirken, seine Tätigkeit als Arzt, Anthropologe, Ethnograf und Forschungsreisender sowie seine Rolle als (möglicher) Medienpionier und Traditionsstifter der Wiener Anthropologie war und ist Thema eines interdisziplinären Forschungsprojektes mit dem Titel »Rudolf Pöch – Anthropologe, Forschungsreisender, Medienpionier«, das sowohl auf die Bewahrung seines umfangreichen, auf mehrere österreichische Institutionen verstreut liegenden Nachlasses als auch auf die kritische Analyse seiner wissenschaftshistorischen Bedeutung im Kontext nationaler und internationaler Entwicklungen abzielt. Pöchs erste außereuropäische Studienreise führte ihn im Rahmen der »Wiener PestExpedition« nach Indien (1897), später bereiste er zum Studium der Malaria Westafrika (1902). In Neuguinea, Indonesien und Australien (1904–1906) sowie Südafrika (1907–1909) entwickelte er eine exzessive Forschungsund Sammeltätigkeit, die neben der Anthropologie und Ethnografie auch andere Fachgebiete, wie Medizin, Archäologie, Botanik, Zoologie und Geologie, berührte. Die auf diesen Reisen erworbenen anthropologischen Objekte, beispielsweise menschliche Skelett- und Weichteilreste, Weichteilabformungen aus Gips, Haarproben, aber auch Fotografien, Ton- und Filmaufzeichnungen

Abb 1: Rudolf Pöch (1870–1921), erster Ordinarius des Instituts für Anthropologie und Ethnographie an der Universität Wien, vermutlich 1918/1919

sowie Daten in Form von Befundbögen und Hautleistenabdrücken waren maßgeblich für Pöchs weitere, erfolgreiche akademische Laufbahn und bildeten den Grundstock für die Lehre und Forschung am neu gegründeten Anthropologisch-Ethnographischen Institut (heute  : Department für Anthropologie). Heute bilden sich in dieser Sammlung die Forschungsinteressen und -konzepte der damaligen Zeit und ihrer Protagonisten deutlich ab. Nach Pöchs unerwartet frühem Ableben im Jahr 1921 wurde die Lehrkanzel für Anthropologie und Ethnographie 1924 mit dem deutschen Anthropologen und Ethnografen Otto Reche (1879–1966) besetzt. Für ihn standen »Rassefragen« und Erbbiologie im Vordergrund, insbesondere die praktische Umsetzung anthropoloAnthropologische Sammlung 

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Abb 2: Bemalte Gipsabformungen von Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges, die im Zuge anthropologischer Untersuchungen in den k. u. k. Kriegsgefangenenlagern 1915–1918 von Rudolf Pöch und seinen Mitarbeitern (u.a. Josef Weninger) angefertigt wurden und Lehr- und Popularisierungszwecken dienten

Abb 3: Josef Weninger (1886–1959) bei der Dokumentation von Gesichtsmerkmalen im Rahmen einer erbbiologischen Untersuchung von »Volksdeutschen« in Marienfeld, Banat, Winter 1933/34

gischer Erkenntnisse in Form der sogenannten »erbbiologischen Vaterschaftsgutachten«. Trotz seiner kurzen Amtszeit in Wien (1924–1927) zeichnete er mit diesen Gutachten für eine Entwicklung verantwortlich, die ab 1927 von seinem Nachfolger Josef Weninger (1886– 1959), einem Schüler Rudolf Pöchs, fortgesetzt und zunächst (ökonomisch) sehr erfolgreich ausgebaut wurde. Unterstützt wurde er bei seiner Tätigkeit von der sogenannten »Erbbiologischen Arbeitsgemeinschaft«, deren Aufgabe darin bestand, durch anthropologische Untersuchungen an Zwillingen und Familien die morphologischen Merkmale des Menschen auf Grundlage der Mendel’schen Vererbungslehre zu erforschen. Weninger stand der Lehrkanzel für Anthropologie zunächst bis zu seiner (politisch begründeten) Amtsenthebung im Zuge der Annexion Österreichs durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 vor. In dieser vom Anwenderdrang gekennzeichneten Periode boomte der von Reche eingeführte, polysymptomatische Ähnlichkeitsvergleich, der die Basis des »Erbbiologischen Vaterschaftsnachweises« bildete und den Gerichten eine »pseudo-objektive« Entscheidungshilfe bot. Um die Gutachten auf eine wissenschaftlich tragfähige Basis zu stellen, führte man

am Wiener Institut in der Folge aufwendig konzipierte Zwillings- und Familienuntersuchungen durch, welche die Wissenslücke um den Erbgang von körperlichen Merkmalen schließen sollten. Mit diesem Programm ist eine umfangreiche Sammlung verbunden, die Hunderte von Befundbögen, Messbögen, Stammbäume, Zeichnungen von morphologischen Körperdetails, Normfotografien (darunter unterschiedlicher Körper- und Gesichtsregionen) sowie ein großes Konvolut an erbbiologischen Vaterschaftsgutachten umfasst. Neben den von Rudolf Pöch erworbenen Objekten sowie einigen kleineren, mit Forschungsinteressen der Assistenten des Instituts in Zusammenhang stehenden Sammlungsteilen, zählen das in Josef Weningers Amtszeit angehäufte Studienmaterial und die Gutachten zum Kernbestand der heutigen Institutssammlung. Obwohl die affirmative Rolle des Instituts beziehungsweise seiner Assistentinnen und Assistenten in der NS-Zeit als gesichert gilt, sind Zeugnisse dieses Zuarbeitens im Depotbestand des Instituts nur kleinteilig repräsentiert. So ist etwa der Verbleib der in der NS-Zeit im Auftrag des Reichssippenamtes angefertigten erbund rassenbiologischen Gutachten unklar.

30  ]  Maria Teschler-Nicola

Abb 4: Arbeitsraum von Rudolf Pöch mit Expeditionsausrüstung, Südafrika-Expedition 1907–1909

Die Zusammensetzung des Bestandes ist ein bruchstückhaftes Abbild der historischen und personellen Entwicklung des ehemaligen Anthropologisch-Ethnographischen Instituts und umfasst Teilbestände unterschiedlichster Qualität und Quantität. Darunter sind menschliche Skelettreste, Weichteilabformungen von Gesichtern, Händen, Füßen und Ohren aus Gips, Haarproben, Glasnegative und Positive, Zelluloid-Negative, Befundbögen, Beobachtungsblätter, Zeichnungen sowie Hand- und Fußabdrucke zu finden. Die Sammlung enthält aber auch Vorlesungsunterlagen, Manuskripte und diverse Aufzeichnungen sowie komplett oder fragmen-

tarisch erhaltene Vaterschaftsgutachten. Umfang und Zusammensetzung dieses Bestandes waren bis zum Jahr 2002 weitgehend unbekannt und wurden erst im Zuge der Formulierung des oben genannten Forschungsprojektes durch die Verfasserin dieses Beitrags unter Mitarbeit von Katarina Matiasek und Roswitha Windl gesichtet, dokumentiert und in einen gesicherten Bereich des Departments umgelagert. Ein Großteil der Sammlung kann mit den Aktivitäten und Interessen des Institutsgründers und seinen Mitarbeitern, welche sich der Aufarbeitung des »Pöch’schen Erbes« bis in die 1960erJahre verpflichtet fühlten, in Verbindung gebracht werAnthropologische Sammlung 

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den. Der Bestand stammt großteils aus der Zeit zwischen 1890 und 1945. Die Zugänge aus jüngerer Zeit umfassen ausschließlich menschliche Skelettreste aus (prä-)historischer Zeit, die im Zuge von Rettungs- oder Forschungsgrabungen geborgen und dem Department als aktuelle Lehr- und Forschungsobjekte übergeben wurden. Zusammenfassend kann Folgendes festgestellt werden  : Mit den bei Forschungsreisen akquirierten Sammlungen außereuropäischer menschlicher Skelettreste und den erstellten Bild- und Tondokumenten versuchte Rudolf Pöch unter anderem vom Aussterben bedrohte Völker anthropologisch und in Bezug auf ihre »Rassereinheit« zu erfassen. Die damalige Aktualität dieses Themas ermöglichte dem Arzt Rudolf Pöch die fachliche Profilierung durch seine Habilitation, aber auch mit Daten und Objekten seiner Neuguinea/Australien-Reise, seiner Öffentlichkeitsarbeit und regen Vortragstätigkeit. Später fanden die Sammlungen auch als Lehrsammlungen in der universitären Ausbildung Verwendung. Zu Pöch selbst liegen einige kurze biografische Abhandlungen vor. Viele dieser Abhandlungen wurden anlässlich seines frühen Todes 1921 verfasst und betonen jeweils Teilaspekte seines Wirkens, etwa seine Rolle im Rahmen der Wiener Pest-Expedition oder seine Vorreiterrolle als Medienpionier. Eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Wirken wurde erst in den 1990er-Jahren von Geisteswissenschafterinnen und -wissenschaftern, Soziologinnen und Soziologen, Historikerinnen und Historikern initiiert, die sich intensiver mit dem »Menschendatensammler« befassten und sich um eine Analyse der frühen Konzepte und Realisierungsstrategien dieser »Wissenschaft vom Menschen« am Wiener Universitätsinstitut annahmen. Heute steht die Frage nach der regionalen und überregionalen Bedeutung Rudolf Pöchs und der von ihm verfolgten Projekte, die unter anderem auch Erhebungen an Gefängnisinsassen in den bereisten außereuropäischen Ländern und Massenerhebungen an Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges einschlossen, sowie der damit verknüpfte Sammlungsbestand vermehrt im Brennpunkt disziplinhistorischer 32  ]  Maria Teschler-Nicola

Überlegungen. Einer gegenwärtigen Nutzung der bei den Expeditionen erworbenen knöchernen menschlichen Relikte, die für Variabilitäts- und Vergleichsstudien des modernen Menschen von Interesse sein könnten, setzten die ethisch oft fragwürdigen Erwerbsumstände eine Grenze. Gleiches gilt für alle Objekte, die im Kontext kriegerischen Geschehens erworben wurden. Adresse  : Department für Anthropologie Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Fuchs, Brigitte  : »Rasse«, »Volk«, Geschlecht. Anthropologische Diskurse in Österreich 1850–1960. Frankfurt am Main, New York 2003. Geisenhainer, Katja  : Rasse ist Schicksal. Otto Reche (1879–1966). Ein Leben als Anthropologe und Völkerkundler. Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte«, Reihe A, 1, Leipzig 2002. Seidler, Horst/Rett, Andreas  : Das Reichssippenamt entscheidet. Rassenbiologie im Nationalsozialismus. Wien, München 1982. Szilvássy, Johann/Spindler, Paul/Kritscher, Herbert  : RUDOLF PÖCH – Arzt, Anthropologe und Ethnograph. In  : Annalen des Naturhistorischen Museums Wien 83 (1980), S. 743–762. Teschler-Nicola, Maria  : The diagnostic eye – On the history of genetic and racial assessment in pre-1938 Austria. In  : Collegium Antropologicum 28 (2004), S. 7–29. Teschler-Nicola, Maria  : Aspekte der Erbbiologie und die Entwicklung des rassenkundlichen Gutachtens in Österreich bis 1938. In  : Vorreiter der Vernichtung. Eugenik, Rassenhygiene und Euthanasie in der österreichischen Diskussion vor 1938. Zur Geschichte der NS-Euthanasie in Wien, Teil III. Hg. von Heinz Eberhard Gabriel und Wolfgang Neugebauer. Wien, Köln, Weimar 2005, S. 99–138. Teschler-Nicola, Maria  : ‘Volksdeutsche’ and Racial Anthropology in Interwar Vienna  : The ‘Marienfeld’ project. In  : Blood and Homeland. Eugenics and Racial Nationalism in Central and Southeast Europe 1900–1940. Hg. von Marius Turda und Paul Weindling. Budapest, New York 2007, S. 55–82. Teschler-Nicola, Maria/Ballhausen, Thomas/Matiasek, Katarina  : Rudolf Pöch – Arzt, Anthropologe, Medienpionier. Wien 2011 (in Druck).

Marion Meyer

ARCHÄOLOGISCHE SA MMLUNG

Die Archäologische Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie enthält rund tausend Abgüsse antiker Plastiken und etwa 3.500 Originale. Statuen und Reliefs waren in der griechischen und römischen Kultur wesentliche Bestandteile der visuellen Kommunikation. Ihre Erforschung stand lange im Zentrum der Klassischen Archäologie im deutschsprachigen Raum. Seit dem frühen 19. Jahrhundert wurden an Universitäten Sammlungen von Abgüssen antiker Plastik für Forschung und Lehre eingerichtet. So forderte auch Alexander Conze (1831–1914), der erste Professor für Klassische Archäologie an der Universität Wien (1869–1877), die Gründung einer Abguss-Sammlung. Dafür bekam er zwar finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, jedoch keine Räumlichkeiten. Die von ihm seit 1869 erworbenen Abgüsse wurden in Räumen der Akademie der Bildenden Künste im St.-Anna-Gebäude ( Johannesgasse) untergebracht, wo seit 1865 ein »Gypsmuseum« mit Abgüssen von Werken der Antike, des Mittelalters und der Renaissance eingerichtet worden war. Zusammen mit den Beständen der Akademie übersiedelten die für die Universität Wien angeschafften Abgüsse 1878 in den von Theophil Hansen (1813–1891) entworfenen Neubau der Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz. Dort waren die Abgüsse der antiken Werke prominent in der Aula und in vier weiteren Räumen ausgestellt. Es gab regelmäßige Öffnungszeiten, Gasbeleuchtung und Beschriftungen. 1880 wurde von Carl von Lützow ein eigener Führer durch das sogenannte »Museum der Gypsabgüsse« publiziert. Spätestens 1883 wurde nach dem Erwerb großformatiger Abgüsse von Neufunden aus Pergamon und Lykien das Platzproblem in der Akademie drängend. Otto Benndorf (1838–1907), Nachfolger von Alexander Conze als Ordinarius für Klassische Archäologie an der

Abb 1: Ursprüngliche Aufstellung der Sammlung im Souterrain des Nordflügels des Universitätshauptgebäudes, vor 1988

Universität Wien (1877–1898), wandte sich wiederholt an das Ministerium für Kultus und Unterricht mit der Bitte, der archäologischen Lehrkanzel Räumlichkeiten für eine Archäologische Sammlung im neuen Universitätsgebäude am Schottentor zuzuweisen. Nachdem mehrere Standorte erwogen worden waren (unter anderem auch der Arkadenhof ), zog die Sammlung zu Beginn des Jahres 1886 in (zunächst) vier Räume im Souterrain des Nordflügels. Bis 1892 kamen vier weitere Räume hinzu. Wegen der mangelhaften Beleuchtung galt die Unterbringung als wenig zufriedenstellend. Allerdings wurde die räumliche Nähe zum 1876 eingerichteten »Archäologisch-Epigraphischen Seminar« als Vorteil gesehen. An diesem Standort blieb die Archäologische Sammlung rund hundert Jahre, als Teil des 1956 umbenannten »Instituts für Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Epigrafik«. 1984 wurde ein eigenes Institut für Klassische Archäologie gegründet, das 1988 Archäologische Sammlung 

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Abb 2: Abgüsse hellenistischer Plastik in der Schausammlung

mit der Sammlung in den 19. Wiener Gemeindebezirk umzog. Im ebenfalls neu eingerichteten Institut für Alte Geschichte verblieb ein kleiner Teil der Sammlung, der vorrangig Inschriften beinhaltet. Seit 1878 kamen auch Originale in den Besitz der Universität, in der Regel durch Schenkungen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Keramik aller antiken Epochen und um kleinformatige Terrakottafiguren, die als Grabbeigaben und Weihgeschenke dienten. Auch einige Marmorskulpturen zählen dazu, darunter eine im 2. Jahrhundert n. Chr. angefertigte Kopie des Kopfes einer in der Antike berühmten Apollonstatue, die im 5. Jahrhundert v. Chr. auf der Akropolis in Athen aufgestellt worden war. Am jetzigen Standort sind die Abgüsse in zwei großen hellen Räumen aufgestellt. Die Originale werden in einem Magazin aufbewahrt, ausgewählte Objekte in Vitrinen in den beiden Räumen der Gipssammlung präsentiert. Die Gipssammlung enthält Abgüsse von Statuen, Köpfen und Reliefs aus einem Zeitraum von fast 34  ]  Marion Meyer

1.000 Jahren (6. Jahrhundert v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.). Bei den Statuen handelt es sich überwiegend um griechische Werke, die oftmals nicht als Originale, sondern nur durch Nachbildungen aus der römischen Kaiserzeit bekannt sind. An den Statuen (und deren Abgüssen) ist also zum einen ihre Bilderfindung (formale Gestaltung, Funktion, inhaltliche Aussage), zum anderen ihre Rezeption in der Antike selbst von Interesse. Die Köpfe sind Teilabgüsse von Statuen (z.B. von den Giebelfiguren des Zeustempels von Olympia) oder Abgüsse von Porträts, deren Körper bereits in der Antike entweder nicht mitkopiert wurden (so oftmals bei kaiserzeitlichen Kopien von griechischen Porträts, z.B. von Homer, Sokrates, Platon, Alexander d. Großen) oder die von vornherein als Büsten gearbeitet waren (z.B. römische Porträts von Zeitgenossen). Einen Schwerpunkt der Sammlung bilden Reliefs griechischer Bauten. Darunter sind »Klassiker« wie die Reliefs eines Schatzhauses im Heiligtum von Delphi zu finden, das für die Chronologie und für die Bilderwelt

Abb 3: Abgüsse von Porträts und Bauplastik im sog. »Portraitsaal« Abb 4: Historische Aufnahmen antiker Bauten aus der Fotothek

der archaischen Zeit von besonderer Bedeutung ist. Es sind aber auch Werke vertreten, die sich in vergleichbaren Einrichtungen nur selten finden, wie etwa die Kassettenreliefs aus Priene. Einzigartig ist die Sammlung von Reliefs aus Lykien (türkische Südküste) mit der für diese Region charakteristischen Mischung griechischer und vorderasiatischer Traditionen. Architekturmodelle und Rekonstruktionen von Skulpturensembles unterstützen diesen Sammlungsschwerpunkt. Abgüsse von Grab- und Weihreliefs geben einen repräsentativen Eindruck von der Vielfalt dieser weitverbreiteten Monumente. Ergänzt wird die Sammlung durch eine Diathek und eine 20.000 Abbildungen zählende Fotosammlung. Letztere wurde 1887 mit dem Ziel gegründet, ausreichend Anschauungsmaterial für die Lehre zur Verfügung zu stellen. Sie deckt daher sämtliche Fachbereiche der Klassischen Archäologie ab und beinhaltet in erster Linie Aufnahmen von Artefakten diverser Museen, aber auch Ansichten archäologischer Bauwerke und Monumente sowie Fotografien, die im späten 19. und frühen

20. Jahrhundert an archäologischen Grabungsstätten aufgenommen wurden. In Zeiten, in denen die visuelle Wahrnehmung von zweidimensionalen Medien beherrscht wird, ist die Gipssammlung ein unverzichtbares Arbeitsinstrument für Lehre und Forschung. Sie bietet die Möglichkeit der sinnlichen Erfahrung von dreidimensionalen Bildern, die frei im Raum aufgestellt und dafür konzipiert waren, Archäologische Sammlung 

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aus verschiedenen Perspektiven betrachtet zu werden. Beschreiben und Vergleichen plastischer Werke gehört zur archäologischen Grundausbildung. Anhand der Objekte in der Originalsammlung erlernen die Studierenden Klassifizierungsmethoden von wichtigen Materialgruppen. Die Archäologische Sammlung wird Besucherinnen und Besuchern nach Absprache gerne gezeigt und erläutert, reguläre Öffnungszeiten können leider nicht angeboten werden. Adresse  : Institut für Klassische Archäologie Franz-Klein-Gasse 1 1190 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Brein, Friedrich (Hg.)  : Kyprische Vasen und Terrakotten. Wien 1997 (= Kataloge der Archäologischen Sammlung der Universität Wien, Band 1). Brein, Friedrich (Hg.)  : Emanuel Löwy. Ein vergessener Pionier. Wien 1998 (= Kataloge der Archäologischen Sammlung der Universität Wien, Sonderheft 1). Brein, Friedrich(Hg.)  : Bronzezeitliche und geometrische Keramik. Archaische Lokalstile. Wien 1999 (= Kataloge der Archäologischen Sammlung der Universität Wien, Band 2). Kenner, Hedwig  : Corpus Vasorum Antiquorum Wien. Universität Wien und Professor Franz von Matsch. München 1942 (= Corpus Vasorum Antiquorum, Band 5). Kenner, Hedwig  : Die Marmorbildwerke in der Archäologischen Sammlung der Universität Wien. In  : Österreichische Jahreshefte 46 (1961–1963), S. 5–49. Lützow, Carl von  : Museum der Gypsabgüsse. Führer durch die Sammlung der k. k. Akademie der Bildenden Künste, Wien 1880.

36  ]  Marion Meyer

Ralf Buchner

HISTORISCHE BILDERSA MMLUNG DES FAKULTÄTSZENTRUMS FÜR BIODIVERSITÄT

Gerade im naturwissenschaftlichen Bereich stellt die »unverfälschte« Dokumentation einen wesentlichen Punkt bei der Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen dar. Konnten früher nur durch Künstler wie beispielsweise Maler oder Grafiker fremdländische Pflanzen und Tiere mehr oder weniger lebensnah dargestellt werden, so erlaubte die Einführung der Fotografie als Dokumentationsverfahren im ausgehenden 19. Jahrhundert erstmals, naturgetreue und einfach zu vervielfältigende Bilddokumente herzustellen. Freilich war das Fotografieren damals nicht mit heutigen digitalen Techniken vergleichbar  : Große, schwere Balgenkameras und beschichtete Glasplatten mussten mühsam mit Pferden, Mauleseln, Ochsenkarren und Schiffen weite Strecken in oftmals weitgehend unbekannte Gebiete geschafft werden. Und wenn alle Wege endeten, blieb meist nichts anderes übrig, als das unhandliche fotografische Gepäck selbst zu schultern. Die historische Bildersammlung des Fakultätszentrums für Biodiversität (einst  : Institut für Botanik) umfasst Bilder aus dem Zeitraum von etwa 1870 bis 1960 und vereint zum einen einheimische wie exotische Landschafts- und Pflanzenaufnahmen, zum anderen dokumentiert sie die Fauna in und um Wien sowie bemerkenswerte Landschaften der Bundesländer. Fotografische Dokumentationen wie etwa jene der Brasilien-Expedition, die die Wiener Akademie der Wissenschaften im Jahre 1901 unternahm und an welcher der damalige Professor für Systematische Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Richard Wettstein (1863–1931), teilnahm, bilden einen besonderen Glücksfall. Zahlreiche Aufnahmen wurden zur Dokumentation ungewöhnlicher Pflanzen, spezieller Wuchsformen und

Abb 1: Podostemonaceen (Apinigia warmingiana ) am Salto grande di Paranapanema, Brasilien, 1901

unbekannter Vegetationstypen oder seltener Ereignisse sowie zu Lehrzwecken gemacht beziehungsweise angekauft. Vieles davon fand auch als Geschenk seinen Weg in den Besitz des Instituts. Unter dem Bildmaterial befinden sich z.B. Naturdenkmäler, wie eine Postkarte der Hertha-Buche auf Rügen, oder Raritäten, wie die blühenden Agaven in den Botanischen Gärten von Lemberg und Berlin aus dem Jahr 1871 beziehungsweise 1876. Manche Aufnahmen von Menschen erinnern an die fotografischen Studien von Edward S. Curtis (1868–1952), der Jahrzehnte damit verbrachte, Menschen und Lebensumstände der Indianer Nordamerikas darzustellen. Als Fotografen sind u.a. Anton Joseph Kerner von Marilaun (1831–1898), Karl-Heinz Rechinger (1906– 1998), Walter Siehe (1859–1928), Oskar Simony (1852– 1915), Franz Steindachner (1834–1919) und Richard Wettstein in den Inventarlisten vermerkt.

Historische Bildersammlung des Fakultätszentrums für Biodiversität 

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Abb 2: Pithecolobium saman am Ufer eines Sees bei Kandy (Ceylon), 1892

Ein Großteil der rund 800 auf dickem blauen Karton kaschierten Papierabzüge wurde thematisch in eigenen Cahiers zusammengefasst, wie z.B. die Vegetationsbilder aus den Kronländern, die Baumstudien oder die Expedition nach Brasilien. Andere wiederum, wie etwa die Aquarelle diverser Iris-Arten, sind nicht zufällig in das Konvolut aus Papierabzügen geraten, sondern waren wohl bewusst ein farbiger Bestandteil der Lehrmittelsammlung. Heute besitzen die Bilder allerdings nur mehr historischen Wert, als Lehrbehelfe haben sie ihre Bedeutung verloren. Im Zuge eines von der Stadt Wien geförderten Projektes zur Digitalisierung alter Bildbestände im Jahr 2004 wurden alle vorhandenen Papierabzüge mit einem 38  ]  Ralf Buchner

hochauflösenden Scanner digitalisiert, nachbearbeitet und in eine eigene Datenbank eingegeben. Anschließend wurden die geografischen Angaben und Quellen ergänzt und mit Informationen aus dem Inventarbuch, wie Herkunft, damaligem (Ankaufs-)Wert etc., vervollständigt. Um die Daten öffentlich zugänglich zu machen, wurde eine eigene Website mit Suchfunktion, Bildvorschau und Option zum Download der illustrierten Themengebiete erstellt. Es ist zu vermuten, dass vor einem ersten Umbau des damaligen Botanischen Instituts in den 1980erJahren wesentlich mehr Bilder in der Lehrsammlung vorhanden waren und jetzt als zerstört oder zumindest verschollen gelten. Für die im Jahre 2005 digitalisierten

Abb 3: Agave americana, Blüte im botanischen Garten zu Lemberg , 1871

Abb 4: Iris squalens, Aquarell von Liepoldt, 1892

Bilder ist festzustellen, dass Originale wie Papierabzüge seit einem zweiten Umbau des Institutsgebäudes in den Jahren 2006–2008 ebenfalls unauffindbar sind. Die digitalisierten Bilder sind damit die einzigen verbliebenen Reproduktionen der Originale des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.

Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Ausstellung  : »The North American Indian«. Fotografien von Edward Sheriff Curtis aus der Pierpont Morgan Stiftung. http   : //web doc.sub.gwdg.de/ebook/ga/2004/curtis/html/hauptmenue.htm ­[accessed  : 15.02.2011] Wettstein, Richard  : Einleitung. In  : Ergebnisse der botanischen Expedition der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften nach Südbrasilien 1901. Denkschrift der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse 79, 1. Halbband, Wien 1908, S. 1–3. Wettstein, Richard  : Reisebericht. In  : Ergebnisse der botanischen Expedition der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften nach Südbrasilien 1901. Denkschrift der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse 79, 1. Halbband, Wien 1908, S. 3–6.

Adresse  : Fakultätszentrum für Biodiversität Rennweg 14 1030 Wien Weiterführende Literatur  : Buchner, Ralf  : Bildersammlung des ehemaligen »Botanischen Instituts« der Universität Wien (2006) http  ://www.botanik.univie.ac.at/ bildersammlung/ [accessed  : 15.02.2011]

Historische Bildersammlung des Fakultätszentrums für Biodiversität  

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Abb 1: Unterer Eingangsbereich des Botanischen Gartens mit Blick auf das Alpinum

40  ]  Michael Kiehn

Michael Kiehn

DIE PFL ANZENSA MMLUNGEN DES BOTANISCHEN GARTENS

Im Botanischen Garten der Universität Wien wachsen derzeit über 11.500 Pflanzenarten aus aller Welt – das sind mehr als dreimal so viele Arten wie in Österreich natürlich vorkommen. Ein Großteil dieser Pflanzen wird in der universitären Forschung und Lehre genutzt. Viele davon, vor allem Pflanzen aus den Spezialsammlungen, finden auch über die Universität Wien hinaus in internationalen Projekten Verwendung. Die fast 5.000 im Freiland kultivierten Arten stellen zudem ein botanisches Freilandlexikon für die jährlich über 150.000 Gartenbesucher dar. In einem kleinen Schauhaus sowie in speziellen Vitrinen werden die Besucher über aktuelle Forschungsprojekte an Arten aus den Glashaussammlungen informiert und jene Pflanzen vorgestellt, die an sich nicht für das Publikum zugänglich sind. Jährliche Zugänge in die Sammlungen erfolgen gezielt durch wissenschaftliche Sammelreisen sowie durch Samen- und Pflanzentausch mit über 400 botanischen Einrichtungen weltweit. Die Bestände der sich ständig weiterentwickelnden Sammlungen wurden in den letzten Jahren weitgehend elektronisch erfasst. Historischer Überblick

Die Gründung des Botanischen Gartens der Universität Wien (HBV = Hortus Botanicus Vindobonensis) erfolgte im Jahr 1754. Zielsetzung war in erster Linie, mittels lebender Pflanzen das praktische Wissen angehender Ärzte und Apotheker über Heil-, Nutz- und Giftpflanzen zu verbessern. Somit bildeten diese Pflanzengruppen auch den Grundstock der Sammlungen des Botanischen Gartens. Aber schon der erste Gartendirektor, Robert Laugier (1722–1793), brachte in den Garten »exotische« Pflanzen ein, die zum Teil aus den Bestän-

den der kaiserlichen Gärten in Schönbrunn stammten, und zum Teil aus den aufgelassenen Orangerien und Treibhäusern von Prinz Eugen aus dem Belvedere. Als zweiter Gartendirektor veranlasste Nikolaus Joseph von Jacquin (1727–1817), der den Botanischen Garten schon seit 1759 mit Samen von seiner Karibikexkursion und von seinen wissenschaftlichen Kontakten in aller Welt versorgt hatte, den Ausbau der wissenschaftlichen Sammlungen des Botanischen Gartens. Dazu ließ er schon im ersten Jahr seines Direktorats (1769–1770) Samen von über 3.000 Arten aussäen und begann ein Samentauschprogramm mit anderen Botanischen Gärten, das in den Jahren 1771 bis 1796 zwischen 311 und 949 Arten neu in den Garten brachte – die Zahl der im Botanischen Garten kultivierten Arten lag in dieser Zeit zwischen 6.000 und 7.000. Joseph Franz von Jacquin (1766–1839), Sohn und Nachfolger Nikolaus Joseph von Jacquins, gelang es, die Gartenfläche beträchtlich zu vergrößern. Die neuen Flächen erhielten ihre Bepflanzung Mitte des 19. Jahrhunderts unter den Gartendirektoren Stephan Endlicher (1804–1849) und Eduard Fenzl (1808–1879). Im Stil englischer Landschaftsgärten wurden Bäume, Sträucher und krautige Pflanzen nach dem System von Stephan Endlicher angepflanzt. Diese Gestaltung und die nach pflanzensystematischen Gesichtspunkten angelegte Bepflanzung prägen bis heute den unteren Teil des Botanischen Gartens. In einem eigenen Katalog der Pflanzen des Botanischen Gartens werden 8.186 Arten aufgezählt, die sich im Jahr 1842 in Kultur befanden Neben der systematischen Botanik, die seit Nikolaus Joseph von Jacquin ihren fixen Platz im Botanischen Garten hatte, besaßen auch die Heil-, Nutz- und Giftpflanzen weiterhin große Bedeutung  : Entlang der neu erbauten Jacquingasse wurde Ende des 19. Jahrhunderts Die Pflanzensammlungen des Botanischen Gartens 

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Abb 2: Gehölzsammlung im Herbst

unter dem Direktorat Anton Kerner von Marilauns (1831–1898) ein neuer Nutzpflanzengarten mit über 200 Beeten angelegt, der bis heute besteht. Ebenfalls unter Kerner von Marilaun erfolgte die Anlage sogenannter pflanzengeografischer Gruppen, in denen die Arten nach ihren Herkunftsgebieten geordnet kultiviert wurden. Die Gewächshäuser wurden an ihrer heutigen Stelle neu errichtet, sodass sie nun ausreichend Raum für Forschungssammlungen tropischer und subtropischer Arten boten. Kerner von Marilauns Nachfolger Richard von Wettstein (1863–1931) erweiterte die systematisch ausgelegten Gruppen im Freiland um eine Nadelholzgruppe. Auch von den folgenden Direktoren wurden bis heute existierende thematisch ausgerichtete Sammlungen im Freiland beziehungsweise in den Gewächshäusern ini42  ]  Michael Kiehn

tiiert. Beispielhaft genannt seien hier  : der Bau eines Alpinums unter Fritz Knoll (1883–1981), der Grundstock einer wissenschaftlich bedeutsamen Orchideensammlung unter Lothar Geitler (1899–1990), eine Sammlung tropischer Gehölze in den Gewächshäusern und der Beginn einer »Flora von Österreich«-Gruppe mit Schwerpunkt »pannonische Flora« unter Friedrich Ehrendorfer (geb. 1927) oder die Erweiterung der »pannonischen Gruppe« sowie zuletzt der Bau einer Kanaren-Gruppe im Freiland unter Tod Stuessy. Derzeitig in Umsetzung befindliche Projekte betreffen unter anderem die Anlage von Schaugruppen für Schwermetallpflanzen und für seltene Arten Wärme liebender Standorte des Südens Österreichs (»illyrische Gruppe«).

Abb 3: Kakteen- und Sukkulentengruppe im Freiland

Bedeutende Sammlungen des Botanischen Gartens heute

Die Gehölzsammlung im Freiland  Nur ganz wenige Bäume stammen noch aus der Gründungszeit des Gartens  ; zu nennen wären hier ein Ginkgo-Baum und eine Platane in direkter Nähe des Gebäudes des ehemaligen Instituts für Botanik (heute  : Zentrum für Biodiversität) der Universität Wien. Auch die heute prominent vor diesem Gebäude am Rennweg stehende Platane stammt noch aus dieser Zeit. Den Grundstock der Gehölzsammlung stellen die unter Stephan Endlicher und Eduard Fenzl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten Pflanzungen im zentralen Gartenteil sowie die Bäume des sogenannten »Host’schen Gartens« im südlichen Bereich des Gartens

dar. Einige dieser Bäume sind also auch schon mehr als 150 Jahre alt. Die gesamte Sammlung ist historisch gewachsen und umfasst heute insgesamt zirka 1.500 Gehölze (Bäume und Sträucher) aus zirka 600 Ar­ten. Die Bäume der Sammlung wurden im Jahr 2004 in einem Plan erfasst und sind mit GIS verortet. Als Resultat einer von Michael Ebner durchgeführten Diplomarbeit ist der gesamte Baumbestand über die Website des Botanischen Gartens elektronisch suchbar; zusätzlich finden die Nutzer bei ihrer Abfrage weiterführende Informationen über die jeweilige Art. Die wissenschaftlichen Spezialsammlungen  Die Sammlungsschwerpunkte im Botanischen Garten sind in den letzten Jahren entsprechend den verschiedenen Aufgaben des Gartens in Forschung, Lehre und Die Pflanzensammlungen des Botanischen Gartens 

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Abb 4: Streptocarpus caulescens (Drehfrucht) aus der GesneriaceaeForschungssammlung.

Abb 5: Bulbophyllum burfordiense, Orchidee aus der Forschungssammlung

Öffentlichkeitsarbeit weiterentwickelt worden. So stellt der Garten aus seinen Sammlungen pro Jahr bis zu 10.000 Pflanzen beziehungsweise Pflanzenteile von zirka 400 Arten bereit, die für die universitäre Forschung und Lehre verbraucht werden. Für Forschung, Arterhaltung und Artenschutz wurden Spezialsammlungen im Freiland und in den Gewächshäusern aufgebaut. Da viele der sehr gut dokumentierten Arten in diesen Sammlungen von hohem wissenschaftlichem Wert sind oder in der Natur nur noch selten vorkommen, ist ihr Erhalt auch nach Abschluss der aktuellen Forschungsarbeiten bedeutsam. Um trotzdem Platz für neues Pflanzenmaterial von Forschungsrelevanz zu schaffen, wurden in den letzten Jahren nationale und internationale Kooperationen aufgebaut, um solches Material (vor allem Duplikate) an andere Gärten weiterzugeben. Damit ist nicht nur das Überleben dieser Pflanzen gesichert, sondern es ist auch garantiert, dass weiterhin bei Bedarf für Forschungszwecke auf das Material zurückgegriffen werden kann. Beispiele solcher Sammlungen sind  :

im Botanischen Garten in Kultur  ; es handelt sich hier um eine der größten Forschungssammlungen zu dieser Familie weltweit. Regelmäßige Zugänge zur Sammlung erfolgen durch Sammelreisen und Pflanzentausch. Im Tausch werden auch überschüssige Jungpflanzen an andere Forschungssammlungen weitergegeben. Intensive wissenschaftliche und gärtnerische Betreuung und eine hervorragende Dokumentation der Herkunft der einzelnen Individuen sind Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Sammlung und für die erfolgreiche Nutzung der kultivierten Arten unter anderem für taxonomische, systematische und phylogenetische Studien in internationaler Zusammenarbeit.

Bromeliaceae (Ananasgewächse)  : Die Pflanzenfamilie der Ananasgewächse umfasst über 3.000 Arten in mehr als 60 Gattungen. Rund 800 Arten aus 48 Gattungen sind 44  ]  Michael Kiehn

Gesneriaceae (Gesneriengewächse)  : Aus dieser Familie, zu der auch die Usambaraveilchen gehören, sind etwa 3.200 Arten beschrieben, die rund 150 Gattungen zugerechnet werden. Im Botanischen Garten befinden sich zirka 100 Arten aus etwa 30 Gattungen in Kultur. Schwerpunkt der Sammlung sind ansonsten selten in Kultur befindliche Arten der Alten Welt. Die kultivierten Arten waren in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte, die sich in internationaler Zusammenarbeit mit den Verwandtschaftsbeziehungen

der altweltlichen Arten untereinander sowie mit ihrer Evolution und Ausbreitung in Raum und Zeit beschäftigten. Die in Kultur befindlichen Pflanzen dienen aber auch als Grundlage für morphologische Grundlagenforschung, für cytologische Studien oder zu Untersuchungen der Ökologie gefährdeter Arten Orchidaceae (Orchideen)  : Mit über 25.000 beschriebenen Arten sind die Orchideen die größte Pflanzenfamilie weltweit. Der Botanische Garten unterhält eine repräsentative Querschnittssammlung dieser Familie, die für Lehre und Forschung gleichermaßen von Bedeutung ist, sowie Spezialsammlungen zu zwei Verwandtschaftskreisen  : Sie betreffen die Gattungen Bulbophyllum (zirka 1.200 Arten, davon rund 700 Arten kultiviert) und Pleurothallis (etwa 1.000 Arten, mehr als 80 Arten in Kultur). Diese Spezialsammlungen werden in internationalen Forschungsprojekten genutzt, zuletzt für molekulare und morphologische Untersuchungen in systematisch-phylogenetischem Zusammenhang oder für bestäubungs- und blütenbiologische Studien. Die Bulbophyllum-Sammlung wurde kürzlich auch bei der Erstellung einer Checkliste für die Gattung für das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) am Botanischen Garten verwendet.

Abb 6: Sarcocephalus latifolius, eine Art der Kaffeegewächse (Rubiaceae)

angewandte Forschung betrieben  ; unter anderem wird nach bioaktiven Substanzen gesucht, inklusive der Isolierung und Analyse dieser Substanzen und Tests auf fungizide und insektizide Wirkungen. Stemona (Stemonaceae)  : Mehr als die Hälfte der 23 Arten dieser selten kultivierten Gattung sind derzeit im Botanischen Garten in Kultur. Sie werden unter anderem für phytochemische und karyologische Untersuchungen genutzt.

Rubiaceae (Kaffee- oder Rötegewächse)  : Diese Familie umfasst weltweit etwa 12.000 Arten in mehr als 600 Gattungen  ; rund 150 Arten aus 70 Gattungen sind im Botanischen Garten in Kultur. Pflanzen dieser Spezialsammlung stellten in den letzten fünf Jahrzehnten die Basis für zahlreiche systematische, morphologische und cytologische Studien und für Revisionen kritischer Taxa dar. Derzeit erfolgen unter anderem Forschungen an Pflanzeninhaltsstoffen für systematische Zwecke.

Zwiebelpflanzen tropischer, subtropischer und mediterraner Lebensräume  : Vor allem Vertreter der Familien Liliaceae s.l. und Hyacinthaceae aus dem Mittelmeergebiet, aus Madagaskar und dem südlichen Afrika wurden in den letzten Jahren gezielt gesammelt. Sie werden für systematische Untersuchungen und Revisionen kritischer Taxa genutzt.

Rutaceae (Zitrusgewächse)  : Rund 1.600 Arten und 150 Gattungen werden in der Familie der Zitrusgewächse unterschieden. Davon befinden sich zirka 50 Arten aus 20 Gattungen in Kultur. Neben Grundlagenforschung, z.B. zu den Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Familie, wird an den Pflanzen dieser Sammlung auch

Pannonische Gruppe  : Etwa 160 Arten verschiedener Tro­ ckenvegetations-Typen aus dem Osten Österreichs wachsen derzeit im Botanischen Garten. Die seit 1991 entwickelte Freiland-Schaugruppe soll öffentliches Interesse für den Erhalt der gefährdeten Trockenstandorte schaffen. Sie stellt außerdem einen Ex-situ-Genpool für mehrere Die Pflanzensammlungen des Botanischen Gartens 

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Abb 7: Pannonische Gruppe

stark gefährdete Arten dar, deren Populationsdynamik in der Gruppe studiert werden kann. Aktuelle Forschungsarbeiten befassen sich unter anderem mit dem Österreichischen Drachenkopf (Dracocephalum austriacum), wobei hier auch eine Verknüpfung zwischen Artenschutzaktivitäten ex-situ (z.B. durch Erforschung von Keim- und Wachstumsbedingungen in der Kultur im Botanischen Garten) und in-situ (unter anderem durch Unterstützungsmaßnahmen im Habitatmanagement) stattfindet. Ausblick

Zu den wesentlichen Aufgaben der derzeitigen Gartenleitung gehört ein zeitgerechtes Management der Sammlungsbestände. Dabei spielen vor allem eine forschungs- und artenschutzbezogene Sammlungspflege und die Sicherung der Sammlungsdokumentation eine zentrale Rolle. Diese sind für die wissenschaftliche Bedeutung und Nutzung der Sammlungen absolut unerlässlich. Ebenso wichtig ist auch eine zukunftsorientierte Sammlungspolitik. Neben einer entsprechenden inhaltlichen und gestalterischen Planung vor Ort gilt es hier vor allem, sich aktiv an der Umsetzung der neuen internationalen Regeln zum Zugang zu Pflanzen aus anderen Ländern zu beteiligen. Nur so ist in nationaler und 46  ]  Michael Kiehn

internationaler Vernetzung die dynamische Sammlungsentwicklung im Sinne aller Aufgaben des Botanischen Gartens auch weiterhin sichergestellt. Adresse  : Botanischer Garten der Universität Wien (Hortus Botanicus Vindobonensis – HBV) Rennweg 14 1030 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Ebner, Michael  : Die Verwendung von GPS-Empfängern, Geodatenbanken und Webapplikationen als wichtige Werkzeuge in Naturschutzprojekten am Beispiel des Botanischen Gartens der Universität Wien. Diplomarbeit, Universität Wien 2011. Endlicher, Stephan Ladislaus  : Catalogus horti academici Vindobonensis. Wien  : Gerold 1842. Jacquin, Joseph Franz von  : Der Universitäts-Garten in Wien. Wien  : Gerold 1825. Kiehn, Michael  : Der Botanische Garten der Universität Wien. In  : Die Botanik am Rennweg. Das Institut für Botanik und der Botanische Garten der Universität Wien. Hg. von Wilfried Morawetz. Wien 1992 (=Abhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Österreich, Band 26), S. 96–112. Sieder, Anton, Heimo Rainer und Michael Kiehn  : CITES Orchid Checklist, Volume 5, Bulbophyllum and allied taxa (Orchidaceae). Kew  : Kew Publishing 2009. Stampf, Johann, Frank Schumacher und Michael Kiehn  : Eine »Gstätten« auf historischem Grund  ? Die Pannonische Gruppe im Botanischen Garten der Universität Wien. Zolltexte 32 (1999), S. 26–34.

Tanja Fabian

ERNEST- DICHTER-ARCHIV

Der wissenschaftliche Nachlass des Psychologen Ernest Dichter (1907–1991) wurde 1994 von der Republik Österreich durch den damaligen Minister für Wissenschaft und Kunst, Erhard Busek, angekauft und ist seit 1997 an der Fachbereichsbibliothek Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien untergebracht. Ernst Dichter (nach seiner Emigration  : Ernest) wurde 1907 in Wien als ältester von drei Söhnen einer jüdischen Migrantenfamilie geboren. Nachdem er 1930 die Externistenmatura abgelegt hatte, studierte er an der Universität Wien anfangs deutsche Literatur und Romanistik später Psychologie. 1934 promovierte er bei Karl Bühler (1879–1963) und gründete danach eine psychoanalytische Praxis. Zugleich arbeitete er am Psychotechnischen Institut der Stadt Wien und gemeinsam mit Paul F. Lazarsfeld (1901–1976) bei der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle. 1935 heiratete Dichter die Konzertpianistin Hedy Langfelder (geb. 1911). Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er 1936 für vier Wochen in Untersuchungshaft genommen. 1938 emigrierte er in die USA. Dort gründete er das »Institute for Motivational Research«. Ernest Dichter gilt bis heute als »Vater der Motivforschung«. Die menschliche Psyche interessierte ihn bereits als Schüler, nicht zuletzt deshalb, weil er als Rothaariger verpönt und ein Außenseiter war. Dieses Außenseitertum zwang ihn geradezu zur Selbstbeobachtung und zur Beobachtung seiner Akzeptanz bei Mitschülerinnen und Mitschülern. Die Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche und seine Erfahrungen nutzte er, um in beratender Funktion in Politik und Wirtschaft sowie für Manager und Werbefachleute erfolgreich tätig zu sein. Dichter avancierte zu einem der bekanntesten und umstrittensten Motivforscher. Die stark tiefenpsychologisch ausgerichtete Forschung sowie die Kombination qualitativer und quantitativer Metho-

Abb 1: »A Motivational Research Study of Opportunities for Simmons Convertible Sofas«. Preliminary Draft Proposal, New York, Mai 1968

den gaben immer wieder Anlass zu Kritik. Seine erfolgreichste Zeit waren die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Während dieser Zeit wurde er einerseits als »Guru« der strategischen Kommunikation und Beeinflussung verehrt, andererseits als Manipulationskünstler kritisiert. Ernest Dichters Forschungstradition hat bis heute hohe Bedeutung in der anwendungsorientierten Erforschung von Kaufentscheidungen. Seine Studien aus der Mitte Ernest-Dichter-Archiv 

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des letzten Jahrhunderts verfügen nach wie vor über eine hohe Aktualität. Knapp zweihundert Studien über Verpackungstests liegen im Dichter-Archiv vor. In einer dieser Studien, in welcher er Packungen für Margarine untersuchte, hat er mittels indirekter Befragung herausgefunden, dass Blumen in Verbindung mit der Farbe Gelb bei Probandinnen Assoziationen von Natürlichkeit und Gesundheit hervorrufen. Die Farben Blau und Weiß dagegen wurden mit Hygiene und Reinigung in Zusammenhang gebracht. Erkenntnisse, welche bis heute für Verpackungen und Werbemaßnahmen eingesetzt werden. Das Ernest-Dichter-Archiv umfasst insgesamt mehr als 3.000 Marktstudien, rund 1.000 Vorträge und Essays in deutscher, englischer, französischer und japanischer Sprache aus den Jahren 1947–1980 sowie einen Teil von Dichters Publikationen. Audio- beziehungsweise Videokassetten runden den Bestand ab. Bei den meisten dieser Studien handelt es sich um Auftragsarbeiten für Firmen und Werbeagenturen, die sich branchenmäßig über die gesamte Produktpalette der Konsumgesellschaft erstrecken. Die Privatkorrespondenz ist nicht im Archiv enthalten. Der Bestand ist im Zuge eines Projektes unter Mitwirkung mehrerer Akteure vollständig erschlossen worden und auf einer eigenen Website www.ernest-dichter.net recherchierbar. Er kann für wissenschaftliche Zwecke nach vorheriger Vereinbarung in der Fachbereichsbibliothek eingesehen werden. Adresse  : Fachbereichsbibliothek Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Informatik Währinger Straße 29 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Ernest Dichter – »Vater« der Motivforschung. Wien 2005 (= Meiden & Zeit. Kommunikation in Vergangenheit und Gegenwart, Heft 4). Dichter, Ernest  : Neues Denken bringt neue Märkte  : Analyse der unbewussten Faktoren, Umsetzung ins Marketing, Anregungen und Beispiele. Wien 1991.  Ernest Dichter – Doyen der Verführer. Zum 100. Geburtstag des Vaters der Motivforschung. Hg. von Rainer Gries und Stefan Schwarzkopf. Wien 2007.

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Gries, Rainer  : Produkte als Medien. Kulturgeschichte der Produktkommunikation in der Bundesrepublik und der DDR. Leipzig 2003. Tiger im Tank. Ernest Dichter – ein Österreicher als Werbeguru. Hg. von Franz Kreuzer, Gerd Prechtl, Christoph Steiner, Thomas Cudlik, Christian Mikunda und Peter Scheer. Wien 2002.

Günter Müller

DOKUMENTATION LEBENSGESCHICHTLICHER AUFZEICHNUNGEN

Die Sammlung verfolgt das Ziel, schriftliche, zumeist unveröffentlichte Lebensaufzeichnungen aus Privatbesitz an zentraler Stelle zu dokumentieren und als historisch-kulturwissenschaftliche Quellen für Lehre, Wissenschaft und Forschung nutzbar zu machen. Die Sammlung wurde auf Initiative des Sozialhistorikers Michael Mitterauer in der ersten Hälfte der 1980erJahre gegründet und ist am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien angesiedelt. Die großteils unveröffentlichten Materialien stehen für den

Einsatz in universitärer Lehre und Forschung wie auch in außeruniversitären Bildungs-, Unterrichts-, Sozialoder Kulturprojekten zur Verfügung. Träger der Einrichtung ist neben der Universität Wien der Verein »Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen«, zu dessen Zielen es unter anderem gehört, Menschen zu biografischer Reflexion anzuregen und den Dialog zwischen älteren und jüngeren Generationen zu fördern. Die Entstehung der Textsammlung korrespondiert zeitlich mit der Herausbildung neuer Perspektiven und

Abb 1: Doppelseite des Tagebuchs von Heinrich Liptak, verfasst 1918­–1921

Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen  

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Abb 2: Einleitung zu den Lebensaufzeichnungen von Aloisia Hinterhofer, verfasst um 1980

Forschungsschwerpunkte in der Geschichtswissenschaft, wie etwa der historischen Familienforschung, der Alltags-, Mentalitäts- und Frauengeschichte. Selbstzeugnisse aller Art erwiesen sich im Hinblick auf qualitative und subjektorientierte Forschungsansätze als besonders aussagekräftiger Quellentypus und fanden seither in den Geschichts-, Kultur- und Sozialwissenschaften verstärktes Interesse. Biografieforschung entwickelte sich zu einer fächerübergreifenden Domäne. Die Tätigkeit der »Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen« war von Beginn an eng verbunden mit biografisch orientierter Bildungsarbeit, vor allem in Form von Gesprächs- und Erzählkreisen, unter anderem in Kooperation mit Volkshochschulen oder dem Wien-Museum. Der kontinuierliche Auf- und 50  ]  Günter Müller

Ausbau der Textsammlung stützte sich auf Schreib- und Sammelaufrufe in Zeitungen und Zeitschriften, in Zusammenhang mit alltagsgeschichtlichen Sendereihen in Bildungsprogrammen des Hörfunks oder in Rundschreiben an die Mitglieder des stetig wachsenden Autorenkreises. Auch die Edition ausgewählter Manuskripte in der Buchreihe »Damit es nicht verloren geht …«, die seit 1983 im Böhlau Verlag herausgegeben wird, entfaltete eine gewisse Öffentlichkeits- beziehungsweise Vorbildwirkung im Hinblick auf lebensgeschichtliches Schreiben und Erinnern. Die Reihe umfasst aktuell 65 Bände, teils autobiografische Einzeleditionen, teils themenorientierte Sammelbände mit Erinnerungstexten mehrerer Verfasserinnen und Verfasser. Seit Sommer 2009 fungiert die Internetseite www.MenschenSchreibenGeschichte.at als »Schaufenster« und virtuelle Anlaufstelle der »Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen« sowie als Kommunikationsplattform für autobiografisch Schreibende und an Lebensgeschichten Interessierte in einem weiteren Sinn. Der Begriff »lebensgeschichtliche Aufzeichnungen« schließt eine Vielzahl an auto-/biografischen Textsorten ein. Der Sammelschwerpunkt liegt auf eigenhändig verfassten schriftlichen Lebenserinnerungen, die meist im fortgeschrittenen Alter aus Motiven der persönlichen Lebensbilanzierung oder der familiären Überlieferung heraus niedergeschrieben werden. Auch Erinnerungstexte, die auf thematische Schreibaufrufe hin verfasst wurden, nehmen einen wichtigen Platz ein. Die Textsammlung umfasst Anfang 2012 schriftliche Lebensaufzeichnungen von rund 3.200 Personen, in Summe etwa 12.000 Einzelmanuskripte. Eine parallel dazu angelegte Fotosammlung enthält rund 3.500 mehrheitlich digital erfasste Bilder, die großteils in Zusammenhang mit dokumentierten Lebensgeschichten stehen. Die ältesten Manuskripte reichen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Rund 350 Schreiberinnen und Schreiber wurden vor 1900 geboren, der Schwerpunkt der dokumentierten Erinnerungen liegt jedoch auf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Abb 3: Private Hör-Edition der Lebenserzählung von Maximilian Murauer (erstellt von Mathilde Murauer 2004)

Die soziale Herkunft der Schreibenden verteilt sich über sämtliche Bevölkerungsschichten. Seit den Anfängen ist es ein Anliegen der Dokumentationsstelle, dass auch Menschen mit geringer Schreibpraxis zur Aufzeichnung ihrer Lebenserinnerungen angeregt werden und dass die Lebenswelten sozial benachteiligter Gruppen in der Sammlung zumindest nicht unterrepräsentiert sind. Lebensgeschichten mit ländlichem und solche mit städtischem Hintergrund halten sich annähernd die Waage, Frauen sind als Verfasserinnen etwa im Verhältnis 3  :2 stärker vertreten als Männer. Der Großteil der Schreiberinnen und Schreiber wurde im Raum des heutigen Österreich, ein kleinerer Teil in den angrenzenden Ländern geboren. Bemerkenswert ist auch der Anteil an Kind-

heitserzählungen, die sich auf verschiedene historische, vor allem ehemals deutschsprachige Zuwanderungsgebiete, z. B. in Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, Siebenbürgen, Batschka und Banat, beziehen. Die Textmaterialien und ihre Urheberinnen und Urheber sind nach biografischen sowie sozialhistorisch relevanten Kategorien in einer lokalen Datenbank erfasst. Ein Teil der Texte und Fotos liegt in digitaler Form vor. Zu bestimmten Öffnungszeiten können Dokumente vor Ort eingesehen werden, wobei Diskretion und Sorgfalt im Umgang mit den persönlichen Dokumenten vorausgesetzt werden. Die Sammlung wird fachlich betreut und kontinuierlich erweitert.

Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen  

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Abb 4  : Auswahl aus der 1983 begründeten Editionsreihe »Damit es nicht verlorengeht . . .«, in der regelmäßig ausgewählte Texte aus dem Bestand der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen veröffentlicht werden

Adresse  : Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien Weiterführende Links  : http://lebensgeschichten.univie.ac.at http://www.MenschenSchreibenGeschichte.at http://www.boehlau.at/Damit_es_nicht_verlorengeht_.htm http://www.lebensspuren.net/medien/pdf/Doku_Lebensgeschichten. pdf

52  ]  Li Gerhalter

Li Gerhalter

SA MMLUNG FR AUENNACHL Ä SSE

In der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte sind zurzeit (Stand  : Frühjahr 2012) in 194 Beständen die Vor- und Nachlässe von 318 Personen archiviert. Bei den Schreiberinnen handelt es sich um sehr verschiedene Frauen, sie waren u.a. Lehrerinnen, Bäuerinnen, Schriftstellerinnen, Hausfrauen, Dienstmädchen, Adlige, Schauspielerinnen, Fabrikarbeiterinnen, Schülerinnen, Studentinnen, Arzthelferinnen, Modistinnen, Künstlerinnen, Sportlerinnen, eine Fleischhauerin, eine Müllerin, eine Fotografin, eine Dentistin, eine Fremdenführerin, eine Übersetzerin und eine Botschafterin. Es sind junge und alte, städtische und ländliche Frauen, ebenso wie ihre Familienangehörigen, Bekannten, Freundinnen und Freunde, weshalb sich auch Dokumente von Männern in den Beständen der Sammlung Frauennachlässe befinden. Kaum jemand von ihnen stand in einer prominenten Öffentlichkeit, aber alle haben sie geschrieben und Selbstzeugnisse hinterlassen. Die Inhalte und die Materialität dieser schriftlichen Hinterlassenschaften sind so vielfältig wie die unterschiedlichen Lebensgeschichten der einzelnen Personen. In der Sammlung Frauennachlässe werden ihre schriftlichen Vor- und Nachlässe gesammelt, erschlossen und der Forschung zugänglich gemacht. Die Bestände werden in wissenschaftlichen Projekten und in der universitären Lehre kontinuierlich und breit genutzt, wobei die Dokumente dabei als Quellen für unterschiedlichste historische und kulturwissenschaftliche Fragestellungen dienen. Gleichzeitig können die verschiedenen Materialien zur Modifikation von Genrediskussionen und -festschreibungen auto-/biografischer Dokumente beitragen, die bisher primär nach literaturwissenschaftlichen Kriterien behandelt und bewertet wurden. Der Bestand wird laufend durch Aufrufe im Zuge von Forschungsprojekten, durch die Zusammenarbeit

Abb 1: Porträts von Hedi Zdansky und Marianne Mayrhofer

mit anderen Archiven sowie sukzessive E ­ rgänzungen von bereits übernommenen Vor- oder Nachlässen erweitert. Aktuelle Schwerpunkte bilden dabei das Thema »Migration« oder die Erforschung von Liebesbriefen. Erschlossen sind die Bestände in exakten Einzelblattverzeichnissen, zudem wurde ein systematischer Katalog erarbeitet, der eine kurze Beschreibung jedes Bestandes sowie ein Dokumenten- und ein Ortsregister enthält. Zurzeit listet das Verzeichnis 554 Bände von Tagebüchern und tagebuchähnlichen Aufzeichnungen auf, 548 weitere Dokumente in Buchform wie Kalender, Haushaltsbücher oder Poesiealben, rund 33.500 Korrespondenzschriftstücke, zirka 19.200 Fotografien, etwa 3.650 amtliche und geschäftliche Dokumente, 77 autobiografische Texte und acht literarische Nachlässe. 53 Bestände enthalten darüber hinaus auch verschiedene kleine Gegenstände mit Erinnerungsfunktion, wie etwa Schmuckschleifen, Abzeichen, sogenannte Judensterne, Handarbeitsproben, Kinderschuhe, Schatullen und Ähnliches. Der Nachlass des sozialen Vereins »Wiener Settlement« ist ebenfalls Teil des Bestandes. Sammlung Frauennachlässe 

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Abb 2: Porträts aus der Sammlung Frauennachlässe, von links nach rechts: Mimi Hübner, Rosina Kalowa, Hertha Bren, Martha Teichmann

Der Großteil der Archivalien wurde im späten 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfasst. Insgesamt erstreckt sich der zeitliche Rahmen über drei Jahrhunderte  : Das früheste Schriftstück ist ein Geschäftsdokument aus dem Jahr 1738, die jüngsten Archivalien sind Teile einer Korrespondenz in Form von Briefen und E-Mails, die bis in den April 2011 reicht. Der räumliche Schwerpunkt der Sammlung Frauennachlässe liegt auf dem Gebiet des heutigen Österreich, zahlreiche Bestände kommen jedoch auch aus den ehemaligen Kronländern der Habsburgermonarchie sowie dem benachbarten Ausland, wobei insgesamt Schriftstücke aus allen Kontinenten vorliegen. Als wissenschaftliche Institution ist die Sammlung Frauennachlässe ein Beispiel für die Fokussierung auf die »neuen« historischen Fragestellungen der letzten Jahrzehnte, die Etablierung der Frauen- und Geschlechtergeschichte und die sich zunehmend ausdifferenzierende Auto-/Biografieforschung. Mit dem primären Interesse an Vor- und Nachlässen von Frauen, die nicht einer bestimmten Berufs- oder Personengruppe, einer politischen Bewegung oder Partei angehörten, ist die Sammlung im europäischen Raum einzigartig. 54  ]  Li Gerhalter

Die Initiative zum Sammeln von Frauennachlässen wurde 1989 von Edith Saurer (1942–2011), Professorin für Neuere Geschichte und Doyenne der österreichischen Frauen- und Geschlechtergeschichte, gesetzt. Den konkreten Anlass bildete das politische Jubiläum »70 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich«, in dessen Rahmen für eine Ausstellung mittels eines Zeitungsaufrufs nach Selbstzeugnissen gesucht wurde. Unter der gemeinsamen Leitung von Edith Saurer und Christa Hämmerle, außerordentliche Professorin für Neuere Geschichte und Frauen-/Geschlechtergeschichte, wurde die Sammlung in den folgenden Jahren am Institut für Geschichte weiter auf- und ausgebaut. Seit dem Jahr 2000 ist sie auf Vereinsbasis organisiert, von 2006 bis 2012 war sie Teil der an der Universität Wien eingerichteten Forschungsplattform »Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im veränderten europäischen Kontext«, über die eine Halbtagesstelle zur wissenschaftlichen Betreuung des Archivs finanziert wurde.

Abb 3: Von links nach rechts: Name unbekannt, Erna Rentmeister, Lise Monika Lindenberg, Bernhardine Alma

Adresse  : Sammlung Frauennachlässe Institut für Geschichte Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Gerhalter, Li unter der Mitarbeit von Brigitte Semanek: Bestandsverzeichnis der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien. 2., erweiterte Auflage, Wien 2012. Gerhalter, Li  : Auf zur eigenen Dokumentation von Erinnerung! Feministische Archive für auto/biografische Dokumente als Schnittstellen von Erinnerungspolitiken und Forschung. In: Frauen:Museum  – Zwischen Sammlungsstrategie und Sozialer Plattform. Hg. von Elke Krasny und Frauenmuseum Meran. Wien 2012 (in Druck). Gerhalter, Li  : Geschichten und Voraussetzungen. Die Bestände der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien. In  : Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 81 (1/2010), S. 27–41. Gerhalter, Li  : Decisions and Chances – the Winding Path of Women’s Personal Testimonies. The Collection of Women’s Estates/Sammlung Frauennachlässe, Vienna. In  : Women and Minorities  : Ways of Archiving. Hg. von Kristina Popova, Marijana Piskova, Margareth Lanzinger, Nikola Langreiter und Petar Vodenicharov. Sofia/Vienna 2009, S. 20–34. Hämmerle, Christa  : Fragmente aus vielen Leben. Ein Portrait der »Sammlung Frauennachlässe« am Institut für Geschichte der Uni-

versität Wien. In  : L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 14 (2/2003), S. 375–378. Hämmerle, Christa  : »Und etwas von mir wird bleiben …« Von Frauennachlässen und ihrer historischen (Nicht)Überlieferung. In  : Montfort. Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs 2 (2003), S. 154–174. Hämmerle, Christa  : »… vielleicht können da einige Briefe aus der Kriegszeit bei Ihnen ein ständiges Heim finden.« Die »Sammlung Frauennachlässe« am Institut für Geschichte der Universität Wien. In: Briefe – Tagebücher – Autobiographien. Studien und Quellen für den Unterricht. Hg. von Eigner Peter, Christa Hämmerle und Günter Müller. Wien 2006, S. 132–139. Hämmerle, Christa  : Nebenpfade? Populare Selbstzeugnisse des 19. und 20. Jahrhunderts in geschlechtervergleichender Perspektive. In: Vom Lebenslauf zur Biographie. Geschichte, Quellen und Probleme der historischen Biographik und Autobiographik. Hg. von Thomas Winkelbauer. Horn/Waidhofen a.d.Thaya 2000 (= Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes 40), S. 135–167. Saurer, Edith  : »For Women, the Act of Writing – whether Letters or Diaries – Expresses their Identity, their Life’s Ambition, the Will to Survive«. (Interview Kristina Popova with Edith Saurer). In  : Women and Minorities  : Ways of Archiving. Hg. von Kristina Popova, Marijana Piskova, Margareth Lanzinger, Nikola Langreiter and Petar Vodenicharov. Sofia/Vienna 2009, S. 16–19. Weiterführender Link  : http://www.univie.ac.at/Geschichte/sfn/

Sammlung Frauennachlässe 

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Alexander Schiller

NACHL A SS ERICH FR AUWALLNER

Das Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde (ISTB) ver­wahrt den Nachlass des Indologen und Buddhismuskundlers Erich Frauwallner (1898–1974). Frauwallner wurde am 28. Dezember 1898 in Wien geboren. Er studierte an der Universität Wien Klassische Philologie, Indologie und Iranistik und wurde 1921 in Klassischer Philologie promoviert. 1928 habilitierte er sich an der Universität Wien als Privatdozent für indische Philologie und Altertumswissenschaft. Ab 1930 begann er indo­logische Lehrveranstaltungen abzuhalten und wurde 1939 zum außer­ordent­­­­lichen Professor für Indologie und Iranistik ernannt. Mit der Einberufung zum Militär­dienst im Jahre 1943 musste er seine Lehr­tätigkeit unterbrechen. Nach Kriegs­ende wurde er aufgrund seiner Partei­mitgliedschaft in der National­ sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei aus dem öffentlichen Dienst entlassen und drei Jahre später (1948) in den Ruhestand versetzt. Auf Antrag Frauwallners wurden seine politischen Aktivi­täten während der NSZeit einer Überprüfung unterzogen und das Bundesministerium für Unterricht verlieh ihm 1952 erneut die Venia Legendi. 1955 erfolgte seine Berufung zum Extra­ ordinarius am neu geschaffenen Indo­logischen Institut der Universität Wien und 1959 zum Ordinarius der Indologie. Zu Beginn des Jahres 1964 wurde Frauwallner emeritiert. Er setzte seine wissenschaftliche Arbeit bis zu seinem Tod am 5. Juli 1974 in Wien fort. Frauwallner war ab dem Jahr 1955 wirkliches Mitglied der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften, seit 1972 Ehren­mitglied der Deutschen Morgen­ländischen Gesell­schaft und ab 1973 korrespondierendes Mit­glied der Akademie der Wissen­schaften zu Göttingen. Das Hauptarbeitsgebiet Frauwallners war die indische Philosophiegeschichte. Einen wesentlichen Teil seiner Forschung widmete er den philosophischen Sys-

Abb 1  : Untersuchungen zum Mokåadharma. Die nicht-sāṃkhyistischen Texte (erschienen im Journal of the American Oriental Society, 1925). Reinschrift der ersten indologischen Fachpublikation Erich Frauwallners, Wien, vor 1926

temen des Buddhismus. In Fachkreisen haben Frauwallners Werke eine außerordentlich günstige Aufnahme gefunden  : Frauwallner habe »in zahlreichen Arbeiten die Voraussetzung dafür geschaffen

[…], dass die doxo­graphische Betrachtung indischer Denksysteme zu einer überzeugenden historischen Darstellung indi-

scher Philosophie werden konnte«,

Nachlass Erich Frauwallner 

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heißt es etwa in der Würdigung Frauwallners als Ehrenmitglied der Deutschen Morgenländischen Gesell­ schaft im 122. Band der Zeitschrift aus dem Jahr 1972. Frauwallner hinterließ einen schriftlichen Nachlass und eine Bibliothek. Den schrift­­lichen Nachlass übergaben die Nachkommen Frauwallners 1975 dem Institut für Tibeto­logie und Buddhis­muskunde als Geschenk. Dort wurde er in den Jahren 1976 und 1977 durch Mittel des Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung in Österreich als Samm­lung ge­ordnet. Die nachgelassene Bibliothek wurde durch eine Dotation des Österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung für die Universität Wien angekauft und in die Sammlungen des Instituts für Indologie und des Instituts für Tibetologie und Buddhismuskunde aufgenommen. Der schriftliche Nachlass Frauwallners setzt sich aus Werken, Korrespondenzstücken, Dokumenten und Sammlungen zusammen, die weitgehend archivarisch erfasst und vorgeordnet sind. Der Bestand ist in einer eigenen Inventarliste verzeichnet. Die Nachlassbibliothek wurde größtenteils in zwei Inventarbücher aufgenommen sowie elektronisch katalogisiert und ist über den Onlinekatalog der Universitätsbibliothek abrufbar. Heute wird der Nachlass Frauwallner an zwei verschiedenen Standorten aufbewahrt. Der schriftliche Nachlass ist im Bereich Tibet und Buddhismus­kunde des ISTB untergebracht, die Nachlassbibliothek hingegen ist in der Fachbereichs­ bibliothek Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde aufgestellt. Der gesamte Nachlass ist für wissenschaftliche Zwecke gegen Voranmeldung zugänglich. Adressen  : Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde (ISTB) Bereich Tibet- und Buddhismuskunde Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 2 1090 Wien Fachbereichsbibliothek Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 2 1090 Wien

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Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Frauwallner, Erich  : Geschichte der indischen Philo­sophie. I. Band  : Die Philosophie des Veda und des Epos. Der Buddha und der Jina. Das Sāṃkhya und das klassische Yoga-System. Salzburg 1953. II. Band  : Die naturphilosophischen Schulen und das Vaiśešika-Sys­ tem. Das System der Jaina. Der Materialis­mus. Salzburg 1956 Frauwallner, Erich  : Die Philosophie des Buddhismus. Hg. von Eli Franco und Karin Preisendanz einschließlich eines Vorwortes, 5. Auflage, Berlin 2010. Gödl, Robert  : Erich Frauwallner  : Nachruf. In  : Öster­reichische Akademie der Wissenschaften, Almanach für das Jahr 1974 (124. Jahrgang), Wien 1975, S. 476–481. Ober­hammer, Gerhard  : Erich Frauwallner (28.12.1898–5.7.1974). In  : Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens und Archiv für indische Philosophie 20 (1976), S. 5–17. Ober­hammer, Gerhard  : Verzeichnis der Schriften Erich Frauwallners. In  : Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens und Archiv für indische Philosophie 20 (1976), S. 19–36.

Walter Lang

DIABILDSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR GEOGR APHIE UND REGIONALFORSCHUNG

Die Bedeutung der Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung basiert auf ihrer Historie. Einst dienten diese Bilder in einem Zeitalter vor Fernseher und Computer sowohl der Untermauerung wissenschaftlicher Ergebnisse in Forschungspublikationen als auch der Wissensvermittlung im Hochschulunterricht. Die Weiterentwicklung der Technologie und die Möglichkeit der Nutzung moderner Medien (Stichwort  : Google, Wikipedia) lassen Objekte dieser Sammlung zunächst nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch ein früheres Weltbild sichtbar, das in dieser Form nicht mehr existiert und auch sonst nur schwer fassbar ist. Anhand der Dias lassen sich zeitliche und räumliche Veränderungen erkennen und nachweisen, die nach wie vor in der Gegenwart präsent sind und zunehmend an Relevanz gewinnen. Hierin liegt nun der aktuelle wissenschaftliche und didaktische Zweck der Sammlung, die derzeit in eine moderne, digitale Form gebracht wird. Jede Bildersammlung spiegelt die technische Entwicklung der Fotografie wider. Die ältesten Exponate der Geografischen Diabildsammlung stammen aus den 1920er-Jahren, einer Zeit, als das Fotografieren einfacher geworden war. Es war nicht mehr notwendig, schwere, beschichtete Glasplatten ins Gelände zu schleppen, die Formate wurden handhabbar. Darüber hinaus eigneten sich die kleineren (schwarz-weißen) Lichtbilder bestens für Projektionen im Rahmen von Vorträgen. Eduard Brückner (1862–1927), Inhaber der physischgeographischen Lehrkanzel der Universität Wien in der Zeit von 1906 bis 1927, war einer der Ersten, der diese Technik einsetzte. Er legte auch den Grundstein zu dieser Sammlung, die von Beginn an ein breit gefächertes

Abb 1: Schöpfrad in Hama (Syrien), 1965

Spektrum an Motiven beinhaltete. Die damalige Bedeutung der Lichtbildprojektionen manifestiert sich in zahlreichen Erwerbungen, die das Institut in den 1930erund 1940er Jahren bei privaten Bildarchiven tätigte. In den 1950er-Jahren entstanden schließlich die ersten Farbdias, nachdem 1935 die Kodachrome-Farbscht wordeicht entwickeln war. Diese sehr dünne Schicht bewirkte eine deutlich verbesserte Bildschärfe und Farbbrillanz, was nicht nur für einen qualitativen, sondern vielmehr für einen quantitativen Anstieg der Bildproduktion am Institut für Geographie sorgte. Jede Abteilung besaß nun eine große Menge an fachspezifischen Abbildungen. Hervorzuheben sind hier die Sammlungen von Josef Matznetter (1917–1990) und Ernest Troger (1926–1988), später von Julius Fink (1918–1981) und zuletzt von Hans Fischer. Diese Fülle an Diapositiven, insgesamt rund 80.000 bis 100.000 Stück, wurde nicht mehr zentral verwaltet und geriet in den frühen 1990er-Jahren ins Abseits, um danach von der digitalen Revolution überrollt zu werden. Im Zuge eines Sonder-

Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung  

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Abb 2: Esmarkgletscher, Spitzbergen, um 1925

projekts, finanziert durch die Fakultät für Erdwissenschaften, Geographie und Astronomie, werden die Bilder nun gesichtet, geordnet, digitalisiert und längerfristig neu präsentiert. Ziel ist es, den Wert des Bestandes zu sichern und Unikate zu erhalten, die über Jahre hinweg durch Umsiedlungen, Staub, Fingerabdrücke, Kratzer, Licht, Feuchtigkeit sowie Pilze und Bakterien in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Die Inhalte der Sammlung sind dem Wesen der Geografie entsprechend breit gestreut und geben im Wesentlichen die Forschungsschwerpunkte der jeweiligen Wissenschaftler (und Fotografen) wieder. So finden sich aus Eduard Brückners Schaffensperiode zahlreiche Darstellungen zum Thema Glaziologie und Eiszeitforschung. Später wandte sich Brückner der Meteorologie 60  ]  Walter Lang

und Klimatologie zu, zu denen ebenfalls bildliche Darstellungen in Form von Diagrammen existieren. Es wird der Raum Österreichs (unter anderem Voralpengebiet, Salzkammergut) und Europas (Deutschland, Frankreich, Dänemark, Norwegen) abgedeckt, aber auch arktische Regionen (Grönland, Spitzbergen), wobei einige vom Luftschiff aus aufgenommene Luftaufnahmen aus dieser Zeit besonders bemerkenswert sind. Auffällig ist die starke regionalgeografische Zuordnung dieses ersten Grundstocks der Sammlung aus der Zeit von circa 1925 bis 1940. Die Diasammlung von Josef Matznetter umfasst den Zeitraum von 1958 bis 1988. Er war (nach heutiger Terminologie) Sozial- und Wirtschaftsgeograf. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Bilder thematisieren

Industrie, Bergbau, Land- und Forstwirtschaft. Seine Feldforschungen betrieb er auf den Kapverden (1958), später auf São Tomé und Principe, Guinea-Bissau, Südafrika (1961), mehrmals in Angola und Mosambik sowie in Brasilien. Stets begleitete ihn dabei seine ebenfalls wissenschaftlich tätige Frau, wovon zahlreiche Bilder ethnologischen Inhalts zeugen. Auch Ernest Troger bereicherte die geografische Bildsammlung. Er war Professor für Humangeografie und untersuchte Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre den sozioökonomischen Wandel und bevölkerungsgeografische Inhalte in Festlandsüdostasien (Thailand, Laos). Spätere Aufnahmen aus den 1960erJahren stammen von zahlreichen Exkursionen, die er in den Orient und nach Nordafrika (Tunesien, Algerien, Ägypten), ab 1970 nach Westasien (Türkei, Irak, Iran), ab 1980 nach Indien und von 1985 bis 1988 nach Thailand unternahm. Julius Fink war von 1969 bis 1981 Professor für Physische Geographie. In sehr umfassender Weise beschäftigte er sich mit Geologie und Bodenkunde, Quartär- und Lössforschung und der Landschaftsökologie. Seine Fotos belegen seine akribische Grabungs- und Forschungstätigkeit in großen Teilen Österreichs. Der Bildbestand Finks wurde nach dessen Ableben 1981 von Hubert Nagl (Professor für Geoökologie) übernommen, erweitert und ergänzt. Ein großer Bereich der Bildsammlung schließlich stammt von Hans Fischer, der von 1982 bis 2000 Professor für Physische Geographie war. Seine Forschungsschwerpunkte lagen auf dem Gebiet der Geomorphologie sowie den »Hochgebirgsräumen der Erde«. Häufig bereiste er die Staaten des östlichen Europa (Tschechoslowakei, DDR, Polen), wo in der Zeit vor 1989 wertvolle Eindrücke von damals schwer zugänglichen Räumen entstanden. Der Großteil der noch nicht vollständig erfassten Diabildsammlung lagert in Archivräumen des Instituts für Geographie und Regionalforschung und ist nur nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen.

Abb 3: Schüler mit Tontafeln im Fula Pretos-Weiler Brincasse bei Bafatá (Guinea-Bissau), 1961

Adresse  : Institut für Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Fassmann, Heinz  : Portrait  : Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien. In  : Forum Raumplanung 2 (2004), S. 53–58. Fassmann, Heinz  : Geography in Austria. In  : Belgeo, Heft 1 (2004), S. 17–32.

Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung  

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Irene Jörg

GESTEINSSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR GEOGR APHIE UND REGIONALFORSCHUNG

Die Gesteinssammlung kann auf eine lange Entstehungsgeschichte zurückblicken und wurde vor allem von am Institut für Geographie und Regionalforschung tätigen Professoren und deren Mitarbeitern in jahrzehntelanger Kleinarbeit zusammengetragen. Die Anfänge des heutigen Instituts für Geographie und Regionalforschung gehen auf das Jahr 1851 zurück, der Beginn der Sammlung, damals noch als »Geographisches Cabinett« bezeichnet, auf das Jahr 1853. Vor allem unter Julius Fink (1918–1981) erlebte die Gesteinssammlung einen beträchtlichen Aufschwung. Viele Kollegen halfen mit, die Sammlung zu vergrößern, indem sie von Exkursionen oder Forschungsreisen immer wieder Handstücke mitbrachten und in die Sammlung einordneten. Es ist eine Vielzahl von Leihgaben vorhanden, etwa von Julius Fink und Hans Fischer (geb. 1931). Die jeweiligen Professoren für Physische Geografie, die seit Gründung des Instituts hier tätig waren, setzten in der Gesteinssammlung ihre persönlichen Akzente. So war etwa Julius Fink auf dem Gebiet der Quartärgeologie und Lössforschung tätig und versorgte die Sammlung mit entsprechenden Materialien. Von Erik Arnberger (1917–1987), der Exkursionen in verschiedene Kontinente unternahm, kamen ebenso Handstücke wie von Hans Fischer, dessen Schwerpunkt die Alpenforschung war. In der Sammlung befinden sich zwar Handstücke aus aller Welt, der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Alpenraum und Österreich. Weiters gibt es eine Vielzahl von Objekten, die vor allem aus dem Quartär in Ostösterreich stammen. Die gesamte Sammlung besteht aus ungefähr 400 Handstücken, von denen in vier Schaukästen die wichtigsten Gesteine gezeigt werden. Diese 62 Handstücke sind nach den großen Gesteinsgruppen (magmatische Gesteine, Sedimentgesteine, metamor-

Abb 1: Beispiele zum Thema Höhlenkunde

phe Gesteine) geordnet  : Im ersten Schaukasten werden Exemplare mit Vulkaniten, Plutoniten sowie Pegmatiten gezeigt. Zwei weitere Schaukästen beherbergen Handstücke der klastischen Sedimente (Breccien, Konglomerate, Sandsteine und Löss) sowie der chemischbiogenen Sedimente. Der vierte Schaukasten enthält verschiedene Gneise, Schiefer und Marmore. Zumeist sind Schaustücke aus Österreich ausgestellt. In Laden, die ebenfalls nach diesem System geordnet sind, werden ungefähr dreißig Handstücke aufbewahrt, die die Studierenden anfassen und genau betrachten können. Darüber hinaus ist noch eine eigene Lade mit Gesteinen für Unterrichtszwecke vorgesehen, welche Bezug nehmend auf eine generalisierte Lithologische Karte Österreichs, die entsprechenden Handstücke enthält. Je nach Lehrangebot haben die Studierenden die Möglichkeit, in kleinem Rahmen die wichtigsten Feldme-

Gesteinssammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung 

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Abb 2: Verschiedene klastische Sedimente

thoden zur Mineral- und Gesteinsbestimmung selbst durchzuführen. Für diesen Zweck existieren je fünfundzwanzig Exponate von sieben verschiedenen Gesteins- beziehungsweise Mineralproben aus Österreich. Der Mineralienkunde sind drei kleine Laden gewidmet, in denen fünfzehn Beispiele zur Mineralneubildung (Minerale der Magmatite, der Sedimente und der Metamorphite), zur Kristallbildung (rasch–langsam–schockartig) sowie zum Glanz (Perlmutt-, Glas-, Seiden-, Metallglanz) aufbewahrt werden. Darüber hinaus sind in der Sammlung eine ganze Reihe verschiedener Fossilien zu finden, darunter Muscheln und Schnecken aus der Molasse- und Waschbergzone und ein Oberkiefermilchzahn eines Rüsseltieres aus dem ältesten Pannon. In vier weiteren, mit Laden versehenen Kästen befinden sich viele weitere ergänzende Schaustücke. Hierdurch ist es möglich, entsprechend der vielfältigen geomorphologischen Fragestellungen, gewisse Schaustücke für die jeweilige Lehrveranstaltung zusammenzustellen und verschiedene Verwitterungsformen anhand von Gestein64  ]  Irene Jörg

sproben zu demonstrieren. So gibt es etwa Beispiele für Karren oder Verwitterungsrinden sowie Schaustücke zu gekritzten Geröllen, verfestigten Moränen und Windkanter. Das unterschiedliche Aussehen der in Österreich vorkommenden Granite kann ebenso gezeigt werden wie die unterschiedlichen Ausprägungsformen von Konglomeraten. Zum Themenkreis »Karst- und Höhlenkunde« sind ebenfalls Schaustücke vorhanden. Neben den schon erwähnten Karren liegen auch verschiedene Kalzitkristallbildungen, Tropfröhrchen und Tropfsteine, unterschiedliche Sinterbildungen, Kalktuffe, Bergmilchablagerungen, Augensteinkonglomerate aus Höhlen sowie Höhlenbärenknochen vor. Zur Tektonik finden sich einzelne Exemplare, etwa ein Mylonit oder tektonische Breccie. Adresse  : Institut für Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien

Alexandra Gappmayr

HISTORISCHE SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR GEOGR APHIE UND REGIONALFORSCHUNG

Im Eigentum der Universität Wien befinden sich einige interessante historische, geografische Sammlungsobjekte, die im Zuge der Einführung neuer universitärer Organisationsformen vom Institut für Geographie und Regionalforschung in den Bestand der Fachbereichsbibliothek übergegangen sind. Es handelt sich dabei um Lehr- und Arbeitsmittel aus dem Bereich der Kartografie, die lange vor dem Siegeszug der digitalen Technologien am Institut gesammelt und im Unterricht eingesetzt wurden. Den umfangreichsten Teil nehmen die Kartensammlung sowie die Sammlung von Atlanten ein. Die Globen und Reliefs wurden in den 1980er- und 1990er-Jahren aus Mangel an räumlichen Ressourcen als Dauerleihgaben an die Österreichische Nationalbibliothek übergeben. Globen

Die Geschichte der Globen (Globus, lat. für Kugel, Ball) nahm mit den ersten Himmelsgloben bereits in der Antike ihren Anfang und erreichte im Zeitalter der Entdeckungen ihren Höhepunkt. Ihre Blütezeit erlebte die Globenherstellung im 17. und 18. Jahrhundert. Globen hatten (und haben) von Beginn an die Funktion, als Arbeits- und Demonstrationsobjekte in Forschung und Lehre eingesetzt zu werden. Parallel dazu entstanden aber auch immer aufwendiger gestaltete Globen, die zu rein dekorativen Repräsentationsobjekten wurden. Im 18. Jahrhundert wurden die Globen erschwinglicher, in ihrer Ausstattung aber auch sachlicher und schmuckloser. Der produktionstechnische Fortschritt im 19. Jahrhundert begünstigte die zunehmende Massenproduktion. Zentren der Globenherstellung waren Deutschland, Niederlande, England, Frankreich und Italien. In Öster-

reich setzte die Herstellung von Globen erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein und erreichte im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Bedeutende Verleger dieser Zeit waren Jan Felkl (1817–1887), Franz Leopold Schönninger (1790–1877), Eduard Hölzl (1817–1885), Gustav Freytag (1852–1938) und Wilhelm Berndt (Lebensdaten unbekannt). Die Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung besitzt eine kleine wertvolle Sammlung alter Globen, die sich als Dauerleihgaben im Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. Bei den Objekten handelt es sich um Erdgloben, mit Ausnahme zweier seltener meteorologischer Globen. Die wertvollsten Objekte dieser Sammlung sind der »Erdglobus« von Daniel Friedrich Sotzmann (1754–1840) aus dem Jahr 1808, die »Erdkugel« von ­Joseph Jüttner (1775–1848) aus dem Jahr 1839 sowie das Globuspaar von Carl Kassner (1864–1950) aus dem Jahr 1907. Daniel Friedrich Sotzmann war einer der bedeutendsten deutschen Kartografen seiner Zeit. Seinen »Erdglobus / von 11/2 Pariser Fuss« widmet er »Seiner königlichen Majestät dem König von Bayern Maximilian Joseph«. Der Globus hat einen Durchmesser von 48,5 cm und eine Höhe von 120 cm und ist nach englischem Vorbild gearbeitet. Er zeichnet sich durch sein reichhaltiges topografisches Namensgut aus und weist zwei Besonderheiten auf  : zum einen die Darstellung wenig erforschter Gebiete, zum anderen die Eintragung von insgesamt 36 Expeditionsrouten (Seereisen). Angefertigt wurde der Globus vom Nürnberger Kunsthändler Johann Georg Franz jun. (1775–1836). Der vom Militärkartografen Joseph Jüttner entworfene Erdglobus mit 63 cm Durchmesser und 112 cm Höhe ist ein Beispiel für die gelungene Zusammenar-

Historische Sammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung  

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Abb 1: Meteorologischer Globus (Januar) von Carl Kassner, 1907

Abb 2: Meteorologischer Globus (Juli) von Carl Kassner, 1907

beit zwischen Gestalter und Verleger. Die »Erdkugel / von 2 Wiener Schuh« war das Prunkstück der »Zweiten allgemeinen österreichischen GewerbeproducentenAusstellung«, die im Jahr 1839 stattfand und in deren Rahmen Jüttner für diesen Globus die Silbermedaille verliehen wurde. Keine Erwähnung auf dem Globus findet allerdings der Verleger Franz Leopold Schönninger, der auf Anregung Jüttners seine Globenproduktion von kostspieligen und schweren Gipskörpern auf speziell behandelte Pappkugeln umstellte. Zwei sehr seltene Stücke sind die im Berliner Verlag Reimer erschienenen Klimagloben »Meteorologischer Globus ( Januar)« und »Meteorologischer Globus ( Juli)«. Sie stammen aus dem Jahr 1907 und wurden nach einem Entwurf des Meteorologen Carl Kassner hergestellt. Kassner war als Privatdozent an der Königlich Technischen Hochschule Berlin sowie am Königlich Preußischen Meteorologischen Institut tätig. Die

beiden Globen mit einem Durchmesser von jeweils 32 cm und einer Höhe von 57,5 cm auf schwarz lackiertem Holzfuß zeigen Temperatur, Druckverhältnisse und die vorherrschenden Winde für die Monate Jänner und Juli (basierend auf den Daten Frühling 1907). Das Globenpaar verdeutlicht sehr anschaulich die jahreszeitlichen Veränderungen und wurde als Lehrmittel verwendet.

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Reliefs

Mit Reliefs oder Geländemodellen werden kartenverwandte Darstellungen bezeichnet, die Teile der Erdoberfläche in dreidimensionaler Form zeigen und als Hilfsmittel für die Darstellung steiler Formen der Erdoberfläche dienten. Seinen Ausgang nahm der Reliefbau in der Schweiz zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Bedeutung dieser Form der Geländedarstellung liegt in

Abb 3: Relief der Bucht von Neapel von Domenico Locchi, um 1900

erster Linie in ihrer plastischen Anschaulichkeit begründet, weshalb Reliefs im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts gerne als didaktische Hilfsmittel für den Unterricht eingesetzt wurden. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gerieten die Reliefs aus dem Fokus der (wissenschaftlichen) Aufmerksamkeit. Allerdings kann man in letzter Zeit wieder vermehrtes Interesse an diesen Objekten erkennen. Zum Bestand der Fachbereichsbibliothek zählen sechs Reliefs, die in den 1980er-Jahren als Dauerleihgaben der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) übergeben wurden und sich in der Kartensammlung der ÖNB befinden. Darunter ist etwa das Relief von Frankreich im Maßstab 1  :500 000 zu finden. Das

aus Gips gefertigte Relief hat eine Größe von etwa 80 x 80 cm und wurde gelb und braun bemalt. Gestaltet wurde das Relief von Émile Levasseur (1828–1911) und der französischen Geografin Caroline Kleinhans (Lebensdaten unbekannt). Levasseur war französischer Statistiker, Geograf und Wirtschaftswissenschaftler und Förderer des Reliefbaus im Frankreich des 19. Jahrhunderts. In Italien wirkten im 19. Jahrhundert zwei wichtige Relief-Hersteller  : Domenico Locchi (Lebensdaten unbekannt) und Cesare Pomba (1830–1898). Von Domenico Locchi befinden sich zwei Reliefs in der Sammlung  : »Rilievo plastigrafico 1  : 75 000 del territorio di Trento« aus der Zeit um 1900, in einer Größe von 165

Historische Sammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung  

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Oberfläche stammt aus der Zeit zwischen 1880/1884. Es zeigt in eindrucksvoller Weise die Höhenverhältnisse der Erdoberfläche und deren Krümmung und bildet den gesamten Alpenraum ab. Pomba hat dem damaligen »Geographischen Institut« persönlich ein Exemplar gewidmet. Weiters finden sich ein Relief der dalmatinischen Küste von einem unbekannten Autor sowie ein Relief von Franz Rohrhofer (Lebensdaten unbekannt) aus dem Jahr 1953 in der Sammlung. Letzteres zeigt die Gletscherstände von Schalf-, Mutmal- und Marzellferner in den Ötztaler Alpen für die Jahre 1850 und 1951 im Maßstab 1  : 10 000. Theodoliten

Die Fachbereichsbibliothek bewahrt zwei baugleiche Theodoliten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Eines der beiden Geräte befand sich nachweislich bereits im Jahr 1890 im Bestand der damaligen Institutsbibliothek. Der Theodolit befindet sich in einer Holzkiste mit Trageriemen und wiegt rund 20 Kilogramm. Abb 4: Theodolit (Winkelmessgerät), um 1925

x 135 cm und auf einer österreichisch-ungarischen Spezialkarte basierend. Das wenig naturgetreue, als Übersichtsrelief konzipierte Stück ist topografisch bemalt, die Namen wurden aufgeklebt. Das zweite Locchi-Relief ist die Darstellung der Bucht von Neapel und stellt ein geologisches, bemaltes Relief im Maßstab 1  :100 000 und einer Größe von 91 x 68 cm dar. Mit dem Relief des italienischen Geografen Cesare Pomba befindet sich ein allein wegen seiner ungewöhnlichen Ausmaße (das Objekt ist 2 m² groß) bekanntes Relief im Bestand der Bibliothek. Es galt zu seiner Zeit als Unterrichtsmittel ersten Ranges. Pombas ItalienRelief »L’Italia nel suo aspetto fisico. Relievo a superficie curvo« im Maßstab 1  : 1.000 000 auf gekrümmter 68  ]  Alexandra Gappmayr

Adresse  : Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Dörflinger, Johannes  : Der große Erdglobus von D.F. Sotzmann 1808. Eine Dokumentation der Seereisen des späten 18. Jahrhunderts. In  : Der Globusfreund 28-29 (1980/81), S. 113–135. Modelle der Welt. Erd- und Himmelsgloben. Kulturerbe aus österreichischen Sammlungen. Hg. von Peter E. Allmayer-Beck. Wien 1997. Mokre, Jan  : Rund um den Globus. Über Erd- und Himmelsgloben und ihre Darstellungen. Wien 2008. Penck, Albrecht  : Pomba’s Relief von Italien. In  : Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde 58 (1890), S. [49]–51. Wohlschläger, Heide/Dörflinger, Johannes  : Österreichische und deutsche Globenhersteller der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. In  : Der Globusfreund 30 (1982), S. 9–40. Zemann, Andreas   : Reliefbau in Österreich. Diplomarbeit, Universität Wien 1986.

Alexandra Gappmayr

K ARTENSA MMLUNG DER FACHBEREICHSBIBLIOTHEK GEOGR APHIE UND REGIONALFORSCHUNG

Die Geschichte der Kartensammlung der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung ist eng mit der Geschichte des Instituts verbunden. Im Jahre 1851 wurde Friedrich Simony (1813–1896) zum ersten ordentlichen Professor für Geografie an der Universität Wien ernannt. Zwei Jahre später erfolgte die Einrichtung eines eigenen Lehrstuhles, des sogenannten »Geographischen Cabinet«. Bereits in diesen Anfangsjahren standen den Institutsangehörigen und Studierenden eine reichhaltige Sammlung an Lehrmitteln, die Simony zum Teil selbst anfertigt hatte, sowie seine private Büchersammlung zur Verfügung. Nach seiner Emeritierung 1885 erfolgte mit der Errichtung einer zweiten Professur eine strukturelle Neuorganisation  : die Aufteilung in »Physische Geographie« und »Historische bzw. Kulturgeographie« brachte eine Umbenennung des »Cabinets« in »Geographisches Institut« mit sich. Bereits im Jahre 1890 verfügte die Institutsbibliothek über rund 5 000 Kartenblätter, 80 Wandkarten, 115 Atlanten, 800 Fotografien, 200 Panoramen, 50 geografische Charakterbilder, 26 Reliefkarten und zehn Globen. Der systematische Bestandsaufbau der Kartensammlung wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts durch namhafte Vertreterinnen und Vertreter des Instituts gefördert und geprägt, etwa durch Albrecht Penck (1858–1945), Eugen Oberhummer (1859–1944), Hugo Hassinger (1877–1952), Erik Arnberger (1917–1987), Hans Bobek (1903–1990) und Ingrid Kretschmer (1939–2011). Mitte der 60erJahre des 20. Jahrhunderts kam es schließlich zur Errichtung einer eigenen Professur für Kartografie. Die rege Forschungs- und Publikationstätigkeit der Institutsmitglieder auf dem Gebiet der Kartografie setzte wichtige Impulse für die Kartensammlung. Der Umfang beträgt heute schätzungsweise 100 000 Kartenblätter,

rund 150 Wandkarten sowie zahlreiche Luft- und Satellitenbilder. Ergänzt wird die Sammlung durch rund 1 000 Atlanten sowie umfangreiches kartografisches Schrifttum. Die Bestände sind in Form von Zettelkatalogen (Nominal- und Schlagwortkatalog) erschlossen. Teile der Sammlung sind bereits über den Onlinekatalog der Universitätsbibliothek Wien recherchierbar. Durch den Einsatz neuer Technologien und die steigende Zahl digitaler Kartenprodukte wandeln sich Kartensammlungen langsam, aber sicher zu virtuellen, permanent verfügbaren Kartenbibliotheken. Mit der fortschreitenden Digitalisierung gelangen auch Altkarten wieder mehr in den Fokus der (wissenschaftlichen) Aufmerksamkeit. Aus dem Sammlungsbestand der Fachbereichsbibliothek kommen immer wieder Altkarten und wertvolle Atlanten als Anschauungsmaterial in Lehrveranstaltungen zur Geschichte der Kartographie zum Einsatz. Karten

Den geografischen Schwerpunkt der Karten bildet (Mittel-)Europa, besonders Österreich. Darüber hinaus liegt auch umfangreiches Kartenmaterial zu außereuropäischen Gebieten vor, das meist für Forschungsreisen angeschafft wurde. Alle amtlichen österreichischen Landkartenwerke (Österreichische Karte 1  :50 000, die vergrößerte Version im Maßstab 1  :25 000, die Österreichische Karte 1  :200 000 und 1  :500 000) sind lückenlos vorhanden und werden in erster Linie für den Studienund Lehrbetrieb verwendet. Zum Grundbestand gehören die Alpenvereinskarten sowie zahlreiche thematische Karten, etwa geologische Karten, Bodenkarten, Wanderkarten, Stadtpläne und Straßenkarten. Der Großteil der

Kartensammlung der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung 

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Abb 1: »Atlas minor« von Matthäus Seutter, 1744

Karten stammt aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Es sind aber auch einige wenige Karten aus dem 18. Jahrhundert erhalten geblieben, darunter auch einige französische Karten. Frankreich war im 17. und 18. Jahrhundert führend auf dem Gebiet der Kartografie. Zwei der wichtigsten Vertreter waren die beiden »Königlichen Kartographen« Alexis-Hubert Jaillot (1632–1712) und Adrien-Hubert Brué (1786–1832), mit dessen genauen und stets aktuellen Karten Alexander von Humboldt (1769–1859) gerne arbeitete. Der thematische Schwerpunkt liegt auf den Karten der österreichischen Landesvermessungen, die in mehreren Etappen erfolgten. 70  ]  Alexandra Gappmayr

Die Kartensammlung der Franzisko-Josephinischen Landesaufnahme (1869–1887) im Maßstab 1  :25.000 ist vollständig und gut erhalten, ebenso die Spezialkarte der österreichisch-ungarischen Monarchie 1  :75.000 und die Generalkarte von Mitteleuropa 1  :200.000. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war Österreich-Ungarn trotz seiner Größe der einzige Staat Europas, der ein abgeschlossenes Kartenwerk (1  :25.000), eine Spezialkarte und eine Generalkarte im metrischen System aufweisen konnte.

Atlanten

In der Kartensammlung steht mit Erd-, National- und Regionalatlanten, Schulatlanten, Fachatlanten, Bildatlanten, aber auch touristischen Kartenprodukten das gesamte Spektrum der Atlaskartografie zur Verfügung, wobei der Großteil des Bestandes aus dem 19., 20. und 21. Jahrhundert stammt. Darunter befinden sich einige sehr wertvolle Stücke, beispielsweise die Kartenserie »Typi chorographici provin  : Austriae cum explicatione earundem pro Commen. Rer. Austriacar.concinnati« aus dem Jahr 1561 von Wolfgang Lazius (1514–1565), der als der erste Atlas Österreichs gilt. Weiters der »Atlas minor« von 1744 des deutschen Kartografen Matthäus Seutter (1678–1757), der als einer der angesehensten Landkartenverleger Mitteleuropas galt. Zuletzt sei die 1613 posthum erschienene vierte Auflage des Atlas von Gerhard Mercator (1512–1594), einem der bedeutendsten Kartografen, erwähnt, der den Titel »Atlas sive cosmographicae meditationes de fabrica mundi et fabricati figura« trägt. Wandkarten

Wandkarten sind großformatige Karten, die in ihrer Gestaltung auf Fernwirkung ausgerichtet sind. Bereits im Mittelalter schmückten sie repräsentative Räumlichkeiten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie hauptsächlich als Demonstrations-, Lehr- und Arbeitsmittel für den Unterricht verwendet. Emil von Sydow (1812– 1873) schuf als Erster handgezeichnete Karten für den Unterricht und arbeitete mit den »Regionalfarben« Grün (= tief ) und Braun (= gebirgig). Seit den 1850erJahren fanden die auf Leinen aufgezogenen und mit Stäben zusammengehaltenen Karten rasche Verbreitung. Wandkarten treten vor allem als topografische, aber auch als thematische Karten auf, hier vor allem als politische Karten und Geschichtskarten. Waren sie bis zum Ende des 20. Jahrhunderts noch unverzichtbare Anschauungsmaterialien für den Unterricht, machten die elek-

tronischen Präsentationstechniken aus den sperrigen und schwer zu aktualisierenden Karten museale Stücke. Allerdings wird bei Ausstellungen oder Vorträgen wieder gerne auf Wandkarten zurückgegriffen. In der Kartensammlung der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung befinden sich derzeit rund 150 Wandkarten, die alle nach 1950 erschienen sind. Die älteren Karten wurden vor einigen Jahren der Österreichischen Nationalbibliothek als Geschenk übergeben. Adresse  : Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Aspekte der Kartographie im Wandel der Zeit. Festschrift für Ingrid Kretschmer zum 65. Geburtstag und anlässlich ihres Übertritts in den Ruhestand. Hg. von Wolfgang Kainz. Wien 2004 (= Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie 16). Lexikon zur Geschichte der Kartographie. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Bearbeitet von Ingrid Kretschmer. Wien 1986. Kartographie der Gegenwart in Österreich. Hg. vom Institut für Kartographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Redaktion von Erik Arnberger. Wien 1984. Svatek, Petra  : Wolfgang Lazius als Kartograph. Eine Analyse seiner Karten in Bezug auf die Werke anderer Kartenmacher des 16. und 17. Jahrhunderts. Dissertation, Universität Wien 2005.

Kartensammlung der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung 

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Abb 1: Lackprofile im Gang des Instituts für Geographie und Regionalforschung (NIG)

72  ]  Robert Peticzka

Robert Peticzka

L ACKPROFILSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR GEOGR APHIE UND REGIONALFORSCHUNG

Die Sammlung der Lackprofile unterschiedlicher Bodentypen dient vor allem Lehrzwecken, da diese Schauprofile die reale Natur abbilden und sich daher zur Unterstützung der zu vermittelnden Inhalte der Feldbodenkunde besonders gut eignen. Die Interpretation und Ansprache der Profile erfolgt durch sachkundiges Personal am Institut für Geographie und Regionalforschung. Die Profile sind daher nicht selbsterklärend. Die Begriffe »Lackprofile«, »Schauprofile« oder »Bodenmonolithe« werden oft synonym verwendet und bezeichnen 1  : 1-Abbildungen der realen Natur. In einem überaus komplizierten Verfahren, das mehrere Wochen dauern kann und aus einer Vielzahl an Einzelschritten besteht, wird aus einem natürlichen Bodenprofil ein spiegelverkehrtes, sonst aber identisches Schaustück gewonnen. Der große Vorteil dieser Dokumentationsart von natürlichen Böden liegt vor allem in der räumlichen, also dreidimensionalen Strukturiertheit der Objekte. Nur an diesen kann die polygenetische Komponente der Bodenentstehung erkannt werden. Die typischen Kennzeichen der Böden wie Textur, Lagerung oder Farbe kann an solchen Lackprofilen weit besser erkannt werden als auf einer Fotografie oder Zeichnung, da diesen Aufnahmemethoden die dritte Dimension fehlt und sie daher immer nur eine Abstraktion der Wirklichkeit darstellen. In den öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten des Instituts für Geographie und Regionalforschung im vierten Stock des »Neuen Institutsgebäudes« sind insgesamt 14 dieser Lackprofile ausgestellt. Zu den hinter Glas gesicherten Profilen sind außer Bodentyp und Profilstandort keine weiteren Angaben vermerkt. Auf eine weitere Differenzierung und Benennung der Bodenhorizonte wurde bewusst verzichtet, da diese der bodenkundlichen Nomenklatur

entsprechend äußerst komplex und nicht selbsterklärend ausfallen würde. Die Interpretation dieser Profile obliegt daher den Fachleuten. Die Palette der ausgestellten Bodentypen entspricht in etwa dem bodenkundlichen Spektrum Österreichs – es sind alle Hauptbodentypen repräsentiert. Dementsprechend sind die Böden der Becken- und Flusslandschaften (Schwarzerden und Auböden) ebenso vertreten wie die für Österreich sehr signifikanten alpinen Böden wie Ranker, Podsol oder Alpinpseudogley. Der Nomenklatur der österreichischen Bodenkartierung folgend sind auch beide Ordnungen »terrestrisch« und »hydromorph« dargestellt. Neben diesen 14 Lackprofilen am Standort »Neues Institutsgebäude« finden sich mehrere Dutzend Profile am Standort »Universitätszentrum Althanstraße«. Diese Profile sind jedoch stark themengebunden und werden oftmals für eine spezielle Fragestellung erzeugt. So findet sich beispielsweise seit dem Jahr 2009 das Lackprofil der Dokumentation des archäologischen Sensationsfundes der »Zwillingsdoppelbestattung von Krems« in diesen Räumlichkeiten. Im Gegensatz zur Sammlung am Neuen Institutsgebäude sind diese Profile jedoch nicht öffentlich zugängig, da sie überwiegend wissenschaftlichen Dokumentationszwecken dienen. Diese Sammlung wird vom »Physiogeographischen Labor« des Instituts für Geographie und Regionalforschung betreut. Da hier die Profile auch seit Jahren hergestellt werden, vergrößert sich diese Sammlung laufend. Dem grundsätzlichem Sinne einer wissenschaftlichen Sammlung folgend werden diese Profile auch immer wieder als Leihgaben an renommierte Institutionen oder Museen vergeben. Lackprofile des Instituts für Geographie und Regionalforschung finden sich so zum Beispiel im Naturhistori-

Lackprofilsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung  

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Abb 2: Lackprofil im Bereich der Zwillingsdoppelbestattung in Krems, 2009

schen Museum Wien oder im Museum der Gozzoburg zu Krems. Adressen  : Institut für Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Institut für Geographie und Regionalforschung Physiogeographisches Labor Geozentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien

74  ]  Robert Peticzka

Wolfgang Rudolf Kainrath

NACHL A SSBIBLIOTHEK DIONYS RIT TER VON GRÜN

Die Sammlung »Ex bibliotheca Dionysii de Gruen« der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung umfasst etwa 840 Bände aus der Privatbibliothek des mährischen Geografen Dionys Ritter von Grün (1819–1896). Er besuchte das Gymnasium in Pressburg,

studierte in Prag Philosophie und Geschichte. Ab 1849 lebte er in Berlin, wo er durch den Geografen Carl Ritter (1779–1859) zu seiner späteren wissenschaftlichen Laufbahn inspiriert wurde. Von 1853 an war er Lehrer am erzbischöflichen Gymnasium in Leutschau. Im Jahre

Abb 1: Kartenausschnitt des antiken Griechenland in der »Notitia orbis antiqui sive Geographia plenior« von Christoph Cellarius, 1731/32

Nachlassbibliothek Dionys Ritter von Grün 

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1855 wurde er Lehrer für Geschichte und Geographie am akademischen Gymnasium in Wien. Insbesondere wegen seiner Veröffentlichung »Geographie. Länderund Völkerkunde«, die 1870 in Wien erschien und über tausend Seiten umfasste, erhielt Grün 1872 den Auftrag, Kronprinz Rudolf Geografieunterricht zu erteilen. 1875 wurde ihm für seine in diesem Zusammenhang erworbenen Verdienste die Ritterwürde verliehen. Am 1. Mai 1875 hielt er an der Deutschen Universität Prag seine Antrittsvorlesung, nachdem er dorthin zum Professor für Geografie berufen worden war. Seine Büchersammlung, die zahlreiche geografische Raritäten enthält, hinterließ er dem »Verein der Geographen an der Universität Wien«. Sie ist nachträglich systematisch gegliedert worden, wobei farbliche Etiketten die Themenkreise »Allgemeine Geographie«, »Kontinente« und »Meere/Polargebiete« kennzeichnen. Die Untergliederung erfolgte mit römischen Ziffern nach Sachgebieten und Teilräumen. Im Folgenden werden exemplarisch drei Beispiele aus der Sammlung beschrieben  : Vom Geografen und Historiker Philipp Clüvers (1580–1622), der auch als einer der Mitbegründer der historischen Geografie gilt, existiert ein 8 x 14 cm kleines Miniaturbuch. Es handelt sich dabei um eine Ausgabe des ersten Bandes der ab 1651 in sechs Bänden erschienenen universellen Geografie »Introductionis in universam geographiam …«. Das Buch ist mit einem gestochenen Titel, reichhaltigem Buchschmuck sowie mehreren Falttafeln mit Windrosen ausgestattet. Am Vorsatzblatt ist ein Besitzvermerk von alter Hand aus 1743 zu erkennen. Ein Sammelband des niederländischen Gelehrten Gerhard Johannes Vossius (1577–1649) mit »De Historicis Latinis Libri Tres« und »De Historicis Graecis Libri Quattuor« (1606) und Nachträgen befindet sich in der Fachbibliothek. Das Buch enthält das Exlibris seines Vorbesitzers, Johann Christoph Baron von Bartenstein (1689–1767). Dieses zeigt dessen Eignerwappen und darüber die Inschrift  : »Insignia D. Jo. Christophori / S. R. J. Lib. Baronis de Bartenstein«. Darunter steht zu lesen  : »Peragit tranquilla potestas / quod violenta nequit. / 76  ]  Wolfgang Rudolf Kainrath

claud. conf. Fl. Mal. Theod.«. Weiters findet sich in der Sammlung ein Buch von Christoph Cellarius (1638– 1707), Historiker und Geograf aus Halle an der Saale, der in seiner »Historia tripartita« erstmals die Gliederung der Weltgeschichte in »Antike«, »Mittelalter« und »Neuzeit« vornahm. Bei dem in der Sammlung vorhandenen Buch handelt es sich um die 1731/32 erschienene »Notitia orbis antiqui sive geographia plenioris. […]« (1731/32), die eine mit Karten illustrierte zweibändige Beschreibung der antiken Welt enthält. Adresse  : Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Sedlmeyer, Karl Adalbert  : Wilhelm Dionys Ritter von Grün. Geograph an der Prager Universität, sein Leben, sein Wirken. In  : Bohemia 11 (1970), S. 388–417.

Wolfgang Rudolf Kainrath

TEILNACHL A SS FRIEDRICH SIMONY

Die Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung verwahrt einen sehr interessanten und wertvollen Teil des Nachlasses des berühmten Geografen und Alpenforschers Friedrich Simony (Szimonj) (1813– 1896), den dieser dem damaligen »Geographischen Cabinet« der Universität Wien hinterlassen hat. Der Teilnachlass beinhaltet etwa 80 Grafiken, acht Wandtafeln (Veduten in Bleistift, Tusche und Aquarell) und 250 bis 270 Fotografien, einige persönliche Dokumente sowie einige Sonderdrucke. Eine erste moderne Sammlungsbearbeitung erfolgte im Jahr 1992 durch den Autor dieses Beitrags, die Objekte werden nach und nach eingescannt und in einem universitätsweiten digitalen Archivierungssystem gespeichert. Friedrich Simony wurde als uneheliches Kind in einem ehemaligen Kloster in

Hrochowteinitz (Böhmen) geboren, seine Mutter starb früh, sein Vater ist unbekannt. Friedrich wuchs bei Verwandten in Böhmen und Ungarn auf, nach der Schule absolvierte er die Apothekerlehre in Trentschin, arbeitete als Laborant in Znaim. 1833 kam er nach Wien, wo er 1835 die Magisterprüfung ablegte und anschließend Naturwissenschaften studierte. Im September 1840 bestieg Simony erstmals das Dachsteinplateau, im September 1842 den Dachstein. Er betrieb den Bau eines Wanderwegs und einer kleinen Unterstandshütte im Wildkar aus Steinen, die er »Hotel Simony« taufte. Diese 1843 errichtete Hütte ist nahezu originalgetreu etwa fünf Gehminuten von der 1876/77 erbauten Simonyhütte erhalten.

Abb 1: Tuschezeichnung des Hallstätter Sees, 1843

Teilnachlass Friedrich Simony 

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Abb 2: Aquarell des Karls-Eisfeldes am Hohen Gjaidstein, 1844

Alpensee-Karten

1844 begann Simony seine limnologischen Forschungen mit Lotungen im Hallstätter See, in den darauffolgenden Jahren untersuchte er einige Dutzend Alpenseen. Dabei befuhr er die Seen mit einem Ruderboot und lotete mit einem selbst gebauten Instrument. Auf seiner Karte des Hallstätter Sees hat er seine Vorgehensweise wie folgt handschriftlich festgehalten  : »Die Tiefen-Messungen […] wurden mit einer 4 Fuss langen

Winde ausgeführt, bei welcher nach je einer vollen Umdrehung genau 4 Fuss der Messschnur abliefen. Der Hauptbe-

78  ]  Wolfgang Rudolf Kainrath

standtheil der Winde […] war eine Art Haspel aus 6 beiläufig

5/4 Zoll dicken Speichen bestehend, welche um eine centrale

sechskantige Axe gleich den Kanten eines sechsseitigen Pri[s]-

mas angeordnet […] waren […].«

Der 1895/96 erschienene, zweibändige »Atlas der öster­ reichischen Alpenseen« wurde auf Grundlage dieser Lotungen veröffentlicht. Zwei wertvolle Objekte des 15 Stück umfassenden Bestandes an Karten und kartenverwandten Darstellungen sind eine Bleistiftzeichnung vom Mondsee auf Seidenpapier und Karton im Maßstab 1  : 50 000 und eine aquarellierte Tuschzeichnung vom Hallstätter See aus dem Jahr 1843 im Maßstab 1 Zoll =

Abb 3: Ausschnitt aus: »Schichtenkarte der österreichischen Alpen und des nördlich angrenzenden Gebietes«, 1865

100 Klafter (entspricht in etwa 1  :   7 200). Die dazugehörenden Tiefenprofile hat Simony der k. k. Geologischen Reichsanstalt (heute  : Geologische Bundesanstalt) hinterlassen, die sich noch heute dort befinden.

Eisfeldes« in Form von Zeichnungen und Fotografien aus dem Zeitraum 1842 bis 1889 im Teilnachlass erhalten. Lehrmittel

Landschaftsdarstellungen

Ab 1846 forschte Simony jahrzehntelang zu Fragen der Glaziologie und Glazialmorphologie, vor allem am Dachsteingletscher. Ergebnisse seiner Forschungen sind als genaue Dokumentation des Rückganges des »Karls-

1851 wurde auf Betreiben von Simony das »Geographische Cabinet« als erste Lehrkanzel für (damals  : Physikalische) Geographie in Österreich an der Universität Wien eingerichtet, wo er bis 1885 als Ordinarius tätig war. Viele Objekte aus dem Teilnachlass sind für den Teilnachlass Friedrich Simony 

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Lehrbetrieb angefertigt worden, etwa Schautafeln und Wandkarten, Reliefs und Profile, Tabellen und Skizzen, die sich zum Teil heute noch in der Fachbereichsbibliothek befinden. Ein bedeutendes Stück aus dem seinerzeitigen Lehrmittelbestand ist die »Schichtenkarte der österreichischen Alpen und des nördlich angrenzenden Gebietes«. Das einzigartige Stück ist eine Studie in der Weiterentwicklung der damals üblichen Darstellung von Höhen mittels einer Farbskala nach dem Prinzip von Franz von Hauslab (1798–1883) »je höher, desto dunkler«. Daraus entstand die Farbgebung der ab 1865 im k.  k. Schulbücher-Verlag in Wien erschienenen »›Schichten-Karte der österreichischen Kronländer‹. Im Auftrage der Unterrichtsbehörde für den Gebrauch der Schulen ausgeführt von V.[alentin von] Streffleur und A.[nton] Steinhauser, 1  :864 000« in 15 Blatt unterschiedlicher Größe. Die dunkelste Farbe lag in der Mitte, neun bis elf Farbstufen von Gelb, Grün über Braun zu Weiß ist eine der Natur nachempfundenen Darstellung Simonys, die bis heute weit angewandt wird. Die Sammlung enthält weiters ein Exemplar des 1862 in Deutschland erschienenen »Physiognomische[n] Atlas der österreichischen Alpen«, von dem ein Blatt als Vorlage für Simonys imposantestes Gemälde mit dem Titel »Gletscherphänomene« diente. Das als verschollen geltende Aquarell von etwa 2,6 x 1,6 m wurde auf den Weltausstellungen in London und Wien prämiert. Fotografien

Im Jahr 1875 entdeckte Friedrich Simony die Fotografie als wichtiges Hilfsmittel bei seiner Forschung und fertigte 1876 seine ersten Bilder am Dachstein an. 1884 begann er mit umfangreichen Aufnahmen des Dachsteins, die er 1889 abschloss. 1890 bestieg er ein letztes Mal den Dachstein. Im Teilnachlass sind Abzüge von Aufnahmen aus dem Salzkammergut, dem Dachsteinplateau und dem Karls-Eisfeld erhalten, die zum größten Teil in Simonys dreibändigem Lebenswerk »Das Dachsteingebiet« veröffentlicht wurden. In dem Bestand ist 80  ]  Wolfgang Rudolf Kainrath

auch ein Musterband dieses Werkes mit 40 Autotypien und autografischen Ikonografien vorhanden. Adresse  : Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Böhm, August Edler von Böhmersheim  : Zur Biographie Friedrich Simony’s. Wien 1899. Kainrath, Wolfgang Rudolf  : Der Teilnachlass F. Simonys in der Fachbibliothek für Geographie. Hausarbeit, Österreichische Nationalbibliothek, Wien 1997. Kainrath, Wolfgang Rudolf  : Friedrich Simony und seine Beiträge zur Erforschung der Alpen. Ein Lebensbild des Alpenforschers und ersten Ordinarius für Geographie unter besonderer Berücksichtigung seiner glaziologischen Forschung und einer Analyse ausgewählter Forschungsperspektiven mit einem umfassenden Werkverzeichnis. Diplomarbeit, Universität Wien 1993. Simony, Friedrich  : Das Dachsteingebiet. Ein geographisches Charakterbild aus den österreichischen Nordalpen nach eigenen photographischen und Freihandaufnahmen. Wien Hölzel 1889–1895. Penck, Albrecht  : Friedrich Simony. Leben und Wirken eines Alpenforschers. Ein Beitrag zur Geschichte der Geographie in Österreich. Wien 1898 (= Arbeiten des Geographischen Instituts an der Universität Wien 6,3). Atlas der österreichischen Alpenseen. Hg. von Albrecht Penck und Eduard Richter. Wien 1895–1896. Austria Picta. Österreich auf alten Karten und Ansichten. Hg. von Franz Wawrik und Elisabeth Zeilinger. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung an der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz 1989.

Richard Lein

GEOLOGISCHES ARCHIV

Nur in den allerseltensten Fällen wird bereits bei der Gründung eines Universitätsinstituts an die Einrichtung eines dazugehörigen Archivs gedacht. Erst nach längerer Zeit ergibt sich die meist durch zunehmenden Platzmangel ausgelöste Notwendigkeit, Gegenstände, die längst dem laufenden Gebrauch entwachsen sind, entweder zu entfernen oder, wenn der Wert eines ausgemusterten Gegenstandes erkannt wird und auch Raum für dessen Lagerung vorhanden ist, gesondert aufzubewahren. Der Inhalt eines solchen, in seiner inhaltlichen Zusammensetzung mehr vom Zufall bestimmten Sammlung wird also Unterschiedliches beinhalten  : angefangen von alten Verwaltungsakten, Inventarbüchern bis hin zu ausgemusterten wissenschaftlichen Geräten, die längst durch neue Instrumente ersetzt worden sind. Erst wenn es gelingt, diese Eingangsphase zu überwinden, indem Ziele für die weitere Entwicklung der Sammlung festgelegt und auch die entsprechenden räumlichen Voraussetzungen für deren Unterbringung geschaffen werden, kann von einem echten Archiv zur Geschichte des Instituts gesprochen werden. Im gegenständlichen Fall, das Geologische Archiv betreffend, verstrichen beinahe hundert Jahre, bis endlich eine »ordnende Hand« die noch am Institut vorhandenen Archivalien einsammelte, Fehlendes ergänzte und auf diese Weise das zusammengetragene Material erst für eine weitere Erforschung aufbereitete. Zwei Impulse trugen wesentlich zur Gründung des Archivs bei  : zum einen der Umzug des Geologischen Instituts vom Hauptgebäude der Universität am Ring in das Neue Institutsgebäude (Wien 1, Universitätstraße 7), der manch längst vergessenen Gegenstand wieder ans Tageslicht brachte, zum anderen die von Alexander Tollmann (1928–2007) zur gleichen Zeit betriebenen Vorstudien zur Geschichte des Geologischen Instituts,

Abb 1: Büste des Institutsgründers Eduard Suess in der Geologischen Schausammlung im Universitätshauptgebäude am Ring auf einem Podest, an dem zahlreiche Geologenhämmer angebracht waren, um 1960

dessen 100-jähriges Bestehen 1962 gefeiert wurde. Im Eingangsvermerk des für künftige Erwerbungen angelegten Inventarbuches bezeichnet Tollmann, ab 1972 Vorstand des Geologischen Institutes, das Jahr 1962 als Gründungsdatum des Archivs. Seit der abermaligen Übersiedlung des Instituts an seinen heutigen Standort im Geozentrum der Universität Wien ist das Archiv in einem eigenen Raum untergebracht. Der schriftliche Bestand der Sammlung wird in elf Stahlschränken sicher verwahrt. Der größte und zugleich wertvollste Teil der Sammlung setzt sich aus Gegenständen zusammen, die mit der Person des Institutsgründers und langjährigen Institutsvorstandes Eduard Suess (1831–1914) zusammenGeologisches Archiv  

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Abb 2  : Ansichtsskizze aus einem Feldbuch von Eduard Suess  : »Mühle von Castelcucco  : Erstes Auftreten der Nummuliten-Kalksteine«, 18. Mai 1865

hängen. Dabei handelt es sich zum Teil um wertvolle Autografen, wie etwa die handschriftliche Druckvorlage seines weltberühmten Buches »Das Antlitz der Erde«. Neben Teilen seiner umfangreichen Korrespondenz finden sich im Archiv auch Zeugnisse von Suess’ politischer Tätigkeit als Mitglied des Wiener Gemeinderates und als Abgeordneter zum Reichsrat. Auch die weitere Institutsgeschichte ist mit Dokumenten detailreich belegt. Neben diesen noch aus altem Institutsbesitz stammenden Materialien hat Tollmann Nachlässe weiterer 82  ]  Richard Lein

bedeutender Geologen für das Archiv übernommen, auch dann, wenn diese nicht dem unmittelbaren Personalstand des Geologischen Instituts angehört hatten. Damit wurde eine allein auf die Dokumentation und Darstellung der eigenen Institutsgeschichte ausgerichtete Sammeltätigkeit bewusst überschritten und einer künftigen, von diesem Archiv ausgehenden Forschung ein weiterer Rahmen gesetzt. Zu den wertvollsten Belegstücken dieser Sammlung zählen zweifelsfrei die jeweiligen Feldbücher der

im Archiv vertretenen Geologen. Anhand dieser Aufzeichnungen lässt sich unter anderem nachvollziehen, auf welche konkreten Beobachtungen in der Natur sich später daraus entwickelte Synthesen tatsächlich stützen. Oftmals sind diese Kartierungsbücher auch mit zeichnerisch hervorragenden Geländeskizzen versehen. Neben diesem schriftlichen Quellenmaterial besitzt das Archiv noch einige ungewöhnliche Objekte, die allesamt auf die eine oder andere Weise mit der Person von Eduard Suess verknüpft sind. Dazu gehört auch das bekannteste Objekt der Archivsammlung, der Oberschenkelknochen eines Mammuts, der vermutlich bei der Fundamentierung des Nordturmes der Stephansdoms gefunden wurde und dann, mit der Jahreszahl 1443 und der Devise »AEIOU« versehen, in der Vorhalle des Riesentores ausgestellt war. Später ist dieses imposante Stück in den Besitz der Universität gelangt, wohl zu einem Zeitpunkt, als diese noch unter der Leitung der Jesuiten stand. Der weitere Weg dieses auf zahlreichen Ausstellungen gezeigten Objektes in die Obhut des Geologischen Instituts ist derzeit noch nicht restlos geklärt. Ebenfalls einzigartig ist die Sammlung von Hämmern berühmter Geologen. Im Laufe seines langen Wirkens erhielt Suess, in manchen Fällen wohl auch seinem Ersuchen folgend, von zahlreichen, ihm nahestehenden Fachkollegen deren Geologenhämmer als Zeichen besonderer Verbundenheit als Geschenk, unter anderem von Marcel A. Bertrand (1847–1907), Jovan Cvijić (1865–1927) und Dionýs Štúr (1827–1893). Diese somit in ihrem Kern auf Eduard Suess zurückgehende Sammlung von Hämmern berühmter Erdwissenschaftler ist in den letzten Jahrzehnten durch Schenkungen aus diversen Nachlässen laufend erweitert worden. Zu den ungewöhnlichsten Objekten des Archivs zählen zweifelsfrei einige großformatige Gedenksteine, die an Personen aus dem Studentenkreis von Eduard Suess erinnern, die bei Forschungsreisen zum Teil gewaltsam ums Leben kamen. Ursprünglich waren diese Epitaphe im alten Geologischen Institut im Hauptgebäude am Ring aufgestellt gewesen. Seit der Übersiedlung ins

Abb 3: Oberschenkelknochen eines Mammuts, auch bekannt als »Riesenknochen von St. Stephan«, gefunden 1443

Neue Institutsgebäude werden diese Objekte in einem Kellerdepot aufbewahrt. Dort warten sie seit einem halben Jahrhundert, wieder einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Adresse  : Department für Geodynamik und Sedimentologie Geozentrum Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Biedermeier und Sezession. Hg. von Johannes Seidl. Wien 2009 (= Schriften des Archivs der Universität Wien 14). Abel, Othenio  : Vorzeitliche Tierreste im Deutschen Mythos, Brauchtum und Volksglauben. Jena 1939. Lein, Richard  : Alexander Tollmann (27.6.1928–8.8.2007). In  : Austrian Journal of Earth Sciences 100 (2007), S. 238–250. Lein, Richard  : Das Archiv des »Geologischen Instituts« der Universität Wien – ein bedeutendes kulturhistorisches Erbe. In  : Berichte der Geologischen Bundesanstalt 83 (2010), S. 24–26. Lein, Richard  : Die Hammersammlung des Eduard Suess  : Fakten und offene Fragen. In  : Berichte der Geologischen Bundesanstalt 89 (2011), S. 37–38. Suess, Eduard  : Erinnerungen. Leipzig 1916. Tollmann, Alexander  : Hundert Jahre Geologisches Institut der Universität Wien (1862–1962). In  : Mitteilungen der Geologie- und Bergbaustudenten in Wien 13 (1963), S. 1–40.

Geologisches Archiv  

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Richard Lein, Friedrich Popp, Michael Wagreich

GEOLOGISCHE SA MMLUNG

Ungleich mehr als heute war man noch im 19. Jahrhundert bei der Untersuchung von Gesteinen und Fossilien auf den vergleichenden makroskopischen Befund angewiesen. Jene heute bis in den Nanobereich vorstoßenden Untersuchungsmethoden standen damals freilich noch nicht zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund war es unumgänglich und notwendig, für Vergleichszwecke eine möglichst umfassende Sammlung von den in der Natur vorkommenden Gesteinen zur Verfügung zu haben. Neben diesen überwiegend für Forschungszwecke angelegten allgemeinen Sammlungen, deren Glanzstücke auch gerne museal in Vitrinen präsentiert wurden, gibt es an den Universitäten speziell für Unterrichtszwecke zusammengestellte Lehrsammlungen. Weiters werden in Arbeitsmaterial-Sammlungen die wichtigsten Belegstücke vorangegangener Forschungstätigkeit archiviert. Der Sammlungsbestand des ehemaligen Geologischen Instituts (nunmehr  : Department für Geodynamik und Sedimentologie) setzt sich aus einer umfangreichen stratigrafischen und regionalen Sammlung, diversen Lehrsammlungen, einer Belegsammlung und der wissenschaftlich höchst bedeutsamen Typensammlung zusammen. Seit 1862 ist die Geologie unter der Leitung von Eduard Suess (1831–1914) an der Universität Wien als eigenständiges Fach institutionell verankert. In der offiziellen Bezeichnung als »Geologisches Museum«, die diese Institution vor ihrer Gründung bis 1922 führte, kam klar zum Ausdruck, dass man von Anfang an – als didaktisches Prinzip – an eine Ausstattung mit exemplarischen Anschauungsmaterialien für Unterricht und Forschung dachte. Trotz unzureichender finanzieller Ausstattung und räumlicher Enge gelang es Suess in den Jahren nach 1862, eine bemerkenswerte Sammlung aufzubauen, die teils durch Schenkungen, teils durch ei-

Abb 1: Der große Ammonit Pinacoceras metternichi HAUER aus Hallstatt, der der Geologischen Sammlung im Jahr 1866 von dem berühmten Paläontologen und Geologen Edmund Mojsisovics von Mojsvár als Geschenk zugeeignet wurde

gene Aufsammlungen, Tausch beziehungsweise Ankauf stetig wuchs. 1866 wurde eine Sammlung von 405 Stücken, die zuvor von der k. k. Geologischen Reichsanstalt (heute  : Geologische Bundesanstalt) bei der landwirtschaftlichen Ausstellung im Prater zur Schau gestellt worden waren, dem Institut übergeben. 1872 beschloss der Wiener Gemeinderat, die beim Bau der Hochquellenleitung aufgefundenen Fossilien an das Geologische Institut abzugeben. Als schließlich das Institut nach vielen Provisorien 1884 in das neu errichtete UniversitätsGeologische Sammlung 

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Abb 2: Blick in die Geologische Schausammlung, wie sie von 1884 bis 1962 im Universitätshauptgebäude am Ring aufgestellt war

gebäude am Ring einziehen konnte, fand die inzwischen mächtig angewachsene, nach stratigrafischen Gesichtspunkten geordnete Sammlung in vier großen Schausälen eine repräsentative Aufstellung. Sie blieb in den folgenden 70 Jahren ohne wesentliche Änderungen bestehen. Damit war freilich der Zenit der Sammlung, was ihre praktische Verwendung und ihre Erweiterung betrifft, überschritten. Die letzte durchgreifende Neugestaltung der Schausammlung erfolgte 1963 unter der Ägide von Eberhard Clar (1904–1995) anlässlich der Übersiedlung des Geologischen Instituts in das Neue Institutsgebäude (Wien 1, Universitätsstraße 7). Thematischer Schwerpunkt dieser nun in neuen Vitrinenschränken 86  ]  Richard Lein, Friedrich Popp, Michael Wagreich

präsentierten Schau war eine Darstellung der regionalen Geologie Österreichs. Teile dieser Ausstellung konnten bewahrt und nach deren erneuter Übersiedlung in das Geozentrum im Universitätszentrum Althanstraße (Wien 9, Althanstraße 14) in reduziertem Umfang neu aufgestellt werden. Zu den klassischen stratigrafischen und regionalen Sammlungen und den Lehrsammlungen kommt noch eine Belegsammlung, in der wichtige Exponate bereits abgeschlossener wissenschaftlicher Arbeiten aufbewahrt werden. Stetig erweitert wird dieser Sammlungsbestand durch Kernmaterial, welches von geologisch interessanten Bohrungen und Tunnelbauten stammt.

Eine Besonderheit von großem wissenschaftlichem Wert ist schließlich die sogenannte Typensammlung. Die meisten dieser etwa 1.500 Stücke umfassenden Kollektion stammen von Schülern Eduard Suess’, die ihr wertvolles Fossilmaterial dem Geologischen Institut zur Aufbewahrung überließen, darunter Gejza von Bukowski (1858–1937), Franz Kossmat (1871–1938) und Albrecht Spitz (1883–1918). In dieser Sammlung finden sich vor allem Abbildungsoriginale von monografisch bearbeiteten wichtigen Fossilsuiten. Darunter sind auch zahlreiche Holotypen, also jenes Originalmaterial, welches als Grundlage für die Beschreibung einer neuen Art herangezogen wurde. Gerade diese Stücke ziehen regelmäßig Anfragen aus aller Welt nach sich. Als Dokumentationsarchiv erdwissenschaftlicher Forschung an der Universität ist die Geologische Sammlung auch in Zukunft unverzichtbar.

Abb 3: Sammlungsstück einer Kluftvererzung mit Bleiglanz aus dem oberen Wettersteinkalk (basale Obertrias) des mittlerweile stillgelegten Bergbaues Bleiberg-Kreuth (Kärnten), gesammelt von Walter Medwenitsch im Jahr 1953

Adresse  : Department für Geodynamik und Sedimentologie Erdwissenschaftliches Zentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Biedermeier und Sezession. Hg. von Johannes Seidl. Wien 2009 (= Schriften des Archivs der Universität Wien 14). Schübl, Elmar  : Mineralogie, Petrographie, Geologie und Paläontologie. Zur Institutionalisierung der Erdwissenschaften an österreichischen Universitäten, vornehmlich an jener in Wien, 1848–1938. Graz  : Grazer Universitätsverlag 2010 (= Scripta geo-historica, Band 3). Tollmann, Alexander  : Hundert Jahre Geologisches Institut der Universität Wien (1862–1962). In  : Mitteilungen der Gesellschaft der Geologie- und Bergbaustudenten in Wien, Band 13 (1962), S. 1–40.

Geologische Sammlung 

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Walter Till

HERBARIUM DER UNIVERSITÄT WIEN

Als Herbarium wird im Allgemeinen eine Sammlung von getrockneten und gepressten Pflanzen im weitesten Sinn bezeichnet. Die Objekte sind dabei gewöhnlich auf weißem Karton aufgeklebt und die dazugehörigen Informationen daneben auf einem Etikett vermerkt. Wissenschaftliche Herbarien wie das der Universität Wien (internationale Abkürzung  : WU) umfassen zusätzlich in Flüssigkeiten, meist Äthanol oder Formol, eingelegte Präparate, Fruchtpräparate und mikroskopische Dauerpräparate. Die Art der Präparation orientiert sich an der Notwendigkeit, die Merkmale der Pflanzen möglichst gut zu erhalten und gleichzeitig die Objekte platzsparend aufbewahren zu können. Nachdem das ursprüngliche Herbarium des ehemaligen Instituts für Botanik (heute Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung) im Jahre 1879 an das neu errichtete k. k. Naturhistorische Hofmuseum am Ring (heute  : Naturhistorisches Museum Wien) abgetreten werden musste, sah sich der damalige Institutsvorstand, Anton Kerner von Marilaun (1831–1898), vor die Aufgabe gestellt, das Institutsherbarium gänzlich neu aufzubauen. Zwar stand den Mitarbeitern und Studierenden sein eigenes, mitteleuropäisches Herbarium zur Verfügung. Es galt jedoch, eine viel umfassendere Sammlung einzurichten. Zu diesem Zweck initiierte er unter der Beteiligung von etwa 150 Mitarbeitern ein großes Exsikkatenwerk (von lat. exsiccare  : austrocknen), die sogenannte »Flora Exsiccata Austro-Hungarica«, in dem rund 4.000 Nummern in 100-facher Auflage ausgegeben wurden. Da diese Serie nur im Tausch erworben werden konnte, gelang es Kerner von Marilaun, das neue Institutsherbarium sehr rasch um eine große, internationale Kollektion zu erweitern. Zusätzlich kamen bedeutende Bestände durch Ankäufe und Schenkungen hinzu, wie etwa sein eigenes Herbarium, jenes

Abb 1: Alchemilla anisiaca aus der »Flora Exsiccata Austro-Hungarica«, Syntypus

von Karl Keck (1825–1894), Michele de Sardagna (1833–1901) und die beiden Herbarien von Eugen von Halácsy (1842–1913). In jüngerer Zeit gelangten das Melker Stiftsherbarium und die Sammlungen Friedrich Ehrendorfer, M. A. Fischer und E. & H. Schönbeck durch Schenkungen in den Bestand des Herbariums. In jüngster Zeit wurde zusätzlich das Herbarium des Departments für Naturschutzbiologie, Vegetations- und Landschaftsökologie eingegliedert. Herbarium der Universität Wien 

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Abb 2: Diatomeenpräparate von Lothar Geitler, vielfach Typusbelege, 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts

Von den Beständen, die auf den zahlreichen Forschungsreisen von ehemaligen Institutsangehörigen auf beinahe der ganzen Welt gesammelt wurden, seien zwei exemplarisch hervorgehoben  : die Brasilienexpedition in den Jahren 1901 von Richard von Wettstein (1863–1931) und seinen Mitarbeitern sowie die Chinareise von 1913– 1919 durch Freiherrn Heinrich von Handel-Mazzetti (1882–1940). Beide brachten zahlreiche Neuheiten aus damals noch kaum erforschten Regionen in das Herbarium und ihre Materialien gelten heute noch als un90  ]  Walter Till

verzichtbare Grundlage für taxonomische Forschung. Durch geschickte Tausch- und Ankaufspolitik hatte es Kerner von Marilaun auch geschafft, einige historische Herbarien zu erwerben. So findet sich im Herbarium etwa die überaus wertvolle Algensammlung von Franz Xaver Freiherr von Wulfen (1728–1805), ein wahrscheinlich vollständiger Satz von Belegen des LinnéSchülers Jakob Friedrich Ehrhart (1742–1795) sowie zahlreiche klassische Flechtensammlungen, die wegen der Bearbeitung durch den Spezialisten Julius Steiner

Abb 3: Primula calliantha aus China, gesammelt von Heinrich von HandelMazzetti

Abb 4: Tillandsia bochilensis aus Südmexiko, Holotypus

(1840–1918) besonders viele nomenklatorische Typusbelege enthalten. Herausragend ist auch die Sammlung von Dauerpräparaten verschiedener pro- und eukaryontischer Algen von Lothar Geitler (1899–1990). Durch diese vielfältigen Erwerbungen, die rege Sammeltätigkeit der Institutsmitarbeiter und den internationalen Tausch hat das Herbarium der Universität Wien gegenwärtig einen Bestand von zirka 1.400.000 Belegen von Pflanzen aller Gruppen und aus allen Erdteilen. Der Schwerpunkt liegt bei den Herkünften naturgemäß auf Mitteleuropa und aufgrund der politischen Gegebenheiten in der Zeit der Monarchie auf der Balkanhalbinsel.

Durch die wissenschaftliche Fokussierung der Institutsmitarbeiter auf bestimmte Pflanzengruppen gibt es in einigen Pflanzengruppen überdurchschnittlich reichhaltige Bestände, etwa in den Familien der Annonaceae (Annonengewächse), Bromeliaceae (Ananasgewächse), Cactaceae (Kakteengewächse), Gesneriaceae (Gesneriengewächse), Pinaceae (Kieferngewächse), Rubiaceae (Kaffee- oder Rötegewächse) und Scrophulariaceae (Braunwurzgewächse). Ein reger Leihverkehr und zahlreiche auswärtige Besucher belegen die wissenschaftliche Bedeutung des Herbariums. Hier werden in den Forschungsbereichen Herbarium der Universität Wien 

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der Anatomie, Biosystematik, Morphologie, Paläobotanik, Physiologie, Phytochemie, Taxonomie und Ultrastruktur nicht nur Eigenschaften der Pflanzen selbst untersucht und ausgewertet, sondern in den Forschungsbereichen der Arealkunde, Blütenbiologie, Naturschutzbiologie, Ökologie und Vegetationskunde auch Informationen zu Standort, Blütezeit und horizontale wie vertikale Verbreitung genutzt. Im Lehrbetrieb dient das Herbarium für Demonstrationen und als Materialquelle für Diplomarbeiten und Dissertationen, wobei in jüngster Zeit die Extraktion von DNA große Bedeutung erlangt hat. Da die Bestände noch Lücken aufweisen, werden die Sammlungen nach wie vor laufend ergänzt und erweitert. Um sie für wissenschaftliches Arbeiten auch besser verfügbar zu machen, wird seit einigen Jahren das Digitalisieren der Belege und das Erfassen in einer eigenen Datenbank durchgeführt und durch Einbindung in internationale Datennetzwerke erste Teile allgemein zugänglich gemacht. Adresse  : Herbarium der Universität Wien Fakultät für Lebenswissenschaften Fakultätszentrum für Biodiversität Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung Rennweg 14 1030 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Schönbeck-Temesy, Eva  : Zur Geschichte des Herbars der Wiener Universität. In  : Die Botanik am Rennweg. Hg. von Wilfried Morawetz. Wien 1992 (= Abhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Österreich, Band 26), S. 69–95. Till, Walter  : Anton Kerner und das Herbarium der Universität Wien. In  : Anton Kerner von Marilaun (1831–1898). Hg. von Maria PetzGrabenbauer und Michael Kiehn. Wien 2004 (= Österreichisches Biographisches Lexikon, Schriftenreihe 9). S. 49–63.

92  ]  Walter Till

Wolfgang Waitzbauer

INSEK TENSA MMLUNG

Insektensammlungen präsentieren üblicherweise streng geordnete, in verglasten Holzkästen aufbewahrte kleine Ausschnitte der entomologischen Biodiversität einer bestimmten geografischen Region oder nach taxonomischen Gesichtspunkten ausgewählte Vertreter eines Artenkreises. Sie können aber auch nur besonders attraktive Exemplare enthalten, die nach rein ästhetischen Gesichtspunkten ihrer morphologischen Schönheit ausgewählt wurden. Die entomologischen Sammlungsbestände des ehemaligen Zoologischen Instituts (heute  : Department für Evolutionsbiologie) reichen bis zur Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 zurück. Aus dieser Zeit existiert, neben etlichen schweren altdeutschen Pultkästen aus Eiche mit schrägen Glasaufsätzen, noch ein Sammlungsbestand, der in einem gewaltigen, von zwei Seiten zu öffnenden achttürigen Kasten mit überdimensionalen hölzernen Laden untergebracht ist. In ihrer Gesamtheit hatte die ursprüngliche Sammlung etwa 120 Sammlungsladen und präsentierte die wichtigsten Insektenordnungen der heimischen Fauna mit vielen Hundert Arten. Die einzelnen Objekte trugen damals jedoch noch keine Fundort-Etiketten, sondern lediglich den Artnamen auf einem Kärtchen und entsprachen damit nicht den heutigen wissenschaftlichen Standards. Eine erhebliche Vergrößerung erfuhr die Sammlung um 1916, als der damalige Institutsvorstand Franz Werner (1867–1939) Forschungsreisen nach Nordafrika unternahm und seine Funde in die Sammlung integrierte. Die Verlagerung der Sammlung während der letzten Kriegsmonate in die feuchten Kellerräume des Universitäts-Hauptgebäudes am Ring hat größere Schäden hinterlassen wie auch die darauffolgende heimliche Rivalität zwischen den Vorständen des ehemaligen Ersten und Zweiten Zoologischen Instituts in den 1960er-

Abb 1: Ausschnitt aus der neu aufgestellten Schmetterlingssammlung, Familie Arctiidae (Bärenspinner)

Jahren. Eifersüchtig wurde damals für die Gegenseite der Zutritt zu den jeweils eigenen Sammlungsbereichen so weit behindert, dass eine regelmäßige Bekämpfung des gefürchteten Museumskäfers durch Vergiftungsaktionen nur gelegentlich möglich war. Dadurch wurde etwa ein Drittel der Sammlung weitgehend vernichtet. Zahlreiche Sammlungskästen hatten zudem entweder gesprungene Scheiben oder schlecht sitzende Deckel, die den Schädlingen sozusagen freien Eintritt boten. Dennoch war selbst dieser Restbestand der Sammlung noch immer recht ansehnlich, wenn auch die einstige Ordnung mittlerweile einem ziemlichen Wirrwarr gewichen war. Zwischen 1970 und 1988 gelangten verschiedene bedeutende Privatsammlungen und zahlreiche Einzelkästen in die Insektensammlung, wie etwa die großen Kästen mit hervorragend präparierten Kleinschmetterlingen, die geradezu liebevollen Notizen zur Larvalbiologie von Carl Rothe (1833–1917) und zahlreiche Laden mit heiInsektensammlung  

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Abb 2: Blick in die neue Laufkäfersammlung

Abb 3: Die umfangreiche Heuschreckensammlung »W. Kühnelt« umfasst sämtliche für Österreich registrierten Arten inklusive wertvoller Erstnachweise. Im Bild einige seltene Laubheuschrecken.

mischen Käfern und Hautflüglern sowie Insekten aus Mittelamerika aus dem Nachlass des Zoologen Friedrich Schremmer (1914–1990). Bemerkenswert ist auch die Sammlung von Wilhelm Kühnelt (1905–1988), die heimische Heuschrecken in 36 Kästen umfasst, welche auch Erstnachweise für Österreich enthalten. Schlecht erhalten sind meist Reste entrümpelter, ehemals umfangreicher alter Schulsammlungen, in denen sich zum Teil exquisite Einzelexemplare heute sehr seltener oder in Mitteleuropa großflächig verschollener Käferarten finden und daher einen besonderen Schatz der Sammlung bilden. Seit der Übersiedlung des ehemaligen Zoologischen Instituts aus dem Universitäts-Hauptgebäude in das Biozentrum des Universitätszentrums Althanstraße (Wien 9, Althanstraße 14) ist die Insektensammlung in einem gasdichten Sammlungsraum untergebracht. Insgesamt umfasst die Sammlung 540 große Kästen, zum Teil in Form von sogenannten Doppelkästen mit unterschiedlichem Füllungs- und Erhaltungszustand sowie Dutzende Kartonschachteln und umfunktionierte alte Zigarrenkistchen. Die Gesamtzahl der vertretenen Arten verschiedenster Ordnungen ist schwer zu schätzen, dürfte aber bei über 1.000 liegen, jene der intakten Individuen rund 10.000. Das älteste Belegexemplar stammt aus dem Jahr 1865.

Große Teile der Sammlung sind gegenwärtig funktionslos, da der zunehmende Trend zur Mikrobiologie einen Interessenverlust an der traditionsreichen organismischen Biologie und damit auch an der Sammlung verursacht. Einzelne Sammlungsbereiche werden derzeit ­privat und im Rahmen einer eigenen Lehrveranstaltung mit Studierenden mit dem Ziel neu geordnet, mehrere Kleinsammlungen in einer Großsammlung zu vereinen. Mittlerweile konnte so etwa die Hälfte der heimischen Schmetterlingsarten aktualisiert werden, ebenso einzelne Käferfamilien und Vertreter anderer Ordnungen. Umfangreich sind auch die Exkursionssammlungen aus Österreich, dem Mittelmeerraum sowie den Wüstenräumen Nordafrikas und des Nahen Ostens. Diese werden ebenfalls allmählich geordnet und für die Publikation der faunistischen Daten aufgearbeitet. Von großem Interesse für die historische Entomologie sind vor allem die historischen Funddaten, da zahlreiche der ehemaligen Sammelplätze heute nicht mehr existieren.

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Adresse  : Department für Evolutionsbiologie Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien

Roland Domenig

JAPANOLOGISCHE SA MMLUNG

Die Japanologische Realiensammlung des Instituts für Ostasienwissenschaften setzt sich aus rund 700 Objekten zusammen, die in erster Linie durch Schenkungen von japanischen Privatpersonen und japanischen Institutionen an die Universität Wien gekommen sind. Die Sammlung wird vom wissenschaftlichen Mittelbau betreut und verwaltet und umfasst Bilder und Bildrollen, Dokumente, Küchen- und Haushaltsgeräte, zeremonielle Objekte, Musikinstrumente, Kleidungsstücke und Textilien, Schreibutensilien, Spielzeuge und Spiele, Alltagsgegenstände sowie Waffen und Ziergegenstände aus allen Regionen Japans. Eine vielfältige Auswahl an Puppen, die bis in das 19. Jahrhundert zurückdatieren, bildet einen weiteren Schwerpunkt der Sammlung. Darunter findet sich unter anderem auch eine Reihe von Puppen, die bei der Wiener Weltausstellung 1873 ausgestellt wurden und über mehrere Umwege nach dem Krieg an das damalige Institut für Japanologie gelangten. In den vergangenen beiden Dekaden ist parallel zu den Forschungsschwerpunkten »Freizeit und Spiel« und »Populärkultur« die Zahl der Objekte, die der japanischen Populärkultur zugeordnet werden können, stark angestiegen. Die Sammlung wird durch Schenkungen laufend erweitert. Die ältesten Objekte der Realiensammlung stammen aus der Zeit des 1938 gegründeten ersten Instituts für Japanologie und wurden aus Mitteln der Mitsui-Stiftung erworben, die der japanische Großindustrielle Baron Mitsui Takaharu für die Errichtung von japanologischen Instituten in Wien, Prag und Rom stiftete. Ein Teil des Bestandes, der vor allem landwirtschaftliche Geräte, Kleidung (inklusive Fußbekleidung), volkstümliches Spielzeug und religiöse Objekte beinhaltet (wie z. B. einen shintoistischen Altar), wurde in den 1960er-Jahren von Josef Kreiner, Ordinarius für Japanologie von 1971 bis 1977, für das 1965 wieder gegründete

Abb 1: Mit Intarsien versehenes Fotoalbum aus Lack mit Darstellung der Shinkyo-Brücke von Nikko, um 1900

Institut für Japanologie systematisch erworben und spiegelt die damalige sozial- und kulturanthropologische Ausrichtung des Instituts wider. Neben der Realiensammlung verfügt die nunmehrige Abteilung Japanologie am Institut für Ostasienwissenschaften über eine Sammlung historischer Fotografien, die unter anderem rund 300 handkolorierte Souvenirfotos aus der Meiji-Zeit (1868–1912) sowie mehrere kostbare Lackalben umfasst. Erste Exemplare wurden laut Inventurstempel vermutlich bereits im Jahr 1941 erworben, zwischen 1998 und 2002 wurden weitere Alben mit historischen Fotografien von Sepp Linhart, Ordinarius seit 1977, für die Sammlung angekauft. Im Rahmen von Praktika wurden mittlerweile alle Fotografien von Studierenden digitalisiert, katalogisiert und mit Hintergrundinformationen versehen. Weiters findet sich in der Japanologischen Sammlung ein Bestand verschiedener Ton- und Bildträger, Japanologische Sammlung 

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Abb 2: Handkolorierte Fotografie des Sanmon-Tors des Yasaka-Schreins in Gion (Kyoto), um 1900

insbesondere Schallplatten, Videos und DVDs sowie Dias. Die vollständige Fotosammlung, der Katalog der Realiensammlung sowie Teile der digitalisierten Schallplattensammlung wurden seit 2005 in die Datenbank der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien übertragen und sind dort für Forschungszwecke sowie für den Einsatz im Unterricht abrufbar. Die Sammlungen kommen in vielfältiger Form sowohl in der Lehre als auch in der Forschung zum Einsatz  : Im Rahmen spezieller Lehrveranstaltungen, etwa über japanische Fotografiegeschichte, Alltagskultur oder 96  ]  Roland Domenig

Populärmusik, wird regelmäßig auf die Sammlungen zurückgegriffen, ebenso bei Demonstrationen, die für Studienanfänger abgehalten werden, wie beispielsweise eine Teezeremonie. Zudem wird die Sammlung bei Tutorien oder speziellen Veranstaltungen regelmäßig genutzt. Gelegentlich besuchen auch ausländische Forscherinnen und Forscher das Institut, um sich spezielle Teile der Sammlungen genauer anzusehen. Exponate vor allem der Realiensammlung werden im Rahmen von kleinen Wechselausstellungen in den Institutsräumlichkeiten in Vitrinen ausgestellt, die im Rahmen von Lehrveran-

staltungen von Studierenden konzipiert und aufgebaut werden. Gegenstände, die bei japanischen Jahresfesten zur Anwendung kommen, wie das umfangreiche Puppen-Set für das Mädchenfest (3. März) oder das große Karpfen-Drachen-Set für das Knabenfest (5. Mai) werden ebenfalls regelmäßig im Studierraum beziehungsweise vor dem Institut ausgestellt. In Zusammenarbeit mit Museen werden einzelne Objekte, wie zuletzt das Puppen-Set der Wiener Weltausstellung, als Leihgaben für spezielle Ausstellungen auch einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Adresse  : Institut für Ostasienwissenschaften, Abteilung Japanologie Universitätscampus Spitalgasse 2, Hof 2 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Made in Japan. Aus den Sammlungen des Museums für Völkerkunde. Hg. von Renate Noda. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung am Museum für Völkerkunde Wien. Wien 2009.

Abb 3: 44-teiliges Hina-Puppenset zum japanischen Mädchenfest (hinamatsuri)

Japanologische Sammlung 

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Pia Janke

ELFRIEDE JELINEK- FORSCHUNGSZENTRUM

Das 2004 als Verein gegründete und dem Institut für Germanistik angeschlossene Elfriede Jelinek-Forschungszentrum ist eine international vernetzte Forschungs- und Informationsstelle zu Elfriede Jelinek und ihrem Werk. Es dokumentiert Jelineks Arbeiten sowie deren Rezeption und baut an der Universität Wien eine Informations- und Kommunikationsplattform sowie ein umfassendes Archiv zu Österreichs einziger Literaturnobelpreisträgerin auf, um dadurch eine gesicherte philologische Grundlage für eine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung zu ermöglichen und alle an Jelinek Interessierten mit Hinweisen und Materialien zu unterstützen. Darüber hinaus versteht sich das Elfriede Jelinek-Forschungszentrum als Forum der Reflexion und des wissenschaftlichen Austauschs mit Öffentlichkeitswirkung. Es erarbeitet Forschungsprojekte, organisiert Symposien, Veranstaltungsreihen, Diskussionen und Videokonferenzen und gibt Publikationen heraus. Zentral sind dabei ein interdisziplinärer und interkultureller wissenschaftlicher Ansatz sowie die Zusammenarbeit mit anderen Universitäten, Kulturinstitutionen und mit Künstlerinnen und Künstlern. Die Grundlage für das Archiv des Elfriede JelinekForschungszentrums, das im Besitz des Vereins ist, wurde mit der Herausgabe der Buchpublikation Werkverzeichnis Elfriede Jelinek gelegt, die die Autorin dieses Beitrags mit acht Studierenden ab 2002 am Institut für Germanistik erarbeitete und die genau zur Verleihung des Literaturnobelpreises 2004 fertig war. Dieses Werkverzeichnis erfasste erstmals alle nach Gattungen geordneten Veröffentlichungen Jelineks, mit den jeweiligen bibliografischen Basisinformationen. Ergänzt wurde diese Bibliografie durch einer Dokumentation aller Jelinek-Interviews, der Sekundärliteratur zur Autorin und der künstlerischen Bearbeitungen ihrer Werke.

Abb 1: Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums

Elfriede Jelinek unterstützte das Projekt mit ihrem eigenen Archiv und mit Informationen. Die Materialien, die in umfangreichen Recherchen für diese Publikation zusammengetragen wurden, bildeten die Basis für den Aufbau des Archivs. Seit 2004 sammeln und archivieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums, zurzeit zwei Assistenten in Ausbildung sowie engagierte Studierende, systematisch alle Materialien, die für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Autorin und ihrem Werk von Relevanz sind. Elfriede Jelinek-Forschungszentrum 

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Abb 2: Internationale Zeitungsberichte zur Verleihung des Literaturnobelpreises an Elfriede Jelinek (2004)

Die Bestände des Archivs umfassen Buchausgaben und Textabdrucke von Jelineks Werken (Lyrik, Kurzprosa, Romane, Theatertexte, Libretti, Essays, Hörspieltyposkripte, Drehbücher), Berichte und Rezensionen, Interviews, Porträts, Programmhefte, Plakate und eine Auswahl an wissenschaftlicher Sekundärliteratur. Weiters werden audiovisuelle Medien (Aufnahmen von Hörspielen, Radiosendungen, Filme, Fernsehsendungen, Mitschnitte von Veranstaltungen), Plakate und Noten gesammelt. Auch ein umfangsreiches Bildarchiv (Porträtbilder, Aufführungsfotos, Fotos von Veranstaltungen 100  ]  Pia Janke

etc.) ist im Aufbau. Im Rahmen der Verleihung des Nobelpreises an Jelinek konnte durch die weltweite Unterstützung ein großes Spektrum an internationalen Medienberichten zur Preisverleihung zusammengeführt und archiviert werden. Das Archiv verfügt derzeit neben zahlreichen Büchern, Jelinek-Textabdrucken und Sekundärliteraturwerken über 7.400 Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, 230 Typoskripte, 500 Programmhefte, jeweils über 200 DVDs und Audio-CDs sowie rund 6.600 Bilder. Aufgrund der Hilfe zahlreicher Verlage sowie der Autorin

selbst besitzt das Archiv auch über 200 Übersetzungen von Jelineks Texten, die in mehr als 30 Sprachen übertragen wurden. Die Archivbestände werden durch systematische Recherchen laufend erweitert und erfasst, der Bestandskatalog ist zudem über die Multimedia-Datenbank der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät abrufbar. Das Archiv ist Teil der Serviceleistungen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums und wird laufend genutzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende und Lehrende, die zu Jelinek arbeiten, recherchieren im Archiv Materialien für Arbeiten, Projekte, Publikationen, Tagungen oder im Zuge der Vorbereitung von Lehre und Unterricht. Schülerinnen und Schüler, die mit Jelineks Texten konfrontiert sind, ersuchen um Einstiegshilfen für Lektüre, Referate und Prüfungen. Übersetzerinnen und Übersetzer wenden sich mit Bitten um weiterführende Unterlagen an das Archiv. Forschungseinrichtungen, die Auskünfte benötigen, Kulturinstitutionen wie Theater, Opernhäuser, Museen und Kulturforen, die Texte von Jelinek präsentieren oder Veranstaltungen mit Jelinek-Bezug planen, sowie Redakteurinnen und Redakteure, die Beiträge zur Autorin vorbereiten, fragen wegen Informationsmaterialien an. Innerhalb nur weniger Jahre ist es somit gelungen, das Archiv des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums zur zentralen Anlaufstelle für ein internationales Publikum zu machen.

Abb 3: Übersetzungen von Elfriede Jelineks Werken

von Peter Clar, Ute Huber, Stefanie Kaplan, Christoph Kepplinger, Christian Schenker-Mayr. Wien 2005 (= DISKURSE.KONTEXTE.IMPULSE. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums. Herausgegeben von Pia Janke. Band 1). Elfriede Jelinek  : »ICH WILL KEIN THEATER«. Mediale Überschreitungen. Hg. von Pia Janke. Wien 2007 (= DISKURSE. KONTEXTE.IMPULSE. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums. Herausgegeben von Pia Janke. Band 3). Jelinek[ Jahr]Buch 2010. Hg. vom Elfriede Jelinek-Forschungszentrum. Wien 2010. Jelinek[ Jahr]Buch 2011. Hg. vom Elfriede Jelinek-Forschungszentrum. Wien 2011.

Adresse  : Elfriede Jelinek-Forschungszentrum Institut für Germanistik Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Janke, Pia  : Werkverzeichnis Elfriede Jelinek. Unter der Mitarbeit von Peter Clar, Heidemarie Farokhnia, Ute Huber, Stefanie Kaplan, Christoph Kepplinger, Christian Schenkermayr, Elisabeth Sezemsky und Natalie Swoboda. Wien 2004. Janke, Pia  : Literaturnobelpreis Elfriede Jelinek. Unter der Mitarbeit Elfriede Jelinek-Forschungszentrum 

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Julia Gohm-Lezuo, Ruth Haselmair, Cathrin Lipowec

SA MMLUNGEN DES INSTITUTS FÜR KULTUR- UND SOZIAL ANTHROPOLOGIE

Die Sammlungen des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie (ehemals Institut für Ethnologie/Völkerkunde) umfassen rund 1.200 Ethnographica und eine Sammlung von etwa 6.000 Schwarz-Weiß-Fotos, 500 Kleinformat- und schätzungsweise 3.200 GlasplattenDias. Besonders sehenswerte Objekte wurden zu einer Schausammlung zusammengestellt und können am Institut gegen Voranmeldung besichtigt werden. Große Teile der Sammlungen wurden im Zuge einer Übersiedelung digital erfasst und sind in einer fakultätsweiten Datenbank an der Universität Wien abrufbar. Ethnografische Sammlung

Seit dem 18. Jahrhundert und verstärkt im 19. Jahrhundert wurden von Missionaren, Händlern und Wissenschaftern vermehrt Gegenstände außereuropäischer Kulturen – sogenannte Ethnographica – gesammelt, darunter vor allem Gegenstände des täglichen oder ritu­ellen Gebrauchs sowie Kunstwerke. Diese Objekte wurden in Europa vor allem zu Anschauungs- und Bildungszwecken verwendet. Die kultur- und sozialanthropologischen Methoden jener Zeit stützten sich stark auf das ethnografische Objekt und verwendeten Ethnographica zur Entwicklung von wissenschaftlichen Theorien oder zu deren Untermauerung, wie etwa der Diffusionstheorie. Die ältesten Objekte der Sammlung des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und waren Teil einer Sammlung des Anthropologisch-Ethnographischen Instituts. Im Zuge der Aufspaltung in zwei eigenständige Institute und Fachwissenschaften im Jahr 1927/28 wurde der ethnografische Sammlungsteil ins Institut für Ethnologie/Völkerkunde im »Corps de

Abb 1: Malanggan-Maske »Tatanua« aus Neu-Mecklenburg (heute: Neuirland), Papua-Neuguinea, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Logis« der Hofburg übersiedelt, wo heute das Museum für Völkerkunde untergebracht ist. Ein Großteil der Objekte wurde dem Institut zwischen 1910 und 1940 von Privatsammlern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Anthropologisch-Ethnographischen Abteilung des Naturhistorischen Museums, Mitgliedern der Gesellschaft des Göttlichen Wortes und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Völkerkunde übergeben oder geschenkt. Der 1939 als Ordinarius nach Wien berufene Ethnologe Hermann Baumann Sammlungen des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie 

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Etikettenverlust, unsachgemäßer Lagerung, mehrmaliger Übersiedelung und wiederholten Wasserschäden weder die Umstände des Erwerbs nachvollziehen, noch können sie regional zugeordnet werden. Sammlung fotografischer Medien

Abb 2: Muschelhorn aus Ozeanien, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

(1902–1972) ließ kurz nach Antritt seiner Professur im Mai 1941 eine vom Berliner Völkerkundemuseum (heute  : Ethnologisches Museum) zusammengestellte »Dublettensammlung« nach Wien überstellen, um eine »anschauliche Lehr- und Studiensammlung« zur Verfügung zu haben. Dieser an die 1.500 Objekte umfassende Teil der Sammlung wurde in den Eingangsbüchern zwar als Geschenk vermerkt, später aber in zwei Phasen (1965 und 2005) vom Ethnologischen Museum Berlin zurückgefordert. Heute besteht die ethnografische Sammlung aus 1.200 Objekten aus Afrika, Amerika, Asien und Ozeanien und beinhaltet in erster Linie Waffen, Schmuck und Alltagsgegenstände (darunter Körbe, Messer, Löffel, Baströcke) aus unterschiedlichen Materialien (etwa Holz, Metall, Bast, Stein, Federn). Zu den bekanntesten Sammlern zählte der Anthropologe und Ethnograf Rudolf Pöch (1870–1921), der 1901–1906 in Neuguinea bei der Ethnie der Kai und 1907–1909 bei den San in Südafrika Feldforschung betrieb. Weitere erwähnenswerte Sammler sind Paul Schebesta (1887–1967), Matthäus Much (1832–1909), Christoph v. Fürer-Haimendorf (1909–1995), Robert Stigler (1878–1975) sowie die »International School of American Archeology«. Für einige Objekte lassen sich jedoch aufgrund von 104  ]  Julia Gohm-Lezuo, Ruth Haselmair, Cathrin Lipowec

Die Geschichte der Sammlung fotografischer Medien, die Fotos, Dias und Glasplatten-Dias umfasst, ist nur schwer rekonstruierbar. Die Sammlung besteht in erster Linie aus Nachlässen von Mitgliedern des Instituts, wie etwa Wilhelm Koppers (1886–1961) und Josef Haekel (1907–1973), die diese Medien für die Aufbereitung ihrer Lehrveranstaltungen zusammenstellten. Die meisten Aufnahmen sind Büchern entnommen, lediglich ein kleiner Teil setzt sich aus Originalaufnahmen von Fotografen, Handlungsreisenden oder Forschern zusammen. Dennoch ist die Sammlung von historischem Interesse, da anhand der vorhandenen Medien Lehrinhalte und Lehrveranstaltungsaufbau der Nachkriegszeit nachvollzogen werden können. Von Wilhelm Koppers etwa sind 103 Alben erhalten – mit teils originalen, teils exzerpierten Aufnahmen aus den einzelnen Erdteilen (Amerika, Afrika, Asien und Ozeanien), die die Lebensweise verschiedenster Ethnien veranschaulichen. Die Sammlung von Glasplatten-Dias umfasst eine beträchtliche Anzahl Originale sowie Abbildungen aus Büchern zu verschiedenen Weltregionen. Sie wurde überwiegend von Robert von Heine-Geldern (1885– 1968) zusammengestellt. Weitere Sammler sind Fritz Röck (1879–1953) und Josef Haekel. Der kleinste Teil dieser Sammlung geht auf Herta Haselberger (1927– 1974) zurück, eine Kunstethnologin und Kunsthistorikerin, die neben Abbildungen aus Büchern auch einige Originale aus ihren Feldforschungen beisteuerte.

Abb 3  : Schiff und Menschen am Strand von Colombo, Ceylon (heute  : Sri Lanka), 1. Hälfte 20. Jahrhundert, aus der Sammlung Koppers

Adresse  : Institut für Kultur- und Sozialanthropologie Neues Institutsgebäude (NIG) Universitätsstraße 7 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Gohm, Julia  : Hermann Baumann. Ordinarius für Völkerkunde in Wien 1940–1945, sein Wirken und seine Lehrsammlung. Diplomarbeit, Universität Wien 2006. Linimayr, Peter  : Das Institut für Völkerkunde der Universität Wien 1938–1945, unter Berücksichtigung des Museums für Völkerkunde Wien. 2 Bände. Diplomarbeit, Universität Wien 1993.

Sammlungen des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie 

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Abb 1: Auswahl an Dias

106  ]  Friedrich Polleroß

Friedrich Polleroß

DIA SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR KUNSTGESCHICHTE

Als im Jahr 1852 eine eigene Lehrkanzel für Kunst­ geschichte an der Universität Wien eingerichtet wurde, erfolgte der Unterricht anfänglich vor Originalen in den Wiener Museen und Sammlungen, aber auch anhand großformatiger Fotografien, die sich zum Teil noch heute in der Fotosammlung des Instituts befinden. Im späten 19. Jahrhundert kam es zum Umstieg auf sogenannte »Lichtbilder«, das heißt Positive, die mittels Projektoren vorgeführt wurden. Genaue Angaben über die erstmalige Anwendung dieser Technik in Wien fehlen. Das für die »Wiener Schule der Kunstgeschichte« charakteristische Vergleichen von Kunstwerken erforderte jedenfalls eine Doppelprojektion. Die ursprünglichen »Großdias« im Filmformat von 9 x 9 oder 9 x 12 cm, wurden noch bis in die 1970er-Jahre verwendet. Erst damals setzte sich das Kleinbildformat (24 x 35 mm) endgültig durch. Auch das in den 1930er-Jahren entwickelte und zunächst sehr teure Farbdia löste erst um 1990 die Schwarz-Weiß-Bilder ab, die vielfach durch Umkopieren von Negativen im eigenen Fotolabor angefertigt worden waren. Die Diasammlung umfasst heute einen Bestand an Groß- und Kleinbilddias im Umfang von etwa 330.000 Stück. Thematisch wird die ganze abendländische Kunstgeschichte vom Frühchristentum bis ins 21. Jahrhundert abgedeckt, es gibt aber auch Bestände zur antiken und außereuropäischen Kunst. Da die Diasammlung dem Lehrbetrieb dient, handelt es sich bei einem Großteil der Fotos um Reproduktionen aus Büchern. Es gibt aber auch einzelne kleinere Bestände mit Originalaufnahmen der Institutsfotografen oder sonstiger Institutsmitarbeiter beziehungsweise aus Nachlässen sowie Ankäufen von professionellen Diaproduzenten Vor allem bei angekauften Museumsbildern gilt die rechtliche Genehmigung des Bildmaterials ausschließlich für den

Abb 2: Diaschrank mit geöffneten Laden

Lehrbedarf und eine Publikations­genehmigung kann nur für Originalaufnahmen des Instituts erteilt werden. Die Diasammlung stellt daher kein öffentliches Bildarchiv dar. Aufgrund der modernen elektronischen Nutzung von Digitalbildern durch die institutsübergreifende Bilddatenbank der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät werden die Diapositive heute im Lehrbetrieb nur mehr von wenigen Professoren/-innen sowie bei Diplomprüfungen verwendet. Adresse  : Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien

Diasammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Martin Engel

FOTOSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR KUNSTGESCHICHTE

Die Fotothek des Instituts für Kunstgeschichte war bis in die 1970er-Jahre neben der Bibliothek das Herzstück der kunstgeschichtlichen Forschung und Lehre. Zum Bestand der Fotosammlung gehören rund 150.000 Fotos, eine Postkartensammlung aus dem Nachlass von Professor Renate Wagner-Rieger (1921–1980), der »Marburger Index« in Form einer umfangreichen Sammlung von Mikrofiches und der sogenannte »Ikonographische Apparat«, in dem kleinformatige Abbildungen unterschiedlicher Kunstwerke nach Themen geordnet abgelegt sind. Dieser in vielen Jahrzehnten gewachsene Bilderschatz, der bis in die Frühzeit der Fotografie und zu den Anfängen des Faches Kunstgeschichte an der Universität Wien zurückreicht, wird zurzeit digitalisiert und inhaltlich erschlossen. Die Geschichte der Fotosammlung lässt sich vor allem an den Stempeln ablesen, mit denen die einzelnen Fotos als Eigentum der Universität Wien gekennzeichnet wurden. Mit dem ältesten Stempel ist der sogenannte »Lehrapparat [der] Universität Wien« gekennzeichnet, der kurz nach der Errichtung der ersten Lehrkanzel für Kunstgeschichte im Jahr 1852 eingerichtet wurde. Bislang sind etwa 250 Fotos aus dieser frühen Zeit nachweisbar. Vor allem diese älteren Fotografien sind in vielerlei Hinsicht wertvolle Dokumente sowohl für die Wissenschaftsgeschichte als auch für die Geschichte der abgebildeten Kunstwerke. Zudem sind diese Fotos bereits selbst Gegenstand aktueller Forschungen. Von besonderem Interesse sind hierbei die großformatigen Architekturaufnahmen von berühmten Fotografen wie Édouard Baldus (1813–1889), den Brüdern Louis-Auguste (1814–1876) und Auguste-Rosalie Bisson (1826–1900) und den Gebrüdern Leopoldo (1832–1865), Romualdo (1830–1890) und Guiseppe (1836–1890) Alinari. Eine der ältesten Aufnahmen

Abb 1  : Ansicht des Fondaco dei Turchi zu Venedig von Domenico Bresolin, um 1858

der Sammlung stammt von Domenico Bresolin (um 1812–um 1899). Sie zeigt den Fondaco dei Turchi zu Venedig im Zustand vor der durchgreifenden Rekonstruktion, die ab 1858 durchgeführt worden ist. Dieses Foto wurde nachweislich sowohl in der Lehre als auch in der Forschung verwendet. Namentlich Karl M. Swoboda (1889–1977) nutzte es zur Illustration seiner 1919 gedruckten Habilitationsschrift über die Formen der römischen und romanischen Paläste. Zu diesem Zweck markierte er den gewünschten Ausschnitt mit Bleistiftstrichen, während der beauftragte Grafiker zur Herstellung der Druckvorlage den Himmel mit grauer Farbe retuschierte. Später wurde es von seinen Schülern bei der Herausgabe seiner Vorlesungen erneut verwendet. Problematisch sind die älteren Aufnahmen von Gemälden, weil es anfangs nicht gelang, die Farben in entsprechenden Grauwerten abzubilden. In diesem Zusammenhang wurde auch am Institut für Kunstgeschichte heftig über den Nutzen der Fotografie für die Fotosammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Abb 2: Reprofotografie von Hans Schäufelins Kopf eines bärtigen Mannes aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, um 1880

Erforschung von Kunstwerken diskutiert. Insbesondere die Professoren Rudolf Eitelberger von Edelberg (1817–1885) und Moritz Thausing (1838–1884) teilten ihre Meinungen und Vorbehalte in mehreren Aufsätzen dem Fachpublikum mit. Ein interessantes Beispiel aus dieser Zeit ist die Reprofotografie eines Gemäldes, das einen bärtigen Mann mit tief ins Gesicht gezogener Haube zeigt. Das Foto wurde sicherlich im Auftrag des Dürerforschers Thausing angefertigt und für das Institut erworben, denn das Bild, das 1869 erstmals auf einer Ausstellung öffentlich gezeigt wurde, galt aufgrund des Monogramms als ein Werk Albrecht Dürers (1471– 1528). Thausing ließ sich durch die Fotografie nicht von der Echtheit überzeugen und hat es weder in seiner großen Dürermonografie von 1876 noch in der überarbei110  ]  Martin Engel

Abb 3: Grabmal des Grafen Johann II. (III.) von Nassau (1423–1472) in der Stiftskirche St. Arnual in Saarbrücken, um 1900

teten Fassung von 1884 erwähnt. Heute gilt das Bild als ein Werk von Hans Schäufelin (um 1480/85–um 1540), einem bedeutenden Mitarbeiter in Dürers Werkstatt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die Technik der Fotografie vor allem durch die Entwicklung des weitaus lichtempfindlicheren Bromsilberpapiers. Systematische Reproduktionen von berühmten Bildern aus den Gemäldegalerien der ganzen Welt wurden nun in großem Umfang von bekannten Verlegern wie Hanfstaengl, Bruckmann, Anderson und mehreren anderen hergestellt. Etliche Fotos aus ihren Verlagsprogrammen wurden auch für das Institut für Kunstgeschichte erworben. Der interessantere Teil dieser Sammlung besteht jedoch aus jenen Fotos, die speziell im Auftrag des Instituts für Kunstgeschichte in den jeweiligen Museen,

Sammlungen und Bibliotheken angefertigt worden sind. So bildete sich beispielsweise auf Initiative der Professoren Otto Pächt (1902–1988) und Gerhard Schmidt (1924-2010) ein besonders wertvoller Fotobestand zum Forschungsfeld der Buchmalerei. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs die Fotosammlung auch durch bedeutende Erbschaften und Schenkungen. Zu nennen sind hier die »Hinterlassenschaft des Grafen Amadei«, der Nachlass von Professor Ludwig Münz (1889–1957) und die Schenkung von Professor Karl M. Swoboda (1889–1977). Adresse  : Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Schulz Juergen  : The Restoration of the Fondaco dei Turchi. In  : Annali di architettura 7 (1995), S. 19–38. Thausing, Moritz  : Kupferstich und Photographie. In  : Zeitschrift für bildende Kunst 1 (1866), S. 287–294. Peters, Dorothea  : Fotografie als »Technisches Hülfsmittel« der Kunstwissenschaft. In  : Jahrbuch der Berliner Museen 2002, S. 167–206. Heß, Helmut  : Der Kunstverlag Franz Hanfstaengl und die frühe fotografische Kunstreproduktion – das Kunstwerk und sein Abbild. München 1999.

Fotosammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Abb 1: Gipsabgüsse von mittelalterlichen Elfenbeinarbeiten, um 1900

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Friedrich Polleroß

GIPSABGUSS -SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR KUNSTGESCHICHTE

Im 19. Jahrhundert war es an Kunstakademien und -gewerbeschulen üblich, im Unterricht Gipsabgüsse antiker Statuen zu verwenden, und so wurden auch am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien vermutlich noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entsprechende Reproduktionen von Kleinskulpturen und kunstgewerblichen Objekten in der Lehre eingesetzt. Der etwa 120 Stücke umfassende Bestand des Kunsthistorischen Instituts setzt sich vorwiegend aus Abgüssen von Elfenbeinfiguren, -objekten und -reliefs der Spätantike sowie des Hoch- und Spätmittelalters zusammen. Dazu kommen Abformungen von römischen Münzen und neuzeitlichen Medaillen. Es finden sich aber auch einige Metallreproduktionen von romanischen Buchdeckeln in der Sammlung. Eine kleine Gruppe innerhalb des Bestandes bilden fünf Abgüsse von drei Medaillen (zweimal Vorder- und Rückseite). Bei den abgeformten Originalen handelt es sich um Frühwerke des späteren kaiserlichen Hofarchitekten Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723). Sie sind ein Hinweis auf die wissenschaftliche Wende des späten 19. Jahrhunderts, als neben der mittelalterlichen Kunst auch jene des Barock ins Bewusstsein der Kunsthistoriker und der zeitgenössischen Künstler trat. Da solche Objekte zunächst in den Kunstgewerbemuseen des 19. Jahrhunderts gesammelt wurden und einige der ersten Wiener Ordinarien für Kunstgeschichte, wie etwa Robert Eitelberger von Eitelberg (1817–1885) und Alois Riegl (1858–1905), auch am k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute  : Museum für angewandte Kunst) tätig waren, ist anzunehmen, dass die Erwerbungen des Instituts von dort stammen beziehungsweise der Unterricht überhaupt von der Lehrpraxis an der an das Museum angeschlossenen k. k. Kunstgewerbeschule angeregt worden war.

Abb 2: Gipsabguss einer Medaille von Johann Bernhard Fischer auf den spanischen König Karl II. (1682), um 1900

Tatsächlich trägt ein Relief der Sammlung einen Aufkleber der englischen »Arundel Society«. Diese 1849 in London gegründete Gesellschaft hatte sich die Verbreitung der Kunst durch Reproduktionen zum Ziel gesetzt. Zunächst waren es farbige Chromolithografien gewesen, die sie vertrieb. Ab 1855–56 kamen auch Gipsabgüsse von Elfenbeinreliefs aus 34 Museen beziehungsweise Sammlungen hinzu. Die in fünf Schritten von der Firma Giovanni Franchi & Son angefertigten Abgüsse wurden einzeln oder in Serien an Museen, Sammler und Lehrinstitutionen verkauft. Das nach englischem Vorbild 1863 gegründete und von Robert Eitelberger geleitete k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie bezog nicht nur englische Gipse, sondern fertigte von Gipsabguss-Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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1879 bis 1910 auch selbst Abgüsse an, die in einem eigenen 1879 gedruckten Verkaufskatalog mit dem Titel »Verzeichniss der Gypsabgüsse welche von dem k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie in Wien zu den beigesetzten Preisen zu beziehen sind« angeboten wurden. Auch der erste Vorstand des Grazer Instituts für Kunstgeschichte, der später an der Universität Wien tätige Josef Strzygowski (1862–1941), beschaffte ab 1896 Gipsabgüsse mittelalterlicher Werke, um diese in der Lehre einzusetzen. Adresse  : Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Fawlett, Trevor  : Plane Surfaces and Solid Bodies – Reproducing Three-Dimensional Art in Nineteenth Century. In  : Art History through the Camera’s Lens. Hg. von Helene E. Roberts. Amsterdam 1995, S. 59–84. Sobieczky, Elisabeth/Deutsch, Johannes  : Katalog der Gipsabgüsse. Die Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte an der Karl-Franzens-Universität. Graz 2010.

Abb 3  : Gipsabguss einer Elfenbeinkrümme eines Abt- oder Bischofsstabes mir der Krönung Mariens, französisch, 14. Jahrhundert, Original im Bayerischen Nationalmuseum München, um 1900

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Martin Engel

ORIGINALSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR KUNSTGESCHICHTE

Das Institut für Kunstgeschichte besitzt eine kleine Sammlung von Druckgrafiken, die ursprünglich Teil der »Grafischen Lehrsammlung« waren und zu Lehrzwecken angeschafft wurden. Der größte Teil des Bestandes, der vor allem aus Drucken aus der Zeit um 1900 und modernen Künstlergrafiken der 1970er-Jahre besteht, kam durch Schenkungen ans Institut. Insgesamt handelt es sich um rund 140 Einzelblätter und mehrere Konvolute mit etwa 500 weiteren Grafiken. Bedingt durch eine unsystematische Erwerbungspolitik ist der Sammlungsbestand sehr heterogen. Zu den wertvollsten Blättern gehören 15 Radierungen aus der Serie »Raccolta di Teste …« von Giovanni Domenico Tiepolo (1727–1804), die Anfang der 1770er-Jahre in Würzburg entstanden sind. Neben diesen kleinformatigen Kopfstudien, in denen neue künstlerische Ausdrucksformen erprobt wurden, gibt es auch einige traditionelle Porträts von geistlichen Würdenträgern, adligen Herrschaften, Gelehrten und Künstlern. Hervorzuheben ist das Porträt von Gottfried Semper (1803–1879), das der spätere Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien William Unger (1837–1932) bei seinem kurzen Aufenthalt in Wien im Jahr 1871 angefertigt hat. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass Unger mit den beiden Kunsthistorikern Rudolf von Eitelberger (1717–1885) und Moritz Thausing (1838–1884) befreundet war, die wesentlich dazu beitrugen, das Fach Kunstgeschichte an der Universität Wien zu etablieren. Leider fehlen jegliche Hinweise, wann und auf welchen Wegen dieses Blatt in den einstigen Lehrapparat des Instituts für Kunstgeschichte gelangt ist. Überraschend ist die Vielfalt der graphischen Techniken, die in der Sammlung vertreten sind  : neben Bleistiftzeichnungen finden sich Holzschnitte, Kupferstiche, Radierungen, Claire Obscure (Hell-Dunkel-Malerei),

Abb 1: Kopfstudie Nr. 2 aus der Studie »Raccolta di Teste . . .« von Giovanni Domenico Tiepolo, um 1770

Schabkunstblätter, Blätter in Crayonmanier, Lithographien, Stahlstiche, Zinkätzungen und weitere moderne Kunstdrucktechniken. Zumeist handelt es sich nicht um eigenständige Kunstwerke, sondern um Reproduktionsgrafiken nach Gemälden bekannter Meister wie Giorgione, Antoine Coypel, Antoine Watteau oder Samuel W. Reynolds, um nur einige Beispiele zu nennen. Solche Blätter waren in der Zeit vor der Fotografie die einzige Möglichkeit, berühmte Bilder einem breiteren Originalsammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Abb 2: Reitergefecht am 2. September 1695 von Christian Rugendas, um 1765

Publikum bekannt zu machen. Die besondere Leistung der Reproduktionsgrafiker bestand darin, die gemalten Vorlagen in eine andere künstlerische Technik zu übersetzen und dabei dennoch die spezifischen Qualitäten der Gemälde sichtbar zu machen. Interessant ist hier das Schabkunstblatt des Augsburger Grafikers Christian Rugendas (1708–1781), der in einer Serie von »Reiter-, Pferde- und Schlachtenszenen« die Bilder seines Vaters Georg Philipp Rugendas (1666–1742) vermarktete. Um die kriegerische Atmosphäre augenscheinlich zu machen, druckte er die Blätter fein abgestuft in Ocker. Ein besonders schönes Beispiel ist auch die Radierung nach dem Gemälde »Pferde im Nebel« von Teutwart Schmit116  ]  Martin Engel

son (1830–1863), das sich heute im Wien-Museum befindet. Diese Radierung wurde von Johannes Klaus (1847–1893) im Auftrag der »Gesellschaft für vervielfältigende Kunst« angefertigt und im fünften Heft des Albums 1872 zum Verkauf angeboten. Die »Gesellschaft für vervielfältigende Kunst« wurde 1871 in Wien mit dem Ziel gegründet, die traditionellen Reproduktionstechniken zu fördern, die angesichts der rasanten Entwicklung der Fotografie zunehmend an Bedeutung verloren. Für die Vermittlung kunsthistorischer Forschungsergebnisse war die Farblithografie bis weit ins 20. Jahrhundert von großer Bedeutung. In der Originalsammlung

hat sich ein Konvolut von Zeichnungen und Andrucken erhalten, das dies anschaulich zeigt. Zur Vorbereitung eines Corpuswerks über den Domschatz von Halberstadt erstellte Hermann Schäfer (Lebensdaten unbekannt) mehrere aquarellierte Federzeichnungen, in denen die bedeutendsten Stücke des Domschatzes in ihrer ganzen Pracht dargestellt sind. Die ebenfalls erhaltenen Andrucke, die in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei gedruckt wurden, beweisen, dass die Herstellung dieses luxuriös illustrierten Buches weit gediehen ist. Das Buch konnte bislang jedoch in keiner Bibliothek nachgewiesen werden und so ist ungewiss, ob es jemals in den Handel kam. Zuletzt sei noch auf zwei weitere Konvolute hingewiesen  : Eines besteht aus 107 Bauaufnahmen, die ein unbekannter Architekt auf seinen drei Reisen nach Italien in den Jahren 1868, 1875 und 1884 angefertigt hat. Einige dieser Zeichnungen sind perspektivische Ansichten von Innenräumen, die meisten Zeichnungen zeigen jedoch Grund- und Aufrisse, die akkurat mit Maßangaben versehen sind. Das zweite Konvolut besteht aus Entwürfen des Architekten Julius Franz (1831–1915), der ab etwa 1860 Hofarchitekt für den ägyptischen Khediven (Vizekönig) Ismael Pascha (1830–1895) tätig war. Beide Konvolute sind Teile von Architektennachlässen, die dem Institut für Kunstgeschichte schon vor langer Zeit zur weiteren Erforschung übergeben wurden.

Abb 3: Weihbrotschale und Steine werfende Juden aus dem Domschatz zu Halberstadt von Hermann Schäfer, um 1880

Adresse  : Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2, Hof 9 1090 Wien

Abb 4: Entwurf für die Erweiterung des Landhauses von Chérif Pascha von Julius Franz, 1877

Originalsammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Abb 1: Ideale Ansicht der Burg Eisenmarkt (Vaida Hunyad) in Siebenbürgen von Alexander Wielemans, Publicationen der Wiener Bauhütte, Jg. VI.2, Blatt 49–51

Martin Engel

PL ANSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR KUNSTGESCHICHTE

Die Plansammlung des Instituts für Kunstgeschichte hat zwei Sammlungsschwerpunkte und umfasst insgesamt rund 1.700 Baupläne und Architekturzeichnungen. Der ältere Sammlungsschwerpunkt besteht aus etwa 800 gedruckten Blättern, die der »Verein Wiener Bauhütte« ab 1862 in loser Folge herausgegeben hat. Diese Pläne sind in einem 1874 veröffentlichten Register erfasst und entsprechen den ersten neun Jahrgängen der »Publikationen des Vereins Wiener Bauhütte«, die ab 1901 unter dem Namen »Mitteilungen der Architekten-Vereinigung ›Wiener Bauhütte‹« fortgeführt wurden. Die gebundenen Jahrgänge dieser für die Wiener Architekturgeschichte wichtigen Zeitschrift werden in der Universitätsbibliothek aufbewahrt. Ein Großteil dieser Bauzeichnungen sind Bauaufnahmen, die von Architekturstudenten der Akademie der Künste unter der Leitung von Professor Friedrich von Schmidt (1825–1891) angefertigt wurden. Die meisten Bauaufnahmen entstanden auf Studienreisen, die in die verschiedenen Regionen Österreichs und vor allem nach Italien führten. Sie zeigen zumeist mittelalterliche Kirchen und Baudenkmäler, von denen auch viele Ausstattungsstücke und Details sorgfältig erfasst wurden, seien es Grabdenkmäler, Möbel, Türen oder Fensterbeschläge. Die Auswahl gibt einen guten Überblick über die Themen, die Schmidt im Rahmen seiner Lehrtätigkeit mit seinen Studenten erforscht hat. Hervorzuheben ist, dass er gelegentlich auch Bauwerke aussuchte, die sich in schlechtem Zustand befanden und kurz vor ihrer Restaurierung standen, wie zum Beispiel die 1854 abgebrannte Burg in Eisenmarkt (Vajdahunyad/Hunedoara). Diese Burg wurde einst von dem ungarischen König Matthias Corvinus (1443–1490) bewohnt und ist das bedeutendste mittelalterliche Bauwerk in Siebenbürgen. Die

im Jahr 1867 gezeichneten Pläne dienten vermutlich zur Vorbereitung der Instandsetzung, die von Ferencz Schulcz (1838–1870), einem der bekanntesten Schüler Schmidts, im darauffolgenden Jahr begonnen wurde. Neben diesen Bauaufnahmen, die die historistische Begeisterung für die Architekturgeschichte dokumentieren, wurden auch damals aktuelle Entwürfe und Projekte publiziert. Zu nennen sind hier etliche Bauwerke der Wiener Ringstraße, wie das von Heinrich Ferstel (1828–1883) ab 1864 errichtete Palais Wertheim am Schwarzenbergplatz, das von Theophil Hansen (1813–1891) ab 1863 errichtete Palais der Gesellschaft der Musikfreunde und dessen nicht gebaute Entwürfe für die k. k. Museen zu Wien. Diese zumeist großformatigen Pläne wurden vermutlich unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung für das Institut für Kunstgeschichte erworben. Auf der Rückseite sind sie jedenfalls mit dem Stempel »Lehrapparat [der] Universität Wien« gekennzeichnet. Sie gehören somit zum ältesten Sammlungsbestand, der bis zu den Anfängen der 1852 als eigenes Lehrfach etablierten Wiener Kunstgeschichte zurückreicht. Den zweiten Sammlungsschwerpunkt bilden rund 900 Kopien von Plänen, die der Architekt Adalbert Klaar (1900–1981) für das Österreichische Bundesdenkmalamt gezeichnet hat. Adalbert Klaar war ab 1946 als Konservator für die Bauaufnahmen vor allem mittelalterlicher Kirchen zuständig. Seine exakten Grundrisse und Schnitte bildeten die Grundlage für jene Forschungen, die bei der Erarbeitung der »Österreichischen Kunsttopographie« in enger Zusammenarbeit zwischen dem Österreichischen Bundesdenkmalamt und dem Institut für Kunstgeschichte durchgeführt wurden. Adalbert Klaar hatte ein ausgeprägtes wissenschaftliches Interesse und war seit seiner Habilitation zur Geschichte Plansammlung des Instituts für Kunstgeschichte 

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Abb 2: Grundriss der Burg Eisenmarkt (Vaida Hunyad) von Franz Neumann, Publicationen der Wiener Bauhütte, Jg. VI.2, Blatt 13–14.

der Siedlungstechnik im Jahr 1940 als Dozent an der Technischen Universität Wien tätig. Ab 1946 erhielt er auch Lehraufträge an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Die Frage, ob der Planbestand auf seinen Wunsch an das Institut für Kunstgeschichte kam, lässt sich vorerst nicht beantworten. Wahrscheinlich hatte auch Otto Demus (1902–1990) einen entscheidenden Anteil bei der Übernahme dieses Planbestandes. Immerhin war er von 1946 bis 1963 Präsident des Österreichischen Bundesdenkmalamtes und wechselte danach als ordentlicher Universitätsprofessor an das Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien.

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Adresse  : Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Rath, Jürgen  : Burgenrestaurierung und Schloßarchitektur im Werk Friedrich von Schmidts (1825–1891). Diplomarbeit, Universität Wien 1998. Scheifele, Hans  : Zur Geschichte der Plansammlung des Bundesdenkmalamtes. In  : Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 49 (1995), S. 80–87.

Anton Amann

PAUL F. L A Z ARSFELD -ARCHIV

Die offizielle Gründung des Lazarsfeld-Archivs erfolgte im Jahre 1980, der Aufbau hingegen begann bereits einige Zeit zuvor und ist dem Soziologen Paul M(artin) Neurath (1911–2001) zu verdanken, der schon vor dem Tod des Soziologen Paul F(elix) Lazarsfelds (1901– 1976) als dessen Mitarbeiter mit dem Sammeln von Publikationen, Manuskripten und anderen Materialien begonnen hatte. Es gelang jedoch nicht, den Nachlass von Lazarsfeld zur Gänze zu erwerben, da ein Teil des Nachlasses bereits an die Columbia University abgegeben worden war. Die dort gelagerten umfangreichen Materialien konnten lediglich gesichtet, ausgewählt und kopiert werden. Die Bestände des Archivs umfassen eine so gut wie vollständige Sammlung aller Bücher und Anthologien, bei denen Lazarsfeld als Autor, Co-Autor oder Herausgeber gewirkt hat, eine beinahe vollständige Sammlung aller sonst von ihm publizierten Arbeiten sowie rund 300 nicht publizierte Manuskripte, biografische Materialien und einen Teil seiner wissenschaftlichen Korrespondenz und Arbeitsmaterialien. Weiters eine Sammlung von über 500 Forschungsberichten aus dem von Lazarsfeld gegründeten Bureau of Applied Social Research sowie rund 780 Artikel, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bureau of Applied Social Research publiziert worden sind. Hinzu treten Publikationen von Lazarsfelds Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie ein erheblicher Teil seiner Arbeitsbibliothek. Die Archivbestände wurden von Beginn an mit dem Ziel gesammelt und geordnet, sämtliche Materialien, die für die Geschichte der empirischen Sozialforschung wichtig sind, zu erhalten. Deshalb liegen auch Dokumente aus dem weiteren Umfeld Lazarsfelds zur Geschichte des Bureaus of Applied Social Research und dem Office of Radio Research vor sowie die Ergebnisse der Arbeiten zur Geschichte und zur Methodologie

Abb 1: Paul Neurath (1911–2001)

der Sozialforschung, die an der Columbia University und an der Sorbonne in Paris durchgeführt wurden. Nach dem Tod Neuraths im Jahr 2001 wurde dessen gesamter wissenschaftlicher Nachlass vom LazarsfeldArchiv übernommen und in den Bestand integriert. Im Rahmen eines Forschungsprojektes konnten die Materialien gesichtet, vorgeordnet und ein Verzeichnis sämtlicher veröffentlichten Schriften Paul M. Neuraths erstellt werden. Im Zuge dessen wurden weitere kleinere Sammlungen und ein Krypto-Nachlass aus der Familie Neuraths entdeckt. Paul F. Lazarsfeld-Archiv 

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Schon heute zeichnen sich künftige Pfade für die Wissenschaftssoziologie und die Geschichte der Soziologie ab, etwa auf dem Forschungsfeld »Netzwerke und Kollaborationen unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern«, zu dem die Archivbestände wichtige Quellenmaterialien enthalten. Zudem entstanden aus den Archivbeständen bereits mehrere Diplomarbeiten, Dissertationen und Publikationen. Adresse  : Fachbereichsbibliothek Soziologie und Politikwissenschaft Rooseveltplatz 2 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Neurath, Paul M.  : Das Paul F. Lazarsfeld Achiv an der Universität Wien. Vorgeschichte, Gründung, Bestände und Pläne, in  : Österreichisches Jahrbuch für Kommunikationswissenschaft 4 (1986/87), S. 131–177. Neurath, Paul M.  : Die veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften von Paul F. Lazarsfeld (1901–1976). Eine nach Hauptthemen geordnete Gesamtbibliographie. In  : WISDOM II/1 (1988), S. 6–64.

122  ]  Anton Amann

Wolfram Richter

MINER ALIENSAMMLUNG DES DEPARTMENTS FÜR LITHOSPHÄRENFORSCHUNG

Die Mineraliensammlung des Departments für Lithosphärenforschung geht auf den österreichischen Mineralogen Gustav Tschermak von Seysenegg (1836–1927) zurück, der im Jahr 1868 zum außerordentlichen Professor für die Fächer Chemie und Mineralogie ernannt und 1873 mit der Leitung des neu gegründeten »Petrographischen Cabinetts« betraut wurde. Mineralogie unter Einschluss der Petrografie war als eigenständiges Fach bereits im Jahr 1850 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien eingeführt worden. Erster Ordinarius dieses Faches war der Mineraloge Franz Xaver Maximilian Zippe (1791–1863), der mit der Leitung des »Mineralogischen Museums«, wie es ursprünglich hieß, betraut wurde. Unter ihm und seinen Nachfolgern, August Emanuel von Reuß (1811–1873) und Albrecht Schrauf (1837–1897), entstand eine umfangreiche Mineraliensammlung, die, wie auch heute noch, als Belegund Forschungssammlung konzipiert und am Institut für Mineralogie und Kristallographie angesiedelt ist. Gustav Tschermak wurde 1873 nicht nur mit der Leitung des »Petrographischen Cabinetts« betraut, sondern auch zum Ordinarius für Mineralogie und Petrografie berufen. Erst ab 1875 wurde die Bezeichnung »Mineralogisch-Petrographisches Institut« eingeführt und unter Tschermak eine eigene, als reine Studiensammlung gedachte Mineraliensammlung aufgebaut. Ob und inwieweit Teile der Zippe’schen Sammlung in diese Sammlung übernommen wurden, lässt sich nicht mehr feststellen. Heute wird diese Sammlung, die etwas mehr als 9.000 Mineralstufen umfasst, vom Department für Lithosphärenforschung betreut und ist nach modernen systematischen Gesichtspunkten nach Mineralgruppen geordnet in Vitrinenschränken und Schubladen untergebracht. Sie befindet sich als Lehr- und Schau-

Abb 1: Schörl (Fe-Turmalin), Fundort: Pierepoint, New York (USA)

Abb 2: Stibnit (Antimonit/Grauspießglanz, Sb2S3), Fundort: Kisbanya (Ungarn)

Mineraliensammlung des Departments für Lithosphärenforschung 

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Derzeit ist die Sammlung nicht öffentlich zugänglich. Für Interessierte, insbesondere für Schülergruppen, besteht jedoch die Möglichkeit, gegen Voranmeldung eine Besichtigung zu organisieren. Bei begründetem wissenschaftlichem Interesse ist es auch möglich, in einem gewissen Umfang Untersuchungsmaterial zur Verfügung gestellt zu bekommen. Adresse  : Department für Lithosphärenforschung Geozentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien Abb 3: Wulfenit (Gelbbleierz, Pb[MoO4]), Fundort: Mesiča (Slowenien)

sammlung im Geozentrum des Universitätszentrums Althanstraße, wobei in den Vitrinen eine repräsentative Auswahl der Sammlung ausgestellt ist. Besonders schöne und interessante Stufen sind in einer Glasvitrine in der Zentralzone des Geozentrums auf Ebene 2 zu sehen. Nachdem seit Gustav Tschermak und seinem Nachfolger Friedrich Becke (1855–1931) die Sammlung kaum mehr ergänzt und erweitert wurde, ist sie als historische Sammlung zu bezeichnen und umfasst im Wesentlichen die im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert bekannten Mineralspezies von Fundstellen aus den Kronländern der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Dies verleiht der Sammlung einen besonderen Wert, denn sie enthält Belegstücke von historischen Lagerstätten und Fundstellen, die zum Teil nicht mehr zugänglich oder bereits ausgebeutet sind, und spiegelt so, gemeinsam mit der ähnlich gearteten Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallographie, einen Teil von mehr als 100 Jahren Geschichte der Geowissenschaften in Zentral- und Osteuropa wider. Die Sammlung ist derzeit auf Karteikarten systematisch katalogisiert. In den Jahren 2005 und 2006 wurde diese Kartei revidiert und auf den heutigen Stand gebracht, sodass sowohl Mineralbezeichnungen als auch geografische Zuordnungen korrekt angegeben sind. 124  ]  Wolfram Richter

Weiterführende Literatur  : Pertlik, Franz/Seidl, Johannes/Svojtka, Matthias  : Franz Xaver Maximilian Zippe (1791–1863). Ein böhmischer Erdwissenschafter als Inhaber des ersten Lehrstuhls für Mineralogie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. In  : Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Biedermeier und Sezession. Hg. von Johannes Seidl. Wien 2009 (= Schriften des Archivs der Universität Wien 14), S. 161–211.

Hans-Dominik Schwabl

HISTORISCHE SA MMLUNG DER FACHBEREICHSBIBLIOTHEK M ATHEM ATIK , STATISTIK UND INFOR M ATIK

Wie alle mathematischen Institute und viele Gymnasien verfügte auch das Mathematische Institut der Universität Wien im 19. Jahrhundert über eine umfangreiche Lehrmittelsammlung  : geometrische Demonstrationsobjekte in größerer Zahl, zahlreiche Schautafeln mit geometrischen Konstruktionen und Kurven, einige logarithmische Rechenschieber verschiedenster Typen für die Durchführung von Übungen sowie einen großen Demonstrationsrechenschieber. Weiters beinhaltete die Lehrmittelsammlung viele mechanische Rechenmaschinen, darunter Sprossenradmaschinen nach Willgodt Theophil Odhner (1845–1905), mehrere Geräte der Marke Brunsviga und Präzisionsgeräte für geometrische Messungen. Hier sind vor allem eine Reihe von Planimetern (Geräte zur mechanischen Bestimmung des Inhalts ebener Flächenstücke) und zwei große Integrafen (Geräte, mit denen mechanisch die Integralkurve zu einer gegebenen Kurve gezeichnet werden kann) zu nennen. Leider ist davon vieles verloren gegangen. Der zunehmende Hang zu gesteigerter Abstraktion im mathematischen Lehrbetrieb, der seinen Höhepunkt in den 1970er-Jahren erreichte, aber auch die Entwicklung der Computer seit den 1980er-Jahren hatten zur Folge, dass alle Schautafeln und der Demonstrationsrechenschieber entsorgt wurden. Viele kleinere geometrische Modelle sind jedoch in sonst nicht mehr gebrauchten Vitrinen im Zeichensaal am alten Standort des Instituts in Wien 9, Strudlhofgasse 4, erhalten geblieben. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat die Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik und Informatik diese Modelle übernommen, darunter ein Fadenmodell eines Drehhyperboloids, einige Holzmodelle (Kegelschnitte, Pseudosphäre, 7-Färbung des Torus) und eine kleine Anzahl von Metallmodellen, wie etwa Durchdrin-

Abb 1 : Kompensations-Polarplanimeter der Firma Gottlieb Coradi, Zürich, 1913

gung dreier Zylinder, Fläche gleicher Breite. Im Laufe der letzten Jahre sind eine Reihe von geometrischen Präzisions-Messgeräten und -Zeichengeräten hinzugekommen  : etwa Integrafen, Planimeter und mehrere Typen von Winkelmessern, aber auch einen Reihe von Rechenschiebern und mechanischen Rechengeräten. Als jüngstes Objekt hat die Sammlung einen der ersten PCs aus der Zeit um 1980 als Geschenk erhalten. Im Ganzen umfasst die Sammlung heute etwa 50 Objekte. Im Jahr 2009 hat die Fakultät für Mathematik eine bedeutende Sammlung historischen Materials aus dem Besitz der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik erhalten  : Es handelt sich hierbei um einige Kisten mit Manuskripten, darunter Originalmanuskripte von Carl Friedrich Gauß (1777–1855) und alte wissenschaftliche Geräte aus dem 19. Jahrhundert, die aus dem Nachlass von Karl Kreil (1798–1862), dem ersten Direktor und Begründer der damaligen Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, stammen. Kreil war ein Mitglied des von Carl Friedrich Gauß und Wil-

Historische Sammlung der Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik und Informatik 

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Abb 2: Präsentationsmodell einer Pseudosphäre, 1. Hälfte 20. Jahrhundert

Abb 3: Fadenmodell eines Rotationshyperboloids, 1. Hälfte 20. Jahrhundert

helm Weber (1804–1891) gegründeten »Magnetischen Vereins«, einer internationalen Vereinigung von über die ganze Welt verstreuten Wissenschaftern , deren Ziel es war, das Magnetfeld der Erde auszumessen. Hier sind vor allem die unter der Aufsicht von Gauß und Weber in Göttingen hergestellten Geräte zur Magnetfeldmessung zu erwähnen, von denen sich einige Dutzend in der Sammlung befinden.

Lorey, Wilhelm  : Das Studium der Mathematik an den deutschen Universitäten seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Leipzig/Berlin 1916. Mathematische Modelle. Aus den Sammlungen von Universitäten und Museen. Hg. von Gerd Fischer. 2 Bände (Bildband/Kommentarband), Braunschweig 1986. Rottmann, Michael  : Der Boom der Bilder. Zur Blüte mathematischer Demonstrationsmodelle im 19. Jahrhundert. In  : Genau und anders. Mathematik in der Kunst von Dürer bis Sol LeWitt. Hg. vom Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und Wolfgang Drechsler. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (29. Februar–18. Mai 2008), Wien 2008. Visualization and Mathematics. Experiments, Simulation and Environments. Hg. von Hans-Christian Hege und Konrad Polthier. Berlin 1997.

Adresse  : Fachbereichsbibliothek für Mathematik, Statistik und Informatik Universitätszentrum Althanstraße (UZA IV) Nordbahnstraße 15 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Dietz, Sabine  : Die Geschichte des Modellbaus in der Mathematik am Beispiel der Universität Göttingen. Staatsexamensarbeit, Mainz 1993.

126  ]  Hans-Dominik Schwabl

Herta Silvia Effenberger

MINER ALIENSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR MINER ALOGIE UND KRISTALLOGR APHIE

Die am Institut für Mineralogie und Kristallographie befindliche Mineraliensammlung geht auf Franz Xaver Maximilian Zippe (1791–1863) zurück, der ab November 1850 als erster Ordinarius für Mineralogie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien lehrte. Diese Lehrkanzel war zuvor der medizinischen Fakultät zugeordnet gewesen, mit der Universitätsreform 1848/49 jedoch an die Philosophische Fakultät gewandert, welcher eine gleichrangige Stellung neben den drei weiteren Fakultäten (Theologie, Medizin, Jurisprudenz) zuerkannt wurde. Bei seinem Amtsantritt fand Zippe sehr wenig an mineralogischem Sammlungs- und Demonstrationsmaterial für den Unterricht vor. Durch Ankauf, Aufsammlungen und Schenkungen von Mineral- und Gesteinsproben gelang es ihm, bis zu seinem Tod die beachtliche Zahl von 2.336 Exemplaren zusammenzutragen und begründete damit den Grundstock der heute am Institut vorhandenen Mineraliensammlung. Zudem hat er zahlreiche Kristallmodelle als Demonstrationsmaterial für den Unterricht teils zugekauft, teils selbst angefertigt. In den folgenden Jahren wurde die mineralogische Sammlung kontinuierlich ergänzt und erweitert. Insbesondere ist das Wirken von August Emanuel Rudolf von Reuss (1811–1873) zu erwähnen, der 1863 als Ordinarius für Mineralogie an die Universität Wien berufen wurde und den Bestand auf 4.785 Einträge im Inventarverzeichnis vergrößerte. Auch seine Nachfolger Albrecht Schrauf (1837–1897), Friedrich Johann Karl Becke (1855–1931), Cornelio August S. Doelter y Cisterich (1850–1930) und Emil Dittler (1882–1945) waren um die Erweiterung der Sammlung bemüht. Darüber hinaus sind zahlreiche der in dieser Zeit für wissenschaftliche Untersuchungen verwendeten optischen Apparate,

Abb 1: Blick in die Schausammlung mit einem Porträt von Albrecht Schrauf (1837–1897)

wie etwa Mikroskope, Reflexionsgoniometer, Achsenwinkelapparate, Spektrometer oder Analysenwaagen, noch erhalten geblieben. Aufgrund des Zweiten Weltkrieges hatte die Mineraliensammlung schwere Verluste zu verzeichnen. Herbert Eduard Haberlandt (1904–1970) nahm sich unter der Leitung des seit 1944 als Ordinarius am Institut tätigen Felix Karl Ludwig Machatschki (1895–1970)

Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallographie  

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Abb 2: Am Institut angefertigte Modelle von verschiedenen Kristallformen, Mitte 20. Jahrhundert

um die Neuaufstellung an. Durch seine Anregungen wurden fehlende beziehungsweise verloren gegangene Mineralstufen durch Zukäufe und Schenkungen ergänzt. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die mit der Berufung von Machatschki erfolgte Umbenennung von »Mineralogisches Institut« in »Mineralogisch-Kristallographisches Institut«. Damit wurde der bereits 100 Jahre zuvor intensiv gepflegten Symmetrielehre Rechnung getragen, die nun durch die Erforschung der Atomanordnung in Kristallen mittels Röntgenbeugungsmethoden und dem damit verbundenen Studium von Kristallei128  ]  Herta Silvia Effenberger

genschaften neue und zukunftsweisende Impulse bekam. Unter Josef Zemann (geb. 1923) wurde der kristallografisch orientierte Sammlungsbestand durch zahlreiche Eigenanfertigungen bereichert. Die Aufstellung der Objekte erfolgte ursprünglich nach der auf Carl Friedrich Christian Mohs (1773– 1839) zurückgehenden Klassifikation der Minerale, die überwiegend auf deren äußeren Kennzeichen beziehungsweise physikalischen Eigenschaften beruht, wie etwa Kristallform, Härte, Sprödigkeit oder spezifisches Gewicht. Durch verbesserte Analysemethoden, ins-

Abb 3: Zwillinge trikliner und monokliner Feldspate mit entsprechenden Grafiken und Kristallmodellen aus Holz

besondere durch die Kenntnis der Atomanordnung in Kristallen, war dieses Ordnungsprinzip, das schon zu Lebzeiten von Mohs umstritten war, obsolet geworden. Die Mineraliensammlung ist heute gemäß der international üblichen Aufstellung nach Hugo Strunz (1910– 2006) entsprechend (kristall-)chemischen Gesichtspunkten geordnet. Aktuelle Zuwächse beschränken sich auf Aufsammlungen, die im Rahmen von Exkursionen gewonnen werden, sowie Schenkungen. Ankäufe von didaktisch oder wissenschaftlich interessantem Material sind aus budgetären Gründen kaum möglich.

Eine grundlegende Neuaufstellung der Mineraliensammlung wurde in jüngster Zeit durch die Übersiedlung des Instituts vom Hauptgebäude der Universität Wien in das neu erbaute Geozentrum im 9. Wiener Gemeindebezirk notwendig. Eine Auswahl von etwa 2.500 Mineralproben und 500 Kristallmodellen ist heute in Schaukästen ausgestellt. Dabei wird ein Überblick über technologisch und wirtschaftlich wichtige sowie kristallchemisch interessante Minerale gegeben. Die Mehrheit der Proben ist in Ladenkästen untergebracht. Der geografische Schwerpunkt liegt, historisch bedingt, auf dem

Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallographie  

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Gebiet des heutigen Österreichs und der ehemaligen Kronländer. Zur Mineraliensammlung im weiteren Sinn ist jenes Belegmaterial zu zählen, das bei wissenschaftlichen Arbeiten für physikalische und chemische Untersuchungen sowie bei feldmineralogischen Arbeiten Verwendung fand. Für zukünftige Bearbeitungen muss es zudem als Referenzmaterial dienen können. Das Studium der Symmetrie von Kristallen war nicht nur zur Zeit Zippes von Interesse, wo diese hauptsächlich zur Mineralidentifikation gedient hatte. Das Auftreten vieler technologisch interessanter physikalischer Eigenschaften wird durch die Kristallsymmetrie kontrolliert. Die Kenntnis der Symmetrieeigenschaften ist daher in der aktuellen Forschung wichtiger denn je und wird im Laufe des Studiums an der Universität Wien wie ehedem erlernt. Das Institut für Mineralogie und Kristallographie verfügt daher über zahlreiche Modelle zur Demonstration der Kristallmorphologie sowie zum atomaren Aufbau der Minerale. Dabei wird auch den vielfach wichtigen synthetisch hergestellten mineralanalogen Phasen Rechnung getragen. Wie in der Frühzeit konzipiert, werden die Mineraliensammlung und die kristallografischen Demonstrationsobjekte für Lehr- und Studienzwecke sowie für die wissenschaftliche Forschung genutzt. Adresse  : Institut für Mineralogie und Kristallographie Geozentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Pertlik, Franz  : Synopsis der unter der Anleitung von Albrecht Schrauf an der Universität Wien verfassten Doktorarbeiten. In  : Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt 146 (2006), S. 245–252. Pertlik, Franz/Seidl, Johannes/Svojtka, Matthias  : Franz Xaver Maximilian Zippe (1791–1863). Ein böhmischer Erdwissenschafter als Inhaber des ersten Lehrstuhls für Mineralogie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. In  : Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Biedermeier und Sezession. Hg. von Johannes Seidl. Wien 2009 (= Schriften des Archivs der Universität Wien 14), S. 161–211. Pertlik, Franz/Schroll, Erich  : Herbert Eduard Haberlandt  : ein Pionier

130  ]  Herta Silvia Effenberger

der Geochemie in Österreich (*3.6.1904 Mödling  ; †9.6.1970 Wien) (eine Biografie mit Schriftenverzeichnis). In  : Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 146 (2001), S. 435–447. Pertlik, Franz/Schroll, Erich  : Arthur Marchet (18.9.1892–30.5.1980) Ordentlicher Professor und Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Sein wissenschaftliches Werk. In  : Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 148 (2003), S. 373–385. Pertlik, Franz/Seidl, Johannes  : Lehrveranstaltungen an der Universität Wien mit Bezug zu Mineralogie von 1786 bis 1848. In  : Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 154 (2008), S. 69–82. Pertlik, Franz/Seidl, Johannes  : Emil Dittler (*Graz, 29.10.1882  ; †Wien, 3.11.1945). Sein wissenschaftliches Werk (eine Vornotiz). In  : Berichte der Geologischen Bundesanstalt 83 (2010), S. 38–40. Pertlik, Franz/Ulrych, Jaromir  : Lehre der Geowissenschaften im Rahmen des Faches Naturgeschichte an der Universität Wien im Zeitraum von 1787 bis 1848. In  : Berichte der Geologischen Bundesanstalt 53 (2001), S. 55–60.

August Schmidhofer

MUSIKINSTRUMENTENSA MMLUNG

Das Institut für Musikwissenschaft besitzt eine Sammlung von rund 130 Musikinstrumenten, die zum überwiegenden Teil ab den 1960er-Jahren ans Institut gekommen sind. Etwa drei Viertel der Instrumente stammen aus außereuro­päischen Gebieten, die übrigen aus europäischen Volksmusik­traditionen und zu einem geringeren Teil aus dem Bereich der europäischen Kunstmusik. Die Geschichte der Sammlung beginnt ein Jahr nach der Gründung des Musikwissen­schaftlichen Instituts im Jahr 1899, als der Wiener Klavierbauer Ludwig Bösendorfer (1835–1919) dem damaligen Ordinarius für Musikwissenschaft, Guido Adler (1855–1941), ein Klavier zum Geschenk machte. Dieser sogenannte »Adler-Flügel« diente Generationen von Lehrenden im Unterricht, war dann aber Jahrzehnte lang nicht mehr spielbar, bis er im Jahre 2010 schließlich restauriert wurde. Das Klavier ist nicht nur aus kulturhistorischer, sondern auch aus instrumentenbaulicher Sicht eine Besonderheit. Zudem gibt es von diesem zwischen 1891 und 1900 gefertigten Modell heute nur noch wenige spielbare Exemplare. In den ersten Jahren seines Bestehens gelangten zwei weitere wertvolle Objekte ans Institut. Bei dem einen Objekt handelt es sich um das älteste Instrument der Sammlung, ein Clavichord aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das vermutlich ebenfalls aus dem Besitz Guido Adlers stammt. Es ist ein »gebundenes« Clavichord in sehr schlichter Ausführung. Ein beson­ deres Prunkstück ist das zweite Stück  : der Nachbau eines dreimanualigen, reich verzierten Cembalos aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, das Adler im Jahr 1913 erwarb. Es ist als Dauerleihgabe in der Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums Wien ausgestellt. Die Beschäftigung mit der Musik außereuropäischer Völker am Institut für Musikwissen-

Abb 1: Nachbau eines Cembalos, um 1900

schaft reicht bis in dessen Anfangszeit zurück. Erst ab den 1960er-Jahren jedoch begannen Wiener Forscher zunehmend, traditionelle Musik vor Ort zu studieren. Die von den Feldforschungen mitgebrachten Musikinstrumente stellten den Grundstock der Sammlung an außereuropäischen Exponaten dar. Andere Instrumente kamen als Gastgeschenke ausländischer Besucher hinzu. In jüngerer Zeit wurden vermehrt Exkursionen des Instituts in außereuropäische Länder unternommen. So entstand eine breit angelegte Sammlung mit einigen geografischen Schwerpunkten. Die ältesten Instrumente des ethnologischen Bestandes stammen aus Neuguinea. Es handelt sich um ein Paar sogenannter »Heiliger Flöten« (murup) und um zwei Sanduhrtrommeln (kundu). Rudolf Pöch (1870–1921), Begründer der AnthropoloMusikinstrumentensammlung 

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Abb 2: »Heilige Flöten« (murup) aus Neuguinea, um 1900

gie als akademisches Lehrfach an der Universität Wien, hat die Objekte 1904 in Neuguinea erworben. Als tabuisierte Sakralobjekte sind die »Heiligen Flöten«, zwei 1,30 m lange Querflöten aus Bambus, in den Museen rar und zählen somit zu den wertvollsten Instrumenten der Sammlung. Besonders schöne Exponate finden sich unter den Instrumenten chinesischer Provenienz  : guqin (Wölbbrettzither), erhu (Röhrengeige), sheng (Mundorgel), eine größere Zahl von dizi (Querflöten) in unterschiedlichen Größen, t’ao-ku (Klappertrommel), Glocken und eine Fasstrommel. Aus Ostasien stammen ferner eine kayagûm (Wölbbrettzither, Korea) und eine shakuhachi (Bambusflöte, Japan). Zahlreich vertreten sind auch Musikinstrumente aus Persien, darunter eine santur (Trapezzither), eine kemanche (Stachelgeige), eine dotār und eine setār (zwei- und viersaitige Lauten), eine nāy (Schrägflöte), eine dombak (Bechertrommel) und eine dāirā (Rahmentrommel). Afrika ist mit zwei Schwerpunkten vertreten  : Madagaskar und Uganda. In beiden Fällen bilden vorwiegend Feldforschungen den Hintergrund der Akquisition, die etwa von der Ethnologin Lotte Gernböck (1927–2009), schon in den 1960erJahren in Madagaskar durchgeführt wurden, durch 132  ]  August Schmidhofer

die Musikethnologen Gerhard Kubik und Moya Aliya Malamusi in Uganda oder durch August Schmidhofer, Assistenzprofessor für vergleichende Musikwissenschaft, der beide Länder regelmäßig bereist. Zu den herausragenden Sammelstücken aus diesen Regionen gehören eine hybride valiha (Röhrenzither) mit Saiten aus Bambus und Stahl, die charakteristisch für die Zeit um 1900 ist, sowie ein komplettes Lamellophon-Ensemble (lukeme) aus Nord-Uganda, bestehend aus acht Instrumenten unterschiedlicher Größe. Einen weiteren Schwerpunkt in der Sammlung bilden Instrumente aus Brasilien. Eine größere Zahl von Instrumenten kam im Zusammenhang mit Exkursionen unter der Leitung von Regine Allgayer-Kaufmann, Professorin für vergleichende Musikwissenschaft, in den Besitz des Instituts. Herausragend sind zwei komplette Perkussionsensembles aus dem Nordosten des Landes  : eine afro-brasilianische bateria und ein maracatu. Beide Ensembles werden regelmäßig von Studie­ren­den gespielt, sowohl unter Anleitung im Rahmen von Lehrveranstaltungen als auch außerhalb des universitären Betriebes. Die Musikinstrumente des Instituts für Musikwissenschaft wurden und werden in erster Linie gesammelt, um als Anschauungsmaterial im Unterricht zu dienen. Die breite Streuung, besonders im Hinblick auf die Instrumententypen, legte es nahe, für eine Ausstellung einzelne Objekte als Beispiele zur Veranschaulichung der Instrumentensyste­matik von Erich M. von Hornbostel (1877–1935) und Curt Sachs (1881–1951) herauszugreifen. Diese vom ehemaligen Direktor des Museums für Völkerkunde Wien, Christian Feest, kuratierte und gemeinsam mit Studierenden im Rahmen einer Lehrveranstaltung erarbeitete Ausstellung wurde im Jänner 2011 in der Pausenhalle des Instituts eröffnet. 2010 wurde, ebenfalls im Rahmen einer Lehrveranstaltung, eine Datenbank der Musikinstru­mente erstellt, in der die Musikinstrumente nicht nur virtuell von allen Seiten betrachtet, sondern anhand von Tonbeispielen auch angehört werden können.

Abb 3: Blick in die 2010 neu gestaltete Schausammlung

Adresse  : Institut für Musikwissenschaft Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Hornbostel, Erich M. von/Sachs, Curt  : Systematik der Musikinstrumente. Ein Versuch. In  : Zeitschrift für Ethnologie 46 (1914), S. 553–590. Huber, Alfons  : Dokumentation über die Restaurierung eines gebundenen Clavichordes im Besitz des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Wien. Unpubliziertes Manuskript, o.J.

Musikinstrumentensammlung 

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Hubert Emmerig

SA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR NUMISM ATIK UND GELDGESCHICHTE

Schon der im Jahr 1898 begründete Numismatische Lehrapparat an der Universität Wien, der auf die Initiative des damaligen außerordentlichen Professors für Altertumskunde Wilhelm Kubitschek (1858–1936) zurückgeht, verfügte über eine Münzsammlung. Dieser Lehrapparat war dem Archäologisch-Epigraphischen Seminar der Universität angegliedert, das Alte Geschichte und Klassische Archäologie vereinte. Kubitschek fand in Kreisen der Mitglieder der Numismatischen Gesellschaft in Wien Unterstützung für den Aufbau der Münzsammlung und konnte als eine der ersten Erwerbungen die Serie von Galvanos griechischer Münzen aus dem British Museum in London ankaufen. Auch Originale aus diversen Privatsammlungen, etwa von Reichel (vielleicht Vincenz Robert Reichel, † 1899, oder Ernst Wolfgang Reichel, 1858–1900), Josef Schnellinger (1846–1904), Heinrich Cubasch (1849–1904), Eugen Schott (1826–1905), A. O. van Lennep († 1913) und Josef Scholz (1835–1916) zählen zum Grundstock der Sammlung. Dabei handelte es sich durchwegs um antike Münzen. 1907 stifteten die Erben des Augenarztes Josef Brettauer (1835–1905) dessen Münz- und Medaillensammlung, die sich in umfassender Weise dem Thema Medicina in Nummis (Münzen und Medaillen zu medizinischen Themen) widmet, der Universität. Diese jedoch übergab die Sammlung im Jahre 1928 der Bundessammlung von Medaillen, Münzen und Geldzeichen am Kunsthistorischen Museum zur Aufbewahrung. Mit der Gründung des Instituts für Antike Numismatik und vorislamische Geschichte Mittelasiens im Jahr 1965 wurde der Lehrapparat zur Sammlung des neu gegründeten Instituts, dessen Umwidmung auf die gesamte Numismatik im Jahr 1978 eine Erweiterung der Sammlung um nichtantike Bestände notwendig

Abb 1: Römisches Kaiserreich, Gordianus III. (238–244): Aureus, Münzstätte Rom, 238–239 n. Chr. Gold. 20,1 mm. 4,91 g. Rückseite: Stehende Providentia (verweist auf die Voraussicht des Kaisers für das Wohlergehen von Volk und Reich), aus der Sammlung Brettauer

machte. Noch im selben Jahr wurde die Schulsammlung des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums für Mädchen und Wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasiums für Mädchen in Wien 2, Kleine Sperlgasse (heute  : Realgymnasium und Wirtschaftskundliches Realgymnasium) als Dauerleihgabe dem Institut übergeben. Bei dieser ursprünglich vom »Leopoldstädter Communal-Real- und Obergymnasium« stammenden Sammlung handelt es sich um insgesamt 1.696 Münzen aus allen Epochen. 1988 kam die Sammlung Brettauer an die Universität zurück, wo sie mit dem Umzug des Instituts an den heutigen Standort eine neue Heimstatt fand. Mit dem Amtsantritt von Wolfgang Hahn als außerordentlicher Professor für Numismatik im Jahr 1990 konnten aus dessen Privatsammlung 858 mittelalterliche und neuzeitliche Münzen und Banknoten erworben werden. Als ein bedeutender Zugang ist schließlich die Dauerleihgabe eines Bestandes von Entwurfszeichnungen, Modellen, Gussformen, Prägestempeln und Medaillen des Wiener Medailleurs Edwin Grienauer (1893–1964) zu erwähnen. Zuletzt erhielt das Institut Sammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte 

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Abb 2: Städtische Kartoffel-Geldnote der Stadtgemeinde Traunstein (Oberbayern) für Minderbemittelte zu 10 Pfennig, undatiert [1917], 111 x 73 mm

2007 von der Deutschen Bundesbank in Frankfurt eine Sammlung von bayerischem Papiernotgeld des frühen 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1979 wurde die Sammlung antiker Münzen als Folge eines Einbruchs stark dezimiert  : etwa 7.500 Münzen wurden gestohlen. Ein Gutteil davon tauchte glücklicherweise im internationalen Münzhandel wieder auf und konnte daher sichergestellt und wieder ans Institut zurückgebracht werden.

Abb 3: Jan de Vos (1578–nach 1619): Vanitas-Medaille. Prag, 1612. Silber. 58,6 x 48 mm. 37,80 g. Weibliches Brustbild nach links / Brustbild eines Skeletts nach rechts mit Kröte auf dem Kopf (Kontrast zwischen Leben und Vergänglichkeit), aus der Sammlung Brettauer

136  ]  Hubert Emmerig

Der Bestand der Institutssammlung stellt sich heute wie folgt dar  : Eine Universalsammlung von über 20.000 Stücken reicht von der Antike bis zum Euro. Sie enthält aber auch Papiergeld, einige vormünzliche Zahlungsmittel, zeitgenössische wie moderne Falsa, Münzgewichte und Waagen. Diese Allgemeinsammlung setzt sich eher aus durchschnittlichem Material, was Häufigkeit und Erhaltungszustand angeht, zusammen. Die Sammlung Brettauer hingegen umfasst fast 7.000 numismatische Objekte zum Thema Medicina in

Nummis und ist eine der bedeutendsten Sammlungen auf diesem Gebiet, da sie sich nicht nur durch beachtliche Vollständigkeit, sondern auch durch die durchwegs ausgezeichnete Qualität der Stücke auszeichnet. Dazu tritt der Nachlass von Edwin Grienauer, der schönes Anschauungsmaterial über die einzelnen Schritte der Entstehung einer Medaille im 20. Jahrhundert bietet. Ergänzt wird die Sammlung durch Gipsabgüsse insbesondere antiker Münzen. Dabei handelt es sich um private Studiensammlungen, die dem Institut von bedeutenden Numismatikern übergeben wurden. Mit der allgemeinen Sammlung und den Sonderbeständen steht für die Ausbildung vielfältiges, realistisches Studienmaterial zur Verfügung. Den Studierenden kann dadurch in den Lehrveranstaltungen viel Originalmaterial vorgelegt werden. Im weiteren Sinne ebenfalls Teil der Sammlung sind schriftliche Materialien aus den Nachlässen bedeutender Numismatiker, darunter Friedrich Stefan (1886–1962), Günther Probszt (1887–1973), Rudolf Paulsen (1893–1975), Herbert Rittmann (1930– 1993) und Wolfgang Heß (1926–1999). Sie bilden jedoch einen eigenen Sammlungsbestand am Institut, der heute als »Archiv des Instituts« bezeichnet wird. Adresse  : Institut für Numismatik und Geldgeschichte Franz-Klein-Gasse 1 1190 Wien Weiterführende Literatur  : Czurda, Barbara/Dick, Franziska  : Die Münzsammlung der Universität Wien, Institut für Numismatik (Österreichische Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Denkschriften 140 = Veröffentlichungen der Kommission für Numismatik 9 = Thesaurus Nummorum Romanorum et Byzantinorum 3), Wien 1980. Holzmair, Eduard  : Katalog der Sammlung Dr. Josef Brettauer Medicina in Nummis, Wien 1937 (2. Auflage, Wien 1989). Specht, Edith  : Die Geschichte der numismatischen Lehre an der Universität Wien. In  : Vindobona docet. 40 Jahre Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien 1965–2005. Hg. von Hubert Emmerig, Wien 2005 (= Numismatische Zeitschrift 113– 114), S. 17–31. Wiederabgedruckt in  : Compte rendu (Commission internationale de numismatique) 52 (2005), S. 25–35.

Sammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte 

] 137

Abb 1: Seminarsaal des Paläontologisch-Paläobiologischen Instituts im Universitätshauptgebäude am Ring mit zahlreichen Schaukästen, genannt »Bärenhöhle«, um 1930

Karl Rauscher

PAL ÄONTOLOGISCHE SA MMLUNG

Am 20. November 1873 wurde auf der Grundlage ­eines Beschlusses des damaligen Ministeriums für Kultus und Unterricht ein eigenes Paläontologisches Institut an der Universität Wien gegründet. Es ist damit weltweit eines der ältesten Institute dieses Fachbereichs. Im Gründungsakt werden neben eigenen Räumlichkeiten im ehemaligen Konviktsgebäude (Wien 1, Bäckerstraße 20), finanziellen Mitteln zum Ankauf von Geräten sowie einer Jahresdotation auch ausdrücklich ein Sammlungsgrundstock und ein Budget zum Ankauf von Sammlungen erwähnt. Den Grundstock der Sammlung bildeten die »Petrefacten« der Sammlung Kner, die bis dahin Teil des »Zoologischen Museums« waren, das damals unter der Leitung von Ludwig Schmarda (1819–1908) stand. Rudolf Kner (1810–1869) war ab 1849 als Professor für Zoologie tätig gewesen – als erster Professor dieses Fachs in der gesamten Donaumonarchie. In der Zeit von 1874 bis 1903 ist in den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Wien ausdrücklich von einer »Paläontologischen Sammlung« beziehungsweise einem »Paläontologischen Universitäts-Museum« die Rede. Melchior Neumayr (1845–1890), ab 1873 Extraordinarius für Paläontologie und erster Vorstand des neu gegründeten Instituts, gilt mit Recht als Begründer der Paläontologischen Sammlung an der Universität Wien. Neben der bereits erwähnten Sammlung Kner bildeten die reiche Privatsammlung Neumayrs sowie die Sammlungen Fromm (überwiegend Fossilien aus dem Jura Schwabens), Walser (rezente Mollusken), Redtenbacher (alpine Kreidefossilien), Letocha (Neogen des Wiener Beckens) und Schloenbach (Fossilien aus Norddeutschland) den Anfang dieser neuen Sammlung. Später kamen Crinoiden (Seelilien) aus Nordamerika, Fossilien aus dem Devon des Rheinlands sowie Material aus den pliozänen Tonen von Pikermi (Griechenland) hinzu. Nicht alle Bestände wurden durch

Abb 2: Höhlenbärenschädel aus dem Pleistozän der Drachenhöhle bei Mixnitz (Steiermark), gefunden 1921

Ankäufe erworben. Vieles konnte im Rahmen von privaten Aufsammlungen, Institutsgrabungen sowie auf dem Tauschweg angeschafft werden. Nach Übersiedlung des Instituts in das neue Universitätsgebäude an der Ringstraße in den Jahren 1884/85 wurden diese umfangreichen Sammlungsbestände nach dem System Karl von Zittels (1839–1904) in vier großen Sammlungsräumen aufgestellt. Von den in den folgenden Jahren am Institut tätigen Professoren Wilhelm Waagen (1841–1900), Viktor Uhlig (1857–1911) und Carl Diener (1862–1928) sei besonders auf letzteren verwiesen, unter dessen Amtszeit (1903–1928) es im Jahre 1912 zur Gründung eines eigenen »Paläobiologischen Lehrapparates« kam. Aufgrund des Ersten Weltkrieges wurde dieser neue Sammlungsteil erst 1916 aufgestellt und 1924 in ein selbstständiges »Paläobiologisches Institut« umgewidmet. Die Ernennung Othenio Abels (1875–1946) zum Extraordinarius (ab 1912  : Ordinarius) für dieses Fach war allerdings bereits 1907 erfolgt. Den Kern dieser Sammlung bildeten Wirbeltierfunde, die auf einer 1912 im Auftrag der k. k. Akademie der Wissenschaften durchgeführten Grabung in Paläontologische Sammlung 

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Abb 3: Perisphinctes (Ataxioceras) sp. aus dem Oberjura (Kimmeridge) von Schwäbisch-Gmünd (Süddeutschland)

Pikermi (Griechenland) aufgesammelt worden waren. Das Grundkonzept der Sammlungen des »Paläobiologischen Lehrapparates« war die Darstellung der Lebensweise der Tiere sowie deren Beziehung zur Umwelt  : Anpassungserscheinungen an den Lebensraum, Bewegung, Nahrung sowie Krankheitserscheinungen bildeten wichtige Aspekte. In einem zweiten Teil der Ausstellung waren Exponate zur Fossilisation sowie Lebensspuren aufgestellt, in einem dritten schließlich Objekte zur Stammesgeschichte am Beispiel der Pferdeartigen. Weiters kamen noch Objekte zum Thema »Fossilien im Volksglauben« sowie die Aufsammlungen aus Pikermi und die reichen Höhlenbären-Funde aus der Drachenhöhle von Mixnitz (Steiermark) hinzu. Nach dem Ableben von Carl Diener im Jahre 1928 erfolgte aufgrund eines Fakultätsbeschlusses die Zusammenlegung der beiden Paläontologischen Institute, 140  ]  Karl Rauscher

weshalb die Sammlung neu aufgestellt werden musste. Diese Neuaufstellung war im Jahre 1929 im Wesentlichen abgeschlossen. In den folgenden Jahren zählte das Institut für Paläontologie, das neben den chemischen Instituten zu den »Paradeinstituten« der Universität Wien zählte, zu jenen Einrichtungen, durch welche man hohe Universitätsgäste gerne führte. Eine wichtige Zäsur in der Entwicklung der Institutssammlungen stellte die kriegsbedingte Bergung und Verlagerung wesentlicher Bestände der Sammlungen und der Bibliothek zu Beginn der 1940erJahre dar. Ab Sommer 1943 lagerte dieses Material in zahlreichen Kisten im Pfarrhof von Böheimkirchen (NÖ), wo das ausgelagerte Material auch die ersten Jahre nach 1945 überdauerte. Durch Bombentreffer im Universitätshauptgebäude entstanden sowohl an den Räumlichkeiten als auch an den verbliebenen Sammlungsteilen beträchtliche Schäden. Die bauliche Wiederherstellung erfolgte in den Jahren bis 1951. Mit der Berufung von Othmar Kühn (1892–1969) zum ordentlichen Professor für Paläontologie und Paläobiologie im Jahre 1951 wurde die seit dem Tod Carl Dieners stark vernachlässigte systematisch-stratigrafische Arbeitsrichtung wieder aufgenommen, was auch entsprechende Neuordnungen in den Sammlungen nach sich zog. In die Zeit von Kühn fällt auch die Übersiedlung des Instituts in die Räumlichkeiten des Neuen Institutsgebäudes (NIG) in der Universitätsstraße im Jahr 1962. Hier wurden sowohl die Schausammlung als auch das umfangreiche Ladenmaterial neu geordnet. Insgesamt gab es nun fünf Sammlungsräume, die allerdings gleichzeitig auch als Arbeitszimmer für Professoren, Assistenten und Dissertanten dienten. Die ausgestellten Themenkreise betrafen  : Fossilisation und deren Vorkommen, Paläoökologie und Paläobotanik, Systematik der Evertebrata (Wirbellosen), Stratigrafie, Systematik der Wirbeltiere, Faunen des Tertiärs und Quartärs. Objekte zu diesen Thematiken sowie die Osteologische Vergleichssammlung, Lebensspuren, Rekonstruktionen und die Sammlung Weinfurter, eine überaus reichhaltige Sammlung mit Schwerpunkt Niederösterreich, fanden in Schau-

kästen auf den Gängen des Instituts ihren Platz. Dringender Bedarf an zusätzlichen Arbeitsräumen zwang in den folgenden Jahren zu oftmaligen Änderungen der ursprünglichen Aufstellung. Diese Veränderungen gingen stets auf Kosten der Ausstellungsfläche. Eine grundsätzliche Neuordnung der Institutssammlung erfolgte zuletzt 1995 mit der Übersiedlung in das Geozentrum der Universität Wien (Wien 9, Althanstraße 14). Hier konnten einige Arbeitsschwerpunkte sowie einige besonders wichtige Fossilfunde im öffentlich zugänglichen Bereich einem breiteren Publikum zugängig gemacht werden. Die ausgestellten Stücke betreffen einerseits einige bedeutende Wirbeltierskelette  : Stenopterygius (Fischsaurier), Stegosaurus (einziger, in Österreich vorhandener Abguss eines gesamten Skelettes), Anhanguera (ein Flugsaurier). Ebenso werden einige Themenkreise ausgestellt, die aktuelle Arbeitsschwerpunkte am Institut darstellen, etwa Korallen oder Wohnbauten von Crustaceen (Krebstier). Der Hauptteil der Sammlung wurde jedoch nach entsprechender Neuordnung in modernen Depoträumen untergebracht. Da es sich um historisch gewachsene Sammlungsbestände handelt, ist auch die derzeitige Gliederung unter diesem Gesichtspunkt zu sehen  : Vertebraten(Wirbeltier)-Sammlung, Osteologische Vergleichssammlung, Evertebraten(Wirbellose)Sammlung, Stratigraphische Sammlung, Lebensspuren, Mikro-Sammlung, Paläobotanische Sammlung sowie eine Typensammlung stellen die wichtigsten Sammlungsthemen dar. Hinzu kommen noch die Bestände der Lehrmittelsammlung, zahlreiches Arbeitsmaterial der einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter, Diplomanden und Dissertanten, Lackfilme, Bohrkerne sowie das Institutsarchiv. Adresse  : Institut für Paläontologie Geozentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Abel, Othenio  : Die paläontologischen Sammlungen des Paläontolo-

Abb 4: Schädel samt Unterkiefer von Hyaena eximia ROTH & WAGNER (Carnivora, Hyaenidae) aus Pikermi (Griechenland), gefunden 1854

gischen und Paläobiologischen Instituts der Universität Wien. In  : Palaeobiologica 2 (1929), S. 270–282. Abel, Othenio  : Die Neuaufstellung der Sammlungen des Paläontologischen und Paläobiologischen Instituts der Universität Wien. In  : Paläontologische Zeitschrift 12 (1930), S. 142–155. Steininger, Friedrich / Thenius, Erich  : 100 Jahre Paläontologisches Institut an der Universität Wien 1873–1973. Wien 1973. Svojtka, Matthias  : Die Trilobitensammlung der Universität Wien  : eine Revision mit Beiträgen zur Stammesgeschichte der Trilobita. Diplomarbeit, Universität Wien 2002. Svojtka, Matthias  : Trilobitensammeln im Dienst von Lehre und Forschung. Ein Beitrag zur Geschichte der Paläontologischen Sammlungen an der Universität Wien im späten 19. Jahrhundert. In  : Mensch – Wissenschaft – Magie. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 25 (2007), S. 161–180. Salvini-Plawen, Luitfried/Svojtka, Matthias  : Fische, Petrefakten und Gedichte  : Rudolf Kner (1810–1869) – ein Streifzug durch sein Leben und Werk. Linz 2008 (= Denisia 24). Svojtka, Matthias/Seidl, Johannes/Steininger, Barbara  : Von Neuroanatomie, Paläontologie und slawischem Patriotismus  : Leben und Werk des Josef Victor Rohon (1845–1923). In  : Mensch – Wissenschaft – Magie. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 26 (2009), S. 123–159. Paläontologische Sammlung 

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Svojtka, Matthias  : Trilobitensammeln im Dienst von Lehre und Forschung. Ein Beitrag zur Geschichte der Paläontologischen Sammlungen an der Universität Wien im späten 19. Jahrhundert. In  : Mensch – Wissenschaft – Magie. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 25 (2009), S. 161–180.

142  ]  Karl Rauscher

Christa Kletter

HISTORISCHE SA MMLUNGEN DES DEPARTMENTS FÜR PHAR M AKOGNOSIE

Das Department für Pharmakognosie beherbergt zwei historische Sammlungen  : eine rund 18.500 Stück umfassende Arzneidrogensammlung und eine pharmaziehistorische Sammlung, bestehend aus rund 2.000 Objekten. Beide Sammlungen dokumentieren sehr eindrucksvoll Arzneimittel sowie Geräte des Apothekenalltags und der Apothekerausbildung früherer Zeiten. Die interessantesten Objekte beider Sammlungen werden in einem eigenen Ausstellungsraum präsentiert und können gegen Voranmeldung im Department für Pharmakognosie besichtigt werden. Arzneidrogensammlung

Das Fach Pharmakognosie beschäftigt sich mit der wissenschaftlichen Untersuchung von biogenen Arzneimitteln, wobei vor allem Arzneidrogen pflanzlichen Ursprungs Forschungsobjekte darstellen. Unter dem Begriff Arzneidroge versteht man im weiteren Sinn alle jene Rohstoffe aus dem Pflanzen- und Tierreich, die zu Arzneimitteln und technischen Produkten weiterverarbeitet werden. Als pflanzliche Arzneidrogen werden getrocknete Teile von Pflanzen sowie alle aus Arzneipflanzen gewonnenen Produkte wie beispielsweise ätherisches Öl, fettes Öl, Harz und Gummi bezeichnet. Tierische Arzneidrogen sind ganze oder getrocknete Teile von Tieren und die aus ihnen gewonnenen Produkte wie etwa Moschus, Fischleim oder Bibergeil. Bis ins 19. Jahrhundert waren Arzneidrogen die wichtigsten Bestandteile von Arzneien und die Kenntnis über Arzneidrogen stellte einen wesentlichen Teil der Apotheker- und Ärzteausbildung dar. Arzneidrogensammlungen wurden damals vorwiegend für den Universitätsunterricht angelegt, dienten aber auch zur Bereitstellung

Abb 1: Kopf einer Mumie (gepulverte Mumie wurde noch im 19. Jahrhundert zur Herstellung von wundheilenden Mitteln und als Pflasterzusatz verwendet), Ägypten, 1892

von Pflanzenmaterial für die Forschung. Das Department für Pharmakognosie beherbergt heute noch eine solche Arzneidrogensammlung, deren Anfänge in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Der Gründer der Sammlung war Karl Damian Schroff (1802–1887), der 1849 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien mit der Lehrkanzel für Allgemeine Pathologie und Pharmakologie betraut wurde und den Auftrag erhielt, eine Vorlesung über Arzneidrogen für die Hörer der Medizin und Pharmazie abzuhalten. 1854 konnte er eine umfangreiche Arzneidrogensammlung von Theodor Martius (1796–1863), Professor für Pharmakognosie in Erlangen, kaufen und somit den Grundstock für die heutige Sammlung legen. Ein historisch interessanter Teil der Sammlung stammt von der wissenschaftlichen Expedition der kaiserlichen Fregatte Novara, die

Historische Sammlungen des Departments für Pharmakognosie 

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Abb 3: Standgefäße aus Porzellan und Holz, mit der Signatur »Ext: Flam: Jov:« bzw. »Pulv. Doveri« aus der k. k. Hofapotheke Wien, 18. Jahrhundert

Abb 2: Chinesische Arzneidroge (Knollen von Pinellia sp.), beigelegt: chinesische Drogenbezeichnung auf Papier, Novara Expedition, 19. Jahrhundert

zwischen 1857 und 1859 einmal die Erde umsegelte und verschiedene Arzneidrogen und Heilmittel, vor allem aus China und Chile, mitbrachte. In der zweiten Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts lag der Schwerpunkt der Wiener pharmakognostischen Forschung in der mikroskopisch-anatomischen Untersuchung pflanzlicher Arzneidrogen, was eine bedeutende Vermehrung der Sammlungsobjekte bewirkte. Einen weiteren Zuwachs erfuhr die Sammlung 1925 durch die Übernahme der umfangreichen Arzneidrogensammlung des Allgemeinen Österreichischen Apothekervereines, die im Jahre 1967 in das Eigentum des Instituts für 144  ]  Christa Kletter

Pharmakognosie überging. 1965 konnte die sogenannte »Berger-Sammlung« eingegliedert werden. Sie bildete die Grundlage für das mehrbändige Handbuch der Drogenkunde von Franz Berger (1909–1965), der als Direktor der kaufmännischen Berufsschule für Drogisten in Wien ein anerkannter Fachmann für Arzneidrogen war. 1989 überließ Professor Tadeus Reichstein (1897–1996) dem Institut für Pharmakognosie eine Sammlung von 340 außereuropäischen Arzneidrogen, vor allem aus Afrika, zur weiteren wissenschaftlichen Verwendung. Tadeus Reichstein war Professor für Pharmazeutische Chemie an der Universität Basel und langjähriger Leiter des Organisch-chemischen Instituts. 1950 erhielt er den Nobelpreis für Medizin für seine Forschungen zu den Hormonen der Nebennierenrinde.Forschungsprojekte über Arzneidrogen der traditionellen tibetischen und traditionellen mongolischen Medizin führten in jüngster Vergangenheit zu einer bedeutenden Erweiterung der Sammlung mit asiatischen Arzneidrogen. Heute gibt es nur mehr wenige solcher Arzneidrogensammlungen. Ohne konservatorische Maßnahmen waren sie sehr anfällig für Tierfraß oder Schimmelbefall. Zudem wurden sie aufgrund des Aufschwungs der synthetisch hergestellten Arzneimittel im 20. Jahrhundert vielfach als historischer Ballast ohne wissenschaftliche

Bedeutung angesehen und entsorgt. Arzneidrogensammlungen sind jedoch nicht nur von historischem Wert, sondern stellen auch heute noch authentisches Vergleichsmaterial für mikroskopische und phytochemische Untersuchungen bereit. Pharmaziehistorische Sammlung

In den Anfängen bestand die Sammlung lediglich aus älteren Beständen des Instituts für Pharmakognosie sowie dem Inventar der früheren Studienapotheke, in welcher Pharmaziestudenten/-innen die Praxis der Arzneiherstellung erlernten. Im Jahre 1977 kam es zu einer umfangreichen Erweiterung der Sammlung, als verschiedene Gerätschaften, pharmazeutische und andere Objekte sowie Bücher und Zeitschriften aus der ehemaligen k. k. Hofapotheke in Wien übernommen wurden. Der Großteil dieser Apothekengeräte datiert aus dem 19. Jahrhundert, verschiedene Standgefäße und Arzneibücher sind jedoch deutlich älter und reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Nach der Schließung der Hofapotheke im Jahre 1991 konnten alle noch vorhandenen historischen Geräte und Objekte in die Sammlung eingegliedert werden. Besonders erwähnenswert sind verschiedene Apparaturen aus dem Laborbereich, die zur großtechnischen Herstellung von Spirituosen und alkoholischen Drogenauszügen dienten. Neben der Hofapotheke haben auch noch andere Institutionen zur Vergrößerung der Sammlung beigetragen. So erhielt die Sammlung 1978 auch einige Gerätschaften aus dem Bestand der ehemaligen Bundesanstalt für ChemischPharmazeutische Untersuchungen in Wien. Verschiedene Gegenstände des Apothekenalltags wurden 1993 aus der Anstaltsapotheke des Allgemeinen Krankenhauses in Wien übernommen. Und auch der Großzügigkeit einiger Privatpersonen sind einige weitere interessante Stücke der Sammlung zu verdanken.

Abb 4: Destillationsapparatur zur Destillation unter vermindertem Druck, aus der k. k. Hofapotheke Wien, 19./20. Jahrhundert

Adresse  : Department für Pharmakognosie Pharmazentrum (UZA II) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Ganzinger, Kurt  : Die Sammlung Martius am Pharmakognostischen Institut der Universität Wien. Pharmazeutische Zeitung 34 (1960). S. 968–972. Hausknost, Marietta  : Die tierischen Drogen der pharmakognostischen Sammlung. In  : Österreichische Apotheker-Zeitung 51 (1976). S. 1002–1006. Hausknost, Marietta  : Die Drogensammlung des Instituts für Pharmakognosie der Universität Wien. In  : Österreichische ApothekerZeitung 37 (1980). S. 680–685. Hausknost, Marietta  : Die Apotheke aus einem Sanitätszug des Malteserordens. In  : Österreichische Apotheker-Zeitung 15 (1984). S. 296–298. Hausknost, Marietta  : Die Sammlung Berger im Institut für Pharmakognosie der Universität Wien. In  : Österreichische Apotheker-Zeitung 12 (1985). S. 244–245. Jurenitsch, Johann/Müller, Claudia/Schneider, Kurt/Kubelka, Wolfgang  : 200 Jahre Pharmakognosie in Wien. Wien 1998. Kletter, Christa  : Die pharmakognostische Sammlung in Wien. Relikt

Historische Sammlungen des Departments für Pharmakognosie 

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einer vergangenen Zeit oder doch mehr  ? In  : 150 Jahre Tschirch – Tschirch 150 ans. Akten des Symposiums der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie zum 150. Geburtstag von Alexander Tschirch. Hg. von François Ledermann und Claudia Zerobin, Schwyz 2007 (= Veröffentlichungen der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie 28). S. 89–102. Renner, Iris  : Dokumentation der Drogensammlung von Prof. Reichstein. Diplomarbeit, Wien 1991.

146  ]  Christa Kletter

Franz Sachslehner

PHYSIKHISTORISCHE SA MMLUNG

Die historische Sammlung der Fakultät für Physik umfasst rund 1.400 physikalische Apparate und Gegenstände aus den Bereichen Mechanik, Wärme, Akustik, Optik, Elektrizitätslehre und Radioaktivität. Die etwa 920 Objekte aus dem ehemaligen II. Physikalischen Institut und die rund 160 Stücke des ehemaligen I. Physikalischen Instituts stammen vor allem aus dem Zeitraum von 1850 bis 1914, mit einer kleinen ergänzenden Sammlung elektrischer Messgeräte aus der Zeit von 1914 bis 1960. Die 317 Gegenstände des ehemaligen Instituts für Radiumforschung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (ab 1955  : Institut für Radiumforschung und Kernphysik, kurz Radiuminstitut) sind aus der Zeit zwischen 1910 und 1960 und sind derzeit als Leihgabe im Museum für Physikgeschichte im ECHoPhysics, Pöllau ausgestellt. Die meisten Objekte sind noch in jenen weiß gerahmten Glaskästen aufge­stellt, die zur Originaleinrichtung des I. und II. Physikalischen Instituts (1913) sowie des Radiuminstituts (1910) gehört haben. Der bereits 1554 an der Universität Wien gegründeten Lehrkanzel für Physik wurde 1715 von den Jesuiten das sogenannte »Physikalische Cabinet« beigestellt, das Werkzeuge, Maschinen und physikalische Geräte bereitstellte, um den Unterricht anschaulich zu gestalten. Im Jahre 1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben und das »Physikalische Cabinet« ging in den Besitz der Universität über. Dieses Jahr markiert daher den eigentlichen Beginn der Sammlung physikalischer Instrumente an der Universität Wien. Von den in der ersten bekannten Inventarliste aus dem Jahr 1817 verzeichneten Objekten sind vermutlich nur mehr ein bis zwei Stücke erhalten, wie beispielsweise eine Archimedische Schnecke. Andreas Baumgartner (1793–1865), der von 1823 bis 1832 die Lehrkanzel für Physik innehatte und gleichzeitig für

Abb 1: Aräometer von Wilhelm Gintl, Wien 1830

das »Physikalische Cabinet« zuständig war, veräußerte viele veraltete Geräte und erneuerte den Bestand grundlegend. So stammen etwa sechs Aräometer mit der Aufschrift »… für das k. k. physikalische Museum verfertigt von Wilhelm Gintl 1830« und ein Plößl-Fernrohr aus dem Jahr 1832 aus dieser Periode. Mit der Reform des Studienwesens im Jahr 1848/49 wurde es notwendig, mehr Physiklehrer auszubilden. Im Jahre 1850 gründete man daher das Physikalische Institut, zu dessen Leiter der Mathematiker und PhyPhysikhistorische Sammlung  

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Abb 2: Großes Refraktionsgoniometer nach Mitscherlich, August Oertling, Berlin, 1858

siker Christian Doppler (1803–1853) ernannt wurde. Lehrkanzel und Physikalisches Institut sollten das »Physikalische Cabinet« gemeinsam nutzen. Da in den Universitätsräumen wegen der Unruhen im Jahre 1848 Einheiten des Militärs einquartiert waren, erhielt Doppler 1851 für sein Institut ein Ausweichquartier in Wien-Erdberg, Landstraße 104. Ein Großteil der Objekte aus dem »Physikalischen Cabinet« übersiedelte in diese Räumlichkeiten, darunter die auch heute noch vorhandenen Mikroskope der Firma Plößl. Unter Dopplers Nachfolger, Andreas von Ettings­hausen (1796–1878), wurde im Jahre 1858 das große Refraktionsgoniome148  ]  Franz Sachslehner

ter nach Eilhard Mitscherlich (1794–1863) erworben, welches heute neben diversen Spektralapparaten ein Glanzstück der Sammlung ist. Ab 1866 war Josef Stefan (1835–1893) als Vorstand des Instituts in Wien-Erdberg tätig. Zu den wichtigen Sammlungsstücken aus seiner Ära gehören seine Originalapparate zur Messung der Wärmeleitfähigkeit von Gasen (1872) und der Diffusion zwischen Säuren und Basen sowie der Heliostat nach Stampfer (1867). Das durch Absiedlung Dopplers geschwächte »Physikalische Cabinet« erholte sich erst wieder ab 1865, als Viktor von Lang (1838–1921) die Leitung der Lehrkan-

Abb 3: Kunstvolle Figur aus Glimmer zur Demonstration der Doppelbrechung im polarisierten Licht: a) parallele, b) gekreuzte Polarisationsfilter, England, um 1900

zel für Physik übernahm und das »Physikalische Cabinet« in Abgrenzung zum »Physikalischen Institut« zum Überbegriff von Lehrkanzel und einstmaligem »Cabinet« wurde. 1875 wurden sowohl das »Physikalische Cabinet« als auch das Physikalische Institut aufgrund baulicher Mängel und örtlicher Abgelegenheit nach Wien 9, Türkenstraße 3 übersiedelt. Gleichzeitig wurde hier, um den zunehmenden Forschungsbedarf im Bereich der Physik abzudecken, das sogenannte »ChemischPhysikalische Laboratorium« gegründet und zu dessen erstem Vorstand Josef Loschmidt (1821–1895) ernannt. 1902 wurden die drei Physikinstitute in der Türkenstraße neu organisiert  : Aus dem Physikalischen Institut ging das Institut für Theoretische Physik, aus dem »Physikalischen Cabinet« das I. Physikalische und aus dem ehemaligen »Chemisch-Physikalischen Laboratorium« das II. Physikalische Institut hervor. Das experimentelle Inventar des ehemals von Doppler, Ettingshausen, Stefan und zuletzt von Ludwig Boltzmann (1844–1906) geleiteten Physikalischen Instituts wurde damit auf das neu benannte I. und II. Physikalische Institut aufgeteilt.

Im Jahr 1913 übersiedelten alle drei Institute aus der Türkenstraße in den lang ersehnten Neubau in Wien 9, Boltzmanngasse 5/Strudlhofgasse 4, nachdem es bereits 1910 aufgrund einer Stiftung des Förderers Carl Kupelwieser (1841–1925) zur Eröffnung des Instituts für Radiumforschung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in der Boltzmanngasse 3 gekommen war. Diese weltweit erste eigene Einrichtung für Radiumforschung wurde 1955 durch die Gründung einer Lehrkanzel für Kernphysik an der Universität zum vierten Physikinstitut. Aus diesen vier Instituten ging 2004 die Fakultät für Physik hervor. Im Jahr 2007 wurde die Institutsstruktur durch Arbeitsgruppen ersetzt. Rund 600 Objekte des ehemaligen I. und II. Physikalischen Instituts wurden zur Durchführung von Experimenten und Demonstrationen in Vorlesungen angeschafft, wie beispielsweise die Chladni’schen Klangfiguren, der Induktionsversuch, das Barlow’sche Rad, das Waltenhofen’sche Pendel, die Wheatstone-Brücke, die Newton-Ringe oder das Michelson-Interferometer. Sie alle werden großteils auch heute noch im Rahmen von Physikhistorische Sammlung  

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Weiterführende Literatur  : Karlik, Berta/Schmid, Erich  : Franz Serafin Exner und sein Kreis. Ein Beitrag zur Geschichte der Physik in Österreich. Wien 1982 (= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Band 40). Bittner, Lotte  : Geschichte des Studienfaches Physik an der Wiener Universität in den letzten hundert Jahren. Dissertation, Universität Wien 1949.

Abb 4: Hipp’sches Chronoskop, Peyer Favarger & Cie., Neuchâtel Suisse, 1897

Lehrveranstaltungen vorgeführt. Bei den übrigen Objekten, auch jenen des Radiuminstituts, handelt es sich hingegen in der Regel um veraltete oder ausgediente Forschungsgeräte. Sofern sie in Wien aufbewahrt sind, werden sie aus didaktischen oder historischen Gründen den Studierenden gerne gezeigt, so etwa das Hipp’sche Chronoskop, die Spiegelgalva­nometer, die Refraktometer nach Abbe und Pulfrich sowie die Spektral- und Polarisationsapparate. Adresse  : Fakultät für Physik Experimentelle Grundausbildung Physik Strudlhofgasse 4 1090 Wien

150  ]  Franz Sachslehner

Irene Lichtscheidl

SA MMLUNGEN DES EHEM ALIGEN INSTITUTS FÜR PFL ANZENPHYSIOLOGIE

Das ehemalige Institut für Pflanzenphysiologie war das erste seiner Art weltweit. Der erste Lehrstuhl wurde 1849 für den Botaniker und Pflanzenphysiologen Franz Unger (1800–1870) eingerichtet. Die Unterrichtsmöglichkeiten waren damals äußerst bescheiden, da sich die Räumlichkeiten auf die private Wohnung von Unger und einige Räume des Gymnasiums in der Wasagasse im 9. Wiener Gemeindebezirk beschränkten. Erst unter seinem Nachfolger, Julius von Wiesner (1838–1916), übersiedelte das Institut in den zweiten Stock des 1884 fertiggestellten neuen Universitätshauptgebäudes auf der Ringstraße und hatte erstmals ausreichend Platz, um angemessen Lehre und Forschung betreiben zu können. Ab diesem Zeitpunkt wurde eine umfangreiche Lehrund Schausammlung mit Modellen, Wandtafeln und fossilen Pflanzen angelegt. Die Wandtafeln über Struktur und Funktion der Pflanzen wurden damals in den Institutsräumen aufgehängt und werden zum Teil bis heute in den pflanzenanatomischen Übungen verwendet. Sie ermöglichen zusätzlich zu den elektronischen Präsentationsmöglichkeiten eine Veranschaulichung von Informationen zu mikroskopischen Präparaten und reichen teilweise bis in die Zeit um 1900 zurück, wie etwa jene von Carl Ignaz Leopold Kny (1841–1916). Darüber hinaus wurden im Unterricht auch botanische Modelle aus Holz, Wachs oder Gelatine gebraucht, die jedoch nur noch in geringer Zahl erhalten sind. Der Botaniker und Mikroskopiker Ferdinand Pfeiffer von Wellheim (1859–1935) erforschte Algen und entwickelte dazu ein eigenes Fixiergemisch, das als »Pfeiffer’sche Lösung« bis heute in der Algenforschung verwendet wird. Seine seriellen botanischen (Stereo-)bilder waren damals über den Buchhandel käuflich erhältlich. Seine Präparatesammlung gelangte an das Institut für Pflanzenphysiologie und

Abb 1: Modell einer auf einem Stamm parasitierenden Cuscuta (Kleeseide), Breslau, um 1875

das Botanische Institut der Universität Wien sowie an die Botanische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien. Die Stereoaufnahmen erfolgten nach einer von Ferdinand Gebhardt (Lebensdaten unbek.) entwickelten Methode und nach dem Prinzip einer Schiebekassette von Zeiss. Diese Methode wurde durch die

Sammlungen des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie 

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Abb 2: Stereobilder in eigenem Betrachtungsgerät, Raumbild-Verlag, um 1930

Verwendung einer Kassette, die die Teilaufnahmen auf ein und derselben lichtempfindlichen Platte in richtiger Entfernung und Lage erlaubte, modifiziert und für die Praxis bequemer gestaltet. Die Präparate und Mikrofotografien wurden unter anderem am 2. Internationalen Kongress für Botanik in Wien 1905 ausgestellt. Die zehn Algenpräparate und das eine Pappelblatt zwischen Glasdiaplatten, die am Institut erhalten sind, stammen aus jener Zeit. Ob sie aber tatsächlich von Pfeiffer von Wellheim selbst gemacht wurden, konnte noch nicht festgestellt werden. Darüber hinaus befinden sich noch 55 Bilder und 76 Stereobilder von Pflanzen und ihren mikroskopischen Schnitten sowie von Algen im Mikroskop in der Sammlung, die aber etwas jüngeren Datums 152  ]  Irene Lichtscheidl

sind. Abschließend sei auf das umfangreiche Bildmaterial der ehemaligen Lehrsammlung hingewiesen. Aus der Zeit um 1900 sind 131 Stück (Mikro-)Fotografien auf Glasplatten und Papier von Pfeiffer von Wellheim, 22 autochrome Pflanzen- und Landschaftsbilder aus den 1930er-Jahren und eine fotografische Reise durch die Welt des beginnenden 20. Jahrhunderts in 87 eindrucksvollen stereoskopischen Bildern erhalten (»School Room Travel«). Bei Letzterer werden die Bilder mittels einer optischen Stereobrille betrachtet, wodurch ein dreidimensionaler Bildeindruck entsteht. Im Zuge eines Digitalisierungsprojektes wurden die Autochrome und die originalen Mikrofotografien digitalisiert und in eine universitätsweite Datenbank eingegeben.

Außerdem sind rund 30 Instrumente und Geräte erhalten, die neben ihrer historischen Bedeutung teilweise auch didaktisch von Interesse sind. Zu den ältesten Mikroskopen gehört das Jugendmikroskop von Julius von Wiesner  : ein Nürnberger Holzmikroskop aus Holz, Pappe und Leder mit 3-beinigem Stativ. Das große Messingmikroskop von Franz Unger wurde von der Firma Plößl um 1855 in Wien gebaut und ist mit Präparierwerkzeug ausgestattet. Das Kältemikroskop von Hans Molisch (1856–1937) ist eine Spezialanfertigung aus den 1920er-Jahren und diente der erstmaligen Beobachtung von Kältereaktionen von Pflanzen. Die Entwicklung der Lichtmikroskopie lässt sich anhand von Mikrotomen, Fotoapparaten und Mikroskopen der Firmen Reichert, Zeiss und Leitz aus den 1930er- bis 1960er-Jahren nachvollziehen. Zur Analyse des Pflanzenwachstums wurden Auxanometer verwendet, Instrumente, die Bewegung von Pflanzen sichtbar machen. Entweder auf einer mit Russ geschwärzten Trommel (»Trommelauxanometer« aus der Zeit zwischen 1900 und 1914) oder durch Reflexion eines Lichtstrahls mittels eines kleinen Spiegelchens auf eine Wand (»Spiegelauxanometer«, wurde bis in die 1980erJahre in der Vorlesung verwendet). Weitere Geräte, die in Lehre und Forschung verwendet wurden, waren Psychrometer, Torsionswaagen und mikrobiologische Apparaturen. Im Zuge eines Schulpraktikums vom Department für Cell Imaging und Ultrastrukturforschung mit der Forschungsförderungsgesellschaft im August 2008 wurde ein Teil dieser Geräte von Institutsmitarbeitern gemeinsam mit Schülern dokumentiert und teilweise animiert. Die Dokumentation der Geräte erforderte eine intensive Auseinandersetzung der Schüler mit den verschiedenen Techniken, die in der Biologie verwendet werden und wurden. Daher kam der Entschluss, diese Techniken in kurzen Filmen zu dokumentieren und eine Website zum Thema »Techniken in der Biologie« zu gestalten. Diese Seite umfasst die Techniken der mikroskopischen Präparation und der Mikrotomie sowie die Messung des Wasserhaushalts von Pflanzen.

Abb 3: Jugendmikroskop von Julius von Wiesner: Trommelmikroskop mit einfachem Objektiv und einfachem Okular, 18. Jahrhundert

Eine Auswahl der Instrumente ist in Glasvitrinen im Gang des Biozentrums ausgestellt und illustriert in einer Vitrine das Thema »Mikroskopie einst und heute« und in einer zweiten Vitrine die »Geschichte des Instituts für Pflanzenphysiologie«. Die Geräte können nach vorheriger Vereinbarung für wissenschaftliche Zwecke besichtigt oder für den Unterricht entliehen werden.

Sammlungen des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie 

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Abb 4: Trommelauxanometer zur Messung der Wachstumsgeschwindigkeit von Pflanzen, Eigenkonstruktion des Instituts für Pflanzenphysiologie, vor 1914

Adresse  : Core Facility für Cell Imaging und Ultrastrukturforschung Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Links  : Virtuelle Ausstellung der Objekte  : http  ://www.univie.ac.at/ciusweb/ Sammlung/$_sammlung.html http  ://cius.univie.ac.at/ci-main/ci-links/

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Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Verhandlungen des Internationalen botanischen Kongresses in Wien 1905. Actes du Congrès internationale de botanique tenu à Vienne (Autriche), Jena 1906. Pfeiffer-Wellheim, Ferdinand  : Über Stereoaufnahmen. In  : Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie und für mikroskopische Technik 30 (1913), S. 1–28.

Irene Lichtscheidl

SA MMLUNG PFL ANZLICHER ROHSTOFFE DES EHEM ALIGEN INSTITUTS FÜR PFL ANZENPHYSIOLOGIE

Julius von Wiesner (1838–1916) zählt zu den Begründern der Material- und Rohstoffkunde. Vor seiner Tätigkeit an der Universität Wien als ordentlicher Professor für Anatomie und Physiologie der Pflanzen war er am k. k. Polytechnischen Institut (heute  : Technische Uni-

versität Wien) und an der k. k. Forstakademie in Mariabrunn (heute  : Universität für Bodenkultur Wien) in derselben Funktion tätig. Von seinen vielen wissenschaftlichen Publikationen und Büchern, beispielsweise über die technische Verwendung von Gummi und

Abb 1: Teil der von Julius von Wiesner im Zuge seiner Forschungsreisen angelegten Samensammlung, um 1875

Sammlung pflanzlicher Rohstoffe des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie 

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Harzen, ist vor allem sein 1873 veröffentlichtes Werk »Rohstoffe des Pflanzenreiches« hervorzuheben, das sich für die wissenschaftliche technische Rohstofflehre als bahnbrechend erwies und bis in die 1960er-Jahre immer wieder neu aufgelegt wurde. Am ehemaligen Institut für Pflanzenphysiologie sind Protokolle und Bilder von Wiesners Lehr- und Forschungstätigkeit sowie von seinen Reisen archiviert. Auch sind die Gäste und Besucher seines intensiven internationalen wissenschaftlichen Austausches im sogenannten »Goldenen Buch«, dem Gästebuch des Instituts, dokumentiert. Zum Zweck der Forschung und als Anschauungsmaterial sammelte Wieser auf seinen zahlreichen Forschungsreisen Hölzer, Harze und Fasern und legte damit die Basis für die heutigen Sammlungen, die am Department für Molekulare Systembiologie aufbewahrt werden. Die Sammlung umfasst über 3.700 Exemplare, deren älteste aus den 1870er-Jahren stammen. Sie ist in Form eines Zettelkatalogs mit Namen des Holzes und, wo bekannt, Datum und Provenienz erfasst und wird zurzeit digital erfasst. Weitere rund 150 Exemplare von Fasern, Gummi, Harzen und Gallen aus der Zeit zwischen 1865 und 1918 werden in Standgefäßen und Schachteln aufbewahrt. Sie sind weder durchgesehen noch aufgearbeitet, aber ein erster Blick zeigte beispielsweise Harze, die im Zuge der Novara-Expedition in den Jahren 1857–59 gesammelt und ans Institut abgegeben wurden. Adresse  : Department für Molekulare Systembiologie Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Wiesner, Julius von  : Die Rohstoffe des Pflanzenreiches – Versuch einer technischen Rohstofflehre des Pflanzenreiches. Leipzig 1873. Wiesner, Julius von  : Die technisch verwendeten Gummiarten, Harze und Balsame. Erlangen 1896.

156  ]  Irene Lichtscheidl

Manfred Bobrowsky

VIDEOARCHIV DES INSTITUTS FÜR PUBLIZISTIK- UND KOMMUNIK ATIONSWISSENSCHAF T

Entgegen der früher weit verbreiteten Auffassung, die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sei eine reine »Bleistiftspitzerwissenschaft«, also eine Wissenschaftsdisziplin, die nur Papier und Bleistift für ihre Arbeit benötigt, ist dieses Fach eine der interessantesten Teildisziplinen der Sozialwissenschaften. Zu den Inhalten dieses Fachgebietes gehören sämtliche Facetten des Journalismus, aber auch Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Informationstechnologien. Dabei werden unter anderem auch audiovisuelle Medien und Inhalte untersucht und analysiert – historisch wie gegenwartsbezogen. Ausgangspunkt für das Videoarchiv waren einige Video2000- und U-matic-lowband-Kassetten von ehemaligen Institutsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Die eigentliche Gründung fand im Jahre 1986 durch den Autor dieses Beitrags statt. Mittlerweile enthält das Archiv über 400 VHS-Kassetten und DVDs mit etwa 700 Beiträgen und rund 40.000 Minuten Spielzeit. Seit einiger Zeit fungiert die DVD als ausschließlicher Datenträger. Das Archiv setzt sich aus Fernsehaufzeichnungen, zugekauften VHS-Kassetten und Produktionen von Studierenden zusammen, wobei die TV-Aufzeichnungen den überwiegenden Teil ausmachen und meist vom Autor privat aufgezeichnet wurden. Themenschwerpunkte der Sammlung sind Werbung, Journalismus, Nationalsozialismus, Oral-History/Zeitzeugenberichte, Kabarett, Journalismus im Film und Talkshows. Einen besonderen Bereich bilden die Oral History-Video-Dokumentationen aus der Zeit von 1988 bis 1996. Dabei handelt es sich um Produktionen, die im Rahmen eines Lehrveranstaltungsprojekts angefertigt wurden, das acht Jahre lang unter der Leitung des Verfassers mit Studierenden durchgeführt wurde. Als Ergebnis dieses Projekts sind rund 50 Dokumentationen und zwei Buchver-

Abb 1: Eigenproduktionen von Studierenden am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft

öffentlichungen entstanden, die das Wirken bekannter und unbekannter Österreicherinnen und Österreicher darstellten, die im Zweiten Weltkrieg publizistisch oder künstlerisch im Widerstand tätig waren. Auf jeder Kassette befinden sich meist zwei oder drei Beiträge, die sowohl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch von Studierenden, aber auch von institutsfremden Personen entliehen werden können. Die Aufnahmen werden vor allem für Lehrveranstaltungszwecke verwendet. Darüber hinaus nimmt die Sammlung aber auch die wichtige Aufgabe der historischen Dokumentation wahr. Einen bedeutenden Teil der Sammlung stellen die institutseigenen Videoproduktionen dar, die auf einer eigenen Website in einem elektronischen Verzeichnis aufgelistet und abrufbar sind.

Videoarchiv des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft  

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Abb 2: Ein Teil des Archivmaterials ist auch noch in Form von VHS-Kassetten vorhanden

Adresse  : Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Währinger Straße 29 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Bobrowsky, Manfred  : Videographische Erinnerungen. Die ungeschriebenen Lebensgeschichten. In  : Geschichte spüren. Österreichische Publizisten im Widerstand. Hg. von Manfred Bobrowsky. Wien 1990. Schreiben im Widerstand. Österreichische Publizisten 1933–1945. Hg. von Manfred Bobrowsky. Wien 1993.

158  ]  Manfred Bobrowsky

Michael Zach

SUDANARCHÄOLOGISCHE SA MMLUNG

Der Sudan gehört zu den archäologisch am besten erforschten Regionen der Welt. Seine monumentalen antiken Stätten wurden ab 1820/21, den Jahren der turko-ägyptischen Besetzung des Landes, von Europäern entdeckt und dokumentiert. Sie entstammen der Periode des Reiches von Kusch, das sich mit seinen politischen und religiösen Zentren Napata und Meroe als afrikanische Supermacht vom 9./8. vor- bis zur Mitte des vierten nachchristlichen Jahrhunderts über das Mittlere Niltal erstreckte. Zwischen 715 und 664/656 v. Chr. war auch Ägypten Teil des Reiches, wo die Herrscher von Kusch als 25. Dynastie, die sogenannten »schwarzen Pharaonen«, regierten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden die ersten organisierten Grabungen statt, die nicht nur die Region südlich des zunächst bei Aswan konzipierten Staudamms betrafen, sondern sich auch auf die antike Metropole Meroe erstreckten. Die archäologischen Aktivitäten erfuhren mit der Erhöhung des Damms und der damit einhergehenden U N E S C O -Kampagne zur Rettung der nubischen Altertümer ab 1960 eine neue Qualität, indem erstmals internationale Missionen koordiniert an einer umfangreichen Erschließung der Fundstätten im Gebiet des ehemals nördlichen Teils des meroitischen Reiches beteiligt waren. Daraus entwickelte sich schließlich die wissenschaftliche Teildisziplin der Meroitistik, deren Forschungsergebnisse in regelmäßigen internationalen Fachkonferenzen präsentiert werden. In Anerkennung der österreichischen Verdienste wurde die 11. Internationale Meroitistenkonferenz vom Institut für Afrikawissenschaften 2008 in Wien organisiert. Die Geschichte des Sudan im 19. Jahrhundert zeigt bemerkenswerte Verbindungen mit Österreich, da viele Reisende aus dem Gebiet der ehemaligen Donaumonarchie (sei es in »offiziellem« Auftrag der Kolonialmacht

Abb 1: Pyramide Nummer 19 von Begrawiya Nord, Meroe

Ägypten, als Missionare, Diplomaten oder Abenteurer) das Land besuchten und viele von ihnen in ihren Aufzeichnungen Beschreibungen der Relikte Meroes hinterließen. Darüber hinaus stand der Sudan (neben Äthiopien) in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt der kolonialen Interessen Österreichs, die nur aufgrund der sich drastisch ändernden politischen Verhältnisse in Europa nicht finalisiert wurden. Die spätere Sudanarchäologische Sammlung  

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Abb 2: Sammlung von Keramikfunden aus dem Mittleren Niltal

Auseinandersetzung Österreichs mit der meroitischen Kultur verlagerte sich auf die Tätigkeit archäologischer Missionen, deren erste 1911/12 unter der Leitung des Ägyptologen und späteren Gründers des Instituts für Ägyptologie an der Universität Wien, Hermann Junker (1877–1962), den im ägyptischen Teil Nubiens gelegenen Friedhof von Arminna (Ermenne) betraf. Die im Zuge der U NE SC O -Kampagne zur Rettung der nubischen Altertümer in Sayala durchgeführten Grabungen erbrachten wertvolle Ergebnisse zur spätmeroitischen Periode Nubiens. Nach der Trennung der Afrikanistik (heute Afrikawissenschaften) von der Ägyptologie im Jahr 1978 entwickelte sich im neu gegründeten Institut für Afrikawissenschaften ein Forschungsschwerpunkt zur Meroitistik, 160  ]  Michael Zach

der in der Gründung des internationalen Fachperiodikums »Beiträge zur Sudanforschung« und einer begleitenden Monografienreihe, der »Beihefte«, resultierte. Ab 1985 durchgeführte Feldforschungen im Sudan, die unter anderem Materialien für zwei vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung geförderte Projekte zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Meroes erbrachten, ermöglichten eine umfassende Fotodokumentation meroitischer Fundplätze sowie den Aufbau einer kleinen archäologischen Sammlung. Die sudanarchäologische Sammlung umfasst mehr als 350 Oberflächenfunde, die an verschiedenen Orten im Mittleren Niltal gesammelt wurden. Die Fundobjekte konnten mit der Genehmigung der Sudanesischen Altertümerverwaltung an die Universität Wien gebracht

werden und finden hier unter anderem im Lehrbetrieb Verwendung. Dabei handelt es sich in erster Linie um Keramikscherben und Kleinfunde wie etwa Pfeilspitzen, Reibsteine und Fayenceobjekte. Sie stammen aus verschiedensten Epochen der sudanesischen Geschichte und datieren vom Neolithikum bis zum Spätmittelalter. Gleichzeitig dokumentieren sie Aspekte des Kunsthandwerks wie auch des Alltagslebens in anschaulicher Form. Der Bestand erfuhr durch eine Schenkung von Fundstücken aus dem saharanischen Raum, die für Vergleichszwecke herangezogen werden können, eine Erweiterung. Ergänzt wird die Sammlung durch eine Dia- und Fotothek mit etwa 4.000 Diapositiven sowie rund 1.500 Schwarz-Weiß-Negativen, die insbesondere die bedeutendsten archäologischen Stätten des Sudan dokumentieren. Weiters beinhaltet sie Abbildungen von sudanarchäologischen Sammlungsbeständen, die sich aus eigenen Aufnahmen und offiziellen Museumsbildern zusammensetzen. Seit Herbst 2005 werden die Diapositive kontinuierlich digitalisiert, um sie zukünftig in Form einer Onlinedatenbank zugänglich zu machen. Außerdem wird die Sammlung laufend durch eigene digitale Aufnahmen von relevanten Sammlungsbeständen sowie Feldfotos erweitert, die von internationalen Missionen im Rahmen aktueller Grabungsaktivitäten angefertigt werden. Gegenwärtig umfasst diese Dokumentation etwa 3.000 digitalisierte Abbildungen. Die Bestände beider Sammlungsteile dienen jedoch nicht nur dem Einsatz in der Lehre, sondern auch der Forschung. So wurden diverse archäologische Objekte und Fotos bereits im Rahmen wissenschaftlicher Studien publiziert. Weiters besteht an den digitalisierten Diapositiven internationales Interesse, da sie nicht nur bislang unbekannte ikonografische Details, sondern auch den Erhaltungszustand der archäologischen Stätten im Sudan Mitte der 1980er-Jahre dokumentieren. Die Sammlung ist vollständig inventarisiert und kann nach Vereinbarung besichtigt werden. Ebenso steht der fotografische Bestand (mit Ausnahme der Aufnahmen mit rechtlichen Beschränkungen) zur Veröffentlichung in wissenschaftlichen Studien zur Verfügung.

Abb 3: Der dem meroitischen Gott Apedemak geweihte Löwentempel von Naqa

Adresse  : Institut für Afrikawissenschaften Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 5 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Hofmann, Inge/Tomandl, Herbert  : Unbekanntes Meroe, Beiträge zur Sudanforschung. Beiheft 1, Wien/Mödling 1986. Junker, Hermann  : Ermenne. Bericht über die Grabungen der Akademie der Wissenschaften in Wien auf den Friedhöfen von Ermenne (Nubien) im Winter 1911/12, Wien 1925. Zach, Michael  : Die gestempelte meroitische Keramik, Beiträge zur Sudanforschung 3, Wien/Mödling 1988, 121–150. Zach, Michael  : Meroe  : Mythos und Realität einer Frauenherrschaft im antiken Afrika. In  : Nachrichten aus der Zeit. Ein Streifzug durch die Frauengeschichte des Altertums Hg. von Edith Specht, Wien 1992, 73–114. Sudanarchäologische Sammlung  

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Abb 1: Dieser heute als Hörsaal genutzte Raum in der Wiener Hofburg wurde 1943 als Ausstellungs-Raum ausgestattet, um den Lehrbetrieb mit Ausstellungsmaterial zu begleiten, R 4901/13567 Bundesarchiv Berlin

162  ]  Birgit Peter

Birgit Peter

THEATERHISTORISCHES ARCHIV

Als im Mai 1943 das Zentralinstitut für Theaterwissenschaft (heute  : Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft) seinen Lehr- und Forschungsbetrieb unter der Leitung des Literaturwissenschaftlers Heinz Kindermann (1894–1985) aufnahm, wurde bereits mit dem Aufbau von Sammlungen begonnen. Die 3.000 Bände umfassende Privatbibliothek des deutschen Schauspielers Gustav Richard Busch (1857–1918), die Kindermann als Leihgabe des Germanistischen Instituts von der Universität Münster mitgebracht hatte, bildete den Grundstock der neuen Institutsbibliothek. Parallel dazu suchte er um Sonderdotationen beim Reichserziehungsministerium an, um über Antiquariate theaterhistorische Sammlungen anzukaufen. Mit Ausnahme der aus rund 3.000 Stückdrucken in 706 Bänden bestehenden Theaterbibliothek Pálffy, die von mehreren Mitgliedern der Familie Pálffy von Erdöd ab Mitte des 18. Jahrhunderts zusammengestellt worden war, sowie einer Sammlung von Stichen des Theaterarchitekten und Bühnenbildners Ludovico Burnacini (1636–1707) gibt es keine Nachweise der getätigten Ankäufe. Überhaupt konnten bisher keine Inventarbücher oder Listen der Sammlungsobjekte zwischen 1943 und 1945 aufgefunden werden. Es liegen lediglich Korrespondenzen im Universitätsarchiv sowie im Österreichischen Staatsarchiv vor, auf deren Grundlage vor einigen Jahren mit der Bibliotheks- und Sammlungsgeschichte des Instituts für Theater-, Filmund Medienwissenschaft begonnen wurde. Erste Ergebnisse flossen unmittelbar in die im Jahr 2008 am Institut gezeigte Ausstellung »Wissenschaft nach der Mode«  ? Die Gründung des Zentralinstituts für Theaterwissenschaft an der Universität Wien ein. Obwohl es eine von Kindermanns Nachfolger Eduard Castle (1875–1959) publizierte Auflistung der Sammlungsbestände vom Juli 1945 gibt, konnten bis heute nicht alle darin ange-

Abb 2: Die Bibliotheksräumlichkeiten des Zentralinstituts, Mai 1943

führten Objekte wiedergefunden werden. Auch in den Jahren nach 1945 wurde weiter gesammelt, allerdings existieren auch hier in den seltensten Fälle Provenienzvermerke, Ankaufssummen oder Schenkungsurkunden. Die Sammlungen wurden wohl in erster Linie als Schenkungen erworben und von der Institutsleitung als Forschungsapparat genutzt. Bei den gegenwärtigen Beständen des theaterhistorischen Archivs handelt es sich um Sammlungen von Zeitungsausschnitten, Theaterzetteln und Theaterprogrammen, welche sich unter der Bezeichnung der Sammlungsschwerpunkte »Europäisches Theater der Gegenwart« und »Kriegstheater« in der Korrespondenz Kindermanns mit diversen Theaterleitern des Deutschen Reiches nachweisen lassen. Weiters konnten lange Zeit nur einige wenige Mappen des einstigen Bildarchivs wiedergefunden werden, die Porträts von Schauspielerinnen und Schauspielern in Form von Stichen und Fotografien beinhalteten. Erst im Mai 2011 wurden die Theaterhistorisches Archiv 

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Abb 3: Im Jahr 2008 aufgefundene Schachtel mit Karteikarten zu einem 1943/44 angelegten Zeitungskritikenarchiv

noch fehlenden Bestände in Zusammenarbeit mit der Provenienzforscherin Christina Gschiel entdeckt, identifiziert und ans Institut zurückgebracht. Bestände aus dem 1943 von der Stadt Wien angekauften und dem damaligen Zentralinstitut für Theaterwissenschaft übergebenen Theaterarchiv Alfred Leuschke (Lebensdaten unbekannt) sowie aus dem Zensurarchiv von Heinrich Hubert Houben (1875–1935) sind ebenfalls vorhanden. Darüber hinaus beinhaltet das Archiv Materialien zur Filmwissenschaft aus den Jahren 1943 bis 1945, die 2009 und 2010 im Zuge eines Forschungsprojekts mit Beständen des Universitätsarchivs verglichen und erschlossen wurden. Auch Archivalien anderer Institutionen fanden sich am Institut. So wurde im Jahre 2007 ein umfangrei164  ]  Birgit Peter

cher Bestand aus der Sammlung von Louise Dumont (1862–1932) und Gustav Lindemann (1872–1960) gefunden. Anlässlich der von Heinz Kindermann kuratierten Europäischen Theaterausstellung im Wiener Künstlerhaus 1955 kamen diese wertvollen Korrespondenzen vermutlich ans Institut, wo sie 60 Jahre verblieben, ehe sie 2007 wiedergefunden und ans Dumont-LindemannArchiv der Stadt Düsseldorf (Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf ) zurückerstattet wurden. Auf korrekte Weise hingegen kam der umfangreiche Teilnachlass des Schriftstellers und Theaterleiters Alfred Freiherr von Berger (1853–1912) als Schenkung seiner Nichte, der Dichterin Gisela Berger (1879–1960), ans Institut. Darin findet sich auch der Teilnachlass von Bergers Frau, der Burgschauspielerin Stella Hohenfels

(1857–1920). Die Wiener Theater- und Kabarettleiterin Stella Kadmon (1902–1989) überließ diverse Materialien ihrer Theaterarbeiten in Wien, Palästina und Israel dem Institut. Ebenfalls zu erwähnen ist ein Teil des ehemaligen Max-Reinhardt-Archivs Salzburg, die Nachlässe beziehungsweise Teilnachlässe von Gemma Boić (1883–1914), Hans Weigel (1908–1991), Richard Flatter (1891–1960), Heinrich Glücksmann (1864– 1947), Berta Zuckerkandl (1864–1945), Alfred Zohner (1903–1967), Max Mell (1882–1971), Max Paulsen (1876–1956), Materialsammlungen zu Eleonore Duse (1858–1924), Josef Kainz (1858–1910), Oskar Werner (1922–1985), Leon Epp (1905–1968) sowie Bestände aus dem Deutschen Volkstheater, dem Wiener Carltheater und dem Theater in der Josefstadt. Der ebenfalls vorliegende und äußerst umfangreiche Bestand des »Wiener Dramatischen Zentrums« wird zurzeit im Zuge eines von der Akademie der Wissenschaften geförderten Dissertationsprojektes aufgearbeitet. Zuletzt sei noch auf die dreidimensionalen Objekte, die Plastiken und Masken hingewiesen. Jene Bühnenbildmodelle, die 1943/44 als Anschauungsobjekte am Zentralinstitut ausgestellt waren, konnten jedoch bislang noch nicht wiederaufgefunden werden. Adresse  : Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Hofburg, Batthyanystiege 1010 Wien

Abb 4: Josef Kainz als Hamlet von Sandor Járay (1870–1928), Gipsabguss des Entwurfs für das Kainz-Denkmal in Wien-Währing

Weiterführende Literatur  : Eduard Castle  : DENKSCHRIFT zu der Frage über die Erhaltung des Zentralinstituts für Theaterwissenschaft in Wien. In  : Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1945/46. Wien 1946, S. 234–241. Wissenschaft nach der Mode  ? Die Gründung des Zentralinstituts für Theaterwissenschaft an der Universität Wien. Hg. von Birgit Peter und Martina Payr. Wien 2008.

Theaterhistorisches Archiv 

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Klemens Gruber, David Krems

INTER MEDIALES BILDARCHIV DES INSTITUTS FÜR THEATER-, FIL M - UND MEDIENWISSENSCHAF T

Ich gehe jeden Tag ins Theater. Walter Benjamin, 1925

Die Bedeutung einer wissenschaftlichen Bildersammlung lässt sich nicht an rein quantitativen oder auch archivarischen Kriterien messen, sondern besteht vor allem in ihrer konzeptionellen Ausrichtung. Die Umbenennung des ehemaligen Instituts für Theaterwissenschaft in »Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft« im Jahr 1999 sollte auch auf die theaterwissenschaftliche Diathek, deren mehrere Tausend Diapositive zu diesem Zeitpunkt ein verstaubtes, unzugängliches Dasein fristeten, entsprechende Auswirkungen haben  : Nach mehreren Anläufen einer Neuordnung der Bestände noch vor dem Einsetzen der Digitalisierung im Bereich der Bildarchivierung wurden nun wissenschaftliche Neukonzeption und elektronische Archivierung kombiniert. Naheliegend war eine Neudefinition als Bildarchiv, das die Beziehungen der hier versammelten Gegenstandsbereiche Theater, Film und Medien ins Auge fasst. Am Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Verhältnis von Medien und Künsten zum bestimmenden Terrain. Zuvor isoliert betrachtete Kunstformen traten, angetrieben von technischen Innovationen, vor allem der Reproduzierbarkeit, in eine produktive Auseinandersetzung, wobei gerade dem Dazwischen eine wesentliche Bedeutung zukam. Ausgehend von der Neubestimmung der Künste durch die internationale Avantgarde in den 1910er- und 1920er-Jahren ist es heute Aufgabe eines intermedial arbeitenden Bildarchivs, die neuen Bilderwelten des 20. Jahrhunderts zu dokumentieren. Im Intermedial Image Archive (IMIA) wird auf entlegene Felder, die dem Mainstream entgehen und der Unterhaltungsindustrie entkommen, besonderes Au-

Abb 1: Dramatizing a typewriter, 1921

genmerk gelegt, wobei auch die bildgenerierenden Medien, die Apparate selbst, ins Blickfeld rücken. Zwei technische Entwicklungslinien kennzeichneten die Archivarbeit der letzten Jahre  : Zum einen kam es bei der Digitalisierung von Bildmaterialien unterschiedlichsten Ursprungs zu einer rapiden Verkürzung der Halbwertszeiten von Hard- und allerlei Archivierungssoftware, die mitunter handgestrickt war, um den Bedürfnissen einer fachspezifischen Ausrichtung zu ent-

Intermediales Bildarchiv des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft 

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Abb 2: Nam June Paik auf seinem TV Chair, 1976

sprechen. Zum anderen erzeugt die weltweite Vernetzung durch das Internet und die damit einhergehende plötzliche, massenhafte Zirkulation digitaler Bilder eine gänzlich neue Ausgangssituation  : Bildrecherchen sind seither mithilfe eines beliebigen Webbrowsers jederzeit möglich. Wenngleich die Resultate in Qualität und Quellenlage dabei mitunter vom Zufall bestimmt werden, bieten zahlreiche, teilweise auch kostenfrei nutzbare Onlinebildarchive doch Mindeststandards. Da sich das Archiv eines Universitätsinstituts schon allein aus budgetären Gründen kaum den Ankauf kostspieliger Originale leisten kann, sondern fast ausschließlich auf bereits publiziertes Material zurückgreifen muss, kann die Stärke einer derartigen Sammlung zunächst nur eine 168  ]  Klemens Gruber, David Krems

inhaltliche und strukturelle sein. Nicht die Bildung eines materiellen Schatzes, Schatzbildung als Anhäufung also, steht im Zentrum, sondern die Verknüpfung der Daten, das In-Bezug-Stellen und die systematische Erweiterung der Sammlung. Diese Arbeitsweise berührt sowohl die bereits vorhandenen Materialien als auch neu zu erschließendes Material-produktives Archiv. Daneben stellen das Bewahren vorhandener Bestände mittels Digitalisierung und Langzeitsicherung sowie das Erschließen neuer Materialien durch Recherche wesentliche Arbeitsbereiche dar. Anvisiert wird ein möglichst unkomplizierter Zugriff für alle InstitutsmitarbeiterInnen und Studierenden, wobei es hier gilt, vorhandene Strukturen der Universität zu nutzen. Die Anbindung der IMIA-Daten an bereits bestehende, institutsübergreifende Bilddatenbanken ist deshalb ein naheliegender Schritt. Abschließend sind noch die Eckdaten nachzuliefern, die gewöhnlich am Anfang stehen  : Das Intermediale Bildarchiv Intermedial Image Archive (IMIA) des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft baut auf einen Stock von rund 12.000 Diapositiven auf und wird seit 2004 kontinuierlich durch Bildmaterial aus unterschiedlichen audiovisuellen Quellen erweitert. Neben der frühen Avantgarde und der Theatergeschichte sind Fotografie, Fernsehgeschichte und Videokunst die derzeitigen Sammlungskoordinaten. Adresse  : Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Hofburg, Batthyanystiege 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Mapping Intermediality in Performance. Hg. von Sarah Bay-Cheng, Chiel Kattenbelt, Andrew Lavender and Robin Nelson, Amsterdam 2010.

Anton Fuxjäger

VIDEOTHEK DES INSTITUTS FÜR THEATER-, FIL M - UND MEDIENWISSENSCHAF T

Für eine richtige Arbeit an der Theorie des Kinematographen wäre

es nötig, sämtliche Filme zu sammeln – oder wenigstens einige tau-

send.

Man müßte sie klassifizieren. Sie lieferten das Material, das es uns gestatten würde, einige Gesetze festzustellen.

Victor Sklovskij, »Das Sujet im Kinematographen«, 1923

Die Videothek des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft wurde als »wissenschaftliches audiovisuelles Archiv« konzipiert und aufgebaut und dient der Bereitstellung von Untersuchungs- und Demonstrationsmaterialien für Lehre und Forschung. Mitte der 1980er-Jahre wurde am damaligen Institut für Theaterwissenschaft (seit 1999  : Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft) auf Initiative und unter der Leitung von Rainer M. Köppl mit dem systematischen und an professionellen Maßstäben orientierten Aufbau einer wissenschaftlichen Videothek begonnen. Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation mit dem Institut für Informatik der Universität Wien wurde ein eigenes computergestütztes Videoerfassungs- und Entlehnsystem entwickelt, in dem ab 1988 die Sammlungsstücke katalogisiert wurden. 1995 wurde die Datenbank erneuert und 2001 um eine Online-Recherchemöglichkeit erweitert. Seit 2007 erfolgt auch die Bestellung der Videos über das Internet. Die Katalogisierung wird durch Tutoren bzw. Studienassistenten vorgenommen. Bis zum Jahr 2001 wurde auch die Entlehnung durch studentische Mitarbeiter abgewickelt, mit der Umstellung auf das Online-Bestellsystem jedoch an die Fachbereichsbibliothek Theater-, Film- und Medienwissenschaft abgegeben. Im Jahr 2007 wurde schließlich im Rahmen einer Berufungszusage

Abb 1: Dateneingabeplatz der Videothek: Hier werden jährlich rund 2.000 Videos katalogisiert

ein eigener Planposten für die Sammlungsleitung geschaffen. Das Sammlungsprofil der Videothek wird in erster Linie durch die Lehr- und Forschungspraxis am Institut bestimmt. Der Bestand der Videothek deckt sämtliche Sparten des Films ab und reicht von Avantgardeund Experimentalfilmen, Videokunst, Autorenfilmen, frühen Filmen, Independent-Filmen, ausgewählten

Videothek des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft  

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Abb 2: Der derzeitige Umfang der Sammlung beträgt etwa 44.000 Stunden

Mainstream-Produktionen für Kino und TV bis zu künstlerisch interessanten Dokumentarfilmen, Sprech-, Tanz- und Musiktheateraufzeichnungen aller Art sowie Dokumentationen zu theater-, film- und medienwissenschaftlichen Themen. Nur etwa ein Viertel des Bestands wird durch Ankäufe im Videofachhandel erworben. Den größeren Teil der Sammlung bilden selbst angefertigte TV-Aufzeichnungen, die zunächst auf VHS-Bändern angefertigt wurden, im Jahr 2004 erfolgte der Umstieg auf DVDs. Die Sammlung umfasst derzeit rund 52.000 katalogisierte Dokumente auf etwa 7.800 VHS-Bändern und 11.000 DVDs, hinzu kommen weitere 1.500 noch nicht katalogisierte DVD. Die Katalogisierung der Sammlungsstücke dient vorrangig ihrer möglichst raschen Identifizierung und Auffindbarkeit und weniger einer film- bzw. mediographischen Datensammlung. Erfasst werden daher in der Regel die Eckdaten der jeweiligen Produktion sowie all jene Informationen, die der exakten Identifizierung der jeweils vorliegenden Fassung dienen. Ein eigens erstelltes genaues mediographisches Reglement soll eine konsistente Datenstruktur gewährleisten. Zur Benutzung der Videothek sind alle Angehörigen der Universität Wien berechtigt. Die Videothek ist seit ihrer Entste170  ]  Anton Fuxjäger

hung zu einem unverzichtbaren Teil der Infrastruktur des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft geworden, wie ca. 9.000 Entlehnungen pro Jahr eindrücklich beweisen. Adresse  : Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Hofburg, Batthyanystiege 1010 Wien Weiterführende Literatur  : Köppl, Rainer M.  : »Im Anfang war die Schachtel  : Szenen aus der Frühgeschichte der Videothek«. In  : Bestandslisten der Videothek des Instituts für Theaterwissenschaft an der Universität Wien, Ausgabe 1998/99. Hrsg. von Anton Fuxjäger. Wien 1998, S. iii–iv; http  ://tfm.univie.ac.at/sammlungen-einrichtungen/videothek/hin tergrundinformationen/#c9118

Thomas Maisel

DIE UNIVERSITÄTSHISTORISCHEN SA MMLUNGEN DES UNIVERSITÄTSARCHIVS

Im modernen Sprachgebrauch hat sich ein erweiterter Archivbegriff eingebürgert, der inzwischen so gut wie alles meint, was der Vergangenheit zugeordnet wird, der Erinnerung oder dem Gedächtnis dient und eine nennenswerte Zahl an »Objekten« (im weitesten Sinne) umfasst. So ist es nicht selten, dass Einrichtungen, die Sammlungsgut verwahren, als Archive bezeichnet werden oder diesen Begriff in ihrem Namen führen. Das Archiv der Universität Wien ist hingegen ein Archiv in engerer archivfachlicher Bedeutung  : eine Institution, die Schriftstücke verwahrt, die im Geschäftsgang einer juristischen oder natürlichen Person (im konkreten Fall der Universität Wien und ihrer Organisationseinheiten) entstanden sind, zur Erledigung laufender Geschäfte nicht mehr benötigt werden und als »archivwürdig« gelten können. Als leitendes Prinzip der Überlieferungs- und Bestandsbildung bei Archivgut hat sich das Provenienzprinzip durchgesetzt, welches gewährleistet, dass der Entstehungszusammenhang von Archivalien nachvollziehbar bleibt. So wie viele andere »Verwaltungsarchive« betreut das Universitätsarchiv neben dem eigentlichen Archivgut, also den historisch gewordenen Verwaltungsakten, auch Sammlungsbestände. Diese unterscheiden sich vom Archivgut vor allem dadurch, dass nicht der Entstehungszusammenhang, sondern sachliche, formale oder inhaltliche Kriterien als Grundlage der Bestandsbildung dienen. Die meisten der Sammlungen im Universitätsarchiv werden laufend durch Schenkungen und Widmungen, seltener durch Ankäufe ergänzt, wobei das Sammlungsziel darin besteht, Objekte zu erwerben, die einen Zusammenhang mit der Universitätsgeschichte aufweisen und somit zur historischen Überlieferung der Universität Wien beitragen können. Die Sammlungen, von denen im Folgenden die Rede sein

Abb 1: Celtis-Kiste (1508), benannt nach dem Humanisten Konrad Celtis (1459–1508), UA Wien 114.1

wird, bilden also eine wertvolle Ergänzung zum traditionellen Archivgut. Schausammlung

Ihre Existenz verdankt diese Sammlung den bisher gescheiterten Plänen, ein eigenes Universitätsmuseum einzurichten, das die Geschichte der Universität Wien zum Thema haben sollte. Erste Bestrebungen reichen ins Jahr 1914 zurück, als in Leipzig die Sonderschau »Der Student« stattfand. Auch die Universität Wien war dort mit einigen Objekten vertreten. Seitdem gab es immer wieder Pläne, diese Gegenstände, darunter auch die berühmte Celtis-Kiste aus dem Jahr 1508, in einem eigenen Wiener Universitätsmuseum zu präsentieren  ; so auch während der NS-Zeit, als Rektor Fritz Knoll (1938–1942/43) dem damals noch im Hauptgebäude

Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs 

] 171

Abb 2: Dichterkrone des Collegium poetarum et mathematicorum (Rekonstruktion), 2008, UA Wien 114.129

befindlichen Universitätsarchiv eine im Rektorat aufgefundene Streusandschale überantwortete. Im Begleitschreiben hieß es  : »Diese Überbleibsel der Vergangenheit unserer Hochschule

sollen aufbewahrt werden, bis einmal das von mir geplante

Wiener Universitätsmuseum verwirklicht werden kann. Sie

sollen darin einen Aufstellungsplatz finden. Wien, im Sommer

1943.« [gez. F. Knoll]

Es ist sehr gut möglich, dass Knoll hier an Ideen des universitätshistorisch sehr interessierten und aktiven Richard Meister (1881–1964) angeknüpft hat, der als Professor für Pädagogik sowie Altphilologie, als Dekan 1930/31 und Rektor 1949/50, später als Präsident der österreichischen Akademie der Wissenschaften 1951– 1963 viele Jahre lang, vor allem im Ständestaat als Mitglied des Bundeskulturrates und nach 1945, einen prägenden Einfluss auf die Organisation der Wissenschaft und ihrer Einrichtungen in Österreich ausübte. In die Zeit des Rektorats von Richard Meister fällt 1950 die Eröffnung des Wiener »Universitäts-Museums« im kleinen Festsaal des Hauptgebäudes. Es überlebte jedoch kaum die Amtszeit seines Schöpfers. Der 172  ]  Thomas Maisel

Saal wurde schließlich für Veranstaltungen benötigt und 1956 wurden die Musealobjekte dem Archiv zur Verwahrung übergeben. Als das Universitätsarchiv 1979/80 vom Hauptgebäude an seinen heutigen Standort in Räumlichkeiten der Alten Universität übersiedelte, erfolgte zum zweiten Mal eine Eröffnung des Universitätsmuseums. Dies blieb jedoch nicht viel mehr als eine Absichtserklärung, denn eine Institutionalisierung war damit nicht verbunden. Zu den dem Archiv zugeteilten Räumen zählt auch das ehemalige Jesuiten-Refektorium – ein Saal aus dem späten 17. Jahrhundert, in dem Vitrinen zur Präsentation von Objekten und Archivalien aufgestellt wurden. Ein regulärer Museumsbetrieb mit wechselnden Ausstellungen und festen Öffnungszeiten konnte aus personellen und finanziellen Gründen nie verwirklicht werden. Daher ist es zutreffender, nicht von einem Museum, sondern von einer Schausammlung des Universitätsarchivs zu sprechen. Sie ist gegen Voranmeldung und im Rahmen der personellen und zeitlichen Möglichkeiten für Gruppenführungen zugänglich. Auch Archivpräsentationen im Rahmen von Lehrveranstaltungen sowie diverse Vorträge finden in diesem Raum statt. Die Schausammlung umfasst derzeit rund 130 Musealobjekte, von denen nicht alle in den Vitrinen ausgestellt sind. Außerdem werden im Refektoriumssaal auch Objekte aus anderen Sammelbeständen und einige Archivalien gezeigt. Im Zentrum steht die Celtis-Kiste von 1508, die sicherlich das wichtigste und wertvollste Stück darstellt, das in der Schausammlung zu sehen ist. Das bemalte, würfelförmige Holzbehältnis mit einer Seitenlänge von 31 cm war unmittelbar nach dem Tod des berühmten Humanisten Konrad Celtis (1459–1508) zur Aufbewahrung der Insignien des Collegium poetarum et mathematicorum angefertigt worden. Sie war 1876 im finsteren, zwischen der sogenannten Registratur und dem eigentlichen Archiv befindlichen Gewölbe im alten Universitätshaus wiederentdeckt worden. Die Bemalung der Seitenflächen stammt von einem unbekannten Künstler, der ein Schüler von Albrecht Dürer oder Hans Burgkmair d. Ä. gewesen sein könnte. Von

Abb 3: Gipsmodell der Arkaden im Hauptgebäude der Universität Wien, um 1890, UA Wien 114.95

den ursprünglich darin verwahrten Insignien, die bei der Dichterkrönung zum Einsatz kamen, ist lediglich der Siegelstempel erhalten geblieben. In direktem Bezug dazu steht der jüngste Zuwachs der Schausammlung  : Ein 2008 angefertigter Nachbau des silbernen Dichterlorbeers, mit dem bis ins 18. Jahrhundert die poetae laureati gekrönt wurden. Die »militärische« Vergangenheit der Universität ist durch drei Trommeln repräsentiert, von denen die beiden älteren wohl schon 1683 vom akademischen Aufgebot verwendet wurden, das seinen Beitrag zur Verteidigung der Stadtmauern gegen die Türken leistete. Die

jüngere datiert von 1797, als im ersten Koalitionskrieg (Napoleonische Kriege) ein akademisches Aufgebot, gebildet aus Studenten, Doktoren und Professoren (als Offiziere), von Wien bis Klosterneuburg ausgerückt war, bevor der Friedensschluss von Campo Formio weitere Heldentaten vereitelte. Etwas blutiger war jedoch die Revolution von 1848, als die Akademische Legion, zusammengesetzt aus Studenten aller Wiener Hochschulen (Universität, Polytechnikum und Akademie der Bildenden Künste), die Speerspitze der Revolution in Wien bildete. Die Mehrzahl der dazu ausgestellten Objekte sind Dauerleihgaben des Wien-Museums  : Schwerter

Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs 

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der Akademischen Legion und ein Vorderladergewehr mit Bajonett aus dem Zeughaus der Stadt Wien, aus dem sich die Studenten bewaffnet hatten. Darüber hinaus gibt es etliche Studentica, Fahnen, Baumassenmodelle des Alten Universitätsviertels, Figurinen, akademische Trachten (Talare, Epomiden, Birette), technische Gerätschaften, altes Mobiliar und etliches mehr. Medaillensammlung

Die Medaillensammlung des Archivs ist eine von drei Münz- und Medaillensammlungen im Besitz der Universität Wien. Die beiden anderen werden im Institut für Numismatik verwahrt. Ihr Ursprung liegt in Schenkungen beziehungsweise Ablieferungen akademischer Funktionäre und gezielten Ankäufen des Archivs seit über hundert Jahren. Eine wichtige Quelle bilden Geschenke, die bei internationalen Begegnungen zwischen Universitäten und ihren Rektoren ausgetauscht wurden. Auch Orden und Medaillen aus diversen Nachlässen sowie Schenkungen und Legate werden hier aufbewahrt. Der zeitliche Schwerpunkt liegt bei Stücken aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Die älteste Medaille ist jedoch deutlich älter und stammt aus dem Jahr 1624. Gegenwärtig sind 376 Stücke inventarisiert, welche auch im Archivinformationssystem des Universitätsarchivs online suchbar sind, zum Großteil auch mit Ansichtsbild. Thematisch lässt sich die Sammlung im Wesentlichen in zwei große Gruppen einteilen  : Universitätsmedaillen und Personenmedaillen. In der ersten Gruppe sind Universitäten, Hochschulen, Akademien und wissenschaftliche Institute vertreten. In ihr spiegeln sich die nationalen und internationalen Kontakte der Universität Wien. Die zweite Gruppe der Personenmedaillen ist stärker auf Österreich ausgerichtet. Viele Stücke wurden zur Ehrung von Universitätsprofessoren von Universitäten, Freunden, Schülern, Verwandten oder Kollegen in Auftrag gegeben. 174  ]  Thomas Maisel

Bildersammlung (Fotografien, Grafiken, Gemälde)

Dieser Sammelbestand ist in mehrere Teilbestände untergliedert, die durch formale und inhaltliche Kriterien voneinander abgegrenzt sind. Einer davon ist das Fotoarchiv zum Themenkreis »Universitätsgeschichte«. Sein Kernbestand geht auf den Ankauf der sogenannten »Sammlung Fessl« im Jahr 1958 zurück. Johann Fessl war jahrelang Gebäudeaufseher an der Universität Wien gewesen und hatte vor allem Porträtbilder von an der Universität Wien tätigen Professoren und Fotografien von Universitätsgebäuden gesammelt, das meiste davon auch auf Glasplattennegativen. Im Laufe von fünfzig Jahren sind zahlreiche neue Fotografien hinzugekommen, viele als Schenkung, viele wurden jedoch auch im Auftrag des Archivs hergestellt. Dies betrifft vor allem fotografische Abbildungen von wertvollen Archivalien und Insignien. Hier finden sich auch drei zum Teil prunkvoll gestaltete Fotoalben aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, welche als Ehrengeschenke für Professoren von Freunden und Schülern gewidmet wurden. Alleine im Teilbestand »Universitätsgeschichte« sind bislang zirka 4.000 Fotos verzeichnet. Ein weiterer Teilbestand umfasst rund 5.200 Fotonegative, die im Jahr 2002 aus dem Archiv des Fotostudios Vouk von der Universität angekauft wurden. Das Fotostudio Vouk hat seit Ende der 1940er-Jahre im Auftrag der Universität Fotos angefertigt, vor allem von akademischen Feiern und Veranstaltungen, aber auch Porträtbilder von akademischen Funktionären und Aufnahmen von universitären Gebäuden und Insignien. Ein weiterer wichtiger Bestand an Bildern befindet sich in der Sammlung von Stichen, Zeichnungen und Kunstdrucken, die knapp tausend Einzelblätter umfasst. Weiters sind zahlreiche Stiche und Drucke mit Porträtbildern von Gelehrten und Wissenschaftlern vom 16. bis zum 20. Jahrhundert vertreten, ein Konvolut von Studentenpostkarten, die das studentische Verbindungswesen zum Bildthema haben, etliche Karikaturen zu studentischen und universitären Themen, Darstellungen zur Revolution von 1848 sowie Ansichten von Universitätsgebäuden. Die Bildersammlung mit

Abb 4: Zwei Studenten im Revolutionsjahr 1848, Künstler unbekannt, UA Wien 135.880

ihrem beachtlichen Umfang erlaubt die Illustrierung wichtiger Aspekte der Wiener Universitätsgeschichte. Im Archiv der Universität Wien befinden sich auch 29 Ölgemälde, die fast alle Porträts zeigen. Viele davon waren ursprünglich Teil der Rektorengalerie. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hatte sich der Brauch eingebürgert, von Rektoren der Universität Wien Porträtgemälde anzufertigen. Später ist man von ganzfigürlichen Darstellungen zu Brustbildern übergegangen. Das älteste zeigt

den berühmten Pestarzt Paulus de Sorbait (1624–1691), der 1668 das Amt des Rektors bekleidete. Die meisten der barocken Gemälde befinden sich heute im Großen Festsaal und im Senatssitzungssaal des Universitätshauptgebäudes am Ring. Zwei hängen in der Schausammlung des Archivs  : das von Laurentius Grüner (Rektor 1682/83) und jenes von Josef Anton Öttl (Rektor 1707/08). Die Sammlung der Rektorenbildnisse war 1848 der Universität auf bislang unbekannte Weise ent-

Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs 

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der Universität Wien zeigt, nämlich den berühmten Vertreter der österreichischen Aufklärung und Professor für Polizei- und Kameralwissenschaft (Staatswissenschaften) Joseph von Sonnenfels (1733–1817, Rektor 1793 und 1795). Das Brustbild stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit von dem bedeutenden Porträt- und Landschaftsmaler Anton Graff (1736–1813), der unter anderen auch Lessing und Schiller porträtiert hat, und wurde 1778 mit allerhöchster Bewilligung der Universität geschenkt. Es hing viele Jahre in Räumlichkeiten der rechtswissenschaftlichen Fakultät und wurde 1988 dem Universitätsarchiv für die Schausammlung übergeben. Im selben Jahr wurde vom Archiv eine zentrale Evidenz aller Porträtgemälde, die sich im Besitz der Universität Wien befinden, erstellt (Projektarbeit  : Günter [Tobias] Natter). Diese Porträtgemälde sind inzwischen gemeinsam mit den im Archiv verwahrten Bildern auch im Archivinformationssystem erfasst. Nachlässe und Autografen

Abb 5: Joseph von Sonnenfels (1733–1817), Professor für Polizei- und Kameralwissenschaft (Staatswissenschaften) an der Universität Wien und Rektor in den Jahren 1793 und 1795, UA Wien 105.P.276

fremdet worden. Nachdem das neue Hauptgebäude an der Ringstraße 1884 bezogen worden war, wurden zahlreiche Bilder der barocken Rektorengalerie vom Philanthropen und Mäzen Graf Hans Wilczek (1837–1922), der bis heute als Gründer der Wiener Rettungsgesellschaft, Finanzier der Payer-Weyprecht-Nordpol-Expedition und Erbauer der Burg Kreuzenstein in Erinnerung ist, der Universität zum Geschenk gemacht. Auch von ihm befindet sich ein Porträt in der Sammlung des Archivs. Die meisten der Rektorenbilder hängen heute in Räumlichkeiten des Rektorats, im Senatssitzungssaal und im Großen Festsaal. Aufgrund seiner herausragenden Qualität soll an dieser Stelle noch ein weiteres Porträtbild erwähnt werden, das einen zweifachen Rektor 176  ]  Thomas Maisel

Obwohl es sich hier um zwei getrennte Sammlungsbestände handelt, gibt es zwischen ihnen vielfach Ähnlichkeiten und Querbezüge. Das Universitätsarchiv, das bis 1953 von Archivaren des österreichischen Staatsarchivs nebenamtlich betreut wurde, war zunächst nicht die erste Anlaufstelle zur Verwahrung von ProfessorenNachlässen. Bis heute befinden sich solche etwa auch im Bestand der Universitätsbibliothek sowie etlicher Institute. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Großteil der Nachlassbestände ans Universitätsarchiv. Viele dieser Nachlässe müssen jedoch als Teil-Nachlässe, als Nachlassfragmente oder als Splitter-Nachlässe bezeichnet werden, da sie oft von geringem Umfang sind. Dadurch wird die Zahl von über hundert Nachlässen etwas relativiert. Das Archiv übernimmt grundsätzlich all jene Bestände, die die klassischen Materialhauptgruppen von Nachlässen ausmachen und von Personen stammen, deren Tätigkeit in engem Zusammenhang mit der Universität Wien stand  : Lebensdokumente

(Ausweise, Zeugnisse, Diplome etc.), Korrespondenz, Werke (Manuskripte, Exzerpte, Karteien etc.) und Sammlungen von Fotografien, Sonderdrucken etc. Auch »Schreibtisch«-Nachlässe, also jenes Material, welches am früheren Arbeitsplatz eines Wissenschaftlers erhalten geblieben ist, wurden und werden vom Archiv übernommen. Darüber hinaus verwaltet es auch sogenannte »Vorlässe«, worunter Material zu verstehen ist, welches von einer Person noch zu Lebzeiten dem Archiv übergeben wurde. Generell wird darauf geachtet, dass Nachlassbestände möglichst nicht zersplittert werden. Grundsätzlich können alle Nachlassbestände, so wie das übrige Archivgut, im Lesesaal des Archivs eingesehen werden. Die Zugänglichkeit wird in diesem Fall jedoch nicht nur durch die Benützerordnung des Archivs geregelt, sondern berücksichtigt auch mögliche vertragliche Vereinbarungen, die bei der Übergabe des Materials an das Archiv getroffen wurden. Urkundensammlung

Urkunden als Recht begründende oder Recht sichernde Dokumente mit Beweiskraft bilden den ursprünglichen Kernbestand des Universitätsarchivs und werden somit zum Archivgut gezählt. In diesem Bestand befinden sich auch die Gründungsurkunden der Universität Wien  : der Rudolfinische Stiftbrief in lateinischer und deutscher Fassung und die Bestätigung der Universitätsgründung durch Papst Urban V. aus dem Jahr 1365. In vielen Archiven hat es sich eingebürgert, mittelalterliche und frühneuzeitliche Urkunden aufgrund ihrer äußeren Merkmale (Beschreibstoff Pergament, große Formate, anhängende Siegel) in einem eigenen Sammlungsbestand zusammenzufassen und zu lagern. Im Falle des Universitätsarchivs geschah dies mit einem Urkundenfund, welcher in der 1876 in der alten Registratur entdeckten Celtis-Kiste enthalten war. Dieser hatte mit dem Collegium poetarum, für welches die Kiste 1508 angefertigt worden war, allerdings nichts zu tun, sondern war offenbar von Registraturbediensteten zu einem

Abb 6: Eigenhändiges Albumblatt von Theodor Storm mit einem dem Studenten Josef Blumenstock (später: Halban) gewidmeten Vers, 1887, UA Wien 150.60

unbekannten Zeitpunkt einfach dort deponiert worden. Bemerkenswert ist, dass viele dieser Urkunden aus dem 13. Jahrhundert stammen, also bereits lange vor der Gründung der Wiener Universität ausgestellt worden waren. Sie stammen ursprünglich aus dem Besitz des Zisterzienserinnenklosters St. Niklas, welches sich bis zur Ersten Türkenbelagerung 1529 auf der Landstraße vor dem Stubentor befunden hat und dessen Besitzungen nach seiner Auflösung im 16. Jahrhundert teilweise an die Universität gefallen sind. Sonstige Sammlungen

Im Archiv der Universität Wien befinden sich noch weitere Sammlungsbestände, welche meist von kleinem Umfang sind und noch nicht alle zur Gänze im wünschenswerten Ausmaß erschlossen werden konnten. Sie seien hier nur kurz aufgezählt  : Porträtbüsten und Skulpturen, Plansammlung, Collectio Documentorum Academicorum (Zeugnisse, Matrikelscheine etc.), Wandkarten (Geografische und historische Wandkarten für den Unterricht), Tonbänder und Audio-Kassetten, Siegeltypare (Siegelstempel, Petschafte), Siegelsammlung (Siegelabdrucke), Parten beziehungsweise Todesanzeigen, Prägestempel für Ehrenzeichen, Plakate, Flugschriften, Biografische Materialsammlung »Schrauf« (Abschriften und Exzerpte

Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs 

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Abb 7: Die älteste Urkunde im Besitz des Universitätsarchivs wurde ca. 130 Jahre vor der Gründung der Universität Wien am 10. Mai 1224 bis 1236 ausgestellt und dokumentiert die Vergabe von vier Lehen in »Suwering« an die Kirche am »Weirochperge« (Landstraße, Wien) durch den Babenberger Herzog Heinrich den Jüngeren von Mödling (1177/82 [?]–1236 [?]), UA Wien 108.A.1

aus biografischen Quellen sowie biografische Abhandlungen zu Wiener Universitätslehrern des 15.–18. Jahrhunderts von Karl Schrauf ), Flugschriften-Sammlung zum Revolutionsjahr 1848, Zeitungsdokumentation aus dem 20. Jahrhundert sowie eine Lehrfilmsammlung, die Lehrfilme für den Unterricht beinhaltet. Adresse  : Archiv der Universität Wien Postgasse 9 1010 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Hölbling, Lothar  : Medaillen der Wissenschaft. Die Sammlung des Archivs der Universität Wien (= Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien, Band 13, Wien 1998). Maisel, Thomas  : Ein Museum, das es gar nicht gibt. Die Schausammlung des Wiener Universitätsarchivs. In  : Neues Museum 2 (1992), S. 11–14. Maisel, Thomas  : Die Nachlass-Sammlung im Archiv der Universi-

178  ]  Thomas Maisel

tät Wien. In  : Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 56 (2011), S. 453–467. Mühlberger, Kurt/Wakounig, Marija  : Vom Konsistorialarchiv zum Zentralarchiv der Universität Wien. Die Neuorganisation und Erweiterung des Archivs der Universität Wien im 19. Jahrhundert unter der Einflussnahme Theodor von Sickels. In  : Scrinium 35 (1986), S. 190–213. Mühlberger, Kurt/Maisel, Thomas  : Archiv der Universität Wien. In  : Scrinium 63 (2009), S. 67–74. Natter, Günter [Tobias]  : Die Gemälde der Universität Wien. Eine historische Dokumentation. Typoskript Wien 1988. Riess, Marta/Seidl, Johannes  : Die Universität im Blick. Das Bildarchiv des Archivs der Universität Wien wird digitalisiert – ein Werkstattbericht. In  : Mitteilungen des VÖB 62 (2009) Nr. 1, S. 7–16. Seidl, Johannes  : Von der Immatrikulation zur Promotion. Ausgewählte Quellen des 19. und 20. Jahrhunderts zur biografischen Erforschung von Studierenden an der Philosophischen Fakultät aus den Beständen des Archivs der Universität Wien. In  : Stadtarchiv und Stadtgeschichte. Forschungen und Innovationen. Festschrift für Fritz Mayerhofer zur Vollendung seines 60. Geburtstages (= Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2003/2004, Linz 2004) S. 289–302.

Isolde Müller, Thomas Posch

UNIVERSITÄTSSTERNWARTE UND MUSEUM DES INSTITUTS FÜR A STRONOMIE

Schon im 15. Jahrhundert waren anerkannte Vertreter des Fachs Astronomie, wie etwa Johannes von Gmunden (zirka 1380–1442), Georg von Peuerbach (1423– 1461) oder Johannes Müller von Königsberg, genannt Regiomontan (1436–1476), an der Universität Wien tätig. Eine eigene Universitätssternwarte wurde jedoch erst im Jahre 1755 eingerichtet. Zum ersten Direktor wurde der Jesuitenpater Maximilian Hell (1720–92) ernannt, der u. a. durch seine Lappland-Expedition zur Beobachtung des Venustransits im Jahre 1769 Bekanntheit erlangte. Die erste Universitätssternwarte war noch ein Aufbau auf dem Dach des Universitätshauptgebäudes, in dem seit 1857 die Österreichische Akademie der Wissenschaften untergebracht ist. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts und nach jahrzehntelangen Vorbereitungen erfolgte die Verlegung der Universitätssternwarte in ein eigenes, neu errichtetes Gebäude. Es steht seit dem Jahr 1880 im südlichsten Teil der Türkenschanze in Wien-Währing – damals noch ein Vorort von Wien – und ist am 5. Juni 1883 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. feierlich eröffnet worden. Die Architekten waren die beiden bedeutendsten Theaterarchitekten der österreichisch-ungarischen Monarchie  : Ferdinand Fellner (1847–1916) und Hermann Helmer (1849–1919). Sie realisierten einen im Grundriss rund 100 x 70 m großen, repräsentativen Bau im Stil der Neorenaissance. Der Standort war zur damaligen Zeit noch recht gut für astronomische Beobachtungen geeignet, aber schon um 1900 entstanden angesichts der stark angewachsenen Stadt und der massiven Zunahme der Straßenbeleuchtung erste Pläne für eine Außenstation fernab der Metropole. Eine solche wurde erst im Jahre 1969 mit dem Leopold-Figl-Observatorium am Schöpfl im Wienerwald verwirklicht.

Abb 1: Eingangshalle mit Stiegenaufgang und Glasdach

Zur Ausstattung der neu errichteten Sternwarte auf der Türkenschanze gehörten neben einer Bibliothek nicht nur hervorragende, eigens angefertigte Linsenteleskope mit bis zu 10,5 m Brennweite und bis zu 68 cm Durchmesser, die in den vier Kuppeln untergebracht waren. Auch der Großteil des Inventars der alten Universitätssternwarte sowie ein reicher, historisch gewachsener Bestand an astronomischer Literatur übersiedelte in den Jahren 1880 bis 1883 an den neuen Standort. Seit 1990 ist im Südtrakt der Sternwarte ein kleines Museum untergebracht. Es wurde in zwei Räumen der ehemaligen Direktorswohnung eingerichtet und beherbergt historische Fernrohre, Teleskopzubehör, Winkel­messgeräte, verschie­denste Uhren, Sternkarten, Globen und Kunst­ gegenstände, wie etwa ein Gipsmodell für eine KeplerStatue. Das kürzlich in Buchform publizierte Gesamtverzeichnis der musealen Objekte beschreibt insgesamt 150 Objekte. Die Sammlung historischer Instrumente spielt, mit Ausnahme eines im Optik-Labor befind-

Universitätssternwarte und Museum des Instituts für Astronomie 

] 179

Abb 2: Großer 68-cm-Refraktor von Grubb, Dublin, in der Hauptkuppel der Sternwarte: zum Zeitpunkt der Fertigstellung 1883 das größte Linsenfernrohr der Welt

lichen großen Spektrografen, für den heutigen Lehrbetrieb nur mehr eine geringe Rolle. Für die zahlreich stattfindenden öffentlichen Führungen durch die Sternwarte ist sie hingegen von zentraler Bedeutung. Zu den herausragenden Exponaten der Sammlung zählen unter anderem das um 1784 hergestellte Chronometer des englischen Uhrmachers John Arnold (1736– 1799). Diese Uhr hat eine sehr lange Herstellungs- und Verwendungsgeschichte, was auch an den mehrmaligen 180  ]  Isolde Müller, Thomas Posch

Umarbeitungen in den Jahren 1874 und 1928 zu sehen ist. Sie wurde dem Meteorologen Anton Pilgram (1730– 1793) von Kaiser Joseph II. geschenkt, ging dann in den Besitz der einzigen österreichischen Astronomin zur Zeit des Barock, Elisabeth von Matt (um 1762–1814), über und wurde später von der Sternwarte angekauft. Der Spiegelsextant des britischen Instrumentenbauers Edward Troughton (1753–1853) wurde um 1800 hergestellt und hat einen Radius von 25 cm. In dessen Strah-

Abb 3: Einer der beiden Museumsräume, die in der ehemaligen Direktorswohnung eingerichtet sind

lengang lassen sich mehrere unterschiedlich gefärbte Filter einschwenken, was vor allem für die Bestimmung der Sonnenhöhe von Bedeutung ist. Das Instrument wurde für die geographische Ortsbestimmung verwendet und stammt ebenfalls aus dem Besitz von Elisabeth von Matt. Ein vor 1836 hergestelltes dialytisches Fernrohr aus der Werkstatt des Wiener Optikmeisters Georg Simon Plößl (1794–1868) mit einem Linsendurchmesser von 10,4 cm und einer Brennweite von rund 1,25 m hat für das erste Drittel des 19. Jahrhunderts durchaus ansehnliche Dimensionen. Von Zeitgenossen in ganz Europa wurde die Abbildungsqualität (gute Bildschärfe, kaum Farbfehler) der Plößl’schen Instrumente sehr geschätzt. Zum Sammlungsbestand gehören weiters auch viele Spezialgloben (Mond, Mars). In diesem Zusammenhang ist auf das Globenpaar von Joseph Jüttner

(1775–1848) aus der Zeit um 1838/39 hinzuweisen  : die beiden Globen, ein Himmels- und ein Erdglobus, haben jeweils einen Durchmesser von 63 cm. Zusätzlich zu den im Museum untergebrachten Objekten der astronomischen Sammlung umfasst diese auch Großgeräte, die zum überwiegenden Teil in den vier Kuppeln des Observatoriums aufgestellt und nach wie vor einsatzfähig sind. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Linsenteleskopen mit Durchmessern zwischen 21 cm und 68 cm sowie um ein Spiegelteleskop, dessen Spiegel von dem renommierten Optiker Bernhard Schmidt (1879–1935) stammen. In den Räumen des Sternwartemuseums ist die Rara-Sammlung der Fachbereichsbibliothek Astronomie untergebracht, die etwa 760 Titel aus der Zeit zwischen 1473 und 1800 umfasst. Darunter finden sich zumeist gut erhal-

Universitätssternwarte und Museum des Instituts für Astronomie 

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Abb 4: Darstellung des kopernikanischen Weltbildes in der »Harmonia Macrocosmica« von Andreas Cellarius, 1661

tene Erstausgaben von Werken Georg von Peuerbachs, Regiomontans, Nicolaus Copernicus’ (1473–1543) und Johannes Keplers (1571–1630). Diese Werke werden immer wieder für (kunst- und wissenschafts­historische) Ausstellungen leihweise zur Verfügung gestellt. In dieser Sammlung finden sich auch farbenprächtige Folianten, wie etwa jene von Peter Apian (1495–1552) und Andreas Cellarius (1596–1665), deren ehemalige Be182  ]  Isolde Müller, Thomas Posch

deutung für die Verbreitung astronomischer Erkenntnisse nicht zu unterschätzen ist. Überhaupt stellt die Rara-Sammlung nach wie vor eine Quelle für wissenschaftshistorische Studien dar. 2012 wurde damit begonnen, im Zuge eines Europeana-Projektes eine Auswahl der historischen Werke komplett zu digitalisieren und als E-Books zugänglich zu machen.

Abschließend sei auf einen auch schon großteils erschlossenen Bestand an großformatigen Fotoplatten und Glasdias aus dem 20. Jahrhundert hingewiesen. Auf diesen Aufnahmen sind zahlreiche Sternfelder, astronomische Objekte, Teleskope und Observatorien vergangener Epochen zu sehen. Da die Glasdias bis vor einigen Jahrzehnten in Vorlesungen eingesetzt wurden, befinden sich unter ihnen auch zahlreiche Fotografien aus Lehrbüchern. Dieser Sammlungsteil wird seit 2009 ebenfalls digitalisiert und ist online zugänglich. Adresse  : Institut für Astronomie Universitätssternwarte Türkenschanzstraße 17 1180 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Hamel, Jürgen/Müller, Isolde/Posch, Thomas (Hg.)  : Die Geschichte der Universitätssternwarte Wien. Dargestellt anhand ihrer historischen Instrumente und eines Manuskripts von Johann Steinmayr. Frankfurt am Main 2010. Kerschbaum, Franz/Posch, Thomas  : Der historische Buchbestand der Universitätssternwarte Wien. Ein illustrierter Katalog. Teil 1  : 15. bis 17. Jahrhundert. Frankfurt am Main, Wien u.a. 2005. Kerschbaum, Franz/Lackner, Karin/Müller, Isolde/Ottensamer, Roland/Posch, Thomas  : Der historische Buchbestand der Universitätssternwarte Wien. Ein illustrierter Katalog. Teil 2  : 18. Jahrhundert. Frankfurt am Main, Wien u.a. 2006. Schnell, Anneliese  : The University Observatory Vienna. In  : Cultural Heritage of Astronomical Observatories. From classical astronomy to modern astrophysics. Proceedings of the International ICOMOS Symposium in Hamburg, October 14–17, 2008. Hg. von Gudrun Wolfschmidt. Berlin 2009 (= Monuments and Sites 18). S. 142–149. Weiterführender Link  : http://astro.univie.ac.at

Universitätssternwarte und Museum des Instituts für Astronomie 

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Abb 1: Äpfel aus dem Pfahlbau Mondsee, 4. Jahrtausend. v. Chr.

184  ]  Violetta Reiter, Alois Stuppner

Violetta Reiter, Alois Stuppner

STUDIENSA MMLUNG DES INSTITUTS FÜR UR- UND FRÜHGESCHICHTE

Die Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte wurde erstmals am 4. März 1905 offiziell erwähnt. Die Gründung geht auf den Prähistoriker Moriz Hoernes (1852–1917) zurück, der schon ab 1893 Funddemonstrationen im k. k. Hofmuseum (heute  : Naturhistorisches Museum Wien) für Lehrzwecke durchgeführt hatte und ab 1899 den ersten Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Wien, gleichzeitig der erste im deutschsprachigen Raum überhaupt, innehatte. Den Grundstock der Studiensammlung bildeten rund 700 Dubletten, die das k. k. Hofmuseum aus seinem Bestand aussonderte und der Universität Wien übergab. Im Laufe der folgenden Jahre wurde die Studiensammlung durch Ankäufe und Schenkungen ständig erweitert, wie etwa im April 1912. Im entscheidenden Augenblick gelang es Hoernes, das damalige Ministerium für Kultus und Unterricht für den Ankauf der zur Verkauf stehenden Privatsammlung prähistorischer Altertümer des 1909 verstorbenen Privatsammlers Matthäus Much (1832–1909) zu gewinnen. Die rund 24.000 Objekte wurden angekauft und zunächst als »Prähistorisches Museum Much« in der Wasagasse 4, 1090 Wien aufgestellt. Sie beinhaltete bedeutende Funde aus der spätneolithischen Pfahlbausiedlung Mondsee, dem spätbronzezeitlichen Gräberfeld »Die Gans« von Stillfried, den Kupferabbauorten Mitterberg (Bischofshofen) und Kelchalm (Kitzbühel) sowie den eisenzeitlichen Hügelbestattungen aus Rabensburg, Bernhardsthal und Bullendorf. Schon damals war die Studiensammlung nach Themenfeldern der Wiener Ur- und Frühgeschichte wie Siedlungsarchäologie, Pfahlbau, Bergbau und Bestattungskunde, Typologie aufgestellt und wurde für die Lehre und Ausbildung der Studierenden genutzt. Heute zählt die Studiensammlung rund 70.000 Stücke, die

Abb 2: Kupferspirale aus dem Pfahlbau Mondsee (OÖ), 4. Jahrtausend v. Chr., Durchmesser: 32 mm

zum Teil in Vitrinen untergebracht sind. Der Sammlungsschwerpunkt liegt auf den vorgeschichtlichen Perioden, weshalb die Sammlung in den letzten Jahren vermehrt durch frühgeschichtliche sowie mittelalter- und neuzeitarchäologische Objekte erweitert wurde. Die Studiensammlung enthält Gegenstände, die für aktuelle Forschungs- und Lehraufgaben des Instituts zur Verfügung stehen. Neben Sammeln und Bewahren zählen Forschen und Vermitteln in der Lehre zu den Hauptaufgaben der Studiensammlung. Sie ermöglicht ein intensives vergleichendes Studium von Objekten und Objektgruppen aus sämtlichen Kulturperioden der Ur- und Frühgeschichte. Somit stellt die Sammlung nach wie vor einen unabdingbaren Bestandteil der praxisorientierten Ausbildung der Studierenden dar. Die Sammlung ist in Inventarbüchern und einer Fotokartei verzeichnet, wobei das erste Inventarbuch im Jahre 1927 auf Basis der Kartei der Sammlung Much begonnen worden sein dürfte und bis in die 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts weitergeführt wurde. Die Angaben Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte 

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Abb 3: Schmuck aus dem Gräberfeld Hallstatt, 7.–5. Jahrhundert v. Chr.

entsprechen jedoch nicht mehr den modernen musealen Standards, weshalb 2005 ein eigenes Projekt zur digitalen Erschließung mit der Aufnahme des Bestandes in eine Datenbank initiiert wurde, das jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Ziel der digitalen Erschließung, die von Institutsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern durchgeführt wird, sind die Erfassung und gründliche Erforschung der einzelnen Objekte. Die erhobenen Daten der Fundobjekte werden in einem institutsübergreifenden digitalen Bildarchiv gespeichert und können dort jederzeit sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden abgerufen werden. Die archäologischen Fundobjekte werden vor allem in der Lehre verwendet. Im Rahmen von Bestimmungsübungen lernen die Studierenden die Objekte richtig 186  ]  Violetta Reiter, Alois Stuppner

anzusprechen, zu beschreiben, zu datieren und kulturell einzuordnen. Durch die direkte Beschäftigung mit den Fundstücken erproben sie das professionelle Hantieren und die wissenschaftliche Aufnahme von archäologischem Fundmaterial. Darüber hinaus dienen geeignete Fundkomplexe als Quellen für wissenschaftliche Abschlussarbeiten. Prominente Fundensembles wie beispielsweise die Hinterlassenschaften der Pfahlbausiedlung vom Mondsee dienen zur Beantwortung spannender, aktueller und interdisziplinärer Forschungsfragen. Etwa zur Rekonstruktion der Lebensweise von Ötzi zur Zeit um 3.200 v. Chr. Auch konnten durch den Geoarchäologen Alexander Binsteiner mittels Rohstoffanalysen der Feuersteingeräte aus der Pfahlbausiedlung Mondsee weit-

läufige Expeditionen der »Mondseer« über die Alpen nach Oberitalien nachgewiesen werden. Weiters wurde anhand von Steinbeilklingen und -äxten vom am Institut für Mineralogie und Kristallographie der Universität Wien tätigen Mineralogen Michael Götzinger durch die mineralogischen Bestimmungen die bevorzugte Nutzung regionaler Rohstoffe aufgezeigt. Außerdem wird die Herkunft des »Mondseekupfers«, das auch in Schweizer Pfahlbausiedlungen bekannt war, seit Jahren von Archäometallurgen untersucht und diskutiert. Für Ausstellungen im In- und Ausland werden besondere Stücke, wie beispielsweise die Stillfrieder Bronzetasse aus der späten Bronzezeit, immer wieder für Sonderausstellungen verliehen. Mit einigen regionalen Museen wurden längerfristige Leihverträge abgeschlossen. Seit dem Jahr 2007 findet einmal jährlich ein »Tag der offenen Tür« in der Studiensammlung statt, der jeweils einem speziellen Thema gewidmet ist. Zudem werden die Aktivitäten und neuen Fundkomplexe der Studiensammlung das ganze Jahr hindurch in Form von Postern und Wechselausstellungen in den Vitrinen und Räumen des Instituts interessierten Studierenden und Besuchern präsentiert.

Abb 4: Bronzetasse aus Stillfried, Gräberfeld »Die Gans«, 8. Jahrhundert v. Chr.

Weiterführender Link  : http://ufgsammlung.univie.ac.at

Adresse  : Institut für Ur- und Frühgeschichte Franz-Klein-Gasse 1 1190 Wien Weiterführende Literatur  : Felgenhauer, Fritz  : Zur Geschichte des Faches »Urgeschichte« an der Universität Wien. In  : Studien zur Geschichte der Universität Wien, Band 3. Graz/Köln 1965, S. 7–27. Jakubovitsch, Hermann  : Die Forschungsgeschichte des Faches Urund Frühgeschichte der Universität Wien und Innsbruck im Überblick. Mit einem Beitrag zur Forschungsgeschichte des Burgenlandes. Dissertation, Universität Wien 1993. Menghin, Oswald  : Die Neuaufstellung der Sammlung Much. In  : Urania Wochenschrift für Volksbildung, Heft 37 (1913), S. 601–605. Stuppner, Alois/Reiter, Violetta  : Die Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte. Digitalisierung 2005–2009. In  : Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit. Innsbruck 2010 (im Druck). Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte  

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Verena Widorn

WESTERN HIM AL AYA ARCHIVE VIENNA (WHAV )

Seit mehr als zwanzig Jahren wird an der Universität Wien zur Kulturgeschichte Inner- und Südasiens geforscht und im Zuge dessen werden Kunst, materielle Kulturen, Land und Leute, Rituale und Feste mit der Kamera festgehalten. Diese visuelle Dokumentation wird im Western Himalaya Archive Vienna (W H AV), das zu den weltweit umfangreichsten Lehr- und Forschungssammlungen von Bildmaterialien nicht nur des westlichen Himalayagebiets zählt, aufbewahrt und wissenschaftlich bearbeitet. Das W H AV ist Herzstück der »Interfakultären Forschungsplattform und dem Dokumentationszentrum für die Kulturgeschichte von Inner- und Südasien« (C IR DIS) und am Institut für Kunstgeschichte angesiedelt. Es umfasst ein umfangreiches Dia- und Fotoarchiv, eine kleine Plan- und Kartensammlung sowie eine Online-Bilddatenbank. Die originären Bilddaten wurden überwiegend auf Feldforschungsreisen in den letzten zwei Jahrzehnten von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern angefertigt, die an durch Drittmittel geförderten, interdisziplinären Forschungsinitiativen beteiligt waren. Bereist wurden neben bekannten Kultplätzen, Sehenswürdigkeiten und Museen in Süd-, Südost- und Zentralasien auch unwegsame Bergregionen und abgelegene Klöster- und Tempelanlagen in Indien, Nepal, Afghanistan, Pakistan und China einschließlich der Tibetischen Autonomen Region. Die ersten Reisen führten in den Jahren 1991 und 1993 unter der Leitung von Deborah Klimburg-Salter, Professorin für asiatische Kunstgeschichte und Leiterin der »Interfakultären Forschungsplattform und Dokumentationsstelle für die Kulturgeschichte Inner- und Südasiens«, auf den Spuren des großen italienischen Tibetologen Giuseppe Tucci (1894–1984) in das damals noch wenig besuchte westliche Himalayagebiet nach

Abb 1: Bodhisattva, Wandfresko aus dem Umwandlungsgang des Haupttempels in Tabo, Himachal Pradesh, Indien, 2001

Himachal Pradesh und Ladakh in Indien sowie nach Westtibet. Die Bilddokumentationen dieser Forschungsreisen wurden zusammengeführt, archiviert und bilden den Grundstock der mittlerweile mehr als 120.000 Bilddaten umfassenden Sammlung. Etwa 75.000 Dias zeugen von dem Versuch, die Kulturdenkmäler Asiens nicht nur umfassend, sondern auch in bestmöglicher Qualität für die kunst- und kulturgeschichtliche Forschung festzuhalten. Besonderes Hauptaugenmerk liegt dabei auf einer sorgfältigen und ausführlichen Dokumentation der Objekte, der Architektur, rituellen Handlungen oder Festivitäten, da sie die Grundlage für weitere wissenschaftliche Studien bilden. Im Zuge von vier Universitätsexkursionen nach Nord- und Ostindien konnte der Bestand (auch geografisch) deutlich erweitert werden. Seit etwa zehn Jahren werden die Aufnahmen in digitaler Form gemacht. Die Archivierung der Fotografien erfolgt in Rohdatenformat (R AW) und in bestmöglicher Auflösung. Die analogen Medien werden nach und nach digitalisiert, in eine eigens für das Archiv erstellte DaWestern Himalaya Archive Vienna (WHAV) 

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Abb 2: Hinduistischer Holztempel in Pangi, Himachal Pradesh, Indien vor (1996) und nach der Renovierung (2003)

tenbank eingegeben und über die Website des W H AV für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studierende und Wissenschafterinnen und Wissenschafter im In- und Ausland zugänglich gemacht. Die Digitalisierung der Bilder und deren Archivierung in der ständig wachsenden Datenbank, die zurzeit etwa 90.000 Einträge zählt, dient auch der langfristigen Sicherung der empfindlichen Dias, deren Lebensdauer begrenzt ist. Der Mehrwert der Sammlung des W H AV liegt zum einen in der Vielfalt der visuellen Medien, die sowohl die Interessen der beteiligten Wissenschafterinnen und Wissenschafter, Fotografinnen und Fotografen als auch das interdisziplinäre Umfeld widerspiegeln. Zum anderen stellt die über mehrere Jahre entstandene Dokumentation eine Befundsicherung von Kunst- und Kulturgegenständen, Städten und Dörfern dar und 190  ]  Verena Widorn

veranschaulicht deren Veränderungen, Verfall und Zerstörungen. Klimawandel und gesellschaftliche Entwicklungen machen auch vor entlegenen Regionen nicht halt  : traditionelle Stein-, Holz- oder Lehmgebäude werden von billigeren Betonbauten abgelöst und baufällige Holztempel durch farbenfrohe Schreine mit frisch geschnitztem Dekor ersetzt. Im W H AV ist dieser Wandel ebenso dokumentiert wie die Konservierungsmaßnahmen und Restaurierungsinitiativen. So besitzt das Archiv etwa die umfassende Dokumentation der Konservierungsarbeiten im Rahmen des Nako Research and Preservation Projects (NR PP) aus den Jahren 2002 bis 2007. An dem Projekt zur Erhaltung einer buddhistischen Tempelanlage mit Wandmalereien aus dem 12. Jahrhundert in Himachal Pradesh waren neben Wiener Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern auch nationale und internationale Konservierungsexpertinnen und -experten beteiligt. Im W HAV werden auch die vor Ort angefertigten Architekturzeichnungen, Skizzen und Pläne verwahrt, wobei die Bilddokumentation entscheidend für die Rekonstruktion von Deckenmalereien und Lehmskulpturen war. Ziel des W H AV ist neben der langfristigen Archivierung auch die wissenschaftliche Aufbereitung, Erforschung und Veröffentlichung des Bestandes. Entscheidend ist daher eine sorgfältige Verortung und Identifizierung der Bilder. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien werden auf Feldforschungsreisen die genauen Positionsbestimmungen mittels GPS-Daten erhoben und die WHAV-Bilddatenbank mit einem Geoinformationssystem verlinkt. Interdisziplinäre Kontakte im In- und Ausland ermöglichen auch die visuelle Dokumentation von Ausgrabungsstätten und Kulturgütern in Afghanistan (vor allem aus dem National Museum of Afghanistan in Kabul) und die Eingliederung von einmaligem Film- und Fotomaterial zu Ritualen und Ritualgegenständen der tibetischen Bon-Tradition in die W H AV-Datenbank. Letzteres wurde von Charles Ramble (École Pratique des Hautes Études, Paris) zur Verfügung gestellt. Dar-

über hinaus wurden dem W H AV zu Studien- und Forschungszwecken außergewöhnliche Bildbestände zu Indien, Nepal und Afghanistan aus den 1970er- und 1980er-Jahren von international anerkannten Wissenschafterinnen und Wissenschaftern und Kooperationspartnern, wie beispielsweise Romi Khosla (Romi Khosla Design Studio, Delhi), Rob Linrothe (Department of Art History, Northwestern University) und Jaroslav Poncar (Fachhochschule Köln), als Leihgaben oder Schenkungen übergeben. Neben der Unterstützung der Forschung liefert da W H AV auch visuelle Grundlagen für fast alle Lehrveranstaltungen zur asiatischen Kunstgeschichte und für wissenschaftliche Arbeiten von Studierenden. Dank der engen Kooperation und der guten Vernetzung mit Institutionen und Behörden sowie unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung entstand so im Laufe der Jahre ein einzigartiger Bestand von bedeutenden asiatischen Kulturgütern, der das W H AV zu einem unvergleichlichen Bildarchiv macht. Adresse  : Western Himalaya Archive Vienna (WHAV) Institut für Kunstgeschichte Universitätscampus Spitalgasse 2–4, Hof 9 1090 Wien Weiterführende Literatur (Auswahl)  : Klimburg-Salter, Deborah  : Tucci Himalayan Archives Report, 2. The 1991 Expedition to Himachal Pradesh. In  : East and West 44/1 (1994), S. 13–82. Klimburg-Salter, Deborah  : Tabo. A Lamp for the Kingdom. Mailand 1997. Klimburg-Salter, Deborah  : The Nako Preservation Project. In  : Orientations 34/5 (2003), S. 39–45. Klimburg-Salter, Deborah  : Twice Buried, Twice Found  : Treasures of the Kabul Museum – an interview with Director Omara Khan Masoudi. In  : Orientations 36/8 (2006), S. 86–92. Luczanits, Christian  : Buddhist Sculptures in Clay. Early Western Himalayan Art, Late 10th to Early 13th Centuries. Chicago 2004. Widorn, Verena  : The Mirkula Devi Temple in Udaipur, Lahaul  : a wooden jewel in the Western Himalaya and its role in the sacred landscape of Lahaul. Dissertation, Universität Wien 2007. Widorn, Verena  : The Documentation, Archiving and Dissemination of Visual Resources. The Western Himalaya Archive Vienna. In  : Word,

Abb 3: Torma (Opferkuchen) einer Schutzgottheit, angefertigt für ein BonRitual in Mustang, Nepal, 2010.

Picture and Song. A Transdisciplinary Dialogue. Hg. von Deborah Klimburg-Salter, Kurt Tropper und Christian Jahoda. Leiden 2007 (= Proceedings of the Tenth Seminar of the International Association for Tibetan Studies, Oxford 2003), S. 27–44.

Western Himalaya Archive Vienna (WHAV) 

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Daniel Siderits

ZOOLOGISCHE SA MMLUNG

Die Zoologische Sammlung ist eine wissenschaftliche Vergleichs- und Belegsammlung, die im Zuge der Auflösung des Instituts für Zoologie im Jahr 2005 organisatorisch dem Department für Theoretische Biologie zugeordnet wurde und sich seit 1982 im Universitätszentrum Althanstraße, Althanstraße 14, im 9. Wiener Gemeindebezirk befindet. Ihr Präparatebestand enthält rund 110.000 Feucht- und etwa 350.000 Trockenpräparate, die zusammen das gesamte Tierreich repräsentieren. Die Sammlung ist zoologisch-systematisch aufgestellt und zeichnet sich durch einen sehr hohen Erschließungsgrad aus. Neben dem wissenschaftlichen Schwerpunkt der Sammlungstätigkeit erfüllt die Sammlung auch eine wichtige Funktion sowohl im Studienbetrieb durch die Bereitstellung didaktischer Hilfsmittel und Demonstrationsobjekte als auch in jüngster Zeit durch Archivtätigkeit im Rahmen einer allgemeinen Erforschung der Geschichte der Wiener Zoologie. Mit der Betreuung von Präparate-Nachlässen ehemaliger Zoologen der Universität Wien hat sich ebenso ein neuer Tätigkeitsschwerpunkt etabliert. Der Kernbereich der Sammlung gliedert sich in eine Feucht- und eine Trockensammlung. Diese organisatorische Trennung trägt der Art und Weise Rechnung, wie die Tiere oder ihre Teile konserviert sind. Die Feuchtpräparate werden in Gläsern gelagert, die als Konservierungsflüssigkeit 65–70% Alkohol oder in speziellen Fällen eine vierprozentige Formaldehydlösung enthalten. Diese Art der Konservierung erlaubt es, ganze Tiere beziehungsweise deren sich leicht zersetzende Organe zu erhalten. Bei den Präparaten der Trockensammlung handelt es sich im Gegensatz dazu um Hartgebilde, wie etwa Skelette, Muschel- und Schneckenschalen, Krebspanzer und Korallen, sowie um einige wenige historische Stopfpräparate und wissenschaftliche Modelle,

Abb 1: Selachii (Haie) in der Knorpelfischkollektion der Feuchtsammlung, um 1918

beispielsweise Glasmodelle aus der Werkstatt von Leopold (1822–1895) und Rudolf Blaschka (1857–1939) oder Wachsmodelle von Adolf (1820–1889) und Friedrich Ziegler (1860–1936). Abseits dieser nach konservatorischen Gesichtspunkten gewählten Gliederung der Sammlung setzen sich sowohl Feucht- als auch Trockensammlung aus mehreren thematisch wie entstehungsgeschichtlich verschiedenen Teilbeständen zusamZoologische Sammlung 

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Abb 2: Stehend montiertes Skelett von Fringilla domestica L.1758 (Haussperling) aus dem Präparatebestand Ilg/Scherer, 1813–15

men, die in einigen Fällen sehr deutlich nicht nur die Geschichte der zoologischen Sammlung selbst, sondern auch die Geschichte der zoologischen Institute der Universität Wien widerspiegeln. Die ältesten Wurzeln der Sammlung reichen bis ins Jahr 1775 zurück, als im Rahmen der an der medizinischen Fakultät angesiedelten Lehrkanzel für Naturgeschichte ein sogenanntes »Naturhistorisches Museum« der Universität (später  : »Zoologisches Museum«) eingerichtet wurde. Dieses Museum, das im alten Universitätsgebäude, dem heutigen Sitz der österreichischen Akademie der Wissenschaften, untergebracht war, bediente alle Lehrveranstaltungen der naturgeschichtlichen Ausbildung im Rahmen des Medizinstudiums mit Anschauungsobjekten aus den Gebieten der Zoologie, Botanik und Mineralogie. In den Jahren 1813–1815 erfolgte die erste größere Bestandserweiterung mithilfe einer eigenen Dotation zur Anschaffung von 345 Ske194  ]  Daniel Siderits

lettpräparaten des Prager Anatomen Johann Georg Ilg (1771–1836) durch den damaligen Professor für Naturgeschichte an der medizinischen Fakultät Johann Baptist Ritter von Scherer (1755–1844). Einige Jahre später, im Jahre 1830, weist das Scherer’sche Inventarbuch, das sich nach wie vor in der Sammlung befindet, bereits 3.000 Objekte auf. Mit der Berufung des Zoologen Rudolf Kner (1810– 1869) auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Zoologie im Jahr 1849 nimmt die Sammlungsgeschichte einen wechselvollen Verlauf. 1851 wurde unter Kner die Studiensammlung des zweiten, jedoch an der philosophischen Fakultät eingerichteten Lehrstuhls für Naturgeschichte in das Naturhistorische Museum eingegliedert. Zeitgleich wird durch den Mediziner und vergleichenden Anatomen Joseph Hyrtl (1810–1894) eine eigene Sammlung, das sogenannte »Museum für vergleichende Anatomie« eingerichtet. Als Folge von Berufungen auf zwei weitere Lehrstühle für Zoologie von Ludwig Schmarda (1819–1908) und Carl Brühl (1820–1899) in den Jahren 1861, und 1873 von Carl Claus (1835–1899) als Nachfolger Rudolf Kners entstanden mit den neuen Instituten auch neue, eigenständige Sammlungen an unterschiedlichen Standorten. Sowohl Carl Brühls 1863 eingerichtete »Zootomische Sammlung« als auch Carl Claus’ 1874 gegründete »Zoologisch-vergleichend anatomische Sammlung« bekamen Präparate aus Hyrtls Museum zugeteilt. 1884 wurde unter Claus die Zoologisch-vergleichende Sammlung in der ehemaligen Gewehrfabrik (heute Währinger Straße 11, 1090 Wien) mit dem Zoologischen Museum, das sich nach wie vor im alten Universitätsgebäude befand, im neu errichteten Universitätshauptgebäude am Ring vereinigt. Nach der Institutsreform 1896 wurde im darauffolgenden Jahr schließlich auch die Zootomische Sammlung, die sich bis dahin noch in der alten Gewehrfabrik befand, dort eingegliedert. Es verblieben somit nach 1897 ein »neues« I. und II. Zoologisches Institut mit einer gemeinsamen »Zoologisch-vergleichend anatomischen Sammlung«, die bis zur Übersiedlung ins Biozentrum im Jahr 1982 am Ring untergebracht war.

Mit Theodor Pintner (1857–1942) wurde bereits im Jahre 1888 ein Wissenschafter als »Konservator« (später  : Kustos) zur wissenschaftlichen Betreuung der Zoologischen Sammlung bestellt. Ihm folgten Franz Werner (1867–1939), Helmut Hofer (1912–1989), Wilhelm Kühnelt (1905–1988) und Eduard Piffl (1921–1998) nach. Seit 1981 ist Hans Leo Nemeschkal wissenschaftlicher Leiter der Zoologischen Sammlung. Ihm steht eine technische Assistenz zur Seite, die die tägliche Routine der Konservierung, Restaurierung, Leihe und Erhaltung bestreitet. Seit 2007 hat sich mit der Provenienzforschung ein neuer wissenschaftshistorischer Schwerpunkt im Arbeitsalltag etabliert. Diesem Umstand und der langen Tradition einer vergleichend orientierten Fachausrichtung ist es zu danken, dass zwischen 2008 und 2010 auch größere Nachlassbestände der Medizinischen Universität Wien an die Zoologische Sammlung gekommen sind  : 275 Präparate des aufgelassenen Anatomischen Museums sowie 451 Gewebe- und Organpräparate des ehemaligen Instituts für Histologie und Embryologie. Diese neue Zusammenstellung des Bestandes von sowohl makroskopischen als auch mikroskopischen Objekten ermöglicht es, besonders im Hinblick auf gering-invasive Analysetechniken der Genetik und Molekularbiologie, die Zoologische Sammlung als zukunftsträchtiges »Organismenarchiv« in der dynamischen Forschungsinfrastruktur einer modernen Universität zu verankern. Darüber hinaus wird mit diesen neuen Möglichkeiten neben der Diskussion aktueller Forschungsthemen ein klares Profil bezüglich der Wahrnehmung und Erhaltungswürdigkeit einer der ältesten Sammlungen als kulturelles und wissenschaftliches Erbe der Universität Wien geschaffen. Adresse  : Department für Theoretische Biologie Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien

Abb 3: Korrosionspräparat von Spermophilus cittelus L. 1766 (Europäisches Ziesel) aus der Sammlung Hyrtl, bei dem in die Blutgefäße roter Siegellack injiziert wurde, um Teile des Kreislaufsystems sichtbar zu machen, zwischen 1865 und 1874

von der k. k. Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien anlässlich der Feier ihres fünfzigjährigen Bestandes. Wien 1901. Haas, Wilhelm  : Geschichte der zoologischen Lehrkanzeln und Institute an der Universität Wien. Nicht approbierte Dissertation, Universität Wien 1958. Mizzaro, Maria/ Salvini-Plawen , Luitfried : 150 Jahre Zoologie an der Universität Wien. In  : Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Österreich 136 (1999), S. 9–29. Salvini-Plawen, Luitfried/Svojtka, Matthias  : Fische, Petrefakten und Gedichte  : Rudolf Kner (1810–1869) – ein Streifzug durch sein Leben und Werk. Linz 2008 (= Denisia 24).

Weiterführende Literatur  : Botanik und Zoologie in Österreich in den Jahren 1850 bis 1900. Hg.

Zoologische Sammlung 

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Daniel Siderits

SA MMLUNG ZOOLOGISCHER WANDTAFELN

Die zoologische Wandtafelsammlung ist eine Lehrmittelsammlung, die seit 2005 organisatorisch dem Department für Theoretische Biologie zugeteilt ist und von der Zoologischen Sammlung mitbetreut wird. Es handelt sich hierbei um eine Zusammenstellung verschiedener großformatiger Bildtafeln unterschiedlichen Alters sowie verschiedener Produktionstechnik und wissenschaftlich-künstlerischer grafischer Umsetzung. Die Tafeln sind entweder gemalt oder auf Leinwand aufkachierte Drucke, die zu einem Gesamtbild zusammengesetzt sind. Alle Tafeln sind hängend montiert und in einem eigenen Lehrmitteldepot des Universitätszentrums Althanstraße untergebracht. Der Bestand ist zoologisch-systematisch geordnet und vollständig katalogisiert, wobei der Katalog durch eine Foto-Kartothek ergänzt wird, die mittels kleinformatiger Schwarz-Weiß-Fotografien und Notizen als Benützungshilfe und Suchinstrument herangezogen werden kann. Aus der Perspektive der modernen Didaktik stellt diese Lehrsammlung einen historischen Bestand dar, der aufgrund der Verdrängung durch elektronische Medien im Lehrbetrieb kaum mehr Verwendung findet. Die Präsentationstechnik und Wissensvermittlung mittels Wandtafeln stammt aus der Zeit ab etwa 1870 bis in die 1970er-Jahre. Es waren zwar mit Beginn des 20. Jahrhunderts durch den zunehmenden technischen Fortschritt bildgebende Aufnahme- und Wiedergabetechniken für realistische, grafisch komplexe sowie wissenschaftlich-schematisierte Inhalte relativ leicht zugänglich und verfügbar, die Produktion und Präsentation solcher Bildmaterialen – gerade im täglichen Lehrbetrieb – war jedoch mit großen Kosten verbunden. Der Umstand, dass die jüngsten Wandtafeln aus den späten 1970er-Jahren datieren, muss zwar als eine bis

Abb 1: Wandtafel von Rudolf Leuckhart zur Darstellung zweier Lebensbilder (4, 5), der Anatomie (1–3) und Entwicklung (6) der Korallen. Berlin, um 1880

dahin bewährte, doch auch schon damals etwas veraltete Tradition angesehen werden. Obwohl wahrscheinlich bereits vor der ersten Berufung von Rudolf Kner (1810–1869) auf einen eigenen Lehrstuhl für Zoologie im Jahr 1849 im damaligen sogenannten »Naturhistorischen Museum der Universität Wien« Bildtafeln als Lehrbehelfe existiert haben, findet der erste große systematische Bestandsaufbau erst durch Kners Nachfolger Carl Claus (1835–1899) um 1880 statt. Claus gründete im Zuge seiner ModernisierungsSammlung Zoologischer Wandtafeln 

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Abb 2: Wandtafel Nr. 18 von Paul Pfurtscheller zur Anatomie von Tropidonotus natrix (Ringelnatter), sowohl in Übersicht (1) als auch speziell zum Schädelskelett (2) und dem Herz-/Lungenkreislauf (3, Schema). Wien, um 1890

bestrebungen der Wiener Zoologie an seinem Institut am Schottenring 22 beziehungsweise in der ehemaligen Gewehrfabrik (heute Währinger Straße 11, 1090 Wien) eine eigene Fachbibliothek, zu deren Aufgaben auch die Verwaltung von Wandtafeln gehörte. Dass parallel dazu an den beiden anderen zoologischen Instituten der Universität Wien, die auch jeweils über eine eigene Bibliothek verfügten, ebenfalls Wandtafeln vorhanden waren, kann nicht ausgeschlossen werden. 1897 wurden schließlich nach dem Umzug in das neue Universitätshauptgebäude am Ring und nach der Vereinigung aller zoologischen Bibliotheken und Sammlungen in eine neu geschaffene »Zoologisch-vergleichend-anatomische Sammlung und Bibliothek« alle vorhandenen Wandtafeln zur heute noch bestehenden Sammlung zusammengefasst. Die Einrichtung »Sammlung und Bibliothek« wurde dem damaligen I. und II. Zoologischen Institut zur gemeinsamen Nutzung und Verwaltung zugewiesen. Organisatorisch wurden Sammlung und Bibliothek 198  ]  Daniel Siderits

in der Mitte des 20. Jahrhunderts getrennt, wobei die ehemalige »Bibliothek für Zoologie« mit dem Umzug in das Biozentrum im Jahr 1982 mit den Bibliotheken der Institute für Pflanzenphysiologie und Humanbiologie zur »Fachbereichsbibliothek für Biologie« vereint wurde. Die Wandtafeln verblieben in der direkten Verwaltung des Instituts für Zoologie. Dem Katalog und der Bildkartei zufolge setzt sich das Inventar aus insgesamt 874 Tafeln zusammen, die das gesamte Tierreich abdecken  : angefangen bei mikroskopischen Einzellern bis zum Menschen, wobei überwiegend vergleichend-anatomische beziehungsweise stammesgeschichtlich-morphologische Aspekte im Vordergrund stehen. Einige wenige Wandtafeln befassen sich mit Tiergeografie, Ökologie und Genetik, wobei vor allem die beiden letzten Kategorien großteils den 1950bis 1970er-Jahren entstammen. Unter den angekauften Tafelserien sind besonders jene von Rudolf Leuckart (1822–1898) und Paul Pfurtscheller (1855–1927) hervorzuheben, von denen noch rund 200 Stück erhalten sind. Abgesehen von ein paar Tafeln verschiedener Verlage setzen sich etwa die Hälfte bis zwei Drittel des Bestandes aus späteren Produktionen der institutseigenen Wandtafelmaler beziehungsweise Grafiker zusammen. Die Leuckart’sche Serie, die zwischen 1877 und 1892 entworfen und von Carl Chun (1852–1914) fortgesetzt wurde, besticht in erster Linie durch den hohen Grad an wissenschaftlicher Aufarbeitung des gezeigten Gegenstandes. Leuckart war selbst Zoologe, Forscher und unter anderem auch der akademische Lehrer von Claus und dessen späterem Nachfolger Berthold Hatschek (1854–1941), wobei nicht nur seine eigenen Ergebnisse in die Tafelserie eingeflossen sind, sondern auch zahlreiche andere Forscher dieser explorativen Phase der Zoologie durch ihre Veröffentlichungen wichtige Grundlagen für die Vielzahl an dargestellten Tiergruppen und Themengebieten geliefert haben. Die Werke von Paul Pfurtscheller aus der Zeit um 1900 bestechen hingegen weniger durch die Fülle an Detailinformation, sondern mehr durch ihre naturalistische Umsetzung, was besonders an den Sektions- und

Lebensbildern zu erkennen ist. Sie sind grafisch ebenso wie inhaltlich einzigartig und didaktisch lehrreich wie jene von Leuckart. Beide Bestände dokumentieren zoologische Lehrinhalte und deren Vermittlung zur Zeit um 1900 auf einzigartige Weise und rücken in jüngster Zeit aufgrund ihrer hervorragenden Qualität wieder in den Blickpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Adresse  : Department für Theoretische Biologie Biozentrum (UZA I) Althanstraße 14 1090 Wien Weiterführende Literatur  : Abbott, Alison  : Visual zoology. Historic zoological wallcharts found in Pavia. In  : Nature 421 (2003), S. 580. Bucchi, Massimiano  : Images of science in the classroom  : wallcharts and science education 1850–1920. In  : British Journal for the History of Science 31 (1998), S. 161–184. Hoßfeld, Uwe/Markert, Michael  : Historische Rollbilder  : Biologie im Blick. Zufallsfund an der Universität Jena. In  : Biologie in unserer Zeit 41 (2011), S. 190–197.

Abb 3: Wandtafel von Rudolf Leuckart unter Verwendung der Originalabbildungen von Berthold Hatschek (veröffentlicht 1881) zur Entwicklung des Lanzettfischchens Branchiostoma lanceolatum Pallas 1774. Berlin, um 1880

Sammlung Zoologischer Wandtafeln 

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VER ZEICHNIS DER AUTORINNEN UND AUTOREN

Amann, Anton Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. – Pensionierter außerordentlicher Professor am Institut für Soziologie, Mitbegründer und Leiter des Paul F. Lazarsfeld-Archivs

Fuxjäger, Anton Mag. Dr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Leiter der Videothek

Bobrowsky, Manfred Ass.-Prof. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Begründer und Leiter des Videoarchivs

Gappmayr, Alexandra Mag. a – Leiterin der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung

Buchner, Ralf Dipl.-Biol. Dr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Strukturelle und Funktionelle Botanik Domenig, Roland Mag. Dr. – Ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ostasienwissenschaften, ehem. Leiter der Japanologischen Sammlung Effenberger, Herta Silvia ao. Univ.-Prof.in Dr.in – Außerordentliche Professorin am Institut für Mineralogie und Kristallographie, Leiterin der Mineraliensammlung Emmerig, Hubert ao. Univ.-Prof. Dr. M.A. – Außerordentlicher Professor am Institut für Numismatik und Geldgeschichte, Leiter der Numismatischen Sammlung Engel, Martin Dr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Kunstgeschichte, Leiter der Foto-, der Original- und der Plansammlung Fabian, Tanja Mag.a – Leiterin der Fachbereichsbibliothek Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Informatik Feigl, Claudia Mag.a MAS – Sammlungsbeauftragte der Universität Wien

Gerhalter, Li Mag.a – Ehem. Senior Scientist der Forschungsplattform »Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im veränderten europäischen Kontext«, Betreuerin der Sammlung Frauennachlässe Gohm-Lezuo, Julia Mag.a – Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie Gruber, Klemens ao. Univ.-Prof. Dr. – Außerordentlicher Professor für Intermedialität am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Leiter des intermedialen Bildarchivs Haselmair, Ruth Mag.a – Ehem. Sammlungsmitarbeiterin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie Janke, Pia ao. Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in – Außerordentliche Professorin am Institut für Germanistik, Begründerin und Leiterin des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums Jánosi, Peter-Christian ao. Univ.-Prof. Dr. – Außerordentlicher Professor am Institut für Ägyptologie Jörg, Irene Mag.a – Lektorin am Institut für Geographie und Regionalforschung

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 

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Kainrath, Wolfgang Rudolf – Mitarbeiter der Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Kaplan, Irene Mag.a – Leiterin der Bibliothek und der Sammlung des Instituts für Ägyptologie Kiehn, Michael ao. Univ.-Prof. Dr. – Leiter der Core Facility Botanischer Garten, außerordentlicher Professor am Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung Kletter, Christa Ass.-Prof.in i.R. Mag.a Dr.in – Pensionierte Assistenzprofessorin des Instituts für Pharmakognosie, Leiterin der historischen Sammlungen des Departments für Pharmakognosie Krems, David Mag. – Medienarchivar und Mitarbeiter des intermedialen Bildarchivs am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Lang, Walter Mag. MSc – Mitarbeiter des Instituts für Geographie und Regionalforschung Lein, Richard ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. – Pensionierter außerordentlicher Professor am Department für Geodynamik und Sedimentologie, Leiter des Geologischen Archivs Lichtscheid, Irene ao. Univ.-Prof.in Dr.in – Leiterin der Core Facility für Cell Imaging und Ultrastrukturforschung Lipowec, Cathrin Mag.a – Ehem. Sammlungsmitarbeiterin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie Maisel, Thomas HR Mag. MAS – Leiter des Universitätsarchivs Meyer, Marion o. Univ.-Prof. Dr.in – Vorständin des Instituts für Klassische Archäologie, Leiterin der Archäologischen Sammlung 202  ]  Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Müller, Günter Mag. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Leiter der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen Müller, Isolde Mag.a – Ehem. Mitarbeiterin des Instituts für Astronomie und der Fachbereichsbibliothek Astronomie Peter, Birgit Mag.a Dr.in – Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Theater-, Film und Medienwissenschaft, Leiterin des Theaterhistorischen Archivs Peticzka, Robert Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Geographie und Regionalforschung, Leiter des Physiogeographischen Labors Polleroß, Friedrich OR Dr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Kunstgeschichte, Leiter der Diaund der Gipsabguss-Sammlung Popp, Friedrich OR Dr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Geodynamik und Sedimentologie, Leiter der Geologischen Sammlung Posch, Thomas PD Mag. DDr. – Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Astronomie, Leiter des Sternwartemuseums Rauscher, Karl Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Paläontologie, Leiter der Paläontologischen Sammlung Reiter, Violetta Mag.a – Mitarbeiterin der Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte Richter, Wolfram em. o. Univ.-Prof. Dr. – Emeritus des Departments für Lithosphärenforschung

Sachslehner, Franz Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor an der Fakultät für Physik, Leiter der Physikhistorischen Sammlung

Waitzbauer, Wolfgang ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. – Pensionierter außerordentlicher Professor am Department für Naturschutzbiologie, Vegetations- und Landschaftsökologie, Leiter der Insektensammlung

Schiller, Alexander Univ.-Ass. DI Dr. M.A. – Universitätsassistent am Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde, Betreuer des Nachlasses von Erich Frauwallner

Widorn, Verena Mag.a Dr.in – Universitätsassistentin am Institut für Kunstgeschichte, Leiterin des Western Himalaya Archive Vienna

Schmidhofer, August Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Musikwissenschaft, Leiter der Musikinstrumenten-Sammlung

Zach, Michael ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. – Außerordentlicher Professor am Institut für Afrikawissenschaften, Leiter der Sudanarchäologischen Sammlung

Schwabl, Hans-Dominik Dr. – Mitarbeiter der Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik und Informatik Siderits, Daniel Mag. – Assistenzkurator der Zoologischen Sammlung Stuppner, Alois Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Ur- und Frühgeschichte, Leiter der Studiensammlung Szemethy, Hubert Ass.-Prof. Mag. Dr. – Assistenzprofessor am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigrafik, Leiter der Institutssammlung Teschler-Nikola, Maria ao. Univ.-Prof.in Doz.in Dr.in – Direktorin der Anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien, Lehrbeauftragte des Departments für Anthropologie Till, Walter Ass.-Prof. Dr. – Assistenzprofessor am Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung, Leiter des Herbariums Wagreich, Michael ao. Univ.-Prof. Dr. – Außerordentlicher Professor am Department für Geodynamik und Sedimentologie

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 

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PERSONENREGISTER

Abel, Othenio (1875–1946) – Paläontologe  ; 1912–1940 Professor für Paläontologie an der Universität Wien, 1932/33 Rektor, Begründer der Paläobiologe  139 Adler, Guido (1855–1941) – Musikwissenschafter  ; 1898–1927 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Wien  131 Alinari, Gebrüder (d.i. Leopoldo, Romualdo und Guiseppe) – florentinische Fotografen  ; Pioniere der Kunstfotografie  109 Allgayer-Kaufmann, Regine (geb. 1950) – Musikwissenschafterin  ; seit 2002 Professorin für vergleichende Musikwissenschaft an der Universität Wien  132 Apian, Peter (1495–1552) – deutscher Astronom, Geograf und Mathematiker 182 Arnberger, Erik (1917–1987) – Kartograf, Geograf und Höhlenforscher  ; 1966–1983 Professor für Geografie an der Universität Wien  63, 69 Arnold, John (1736–1799) – britischer Uhrmacher und Erfinder von Chronometern 180 Baldus, Édouard (1813–1889) – Fotograf  ; professioneller Architekturfotograf 109 Bartenstein, Johann Christoph Freiherr von (1689–1767) – Politiker  ; Leiter der österreichischen Aussenpolitik und Erzieher des späteren Kaisers Joseph II.  76 Baumann, Hermann (1902–1972) – Ethnologe  ; 1939–1945 Professor für Ethnologie an der Universität Wien  103 Baumgartner, Andreas Freiherr von (1793–1865) – Physiker und Minister  ; 1823–1855 Professor für Physik und angewandte Mathematik an der Universität Wien  147 Becke, Friedrich Johann Karl (1855–1931) – Mineraloge und Petrograf  ; 1898–1927 Professor für Mineralogie an der Universität Wien, Leiter des Instituts für Mineralogie und Petrographie, 1918/19 Rektor 124 Becker-Donner, Etta (1911–1975) – Ethnologin  ; Direktorin des Museums für Völkerkunde Wien  22 Benndorf, Friedrich August Otto (1838–1907) – Archäologe  ; 1877– 1898 Professor für Archäologie an der Universität Wien, Begründer des Österreichischen Archäologischen Instituts  33 Berger, Alfred Freiherr von (1853–1912) – Theaterdirektor und Schriftsteller  ; 1910–1912  ; Direktor des Wiener Burgtheaters, Ehemann von Stella von Hohenfels-Berger  164 Berger, Franz (1909–1965) – Pharmakognost  ; Direktor der Wiener Drogistenschule 144

Berger, Gisela (1879–1960) – Dichterin  164 Berndt, Wilhelm (Lebensdaten unbekannt) – Kaufmann, Verleger und Globenhersteller 65 Bertrand, Marcel Alexandre (1847–1907) – französischer Geologe  ; 1886–1907 Professor für Geologie an der École des Mines de Paris  83 Betz, Artur (1905–1985) – Archäologe und Epigraf  ; 1948–1975 Professor für römische Geschichte, Altertumskunde und Epigrafik an der Universität Wien  26 Bisson, Auguste-Rosalie (1826–1900) – Fotograf  ; Pionier der französischen Fotografie, gemeinsam mit Bruder Louis-Auguste Leiter des Studios Bissons frères 109 Bisson, Louis-Auguste (1814–1876) – Fotograf  ; Pionier der französischen Fotografie, gemeinsam mit Bruder Auguste-Rosalie Leiter des Studios Bissons frères 109 Blaschka, Leopold (1822–1895) – Glaskünstler  ; Hersteller botanischer und zoologischer Glasmodelle  193 Blaschka, Rudolf (1857–1939) – Glaskünstler  ; Sohn und Nachfolger von Leopold Blaschka 193 Bobek, Hans (1903–1990) – Geograf und Kartograf  ; 1951–1971 Professor für Kulturgeografie an der Universität Wien  69 Boić, Gemma (1883–1914) – Schauspielerin  165 Boltzmann, Ludwig (1844–1906) – Physiker  ; 1873–1878 Professor für Mathematik an der Universität Wien, ab 1894 Professor für Physik an der Universität Wien  149 Bonitz, Hermann (1814–1888) – Altphilologe  ; 1849–1867 Professor für Klassische Philologie an der Universität Wien, Begründer des Philologischen Seminars an der Universität Wien  27 Bormann, Eugen (1842–1917) – Altertumsforscher und Epigrafiker  ; 1885–1914 Professor für Alte Geschichte und Epigrafik an der Universität Wien und Direktor des Archäologisch-Epigraphischen Seminars 25f. Bösendorfer, Ludwig (1835–1919) – Klavierbauer  131 Bresolin, Domenico (um 1812–um 1889) – Fotograf 109 Brettauer, Josef (1835–1905) –Numismatiker und Ophthalmologe  ; bedeutender Sammler von Kupferstichen, Münzen und Medaillen 135 Brué, Adrien-Hubert (1786–1832) – Kartograf  70 Brückner, Eduard (1862–1927) – Geograf und Glaziologe  ; 1906–1927 Professor für physische Geografie an der Universität Wien  59 Brühl, Karl Bernhard (1820–1899) – Zoologe und Anatom  ; 1861– 1890 Professor für Zootomie und vergleichende Anatomie an der Universität Wien, Begründer des Zootomischen Instituts  194

Bühler, Karl (1879–1963) – Psychologe und Philosoph  ; 1922–1938 Professor für Psychologie an der Universität Wien  47 Bukowski von Stolzenburg, Gejza (1858–1937) – Geologe und Paläontologe  ; Chefgeologe der k.k. Geologischen Reichsanstalt in Wien 87 Burnacini, Lodovico Ottavio Freiherr von (1636–1707) – italienischer Theaterarchitekt und Bühnenbildner  ; Architekt Kaiser Leopolds I. 163 Busch, Gustav Richard (1857–1918) – deutscher Schauspieler  163 Castle, Eduard (1875–1959) – Literaturhistoriker und Theaterwissenschafter  ; Professor für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Wien  163 Cellarius, Andreas (1596–1665) – deutscher Astronom, Mathematiker und Kosmograf  182 Cellarius, Christoph (1638–1707) – deutscher Historiker, Geograf, Philologe und Theologe  ; 1693–1703 Professor für Rhetorik und Geschichte an der Universität Halle  75f. Celtis, Konrad (1459–1508) – Humanist  ; ab 1497 Professor für Rhetorik und Metrik an der  Universität Wien  171f. Chun, Carl (1852–1914) – Zoologe und Tiefseeforscher, Professor für Zoologie an der Universität Breslau, Herausgeber Zoologischer Wandtafeln (gemeinsam  mit Rudolf Leuckart)  198 Cvijić, Jovan (1865–1927) – Geologe und Geograf, ab 1893 Professor für Geografie an der Universität Belgrad  83 Clar, Eberhard (1904–1995) – Geologe  ; 1954–1972 Professor für Geologie an der Universität Wien  86 Claus, Karl Friedrich (1835–1899) – Zoologe  ; 1873–1896 Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie an der Universität Wien, Gründer und Direktor der k.k. Zoologischen Station in Triest  194, 197 Clüver, Philipp (1580–1622) – deutscher Geograf und Historiker  ; Mitbegründer der historischen Geografie  76 Conze, Alexander (1831–1914) – Archäologe  ; 1869–1877 Professor für Archäologie an der Universität Wien, Mitbegründer des Archäologisch-Epigraphischen Seminars  25f., 33 Cubasch, Heinrich (1849–1904) – Münzsammler  135 Demus, Otto (1902–1990) – Kunsthistoriker, 1963–1973 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien  120 Dichter, Ernest (1907–1991) – Psychologe  ; Pionier der Marktpsychologie 47f. Diener, Carl (1862–1928) – Geologe und Paläontologe  ; 1903–1928 Professor für Paläontologie an der Universität Wien, 1922 Rektor 139f. Dittler, Emil (1882–1945) – Mineraloge  ; ab 1921 Professor für Mineralogie an der Universität Wien  127 Doelter y Cisterich, Cornelius (1850–1930) – Mineraloge  ; 1907–1921 Professor für Mineralogie an der Universität Wien  127 Doppler, Christian (1803–1853) – Mathematiker und Physiker  ; ab

1850 Professor für Experimentalphysik an der Universität Wien, Begründer und erster Leiter des Instituts für Physik  148f. Dumont, Louise (1862–1932) – deutsche Schauspielerin und Theaterleiterin 164 Ebers, Georg (1837–1898) – Ägyptologe und Schriftsteller  ; ab 1875 Professor für Ägyptologie an der Universität Leipzig  22 Ehrendorfer, Friedrich (geb. 1927) – Botaniker und Pflanzensystematiker  ; 1970–1995 – Professor für Botanik an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens 42, 89 Ehrhart, Jakob Friedrich (1742–1795) – deutscher Botaniker  90 Eitelberger-Edelberg, Rudolf von (1717–1885) – Kunsthistoriker  ; ab 1852 erster Professor für  Kunstgeschichte an der Universität Wien  110, 113, 115 Endlicher, Stephan Ladislaus (1804–1849) – Botaniker und Philologe  ; ab 1840 Professor für Botanik an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens und Begründer des Botanischen Museums der Universität Wien  41, 43 Ettings­hausen, Andreas Freiherr von (1796–1878) – Mathematiker und Physiker  ; ab 1821 Professor der höheren Mathematik an der Universität Wien, ab 1852 Direktor des Physikalischen Instituts, 1862 Rektor  148f. Evans, Arthur (1851–1941) – britischer Archäologe  25 Exner, Franz Serafin (1802–1853) – Philosoph, Universitäts- und Schulreformer 27 Flatter, Richard (1891–1960) – Übersetzer und Schriftsteller  165 Fellner, Ferdinand (1847–1916) – Architekt  ; gemeinsam mit Hermann Helmer Architekt zahlreicher Wiener Wohn-, Geschäftsund Theaterbauten  179 Felkl, Jan (1817–1887) – Verleger und Globenbauer  65 Fenzl, Eduard (1808–1879) – Botaniker  ; ab 1849 Professor für Botanik an der Universität Wien und Direktor des Botanischen Gartens  41, 43 Ferstel, Heinrich Freiherr von (1828–1883) – Architekt  ; Hauptvertreter der Architektur des Historismus und Mitgestalter der Wiener Ringstrasse 119 Fessl, Johann (Lebensdaten unbekannt) – Gebäudeaufseher der Universität Wien  174 Fink, Julius (1918–1981) – Geograf und Geologe  ; 1969–1981 Professor für Physische Geografie an der Universität Wien  59, 61, 63 Fischer, Hans (geb. 1931) – Geograf  ; 1982–2000 Professor für Physische Geografie an der Universität Wien  59, 61, 63 Fischer von Erlach, Johann Bernhard (1656–1723) – Architekt und Baumeister  ; kaiserlicher Hofarchitekt und -ingenieur, Mitbegründer der spätbarocken deutschen Architektur  113 Franz jun., Johann Georg (1775–1836) – deutscher Kunsthändler  65 Franz, Julius (1831–1915) – Architekt  ; Chefarchitekt des ägyptischen Vizekönigs 117 Frauwallner, Erich (1898–1974) – Indologe und Buddhismuskundler  ; Personenregister 

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1955–1964 Professor für Indologie am Indologischen Institut der Universität Wien  57f. Freytag, Gustav (1852–1938) – Verleger  65 Fürer-Haimendorf, Christoph von (1909–1995) – Ethnologe  ; Indienund Himalayaforscher 104 Gauß, Carl Friedrich (1777–1855) – deutscher Mathematiker und Erdmagnetismusforscher 125f. Geitler, Lothar (1899–1990) – Botaniker  ; ab 1948 Professor für Botanik an der Universität Wien und Direktor des Botanischen Gartens  42, 90f. Gernböck, Lotte (1927–2009) – Ethnologin  132 Glücksmann, Heinrich (1864–1947) – Journalist, Lyriker, Dramatiker und Übersetzer  165 Gmunden, Johannes von (um 1380–1442) – Astronom und Mathematiker  ; ab 1408 Lehrender an der Universität Wien  179 Graff, Anton (1736–1813) – Bildnis- und Landschaftsmaler  176 Grienauer, Edwin (1893–1964) – Bildhauer und Medailleur  135, 137 Grün, Dionys Ritter von (1819–1896) – Geograf  ; 1872–1875 Lehrer des Kronprinzen Rudolph  ; ab 1875 Professor für Geografie an der deutschen Universität Prag  75 f. Haberlandt, Herbert Eduard (1904–1970) – Mineraloge  ; 1948–1958 Professor für Mineralogie an der Universität Wien  127 Haekel, Josef (1907–1973) – Ethnologe  ; 1950–1973 Professor für Völkerkunde an der Universität Wien  104 Hahn, Wolfgang (geb. 1945) – Numismatiker  ; 1990–2010 Professor für Numismatik an der Universität Wien  135 Halácsy, Eugen von (1842–1913) – Botaniker und Mediziner  ; bedeutender Pflanzensammler  89 Handel-Mazzetti, Heinrich Freiherr von (1882–1940) – Botaniker  ; ab 1925 Kustos im Naturhistorischen Museum Wien  ; bedeutender Pflanzensammler 90f. Hansen, Theophil Edvard Freiherr von (1813–1891) – Architekt und Baumeister  ; Mitgestalter der Wiener Ringstrasse  33, 119 Haselberger, Herta (1927–1974) – Kunstethnologin und –historikerin 104 Hassinger, Hugo (1877–1952) – Geograf  ; 1931–1950 Professor für Geografie an der Universität Wien  69 Hatschek, Berthold (1854–1941) – Zoologe  ; 1896–1925 Professor für Zoologie an der Universität Wien, Leiter des II. Zoologischen Instituts 198f. Hauslab, Franz von (1798–1883) – Kartograf, General und Maler  80 Heine-Geldern, Robert Freiherr von (1885–1968) – Ethnologe und Archäologe  ; 1931–1938 Professor für Völkerkunde an der Universität Wien  104 Hell, Maximilian (1720–1792) – Jesuit, Astronom  ; ab 1755 Professor für Astronomie an der Universität Wien und erster Direktor der Wiener Universitätssternwarte  179 Helmer, Hermann (1849–1919) – Architekt  ; Architekt zahlreicher

206  ]  Personenregister

Wohn-, Geschäfts- und Theaterbauten (gemeinsam mit Ferdinand Fellner) 179 Heß, Wolfgang (1926–1999) – Numismatiker  ; ab 1980 Hauptkonservator der Staatlichen  Münzsammlung München  137 Hirschfeld, Otto (1843–1922) – Altertumsforscher und Epigrafiker  ; 1876–1885 Professor für Alte Geschichte, Altertumskunde und Epigrafik an der Universität Wien, Mitbegründer des Archäologisch-Epigraphischen Seminars  25 Hoernes, Moriz (1852–1917) – Prähistoriker  ; ab 1892 Privatdozent für Prähistorische Archäologie an der Universität Wien, ab 1911 ordentlicher Professor ad personam für Prähistorische Archäologie  29, 185 Hofer, Helmut (1912–1989) – Zoologe  ; Kustos der Zoologischen Sammlung 195 Hohenfels, Stella (1857–1920) – Burgschauspielerin  164 Hornbostel, Erich von (1877–1935) – Musikethnologe  ; 1906–1933 Leiter des Berliner Phonogrammarchivs  132 Houben, Heinrich (1875–1935) – deutscher Literaturwissenschaftler und Publizist  164 Humboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von (1769–1859) – deutscher Naturforscher und Weltreisender, Mitbegründer der Geografie als empirische Wissenschaft  70 Hyrtl, Joseph (1810–1894) – Anatom  ; ab 1845 Professor für Anatomie an der Universität Wien, Begründer des Museums für vergleichende Anatomie in Wien, 1864/65 Rektor  194f. Ilg, Johann Georg (1771–1836) – Arzt, Mediziner und Anatom  ; ab 1808 öffentlich lehrender  Prosektor an der k.k. Josephsakademie in Wien, ab 1810 Professor für Anatomie an der Universität Prag  194 Jacquin, Joseph Franz Freiherr von (1766–1839) – Botaniker  ; ab 1797 Professor für Botanik und Chemie an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens  41 Jacquin, Nicolaus Joseph Freiherr von (1727–1817) – Botaniker  ; ab 1768 Professor für Botanik und Chemie an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens  41 Jaillot, Alexis-Hubert (1632–1712) – Kartograf und Verleger  70 Jelinek, Elfriede (geb. 1946) – österreichische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin 99ff. Junker, Hermann (1877–1962) – Ägyptologe  ; ab 1912 Professor für Ägyptologie an der Universität Wien, Mitbegründer und erster Vorstand des Instituts für Ägyptologie und Afrikanistik  21, 23, 160 Jüttner, Joseph (1775–1848) – Mathematiker, Militärgeograf und Globenmacher  65f., 181 Kadmon, Stella (1902–1989) – Schauspielerin, Kabarettistin und Theaterleiterin 165 Kassner, Carl (1864 - 1950) – Meteorologe  65f. Keck, Karl (1825–1894) – Buchdruckereibesitzer, Botaniker und Pflanzensammler 89

Kerner von Marilaun, Anton (1831–1898) – Botaniker  ; 1878–1898 Professor für Botanik an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens und des Botanischen Museums der Universität Wien  37, 42, 89f. Kindermann, Heinz (1894–1985) – Literatur- und Theaterwissenschafter  ; 1942–1945 und 1953–1969 Professor für Theaterwissenschaft an der Universität Wien, Begründer des Instituts für Theaterwissenschaft  163 f. Klaar, Adalbert (1900–1981) – Architekt, Siedlungs- und Hausformenforscher  ; Staatskonservator am Bundesdenkmalamt  119 Klaus, Johannes (1847–1893) – Kupferstecher und Maler  116 Kleinhans, Caroline (Lebensdaten unbekannt) – Geografin  67 Kner, Rudolf (1810 –1869) – Zoologe  ; 1849–1869 Professor für Zoologie an der Universität Wien und Leiter des Zoologischen Museums der Universität Wien  139, 194, 197 Knoll, Fritz (1883–1981) – Botaniker  ; 1933–1945 Professor für systematische Biologie an der Universität Wien und Direktor des Botanischen Gartens, 1938–1943 Rektor  42, 171f. Kny, Leopold (1841–1916) – deutscher Botaniker  ; Autor botanischer Wandtafeln 151 Koppers, Wilhelm (1886–1961) – Ethnologe und Forscher  ; 1928– 1939 Professor für Völkerkunde an der Universität Wien, Mitbegründer des Instituts für Völkerkunde  104f. Kossmat, Franz (1871–1938) – Geologe, Geophysiker, Paläontologie und Mineraloge  ; 1894-97 Assistent am Geologischen Institut der Universität Wien  87 Kreil, Carl (1798–1862) – Meteorologe  ; 1851–1862 erster Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien 125 Kreiner, Josef (geb. 1940) – Japanologe  ; 1971–1977 Professor für Japanologie an der Universität Wien  95 Kretschmer, Ingrid (1939–2011) – Geografin  ; ab 1966 ausserordentliche Professorin für Kartografie am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien  69 Kubitschek, Wilhelm (1858–1936) – Althistoriker, Epigrafiker und Numismatiker  ; 1905–1929 Professor für römische Altertumskunde und Epigrafik an der Universität Wien  135 Kühn, Othmar (1892–1969) – Paläontologe und Botaniker  ; 1951– 1964 Professor für Paläontologie und Paläobiologie an der Universität Wien, 1960/61 Rektor  140 Kühnelt, Wilhelm (1905–1988) – Zoologe, Entomologe, Ökologe und Umweltschützer  ; zunächst Kustos der Zoologischen Sammlung, 1952–196 Professor für allgemeine Zoologie und vergleichende Anatomie an der Universität Wien  93f., 195 Kundmann, Carl (1838–1919) – Bildhauer, Hauptrepräsentant der Wiener Ringstraßenplastik  26 Kupelwieser, Carl (1841–1925) – Jurist und Mäzen  ; Stifter des Instituts für Radiumforschung in Wien  149 Lang, Viktor von (1838–1921) – Physiker  ; ab 1865–1908 Professor

für Physik der Kristalle an der Universität Wien, 1884 und 1889 Rektor 148 Langfelder, Hedy (geb. 1911) – Konzertpianistin  ; Ehefrau von Ernest Dichter 47 Laugier, Robert (1722–1793) – Pharmakologe  ; 1755–1768 Professor für Chemie und Botanik an der Universität Wien, erster Direktor des Botanischen Gartens  41 Lazarsfeld, Paul Felix (1901–1976) – Soziologe und Mathematiker  ; Mitglied des Psychologischen Instituts der Universität Wien und Mitbegründer des Instituts für Höhere Studien in Wien  47, 121f. Lazius, Wolfgang (1514–1565) – Humanist, Historiograf, Kartograf, Mediziner  ; ab 1541 Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien  71 Lennep, A. O. van (18??–1913) – Münzsammler  135 Leuckart, Karl Georg Friedrich Rudolf (1822–1898) – Zoologe, 1869–1898 Professor für Zoologie und Zootomie an der Universität Leipzig, Begründer der Parasitologie und Gestalter zoologischer Wandtafeln 198f. Levasseur, Pierre Émile (1828–1911) – Statistiker, Geograf und Ökonom 67 Lindemann, Gustav (1872–1960) – Theaterleiter und Regisseur  ; Mitbegründer des Schauspielhauses Düsseldorf  164 Linhart, Sepp (geb. 1945) – Japanologe  ; 1978–2012 Professor für Japanologie an der Universität Wien  95 Locchi, Domenico (Lebensdaten unbekannt) – Relief-Hersteller  67f. Löwy, Emanuel (1857–1938) – Archäologe  ; 1918–1928 Professor für Klassische Archäologie an der Universität Wien, Sammler von Inschriften griechischer Bildhauer  26 Loschmidt, Johann Josef (1821–1895) – Physiker  ; 1872–1891 Professor für Physik an der Universität Wien  149 Luschan, Felix von (1854–1924) – Anthropologe  ; 1882 Habilitation an der Universität Wien für Anthropologie bzw. für physische Ethnografie 22 Machatschki, Felix Karl Ludwig (1895–1970) – Mineraloge und Petrograf  ; ab 1944 Professor  für Mineralogie an der Universität Wien 127f. Martius, Theodor Wilhelm Christian (1796–1863) – Pharmakologe  ; ab 1838 Honorarprofessor für Pharmakognosie an der Universität Erlangen 143 Matt, Elisabeth Freiin von (um 1762–1814) – Astronomin  180f. Matznetter, Josef (1917–1990) – Geograf  ; Professor am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien  59f. Meister, Richard (1881–1964) – Pädagoge, Philologe, Kulturphilosoph  ; 1923–1938 Professor für Pädagogik an der Universität Wien, 1938–1945 für Klassische Philologie, 1945–1956 wieder für Pädagogik, 1949/50 Rektor  172 Mell, Max (1882–1971) – Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Essayist 165 Personenregister 

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Mercator, Gerhard (1512–1594) – Mathematiker, Geograf, Kartograf und Globenhersteller  71 Mitscherlich, Eilhard (1794–1863) – Chemiker und Mineraloge  ; ab 1822 Professor für Chemie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin 148 Mitterauer, Michael (geb. 1937) – Historiker  ; 1971–2003 Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien 49 Mohs, Carl Friedrich Christian (1773–1839) – Montanist, Mineraloge und Kristallograf  ; 1826-35 Professor für Mineralogie an der Universität Wien, Begründer der wissenschaftlichen Mineralogie in Österreich 128f. Molisch, Hans (1856–1937) – Botaniker  ; 1909–1928 Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität Wien, 1926/27 Rektor  153 Much, Matthäus (1832–1909) – Prähistoriker  ; ab 1877 Konservator der k.k. Zentralkommission für Kunst und historische Denkmale, Mitbegründer der österreichischen Urgeschichtsforschung, bedeutender Privatsammler  104, 185 Münz, Ludwig (1889–1957) – Kunsthistoriker  ; ab 1946 Direktor der Akademie der bildenden Künste Wien  111

Lehrender an der Universität Wien, Hofastronom von Kaiser Friedrich III.  179, 182 Pfeiffer von Wellheim, Ferdinand (1859–1935) – Jurist und Mikroskopiker  ; Hersteller b  botanischer Serienbilder  151f. Pfurtscheller, Paul (1855–1927) – Zoologe  ; Gymnasiallehrer in Wien und Gestalter zoologischer Wandtafeln  198 Piffl, Eduard (1921–1998) – Zoologe  ; Kustos der Zoologischen Sammlung 195 Pilgram, Anton (1730–1793) – Astronom und Meteorologe  ; ab 1753 Assistent an der Wiener Universitätssternwarte  180 Pintner, Theodor (1857–1942) – Zoologe und Parasitologe  ; ab 1894 Kustos der Zoologischen Sammlung der Universität Wien, 1905– 1927 Professor für Zoologie  195 Plößl, Simon (1794–1868) – Erfinder und Optiker  ; Wegbereiter der Wiener optischen Industrie  181 Pomba, Cesare (1830 – 1898) – Geograf  67ff. Pöch, Rudolf (1870–1921) – Anthropologe und Mediziner  ; ab 1913 Professor für Anthropologie und Ethnografie an der Universität Wien, Begründer des Anthropologisch-Ethnographischen Instituts  29ff., 104, 131 Probszt, Günther (1887–1973) – Numismatiker  137

Nagl, Hubert (Geburtsjahr unbekannt) – Geoökologe  ; Pensionierter ausserordentlicher Professor am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien  61 Nemeschkal, Hans Leo (Geburtsjahr unbekannt) – Zoologe  ; Ausserordentlicher Professor am Department für Theoretische Biologie der Universität Wien, seit 1981 wissenschaftlicher Leiter der Zoologischen Sammlung  195 Neumayr, Melchior (1873–1890) – Paläontologe  ; ab 1879 erster Professor für Paläontologie an der Universität Wien  ; Mitbegründer des Paläontologischen Instituts  139 Neurath, Paul Martin (1911–2001) – Soziologe  ; ab 1991 Gast- und Honorarprofessor am Institut für Soziologie der Universität Wien, Gründer des Lazarsfeld-Archivs  121

Reche, Otto (1879–1966) – Anthropologe und Ethnologe  ; 1924–1927 Professor für Anthropologie und Ethnografie an der Universität Wien 29f. Rechinger, Karl-Heinz (1906–1998) – Botaniker  ; Demonstrator bei Richard Wettstein, 1963–1971 Direktor des Naturhistorischen Museums Wien  37 Regiomontanus, eigentl. Johannes Müller von Königsberg (1436– 1476) – Mathematiker, Astronom und Humanist  179 Reichstein, Tadeus (1897–1996) – Chemiker und Botaniker  ; 1938– 1960 Leiter des Pharmazeutischen Instituts der Universität Basel, 1946–1967 Professor für Organische Chemie der Universität Basel, Nobelpreisträger 144 Reuss, August Emanuel von (1811–1873) – Paläontologe, Geologe und Mineraloge  ; 18631873 Professor für Mineralogie an der Universität Wien  127 Riegl, Alois (1858–1905) – Kunsthistoriker  ; ab 1897 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien, Mitbegründer der »Wiener Schule der Kunstgeschichte« 113 Ritter, Carl (1779–1859) – Geograf und Mitbegründer der wissenschaftlichen Geografie  ; Professor für Geografie an der Berliner Universität 75 Rittmann, Herbert (1930–1993) – Numismatiker  137 Röck, Friedrich (1879–1953) – Ethnologe  ; Mitbegründer und erster Direktor des Museums für Völkerkunde Wien  104 Rohrhofer, Franz (Lebensdaten unbekannt) – Akademischer Maler und Reliefbauer  68 Rothe, Carl (1833–1917) – deutscher Lehrer und Naturforscher  ; Insektensammler 93

Oberhummer, Eugen (1859–1944) – Geograf  ; 1902–1930 Professor für historische und politische Geografie an der Universität Wien  69 Odhner, Willgodt Theophil (1845–1905) – schwedischer Ingenieur  ; Erfinder einer Sprossenrad-Rechenmaschine  125 Pächt, Otto (1902–1988) – Kunsthistoriker  ; 1963–1972 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien  111 Paulsen, Max (1876–1956) – Schauspieler und Regisseur  ; 1922/23 Direktor des Burgtheaters  165 Paulsen, Rudolf (1893–1975) – Numismatiker  137 Penck, Albrecht (1858–1945) – Geograf  ; 1885–1906 Professor für Geografie an der Universität Wien  69 Peuerbach, Georg von (1423–1461) – Astronom und Mathematiker  ;

208  ]  Personenregister

Rugendas, Christian (1708–1781) – deutscher Kupferstecher  ; Sohn von Georg Philipp Rugendas  116 Rugendas, Georg Philipp (1666–1742) – deutscher Maler und Kupferstecher  ; Vater von Christian Rugendas  116 Sachs, Curt (1881–1959) – Musikwissenschafter und Kunsthistoriker  ; Mitverfasser einer systematischen Klassifikation der Musikinstrumente 132 Sardagna, Michele de (1833–1901) – Botaniker  ; bedeutender Pflanzensammler 89 Saurer, Edith (1942–2011) – Historikerin  ; 1992–2011 Professorin für neuere Geschichte an der Universität Wien, Doyenne der österreichischen Frauen- und Geschlechtergeschichte  54 Schebesta, Paul (1887–1967) – Ethnologe  ; Pygmäenforscher  104 Schliemann, Heinrich (1822–1890) – Altertumsforscher, Archäologe und Kaufmann  25 Scherer, Johann Baptist Ritter von (1755–1844) – Mediziner  ; 1806– 1833 Professor für Spezielle Naturgeschichte an der Universität Wien 194 Schmarda, Ludwig Karl (1819–1908) – Zoologe und Forschungsreisender  ; 1862–1883 Professor für Zoologie an der Universität Wien  139, 194 Schmidt, Bernhard (1879–1935) – Optiker  ; Hersteller astronomischer Geräte und Erfinder des Schmidt-Teleskops  181 Schmidt, Gerhard (1924–2010) – Kunsthistoriker  ; 1968–1992 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien  111 Schmidt, Friedrich von (1825–1891) – Architekt  ; Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien und Dombaumeister von St. Stephan  119 Schmitson, Teutwart (1830–1863) – deutscher Tiermaler  116 Schnellinger, Josef (1846–1904) – Münzsammler  135 Scholz, Josef (1835–1916) – Münzsammler  135 Schönninger, Franz Xaver Leopold (1790–1877) – Buchbinder, Globenbauer und -verleger 65 Schott, Eugen (1826–1905) – Münzsammler  135 Schrauf, Albrecht (1837–1897) – Mineraloge  ; 1876–1896 Professor für Mineralogie an der Universität Wien, Leiter des Mineralogischen Museums der Universität Wien 123, 127 Schremmer, Friedrich (1914–1990) – Biologe  ; 1963–1976 Professor für Zoologie an der Universität Heidelberg, Insektensammler 93 Schroff, Karl Damian von (1802–1887) – Pharmakologe und Pharmakognost  ; 1850–1874 Professor für Allgemeine Pathologie und Pharmakologie an der Universität Wien, 1856/57 Rektor  143 Schulcz, Ferenc (1838–1870) – Architekt  119 Semper, Gottfried (1803–1879) – deutscher Architekt  115 Seutter, Matthäus (1678–1757) – Kartograf, Kupferstecher, Landkartenstecher und -verleger  70f. Simony, Friedrich (1813–1896) – Geograf, Geologe und Alpinist,

1851–1886 Professor für Geografie an der Universität Wien, Begründer des Instituts für Geographie  69, 77ff. Simony, Oskar (1852–1915) – Mathematiker und Physiker  ; 1889– 1912 Professor für Physik an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, Sohn von Friedrich Simony  37 Sonnenfels, Joseph Freiherr von (1733–1817) – Jurist und Staatsmann  ; ab 1763 Professor für Polizei- und Kameralwissenschaft an der Universität Wien, 1793 und 1795 Rektor 176 Sorbait, Paulus de (1624–1691) – Arzt  ; ab 1654 Professor für Medizin an der Universität Wien, 1668 Rektor  175 Sotzmann, Daniel Friedrich (1754–1840) – Kartograf  65 Spitz, Albrecht (1883–1918) – Geologe  ; 1911–1918 an der k.k. Geologischen Reichsanstalt in Wien  87 Stefan, Friedrich (1886–1962) – Numismatiker  137 Stefan, Josef (1835-93) – Physiker und Mathematiker  ; ab 1863 Professor für höhere Mathematik und Physik an der Universität Wien, 1876/77 Rektor  148 Steindachner, Franz (1834–1919) – Zoologe und Ichthyologe  ; 1898– 1919 Direktor des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums Wien  37 Steiner, Julius (1840–1918) – Botaniker und Lehrer  ; bedeutender Pflanzensammler 90 Stigler, Robert (1878–1975) – Erstbesteiger und Erforscher des Mount Elgon in Ostafrika  104 Strunz, Hugo (1910–2006) – deutscher Mineraloge  129 Strzygowski, Josef (1862–1941) – Kunsthistoriker  ; 1909–1933 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien  114 Štúr, Dionýs (1827–1893) – Geologe und Paläontologe  ; 1885–1892 Direktor der k.k. Geologischen Reichsanstalt in Wien  83 Suess, Eduard (1831–1914) – Geologe und Politiker, ab 1862 Professor für Geologie an der Universität Wien und Leiter des Instituts für Geologie  81ff., 85, 87 Swoboda, Karl Maria (1889–1977) – Kunsthistoriker  ; 1946–1962 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien  109, 111 Sydow, Emil von (1812–1873) – Preußischer Oberst und Kartograf 71 Troughton, Edward (1753–1853) – Instrumentenbauer  ; führender Hersteller von Navigations-, Vermessungs- und astronomischen Instrumenten 180 Thausing, Moritz (1838–1884) – Kunst- und Kulturhistoriker  ; 1873– 1882 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien, Wegbereiter der Wiener Schule der Kunstgeschichte  110, 115 Thun-Hohenstein, Leo Graf von (1811–1888) – Politiker  ; 1849–1860 Minister für Kultus und Unterricht, Universitäts- und Mittelschulreformer  17, 27 Tiepolo, Giovanni Domenico (1727–1804) – italienischer Maler  115 Troger, Ernest (1926–1988) – Geograf  ; 1966–1988 Professor für allgemeine Geografie an der Universität Wien  59, 61 Tollmann, Alexander (1928–2007) – Geologe  ; 1969–1984 Professor für Geologie an der Universität Wien  81f. Tschermak-Seysenegg, Gustav (1836–1927) – Mineraloge  ; 1868–1877 Personenregister 

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Direktor des Hofmineralienkabinetts, 1868–1906 Professor für Mineralogie und Petrografie an der Universität Wien, 1893/94 Rektor 123f. Uhlig, Viktor (1857–1911) – Geologe und Paläontologe  ; ab 1900 Professor für Geologie und Paläontologie an der Universität Wien, Mitbegründer und erster Präsident der Geologischen Gesellschaft in Wien  139 Unger, Franz (1800–1870) – Botaniker  ; 1850–1866 Professor für Pflanzenphysiologie an der Universität Wien  151, 153 Unger, William 1837–1932) – Maler, Kupferstecher und Radierer  ; ab 1894 Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien  115 Vossius, Gerhard Johannes (1577–1649) – niederländischer Philologe und Historiker  76 Waagen, Wilhelm Heinrich (1841–1900) – Mineraloge, Geologe und Paläontologe  ; ab 1890 Professor für Paläontologie an der Universität Wien  139 Wagner-Rieger, Renate (1921–1980) – Kunsthistorikerin  ; 1958–1980 Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Wien  109 Walger, Heinrich (1829–1909) – deutscher Bildhauer  26 Weber, Wilhelm Eduard (1804–1891) – deutscher Physiker  126 Weigel, Hans (1908–1991) – Theaterkritiker und Schriftsteller  165 Weninger, Josef (1886–1959) – Anthropologe  ; 1927–1938 Professor für Anthropologie und Ethnografie an der Universität Wien  30 Werner, Franz (1867–1939) – Zoologe  ; 1909–1933 Professor für Zoologie an der Universität Wien  93, 195 Wettstein, Richard von Westernheim (1863–1931) – Botaniker  ; ab 1899 Professor für Systematische Botanik an der Universität Wien, Direktor des Botanischen Gartens  37, 42, 90 Wiesner, Julius Ritter von (1838–1916) – Botaniker, Pflanzenanatom und -physiologe  ; ab 1873 Professor für Physiologie und Anatomie der Pflanzen an der Universität Wien und Leiter des neu gegründeten Instituts für Pflanzenphysiologie, 1898/99 Rektor  151, 153, 155f. Wilczek, Hans (1837–1922) – Forschungsreisender und Mäzen  176 Wilhelm, Adolf (1864–1950) – Philologe und Epigrafiker  ; 1905–1933 Professor für griechische Altertumskunde und Epigrafik an der Universität Wien  25 Winter, Erich (geb. 1928) – Ägyptologe  ; ab 1977 Professor für Ägyptologie an der Universität Trier  23 Wulfen, Franz Xaver Freiherr von (1728–1805) – Jesuit, Botaniker, Alpenforscher und Mineraloge  ; bedeutender Pflanzensammler  90 Ziegler, Adolf (1820–1898) – deutscher Arzt, Apotheker und Modelleur  ; Hersteller von Wachsmodellen zur Entwicklung verschiedener Organismen und Gründer des Ateliers für Wissenschaftliche Plastik in Freiburg  193 Ziegler, Friedrich (1860–1936) – Modelleur  ; Sohn und Nachfolger von Adolf Ziegler  193

210  ]  Personenregister

Zippe, Franz Xaver Maximilian (1791–1863) – Mineraloge  ; 1850– 1863 Professor für Mineralogie an der Universität Wien  123, 127, 130 Zittel, Karl Alfred von (1839–1904) – Paläontologe  ; ab 1880 Professor für Geologie an der Universität München, Gestalter paläontologischer Wandtafeln  139 Zohner, Alfred (1903–1967) – Schriftsteller und Journalist  165 Zuckerkandl-Szeps, Berta (1864–1945) – Schriftstellerin und Journalistin 165

BILDNACHWEIS

Die Rechte sämtlicher in diesem Band veröffentlichten Bilder liegen, sofern nicht anders angegeben, bei der Universität Wien. Trotz intensiver Recherche konnten jedoch in einigen wenigen Fällen die Rechtsinhaber nicht ermittelt werden. Berechtigte Ansprüche werden im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten. Sammlung des Instituts für Ägyptologie: Abb 1: Fotograf/in unbekannt, Abb 2: Irene Kaplan, Abb 3: Franz Stoedtner Sammlung des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik: Abb 1-3: Hubert Szemethy, Abb 4: Fotograf/in unbekannt Anthropologische Sammlung: Abb 1, 3 und 4: © Naturhistorisches Museum Wien, Anthropologische Abteilung, Abb 2: Maria Teschler-Nikola Archäologische Sammlung: Abb 1: Fotograf/in unbekannt, Abb 2–4: Edith Hütter Historische Bildersammlung des Fakultätszentrums für Biodiversität: Abb 1: Richard Wettstein, Abb 2 und 3: Fotograf/in unbekannt, Abb 4: Fakultätszentrum für Biodiversität Die Pflanzensammlungen des Botanischen Gartens: Alle Abbildungen: Hortus Botanicus Vindobonensis (HBV) Ernest-Dichter-Archiv: Abb 1: Claudia Feigl Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen: Abb 1, 3 und 4: Claudia Feigl, Abb 2: Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen Sammlung Frauennachlässe: Alle Abbildungen: © Sammlung Frauennachlässe Nachlass Erich Frauwallner: Abb 1: Alexander Schiller Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung: Abb 1: Hans Fischer, Abb 2: Fotograf/in unbekannt, Abb 3: Josef Matznetter Gesteinssammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung: Abb 1 und 2: Irene Jörg Historische Sammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung: Abb 1 und 2: Ingrid Oentrich, © Österreichische Nationalbibliothek (Globenmuseum), Abb 3 und 4: Claudia Feigl Kartensammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung: Abb 1: Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Lackprofilsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung: Abb 1: Walter Lang, Abb 2: Robert Peticzka Nachlassbibliothek Dionys Ritter von Gruen: Abb 1: Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung

Teilnachlass Friedrich Simony: Alle Abbildungen: Fachbereichsbibliothek Geographie und Regionalforschung Geologisches Archiv: Abb 1: Fotograf/in unbekannt, Abb 2: Department für Geodynamik und Sedimentologie, Abb 3: Christian Stocker Geologische Sammlung: Abb 1 und 3: Christian Stocker, Abb 2: Fotograf/in unbekannt Herbarium der Universität Wien: Abb 1, 3 und 4: Herbarium WU, Abb 2: Walter Till Insektensammlung: Alle Abbildungen: Department für Evolutionsbiologie Japanologische Sammlung: Abb 1 und 3: Institut für Ostasienwissenschaften, Abteilung Japanologie, Abb 2: Fotograf/in unbekannt Elfriede Jelinek Forschungszentrum: © Elfriede Jelinek-Forschungszentrum Sammlungen des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie: Abb 1: Cathrin Lipowec, Abb 2: Claudia Feigl, Abb 3: Fotograf/in unbekannt Diasammlung des Instituts für Kunstgeschichte: Abb 1 und 2: Karl Pani Fotosammlung des Instituts für Kunstgeschichte: Alle Abbildungen: Institut für Kunstgeschichte, Fotothek Gipsabguss-Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte: Alle Abbildungen: Karl Pani Originalsammlung des Instituts für Kunstgeschichte: Alle Abbildungen: Institut für Kunstgeschichte, Fotothek Plansammlung des Instituts für Kunstgeschichte: Alle Abbildungen: Institut für Kunstgeschichte, Fotothek Paul F. Lazarsfeld-Archiv: Abb 1: Fotograf/in unbekannt Mineraliensammlung des Departments für Lithosphärenforschung: Alle Abbildungen: Christian Stocker Historische Sammlung der Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik und Informatik: Alle Abbildungen: Claudia Feigl Mineraliensammlung des Instituts für Mineralogie und Kristallographie: Abb 1 und 3: Herta Silvia Effenberger, Abb 2: Claudia Feigl Musikinstrumentensammlung: Abb 1: Institut für Musikwissenschaft, Abb 2: August Schmidhofer, Abb 3: Michael Hagleitner Sammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte: Alle Abbildungen: Institut für Numismatik und Geldgeschichte Paläontologische Sammlung: Abb 1: Fotograf/in unbekannt, Abb 2-4: Rudolf Gold Bildnachweis 

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Historische Sammlungen des Departments für Pharmakognosie: Alle Abbildungen: Christa Kletter Physikhistorische Sammlung: Alle Abbildungen: Franz Sachslehner Sammlungen des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie: Alle Abbildungen: Gregor Eder Sammlung pflanzlicher Rohstoffe des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie: Abb 1: Claudia Feigl Videoarchiv des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft: Abb 1 und 2: Manfred Bobrowsky Sudanarchäologische Sammlung: Abb 1 und 3: Institut für Afrikawissenschaften, Abb 2: Michael Zach Theaterhistorisches Archiv: Alle Abbildungen: Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Intermediales Bildarchiv des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft: Abb 1: Ralph Steiner, Abb 2: Friedrich Rosenstiel Videothek des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft: Alle Abbildungen: Anton Fuxjäger Die universitätshistorischen Sammlungen des Universitätsarchivs: Alle Abbildungen: Archiv der Universität Wien Universitätssternwarte und Museum des Instituts für Astronomie: Abb 1 und 3: Peter Wienerroither, Abb 2 und 4: Franz Kerschbaum Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte: Abb 1, 3 und 4: Institut für Ur- und Frühgeschichte, Abb 2: Britt Schier Western Himalaya Archive Vienna (WHAV): Abb 1: Jaroslav Poncar, Abb 2: Deborah Klimburg-Salter (oben), Verena Widorn (unten), Abb 3: Kemi Tsewang Zoologische Sammlung: Alle Abbildungen: Gregor Eder Sammlung zoologischer Wandtafeln: Alle Abbildungen: Foto Leutner

212  ]  Bildnachweis