Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit: Aufsichtspflicht, Haftung, Datenschutz und alles rechtlich Relevante [1. Aufl. 2019] 978-3-658-26086-6, 978-3-658-26087-3

Dieses Sachbuch erklärt anschaulich und ausführlich rechtliche Probleme, die sich bei der Vorbereitung und Durchführung

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Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit: Aufsichtspflicht, Haftung, Datenschutz und alles rechtlich Relevante [1. Aufl. 2019]
 978-3-658-26086-6, 978-3-658-26087-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-IX
Einleitung (Christian Jasper)....Pages 1-3
Einführung in das deutsche Recht (Christian Jasper)....Pages 5-114
Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit (Christian Jasper)....Pages 115-256
Musterformulare (Christian Jasper)....Pages 257-271
Back Matter ....Pages 273-280

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Christian Jasper

Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit Aufsichtspflicht, Haftung, Datenschutz und alles rechtlich Relevante

Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit

Christian Jasper

Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit Aufsichtspflicht, Haftung, Datenschutz und alles rechtlich Relevante

Christian Jasper Düsseldorf, Deutschland

ISBN 978-3-658-26086-6    ISBN 978-3-658-26087-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Titelbild: deblik Berlin Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Liebe Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter in der Kinder- und Jugendarbeit, liebe Leserinnen und Leser, wer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, wird selten hundertprozentige Sicherheit garantieren können. Spontaneität und ein gesundes Maß an Abenteuerlust machen oft den Reiz der Jugendarbeit aus. Gerade dadurch können sich Kinder und Jugendliche weiterentwickeln. Selbstverständlich müssen diese Eigenschaften aber mit einem großen Maß an Verantwortungsbewusstsein gepaart sein. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer langjährigen Tätigkeit als Jurist und in der Jugendarbeit. Ich habe mich bemüht, die Dinge rechtlich so korrekt wie nötig darzustellen, ohne dafür die Verständlichkeit aufzugeben für Leser, die nicht erst ein komplettes Jura-Studium absolvieren wollen. Viele Fragen habe ich so aufgenommen, wie sie mir in der Praxis gestellt wurden. Die praktische Arbeit vereinfachen sollen auch die Musterformulare, die im vierten Teil dieses Buches abgedruckt sind. Wer sie als Formulierungshilfe für eigene Veranstaltungen benutzen möchte, kann die Formulare auf der Verlagshomepage kostenlos herunterladen. Ein Buch kann nie eine individuelle juristische Beratung ersetzen. Es kann allenfalls helfen, rechtliche Probleme von vornherein zu vermeiden oder Aufmerksamkeit auf die Punkte zu lenken, über die es sich näher nachzudenken lohnt. Bei komplizierten oder weitreichenden Fragen im V

VI Vorwort

Einzelfall ist es aber unbedingt empfehlenswert, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Trotz sorgfältigster Arbeit lassen sich Fehler leider nie ganz ausschließen. Anregungen oder Hinweise nehme ich dankend entgegen unter [email protected]. Wenn im Folgenden meist nur die maskuline Form verwendet wird, so geschieht das allein aus Gründen der besseren sprachlichen Verständlichkeit. Selbstverständlich sind alle weiblichen Leserinnen, Gruppenleiterinnen oder Betreuerinnen stets gleichermaßen angesprochen. Herzlich danke ich allen, die mich mit Anregungen für dieses Buch unterstützt oder die Mühe des Korrekturlesens auf sich genommen haben. Ganz besonders aber freue ich mich über jeden, der sich bislang oder auch in Zukunft in der Kinder- und Jugendarbeit engagiert: Für Euch alle habe ich dieses Buch geschrieben. DüsseldorfChristian Jasper , im Sommer 2019

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung  1 2 Einführung in das deutsche Recht  5 2.1 Öffentliches Recht   8 2.1.1 Kinder- und Jugendhilfe  13 2.1.2 Jugendschutzgesetz  19 2.1.3 Presse- und Medienrecht  20 2.1.4 Steuerrecht  23 2.2 Strafrecht  25 2.2.1 Grundbegriffe  26 2.2.2 Voraussetzungen der Strafbarkeit  28 2.2.3 Straftatbestände im Überblick  32 2.2.4 Umgang mit Straftaten und Strafverfolgung  60 2.3 Zivilrecht  63 2.3.1 Verträge und deren Abwicklung  65 2.3.2 Schadensersatzansprüche auf gesetzlicher Grundlage 84 2.3.3 Versicherungen 103 Literatur114

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VIII Inhaltsverzeichnis

3 Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit115 3.1 Grundlegende Organisationsfragen 115 3.1.1 Rechtsform des Veranstalters 116 3.1.2 Rechtsverhältnis zwischen Veranstalter und Teilnehmern126 3.1.3 Rechtsverhältnis zwischen Veranstalter und Mitarbeitern144 3.1.4 Prävention sexuellen Missbrauchs 149 3.1.5 Datenschutz 162 3.1.6 Foto- und Videoaufnahmen 170 3.1.7 Krisenmanagement 178 3.2 Unterwegs mit Kindern und Jugendlichen 180 3.2.1 Unterkunft 180 3.2.2 Nutzung privater Kraftfahrzeuge 186 3.2.3 Ausweisdokumente & Co. 189 3.2.4 Medizinische Angelegenheiten 190 3.2.5 Konsum von Alkohol, Zigaretten und anderen Suchtmitteln198 3.2.6 Gefährliche Gegenstände im Gepäck 205 3.2.7 Handynutzung 208 3.2.8 Internetnutzung 209 3.2.9 Sanktionen bei Regelverstößen 214 3.3 Besondere Programmbestandteile 219 3.3.1 Lagerfeuer und Feuerwerk 219 3.3.2 Nachtwanderung 221 3.3.3 Auslandsfahrt 222 3.3.4 Tätigkeiten in der Küche 222 3.3.5 Straßenverkehr 223 3.3.6 Fahrradfahren 225 3.3.7 Sport 231 3.3.8 Schwimmen 237 3.3.9 Geländespiel 244 3.3.10 Besuch von Gaststätten 246 3.3.11 Discoabend 246

 Inhaltsverzeichnis 

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3.3.12 Kinobesuch und Filmvorführung 250 3.3.13 Freizeitpark 251 3.3.14 Religiöses 252 3.3.15 Veranstaltungen auf öffentlichen Flächen 254 Literatur255 4 Musterformulare  257 4.1 Anmeldung zum Ferienlager   258 4.1.1 Musterformular   258 4.1.2 Anmerkungen zu dem Vertragsentwurf   261 4.2 Abfrage persönlicher Daten für Ferienlager   265 4.3 Selbstverpflichtungserklärung der Mitarbeiter zur Prävention sexuellen Missbrauchs  267 4.4 Datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung in die Veröffentlichung von Bildnissen  269 Weiterführende Literatur 273 Stichwortverzeichnis

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1 Einleitung

Rechtssichere Kinder- und Jugendarbeit macht Freude.

„Gruppenleiter stehen mit einem Bein im Gefängnis!“, so lautet ein verbreitetes Vorurteil. Wer aktuelle Nachrichten verfolgt, kann bisweilen den Eindruck haben, die Jugendarbeit von Kirche und Vereinen sei zuletzt nur noch von Datenschutzbestimmungen, Haftungsrisiken oder Präventionsbemühungen gekennzeichnet. Mancher Jugendgruppenleiter sieht sich dadurch unter Generalverdacht gestellt und verliert gar die Freude an einem ehrenamtlichen Engagement. Solchen Entwicklungen will dieses Buch entgegenwirken, indem es die nötige Sicherheit im Hinblick auf rechtliche Fragen der Kinder- und Jugendarbeit vermittelt. Gegen das Vorurteil vom Gruppenleiter im Gefängnis lassen sich zwei Argumente anführen: Zum einen sind rechtliche Risiken überschaubar, solange Gruppenleiter ihre Veranstaltungen gewissenhaft vorbereiten und dabei die Maßgaben des gesunden Menschenverstandes sowie zumindest grundlegende juristische Vorgaben beachten. Diese Regeln kennenzulernen, dabei will das vorliegende Buch helfen. Zum anderen mag zuletzt zwar die Aufmerksamkeit für juristische Bezüge in der © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3_1

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Jugendarbeit gewachsen sein, doch bedeutet das nicht, dass sich auch die rechtlichen Risiken in gleichem Maße erhöht hätten. Viele Menschen sind schlicht sensibler für Rechte, die ihnen – zum Teil auch nur angeblich – zustehen, sie drohen eher mit einem Anwalt, doch Verurteilungen von ehrenamtlichen Gruppenleitern oder andere Sanktionen bleiben die äußerst seltene Ausnahme. Man muss auch in Zukunft kein studierter Jurist sein, um sich in seiner Freizeit in Kinder- und Jugendgruppen von Vereinen oder der Kirche zu engagieren. Zwei weitere Vorurteile begegnen dem Juristen bisweilen: Es heißt, das Recht sei eine unglaublich trockene Materie und Juristen müssten so viel auswendig lernen. Auch diesem Eindruck will das vorliegende Buch entgegentreten. Zwar stimmt es, dass die Fülle an rechtlichen Vorschriften kaum zu überblicken ist und dass sich darin auch manche Norm findet, die mit der Lebensrealität nicht viel zu tun zu haben scheint. Gerade deswegen kann es allerdings selbst für rechtlich interessierte Menschen nie darum gehen, alle Gesetze und Vorschriften zu kennen. Das Ziel jeder Beschäftigung mit dem Recht muss vielmehr sein, systematische Zusammenhänge zu erkennen und dann anhand dieses Systems Antworten auf konkrete Einzelfragen zu suchen und zu finden. Wer nur Normen oder Gerichtsentscheidungen auswendig lernt, kommt sonst schnell ans Ende seines Lateins. Diesem Ansatz fühlt sich auch der Autor des vorliegenden Buches verpflichtet. Deshalb steht zu Beginn nicht etwa schon die Spezialfrage nach der Aufsichtspflicht beim Lagerfeuer auf dem Zeltplatz, sondern viel allgemeiner eine kurze Einführung in das deutsche Recht (2. Kapitel). Sie soll den Leser nicht langweilen, sondern ihm einen Überblick verschaffen, um das System des deutschen Rechts verstehen zu können. Mit diesem Wissen im Hintergrund wird die auf den ersten Blick oft schwer verständliche Argumentationsweise von Juristen hoffentlich nachvollziehbarer. Wer gleichwohl auf der Suche nach Antworten auf ganz spezielle Rechtsfragen ist, mag das folgende Kapitel überschlagen und direkt im spezielleren 3. Kapitel beginnen. Einige Musterformulare im 4. Kapitel runden das Buch ab. Die folgenden rechtlichen Ausführungen gelten, soweit nicht anders angegeben, gleichermaßen für haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit. Der Gesetzgeber unterscheidet nur an

1 Einleitung 

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wenigen Stellen zwischen beiden Gruppen. Wenn daher im Folgenden von Mitarbeitern die Rede ist, so sind ehrenamtliche Gruppenleiter, Sporttrainer oder Betreuer von Ferienfreizeiten gleichermaßen gemeint wie hauptamtliche Jugendreferenten, kirchliche Amtsträger oder Verbandsfunktionäre. Der im Alltag übliche Begriff des Betreuers wird dagegen weitgehend vermieden, weil er im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) anders verwendet wird: Danach wird ein Betreuer vom Gericht bestellt, wenn ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung seine Angelegenheiten nicht selbst regeln kann. Mit dieser Art von Betreuung hat es die übliche Kinder- und Jugendarbeit in der Regel nur selten zu tun. Noch ein Hinweis zur Benutzung dieses Buches: Ein gutes juristisches Nachschlagewerk kann nicht ohne Verweise auf Literatur, Rechtsprechung und vor allem auf gesetzliche Normen auskommen. Das gilt auch für das vorliegende Buch, wenngleich die Nachweise bewusst knapp gehalten wurden. Denn es hilft dem interessierten Leser in der Praxis meist wenig, nur Recht zu haben, er will im Zweifel auch vor Gericht Recht bekommen. Dabei helfen Zitate der einschlägigen Gesetze oft ungemein weiter. Wichtige Gesetzestexte werden daher im Folgenden mit abgedruckt; ansonsten sind sie im Internet abrufbar, für Bundesgesetze etwa auf der Seite https://www.gesetze-im-internet.de oder sonst auf den entsprechenden Portalen der Länder. Bei landesrechtlichen Bezügen wird exemplarisch meist das Recht von Nordrhein-Westfalen herangezogen, dessen Aussagen sich aber oft entsprechend auf andere Länder übertragen lassen. Um zu erfahren, wie diese Gesetze in der Rechtspraxis angewendet werden, kann auch eine Auseinandersetzung mit Gerichtsentscheidungen zu ähnlich gelagerten Fällen helfen. Sie werden stets mit ihrem Aktenzeichen und gegebenenfalls einer Fundstelle aus juristischen Fachzeitschriften oder amtlichen Sammlungen angegeben; jedenfalls neuere Entscheidungen lassen sich oft auch mit gängigen Suchmaschinen kostenlos im Internet finden.

2 Einführung in das deutsche Recht

Jura ist so bunt wie das Leben.

Die allermeisten Fälle, mit denen sich Juristen beschäftigen, haben diese sich nicht selbst ausgedacht, sondern sie sind im Alltag geschehen. Für die Betroffenen sind sie dann oft verbunden mit vielen Emotionen und einer Reihe von Details, die alle nicht unwichtig erscheinen. Gute Juristen haben indes die Fähigkeit, komplexe Lebenssachverhalte auf den eigentlichen rechtlichen Knackpunkt zu reduzieren. Sie können alles Irrelevante ausblenden, um sich ganz auf die Fragen zu konzentrieren, die für die juristische Streitentscheidung erheblich sind. Dieses juristische Denken führt dazu, dass äußerlich einheitliche Lebenssachverhalte in viele einzelne Aspekte gegliedert werden können. Das sorgt bei Außenstehenden bisweilen für Irritationen, es hilft aber oft, emotionale Diskussionen zu versachlichen und rechtliche Fragen ganz nüchtern zu klären. Möglicherweise lassen sich die Einzelfragen dann sogar unabhängig voneinander beantworten. Was damit gemeint ist, soll folgender Beispielsfall verdeutlichen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3_2

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Beispielsfall: Ein Schnäpschen in Ehren Die Messdiener sind stolz: Endlich mal wieder eine Aktion für die etwas Älteren. 25 Oberministranten zwischen 17 und 25 Jahren wollen ein Fun-Wochenende verbringen und fahren dazu auf einen Zeltplatz. Abends beim Lagerfeuer holt Teilnehmer Tobias (23) eine Flasche Schnaps hervor, „weil das ja dazugehört“. Alle trinken ein wenig davon, auch der 17-jährige Kevin sowie Lagerleiter Leo (25). Bei der anschließenden Nachtwanderung wird ein anderer Teilnehmer, der 18-jährige Otto, übermütig und läuft mitten auf der Straße. Dort wird er von einem Auto angefahren. Bei dem Unfall bricht sich Otto einen Arm, außerdem wird das Auto beschädigt. Wie ist die Rechtslage? Der Fall scheint nicht gänzlich unrealistisch und wirft eine ganze Fülle von Rechtsfragen auf. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit könnte man sich etwa folgende Fragen stellen: 1. Hat der Autofahrer einen Anspruch auf Schadensersatz, weil sein Auto bei dem Unfall beschädigt wurde? Richtet sich ein solcher Anspruch gegen das Unfallopfer Otto, gegen den Lagerleiter Leo oder etwa gegen die Kirchengemeinde als Veranstalter des Fun-­Wochenendes? Trifft den Autofahrer eine Mitschuld an dem Unfall? 2. Hat Otto als Unfallopfer einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld für seinen gebrochenen Arm? Richtet sich ein solcher Anspruch gegen den Autofahrer, gegen den Lagerleiter Leo oder etwa gegen die Kirchengemeinde als Veranstalter des Fun-Wochenendes? Trifft ihn eine Mitschuld, weil auch er zum Unfallzeitpunkt angetrunken war? 3. Durfte der Teilnehmer Tobias dem 17-jährigen Kevin alkoholische Getränke anbieten? Falls nein, welche Konsequenzen hat er zu befürchten? 4. Hat sich der Lagerleiter Leo strafbar gemacht, indem er mit den angetrunkenen Teilnehmern eine Nachtwanderung auf einer öffentlichen Straße durchgeführt hat? 5. Hat sich der Autofahrer strafbar gemacht, indem er den Otto angefahren hat? Weitere Fragen ließen sich stellen, auch wenn der vorliegende Sachverhalt dafür keine besonderen Anhaltspunkte liefert.

Fast jede Situation im Leben lässt sich juristisch aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Je nach Fragestellung können die Antworten unterschiedlich sein oder gar widersprüchlich erscheinen. Das gilt auch für den vorliegenden Fall. Denkbar ist beispielsweise, dass sich zwar niemand strafbar gemacht, dass aber trotzdem bestimmte Verhaltensweisen verboten waren und zum Schadensersatz verpflichten. Erklären lässt sich dieses Phänomen damit, dass Juristen verschiedene Rechtsgebiete unterscheiden:

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das Zivilrecht, das öffentliche Recht und als dessen verselbstständigte Unterkategorie das Strafrecht. Vorschriften aus diesen drei Gebieten dürfen einander zwar nicht widersprechen, sie können aber durchaus einzelne Fragen unterschiedlich beantworten. Deswegen sollte man sich zunächst für eine klare Fragestellung und damit verbunden meistens auch für ein Rechtsgebiet entscheiden, wenn man sich einem Fall wie dem oben Geschilderten rechtlich nähern möchte. Dementsprechend werden auch im Folgenden nacheinander zunächst das Öffentliche Recht (I.), dann das Strafrecht (II.) und schließlich das Zivilrecht (III.) kurz vorgestellt. Auch die oben zum Beispielsfall aufgeworfenen Fragen lassen sich diesen drei Rechtsgebieten zuordnen: So stammen die Fragen 1 und 2 nach möglichen Schadensersatzansprüchen aus dem Zivilrecht, das hier die finanziellen Folgen des Verkehrsunfalls regelt. Die Frage 3 gehört zum Öffentlichen Recht, das einseitige Verbote oder Kompetenzen des Staates gegenüber den ihm untergeordneten Bürgern enthält. Neben den Verboten im Jugendschutzgesetz zählen dazu vor allem die Polizeigesetze oder das Versammlungsrecht, wo der Staat dem Bürger hoheitlich gegenübertritt und bestimmte Verhaltensweisen reglementiert. Schließlich zählen die Fragen 4 und 5 nach einer Strafbarkeit zum Strafrecht. Systematisch ist dies ein spezieller Bereich des Öffentlichen Rechts, weil das Strafrecht bestimmte Taten wie die fahrlässige Körperverletzung nicht nur verbietet, sondern dem Täter sogar hoheitlich eine Strafe im engeren Sinne (Geld- oder Freiheitsstrafe) androht. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich übrigens auf der Grundlage des knappen Sachverhalts nicht alle abschließend beantworten. Gewonnen ist aber schon viel, wenn man die einzelnen Fragen auseinanderhält und nicht etwa pauschal behauptet, die Leiter hätten „rechtswidrig gehandelt“ oder der Autofahrer sei „schuld“. Vor diesem Hintergrund nur folgende kurze Hinweise zur Beantwortung in der Reihenfolge der Fragen: Ein Schadensersatzanspruch des Autofahrers könnte vor allem gegen Otto bestehen gemäß § 823 Abs. 1 BGB, weil dieser nachts mitten auf der Straße gegangen ist. Wenn ein Autofahrer einen Fußgänger anfährt, ist ihm aber grundsätzlich wegen der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs ein Mitverschulden anzurechnen. Deswegen kommt im Gegenzug auch ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch des Otto gegen den Autofahrer in Betracht, der aber seinerseits um Ottos Mitverschulden zu kürzen wäre. Ein solcher

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Anspruch besteht zugleich auch gegen die Haftpflichtversicherung des Autofahrers. Dass Lagerleiter Leo oder die Kirchengemeinde den Unfall mitverursacht hätten, ist nicht ersichtlich; das bloße Veranstalten einer Nachtwanderung dürfte als Anknüpfungspunkt für einen Schadensersatzanspruch nicht ausreichen. Strafbar gemacht haben dürfte sich allenfalls der Autofahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung. Das setzt voraus, dass er objektiv sorgfaltswidrig (beispielsweise nicht mit angepasster Geschwindigkeit) gefahren ist und er nach seinen persönlichen Fähigkeiten das Risiko erkennen und vermeiden konnte, nachts auf einer öffentlichen Straße umherlaufende, angetrunkene Fußgänger anzufahren. Zu klären bleibt, wer dem minderjährigen Kevin hochprozentigen Alkohol gegeben hat. In der Öffentlichkeit verstößt dies gegen das Jugendschutzgesetz; die Ordnungswidrigkeit kann mit einem Bußgeld von bis zu 50.000  Euro geahndet werden, doch wäre im vorliegenden Fall wohl allenfalls ein dreistelliger Betrag verhältnismäßig. Im Folgenden werden das Öffentliche Recht, das Strafrecht und das Zivilrecht jeweils kurz und mit besonderem Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit vorgestellt.

2.1 Öffentliches Recht Das Öffentliche Recht ist das Sonderrecht des Staates und anderer Hoheitsträger. Es regelt also nicht die Rechtsbeziehungen, die Private untereinander begründen können. Vielmehr geht es darum, wie sich sogenannte Hoheitsträger, etwa staatliche Behörden, zueinander oder gegenüber den Bürgern verhalten dürfen. Mit Blick auf die Fragestellung dieses Buches ist vor allem das Verhältnis des Staates zu den Bürgern relevant. Dieses ist nicht durch Gleichordnung und Privatautonomie gekennzeichnet, sondern oft durch ein Verhältnis der Über- und Unterordnung. Staatliche Stellen besitzen hoheitliche Gewalt und können Privatleute durch Vollstreckungsmittel zu einem bestimmten Verhalten zwingen. Im äußersten Fall darf die Polizei als Teil des Staates – und meistens nur sie – körperliche Gewalt einsetzen, und auf die Entscheidung eines staatlichen Gerichts hin können Menschen lebenslang eingesperrt werden. Im Gegenzug sind die Hoheitsträger allerdings in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland an Recht und Gesetz gebunden. Sie

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können sich – anders als Private – nicht auf die Grundrechte berufen, sondern bedürfen für jeden hoheitlichen Akt einer gesetzlichen Ermächtigung. Deswegen unterscheiden sich öffentlich-rechtliche Fragestellungen grundlegend von denen des Zivilrechts. Öffentliches Recht und Zivilrecht gedanklich zu unterscheiden, ist wesentlich, um zahlreiche Fragen rund um die Jugendarbeit seriös beantworten zu können (Abb. 2.1). Klassische Fragestellungen aus dem öffentlichen Recht lauten beispielsweise: • Wer darf unter welchen Voraussetzungen ein Kraftfahrzeug führen und wie erwirbt man den dazu nötigen Führerschein als Fahrerlaubnis? • Unter welchen Voraussetzungen kann der Führerschein wieder entzogen werden, wenn man unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnimmt? • Unter welchen Voraussetzungen darf man sich auf einer öffentlichen Straße oder in einem Park versammeln oder solche Flächen für eine Veranstaltung nutzen? • Welche Lärmgrenzen gelten für Partyveranstaltungen? Bei all diesen Fragen stehen sich nicht zwei Bürger gegenüber. Vielmehr wird einem Privaten ein bestimmtes Verhalten vom Staat hoheitlich verboten oder erlaubt. Bestimmte staatliche Behörden sind dafür zuständig, die maßgeblichen Normen von sich aus durchzusetzen und Verstöße gegebenenfalls zu ahnden.

Öffentliches Recht Staat

Prägende Prinzipien: • Verhältnis der Über- und Unterordnung: Staat kann die Bürger zu einem bestimmten Verhalten zwingen.

Bürger

• Kompetenzen: Staatliche Stellen dürfen nur dann hoheitlich handeln, wenn ihnen ein Gese das erlaubt.

Abb. 2.1  Schaubild: Öffentliches Recht

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Kernbestandteil des öffentlichen Rechts ist das Verfassungsrecht. Auf Bundesebene regelt in Deutschland das Grundgesetz (GG) von 1949 die rechtliche Grundordnung des Staates. Neben der Organisation der Bundesorgane und der Gesetzgebung geht es dort maßgeblich um das Verhältnis des Einzelnen zur Staatsgewalt. Dieses Verhältnis des Staates zum Bürger ist insbesondere durch die Grundrechte geprägt. Im Grundgesetz dominieren sogenannte Abwehrrechte, die es dem Einzelnen ermöglichen, bestimmte Grundrechtseingriffe durch die Staatsgewalt abzuwenden. Zugleich strahlen die Grundrechte auf das Verhältnis der Bürger untereinander aus und prägen dieses jedenfalls mittelbar. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen können insbesondere folgende Grundrechte relevant werden. Grundrechte des Grundgesetzes (Auswahl):

• Recht auf Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) • Allgemeines Persönlichkeitsrecht einschließlich des Schutzes der Privatsphäre, des Rechts am eigenen Bild und Wort, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und auf Gewährleistung der Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) • Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art.  2 Abs.  2 Satz 1 GG) • Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) • Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Art.  4 Abs.  1 und  2 GG) sowie auf Religionsunterricht in der staatlichen Schule (Art.  7 Abs. 3 GG) • Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) • Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG) • Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) • Recht, Vereine und Gewerkschaften zu gründen und sich dort zu betätigen (Art. 9 GG) • Briefgeheimnis (Art. 10 GG) • Eigentumsrecht (Art. 14 GG) • als subsidiäres Auffanggrundrecht die allgemeine Verhaltensfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)

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• Recht auf Gleichbehandlung einschließlich des Rechts, nicht wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung und Rasse, seiner Sprache, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder wegen einer Behinderung benachteiligt zu werden (Art. 3 GG) Die Grundrechte gelten zum Teil für alle Menschen – dann spricht man von Menschenrechten –, teilweise nur für Deutsche – dann spricht man von Bürgerrechten. Alle Rechte kommen auch Kindern und Jugendlichen zu. Selbst vor der Geburt, im sogenannten im pränatalen Stadium ist der Mensch Grundrechtssubjekt und Träger der Menschenwürde. Neben diesen natürlichen Personen können auch juristische Personen Träger von Grundrechten sein, wenn die fraglichen Grundrechte ihrem Wesen nach auch auf Organisationen anwendbar sind. Beispiele Als juristische Personen können sich die christlichen Kirchen unter anderem auf die Religionsfreiheit berufen, Vereine auf die Vereinigungsfreiheit oder eine Universität auf die Wissenschaftsfreiheit.

Allerdings gelten die Grundrechte nicht grenzenlos. Insbesondere wenn die Grundrechte verschiedener Personen miteinander kollidieren, obliegt es der Staatsgewalt, einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen. Diesem Ausgleich widerstreitender Interessen dient nicht zuletzt das ausdifferenzierte System einfachgesetzlicher Vorschriften. Im Einzelnen ist die Vielzahl öffentlich-rechtlicher Vorschriften allerdings kaum zu überschauen. Deswegen können diese hier nicht im Detail ­dargestellt werden. Besonders relevante Fragen werden später im dritten Teil dieses Buches (Kap. 3) wieder aufgegriffen. Von besonderer Bedeutung für die Kinder- und Jugendarbeit ist das verfassungsrechtlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG). Auch dieses ist ein Grundrecht, mit dessen Hilfe die Eltern staatliche Eingriffe in das Erziehungsgeschehen abwehren können. Zugleich enthält das Grundrecht allerdings die Verpflichtung der Eltern, ihrem Erziehungsauftrag nachzukommen. Die Eltern müssen ihr Grundrecht zum Wohle des Kindes wahrnehmen. Sie dürfen das Kindeswohl nicht gefährden,

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sondern sollen die Existenz ihrer Kinder schützen und sie zu mündigen und entscheidungsfähigen Persönlichkeiten erziehen. Wer sein Kind vernachlässigt, kann dafür keinen Grundrechtsschutz in Anspruch nehmen. Die Kirchen oder Jugendgruppen sind jedenfalls nicht Träger des Erziehungsrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG. Kommen die Eltern ihrem Erziehungsauftrag nach, so hat daneben allein die Schule ein eigenständiges Erziehungsrecht. Alle anderen Akteure dürfen dann in die Erziehung nur mit Zustimmung der Eltern eingreifen.1 Grundsätzlich steht es allein den Eltern zu, treuhänderisch Entscheidungen für ihr Kind zu treffen, solange dadurch nicht die Grundrechte des Minderjährigen verletzt werden. Diesbezüglich kommt dem Staat bloß ein „Wächteramt“ zu. Außerhalb der engen staatlichen Wächterbefugnisse sind die Eltern dagegen frei, zu entscheiden, mit welchen Zielen und Mitteln sie ihre Kinder erziehen. Nur wenn die Eltern ihren Erziehungsauftrag verletzen oder ihnen gar das Sorgerecht entzogen worden ist, dürfen ihnen Maßnahmen der Jugendhilfe aufgedrängt werden. Dieser Vorrang des Elternrechts gilt beispielsweise auch für Kindergärten. Dies bestimmt für Nordrhein-Westfalen das Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz). § 2 Kinderbildungsgesetz NRW: Allgemeine Grundsätze

Jedes Kind hat einen Anspruch auf Bildung und auf Förderung seiner Persönlichkeit. 2Seine Erziehung liegt in der vorrangigen Verantwortung seiner Eltern. 3Die Familie ist der erste und bleibt ein wichtiger Lern- und Bildungsort des Kindes. 4Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege ergänzt die Förderung des Kindes in der Familie und steht damit in der Kontinuität des kindlichen Bildungsprozesses. 5Sie orientiert sich am Wohl des Kindes. Ziel ist es, jedes Kind individuell zu fördern. 1

Diese Grundsätze lassen sich entsprechend auf die freie Kinder- und Jugendarbeit übertragen. Auch dort sind alle Maßnahmen grundsätzlich eng mit den Eltern abzustimmen.  Vgl. von Coelln, in: Sachs (2018) GG, Art. 6 Rn. 54.

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2.1.1 Kinder- und Jugendhilfe Grundlegende Aussagen zur Kinder- und Jugendarbeit enthält das Sozialgesetzbuch  – Achtes Buch (SGB VIII). Zu Beginn werden dort einige Maßgaben konkretisiert, die sich schon aus dem Grundgesetz ableiten lassen. Danach hat jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Pflege und Erziehung der Kinder obliegen vor allem den Eltern. Dass diese ihrem Erziehungsrecht und der korrespondierenden -pflicht nachkommen, wird von der staatlichen Gemeinschaft überwacht. Darüber hinausgehend ergänzen der Staat und gesellschaftliche Akteure die Erziehung durch die Eltern. Dem dient neben der Schule die sogenannte Jugendhilfe. Sie soll junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen und dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. Im Bereich der Jugendhilfe sind öffentliche und freie Träger tätig. Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind meist auf der kommunalen Ebene angesiedelt. In Nordrhein-Westfalen sind dies grundsätzlich die Kreise und die kreisfreien Städte, die dazu Jugendämter einrichten.2 Eine wichtige Rolle spielen daneben die Träger der freien Jugendhilfe wie Kirchen, Wohlfahrtsverbände oder Vereine. Ausdrücklich betont der Gesetzgeber, dass die Jugendhilfe durch eine Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und eine Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen gekennzeichnet ist. Soweit die freie Jugendhilfe geeignete Maßnahmen durchführt oder entsprechende Einrichtungen betreibt, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.

 Siehe § 1a des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes NRW vom 12.12.1990. 2

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Als freie Träger der Jugendhilfe anerkannt sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind, sowie die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Kirchliche oder verbandliche Jugendgruppen sollen dagegen nicht stets ohne Weiteres anerkannt sein, so die Auffassung der Obersten Landesjugendbehörden.3 Insoweit wird man berücksichtigen müssen, ob solche Gruppen rechtlich und organisatorisch eigenständig sind – dann ist in jedem Fall eine eigene Anerkennung notwendig. Andernfalls spricht viel dafür, dass rechtlich unselbstständige Untergliederungen eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe an dessen Status teilhaben. Unabhängig davon hebt das Gesetz die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugendverbände und Jugendgruppen besonders hervor. In ihnen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. So bringen sie Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck und vertreten sie. Deswegen sind Jugendverbände und -gruppen unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenlebens zu fördern. Unter näher bestimmten Voraussetzungen können auch weitere Organisation neu als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden. Dazu müssen sie: • auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sein, • gemeinnützige Ziele (Abschn. 2.1.3) verfolgen, • auf Grund ihrer fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie imstande sind, einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten, und • die Gewähr dafür bieten, eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit zu leisten (§ 75 SGB VIII). Will sich eine Organisation um die Anerkennung bewerben, so sollte die Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe satzungsrechtlich verankert

 Siehe die Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII

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sein. Diese muss sowohl nach der Satzung beziehungsweise nach dem Gesellschaftsvertrag des Trägers als auch in der praktischen Arbeit als ein genügend gewichtiger, von anderen Aufgaben abgegrenzter Schwerpunkt erscheinen. Nicht anerkannt werden können dagegen Jugendorganisationen politischer Parteien. Ebenso wenig anerkannt werden können Vereinigungen, die ihre Angebote ohne jugendspezifische Zielsetzung sowohl an Erwachsene als auch an Jugendliche richten oder kommerzielle Zwecke verfolgen. Beispiel: Jugendgruppe im Erwachsenenverband Ein Sportverein, der sich gleichermaßen an  alle Altersgruppen richtet, kann als solcher nicht als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden. Allerdings kann innerhalb des Sportverbandes eine Jugendgruppe gegründet werden, die sich spezifisch um die Jugendförderung kümmert. Eine solche Jugendgruppe kann anerkannt werden, wenn ihr Selbstverwaltungsrecht in der Satzung des Erwachsenenverbandes gewährleistet wird, sie mindestens eine eigene Jugendordnung hat, demokratisch aufgebaut ist und selbst gewählte Organe besitzt und eigenverantwortlich über die finanziellen Mittel verfügen kann, die für die Jugendarbeit bereitgestellt werden.

Eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe bringt Vorteile bei der Mitwirkung in Jugendhilfeausschüssen und weiteren Beteiligungsmöglichkeiten mit sich. Dagegen wird die Anerkennung bei der Beantragung finanzieller Fördermittel grundsätzlich nicht mehr vorausgesetzt, sie mag aber praktisch gleichwohl vertrauensbildend und damit hilfreich sein. Zuständig ist das Jugendamt auf der Organisationsebene, auf der ein Träger tätig werden möchte. Für die Ausgestaltung von Angeboten der Jugendhilfe macht der Gesetzgeber unterschiedliche Vorgaben (§ 9 SGB VIII): • Beachtung der Grundrichtung der Erziehung einschließlich der religiösen Erziehung, wie sie von den Personensorgeberechtigten vorgegeben wird,

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• Berücksichtigung der wachsenden Fähigkeit und des wachsenden Bedürfnisses Minderjähriger zu selbstständigem, verantwortungsbewusstem Handeln sowie der jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Bedürfnisse und Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien, • Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen, Abbau von geschlechtsspezifischen Benachteiligungen und Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen. Ein wichtiger Bereich der Jugendhilfe ist die sogenannte Jugendarbeit. Gerade in diesem Feld spielt sich die klassische Kinder- und Jugendarbeit ab, die Gegenstand dieses Buches ist. Anerkanntermaßen können Angebote der Jugendarbeit die Entwicklung junger Menschen fördern. Dazu sollen solche Angebote an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden. Sie sollen sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Folgende Schwerpunkte sieht der Gesetzgeber für die Jugendarbeit: • außerschulische Jugendbildung in allgemeinen, politischen, sozialen, gesundheitlichen, kulturellen, naturkundlichen und technischen Fragen, • Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit, • arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit, • internationale Jugendarbeit, • Kinder- und Jugenderholung, wozu nicht zuletzt die zahlreichen Ferienlager zählen, sowie • Jugendberatung. Als Zielgruppe der Jugendarbeit gelten Kinder, Jugendliche und junge Volljährige, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Von ihnen spricht das Gesetz zusammenfassend als jungen Menschen. Wer 27 Jahre oder älter ist, darf an Angeboten der Jugendarbeit zwar ebenfalls teilnehmen, doch sollte der Anteil älterer Erwachsener nicht zu groß werden, damit der jugendgerechte Charakter erhalten bleibt. Außerdem spielt die Altersgrenze von 27 Jahren für viele finanzielle Förderungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle, da aus Mitteln der Jugendhilfe meist nur die Teilnahme junger Menschen gefördert wird.

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Wer ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätig ist, soll dabei von den Jugendämtern angeleitet, beraten und unterstützt werden (§  73 SGB VIII). Diese Unterstützung kann sich in finanzieller Förderung – meist an den Träger der Jugendhilfe – oder in personeller und sachlicher Hilfe äußern. Eine äußerst praxisrelevante Form der Unterstützung ist außerdem der Anspruch auf Sonderurlaub, den die Bundesländer in unterschiedlichem Umfang gewähren. Danach können Arbeitnehmer auf Antrag unbezahlten Urlaub bekommen, um einer näher qualifizierten Tätigkeit in der Jugendhilfe eines anerkannten Trägers nachzugehen. Die entsprechenden Regeln trifft in Nordrhein-Westfalen das Sonderurlaubsgesetz; darauf beziehen sich die folgenden Ausführungen. In anderen Bundesländern gilt tendenziell Vergleichbares.4 Einen – allerdings nicht immer ganz aktuellen – Überblick über diese Regelungen gibt es unter www.ehrenamt-deutschland.org/sonderurlaub-freistellung/jugendarbeit. html (09.01.2019). § 1 Sonderurlaubsgesetz NRW (Auszug)

(1) Den ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätigen Personen über 16 Jahre ist auf Antrag Sonderurlaub zu gewähren: 1. für die leitende und helfende Tätigkeit, die in Jugendferienlagern, bei Jugendreisen, Jugendwanderungen, Jugendfreizeit- und

 Siehe G. zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit Baden-Württemberg vom 20.11.2007: 10 Arbeitstage; Bayerisches G. zur Freistellung von Arbeitnehmern für Zwecke der Jugendarbeit vom 14.04.1980: Dreifaches der regelmäßigen Wochenarbeitszeit; G. zur Ausführung des Kinderund Jugendhilfegesetzes Berlin vom 27.04.2001: 10 Arbeitstage; Erstes G. zur Ausführung des SGB  VIII Brandenburg vom 26.06.1997: 10 Arbeitstage; Bremisches Kinder-, Jugend- und FamilienförderungsG vom 22.12.1998: 12 Tage; G. über Sonderurlaub für Jugendgruppenleiter Hamburg vom 28.06.1955: 12 Arbeitstage; Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch vom 18.12.2006: 12 Arbeitstage; Kinder- und JugendförderungsG Mecklenburg-Vorpommern: 5 Werktage; G. über die Arbeitsbefreiung für Zwecke der Jugendpflege und des Jugendsports Niedersachsen vom 29.06.1962: 12 Werktage; LandesG zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit Rheinland-Pfalz vom 05.10.2001: 12 Arbeitstage; G. über Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit Saarland vom 08.07.1998: 2 Arbeitswochen; SonderurlaubsG Sachsen vom 27.08.1991: 12 Arbeitstage; G. zur Freistellung ehrenamtlich in der Jugendarbeit tätiger Personen Sachsen-Anhalt vom 23.01.1996: 12 Arbeitstage; JugendförderungsG Schleswig-Holstein vom 05.02.1992: 12 Tage; Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-AusführungsG vom 05.02.2009: 10 Arbeitstage. 4

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Jugendsportveranstaltungen sowie internationalen Begegnungen ausgeübt wird, 2. zur erzieherischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Heimen und ähnlichen Einrichtungen im Rahmen der Familien- und Kindererholung. (2) Sonderurlaub ist auf Antrag auch Personen über 16 Jahre zu gewähren zur Teilnahme an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Fachtagungen in Fragen der Jugendhilfe, wenn diese einer Aufgabe nach Abs 1 Nr. 1 und 2 dienen oder auf sie vorbereiten. […] (3) […] (4) Zum ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Jugendhilfe ist geeignet und befähigt, a. wer über den Aufgaben- und Verantwortungsbereich in der Kinder- und Jugendgruppenarbeit hinreichend unterwiesen worden ist oder bereits die für diese Tätigkeit erforderlichen praktisch-pädagogischen Erfahrungen und Kenntnisse besitzt, oder über eine geeignete beruflich-pädagogische Vorbildung verfügt, oder b. wer durch besondere Fähigkeiten in künstlerischen, sportlichen, handwerklich-technischen, wissenschaftlichen oder ähnlichen Bereichen die Gruppenarbeit vertiefen und ergänzen kann. Der ehrenamtliche Mitarbeiter muss in seiner Person die Gewähr für eine die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördernde Arbeit bieten. (5) Der ehrenamtliche Mitarbeiter soll insbesondere an folgenden Lehrgängen teilgenommen haben: 1. an einem Kursus in Erster Hilfe; 2. an einer Grundausbildung in der Kinder- und Jugendgruppenarbeit. Die Grundausbildung soll sich auf die für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Jugendhilfe wesentlichen Kenntnisse (Gruppenpädagogik, Entwicklungspsychologie, Rechts- und Versicherungsfragen, Planung und Durchführung von Maßnahmen) erstrecken. Sonderurlaub kann vom Ehrenamtler bei seinem Arbeitgeber beantragt werden, wenn die jeweilige Maßnahme von einem Träger der öffentlichen

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Jugendhilfe oder einem anerkannten freien Träger durchgeführt wird. Der Antrag ist spätestens sechs Wochen vor dem beabsichtigten Urlaubsantritt einzureichen. Mit seinem Antrag muss der Berechtigte eine Bescheinigung des jeweiligen Trägers vorlegen, in der dieser dem Antrag zustimmt und die Befähigung des ehrenamtlichen Mitarbeiters bestätigt. Über einen Antrag auf Sonderurlaub muss der Arbeitgeber innerhalb angemessener Frist entscheiden. Liegen die Voraussetzungen eines Sonderurlaubs vor, so darf der Antrag nur abgelehnt werden, wenn dem Urlaub im Einzelfall ein unabweisbares betriebliches Interesse entgegensteht. Das Sonderurlaubsgesetz NRW gewährt bis zu acht Arbeitstage Sonderurlaub pro Jahr, der auf höchstens drei Veranstaltungen aufgeteilt werden kann. In Nordrhein-Westfalen ist der Sonderurlaub unbezahlt; allerdings gleichen die Landschaftsverbände dem Ehrenamtler den Lohnausfall auf Antrag aus.

2.1.2 Jugendschutzgesetz Zum öffentlichen Recht zählt weiterhin das Jugendschutzgesetz (JuSchG). Es soll Kinder und Jugendliche vor besonderen Gefahren in der Öffentlichkeit und speziell in den Medien schützen, wobei nach Einschätzung des Gesetzgebers besonders der Aufenthalt in Gaststätten und der Konsum von Alkohol gefährlich sind. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verbietet das JuSchG bestimmte Verhaltensweisen hoheitlich und setzt damit dem Erziehungsrecht der Eltern äußere Grenzen. Verstöße werden meist als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen geahndet, in besonders gravierenden Fällen drohen Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr. Wegen seiner besonderen Praxisrelevanz werden im Folgenden die zentralen Vorschriften zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit kurz vorgestellt. Das JuSchG unterscheidet Kinder und Jugendliche. Kinder sind Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind, Jugendlicher ist, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Weiterhin unterscheidet das Gesetz personensorgeberechtigte und erziehungsbeauftragte Personen. Personensorgeberechtigt ist, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person

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die Personensorge für einen Minderjährigen zusteht. Das sind in der Regel die Eltern. Die Personensorge umfasst insbesondere das Recht und die Pflicht, einen Minderjährigen zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Erziehungsbeauftragt kann dagegen jeder Volljährige sein, der auf Dauer oder zeitweise aufgrund einer Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Das schließt diejenigen ein, die einen Minderjährigen im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe betreuen. Beispiel Die Eltern als Personensorgeberechtigte ermächtigen ihre 21 Jahre alte Tochter schriftlich, den 17 Jahre alten Bruder mit in eine Disco zu nehmen. Die Tochter ist dann für den betroffenen Abend erziehungsbeauftragt. Auch die Gruppenleiter können sich von den Eltern einen Erziehungsauftrag geben lassen. Partyveranstalter oder Discobetreiber haben dazu oft ein entsprechendes Formular.

In der Sache enthält das JuSchG eine Reihe von altersabhängigen Verboten. Einen Überblick gibt die folgende Tabelle (Tab. 2.1). Wer als Veranstalter oder Gewerbetreibender vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Vorschriften verstößt, handelt meist ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden, wobei im Rahmen der ehrenamtlichen Kinderund Jugendarbeit meist nur deutlich geringere Bußgelder verhältnismäßig sind. Andere, teils strengere Vorgaben insbesondere für den Umgang mit Alkohol, können bei Reisen ins Ausland gelten. Dann sollte vorab geprüft werden, welche Altersgrenzen und Verbote insoweit zu beachten sind, da andernfalls teils empfindliche Sanktionen drohen. Von Gruppenleitern kann erwartet werden, dass sie ihre Teilnehmer auf solche Regelungen hinweisen.

2.1.3 Presse- und Medienrecht Das Presserecht ist sehr komplex und kann im Rahmen dieses Buches nur ansatzweise dargestellt werden. Wichtige Maßgaben dazu finden sich in den Pressegesetzen der Länder.

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Tab. 2.1  Jugendschutzgesetz im Überblick Kinder unter 14 Jahren Jugendliche unter 16 Jahren Aufenthalt in Gaststätten

Öffentliche Tanzveranstaltungen

nur in Begleitung eines Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder wenn sie in der Zeit zwischen 5 Uhr und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen

Jugendliche unter 18 Jahren bis 24 Uhr danach nur in Begleitung eines Personensorgeoder Erziehungsberechtigten

bis 24 Uhr nur in Begleitung eines Personensorge- oder Erziehungsberechtigten

danach nur in Begleitung eines Personensorgeoder Erziehungsberechtigten

Öffentliche Tanzveranstaltungen eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe

bis 22 Uhr

bis 24 Uhr

Abgabe und Verzehr vonBier, Wein und Schaumwein

verboten

verboten

Abgabe und Verzehr anderer alkoholischer Getränke

verboten

verboten

verboten

Abgabe und Konsum von Tabakwaren

verboten

verboten

verboten

Kinobesuche im Rahmen der Altersfreigabe des Filmes

bis 20 Uhr

bis 22 Uhr

bis 24 Uhr

danach nur in Begleitung eines Personensorgeoder Erziehungsberechtigten

danach nur in Begleitung eines Personensorgeoder Erziehungsberechtigten

danach nur in Begleitung eines Personensorgeoder Erziehungsberechtigten

Zugänglichmachen von Filmen oder Spielen auf Bildträgern Besuch von öffentlichen Spielhallen Teilnahme an Spielen mit Gewinnmöglichkeit

bis 24 Uhr

nur im Rahmen der Altersfreigabe

verboten

verboten

verboten

nur wenn der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht

Mit Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit relevant ist insbesondere die pressrechtliche Impressumspflicht. Danach müssen auf jedem Druckwerk Name oder Firma und Anschrift des Druckers und des Verlegers genannt sein. Wenn es keinen Verleger gibt, ist der Verfasser oder Herausgeber zu nennen. So soll sichergestellt werden, dass bei rechtswidrigen Inhalten klar ist, wer die Verantwortung trägt und wo mögliche Gegenansprüche geltend gemacht werden können.

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Als Druckwerke in diesem Sinne zählen insbesondere alle Schriften, die massenhaft vervielfältigt werden und zur Verbreitung bestimmt sind, also etwa eine Vereinszeitschrift. Nicht erfasst sind allerdings Druckwerke, die nur gewerblichen Zwecken oder Zwecken des häuslichen und geselligen Lebens dienen, wie Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen oder Familienanzeigen. Flyer und Plakate sind deswegen als Werbung in aller Regel von der Impressumspflicht ausgenommen. Periodische Druckwerke wie Zeitungen, die im Abstand von nicht mehr als sechs Monaten erscheinen, müssen außerdem einen verantwortlichen Redakteur haben, der in Deutschland wohnen und – außer bei Jugendzeitschriften  – mindestens 21 Jahre alt sein muss. Sein Name und seine (Redaktions-)Anschrift müssen ebenfalls angegeben werden (§ 8 LPG NRW). Entsprechende Vorgaben zum Impressum macht das Telemediengesetz (TMG) für Homepages. § 5 Abs. 1 TMG: Allgemeine Informationspflichten (Auszug)

Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: 1. den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen, 2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post, 3. soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, 4. das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer,

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5. […] 6. in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identi­ fikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer, 7. […] Das gesetzliche Merkmal der Geschäftsmäßigkeit wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Jedes nachhaltige Angebot von Telekommunikation mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht genügt. Deswegen sind Homepages gemeinnütziger Organisationen ebenso erfasst wie Angebote von Bildungseinrichtungen und selbst rein private Homepages, da jede auf Dauer angelegte Internetseite das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllt. Wer zusätzlich noch journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote macht, muss außerdem eine natürliche, voll geschäftsfähige Person benennen, die für den Inhalt verantwortlich ist und die gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnte.

2.1.4 Steuerrecht Eine Spezialmaterie des öffentlichen Rechts ist das Steuerrecht. Das Steuerrecht regelt, wer für welche Geschäfte steuerpflichtig ist. Eine auch nur ansatzweise umfassende Darstellung des Steuerrechts würde den Rahmen dieses Buches sprengen, doch ein paar knappe Hinweise erscheinen wichtig und sinnvoll. Sofern Kinder- und Jugendarbeit im Rahmen einer größeren Organisation wie insbesondere einer Kirchengemeinde geschieht, sollten alle steuerrechtlichen Fragen dort geklärt werden. Für die Jugendarbeit gelten dann meist keine Besonderheiten. Anders sieht es dagegen aus, wenn beispielsweise für die Durchführung eines Ferienlagers ein eigener Verein existiert. Dann gilt es genauer zu prüfen, welche Anforderungen etwa an die Buchführung zu stellen sind und welche Freibeträge gegebenenfalls gelten. Diese Fragen sollten unbedingt vorab mit dem zuständigen Finanzamt oder einem Steuerberater geprüft werden. Verfolgt eine juristische Person gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke, so kann sie bestimmte steuerrechtliche Vergünstigungen

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für sich in Anspruch nehmen (§§ 52-54 Abgabenordnung). Gemeinnützigkeit im steuerrechtlichen Sinne liegt vor, wenn die Vereinstätigkeit Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern, und der geförderte Personenkreis nicht dauerhaft nur sehr klein ist. Beispiele Anerkannte Vereinszwecke sind etwa die Förderung der Religion, des Sports oder der Erziehung sowie der Jugend- und Altenhilfe, die Förderung von Kunst und Kultur, die Förderung der Hilfe für Flüchtlinge oder Rettungsdienste. Verneint hat die Rechtsprechung die Gemeinnützigkeit dagegen im Fall einer Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt und deren Hauptzweck daher nur auf die Förderung von Männern gerichtet sei.5 Wer politische Zwecke verfolgt und dazu die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen beeinflussen will, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck, weshalb dem globalisierungskritischen Attac-­ Trägerverein das Privileg zuletzt entzogen wurde.

Bisweilen erhalten Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendarbeit eine kleine finanzielle Aufwandsentschädigung, um ihr Engagement zu würdigen. Dann stellt sich die Frage, ob der begünstigte Ehrenamtler diese Einnahmen versteuern muss. Das Einkommenssteuergesetz (EStG) sieht zwei Freibeträge vor, die Ehrenamtler für sich in Anspruch nehmen können. So bleiben bis zu 2400 Euro im Jahr steuerfrei, wenn Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher nebenberuflich im Dienst eines gemeinnützigen Trägers zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke tätig sind (§ 3 Nr. 26 EStG). Diese Übungsleiterpauschale begünstigt Tätigkeiten mit einer pädagogischen Ausrichtung, wie sie in der Kinderund Jugendarbeit üblicherweise vorliegt. Als gemeinnützige Zwecke sind die Förderung der Religion, der Jugendhilfe, des Naturschutzes oder des Sports gesetzlich anerkannt. Erfasst sind also beispielsweise Jugendgruppenleiter, Chorleiter, Sporttrainer oder Ausbilder. Auch Sozialabgaben wie Arbeitslosen-, Kranken- oder Rentenversicherungsbeiträge werden für Einnahmen innerhalb dieses Freibetrages nicht fällig.

 Vgl. BFH – V R 52/15 –, ZStV 2018, 55.

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Fehlt es an der pädagogischen Ausrichtung der konkreten Tätigkeit, so kommt immerhin der Ehrenamtsfreibetrag in Höhe von 720 Euro in Betracht. Diesen können etwa ehrenamtliche Sportplatzwarte, Geschäftsführer oder Rettungssanitäter in Anspruch nehmen, die für eine gemeinnützige Organisation tätig werden.

2.2 Strafrecht Begeht jemand schuldhaft eine verbotene Handlung, so gibt das Zivilrecht dem Geschädigten meist einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz. Allerdings reicht dieser zivilrechtliche Schutz bei wichtigen Rechtsgütern nicht immer aus. Zudem hat die Gesellschaft auch unabhängig von den Ansprüchen des Geschädigten ein Interesse an der Erhaltung ihrer Grundwerte und des Rechtsfriedens. Ohne ein effektives Strafrecht bestünde die Gefahr, dass Geschädigte es nicht dabei beließen, vom Täter Schadensersatz einzufordern, sondern es ihm im Wege der Selbstjustiz gewaltsam heimzahlten. Historische Erfahrungen und Berichte aus anderen Staaten belegen, dass in Gesellschaften ohne funktionsfähige Justiz das Recht des Stärkeren droht. Demgegenüber kann die Kanalisierung zwischenmenschlicher Konflikte vermeiden, dass die Streitbeilegung blutig endet. In modernen Verfassungsstaaten besitzt daher grundsätzlich nur der Staat die Befugnis, physische Gewalt auszuüben oder zu legitimieren. Ein solches Gewaltmonopol des Staates wird aber nur anerkannt, wenn der Staat besonders schwerwiegende Regelverstöße strafrechtlich ahndet. Diesen Interessen kommt der Staat nach, indem er bestimmte sozialschädliche Verhaltensweisen bei Strafe verbietet. Straftatbestände finden sich insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB). Daneben enthalten Spezialgesetze eine Reihe von besonderen Straftatbeständen wie etwa das Straßenverkehrsgesetz für Straftaten im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr. Das Strafrecht ist systematisch betrachtet ein Teilgebiet des öffentlichen Rechts, weil der Staat den Betroffenen auch dort hoheitlich gegenübertritt. So verpflichtet er Beschuldigte zur Mitwirkung am Gerichtsverfahren und zwingt verurteilte Straftäter zur Verbüßung einer Geld- oder Freiheitsstrafe. Allerdings gelten für das Strafrecht einige Besonderheiten, weshalb dieses Rechtsgebiet an vielen Stellen und auch im Rahmen dieser Darstellung vom sonstigen öffentlichen Recht unterschieden wird.

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2.2.1 Grundbegriffe Zu Beginn dieses Abschnitts sind einige Grundbegriffe zu klären. Diese Begriffe werden zwar überwiegend auch in der Alltagssprache verwendet, dort aber nicht immer korrekt voneinander abgegrenzt. Unter einer Straftat versteht das Strafgesetzbuch ein Verhalten, das den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht und das außerdem rechtswidrig und schuldhaft ist. Als Strafen sieht das Gesetz vor allem Geldund Haftstrafen vor. Innerhalb der Straftaten können Verbrechen von Vergehen unterschieden werden: Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind, Vergehen alle anderen Straftaten mit einer geringeren Mindeststrafmaß. Von Straftaten zu unterscheiden sind weniger gravierende Verhaltensweisen, die zwar auch verboten sind, aber nur den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen. Sie werden mit einer Geldbuße geahndet, die in der Regel zwischen fünf und eintausend Euro beträgt. Während strafrechtliche Verurteilungen in Deutschland ausschließlich durch die Gerichte erfolgen können, werden Geldbußen für Ordnungswidrigkeiten auch durch Behörden verhängt. Beispiel Während die Körperverletzung oder das Fahren ohne Fahrerlaubnis als Straftaten mit Geld- oder Freiheitsstrafen bedroht sind, ist etwa die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine bloße Ordnungswidrigkeit.

Nicht jedes verbotene Verhalten ist auch strafbar. Dieser Grundsatz ruft bisweilen Unverständnis hervor, er gehört aber zu den wichtigen Grundsätzen des deutschen Grundgesetzes: Keine Strafe ohne (vorher in Kraft getretenes) Gesetz. Danach kann eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit schon vor der Begehung gesetzlich bestimmt war (Art. 103 Abs. 2 GG). Juristen sprechen zudem vom fragmentarischen Charakter der Strafrechtsordnung. Das bedeutet, dass es auch rechtspolitisch nicht erwünscht ist, jedes verbotene Verhalten unter Strafe zu stellen. Vielmehr soll das Strafrecht als schärfstes Schwert nur dann zur Anwendung kommen,

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wenn andere – mildere – Möglichkeiten zur Sanktionierung eines unerwünschten Verhaltens nicht ausreichen. Beispiel Ohne zu fragen nimmt Tim nach einer Party das unabgeschlossene Fahrrad seines Feindes Florian und fährt damit nach Hause. Am anderen Morgen stellt er das Rad – wie von vornherein geplant – heimlich vor der Haustür von Florian ab. Wie ist die Rechtslage? Lösungshinweise: Tim durfte das Fahrrad von Florian nicht ohne dessen Einwilligung benutzen. Indem er dies doch getan hat, hat er das Eigentumsrecht von Florian verletzt. Allerdings hat Tim sich nicht wegen Diebstahls strafbar gemacht. Er wollte das Rad von vornherein nur für einen Abend nutzen und hat es daher am anderen Morgen vor Florians Haus abgestellt, sodass dieser das Rad zurückerlangen konnte. Die vorübergehende Gebrauchsanmaßung ist zwar verboten, wegen des vorhandenen Rückführungswillens aber nicht strafbar.

Anders als im Zivilrecht treffen strafrechtliche Konsequenzen in Deutschland nicht die verantwortliche Organisation im Hintergrund, sondern stets einzelne Menschen. Das können etwa der handelnde Gruppenleiter vor Ort oder auch ein Verantwortlicher sein, der durch sein Verhalten im Hintergrund – meist eher fahrlässig als vorsätzlich – einen Straftatbestand verwirklicht. Zudem können strafrechtliche Risiken nicht durch eine Versicherung abgesichert werden. Etwaige Geldstrafen müssen privat bezahlt werden. Im Übrigen werden strafrechtliche Verurteilungen durch deutsche Gerichte in das Bundeszentralregister eingetragen. Details dazu regelt das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) (siehe noch Abschn. 2.2.3.3). Wer später etwa bei einer Bewerbung ein Führungszeugnis vorlegen muss, wird im Falle einer Verurteilung möglicherweise Nachteile erfahren. Erst nach Ablauf einer Frist werden solche Eintragungen wieder gelöscht. Lediglich Geldstrafen von weniger als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von nicht mehr als drei Monaten werden in das Führungszeugnis nicht aufgenommen, sofern im Register keine weitere Strafe eingetragen ist. Nur dann dürfen sich Verurteilte als unvorbestraft bezeichnen (§ 53 BZRG). Verurteilungen aufgrund von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung werden dagegen in jedem Fall in das Führungszeugnis eingetragen. Vor diesem Hintergrund sollte jeder Einzelne ein hohes Interesse haben, sich nicht strafbar zu machen. Allerdings berücksichtigen die Strafgerichte

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in besonderem Maße, dass Jugendarbeit zu großen Teilen durch Ehrenamtliche geleistet wird, wo das Strafrecht als schärfste Sanktion des Staates nur als letzte Möglichkeit eingesetzt werden sollte. Strafrechtliche Verurteilungen drohen ehrenamtlich Aktiven daher meist nur bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen die Strafgesetze. Bei kleineren Sorgfaltspflichtverletzungen kommt es nur selten zu einem Strafverfahren.

2.2.2 Voraussetzungen der Strafbarkeit Strafrechtliche Normen sind meist als Wenn-dann-Sätze formuliert. Wenn jemand sich in einer bestimmten Weise verhält, dann droht ihm eine näher genannte Strafe. Damit ein Verhalten strafbar ist, muss es den Tatbestand einer Strafrechtsnorm erfüllen sowie rechtswidrig und schuldhaft sein. Der Tatbestand hat zunächst einen objektiven Teil. Dieser kann beispielsweise lauten: „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, […]“ (§ 223 Abs. 1 StGB). Dementsprechend ist zunächst zu prüfen, ob eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung vorliegt. Beispiel Unzweifelhaft liegt eine Gesundheitsschädigung vor, wenn jemand eine andere Person schlägt und diese dadurch Nasenbluten bekommt. Schwieriger zu beurteilen ist dagegen das unangemessene Abschneiden von Haaren, das aber von der Rechtsprechung als körperliche Misshandlung angesehen wird, wenn es zu einer nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität führt. Mit der Körperverletzung muss keine dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung verbunden sein. Trotzdem dürfte die Schwelle zur Körperverletzung noch nicht überschritten sein, wenn jemand das Gesicht eines Schlafenden mit Farbe bemalt, die anschließend leicht wieder abgewaschen werden kann.

Weiterhin setzt der subjektive Tatbestand grundsätzlich voraus, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz enthält eine Willens- und ein Wissenselement. Vorsätzlich handelt, wer einen Straftatbestand verwirklichen will und alle objektiven Tatumstände kennt. Neben der Absicht als stärkster Form des Vorsatzes reicht es, dass der Täter bloß

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weiß oder in Kauf nimmt, dass sein Handeln einen Tatbestand verwirklicht, mag er dies an sich auch nicht wollen. Fahrlässiges Handeln ist dagegen nur dann strafbar, wenn sich dazu im Gesetz ein eigener Tatbestand findet. Auch dies ist eine Konsequenz aus dem fragmentarischen Charakter der Strafrechtsordnung (Abschn.  2.2.1). Fahrlässigkeit im strafrechtlichen Sinne liegt vor, wenn jemand objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt und dadurch ein Rechtsgut verletzt, was für den Täter auch subjektiv vorhersehbar und vermeidbar gewesen sein muss. Beispiel Strafbar ist die vorsätzliche Sachbeschädigung (§ 303 StGB), nicht aber die bloß fahrlässige Beschädigung einer fremden Sache. Deswegen macht sich nicht strafbar, wer versehentlich beim Fußballspielen eine Fensterscheibe zerstört. Unabhängig von einer Strafbarkeit ist allerdings der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch des Geschädigten.

Erfüllt ein Verhalten den objektiven und subjektiven Tatbestand eines Strafgesetzes, so ist zu fragen, ob der Täter auch rechtswidrig gehandelt hat. Dies wird grundsätzlich unterstellt, wenn ein Straftatbestand verwirklicht ist. Daher ist regelmäßig nur nach Rechtfertigungsgründen zu fragen, sofern solche in Betracht kommen. Das klassische Beispiel für einen Rechtfertigungsgrund ist die Notwehr (§ 32 StGB). Danach handelt nicht rechtswidrig, wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist. Notwehr ist dabei diejenige Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Notwehrhandlungen müssen sich also stets gegen den Angreifer wenden und sie dürfen nur ergriffen werden, solange die Notwehrlage noch besteht, der Angriff also gegenwärtig ist. Weitergehende Rechtfertigungsgründe bieten das Festnahmerecht, wenn jemand einen anderen bei Begehung einer rechtswidrigen Tat auf frischer Tat ertappt, oder in bestimmten Grenzen die rechtfertigende Einwilligung des Betroffenen. Auch die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr (§ 34 StGB) kann eine tatbestandsmäßige Handlung rechtfertigen. Erfüllt ein Verhalten den Tatbestand eines Strafgesetzes und ist kein Rechtfertigungsgrund einschlägig, so ist es verboten. Gleichwohl hat der

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Gesetzgeber entschieden, dass ein solches Verhalten ausnahmsweise straflos bleibt, wenn es im Einzelfall an der Schuld des konkreten Täters fehlt. Das Schuldprinzip leitet sich aus dem Menschenbild des Grundgesetzes ab. Danach setzt jede Strafe voraus, dass die Tat dem Täter vorwerfbar ist, weil er das Unrecht erkennen und sich dagegen entscheiden konnte. Das Schuldprinzip verlangt zum einen die Schuldfähigkeit des Täters. Diese fehlt bei Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr; sie sind nicht strafmündig. Entsprechendes gilt für andere Personen, die aufgrund von seelischen Störungen das Unrecht ihrer Tat nicht einsehen können. Schuldunfähigkeit kann ferner bei Bewusstseinsstörungen vorliegen, was insbesondere zu erwägen ist, wenn der Täter zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 3 Promille besaß. Im Einzelfall kann auch eine schwere Pädophilie eine schwere seelische „Abartigkeit“ darstellen, die zu verminderter Schuldfähigkeit oder gar Schuldunfähigkeit führt, wenn die sexuellen Neigungen die Persönlichkeit eines Täters so verändert haben, dass er zur Bekämpfung seiner Triebe nicht die erforderlichen Hemmungen aufzubringen vermag.6 Fall: Mittagspause im Ferienlager In der Mittagspause im Ferienlager spielt der 12-jährige Tim (T) mit ein paar Freunden Fußball. Nachbar N fühlt sich durch das Laute Gebrüll der Jungen gestört und ermahnt sie mehrfach. Aus Rache schießt Tim daraufhin den Fußball gegen eine Fensterscheibe des Nachbarn, um diesen zu ärgern. Die Scheibe geht zu Bruch. Hat Tim sich strafbar gemacht? Lösungshinweise: Tim könnte sich wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung strafbar gemacht haben gemäß § 303 Abs. 1 StGB, indem er den Fußball in die Fensterscheibe des Nachbarn geschossen hat, um diesen zu ärgern. Er handelte nicht etwa in „Notwehr“, sondern aus Rache. Das ist kein anerkannter Rechtfertigungsgrund. Sein Verhalten war rechtswidrig. Allerdings ist Tim erst 12 Jahre alt und damit nicht strafmündig. Er hat sich nicht strafbar gemacht. Unabhängig davon muss er allerdings nach zivilrechtlichen Grundsätzen den entstandenen Schaden ersetzen, sofern er die notwendige Einsichtsfähigkeit besaß (Abschn. 2.3.2.1).

 Vgl. BGH – 2 StR 414/17 –, NStZ-RR 2018, 69.

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Daneben kennt das Strafgesetzbuch besondere Notstandslagen, in denen das Verhalten des Täters zwar nicht gutgeheißen, aber doch entschuldigt werden kann. Solche Entschuldigungsgründe führen zur Straflosigkeit des Täters. Beispiele Wer in einer Notwehrsituation aus Furcht unbewusst die Grenzen der Notwehr überschreitet und beispielsweise einen unbewaffneten Einbrecher erschießt, obwohl ein Schuss ins Bein ausgereicht hätte, handelt nicht schuldhaft. Rechtlich vergleichbar, wenn auch aus einem ganz anderen Kontext stammend, ist der nicht medizinisch oder kriminologisch indizierte Schwangerschaftsabbruch zu sehen: Er ist zwar rechtswidrig, um deutlich zu machen, dass ein Embryo getötet wird, wird aber innerhalb der ZwölfWochen-Frist unter bestimmten Voraussetzungen nicht bestraft, weil man die Schwangere in einem schweren Gewissenskonflikt sieht. Sie und der ansonsten strafbare Arzt, der den Abbruch vornimmt, gelten dann als entschuldigt.

Strafbar kann sich nicht nur machen, wer selbst aktiv eine Straftat begeht, sondern auch, wer sich gänzlich passiv verhält. Juristen sprechen dann von einer Strafbarkeit wegen eines Unterlassens. Zum einen regeln das die sogenannten echten Unterlassungsdelikte, die gerade das Nichthandeln unter Strafe stellen, wie beispielsweise die unterlassene Hilfeleistung (Abschn. 2.2.3.4). Auch die meisten anderen Delikte können aber begangen werden, indem jemand eine Handlung unterlässt, zu der er rechtlich verpflichtet ist (§ 13 StGB). Dazu muss der Täter eine Garantenstellung innehaben. Als Beschützergarant muss er das ihm anvertraute Rechtsgut  – etwa ein Menschenleben  – vor Gefahren aus allen Richtungen schützen, soweit ihm dies durch pflichtgemäßes Handeln möglich und zumutbar ist. Daneben gibt es noch Überwachergaranten, die eine Gefahrenquelle überwachen und aus ihr resultierende Gefahren vermeiden müssen. Eine Garantenstellung kann sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben, so dass beispielsweise Ehegatten füreinander oder Eltern mit Blick auf ihre Kinder verpflichtet sind, Gefährdungen zu vermeiden oder abzuwenden. Daneben können sich aus Verträgen oder aus der tatsächlichen

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Übernahme einer Gewähr für die Sicherheit eines Rechtsgutes Garantenpflichten ergeben. Nach diesen Grundsätzen werden regelmäßig auch die Mitarbeiter eines Veranstalters von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit strafrechtlich verpflichtet sein, für die Sicherheit der Teilnehmer zu sorgen und schädigende Handlungen zu unterbinden. Wer als Garant ein Kind verhungern ließe, machte sich wegen Totschlags durch Unterlassen strafbar; wer bei einer Verletzung pflichtwidrig keinen Arzt alarmierte und dadurch den Zustand verschlimmerte, beginge eine Körperverletzung durch Unterlassen. Beispielsfall: Mittagspause im Ferienlager II In der Mittagspause im Ferienlager spielt der 12-jährige Tim mit ein paar Freunden Fußball. Nachbar N fühlt sich durch das Laute Gebrüll der Jungen gestört und ermahnt sie mehrfach. Die Betreuer der Kinder fühlen sich hingegen nicht gestört, sondern machen ein kleines Nickerchen. Aus Rache schießt Tim daraufhin den Fußball gegen eine Fensterscheibe des Nachbarn, um diesen zu ärgern. Die Scheibe geht zu Bruch. Haben sich die Mitarbeiter des Veranstalters strafbar gemacht? Lösungshinweise: Die Mitarbeiter könnten sich strafbar gemacht haben wegen Sachbeschädigung durch Unterlassen, indem sie nicht verhinderten, dass Tim den Fußball in die Fensterscheibe des Nachbarn schoss. Zwar ist ein Unterlassen ist nur dann strafbar, wenn der Unterlassende zum Eingreifen verpflichtet war und sich in einer Garantenstellung befand, doch haben die Mitarbeiter des Veranstalters eines Ferienlagers eine solche Garantenpflicht übernommen. Allerdings müssten sie auch vorsätzlich gehandelt haben. Das setzt voraus, dass sie von Tims Sachbeschädigung mindestens wussten oder sie sogar gut geheißen haben. Davon ist nichts bekannt. Die Mitarbeiter haben in der Mittagszeit fahrlässig ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt, nicht aber vorsätzlich gehandelt. Die fahrlässige Sachbeschädigung (durch Unterlassen) ist indes nicht strafbar. Unabhängig davon müssen die Mitarbeiter nach zivilrechtlichen Grundsätzen wohl den Schaden ersetzen.

2.2.3 Straftatbestände im Überblick Einige Straftatbestände, die für die Kinder- und Jugendarbeit eine besondere Relevanz haben, sollen im Folgenden überblicksartig vorgestellt werden.

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2.2.3.1  Körperverletzungsdelikte Strafbar sind die fahrlässige sowie die vorsätzliche Körperverletzung; auch der Versuch ist strafbar. Körperverletzungsdelikte

§ 223 StGB: Körperverletzung (1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. § 229 StGB: Fahrlässige Körperverletzung Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Körperverletzung kann in zwei unterschiedlichen Varianten begangen werden, nämlich durch Gesundheitsschädigungen und durch körperliche Misshandlungen. Eine Schädigung an der Gesundheit ist medizinisch meist klar erkennbar als krankhafter Zustand oder Gesundheitsverschlechterung. Dagegen erscheint die körperliche Misshandlung definitionsbedürftig. Unter einer körperlichen Misshandlung wird jede üble, unangemessene Behandlung gegen den Willen des Opfers verstanden, durch die es in seinem körperlichen Wohlbefinden mehr als bloß unerheblich beeinträchtigt wird. Erfüllen kann diesen Tatbestand schon eine leichte Ohrfeige, die zu einer Hautrötung führt, oder ein fester Schwitzkasten, wenn dieser später Nackenschmerzen verursacht. Auch starker Lärm kann eine unangemessene Behandlung darstellen. Wer einen anderen Menschen an dessen physische Grenzen führt, indem er ihn längerfristig hungern oder dursten lässt, ihn zu überanstrengenden Wanderungen zwingt oder nicht für eine medizinische Mindestversorgung sorgt, kann den Tatbestand ebenfalls erfüllen. Im zuletzt genannten Fall reicht also ein Unterlassen aus, sofern

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der Betroffene eine Garantenstellung hat. Das Beschmieren oder Bemalen eines anderen Menschen mit Farben oder anderen Stoffen, die sich schwer entfernen lassen, ist dann eine Körperverletzung, wenn es eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Nach ständiger Rechtsprechung erfüllt auch jede medizinische Behandlung, die in die körperliche Unversehrtheit eingreift, den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Das gilt auch für Heileingriffe, die ein Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst vornimmt (s. dazu noch Abschn. 3.2.3). Beispiele: Medizinische Behandlungen durch Gruppenleiter Erst Recht ist der Tatbestand erfüllt, wenn Gruppenleiter die körperliche Integrität verletzen, indem sie etwa eine offene Wunde mit einem schmerzhaften Desinfektionsmittel behandeln, Medikamente mit gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen verabreichen oder gar einen Zugang für eine Infusion legen. Keine Gesundheitsschädigung liegt dagegen vor, wenn jemand fachgerecht eine Zecke zieht, ohne diese zu zerquetschen (s. zum Zeckenziehen noch Abschn. 3.2.4).

Allerdings heißt das natürlich nicht, dass sich Ärzte oder Ersthelfer ständig strafbar machen würden. Vielmehr sind ihre Handlungen in der Regel durch eine Einwilligung des Patienten gerechtfertigt, wenn sie medizinisch indiziert sind. Die Einwilligung muss durch den Patienten erfolgen, soweit dieser einwilligungsfähig ist. Bei einem Minderjährigen kommt es insoweit darauf an, ob er aufgrund seines Alters schon die nötige Reife hat, um die fragliche Entscheidung treffen zu können. Ist dies nicht der Fall, so entscheidet der gesetzliche Vertreter. Dies sind in der Regel die Eltern als Erziehungsberechtigte. Sie können ihre Entscheidungsbefugnis aber insbesondere für akute Notfälle auf den Veranstalter übertragen, wenn ihr Kind etwa an einer Ferienfreizeit teilnimmt. Eine solche Vollmacht sollte bei größeren Fahrten mit Minderjährigen unbedingt eingeholt werden, da dies im Notfall den Entscheidungsprozess beschleunigt. Bei weniger dringenden oder besonders schwerwiegenden Eingriffen sollten indes sicherheitshalber stets die Erziehungsberechtigen um ihre Einwilligung gebeten werden. Eine autonome Entscheidung des Patienten oder seiner Erziehungsberechtigten setzt in jedem Fall voraus, dass sich der Einwilligungsbe-

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rechtigte der Tragweite des fraglichen Eingriffs bewusst ist. Da medizinische Laien zumeist nicht die nötigen Kenntnisse haben, um einen Eingriff beurteilen zu können, benötigen sie zuvor regelmäßig eine Aufklärung durch einen Arzt. Schon aus diesem Grund sind Heileingriffe durch nicht besonders geschulte Gruppenleiter problematisch, da sie in der Regel kaum die vorgeschriebene Aufklärung gewährleisten können. Kann eine explizite Einwilligung nicht eingeholt werden, weil der Einwilligungsberechtigte etwa bewusstlos ist, so kommt eine mutmaßliche Einwilligung in Betracht. Dazu muss anhand objektiver Umstände ermittelt werden, wie sich der Betroffene vermutlich entschieden hätte. Im Notfall wird man sich, wenn nichts anderes bekannt ist, meist dafür entscheiden, zunächst nach den Regeln der ärztlichen Kunst die Gesundheit eines Patienten zu retten; abweichende Vorstellungen des Betroffenen können gegebenenfalls später noch berücksichtigt werden. Im Übrigen sind Einwilligungen in Körperverletzungen nur zulässig, wenn die Tat nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 228 StGB). Das schließt Einwilligungen in konkret lebensgefährliche Verletzungen aus. Gegnerische Verletzungen im Sport sind meist keine vorsätzlichen Taten; eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung scheidet aus, solange eine Verletzung durch ein sportartspezifisches, sozialübliches Verhalten verursacht wurde, das nicht mit einem vorsätzlichen Regelverstoß verbunden war. Erhebliche, vorsätzliche Verletzungen im Wettkampfgeschehen sind dagegen meist als Körperverletzungen strafbar, da sie kaum von einer Einwilligung gedeckt sind (Abschn. 3.3.7). Ein besonderes Problem stellen körperliche Bestrafungen durch die Erziehungsberechtigten dar. Verbreitet galten körperliche Züchtigungen aufgrund des elterlichen Erziehungsrechts als gerechtfertigt, sofern sie „maßvoll“ ausfielen. Bis in die 1980er-Jahre billigte die Rechtsprechung es etwa, wenn Eltern ihrer 17-jährigen „sittlich verdorbenen“ Tochter die Haare abschnitten und sie am Bett festbanden, um sie von unanständigen Wegen abzuhalten. Die Grenzen einer maßvollen körperlichen Züchtigung sollen auch gewahrt gewesen sein, wenn ein Achtjähriger mit einem Wasserschlauch auf Gesäß und Oberschenkel geschlagen wurde. Ausdrücklich hatte der Bundesgerichtshof 1986 entschieden, allein die Verwendung eines Schlaggegenstandes drücke einer Erziehungsmaßnahme für sich genommen noch nicht den Stempel einer entwürdigen-

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den Behandlung auf.7 Diese Position ist heute überholt. Nach mehreren Verschärfungen der Gesetzeslage garantiert das BGB Minderjährigen seit dem Jahr 2000 ausdrücklich das Recht auf eine „gewaltfreie Erziehung“. § 1631 Abs. 2 BGB: Inhalt und Grenzen der Personensorge

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. 2Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

1

Das sprachlich uneingeschränkte Recht auf Gewaltfreiheit geht sehr weit. Die Gesundheit von Kindern soll als oberstes Ziel jeder Erziehung festgeschrieben sein. Bei der Einführung dieser Norm ging es dem Gesetzgeber nicht zuletzt um eine Änderung des Bewusstseins in der Bevölkerung.8 Die Norm appelliert an alle Eltern und Erzieher, stets das Wohl des Kindes im Blick zu haben. Daneben bleibt kaum  Raum für gegenläufige Argumentationen, die körperliche Züchtigungen etwa unter Verweis auf das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG) zu rechtfertigen versuchen. Kaum nachvollziehbar ist deswegen auch die teilweise vertretene Auffassung, gewaltsame Strafmaßnahmen seien nur dann verboten, wenn sie zusätzlich entwürdigend seien. Deswegen bleibe es zulässig, wenn Eltern ihrem Kind einen Klaps auf den Po oder eine schmerzhafte Backpfeife gäben.9 Jedenfalls Gruppenleiter sollten sich nicht auf etwaige derartige Grauzonen stützen. Im Regelfall wird jede körperliche Züchtigung, die mit einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens einhergeht, als unangemessene, entwürdigende Maßnahme den Straftatbestand einer Körperverletzung erfüllen. Dies hat nach dem Willen des Gesetzgebers seinen Grund darin, dass jede Form der körperlichen Bestrafung, auch wenn sie nicht die Intensität der Misshandlung erreicht, für das Kind eine Demütigung bedeutet. Auch religiös motivierte Schläge mit einer Rute sind von den Gerichten nicht als Ausübung  Vgl. BGH – 4 StR 605/86 –, NStZ 1987, 173 (174).  Vgl. sehr weitgehend Götz, in: Palandt (2019) BGB, § 1631 Rn. 5 f. 9  Vgl. dafür Wessels u. a. (2018) Strafrecht AT, Rn. 607. 7 8

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des Erziehungsrechts gebilligt worden; sie führten vielmehr zu einer Teilentziehung des Sorgerechts.10 Auch in Schulen, Internaten oder Jugendheimen gibt es kein Züchtigungsrecht. Für eine gewohnheitsrechtliche Erlaubnis lässt die eindeutige Gesetzeslage keinen Raum mehr. Für Gruppenleiter gelten daher folgende Maßgaben: Als tatbestandliche Körperverletzung grundsätzlich verboten ist jede üble und unangemessene Behandlung eines Minderjährigen, die sein körperliches Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Erst recht gilt dies für jede Erziehungsmaßnahme, die dem Minderjährigen körperliche Verletzungen zufügt und ihn so an seiner Gesundheit schädigt. Für erzieherische Strafmaßnahmen gibt es insofern keine besondere Rechtfertigung. Dies gilt für die Eltern ebenso wie für Gruppenleiter gegenüber fremden Kindern. Zum Zweck der Bestrafung darf von ihnen kein gewaltsamer Körperkontakt zu Minderjährigen ausgehen, also vor allem keine Schläge, Ohrfeigen und Klapse.11 Dagegen kann es allerdings erzieherische Maßnahmen unterhalb einer Bagatellgrenze geben, die sich noch nicht als Körperverletzung darstellen. Insbesondere gilt dies für Handlungen, die keinen oder allenfalls einen ganz leichten Schmerz zufügen, sondern lediglich eine Missbilligung des sanktionierten Verhaltens symbolisieren. Diese sind nicht strafbar. Über den pädagogischen Wert solcher Strafmaßnahmen ist damit noch nichts gesagt – gerade Gruppenleiter sollten hier im Hinblick auf fremde Kinder sehr zurückhaltend sein. Allerdings bestehen zugleich erhebliche Zweifel, ob das Strafrecht der angemessene Weg ist, um auf jegliche unangemessene Erziehungsmaßnahmen zu reagieren. Kriminalpolitisch ist zu berücksichtigen, dass jedes Strafverfahren das Verhältnis zwischen Eltern und Erziehern auf der einen Seite und betroffenen Kindern auf der anderen Seite stark belasten würde und außerdem die Gefahr aufbauschender Denunziationen bestünde.

10 11

 Vgl. OLG Nürnberg – 9 UF 1430/14.  Vgl. sehr restriktiv Götz, in: Palandt (2019) BGB, § 1631 Rn. 7.

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Beispiele Bewirft ein Lehrer einen Schüler, der stetig dazwischenredet, mit einem kleinen Stück Kreide, so ist die Grenze zur Körperverletzung nicht ohne Weiteres überschritten. Der Schüler mag sich zwar erschrecken, er wird aber in der Regel in seinem körperlichen Wohlbefinden nicht negativ beeinträchtigt sein und keine Schmerzen empfinden. Ähnliches gilt, wenn ein Kleinkind beginnt, Essen vom Tisch zu werfen und die Mutter ihm daraufhin einen Klaps auf die Finger gibt. Selbst wenn das Kind daraufhin zu schreien beginnt, ist nicht erkennbar, dass die Mutter es in seinem körperlichen Wohlbefinden erheblich geschädigt und dabei gar vorsätzlich gehandelt hätte.

Für körperliche Bestrafungen im eigentlichen Sinne des Wortes bleibt angesichts dieser Vorgaben gleichwohl keinerlei Raum. Anders sieht es dagegen aus, wenn nicht die Bestrafung eines Minderjährigen im Vordergrund steht, sondern die Durchsetzung legitimer Erziehungsmaßnahmen. Das elterliche Erziehungsrecht und von diesem abgeleitet auch die Erziehungsaufgaben von Gruppenleitern bringen die Pflicht und die Befugnis mit sich, bei Bedarf auch kraftvoll einzugreifen, wenn eine Gefahr vom Minderjährigen abgewendet werden soll. Ein solcher Krafteinsatz bleibt zulässig, sofern er im Rahmen der Beaufsichtigung und Pflege eines Minderjährigen erforderlich ist. Beispiele Prügeln sich mehrere Jugendliche, so darf der Aufsichtspflichtige sie unter Einsatz eigener Körperkraft zurückhalten. Ebenso darf ein Kind festgehalten werden, wenn es sich verbotswidrig einem Lagerfeuer nähert. Streichhölzer oder Waffen dürfen einem Kind weggenommen werden. Sollte dies etwa bei besonders renitenten Jugendlichen nicht ohne Weiteres möglich sein, so muss gegebenenfalls die Polizei eingeschaltet werden.

In diesem Zusammenhang geht es also nicht um Bestrafungen des Kindes, sondern um Gefahrenabwehr. Wie die Legalität des geschilderten Verhaltens juristisch zu begründen ist, ist umstritten, doch besteht hinsichtlich des Ergebnisses große Einigkeit, dass Eltern und Gruppenleiter in solchen Fällen straffrei bleiben. Entweder liegt schon keine üble und unangemessene Behandlung eines anderen Menschen vor, sodass der Tatbestand der

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Körperverletzung nicht erfüllt ist, oder tatbestandliche Körperverletzungen sind im Rahmen des Notstandsrechts der Eltern und Gruppenleiter gerechtfertigt (§ 34 StGB), wenn Gefahren nicht anders abgewehrt werden können.12 Dazu muss bei einer Abwägung das geschützte Interesse – etwa die Gesundheit des Kindes – das beeinträchtigte – etwa die (geringen) Schmerzen, wenn ein Kinder vom Feuer weggezogen wird  – erheblich überwiegen. Außerdem muss das Einschreiten des Erziehungsberechtigten geeignet und erforderlich sein, um die Gefahr abzuwenden. Beispiele Die Rechtsprechung bejaht eine Rechtfertigung, wenn einem Betrunkenen gewaltsam der Autoschlüssel weggenommen wird, um ihn an einer Trunkenheitsfahrt zu hindern. Gebilligt wurde auch das (zeitweise) Einschließen einer psychisch kranken Person in familiärer Selbsthilfe.

Neben dem Grundtatbestand der Körperverletzung gibt es noch Qualifikationen, die je nach Gefährlichkeit der Tat und in Abhängigkeit von den Verletzungen eine höhere Strafe zur Folge haben. Mit Blick auf die Jugendarbeit ist insbesondere der Straftatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen relevant (§  225 Abs.  1 StGB). Strafbar macht sich danach unter anderem, wer einen Minderjährigen, der seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, an seiner Gesundheit schädigt, indem er böswillig seine Fürsorgepflicht vernachlässigt, oder ihn quält oder roh misshandelt. Das dafür vorausgesetzte Schutzverhältnis besteht für die Eltern, aber auch für Gruppenleiter, deren Fürsorgepflicht auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht.

2.2.3.2  Freiheitsberaubung Strafbar ist die Freiheitsberaubung einschließlich des Versuchs. Neben dem Ausgangstatbestand kennt das Strafgesetzbuch Qualifikationen für schwere Fälle.

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 Vgl. Joecks/Hardtung, in: MüKo-StGB (2017), § 223 Rn. 76.

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§ 239 Abs. 1 StGB: Freiheitsberaubung

Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Straftatbestand schützt die persönliche Fortbewegungsfreiheit. Gemeint ist die Freiheit, seinen Aufenthaltsort zu verändern, sich also von einem Ort wegzubewegen. Als Tathandlung kommt vor allem das Einsperren in Betracht, durch das der Betroffene physisch gehindert wird, einen abgegrenzten Bereich zu verlassen. Dazu können die Ausgänge versperrt oder durch Überwachung für den Betroffenen verschlossen sein. Daneben kann die Freiheitsberaubung begangen werden, indem Drohungen für den Fall des Weglaufens ausgesprochen werden. Den Tatbestand erfüllen auch Beschränkungen, die sich auf ein größeres Areal beziehen wie etwa das Gelände eines Krankenhaus. Keine Freiheitsberaubung liegt dagegen vor, wenn Eltern ihrem Kind verbieten, aus einem Land auszureisen. Eine Freiheitsberaubung setzt voraus, dass die Fortbewegungsfreiheit vollständig aufgehoben wird. Geschützt werden soll die Fähigkeit, sich überhaupt von einem Ort wegzubewegen, nicht aber auch eine bestimmte Art des Weggehens. Deshalb kommt eine Bestrafung wegen Freiheitsberaubung nicht in Betracht, wenn ein Fortbewegen – wenn auch unter erschwerten Bedingungen – möglich bleibt. Irrelevant ist für die Strafbarkeit, wie lange die Fortbewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Beispiel Keine Freiheitsberaubung soll vorliegen, wenn Eltern ihrer fast volljährigen Tochter untersagen, ohne Begleitung eines älteren Familienmitgliedes das Haus zu verlassen. Dadurch werde die Bewegungsfreiheit nicht vollständig aufgehoben, sondern lediglich erschwert. Zudem sei das Haus der Familie nicht verschlossen gewesen.13

 Vgl. BGH – 3 StR 410/14 –, NStZ 2015, 338 (339).

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Allerdings kann ein Verhalten, das den Tatbestand einer Freiheitsberaubung erfüllt, gleichwohl gerechtfertigt und damit erlaubt sein. Das ist nicht zuletzt bei Handlungen der Fall, mit denen Eltern ihr Sorgerecht ausüben. Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, den Aufenthaltsort eines Kindes zu bestimmen. Erlaubt sind daher auch Maßnahmen durch Gruppenleiter, soweit diese in Vertretung für die Erziehungsberechtigten handeln. Problematisch kann es vor diesem Hintergrund sein, wenn Eltern oder Gruppenleiter einen etwaigen Hausarrest durchsetzen wollten, indem sie einen Minderjährigen in dessen Zimmer oder an einem anderen Ort einsperren. Nur adäquate und übliche Erziehungs- und Schutzmaßnahmen sind ohne Weiteres gerechtfertigt. Erlaubt ist es danach etwa, wenn ein Kleinkind in ein Gitterbett oder einen Laufstall gelegt wird, aus dem es nicht ohne fremde Hilfe herauskommt. Ebenso zulässig bleibt das vorübergehende Festhalten eines Minderjährigen, der vor einer konkreten Gefahr geschützt werden soll. Dagegen bedürfen Freiheitsbeschränkungen, die über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig vorgenommen werden sollen oder die nicht mehr altersgerecht sind, der vorherigen Genehmigung des Familiengerichts (§ 1631b Abs. 2 BGB). Deswegen sollten jedenfalls Gruppenleiter mit Beschränkungen der Fortbewegungsfreiheit äußerst zurückhaltend sein.

2.2.3.3  Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Dazu haben vor allem die zahlreichen Missbrauchsfälle beigetragen, die sich nicht zuletzt im Umfeld der (kirchlichen) Jugendarbeit ereignet haben. Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik verzeichnet für das Jahr 2017 insgesamt 11.547 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch, 990 Fälle von Missbrauch an Jugendlichen sowie 403 Fälle von Missbrauch an minderjährigen Schutzbefohlenen.14 Daneben ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen.  Vgl. https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/zur-haeufigkeit-von-sexuellem-missbrauch (04.01.2019). 14

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Die Missbrauchstäter, zu mehr als 80 Prozent Männer, stammen meist aus dem nahen sozialen Umfeld der Kinder und Jugendlichen. Dazu gehören der Freundes- und Bekanntenkreis der Familie, die Nachbarschaft, die Verwandtschaft sowie die Familie selbst. Auch Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, in denen sich Kinder aufhalten, sind Orte, an denen sexueller Missbrauch stattfindet. Aus der Perspektive der Täter ist es deutlich einfacher, bestehende Vertrauens-, Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse auszunutzen, als einen Kontakt zu fremden Kindern oder Jugendlichen herzustellen. Potenzielle Täter wählen häufig pädagogische oder therapeutische Berufe oder ehrenamtliche Betätigungsfelder, in denen es möglich ist, sich Kindern und Jugendlichen leicht und dauerhaft zu nähern. Sie nutzen die Autorität, die ihnen in anerkannten – etwa pädagogischen, sportlichen oder religiösen  – Einrichtungen zukommt, und profitieren von dem Vertrauen, das Eltern ihnen entgegenbringen. Die meisten Opfer sind deshalb zunächst arglos – sie spüren keine Gefahr und können sich daher kaum schützen.15 Zusätzlich heikel wird die Thematik dadurch, dass immer wieder auch falsche Verdächtigungen im Raum stehen, die ebenfalls ein strafbares Ausmaß annehmen können. Wer in der Kinder- und Jugendarbeit tätig ist, sollte also zugleich Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um nicht selbst zu Unrecht beschuldigt zu werden. Trägerorganisationen müssen Verdachtsfällen zwar entschieden nachgehen, ohne aber übereilt zu handeln und dadurch noch größeren Schaden anzurichten. Unerlässlich ist es vor diesem Hintergrund jedenfalls, die wesentlichen Straftatbestände im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen zu kennen, um das eigene Verhalten daran auszurichten und bei Verdachtsfällen schnell und kompetent einschreiten zu können. Zu Beispielsfällen und Präventionsbemühungen siehe noch Abschn. 3.1.4. Eine sexuelle Handlung im Sinne des Strafgesetzbuches ist unzweifelhaft bei solchen Verhaltensweisen gegeben, die bereits objektiv nach ihrem äußeren Erscheinungsbild erkennen lassen, dass sie sexualbezogen 15  Vgl. https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/wo-findet-missbrauch-statt (05.01.2019).

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sind. Bei diesen objektiv sexualbezogenen Handlungen kommt es auf die Motivation des Täters nicht an. Insoweit genügt es, wenn er sich der Sexualbezogenheit seines Handelns bewusst ist. Dies ist etwa bei Küssen auf den Kopf und den Hals sowie beim Streicheln des Rückens der Fall, sofern es sich nicht ausnahmsweise nur um unerhebliche Geschmacklosigkeiten handelt, die bloß moralisch verwerflich sind. Daneben können auch äußerlich ambivalente Verhaltensweisen tatbestandsmäßig sein, selbst wenn sie für sich betrachtet nicht ohne weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen. Dazu zählen beispielsweise das Eincremen des Genitalbereichs, das Einführen eines Thermometers und von Zäpfchen mittels des Daumens oder gegebenenfalls das Anlegen einer Windel. Insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalls einschließlich sexueller Absichten des Täters kennt. Ist die leitende Motivation die Befriedigung sexueller Bedürfnisse, kann sich auch eine Umarmung als eine sexuelle Handlung erweisen. Andererseits können Berührungen im Intimbereich zulässig sein, wenn ein Arzt oder sonst medizinisch geschultes Personal sie vornimmt, um einen medizinisch indizierten Eingriff vorzunehmen. In jedem Fall sind daher die Gesamtumstände eines Sachverhaltes zu berücksichtigen. Beispielsfall: Übergriffe mit ambivalenten Handlungen In einem großen Ferienlager kam es zu Beginn unter den männlichen Jugendlichen zu Kissenschlachten, Ringkämpfen und kleineren hierarchischen Machtkämpfen. Außerdem gab es mehrere Übergriffe durch einige ältere Jungen aus dem Kreis der Teilnehmer. Dabei suchten sich jeweils fünf ältere Jugendliche ein (meist jüngeres) Opfer und warfen es auf eine Matratze, die in der Raummitte lag. Dort hielten sie das Opfer gemeinsam fest, sodass es sich nicht mehr wehren konnte. Sodann zog einer der Täter dem Opfer die Hose bzw. Unterhose herunter, sodass in einigen Fällen die Pobacken entblößt wurden. Dann schoben sie ihm kurzzeitig eine PET-­Flasche wenige Zentimeter zwischen die Pobacken, sprühten den entblößten Hintern eines anderen mit Sonnenspray ein oder schoben einen Handfeger zwischen die Pobacken. Zu Verletzungen kam es nicht. Üblicherweise endeten die Vorfälle mit einem lauten Indianergeheul, bei dem sowohl die Beteiligten als auch die Zuschauer grölend durch den Schlafsaal sprangen. Haben sich die älteren Jugendlichen strafbar gemacht?

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Lösungshinweise: Das Landgericht Osnabrück sah mangels sexueller Motivation der Täter keine sexuelle Nötigung. Gleichwohl kann das Verhalten der Täter selbstverständlich nicht gutgeheißen werden. Sie haben sich wegen Nötigung und gemeinschaftlicher Körperverletzung strafbar gemacht. Die Täter mussten soziale Arbeit leisten; ansonsten wurde das Verfahren eingestellt.16 Die Aufsichtspflichtigen wurden im konkreten Fall nicht verfolgt. Sie hätten die beschriebenen Taten möglichst verhindern müssen. Allerdings betont das Gericht auch die besonderen Bedingungen eines Ferienlagers, wo es regelmäßig zu gruppendynamischen Prozessen und Hierarchiezuordnungen komme, die von Imponiergehabe, verbalen, aber auch tätlichen Auseinandersetzungen geprägt seien. Dies kann und muss nicht gänzlich verhindert werden.

Im Hinblick auf sexuelle Handlungen unterscheidet das Strafgesetzbuch insbesondere nach dem Alter der Missbrauchsopfer und nach der sonstigen Schwere der Tat. Verboten sind alle sexuellen Handlungen an einem Kind unter 14 Jahren; diese zählen stets – unabhängig von einem etwaigen Einverständnis des Kindes – als Missbrauch. So soll die Möglichkeit des Kindes geschützt werden, Selbstbestimmungsfähigkeit in diesen Angelegenheiten zu entwickeln, was durch fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität gestört würde. Der Gesetzgeber will, dass sich Kinder insgesamt frei von sexuellen Erlebnissen entwickeln können. Verboten ist es deswegen auch, sexuelle Handlungen vor einem Kind vorzunehmen, selbst wenn es dabei zu keinerlei Körperkontakt zwischen dem Täter und dem Kind kommt. Das bestimmt § 176 StGB. § 176 StGB: Sexueller Missbrauch von Kindern (Auszug)

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

 Vgl. LG Osnabrück – 3 KLs 9/11.

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(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, daß es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen läßt. (3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen. (4) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt, 2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach Abs. 1 oder Abs 2 mit Strafe bedroht ist, 3. auf ein Kind mittels Schriften (§ 11 Abs 3) oder mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie einwirkt, um a. das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll, oder b. um eine Tat nach §  184b Abs.  1 Nummer 3 oder nach § 184b Abs 3 zu begehen, oder 4. auf ein Kind durch Vorzeigen pornografischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornografischen Inhalts, durch Zugänglichmachen pornografischer Inhalte mittels Informations- und Kommunikationstechnologie oder durch entsprechende Reden einwirkt. Auch gegenüber Jugendlichen über 14 Jahren sind sexuelle Handlungen strafbar, wenn ein besonderes Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Täter und dem Jugendlichen besteht. Damit reagiert der Gesetzgeber darauf, dass in solchen Abhängigkeitsverhältnissen stets die Gefahr besteht, dass der Täter als Autoritätsperson seine Position aus sexuellen Motiven ausnutzt. Deswegen sind sexuelle Handlungen an Personen unter 16 Jahren stets strafbar, wenn das Opfer dem Täter zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist. Erforderlich hierfür ist ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne einer Unter- und Überordnung, die den persönlichen, allgemein menschlichen

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Bereich umfasst. In diesem muss dem Täter das Recht und die Pflicht obliegen, die Lebensführung des Jugendlichen und damit dessen geistig-seelische Entwicklung zu überwachen und zu leiten. Dann sind sexuelle Handlungen an Jugendlichen unter 16 Jahren unabhängig davon verboten, ob der Täter seine besondere Erziehungsrolle bei der Tat konkret ausnutzt. Die Strafbarkeit setzt zudem nicht voraus, dass die Tat im Zusammenhang mit dem Erziehungsverhältnis begangen wird; sie kann sich auch gänzlich im Privaten zutragen. In dieser Konstellation können Minderjährige nicht wirksam in sexuelle Handlungen einwilligen; ein trotzdem erklärtes Einverständnis des Opfers verringert die Schuld des Täters nicht. Ebensowenig rechtfertigt eine längerfristige personale Beziehung zwischen den Beteiligten sexuelle Kontakte in Abhängigkeitsverhältnissen. Ist das Opfer dagegen zwar 16, aber noch nicht 18 Jahre alt, so sind sexuelle Handlungen an Schutzbefohlenen dann strafbar, wenn das Abhängigkeitsverhältnis für die Tat missbraucht wird. Von einem solchen Missbrauch der Abhängigkeit ist dann auszugehen, wenn der Täter seine Macht und Überlegenheit in einer für den Jugendlichen erkennbar werdenden Weise einsetzt, um ihn gefügig zu machen. Dies ist insbesondere in Drucksituationen des Jugendlichen der Fall. Der Zusammenhang des Abhängigkeitsverhältnisses mit den sexuellen Handlungen muss dabei beiden Beteiligten bewusst sein. Ferner dürfen vor Schutzbefohlenen unter diesen Voraussetzungen keine sexuellen Handlungen vorgenommen werden, wenn sie dazu dienen sollen, sich oder den Minderjährigen sexuell zu erregen. Das bestimmt § 174 StGB. § 174 Abs. 1 StGB: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Wer sexuelle Handlungen 1. an einer Person unter sechzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, 2. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses

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untergeordnet ist, unter Mißbrauch einer mit dem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit […] vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Täter des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen kann nur sein, wem das minderjährige Opfer in einem Obhuts- oder Abhängigkeitsverhältnis anvertraut ist. Er muss dazu das Recht und die Pflicht haben, die Erziehung oder Lebensführung des Schutzbefohlenen zu überwachen und zu leiten. Diese Berechtigung kann sich aus dem Gesetz ergeben, wie es etwa bei den Eltern der Fall ist, aus einer besonderen Aufgabe – etwa bei Lehrern – oder auch aus einer Bevollmächtigung durch die Sorgeberechtigten. Genügen kann auch, dass sich ein Jugendlicher selbst einem Erwachsenen zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut. Jedenfalls mit Blick auf Lehrer hat die Rechtsprechung entschieden, dass sexuelle Beziehungen im Lehrer-Schüler-Verhältnis dienstrechtlich grundsätzlich nicht tolerierbar sind. Zwar besteht nicht zwischen allen Schülern und Lehrern derselben Schule ein Obhutsverhältnis, wohl aber wenn ein Lehrer einen Schüler unterrichtet oder in einer Schulsanitätsgruppe anleitet. Allgemeiner führt das Verwaltungsgericht Münster aus, Lehrer hätten im Rahmen ihrer Erziehungsfunktion neben der Aufgabe, Wissen zu vermitteln, auch Verantwortung für eine ungestörte Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schüler. Sie dürften sich daher auf keinen Fall in einer Weise verhalten, die geeignet ist, die seelische Entwicklung der ihnen beziehungsweise ihrer Schule anvertrauten Schüler zu beeinträchtigen. Gerade diese Gefahr ist jedoch grundsätzlich gegeben, wenn ein Lehrer eine sexuelle Beziehung mit einer Schülerin eingeht.17 Ob auch im Verhältnis zwischen Jugendgruppenleitern und Teilnehmern ein besonderes Obhutsverhältnis besteht, muss im Einzelfall geprüft werden. Die Rechtsprechung dazu ist nicht ganz eindeutig. Zwar lassen sich die Aussagen zu Lehrern nicht ohne Weiteres auf ­Freizeitgruppenleiter übertragen, doch sollten auch diese mit Beziehungen zu Teilnehmern äußerst zurückhaltend sein. 17

 Vgl. VG Münster – 13 K 1651/16.O.

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Beispiele Schon früh hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Jugendliche einem Pfarrer zur Ausbildung anvertraut seien, wenn er sie bei regelmäßigen Gesprächsrunden in der Christenlehre unterweise. Die Ausbildung könne sich auf einzelne Wissens- oder Lebensgebiete beschränken. Durch den Gesprächskreis werde zwischen dem Pfarrer und den Teilnehmern ein Verhältnis geschaffen, das weit über die allgemeinen Beziehungen eines Pfarrers zu den Gemeindemitgliedern oder Kirchenbesuchern hinausgehe.18 Ebenso können Jungen, die einer Schülermannschaft eines Fußballvereins angehören, dem vom Verein bestellten Trainer zur Ausbildung und Betreuung anvertraut sein.19 Gleichwohl rechtfertigt nicht jeder Einfluss eines Priesters auf die Lebensführung minderjähriger Gemeindemitglieder die Annahme, dass die Minderjährigen ihm anvertraut seien.20 Zu einem Beichtvater besteht nicht ohne Weiteres ein Abhängigkeitsverhältnis, selbst wenn eine Minderjährige für diesen schwärmt. Abgelehnt wurde ein Obhutsverhältnis auch, wenn ein Kind nur für eine Nacht bei seinem Großvater übernachtet.21 Mit der eintägigen Überlassung des Kindes würden nicht die Verantwortung für das geistig-sittliche Wohl des Kindes und die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Persönlichkeitsbildung des Kindes übertragen. Wer als Reitlehrer für eine Nacht die Beaufsichtigung von Reitschülern übernimmt, begründet damit nicht ohne Weiteres ein Obhutsverhältnis. Entsprechendes gilt für Tennis- oder Nachhilfelehrer. Ferner hat das Landgericht Dortmund eine Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen für einen Coach verneint, weil ihm das Opfer nicht zur Erziehung anvertraut gewesen sei. Dieses erfordere üblicherweise ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft.22 Andererseits reicht das bloße Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft nicht aus, um ein Obhutsverhältnis zu begründen.23

 Vgl. BGHSt 4, 212 – 2 StR 622/51.  Vgl. BGHSt 17, 191 – 5 StR 74/62. 20  Vgl. BGHSt 33, 340 – 1 StR 491/85. 21  Vgl. BGH – 1 StR 221/00. 22  Vgl. LG Dortmund – 31 KLs – 620 Js 524/16 – 63/16 –, Juris: Rn. 81. 23  Vgl. BGH – 2 StR 200/15 –, NStZ-RR 2016, 201. 18 19

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Bisweilen beschweren sich Jugendliche, die zusammen mit ihrer Freundin als Teilnehmer oder gar als Leiter an Veranstaltungen der Jugendarbeit teilnehmen, dass sie sich nicht als Paar ein Zimmer teilen dürften. Diesbezügliche Zurückhaltung der Leiter hat allerdings ihren guten Grund. Denn solange eine Person unter 16 Jahre alt ist, darf man ihr nicht ohne Weiteres die Gelegenheit zu sexuellen Handlungen verschaffen. Falls es doch zu solchen Handlungen kommt, droht dem Leiter eine Strafbarkeit wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger. Das bestimmt § 180 Abs. 1 StGB. § 180 Abs. 1 StGB: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

Wer sexuellen Handlungen einer Person unter sechzehn Jahren an oder vor einem Dritten oder sexuellen Handlungen eines Dritten an einer Person unter sechzehn Jahren 1

1 . durch seine Vermittlung oder 2. durch Gewähren oder Verschaffen von Gelegenheit Vorschub leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2Satz 1 Nr. 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Vorschubleisten seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Das im zweiten Satz der Vorschrift normierte Erzieherprivileg soll den Eltern in sexualpädagogischen Fragestellungen einen gewissen Spielraum einräumen. In persönlicher Hinsicht erstreckt sich die Privilegierung auf diejenigen, denen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch das Sorgerecht für einen Minderjährigen zusteht. Das sind primär die Eltern. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ausdrücklich klargestellt, dass dieses Privileg nicht auf zeitweise Sorgeberechtigte wie Verwandte oder Schulen erstreckt werden soll. Das gilt jedenfalls dann, wenn Dritte nicht auf Geheiß der eigentlich Sorgeberechtigten handeln. Dementsprechend kann sich auch

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die Großmutter strafbar machen, wenn sie in Abwesenheit der Eltern ihre 15-jährige Enkeltochter mit deren Freund ins Haus lässt.24 In der Vergangenheit wurde es bisweilen als problematisch erlebt, dass Straftaten bereits verjährt waren, als Betroffene Anzeige erstatteten. Die Verjährungsfrist hängt im Allgemeinen vom Strafmaß ab. Bei Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe zwischen fünf und zehn Jahren bedroht sind – etwa der sexuelle Missbrauch von Kindern –, beträgt sie zehn Jahre. Nach mehreren Gesetzesänderungen ruht die Verjährung aber bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nun, bis das Opfer das 30. Lebensjahr vollendet hat. Dies soll der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Opfer erst Jahre später öffentlich über die Taten sprechen können und wollen. Allerdings darf die Neuregelung aus rechtsstaatlichen Gründen nicht rückwirkend gelten. Ist einmal Verjährung eingetreten, so bleibt es dabei. Dann kann die Staatsanwaltschaft kein Strafverfahren mehr einleiten. Möglich bleiben allein dienst- oder kirchenrechtliche Konsequenzen.

2.2.3.4  Unterlassene Hilfeleistung Wegen unterlassener Hilfeleistung wird bestraft, wer bei einem Unglücksfall nicht die erforderliche und zumutbare Hilfe leistet. §  323c StGB: Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

 Vgl. Renzikowski, in: MüKo-StGB (2017), § 180 Rn. 44.

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Der Straftatbestand soll sicherstellen, dass ein Mindestmaß an Solidarität unter allen Menschen eingehalten wird. Die Hilfspflicht gilt gegenüber jedem Menschen, der in Not ist; eine besondere Garantenpflicht wird nicht vorausgesetzt. Es handelt sich also um ein echtes Unterlassungsdelikt. In der Kinder- und Jugendarbeit kommt vor allem die Tatbestandsvariante des Unglücksfalls in Betracht. Ein solcher liegt vor, wenn ein plötzlich eintretendes Ereignis eine erhebliche Gefahr für einen anderen Menschen oder eine Sache verursacht. Zur Hilfe ist man verpflichtet, soweit nicht gewährleistet ist, dass anderweitig sofort geholfen wird. Außerdem muss dem Betroffenen die Hilfeleistung möglich sein. Ist dies objektiv nicht der Fall, so entfällt die Hilfspflicht. Schließlich darf die erforderliche Hilfe auch nicht unzumutbar sein. Dabei sind die Fähigkeiten, die Lebenserfahrung und die Vorbildung des potenziellen Helfers zu berücksichtigen. Jeder muss die für ihn bestmögliche Hilfe leisten. Dabei muss sich allerdings niemand in erheblichem Maße selbst gefährden. Beispiel Ein Nichtschwimmer muss nicht ins Wasser springen, um einen Ertrinkenden zu retten. Oft besteht dann allerdings die Verpflichtung, mindestens professionelle Helfer zu verständigen.

2.2.3.5  Diebstahl Das Eigentum und der Besitz sind durch eine Reihe von Straftatbeständen geschützt. Dazu zählen neben dem Diebstahl mit seinen Qualifikationen und der Unterschlagung nicht zuletzt die Raubdelikte, bei denen die Wegnahme mit Gewalt oder unter Anwendung von empfindlichen Drohungen erfolgt. Beim Raub handelt es sich um ein Verbrechen, das mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist. Er spielt in der Kinder- und Jugendarbeit glücklicherweise nur eine untergeordnete Rolle. Mit Diebstahlsvorwürfen kann man dagegen häufiger konfrontiert werden.

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§ 242 StGB: Diebstahl

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. Ein Diebstahl kann sich gegen fremde bewegliche Sachen richten, unabhängig von deren Wert. Fremd ist eine Sache, wenn sie nach dem Zivilrecht irgendeiner anderen Person gehört, der Täter also nicht alleiniger Eigentümer ist. Auch illegal erworbene Sachen können Gegenstand von Eigentumsdelikten sein. Deswegen dürfen beispielsweise auch Kindern Spirituosen oder Waffen nicht ohne Weiteres dauerhaft weggenommen werden. Weiterhin setzt der Diebstahl voraus, dass der Dieb den Gewahrsam, also die tatsächliche Sachherrschaft, einer anderen Person bricht und selbst neuen Gewahrsam begründet. Im Supermarkt ist das schon dann der Fall, wenn man angebotene Waren in die Tasche steckt oder sie verzehrt. Dies alles muss der Täter allerdings in der Absicht tun, die weggenommene Sache sich oder einem Dritten zuzueignen. Daran fehlt es, wenn der Beschuldigte eine Sache nur kurzzeitig verstecken oder benutzen will (s. zur unerlaubten, aber straflosen „Gebrauchsanmaßung“ schon Abschn. 2.2.1). Ein besonders schwerer Fall des Diebstahls liegt vor, wenn eine Sache gestohlen wird, die durch ein Schloss oder eine ähnliche Schutzvorrichtung besonders gegen Wegnahme gesichert ist. Auch der Diebstahl sakraler Gegenstände aus einer Kirche ist ein besonders schwerer Fall des Diebstahls. Hat die gestohlene Sache nur einen geringen Wert, so wird ein Diebstahl grundsätzlich nur auf Antrag strafrechtlich verfolgt. Eine s­olche geringwertige Sache liegt nach der aktuellen Rechtsprechung vor, wenn ein Wert von 25 Euro nicht überstiegen wird. Eine gerichtliche Verurteilung droht dann nur, wenn der Geschädigte ausdrücklich einen Strafantrag stellt oder die Staatsanwaltschaft ein besonderes Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Minderjährige Geschädigte können einen Strafantrag nicht selbst stellen, sondern nur deren gesetzliche Vertreter (siehe noch Abschn. 2.2.4).

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2.2.3.6  Sachbeschädigung Ebenfalls dem Schutz des Eigentums dient der Straftatbestand der Sachbeschädigung. § 303 StGB: Sachbeschädigung

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. (3) Der Versuch ist strafbar. Eine Sachbeschädigung kann sich gegen jeden körperlichen Gegenstand richten, auch gegen Tiere. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht allein dem Täter gehört. Der Tatbestand liegt vor, wenn die Sache beschädigt oder zerstört wird. Dazu muss nicht zwingend die Sachsubstanz verletzt werden; ausreichend ist jede körperliche Einwirkung, die die technische Brauchbarkeit der Sache nachhaltig beeinträchtigt. Ob eine Reparatur oder sonstige Wiederherstellung der Sache möglich ist, spielt für die Strafbarkeit keine Rolle. Beispiele Als Sachbeschädigung sind angesehen worden: Das Beschmutzen von Kleidung durch Würfe mit Eiern oder Farbbeuteln, das Ablassen der Luft aus dem Reifen eines Autos oder Fahrrades, das Überkleben eines Verkehrsschildes oder eines fremden Wahlplakates, das Besprühen von Hauswänden, jedenfalls bei schwer entfernbarer Farbe, das Ankleben von Plakaten auf Brückenpfeilern, Schaltkästen oder Gartenmauern.

Während die zuletzt genannten Fälle lange umstritten waren, wenn die Substanz der angeblich beschädigten Sache nicht verletzt wurde, hat der Gesetzgeber zuletzt Klarheit geschaffen und der Norm den heutigen zweiten Absatz hinzugefügt. Dadurch ist klar, dass schon die Veränderung des

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äußeren Erscheinungsbildes einer fremden Sache strafbar ist. Allerdings darf die Veränderung dazu nicht unerheblich oder bloß vorübergehend sein. Nur unerheblich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes indes, wenn sie völlig unauffällig bleibt, weil die Sache zum Beispiel schon zuvor durch andere beschmiert worden war. Den allgemeinen strafrechtlichen Regeln folgend setzt die Strafbarkeit ein vorsätzliches Handeln des Täters voraus (Abschn. 2.2.2). Wer bloß versehentlich eine fremde Sache beschädigt, muss zwar möglicherweise Schadensersatz leisten, er macht sich aber nicht strafbar. Eine fahrlässige Sachbeschädigung kennt das Strafgesetzbuch nicht. Ist der Eigentümer mit der Beschädigung oder Veränderung seiner Sachen einverstanden, so scheidet eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung aus. Die Sachbeschädigung wird nur auf einen Strafantrag des Geschädigten hin strafrechtlich verfolgt oder wenn die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht.

2.2.3.7  Straßenverkehrsdelikte Eine hohe Praxisrelevanz besitzen die Straßenverkehrsdelikte. Während viele kleinere Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung lediglich Ordnungswidrigkeiten darstellen, kann man sich bei größeren Vergehen in diesem Zusammenhang auch strafbar machen. Dies lässt sich damit begründen, dass bei Regelverstößen im Straßenverkehr in aller Regel die große – mindestens abstrakte – Gefahr besteht, dass andere Verkehrsteilnehmer geschädigt werden. Um schwere Unfälle zu vermeiden, sollte die Geltung der Straßenverkehrsvorschriften nicht nur in der Kinder- und Jugendarbeit besonders ernst genommen werden. Zunächst verlangt dies, dass ein Kraftfahrzeug nur führt, wer den dazu erforderlichen Führerschein besitzt. Verstöße dagegen können nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) als Vergehen geahndet werden. § 21 Abs. 1 StVG: Fahren ohne Fahrerlaubnis (Auszug)

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

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1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs […] verboten ist, oder 2. als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs […] verboten ist. Selbstverständlich sollte ferner sein, dass man nicht am Straßenverkehr teilnehmen darf, wenn man dazu alkohol- oder drogenbedingt nicht mehr in der Lage ist. Dafür gelten unterschiedliche Grenzwerte: Fahranfänger in der Probezeit und vor Vollendung des 21. Lebensjahres dürfen keinerlei alkoholische Getränke zu sich nehmen, bevor sie ein Kraftfahrzeug führen. Es gilt ein absolutes Alkoholverbot (§  24c Abs.  1 StVG). Die Probezeit dauert im Ausgangspunkt zwei Jahre; sie kann aber bei Verstößen innerhalb dieses Zeitraums verlängert werden. Ältere oder erfahrenere Fahrer dürfen allenfalls eine Blutalkoholkonzentration von weniger als 0,5 Promille im Blut haben, wenn sie ein Kraftfahrzeug führen (§  24a Abs.  1 StVG). Der Verstoß gegen diese Grenzen kann in beiden Fällen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Auch für die neuen eScooter, also Tretroller mit Elektroantrieb, gelten diese strengen Grenzwerte und nicht etwa die Werte für Fahrradfahrer. Werden die genannten Grenzen besonders stark überschritten, so droht eine Ahndung nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat. Unabhängig von konkreten Ausfallerscheinungen ist dies für Kraftfahrzeuge bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille der Fall, für Fahrradfahrer bei 1,6 Promille (sogenannte absolute Fahruntüchtigkeit). Allerdings kommt auch dann eine Strafbarkeit in Betracht, wenn diese Werte unterschritten werden. Die dafür maßgebliche relative Fahruntüchtigkeit setzt nämlich lediglich voraus, dass jemand Alkohol oder andere Rauschmittel konsumiert hat und ­äußerliche Ausfallerscheinungen, alkoholtypische Fahrfehler oder Ähnliches Anzeichen für Fahrunsicherheit bieten. Lediglich bei einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 0,3 Promille kommt eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit in der Regel nicht in Betracht. Als Faustregel für die Berechnung der Fahrtüchtigkeit ist mit einem gleich bleibenden Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde zu rechnen.

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Im Zweifelsfall sollten sich aber Gruppenleiter nach dem Konsum von Alkohol stets dafür entscheiden, das Auto stehen zu lassen. Straßenverkehrsdelikte

§ 316 Abs. 1 StGB: Trunkenheit im Verkehr (Auszug) Wer im Verkehr […] ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft […]. § 315c Abs. 1 StGB: Gefährdung des Straßenverkehrs Wer im Straßenverkehr 1. ein Fahrzeug führt, obwohl er a. infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder b. infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder 2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos a. die Vorfahrt nicht beachtet, b. falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt, c. an Fußgängerüberwegen falsch fährt, d. an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt, e. an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält, f. auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder g. haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausrei chende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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Selbst dem vorsichtigsten Straßenverkehrsteilnehmer kann es passieren, dass er einen Unfall verursacht. In einem solchen Fall sind alle Unfallbeteiligten verpflichtet, am Unfallort zu warten. So sollen alle Beteiligten – vor allem der Geschädigte  – die Möglichkeit bekommen, bestimmte Informationen zum Unfallgeschehen auszutauschen. Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, begeht damit eine Straftat, landläufig „Unfallflucht“ genannt. So kann aus einer bloßen Ungeschicklichkeit eine kriminelle Handlung werden. Schon aus moralischen Gründen sollte man dies in jedem Fall vermeiden, zumal die wirtschaftlichen Unfallfolgen meist durch Versicherungen abgedeckt sind. § 142 StGB: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Auszug)

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er 1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder 2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Nach Abs 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich 1. nach Ablauf der Wartefrist (Abs. 1 Nr. 2) oder 2. berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. (3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Abs. 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. […]

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Von einem Unfall spricht man bei jedem plötzlichen Ereignis im öffentlichen Straßenverkehr, durch das eine Person verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Ausgenommen sind lediglich völlig belanglose Schäden, von denen die Rechtsprechung bei einer Schadenssumme von weniger als 25 Euro ausgeht. Wer ein Wildtier anfährt, macht sich dadurch grundsätzlich nicht schadensersatzpflichtig, sodass keine Strafbarkeit wegen Unfallflucht droht. Trotzdem sollte man die Polizei verständigen, weil in vielen Bundesländern das Jagdrecht eine Meldepflicht normiert. Keinesfalls darf ein angefahrenes Tier mitgenommen werden. Meldepflicht bei Wildunfällen In Nordrhein-Westfalen bestimmt das Landesjagdgesetz (LJG NRW), dass unverzüglich eine Polizeidienststelle informiert werden muss, wenn jemand mit einem Fahrzeug ein „Schalenwild“-Tier verletzt hat (§ 28a Abs. 2 LJG NRW). Wer sich die genaue Abgrenzung der Wildarten nicht zutraut, sollte im Zweifelsfall stets die Polizei verständigen. Die Polizei informiert gegebenenfalls auch einen Jäger, damit ein bloß verletztes Tier nicht unnötig leiden muss.

Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Dazu muss man den Unfall nicht unmittelbar verursacht haben. Zunächst irrelevant ist auch, ob den Beteiligten eine Schuld trifft. Ob bei einem Unfall die Polizei eingeschaltet wird, kann jeder Beteiligte für sich entscheiden. Werden bei einem Unfall Personen verletzt oder entsteht ein erheblicher Sachschaden, sollte stets das Eintreffen der Polizei abgewartet werden. Auch wenn sich ein Unfallbeteiligter nicht ausweisen kann oder möchte, muss er auf Verlangen des Berechtigten auf die Polizei warten. Ist der Geschädigte nicht am Unfallort, so müssen die Beteiligten eine angemessene Zeit warten. Welche Wartezeit angemessen ist, hängt von den näheren Umständen ab. Weniger als eine Viertelstunde wird aber nur in seltensten Fällen angemessen sein. Wer im Affekt zunächst den Unfallort verlässt, sollte anschließend möglichst zeitnah nachträglich die Feststellung seiner Daten ermöglichen. Wenn dies bei kleineren Unfällen außerhalb des fließenden Verkehrs

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innerhalb von 24 Stunden geschieht, so kann das Gericht später von einer Verurteilung absehen oder die Strafe mindern.

2.2.3.8  Verstöße gegen das Urheberrecht In den vergangenen Jahren haben Verstöße gegen das Urheberrecht eine zunehmende Bedeutung erlangt. Insbesondere die verschiedenen Tauschbörsen im Internet haben dazu beigetragen. Bei Unterschieden im Detail funktionieren diese so, dass teilnehmende Nutzer urheberrechtlich geschützte Musikstücke oder Filme kostenlos, aber illegal herunterladen können und im Gegenzug ihre eigenen Dateien anderen Nutzern zum Download zur Verfügung stellen (sogenanntes Filesharing). Dadurch machen sich die teilnehmenden Nutzer gegenüber den Rechteinhabern vor allem schadensersatzpflichtig; ihnen drohen fiktive Lizenzgebühren in erhebliche Größe. Zusätzlich drohen den Beteiligten strafrechtliche Konsequenzen. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) sieht einen eigenen Straftatbestand der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke vor, wenngleich die Staatsanwaltschaften  – wohl auch aufgrund der Vielzahl der Fälle – nicht stets Anklage erheben. §  106 UrhG: Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. Zu den geschützten Werken zählen neben den bereits erwähnten Filmen alle persönlichen geistigen Schöpfungen. Ausdrücklich nennt das Urheberrechtsgesetz Sprachwerke wie Bücher, Reden oder Computerprogramme, Musikstücke, pantomimische Werke einschließlich der Tanzkunst, Werke der bildenden Künste einschließlich der Baukunst,

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Fotos sowie Darstellungen wie Zeichnungen, Pläne, Karten oder Skizzen. Allein der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk veröffentlicht wird. Ohne seine Zustimmung dürfen die genannten Werke auch nach der Erstveröffentlichung nur unter engen Voraussetzungen verwendet werden, was insbesondere Vervielfältigungen oder weitere Veröffentlichungen schwierig macht. Das Urheberrecht erlischt erst siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers. Die Verwaltung der Urheberrechte erfolgt zum Teil zentralisiert: So erteilt die GEMA die Genehmigung zur Verwendung von geschützten Musikstücken, die VG Musikedition verwaltet die Rechte an Noten und Liedblättern, die VG Bild die Rechte an zahlreichen Bildern und die VG Wort die Rechte an zahlreichen Texten. Deswegen dürfen beispielsweise Bilder aus dem Internet nicht ohne Weiteres auf eigenen Flyern oder Homepages verwendet werden. Regelmäßig müssen auch für frei zugängliche Werke erst die Veröffentlichungsrechte eingeholt und oft bezahlt werden. Andernfalls drohen zuletzt verstärkt Abmahnungen, die häufig mit hohen Kosten verbunden sind.

Um solche Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich, für Veröffentlichungen nach Möglichkeit auf eigene Werke (beispielsweise selbst aufgenommene Fotos, eigene Musikstücke oder Plakatgestaltungen) zurückzugreifen. Außerdem gibt es im Internet spezielle Datenbanken, die kostenlos sogenannte gemeinfreie Werke anbieten. Dann sind lediglich die jeweils angegebenen Nutzungsbedingungen zu beachten, die etwa erfordern können, zu jeder Veröffentlichung eine Quelle anzugeben. Auf die besonderen Anforderungen an die Aufsichtspflicht zur Vermeidung von Urheberrechtsverstößen wird noch zurückzukommen sein (Abschn. 3.2.8).

2.2.4 Umgang mit Straftaten und Strafverfolgung Mitarbeiter haben in der Kinder- und Jugendarbeit eine besondere Vorbildfunktion. Deswegen sollte es sich von selbst verstehen, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit keine Straftaten begehen. Falls es doch zu einer Straftat kommen sollte, müssen sie sich zu ihrer Verantwortung

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bekennen, versuchen, einen etwaigen Schaden wieder gut zu machen und im schlimmsten Fall auch ihre Strafe verbüßen. Ob eine strafrechtliche Auffälligkeit ein Ausschlusskriterium für jede weitere Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit darstellt, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Einerseits wird man sicher besonders vorsichtig sein müssen, wenn ein Zusammenhang zwischen einer Straftat und dem Engagement des Täters besteht. Insbesondere bei einschlägigen Taten gegen Kinder- und Jugendliche muss der Schutz der Minderjährigen im Zweifel Vorrang haben. Deswegen sollte von Leitern regelmäßig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis angefordert und überprüft werden, wenn sie sich intensiv in der Kinder- und Jugendarbeit betätigen. Andererseits muss bei weniger relevanten Taten auch der Resozialisierungsanspruch berücksichtigt werden, den jeder Straftäter besitzt. Wer seine Tat bereut und eine etwaige Strafe verbüßt hat, muss anschließend die Chance bekommen, sich wieder in das soziale Leben zu integrieren. Dazu kann auch eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit beitragen. Eine für alle Beteiligten unangenehme Situation entsteht oft, wenn Kinder und Jugendliche im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben. In der Praxis wird es sich dabei oft um kleinere Vergehen handeln, insbesondere um den Verdacht des Diebstahls. Zunächst gilt in einem solchen Fall, die Unschuldsvermutung, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. An diesen Grundsatz sind nicht bloß die Strafverfolgungsbehörden gebunden, sondern auch die Mitarbeiter. Deswegen sollten Verdachtsfälle grundsätzlich dem verantwortlichen Mitarbeiter gemeldet, ansonsten aber vertraulich behandelt werden. Meist empfiehlt es sich, die maßgeblichen Zeugen noch einmal in Ruhe zu befragen, um zu prüfen, ob sich ein bisweilen vorschnell geäußerter Verdacht erhärten lässt. Auf dieser Basis kann dann entschieden werden, ob sofort die Polizei einzuschalten ist oder ob der Vorwurf zunächst intern weiterverfolgt werden soll. Für eine Anzeige bei der Polizei könnte sprechen, dass es um besonders schwerwiegende Vorwürfe geht oder dass vom Beschuldigten noch weitere Gefahren ausgehen. Dagegen könnte sprechen, dass eine pädagogisch wertvolle und vertrauensvolle Aufarbeitung bei weniger schwerwiegenden Vorwürfen bisweilen ohne Polizei einfacher möglich ist. War der Beschuldigte bei Begehung der Tat noch nicht 14 Jahre alt, so ist er schuldunfähig. Jede strafrechtliche Verfolgung scheidet

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dann aus. Auch dieser Aspekt kann gegen die Einschaltung der Polizei sprechen. Eine allgemeine Pflicht zur Anzeige bereits vollendeter oder auch geplanter Straftaten besteht nicht. Zwar kann sich wegen Strafvereitelung strafbar machen, wer verhindert, dass ein anderer für eine Tat zur Rechenschaft gezogen wird (§  258 StGB), doch sind damit vor allem aktive Vereitelungshandlungen gemeint. So darf beispielsweise ein Täter nicht versteckt oder durch begünstigende Falschaussagen geschützt werden. Dagegen führt ein bloßes Nichtstun regelmäßig nicht zu einer Strafbarkeit wegen Strafvereitelung. Privatleute sind grundsätzlich nicht verpflichtet, aktiv an der Strafverfolgung mitzuwirken, indem sie etwa dafür sorgen, dass die Polizei von Straftaten erfährt und den Täter festnehmen kann. Ausnahmen können dagegen für sogenannte Garanten gelten, zu denen etwa Polizeibeamte oder Dienstvorgesetzte gehören können. In Folge des Missbrauchsskandals der vergangenen Jahre haben sich zuletzt viele Organisationen – insbesondere die katholischen Bistümer in Deutschland  – freiwillig selbst verpflichtet, bei bestimmten Verdachtsfällen die Polizei einzuschalten. Gleichwohl sollte auch bei solchen Verdachtsfällen nichts übereilt werden. Das für diese Fälle vorgesehene Verfahren wird unten näher erläutert (Abschn. 3.1.4). Einzelne Straftaten sind schon nach der Einschätzung des Gesetzgebers weniger schwerwiegend. Deswegen werden etwa der Diebstahl geringwertiger Sachen oder die Sachbeschädigung nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt, wenn nicht die Strafverfolgungsbehörden ein öffentliches Interesse an der Bestrafung bejahen. Im Fall der Beleidigung hat die verletzte Person sogar die Möglichkeit, der Strafverfolgung zu widersprechen, wodurch ein endgültiges, unwiderrufliches Prozesshindernis geschaffen wird. Dies macht deutlich, dass die Strafverfolgung nicht stets um jeden Preis erfolgen muss, sondern auch gegenläufige Argumente berücksichtigt werden können. Ist der Geschädigte minderjährig, so steht die Entscheidung über einen Strafantrag seinen gesetzlichen Vertretern zu (§ 77 Abs. 3 StGB). Diese Entscheidung sollte stets den Erziehungsberechtigten, meist also den Eltern, überlassen werden. Leiter sollten keinesfalls ohne Rücksprache

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einen Strafantrag für einen Minderjährigen stellen. Diesbezüglich besteht im Übrigen keine Eile, weil der Antrag innerhalb von drei Monaten gestellt werden kann. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte – hier also die Erziehungsberechtigten – von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangen. Steht eine Straftat erst noch bevor, so müssen nur einzeln bestimmte besonders schwere Delikte unverzüglich angezeigt werden, wenn jemand von deren Planung Kenntnis erlangt (§ 138 StGB). Dagegen sind Geistliche nie strafrechtlich zur Anzeige verpflichtet, wenn ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger Pläne zu einer Straftat anvertraut werden. Diese Freistellung gilt auch für andere Mitarbeiter der Religionsgemeinschaften, die zwar keine kirchliche Weihe erhalten haben, aber hauptamtlich seelsorgerische Aufgaben wahrnehmen. Wer sich vorerst gegen die Einschaltung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden entscheidet, sollte im weiteren Verfahren in aller Regel den Beschuldigten – sprachlich noch nicht: den Täter – mit den Vorwürfen konfrontieren und ihm die Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben. Sodann kann gegebenenfalls über Wege zur Wiedergutmachung oder etwaige Sanktionen (Abschn.  3.2.9) nachgedacht werden. Spätestens nach dem Ende der betroffenen Veranstaltung sollten zudem in aller Regel die Erziehungsberechtigten des betroffenen Minderjährigen informiert werden.

2.3 Zivilrecht Die meisten Berührungspunkte haben Privatpersonen üblicherweise mit dem Zivilrecht. Es regelt die Ansprüche, die Privatrechtssubjekte (vor allem Bürger und Unternehmen) untereinander haben. Das Zivilrecht zeichnet sich dadurch aus, dass die Beteiligten aus rechtlicher Perspektive auf einer Ebene stehen; keine Partei ist der anderen über- oder untergeordnet. Prägendes Prinzip ist die aus dem Grundgesetz abgeleitete Privatautonomie. Danach steht es insbesondere grundsätzlich jedem frei, ob und mit wem er zivilrechtliche Verträge eingeht und welchen Inhalt diese haben.

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Zivilrechtliche Streitigkeiten drehen sich in aller Regel um Ansprüche: Jemand behauptet, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen verlangen zu können. In den meisten Fällen wird die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verlangt. Damit ein solcher Anspruch besteht, benötigt der Anspruchsteller eine rechtliche Grundlage, die aus einem Gesetz oder aus einem Vertrag folgen kann. Wichtige zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen sind etwa: • §  823 Abs.  1 und  2 BGB für Schadensersatz wegen eines eigenen Fehlverhaltens • §  832 BGB für Schadensersatz infolge einer Verletzung der Aufsichtspflicht • §§  7,  18 StVG für Schadensersatz vom Halter oder Fahrer eines Kraftfahrzeugs Daneben können zivilrechtliche Ansprüche aus Verträgen folgen, die die Parteien zuvor miteinander geschlossen haben. So verpflichtet ein Kaufvertrag primär den Verkäufer zur Übergabe und Übereignung des mangelfreien Kaufgegenstandes und den Käufer zur Zahlung des Kaufpreises. Ist die Kaufsache mangelhaft, kann der Käufer allerdings sekundär unter bestimmten Voraussetzungen auch Nacherfüllung, also Reparatur oder Neulieferung, verlangen, vom Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder möglicherweise Schadensersatz verlangen. Bei der Abwicklung eines Kaufvertrages können sich also ganz unterschiedliche Interessenlagen ergeben, die gut voneinander zu unterscheiden sind. So ist etwa dem Käufer, der ein defektes Zelt umtauschen will, weil er es dringend für ein Ferienlager braucht, kaum geholfen, wenn der Verkäufer ihm anbietet, den Kaufpreis zu erstatten. Um sich Klarheit über die jeweilige Interessenlage zu verschaffen, stellen Zivilrechtler die Frage: • • • •

Wer     Anspruchssteller will was  Anspruchsziel von wem Anspruchsgegner woraus?  Anspruchsgrundlage

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Nur die so aufgeworfene Frage gilt es juristisch zu beantworten; alle anderen Aspekte oder mögliche andere Ansprüche sind für die rechtliche Bewertung zurückzustellen.

2.3.1 Verträge und deren Abwicklung Wer am Wirtschaftsleben beteiligt ist, schließt in der Regel jeden Tag – zum Teil fast unbemerkt oder jedenfalls ohne Worte – eine Vielzahl von Verträgen. Für die Kinder- und Jugendarbeit besonders relevant sind dabei Kaufverträge (über Lebensmittel und Material), Mietverträge (für eine Unterkunft) oder Beförderungsverträge (für die An- und Abreise). Neben diesen gängigen Vertragstypen, für die es im Bürgerlichen Gesetzbuch grundlegende Regeln gibt, ist etwa auch die Anmeldung zu einer Gruppenstunde oder einem Ferienlager ein Vertrag eigener Art. Prinzipiell kann fast alles, was zwei Parteien miteinander vereinbaren wollen, zum Gegenstand eines Vertrages gemacht werden. Zentrale Voraussetzung ist zunächst nur, dass sich die Vertragsparteien einig sind und diese Einigkeit in zwei korrespondierenden Willenserklärungen, Angebot und Annahme, ausgedrückt wird. Das ist Ausfluss der bereits erwähnten Privatautonomie. Die Vertragsfreiheit findet erst dort ihre Grenze, wo eine Vereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder sittenwidrig ist, weil etwa ein Kaufpreis die Grenze zum Wucher überschreitet. Nach dem hier geschilderten Zusammenspiel aus Angebot und Annahme können ganz unterschiedliche Verträge geschlossen werden. Das BGB ist insoweit mit einer sehr klaren Systematik aufgebaut: Zunächst werden im allgemeinen Teil grundlegende Regeln aufgestellt, wie überhaupt Verträge zustande kommen, wie diese zu erfüllen sind und was bei Problemen bei der Vertragsabwicklung passiert. Erst dann werden im besonderen Teil unterschiedliche Vertragstypen benannt. Mit Blick auf diese werden die allgemeinen Regeln angewendet oder konkretisiert. Besonders relevante Vertragstypen sind insbesondere der Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB), der Mietvertrag (§§ 535 ff. BGB), der Dienst- oder Arbeitsvertrag (§§ 611 ff. BGB) und der Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB). Im Bereich der Jugendarbeit kann außerdem noch der Pauschalreisevertrag von Bedeutung sein (§§ 651a ff. BGB).

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2.3.1.1  A  bschluss von Verträgen, Widerrufsrechte und Anfechtungsmöglichkeiten Verträge werden üblicherweise geschlossen, indem eine Partei ein Angebot auf Abschluss des Vertrages macht und eine andere Partei dazu korrespondierend die Annahme erklärt. Das kann schriftlich erfolgen, in aller Regel aber auch mündlich oder gar ohne Worte durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten. Formvorschriften enthält das BGB nur für besondere Verträge. Beispiel Ein Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten liegt vor, wenn der Kunde morgens in einem Kiosk eine Zeitung aus dem Regal nimmt, den passenden Geldbetrag auf die Theke legt und der Verkäufer die Münzen wortlos nickend in seine Kasse einsortiert. Wegen des sogenannten Trennungsprinzips werden in dem Beispielsfall genau genommen sogar drei Verträge geschlossen, nämlich ein Kaufvertrag, ein weiterer Vertrag zur Übertragung des Eigentums an der Zeitung an den Käufer sowie ein dritter Vertrag zur Übereignung des Geldes an den Verkäufer.

Von daher ist es eine – wenn auch verbreitete – Fehlvorstellung, dass kein Vertrag geschlossen worden sei, weil keine schriftliche Vertragsurkunde vorliege. Besondere Formvorschriften sieht das BGB nur für einzelne Erklärungen vor, die als besonders weitreichend angesehen werden. So bedürfen Kaufverträge über Grundstücke oder Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung. Obwohl das Gesetz also in aller Regel keine bestimmte Vertragsform vorschreibt, ist für wichtige Verträge unbedingt mindestens die Textform zu empfehlen. Sie wird etwa gewahrt durch eine E-Mail oder ein Fax, in dem vielleicht auch nur stichpunktartig, aber möglichst präzise die wichtigsten Vereinbarungen festgehalten werden. Insbesondere gilt diese Empfehlung für Verträge über hohe Werte sowie für Verträge, auf deren Einhaltung man dringend angewiesen ist. So sollte man sich etwa Mietverträge über eine Unterkunft oder Verträge mit Busunternehmen mindestens kurz per E-Mail bestätigen lassen.

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Beispiele Für ein Zeltlager werden drei Baucontainer gemietet, die als Besprechungsraum für die Leiterrunde dienen sollen. Dazu sollen die drei Containermodule so miteinander verbunden werden, dass sie einen großen Raum bilden. Der Vermieter liefert drei separate Container, die sich nur gegen einen hohen Aufpreis verbinden ließen. So sind die Container für die Gruppe nutzlos. In der Bestellung per E-Mail ist von drei Containern die Rede; genauere mündliche Absprachen lassen sich Monate nach dem Vertragsschluss nicht mehr klären. Während des Ferienlagers wird telefonisch ein Bus für den Tagesausflug ins Schwimmbad bestellt. Auf Anweisung des Gruppenleiters läuft die Gruppe nach dem Schwimmen zwei Kilometer zur nächstgrößeren Kreuzung, weil der Bus nicht bis zum Bad fahren könne. Dort steht aber kein Bus. Dieser wartet kurz vor dem Schwimmbad und muss nun einen Umweg fahren, um die Gruppe einzusammeln. Der Mitarbeiter des Busunternehmens und der – nicht ortskundige Gruppenleiter – hatten offenbar unterschiedliche Vorstellungen über den genauen Treffpunkt. Eine schriftliche Vereinbarung gibt es nicht.

In allen genannten Beispielsfällen wäre durch einen kurzen, aber präzisen schriftlichen Text viel einfacher zu klären gewesen, was eigentlich vereinbart war. Missverständnisse hätten vermieden werden können. Ohne schriftliche Vereinbarungen waren die Gruppen jeweils auf den guten Willen des Vertragspartners oder auf langwierigere Verhandlungen angewiesen. So groß zunächst die Freiheit ist: Ist ein Vertrag einmal wirksam geschlossen, so muss er grundsätzlich auch erfüllt werden. Dass alle Verträge innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden könnten, ist eine weitere Fehlvorstellung. Vielmehr gibt es ein Widerrufsrecht nur, wenn das Gesetz ein solches ausdrücklich einräumt. Dies macht das BGB insbesondere für sogenannte Fernabsatzverträge, bei denen die Vertragsparteien für den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel benutzen. Der Zweck dieser europarechtlich geprägten Regelung besteht darin, dass der Käufer die Ware bei einem Internetkauf – anders als in einem Ladengeschäft – vor Vertragsschluss nicht anschauen oder ausprobieren kann. Dieser Nachteil soll durch das 14-tägige Widerrufsrecht ausgeglichen werden. Ferner gilt das Widerrufsrecht für Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurden, beispielsweise

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an Verkaufsständen auf Messen, an der Haustür des Kunden oder bei sogenannten Kaffeefahrten. Wer dagegen vor Ort in einem Geschäft kauft, braucht nach der Logik des Gesetzes kein Widerrufsrecht, sondern kann zunächst allenfalls auf die Kulanz des Verkäufers hoffen, wenn er den Kaufvertrag später rückgängig machen möchte. Das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge besteht im Übrigen nur für sogenannte Verbraucherverträge, bei denen ein Verbraucher einen Vertrag mit einem Unternehmer schließt. Verbraucher ist dabei jede natürliche Person, also jeder Mensch, der einen Vertrag zu Zwecken abschließt, die nicht überwiegend ihrer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit zugerechnet werden können (§ 13 BGB). Problematischer ist dagegen die Unternehmereigenschaft (§ 14 BGB). Insbesondere stellt sich die Frage, ob im Einzelfall auch kirchliche Organisationen oder Vereine als Unternehmer anzusehen sind, sodass sie sich dann nicht auf Verbraucherrechte berufen können. Unternehmer ist jede natürliche oder juristische Person, also neben Menschen insbesondere auch eingetragene oder nichteingetragene Vereine sowie Kirchengemeinden, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn Leistungen gegen ein Entgelt am Markt angeboten werden, dies planmäßig und auf mindestens kurze Dauer erfolgt, die Tätigkeit wirtschaftlichen Charakter hat und selbstständig erfolgt. Diese Voraussetzungen dürften meist erfüllt sein, wenn eine Organisation regelmäßig ein größeres Ferienlager für Kinder und Jugendliche anbietet. Dass dies in der Regel gemeinnützig erfolgt und ohne dass ein Gewinn erzielt wird, soll daran nichts ändern.25 Besteht ein Widerrufsrecht, so kann dieses ohne weitere Begründung ausgeübt werden. Davon zu unterscheiden ist ein etwaiges Recht zur Anfechtung eines Vertrages. Eine Anfechtung ist nur in den seltenen Fällen möglich, wenn eine Vertragspartei beim Vertragsschluss einem Irrtum

 Dagegen lässt sich freilich einwenden, dass für kleinere gemeinnützige Organisationen oft Ehrenamtliche handeln, die ähnlich schutzwürdig sind wie Verbraucher. Vgl. aber zur oben dargestellten Position Ellenberger, in: Palandt (2019) BGB, § 14 Rn. 2; Micklitz, in: Säcker u. a. (2018) BGB, § 14 Rn. 8. 25

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unterlag oder sie zum Vertragsschluss durch arglistige Täuschung oder Drohung bewegt wurde. Ist ein Vertrag wirksam geschlossen und nicht widerrufen worden, so bindet er die Vertragsparteien. Auch hier steckt der Teufel indes im Detail. Während die Person des Vertragspartners für manche Massenverträge keine Rolle spielt, ist sie an anderer Stelle sehr bedeutsam. Deshalb sollte bei wichtigeren Verträgen immer geklärt werden, wer eigentlich durch den Vertrag berechtigt und verpflichtet werden soll. In Frage kommen insoweit sowohl natürliche als auch juristische Personen. Natürliche Personen sind alle Menschen. Sie sind ab der Vollendung ihrer Geburt rechtsfähig und können ab diesem Zeitpunkt Träger von Rechten und Pflichten sein. Insbesondere können damit schon Säuglinge Vermögen erben oder – vertreten durch ihre Erziehungsberechtigten – als Vertragsparteien auftreten. Die Rechtsfähigkeit endet erst mit dem Tod. Ebenfalls rechtsfähig sind sogenannte juristische Personen. Zu diesen zählen beispielsweise eingetragene Vereine (e. V.), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaften (AG) als juristische Personen des Privatrechts und der Bund, die Länder, die Kommunen oder die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nicht rechtsfähig sind dagegen lose Gebilde ohne rechtliche Substanz wie etwa ein Freundeskreis oder ein „Ferienlager“ als solches. Die zuletzt genannten nicht rechtsfähigen Gebilde können dementsprechend keine Verträge schließen. Von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden ist die Geschäftsfähigkeit: Kinder unter sieben Jahren sind geschäftsunfähig. Sie können keine eigenen Willenserklärungen abgeben und sich oder andere nicht vertraglich verpflichten. Möglich ist allenfalls, dass geschäftsunfähige Kinder als Boten auftreten, wenn beispielsweise ein Vater sonntagmorgens seinen sechsjährigen Sohn bittet, beim Bäcker fünf normale Brötchen zu kaufen. Rechtlich betrachtet gibt der Sohn dann keine eigene Willenserklärung ab, sondern übermittelt lediglich die des Vaters. Minderjährige zwischen sieben und 17 Jahren sind dagegen beschränkt geschäftsfähig. Ohne Weiteres können sie Geschäfte eingehen, durch die sie rechtlich lediglich einen Vorteil erlangen, wie es etwa bei der Schenkung grundsätzlich der Fall ist. Für Vertragsschlüsse und andere Willenserklärungen, die rechtlich nicht lediglich vorteilhaft sind,

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benötigen sie dagegen die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter (§ 107 BGB). Ob ein Vertrag vorteilhaft ist, wird zum Schutz des Minderjährigen sehr streng beurteilt. Sobald sich der beschränkt Geschäftsfähige zur Zahlung eines Geldbetrages oder zu einer anderen Leistung verpflichtet, ist dies für ihn rechtlich nicht mehr nur vorteilhaft, selbst wenn er wirtschaftlich betrachtet ein Schnäppchen machen würde. Wollen beschränkt Geschäftsfähige vertragliche Verpflichtungen eingehen, so benötigen sie dazu das Einverständnis ihrer gesetzlichen Vertreter. Ohne vorherige Einwilligung geschlossene Verträge sind schwebend unwirksam, solange der gesetzliche Vertreter ihnen nicht nachträglich zustimmt. In diese Systematik fügt sich auch der sogenannte Taschengeldparagraf ein: Danach ist ein Vertrag unmittelbar wirksam, sobald ein beschränkt Geschäftsfähiger seine vertraglichen (Zahlungs-)Pflichten mit Mitteln erfüllt, die ihm vom Erziehungsberechtigten zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind (§ 110 BGB). In der Überlassung eines Taschengeldes liegt dann die konkludente Einwilligung, dieses auch auszugeben. Allerdings darf selbst Taschengeld nicht gänzlich frei, sondern nur im Rahmen des Vernünftigen investiert werden. Beispiele Ein Achtjähriger kann sich ohne gesonderte Zustimmung von seinem Taschengeld eine Kugel Eis kaufen, wenn er diese sofort bezahlt. Schon ein Vertrag über 20 Kugeln Eis wäre dagegen zweifelhaft. Die Anmeldung zu einem Ferienlager ist in der Regel mit so umfangreichen Pflichten verbunden, dass ein Minderjähriger diese nicht alleine erfüllen kann. Erstens wird dafür sein Taschengeld oft nicht ausreichen und zweitens werden mit der Anmeldung Einwilligungen – etwa zur Veröffentlichung von Bildern oder zu medizinischen Notfallmaßnahmen – erteilt, die sich überhaupt nicht mit Geld erfüllen lassen.

Erst mit dem 18. Geburtstag werden Minderjährige volljährig und damit voll geschäftsfähig. Dann erst können sie sich selbst ohne Einbeziehung eines Vertreters durch Willenserklärungen zu etwas verpflichten. In der Jugendarbeit soll auf Seiten des Veranstalters oft nicht der handelnde Mitarbeiter vertraglich verpflichtet werden, sondern die hinter ihm stehende Organisation als juristische Person. Juristen sprechend

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dann von Stellvertretung. Deswegen ist zunächst zu klären, wer überhaupt Vertragspartner werden soll, also etwa eine Kirchengemeinde, ein Sportverein oder ein anderer Rechtsträger. Sodann muss dies für alle Beteiligten deutlich gemacht werden. In schriftlichen Verträgen ist dazu als Vertragspartner jeweils der Name der rechtsfähigen Organisation anzugeben, gegebenenfalls ergänzt um den Zusatz „vertreten durch XY“. Ein solches Vorgehen ist aber nur dann rechtlich unproblematisch, wenn derjenige, der als Vertreter auftritt, auch tatsächlich die Vertretungsmacht besitzt. Deswegen ist in einem weiteren Schritt zu klären, wer einen Vertragspartner überhaupt vertreten kann. Die sorgfältige Klärung der Vertretungsmacht ist nicht unwichtig. Handelt nämlich eine Person in fremdem Namen, ohne dazu befugt zu sein, so bindet diese Erklärung den Vertretenen nur, wenn er dies nachträglich genehmigt. Verweigert der angeblich Vertretene die Genehmigung, so haftet der Handelnde. Der Vertragspartner kann dann wählen, ob er vom Handelnden die Erfüllung des Vertrages oder Schadensersatz verlangt (siehe §§ 164-179 BGB). Beispiel Im Fall eines eingetragenen Vereins ist üblicherweise der Vorstand zur Vertretung des Vereins berechtigt, nicht aber ohne Weiteres jeder für den Verein tätige Jugendtrainer.

Wichtige Vertretungsregelungen betreffen etwa folgende Fälle: • Minderjährige werden grundsätzlich durch ihre Eltern gemeinschaftlich vertreten (§§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 BGB). Erklärungen oder Einwilligungen müssen also grundsätzlich von beiden Elternteilen abgegeben werden. Allerdings genügt die Erklärung eines Elternteils, wenn dieser zugleich in Vertretung des anderen Elternteils handelt. Deswegen kann etwa ein Arzt bei Routineeingriffen davon ausgehen, dass der ein Kind begleitende Elternteil auch stellvertretend für den anderen Elternteil in die ärztliche Behandlung einwilligen darf. Bei nicht ehelichen Kindern liegt die elterliche Sorge bei der Mutter. Sie

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steht Vater und Mutter nur dann gemeinsam zu, wenn beide offiziell erklärt haben, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen. Daneben können auch Mitarbeiter eines Veranstalters von den Erziehungsberechtigen zur Vertretung ihrer Kinder bevollmächtigt werden. • Vereine werden durch ihren Vorstand gesetzlich vertreten. Wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht und die Vereinssatzung keine anderweitige Regelung trifft, gilt das Mehrheitsprinzip. Dann müssen Willenserklärungen im Außenverhältnis mindestens von der Mehrheit der Vorstandsmitglieder bestätigt werden. Praktikabler kann es indes sein, in der Satzung zu regeln, dass beispielsweise der Vorsitzende einzelvertretungsberechtigt ist oder er für die Abgabe von Willenserklärungen nur ein weiteres Vorstandsmitglied hinzuziehen muss. • Evangelische Kirchengemeinden werden rechtlich meist durch den Vorsitzenden des Kirchengemeinderates, teilweise auch als Presbyterium bekannt, gemeinsam mit einem weiteren Mitglied dieses Gremiums vertreten. Der Kirchengemeinderat leitet die Kirchengemeinde und fasst die dafür notwendigen Beschlüsse. Er setzt sich aus gewählten Gemeindemitgliedern und hauptamtlichen Mitarbeitern der Gemeinde – insbesondere den Pfarrern – zusammen. Rechtsverbindliche Erklärungen bedürfen der Schriftform. Dies ergibt sich aus der jeweiligen Kirchenordnung, die jede Landeskirche für sich aufstellt.26 In Geschäften der laufenden Verwaltung, die nach ihrer Art oder nach ihrem Finanzvolumen keine besondere Bedeutung haben, reicht die Unterschrift der Verwaltungsleitung oder des damit beauftragten Mitarbeiters der zuständigen Verwaltung. • Katholische Kirchengemeinden werden in Nordrhein-Westfalen durch den Kirchenvorstand vertreten. Dies ergibt sich aus dem Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens aus dem Jahr 1924, das in Nordrhein-Westfalen fortgilt. Für eine formvollendete Vertretung sieht das Gesetz vor, dass Erklärungen schriftlich abgegeben und durch den Vorsitzenden des Kirchenvorstandes oder seinen Stellvertreter und zwei weitere Mitglieder unterschrieben werden. Dazu muss das Amtssiegel gestempelt werden. Diese Form ist für all Vgl. für die Evangelische Kirche im Rheinland: Kirchenordnung vom 10.01.2003, abrufbar unter www.kirchenrecht-ekir.de. 26

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tägliche Verträge indes kaum praktikabel. Vielmehr kann sich eine Kirchengemeinde auch durch einzelne Personen vertreten lassen, sodass im Alltag meist die Unterschrift des Pfarrers reicht. Dieser sollte bei Fragen zur Vertretungsmacht jedenfalls weiterhelfen können. • Jede Person kann einer anderen die Vollmacht erteilen, rechtsgeschäftlich für sie zu handeln (§§ 164 ff. BGB). Eine solche Vollmacht wird durch eine einseitige Willenserklärung des Vertretenen grundsätzlich formlos begründet. Den Umfang der Vollmacht kann der Vollmachtgeber bestimmen. Verträge, die ein Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht für einen anderen schließt, berechtigten und verpflichten nur den Vertretenen, nicht aber den Vertreter. Wer in dieser Weise stellvertretend für einen anderen handeln möchte, muss die Stellvertretung grundsätzlich offenlegen. Dabei muss erkennbar sein, wer statt des Vertreters verpflichtet werden soll. Dies ist nur bei Bargeschäften des täglichen Lebens entbehrlich, wenn der Geschäftspartner gar kein Interesse hat, zu erfahren, dass ein Vertretungsverhältnis vorliegt. Offenheitsgrundsatz im Rahmen der Stellvertretung Dem Offenheitsgrundsatz kann man bei schriftlichen Verträgen nachkommen, indem als Vertragspartner die natürliche oder juristische Person angegeben  wird, die vertreten werden soll. Zusätzlich sollte der Handelnde dann mit dem Zusatz „in Vertretung“, abgekürzt „i. V.“ unterschreiben. Wer dagegen beispielsweise einen Reisebus auf seinen eigenen Namen bucht, muss im Zweifel später die Rechnung zahlen.

2.3.1.2  Probleme bei der Vertragserfüllung Für den Fall, dass es bei der Erfüllung eines Vertrages zu Pflichtverletzungen oder Störungen kommt, sieht das BGB für die gängigen Vertragstypen ein ausdifferenziertes System an Rechtsfolgen vor. Meist soll danach zuerst versucht werden, den Vertragszweck noch zu erreichen, indem etwa eine Reparatur oder ein Ersatz erfolgen. Wenn dies nicht möglich oder zumutbar ist, kommt zusätzlich der Rücktritt vom Vertrag in Frage, in dessen Folge alle bereits erfolgten Leistungen rückabgewickelt werden

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müssen. Regelmäßig erst als letzte Möglichkeit sind vertragliche Schadensersatzansprüche vorgesehen. Diese setzen meist voraus, dass Ersatzpflichtige schuldhaft gehandelt hat. Details zu diesem System werden im Folgenden am Beispiel einzelner Vertragstypen erklärt.

2.3.1.3  Wichtige Vertragstypen Einige Vertragstypen haben in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eine besondere praktische Bedeutung. Dazu zählen Kaufverträge, Mietverträge, Werkverträge, seltener auch Dienst- beziehungsweise Arbeitsverträge sowie gelegentlich Pauschalreiseverträge.

Kaufvertrag Am häufigsten werden im Alltag Kaufverträge geschlossen. Sie sind in §§ 433 ff. BGB geregelt. Durch sie verpflichtet sich ein Verkäufer, dem Käufer die Kaufsache mangelfrei zu übergeben und ihm das Eigentum an ihr zu verschaffen. Im Gegenzug muss der Käufer den vereinbarten Kaufpreis zahlen. Für Probleme bei der Vertragserfüllung spielt der Begriff des Sachmangels eine zentrale Rolle. Ein solcher liegt vor, wenn die Kaufsache beim sogenannten Gefahrübergang, der praktisch meistens mit der Übergabe der Sache zusammenfällt, nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Weil allerdings im Alltag oft keine detaillierten Vereinbarungen in dieser Hinsicht getroffen werden, liegt ein Mangel auch dann vor, wenn sich die Kaufsache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder nicht die übliche Beschaffenheit aufweist. Gemäß der sogenannten IKEA-Klausel kann auch eine fehlerhafte Montageanleitung einen Sachmangel begründen. In der Praxis zeigt sich ein Mangel oft erst, nachdem der Käufer die Sache schon einige Zeit benutzt hat. Streng genommen müsste der Käufer dann beweisen, dass die Sache von vornherein fehlerhaft war und der Mangel nicht erst später verursacht wurde. Dieser Nachweis wäre für Verbraucher praktisch kaum mit vertretbarem Aufwand zu führen. Dieses Dilemma löst der Gesetzgeber durch eine gesetzliche Vermutung: Zeigt sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang, so wird zuguns-

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ten des Käufers vermutet, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang ­vorlag. Allerdings gilt diese Vermutung nur beim Verbrauchsgüterkauf, wenn also ein Verbraucher von einem Unternehmer kauft (Abschn. 2.3.1.1). Liegt ein Sachmangel vor, so gilt grundsätzlich ein Vorrang der Nacherfüllung. Im Allgemeinen kann der Käufer dann nach seiner Wahl (nur) die Reparatur der defekten Sache oder die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache auf Kosten des Verkäufers verlangen. Erst wenn dies nicht möglich oder zumutbar ist oder der Verkäufer eine angemessene Nacherfüllungsfrist erfolglos ablaufen lässt, kommt auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag in Frage. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer setzt außerdem regelmäßig voraus, dass der Verkäufer die mangelhafte Vertragserfüllung zu vertreten hat, also mindestens fahrlässig gehandelt hat. Gewährleistungsrechte bei Sachmängeln verjähren in der Regel in zwei Jahren ab der Ablieferung der Kaufsache. Überblick: Fristen bei der Abwicklung von Kaufverträgen Praktisch bedeutsam sind für Probleme bei Kaufverträgen drei Fristen: • 14 Tage: Frist zum Widerruf von Verträgen, sofern ein Widerrufsrecht besteht. Das ist insbesondere bei Verbraucherverträgen der Fall, die außerhalb von Geschäftsräumen oder über das Internet geschlossen wurden. • 6 Monate: Beweislastumkehr für Sachmängel bei Verbrauchsgüterkaufverträgen: Zeigt sich innerhalb dieser Frist ein Mangel, so wird vermutet, dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorlag. Das vereinfacht die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten. • 2 Jahre: Verjährungsfrist für die Geltendmachung der meisten Sachmängel außer bei Bauwerken oder Grundbuchrechten. Diese Fristen sind gesetzlich vorgeschrieben. Aus Kulanzgründen sehen Verkäufer bisweilen längere „Garantie- oder Umtauschfristen“ vor.

Mietvertrag Verbreitet sind außerdem die in §§ 535 ff. BGB geregelten Mietverträge. Vermietet werden neben Wohnungen oder Zeltplätzen auch Kraftfahr-

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zeuge oder kleinere Gegenstände wie Zelte, Fotokameras oder Getränkekühlwagen. Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine Sache während der Mietzeit zum Gebrauch zu überlassen. Damit ein vertragsgemäßer Gebrauch überhaupt möglich ist, trifft den Vermieter die Pflicht, die Mietsache in einem entsprechenden Zustand zu erhalten. Dazu müssen Unterkünfte grundsätzlich  mit Warmwasser und während der Heizperiode angemessen mit Wärme versorgt werden. Fällt beispielsweise die Warmwasserversorgung aus, so liegt ein Mangel vor, durch den sich die Miete mindert (etwa 30 Prozent der Tagesmiete pro betroffenen Tag). Der Mieter darf die Mietsache so benutzen, wie es vom Vertrag vorausgesetzt wird. Gegebenenfalls empfiehlt es sich deshalb, ausdrücklich im Mietvertrag zu vereinbaren, dass eine Unterkunft etwa für ein „Ferienlager“ verwendet werden soll, wo der Gebrauch naturgemäß intensiver ausfällt als bei reiner Privatnutzung. Dies kann wichtig werden, weil der Mieter solche Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache nicht zu vertreten hat, die durch bloß vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind. Im Gegenzug ist der Mieter verpflichtet, die vereinbarte Miete zu entrichten. Soll eine Sache kostenlos zur Verfügung gestellt werden, spricht der Jurist von einer Leihe, sodass ein „Leihwagen“ rechtlich betrachtet meist ein „Mietwagen“ ist. Weiterhin begründet der Mietvertrag die Pflicht des Mieters, die Mietsache pfleglich zu behandeln. Er muss alles unterlassen, was Schäden an der Mietsache verursachen kann und was nicht vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst ist. Verletzt der Mieter schuldhaft diese Pflicht, so muss er entstandene Schäden ersetzen. Allerdings ist in solchen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob dem Mieter überhaupt ein Verschulden vorzuwerfen ist, was mindestens ein fahrlässiges Verhalten voraussetzt. Beispielsfälle Der Lagerleiter nimmt den Generalschlüssel für ein Gruppenhaus mit zu einem Geländespiel in den Wald und verliert ihn dort. Der Schlüssel ist nicht mehr auffindbar. Weil neben dem Schlüssel auch eine Wegbeschreibung zum Gruppenhaus fehlt, die der Leiter mit dem Schlüssel aufbewahrt hatte, will der Vermieter die komplette Schließanlage auf Kosten des Veranstalters austauschen. Andernfalls sei zu befürchten, dass Unbefugte den Schlüssel finden und benutzen könnten. Zu Recht?

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Lösungshinweise: Ja, der Vermieter kann die Kosten für den Austausch der Schließanlage vom Veranstalter als Mieter ersetzt verlangen. Der Lagerleiter hat den Schlüssel nicht sorgfältig aufbewahrt. Er hat den Schlüssel verloren und durch die Wegbeschreibung zudem das Risiko missbräuchlicher Nutzung erhöht. Dadurch hat er fahrlässig gehandelt. Sein Verschulden wird dem Veranstalter zugerechnet. Der Schadensersatzanspruch besteht allerdings nur, wenn der Vermieter die Schließanlage auch tatsächlich austauschen lässt; fiktive Kosten können nicht ersetzt verlangt werden.27 Im Ferienlager in einer Jugendherberge fordern die Betreuer die Teilnehmer bei einem Spiel auf, sich mit möglichst vielen Personen auf einen Stuhl zu setzen. Als zehn Jugendliche auf den Stuhl geklettert sind, bricht dieser zusammen. Der Vermieter fordert vom Veranstalter Ersatz. Lösungshinweise: Auch hier dürfte ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Veranstalter als Mieter bestehen. Zehn Jugendliche auf einen Stuhl zu setzen, überschreitet die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs. Es war absehbar, dass ein normaler Stuhl dieser Belastung nicht standhalten würde. Die Betreuer haben fahrlässig gehandelt, als sie die Teilnehmer zu diesem Spiel aufgefordert haben. Im Ferienlager lässt ein 16-jähriger Teilnehmer beim Essen versehentlich einen Teller fallen. Die Betreuer hatten ihn vorher noch aufgefordert, vorsichtig zu sein. Der Vermieter fordert Schadensersatz vom Veranstalter für den zerbrochenen Teller. Zu Recht? Lösungshinweise: Es besteht jedenfalls kein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch gegen den Veranstalter. Weil der Teilnehmer ordnungsgemäß beaufsichtigt wurde, lässt sich gegen den Veranstalter kein Fahrlässigkeitsvorwurf erheben. Deswegen haftet dieser als Mieter nicht ohne Weiteres. Ein verschuldensunabhängiger Anspruch gegen den Mieter könnte sich allenfalls aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vermieters ergeben. Dort darf eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters allerdings nur unter engen Voraussetzungen und keineswegs für jegliche Schäden vereinbart werden. So liegt eine unzulässige unangemessene Benachteiligung vor, wenn dem Mieter durch AGB eine Haftung auch für solche Risiken auferlegt werden soll, die er nicht beherrschen oder angemessen versichern kann. Eine Haftung für Porzellan, das Teilnehmer beschädigen, dürfte danach aber zulässig sein. Dagegen wäre eine Haftung für Schlüssel, die dem Veranstalter unverschuldet gestohlen werden, wohl unzulässig. Spätestens im Schadensfall sollte man die AGB daher aufmerksam lesen und wegen der komplizierten Materie jedenfalls bei größeren Schäden im Zweifel juristischen Rat von Fachleuten einholen.

 Vgl. BGH – VIII ZR 205/13 –, NJW 2014, 1653; KG Berlin – 8 U 151/07 –, NJW-RR 2008, 1245. 27

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Mietverträge über Ferienunterkünfte können zwar formlos mündlich geschlossen werden, doch empfiehlt sich aufgrund der großen Bedeutung unbedingt eine schriftliche Vereinbarung. Oft wird durch entsprechende Vereinbarung in den Mietvertrag eine Hausordnung einbezogen, die dann vom Mieter zu beachten ist.

Werkvertrag Weiterhin kennt das BGB den Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB als eigenständigen Vertragstypen. Von einem Dienst- oder Arbeitsvertrag unterscheidet er sich dadurch, dass nicht nur sorgfältige Arbeit, sondern ein konkretes Arbeitsergebnis versprochen wird. Der Unternehmer muss das vereinbarte Werk herstellen, der Besteller die festgelegte Vergütung bezahlen. Sobald der Unternehmer ein Werk fertiggestellt hat, muss der Besteller dieses grundsätzlich abnehmen. Dabei ist Vorsicht geboten. Spricht der Besteller die Abnahme vorbehaltlos aus, obwohl er schon einzelne Mängel kennt, so verliert er dadurch bestimmte Mängelrechte. In solchen Fällen sollte sich der Besteller daher stets ausdrücklich – am besten schriftlich – die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten vorbehalten. Zu den Werkverträgen zählen aus dem Bereich der Jugendarbeit nicht zuletzt Verträge über die Beförderung von Personen oder Gütern. Dies gilt unabhängig davon, mit welchem Verkehrsmittel (Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff) die Beförderung erfolgen soll. Allerdings gelten je nach Verkehrsmittel europarechtlich geprägte Sondervorschriften. Insbesondere gewährt das Europarecht bei Ausfall oder Verspätung von Flügen und Zügen Entschädigungsansprüche der Passagiere. Abweichend vom sonst in Deutschland üblichen System setzen diese Entschädigungsansprüche kein Verschulden des Unternehmers voraus, sodass sie selbst im Falle höherer Gewalt bestehen. Für Bahnreisen gibt es die Entschädigung für Fahrten, bei denen sich die Ankunft am Zielort um mindestens eine Stunde verspätet. Schon bei einer zu erwartenden Verspätung von mindestens 20 Minuten kann der Fahrgast außerdem einen anderen, nicht reservierungspflichtigen Zug nutzen. Bei Flugreisen

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besteht der Entschädigungsanspruch für Verspätungen von mindestens drei Stunden. Maßgeblich dafür ist die Ankunft am letzten Zielort einer Reise. Über Details informieren etwa die einschlägigen Portale im Internet.

Dienst- und Arbeitsvertrag Dienstverträge (§§ 611 ff. BGB) sind von den oben genannten Werkverträgen abzugrenzen. Während beim Werkvertrag ein bestimmtes Ergebnis geschuldet ist, verpflichtet sich ein Dienstverpflichteter gegenüber einem Berechtigten (nur) zur sorgfältigen Erbringung bestimmter Dienste gegen eine Vergütung. Der wichtigste Unterfall des Dienstvertrages war bislang der Arbeitsvertrag, der seit 2017 in § 611a BGB ausdrücklich geregelt ist. Seine Besonderheit besteht darin, dass Arbeitnehmer stets weisungsgebunden, fremdbestimmt und in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt sind, während bloße Dienstverpflichtete auch selbstständig tätig sein können. Beispiele Ein hauptamtlicher Mitarbeiter eines Sportvereins, der wöchentlich 40 Stunden zu festgelegten Zeiten arbeiten muss und dessen Aufgaben im Voraus vom Vereinsvorsitzenden bestimmt werden, ist Arbeitnehmer. Keine Arbeitnehmereigenschaft kommt dagegen einem freien Journalisten zu, der von Zeit zu Zeit gegen ein Honorar Beiträge für die Vereinshomepage schreibt, der aber auch für andere Medien arbeitet und sich seine Arbeitszeit selbst einteilen kann.

Exklusiv für Arbeitnehmer sieht das Zivilrecht besondere Schutzvorschriften vor. Sie können nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit verlängerten Fristen entlassen werden. Außerdem werden Arbeitnehmer durch das kollektive Arbeitsrecht geschützt, das etwa für Betriebe mit mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern das Recht auf die Einrichtung eines Betriebsrates vorsieht. Weil Beschäftigte diese Vorteile bisweilen gerichtlich erstreiten wollen, gibt es eine Fülle von Entscheidungen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Dienstverpflichteter als Arbeitnehmer anzusehen ist.

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Pauschalreisevertrag Eine Kombination verschiedener Vertragstypen ist der Pauschalreisevertrag gemäß §§ 651a ff. BGB. Weil das Reiserecht im Bürgerlichen Gesetzbuch zum 1. Juli 2018 aufgrund einer EU-Richtlinie neu geregelt worden ist, ist diesbezüglich zuletzt eine Reihe neuer Fragen aufgekommen. Der Pauschalreisevertrag verpflichtet den Unternehmer als Reiseveranstalter, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Im Gegenzug ist der Reisende verpflichtet, den vereinbarten Reisepreis zu zahlen. Unter einer Pauschalreise versteht das Gesetz eine Kombination von mindestens zwei verschiedenen Leistungen für dieselbe Reise. Zusammengehören können insbesondere die Beförderung von Personen  – etwa ein Flug –, die Beherbergung – also etwa ein dazugehöriges Hotel am Zielort des Fluges –, die Vermietung von Kraftfahrzeugen – also insbesondere ein Mietwagen am Urlaubsort – und andere touristische Leistungen – etwa Eintrittskarten für Konzerte oder Sportveranstaltungen, Ausflüge oder die Vermietung von Sportausrüstungen. Auch bei Online-Buchungsverfahren ist eine Pauschalreise anzunehmen, wenn der Reisende nach der ersten Buchung auf die Internetseite eines zweiten Unternehmens weitergeleitet wird und dort innerhalb von 24 Stunden eine weitere Reiseleistung für dieselbe Reise bucht (sog. Click-Through-Buchungen). Für Reisende ist die Annahme eines solchen Pauschalreisevertrages meist vorteilhaft. Ausdrücklich soll ihnen das neue Reiserecht einen erhöhten Schutz auch in Online-Buchungsverfahren bieten sowie Transparenz und Rechtssicherheit gewährleisten. Zentral für das Pauschalreiserecht ist die sogenannte Einheitslösung, wonach bei einer Pauschalreise alle einzelnen Reiseleistungen rechtlich gemeinsam betrachtet werden. Steht dem Reisenden beispielsweise ein Rücktrittsrecht für eine Flugreise zu, so gilt dieses von Rechts wegen auch für einen etwaigen Vertrag über ein Mietauto am Ferienort. Wird eine Pauschalreise durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende den Vertrag für alle Einzelleistungen kündigen, wenn der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe leistet und den Mangel beseitigt. Damit der Reisende seine Gewährleistungsrechte unbeschränkt

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geltend machen kann, muss er dem Reiseveranstalter etwaige Mängel allerdings unverzüglich  – also im Zweifel noch vom Urlaubsort aus – anzeigen. Vor Reisebeginn hat der Reisende jederzeit das Recht, den Vertrag zu stornieren. Auch dieses Rücktrittsrecht unterscheidet den Reisevertrag von anderen Verträgen, wo nicht ohne Weiteres eine Stornierungsmöglichkeit besteht. Allerdings kann der Reiseveranstalter im Falle eines Rücktritts statt des Reisepreises eine angemessene Entschädigung verlangen. Was angemessen ist, regeln meist die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters. Sofern die Entschädigung als Pauschale erhoben werden soll, ist dabei üblicherweise zu berücksichtigen, wie lange der Zeitraum zwischen Rücktrittserklärung und vereinbartem Reisebeginn noch ist, in welcher Höhe der Veranstalter durch den Rücktritt Aufwendungen erspart oder ob er infolge des Rücktritts andere Einnahmemöglichkeiten hat. Auf Verlangen des Reisenden ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Höhe der Entschädigung zu begründen. Statt zurückzutreten kann der Reisende alternativ auch verlangen, dass statt ihm selbst ein geeigneter Dritter die Reise antritt. Dies muss er dem Unternehmer gegenüber rechtzeitig erklären. Außerdem müssen der Reisende oder der eintretende Dritte etwaige Mehrkosten übernehmen. In unterschiedlichen Fällen kann auch der Veranstalter ein Interesse daran haben, von einem Pauschalreisevertrag zurückzutreten. Die Möglichkeit zum Rücktritt vor Reisebeginn besteht zum einen, wenn eine im Vertrag vorgesehene Mindestteilnehmerzahl für eine Reise nicht erreicht wird. Dann muss der Rücktritt innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist erklärt werden, spätestens jedoch je nach Reisedauer mit folgendem Vorlauf: • bei einer Reisedauer von weniger als zwei Tagen: mindestens 48 Stunden vor Reisebeginn, • bei einer Reisedauer von mehr als sechs Tagen: mindestens 20 Tage vor Reisebeginn, • bei einer Reisedauer zwischen zwei und sechs Tagen: mindestens sieben Tage vor Reisebeginn.

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Eine Reise absagen und dazu vom Vertrag zurücktreten kann der Reiseveranstalter außerdem, wenn er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände gehindert ist, die Reise durchzuführen. Dazu zählen etwa schwere Sicherheitsrisiken am Reiseort durch Krieg oder Terrorismus oder erhebliche Gesundheitsgefahren aufgrund von Krankheiten oder Naturkatastrophen, die eine sichere Reise unmöglich machen. Will der Reiseveranstalter aufgrund solcher Umstände den Vertrag auflösen, so hat er den Rücktritt unverzüglich zu erklären, nachdem er von dem Rücktrittsgrund Kenntnis erlangt hat. Durch den Rücktritt verliert der Reiseveranstalter seinen den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Auch einen Anspruch auf Schadensersatz oder eine sonstige Entschädigung hat der Reiseveranstalter nicht, sodass er dem Reisenden etwaige Anzahlungen erstatten muss. Nach der neuen spezialgesetzlichen Regelung soll das Recht zur Vertragsauflösung selbst bei außergewöhnlichen Umständen nur vor Beginn der Reise bestehen. Daneben kommt jedoch eine außerordentliche Kündigung des Reisevertrags durch den Veranstalter aus wichtigem Grund in Betracht. Dafür darf dem Reiseveranstalter die Fortsetzung der Reise unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zumutbar sein. Das könnte der Fall sein, wenn am Reiseort erhebliche Gesundheitsgefahren für die Reisenden und die Mitarbeiter des Veranstalters drohen. Besteht beispielsweise die Gefahr, dass sich eine schwere ansteckende Krankheit in einer Reisegruppe ausbreitet, so hat der Reiseveranstalter eine Schutzverpflichtung gegenüber allen Beteiligten, zumal wenn die Reiseteilnehmer noch minderjährig sind. Lässt sich eine Infektion nach ärztlicher Einschätzung nicht anders verhindern, so muss dem Reiseveranstalter das Recht zustehen, eine Reise abzubrechen und dazu die Reiseverträge außerordentlich zu kündigen. Ebenso kommt eine außerordentliche Kündigung durch den Veranstalter bei schwerem Fehlverhalten eines Reisenden in Betracht, wobei einfache Vertragsverletzungen durch den Reisenden nicht ausreichen. Praktisch relevant könnte dieser Fall werden, wenn (minderjährige) Reiseteilnehmer wiederholt gegen die Regeln für eine Fahrt verstoßen und dadurch sich selbst oder Gesundheit und Eigentum eines anderen erheblich gefährden.

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Beispiele Die Rechtsprechung hat in folgenden kuriosen Fällen eine außerordentliche Kündigung gebilligt: Ein Reisender hat ein halbes Doppelzimmer gebucht und vergnügt sich dann im Bett des fremden Mitreisenden mit einer Prostituierten. Der Hund eines Reisenden beschädigt im Hotelzimmer großflächig die Tapete und es besteht die begründete Sorge um weitere Schäden.

Besteht der außerordentliche Kündigungsgrund in einer Vertragspflichtverletzung des Reisenden, so setzt die Kündigung allerdings grundsätzlich eine Abmahnung des Reisenden voraus. Diese ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung des Reisenden so schwer ist, dass ein sofortiger Abbruch der Reise dringend notwendig ist. Bei minderjährigen Reisenden ist die Abmahnung auch an die Eltern zu richten. Ob die dargestellten Regelungen allerdings auch für typische Jugendfreizeiten gelten, ist umstritten. Ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Vorschriften ausgenommen sind nämlich Verträge über Reisen, die vom Veranstalter nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis angeboten werden. So soll betroffenen Veranstaltern ein unnötiger Aufwand erspart werden. Beispielhaft nennt die maßgebliche Pauschalreiserichtlinie Reisen, „die lediglich wenige Male im Jahr von Wohltätigkeitsorganisationen, Sportvereinen oder Schulen für ihre Mitglieder veranstaltet werden und die nicht öffentlich angeboten werden“ (19. Erwägungsgrund). Mit Blick auf den Zweck dieser Ausnahme, unnötigen Aufwand zu vermeiden, bleibt zu hoffen, dass der Ausnahmetatbestand von den Gerichten großzügig ausgelegt wird. Andernfalls würden Jugendfreizeiten nahezu unmöglich gemacht, weil ehrenamtliche Reiseleiter die umfangreichen Anforderungen an Pauschalreisen kaum erfüllen können. Vorsichtshalber könnten betroffene Veranstalter ihre Fahrten gezielt nur für einen begrenzten Personenkreis anbieten; einen Gewinn wollen sie meist sowieso nicht erzielen. Dass auch Schulen unter die Ausnahme fallen können, spricht dafür, die Beschränkung auf wenige Reisen nicht zu streng zu verstehen, sodass etwa zehn kürzere Fahrten pro Jahr kein Ausschlusskriterium sein müssen.

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Gleichwohl ist es gut, diese Regelungen zu kennen. Sie können nämlich als Formulierungshilfe für die Gestaltung von Anmeldungen zum Ferienlager dienen. Was (sogar) für Pauschalreiseverträge zulässig ist, dürfte sich in der Regel auch für andere Reisen übernehmen lassen. Vorschläge dazu finden sich im Anhang (Abschn. 4.1). Auch die Verpflichtung des Reiseveranstalters, dem Reisenden rechtzeitig vor Reisebeginn die notwendigen Reiseunterlagen zu übermitteln und ihn umfassend zu informieren, sollte für Kinder- und Jugendfreizeiten jedenfalls als Empfehlung angesehen werden.

2.3.2 S  chadensersatzansprüche auf gesetzlicher Grundlage Rechtliche Beziehungen und Ansprüche können nicht nur aus Verträgen resultieren. Zu den sogenannten gesetzlichen Schuldverhältnissen zählen insbesondere Schadensersatzansprüche unmittelbar aus dem Gesetz. Als Beispiel mag ein Verkehrsunfall dienen, bei dem ein Fahrradfahrer das Rad eines anderen beschädigt und diesen auch gesundheitlich verletzt. Beide Unfallbeteiligten sind in der Regel vertraglich nicht miteinander verbunden, sodass vertragliche Schadensersatzansprüche ausscheiden. Für diese Fälle enthält das BGB Anspruchsgrundlagen für gesetzliche Schadensersatzansprüche. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt.

2.3.2.1  Schadensersatz für selbst verursachte Schäden Zum Schadensersatz ist insbesondere verpflichtet, wer durch sein eigenes rechtswidriges Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig einen anderen schädigt. Dies bestimmt maßgeblich § 823 BGB. § 823 Abs. 1 BGB

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

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Ein Schadensersatzanspruch setzt danach zunächst voraus, dass ein Rechtsgut durch menschliches Verhalten verletzt wird. Ausgeschlossen ist dagegen eine unmittelbare Anknüpfung an das Verhalten von Tieren oder an Fälle höherer Gewalt. Liegt menschliches Verhalten als Anknüpfungspunkt vor, so muss im zweiten Schritt festgestellt werden, ob dieses die Ursache dafür ist, dass eines der folgenden Rechtsgüter verletzt wird: • Das Leben ist verletzt, wenn ein Mensch stirbt. • Körper und Gesundheit meinen gleichermaßen Verletzungen der menschlichen Gesundheit. • Die Freiheit ist bei Verletzungen der Fortbewegungsfreiheit betroffen, insbesondere also, wenn ein Mensch eingesperrt wird. • Das Eigentum ist insbesondere bei Sachbeschädigungen verletzt oder wenn eine Sache dem Eigentümer entzogen wird. Außerdem liegt eine Eigentumsverletzung vor, wenn der Eigentümer eine Sache nicht mehr bestimmungsgemäß nutzen kann, etwa weil sein Kraftfahrzeug längerfristig zugeparkt wird. Juristisch abzugrenzen ist das Eigentum übrigens vom Besitz. Der Eigentümer hat das umfassendere Recht an einer Sache und kann mit ihr grundsätzlich machen, was er möchte, und Fremde von der Einwirkung auf die Sache ausschließen. Dagegen hat der Besitzer (lediglich) die tatsächliche Gewalt über eine Sache. Deswegen bleibt eine Mietwohnung beispielsweise im Eigentum des Vermieters, während er dem Mieter in der Regel den Besitz an der Wohnung einräumt. • Als sonstiges Recht schützt § 823 Abs. 1 BGB neben dem erwähnten Besitz insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht einschließlich des Rechts am eigenen Bild. Deswegen kann sich schadensersatzpflichtig machen, wer beispielsweise ohne Einwilligung das Foto eines Prominenten nutzt, um damit Werbung zu machen. Ob die Rechtsgutsverletzung wirklich durch das Verhalten des Anspruchsgegners verursacht wurde, muss bisweilen durch eine kompliziertere Beweisaufnahme geklärt werden. Als Faustregel für die Kausalität gilt insoweit, dass ein Verhalten dann ursächlich für einen Schaden ist, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Schaden entfiele (conditio sine qua non). Dies muss im Streitfall gegebenenfalls durch ein

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gerichtliches Sachverständigengutachten geklärt werden. Die Beweislast trägt grundsätzlich der Anspruchsteller. Die Rechtsgutsverletzung muss weiterhin rechtswidrig sein. Das ist in der Regel der Fall; nur ausnahmsweise liegen Rechtfertigungsgründe vor wie beispielsweise Notwehr gegen einen gegenwärtigen Angriff oder eine wirksame Einwilligung des Geschädigten. Das Sorgerecht der Erziehungsberechtigten kann unter Umständen Eingriffe in Rechtsgüter des Kindes rechtfertigen, wobei körperliche Bestrafungen stets ausgeschlossen bleiben. Weiterhin muss der Verursacher schuldhaft gehandelt haben, was sowohl bei vorsätzlichem als auch bei fahrlässigem Verhalten der Fall ist. Vorsätzlich handelt, wer wissentlich und willentlich handelt und dadurch pflichtwidrig einen Schaden verursacht. Insbesondere liegt Vorsatz also bei absichtlichen Schädigungen vor. Fahrlässig im zivilrechtlichen Sinne handelt dagegen, „wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“ (§ 276 Abs. 2 BGB). Gesteigert wird dies noch durch die grobe Fahrlässigkeit, bei der sogar einfachste und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, oder nicht beachtet wird, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen. Welches Maß an Sorgfalt in einer konkreten Situation erforderlich ist, wird anhand eines objektiven Maßstabes bestimmt. Deswegen kann sich der Schädiger nicht darauf berufen, es habe ihm an der erforderlichen Fachkenntnis, Geschicklichkeit oder Körperkraft gefehlt. Um die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten hätte er sich gegebenenfalls vorher bemühen müssen. Vorausgesetzt wird das Maß an Sorgfalt, das ein gewissenhafter Fachmann für den jeweiligen Bereich für notwendig erachtet. Dabei sind auch speziellere Rechtsvorschriften, DIN-Normen oder andere Regelwerke zu berücksichtigen. Geht es um das Verhalten von Kindern und Jugendlichen, so ist der Sorgfaltsmaßstab an ihre Altersgruppe anzupassen. Dabei ist darauf abzustellen, ob ein normal entwickelter Jugendlicher dieses Alters die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen können. Sind alle genannten Voraussetzungen erfüllt und ist es durch die Rechtsgutsverletzung zu einem wirtschaftlichen Schaden gekommen, so ist der Schädiger zum Schadensersatz verpflichtet. Sofern der Verursacher eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat – was unbedingt zu

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empfehlen ist –, übernimmt diese in den hier geschilderten Fällen meist die Schadensregulierung (siehe noch Abschn.  2.3.3.1). Daneben kommen auch ein Anspruch auf Unterlassung eines schädigenden Verhaltens oder auf Beseitigung der Folgen einer Rechtsverletzung in Betracht. Von der Frage, ob überhaupt Schadensersatz zu leisten ist, muss die Frage unterschieden werden, wie dies genau zu erfolgen hat. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, muss den Zustand wiederherstellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (sogenannte Naturalrestitution). Weil dies in der Praxis oft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, verlangt der Geschädigte stattdessen meist eine Entschädigung in Geld. Ist ein Mensch verletzt worden, so sind die Kosten für die ärztliche Behandlung ebenso zu erstatten wie  – möglicherweise lebenslanger  – Gehaltsausfall, wenn der Verletzte wegen der Erkrankung nicht mehr arbeiten kann. Bei erheblichen Verletzungen besteht zusätzlich ein Anspruch auf Schmerzensgeld. Bei Sachschäden sind die Kosten einer Reparatur zu ersetzen, wenn diese wirtschaftlich zweckmäßig ist. Ist eine Sache verloren gegangen oder irreparabel zerstört, so ist der Wiederbeschaffungswert zu erstatten. Bei neuwertigen Sachen ist dies der Neupreis; andernfalls nur der Preis, der für Beschaffung eines gleichwertigen, also ähnlich alten, gebrauchten Ersatzes erforderlich wäre. Diese Regelung kann dazu führen, dass der Geschädigte einen beschädigten Gegenstand neu kaufen und dafür selbstverständlich den Neupreis bezahlen muss, er vom Verursacher aber nur den Zeitwert der beschädigten Sache ersetzt verlangen kann. Das mag für den Geschädigten misslich sein. Indes soll so erreicht werden, dass er durch das schädigende Ereignis nicht besser gestellt wird als ohne. Beispiel Ist ein drei Jahre altes Handy beschädigt worden, bekommt der Geschädigte also nicht einfach ein neues Gerät. Vielmehr erhält er lediglich den Betrag, der für die Anschaffung eines gebrauchten Handys erforderlich wäre.

Zum besseren Verständnis der Grundstrukturen des Schadensersatzrechts dient folgender Beispielsfall.

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Beispielsfall: Eine heiße Nacht Die Messdienergruppe verbringt ein Ferienlager mit 45 Kindern in einem Schulheim in Dänemark. Nachts sitzen die volljährigen Betreuer noch bis etwa 3 Uhr zusammen auf der Terrasse und unterhalten sich. Der 18-jährige Betreuer Benedikt raucht einige Zigaretten, entsorgt aber alle Kippen – wie es sich für ein Naturschutzgebiet gehört – in einem Mülleimer. Der Müllsack bleibt vor dem Haus stehen. 45 Minuten, nachdem sich die letzten Betreuer schlafen gelegt haben, löst der Feueralarm des Hauses aus. Große Teile des Gebäudes werden zerstört, 27 Kinder werden mit Rauchvergiftungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Eltern und Hauseigentümer fordern Schadensersatz von Benedikt. Zu Recht? Lösungshinweise: Durch das Feuer im Landschulheim wurden das Eigentum des Vermieters und die Gesundheit der 27 Kinder mit Rauchvergiftung geschädigt. Die erforderlichen Rechtsgutsverletzungen liegen vor. Mangels Rechtfertigungsgründen waren diese auch rechtswidrig. Benedikt war als volljähriger Betreuer außerdem deliktsfähig. Dagegen geht aus dem geschilderten Sachverhalt nicht hervor, was den Brand eigentlich verursacht hat. Es liegt zwar nahe, dass brennende Zigarettenkippen das Feuer entfacht haben, doch wäre die Kausalität erst zu beweisen. Da Vorsatz ausscheidet, wäre außerdem zu klären, ob Benedikt fahrlässig handelte, indem er Zigarettenkippen in einem Kunststoffmüllsack entsorgte. In einem Gerichtsverfahren käme es also auf die Beweisaufnahme an. Als Vorsichtsmaßnahme hätten Zigaretten in einem Metalleimer mit Wasser gelöscht werden sollen.

Voraussetzung jeder verschuldensabhängigen Haftung ist die Deliktsfähigkeit des Anspruchsgegners. Sofern der Schädiger nicht bewusstlos war oder unter schweren geistigen Krankheiten gelitten hat, ist es eine Frage des Alters und der Einsichtsfähigkeit, ob jemand für rechtswidrige, schuldhafte Schädigungen einstehen muss. Die maßgebliche Norm dazu ist § 828 BGB. § 828 Abs. 1 und 3 BGB: Minderjährige

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. (2) […]

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(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Abs  1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Kinder unter sieben Jahren haften also nicht für Schäden, die sie anderen zufügen. Zwischen dem siebten und dem achtzehnten Geburtstag sind Minderjährige dann für Schäden verantwortlich, wenn sie zum Tatzeitpunkt die erforderliche Einsichtsfähigkeit besaßen. Es kommt also darauf an, ob der Betreffende nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein. Dafür kommt es neben dem Alter auch auf die geistige Entwicklung des Minderjährigen an. Dagegen wird nicht verlangt, dass der Minderjährige sich die realen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen seines Verhaltens vorstellen konnte. Dass Kinder ab sieben Jahren die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzen, wird grundsätzlich vermutet, wenn nichts Gegenteiliges ersichtlich ist. Zweifel gehen zulasten des Minderjährigen. Beispiele: Deliktsfähigkeit von Kindern Ein sieben Jahre altes Kind kann grundsätzlich vorhersehen, dass eine Außenlampe beschädigt werden kann, wenn man einen Ball in Richtung eines Kindes schießt, das neben einer Haustür steht. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Kind zuvor von seinen Eltern auf solche Gefahren ausdrücklich hingewiesen worden ist.28 Ein zehn Jahre altes Kind kann auch bei Vorliegen einer Lernbehinderung erkennen, dass der Umgang mit brennenden Kerzen in einer Scheune gefährlich ist und dass es gegebenenfalls für die Folgen seines Tuns einstehen muss.29

 Vgl. OLG Nürnberg – 5 U 130/06 –, NJW-RR 2006, 1170.  Vgl. BGH – VI ZR 132/82 –, NJW 1984, 1958. Weitere Beispiele bei Sprau, in: Palandt (2019) BGB § 828 Rn. 9. 28 29

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Sonderregelungen gelten wiederum, wenn Minderjährige einen Schaden im Straßenverkehr verursachen. Die dazu maßgebliche Norm ist § 828 Abs. 2 BGB. § 828 Abs. 2 BGB: Minderjährige im fließenden Straßenverkehr

Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat. Kinder zwischen sieben und zehn Jahren sind danach nicht für Schäden verantwortlich, die sie fahrlässig bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug oder einer Bahn verursachen. Denn in dieser Altersgruppe sind Kinder in der Regel noch nicht in der Lage, die spezifischen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. Allerdings ist diese Privilegierung auf den fließenden Verkehr beschränkt, weil es gerade dort zu typischen Überforderungssituationen kommt und sich die Entwicklungsdefizite von Kindern nur dort stärker als in anderen Lebensbereichen auswirken. Ebenso gelten für Unfälle mit nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern die allgemeinen Regeln. Beispielsfall: Eine rasante Gruppenstunde In der Gruppenstunde soll es mit dem Fahrrad ins Freibad gehen. Voller Vorfreude tritt Gruppenkind Gustav, 9 Jahre alt, in die Pedale, sodass er an einer Kreuzung versehentlich die Vorfahrt des Autofahrers Anton missachtet und eine kleine Beule in dessen Auto fährt. A verlangt von G Schadensersatz. Zu Recht? Lösungshinweise: Gustav hat rechtswidrig fremdes Eigentum beschädigt. Dabei hat er fahrlässig gehandelt, indem er als Fahrradfahrer die Vorfahrtsregeln der Straßenverkehrsordnung missachtet hat. Unabhängig von der Frage, ob Anton sich als Fahrer des Kraftfahrzeugs ein eigenes Mitverschulden anrechnen lassen muss, scheidet ein Schadensersatzanspruch gegen Gustav in jedem Fall aus, weil Gustav als 9-Jähriger nicht deliktsfähig ist. Für Unfälle mit einem Kraftfahrzeug haftet er – unabhängig von seiner Einsichtsfähigkeit – nicht. Hätte Gustav stattdessen ein parkendes Auto angefahren, müsste er – seine Einsichtsfähigkeit vorausgesetzt – den Schaden ersetzen.

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Äußerst praxisrelevant sind daneben die Spezialvorschriften für Unfälle, die von einem Kraftfahrzeug mitverursacht wurden. Der Gesetzgeber sieht Kraftfahrzeuge als so gefährlich an, dass der Halter und seine Haftpflichtversicherung selbst dann haften, wenn sie den Unfall nicht verschuldet haben. Mit dieser weitreichenden Haftung soll die sogenannte Betriebsgefahr von Kraftfahrzeugen kompensiert werden. Nur im Falle von höherer Gewalt entfällt die Haftung des Fahrzeughalters. Dazu muss der Schaden allerdings durch außergewöhnliche Naturkräfte oder Dritte verursacht worden sein und darf auch durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen sein. Neben dem Fahrzeughalter haftet der jeweilige Fahrer, dem allerdings – anders als dem Halter – der Beweis offen steht, dass er den Unfall nicht verschuldet hat. Die einschlägigen Regelungen enthält das Straßenverkehrsgesetz. § 7 Abs. 1 und 2 StVG

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird. Während die Deliktsfähigkeit nur gänzlich bejaht oder verneint werden kann, bietet der Begriff der Fahrlässigkeit die Möglichkeit zu differenzierteren Lösungen. Welches Maß an Sorgfalt von einem Minderjährigen zu erwarten ist, hängt nicht zuletzt von seinem Alter ab. Dabei ist darauf abzustellen, ob ein normal entwickelter Minderjähriger aus dieser Altersgruppe Alters die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen können.

2.3.2.2  S  chadensersatz für Verletzungen von Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflichten Schadensersatzpflichtig kann sich nicht nur machen, wer anderen aktiv einen Schaden zufügt. Vielmehr haftet man auch für das eigene Unter-

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lassen, wenn man also nicht gehandelt hat, obwohl man dazu verpflichtet gewesen wäre. Dies betrifft insbesondere die Verletzung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht sowie der Aufsichtspflicht über Minderjährige. Unter einer Verkehrssicherungspflicht verstehen Juristen die Pflicht, Schäden von Dritten möglichst abzuwenden. Die Grundregel lautet insoweit: Wer eine Gefahr für andere schafft, ist verpflichtet, alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um Schäden von anderen Personen abzuwenden. Relevant werden kann dies nicht zuletzt für Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit. Sie müssen etwa dafür sorgen, dass von ihren Gebäuden, ihren Grundstücken oder ihren Veranstaltungen keine unzumutbaren Gefahren ausgehen. Die konkreten Anforderungen hängen davon ab, wie wahrscheinlich und wie schwer ein drohender Schaden in Relation zum Aufwand für eine Sicherungsmaßnahme ist: Je größer die Wahrscheinlichkeit der Schädigung und je schwerer der drohende Schaden ist, desto höher ist das Maß des Zumutbaren. Die Rechtsprechung zu den Verkehrssicherungspflichten ist im Detail kaum überschaubar. Relevante Einzelheiten dazu werden später im Zusammenhang mit den einzelnen Sachthemen erörtert (siehe Abschn. 3.2). Weiterhin kann unter bestimmten Voraussetzungen auch der Aufsichtspflichtige haftbar gemacht werden, wenn ein Minderjähriger einen Schaden verursacht. Soweit die Aufsichtspflicht vermeiden soll, dass Dritte geschädigt werden, ist sie eine besondere Ausprägung der Verkehrssicherungspflichten.30 Der rechtliche Vorwurf wird dann nicht dem Minderjährigen gemacht, sondern dem, der seine Aufsichtspflicht schuldhaft vernachlässigt hat. Daher spielt es in diesem Fall keine Rolle, ob der Minderjährige den Schaden absichtlich herbeigeführt hat oder ihn vermeiden konnte. Minderjährige sind bis zu ihrem achtzehnten Geburtstag stets aufsichtsbedürftig. Diese Aufsichtspflicht entfällt auch nicht etwa dann,

 Vgl. BGH  – III ZR 226/12 –, NJW 2013, 1233 Rn.  24, auch zu den daraus resultierenden Konsequenzen für die Beweislastverteilung. 30

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wenn die Eltern zuvor in eine bestimmte Unternehmung eingewilligt haben oder wenn der Minderjährige sich besonders verantwortungsbewusst verhält. Wer zur Aufsicht über einen Minderjährigen verpflichtet ist, ergibt sich aus gesetzlichen Regelungen oder aus vertraglichen Vereinbarungen. Gesetzlich begründet ist insbesondere die Aufsichtspflicht der Eltern beziehungsweise derjenigen, denen die Personensorge für einen Minderjährigen übertragen ist. Die maßgebliche Norm ist § 1626 BGB. § 1626 Abs. 1 und 2 BGB: Elterliche Sorge

(1) 1Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). 2Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). (2) 1Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln. 2Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an. Diese Aufsichtspflicht endet erst, wenn das Kind volljährig wird. Ob es vorher oder anschließend noch weiterhin bei den Eltern wohnt, ist rechtlich irrelevant. Vertraglich begründet werden kann die Aufsichtspflicht durch eine entsprechende Vereinbarung mit den Eltern oder auch mit einem Dritten wie dem Jugendamt. Der Vertrag über die Übernahme der Aufsichtspflicht kann sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend durch konkludentes Verhalten geschlossen werden. Dabei muss die Übertragung der Aufsichtspflicht nicht zentraler Vertragsbestandteil sein, sondern sie kann als bloße Nebenpflicht vereinbart werden. Ebensowenig ist eine ausdrückliche Vereinbarung erforderlich, wenn der sonstige Inhalt des Vertrages die Übernahme als selbstverständlich erscheinen lässt. Ob ein solcher Vertrag zustande gekommen ist, hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab.

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Beispiel So wird regelmäßig durch die Anmeldung eines Minderjährigen zu einem Ferienlager oder zu Trainingsstunden eines Sportvereins die Aufsichtspflicht des Veranstalters begründet. Dieser überträgt die Pflicht sodann wiederum meist durch einen (möglicherweise nur stillschweigend vereinbarten) Vertrag auf seine konkret handelnden Mitarbeiter, Lagerleiter oder Trainer. Entsprechendes gilt für die Anmeldung eines Kindes in einem Krankenhaus, in einem privaten Kindergarten oder in einer Privatschule.

Was genau der Aufsichtspflichtige im Einzelfall zu tun hat, regelt der deutsche Gesetzgeber nicht selbst. Das wäre auch gar nicht möglich, weil die konkreten Situationen viel zu unterschiedlich sind. Stattdessen beschränkt sich der Gesetzgeber auf eine allgemeine Haftungsregel, wonach der Aufsichtspflichtige Schäden ersetzen muss, die der Aufsichtsbedürftige verursacht. Diese Regelung erscheint sinnvoll. Nicht zuletzt bestünde sonst eine Haftungslücke, wenn Minderjährige Dritten einen Schaden zufügen. Denn solange der Minderjährige nicht deliktsfähig ist, weil er das siebte Lebensjahr nicht vollendet hat oder die Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht einsehen konnte, soll er vor Haftungsrisiken geschützt werden. Dieser Schutz soll aber nicht stets zulasten des Geschädigten gehen. Außerdem soll der Geschädigte nicht in jedem Fall das Risiko tragen, dass ein Minderjähriger zwar deliktsfähig ist, den Schaden aber trotzdem nicht wiedergutmachen kann, weil sein Vermögen dazu nicht ausreicht. Deswegen sieht das Zivilrecht besondere Schadensersatzansprüche vor, die sich gegen die Aufsichtspflichtigen richten, im Normalfall also gegen die Eltern. Diese Ansprüche knüpfen nicht an eine unmittelbar schädigende Handlung der Eltern an, sondern an eine schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht. Die dazu maßgebliche Norm ist § 832 BGB. § 832 BGB: Haftung des Aufsichtspflichtigen

(1) 1Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung

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bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. 2Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. (2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt. Für eine Haftung des Aufsichtspflichtigen gelten also folgende Voraussetzungen: • Ein Minderjähriger • verursacht rechtswidrig bei einem Dritten einen Schaden, • während der Aufsichtspflichtige, der nun in Anspruch genommen werden soll, • seine Aufsichtspflicht verletzt. Ob ein Minderjähriger einen Schaden verursacht hat, lässt sich in der Regel schnell feststellen. Meist wird das auch rechtswidrig gewesen sein, sofern nicht ausnahmsweise ein Rechtfertigungsgrund wie beispielsweise Notwehr einschlägig ist. Schwieriger kann dagegen schon die Frage zu beantworten sein, ob der Anspruchsgegner, der nun haften soll, überhaupt aufsichtspflichtig war. Erst wenn dies bejaht wurde, ist zu überlegen, was der Aufsichtspflichtige konkrete hätte unternehmen müssen und ob er dem gerecht geworden ist. Es lassen sich unterschiedliche Zielrichtungen der Aufsichtspflicht unterscheiden: Der Aufsichtspflichtige soll mehrere Gefahren im Blick haben und Schäden möglichst vermeiden. Zum einen sollen sich Minderjährige nicht selbst schädigen. Kommt es doch zu einer Verletzung, muss möglicherweise der Aufsichtspflichtige dem geschädigten Minderjährigen seinen Schaden ersetzen. Damit hängt zusammen, dass Aufsichtsbedürftige nicht durch unbeteiligte Dritte geschädigt werden sollen. Auch in dieser Konstellation kann sich der Aufsichtspflichtige schadensersatzpflichtig machen, wenn er eine besonders riskante Situation herbeigeführt hat. Schließlich sollen Aufsichtsbedürftige nicht andere schädigen.

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Allerdings steht die Fürsorge- und Aufsichtspflicht in einem Spannungsverhältnis zu dem Ziel, Minderjährige zur Selbstständigkeit zu erziehen. Mag es auch am sichersten sein, Kinder und Jugendliche auf Schritt und Tritt zu überwachen, so muss doch jeder Erzieher ein pädagogisches Interesse daran haben, ihnen eigene Lernerfahrungen zu ermöglichen. Bisweilen erscheint es aus pädagogischer Sicht gar sinnvoll, dass Kinder und Jugendliche Fehler machen oder kleinere Schäden verursachen, um daraus lernen zu können. Dies erkennt auch die Rechtsprechung an. Deutsche Gerichte zum notwendigen Freiraum in der Erziehung: „Zum Spiel der Kinder gehört auch, Neuland zu entdecken und zu ‚erobern‘. Dies kann ihnen, wenn damit nicht besondere Gefahren für das Kind oder für andere verbunden sind, nicht allgemein untersagt werden. Vielmehr muss es bei Kindern dieser Altersstufe [sc. ab sieben Jahren], die in der Regel den Schulweg allein zurücklegen, im Allgemeinen genügen, dass die Eltern sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen, sofern nicht konkreter Anlass zu besonderer Aufsicht besteht. Anderenfalls würde jede vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren, gehemmt.“31 „Bei der Beurteilung, was […] als der Aufsichtspflicht ‚genügend‘ erscheint, gilt es somit das angestrebte Erziehungsziel, dem Kind zur Entwicklung seiner Persönlichkeit zu verhelfen und ihm ein selbstständiges verantwortungsbewusstes Handeln einzuüben, in die Abwägung einzustellen.“32 Zu Bedenken ist zudem, „dass gerade der Aufenthalt in einem Kinderferienlager ohne Anwesenheit der Eltern nur unter Betreuung durch junge Erwachsene die Selbstständigkeit in besonderem Maße fördern soll. Deshalb dürfen auch bei solchen Veranstaltungen die Anforderungen an die Aufsichtspflicht nicht überspannt werden, etwa durch das Verlangen nach einer ständigen feststehenden Beaufsichtigung der Jugendlichen durch die Betreuer in Kleingruppen.“33

Schon aufgrund des Zielkonfliktes zwischen einer möglichst umfassenden Aufsichtspflicht und der Erziehung zur Selbstständigkeit hängt es von unterschiedlichen Faktoren ab, welches Maß an Aufsicht im Einzelfall notwendig ist. Zu berücksichtigen sind dabei in jedem Fall:  BGH – VI ZR 199/08 –, NJW 2009, 1954 (1955).  LG Wuppertal – 17 O 169/12. 33  LG Landau – 1 S 105/00 –, NJW 2000, 2904. 31 32

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• das Alter der Aufsichtsbedürftigen: Als Pauschalregel lässt sich festhalten, dass jüngere Kinder eine intensivere Aufsicht benötigen als ältere. • der Charakter und die allgemeine Erziehung der Aufsichtsbedürftigen: Es spielt eine Rolle, ob die Aufsichtsbedürftigen Anweisungen der Aufsichtspflichtigen prinzipiell Folge leisten oder ob mit Widerworten und disziplinarischen Problemen zu rechnen ist. Bei Minderjährigen, die zu üblen Streichen oder Straftaten neigen, ist eine erhöhte Aufsichtspflicht geboten. Auch bei älteren Kindern muss die Aufsicht umso intensiver sein, je geringer der bisherige Erziehungserfolg ist.34 • die Gefährlichkeit der konkreten Situation: Als Pauschalregel gilt, dass in riskanten oder unbekannten Situationen ein intensiveres Maß an Aufsicht erforderlich ist als in überschaubaren und eingeübten Situationen. Alle genannten Kriterien stehen zueinander in Beziehung und sie können sich gegenseitig beeinflussen. Deswegen ist es aus rechtlicher Sicht schwierig, allgemeine Regeln aufzustellen, was Aufsichtspflichtige zu tun haben. Dies lässt sich verbindlich nur mit Blick auf eine konkrete Gruppe von Aufsichtsbedürftigen in einer bestimmten Situation entscheiden. Eine sachgemäße Aufsicht muss sich an der Sicherheit desjenigen Teilnehmers orientieren, dem unter Berücksichtigen aller Umstände am ehesten Gefahren drohen (Abb. 2.2). Beispielsfall: Eine rasante Gruppenstunde II In der Gruppenstunde soll es mit dem Fahrrad ins Freibad gehen. Voller Vorfreude tritt Gruppenkind Gustav, 9 Jahre alt, in die Pedale, sodass er an einer Kreuzung versehentlich die Vorfahrt des Autofahrers Anton missachtet und eine kleine Beule in dessen Auto fährt. Anton verlangt vom Leiter Ludwig Schadensersatz. Zu Recht? Lösungshinweise: Der minderjährige Gustav hat fahrlässig einen Schachschaden an Antons Auto verursacht und dabei rechtswidrig gehandelt. Als Gruppenleiter hat Ludwig die Aufsichtspflicht über sein minderjähriges Gruppenkind Gustav übernommen. Es kommt also darauf an, ob Ludwig sich entlasten kann. Dazu müsste er alles Erforderliche und Zumutbare unternommen haben, um Schäden zu vermeiden, oder der Schaden müsste

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 Vgl. BGH – III ZR 172/82 –, NJW 1985, 677 (679).

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auch bei ordnungsgemäßer Aufsicht entstanden sein. Genaue Angaben zu diesen Fragen fehlen im Sachverhalt. Mit 9 Jahren hätte Gustav als Fahrradfahrer auch den Gehweg benutzen dürfen. Dann hätte er an der Kreuzung absteigen müssen (Abschn. 3.3.6). Da aber der Gesetzgeber die Benutzung des Gehwegs für Kinder in dieser Altersgruppe nicht mehr vorschreibt, lässt sich tendenziell auch von einem Aufsichtspflichtigen nichts anderes erwarten. Möglicherweise hätte Ludwig aber als Leiter an der Spitze der Gruppe fahren und die Teilnehmer vor gefährlichen Kreuzungen besonders warnen müssen. Seine genauen Obliegenheiten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.

Daneben kann – wie bereits angedeutet – auch der Minderjährige seine aufsichtspflichtigen Gruppenleiter im Falle einer Verletzung der Aufsichtspflicht in Anspruch nehmen. Ein solcher Anspruch des aufsichtsbedürftigen Minderjährigen ist denkbar, wenn sich der Minderjährige selbst einen Schaden zugefügt hat. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist allerdings, dass der Schaden durch eine schuldhafte Aufsichtspflichtverletzung verursacht wurde.

Konfliktfall Aufsichtspflicht Zielkonflikt: Fürsorge/ Aufsichtspflicht

Erziehung zu Selbstständigkeit

Widerstreitende Faktoren: Alter des Kindes Allgemeine Erziehung

Abb. 2.2  Konfliktfall Aufsichtspflicht

Charakter des Kindes Gefährlichkeit der Situation

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Beispiel: Schadensersatzanspruch gegen den Aufsichtspflichtigen Beim Konditionstraining eines Sportvereins läuft der Trainer über eine rote Fußgängerampel. Die zwölfjährigen Kinder seiner Trainingsgruppe folgen ihm. Der letzte Läufer wird von einem Auto angefahren, der Autofahrer flüchtet unerkannt. Indem der Trainer eine rote Ampel missachtet hat, hat er grob fahrlässig die Straßenverkehrsordnung und damit auch seine Aufsichtspflicht verletzt. Er haftet für den Schaden des Kindes. Weil der Schaden sogar grob fahrlässig verursacht wurde, muss eine etwaige Haftpflichtversicherung des Trainers dafür möglicherweise nicht oder nur teilweise aufkommen.

Aus der Formulierung des § 832 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich, dass im Streitfall der Aufsichtspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für die Frage trägt, was er zur Erfüllung seiner Aufsichtspflicht unternommen hat. Dies entspricht dem Wesen der Aufsichtspflicht. Denn dem Geschädigten wird es häufig gar nicht möglich sein, eine Verletzung der Aufsichtspflicht nachzuweisen, da er regelmäßig nicht wissen kann, welche konkreten Maßnahmen zur Erfüllung der Aufsichtspflicht im Einzelfall ergriffen beziehungsweise unterlassen wurden.35

2.3.2.3  Schadensersatzpflicht des Veranstalters Schadensersatzansprüche können schließlich auch unmittelbar gegen den Veranstalter einer Maßnahme der Kinder- und Jugendarbeit bestehen. Selbstverständlich ist dies der Fall, wenn der Veranstalter selbst rechtswidrig einen Schaden bei Dritten verursacht. Dann begründen die bereits vorgestellten Anspruchsgrundlagen einen Schadensersatzanspruch unmittelbar gegen den Veranstalter. In anderen Konstellationen ist außerdem eine Verschuldenszurechnung möglich. Dann haftet ein Veranstalter, der sich die Vorteile der Arbeitsteilung zunutze macht, für ein Verschulden seiner Gehilfen. Eine Regelung dazu trifft § 278 Satz 1 BGB.

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 Vgl. BGHZ 196, 35 – III ZR 226/12 – Rn. 26.

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§ 278 Satz 1 BGB: Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Diese Bestimmung setzt voraus, dass ein „Schuldner“ zur „Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ einen Dritten einsetzt. Damit überhaupt von einem „Schuldner“ gesprochen werden kann, muss schon bei Eintritt des schädigenden Ereignisses ein Schuldverhältnis zwischen dem geschädigten Anspruchssteller und dem Anspruchsgegner bestanden haben. Ansonsten ist eine Zurechnung nach § 278 BGB nicht möglich. Als Dritte kommen die gesetzlichen Vertreter des Schuldners in Frage, was insbesondere bei juristischen Personen relevant wird, ferner sogenannte Erfüllungsgehilfen, die der Schuldner bewusst zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten einsetzt. Zu den Erfüllungsgehilfen können daher Subunternehmer ebenso zählen wie angestellte oder ehrenamtliche Mitarbeiter eines Veranstalters. Verursachen diese Personen bei Erfüllung der Verbindlichkeit einen Schaden, so wird ihr Verschulden dem Veranstalter zugerechnet. Der Geschädigte kann dann statt des Handelnden auch den Auftraggeber oder Veranstalter in Anspruch nehmen. Fallbeispiel: Funkenflug I Ein Gruppenleiter zündet im Sommerlager Feuerwerkskörper und verursacht damit einen Schaden an der Unterkunft, die vom Veranstalter angemietet wurde. Der Vermieter verlangt Schadensersatz vom Veranstalter. Zu Recht? Lösungshinweise: Ja, der Vermieter kann Schadensersatz vom Veranstalter verlangen. Der Gruppenleiter hat fahrlässig gehandelt, indem er bei Trockenheit im Sommer Feuerwerkskörper zündete. Zwischen dem geschädigten Vermieter und dem Veranstalter besteht mit dem Mietvertrag ein Vertragsverhältnis. In dessen Rahmen wird das Verschulden des Leiters dem Veranstalter zugerechnet.

Allerdings lässt die gerade beschriebene Verhaltenszurechnung Haftungslücken. Diese entstehen zumal, wenn ein Gruppenleiter einen Schaden bei einem Dritten verursacht, der mit dem Veranstalter bis dahin nichts zu tun hatte, insbesondere nicht sein Vertragspartner war. Mangels Son-

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derverbindung scheidet eine Verhaltenszurechnung nach §  278 BGB dann aus. Allerdings kommt in solchen Fällen ein Schadensersatzanspruch gegen den Veranstalter aus § 831 BGB in Betracht. § 831 Abs. 1 BGB: Haftung für den Verrichtungsgehilfen

Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. 2Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. 1

Diese Norm setzt kein bestehendes Schuldverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Anspruchsgegner voraus. Stattdessen muss der Gehilfe aber weisungsgebunden für den Geschäftsherrn als Anspruchsgegner tätig sein. Der Geschäftsherr – in unseren Fällen also meist der Veranstalter  – muss die Tätigkeit seines Gehilfen steuern und sie ihm notfalls jederzeit entziehen können. Ob er sein Weisungsrecht faktisch gar nicht ausübt, weil er seinem Gehilfen vertraut oder ihm die konkret notwendige Erfahrung fehlt, ist irrelevant. Auch ehrenamtliche Mitarbeiter des Veranstalters werden in der Regel als dessen Verrichtungsgehilfen anzusehen sein.36 Dass diese als ehrenamtliche Auftragnehmer ihre Tätigkeit jederzeit beenden können, spricht nicht dagegen. Denn § 831 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage verlangt nicht, dass der Gehilfe sozial abhängig oder untergeordnet wäre; es reicht die bloße Weisungsgebundenheit. Gleichwohl sind einzelne Gerichte der Auffassung, ehrenamtliche Mitarbeiter seien vom Veranstalter weder sozial abhängig noch weisungsgebunden und deswegen nicht erfasst.37

 Vgl. etwa OLG Hamm – 6 U 80/13 –, NZV 2014, 359 (360), wo die Frage aber nicht weiter diskutiert wird. 36

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Dies müsste im Streitfall mit Blick auf die konkreten Umstände näher geprüft werden. Von der Einordnung als Verrichtungsgehilfe hängt nämlich die Haftung des Geschäftsherrn beziehungsweise des Veranstalters ab: Verursacht ein Verrichtungsgehilfe rechtswidrig einen Schaden, so haftet grundsätzlich der Geschäftsherr. Sein Verschulden wird gesetzlich vermutet. Er kann sich nur dann entschuldigen, wenn er den Gehilfen sorgfältig ausgewählt und anschließend angemessen kontrolliert hat. Die Darlegungsund Beweislast dafür trägt der Geschäftsherr, für den der Gehilfe tätig war. In der Kinder- und Jugendarbeit sollten Veranstalter daher unbedingt zumindest überblicksartig dokumentieren, wie sie ihre Mitarbeiter auswählen und qualifizieren (Abschn.  3.1.3). Darin ist kein Ausdruck von Misstrauen den Mitarbeitern gegenüber zu sehen, sondern eine Vorsorge für etwaige Schadensersatzprozesse. Fallbeispiel: Funkenflug II Als fulminanten Höhepunkt im Programm zündet ein Student, der vom Veranstalter für Aushilfstätigkeiten angestellt ist, am letzten Abend des Ferienlagers eine Silvesterrakete. Dies ist außer an Silvester gesetzlich verboten, zumal wegen großer Trockenheit starke Waldbrandgefahr herrscht. Die Funken der Rakete verursachen auf dem Nachbargrundstück ein Feuer; die dort stehende Scheune brennt ab. Weil der Gruppenleiter als Student kein eigenes Einkommen hat, verlangt der Scheuneneigentümer vom Veranstalter Schadensersatz. Zu Recht? Lösungshinweise: Der Gruppenleiter hat rechtswidrig das Eigentum an der Scheune beschädigt. Als Leiter war er auch ein sogenannter Verrichtungsgehilfe des Veranstalters und handelte während des Abendprogramms im Zusammenhang mit seinen Aufgaben als Betreuer. Für diesen Fall wird das Verschulden des Veranstalters gesetzlich vermutet. Ob er tatsächlich haftet, hängt davon ab, ob er den Gruppenleiter sorgfältig ausgewählt und überwacht hat. Als Indiz könnte beispielsweise relevant werden, ob der Gruppenleiter zuvor an einer Schulung teilgenommen hatte. Dies muss der Veranstalter nachweisen.

 Vgl. LG Stuttgart – 25 O 68/05.

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2.3.3 Versicherungen Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche können oft durch Versicherungen abgedeckt werden. Insbesondere ist ein ausreichender Versicherungsschutz entscheidend, damit im Schadensfall nicht ehrenamtlich tätige Mitarbeiter mit ihrem privaten Vermögen haften. Dazu ist vor allem eine  entsprechende Haftpflichtversicherung erforderlich. Jedenfalls die Hauptverantwortlichen sollten aber alle folgenden Versicherungsarten kennen und ihren Abschluss zumindest kurz erwägen.

2.3.3.1  Haftpflichtversicherung Wer nur einen kurzen Moment unvorsichtig ist, kann schnell große Schäden bei anderen verursachen: Egal, ob man das Handy des Freundes versehentlich fallen lässt, einen Fußball in die Fensterscheibe des Nachbarn schießt oder als Fußgänger oder Radfahrer einen Unfall verursacht – der Schadensersatz kann schnell teuer werden. Das gilt insbesondere, wenn andere Personen bleibende Schäden davontragen und dann lebenslang entschädigt werden müssen. Deshalb zählt die Haftpflichtversicherung zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt – sowohl im privaten Leben als auch in der Kinderund Jugendarbeit. Sie tritt – verallgemeinernd gesprochen – ein, wenn die versicherte Person bei einem Dritten einen Schaden verursacht. Beschädigt jemand seine eigenen Sachen, so ist dies regelmäßig kein Fall für die Haftpflichtversicherung. Anders als der Name vermuten lassen könnte, ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung keine „Pflicht“. Dennoch ist sie jedem dringend zu empfehlen, zumal sie für deutlich unter hundert Euro pro Jahr zu bekommen ist. Kinder, die bei ihren Eltern wohnen, sind oft über diese mitversichert. Weil insbesondere Unfallschäden schnell teuer werden, sollte die Versicherungssumme, bis zu der Schäden maximal erstattet werden, nicht zu gering gewählt werden. Fünf Millionen Euro sollten das Minimum sein; höhere Summen sind meist ohne großen Aufpreis erhältlich.

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In der Haftpflichtversicherung tritt der Versicherungsfall ein, wenn die versicherte Person, der Versicherungsnehmer, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen wegen eines Personen- oder Sachschadens in Anspruch genommen wird. Die versicherte Person muss also bei einem anderen einen Schaden verursacht haben und darf dabei nicht vorsätzlich gehandelt haben. Dass lässt sich meistens ohne Weiteres feststellen. Weiterhin muss der Schadensersatzanspruch auf eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung gestützt werden, sodass an dieser Stelle die oben getroffene Unterscheidung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Anspruchsgrundlagen relevant wird. Beispiel Sieht etwa ein Mietvertrag eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden an der Mietsache vor, so hätte der Schadensersatzanspruch allein eine vertragliche Grundlage. Das deutsche Recht kennt grundsätzlich keine solche Pflicht zum Ersatz unverschuldeter Schäden. Die Privathaftpflichtversicherung müsste nicht zahlen.

Muss die Haftpflichtversicherung zahlen, so erstattet sie (genau) den Betrag, den sonst der Verursacher bezahlen müsste, nicht mehr und nicht weniger (siehe Abschn. 2.3.2.1). Bei Sachschäden sind dies in der Regel die Kosten für die Reparatur der beschädigten Sache oder der sogenannte Wiederbeschaffungswert, wenn eine Reparatur nicht wirtschaftlich ist. Der Wiederbeschaffungswert richtet sich nach den Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzes. Das bedeutet, dass der Neupreis nur dann zu ersetzen ist, wenn die beschädigte Sache neuwertig war. Andernfalls ist ein Abzug vorzunehmen, damit der Geschädigte nicht am Ende besser steht als ohne Schaden. Beispiel Ein Gruppenleiter schüttet versehentlich ein Glas Wasser über den fünf Jahre alten Laptop (Neupreis: 1000 Euro) eines Mitgruppenleiters. Der Laptop wird dabei irreparabel zerstört. Weil ein vergleichbarer, fünf Jahre alter Laptop nicht zu beschaffen ist, kauft der Geschädigte ein neues Gerät für 1000 Euro. Die Versicherung wird aber nicht 1000 Euro erstatten, sondern den Zeitwert in Höhe von etwa 200 Euro.

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Ausgeschlossen ist der Versicherungsschutz, wenn der Schaden vorsätzlich, also absichtlich oder wissentlich, herbeigeführt wurde. Ansonsten sind aber selbst Fälle grober Fahrlässigkeit erfasst, sofern die Police nicht Abweichendes regelt. Grundsätzlich aus der Privathaftpflicht ausgeschlossen sind ferner Schäden, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs verursacht werden. Für solche Fälle im Straßenverkehr kommt die speziellere Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf, bei der es sich um eine echte Pflichtversicherung handelt, die zur Anmeldung eines Kraftfahrzeuges nachgewiesen werden muss (Abschn. 2.3.3.2). Nicht versichert sind weiterhin Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer gemietet hat. Wird ein Schaden verursacht und tritt dadurch der Versicherungsfall ein, so obliegt es dem Versicherungsnehmer, dies unverzüglich der Versicherung mitzuteilen. Dies sollte spätestens innerhalb einer Woche mindestens formlos etwa per Mail erledigt werden. Im Nachgang müssen dann in einem Formular nähere Angaben zum Schadensereignis gemacht werden. Auf der Grundlage dieser Angaben prüft die Versicherung, ob und in welcher Höhe ein Anspruch gegen ihren Versicherungsnehmer besteht. Berechtigt sind Schadensersatzverpflichtungen dann, wenn die versicherte Person aufgrund eines Gesetzes oder einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung zur Entschädigung verpflichtet ist. Eine bloßes Schuldanerkenntnis des Versicherungsnehmers bindet die Versicherung dagegen nicht. Tritt ein Schaden ein, sollte der Versicherungsnehmer daher nur seine Kontaktdaten angegeben und auf die Versicherung verweisen, keinesfalls aber weitere Zugeständnisse machen. Jedenfalls bei größeren Schäden empfiehlt es sich auch nicht, Ersatzzahlungen direkt an den Geschädigten zu leisten, ohne zuvor eine Entscheidung der Versicherung abgewartet zu haben. Werden Schadensersatzansprüche gegen die versicherte Person erhoben, obwohl diese meint, für den Schaden gar nicht verantwortlich zu sein, so ist dies ebenfalls ein Fall für die Haftpflichtversicherung. Diese wehrt nämlich gegebenenfalls auch unberechtigte Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer ab und führt dazu, fall nötig, die erforderlichen gerichtlichen Prozesse. Deswegen ist eine gesonderte Rechtsschutzversicherung für diesen Bereich nicht unbedingt erforderlich.

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Beispiel Während einer Ferienfreizeit wird in einer Jugendherberge ein Stuhl beschädigt, als mehrere Kinder im Rahmen des Programms darauf sitzen sollen. Die Jugendherberge verlangt 65 Euro für die Anschaffung eines neuen Stuhls. Die Versicherung kommt zu dem Ergebnis, dass nur ein Anspruch in Höhe von 40 Euro besteht. Höher sei der Zeitwert des mehrere Jahre alten Stuhls nicht gewesen, sodass auch nicht mehr erstattet werden könne. Besteht die Jugendherberge dennoch auf der Zahlung von 65 Euro, so kann der Veranstalter den Rechtsstreit darüber der Versicherung überlassen.

Haftpflichtansprüche können sich nicht nur gegen Privatleute richten, sondern auch gegen juristische Personen als Eigentümer von Grundstücken oder als Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit. Für die zuletzt genannten Fälle gibt es spezielle Veranstalter-Haftpflichtversicherungen. Beispiel Bei einem Messdiener-Zeltlager auf der Wiese hinter dem Pfarrhaus bricht plötzlich der Ast eines Baumes ab und trifft ein Kind am Kopf. Für die Behandlungskosten und ein etwaiges Schmerzensgeld kommt die Veranstalter-Haftpflichtversicherung der Kirchengemeinde auf, die Eigentümerin des Grundstücks und Veranstalterin des Zeltlagers ist.

Beispielsweise über das Jugendhaus Düsseldorf lassen sich spezielle Haftpflichtversicherungen für Gruppenfahrten oder größere Tagesveranstaltungen abschließen. Diese beinhalten meistens den Versicherungsschutz sowohl für die einzelnen Gruppenleiter als auch für den Veranstalter als solchen. Der Abschluss einer solchen Versicherung erscheint vor allem dann sinnvoll, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Veranstalter und alle Betreuer sowieso – privat oder über bestehende Rahmenversicherungen – einen ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutz haben. Außerdem sind in diesen Spezialversicherungen oft auch Schäden an gemieteten Objekten versichert. Ist die einmalige oder die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht gezahlt, so ist der Versicherer grundsätzlich nicht zur Leistung

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verpflichtet. Deshalb ist auf eine pünktliche Zahlung des Versicherungsbeitrages unbedingt zu achten.

2.3.3.2  Kraftfahrzeugversicherungen Für Kraftfahrzeuge werden unterschiedliche Versicherungen angeboten. Verpflichtend ist der Abschluss einer Kfz-Halter-Haftpflichtversicherung. Diese muss der Halter nachweisen, um sein Fahrzeug in Deutschland anmelden zu können. Sie kommt für Haftpflichtschäden auf, die ein Autofahrer bei Dritten verursacht. Daneben gibt es Teil- und Vollkaskoversicherungen, durch die das eigene Fahrzeug bei Diebstahl (Teilkasko) oder auch bei Unfällen (Vollkasko) versichert ist. Ob eine solche Kaskoversicherung sinnvoll ist, hängt etwa vom Wert des eigenen Fahrzeugs ab. Beispielsweise über das Jugendhaus Düsseldorf lassen sich spezielle Kfz-Halter-Haftpflichtversicherungen für einzelne Tage abschließen. Dies kann sinnvoll sein, wenn private Fahrzeuge im Rahmen der Kinderund Jugendarbeit eingesetzt werden sollen. Denn: Kommt es beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs zu einem Haftpflichtschaden, so ist oft eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers fällig. Außerdem verliert dieser seinen sogenannten Schadensfreiheitsrabatt und muss deswegen in Zukunft einen höheren Versicherungsbeitrag zahlen. Diese Risiken können durch den Abschluss einer gesonderten Kfz-­ Versicherung vermieden werden. Innerhalb der Kirchen oder der Landessportbünde bestehen allerdings schon Spezialversicherungen für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter. Diese decken meist alle „Dienstfahrten“ ab, die jemand im Auftrag seines Veranstalters durchführt. Dagegen sind Fahrten auf der Strecke zwischen dem Wohnort des Mitarbeiters und seinem ­Einsatzort normalerweise keine Dienstfahrten und daher nicht ohne Weiteres versichert. Das unterscheidet die Dienstreisehaftpflichtversicherung von der gesetzlichen Unfallversicherung, die auch bei Wegunfällen einspringt, allerdings nur Personenschäden erstattet. Ob neben den bestehenden Versicherungen noch Handlungsbedarf besteht, muss gegebenenfalls mit den übergeordneten Organisationen geklärt werden.

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2.3.3.3  Krankenversicherung Die Krankenversicherung kommt im Krankheitsfall für die Kosten der Heilbehandlung auf. Auch sie gehört zu den unerlässlichen Versicherungen, da je nach Krankheit erhebliche Risiken drohen. Wer in Deutschland lebt, ist in aller Regel verpflichtet, eine Krankenversicherung zu haben. Üblicherweise kann deswegen vorausgesetzt werden, dass innerhalb Deutschlands für alle an der Kinder- und Jugendarbeit Beteiligten ein Krankenversicherungsschutz besteht. Nur in außergewöhnlichen Fällen etwa mit ausländischen Teilnehmern ist dies gesondert zu prüfen; gegebenenfalls sollte dann eine gesonderte Versicherung abgeschlossen werden. Zu unterscheiden sind die gesetzliche Krankenversicherung, der normalerweise Angestellte, aber auch Arbeitslose oder Rentner angehören, und die private Krankenversicherung, in der vor allem Beamte oder Selbstständige versichert sind. Da in der Praxis beim Arztbesuch Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten bestehen, kann es sinnvoll sein, bei der Anmeldung die Art des Versicherungsschutzes (privat oder gesetzlich) abzufragen. So würde auch auffallen, falls für einen Teilnehmer kein Versicherungsschutz bestünde. Praktisch relevant ist vor allem, dass gesetzlich Versicherte vor jeder ärztlichen Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte vorzulegen haben. Nur in dringenden Fällen kann die Karte nachgereicht werden. Deshalb sollte die Krankenversicherungskarte insbesondere bei mehrtägigen Fahrten mit Kindern stets im Vorfeld den Betreuern übergeben werden, damit sie im Krankheitsfall rasch auffindbar ist. Die Kosten für ärztliche Behandlungen oder Krankenhausaufenthalte werden dann direkt mit der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet. Unproblematisch gilt der gesetzliche Versicherungsschutz nur innerhalb Deutschlands. Bei Reisen ins europäische Ausland werden zwar bei Vorlage der European Health Insurance Card meist auch die Kosten einer medizinischen Grundversorgung übernommen, doch bestehen dafür erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten. Bei Auslandsreisen ist es deswegen unbedingt empfehlenswert, sich vorab nach den jeweiligen Standards zu erkundigen. Außerdem sind die Einreisebestimmungen zu prüfen, weil ein hinreichender Versicherungsschutz bisweilen

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Voraussetzung für die Erteilung eines Visums beziehungsweise einer Einreiseerlaubnis ist. Im Zweifelsfall sollte eine private Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen werden. Privat Krankenversicherte benötigen grundsätzlich keine Versichertenkarte. Stattdessen muss beim Arztbesuch eine Rechnungsadresse angegeben werden, weil die Behandlungskosten zunächst vom privat Versicherten übernommen werden müssen. Einen Schutz für Auslandsreisen schließen private Krankenversicherungen oft bereits ein. Bisweilen verlangen ausländische Ärzte allerdings einen Kostenvorschuss unmittelbar vor Ort (Abschn. 3.2.4). Besondere Fragen können Verletzungen aufwerfen, die sich ein hauptoder ehrenamtlicher Mitarbeiter bei einem Unfall im Rahmen seiner Tätigkeit zuzieht. Auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung besteht dann kein Anspruch, da die gesetzliche Unfallversicherung für den Schaden aufkommen muss (vgl. § 11 Abs. 5 Sozialgesetzbuch V, siehe noch Abschn. 2.3.3.4). Ebenso verweisen private Krankenversicherungen meist auf eine Vorleistungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung. Deshalb muss unbedingt eine Meldung an die gesetzliche Unfallversicherung erfolgen, wenn sich ein Mitarbeiter im Rahmen seines Dienstes verletzt und daraufhin einen Arzt aufsucht.

2.3.3.4  Unfallversicherung Unfallversicherungen springen ein, wenn sich ein Versicherter bei einem Unfall verletzt oder er gar stirbt. Unbedingt zu unterscheiden sind die gesetzliche und private Unfallversicherungen, weil im Hinblick auf ihre Leistungen erhebliche Unterschiede bestehen. Gesetzlich unfallversichert sind alle Arbeitnehmer, aber auch Schüler und Studenten sowie Personen, die ehrenamtlich für die Allgemeinheit tätig sind. Zu den ehrenamtlich Tätigen zählt das Sozialgesetzbuch ausdrücklich diejenigen, die für die großen öffentlich-rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften tätig sind. Auch das Engagement in Vereinen kann erfasst sein, wenn diese im Interesse der Allgemeinheit – bestenfalls etwa im Auftrag der Kommune – tätig sind. Gegebenenfalls sollte man sich dies vorab schriftlich bestätigen lassen, wenn man etwa in der Flüchtlingsarbeit aktiv wird. Schließlich sind auch Helfer bei Unglücksfällen

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gesetzlich unfallversichert. Dagegen sind Ministranten als Teilnehmer an einem Ferienlager meist nicht gesetzlich unfallversichert;38 mit Blick auf die Teilnehmer ist dies aber im Einzelfall zu prüfen. Versichert sind die genannten Personen bei jedem sogenannten Arbeitsunfall, den die versicherte Person infolge der versicherten Tätigkeit erleidet. Dazu zählen auch Unfälle auf dem Weg zur versicherten Tätigkeit sowie kleinere Umwege. Ebenso gelten Unfälle der zuvor genannten Ehrenamtler als „Arbeitsunfälle“. Kommt es zu einem Arbeitsunfall in diesem Sinne, so ist die gesetzliche Unfallversicherung vorrangig gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 11 Abs. 5 SGB V). Auch private Krankenversicherungen verweisen meist auf die Vorleistungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherungen und verweigern die Leistung, soweit ein Anspruch gegen die gesetzliche Versicherung besteht. Je nach Verletzung lassen die Unfallversicherer Arbeitsunfälle in speziellen Kliniken der Berufsgenossenschaften behandeln. Deswegen fragen Ärzte bisweilen danach, ob bestimmte Verletzungen aus einem „Arbeitsunfall“ resultieren. Vor diesem Hintergrund sollten Unfälle, bei denen sich ein haupt- oder ehrenamtlicher Mitarbeiter im Dienst verletzt, unbedingt der gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet werden. Neben den Kosten für die ärztliche Behandlung oder für Folgen dauerhafter Verletzungen können Ersthelfern von der gesetzlichen Unfallversicherung auch Sachschäden erstattet werden. Beispiel Ein Autofahrer kommt zu einer Unfallstelle und verbindet die Wunde eines Verletzten. Dabei ruiniert der Helfer sein neues Oberhemd mit Blutflecken. Die Kosten für das Hemd sowie das Verbandsmaterial kann der Helfer ersetzt verlangen.

Fragen zur gesetzlichen Unfallversicherung und zur konkreten Zuständigkeit im Schadensfall kann der Spitzenverband der gesetzlichen Unfallversicherer beantworten (www.dguv.de).

 Vgl. noch zur alten Rechtslage für Unfälle vor 1997 BSG – B 2 U 37/97 R –, NZS 1999, 253.

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Daneben gibt es private Unfallversicherungen. Sie kommen anders als die gesetzliche Unfallversicherung grundsätzlich nur auf, wenn Unfälle bleibende körperliche Schäden (Invalidität) verursachen. Solche schweren Unfälle passieren zwar leider, doch sind sie zum Glück selten. Dies ist zu berücksichtigen, wenn man überlegt, ob eine solche Versicherung überhaupt notwendig ist. Private Unfallversicherungen können individuell von Einzelpersonen oder gruppenweise etwa von Vereinen abgeschlossen werden. Kirchliche Träger haben oft solche Versicherungen, die neben den Mitarbeitern auch die Veranstaltungsteilnehmer abs ichern. Im Übrigen sind aber Gruppenunfallversicherungen im Regelfall nicht sinnvoll, sofern kein erhöhtes Risiko schwerwiegender Unfälle besteht. Entsprechendes gilt für individuell vereinbarte private Unfallversicherungen. Sie schützen rund um die Uhr und nicht nur während der Arbeit oder auf dem Weg dorthin. Eine private Unfallversicherung kann lohnenswert sein, wenn man etwa durch seine Freizeitbeschäftigungen erhöhten Unfallrisiken ausgesetzt ist. Beispiel Erwägenswert sind private Unfallversicherungen für Personen, die regelmäßig Alpinsport betreiben, zumal sie oft auch die Kosten einer teuren Bergung etwa mit dem Hubschrauber übernehmen.

2.3.3.5  Rechtsschutzversicherung Eine Rechtsschutzversicherung trägt die Kosten, wenn es zum Streit über die rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers kommt. Insbesondere übernimmt sie also bei gerichtlichen Streitigkeiten die Gerichts- und Anwaltskosten. Allerdings trägt man diese Kosten bei gerichtlichen Streitigkeiten sowieso nur, soweit man den Streit verliert. Wer also zu Unrecht gerichtlich verklagt wird, kann die Anwaltskosten für die eigene Verteidigung vom Kläger zurückverlangen. Im Übrigen trägt die Haftpflichtversicherung auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, wenn unberechtigte Ansprüche abgewehrt werden müssen, die ein Dritter geltend macht. Wird dem Versicherten eine Straftat vorgeworfen, können unter Umständen auch die

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Kosten für die Verteidigung im Strafverfahren von der Haftpflichtversicherung übernommen werden. Vor diesem Hintergrund erscheint eine gesonderte Rechtsschutzversicherung für Veranstalter oder Mitarbeiter im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit nicht unbedingt erforderlich.

2.3.3.6  D&O-Versicherung Sogenannte Directors & Officers-Versicherungen (D&O) zählen in der Wirtschaft seit einigen Jahren zum Standard und auch im Vereinsbereich entsteht zuletzt ein entsprechender Markt. D&O-Versicherungen sind Haftpflichtversicherungen für Vorstände und Geschäftsführer, die einspringen, wenn der eigenen Organisation durch eine Fehlentscheidung der Führungskraft ein Vermögensschaden entsteht. Andernfalls müssten die betroffenen Führungskräfte mit ihrem Privatvermögen haften. Beispiel Ein Vereinsvorsitzender soll einen Zuschuss in fünfstelliger Höhe beantragen. Weil er versehentlich die Frist versäumt, wird der Zuschussantrag abgelehnt. Hier könnte eine D&O-Versicherung einspringen, damit der Vorsitzende nicht mit seinem Privatvermögen in Anspruch genommen werden muss.

Ob eine solche Spezialversicherung sinnvoll ist, hängt davon ab, in welchem Bereich eine Organisation tätig ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, wie groß die Schäden sind, die Führungskräfte potenziell verursachten können. Innerhalb der Kirchen bestehen im Übrigen schon Spezialversicherungen, die auch erweiterte Vermögensschäden abdecken, die von ehrenamtlich Tätigen verursacht werden. Inwiefern daneben noch Handlungsbedarf besteht, muss gegebenenfalls mit den übergeordneten Organisationen geklärt werden.

2.3.3.7  Spezialversicherungen für Kinder- und Jugendgruppen Wer eine Versicherung abschließen möchte, steht oft vor einer kaum überschaubaren Auswahl an Anbietern. Vor dem Abschluss von Verträgen, sollte man sich daher einen gewissen Überblick verschaffen.

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Zum einen besteht innerhalb der großen Sport- und Jugendverbände sowie innerhalb der kirchlichen Bistümer oft bereits ein umfangreicher Versicherungsschutz. Die großen Träger können zu günstigen Konditionen Spezialversicherungen für ihre haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie teilweise auch für alle Mitglieder und Teilnehmer abschließen. Ob daneben noch Handlungsbedarf besteht, muss im Einzelfall geklärt werden. Beispiel: Versicherungsschutz in einem kirchlichen Bistum Im Erzbistum Köln besteht zunächst ein Haftpflicht-Sammelversicherungsvertrag. Diese Haftpflichtversicherung springt ein, wenn sich eine kirchliche Gruppierung als Veranstalter schadensersatzpflichtig macht oder wenn ein (haupt- oder ehrenamtlicher) Mitarbeiter in Ausübung seiner Tätigkeit einen Schaden bei Dritten verursacht. Dies gilt für Veranstaltungen aller Art einschließlich geselliger Zusammenkünfte. Voraussetzung ist, dass das Erzbistum selbst oder eine seiner kirchlichen Einrichtungen und Körperschaften als Veranstalter auftritt. Dazu gehören unter anderem Kirchengemeinden, Gemeindeverbände und erzbischöfliche Schulen. Im Rahmen der Dienstreise-Haftpflichtversicherung besteht weiterhin Versicherungsschutz für Schäden an privaten Fahrzeugen der Mitarbeiter, die während einer angeordneten Dienstfahrt entstehen. Die Versicherung gleicht dann insbesondere den Nachteil aus, wenn der Mitarbeiter einen Unfall verursacht und dadurch bei seiner eigenen Versicherung den Schadensfreiheitsrabatt verliert. Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist allerdings, dass eine „angeordnete Dienstfahrt“ vorliegt. Deswegen sollten sich ehrenamtlich Tätige vorab stets offiziell, am besten schriftlich beauftragen lassen, bevor sie ihr privates Fahrzeug für Fahrten im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements einsetzen. Außerdem besteht für alle ehrenamtlich Tätigen sowie alle Teilnehmer eine Unfallversicherung, die für Mitarbeiter auch bei Unfällen auf dem Weg zu oder von Veranstaltungen eingreift. Bei Fragen zu solchen Rahmenversicherungen hilft der jeweilige Träger, der die Versicherung abgeschlossen hat, sicher gerne weiter.

Ist neben bestehenden Rahmenversicherungen ein gesonderter Versicherungsschutz gewünscht, so kann dieser prinzipiell bei jedem Versicherungsunternehmen erworben werden. Spezialversicherungen für die Kinder- und Jugendarbeit bietet etwa das Jugendhaus Düsseldorf an. Die dort vermittelten Versicherungen sind speziell auf die Anforderungen von Ferienlagern oder ähnlichen Angeboten abgestimmt.

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Tipps für den Umgang mit Versicherungen im Schadensfall • Erste Hilfe beziehungsweise die Vermeidung weiterer Schäden haben stets Vorrang. • Bei Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl oder Raub, wenn Personen verletzt wurden oder die Sachlage sonst unklar ist, stets die Polizei einschalten. • Gegenüber Geschädigten oder der Polizei nur Angaben zum tatsächlichen Geschehen machen, aber keinerlei Schuldeingeständnisse abgeben. Schäden grundsätzlich nicht direkt in bar ausgleichen, sofern sie eine gewisse Erheblichkeitsschwelle übersteigen. • Fotos vom Schaden anfertigen beziehungsweise gegebenenfalls beschädigte Gegenstände zu Dokumentationszwecken aufbewahren. • Alle Unterlagen zu abgeschlossenen Reiseversicherungen in Kopie mitnehmen, um bei Bedarf die Kontaktdaten und die die Versicherungs-Nr. bereithalten zu können. • Jeden Schaden unverzüglich, spätestens aber nach einer Woche, bei der Versicherung melden.

Literatur Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.) (2017) Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., C. H. Beck, München. Palandt, Otto (Begr.) (2019) Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 78. Aufl., C. H. Beck, München. Sachs, Michael (Hrsg.) (2018) Grundgesetz. Kommentar, 8.  Aufl., C.  H. Beck, München. Säcker, Franz Jürgen u.  a. (Hrsg.) (2018) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 8. Aufl., C. H. Beck, München. Wessels, Johannes u. a. (2018) Strafrecht. Allgemeiner Teil, 48. Aufl., C. F. Müller, Heidelberg. Zilles, Hans/Kämper, Burkhard, Kirchengemeinden als Körperschaften im Rechtsverkehr. Voraussetzungen und Funktionsstörungen rechtswirksamer Betätigung, NVwZ 1994, 109–115.

3 Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit

Auf den Einzelfall kommt es an.

Das 3. Kapitel fokussiert sich stärker auf die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dabei geht es um grundlegende Organisationsfragen des Veranstalters, rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Ferienlagern und Fahrten sowie um besondere Programmbestandteile, die Rechtsfragen aufwerfen.

3.1 Grundlegende Organisationsfragen Wer ein neues Angebot der Kinder- und Jugendarbeit etablieren möchte, muss sich zunächst mit einigen grundlegenden Organisationsfragen beschäftigen. Aber auch für erfahrene Veranstalter kann der folgende Abschnitt hilfreich sein, weil eine gute Vorbereitung – insbesondere eine gut durchdachte Anmeldung und eine sorgfältige Auswahl und Fortbildung der Mitarbeiter  – bei allen praktischen Problemen im Einzelfall hilft. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3_3

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3.1.1 Rechtsform des Veranstalters Zu Beginn jeder Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit steht die Frage, wer rechtlich als Veranstalter auftreten soll. Diese Entscheidung will gut durchdacht werden, weil mit der Veranstalterrolle erhebliche Schadensersatzrisiken verbunden sein können. Keinesfalls sollte man ­deshalb ohne weitere Überlegungen schlicht als Privatperson oder als Freundeskreis größere Angebote für Kinder- und Jugendliche durchführen. Vielmehr sollte stets eine juristische Person (Abschn. 2.3.1.1) Veranstalter sein. In Frage kommen dafür in aller Regel ein eingetragener oder nicht eingetragener Verein, unter Umständen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts.

3.1.1.1  Eingetragener Verein Zu den häufigsten Organisationsformen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zählt der eingetragene Verein, abgekürzt: e. V. In einem Verein schließen sich mehrere Personen zusammen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Die Zusammensetzung der Mitgliederschaft kann sich – anders als bei der Gesellschaft (Abschn. 3.1.1.3) – ohne Weiteres ändern. Deswegen eignet sich ein Verein besser, wenn eine große Anzahl von Mitgliedern eingebunden werden soll. Die Eintragung bezieht sich auf das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts; durch sie erwirbt der Verein die Rechtsfähigkeit. Bei den im hiesigen Kontext relevanten Vereinen, wird es sich meist um sogenannte Idealvereine handeln, soweit sie nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sind. Nur wenn ein Verein wie ein Unternehmer am Wirtschaftsverkehr teilnimmt und am Markt Leistungen gegen ein Entgelt anbietet, liegt ein wirtschaftlicher Verein vor, für den Sonderregelungen gelten. Beispiele Ein Idealverein liegt gemäß der Rechtsprechung vor bei einem Tennisverein, der seinen Platz stundenweise gegen Entgelt seinen Mitgliedern zur Verfügung stellt, bei einem betrieblichen Sportverein, der sein Angebot ausschließlich an Arbeitnehmer eines Unternehmens richtet, oder bei einem

3  Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit 

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Verein zum Betrieb von Kindertagesstätten. Sportvereine, die auch staatlich geförderte Kurse für Nichtmitglieder anbieten oder ein Vereinsrestaurant betreiben, können das sogenannte Nebenzweckprivileg für sich in Anspruch nehmen: Sie bleiben Idealvereine, weil die wirtschaftliche Betätigung nur ein untergeordneter Nebenzweck neben ihrem Hauptzweck – der Sportförderung – ist. Auch ein Verein, der jährlich durch ehrenamtliche Mitglieder ein Ferienlager ausrichtet, wird dadurch nicht zu einem wirtschaftlichen Verein.

Voraussetzung für die Gründung eines Vereins ist der Beschluss einer Satzung. Damit der Verein eingetragen werden und damit die Rechtsfähigkeit erlangen kann, sollen mindestens sieben Gründungsmitglieder die Satzung beschließen (§ 56 BGB). Die Vereinssatzung regelt die Grundlagen des Vereinslebens. Sie muss den Zweck des Vereins, den Namen und den Ort seines Sitzes enthalten und ergeben, dass der Verein ins Vereinsregister eingetragen werden soll. Außerdem soll sie regeln, wie Mitglieder in den Verein ein- und austreten können, ob und in welcher Form ein Mitgliedsbeitrag zu leisten ist, wie der Vereinsvorstand gebildet wird sowie unter welchen Voraussetzungen die Mitgliederversammlung einberufen wird (§§ 57, 58 BGB). Jeder Verein muss einen Vorstand haben, der allerdings aus bloß einer Person bestehen kann. Er vertritt den Verein bei allen Rechtsgeschäften. Wie sich der Vorstand zusammensetzt, regelt die Satzung. Bestellt wird der Vorstand durch Beschluss der Mitgliederversammlung. In der Mitgliederversammlung gilt das Mehrheitsprinzip; nähere Qualifikationen für notwendige Mehrheiten kann die Satzung regeln. Verfolgt ein Verein gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke, so kann er steuerrechtliche Vergünstigungen für sich in Anspruch nehmen (Abschn.  2.1.3). Damit ein Verein von der Finanzverwaltung als gemeinnützig anerkannt werden kann, muss er bestimmte Anforderungen erfüllen. Insbesondere muss sich der förderungswürdige Zweck aus der Vereinssatzung ergeben. Außerdem darf der Verein keinen verfassungsfeindlichen Bestrebungen nachgehen. Ansonsten gewährleistet die Vereinsautonomie das Recht, die innere Ordnung des Vereins weitgehend frei zu bestimmen. Soll der Verein oder seine Jugendgruppe allerdings als Träger der freien Jugendhilfe

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a­ nerkannt werden, so sollte die Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe satzungsrechtlich verankert sein. Jugendgruppen innerhalb eines Erwachsenenvereins müssen ein Selbstverwaltungsrecht und mindestens eine eigene  – demokratisch ausgestaltete Jugendordnung  – besitzen (Abschn. 2.1.1). Wesentlich für die Wahl der Rechtsform sind oft die Haftungsregeln: Grundsätzlich haften die Mitglieder eines eingetragenen Vereins nicht für dessen Verbindlichkeiten. Eine Durchgriffshaftung besteht bei juristischen Personen grundsätzlich nicht. Verursacht der Vorstand oder ein anderer Vertreter eines eingetragenen Vereins in Ausübung seiner Tätigkeit für den Verein einen Schaden, so haftet der Verein (§ 31 BGB). Daneben können sich zwar Vorstandsmitglieder auch persönlich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie Dritten einen Schaden zufügen. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, die keine Vergütung von 720  Euro oder mehr pro Jahr erhalten, können dann allerdings vom Verein verlangen, von dem Schadensersatzanspruch freigestellt zu werden. Voraussetzung dieses Freistellungsanspruchs ist, dass ein Vorstandsmitglied Aufgaben im Auftrag des Vereins erfüllt hat und dabei nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Gedacht ist an längerfristige Tätigkeiten für den Verein, für die als Anerkennung allenfalls ein geringfügiges jährliches Entgelt gewährt wird. Den Schaden muss dann am Ende der Verein tragen; das handelnde Vorstandsmitglied trägt allerdings das Insolvenzrisiko, falls der Verein zahlungsfähig werden sollte. Entsprechendes gilt für sonstige Vereinsmitglieder, die im Wesentlichen unentgeltlich für ihren Verein tätig werden. Verursachen sie dabei fahrlässig einen Schaden, so können sie vom Verein verlangen, von ihrer Schadensersatzpflicht freigestellt zu werden.1 Das einzelne Mitglied haftet also effektiv regelmäßig nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.

 Vgl. Ellenberger, in: Palandt (2019) BGB, § 27 Rn. 7.

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Beispielsfall: Lautsprecher los Ein Sportverein e. V. veranstaltet ein Fußballturnier. Der Vereinsvorsitzende hatte im Vorfeld eine Lautsprecherbox für die Moderation an einem Lichtmasten aufgehängt. Während des Spiels löst sich die Box, weil der Vorsitzende versehentlich einen zu schwachen Kabelbinder verwendet hatte. Dadurch wird ein Zuschauer, der selbst kein Vereinsmitglied ist, verletzt. Er verlangt Schadensersatz vom Verein und dessen Vorsitzenden. Zu Recht? Lösungshinweise: Der Vereinsvorsitzende hat die Lautsprecherbox unsorgfältig aufgehängt und dadurch bei einem Zuschauer einen Schaden verursacht. Dabei hat er fahrlässig gehandelt; Anzeichen für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sind nicht ersichtlich. Weil der Vorsitzende Mitglied des Vorstandes, also eines Organs des Vereins ist, haftet der Verein gemäß § 31 BGB. Daneben kann der Geschädigte aber auch vom Vorsitzenden persönlich Schadensersatz verlangen. Beide haften gesamtschuldnerisch, sodass jeder zur Zahlung verpflichtet ist, der Geschädigte den Schadensersatz aber selbstverständlich nur einmal verlangen darf (§  421 BGB). Entscheidet sich der Geschädigte beispielsweise aus Gründen der besseren Zahlungsmoral dafür, den Vorsitzenden in Anspruch zu nehmen, so kann dieser wiederum vom Verein verlangen, dass dieser die Forderung begleicht oder ihm seine Zahlung erstattet.

Für das Innenverhältnis zwischen Vorstands- und Vereinsmitgliedern gilt ein entsprechendes Haftungsprivileg: Ehrenamtlich tätige Vorstandsoder Vereinsmitglieder haften dem Verein und seinen Mitgliedern gegenüber grundsätzlich nicht, wenn sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Schaden verursacht haben. Diese Haftungsprivilegien ergeben sich aus §§ 31a, 31b BGB, die im Jahr 2013 ergänzt beziehungsweise neu in das BGB eingefügt wurden, um das Ehrenamt zu stärken. Begriffsnotwendig für einen eingetragenen Verein ist  – wie ausgeführt – die Eintragung in das Vereinsregister. Das Register soll es allen Geschäftspartnern des Vereins ermöglichen, sich beispielsweise über die Vorstandszusammensetzung zu informieren, um zu prüfen, wer den Verein wirksam vertreten kann. Deswegen muss auch jede Satzungsänderung und jede Änderung der Zusammensetzung des Vorstands zur Eintragung angemeldet werden. Dies muss in öffentlich beglaubigter Form geschehen (§§ 77, 129 BGB), sodass ein Notar eingeschaltet werden muss. Der dadurch entstehende Aufwand und die entstehenden

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Notargebühren sind bei der Entscheidung für die angemessene Rechtsform zu berücksichtigen. Von den Gerichtsgebühren sind gemeinnützige Vereine befreit, ihnen werden jedoch Auslagen zum Beispiel für die Veröffentlichung auferlegt. Eine Mustersatzung sowie weitere Informationen zur Gründung eines gemeinnützigen Vereins lassen sich im Internet finden, etwa unter www.justiz.nrw.de in der Rubrik „Registersachen“. Weitere Informationen gibt es in einer kostenlosen Broschüre des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Hrsg.) (2016) Leitfaden zum Vereinsrecht, Berlin.

3.1.1.2  Nicht eingetragener Verein Vom eingetragenen Verein ist aus rechtlicher Sicht der nicht eingetragene Verein zu unterscheiden. Manche Vereine existieren jahrelang problemlos, ohne in das Vereinsregister eingetragen zu sein. Seinem Wortlaut nach sieht das BGB grundlegende Unterschiede zwischen beiden Vereinstypen vor und verweist den nicht eingetragenen Verein allgemein auf das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Abschn. 3.1.1.3). Diese Verweisung wäre für die Vereinsmitglieder eher nachteilig. So sollte bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahr 1900 die Eintragung möglichst aller Vereine erzwungen werden, um die damals geltende strenge Aufsicht über eingetragene Vereine durchzusetzen. Diese Aufsicht ist allerdings mit Inkrafttreten des Grundgesetzes und der Vereinsfreiheit entfallen, sodass sich der alte Regelungszweck heute faktisch fast erübrigt hat. Entgegen dem Gesetzeswortlaut behandelt die Rechtsprechung daher mittlerweile beide Vereinstypen weitgehend gleich. In Detailfragen kann es indes passieren, dass eine Mischung aus vereins- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften angewendet wird. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch der nicht eingetragene Verein teilrechtsfähig und kann damit als solcher am Rechtsverkehr teilnehmen. Insbesondere kann er Partei von Verträgen werden. Lediglich der Erwerb von Grundstücken gestaltet sich schwierig, da die Eintragung ins Grundbuch jedenfalls bei wechselndem Mitgliederbestand aufwändig ist.

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Wesentlich für die Wahl der passenden Rechtsform ist oft die Frage der Haftung. Für Verbindlichkeiten, die ein nicht eingetragener Verein eingeht, haften – anders als beim eingetragenen Verein – zumindest grundsätzlich die Mitglieder persönlich als Gesamtschuldner. Allerdings wird in der Praxis fast immer eine stillschweigend vereinbarte Haftungsbeschränkung angenommen, sodass der Vorstand die Mitglieder nur in Höhe ihres Anteils am Vereinsvermögen verpflichten kann. Auch deliktische Ansprüche sollen sich nur gegen den Verein richten, nicht aber gegen dessen Mitglieder.2 Faktisch besteht deswegen in der Regel auch beim nicht rechtsfähigen Idealverein allenfalls ein geringes Haftungsrisiko der Mitglieder. Anders stellt sich die Lage dagegen für die (Vorstands-)Mitglieder dar, die für den Verein handeln und ihn insbesondere beim Abschluss von Verträgen vertreten. Sie haften zusätzlich zum Verein mit ihrem Privatvermögen. Dies gilt für vertragliche Ansprüche auch dann, wenn der Handelnde Vertretungsmacht für den Verein besaß oder der Verein einen Vertrag genehmigt hat. Ausschließen lässt sich die Haftung des Handelnden nur durch eine individuelle Vereinbarung mit dem jeweiligen Vertragspartner, sofern sich dieser darauf einlässt. Ob nun für Vereine in der Kinder- und Jugendarbeit eine Eintragung in das Vereinsregister sinnvoll ist oder nicht, kann nur mit Blick auf den Einzelfall entschieden werden. Während die Eintragung einen gewissen Aufwand und Kosten erzeugt, reduziert sie die Haftungsrisiken für diejenigen, die für den Verein rechtsgeschäftlich handeln. Sobald ein Verein größere Verbindlichkeiten eingehen will, ist daher die Eintragung dringend zu empfehlen.3 Für kleine Vereine kann dagegen auf die Eintragung und den damit verbundenen Aufwand oft verzichtet werden.

3.1.1.3  Gesellschaft bürgerlichen Rechts Weiterhin kommt als Rechtsform für die Kinder- und Jugendarbeit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in Betracht. Sie entsteht, wenn sich mindestens zwei Personen durch einen Vertrag zusammenschließen,  Vgl. unter Verweis auf den Rechtsgedanken von § 31 BGB Ellenberger, in: Palandt (2019) BGB, vor § 55 Rn. 12. 3  Waldner/Wörle-Himmel (2016) Verein, Rn. 626. 2

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ohne weitere Absprachen zur Rechtsform zu treffen. Die diesbezüglichen Regelungen treffen §§ 705-740 BGB. Beispiele Zwei befreundete Vereine vereinbaren, ein gemeinsames Ferienlager durchzuführen. Beide sollen durch alle Verträge gleichermaßen berechtigt und verpflichtet werden. Fünf junge Väter veranstalten – in Erinnerung an ihre eigene Jugend – ein Action-Wochenende für Kinder aus ihrem Stadtteil. Schriftliche Vereinbarungen dazu treffen sie nicht. Sie nehmen aber Anmeldungen und Teilnehmerbeiträge entgegen und schließen zur Durchführung Verträge mit Dritten. Dadurch haben sie mindestens konkludent einen Gesellschaftsvertrag geschlossen.

Grundlage jeder Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ein Gesellschaftsvertrag. Dieser kann zwar mündlich geschlossen werden, doch empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit eine schriftliche Vereinbarung, um bei Meinungsverschiedenheiten eine nachprüfbare Grundlage zu haben. Der Vertrag unterscheidet die Gesellschaft von bloßen Gefälligkeitsverhältnissen, bei den Menschen etwas gemeinsam unternehmen, ohne sich rechtlich binden zu wollen. Eine erwiesene Gefälligkeit hat nur dann rechtsgeschäftlichen Charakter, wenn der Leistende den Willen hat, dass seinem Handeln rechtliche Geltung zukommen soll, wenn er also eine rechtliche Bindung herbeiführen will (siehe noch Abschn. 3.1.2.1). Beispiel aus der Rechtsprechung Keine bloße Gefälligkeit soll vorliegen, wenn zwei Elternpaare vereinbaren, ihre Kinder jeweils abwechselnd zum Kindergarten zu fahren und dort wieder abzuholen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn beide Paare rechtlich verpflichtet sein sollen, die jeweiligen Fahrten zu übernehmen, selbst wenn sie dies unentgeltlich tun. Zudem haben beide Vertragsparteien dann die Pflicht, das jeweils andere Paar über Unarten ihrer Kinder zu informieren, wenn sich daraus Gefahrenlagen ergeben können, die über das bei Kindern übliche Maß hinausgehen.4

 Vgl. OLG Düsseldorf – 13 U 68/91 –, BeckRS 2016, 8636.

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Gesellschafter einer GbR können natürliche oder juristische Personen sein. Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Grundsätzlich ist für jeden Vertragsschluss die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich; es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Deswegen ist diese Gesellschaftsform bei einer großen Anzahl von Beteiligten eher weniger zu empfehlen; mindestens sollten dann genauere Vereinbarungen zur Geschäftsführung getroffen werden. Die Rechtsprechung unterscheidet bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts zwischen Innen- und Außengesellschaften. Eine Außengesellschaft liegt vor, wenn die Gesellschaft erstens über eigenes Vermögen verfügt (beispielsweise auf einem Konto oder in einer Barkasse), das vom Vermögen der Gesellschafter unterschieden werden kann, wenn sie zweitens durch ihre Organe am Rechtsverkehr teilnimmt und drittens eine eigene Identität hat, was sich etwa an einem eigenen Namen festmachen lässt. Eine solche Außengesellschaft ist teilrechtsfähig und kann selbst Vertragspartei werden. Bloße Innengesellschaften, zu denen etwa eine Fahrgemeinschaft von Arbeitskollegen gehören kann, sind dagegen nicht rechtsfähig. Für einen Verlust haften die Gesellschafter mit ihrem eigenen Vermögen. Eine generelle Beschränkung der Haftung ist nicht möglich. Verursacht ein Gesellschafter beim Handeln für die Gesellschaft einen Schaden, so trifft ein Schadensersatzanspruch gleichermaßen ihn, die Gesellschaft und die übrigen, nicht an der Tat beteiligten Gesellschafter. Soweit nichts anderes vereinbart wurde, haben alle Gesellschafter den gleichen Anteil an einem etwaigen Gewinn oder Verlust der Gesellschaft. Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung existieren zwar, sie sind aber im Detail kompliziert und umstritten. Bei größeren Unternehmungen sollten in jedem Fall klare Absprachen getroffen werden. So muss geklärt werden, wer genau durch zu schließende Verträge berechtigt und verpflichtet werden soll, oder wer im Schadensfall haftet.

3.1.1.4  Kirchliche Gliederung Die einzelnen Ebenen der katholischen und evangelischen Kirche sowie die jüdischen Gemeinden haben in Deutschland traditionell den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dies regelt heute

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Art.  140  GG, der dazu auf fortgeltende Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung verweist. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind ansonsten vor allem staatliche Hoheitsträger wie die Bundesrepublik Deutschland als solche, die einzelnen Länder, Städte und Gemeinden oder Universitäten und Rundfunkanstalten. Dagegen handelt es sich bei den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften um Körperschaften besonderer Art. Die Religionsgemeinschaften stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber. Ihr Handeln ist in keiner Weise der staatlichen Sphäre zuzurechnen; sie nehmen grundsätzlich keine staatlichen Aufgaben oder Befugnisse wahr und sind nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden, sondern vielmehr grundrechtsberechtigt. Der besondere Status der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften lässt sich zum einen historisch erklären. Denn jahrhundertelang haben die Kirchen viele – teils hoheitliche – Aufgaben übernommen, die heute der Staat erfüllt. Im Religionsunterricht an staatlichen Schulen, in theologischen Fakultäten an den Universitäten, in der Gefängnis- und Militärseelsorge  – durchweg sogenannten gemischten Angelegenheiten von Staat und Religionsgemeinschaften – wirkt dies bis heute fort. Zum anderen macht die öffentlich-rechtliche Organisationsform deutlich, dass die großen Religionsgemeinschaften das öffentliche Leben in besonderer Weise prägen und sich Religion nicht in den rein privaten Raum drängen lässt. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Er ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften genießen manche Vorteile. Dazu zählt vor allem das Recht, mit Unterstützung der staatlichen Finanzämter Kirchensteuern von ihren Mitgliedern zu erheben. Diese Dienstleistung lässt sich der Staat bezahlen, sodass für die Allgemeinheit kein Nachteil entsteht. Gläubiger der Kirchensteuern sind die Bistümer beziehungsweise ihre Untergliederungen, die auch die Höhe der Steuer festlegen. In den katholischen Bistümern Nordrhein-­Westfalens beträgt die Kirchensteuer derzeit 9 Prozent der festgesetzten Einkommenssteuer. Aus Gründen der Gleichberechtigung steht der Körperschaftsstatus prinzipiell auch Religionsgemeinschaften zu, die in Deutschland weniger verwurzelt sind. Mit Blick auf islamische Gemeinden führt dies allerdings zuletzt zu einer Reihe von Problemen und Diskussionen.

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Die öffentlich-rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften dürfen ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln; sie sind dabei aber an die für alle geltenden Gesetze gebunden. Dabei stehen ihnen im Innenbereich größere Freiheiten zu. Sie können also beispielsweise selbst über die Zusammenlegung oder Teilung von Kirchengemeinden oder die Zulassung zu den Sakramenten entscheiden. Bei Streitigkeiten über solche innerkirchlichen Angelegenheiten können die staatlichen Gerichte allenfalls subsidiär in Anspruch genommen werden; vorrangig muss der innerkirchliche Rechtsweg erschöpft werden. Je stärker dagegen im Außenbereich Rechte anderer betroffen sind – etwa im Arbeitsrecht für kirchliche Arbeitnehmer, beim sogenannten Kirchenasyl oder bei Straftaten durch kirchliche Amtsträger –, desto weniger können Religionsgemeinschaften unter Berufung auf ihr Selbstverwaltungsrecht den Staat ausschließen. Mit Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit der Religionsgemeinschaften ist es wichtig, überhaupt zu wissen, wer der zuständige Rechtsträger ist. Oft sind dies vor Ort die evangelischen oder katholischen Kirchengemeinden. Dagegen kommt deren Untergliederungen wie der „Messdienergemeinschaft“ oder einem „Familienkreis“ regelmäßig kein eigenständiger Körperschaftsstatus zu. Kirchliche Jugendverbände haben als Rechtsträger im Hintergrund meist einen (eingetragenen) Verein. Beispiel: Katholische Körperschaften des öffentlichen Rechts Die Katholische Kirche in Deutschland ist nicht etwa eine einheitliche Körperschaft des öffentlichen Rechts. Vielmehr sind alle Bistümer und Kirchengemeinden eigenständige Körperschaften. Auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz existiert der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Jedenfalls bedeutende Verträge sollten stets auf den Namen des betroffenen Rechtsträgers geschlossen werden. Erst in einer weiteren Adresszeile können dann aus Gründen der besseren Zuordnung nicht rechtsfähige Untergliederungen wie eine Jugendgruppe genannt werden (Abschn. 2.3.1.1).

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3.1.2 R  echtsverhältnis zwischen Veranstalter und Teilnehmern Wie sich der Veranstalter und seine Mitarbeiter gegenüber den Teilnehmern verhalten dürfen, hängt maßgeblich von dem Rechtsverhältnis zwischen Veranstalter und Teilnehmern an. Deswegen sollte insbesondere die Anmeldung für Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sorgfältig ausgestaltet werden.

3.1.2.1  A  nmeldung zu Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit Mit der Anmeldung zu einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit wird ein Vertrag zwischen dem Teilnehmer beziehungsweise seinen Erziehungsberechtigten und dem Veranstalter geschlossen. Dies kann formfrei geschehen, also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich aber bei größeren Veranstaltungen  – insbesondere bei Fahrten mit Übernachtung  – eine schriftliche Anmeldung. Unabhängig davon ist aber in diesen Fällen auch ohne schriftliche Vereinbarung in aller Regel vom Abschluss eines rechtlich bindenden Vertrages auszugehen, da der Bereich der bloßen Gefälligkeit (siehe schon Abschn. 3.1.1.3) so gut wie immer überschritten wird. Beispiele Eine bloße Gefälligkeit liegt vor, wenn eine 18-jährige Schülerin für einen Nachmittag auf die sechsjährige Nachbarstochter aufpasst, weil deren Mutter kurzfristig einen Arzttermin wahrnehmen muss. Ein rechtlicher Bindungswille ist dann nicht erkennbar. Bringt die Mutter ihre Tochter dagegen jede Woche zum Training eines Schwimmvereins, so ist die Gefälligkeitsgrenze überschritten. Zwischen dem Verein und der Mutter ist ein Vertrag über das Schwimmtraining – möglicherweise gegen Zahlung eines Entgeltes – zustande gekommen. Lassen zwei Elternpaare zu, dass sich ihre vier- und sechsjährigen Kinder gegenseitig in ihren Wohnungen besuchen, und beaufsichtigen sie dann das jeweils fremde Kind zusammen mit ihrem eigenen beim Spielen, so

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kommt dadurch kein stillschweigend geschlossener Vertrag über die Aufsichtsführung zustande. Es handelt sich vielmehr nur um eine tatsächliche Übernahme der Aufsicht, die als eine außerhalb der rechtsgeschäftlichen Sphäre liegende Gefälligkeit anzusehen ist, bei der es an dem Willen zu einer vertraglichen Bindung fehlt.5 Dagegen soll in der Einladung zu einem Kindergeburtstag, der von den Eltern für ihr achtjähriges Kind gestaltet wird, ein Angebot zur vertraglichen Übernahme der Aufsichtspflicht liegen. Die selbstständige Gestaltung und Durchführung einer Geburtstagsfeier mit acht Kindern im Alter von acht  Jahren bringe erhebliche Mühe und Verantwortung mit sich und werde nicht als alltägliche Gefälligkeit übernommen.6

Vertragspartner ist auf der einen Seite der Veranstalter als juristische Person. Dies kann beispielsweise ein eingetragener oder nicht ­eingetragener Verein, eine Kirchengemeinde oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein (Abschn. 3.1.1). Mitarbeiter, die das Angebot tatsächlich durchführen, sollten es auf jeden Fall vermeiden, selbst als Vertragspartner aufzutreten oder auch nur einen solchen Anschein zu erwecken. Andernfalls drohen ihnen privat erhebliche Haftungsrisiken. Zweite Vertragspartei kann entweder der Teilnehmer selbst oder seine Erziehungsberechtigten sein. Beides ist rechtlich möglich, doch spricht in der Regel vieles dafür, den Vertrag mit den Erziehungsberechtigten zu schließen. Für welche Variante sich ein Veranstalter entscheidet, kann aber von unterschiedlichen Aspekten abhängen. Tipp: Der richtige Vertragspartner Bei Angeboten für Kinder oder bei sehr teuren Angeboten sollten stets die Erziehungsberechtigten als Vertragspartner eingebunden werden. Dies hat den Vorteil, dass auch sie und nicht etwa die Kinder den Teilnehmerbeitrag zahlen müssen oder für Schäden haften. Will man dagegen bei älteren Jugendlichen deren Eigenverantwortlichkeit betonen, so können sie auch selbst als Vertragspartner auftreten. Bis zur Volljährigkeit benötigen sie dazu allerdings grundsätzlich die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter.

 Vgl. BGH – VI ZR 135/67 –, NJW 1968, 1874.  Vgl. OLG Celle – 9 U 36/86 – NJW-RR 1987, 1384.

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Sollen minderjährige Teilnehmer selbst Vertragspartner werden, so setzt dies in den meisten Fällen die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter voraus. Denn Kinder unter sieben Jahren sind gänzlich geschäftsunfähig und auch zwischen sieben und 17 Jahren sind sie nur beschränkt geschäftsfähig (Abschn.  2.3.1.1). Beschränkt Geschäftsfähige können Willenserklärungen, die aus rechtlicher Sicht für sie nicht nur vorteilhaft sind, nur mit Zustimmung ihrer Eltern wirksam abgeben. Mit der Anmeldung zu einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit sind in aller Regel rechtlich nicht nur Vorteile verbunden, sondern oft auch die Verpflichtung, einen Teilnehmerbeitrag zu zahlen. Dann kommt es auf die Zustimmung der Erziehungsberechtigen an, sofern der Minderjährige den Teilnehmerbeitrag nicht von seinem Taschengeld sofort zahlt. Zudem ist noch aus einem zweiten Grund meist das Einverständnis der Erziehungsberechtigten erforderlich. Denn oft muss mit der Anmeldung eine Reihe von Einwilligungen erteilt werden, um Teile des Erziehungsrechts auf den Veranstalter zu übertragen oder damit dieser etwa Fotos veröffentlichen darf. Jedenfalls bei Fahrten mit Übernachtung ist zudem das Recht der Erziehungsberechtigten berührt, über den Aufenthaltsort ihres Kindes zu bestimmen. Solche Fahrten sollten daher in keinem Fall ohne Wissen und Zustimmung der Erziehungsberechtigten angetreten werden. Hier kommt erneut das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern ins Spiel (Abschn. 2.1). Grundsätzlich haben primär die Eltern die Pflicht und das Recht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Diese elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (sogenannte Personensorge) und für das Vermögen des Kindes (sogenannte Vermögenssorge). Sie steht den rechtlichen Eltern zu. Das sind die Mutter des Kindes und ihr Ehemann, wenn beide bei der Geburt verheiratet waren. Bei unehelichen Kindern besitzt der Vater das Sorgerecht nur, wenn Vater und Mutter eine entsprechende unwiderrufliche Sorgerechtserklärung öffentlich beurkundet abgegeben haben; ansonsten hat die Mutter die elterliche Sorge allein. Besitzen beide Eltern das Sorgerecht, so haben sie dieses in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Insbesondere

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besitzen sie das Recht, ihr Kind beim Abschluss von Verträgen zu vertreten, in der Regel gemeinschaftlich. Diese sogenannte Gesamtvertretung bedeutet, dass grundsätzlich beide Elternteile zustimmen müssen, damit ihr Kind wirksam vertreten wird. Allerdings müssen dazu nicht stets beide Elternteile jeden Vertrag unterschreiben, sondern sie können sich dabei wiederum gegenseitig vertreten, sofern der andere Elternteil einverstanden ist. Für den Veranstalter als Außenstehenden ist im Übrigen meist kaum erkennbar, wem das Sorgerecht für ein Kind überhaupt zusteht. Jedenfalls bei Unstimmigkeiten oder Zweifeln kann es sich aber empfehlen, mit dem zweiten Elternteil oder anderen Vertrauten Rücksprache zu halten. Bei der Anmeldung zu einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit können beide Bereiche der elterlichen Sorge berührt werden: die ­Personensorge und die Vermögenssorge. Die Personensorge umfasst die tatsächliche Sorge für alle persönlichen Angelegenheiten des Kindes. Sie betrifft also die Frage, wo ein Kind wohnt und sich sonst aufhält, mit wem ein Kind Umgang hat, welche Schule es besucht und welche ärztlichen Eingriffe vorgenommen werden dürfen, wobei dem Kind je nach Urteilsfähigkeit ein Vetorecht zusteht. Grundsätzlich dürfen die Eltern kraft ihrer Personensorge auch bestimmen, wie ihr Kind religiös erzogen wird, wobei das Kind ab zwölf Jahren nicht mehr zu einem Bekenntniswechsel gezwungen werden und ab 14 Jahren selbst bestimmen darf, wie es sein religiöses Leben gestaltet (Religionsmündigkeit). Ferner ist die Personensorge berührt, wenn Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergriffen werden müssen, um etwa sexuellen Missbrauch oder Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch rechtswidrige Einträge in sozialen Medien abzuwehren. Rechtlich betrachtet liegt in diesen zuletzt genannten Bereichen keine Vertretung des Kindes durch seine Eltern vor. Daher handeln die Eltern im eigenen Namen, wenn sie in diesen Zusammenhängen Einwilligungen erteilen oder Verbote aussprechen. Deswegen ist auch bei älteren Jugendlichen eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten erforderlich, solange die Teilnehmer noch nicht volljährig sind. Demgegenüber betrifft die Vermögenssorge für das Kind eher finanzielle Aspekte. Die Eltern verwalten  – abgesehen von einem etwaigen Taschengeld – das gesamte Vermögen des Kindes und sorgen dafür, dass

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dieses möglichst erhalten und vermehrt oder sonst sinnvoll eingesetzt wird. Die Vermögenssorge ist somit betroffen, wenn ein Teilnehmerbeitrag aus dem Vermögen des Kindes bezahlt werden soll. In diesem Bereich handeln die Eltern als gesetzliche Vertreter ihres Kindes. Melden die Eltern ihr Kind nun zu einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit an und bestätigt der Veranstalter diese Anmeldung, so kommt ein Vertrag zwischen allen Beteiligten zustande. Ein solcher Vertrag enthält Regelungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen: So verpflichten sich die Teilnehmer oder ihre Erziehungsberechtigten oft, ein Entgelt zu zahlen. Außerdem könnte die Anmeldung die Pflicht der Eltern vorsehen, ihr Kind nur frei von Krankheiten an einer Fahrt teilnehmen zu lassen oder es bei Regelverstößen auf eigene Kosten wieder abzuholen. Als Nebenpflicht obliegt es den Eltern außerdem, den ­Veranstalter über Unarten oder Besonderheiten ihres Kindes zu informieren, wenn sich daraus Gefahrenlagen ergeben können, die über das übliche Maß hinausgehen. Da erfahrungsgemäß nicht alle Eltern dafür ein ausgeprägtes Bewusstsein haben, sollte diese Verpflichtung gegebenenfalls ausdrücklich in der Anmeldung festgehalten werden. Die Eltern erteilen in Ausübung ihrer Personensorge außerdem bestimmte Einwilligungen und übertragen einzelne Entscheidungsbefugnisse auf den Veranstalter. Je nach Angebot können dazu etwa folgende Aspekte der Personensorge zählen: • Pflege: Gewährleistung einer angemessenen Verpflegung und Körperpflege • Medizinische Sorge: Gewährleistung einer medizinisch angemessenen Versorgung bei Krankheiten und Notfällen • Erziehung: Förderung der Entwicklung des Minderjährigen etwa in musikalischer, sportlicher oder religiöser Hinsicht sowie in Aspekten des sozialen Miteinanders einschließlich pädagogisch sinnvoller Sanktionen bei Regelverstößen • Aufsicht: Schutz des Minderjährigen vor Gefahren sowie Vermeidung von schädigenden Handlungen durch den Minderjährigen • Aufenthaltsbestimmung: Entscheidung, wo genau sich ein Minderjähriger im Rahmen einer Veranstaltung aufhalten darf, und Sorge, dass kein Teilnehmer verloren geht

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Der Veranstalter verpflichtet sich im Gegenzug, das in der Anmeldung näher benannte Angebot gewissenhaft durchzuführen. Insbesondere begründen die zuletzt genannten Aspekte des elterlichen Erziehungsrechts gleichermaßen ein Recht und eine Pflicht des Veranstalters. Er muss eine hinreichende Aufsicht über die Minderjährigen sicherstellen, sie angemessen versorgen und darf die dazu notwendigen und angemessenen Schritte unternehmen. Grundlage und Voraussetzung einer wirksamen Übertragung von Personensorgebefugnissen ist eine hinreichende Informationsbasis. Den Veranstalter trifft insoweit eine Aufklärungspflicht. Er muss die Erziehungsberechtigten also vor der Anmeldung darüber informieren, was für eine Art von Veranstaltung geplant ist. Dies bezieht sich einerseits auf die organisatorischen Rahmendaten, also die genauen Anfangs- und Endzeiten, etwaige Treffpunkte sowie Hinweise zur Übernahme der Aufsichtspflicht. Weiterhin sind jedenfalls bei größeren Aktivitäten auch inhaltliche Informationen zum Programm erforderlich, damit die Erziehungsberechtigten die Tragweite ihrer Anmeldeentscheidung richtig einschätzen können. Diesbezüglich kann auf eine aussagekräftige Ausschreibung Bezug genommen werden. Es müssen nicht alle Angaben in einem Anmeldeformular wiederholt werden. Spätere Änderungen der Planung bleiben möglich, doch müssen die Eltern bei gravierenden Abweichungen erneut informiert werden. Unter Umständen haben sie in solchen Fällen ein Sonderkündigungsrecht. Besonders ausführliche Informationspflichten gelten, wenn eine Jugendfahrt insgesamt als Pauschalreise im Sinne des Reiserechts zu beurteilen ist (Abschn. 2.3.1.3  „Pauschalreisevertrag“). Auch sonst kann es empfehlenswert sein, sich als Veranstalter an den für Pauschalreisen vorgeschrieben Informationen zu orientieren. Schon die Anmeldung sollte Regelungen für den Fall enthalten, dass ein Teilnehmer eine Fahrt aus welchen Gründen auch immer nicht antritt (Abschn. 3.1.2.3). Bei größeren Aktivitäten ist zu überlegen, ob man sich schon mit der Anmeldung eine Kopie des Kinder- oder Personalausweises der Teilnehmer aushändigen lässt (Abschn. 3.2.3). Ein Musterformular für eine Anmeldung zu einem Ferienlager findet sich im 4. Kapitel (Abschn. 4.1).

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3.1.2.2  Aufsichtspflicht als Konsequenz Minderjährige sind unabhängig von ihrem Alter stets aufsichtsbedürftig (Abschn. 2.3.2.2). Primär sind die Eltern dafür zuständig, ihre Kinder zu beaufsichtigen. Diese Aufsichtspflicht ist gesetzlich begründet. Die Eltern sollen vermeiden, dass die Kinder geschädigt werden oder andere schädigen. Gänzlich abgeben können sie diese Aufsichtspflicht nie, solange ihre Kinder minderjährig sind. Allerdings genügen die Eltern ihrer Pflicht möglicherweise schon dadurch, dass sie eine andere zuverlässige Person mit der Aufsicht betrauen. Dies können etwa die Großeltern, Nachbarn oder auch ein Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit sein. Melden die Eltern ihr Kind zu einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit an, so wird dadurch in der Regel eine vertragliche Aufsichtspflicht des Veranstalters begründet. Dies muss nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt werden, sondern ist auch stillschweigend möglich. Hier wird erneut die Abgrenzung zur bloßen Gefälligkeit relevant. Wer ein fremdes Kind nur kurzfristig und unentgeltlich beaufsichtigt, kann in der Regel nicht haftbar gemacht werden, wenn das Kind einen Schaden verursacht (siehe schon Abschn.  3.1.2.1). Ferner kann die ­vertragliche Aufsichtspflicht auch durch eine diesbezügliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Bisweilen findet sich dazu in Anmeldeformularen besonders für Fahrten mit älteren Jugendlichen der ausdrückliche Hinweis, dass der Veranstalter „keine Aufsichtspflicht im Sinne von § 832 BGB“ übernehme. Dann bleibt die Aufsichtspflicht bei den Erziehungsberechtigten. Allerdings muss ein Veranstalter oder sonst Beteiligter auch in diesen Fällen trotzdem einschreiten, wenn sich für ihn konkrete Anhaltspunkte ergeben, dass Minderjährige konkret gefährdet sind oder andere gefährden könnten. Kinder dürfen auch in Gefälligkeitsverhältnissen nicht gänzlich sich selbst überlassen werden. Bleibt ein Beaufsichtigender schuldhaft untätig und wird dadurch ein Schaden verursacht, so macht er sich ersatzpflichtig.

3  Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit 

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Beispielsfall: Wurfgeschoss im Kinderzimmer Der elfjährige Max ist bei seinem neunjährigen Freund Moritz zu Besuch. Beide spielen im Kinderzimmer. Die Eltern von Moritz lassen das zu, ohne eine besondere Aufsichtspflicht übernehmen zu wollen. Sie sind im Nachbarraum und schauen nur gelegentlich bei den Kindern nach dem Rechten. Bei den Spielsachen finden die Kinder ein Fernglas, mit dem sie die Menschen auf der Straße beobachten wollen. Dabei lässt Max das Fernglas versehentlich aus dem Fenster im ersten Stock auf die Straße fallen. Das Fernglas trifft die vorbeigehende Gudrun und verletzt sie. Gudrun verlangt von Moritz‘ Eltern Schadensersatz. Zu Recht? Lösungshinweise: Moritz‘ Eltern haben den Besuch von Max lediglich aus Gefälligkeit zugelassen und dadurch keine Aufsichtspflicht im Sinne von § 832 BGB (Abschn. 2.3.2.2) übernommen. Sie haften nur, wenn für sie eine Pflicht zum Handeln bestand. Es stellt sich also die Frage, ob sie Vorkehrungen treffen mussten, um zu verhindern, dass Max für kurze Zeit allein im Kinderzimmer war und in dieser Zeit schädigende Handlungen begehen konnte. Unter normalen Umständen gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Eltern dürfen zwei neun- und elfjährige Kinder einige Zeit ohne unmittelbare Aufsicht lassen. Allenfalls könnte die Pflicht bestehen, die Fenster zu verschließen oder gefährliche Gegenstände wie ein Fernglas besser zu sichern.

Hat ein Veranstalter vertraglich eine Aufsichtspflicht übernommen, so findet in der Praxis meistens eine stillschweigend vereinbarte Übertragung auf die Mitarbeiter des Veranstalters statt. Diese sind dann dafür zuständig, die tatsächliche Aufsichtsführung zu gewährleisten (Abb. 3.1). Um Streit zu vermeiden, empfiehlt es sich, genaue Absprachen zum zeitlichen Rahmen der Aufsichtspflicht zu treffen. Die Erziehungsberechtigten müssen klar und unmissverständlich erkennen können, wann und wo die Aufsichtspflicht des Veranstalters beginnt und endet und wo im Umkehrschluss die Grenze ihres eigenen Verantwortungsbereichs verläuft.7 Unproblematisch gehört der Weg zum Veranstaltungsort meistens zum Verantwortungsbereich der Eltern. Dagegen sollte klarer vereinbart  Vgl. aus dem Schulrecht BSG – B 2 U 8/16 R –, NJW 2018, 1418.

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Aufsichtspflicht

Eltern

Vertrag

Vertrag

Mitarbeiter

Geseliche Aufsichtspflicht

Vertragliche Aufsichtspflicht Kind

Abb. 3.1  Aufsichtspflicht

werden, wie die Teilnehmer von Gruppenstunden und Trainingsangeboten nach dem Ende einer Veranstaltung wieder nach Hause kommen. Werden Kinder von den Erziehungsbeauftragten abgeholt, so endet damit die Aufsichtspflicht. Wollen befreundete Eltern neben ihrem eigenen auch noch ein fremdes Kind abholen, so ist dies im Zweifel vorher mit den Erziehungsberechtigten abzusprechen. Erst recht gilt dies, wenn die Teilnehmer den Veranstaltungsort alleine verlassen dürfen sollen. Die Aufsichtspflicht des Veranstalters endet dann nur, wenn die Erziehungsberechtigten dem ausdrücklich oder mindestens konkludent zugestimmt haben. Andernfalls darf der Veranstalter minderjährige Teilnehmer nach Veranstaltungsende nicht einfach sich selbst überlassen. Holen die Eltern einen Teilnehmer absprachewidrig nicht ab, so verhalten sie sich vertragswidrig. Gleichwohl bleibt der Veranstalter in der Pflicht, eine hinreichende Aufsicht zu gewährleisten. Kommen die Eltern wiederholt nicht zum vereinbarten Treffpunkt, so bleibt dem Veranstalter nur die Möglichkeit, den zugrunde liegenden Vertrag zu kündigen und

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das betroffene Kind nicht mehr als Teilnehmer zuzulassen. Entstehen dem Veranstalter durch die verlängerte Betreuung Kosten, so kann er diese gegebenenfalls von den Erziehungsberechtigten ersetzt verlangen.8 Problematisch ist auch der Fall, wenn ein Elternteil vorzeitig sein Kind abholen will und dies dem Willen des anderen Elternteiles offensichtlich widerspricht. Wenn die Eltern – wie im Regelfall – das Personensorgerecht gemeinsam haben, können sie ihren Anspruch auf Herausgabe des Kindes (§  1632 Abs.  1 BGB) grundsätzlich nur gemeinsam ausüben. Dazu reicht es aus, dass ein Elternteil einverstanden ist, dass der andere den Herausgabeanspruch alleine durchsetzt. Widerspricht hingegen ein mitsorgeberechtigter Elternteil, so ist der Herausgabeanspruch abzuweisen.9 Anderes gilt nur, wenn einem Elternteil eine gerichtlich anerkannte Alleinentscheidungsbefugnis zusteht. Der Aufsichtspflichtige soll unterschiedliche Gefahren im Blick haben und Schäden vermeiden. Zum einen sollen sich aufsichtsbedürftige Minderjährige nicht selbst schädigen. Kommt es doch zu einer Verletzung, muss möglicherweise der Aufsichtspflichtige dem geschädigten Minderjährigen seinen Schaden ersetzen. Damit hängt zusammen, dass Aufsichtsbedürftige nicht durch unbeteiligte Dritte geschädigt werden sollen. Andernfalls könnte sich auch in dieser Konstellation der Aufsichtspflichtige schadensersatzpflichtig machen, wenn er eine besonders riskante Situation herbeigeführt hat. Schließlich sollen aufsichtsbedürftige Minderjährige nicht andere schädigen (Abschn. 2.3.2.2). Ausgehend von dem Ziel, Schäden beim Minderjährigen und bei Dritten möglichst zu vermeiden, sind verschiedene Bestandteile der Aufsichtspflicht zu unterscheiden. Dazu zählen: • Die Pflicht zur umfassenden Information verlangt, dass sich der Aufsichtspflichtige vor Beginn jeder Veranstaltung umfassend informiert. Er muss sowohl die besonderen Risiken seiner Programmgestaltung und des Veranstaltungsortes kennen als auch maßgebliche Eigenschaften und

 Vgl. ausführlicher zu Kindertagesstätten Hundmeyer/Pimmer-Jüsten (2015) Aufsichtspflicht, 25 ff.  Vgl. Götz, in: Palandt (2019) BGB, §  1632 Rn.  3; anders dagegen: Hundmeyer/Pimmer-Jüsten (2015) Aufsichtspflicht, 29. 8 9

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Fähigkeiten seiner Kinder und Jugendlichen. Dazu empfiehlt es sich je nach Veranstaltung, dass sich der Verantwortliche vorab mit den Gegebenheiten vor Ort im Rahmen einer Vortour vertraut macht oder mit Ortskundigen über die besonderen Gefahren spricht. Dabei gilt es zu erkunden, wie sicher ein Gebäude oder die Außenanlagen sind, wo sich Notausgänge und Erste-Hilfe-­Einrichtungen befinden, ob gefährliche Straßen oder Gewässer in der Nähe liegen, ob (etwa in den Bergen) besondere Wetterrisiken drohen usw. Wenn das Programm besondere Risiken birgt, sollte sich der Verantwortliche vorab informieren, ob bestimmte Regeln oder Sicherheitsrichtlinien zu beachten sind. So setzt die Teilnahme am Straßenverkehr selbstverständlich voraus, dass der Aufsichtspflichtige mit den Regeln der Straßenverkehrsordnung hinreichend vertraut ist. Wer schwimmen gehen möchte, sollte grundlegende Baderegeln kennen. Schließlich ist es von Vorteil, die zu beaufsichtigenden Kinder und Jugendlichen möglichst gut zu kennen. Dazu muss der Verantwortliche mindestens deren Alter kennen. Weiterhin sollte er sich bei den Erziehungsberechtigten über Krankheiten, Allergien oder relevante Fähigkeiten und Defizite (je nach Anlass etwa Schwimmkenntnisse, Trittsicherheit für größere Wanderungen, Aufmerksamkeitsdefizite usw.) informieren. Diese persönlichen Informationen einzuholen, ist nicht immer ganz einfach, weil nicht alle Eltern dazu von sich aus das Gespräch suchen. Deshalb sollten die Erziehungsberechtigten schon in der Anmeldung zu einer Veranstaltung verpflichtet werden, dem Veranstalter alle maßgeblichen Informationen von sich aus – am besten schriftlich – mitzuteilen. • Die Pflicht zur Vermeidung oder Beseitigung von Gefahrenquellen bedeutet, dass der Aufsichtspflichtige Gefahren meiden sollte, sofern dies mit zumutbaren Mitteln möglich ist. Was dies in der Praxis bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein. Feuerzeuge, Messer, Werkzeuge oder andere gefährliche Gegenstände müssen etwa so aufbewahrt werden, dass kleine Kinder sie nicht ohne Aufsicht erreichen können. Als Wanderroute sollte möglichst keine viel befahrende Straße ohne Fußweg gewählt werden. • Auf verbleibende Gefahren muss der Aufsichtspflichtige sodann hinweisen und die Minderjährigen vor ihnen warnen.

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• Die Pflicht zur tatsächlichen Aufsichtsführung beziehungsweise zur Kontrolle verlangt, dass der Aufsichtspflichtige sich fortlaufend vergewissert, dass seine Erklärungen und Warnungen verstanden wurden und dass seine Ge- und Verbote beachtet werden. Minderjährige nur im Vorfeld zu instruieren und sie dann gänzlich sich selbst zu überlassen, wird seiner Verantwortung nicht gerecht. Vielmehr muss der Aufsichtspflichtige tatsächlich in der Nähe sein und je nach Gruppengröße gegebenenfalls weitere Helfer verpflichten. Wie engmaschig die Kontrolle sein muss, wird sogleich in Abhängigkeit von weiteren Faktoren noch zu erörtern sein. • Schließlich obliegt es dem Aufsichtspflichtigen, in gefährlichen Situationen einzugreifen. Er muss seine Anweisungen mit geeigneten Mitteln durchsetzen, bei Regelverstößen Sanktionen aussprechen und im äußersten Fall eine Veranstaltung abbrechen. Allerdings steht die Fürsorge- und Aufsichtspflicht in einem Spannungsverhältnis zu dem Ziel, Minderjährige zur Selbstständigkeit zu erziehen. Auf diesen Zielkonflikt wurde bereits hingewiesen (Abschn.  2.3.2.2). Schon deshalb hängt es von unterschiedlichen Faktoren ab, welches Maß an Aufsicht im Einzelfall notwendig ist. Zu berücksichtigen sind dabei in jedem Fall: • Das Alter der Aufsichtsbedürftigen: Als Pauschalregel lässt sich festhalten, dass jüngere Kinder eine intensivere Aufsicht benötigen als ältere. • Der Charakter und die allgemeine Erziehung der Aufsichtsbedürftigen: Es spielt eine Rolle, ob die Aufsichtsbedürftigen Anweisungen der Aufsichtspflichtigen prinzipiell Folge leisten oder ob mit Widerworten und disziplinarischen Problemen zu rechnen ist. • Die Gefährlichkeit der konkreten Situation: Als Pauschalregel gilt, dass in riskanten oder unbekannten Situationen ein intensiveres Maß an Aufsicht erforderlich ist als in überschaubaren und eingeübten Situationen. Alle genannten Kriterien stehen zueinander in Beziehung und sie können sich gegenseitig beeinflussen. Konkrete Anforderungen an die ­Ausübung

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der Aufsichtspflicht lassen sich daher nur mit Blick auf eine konkrete Gruppe von Aufsichtsbedürftigen bestimmen. Immer wieder gewünscht, aber aus den genannten Gründen kaum seriös zu beantworten ist vor allem die Frage nach einem vorgeschriebenen Betreuer-Teilnehmer-Verhältnis. Einen allgemein gültigen Betreuerschlüssel, der vorschreiben würde, wie viele Betreuer pro Teilnehmer mindestens vorhanden sein müssen, gibt es nicht. Als Anhaltspunkt können aber die Förderrichtlinien dienen, die festschreiben, wann eine Veranstaltung finanziell gefördert werden kann. Beispiel: Betreuungsschlüssel So sieht der Kirchliche Jugendplan des Erzbistums Köln vor, dass für Veranstaltungen mit bis zu 14 Teilnehmen zwei Betreuer gefördert werden; darüber hinaus wird für je sieben weitere Teilnehmer ein Betreuer bezuschusst. Für eine Fahrt mit 20 Teilnehmern wären danach drei Betreuer angemessen. In nordrhein-westfälischen Kindergärten dürfen je nach Gruppenform bis zu 25 Kinder ab dem Alter von drei Jahren von einer Fachkraft und einer Ergänzungskraft beaufsichtigt werden.10

Genauere Angaben sind auch deshalb schwierig, weil neben den Teilnehmern und dem Programm noch zu berücksichtigen ist, welche Qualifikation die Mitarbeiter besitzen (Abschn. 3.1.4.1). Trotzdem hat die Rechtsprechung auch zur Intensität der Aufsicht genauere Anforderungen formuliert. Danach müssen normal entwickelte Kinder ab einem Alter von etwa vier Jahren nicht mehr auf Schritt und Tritt überwacht werden. Sie dürfen vielmehr für eine gewisse Zeit ohne unmittelbare Einwirkungsmöglichkeiten und Aufsicht gelassen werden, um sich selbstständig entwickeln zu können. Soll im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, so sollte sich der Veranstalter zuvor das ausdrückliche Einverständnis der Erziehungsberechtigten einholen. Ein solches Einverständnis entlässt den Veranstalter allerdings nicht aus seiner Aufsichtspflicht. Jede anders lautende Vereinbarung wäre ein verbotener Vertrag zulasten Dritter. Denn die Aufsichtspflicht soll ja  Vgl. Anhang zu § 19 Kinderbildungsgesetz NRW.

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nicht zuletzt unbeteiligte Dritte davor schützen, von einem Minderjährigen geschädigt zu werden. Deswegen haftet der Veranstalter, wenn der Minderjährige einen Schaden verursacht, weil der Veranstalter seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist. Daran vermag das Einverständnis eines Erziehungsberechtigten nichts zu ändern. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass normal entwickelte Kinder im Alter von fünf Jahren zwar ohne ständige Überwachung im Freien spielen dürfen; sie müssen dabei aber regelmäßig überwacht werden. Dies gilt etwa für Spielplätze, Sportgelände oder in verkehrsarmen Straßen und auf Bürgersteigen. Dafür wird ein Kontrollabstand von 15 bis 30 Minuten als zulässig angesehen, wenn sich die Kinder bislang unauffällig verhalten haben. Dagegen sei ein Zeitraum von mehr als 40 Minuten ohne unmittelbare Aufsicht selbst dann zu lang, wenn die Eltern dem Kind verboten haben, einen bestimmten Spielplatz zu verlassen.11 Kinder ab einem Alter von sieben Jahren müssen dagegen grundsätzlich nicht mehr in kurzen Zeitabständen regelmäßig kontrolliert werden. Sie dürfen auch ohne unmittelbare Aufsicht im Freien spielen, selbst wenn die Aufsichtspflichtigen dann nicht mehr sofort eingreifen können. Dass es zwischen einem zehn- und einem elfjährigen Teilnehmer zu einem Konflikt kommt, bei dem einer der beiden verletzt wird, ohne dass die Aufsichtspflichtigen das Geschehen unmittelbar gesehen haben, heißt also nicht zwangsläufig, dass die Aufsichtspflicht verletzt wurde.  Allerdings müssen die Aufsichtspflichtigen die Eigenheiten der Kinder und ihren Erziehungsstand berücksichtigen, um zuvor die notwendigen Regeln aufstellen und deren Einhaltung überwachen zu können.12 Beispiel: Umfang der Aufsichtspflicht Bei einem normal entwickelten Siebenjährigen reicht es für die die Erfüllung der Aufsichtspflicht aus, ihn allgemein anzuhalten, fremdes Eigentum zu achten. Er darf dann ohne unmittelbare Aufsicht zum Spielen auf einen Spielplatz gehen und kann von sich aus verstehen, dass er nicht fremde Autos mit Glasscherben verkratzen darf. Im zu entscheidenden Fall hatten

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 Vgl. BGH – VI ZR 51/08 –, NJW 2009, 1952 (1953).  Vgl. BGH – VI ZR 199/08 –, NJW 2009, 1954 (1955).

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ein Fünf- und ein Siebenjähriger einen Spielplatz verlassen und auf dem benachbarten Parkplatz 17 Autos beschädigt. Während die allgemeine Belehrung im Fall des Siebenjährigen ausreichte, nahm der Bundesgerichtshof für die Eltern des Fünfjährigen eine Aufsichtspflichtverletzung an: Sie hätten häufiger kontrollieren müssen, was ihr Kind tat. Nicht ausreichend ist es ferner, wenn Eltern ihren sechs jährigen Sohn über mehrere Stunden hinweg unbeaufsichtigt auf einem Schulhof spielen lassen. Während andere Kinder in dieser Zeit mit Papierfliegern spielten, warf ein Junge Holzstückchen über einen Zaun auf parkende Autos, die dadurch beschädigt wurden. Die Eltern mussten dafür haften. Ob der Junge die Autos hatte sehen können, spielte für die Entscheidung keine Rolle. Bei einer so langen Verweildauer muss damit gerechnet werden, dass ein Kind im Grundschulalter sich von anderen dazu verleiten lässt, Streiche zu begehen, die andere schädigen.13

Erst Recht sind der Überwachung bei Jugendlichen naturgemäß Grenzen gesetzt. Sie brauchen in der Regel nicht ständig beaufsichtigt zu werden. Deswegen ist bei fast 16-jährigen Gymnasiasten davon auszugehen, dass sie sich auch unter erschwerten Umständen im Straßenverkehr zurechtfinden. Das gilt nur dann nicht, wenn bei den betroffenen Jugendlichen davon auszugehen ist, dass sie sich den Belehrungen der Aufsichtspflichtigen verschließen, die Erfahrungen des Lebens mit seinen Gefahren nicht in sich aufnehmen und ihr Verhalten nicht altersentsprechend danach ausrichten. In jedem Fall aber kann und muss sich der Aufsichtspflichtige auch bei Jugendlichen über 16 Jahren bemühen, Einfluss auf die Lebensführung zu nehmen und sie möglichst vom Umgang mit Menschen abzuhalten, die sie in schlechter Weise beeinflussen oder gar zur Begehung von Straftaten anreizen könnten. Er sollte stets eine zumindest ungefähre Vorstellung davon haben, wie Jugendliche ihre Freizeit gestalten. Wenn besondere Umstände dies gebieten, weil beispielsweise bestimmte Örtlichkeiten besondere Gefahren mit sich bringen, muss die Freizeitgestaltung auch überwacht werden. Auch Jugendliche mit psychischen Störungen müssen in besonderer Weise kontrolliert werden.14 Welche Maßnahmen im einzelnen zumutbarerweise zu treffen sind, lässt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilen.  Vgl. OLG Düsseldorf – I-19 U 32/13 –, NJW-RR 2014, 1496 Rn. 20.  Vgl. zur Aufsichtspflicht einer psychiatrischen Klinik BGH – III ZR 172/82 –, NJW 1985, 677 (679).

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Beispielfall: Ein neuer Stern List Leiterin eines Pfadfinderlagers mit rund 50 Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 13 Jahren. Zu Beginn des Lagers hat sie alle Teilnehmer über die Lagerregeln belehrt und auch darauf hingewiesen, dass selbstverständlich niemand strafbare Handlungen begehen dürfe. Als eine Gruppe von sechs Jugendlichen das Lager für die Mittagspause verlassen möchte, erlaubt L dies unter der Bedingung, dass die Gruppe mindestens zu dritt zusammenbleibe. Dem haben die Eltern im Vorfeld zugestimmt. Am folgenden Tag erlaubt sie derselben Gruppe noch einmal, das Lager für ein paar Stunden zu verlassen. Weitere Schritte unternimmt sie nicht. Schließlich werden die Jungen von der Polizei ins Lager zurückgebracht. Sie hatten mindestens 23 Fahrzeuge beschädigt und versucht, einen Mercedes-Stern vom Auto eines Nachbarn abzubrechen. Die Autoeigentümer verlangen Schadensersatz von L. Zu Recht? Lösungshinweise: L hatte als Leiterin eines Ferienlagers die Aufsichtspflicht über die minderjährigen Teilnehmer. Es oblag ihr, alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu unternehmen, damit Dritte nicht durch ihre Aufsichtsbedürftigen geschädigt würden. Daran konnte auch das Einverständnis der Erziehungsberechtigten zu Stadtgängen in Kleingruppen nichts ändern. Ihrer Aufsichtspflicht ist L nicht hinreichend nachgekommen. Die bloß allgemeine Belehrung am ersten Tag des Ferienlagers sowie die Beschränkung auf Kleingruppen genügten nicht. L hätte berücksichtigen müssen, dass noch so eindringliche Verbote in der Atmosphäre eines Ferienlagers schnell in Vergessenheit geraten beziehungsweise verdrängt werden. Gerade die Atmosphäre und Dynamik eines Ferienlagers kann die Teilnehmer zu Abenteuerspielen oder auch zu Mutproben und Straftaten verführen. Deswegen hätte L sich beispielsweise bei den betroffenen Jugendlichen erkundigen sollen, was sie in ihrer Freizeit unternehmen wollten. Dies hätte stichprobenartig kontrolliert werden müssen. Außerdem hätte L die Freizeit zeitlich stärker begrenzen sollen.15

In ihrem Umfang entspricht die Aufsichtspflicht des Veranstalters und seiner Mitarbeiter über minderjährige Kinder der elterlichen Aufsichtspflicht.16 Die Testfrage lautet deswegen stets, was verantwortungsbewusste Eltern in der konkreten Situation unternehmen würden. Mehr ist auch von einem Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit nicht zu erwarten. Das schließt freilich nicht aus, dass auch Eltern ­berücksichtigen würden, ob ihr Kind alleine Zuhause ist oder mit einer Gruppe von

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 Vgl. LG Landau – 1 S 105/00 –, NJW 2000, 2904.  Vgl. BGH – III ZR 172/82 –, NJW 1985, 677 (678); OLG Köln, NJW-RR 2016, 401.

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Gleichaltrigen unterwegs ist, die ihr Verhalten gegenseitig (negativ) beeinflussen können und deswegen eine strengere Aufsicht benötigen.17 Wichtig: Testfrage zur Aufsichtspflicht Bei Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Aufsichtspflicht sollten sich der Veranstalter und seine Mitarbeiter stets fragen: Was würden verantwortungsbewusste Eltern mit Blick auf das konkrete Kind und die jeweilige Situation unternehmen, um ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen?

Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung seiner Aufsichtspflicht tragen der Veranstalter und seine Mitarbeiter. Dementsprechend sollte der Veranstalter von vornherein dokumentieren, wie er seine Mitarbeiter ausgewählt und qualifiziert hat. Nachweise über Gruppenleiterschulungen oder ähnliche Fortbildungen sollten deswegen aufbewahrt werden. Kommt es zu einem Schaden, sollten auch die Mitarbeiter baldmöglichst schriftlich notieren, was sie unternommen hatten, um den Schaden zu verhindern. Solche Notizen erleichtern später die Argumentation, wenn es zum Streit über eine Situation kommt. Checkliste zur Aufsichtspflicht • • • • • • • •

Ausreichende Anzahl von Betreuern Qualifikation der Betreuer Alter der Teilnehmer und Betreuer Geschlecht der Teilnehmer und Betreuer Sichere Unterkunft Besondere Gefahrenquellen (Wasser, Fenster) Unübersichtliche Lage (Zeltplätze) Aufstellung klarer, schriftlich fixierter Lagerregeln einschließlich möglicher Sanktionen • Verpflichtung aller Teilnehmer auf die Lagerregeln • Überwachung und gegebenenfalls Durchsetzung der Lagerregeln • Klare Zuständigkeiten für die Aufsicht, dazu gegebenenfalls Einteilung von Kleingruppen

 Vgl. LG Landau – 1 S 105/00 –, NJW 2000, 2904 (2905).

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3.1.2.3  Kündigungsrechte Durch die Entgegennahme oder Bestätigung einer Anmeldung verpflichtet sich der Veranstalter, die fragliche Veranstaltung der Kinder- und Jugendarbeit durchzuführen. Er kann diese dann nicht ohne Weiteres wieder absagen. Das ist insbesondere für Fahrten mit Übernachtung interessengerecht, da oftmals die Eltern der Teilnehmer eigene Dispositionen treffen und darauf vertrauen dürfen, dass ein geschlossener Vertrag Bestand hat. Eine Kündigung des Vertrages zwischen Veranstalter und Teilnehmern ist daher nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die von der rechtlichen Einordnung des Vertrages abhängen. Demgegenüber kann sich der Veranstalter nicht etwa darauf berufen, dass seine Mitarbeiter nur ehrenamtlich tätig seien und er deswegen keine rechtliche Verpflichtung eingehen wollte. Ein Vertrag über die Durchführung von Gruppenstunden oder ähnlichen Angeboten, für die regelmäßig kein Entgelt zu zahlen ist, kann vom beauftragten Veranstalter grundsätzlich jederzeit gekündigt werden. Allerdings darf der Veranstalter nur in der Art kündigen, dass der Auftraggeber, also der Teilnehmer oder seine Erziehungsberechtigten, anderweitig Fürsorge treffen können. Es muss also eine Mindestfrist eingehalten werden, damit die Betreuung des betroffenen Teilnehmers gesichert ist. Andernfalls handelt es sich um eine Kündigung zur Unzeit, die zum Schadensersatz verpflichtet, sofern kein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Abwägung aller Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen. Bei weniger schwerwiegenden Kündigungsgründen ist zuvor eine Abmahnung erforderlich, die dem Vertragspartner die drohenden Konsequenzen eines weiteren Fehlverhaltens vor Augen führt. Die Kündigung kann nur innerhalb einer angemessenen Frist ausgesprochen werden, nachdem der Berechtigte vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Beispiele Ein wichtiger Kündigungsgrund könnte vorliegen, wenn alle vorgesehenen Betreuerinnen plötzlich schwanger sind oder wenn ansteckende Krankheiten zu erheblichen Gesundheitsrisiken für die Beteiligten führen. Begeht ein Teilnehmer im Laufe einer Veranstaltung eine vorsätzliche Straftat oder verstößt er erheblich gegen die Regeln des Zusammenlebens, kann auch das eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

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Soll ein Angebot nur durchgeführt werden, sofern eine bestimmte Mindesteilnehmeranzahl erreicht wird, so sollte dies von vornherein unter Bezugnahme auf den maßgeblichen Stichtag so vereinbart werden. Wollen die Erziehungsberechtigten einen Teilnehmer kurzfristig von einem Angebot wieder abmelden, so ist dies zwar möglich, sie müssen dann aber dem Veranstalter die bereits getätigten Aufwendungen ersetzen. Dazu zählen beispielsweise Übernachtungskosten, wenn der Veranstalter bereits eine Unterkunft gemietet hat und dort nun ein Schlafplatz ungenutzt bleibt. Für die Berechnung des Aufwendungsersatzes können im Vertrag allgemeine Regelungen getroffen werden, sodass etwa pauschal eine Anzahlung einbehalten wird (siehe aber die Hinweise zum AGB-Recht Abschn.  4.1). Ein weitergehender Anspruch auf Rückzahlung des Teilnehmerbeitrages besteht dann nur, soweit dem Veranstalter durch die Kündigung Aufwendungen erspart bleiben.

3.1.3 R  echtsverhältnis zwischen Veranstalter und Mitarbeitern Dass zwischen dem Veranstalter und den Teilnehmern von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit ein rechtliches Vertragsverhältnis besteht, ist den meisten Verantwortlichen bewusst. Für das Verhältnis zwischen dem Veranstalter und seinen Mitarbeitern gilt das nicht immer in gleichem Maße. Gleichwohl ist auch dieses Verhältnis rechtlich geformt. Ohne Weiteres ist dies einsichtig, wenn die Mitarbeiter ihre Tätigkeit nebenberuflich gegen Bezahlung ausüben. Dann sind sie meist Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten. Arbeitszeiten, Entlohnung und andere Fragen sollten dann schriftlich in einem Arbeitsvertrag vereinbart werden. Wohl überwiegend wird die Kinder- und Jugendarbeit in Vereinen und in den Kirchen dagegen durch ehrenamtlich tätige Mitarbeiter gestaltet. Allenfalls erhalten sie für ihre Tätigkeit eine geringe Aufwandsentschädigung. Wer dagegen gänzlich ohne Honorar arbeitet, schließt mit dem Veranstalter meist keine schriftlichen Verträge, sondern erklärt sich schlicht bereit, eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen. Da jede Leitungsaufgabe eine nennenswerte Verantwortung mit sich bringt, wird

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der Bereich der bloßen Gefälligkeit trotzdem in aller Regel überschritten sein. Rechtlich betrachtet liegt damit ein Auftragsverhältnis (§§ 662 ff. BGB) vor. Dadurch verpflichtet sich der Mitarbeiter als Auftragnehmer, bestimmte Aufgaben für den Veranstalter unentgeltlich zu übernehmen. Die fehlende Bezahlung unterscheidet also den Arbeitsvertrag vom Auftrag. Gleichwohl übernimmt der Mitarbeiter auch als Auftragnehmer die Aufsichtspflicht, die der Veranstalter durch den Vertrag mit den Teilnehmern und ihren Eltern übernommen hat. Der Veranstalter kann diese also delegieren. Ihn trifft dann nur noch die Verantwortung, die für ihn handelnden Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen und später angemessen zu kontrollieren. Ist der Veranstalter dabei nachlässig und verursacht ein schlecht ausgewählter oder überwachter Mitarbeiter einen Schaden, so haftet der Veranstalter unter Umständen gemäß § 831 BGB, sofern der Mitarbeiter als weisungsgebundener Verrichtungsgehilfe anzusehen ist (Abschn. 2.3.2.3). Welche Regelungen für die Haftung von Auftragnehmern gelten, wenn diese im Rahmen ihrer Tätigkeit einen Schaden verursachen, ist umstritten. Anerkanntermaßen haften bezahlte Arbeitnehmer nur begrenzt für Schäden, die sie bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten verursachen, und zwar in Abhängigkeit von ihrem Verschulden. Nur wer als Arbeitnehmer vorsätzlich einen Schaden verursacht, muss diesen in voller Höhe ersetzen; bei Fahrlässigkeit teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Schaden. Diese Haftungsprivilegierung in Arbeitsverhältnissen ist sachgerecht, weil Arbeitnehmer – zumal in Anbetracht ihres begrenzten Gehalts – nicht das komplette Betriebsrisiko tragen können. Vielmehr ist stets auch der Arbeitgeber mitverantwortlich dafür, welche Aufgaben er seinen Mitarbeitern überträgt und welchem Schadensrisiko er diese damit aussetzt. Mit Blick auf ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit ist in aller Regel davon auszugehen, dass diese Haftungsregelungen stillschweigend auch auf das Vertragsverhältnis zwischen Veranstalter und Mitarbeitern übertragen werden. Andernfalls käme es zu der absurden Situation, dass ein hauptamtlicher Mitarbeiter leicht fahrlässig verursachte Schäden auf seinen Arbeitgeber abwälzen könnte, während ­Ehrenamtler persönlich haften würden. Das wäre nicht sachgerecht.18  Vgl. so auch Nademleinsky (2015) Aufsichtspflicht, 108, allerdings unter Verweis auf das österreichische Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das in Deutschland nicht gilt. 18

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Gleichwohl sind die rechtlichen Details in diesem Bereich umstritten. Im Idealfall treffen Veranstalter und Mitarbeiter daher eine ausdrückliche Vereinbarung, wonach die Mitarbeiter für (bloß) fahrlässig verursachte Schäden nicht haften beziehungsweise von entsprechenden Ansprüchen Dritter freizustellen sind. Wie bereits ausgeführt, wird die Kinder- und Jugendarbeit in Vereinen zu großen Teilen ehrenamtlich geleistet. Gleichwohl müssen die Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt werden. Klassischerweise sind viele Aktive schon einige Jahre als Teilnehmer in einer Gruppierung aktiv, bevor sie dann im Jugendalter Mitarbeiteraufgaben übernehmen. Obwohl diese meist bereits ein profundes Erfahrungswissen mitbringen, ist in aller Regel eine weitere Qualifikation neuer Mitarbeiter sinnvoll. Das Ziel einer solchen Ausbildung kann nicht in einem pädagogischen Abschluss bestehen, aber doch in einer ernsthaften Auseinandersetzung mit pädagogischen und juristischen Grundlagen der Kinder- und Jugendarbeit. Oberlandesgericht Hamburg zur Qualifikation ehrenamtlicher Mitarbeiter

Von gemeinnützigen Organisationen und Sozialwerken, die Ferienaufenthalte für Kinder einkommensschwacher Eltern veranstalten, kann nicht verlangt werden, dass sie zur Betreuung der Ferienkinder voll ausgebildete Kräfte wie Jugenderzieher oder Lehrer einsetzen. Solche Verbände genügen vielmehr ihrer allgemeinen Betreuungspflicht regelmäßig auch dann, wenn sie sich der ehrenamtlichen Hilfe von pädagogisch ungeschulten, aber verantwortungsbewussten und im Umfang mit Kindern erfahrenen Erwachsenen bedienen.19 Anhaltspunkte für mögliche Ausbildungsthemen geben die Richtlinien für die Jugendleitercard (JuLeiCa). Die JuLeiCa ist ein bundesweit einheitlicher Ausweis und Qualifikationsnachweis für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Zusätzlich soll sie gesellschaftliche Anerkennung für das ehrenamtliche Engagement zum Ausdruck bringen. Dazu ist sie

 OLG Hamburg – 4 U 71/71 –, VersR 1973, 828.

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mit – allerdings regional sehr unterschiedlichen – finanziellen Vorteilen verbunden. Beantragt werden kann die JuLeiCa mit ­Zustimmung des jeweiligen örtlichen Trägers der Jugendarbeit ausschließlich online unter www.juleica.de. In den nordrhein-westfälischen Richtlinien zur Erteilung der JuLeiCa heißt es, die Jugendleiter müssten eine ausreichende praktische und theoretische Qualifizierung für ihre Aufgabe erhalten haben und in der Lage sein, verantwortlich Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen zu gestalten, also zum Beispiel eine Gruppe zu leiten. Für die Qualifizierung gelten bundeseinheitliche Mindeststandards. Danach wird zunächst der Besuch einer Jugendleiterschulung eines anerkannten Trägers vorausgesetzt. Diese Schulungen umfasst vor allem folgende Inhalte: • Aufgaben und Funktionen des Jugendleiters und Befähigung zur Leitung von Gruppen, • Ziele, Methoden und Aufgaben der Jugendarbeit, • Rechts- und Organisationsfragen der Jugendarbeit, • psychologische und pädagogische Grundlagen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie • Gefährdungstatbestände des Jugendalters und Fragen des Kinder- und Jugendschutzes. Weitergehend empfehlen die Richtlinien, sich mit aktuellen Themen des Jugendalters zu beschäftigen. Dazu gehören etwa die Partizipation junger Menschen, Geschlechterrollen und Gender Mainstreaming, Migrationshintergrund und interkulturelle Kompetenz, Inklusion oder internationaler Jugendaustausch. Schließlich können auch verbandsspezifische Themen zum Bestandteil der Ausbildung von Jugendleitern gemacht werden. Insgesamt müssen anerkannte Gruppenleitergrundkurse mindestens 35 Zeitstunden umfassen. Zusätzlich ist ein Nachweis ausreichender Kenntnisse in Erster Hilfe zu erbringen. Weil die bislang vorgeschriebenen 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurse so nicht mehr angeboten werden, werden derzeit alle Bescheinigungen lizensierter Träger über eine Erste-Hilfe-Ausbildung anerkannt. Auch Minderjährige können als Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden. So übernehmen Jugendliche beispielsweise

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regelmäßig auch bei Babysitter-Diensten die Aufsichtspflicht für andere Kinder. Dafür benötigen sie allerdings ihrerseits die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten. Denn mit der Mitarbeitertätigkeit übernehmen die Betroffenen regelmäßig eine Aufsichtspflicht, bei deren Verletzung sie haftbar gemacht werden können. Ein solches Risiko können auch ältere Jugendliche nicht ohne Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten eingehen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass ein gewisser Altersabstand zwischen den ältesten Teilnehmern und den jüngsten Mitarbeitern hilfreich ist, um eine klare Rollenverteilung zu fördern. Zudem muss der Veranstalter minderjährige Mitarbeiter zu Beginn ihrer Tätigkeit besonders anleiten und beobachten, um sicherzugehen, dass sie mit ihrer Gruppe allein zurechtkommen. In der Praxis empfiehlt es sich daher, jungen oder weniger erfahrenen Gruppenleitern einen volljährigen Gruppenleiter zur Seite zu stellen. Jedenfalls bei komplexeren Veranstaltungen sollten zudem keine Gruppenleiter eingesetzt werden, die nicht wenigstens 16 Jahre alt sind, nur in Ausnahmefällen auch ab 15 Jahren. Dies ist auch das Mindestalter für den Erwerb der Jugendleitercard. Erlass zur Einführung einer bundeseinheitlichen Jugendleiterinnenund Jugendleiter-Card in Nordrhein-Westfalen vom 16.12.1999

Jugendleiterinnen und Jugendleiter sollen in der Regel das 16. Lebensjahr vollendet haben. In besonders vom Träger begründeten Fällen kann die Card auch für Jugendleiterinnen und Jugendleiter, die erst 15 Jahre alt sind, ausgestellt werden. Bei Minderjährigen ist das Einverständnis der Erziehungsberechtigten erforderlich. Nehmen an Veranstaltungen Jungen und/oder Mädchen teil, so sollte jede Geschlechtsgruppe auch innerhalb der Mitarbeiterrunde vertreten sein. Aus haftungsrechtlichen ebenso wie aus pädagogischen Gründen sollten auch ehrenamtliche Mitarbeiter des Veranstalters die Gelegenheit bekommen, Fortbildungen zu besuchen. Unabhängig davon muss sich der Veranstalter in regelmäßigen Abständen davon überzeugen, dass die Mitarbeiter in seinem Sinne handeln. Es besteht insoweit eine gewisse Kontrollpflicht.

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3.1.4 Prävention sexuellen Missbrauchs Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 10.000 Fälle von Kindesmissbrauch bei der Polizei angezeigt (s. schon Abschn. 2.2.3.3). Ganz überwiegend stammen die Missbrauchstäter aus dem engsten Umfeld der Opfer. Neben dem familiären Umfeld und der Schule sind auch Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, in denen sich Kinder aufhalten, Orte, an denen sexueller Missbrauch stattfindet. Aus der Perspektive der Täter kann es naheliegen, bestehende Vertrauens-, Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse auszunutzen. Deswegen wählen potenzielle Täter häufig pädagogische oder therapeutische Berufe oder ehrenamtliche Betätigungsfelder, in denen es möglich ist, sich Kindern und Jugendlichen leicht und dauerhaft zu nähern. Oft nehmen die handelnden Organisationen ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch. Kinder sehen in den Aktiven häufig Vorbilder, denen sie sich anvertrauen wollen, von denen sie aber keine Verletzungen erwarten. Die meisten Opfer sind deshalb zunächst arglos  – sie spüren keine Gefahr und können sich daher kaum schützen.20 Deswegen besteht in diesen Zusammenhängen eine besondere Verantwortung für den Schutz der Würde und der Integrität junger Menschen und erwachsener Schutzbefohlener. Sowohl die Teilnehmer als auch ihre Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass Minderjährige in der Kinder- und Jugendarbeit gut aufgehoben sind und nicht Opfer von schlimmsten Straftaten werden. Gänzlich werden sich Missbrauchstaten kaum verhindern lassen. Trotzdem sind ernsthafte Präventionsbemühungen in der Kinder- und Jugendarbeit unerlässlich, um Übergriffe möglichst zu vermeiden oder um sie jedenfalls frühzeitig zu erkennen und gegen sie vorgehen zu können. Diese Überzeugung hat sich – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zahlreichen Missbrauchsfälle innerhalb kirchlicher Einrichtungen – durchgesetzt. Es sollte sich daher keine relevante Organisation mehr leisten können, auf Präventionsbemühungen gänzlich zu verzichten. Innerhalb der Kinder- und Jugendarbeit hat die Prävention aus juristischer Sicht drei unterschiedliche Zielrichtungen:  Vgl. https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/wo-findet-missbrauch-statt (05.01.2019). 20

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• Sexueller Missbrauch durch Aktive in der Kinder- und Jugendarbeit soll verhindert werden. • Minderjährige, die in anderen Umfeldern von sexuellem Missbrauch betroffen sind, sollen geschützt werden. • Die in der Kinder- und Jugendarbeit Aktiven sollen vor falschen Verdächtigungen geschützt werden. Sicher ließe sich diese Liste aus allgemeinpädagogischer Sicht noch ergänzen, weil es im Rahmen der Prävention oft auch darum gehen wird, das Selbstbewusstsein von Kindern- und Jugendlichen zu stärken, um sie so weniger anfällig für Missbrauchstaten zu machen. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass sich Prävention nicht nur auf Minderjährige bezieht, sondern überhaupt auf schutzbedürftige Menschen. Weil aber die Arbeit mit alten, kranken oder behinderten Menschen nicht im Fokus dieses Buches steht, soll darauf hier nicht gesondert eingegangen werden. Viele große Organisationen, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, haben zuletzt umfangreiche Präventionsordnungen aufgestellt, wie sexueller Missbrauch vermieden und gegebenenfalls verfolgt werden muss. Sie enthalten meist Maßgaben zur Auswahl und Qualifikation von Personen, die in der Jugendarbeit tätig werden wollen, einen Verhaltenskodex für einen respektvollen Umgang, ein fachlich adäquates Nähe-­Distanz-­ Verhältnis und eine offene Kommunikationskultur gegenüber Minderjährigen sowie Vorgaben für Beschwerdewege und Interventionsverfahren bei Verstößen. An solche Richtlinien sind alle untergeordneten Rechtsträger gebunden. Kooperationspartner werden von den Jugendämtern oder den kirchlichen Bistümern mittlerweile in der Regel nur noch anerkannt, wenn entsprechende Präventionsrichtlinien beachtet werden. Sollte für einen Bereich der Kinder- und Jugendarbeit keine Präventionsordnung gelten, so empfiehlt es sich, gleichwohl die folgenden Aspekte zu beachten.

3.1.4.1  Auswahl und Qualifikation der Mitarbeiter Wenngleich die Kinder- und Jugendarbeit oft ehrenamtlich geleistet wird, müssen die Mitarbeiter gerade mit Blick auf die Prävention sexuellen Missbrauchs sorgfältig ausgewählt werden. Stets ist zu berücksichtigen,

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dass ein Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit auch ein willkommener Vorwand für Menschen mit kriminellen Absichten oder einschlägigen krankhaften Störungen sein kann. Dies kann der folgende Fall auf erschreckende Weise verdeutlichen. Beispiel Vor dem Landgericht Bonn musste sich 2008 ein Angeklagter verantworten, der seit seiner Jugendzeit zahlreiche Kontakte zur Kinder- und Jugendarbeit hatte. Er selbst war über viele Jahre Messdiener gewesen und übernahm mit 14 Jahren erstmals die Leitung einer kirchlichen Jugendgruppe. Außerdem war er Honorarkraft in einer Offenen Ganztagsschule sowie Betreuer in einem Turnverein. Neben wöchentlichen Gruppenstunden organisierte er auch eine Reihe von Fahrten und Ferienlagern. Erst nach Jahren stellte sich heraus, dass der Angeklagte homo-­pädophil veranlagt war. Vielfach hatte er körperlichen Kontakt zu Jungen zwischen neun und 13 Jahren gesucht, um sich ihnen zu nähern und sein Vertrauensverhältnis auszunutzen, um sexuelle Handlungen an ihnen auszuführen. Dazu streichelte er die betroffenen Jungen zunächst bei vielfältigen Gelegenheiten auf Rücken und Bauch und testete nach und nach, ob diese Kinder auch ein weitergehendes Berühren am Gesäß beziehungsweise im Genitalbereich zuließen. Das Landgericht verurteilte ihn schließlich wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in unterschiedlichen Varianten in fast 100 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten.

Derartige Fälle müssen mit allen zumutbaren Mitteln verhindert werden. Deswegen sollten in der Kinder- und Jugendarbeit grundsätzlich keine Personen tätig werden, die wegen einer einschlägigen Straftat zulasten von Minderjährigen vorbestraft sind. Für die Jugendämter als Träger der öffentlichen Jugendhilfe formuliert das achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ein entsprechendes Verbot. §  72a Abs.  1 SGB VIII: Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dürfen für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§  171,  174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 201a 1

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Abs. 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist. 2Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 und § 30a Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Die zitierten Straftatbestände wurden überblicksartig bereits dargestellt (Abschn. 2.2.3.3). Unmittelbar gilt das gesetzliche Tätigkeitsverbot für einschlägig Vorbestrafte zwar nur für die Mitarbeiter der Jugendämter. Diese sollen allerdings durch Vereinbarungen mit Kirchen und Vereinen als Trägern der freien Jugendhilfe sicherstellen, dass auch diese keine einschlägig vorbestraften Personen beschäftigen. Dies gilt gleichermaßen für haupt-, neben- oder ehrenamtliche Mitarbeiter. Erfasst sind alle Personen, die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe wahrnehmen und dazu Minderjährige beaufsichtigen, betreuen, erziehen oder ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben. Ob ein Träger der freien Jugendhilfe eine solche Vereinbarung mit dem Jugendamt schließt, bleibt ihm selbst überlassen. Allerdings muss er bei seiner Entscheidung bedenken, welche Öffentlichkeitswirkung eine Verweigerungshaltung erzeugen würde. Außerdem sind mittlerweile zahlreiche Fördergelder an entsprechende Präventionsstandards geknüpft. Im Bereich der katholischen Deutschen Bischofskonferenz folgt ein striktes Tätigkeitsverbot auch für einschlägig vorbestrafte Ehrenamtler aus den innerkirchlichen Leitlinien.21 Um Personen, die wegen einer einschlägigen Straftat zulasten von Minderjährigen verurteilt worden sind, nicht unwissentlich doch wieder in Kontakt mit Minderjährigen zu bringen, sollte von jedem, der sich intensiv in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren möchte, regelmäßig ein erweitertes Führungszeugnis angefordert werden. Details dazu regelt das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) (s. schon Abschn. 2.2.1). Danach wird ein erweitertes Führungszeugnis ausgestellt, wenn es für eine berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder für vergleichbare Kontakte  Siehe Ziffer 56 der Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz vom 26.08.2013. 21

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zu Minderjährigen benötigt wird. Unabhängig vom Strafmaß werden in ein solches erweitertes Führungszeugnis alle Verurteilungen wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wegen Menschenhandels oder Misshandlung von Schutzbefohlenen eingetragen. Wann genau ein Führungszeugnis anzufordern ist, war einige Zeit umstritten. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, in der Jugendarbeit ehrenamtliche Mitarbeiter nur noch nach Vorlage eines Führungszeugnisses einzusetzen. Allerdings sollen die Jugendämter auch auf diesbezügliche Vereinbarungen mit den freien Trägern hinwirken. Will ein Jugendamt eine solche Vereinbarung schließen, so sollten die diesbezüglichen Empfehlungen der Bundes- und Landesebene eingehalten werden, um rechtlich unsichere oder unverhältnismäßige Verpflichtungen zu vermeiden. Teilweise fühlen sich ehrenamtliche Mitarbeiter unter einen Generalverdacht gestellt, wenn von ihnen die Vorlage verlangt wird. Andererseits sorgt das erweiterte Führungszeugnis insofern für einen Sicherheitsgewinn, als einschlägig Vorbestrafte nur so konsequent von einem weiteren Engagement ausgeschlossen werden können. Zudem wird das erweiterte Führungszeugnis für Ehrenamtler gebührenfrei ausgestellt, sodass sich der Aufwand in Grenzen hält. Um Klarheit zu schaffen, sollen die Vereinbarungen zwischen Jugendämtern und freien Trägern der Jugendhilfe konkretisierend Tätigkeiten benennen, die auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis wahrgenommen werden dürfen. Als Anhaltspunkt empfiehlt sich folgendes Prüfraster: Prüfraster zum erweiterten Führungszeugnis Ist der Mitarbeiter haupt- oder nebenberuflich gegen Entgelt in der Kinder- und Jugendarbeit tätig? Ja, ein erweitertes Führungszeugnis sollte bei der Einstellung und später regelmäßig alle fünf Jahre angefordert werden. Von einem angestellten Mitarbeiter muss im Rahmen seiner arbeitsrechtlichen Pflichten besondere Zuverlässigkeit erwartet werden. Leitet der Mitarbeiter dauerhaft beziehungsweise regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens fünf Treffen Veranstaltungen mit Kindern- und Jugendlichen?

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Ja, ein erweitertes Führungszeugnis sollte vor Beginn der Tätigkeit und später regelmäßig alle fünf Jahre angefordert werden. Aufgrund der leitenden Tätigkeit steht der Mitarbeiter in einem hierarchischen Verhältnis zu den Teilnehmern. Außerdem kann aufgrund der Dauer beziehungsweise Regelmäßigkeit des Angebots unterstellt werden, dass ein besonders intensive Näheverhältnis zu den Teilnehmern aufgebaut wird. Umfasst die Tätigkeit eine Übernachtung mit Minderjährigen? Ja, ein erweitertes Führungszeugnis sollte vor Beginn der Tätigkeit und später regelmäßig alle fünf Jahre angefordert werden. Auf Grund der gemeinsamen Übernachtung kann davon ausgegangen werden, dass ein intensiverer Kontakt zwischen dem Mitarbeiter und Minderjährigen zustande kommt. Ist der Mitarbeiter lediglich als Unterstützung eines anderen Leiters tätig oder ist er nur inhaltlich für ein Angebot der Kinder- und Jugendarbeit verantwortlich und führt er dieses unter der Aufsicht eines verantwortlichen Leiters durch? Nein, es muss kein Führungszeugnis verlangt werden. Weder eine Aushilfstätigkeit noch die bloß inhaltliche Verantwortung für einen Programmpunkt legen besondere Machtstrukturen nahe. Die Tätigkeit findet zudem unter Beobachtung durch einen Verantwortlichen statt und ist in dessen Aufsichtssystem eingebunden.

Die Ausstellung eines erweiterten Führungszeugnisses muss die betroffene Person bei ihrem Einwohnermeldeamt beantragen. Dazu muss sie eine schriftliche Aufforderung der Organisation vorlegen, die das erweiterte Führungszeugnis verlangt (§  30a BZRG). Soweit sich aus der Bescheinigung auch ergibt, dass die Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt wird, ist die Ausstellung gebührenfrei.

Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses Zur Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses sind folgende Schritte und Unterlagen erforderlich: • Antragstellung persönlich durch den betroffenen Mitarbeiter bei seinem Einwohnermeldeamt • Vorlage einer schriftlichen Aufforderung der Organisation, die das Führungszeugnis verlangt • gegebenenfalls Vorlage einer Bestätigung, dass die Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt wird • Das Führungszeugnis wird einige Tage später per Post zugeschickt.

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Falls erforderlich ist das erweiterte Führungszeugnis vor der ersten Aufnahme einer Tätigkeit vorzulegen sowie später alle fünf Jahre. Zum Zeitpunkt der Vorlage sollte das Zeugnis nicht älter als drei Monate sein. Dass sich alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter an diese Vorgaben halten, muss fortlaufend überprüft werden. Dazu empfiehlt es sich, das Amt eines Präventionsbeauftragten zu schaffen, der vertrauenswürdig ist und in diesen Angelegenheiten den Überblick bewahrt. Eingehende Führungszeugnisse sollten auf einschlägige Einträge hin durchgesehen werden. Liegt ein solcher vor, sollte in der Regel jede weitere Tätigkeit des Betroffenen in der Kinder- und Jugendarbeit unterbunden werden. Enthält ein Führungszeugnis keinen einschlägigen Eintrag, sollte dies positiv in einer Mitarbeiterakte vermerkt werden. Notiert werden darf dabei, dass Einsicht in ein Führungszeugnis genommen wurde, das Ausstellungsdatum des Führungszeugnisses sowie die Information, ob Einträge vorlagen oder nicht. Anschließend sollte das Führungszeugnis dem Betroffenen zurückgegeben werden, um datenschutzrechtliche Probleme bei der Aufbewahrung derart vertraulicher Unterlagen zu vermeiden. Gespeichert und genutzt werden dürfen die erhobenen Daten nur, soweit dies erforderlich ist, um eine Person von der betroffenen Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit auszuschließen. Alle Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine relevante Tätigkeit aufgenommen wird. Andernfalls sind die Daten spätestens drei Monate nach der Beendigung einer solchen Tätigkeit zu löschen.22 Damit werden zugleich die datenschutzrechtlichen Bestimmungen über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen gewahrt.23 Allerdings enthält auch ein erweitertes Führungszeugnis nur dann Einträge, wenn es zuvor zu einer Verurteilung gekommen ist. Ergänzend kann von Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit eine Erklärung verlangt werden, in der sie sich selbst zu einem adäquaten Verhalten verpflichten. Einer solchen Selbstverpflichtung kommt  Vgl. zu diesen Regeln für den Umgang mit erweiterten Führungszeugnissen § 72a Abs. 5 SGB VIII. 23  Siehe Art.  10 DSGVO; für die katholische Kirche: §  12 des Gesetzes über den Kirchlichen Datenschutz vom 20.11.2017. 22

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weniger eine juristische Relevanz zu als vielmehr eine moralische. Dem Verpflichteten wird noch einmal vor Augen geführt, wie verantwortungsvoll seine Tätigkeit ist. Die unterschriebene Selbstverpflichtungserklärung sollte zu der Akte mit den Angaben aus dem erweiterten Führungszeugnis genommen werden. Ein Muster für eine solche Erklärung findet sich im Anhang (Abschn. 4.3). Ferner kann zur Qualifikation der Mitarbeiter auch gehören, dass diese vor der Aufnahme einer Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit eine Präventionsschulung absolvieren müssen. Jedenfalls innerhalb der katholischen Kirche gehört dies seit einigen Jahren weitestgehend zum üblichen Standard. In solchen Schulungen kann es etwa um folgende Themen gehen: • Tatbestände des Sexualstrafrechts sowie weitere einschlägige rechtliche Bestimmungen, • Sensibilisierung aller Handelnden, um sie aufmerksam zu machen für Anzeichen von Missbrauch, • Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten insbesondere in Konfliktsituationen und Etablierung einer Gesprächskultur im Mitarbeiterteam, damit offen über Fragen und Auffälligkeiten im Hinblick auf Missbrauch geredet werden kann, • Handlungsmöglichkeiten und Verfahrenswege bei Anzeichen sexualisierter Gewalt, • ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz zwischen Mitarbeitern und minderjährigen Teilnehmern, • Möglichkeiten zur Programmgestaltung bei Aktionen der Kinder- und Jugendarbeit, um grenzverletzende Situationen und unbeobachtete Momente für potenzielle Täter möglichst zu vermeiden, • Strategien von Tätern sowie institutionelle Strukturen, die Missbrauch begünstigen, • Psychodynamiken der Opfer, • notwendige und angemessene Hilfen für die Opfer von sexualisierter Gewalt und ihre Angehörigen, • emotionale und soziale Kompetenzen der Mitarbeiter sowie • Formen sexualisierter Gewalt von Minderjährigen an anderen Minderjährigen.

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In jedem Fall sollte der Verantwortliche dokumentieren, wie er selbst und seine Mitarbeiter sich in Fragen sexualisierten Missbrauchs weitergebildet haben. Im Fall der Fälle kann so später eine verantwortungsbewusste Vorbereitung nachgewiesen werden.

3.1.4.2  Verhaltenskodex Jeder Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit sollte sich selbst einen Verhaltenskodex geben, um verbindliche Regeln für die Prävention sexuellen Missbrauchs festzulegen. Diese sollten ein fachlich adäquates Nähe-Distanz-Verhältnis, einen respektvollen Umgang und eine offene Kommunikationskultur gegenüber Minderjährigen sicherstellen. Zugleich dienen solche Regeln zumindest nachgeordnet immer auch dem Schutz der Mitarbeiter des Veranstalters. Denn im Zuge der Missbrauchsskandale der jüngeren Vergangenheit kam es zuletzt bisweilen zu falschen Verdächtigungen, sodass auch deshalb nun besondere Vorsicht der Mitarbeiter gefragt ist. Dies mögen die beiden folgenden – realen – Beispielsfälle illustrieren. Beispiele So zeigte eine Lehrerin einen Kollegen an, sie im August 2001  in einem Schulraum vergewaltigt zu haben. Der Beschuldigte wurde daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Er verbüßte diese und lebte anschließend mangels Wiedereinstellung als Lehrer von Sozialhilfe und der Unterstützung seiner Mutter. Zehn Jahre später stellte ein Gericht im Wiederaufnahmeverfahren fest, dass die Lehrerin ihre Vorwürfe bloß erfunden hatte. Daraufhin wurde nun sie wegen schwerer Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.24 In einem anderen Fall kam im Juni 2015 der Verdacht auf, dass in einer katholischen Kindertagesstätte in Mainz Kinder ihre Altersgenossen sexuell missbraucht haben sollten. Weil die Erzieher dagegen nicht hinreichend eingeschritten seien, wurde die Einrichtung bald geschlossen. Im November desselben Jahres meldete die zuständige Staatsanwaltschaft dagegen, dass sich der Verdacht nicht bestätigt habe. Im Ermittlungsverfahren hätten sich „überwiegend entlastende Erkenntnisse“ ergeben.

24

 Vgl. BGH – 2 StR 62/14.

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Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit stehen damit in einem Dilemma. Einerseits lebt jede pädagogisch wertvolle Kinder- und Jugendarbeit davon, dass die Teilnehmer ein Verhältnis des Vertrauens und der Nähe zu ihren Betreuern aufbauen können. Andererseits müssen die Mitarbeiter aber von sich aus jedes übergriffige Verhalten unterlassen und schon verhindern, dass es auch nur zum bösen Anschein von Grenzverletzungen kommt. Der empfohlene Verhaltenskodex kann nur konkret mit Blick auf einzelne Angebote der Kinder- und Jugendarbeit erstellt werden. An dieser Stelle können dazu nur einige wenige Anregungen gegeben werden. Wesentlich erscheint vor allem ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Thema des sexuellen Missbrauchs. Jeder Mitarbeiter sollte wachsam sein, um Äußerungen oder Auffälligkeiten wahrnehmen zu können, die darauf hindeuten, dass Dritte einem Kind (sexuelle) Gewalt antun. Dabei ist zu beachten, dass Missbrauch prinzipiell von ganz unterschiedlichen Seiten ausgehen kann. Die Verantwortlichen sollten darauf eingestellt sein, dass sich Missbrauchsopfer nicht immer eindeutig zu erkennen geben, sondern ihr Verhalten mehrdeutig sein kann. Dann ist es löblich, wenn die Aufsichtspflichtigen die richtigen Schlüsse ziehen, doch lassen sich Fehlinterpretationen selbst bei größter Wachsamkeit nie ausschließen. Falsche Schlüsse ziehen daher nicht zwingend eine rechtliche Verantwortlichkeit nach sich. Beispiel: Missbrauch durch gleichaltrige Mitschüler Ein 13-jähriger körperbehinderter Schüler besuchte ein Internat. Von einem Mitschüler wurde er in mindestens 60 Fällen auf schwerste Art und Weise missbraucht, wobei auch der Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt wurde. Der Betroffene äußerte sich zu diesen Missbrauchsfällen weder gegenüber seinen Eltern noch gegenüber den Erziehern im Internat; diese schöpften auch sonst keinen Verdacht. Der Betroffene vernachlässigte zwar seine Körperhygiene und weigerte sich nach jeder Wochenendheimfahrt, wieder ins Internat zurückzukehren, doch deuteten die Erzieher diese Auffälligkeiten nicht als Hinweis auf sexuellen Missbrauch. Ihre Aufsichtspflicht haben sie dadurch nicht verletzt, da das Verhalten des Betroffenen mehrdeutig war. Eine Klage gegen das Internat auf Schmerzensgeld wurde daher abgewiesen.25

 Vgl. LG Heidelberg – 2 O 96/07.

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Professionelle Kinder- und Jugendarbeit zeichnet sich ferner durch ein fachlich adäquates Nähe-Distanz-Verhältnis aus. Alle Mitarbeiter sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass sie als Leiter eine Vorbildfunktion haben und Kinder ihnen gegenüber möglicherweise nicht immer Widerspruch gegen unerwünschte Verhaltensweisen äußern. Mitarbeiter sollten daher nur sehr zurückhaltend von sich aus körperliche Nähe zu Teilnehmern suchen. Nicht erst strafbare Handlungen, sondern schon darunter anzusiedelnde absichtliche, wenn auch straflose Übergriffe sowie bloß unangemessene Grenzverletzungen sind zu vermeiden. Dabei müssen zum einen individuelle Grenzen der einzelnen Teilnehmer beachtet werden. Zum anderen ist auch wegen der Außenwirkung ein zu intensiver Kontakt zu Einzelnen zu vermeiden, selbst wenn den Betroffenen dies nicht stört. Intime freundschaftliche Beziehungen zwischen Teilnehmern und Mitarbeitern sind daher immer – auch jenseits der strafrechtlichen Grenzen – problematisch. Sie sollten jedenfalls schon wegen der negativen Wirkung auf die Gesamtgruppe nicht offen ausgelebt werden, solange ein Mitarbeiter in dieser Rolle tätig ist. Besonders heikel sind ferner alle Orte, wo sich Kinder nicht oder kaum bekleidet aufhalten. Schlaf- oder Waschräume dürfen daher nur mit äußerster Zurückhaltung und nach Ankündigung betreten und kontrolliert werden. Dabei ist die Intimsphäre der Teilnehmer zu wahren. Jungen und Mädchen sollten spätestens ab dem Alter der Geschlechtsreife in getrennten Räumen untergebracht werden, die auch von den Schlafräumen der Mitarbeiter getrennt sein sollten. Schon aus Gründen des Selbstschutzes sollten Mitarbeiter die Schlaf- und Waschräume der Teilnehmer nicht alleine betreten, sondern stets einen zweiten Betreuer als Zeugen hinzuziehen. Unbekleidete Teilnehmer dürfen nicht gezielt beobachtet oder gar fotografiert werden. Ebenso ist beispielsweise ein gemeinsames Duschen möglichst zu vermeiden. Die Waschräume der Teilnehmer generell als Tabuzone für die Mitarbeiter anzusehen, würde dagegen ihrer Aufsichtspflicht nicht gerecht. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass sich in vereinzelten Fällen auch Teilnehmer anderen gegenüber übergriffig verhalten. Schon unangemessene Streicheleinheiten unter Kindern müssen die Mitarbeiter verhindern, erst recht gewaltsame Übergriffe jeder Art.

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Überhaupt ist aus Sicht des Veranstalters Vorsicht bei jeder Programmgestaltung geboten, die zu übermäßiger Nähe zwischen Teilnehmern oder Teilnehmern und Mitarbeitern führt. Vermieden werden sollen alle Situationen, bei denen sich ein Kind gegen seinen Willen von anderen bedrängt fühlt. Einzelgespräche sollten nur an dazu geeigneten Orten stattfinden, die möglichst von außen einsehbar sein sollten. Beispiele zu Nähe und Distanz bei der Programmgestaltung Keinesfalls dürfen Mitarbeiter Kinder dazu animieren, sich bei der – früher beliebten – Kleiderkette bis auf die Unterwäsche auszuziehen. Ebensowenig sollte man bei Kreisspielen erwarten, dass sich jeder bei einem anderen auf den Schoß setzen möchte. Wer ein Lagerpaar kürt, sollte dieses nicht animieren, sich am Ende gegen den eigenen Willen einen Kuss zu geben. Dagegen ist eine Programmeinheit mit Beauty-Workshops oder Massageelementen nicht per se verboten. Kinder dürfen und sollen sogar lernen, mit ihrem Körper bewusst umzugehen und ihn zu pflegen. Das schließt die Möglichkeit ein, dass sich Teilnehmer gegenseitig eine Quark- oder Gipsmaske auf das Gesicht legen, solange keine Allergien bestehen. Allerdings sollten solche Programmbestandteile nur auf gänzlich freiwilliger Basis angeboten werden. Niemand sollte verpflichtet werden, sich gegen seinen Willen über längere Zeit an empfindlichen Körperstellen berühren zu lassen. Erst recht sollten Betreuer darauf verzichten, von sich aus Kinder zu massieren oder sonst längerfristigen Körperkontakt zu Teilnehmern aufzubauen. Selbst wenn Betreuer und Kind dabei keinerlei böse Gedanken haben, kann jedes andere Verhalten auf Außenstehende missverständlich wirken. In jedem Fall muss der Intimbereich von allen Beteiligten ausgespart werden.

Zurückhaltung sollten die Mitarbeiter schließlich auch bei digitalen Kontakten zu Teilnehmern üben. Jeder übermäßige Kontakt – auch über die sozialen Medien – kann eine Grenzverletzung darstellen. Keinesfalls darf der Versuch unternommen werden, einem Teilnehmer über Messenger-­ Dienste sexualisierte oder auch bloß missverständliche Inhalte zu senden (sogenanntes Sex-Texting). Passiert dies doch, so können die Aufsichtspflichtigen verpflichtet sein, Messengerdienste wie WhatsApp von den elektronischen Geräten des Kindes zu löschen.26 Sie müssen dafür Sorge  Vgl. AG Bad Hersfeld – F 361/16 EASO – MMR 2016, 709.

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tragen, dass solche Kontakte zum Kind nicht stattfinden, weder im physisch-realen noch im virtuellen Bereich. Welche der genannten Aspekte im konkreten Fall wie umgesetzt werden, sollte im Vorfeld mit allen Mitarbeitern einer Veranstaltung besprochen werden. Ausgangspunkt dafür kann eine möglichst individuelle Gefahrenanalyse sein. Will ein Mitarbeiter dann im Einzelfall trotzdem von einem vereinbarten Verhaltenskodex abweichen, so sollte er dies möglichst transparent machen, um Missverständnissen vorzubeugen.

3.1.4.3  Interventionsverfahren Kommt es allen Präventionsbemühungen zum Trotz zu Missbrauchstaten, so bedürfen die Betroffenen besonderer Achtsamkeit. Zuerst müssen sie vor weiterer sexueller Gewalt geschützt werden. Das allein reicht indes nicht aus. Die Betroffenen und ihre Angehörigen benötigen oft professionelle Unterstützung und Begleitung bei der Aufarbeitung von Missbrauchserfahrungen. Dazu kann auch eine Strafverfolgung durch die staatliche Justiz einen wesentlichen Beitrag leisten. Essentiell erscheint in diesem Stadium ein professionelles und ganzheitliches Vorgehen. In aller Regel wird dies die Möglichkeiten der klassischen Kinder- und Jugendarbeit sprengen. Vielmehr sollte im Fall der Fälle unbedingt die Hilfe von Ärzten, Psychologen und Rechtsanwälten in Anspruch genommen werden. Große Organisationen wie insbesondere die Kirchen haben dazu spezielle Interventionsstellen eingerichtet, die das weitere Vorgehen koordinieren. Deswegen soll auch die langfristige Begleitung von Missbrauchsopfern hier nicht weiter thematisiert werden. Beispielhaft sei nur ein Auszug aus den Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche wiedergegeben. Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz vom 26.08.2013, Ziffern 29-31:

29. Sobald tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat nach dem 13. Abschnitt oder weiterer sexualbezogener Straftaten des Strafgesetzbuchs (StGB) an Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen vorliegen, leitet ein Vertreter des Ordinarius die

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Informationen an die staatliche Strafverfolgungsbehörde und  – soweit rechtlich geboten  – an andere zuständige Behörden (z.  B. Jugendamt, Schulaufsicht) weiter. Rechtliche Verpflichtungen anderer kirchlicher Organe bleiben unberührt. 30. Die Pflicht zur Weiterleitung der Informationen an die Strafverfolgungsbehörde entfällt nur ausnahmsweise, wenn dies dem ausdrücklichen Willen des mutmaßlichen Opfers (bzw. dessen Eltern oder Personensorgeberechtigten) entspricht und der Verzicht auf eine Mitteilung rechtlich zulässig ist. In jedem Fall sind die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten, wenn weitere Gefährdungen zu befürchten sind oder weitere mutmaßliche Opfer ein Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung der Taten haben könnten. 31. Die Gründe für den Verzicht auf eine Mitteilung bedürfen einer genauen Dokumentation, die von dem mutmaßlichen Opfer (ggf. seinen Eltern beziehungsweise Personensorgeberechtigten) zu unterzeichnen ist. Besteht nach Einschätzung der verantwortlichen Leiter eine dringende Gefahr für das Wohl eines Minderjährigen, so kann im Übrigen jederzeit das Jugendamt eingeschaltet werden. Dies sollte immer dann getan werden, wenn ein Kind ernsthaft darum bittet, zum Schutz vor den eigenen Eltern in Obhut genommen zu werden, oder wenn sonst große Unsicherheiten bestehen. Zuständig für eine Inobhutnahme oder andere vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ist das Jugendamt an dem Ort, wo sich der Minderjährigen zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich aufhält. In weniger dringenden Fällen kann es sich empfehlen, mit dem Jugendamt am Wohnort des Minderjährigen Kontakt aufzunehmen, um dort eine Einschätzung zu erfahren.

3.1.5 Datenschutz Kaum ein Thema hat in der jüngeren Vergangenheit zu so großer Unsicherheit in der Kinder- und Jugendarbeit geführt wie der Datenschutz. Dabei ist das Thema nicht neu: Schon 1983 hat das Bundesverfassungsgericht in

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einem Urteil zur staatlichen Volkszählung entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Grundgesetzes ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung vermittelt.27 Persönliche Daten dürfen danach nicht unbegrenzt erhoben, gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden. Vielmehr gewährleistet das Grundgesetz die Befugnis des Einzelnen, insbesondere unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. In der Folgezeit wurden die Datenschutzregelungen in den verschiedenen Gesetzen immer weiter ausdifferenziert und verschärft. Neue Brisanz hat der Datenschutz indes mit dem Inkrafttreten der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 bekommen. Diese vereinheitlicht die Vorschriften zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen in der Europäischen Union. Als Verordnung gilt die DSGVO unmittelbar auch in Deutschland; anders als bei Europäischen Richtlinien setzt die Geltung keine Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber voraus. Leitend war die Erwägung, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Dienste der Menschheit stehen sollte. Das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten ist wichtig. Es gilt aber nicht uneingeschränkt, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Auch dazu enthält die DSGVO nähere Bestimmungen. Die DSGVO regelt den Datenschutz nicht gänzlich neu, sondern greift bestehende Begriffe und Prinzipien auf. Allerdings hat das Inkrafttreten der Verordnung dazu geführt, dass der Datenschutz eine viele höhere Aufmerksamkeit erfährt als zuvor. Die wesentlichen Grundzüge der neuen Verordnung werden im Folgenden vorgestellt. Die DSGVO betrifft die Verarbeitung personenbezogener Daten, sofern diese zumindest teilweise automatisiert erfolgt oder die Daten in einem Dateisystem gespeichert werden sollen. Personenbezogene Daten

27

 Vgl. BVerfGE 65, 1 – 1 BvR 209/83 u. a. –, seither ständige Rechtsprechung.

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in diesem Sinne sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen, also insbesondere der Name oder Merkmale, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität des Betroffenen sind. Besonders geschützt sind Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, biometrische Daten sowie Gesundheitsdaten und Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person. Ein umfassendes Register der strafrechtlichen Verurteilungen einer Person darf nur unter behördlicher Aufsicht geführt werden. Ausnahmsweise nicht anwendbar ist die DSGVO dagegen auf die Datenverarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken. Gegenüber Journalisten oder Wissenschaftlern kann man sich daher nicht ohne Weiteres auf das neue Datenschutzrecht berufen. Vielmehr verlangt die DSGVO insoweit nationale Sonderregelungen durch die EU-Mitgliedsstaaten.28 Nicht zum Anwendungsbereich der Verordnung zählt im Übrigen die Datenverarbeitung im Rahmen ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten. Private Urlaubsfotos unterliegen dem strengen Datenschutzrecht also nicht. Erhoben werden geschützte Daten, indem sie erfasst, gespeichert, geordnet, verknüpft oder verändert werden. Anwendbar ist die DSGVO, sobald die genannten Daten zumindest teilweise automatisiert oder in einem System strukturiert gesammelt werden. Der Begriff der Automatisierung ist weit zu verstehen. Er umfasst jede Verarbeitung, die zumindest teilweise durch Informationstechnik ohne weiteres menschliches Zutun unterstützt wird und nicht vollständig manuell erfolgt. Jede digitale Speicherung stellt danach eine automatisierte Datenverarbeitung dar. Nicht erfasst sind dagegen handschriftliche Akten oder Notizen, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind und geordnet werden sollen.

 Vgl. zum sogenannten „Medienprivileg“ aus jüngerer Zeit OLG Köln – 15 W 27/18 –, ZD 2018, 434.

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Beispiele Von der Datenschutzgrundverordnung erfasst sind etwa Teilnehmerlisten, die auf einem PC gespeichert sind, eine Sammlung von Führungszeugnissen der Mitarbeiter des Veranstalters, digital gespeicherte Fotos, auf denen Menschen zu identifizieren sind, analoge Tonbänder oder Filme, auf denen personenbezogene Daten gespeichert sind. Nicht erfasst sind dagegen unsortierte Zettelkästen oder Aktenordner, selbst wenn darin personenbezogene Daten enthalten sind. Machen Mitglieder der Zeugen Jehovas Hausbesuche und fertigen sie anschließend Notizen darüber an, um sich für kommende Besuche vorzubereiten, so ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Die Religionsgemeinschaft ist auch für diese Form der Verkündigung durch ihre Mitglieder verantwortlich.29

Für die Verarbeitung personenbezogener Daten gelten nun bestimmte Grundsätze (Art. 5 DSGVO). Dazu zählen: Rechtmäßigkeit: Die Datenverarbeitung ist insbesondere rechtmäßig, wenn die betroffene Person eingewilligt hat, die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrages, einer gesetzlichen Pflicht oder zum Schutz lebenswichtiger Interessen notwendig ist oder wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen bei Abwägung mit den Grundrechten der betroffenen Person erforderlich ist. Besonders schutzwürdig sind im Rahmen dieser Abwägung Kinder. Auf Seiten des Datenverarbeiters können auch dessen Grundrechte (etwa die Religionsfreiheit bei einer religiös veranlassten Datenverarbeitung) zu berücksichtigen sein. • Eine Einwilligung kann grundsätzlich schriftlich oder mündlich erfolgen. Schriftliche Einwilligungen müssen in verständlicher und einfacher Sprache abgefasst sein. Sie können jederzeit widerrufen ­werden. Die DSGVO legt kein Mindestalter fest, ab dem eine Einwilligung durch einen Minderjährigen wirksam ist. Weil die Einwilligung keine Geschäftsfähigkeit im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs voraussetzt, ist davon auszugehen, dass Minderjährige wirksame Einwilligungen aussprechen können, sobald sie die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen.

29

 Vgl. EuGH – C-25/17 –, NJW 2019, 285.

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Dazu müssen sie psychisch und intellektuell in der Lage sein, die Bedeutung ihrer Entscheidung einzuschätzen. Das ist im Einzelfall zu prüfen. Bei Minderjährigen, die nicht wenigstens 14 Jahre alt sind, wird die Einwilligungsfähigkeit schwerlich zu bejahen sein. Als Richtwert mag ein Mindestalter von 16 Jahren gelten; diese Altersgrenze sieht Art. 8 DSGVO für spezielle, regelmäßig entgeltliche Dienste der Informationsgesellschaft vor. • Eine Reihe von Daten benötigt der Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit zur Vertragserfüllung. Er kann ein vertraglich mit den Erziehungsberechtigten vereinbartes Angebot nur dann durchführen, wenn der Vertragspartner und darüber hinaus feststeht, wem gegenüber die Betreuung geschuldet ist. Die Namen der Eltern und des Kindes dienen somit unzweifelhaft der Vertragserfüllung. Außerdem muss der Veranstalter in besonderen Situationen die Eltern der Teilnehmer erreichen können, die ihm die Ausübung ihrer elterlichen Sorge ja nur übertragen haben. Dazu müssen die Kontaktdaten der Erziehungsberechtigten gespeichert werden. Ferner sind auch medizinische Informationen zum Hausarzt, zu Impfungen, zur Medikamenteneinnahme oder chronischen Krankheiten und Allergien erforderlich, damit der Veranstalter seiner Fürsorgepflicht ordnungsgemäß nachkommen kann. All diese Daten dürfen daher rechtmäßigerweise verarbeitet werden. Transparente Verarbeitung nach Treu und Glauben: Die Datenverarbeitung muss in einer Art und Weise geschehen, die Treu und Glauben entspricht und für die betroffene Person nachvollziehbar ist. Das erfordert Transparenz, wenn personenbezogene Daten eines Menschen erhoben, verwendet, eingesehen oder anderweitig verarbeitet werden. Außerdem muss der Betroffene erkennen können, in welchem Umfang Daten verarbeitet werden. Der Grundsatz der Transparenz setzt voraus, dass alle Informationen und Mitteilungen zur Verarbeitung dieser ­personenbezogenen Daten leicht zugänglich und verständlich sind. Sie müssen in klarer und einfacher Sprache abgefasst sein. Diese Anforderungen gelten insbesondere für Informationen über die Frage, wer für eine Datenerhebung verantwortlich ist und zu welchem Zweck dies geschieht. Außerdem muss aufgeklärt werden über das Recht, Auskunft über die gespeicherten Daten zu erhalten.

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Zweckbindung: Daten dürfen nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden. Allgemeine und nicht näher konkretisierte Zweckbestimmungen sind damit regelmäßig unvereinbar. Eine Weiterverarbeitung für andere, vorher nicht erkennbare Zwecke ist nicht ohne Weiteres zulässig. Datenminimierung: Daten dürfen nur erhoben werden, soweit dies dem Zweck angemessen ist. Die Erhebung muss auf dasjenige Maß beschränkt sein, das für den konkreten Zweck notwendig ist. Richtigkeit: Daten dürfen nur sachlich richtig erhoben werden und müssen gegebenenfalls aktualisiert werden. Es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden. Zeitliche Speicherbegrenzung: Daten dürfen nur solange gespeichert werden, wie es für die Zwecke erforderlich ist, für die sie verarbeitet werden. Anschließend ist allenfalls – etwa zu Archivzwecken – eine anonymisierte Speicherung zulässig, bei der die  betroffenen Personen nicht mehr identifiziert werden können. Integrität und Vertraulichkeit: Daten müssen so verarbeitet werden, dass eine hinreichende Datensicherheit gewährleistet ist. Sie sind durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen vor unbefugter Verarbeitung oder unbeabsichtigtem Verlust zu schützen. Rechenschaftspflicht: Für jede Datenverarbeitung, muss es eine Person oder Stelle geben, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Dieser Verantwortliche muss die Einhaltung der Datenschutzregelungen gewährleisten und nachweisen können. Dies kann insbesondere mit Blick auf Facebook oder ähnliche soziale Medien Schwierigkeiten aufwerfen. Wer dort eine Fanpage einrichtet oder einen „Gefällt mir“-Button in seine Homepage einbindet, ist ­mitverantwortlich für die Daten, die Facebook von den Besuchern der Seite verarbeitet.30 Der Betreiber muss daher durch geeignete Vereinbarungen mit der jeweiligen Plattform sicherstellen, dass die Daten rechtmäßig verarbeitet werden. Außerdem müssen die Seitenbesucher

30

 Vgl. EuGH – C-210/16 –, NJW 2018, 2537.

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datenschutzrechtlich darüber informiert werden, wer für die Verarbeitung verantwortlich ist und dass Facebook etwa Cookies setzt. Zur näheren Erläuterung kann per Link auf die Datenschutzbestimmungen von Facebook verwiesen werden. Wie der Betroffene allgemein bei jeder Datenerhebung zu informieren ist, schreibt die DSGVO detailliert vor. Folgende Angaben müssen zum Zeitpunkt der Datenerhebung gemacht werden: • Wer ist für die Datenerhebung verantwortlich und wie sind die Kontaktdaten des Verantwortlichen? • Wie kann gegebenenfalls der Datenschutzbeauftragte kontaktiert werden? • Für welche Zwecke sollen die personenbezogenen Daten verarbeitet werden und was ist die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung? • Was sind gegebenenfalls die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden und die die Datenerhebung rechtfertigen? • gegebenenfalls: An wen oder welchen Kreis von Empfängern sollen personenbezogene Daten weitergeleitet werden? • gegebenenfalls: Hat der Verantwortliche die Absicht, die personenbezogenen Daten an ein Drittland zu übermitteln? Dies kann insbesondere dann schwierig werden, wenn Daten auf ausländischen Servern gespeichert werden sollen, deren genauer Standort unklar ist. Bei den Serveranbietern oder Unternehmen wie Facebook, Instagram oder WhatsApp handelt es sich um sogenannte Auftragsverarbeiter, weil sie personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeiten. Sie dürfen nur eingeschaltet werden, wenn sie hinreichende Garantien dafür bieten, dass geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, damit die Verarbeitung im Einklang mit den Datenschutzanforderungen erfolgt, und der Schutz der Rechte der betroffenen Person gewährleistet ist. • Für wie lange werden die personenbezogenen Daten gespeichert? Falls das noch nicht konkret absehbar ist: Von welchen Kriterien hängt es ab, wie lange die Daten gespeichert werden? • Wo kann der Betroffene Auskunft über die über ihn erhobenen Daten erhalten? Wo kann er die ihn betreffenden Datensätze berichtigen

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oder löschen lassen? Wo kann er eine etwaige Einwilligung in die Datenerhebung widerrufen? Wichtig: Verarbeitung personenbezogener Daten im Überblick Damit personenbezogene Daten erhoben werden dürfen, muss dies rechtmäßig sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine wirksame Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder die Daten zur Erfüllung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten benötigt werden. Ist die Datenerhebung prinzipiell erlaubt, so bestehen weiterhin bestimmte Informationspflichten. Außerdem muss eine sichere und meist nur zeitlich beschränkte Aufbewahrung der Daten gewährleistet sein.

Für Einrichtungen innerhalb der großen christlichen Kirchen in Deutschland gilt die europäische Datenschutzgrundverordnung nicht unmittelbar. Zum Schutz des kirchlichen Selbstverwaltungsrechts enthält Art.  91 DSGVO einen Ausnahmetatbestand für religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften, die schon bisher nach nationalem Recht eigene Datenschutzregeln hatten. Die katholische Kirche in Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Zum 24. Mai 2018 ist ein eigenes Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) in Kraft getreten, das der europäischen Verordnung allerdings weitgehend entspricht. Im Bereich der evangelischen Kirche ist das Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG-EKD) die geltende Grundlage. Dieses ist Ende 2017 grundlegend reformiert und an das neue EU-Recht angepasst worden. Zwar entsprechen die kirchlichen Vorschriften der DSGVO weitgehend – zum Teil wörtlich –, doch gibt es im Detail wichtige Abweichungen. So schreibt das katholische Datenschutzrecht etwa für Einwilligungen in die Datenverarbeitung in Anlehnung an das frühere Bundesdatenschutzgesetz die Schriftform vor, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Dementsprechend dürfen mündliche Einwilligungen jedenfalls nicht den Regelfall darstellen. Für zahlreiche kirchliche Gliederungen, insbesondere alle Kirchengemeinden, ist die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten zwingend vorgeschrieben, wobei allerdings mehrere Gemeinden dieselbe Person beauftragen können. Die Datenschutzbeauftragten der deutschen Diözesen

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treffen sich in regelmäßigen Abständen und veröffentlichen gemeinsame Beschlüsse. Diese geben die Rechtsauffassung der Diözesandatenschutzbeauftragten wieder und sollen eine einheitliche Anwendung des kirchlichen Datenschutzrechts sicherstellen. In jüngerer Zeit betreffen diese Beschlüsse etwa Fragen zur Veröffentlichung von Fotos Minderjähriger oder Kriterien für die Nutzung sozialer Medien. Die Beschlüsse sind im Internet abrufbar unter www.katholisches-datenschutzzentrum.de. An diesen Beschlüssen sollten sich kirchliche Stellen zumindest orientieren. Soweit der jeweils zuständige Diözesandatenschutzbeauftragte konkrete Anweisungen erteilt, müssen sie diesen Folge leisten.

3.1.6 Foto- und Videoaufnahmen Oft stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen Foto- oder Videoaufnahmen von Veranstaltungen der Kinder- und Jugendarbeit in den unterschiedlichen Medien veröffentlicht werden dürfen. Regelungen dazu finden sich im „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ (KUG) aus dem Jahr 1907 sowie in jüngerer Zeit verstärkt im Datenschutzrecht. Beide Regelungen schützen im Ausgangspunkt das Recht am eigenen Bild. Dieses ist als Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch verfassungsrechtlich abgesichert. Danach darf grundsätzlich jeder selbst bestimmen, ob und wie er sich in der Öffentlichkeit darstellt und welche Bildnisse von ihm veröffentlicht werden. Für die Veröffentlichung von Fotos ist das KUG der rechtliche Ausgangspunkt. Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie (KUG)

§ 22 KUG Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen

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des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten. § 23 KUG (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte; 2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen; 3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben; 4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. (2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird. Danach dürfen Foto- und Videoaufnahmen, die das äußere Erscheinungsbild einer Person wiedergeben, grundsätzlich nur verbreitet werden, wenn der Abgebildete eingewilligt hat. Wer unbefugt Fotos verbreitet, kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft werden. Ausreichend ist, dass der Abgebildete auf einem Foto möglicherweise wiedererkannt werden kann. Ein geschütztes Bild liegt selbst dann vor, wenn der Abgebildete allein auf Grund einer Bildzeile identifizierbar ist und bei Wegfall der Bildunterschrift nicht wiedererkannt werden könnte. Ohne Einwilligung veröffentlicht werden dürfen dagegen Bilder, die Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte zeigen, Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen oder Bilder von öffentlichen Demonstrationen oder ähnlichen Veranstaltungen. Auch in diesen Fällen darf durch die Verbreitung des Bildes jedoch kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt werden. Zu diesen Ausnahmetatbeständen gibt es eine umfangreiche

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Rechtsprechung. Insbesondere haben sich vielfach mehr oder weniger Prominente gegen die Bildberichterstattung durch die Presse gewehrt. Zum Bereich der Zeitgeschichte zählen alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse; auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung können hierunter fallen. Unzulässig ist dagegen die Veröffentlichung von Fotos, die bloß die Neugier über das Leben Prominenter befriedigen soll. Beispiele Zur Zeitgeschichte können neben politischen und gesellschaftlichen Ereignissen wie der Amtseinführung von Prinz Albert, dem Rosenball in Monaco, dem Gala-Diner einer Stiftung oder der Ausstellung eines bekannten Künstlers auch Sportveranstaltungen gehören. Bei sportlichen Wettkämpfen sind Foto- und Videoaufnahmen heute weitgehend üblich und zwar auch dann, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, die nur in einer begrenzten Öffentlichkeit stattfinden. Dies gilt unabhängig davon, ob an dem Wettbewerb Erwachsene, Kinder oder Jugendliche teilnehmen. Auf Foto- und Videoaufnahmen müssen sich Teilnehmer einer Sportveranstaltung grundsätzlich auch dann einstellen, wenn keine Pressefotografen zugegen sind.31 Ebenso darf grundsätzlich über öffentliche Mitgliederversammlungen von Vereinen oder die Einführung eines neuen Pfarrers berichtet werden. Fotos von Veranstaltungen oder Bauwerken, auf denen Kinder oder Erwachsene nur als Beiwerk erscheinen, dürfen ebenfalls ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Dagegen ist die zeitgeschichtliche Relevanz von Fotos aus einem Ferienlager wohl meist zu verneinen. Wurde ein Foto heimlich aufgenommen und betrifft es zudem thematisch und räumlich die Privatsphäre des Abgebildeten, so spricht dies gegen die Zulässigkeit der Veröffentlichung. Dies gilt selbst dann, wenn das Foto den Kapitän der Fußballnationalmannschaft zeigt.32 Das Foto von einer Schülerklasse darf ohne Einwilligung jedenfalls nicht gewerblich vermarktet werden, selbst wenn es bei einer Feier zur Schuleröffnung aufgenommen wurde, solange nicht die Eröffnung als zentrales Motiv im Vordergrund steht.33

 Vgl. BGH – VI ZR 125/12 –, NJW 2013, 2890.  Vgl. OLG Köln – 15 U 96/18 –, BeckRS 2018, 29811. 33  Vgl. OLG Frankfurt am Main – 11 U 5/04 –, MMR 2004, 683 (684). 31 32

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Entgegen anders lautenden Gerüchten gibt es keine feste Regel zu Gruppenfotos. Es kommt nicht darauf an, wie viele Personen auf einem Foto zu sehen sind. Vielmehr gelten die oben dargestellten Kriterien. Entbehrlich ist eine Einwilligung danach, wenn eine Person als bloßes „Beiwerk“ erscheint, weil die Personendarstellung dem übrigen Motiv derart untergeordnet ist, dass sie auch entfallen könnte, ohne dass sich der Gegenstand und der Charakter des Bildes verändern. Nicht vom KUG erfasst sind Fotos von Häusern oder Gegenständen; sie dürfen meist ohne Einwilligung des Eigentümers verbreitet werden. Ist eine Einwilligung des Abgebildeten erforderlich, so kann diese schriftlich oder auch formlos erteilt werden. Allerdings müssen dem Betroffenen Zweck, Art und Umfang der geplanten Verwendung bekannt sein. Beispiel Wird ein Erwachsener in einer Fußgängerzone von einer Redakteurin eines Fernsehsenders angesprochen und interviewt, so willigt er in die Ausstrahlung ein, wenn er die Fragen der Journalistin vor erkennbar laufender Kamera beantwortet.

Besonderheiten gelten allerdings, wenn Bildnisse von Minderjährigen veröffentlicht werden sollen. Da die Einwilligung in die Veröffentlichung eines Bildes zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung darstellt, gelten für sie die allgemeinen Vertretungsregelungen. Minderjährige bedürfen daher für eine wirksame Einwilligung der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Allerdings würde man dem Persönlichkeitsrecht Jugendlicher nicht gerecht, wenn die Eltern gegen den Willen eines älteren, schon einsichtsfähigen Kindes ihre Zustimmung zur Veröffentlichung erteilen könnten. Daher wird in der Regel ab dem 14. Lebensjahr ein Mitspracherecht des Minderjährigen angenommen. Nach dem Prinzip der Doppelzuständigkeit kann der einsichtsfähige Minderjährige daher nicht ohne Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter in die Veröffentlichung seines Bildnisses einwilligen und diese dürfen die Einwilligung nicht gegen den Willen des Minderjährigen erklären. Wer gegen diese Regeln verstößt, kann sich strafbar machen. Das gilt insbesondere bei Fotos aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich im

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Sinne von §  201a StGB.  Diese Strafnorm markiert also eine äußerte Grenze, welche Art von Fotos in keinem Fall aufgenommen und veröffentlicht werden darf. Als Täter kommen neben den Mitarbeitern des Veranstalters auch Teilnehmer (ab einem Mindestalter von 14 Jahren) in Betracht. § 201a Abs. 1 und 2 StGB: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, 2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, 3. eine durch eine Tat nach den Nummern 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder 4. eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Verboten sind danach insbesondere Fotos aus Toiletten oder Umkleideräumen, da in solchen Räumen gerade der höchstpersönliche Lebensbereich gegen Beobachtungen geschützt sein soll. Auch das Schlafzelt eines Teilnehmers zählt zu den geschützten Räumen, nicht dagegen öffentlich zugängliche Orte. Fotos aus diesen Bereichen sind nur mit Einwilligung

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des Abgebildeten erlaubt, wobei allerdings jedenfalls junge Kinder nicht alleine wirksam einwilligen können. Dann kommt es auf die Einwilligung der Eltern an, die sich dabei allerdings am Wohl des Kindes orientieren müssen. Unabhängig vom Aufnahmeort verboten sind Bilder, die dem Ansehen des Abgebildeten erheblich schaden können, was insbesondere bei Nacktaufnahmen von Minderjährigen der Fall sein kann. In keinem Fall dürfen Nacktfotos Minderjähriger ge- oder verkauft werden. In pornografische Aufnahmen ihrer Kinder können auch die Eltern nicht einwilligen. Lange Jahre wurde die Veröffentlichung von Fotos faktisch vor allem von den Kriterien des Kunst- und Urhebergesetzes abhängig gemacht. Allerdings enthalten Fotos von Menschen selbstverständlich personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechts. Soweit solche Fotos elektronisch oder systematisiert verarbeitet werden sollen, sind daher zusätzlich die bereits oben (Abschn.  3.1.5) dargestellten Maßgaben zu beachten. Ganz besonders gilt das, wenn Fotos in den sozialen Medien veröffentlicht werden sollen, da Facebook, Instagram, WhatsApp und Co dabei weitgehende rechtliche Zugeständnisse verlangen. Dafür ist erst in jüngster Zeit ein Bewusstsein gewachsen. Wie sich KUG und Datenschutzrecht genau zueinander verhalten, ist rechtlich derzeit umstritten. Nach den Vorgaben der DSGVO dürfen Digitalfotos von Personen nur gespeichert werden, sofern einer der im Datenschutzrecht einzeln aufgeführten Rechtfertigungsgründe einschlägig ist. Mit Blick auf Fotos von Veranstaltungen der Kinder- und Jugendarbeit kommen insbesondere folgende Kategorien in Betracht: • Die abgebildete Person beziehungsweise ihre Erziehungsberechtigten haben ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der Fotos für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben. Unter welchen Voraussetzungen Minderjährige in die Verarbeitung von Fotos einwilligen können, definiert die DSGVO nicht abschließend. Maßgebliches Kriterium ist die Einsichtsfähigkeit des Abgebildeten, die je nach Einzelfall im Jugendalter einsetzt. Bis dahin ist die Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich, anschließend – jedenfalls auch – die des einsichtsfähigen Minderjährigen.

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• Die Verarbeitung der Fotos ist für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist. Einschlägig ist dieser Rechtmäßigkeitsgrund etwa, wenn eine vertragliche Pflicht vereinbart wird, den Teilnehmern abschließend Fotos von einer Veranstaltung zur Verfügung zu stellen, oder die Fotos sonst im Rahmen der Programmgestaltung verwendet werden sollen. • Die Verarbeitung der Fotos ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Veranstalters erforderlich, sofern nicht die Interessen der abgebildeten Person überwiegen, insbesondere dann, wenn ein Minderjähriger abgebildet wurde. Im Rahmen dieses Rechtfertigungsgrundes ist also eine Abwägung erforderlich, bei der auch die Form der beabsichtigten Veröffentlichung zu berücksichtigen ist. Im Streitfall würde die Abwägung von den Gerichten vorgenommen. Das bringt ein wenig Unsicherheit mit sich, da noch nicht ganz klar ist, wie die Rechtsprechung solche Abwägungen in Zukunft vornehmen wird. Zu vermuten ist allerdings, dass sich die Gerichte an den bislang zum KUG ergangenen Entscheidungen orientieren werden. Dann dürften beispielsweise Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte oder Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstige Örtlichkeiten erscheinen, meist veröffentlicht werden. Gleiches gilt für Bilder von öffentlichen Veranstaltungen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben. Dann entfallen auch die datenschutzrechtlichen Informationspflichten, wenn die Erteilung der Information aufgrund der unüberschaubaren Menge der Betroffenen einen unverhältnismäßig großen Aufwand erforderlich machen würde. In anderen Fällen kann der Veranstalter seiner Informationspflicht genügen, indem er die Teilnehmer beispielsweise durch einen Aushang darüber informiert, dass Fotografien angefertigt werden. Anderes gilt dagegen, wenn einzelne, nicht prominente Personen auf einem Foto hervorgehoben werden und sie deswegen nicht mehr nur als Beiwerk erscheinen. Je eher die Privatoder gar Intimsphäre des Abgebildeten betroffen ist, desto stärker wirkt sein Datenschutzinteresse. In vielen öffentlichen Frei- und Hallenbädern gilt deswegen ein allgemeines Fotoverbot. Die Konferenz der kirchlichen Datenschutzbeauftragten im Bereich der katholischen Kirche Deutschlands hatte ursprünglich eine besonders strenge Auffassung vertreten, wonach Bilder von Kindern ausschließlich

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mit Einwilligung der Sorgeberechtigten im Einzelfall veröffentlicht werden dürften.34 Zwischenzeitlich ist man davon abgerückt. Anerkannt ist nun, dass auch im Vorhinein im Rahmen des Anmeldeprozesses eine pauschale Einwilligung für einzeln benannte Veranstaltungen oder ein Schul- oder Kitajahr eingeholt werden kann. Selbst ohne Einwilligung ist die Veröffentlichung von Fotos zulässig, wenn eine Abwägung zu dem Ergebnis führt, dass ein berechtigtes Interesse daran besteht. Ausdrücklich verweisen die Datenschutzbeauftragten in diesem Zusammenhang nun auf die Kriterien des Kunst- und Urheberrechtsgesetzes, sodass Fotos von öffentlichen Versammlungen oder von Personen der Zeitgeschichte meist vergleichsweise unkompliziert zulässig sind (s. dazu schon oben). Überhaupt gelten die dargestellten strengen Anforderungen nur im Falle einer „Veröffentlichung“. Diese setzt voraus, dass die Bilder einer nicht genau feststehenden Mehrzahl von Unbeteiligten zugänglich gemacht werden. Sind die Personen dagegen miteinander oder mit dem Veranstalter bekannt, so gehören sie nicht zur Öffentlichkeit. Beispiel Sollen die Fotos von einer Veranstaltung der Kinder- und Jugendarbeit im Anschluss den Teilnehmern und ihren Eltern digital zur Verfügung gestellt werden, so ist der Adressatenkreis überschaubar. Es ist nicht von einer „Veröffentlichung“ auszugehen. Daher reicht eine pauschale Einwilligung, die die Erziehungsberechtigten im Vorfeld erteilen können. Dann dürfen die Bilder ausgegeben werden mit dem Hinweis, dass diese nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Dagegen dürfen solche Fotos nicht ohne Weiteres in Schaukästen ausgehängt oder in Flyern veröffentlicht werden.

Im Detail wird die Rechtsprechung in kommender Zeit sicher zu einer Klärung der Rechtslage beitragen. Bis dahin sollte man jede Veröffentlichung von Fotos sorgfältig prüfen. Andererseits scheint es weder zweckmäßig noch rechtlich geboten, vorerst gar keine Bilder mehr für die Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden.  Vgl. Beschluss der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche Deutschlands vom 17./18.04.2018 zur Veröffentlichung von Fotos von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren, aufgehoben durch Beschluss vom 4.4.2019; siehe ferner Beschluss vom 10./11.10.2018 zum rechtswirksamen Verzicht auf Einwilligungen bei Fotoaufnahmen, alle abrufbar unter www.datenschutz-kirche.de. 34

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Alle dargestellten Maßgaben zur Veröffentlichung von Fotos gelten auch für Fotos, die Teilnehmer selbst aufnehmen. Bisweilen drohen von dieser Seite noch deutlich höhere Risiken, wenn einzelne Teilnehmer unkontrolliert unangemessene Fotos aufnehmen und sie in sozialen Netzwerken veröffentlichen. Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung oder gar heimlich fotografiert und das Bild in einer WhatsApp-­Gruppe oder erst recht auf einer Internetplattform veröffentlicht, verletzt dadurch das Recht des Abgebildeten am eigenen Bild.35 Die Aufsichtspflicht der Mitarbeiter über minderjährige Teilnehmer verlangt, dies nach Möglichkeit zu unterbinden. Im Zweifel sollte es daher den Teilnehmern gänzlich untersagt werden, während einer Veranstaltung der Kinder- und Jugendarbeit andere zu fotografieren. Diese Regel dürfte auch in den Schulen verbreitet und den Kindern und Jugendlichen daher vertraut sein. Checkliste zum Umgang mit Fotos von Minderjährigen • Im Vorfeld eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen, dass Fotos aufgenommen und veröffentlicht werden dürfen. Besitzen Jugendliche eine ausreichende Reife, können sie unter Umständen auch selbst einwilligen. • Datenschutzrechtliche Informations- und Transparenzpflichten erfüllen. • Keinerlei Fotos aufnehmen, die Kinder in ihrer Intimsphäre verletzen oder bloßstellen. Unterbinden, dass Teilnehmer Fotos aufnehmen oder veröffentlichen, die andere Teilnehmer in ihren Rechten verletzen. • Fotos an die Teilnehmer nur mit dem Hinweis herausgeben, dass die Bilder nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. • Vor einer Veröffentlichung im Internet oder in Flyern  mindestens eine allgemeine Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen.

3.1.7 Krisenmanagement Mit dem Krisenmanagement beschäftigt sich im Vorfeld kaum jemand gerne. Gleichwohl ist es empfehlenswert, sich vorab zumindest kurz zu überlegen, welche Krisen im Verlauf eines Angebots der Kinder- und

 Vgl. LG Frankfurt am Main – 2-03 O 452/14 –, MMR 2016, 482.

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Jugendarbeit eintreten können. Insbesondere gilt das für längere Fahrten, bei denen die Teilnehmer für mehrere Tage von ihren Eltern getrennt sind. Die möglichen Ereignisse können dabei so vielfältig sein, wie die verschiedenen Veranstaltungen. Denkbar sind schwere medizinische Notfälle, der Tod von Teilnehmern oder Mitarbeitern, Feuer, Absage einer Veranstaltung oder Evakuierung eines Gelände aufgrund von Unwettern und so weiter. In solchen Fällen gilt es vor allem, ruhig und durchdacht zu handeln, um Panik möglichst zu vermeiden. Dazu hilft es, von vornherein ein Notfallsystem anzudenken. Dieses muss zum einen berücksichtigen, wer bei schwerwiegenden Ereignissen für die akute Gefahrenabwehr oder die Versorgung der Teilnehmer vor Ort zuständig ist. Katastrophenschutzorganisationen oder die Feuerwehr haben dazu eine hierarchische Organisationsstruktur, damit in eiligen Situationen stets klar ist, wer verbindlich Entscheidungen trifft. Dies empfiehlt sich ansatzweise auch für Ferienlager. Wenngleich demokratische Beteiligung und die Partizipation von Jugendlichen hohe Güter sind, sollte gleichwohl geregelt sein, wer im Zweifelsfall das Sagen hat. Daneben muss im Fall der Fälle möglicherweise auch ein Krisenstab am Heimatort des Veranstalters aufgebaut werden. So sollte eine Kontaktperson am Heimatort sein, die dort die Koordination oder etwaige Gespräche mit den Angehörigen der Teilnehmer übernimmt. Unter Umständen muss ferner gewährleistet sein, dass Presseanfragen beantwortet werden oder sonst eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit erfolgt. Stets sollte gewährleistet sein, dass Kinder- und Jugendgruppen bei längeren Fahrten unter einer Notfallnummer telefonisch erreichbar sind. Außerdem kann es sinnvoll sein, gerade jüngeren Teilnehmern eine Art Lagerausweis zu erstellen, auf dem ebenfalls die Notfallnummer vermerkt sein sollte. Falls ein Kind verloren gehen sollte, kann so schnell der Veranstalter kontaktiert werden. Sicher muss eine Organisation, die nebenamtlich ein Ferienlager pro Jahr organisiert, in diesen Kontexten nicht den Teufel an die Wand malen. Andererseits können schon kleine Maßnahmen im Vorfeld dazu führen, dass alle Beteiligten deutlich ruhiger und professioneller reagieren, falls es doch zu einem Notfall kommt.

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Weiterführende Literatur

Viele weiterführende Hinweise zu diesem Thema enthält folgendes Buch: Adler, Tine/Igl, Andreas et al. (2009), Kompass Notfallmanagement. … und wenn es doch passiert, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf.

3.2 U  nterwegs mit Kindern und Jugendlichen Bei kaum einem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit stellen sich unterschiedlichste rechtliche Fragen so intensiv wie bei Ferienlagern und ähnlichen Fahrten. Deswegen werden im Folgenden zunächst einige allgemeine Maßgaben für Fahrten mit Kindern- und Jugendlichen aufgestellt.

3.2.1 Unterkunft Bei Fahrten mit Übernachtung ist eine gute und sichere Unterkunft die wesentliche Voraussetzung für eine gelungene Veranstaltung. Daher sollte die Unterkunft möglichst frühzeitig und in der Regel mindestens per E-Mail gebucht werden. Bloß mündliche Vereinbarung bieten demgegenüber nicht das gleiche Maß an Rechtssicherheit. Im Mietvertrag sollte unbedingt festgehalten werden, dass die Räumlichkeiten für eine Ferienfreizeit mit Kindern- und Jugendlichen genutzt werden soll, damit dies für alle Beteiligten klar ist. Bei den üblichen Gruppenunterkünften in Deutschland kann man sich meist darauf verlassen, dass alle rechtlich gebotenen Standards eingehalten werden. Trotzdem empfiehlt sich vor der Buchung neuer Unterkünfte regelmäßig eine Besichtigung der Räumlichkeiten. Sie bewahrt vor dem Risiko, dass Fotos oder gar mündliche Beschreibungen doch einen gänzlichen anderen Eindruck von einer Unterkunft vermitteln können als der tatsächliche Eindruck. Rechtlich betrachtet stellt eine schlechte Bausubstanz oder eine verwohnte Einrichtung nicht unbedingt einen Mangel dar, sofern das gemietete Objekt noch geeignet ist,

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den Vertragszweck zu erfüllen. Allerdings ist dem Veranstalter meist nicht damit geholfen, wenn er im Fall eines Mangels die Miete mindern kann, da er ja nicht Geld sparen, sondern eine gute Veranstaltung ausrichten will. Wer mit einer Gruppe zelten gehen möchte, sollte dafür nach Möglichkeit einen eingerichteten Zeltplatz aufsuchen. Verlassen darf sich der Mieter eines offiziellen Zeltplatzes als Grundvoraussetzung darauf, dass der Zeltplatz als solcher öffentlich-rechtlich genehmigt ist. Gegebenenfalls wird dies voraussetzen, dass ein Warnsystem besteht, wenn besondere Gefahren wie etwa eine Überschwemmung durch Hochwasser naheliegen. Jedenfalls in Regionen mit hoher Gewittergefahr müssen in der gefährdeten Jahreszeit sichere, blitzgeschützte Schutzräume vorhanden sein. Zudem sind Zeltplätze regelmäßig auf Kinder und Jugendliche als Gäste eingestellt und daher mit den geltenden Sicherheitsstandards vertraut. Dazu zählen hygienische Mindeststandards ebenso wie die Absicherung von Gefahrenstellen oder eine regelmäßige Kontrolle umsturzgefährdeter Bäume. Beispiel: Sicherheitsanforderungen auf einem Zeltplatz Besucher eines Kinder- und Jugendzeltplatzes dürfen zwar nicht erwarten, dass jede abstrakte Gefahr vorbeugend ausgeschlossen wird. Daher muss auch auf einem Zeltplatz für Kinder nicht jedes Spannseil eines Zeltes besonders markiert werden. Allerdings müssen solche Plätze zumindest besonders kindgerecht und möglichst gefahrenarm gestaltet werden. Dagegen verstößt der Platzbetreiber, wenn ein dickeres Stahlseil zur Befestigung eines Sonnensegels in keiner Weise markiert wird. Dies gilt zumal in den Wintermonaten, wenn das Sonnensegel nicht ausgefahren wird; im Zweifel muss es dann abgebaut werden.

Die Rechtslage zum Wildcamping ist in Deutschland unübersichtlich. Erlaubt ist es zwar, insbesondere Wälder zu Erholungszwecken zu betreten, was ein erholsames Nickerchen einschließt. Schwieriger wird es dagegen, sobald über Nacht Zelte aufgestellt werden sollen. Dann kommt es auf den genauen Standort an. Insbesondere in Naturschutzgebieten und Wäldern ist das Zelten in aller Regel verboten.

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§ 3 Landesforstgesetz NRW: Betretungsverbote (Auszug)

Verboten ist das e) […] Zelten und das Abstellen von Wohnwagen und Kraftfahrzeugen im Wald, soweit hierfür nicht eine besondere Befugnis vorliegt. Außerhalb von Wäldern wird es noch komplizierter. Dort dürfen jedenfalls private Flächen nicht ohne Weiteres betreten oder gar als Zeltplatz benutzt werden. Weil aber für Außenstehende bisweilen gar nicht erkennbar ist, wem ein bestimmtes Grundstück gehört, ist es oft nicht so einfach, die erforderliche Einwilligung des Eigentümers zu bekommen. Im Übrigen haben einzelne Bundesländer wie etwa Niedersachsen weitergehende Verbote erlassen, die das Zelten in freier Landschaft generell untersagen. § 27 Niedersächsisches Waldgesetz: Zelte, Wohnwagen, Wohnmobile

In der freien Landschaft sind außerhalb von genehmigten Campingplätzen das Zelten, das Aufstellen von Wohnwagen und Wohnmobilen sowie der Aufenthalt in Zelten, Wohnmobilen und Wohnwagen nicht gestattet. Als Alternative zu einem offiziellen Zeltplatz bietet es sich also meist allenfalls an, mit einem Landwirt abzusprechen, ob dessen Wiesen im Einzelfall für wenige Tage zum Zelten benutzt werden dürfen. Dann fehlen allerdings meistens Sanitäranlagen, aber auch Schutzmöglichkeiten für den Fall eines Gewitters. Kriterien für eine gute Unterkunft • Hat die Unterkunft die ausreichende Größe für die zu erwartende Teilnehmerzahl? • Bietet die Unterkunft die Gelegenheit zur Vollpension oder Selbstversorgung? • Erfüllt die Unterkunft auf den ersten Blick alle angemessenen Sicherheitsstandards?

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• Macht die Unterkunft einen sauberen, hygienisch einwandfreien Eindruck? • Ist die Unterkunft gut gelegen? Gibt es ausreichend Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in der Umgebung? • Will der Veranstalter die Unterkunft allein nutzen oder dürfen noch andere Gruppen vor Ort sein?

Die Rechtsprechung zum Mietrecht und möglichen Mängeln ist umfangreich. An dieser Stelle kann mit Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit nur ein grober Überblick gegebenen werden. Allgemein treffen einen Reiseveranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung von Reisen eigene Verkehrssicherungspflichten. Er darf sich nicht allein darauf verlassen, dass die von ihm beauftragten Vertragspartner (beispielsweise Hotels oder Jugendherbergen) die notwendigen Sicherungsmaßnahmen ergreifen. Vielmehr hat er diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die eine verständige, vorsichtige und gewissenhafte Person für ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Dabei gehört es zu seinen Grundpflichten, seine Vertragspartner hinsichtlich ihrer Eignung und Zuverlässigkeit sorgfältig auszuwählen und ihre Leistung regelmäßig zu überwachen. Wer ein Hotel unter Vertrag nimmt, muss sich zuvor vergewissern, dass es nicht nur den gewünschten Komfort, sondern auch einen ausreichenden Sicherheitsstandard bietet. Ist das Hotel einmal für in Ordnung befunden worden, so befreit dies den Veranstalter nicht von der Pflicht, es regelmäßig durch daraufhin zu überprüfen, ob der ursprüngliche Zustand und Sicherheitsstandard noch gewahrt ist. Wie häufig und in welchem Umfang eine solche Kontrolle geboten ist, hängt von den Umständen ab. Unmittelbar betrifft diese Rechtsprechung gewerbliche Reiseveranstalter, doch schadet es jedenfalls nicht, sich auch in der Kinder- und Jugendarbeit an diesen Maßstäben zu orientieren. Ein Mangel der Mietsache liegt im Einzelnen beispielsweise vor, wenn auf einen Campingplatz die Gefahr besteht, dass Bäume umstürzen und Personen oder Sachen verletzen. Ist diese Gefahr akut, so sollte der Vermieter unverzüglich darauf hingewiesen und Abhilfe innerhalb einer bestimmten (kurzen) Frist verlangt werden. Ansonsten ist der Mietvertrag

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fristlos zu kündigen, da niemandem zugemutet werden kann, diese Gefahr auszuhalten. Ebenso kann Baulärm einen Mangel darstellen, der allerdings meist lediglich zur Minderung der Miete berechtigt. Bei Auslandsreisen gelten grundsätzlich die Sicherheitsstandards des Ziellandes. Auch in der Schweiz stellt es aber nach Auffassung der Rechtsprechung einen Reisemangel dar, wenn ein Hochbett in einer Berghütte ohne jede Absturzsicherung vermietet wird.36 Zur Begründung beruft sich das Oberlandesgericht Karlsruhe auf die maßgebliche DIN-Norm, wonach Etagenbetten im Wohnbereich mit einer umlaufenden Absturzsicherung versehen sein müssen, wobei die Sicherung mindestens 16 Zentimeter über die Oberkante der Matratze hinausragen muss. Dagegen kann nicht von den Aufsichtspflichtigen verlangt werden, ein fünfeinhalb Jahre altes Kind so engmaschig zu überwachen, dass dadurch ein Sturz aus dem Bett ausgeschlossen werden könnte. Im Streitfall musste daher der Vermieter für die Unfallfolgen aufkommen. Ein Mitverschulden der aufsichtspflichtigen Eltern sah das Gericht nicht, zumal sich der Unfall kurz nach der Ankunft der Reisegruppe ereignet hat und sich die Kinder mit Duldung der Eltern nur vorübergehend allein in dem Zimmer mit den ungesicherten Hochbetten aufgehalten haben. Gelegentlicher, sozialadäquater Lärm durch Kinder stellt dagegen – auch für andere Vertragsparteien – keinen Mietmangel dar. Das Bundesimmissionsschutzgesetz bestimmt für seinen Geltungsbereich ausdrücklich, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine „schädlichen Umwelteinwirkungen“ sind. Gleichwohl hat die insoweit zu fordernde erhöhte Toleranz jedoch Grenzen. Diese sind jeweils im Einzelfall zu bestimmen unter Berücksichtigung von Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräusche, des Alters und des Gesundheitszustands der Kinder. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob der Lärm „durch objektiv gebotene erzieherische Einwirkungen“37 zu vermeiden wäre. Insoweit können wiederum die

 Vgl. OLG Karlsruhe – 7 U 196/15 –, NJW-RR 2017, 624.  BGH – VIII ZR 226/16 –, NJW-RR 2017, 1290 Rn. 14.

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Betreuer in die Pflicht genommen werden. Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wesentlich, dass die Unterkunft darauf ausgerichtet ist, Kinder zu beherbergen und möglichst wenig geräuschempfindliche Nachbarn hat. Wer eine Gruppenunterkunft für Kinder und Jugendliche reinigt, kann nicht immer vermeiden, dass beispielsweise zum Zeitpunkt der Essenausgabe noch einzelne feuchte und damit rutschige Stellen am Boden zurückbleiben. Regelmäßig ist er jedoch gehalten, die Räume so rechtzeitig zu wischen, dass alles sicher trocknen kann, bevor Teilnehmer den Raum wieder betreten.38 • Durch den Mietvertrag übernimmt der Veranstalter eine vertragliche Nebenpflicht, die Mietsache pfleglich zu behandeln und sie zu erhalten. Wer diese Pflicht fahrlässig oder gar vorsätzlich verletzt, muss dafür Schadensersatz leisten. Nach allgemeinen rechtlichen Grundsätzen entsteht eine Schadensersatzpflicht allerdings nur bei schuldhaftem Verhalten. Nur wenn dies ausdrücklich im Mietvertrag so vereinbart ist, haftet der Veranstalter auch für Beschädigungen, die er oder seine Gehilfen nicht verschuldet haben (Abschn. 2.3.1.3 „Mietvertrag“). Beispiele Verliert ein Mitarbeiter des Veranstalters den Zentralschlüssel für die Unterkunft, weil er diesen unsorgfältig aufbewahrt hat, so handelt er fahrlässig. Dieses Verschulden eines Gehilfen wird dem Veranstalter zugerechnet; er haftet. Lässt dagegen ein sechsjähriger Teilnehmer trotz umfassender Aufsicht und Ermahnung versehentlich beim Essen einen Teller fallen, so fällt dem Veranstalter kein Verschulden zur Last. Entsprechendes dürfte gelten, wenn gut beaufsichtigte Teilnehmer nachts mit einem Edding ein Bett bemalen. Für solche, nicht von ihm verschuldeten Beschädigungen haftet der Veranstalter nur, wenn dies im Mietvertrag so vereinbart wurde. Wird der Veranstalter für solche Schäden in Anspruch genommen, sind spätestens jetzt seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sorgfältig zu prüfen.

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 Vgl. zum Speisesaal einer Reha-Klinik OLG Saarbrücken – 4 U 193/11 –, NJW-RR 2013, 28.

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Die Unterbringung von Mädchen und Jungen sollte möglichst in geschlechtergetrennten Räumen erfolgen. Die Aufsichtspflicht des Veranstalters bezieht sich nämlich auch darauf, dass Minderjährige keine sexuellen Kontakte haben. Wird eine Teilnehmerin schwanger und haben die Mitarbeiter dies erst durch eine schuldhafte Verletzung ihrer Aufsichtspflicht möglich gemacht, so sind sie zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schaden besteht dann nicht in der Geburt eines Kindes – ein Mensch als solcher kann nie als Schaden angesehen werden –, sondern in den Kosten für den Unterhalt des Neugeborenen. Dass ehrenamtliche Gruppenleiter tatsächlich zu Unterhaltszahlungen verurteilt wurden, ist zwar nicht ersichtlich, doch dürfen sie sich in dieser Hinsicht jedenfalls nicht gänzlich arglos verhalten.39 Aus Präventionsgründen sollten Teilnehmer im Übrigen möglichst in Räumen übernachten, die von den Schlafräumen der Mitarbeiter getrennt sind, ohne dass dadurch eine gemeinsame Fahrt etwa im Schlafabteil eines Zuges per se verboten wäre. Dem Mieter einer Unterkunft oder eines Zeltplatzes steht für die gemieteten Flächen das Hausrecht zu. Er kann ungebetenen Gästen den Zutritt verbieten. Dies gilt auch gegenüber dem Vermieter, der die gemieteten Räume nicht ohne Weiteres betreten darf. Im Einzelfall sind dazu die Regelungen des Mietvertrages heranzuziehen und sozialübliche Einschränkungen des Hausrechts zu berücksichtigen (etwa in einer Jugendherberge oder einem Hotel, wo täglich die Zimmer gereinigt werden). Wenn Eindringlinge einen etwaigen Platzverweis des Hausrechtsinhabers nicht beachten, kann gegebenenfalls die Polizei eingeschaltet werden.

3.2.2 Nutzung privater Kraftfahrzeuge In der ehrenamtlich geleisteten Kinder- und Jugendarbeit setzen viele Aktive auch ihre privaten Kraftfahrzeuge ein. Dann stellt sich spätestens beim ersten Unfall die Frage, wie dies rechtlich zu bewerten ist.

 Vgl. Nademleinsky (2015) Aufsichtspflicht, 77–82.

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Prinzipiell ist es jedem Besitzer eines Kraftfahrzeugs unbenommen, dieses im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements oder einer beruflichen Tätigkeit einzusetzen. Allerdings bringt dies einige Risiken für den Fahrer sowie den Halter des fraglichen Fahrzeugs mit sich, falls das eigene oder ein fremdes Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird. Zwar kommt für Fremdschäden üblicherweise die zwingend abzuschließende Kfz-Haftpflichtversicherung auf, doch verliert der Halter bei Inanspruchnahme der Versicherung einen etwaigen Schadensfreiheitsrabatt. Er muss dadurch in Zukunft höhere Versicherungsprämien zahlen. Bei Schäden am eigenen Fahrzeug springt, falls vorhanden, eine Vollkaskoversicherung ein, die aber oft eine Selbstbeteiligung erfordert. Diese Risiken lassen sich teilweise auffangen, indem der Veranstalter für dienstlich veranlasste Fahrten seiner haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeiter gesonderte Dienstreisehaftpflichtversicherungen abschließt oder bei Schäden an privaten Fahrzeugen selbst einspringt. Der Abschluss solcher Versicherungen ist unbedingt zu empfehlen, wenn regelmäßig private Fahrzeuge genutzt werden sollen (Abschn. 2.3.3.2). Zu beachten ist allerdings, dass solche Versicherungen oft nur einspringen, wenn ein Unfall während einer angeordneten Dienstfahrt geschieht, nicht dagegen bei Unfällen auf der Strecke zwischen dem Wohnort des Mitarbeiters und dem Veranstaltungsort. Kommt es dagegen auf den zuletzt genannten Strecken zu körperlichen Verletzungen, so gilt der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ehrenamtlicher Mitarbeiter auch für Fahrten mit privaten Fahrzeugen. Selbst tragen müssen Mitarbeiter dagegen etwaige Bußgelder oder Strafen, falls sie bei dienstlichen Fahrten Verkehrsordnungswidrigkeiten oder -straftaten begehen. Es verbleiben also wirtschaftliche Restrisiken. Die genannten Risiken werden noch gesteigert, wenn die Beförderung von Teilnehmern in privaten Fahrzeugen geplant ist. Dies ist zwar nicht allgemein gesetzlich verboten, doch haften Fahrer und Halter unter Umständen, wenn die Insassen bei einem Unfall verletzt werden. Zwar beschränkt die Rechtsprechung die Haftung auf vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden, wenn jemand unentgeltlich und uneigennützig eine Personengruppe zu einer Veranstaltung befördert, doch gilt dies in der Regel nur, soweit dem Schädiger kein Versicherungsschutz zusteht. Deswegen bleiben jedenfalls Restrisiken für den Fahrer,

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die allerdings wiederum weitgehend durch gesonderte Versicherungen abgedeckt werden können. Gleichwohl verbieten aus Angst vor Haftungsrisiken zum Beispiel im Schulbereich viele Dienstherren ihren Lehrern, Schüler in Privatfahrzeugen zu befördern. Andere Veranstalter handhaben dies aber aus guten Gründen anders. Jedenfalls sollten die Mitarbeiter dazu mit ihrem Veranstalter möglichst klare Absprachen treffen. Außerdem sollte der Veranstalter stets die ausdrückliche Einwilligung der Eltern einholen, falls Minderjährige in Privatfahrzeugen der Mitarbeiter transportiert werden sollen. Selbstverständlich sollte es sein, dass vor allem für den Transport von Kindern und Jugendlichen nur Autofahrer in Frage kommen, die einen gültigen Führerschein besitzen und die auch sonst fahrtauglich sind. Im Zweifel sollte für geplante Fahrten mit Blick auf Alkohol eine freiwillige 0-Promille-Grenze gelten. Außerdem darf gerade auf Fahranfänger kein Druck ausgeübt werden, Teilnehmer in ihrem Auto mitzunehmen. Jeder Mitarbeiter muss selbst entscheiden dürfen, ob er diese Verantwortung übernehmen will. Wer erstmals ein fremdes Kraftfahrzeug fährt, muss es zuvor überprüfen. Alle eingesetzten Fahrzeuge müssen voll verkehrstauglich sein. Bei Glatteis oder Schnee müssen dazu alle Räder mit speziellen Reifen ausgerüstet sein, die den Anforderungen an winterliche Wetterverhältnisse genügen (§ 2 Abs. 3a Straßenverkehrsordnung [StVO]). Vorsichtshalber wird als Pauschalregel empfohlen, von Oktober bis Ostern Winterreifen zu nutzen. Im Übrigen ist zu beachten, dass in Kraftfahrzeugen grundsätzlich nicht mehr Personen befördert werden dürfen, als mit Sicherheitsgurten ausgerüstete Sitzplätze vorhanden sind. Grundsätzlich verboten ist es auch, Personen auf der Ladefläche von Kraftfahrzeugen mitzunehmen. Kinder unter zwölf Jahren dürfen nur auf einem speziell zugelassenen Kindersitz mitgenommen werden, sofern sie nicht schon größer als 1,50 Meter sind (§ 21 StVO). Obwohl die juristische Kindersitzpflicht unabhängig von der Körpergröße mit dem zwölften Geburtstag endet, wird der Gurt bei Kindern unter 1,50 Metern selten ordnungsgemäß verlaufen. Deswegen sollte unabhängig von der gesetzlichen Altersgrenze bei kleinen Kindern weiterhin ein Kindersitz benutzt werden.

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3.2.3 Ausweisdokumente & Co. Deutsche sind verpflichtet, einen gültigen Personalausweis oder Reisepass „zu besitzen“, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Das bestimmt § 1 des Personalausweisgesetzes. Dieser Ausweispflicht genügt man, wenn man ein gültiges Ausweisdokument hat; man muss dieses nicht immer bei sich tragen. Auf Verlangen der zuständigen Behörden ist man allerdings verpflichtet, das Ausweisdokument vorzulegen, damit durch einen Gesichtsabgleich die Identität der Person festgestellt werden kann. Wer 16 Jahre oder älter ist, tut sich also jedenfalls keinen Gefallen, wenn er ohne Ausweis weit verreist. Andernfalls kann eine stets mögliche Überprüfung durch die Polizei zu erheblichen Problemen führen. Wer gar keinen gültigen Ausweis besitzt oder auf Aufforderung keinen vorlegt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Für die Ein- und Ausreise aus dem Bundesgebiet sind Deutsche grundsätzlich verpflichtet, einen gültigen Reisepass mitzuführen, um sich ausweisen zu können. Eine Altersgrenze oder Ausnahmen für Minderjährige sieht das Gesetz nicht vor. Auch Kindern kann schon ein Reisepass ausgestellt werden; alternativ können sie bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr einen Kinderreisepass beantragen. Innerhalb der Europäischen Union und für einzeln bestimmte weitere Staaten wie die Schweiz reicht allerdings ausnahmsweise meist ein Personalausweis. Mit diesem darf man sich allerdings in manchen Ländern nur für einen begrenzten Zeitraum aufhalten. Details sollten im Vorfeld einer Auslandsreise geklärt werden. Für die Kinder- und Jugendarbeit scheint Folgendes praktikabel: Bei größeren Fahrten innerhalb Deutschlands sollte man von allen Teilnehmern zumindest eine Kopie der Personalausweises einsammeln. Diese sollte im Zweifelsfall meist ausreichen, falls eine behördliche Personenkontrolle durchgeführt wird. Das Mitnehmen einer bloßen Kopie hat im Übrigen den Vorteil, dass die Originaldokumente nicht gestohlen werden oder verloren gehen können. Für Auslandsreisen muss dagegen für jeden Teilnehmer ein Ausweisdokument mitgenommen werden. Andernfalls kann schon die Ausreise aus dem Bundesgebiet verweigert werden.

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Darauf sollte der Veranstalter im Vorfeld hinweisen, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen, falls es tatsächlich zu Problemen kommt. Wenn die Leiter die Ausweisdokumente für jüngere Teilnehmer gesammelt an einem sicheren Ort aufbewahren, so müssen sie dabei besondere Sorgfalt an den Tag legen. Kommt ein Pass durch Diebstahl oder Verlust abhanden, so muss dies unverzüglich der Passbehörde angezeigt werden. Eine Verlustanzeige bei der Polizei ist nicht zwingend erforderlich. Neben den Ausweisdokumenten müssen gesetzlich Krankenversicherte ihre Krankenversicherungskarte auf größere Fahrten mitnehmen. Von Notfällen abgesehen kann sonst die ärztliche Behandlung versagt werden. Gerade bei jüngeren Teilnehmern kann es sich empfehlen, diesen für die Zeit eines Ferienlagers eine Art Lagerpass auszuhändigen, den sie fortwährend mit sich führen sollen. Auf diesem Dokument sollten neben dem Namen des Kindes der Name des Veranstalters, die Adresse der Unterkunft sowie eine Notfallnummer notiert sein. Das kann helfen, falls ein Kind etwa bei einem Stadtgang oder einem Besuch im Schwimmbad den Anschluss an die Gruppe verliert.

3.2.4 Medizinische Angelegenheiten Immer wieder stellt sich Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit die Frage, wie sie sich bei medizinischen Problemen minderjähriger Teilnehmer verhalten sollen. Einerseits sind die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit des Kindes zu schützen beziehungsweise ihm bei Notfällen Hilfe zu leisten. Würden sie bei einem Unglücksfall nichts unternehmen, machten sie sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar. Andererseits sind grundsätzlich die Eltern Träger der Personensorge für ihre Kinder. Die Personensorge umfasst die tatsächliche Sorge für alle persönlichen Angelegenheiten des Kindes. Sie betrifft also auch die Entscheidungsbefugnis, welche ärztlichen Eingriffe vorgenommen oder welche Medikamente verabreicht werden dürfen, wobei dem Kind je nach Urteilsfähigkeit ein Vetorecht zusteht. Ärztliche Behandlungen, die in die körperliche Unversehrtheit eingreifen, stellen tatbestandlich eine Körperverletzung darf, selbst wenn sie kunstgerecht ausgeführt werden (Abschn. 2.2.3.1). Ihnen wird aber die

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Rechtswidrigkeit genommen, wenn der Patient oder sein Vertreter wirksam einwilligen. Minderjährige können eine solche Einwilligung nur dann selbst erteilen, wenn sie einwilligungsfähig sind, also nach ihrer geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung des Eingriffs abschätzen können. An die Einwilligungsfähigkeit Minderjähriger sind hohe Anforderungen zu stellen. Eine feste Altersgrenze lässt sich nicht bestimmen, da die Einwilligungsfähigkeit von der persönlichen Entwicklung des Betroffenen abhängt. Neben dem Alter sind insbesondere die Schwere und Komplexität des Eingriffs zu berücksichtigen. Je schwerer und komplexer er ist, desto weniger kann bei Minderjährigen von einer hinreichenden Einsichts- und Urteilsfähigkeit ausgegangen werden. Letztlich kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Allerdings ist es bei Veranstaltungen im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit nicht immer praktikabel und sachgerecht, zunächst die ­Entscheidung der Eltern abzuwarten, bevor ein Arzt aufgesucht wird. Dies gilt für akute Notfälle, in denen die Eltern nicht zu erreichen sind, ebenso wie für einfache Standarduntersuchungen, die es nicht rechtfertigen, dass die Eltern anreisen, um vor Ort eine informierte Einwilligung abgeben zu können. Im Übrigen treffen die Mitarbeiter des Veranstalters schon dadurch zwangsläufig eine Entscheidung, dass sie selbst bestimmen müssen, wann überhaupt Anlass für einen Arztbesuch oder die Einschaltung der Eltern besteht. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich jedenfalls bei größeren Fahrten mit mehreren Übernachtungen, dass die Eltern Teile ihrer Personensorge in medizinischen Angelegenheiten vorab pauschal auf den Veranstalter delegieren. Dies ist mit der Anmeldung problemlos möglich. Eine solche Übertragung von Entscheidungskompetenzen in medizinischen Angelegenheiten ist sinnvoll, damit die Mitarbeiter des Veranstalters insbesondere in Notfällen, aber auch bei kleineren Verletzungen vor Ort die notwendigen Entscheidungen treffen können. Sie dürfen dann in Abstimmung mit dem erkrankten Teilnehmer entscheiden, ob beziehungsweise wann ein Arzt aufgesucht wird. Im Falle eines Arztbesuches können sie in medizinisch notwendige Heileingriffe einwilligen. Sind auf ärztliche Verordnung Medikamente einzunehmen, so können die Mitarbeiter kraft der elterlichen Delegation der Personensorge das Notwendige veranlassen. Aus praktischen Gründen empfiehlt es sich sogar, bei akuten Verletzungen zunächst einen Azrt aufsuchen und erst dann die Eltern zu

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informieren, weil oft erst mit fachkundiger Hilfe seriös einzuschätzen ist, wie gravierend eine Verletzung ist. Ein Formulierungsbeispiel findet sich in der Musteranmeldung (Abschn. 4.1). Welche Entscheidungen die Mitarbeiter ohne Einbeziehung der Eltern treffen, hängt vom Einzelfall ab. Je schwerwiegender und je weniger dringlich ein medizinischer Eingriff ist, desto eher sollten die Eltern eingeschaltet werden, um nachträgliche Streitigkeiten und Haftungsrisiken aus dem Weg zu gehen. Von einem vorherigen Einverständnis der Eltern umfasst ist in der Regel das Recht, kleinere Wunden mit einem Pflaster zu versorgen, ein leichtes Nasenbluten durch Kühlen der Nase b­ eziehungsweise des Nackens zu behandeln oder einen kleinen Holzsplitter aus der Haut zu ziehen und die betroffene Stelle anschließend zu desinfizieren.  Bei allen erheblichen Verletzungen sollten die Eltern aber jedenfalls nach der Rückkehr informiert werden, damit sie eine etwaige Nachbehandlung veranlassen können. Hintergrundinformation: Fürsorgepflicht und Elternrecht im Konflikt

Die Fürsorgepflicht für die Gesundheit des Kindes und das Recht der Eltern, über die persönlichen Angelegenheiten des Kindes frei zu entscheiden, können in Konflikt zueinander geraten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Eltern als Anhänger der Zeugen Jehovas aus religiösen Gründen Bluttransfusionen für ihre minderjährigen Kinder ablehnen. Weicht die elterliche Weigerung vom medizinischen Standard ab und wird dadurch das Kindeswohl gefährdet, so kann das Familiengericht die elterliche Zustimmung ersetzen. Das elterliche Veto ist dann vom Arzt nicht zu beachten.

Zu den medizinischen Angelegenheiten, die im Ferienlager relativ häufig für Unsicherheit sorgen, zählen Zeckenstiche. Zecken gehören zu den Milben, sie sind also mit den Spinnen verwandt. Sie können nicht springen, aber gut laufen. Sie riechen, wenn ein Mensch in der Nähe ist und lassen sich dann von Grashalmen oder Ästen eines Busches herunterfallen oder abstreifen. Besonders gefährdet sind Wälder mit warm-­feuchten Bereichen, da sich die Zecken dort besonders wohl fühlen. Setzen sich Zecken in der Haut eines Menschen fest, so können so Borreliose-­ Bakterien übertragen. In Nordrhein-Westfalen tun das rund 10 Prozent der Zecken. Außerdem können Zecken das FSME-Virus übertragen (Frühsommer-Meningoenzephalitis). In Deutschland befinden sich Risikogebiete hauptsächlich in Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen

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sowie im südöstlichen Thüringen. FSME-Erkrankungen werden meistens im Frühjahr und im Sommer, vereinzelt auch im Herbst, beobachtet. Deswegen sollte man sich im Vorfeld jedes Ausflugs ins Grüne informieren, ob eine Reiseregion besonders gefährdet ist. Zu den Vorsichtsmaßnahmen zählt es dann, nur mit langer, möglichst geschlossener Kleidung in den Wald zu gehen. Außerdem empfiehlt es sich, nach jedem Ausflug ins Gelände Kniekehlen, Achselhöhlen, die Leistengegend, den Schritt und den Haaransatz nach Zecken abzusuchen. Wer in ­FSME-­Risikogebieten viel in Wäldern unterwegs und dadurch exponiert ist, sollte erwägen, sich im Vorfeld impfen zu lassen. Dies wird unter den genannten Voraussetzungen empfohlen. Wird ein Zeckenstich festgestellt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Zecke vom Betroffenen selbst oder einem Gruppenleiter gezogen werden darf oder ob dazu ein Arzt aufgesucht werden muss. Aus juristischer Sicht ist ein Arztbesuch nicht in jedem Fall zwingend. Wer eine Zecke fachgerecht zieht, begeht dadurch keine Körperverletzung, da die Gesundheit des Betroffenen nicht geschädigt wird. Zudem hängt die Infektionsgefahr für Borreliose wesentlich davon ab, wie lange eine Zecke in der Haut bleibt. Je schneller die Zecke entfernt wird, desto geringer ist das Infektionsrisiko. Nach mehreren Stunden steigt die Gefahr dagegen rasant. Deswegen kann es je nach Entfernung sogar hinderlich sein, erst einen Arzt aufzusuchen. Gegenläufige Rechtsprechung, die zu einer Verurteilung wegen einer unsachgerechten Zeckenentfernung geführt hätte, ist entgegen anders lautenden Gerüchten nicht ersichtlich.40 Erkrankt jemand nach einem Zeckenstich an Fieber oder zeigen sich andere Auffälligkeiten, sollte aber unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Für den Fall eines Zeckenstichs empfiehlt sich folgendes Vorgehen: • Mindestens ein Gruppenleiter sollte hinreichend in Erster Hilfe qualifiziert sein und sich zutrauen, eine Zecke zu ziehen. • Es sollten eine Zeckenkarte oder ähnliche Hilfsmittel vorhanden sein, um Zecken zu ziehen. Damit muss sich der zuständige Gruppenleiter vorab vertraut machen.

40

 Vgl. ebenso Gerstein (2018) Rechtskunde, 15 f.

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• Beim Ziehen einer Zecke muss darauf geachtet werden, diese restlos aus der Haut zu entfernen, sodass nicht etwa der Kopf des Tieres zurückbleibt. • Nach dem Ziehen sollte die betroffene Stelle einige Zeit kontrolliert werden. Dazu kann es sich empfehlen, sie mit einem Stift zu markieren. • Zeigen sich Auffälligkeiten oder Entzündungen, sollte schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden.

Im Übrigen sind die Mitarbeiter des Veranstalters selbstverständlich verpflichtet, bei Notfällen Erste Hilfe zu leisten. Dazu empfiehlt es sich, vorab ein oder zwei Mitarbeiter festzulegen, die dann für alle medizinischen Fragen zuständig sind. Sie sollten besonders in Erster Hilfe geschult sein, ohne dass jedoch die landesrechtlichen Vorgaben für den Rettungsdienst – etwa im Rettungsgesetz NRW – gelten würden, da es sich weder um Notfallrettung noch um Krankentransport im Sinne des Gesetzes handelt. Durch die Benennung eines internen Sanitätsteams verhindert man, dass unterschiedliche Mitarbeiter verschiedene Behandlungen vornehmen, ohne sich abzustimmen. Wichtig: Notfallapotheke Das Sanitätsteam sollte unter anderem für die Bereitstellung und Verwaltung einer Notfallapotheke zuständig sein. Diese könnte etwa enthalten: • • • • •

Verbandsmaterial einschließlich Pflastern Desinfektionsmittel Zeckenzange Sonnencreme eine beliebige freiverkäufliche Flüssigkeit mit arzneimittelähnlichem Aussehen als Placebo („Heimweh-Tropfen“)

Haben die Eltern das medizinische Sorgerecht (teilweise) auf den Veranstalter übertragen, so dürfen dessen Mitarbeiter ganz ähnlich agieren, wie es sonst die Eltern tun würden. Kleinere Verletzungen dürfen also ohne Weiteres mit einem Pflaster versorgt werden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn im Rahmen medizinischer Behandlungen der Intimbereich eines Patienten betroffen wird. Zwar kann ein medizinischer Kontext ansonsten sexualbezogenen Handlungen den verbotenen Charakter

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nehmen, doch bleiben stets Unsicherheiten (Abschn. 2.2.3.3). Bei allen schweren oder unklaren Verletzungen sollte in jedem Fall sicherheitshalber ein Arzt eingeschaltet werden. Tun die Mitarbeiter dies nicht, so haften sie unter Umständen, falls es im Nachhinein zu Spätfolgen kommt, weil eine Verletzung nicht ordnungsgemäß behandelt wurde. Gleichwohl werden an ein ehrenamtliches Sanitätsteam nicht dieselben strengen Maßstäbe angelegt, wie sie für Ärzte gelten. Unterlaufen dem Team bei seiner Hilfeleistung Versäumnisse, die aus medizinischer Sicht schwerwiegend sein mögen, so ist insbesondere keine Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten geboten. Bei der Frage, ob ein Arzt einzuschalten ist, muss nach der Rechtsprechung zudem je nach Alter des erkrankten Teilnehmers dessen eigene Einschätzung berücksichtigt werden. Drängt etwa eine 16-jährige Teilnehmerin nicht auf ärztliche Hilfe, so darf dies jedenfalls in die Abwägung der Aufsichtspflichtigen einbezogen werden.41 Andererseits kann es zwingend sein, schon bei mutmaßlich leichten Verletzungen einen Arzt aufzusuchen, wenn die Eltern den Veranstalter zuvor über relevante Vorerkrankungen informiert haben. Um bei Erkrankungen einen Arzt aufsuchen zu können, müssen gesetzlich Versicherte – von Notfällen abgesehen – ihre Krankenkassenkarte vorlegen. Deswegen sollte der Veranstalter sicherstellen, dass alle Teilnehmer ihre Krankenversicherungskarte mitnehmen. Bei jüngeren Teilnehmern bis zum Alter von etwa 14 Jahren sollte der Veranstalter diese Karten vorab einsammeln und an einem sicheren Ort aufbewahren, wo sie im Notfall schnell auffindbar sind. Insbesondere bei Auslandsreisen sollte ein hinreichender Krankenversicherungsschutz vorab ausführlicher geprüft werden (Abschn. 2.3.3.3). Asylbewerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dieser umfasst ärztliche Behandlungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie die dazu notwendigen Arzneimittel. Für die ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wurden lange Zeit spezielle Behandlungsscheine durch die Sozialämter ausgestellt. Erst anschließend erhielten die Asylbewerber eine

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 Vgl. LG Stuttgart – 25 O 68/05.

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elektronische Gesundheitskarte und damit nahezu dieselben Leistungen wie gesetzlich Versicherte. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Flüchtlingszahlen werden die Krankenkassenkarten zuletzt in den meisten Bundesländern aber schon vor Ablauf der Wartezeit ausgegeben. Praktisch sind Asylbewerber dann doch ähnlich wie gesetzlich Versicherte zu behandeln. Im Detail weichen die diesbezüglichen Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen, den Ländern und den Kommunen voneinander ab. Sicherheitshalber sollte daher bei Bedarf geklärt werden, wie Asylbewerber im Krankheitsfall geschützt sind. Medikamente sollten die Mitarbeiter grundsätzlich nicht von sich aus an Teilnehmer abgeben. Zum einen stellt sich sonst die Frage, ob die Eltern auch das Recht zur Verabreichung von Arzneimitteln ohne Rücksprache mit einem Arzt delegieren wollten, zum anderen sind die Restriktionen des Arznei- und Betäubungsmittelrechts zu beachten. Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden. Beispiel Daher dürfen Mitarbeiter des Veranstalters nicht ohne Weiteres verschreibungspflichtige Schmerztabletten aus ihrem privaten Bestand an minderjährige Teilnehmer weitergeben.

Anders stellt sich die Lage dar, wenn Teilnehmer auf ärztliche Anordnung – möglicherweise regelmäßig – Medikamente einnehmen müssen. Daran dürfen die Mitarbeiter mitwirken. Um in solchen Fällen richtig handeln zu können, sollten die Erziehungsberechtigten aufgefordert werden, im Vorfeld schriftlich zu erklären, ob und gegebenenfalls in welchen Abständen oder bei welchen Symptomen ihr Kind Medikamente einnehmen muss. Außerdem sollte bei dieser Gelegenheit abgefragt werden, ob ein Minderjähriger seine Medikamente eigenständig verwalten und einnehmen soll oder ob dies von den Mitarbeitern zu überwachen ist. Nach medizinischen Empfehlungen ist es sinnvoll, dass Kinder einen gewissen Schutz vor Krankheiten durch Impfungen haben. Dazu gibt es Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), die sich

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wiederum an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin orientiert. Eine gesetzliche Impfpflicht besteht indes in Deutschland nicht. Allerdings müssen die Erziehungsberechtigten bei der Erstaufnahme in eine Kindertageseinrichtung nachweisen, dass ein vollständiger, altersgemäßer Impfschutz besteht. Tun sie dies nicht, kann das Gesundheitsamt zu einer Beratung laden, ohne freilich zu einer Impfung zwingen zu können. Dagegen können freie Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit vertraglich vereinbaren, dass eine Teilnahme nur möglich ist, wenn ein angemessener Impfschutz besteht. Dann sollte sich der Veranstalter vorab eine Kopie des Impfpasses aushändigen lassen. Ob eine solche Voraussetzung sinnvoll ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Bei Auslandsreisen werden zum Teil bestimmte Impfungen für die Einreise vorausgesetzt. Nähere Informationen zum Impfschutz stellt das Robert-Koch-Institut zur Verfügung unter www.rki.de. Zu den empfohlenen Impfungen zählt insbesondere die gegen Tetanus. Tetanus ist eine Infektionskrankheit, die unbehandelt häufig tödlich verläuft. Sie wird insbesondere bei Verletzungen übertragen, wenn Fremdkörper unter die Haut geraten. Die Wunden müssen nicht offen sein, auch kaum sichtbare Bagatellverletzungen können gefährlich sein. Gegen die Infektion wird eine Impfung empfohlen, die bei bestehender Grundimmunisierung alle 10 Jahre aufgefrischt werden muss. Hat sich ein Minderjähriger verletzt und lässt sich nicht feststellen, ob ein wirksamer Tetanus-Schutz besteht, sollten die Gruppenleiter daher im Zweifel einen Arzt bitten, den Betroffenen sicherheitshalber zu impfen. § 34 IfSG bestimmt gesundheitliche Anforderungen für Mitarbeiter, die in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten oder Schulen, aber auch Ferienlagern oder ähnlichen Einrichtungen Erziehungs-, Pflege-, Aufsichtsaufgaben oder sonstige Tätigkeiten übernehmen. Sie dürfen nicht an näher bestimmten ansteckenden Krankheiten wie Masern, Keuchhusten oder einzelnen Magen-Darm-Erkrankungen leiden. Teilnehmer mit solchen Krankheiten dürfen Gemeinschaftsräume nicht betreten. Für Kinder, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gilt dieses Verbot auch, wenn sie an einer Magen-Darm-Grippe (infektiöse Gastroenteritis) erkrankt sind oder zumindest ein dahingehender Verdacht besteht. Sicherheitshalber kann in die Anmeldung eine Klausel aufgenommen werden, wonach eine Teilnahme bei ansteckenden

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Krankheiten generell verboten ist. Zieht sich ein Teilnehmer oder Mitarbeiter während der Fahrt eine solche Krankheit zu, muss er die Fahrt gegebenenfalls abbrechen, um eine Übertragung der Krankheit zu verhindern. Insoweit sollte man im Zweifel einen strengen Maßstab anlegen, da bei Ferienlagern auf engem Raum mit gemeinschaftlichen Sanitäreinrichtungen höchste Ansteckungsgefahr besteht.

Wichtig: Checkliste für Unfälle • Der Zugriff auf Erste Hilfe-Materialien muss jederzeit möglich sein. Möglichst sollte auch ein Telefon erreichbar sein, um gegebenenfalls einen Notruf absetzen zu können. • Die Versorgung eines verletzten Teilnehmers hat stets Vorrang: Bei Unfällen ist zunächst Erste Hilfe zu leisten beziehungsweise festzustellen, wie gravierend die Verletzungen sind. • Je nach Schwere des Unfalls muss entschieden werden, ob der verletzte Teilnehmer zu einem Arzt oder ins Krankenhaus gebracht werden muss oder vor Ort angemessen versorgt werden kann. Daran schließt sich die Entscheidung an, ob für einen etwaigen Transport zum Arzt öffentliche Verkehrsmittel, ein Privatfahrzeug oder ein Taxi ausreichend sind oder ob wegen der Dringlichkeit ein Rettungswagen anzufordern ist. Im Zweifelsfall oder bei unabsehbaren Verletzungen ist der Rettungswagen immer die erste Wahl. Bei Arztbesuchen sind minderjährige Teilnehmer zu begleiten. • Bei schweren Unfällen sind unverzüglich die Eltern zu informieren, sobald die akute Versorgung gewährleistet ist. Dazu müssen die entsprechenden Telefonnummern greifbar sein. • Nach Arztbesuchen ist durch den Veranstalter gegebenenfalls eine Anzeige an private oder gesetzliche Unfallversicherungen zu veranlassen.

3.2.5 K  onsum von Alkohol, Zigaretten und anderen Suchtmitteln Fragen wirft immer wieder der Umgang mit Alkohol, Zigaretten und anderen Suchtmitteln auf. Selbstverständlich sollte sein, dass die ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben dazu eingehalten werden. Diese finden sich insbesondere im Jugendschutzgesetz (JuSchG). Danach dürfen alkoholische Getränke in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht abgegeben werden. Ebensowenig darf ihnen dort der Verzehr von Alkohol gestattet werden. Eine Ausnahme gilt für Jugendliche

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zwischen 14 und 16 Jahren nur dann, wenn sie von ihren Personensorgeberechtigten, also meist ihren Eltern, begleitet werden. Nicht ausreichend ist dafür die Begleitung durch bloße Erziehungsbeauftragte, wie es die Mitarbeiter des Veranstalters allenfalls sind. Die Eltern sollen selbst darüber entscheiden können, wann und in welcher Umgebung ihre Kinder erste Erfahrungen mit alkoholischen Getränken machen. Davon abgesehen dürfen an den genannten Orten Bier beziehungsweise Biermischgetränke sowie Wein und Schaumwein erst an Jugendliche ab 16 Jahren abgegeben werden. Hochprozentige Alkoholika – gemeint sind damit alle anderen alkoholischen Getränke außer Bier, Wein und Schaumwein  – dürfen in keinem Fall in der Öffentlichkeit an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben werden. Dieses Verbot gilt auch für sogenannte Alkopops, in denen Spirituosen mit anderen Getränken gemischt sind. Weil man in den oft süßen Mischungen den Alkohol weniger stark schmeckt, gehen davon nach Einschätzung des Gesetzgebers besondere Suchtgefahren für Kinder und Jugendliche aus. Veranstalter und Gewerbetreibende sind dafür zuständig, dass die genannten Altersgrenzen eingehalten werden. In Zweifelsfällen müssen sie das Lebensalter von jungen Menschen in geeigneter Weise überprüfen, indem sie sich beispielsweise den Personalausweis, Reisepass oder Führerschein zeigen lassen. Auf eine Kontrolle dürfen sie nur dann verzichten, wenn die Einhaltung der jeweiligen Altersgrenze offensichtlich, also unter keinen Umständen zu bezweifeln ist. Alle genannten Verbote erfassten nach dem gesetzlichen Wortlaut zunächst öffentlich zugängliche „Gaststätten“, an denen gewerbsmäßig Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle an jedermann abgegeben werden, und andere „Verkaufsstellen“, also Einzelhandelsgeschäfte oder Marktbuden. Ansonsten gelten die Verbote „in der Öffentlichkeit“. Inwiefern Veranstaltungen der Jugendarbeit als „Öffentlichkeit“ erfasst sind, hängt davon ab, ob sie allgemein für jedermann zugänglich sind. Ist dies der Fall, so gilt das Alkoholverbot. Veranstaltungen, zu denen prinzipiell jeder Zugang hat oder zu denen sich jeder anmelden kann, sind danach ebenso öffentlich wie Gruppenunterkünfte, die zeitgleich auch von anderen Besuchern genutzt werden. Dagegen können „Partykeller“, Vereinsheime, kirchlich genutzte Räume oder private Zeltplätze auch so abgeschottet sein, dass sie zur Privatsphäre zählen. Dann ist das Alkoholverbot des Jugendschutzgesetzes nicht anwendbar.

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Beispiele In Jugendherbergen, bei öffentlichen Jugendpartys oder in großen Ferienlagern ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Alkoholverbot des JuSchG gilt. Bei sehr kleinen Gruppen oder in abgeschlossenen Räumen kann dies mangels Öffentlichkeit anders zu beurteilen sein. Bei Feiern in privaten Wohnungen erscheint es jedenfalls besonders begründungsbedürftig, das Merkmal der Öffentlichkeit und damit die Geltung des JuSchG zu bejahen.

Soweit das Alkoholverbot gilt, dürfen betroffene Getränke weder an Kinder und Jugendliche abgegeben werden noch darf ihnen der Verzehr gestattet werden. Eine verbotene Gestattung des Alkoholkonsums liegt nicht erst dann vor, wenn der Verantwortliche ausdrücklich seine Erlaubnis ausspricht. Vielmehr genügt es, dass er den Alkoholkonsum durch einen Minderjährigen wahrgenommen und geduldet hat. Der Verantwortliche kann sich dann nicht damit entschuldigen, dass er nie gänzlich verhindern kann, dass sich Jugendliche außerhalb seines Einflussbereiches Alkohol besorgen. Er muss alles Zumutbare unternehmen, um den verbotenen Alkoholkonsum in seinen Räumen zu unterbinden. Die Einhaltung dieser Vorschriften darf von den Behörden durch jugendliche Testkäufer überprüft werden. Verstößt ein Gaststättenbetreiber wiederholt gegen Bestimmungen des JuSchG, so rechtfertigt der hohe Rang des Jugendschutzes den Widerruf seiner Gaststättenerlaubnis. Ein Spezialproblem sind sogenannte Flatrate-Partys, bei denen unbegrenzter Alkoholkonsum zu einem Festpreis angeboten und beworben wird. Es erscheint naheliegend, dass solche Partys gerade für Jugendliche dem „Alkoholmissbrauch […] Vorschub leisten“, wie es das Gaststättenrecht formuliert. Alkoholmissbrauch liegt vor, wenn alkoholische Getränke im Übermaß verzehrt werden. Ein solcher übermäßiger Alkoholkonsum liegt jedenfalls dann vor, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene so stark alkoholisiert sind, dass sie sich zu Exzessen oder Körperverletzungsdelikten hinreißen lassen. Dem kann der Veranstalter durch sein Preiskonzept Vorschub leisten.42 Erst recht gilt dies, wenn

 Vgl. VGH München – 22 CS 07.1796 –, NVwZ-RR 2008, 26.

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Alkohol auf Freibier-Partys kostenlos ausgeschenkt wird. Gewerblichen Veranstaltern können solche Veranstaltungen untersagt werden. Wo das Jugendschutzgesetz nicht gilt, bleibt es gleichwohl dem Veranstalter oder Hauseigentümer unbenommen, ein absolutes Alkoholverbot auszusprechen. Die Rechtsprechung hat anerkannt, dass ein solches Verbot auch in öffentlichen Schulen zulässig ist. Beispiel Das Schulgesetz Nordrhein-Westfalen verbietet den Verkauf, den Ausschank und den Genuss alkoholischer Getränke im Zusammenhang mit schulischen Veranstaltungen. Über Ausnahmen von dem Verbot entscheidet die Schulkonferenz, die bei ihrer Entscheidung insbesondere die Vorbildwirkung zu berücksichtigen hat. Für branntweinhaltige Getränke und sonstige Rauschmittel ist keine Ausnahme möglich (§  54 Abs.  5 SchulG NRW).

Klare Regelungen für den Umgang mit Alkohol und mitunter auch ein absolutes Alkoholverbot können besonders mit Blick auf Minderjährige durchaus sinnvoll sein, da diese stets aufsichtsbedürftig sind. Der Aufsichtspflichtige hat deswegen in jedem Fall ein Interesse daran, dass Alkohol allenfalls in so geringen Mengen konsumiert wird, dass niemand sich selbst oder andere schädigt. Die Aufsichtspflichtigen müssen deswegen je nach Teilnehmerkreis zunächst klarstellen, welche Regeln für den Konsum von Alkohol während einer Veranstaltung in der Kinder- und Jugendarbeit gelten. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz und erst recht Trinkgelage müssen durch geeignete und wirksame Maßnahmen unterbunden werden. Dazu reicht es nicht aus, ein etwaiges Verbot nur mündlich auszusprechen. Vielmehr muss die Einhaltung eines Verbotes auch nachts regelmäßig überprüft und gegebenenfalls durchgesetzt werden. Gelegentliche Kontrollen auf den Zimmern sind jedenfalls erforderlich, solange noch nicht die allgemeine Nachtruhe eingekehrt ist. Solche Kontrollen sollen die Einhaltung der Hausordnung und die Sicherheit der Jugendlichen gewährleisten. Sie sind bei Veranstaltungen in Gemeinschaftsunterkünften wie Ferienlagern oder Klassenfahrten üblich und werden von den Jugendlichen weitgehend als berechtigt angesehen und akzeptiert.

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Beispielsfall: Exzess beim Schachturnier Ein Sportverein lädt seine Mitglieder zu einem Schachturnier ein, das ein anderer Verein in einer fremden Stadt ausrichtet. Alle Turnierteilnehmer werden für ein Wochenende in einem Internat untergebracht. Nachts trinken mehrere 15-jährige Turnierteilnehmer größere Mengen Bacardi-Cola. Zu diesem Zeitpunkt sind die Trainer des Sportvereins nicht mehr vor Ort, weil sie sich darauf verlassen hatten, dass der Turnierveranstalter die Aufsicht übernehme; dieser hält sich dagegen nicht für zuständig. Im weiteren Verlauf der Nacht klettert eine Teilnehmerin in erheblich alkoholisiertem Zustand aus dem Fenster ihres Zimmers auf ein Vordach und stürzt von diesem fünf Meter in die Tiefe. Dabei verletzt sie sich schwer. Anschließend fordert sie Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 6000 Euro von ihrem Sportverein. Zu Recht? Lösungshinweise: Der Sportverein ist zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wobei allerdings ein 50-prozentiges Mitverschulden der verletzten Teilnehmerin zu berücksichtigen ist. Der Verein übernimmt durch die Ausschreibung des Turniers die Aufsichtspflicht für seine teilnehmenden Mitglieder. Er ist dadurch verpflichtet, die jugendlichen Teilnehmer veranstaltungs- und altersgerecht zu betreuen und sie vor Schäden zu schützen. Eine ordnungsgemäße Betreuung erfordert zunächst, dass mindestens ein Betreuer auch nachts in der Unterkunft bleibt. Er muss durch regelmäßige Kontrollen alkoholischen Exzessen vorbeugen. Ausdrücklich führt das Oberlandesgericht Hamm in diesem Zusammenhang aus: „Es ist eine bekannte Erfahrungstatsache und für Jugendliche […] geradezu alterstypisch, dass die Freiheit von elterlicher Kontrolle sie mitunter dazu bringt, ‚über die Stränge zu schlagen‘. Gerade die gegenseitige Beeinflussung in der Gruppe bringt es mit sich, dass sie auch bei an sich verbotenem Tun schon darum nicht gern zurückstehen, um nicht ängstlich und kindlich zu erscheinen. In dieser Situation kommt es mitunter auch bei sonst gutartigen und unauffälligen Jugendlichen  – nicht zuletzt aufgrund der Neugier und des Gruppenverhaltens  – zu Alkoholkonsum, der sich umso verheerender auswirken kann, je weniger dem Jugendlichen die Grenzen dessen bekannt sind, was er vertragen kann. Deswegen müssen bei auswärtiger Unterbringung von Jugendgruppen die Betreuer durch geeignete und wirksame Maßnahmen dafür sorgen, dass es nicht zu solchen Gelagen kommt wie hier.“43

 OLG Hamm – 6 U 78/95 –, NJWE-VHR 1996, 71.

43

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Werden verbotene Alkoholika gefunden, so gelten die Regeln, die unten noch zu Gepäckdurchsuchungen erläutert werden (Abschn. 3.2.6). Mit der Aufsichtspflicht unvereinbar wäre es, verbotene Getränke beim Teilnehmer zu belassen. Allerdings dürfen Leiter auch keine Getränke der Teilnehmer gegen deren Willen entsorgen oder gar selbst verzehren. Entweder vernichten die Teilnehmer verbotene Getränke selbst unter der Aufsicht eines Leiters oder dieser nimmt die fraglichen Getränke an sich und händigt sie bei nächster Gelegenheit den Erziehungsberechtigten aus. Kontroverse Fragen wirft in der Praxis immer wieder der richtige Umgang mit Alkohol durch die verantwortlichen Gruppenleiter auf. Es gibt keine rechtliche Norm, wonach Gruppenleiter in Ausübung ihrer Tätigkeit stets nüchtern sein müssten. Zugleich sollte es selbstverständlich sein, dass sie als Aufsichtspflichtige und aufgrund ihrer Vorbildfunktion zu keinem Zeitpunkt übermäßig alkoholisiert sein dürfen. Andernfalls können sie ihre verantwortungsvolle Aufgabe nicht mehr wahrnehmen. Denn unbestreitbar beeinflusst Alkohol schon in kleineren Mengen die Wahrnehmung, die Aufmerksamkeit, die Koordination und das Reaktionsvermögen. Bei Unglücksfällen ist deshalb damit zu rechnen, dass die Polizei bei den Mitarbeitern im Verdachtsfall Alkoholtests durchführt. Stellt sich dann heraus, dass alle Mitarbeiter unter Alkoholeinfluss standen, so liegt der Verdacht auf der Hand, dass sie sich schlecht organisiert hatten. Dieser Verdacht trifft vor allem den Veranstalter, aber auch alle sonst beteiligten Leiter. Für jeden Einzelnen stellt sich dann die Frage, ob er als Aufsichtspflichtiger Alkohol trinken durfte, ohne für eine Vertretung zu sorgen. Dieser Umstand wird im Streitfall die Verteidigung aller Leiter erheblich erschweren, selbst wenn sie trotz Alkoholisierung richtig gehandelt haben mögen. Zur Illustration kann der bereits geschilderte Alkoholexzess beim Schachturnier dienen: Angenommen, es wäre zwar ein Leiter anwesend gewesen, der aber selbst einige Flaschen Bier getrunken hätte, so wird man ihm kaum abnehmen, dass er alles Zumutbare unternommen hat, um den Unfall zu verhindern.

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Alkoholkonsum durch Gruppenleiter Folgende Maßgaben für den Umgang mit Alkohol durch die Mitarbeiter des Veranstalters haben sich als praktikabel erwiesen: • Während der Programmgestaltung und vor den Augen der Teilnehmer dürfen Gruppenleiter in keinem Fall Alkohol konsumieren oder gar angetrunken sein. • Die Aufsichtspflicht der Gruppenleiter besteht während der Nachtzeit fort. Deswegen müssen auch nachts ausreichend Gruppenleiter vor Ort und in der Lage sein, bei medizinischen Notfällen, Unwettern oder groben Regelverstößen durch die Teilnehmer angemessen zu reagieren. • Trotzdem muss nach Beginn der abendlichen Nachtruhe kein striktes Alkoholverbot für alle Gruppenleiter ausgesprochen werden. • In der Regel muss aber jederzeit mindestens ein volljähriger Gruppenleiter anwesend sein, der gänzlich nüchtern ist. Er trägt dadurch zwar nicht die Gesamtverantwortung, gewährleistet aber, dass auch zur Nachtzeit nüchterne und besonnene Entscheidungen gefällt werden. Nicht zwingend ist es von daher, dass der nüchterne Gruppenleiter auch einen Führerschein besitzt und ein Auto fahren darf. Zwar mag dies hilfreich sein, doch genügt aus rechtlicher Sicht jeder volljährige, nüchterne Leiter.

Auch Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse dürfen in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht abgegeben werden (§ 10 JuSchG). Dieses Verbot gilt ebenso für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden. Der Verkäufer muss sich vom Alter eines Kaufwilligen im Zweifelsfall überzeugen, indem er sich geeignete Ausweisdokumente vorlegen lässt. Missachtet ein Gewerbetreibender die Vorschriften des Jugendschutzrechts regelmäßig und nachhaltig, indem er Kindern und Jugendlichen Tabakwaren verkauft, so muss ihm die zuständige Behörde das Gewerbe untersagen. Ebensowenig darf Kindern und Jugendlichen in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit der Konsum der genannten Produkte gestattet werden. Für den Begriff der „Öffentlichkeit“ gelten im Hinblick auf Tabakwaren dieselben Maßstäbe wie für Alkoholika: Wenn Veranstaltungen oder Räume prinzipiell für jedermann zugänglich sind, so gelten sie als öffentlich und das Rauchverbot des Jugendschutzgesetzes

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gilt. Anders können dagegen geschlossene Räumlichkeiten oder private Wohnungen zu beurteilen sein, die zur Privatsphäre zählen. Im Hinblick auf die verbotene Gestattung des Tabakkonsums spielt es keine Rolle, wo und auf welchem Wege Minderjährige diese Erzeugnisse erhalten haben. Nimmt ein Verantwortlicher wahr, dass ein Minderjähriger in der Öffentlichkeit raucht, so muss er alles Zumutbare unternehmen, um dies zu unterbinden. Noch über das Jugendschutzgesetz hinausgehend verbieten die Nichtraucherschutzgesetze der Länder den Tabakkonsum an weiteren Orten. Deren Maßgaben sind altersunabhängig zu beachten. Beispiel Das Nichtraucherschutzgesetz Nordrhein-Westfalen verbietet das Rauchen in Schulen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe oder – unabhängig von der Betriebsart, Größe und Anzahl der Räume – in Gaststätten sowie bei Sportveranstaltungen in geschlossenen Räumen.

Weil das Rauchen nach eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen gerade für junge Menschen untrennbar mit schweren Gesundheitsgefahren verbunden ist, kommt neben den juristischen Anforderungen der pädagogischen Einwirkung auf Kinder und Jugendliche eine besondere Bedeutung zu: Sie sollten gegebenenfalls auf die gesundheitlichen Risiken aufmerksam gemacht werden. Leiter sollten sich zudem ihrer besonderen Vorbildfunktion bewusst sein und nicht vor minderjährigen Teilnehmern rauchen. Ebenso sollte ein striktes Rauchverbot für alle Räume gelten, die für die Betreuung von Kindern bestimmt sind (vgl. § 10 Abs. 4 Kinderbildungsgesetz NRW). Andernfalls besteht stets die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche ihre Leiter nachahmen wollen und nur deswegen Tabakwaren konsumieren.

3.2.6 Gefährliche Gegenstände im Gepäck Bereits im Vorfeld einer Reise mit Kindern und Jugendlichen sollten die Erziehungsberechtigten darauf hingewiesen werden, welche Ausrüstungsgegenstände auf einer Fahrt erwünscht sind und welche besser oder gar zwingend Zuhause gelassen werden sollten. Dass keine Gegenstände

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mitgenommen werden dürfen, deren Besitz verboten ist wie beispielsweise Waffen oder Drogen, sollte eigentlich keines gesonderten Hinweises bedürfen. Dagegen sind insbesondere im Hinblick auf Alkohol möglicherweise konkrete Absprachen erforderlich. Auch ein einfaches Taschenmesser kann in der Hand von Kindern zu einem gefährlichen Gegenstand werden. So stellt es eine Verletzung der Aufsichtspflicht dar, wenn Mitarbeiter einem Siebenjährigen erlauben, ein Fahrtenmesser zu kaufen und damit ohne engmaschige Aufsicht umzugehen.44 Besteht der Verdacht, dass sich im Gepäck eines Teilnehmers Gegenstände befinden, die eine Gefahr für ihn selbst oder für andere begründen, so sollte in der Regel zunächst das Gespräch mit dem Betroffenen gesucht werden. In diesem Rahmen kann er auch gebeten werden, selbst ein verdächtiges Gepäckstück vorzuzeigen und auszuräumen. Oft führt bereits die Konfrontation oder die Androhung weiterer Sanktionen dazu, dass ein gesuchter Gegenstand freiwillig herausgegeben wird. Führt diese erste Maßnahme dagegen nicht zum gewünschten Erfolg, so stellt sich die Frage, ob eine Zimmer- und Gepäckdurchsuchung zulässig und angemessen ist. Eine solche Untersuchung berührt das Eigentumsrechts des Teilnehmers und stellt einen erheblichen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar. Erfolgt die Durchsuchung gegen den Willen des Teilnehmers, so macht sich der Suchende möglicherweise wegen Nötigung (§  240 StGB) oder Verletzung des Briefgeheimnisses (§  202 StGB) strafbar. Wer eine fremde Person oder ihre Kleidung durchsucht, kann sich wegen Beleidigung (§  185 StGB) strafbar machen, wenn in seinem Verhalten eine herabsetzende Bewertung des Betroffenen zu sehen ist. Auch ein Handy darf nicht ohne Weiteres gegen den Willen des Berechtigten etwa nach Fotos oder anderen Speicherinhalten durchsucht werden. Außerdem gefährdet jede zwangsweise Durchsuchung das Vertrauensverhältnis zwischen Teilnehmern und Leitern. Trotzdem kann aber Anlass zu einer Durchsuchung bestehen, weil die Aufsichtspflichtigen nicht einfach hinnehmen dürfen, dass ein Minderjähriger möglicherweise sich  Vgl. OLG München – 14 U 28/78 –, VersR 1979, 747.

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oder andere gefährdet. Dies unterscheidet eine Durchsuchung durch die Aufsichtspflichtigen etwa von einer Durchsuchung durch den Ladendetektiv eines Supermarktes; Letztere ist regelmäßig rechtswidrig. Das Marktpersonal darf mutmaßliche Diebe bei einem konkreten Verdacht nur festhalten, bis die Polizei eintrifft und die Durchsuchung durchführt. Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage sollten Zimmer oder Gepäckstücke von Teilnehmern nur mit größter Zurückhaltung durchsucht werden. Voraussetzung ist zunächst der konkrete Verdacht eines gravierenden Rechtsverstoßes. Dies ist etwa der Fall, wenn konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass sich verbotene Spirituosen, Drogen oder Waffen im Gepäck befinden. Nicht ausreichen würde dagegen der bloße Verdacht, dass ein Teilnehmer elektronische Geräte mit sich führt, selbst wenn dies in den Lagerregeln verboten worden sein sollte, da von solchen Geräten nicht ohne Weiteres eine gravierende Gefahr ausgeht. Keineswegs dürfen deswegen auch alle Gepäckstücke ohne konkreten Verdacht durchsucht werden. Zulässig wäre es allenfalls, alle Teilnehmer zu bitten, ihre Koffer und Taschen freiwillig zu öffnen. Selbst dies erscheint allerdings aus pädagogischen Gründen eher fragwürdig. Entschließt man sich zu einer Durchsuchung, so sollte diese stets von einem Leiter desselben Geschlechts wie der Verdächtige durchgeführt werden, da auch intime Gepäckstücke zum Vorschein kommen können. Im Übrigen sollte die Durchsuchung in Anwesenheit des Betroffenen und eines weiteren Leiters geschehen, der als Zeuge fungiert. Keinesfalls dürfen Briefe oder andere verschlossene Schriftstücke gegen den Willen des Berechtigten geöffnet werden. Auch sonst sollte man umso zurückhaltender vorgehen, je stärker der private oder gar intime Bereich des Durchsuchten berührt wird. Sodann stellt sich die Frage nach dem richtigen Umgang mit einem gefährlichen oder verbotenen Gegenstand, wenn die Durchsuchung einen solchen zu Tage fördert. Zunächst darf der betroffene Gegenstand nicht beim Teilnehmer belassen werden. Wenn von ihm eine konkrete Gefahr ausgeht, was ja als Voraussetzung der Durchsuchung bereits bejaht wurde, so muss diese Gefahrenlage schnellstmöglich beendet werden. Keinesfalls dürfen Leiter allerdings konfiszierte Gegenstände gegen den Willen des Berechtigten vernichten oder selbst verwenden. Andernfalls droht eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung, Diebstahls oder Unterschlagung.

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Dafür spielt es keine Rolle, ob es um Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz, die Haus- oder Lagerordnung oder andere Verbotsnormen geht. Vielmehr bieten sich vor allem zwei Möglichkeiten an: Der Teilnehmer entsorgt oder vernichtet den gefährlichen Gegenstand unter der Aufsicht eines Mitarbeiters selbst. Dies bietet sich insbesondere bei verbotenen Alkoholika oder Zigaretten an, die ohne weitere Gefahr vernichtet werden können. Ist der Teilnehmer dazu nicht bereit, so bleibt dem Verantwortlichen nur die Möglichkeit, den betroffenen Gegenstand aufzubewahren, bis er einem Erziehungsberechtigten übergeben werden kann. Dazu muss der Veranstalter insbesondere Gegenstände von größerem Wert allerdings diebstahlsicher lagern und gegebenenfalls das Verlustrisiko tragen. Dieses Risikos sollten sich Leiter bewusst sein und sich daher beispielsweise vorab fragen, ob es sinnvoll ist, wahllos alle Handys von Teilnehmern zu konfiszieren, selbst wenn deren Benutzung während einer Veranstaltung verboten sein sollte.

3.2.7 Handynutzung Handys sind aus der Generation heutiger Kinder und Jugendlicher nicht mehr wegzudenken. Wie fast alle Entwicklungen ist diese Situation mit Vor- und Nachteilen verbunden. Einerseits ist es in Notfällen sicher gut, wenn Teilnehmer ihre Eltern oder den Veranstalter telefonisch erreichen können. Andererseits kann ein zu regelmäßiger Kontakt nach Hause gerade bei jüngeren Teilnehmern Heimweh fördern. Zudem nutzen Minderjährige ihre Handys bisweilen, um unkontrolliert Fotos von anderen Teilnehmern zu veröffentlichen oder sonst rechtswidrige Inhalte aufzurufen. Das Recht am eigenen Bild wird schon durch das Verbreiten einer ungenehmigten oder heimlich angefertigten Fotografie in einer WhatsApp-Gruppe oder auf einer Internetplattform verletzt.45 Dies müssen die Mitarbeiter des Veranstalters als Aufsichtspflichtige nach Möglichkeit unterbinden. Sie dürfen Minderjährige bei der Handynutzung nicht einfach sich selbst überlassen. Schließlich ist eine zu extensive Handynutzung wenig förderlich für das soziale Miteinander.  Vgl. LG Frankfurt am Main – 2-03 O 452/14 –, MMR 2016, 482.

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Gleichwohl erscheint es immer schwieriger, minderjährigen Teilnehmern die Handynutzung über einen längeren Zeitraum gänzlich zu verbieten. Dass dies gleichwohl möglich ist, zeigt die Situation in Schulen, wo Handys im Unterricht – vom pädagogisch angeleiteten Einsatz abgesehen – meist nicht benutzt werden dürfen. Allerdings ist für Freizeitveranstaltungen zu bedenken, dass zu strikte Verbote abschreckend wirken können. Kompromisse könnten daher darin bestehen, dass Handys im Ferienlager nur zu bestimmten Zeiten oder nur an bestimmten Orten (etwa im eigenen Zimmer oder Zelt) benutzt werden dürfen. Will ein Veranstalter ein weitgehendes Handyverbot durchsetzen, so sollte er darauf schon bei der Anmeldung hinweisen und so versuchen, die Erziehungsberechtigten ins Boot zu holen. Missachtet ein Teilnehmer dann ein geltendes Handyverbot nachhaltig, so dürfen die Mitarbeiter des Veranstalters dieses in Verwahrung nehmen. Das ist zulässig und erfüllt  – mangels Zueignungsabsicht  – nicht den Straftatbestand eines Diebstahls. Die Mitarbeiter sind dann allerdings dafür verantwortlich, das konfiszierte Gerät sorgfältig aufzubewahren und es spätestens bei der Rückkehr den Erziehungsberechtigten zu übergeben. Dagegen dürfen die Mitarbeiter nicht den Speicher eines Handys durchsuchen, etwa nach bestimmten Inhalten oder Fotos. Bei solchen Durchsuchungen bestünde stets die Gefahr, die Privat- oder gar Intimsphäre des Betroffenen zu verletzen. Besteht beispielsweise der Verdacht, dass ein Teilnehmer unberechtigt nachteilige Fotos von Dritten aufgenommen hat, so sollte er aufgefordert werden, diese freiwillig selbst zu zeigen und zu löschen.

3.2.8 Internetnutzung In jüngerer Zeit hat sich immer stärker herausgestellt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Deswegen muss ein Veranstalter sowohl die Internetnutzung seiner Teilnehmer angemessen überwachen als auch selbst eine Reihe von Regeln beachten. Zahlreiche Entscheidungen deutscher und europäischer Gerichte aus den vergangenen Jahren beschäftigen sich mit Urheberrechtsverstößen, die mittels des Internets begangen wurden. Häufig wurden dabei Musiktitel

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oder Filme illegal von Filesharing-Plattformen heruntergeladen und dabei aus technischen Gründen meist zugleich anderen Nutzern zur Verfügung gestellt. Solche Rechtsverletzungen können über die IP-­Adresse mit Hilfe von Staatsanwaltschaft und Internetprovider meist einem konkreten Anschluss zugeordnet werden. Dem Anschlussinhaber drohen dann empfindliche Abmahnkosten, insbesondere wenn ­ urheberrechtlich geschützte Werke zumindest kurzzeitig auch anderen zur Verfügung gestellt wurden. Dafür reicht nach der Rechtsprechung der Upload selbst kleinster Dateifragmente von geschützten Werken. Der Rechteinhaber kann dann fiktive Lizenzgebühren verlangen, die schnell vierstellige Höhen erreichen. Für den Upload eines Rihanna-Albums betrug der fällige Schadensersatz zuletzt beispielsweise 2500 Euro zuzüglich Abmahnkosten. Die Aufsichtspflichtigen müssen möglichst verhindern, dass Minderjährige Straftaten oder sonstige Urheberrechtsverletzungen begehen. Dazu müssen sie die Minderjährigen insbesondere über strafbare Internetnutzungen belehren und sie – jedenfalls im konkreten Verdachtsfall – genauer überwachen. Das ist allerdings kein leichtes Unterfangen, zumal Kinder oft ein größeres technisches Wissen haben als ihre Eltern. Zum genauen Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht hat der Bundesgerichtshof etwa im Jahr 2015 Stellung genommen. Bundesgerichtshof zur Aufsichtspflicht im Hinblick auf die Internetnutzung von Kindern

„Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben.“46  BGH – I ZR 7/14 –, NJW 2016, 950.

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Eine ständige Überwachung der Internetnutzung von Minderjährigen durch die Eltern wäre nicht mit der Erziehung zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Verhalten vereinbar. Diese Maßstäbe dürften erst recht für die Aufsichtspflicht im Rahmen der offenen Kinder- und Jugendarbeit gelten. Es erschiene zudem realitätsfern, in einem Ferienlager ohne konkreten Anlass auf verbotene Internetnutzungen einzugehen, zumal die Vielzahl theoretisch denkbarer Rechtsverletzungen kaum überschaubar ist. Jedenfalls mit Blick auf volljährige Mitglieder einer Wohngemeinschaft oder deren Gäste hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ohne konkreten Anhaltspunkt keine Belehrung erforderlich ist.47 Im Übrigen haftet der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne Weiteres für alle Urheberrechtsverletzungen, die Dritte über seinen Anschluss begehen. Dies hat der Gesetzgeber durch eine Änderung des Telemediengesetzes (TMG) aus dem Jahr 2017 ausdrücklich klargestellt. Wer ein offenes W-LAN-Netz betreibt, ist nicht für alle Urheberrechtsverletzungen verantwortlich, die aus seinem Netz heraus begangen werden. Insbesondere kann er nicht mehr kostenpflichtig abgemahnt werden. Allerdings ist der Betreiber unter Umständen verpflichtet, bestimmte Seiten mit rechtswidrigen Inhalten in seinem Netzwerk zu sperren und die dazu nötigen Kosten zu tragen, sodass weiterhin Vorsicht geboten ist. Bei gesicherten W-LAN-Netzen spricht im Übrigen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass festgestellte Urheberrechtsverletzungen durch den Anschlussinhaber begangen wurden, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Diese Vermutung kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. War dagegen ein Internetanschluss zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung nicht hinreichend gesichert oder wurde er bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde, so greift keine Vermutungsregel. In solchen Fällen obliegt es jedoch dem Anschlussinhaber – jedenfalls nach bisheriger Rechtsprechung –, darzulegen, wer Zugang zu seinem

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 Vgl. BGH – I ZR 86/15 –, NJW 2017, 333.

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Internetanschluss hatte und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Er ist im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.48 Zwar bleibt offen, wie sich die zuletzt in Kraft getretene Abschaffung der Störerhaftung des Anschlussinhabers auf die zitierte Rechtsprechung auswirkt, doch bleiben ungesicherte W-LAN-Netze in mehrerlei Hinsicht riskant. Im Hinblick auf Homepages und Auftritte in den sozialen Medien müssen Veranstalter eine ganze Reihe von Maßgaben beachten. Diese werden hier nur überblicksartig wiedergegeben, weil sie überwiegend bereits behandelt wurden: • Es gilt die presserechtliche Impressumspflicht, wonach auf jeder geschäftsmäßig betriebenen Seite bestimmte Kontaktdaten anzugeben sind (Abschn. 2.1.3). • Bei Fotos muss das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Personen beachtet werden. Wenn auf einem Foto Personen erkennbar sind, muss vor der Veröffentlichung grundsätzlich deren Einwilligung eingeholt werden (Abschn. 3.1.6). • Bei Fotos von Personen sowie bei jeder sonstigen Verarbeitung personenbezogener Daten gelten datenschutzrechtliche Informationsund Sorgfaltspflichten. Für Seitenbesucher muss erkennbar sein, welche ihrer Daten wie verwendet werden (Abschn. 3.1.5). Werden sogenannte Cookies verwendet, ist dafür eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Weil eine datenschutzrechtliche Haftung des Betreibers nicht wirksam ausgeschlossen werden könne, empfiehlt die Konferenz der kirchlichen Datenschutzbeauftragten etwa, auf eine Facebook-Fanpage gänzlich zu verzichten. Wie groß das Risiko, wegen eines Verstoßes in Anspruch genommen zu werden, tatsächlich ist, wird die Praxis zeigen. Jedenfalls dürfte sich dieses Risiko praktisch minimieren lassen, indem Fotos von Teilnehmern und andere personenbezogene Daten nur veröffentlicht werden, nachdem der Betroffene mindestens konkludent zugestimmt hat.  Vgl. BGH – I ZR 19/16 –, NJW 2018, 65; EuGH – C-149/17 –, NJW 2019, 33.

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• Bei fremden Fotos, Videos, Musikstücken oder anderen Werken, die man nicht selbst hergestellt hat, ist das Urheberrecht zu beachten. Soweit es sich nicht um sogenannte gemeinfreie Werke handelt, an denen kein Urheberrecht besteht, dürfen sie nur mit Einwilligung des Urhebers für eigene Veröffentlichungen verwendet werden. Zum Teil ist dafür ein Honorar zu zahlen (Abschn. 2.2.3.8). Im Internet gibt es aber spezielle Datenbanken für lizenzfreie Bilder, die unter bestimmten Bedingungen kostenlos verwendet werden dürfen. Höchst umstritten sind zuletzt auch Messengerdienste wie WhatsApp. Die dahinter stehenden Unternehmen verwerten personenbezogene Daten der Nutzer auch zu gewerblichen Zwecken im Ausland. Im Detail ist es deshalb für einen Nicht-Fachmann kaum möglich, eine exakte Datenschutzbelehrung abzugeben, geschweige denn, den Grundsatz der Datensparsamkeit durchzusetzen. Ein deutsches Amtsgericht hat deswegen im Jahr 2017 äußerst restriktiv entschieden. Datenschutzrecht und WhatsApp in der Rechtsprechung der Instanzgerichte

„Die Eltern eines minderjährigen Kindes, das auf seinem Smartphone WhatsApp installiert hat, trifft die Pflicht, von allen Personen, die im Adressbuch des Smartphones des Kindes gespeichert sind, schriftliche Zustimmungserklärungen dahingehend einzuholen, dass die Person im Adressbuch gespeichert sein darf, mit der Konsequenz, dass deren Daten von dort regelmäßig über WhatsApp an dessen Betreiber in den USA übertragen werden, wo die Daten zu vielfältigen Zwecken des Betreibers laut dessen Nutzungsbedingungen frei weiterverwendet werden können.“49 Die Entscheidung erscheint einerseits konsequent. Wer als Veranstalter auf Nummer sicher gehen will, sollte sich unbedingt danach richten oder – besser noch – WhatsApp gleich ganz vom Handy löschen. Andererseits passt der gerichtliche Beschluss in keiner Weise zur derzeitigen 49

 AG Bad Hersfeld – F 120/17 EASO.

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gesellschaftlichen Realität, wo Personen ohne Messengerdienste fast gänzlich von der Kommunikation mit jungen Menschen abgeschnitten sind. Daher wird man gegebenenfalls mit politischen Mitteln Kompromisslösungen finden müssen, die dem Datenschutz und den modernen Kommunikationsgewohnheiten gleichermaßen Rechnung tragen.50 Kriterien für die Auswahl eines Messengerdienstes sollten deswegen sein: • Serverstandort: Wo verarbeitet der Messengerdienst personenbezogene Daten? Gelten dort datenschutzrechtliche Standards, die mit dem Schutzniveau innerhalb der Europäischen Union vergleichbar sind? • Datensicherheit: Werden die Konversationen durch geeignete Maßnahmen auf dem gesamten Kommunikationsweg zwischen den beteiligten Nutzern verschlüsselt, also zum Beispiel auch bei der Zwischenspeicherung auf dem Server des Anbieters? • Datenminimierung: Werden die Verbindungsdaten so bald wie möglich gelöscht, damit weder Behörden noch illegale Angreifer auf sie zugreifen können? • Wahrung der Rechte Dritter: Werden nur die Kontaktdaten der Kommunikationspartner verwendet oder wird zum Beispiel das komplette Telefonbuch jedes Nutzers an den Anbieter übermittelt, sodass auch Daten Unbeteiligter verarbeitet werden?

3.2.9 Sanktionen bei Regelverstößen Erfahren die Aufsichtspflichtigen, dass ihnen anvertraute Minderjährige gegen aufgestellte Regeln verstoßen, so müssen sie darauf in irgendeiner Weise reagieren. Das gebieten die allgemeine Pädagogik sowie die rechtlichen Anforderungen aus der Aufsichtspflicht. Blieben Verstöße durchweg sanktionslos, so würde die Autorität der Erziehungsberechtigten mittelfristig erheblich leiden. Allerdings stellt sich die Frage, welche Reaktion pädagogisch angemessen und rechtlich zulässig sind.

 Vgl. weniger skeptisch Remmertz (2018) Social Media-Recht.

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Das BGB gewährleistet Kindern das Recht auf gewaltfreie Erziehung (§ 1631 Abs. 2 BGB). Das Erziehungsrecht der Eltern und erst recht die von ihnen abgeleiteten Befugnisse von Gruppenleitern umfassen daher keinerlei körperliche Bestrafungen. Bei der Einführung dieser Norm ging es dem Gesetzgeber vor allem um eine Änderung des Bewusstseins in der Bevölkerung.51 Diese Appellfunktion mag den sehr weiten und sprachlich uneingeschränkten Wortlaut erklären, der bei restriktiver Auslegung im Detail problematisch werden könnte. Konsequenzen für Verstöße bestimmt das BGB nicht, doch kommt je nach Einzelfall eine strafrechtliche Ahndung in Betracht (Abschn. 2.2.3.1). Unzulässig sind danach jedenfalls alle Strafen, die die körperliche Integrität eines Minderjährigen beeinträchtigen. Vom strafenden Mitarbeiter darf kein Körperkontakt zum Kind ausgehen, wie es etwa bei Schlägen oder Ohrfeigen der Fall wäre. Wer einen Minderjährigen zur Strafe einsperrt oder fesselt, handelt auch dadurch gewaltsam im weiteren Sinne. Außerdem würde ein Mitarbeiter dadurch den Straftatbestand der Freiheitsberaubung verwirklichen. Zulässig kann es allenfalls sein, ein Kind für einen überschaubaren Zeitraum in sein Zimmer zu schicken, ohne es dort einzuschließen. Weitergehend verboten ist es unter dem Aspekt der Gewaltfreiheit, einem Minderjährigen beispielsweise über längere Zeit das Essen vorzuenthalten. Äußerst zweifelhaft erscheint ferner die Verpflichtung, zur Strafe unzumutbar weite Wanderungen durchzuführen. Jedenfalls darf ein Mitarbeiter den Minderjährigen dazu nicht mit körperlicher Kraft drängen oder seine Bewegungsfreiheit sonst über längere Zeit einschränken. Im Übrigen dürfen Sanktionen ein Kind nicht demütigen. Entwürdigende Maßnahmen sind generell unzulässig. Entgegen der früher in Schulen üblichen Praxis sollte man Kinder daher beispielsweise nicht verpflichten, sich längere Zeit wortlos in eine Ecke zu stellen. Kollektivstrafen, bei denen auch Unschuldige sanktioniert werden, sind pädagogisch nicht sinnvoll.

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 Vgl. sehr weitgehend Götz, in: Palandt (2019) BGB, § 1631 Rn. 5 f.

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Beispiel zum Verbot entwürdigender Strafen Das Bundesarbeitsgericht hat – wohlgemerkt im Jahr 2012 – entschieden, dass eine Grundschullehrerin nicht zu Disziplinierungszwecken Schülern den Mund mit Tesafilm verkleben darf. Tut sie dies doch, so verletzt sie massiv ihren Erziehungsauftrag und damit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Zur Begründung verweist das Gericht auf das Verbot entwürdigender Maßnahmen. Dieses gelte objektiv. Es sei unabhängig davon, ob die entwürdigende Maßnahme vom betroffenen Kind tatsächlich als Verletzung aufgefasst oder ob sie als „spaßig“ empfunden worden sei. Wer Schülern den Mund zuklebe, mache sie zum Gespött ihrer Klassenkameraden und setze sie deren Verachtung aus. Dadurch könnten Selbstachtung und Ehrgefühl der betroffenen Kinder erheblich beeinträchtigt werden.52

Überhaupt kommt es Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit regelmäßig nicht zu, Kinder für begangenes Unrecht im engeren Sinne zu bestrafen. Dies sollte grundsätzlich den Eltern überlassen werden oder, sofern ein gesetzlicher Straftatbestand erfüllt und der Beschuldigte strafmündig ist, den staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Erlaubt und pädagogisch sinnvoll sind dagegen sogenannte erzieherische Einwirkungen. Dieser Begriff stammt aus dem Schulrecht (vgl. § 53 Abs. 2 Schulgesetz NRW). Sie haben nicht den Zweck, Sühne für begangenes Unrecht zu erzwingen, sondern auf den Minderjährigen so einzuwirken, dass er sich in Zukunft sozialverträglich verhält. Sie sollen ihm sein Fehlverhalten deutlich vor Augen führen und ihn zu einer Besserung bewegen. Jede Sanktion muss danach von einem pädagogischen Zweck getragen sein und geeignet sein, die Erreichung des jeweiligen Erziehungsziels zumindest zu fördern. Erlaubte Sanktionen sind vor diesem Hintergrund: • Erzieherische Gespräche, die dem Minderjährigen plausibel machen, warum eine bestimmte Verhaltensweise nicht toleriert werden kann. Solche Gespräche können gegebenenfalls auch mit einer Gruppe von Minderjährigen geführt werden, wenn mehrere beschuldigt werden oder wenn es zum Streit unter Teilnehmern gekommen ist und eine Versöhnung herbeigeführt werden soll.  Vgl. BAG, NJW 2012, 3674.

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• Ermahnungen und Verweise, die dem Minderjährigen deutlich machen, dass ein bestimmtes Verhalten gegen aufgestellte Regeln verstößt und dass weitere Verstöße ernsthaftere Konsequenzen haben werden. • Maßnahmen zur Wiedergutmachung eines verursachten Schadens. Dazu können etwa Aufräumdienste zählen, wenn Minderjährige zuvor besonders unordentlich waren. • Ausgehverbote oder Ausschluss von einzelnen Programmpunkten, wenn gerade bei solchen Programmpunkten weitere Verstöße drohen oder dem Minderjährigen eine Zeit zum Überdenken des eigenen Verhaltens eingeräumt werden soll. Zulässig ist es auch, Minderjährige mit Aufgaben zu betrauen, die geeignet sind, ihnen ihr Fehlverhalten zu verdeutlichen. Der dazu geforderte Zusammenhang zwischen Strafaufgabe und Fehlverhalten ist weniger aus rechtlichen als vielmehr aus pädagogischen Gründen geboten. So kann ein strafweise verhängter Toiletten- oder Küchendienst sinnvoll sein, wenn gegen Ordnungsoder Sauberkeitsregeln verstoßen wurde; als Standardstrafe empfiehlt er sich dagegen nicht, weil er als bloße Schikane empfunden werden könnte. • Zeitweise Wegnahme von Gegenständen, wenn gerade diese für den Regelverstoß verantwortlich waren oder der Betroffene die fragliche Sache sowieso nicht besitzen darf. Denkbar ist es auch, die Finanzmittel eines Minderjährigen zu limitieren, sofern der Veranstalter darauf Einfluss hat. Freilich muss in jedem Fall für eine sorgfältige Aufbewahrung gesorgt werden. Spätestens nach dem Ende der Veranstaltung ist ein eingezogener Gegenstand den Erziehungsberechtigten auszuhändigen. • Kontaktaufnahme mit den Erziehungsberechtigten, die schon als solche sanktionierend wirken kann. Möglicherweise kann auch eine (telefonische) Ermahnung durch die Eltern zu einer Verhaltensänderung im positiven Sinne führen. Insbesondere bei wiederholtem Fehlverhalten sollten die Erziehungsberechtigten informiert werden, da ein erzieherischer Erfolg nur zu erwarten ist, wenn die Erziehungsberechtigten und die Träger freier Jugendarbeit aufeinander abgestimmte Anstrengungen unternehmen.

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• Ausschluss von der weiteren Fahrt als schärfste Sanktion. Rechtlich betrachtet liegt dann eine außerordentliche Kündigung des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses vor, die nur von einem vertretungsberechtigten Mitarbeiter des Veranstalters ausgesprochen werden kann. Der Ausschluss kommt vor allem dann in Frage, wenn ein wiederholtes, erhebliches Fehlverhalten dazu führt, dass der Veranstalter und seine Mitarbeiter die Verantwortung für einen Teilnehmer nicht mehr übernehmen können. Nach Möglichkeit sollte dieser Schritt sowohl dem Teilnehmer als auch seinen Erziehungsberechtigten zuvor ausdrücklich mit Blick auf einen konkreten Vorwurf angedroht werden. Die genannten Sanktionen lassen sich meist je nach Vergehen steigern. Oft empfiehlt sich zunächst eine Androhung, bevor eine bestimmte Konsequenz tatsächlich eintritt. Ferner bietet es sich an, dass Sanktionen je nach Schwere des Regelverstoßes von unterschiedlichen Personen ­ausgesprochen werden. So könnten beispielsweise für einfache Ermahnungen die normalen Gruppenleiter zuständig sein, während der Gesamtverantwortliche erst auf einer späteren Eskalationsstufe eingeschaltet wird. Minderjährige haben meist ein sehr feines Gespür für solche Unterscheidungen. Das sollte sich eine Gruppenleiterrunde durch ein arbeitsteiliges Vorgehen zu Nutze machen. Stets ist zu berücksichtigen, dass ein besonders häufiges Fehlverhalten tiefer gehende Ursachen haben kann. Bei regelmäßigen Auffälligkeiten sollte in besonderer Weise der Frage nachgegangen werden, welche Gründe dafür verantwortlich sein könnten. Von Strafen aller Art zu unterscheiden ist in jedem Fall ein robustes und handfestes Einschreiten zur Abwehr einer Gefahr. Bei solchen Maßnahmen geht es nicht um eine Bestrafung, sondern um Gefahrenabwehr. Zulässig ist, was zur Durchsetzung legitimer Erziehungsmaßnahmen erforderlich ist. Beispiele Prügeln sich mehrere Jugendliche, so darf sie der Aufsichtspflichtige unter Einsatz eigener Körperkraft zurückhalten. Ebenso darf ein Kind festgehalten werden, wenn es sich einem Lagerfeuer gefährlich nähert. Streichhölzer oder Waffen dürfen einem Kind weggenommen werden. Sollte dies etwa bei besonders renitenten Jugendlichen nicht ohne Weiteres möglich sein, so muss gegebenenfalls die Polizei eingeschaltet werden.

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3.3 Besondere Programmbestandteile Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Rechtsfragen, die durch besondere Programmbestandteile aufgeworfen werden.

3.3.1 Lagerfeuer und Feuerwerk Wer im Freien grillen oder sonst ein Feuer entzünden will, muss dafür unterschiedlichste rechtliche Vorgaben beachten. Zunächst ist jedes offene Feuer eine Gefahrenquelle für Minderjährige, sodass besondere Anforderungen an die Aufsichtspflicht gelten. Die Aufsichtspflichtigen haben die Aufgabe, die ihnen anvertraute Kinder altersgerecht, eindringlich und nachhaltig über die Gefahren des Umgangs mit Feuer zu belehren. Hierzu gehört auch, sie davor zu warnen, anderen Kindern bei dem Entfachen und dem Unterhalten eines Feuers in irgendeiner Weise zu helfen oder sie dazu anzustiften. Die Aufsichtspflichtigen müssen damit rechnen, dass Feuer für die Kinder eine besondere Anziehungskraft ausübt und sie dort spielen wollen. Befinden sich die Kinder noch in einem jungen, unreifen Alter, so liegt es nahe, dass sie ein Feuer nicht unter Kontrolle halten können und dadurch schwerer Brandschaden entsteht. Deshalb erfordert hier die Aufsichtspflicht ein hohes Maß an Sorgfalt und Umsicht. Jüngere Kinder unter zehn Jahren dürfen generell nie unbeaufsichtigt in der Nähe eines Feuers gelassen werden. Streichhölzer und Feuerzeuge sind so aufzubewahren, dass jedenfalls Siebenjährige sie nicht erreichen und zum Spielen verwenden können.53 Nicht erforderlich ist es dagegen, die Taschen der Kinder ohne besonderen Anlass nach Zündmitteln zu durchsuchen, sofern nicht bekannt ist, dass ein Kind zum Zündeln neigt.54 Gegebenenfalls ist bei einem Lagerfeuer eine Nachtwache einzurichten, die das Feuer beaufsichtigt, bis es vollständig verloschen ist und keine Gefahr mehr von ihm ausgeht.

53 54

 Vgl. BGH – VI ZR 263/81 –, NJW 1983, 2821.  Vgl. BGH – VI ZR 214/84 –, NJW-RR 1987, 13.

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Unabhängig davon ist zu fragen, ob im Freien überhaupt ein Feuer entzündet werden darf. Das hängt unter anderem davon ab, wem die Fläche mit der vorgesehenen Grill- oder Feuerstelle gehört. So verbieten viele Städte etwa das Grillen in öffentlichen Parks. Wer auf einem öffentlichen Platz oder einer Straße – beispielsweise zu Brauchtumszwecken – ein Feuer entzünden möchte, benötigt dafür oft eine Sondernutzungserlaubnis (Abschn. 3.3.15). Um eine solche Erlaubnis zu beantragen oder sonst weitere Fragen zu klären, wendet man sich am besten an das zuständige kommunale Ordnungsamt. Besondere Regelungen gelten auch in Wäldern, was sich gerade in der Sommerzeit mit Blick auf die erhebliche Waldbrandgefahr von selbst verstehen sollte. In Nordrhein-Westfalen verbietet das Landesforstgesetz deswegen im Wald und auf allen Flächen mit einem Abstand von weniger als einhundert Metern vom Waldrand jedes offene Feuer oder die Benutzung von Grillgeräten. Ausnahmen gelten nur für besondere Feuerstellen, die von der Forstbehörde genehmigt wurden. Außerdem darf im Wald in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Oktober nicht geraucht werden. Selbst auf privaten Zeltplätzen, auf Äckern oder in Gärten darf aber nicht jedes beliebig große Feuer entzündet werden. Vielmehr ist dies in der Regel nur dann zulässig, wenn das Feuer nur gelegentlich von einzelnen Personen und zeitlich beschränkt entzündet wird und dafür gesorgt ist, dass die unvermeidbaren Rauchentwicklungen und Gerüche nicht konzentriert in die Wohn- oder Schlafräume von Nachbarn gelangen. Bei einem üblichen Lagerfeuer lassen sich diese Voraussetzungen also einhalten, solange trockenes Holz verbrannt wird, das nicht zu einer extremen Rauchentwicklung führt. Besondere Regeln gelten ferner für das Abbrennen eines Feuerwerks außerhalb der Silvesternacht. Ein solches Feuerwerk muss mindestens zwei Wochen im Voraus der zuständigen Ordnungsbehörde schriftlich angezeigt werden, die dann über eine Ausnahmegenehmigung entscheidet. Es darf in Nordrhein-Westfalen höchstens 30 Minuten dauern und muss in den Sommermonaten spätestens um 23 Uhr beendet sein. Generell verboten ist es, pyrotechnische Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden abzubrennen. Details dazu finden sich in den Immissionsschutzgesetzen der Länder sowie in der Verordnung zum Sprengstoffgesetz.

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3.3.2 Nachtwanderung Nachtwanderungen bergen ein besonderes Gefahrenpotenzial, weil es im Dunkeln schneller zu Verletzungen kommt und die Teilnehmer am Ende des Tages zudem weniger konzentriert sind. Die Streckenführung sollte daher gut vorbereitet werden. Am Beginn und am Ende des Zuges sollte jeweils ein Mitarbeiter gehen, der mit einer Taschenlampe ausgestattet ist. Besondere Gefahrenstellen müssen markiert werden, was ein Mitarbeiter oder auch ältere Teilnehmer übernehmen können. Im Übrigen sollte bei Nachtwanderungen stets darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer trotzdem genug Schlaf bekommen. Eine lange nächtliche Wanderung sollte daher im Zweifel durch ein späteres Wecken am Folgetag ausgeglichen werden. Ansonsten empfiehlt sich im Ferienlager ein fester Tagesrhythmus einschließlich einer Zeit der Nachtruhe. Dabei ist zu beachten, dass jüngere Kinder mehr Schlaf benötigen als Erwachsene. Übermüdete Teilnehmer oder Betreuer sind dagegen erfahrungsgemäß leicht reizbar und weniger konzentriert – beides ist für eine ordnungsgemäße Ausübung der Aufsichtspflicht nicht förderlich. Deswegen ist vor allem der Gesamtverantwortliche gefragt, ausreichende Schlafzeiten sicherzustellen. Beispiel Während einer Klassenfahrt mit Sechstklässlern weckt der aufsichtspflichtige Lehrer seine Schüler um 23 Uhr zu einer Nachtwanderung, nachdem diese gerade eine Stunde geschlafen hatten. Auf dem Rückweg verliert eine Schülerin den Sichtkontakt zu ihrem Vordermann. Sie kommt vom Trampelpfad ab und stürzt im steilen Gelände. Infolge des Sturzes ist sie mehrere Wochen lang bewusstlos und schwer am Auge verletzt. Im Schmerzensgeldprozess stellt das Gericht fest, dass der Lehrer seine Aufsichtspflicht verletzt hat. „Er bedachte beim Rückmarsch […] die Gefährlichkeit des Ortes nicht genügend. Dazu wäre er umso mehr verpflichtet gewesen, als er damit rechnen musste, dass die Aufmerksamkeit der Schüler durch einen nur einstündigen Schlaf beeinträchtigt war. Unter diesen Umständen musste er den Abmarschweg sorgfältig sichern. Insbesondere hätte er bei der Abzweigung des Trampelpfades einen Sicherungsposten aufstellen und den Schülern einschärfen müssen, zum jeweiligen Vordermann Sichtverbindung zu halten bzw. ein Zeichen zu geben, wenn diese verlorengehen sollte.“55

55

 LG Stuttgart – 17 O 291/68 –, NJW 1969, 1487.

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3.3.3 Auslandsfahrt Für Fahrten ins Ausland gelten keine grundsätzlich anderen Maßstäbe als für Veranstaltungen innerhalb Deutschlands. Insbesondere innerhalb der Europäischen Union ist das Recht mittlerweile so weitgehend angeglichen, dass das zusätzliche Risiko einer Auslandsreise überschaubar erscheint. Manche Besonderheiten sollten aber doch im Vorfeld zumindest bedacht werden. Weil Details vom konkreten Reiseland abhängen, werden die verschiedenen Merkposten hier nur stichpunktartig aufgelistet: • Sind für die Ein- und Ausreise besondere Reisedokumente (Reisepass, Personalausweis, Visum) notwendig? Wurden die Teilnehmer vorab darauf hingewiesen? • Sind für die Einreise in außereuropäische Staaten besondere Impfungen erforderlich? • Wurden die Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes für das jeweilige Zielland ausgewertet? Liegt insbesondere eine Reisewarnung vor? • Besteht auch im Ausland hinreichender Versicherungsschutz insbesondere mit Blick auf die Krankenversicherung? • Gelten im Ausland besondere Rechtsvorschriften (beispielsweise ein Verbot, in der Öffentlichkeit Alkohol zu konsumieren), auf die die Teilnehmer zu Beginn hingewiesen werden sollten? • Ist die Gruppe auch im Ausland in Notfällen telefonisch erreichbar? • Sind für Notfälle die Kontaktdaten der nächstgelegenen deutschen Botschaft beziehungsweise des Konsulats bekannt?

3.3.4 Tätigkeiten in der Küche Die Küche eines Ferienlagers kann aus unterschiedlichen Gründen für Kinder und Jugendliche ein gefährlicher Ort sein. Zum einen gelten bei Selbstversorgerveranstaltungen besondere Hygienestandards, damit durch das Essen keine Krankheitserreger übertragen werden. Diese Standards lassen sich nicht unbedingt rechtlich fassen, solange der Veranstalter nicht gewerblich handelt. Sie folgen dann vielmehr dem, was kluge Köche auch sonst beachten würden. Im Übrigen lässt sich der Vorwurf,

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ein Teilnehmer habe sich aufgrund mangelhafter Küchenhygiene eine Magen-Darm-Erkrankung zugezogen jedenfalls dann kaum beweisen, solange nur ein Teilnehmer erkrankt.56 Zum anderen bergen Küchen besondere Verletzungsrisiken, wenn Teilnehmer in die Nähe von gefährlichen Küchengeräten gelangen. Wo sich Kinder regelmäßig aufhalten, müssen besondere Gefahrenquellen vermieden oder jedenfalls gut beaufsichtigt werden. Beispiel: Schälmesser in der Küche So darf ein Schälmesser, das zum Kartoffelschälen verwendet wurde, nicht in der Nähe spielender fünfjähriger Kinder liegen bleiben. Dies gilt selbst dann, wenn die Küchenmitarbeiter nur kurzzeitig abwesend sind. Nicht ausreichend ist, dass zwar ein weiterer Aufsichtspflichtiger in der Nähe ist, der aber mit anderen Aufgaben beschäftigt ist und nichts von der Gefahrenlage durch das Messer weiß. Verletzt ein Fünfjähriger in einer solchen Situation einen gleichaltrigen Spielkameraden mit dem Messer, so sind die aufsichtspflichtigen Küchenmitarbeiter zum Schadensersatz verpflichtet.

3.3.5 Straßenverkehr Mit besonderen Gefahren verbunden ist die Teilnahme am Straßenverkehr. Deswegen gelten dort strengere Regeln für die Aufsichtspflicht. Weil es im Straßenverkehr vergleichsweise häufig zu Unfällen kommt, liegt eine umfangreiche Rechtsprechung zu Haftungsfragen vor. Beispielsfall: Unfall auf der Bundesstraße Ein 15-jähriger Schüler nahm zum wiederholten Mal an einem Zeltlager in Südfrankreich teil. Weil er bislang immer als zuverlässig galt, wurde ihm abends mit einigen Freunden Ausgang bis 22.30 Uhr gewährt. Absprachegemäß nutzte die Kleingruppe ihre Freizeit ohne Begleitung einer Aufsichtsperson für einen Besuch der benachbarten Ortschaft. Weil es spät geworden war, liefen die Jugendlichen auf dem Rückweg im Laufschritt über den unbefestigten Seitenstreifen der Bundesstraße. Dort trat der Schüler versehentlich

56

 Vgl. LG Stuttgart – 25 O 68/05.

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in eine Wasserlache. Er bückte sich, um das Wasser aus seinen Hosenbeinen zu entleeren. In diesem Moment näherte sich ein Pkw, dem der Jugendliche durch einen Sprung zur Straßenmitte ausweichen wollte. Dabei kam es zur Kollision; der Schüler wurde schwer verletzt. Er verlangt von den Betreuern des Zeltlagers Schadensersatz und Schmerzensgeld. Zu Recht? Lösungshinweise: Die Betreuer haben zwar eine vertragliche Aufsichtspflicht übernommen, sie haben diese aber nicht schuldhaft verletzt. Eine besondere Unterweisung über den einzuhaltenden Weg oder gar die Begleitung durch einen Betreuer war in dieser Situation nicht erforderlich. Von einem 15-jährigen Gymnasiasten, der bislang immer zuverlässig war, durften die Betreuer erwarten, dass er auch mit den Verkehrsverhältnissen auf einer Bundesstraße als Fußgänger ohne Weiteres zurechtkommen werde. Dies gilt auch, wenn die Fahrbahn unbeleuchtet und nass war.57

Selbst ein normal veranlagtes 4-jähriges Kind muss im Straßenverkehr nicht so beaufsichtigt werden, dass die Aufsichtspflichtigen jederzeit eingreifen können. Ein solches Kind darf beispielsweise ohne Begleitung in ein nur 100 Meter entfernt gelegenes Geschäft gehen, wenn ihm vorher eingeschärft wird, die Straße nicht ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen zu betreten. Schon mit Rücksicht auf den bevorstehenden Schulbesuch und die Gefahren des Schulweges ist es oft zweckmäßig, Kinder langsam daran zu gewöhnen, sich ohne ständige Überwachung in ihrem Verhalten auf den Straßenverkehr einzustellen. Gruppenleiter sollten in dieser Hinsicht allerdings eher zurückhaltend vorgehen, weil sie die betroffenen Kinder und ihre Erfahrungen im Straßenverkehr meist weniger gut einschätzen können als die Eltern. Bei Wanderungen sollten Gruppen stark befahrene Straßen möglichst meiden. Kinder- und Jugendgruppen zu Fuß müssen, soweit möglich, die Gehwege benutzen. An der Spitze und am Ende der Gruppe sollte jeweils ein Mitarbeiter gehen, der gegebenenfalls auch mit Fahnen oder Lampen auf die Gruppe aufmerksam machen kann. Für alle Wanderfreunde sei im Übrigen diese wegweisende Maßgabe der Straßenverkehrsordnung zitiert: „Auf Brücken darf nicht im Gleichschritt marschiert werden.“ (§ 27 Abs. 6).

 Vgl. OLG Stuttgart – 7 U 262/84.

57

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Wer Segways vermietet, muss mit den Mietern vor der Überlassung des Gefährts nicht alle möglichen Gefahrensituation besprechen. Ihn trifft aber insofern eine Instruktionspflicht, als erklärt werden muss, wann das Segway beschleunigt und wie man es abbremst. Des Weiteren muss erklärt werden, wie man in eine Kurve fährt und welche Auswirkungen es hat, wenn man die Lenkstange nach rechts oder links bewegt.58 Siehe zur Mitnahme von Teilnehmern in privaten Kraftfahrzeugen schon Abschn. 3.2.2; zum Fahrradfahren noch Abschn. 3.3.6.

3.3.6 Fahrradfahren Aufgrund der höheren Geschwindigkeit steigern sich die Gefahren, die mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbunden sind, wenn Kinder und Jugendliche nicht zu Fuß, sondern mit dem Fahrrad unterwegs sind. Deswegen müssen minderjährige Fahrradfahrer im öffentlichen Straßenverkehr besonders beaufsichtigt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass Kinder im Straßenverkehr stets so begleitet werden müssten, dass der Aufsichtspflichtige bei jeder Gefahr unmittelbar eingreifen kann. Das eigenständige Fahrradfahren ist nicht erst ab einem bestimmten Alter erlaubt, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen immer dann, wenn ein Kind nach seinen individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten mit Blick auf eine konkrete Straße die nötige Reife besitzt. Ein sogenannter Fahrradführerschein kann dafür ein Anhaltspunkt sein; er wird aber rechtlich nicht vorausgesetzt. Beispiel Dass ein 6-jähriges Kind mit einem Kinderfahrrad auf einer Spielstraße fährt, gehört zu den dort erlaubten Kinderspielen. Auf einer Spielstraße ist daher eine wesentlich geringere Überwachung angezeigt als in anderen Verkehrsräumen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn das Kind den Bereich zielgerichtet als Verkehrsteilnehmer befährt. Kollidiert ein Kind, das im Fahrradfahren geübt und mit den Verkehrsvorschriften vertraut ist und Fahrten

 Vgl. LG Bonn – 15 O 332/16 –, NJW 2018, 319.

58

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in dem Wohnbereich bereits selbstständig gemeistert hat, auf einer solchen Spielstraße mit einem erwachsenen Radfahrer, trifft die Aufsichtspflichtigen kein Verschulden.59 Ebenso darf ein 6-Jähriger ohne ständige Beaufsichtigung auf dem Gehweg vor dem elterlichen Haus mit einem Kinderfahrrad fahren, wenn er mit dem Rad seit Jahren sicher fährt und sich die Eltern überzeugt haben, dass ihr Kind die Anweisung beachtet, ausschließlich den Gehsteig zu benutzen und dem Radweg und der Straße fernzubleiben.60

Selbstverständlich sollte es wiederum sein, dass am Straßenverkehr nur teilnehmen darf, wer ein verkehrssicheres Fahrrad besitzt, das den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung genügt. Insbesondere brauchen Fahrräder auch tagsüber eine zugelassene Beleuchtung. Die Scheinwerfer dürfen abnehmbar sein; sie müssen dann jedoch ab der Dämmerung oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, angebracht werden. Der Scheinwerfer muss so eingestellt sein, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht blendet. Blinkende Scheinwerfer sind unzulässig. Weiterhin müssen Fahrräder zwei voneinander unabhängige Bremsen haben. Schließlich müssen Fahrräder (und Schlitten) zur Teilnahme am Straßenverkehr mit einer helltönenden Glocke ausgerüstet sein. Wer als Aufsichtspflichtiger eine Fahrradtour mit Minderjährigen unternimmt, ist dafür verantwortlich, dass die Räder der Kinder diesen Maßgaben entsprechen. Dies muss der Veranstalter von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit jedenfalls überblicksartig vorab überprüfen. Bei Leihrädern oder sonst unbekannten Konstellationen sind Minderjährige anzuhalten, sich zunächst mit dem Rad und insbesondere seinem Bremsverhalten vertraut zu machen. Beispiele Wer für Kinder Radtouren in den Bergen veranstaltet und die dazu notwendigen Fahrräder zur Verfügung stellt, soll verpflichtet sein, vorab den festen Sitz der Vorderräder mit einem Schraubenschlüssels zu überprüfen.61 Andernfalls hafte der Veranstalter (hier: das Jugendamt), wenn es zum

 Vgl. OLG Hamm – 9 U 226/99.  Vgl. OLG Hamm – I-9 U 202/12. 61  Vgl. OLG Düsseldorf – 18 U 239/90 –, NVwZ 1992, 97. 59 60

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Sturz komme. Selbst wenn der Unfall allein dadurch verursacht worden sein sollte, dass der Teilnehmer zu schnell gefahren ist, so ändere dies nichts am Ergebnis, weil die Betreuer den Teilnehmer dann rechtzeitig am zu schnellen Fahren hätten hindern müssen, so das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Entscheidung ist nicht unproblematisch, weil sie kaum zumutbare Prüfpflichten normiert. Es bleibt zu hoffen, dass an ehrenamtliche Veranstalter weniger strenge Anforderungen gestellt würden als an das hier tätige Jugendamt. Allerdings soll eine Verletzung der Aufsichtspflicht auch dann vorliegen, wenn die Aufsichtspflichtigen (hier: die Eltern) einem neunjährigen Kind ohne besonderen Hinweis ein Fahrrad überlassen, an dem – von wem auch immer  – der Kettenschutz abmontiert wurde. Gerät das Kind dann im öffentlichen Straßenkehr mit einer offensichtlich ungeeigneten Hose in die Kette und beschädigt dadurch ein ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug, so haften die Aufsichtspflichtigen.62 Der Fahrradfahrer beziehungsweise seine Aufsichtspflicht tragen eine erhebliche Mitschuld (im konkreten Fall 40 Prozent), wenn der Radfahrer mit defekter Vorderradbremse auf der falschen Radwegseite mit einem Pkw kollidiert, der aus einer Ausfahrt kommt.

Sturzhelme sind ein wichtiger Beitrag, um Fahrradfahrer vor Kopfverletzungen zu schützen. Sie sind aber in Deutschland nicht vorgeschrieben; es gibt – auch für Kinder – keine Helmpflicht. Wer keinen Helm trägt, muss sich deswegen nicht automatisch eine Mitschuld anrechnen lassen, falls er bei einem Unfall verletzt wird. Der Bundesgerichtshof hält es zwar für möglich, dass sich die Sorgfaltsanforderungen insoweit mittelfristig ändern, lehnt jedoch jedenfalls für Unfälle bis zum Jahr 2011 jede Mitschuld ab.63 Ebensowenig muss ein Verein seinen Mitgliedern verbieten, ohne Helm an einer Radtour teilzunehmen.64 Gleichwohl darf ein Veranstalter solche Maßnahmen ergreifen und sollte es insbesondere mit Blick auf minderjährige Teilnehmer möglicherweise auch tun. Fahrradfahrer müssen grundsätzlich  einzeln hintereinander fahren. Nebeneinander dürfen sie nur fahren, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird oder sie eine Kolonne bilden (dazu sogleich).

 Vgl. LG Wuppertal – 16 S 19/17 –, NJW-RR 2018, 84.  Vgl. BGH – VI ZR 281/13 –, NJW 2014, 2493. 64  Vgl. OLG Hamm − 6 U 80/13 –, NZV 2014, 359. 62 63

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Ist ein eigens ausgeschilderter Radweg vorhanden, so müssen Fahrradfahrer diesen benutzen und dürfen dann nicht auf der Straße fahren. Entsprechendes gilt für gemeinsame Geh- und Radwege, die ebenfalls benutzt werden müssen. In beiden Fällen setzt die Radwegbenutzungspflicht allerdings eine entsprechende Beschilderung voraus; auf den Asphalt gemalte Fahrradzeichen haben keine rechtliche Bedeutung. Schließlich müssen auch benutzungspflichtige Radwege nicht befahren werden, wenn dies offensichtlich nicht möglich oder unzumutbar ist, etwa weil der Weg im Winter vereist ist, Schlaglöcher aufweist oder parkende Autos Hindernisse darstellen. Dann kommt es stets auf den Einzelfall an (Abb. 3.2 und 3.3). Jeder Fahrradfahrer darf nur so schnell fahren, dass er sein Rad ständig beherrscht und innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann. Erkennt ein Fahrradfahrer eine Gefahrensituation, weil sich Fußgänger dem Radweg nähern, so darf er nicht nur durch Klingelzeichen auf sich aufmerksam machen, sondern muss seine Geschwindigkeit reduzieren

Abb. 3.2  Radweg mit Benutzungspflicht

3  Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit 

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Abb. 3.3  Gemeinsamer Geh- und Radweg mit Benutzungspflicht

und sich bremsbereit verhalten.65 Vor allem auf gemeinsamen Geh- und Radwegen oder, wenn beide eng beieinander liegen, müssen Fahrradfahrer erforderlichenfalls ihre Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen. Das folgt aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht, wonach sich jeder Verkehrsteilnehmer stets so zu verhalten hat, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Kinder unter acht Jahren müssen mit Fahrrädern den Gehweg benutzen, sofern kein baulich getrennter Radweg vorhanden ist. Bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen sie auf dem Gehweg fahren. Soweit ein Kind unter acht Jahren von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, die mindestens 16 Jahre alt ist, darf diese Aufsichtsperson zusammen mit dem Kind ebenfalls auf dem Gehweg fahren. Dabei müssen beide auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und gegebenenfalls

65

 Vgl. BGH – VI ZR 171/07 –, NJW-RR 2009, 239.

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ihre Geschwindigkeit anpassen. Zum Überqueren einer Straße müssen beide absteigen. Beispiel: Fahren auf dem Gehweg Ein Elfjähriger darf nicht mehr auf dem Gehweg fahren. Wenn er dies trotzdem tut und an einer Kreuzung mit einer Radfahrerin kollidiert, die auf der Straße fährt, so verletzt er ihre Vorfahrt. Er haftet dann alleine für den entstandenen Schaden (im vorliegenden Fall in Höhe von mehreren 10.000 Euro), wenn er die nötige Einsichtsfähigkeit besaß und nicht beweisen kann, dass er für den Unfall nicht verantwortlich ist.

Als Radfahrer darf man sich nicht an Fahrzeuge anhängen und nicht freihändig fahren (§ 23 Abs. 3 StVO). Wer beim Fahrradfahren ein Handy oder andere elektronische Geräte regelwidrig benutzt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 55 Euro rechnen. Erlaubt ist die Handybenutzung nur mit Freisprecheinrichtung oder als Navigationsgerät mit einer entsprechenden Halterung am Lenker. Bei schweren Regelverstößen – insbesondere, wenn rote Ampeln missachtet werden  – drohen auch Fahrradfahrern Punkte im Flensburger Zentralregister. Wer mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille Fahrrad fährt, macht sich wegen Trunkenheit im Straßenverkehr strafbar und riskiert im Übrigen seinen Führerschein. Zur Mitwirkung an einem Atemalkoholtest („Pusten“) ist niemand verpflichtet; allerdings droht bei einer Weigerung unter Umständen eine Blutprobe. Andere Personen auf dem Gepäckträger eines Fahrrades mitzunehmen, ist verboten. Auf Fahrrädern mitgenommen werden dürfen nur Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr, wenn für sie besondere Sitze vorhanden sind und durch Radverkleidungen oder gleich wirksame Vorrichtungen dafür gesorgt ist, dass die Füße der Kinder nicht in die Speichen geraten können. Hinter Fahrrädern dürfen in Anhängern, die zur Beförderung von Kindern eingerichtet sind, bis zu zwei Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr mitgenommen werden. Für alle Mitnahmemöglichkeiten muss der Fahrradfahrer mindestens 16 Jahre alt sein. Veranstaltet ein Verein für Vereinsmitglieder eine Fahrradtour, so ergeben sich daraus Sicherungspflichten der Organisatoren für die Teilnehmer. Verletzen die Organisatoren diese Pflichten, so haften sie unter Umständen, wenn es zu einem Unfall kommt. Welche

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Sicherungsmaßnahmen jeweils erforderlich sind, hängt vom Einzelfall ab. Prinzipiell darf der Verein es sorgfältigen, erwachsenen Mitgliedern übertragen, eine Fahrradtour zu organisieren. Werden für eine Gruppe Warnposten aufgestellt, die ein gefahrloses Überqueren größerer Straßen ermöglichen sollen, so kann ein einzeln fahrender, erwachsener Nachzügler nicht ohne Weiteres erwarten, dass auch für ihn ähnliche Vorkehrungen aufrecht erhalten werden. Andererseits dürfte ein Kind möglicherweise nicht einfach zurückgelassen werden. Radtouren, an denen mehr als 100 Personen teilnehmen oder bei denen mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen ist, sind wegen der damit verbundenen übermäßigen Straßenbenutzung erlaubnispflichtig. Dagegen müssen kleinere Ausflüge nicht vorab bei der Polizei angemeldet werden. Auch ohne solche Anmeldung dürfen mehr als 15 Fahrradfahrer einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. Im Übrigen gelten sie verkehrsrechtlich als ein Fahrrad. Deswegen dürfen beispielsweise alle Teilnehmer einer Kolonnenfahrt eine Ampelkreuzung auch bei Rotlicht passieren, sofern die Ampel beim ersten Fahrer noch Grün gezeigt hat (§ 27 StVO). Dazu ist allerdings besonders daraufzu achten, dass der Verband zusammenbleibt. Die jüngst zugelassenen elektrischen Tretroller (eScooter) dürfen grundsätzlich nur dort fahren, wo auch Fahrräder zugelassen sind. Die Fahrer brauchen keinen Führerschein, müssen aber mindestens 14 Jahre alt sein. Verboten ist es, auf einem solchen Roller eine weitere Person mitzunehmen.

3.3.7 Sport Sportangebote sind ein wesentlicher Teil der Kinder- und Jugendarbeit. Sie fördern die motorische, gesundheitliche und soziale Entwicklung eines Kindes, sodass auch ein allgemeinpädagogisches Interesse an sportlicher Betätigung besteht. Allerdings hat sich der Sport seit der Antike aus Kampfesübungen in Kriegergesellschaften entwickelt. Sein Reiz hängt gerade davon ab, dass Sportler aus dem ansonsten weitgehend regulierten Alltag ausbrechen, um ihre Kräfte mit sich oder anderen zu messen. Deswegen ist Sport oft – allerdings je nach Sportart sehr unterschiedlich – mit Verletzungs- und daraus resultierenden Haftungsrisiken verbunden. Diese muss ein Veranstalter im Blick haben.

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Zunächst muss der Veranstalter dafür sorgen, dass der Sportplatz hinreichend sicher ist und von den Sportgeräten keine übermäßigen Gefahren ausgehen. Erklärt der Veranstalter die Regeln nicht hinreichend klar oder setzt er sie nicht durch, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Beispiel: Tauziehen mit Todesfolge Bei einem Pfadfinderlager sollte ein Tauziehen mit mehreren hundert Teilnehmern stattfinden. Ein Mitarbeiter beschaffte dazu ein über 500 Meter langes, aber nur 18 Millimeter dickes Nylonseil. Die Teilnehmer wurden auf die zwei Seilenden verteilt und standen sich im Abstand von 30 Meter gegenüber. Kurz nach dem Startschuss riss das Seil beim vordersten Kind einer Gruppe. Das nun etwa 30 Meter lange Seilende peitschte in die gegenüberstehende Gruppe und riss dort einen zehnjährigen Jungen mit, der noch am Unfallort starb. Ein anderes Kind stürzte auf den Hinterkopf und starb später im Krankenhaus. Weitere 102 Teilnehmer wurden zum Teil schwer verletzt. Der Organisator des Tauziehens und die Lagerleiterin wurden wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen zu einer (milden) Geldstrafe verurteilt. Sie hätten vorhersehen müssen, dass ein so dünnes Seil beim Tauziehen reißen würde. Mindestens wäre vorab fachkundiger Rat einzuholen gewesen.

Neben Sorgfaltspflichtverletzungen durch den Veranstalter kann auch das Verhalten anderer Sportler zu Unfällen führen. Zumal in der Kinder- und Jugendarbeit stehen Sportarten im Mittelpunkt, bei denen mehrere Sportler gegeneinander antreten. Bei solchen Sportarten können Verletzungen selbst bei regelkonformem Verhalten nie ganz ausgeschlossen werden. Deswegen wird der Fahrlässigkeitsmaßstab angepasst: Kommt es im Sport zu einer Verletzung, so haftet der verursachende Mitspieler nur dann, wenn er die geltenden Regeln in grober Weise verletzt hat. Leichte Regelverstöße, müssen im Eifer des Gefechts hingenommen werden; nicht jedes Foul begründet einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Haftungsprozesse drehen sich in solchen Fällen deshalb maßgeblich um die Frage, ob eine Spielregel grob verletzt wurde. Außerdem müssen in jedem Fall erfahrenere Sportler auf unerfahrenere Rücksicht nehmen.

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Beispiele: Haftung bei kämpferischen Sportarten Dass beim Fußballspiel ein Mitspieler einen anderen verletzt, bedeutet nicht automatisch, dass der Verursacher fahrlässig gehandelt hat und daher haftet.66 Dies gilt nicht nur für offizielle Wettkämpfe, sondern auch für Freizeitsportler und Kinder. Obwohl die Basketballregeln jeden Körperkontakt verbieten, haftet nicht jeder Mitspieler, der versehentlich einen anderen berührt und ihn dadurch verletzt.67 Beim Kampfsport-Training sind zwar Über-­Kopf-­Würfe nicht für einen Anfängerkursus geeignet. Sie begründen aber keine Aufsichtspflichtverletzung des Trainers, wenn beide Teilnehmer eine ausreichende Fallschulung absolviert hatten.68 Wer an einem Autorennen teilnimmt, begibt sich in einen Wettbewerb mit erheblichem Gefahrenpotenzial. Er kann dann einen Mitbewerber nicht für Schäden in Anspruch nehmen, die dieser ohne gewichtige Regelverletzung verursacht hat.69 Kommt es bei einer Motocross-Trainingsfahrt auf einem Übungsgelände zu einem Unfall, ist die Haftung der Fahrer untereinander auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.70

Bei sportlichen Kampfspielen werden also Verletzungen unter Umständen entschädigungslos hingenommen. Diese Rechtsprechung findet ihre Rechtfertigung darin, dass dem Spiel Regeln zugrunde liegen, die für jeden Teilnehmer verbindlich sind und die auch die Gesundheit der Mitspieler schützen sollen. Nur unter dieser Voraussetzung treten die Teilnehmer zum Spiel an. Entsprechende Regeln fehlen dagegen, wenn Jugendliche miteinander raufen und sich wechselseitig von einem Badesteg in das Wasser eines Sees werfen. Verletzt einer dabei den anderen, so kann er sich nicht darauf berufen, dass beide in Verletzungen eingewilligt hätten.71 Für Individualsportarten außerhalb von Wettkämpfen gelten die allgemeinen Sorgfaltsregeln. Selbst wenn mehrere Sportler nebeneinander dieselbe Sportart ausüben, verwirklicht sich dabei nicht in gleicher Weise ein Risiko wie beim Wettkampfsport. Soweit es für die fragliche  Vgl. BGH – VI ZR 296/08 –, NJW 2010, 537.  Vgl. BGH – VI ZR 199/74 –, NJW 1976, 2161. 68  Vgl. OLG Hamm – 27 U 67/02 –, NJW-RR 2003, 307. 69  Vgl. BGH – VI ZR 321/02 –, BGHZ 154, 316. 70  Vgl. BGH – VI ZR 86/08 –, NJW-RR 2009, 812. 71  Vgl. BGH – VI ZR 19/94 –, NJW-RR 1995, 857. 66 67

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Sportart kein eigenes Regelwerk gibt, bestimmt sich der Umfang der anzuwendenden Sorgfalt nach dem Maß an Umsicht und Rücksichtnahme, das bei dieser Sportart von besonnenen und gewissenhaften Sportlern angewandt wird. Dies gilt beispielsweise für das Joggen, Reiten oder Schlittschuhlaufen. Im Übrigen gibt es mittlerweile für eine Vielzahl von Sportarten eigene Regelwerke der Verbände. Diese sind zwar nicht als staatliches Recht verbindlich, sie bestimmen aber doch, welchen Sorgfaltsmaßstab andere erwarten können. Beispiele: Haftung bei Individualsportarten Beim Schlittsc 8.8 · Sicherheitsfilter – eine lange Kette für meine Sicherheit huhlaufen ist der von hinten kommende schnellere Läufer nicht bevorrechtigt. Ihn trifft vielmehr die Pflicht, die vor ihm laufenden Personen genau zu beobachten und beim Vorbeifahren seine Fahrweise, insbesondere seine Geschwindigkeit, den Erfordernissen anzupassen. Dazu gehört vor allem die Verpflichtung, seitlich einen ausreichenden Abstand einzuhalten, da beim Eislauf damit zu rechnen ist, dass sich andere mit wechselnden Pendelbewegungen vorwärts bewegen.72 Beim Klettern an einer oben gesicherten Kletterwand muss der Sichernde jederzeit vermeiden können, dass der Kletternde abstürzt. Bei einer Bergtour sind die Grundregeln des Deutschen Alpenvereins zu beachten. Realisiert sich bei einem Teilnehmer ein Naturrisiko (Steinschlag, Absturzgefahr usw.), so kann für den Schaden kein Dritter in Anspruch genommen, wenn alle die Gefahr bewusst auf sich genommen haben. Beim Skifahren orientiert sich der Sorgfaltsmaßstab an den Verhaltensregeln, die der Internationale Skiverband (FIS) aufgestellt hat. Danach muss von jedem abfahrenden Skiläufer eine den Gegebenheiten der jeweiligen Abfahrt angemessene Geschicklichkeit, Erfahrenheit und Beherrschung der Skier vorausgesetzt werden. Jeder muss sich so verhalten, dass kein anderer gefährdet oder geschädigt wird. Insbesondere muss man kontrolliert fahren und seine Geschwindigkeit dem eigenen Können, der Schwierigkeit des Geländes, der Schneebeschaffenheit und der Anwesenheit anderer Skifahrer anpassen. Kollidiert ein nachfolgender Skifahrer mit einem vorausfahrenden, spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Fahrfehler des überholenden Fahrers. Skifahrer müssen jederzeit darauf eingestellt sein, dass andere ausweichen oder vor einem Hindernis anhalten. Sie müssen sicherstellen, dass jedem Vorausfahrenden der ihm zustehende Vorrang gewährt wird, während der Vordere sich während der Fahrt grundsätzlich nicht nach hinten vergewissern muss. Siehe zum Schwimmsport noch Abschn. 3.3.8.

 Vgl. BGH – VI ZR 148/80 –, NJW 1982, 2555.

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Die angepasste Haftung für Unfälle beim Sport beruht nicht zuletzt auf dem Argument, dass sich alle Beteiligten freiwillig in eine gewisse Risikosituation begeben haben. Dabei ist indes zu beachten, inwieweit Minderjährige ein diesbezügliches Einverständnis ohne Einwilligung ihrer Erziehungsberechtigten wirksam äußern können. Deswegen empfiehlt es sich, jeweils ein gesondertes Einverständnis einzuholen, wenn besonders verletzungsintensive Sportarten geplant sind. Dass in einem Ferienlager beispielsweise Fußball gespielt werden kann, dürfte selbstverständlich sein und erfordert von daher keinen gesonderten Hinweis. Anderes gilt dagegen für eine Skitouren-Wanderwoche, bei der auch Hänge mit erheblicher Lawinengefahr begangen werden. Es stellt einen Reisemangel dar, wenn in der Ankündigung zu einer solchen Fahrt von „sicheren, sanften Anstiegen mit Genussabfahrten“ die Rede ist. Bei einem Lawinenunglück haftet der Veranstalter wegen eines Organisationsverschuldens, wenn er kein Sicherheitskonzept erstellt hat, das den eingesetzten Bergführern verbindliche objektive Sicherheitsstandards auferlegt, und er deren Einhaltung nicht kontrolliert.73 Von dieser Haftung kann sich der Veranstalter nicht durch den bloßen Hinweis „Teilnahme auf eigene Gefahr“ befreien. Beispielsfall: Volle Kraft zurück L ist als Leiter mit einer Gruppe von 40 sieben- bis zwölfjährigen Kindern und weiteren Betreuern zum Minigolfspielen gefahren. Die große Gruppe wird in Kleingruppen aufgeteilt. Vor dem Spiel ermahnt L alle Kinder, vorsichtig zu spielen. Dann verteilen sich die Teilnehmer auf die verschiedenen Bahnen und beginnen mit dem Minigolfspiel. L und die anderen Gruppenleiter setzen sich in das etwa 100 Meter entfernte Außencafé der Minigolfanlage. Sie sehen und beaufsichtigen die Kinder von dort. Irgendwann beginnt ein großes Geschrei: Einer der Teilnehmer hat beim Ausholen mit seinem Minigolfschläger mit voller Kraft einen hinter ihm stehenden Teilnehmer erwischt. Dabei wurde dessen Schneidezahn verletzt. Zurück zu Hause verlangt der verletzte Junge – vertreten durch seine Eltern – Schadensersatz und Schmerzensgeld von L. Zu Recht?

73

 Vgl. OLG München – 8 U 2053/01 –, NJW-RR 2002, 694.

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Lösungshinweise: L hat als Gruppenleiter vertraglich die Aufsichtspflicht für alle Teilnehmer übernommen. Die Teilnehmer im Alter von sieben bis zwölf Jahren bedurften schon wegen ihrer Minderjährigkeit der Aufsicht, ganz besonders aber beim Spiel mit Minigolfschlägern. Der Unfall ist geradezu typisch, weil Kinder den Schwung des für sie relativ schweren Minigolfschlägers nicht richtig einschätzen können. Dass beim Ausholen andere Kinder verletzt werden können, liegt für einigermaßen erfahrene Eltern auf der Hand. Es genügte deshalb nicht, die Kinder auf solche Gefahren hinzuweisen und das eigentliche Spiel aus der Distanz zu beaufsichtigen. Vielmehr war es erforderlich, dass sich jeweils ein Betreuer in unmittelbarer Nähe einer Gruppe aufhält, um Gefährdungssituationen insbesondere durch ausholende Schlagbewegungen bereits im Ansatz verhindern zu können. Folglich hat L seine Aufsichtspflicht verletzt und haftet für den Schaden. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dem Verletzten ein Schmerzensgeld von 2500 Euro zugesprochen.74

In ähnlicher Weise müssen jedenfalls Kinder unter sieben Jahren beaufsichtigt werden, wenn sie „Mikado“ spielen. Nach Auffassung der Rechtsprechung handelt es sich bei den Spielstäbchen in der Hand von Kleinkindern um ein gefährliches Spielzeug. Die Kinder müssen daher zunächst ermahnt werden, dass stets ein genügender Abstand zwischen den Gesichtern und den Spielstäbchen einzuhalten ist. Außerdem muss die Einhaltung dieser Regel ununterbrochen überwacht werden. Andernfalls machen sich die Aufsichtspflichtigen schadensersatzpflichtig, wenn ein Kind beim Spielen das Sehvermögen verliert, weil ein Stäbchen ins Auge gelangt.75 Ein Lehrer soll seine Aufsichtspflicht verletzen, wenn er bei einer Skifreizeit Schüler der siebten Klasse eine halbe Stunde unbeaufsichtigt im Skikinderland zurücklässt.76 Kommt es im Sport zu einer Verletzung, müssen die Aufsichtspflichtigen die erforderliche und zumutbare Erste Hilfe rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise zu leisten.

 Vgl. OLG Frankfurt – 3 U 91/06 –, NJW-RR 2008, 975.  Vgl. OLG Nürnberg – 1 U 9/74 –, NJW 1975, 1130. 76  Vgl. so die zweifelhafte Auffassung des LG Augsburg  – 34 O 8/17 –, das im Ergebnis einen Schadensersatzanspruch gleichwohl verneint. 74 75

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3.3.8 Schwimmen Das Schwimmen mit Kinder- und Jugendgruppen birgt besondere Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer. Daraus resultieren besonders strenge Anforderungen an die Aufsichtspflicht der Leiter solcher Gruppen. Selbst bei größter Vorsicht lässt sich jedoch beim Schwimmen keine absolute Sicherheit gewährleisten. Insbesondere muss die Badeaufsicht nicht lückenlos jeden Schwimmer beobachten. Wegen der besonderen Risiken ist zunächst vor jeder Veranstaltung, bei der Kinder oder Jugendliche schwimmen sollen, eine explizite, schriftliche Einwilligung der Erziehungsberechtigten einzuholen. Diese Einwilligung sollte folgende Elemente umfassen: • Hinweis, ob in einem Schwimmbad, in einem Meer, in einem See oder in einem anderen Gewässer geschwommen werden soll und ob dieser Ort bewacht ist, • Einverständnis zum Schwimmen mit der Gruppe, • Angabe, ob das Kind Schwimmer oder Nichtschwimmer ist, • Einverständnis, dass sich das Kind – beispielsweise in 3er-Gruppen – ohne ständige unmittelbare Aufsicht durch die Betreuer bewegen darf. Schon die Wahl eines angemessenen Ortes zum Schwimmen kann Fragen aufwerfen. In keinem Fall sollten Kinder- und Jugendgruppen an Stellen baden, an denen das Schwimmen verboten ist. Mögen beispielsweise auch Baggerseen eine hohe Anziehungskraft ausüben, so sind die dort vorhandenen Risiken meistens für Laien kaum zu abzuschätzen. Zudem verlieren Gruppen ihren Versicherungsschutz, wenn sie sich absichtlich über ein Schwimmverbot hinwegsetzen. Grob fahrlässig wäre es ferner an besonders gefährlichen Küstenabschnitten oder in Flüssen mit großer Strömung schwimmen zu gehen. Warnungen beziehungsweise Verbotsempfehlungen der örtlichen Behörden sollten unbedingt beachtet werden. Im Zweifel hilft auch die örtliche Gliederung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Zur Aufsichtspflicht gilt ansonsten: Wer als Veranstalter oder als dessen Mitarbeiter die Aufsichtspflicht für Minderjährige übernommen hat,

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behält diese auch beim Schwimmen. Ein fataler Irrtum wäre es, anzunehmen, dass die Aufsichtspflicht beim Besuch öffentlicher Schwimmbäder pauschal auf die Aufsichtskräfte des Bades überginge. Der Badbetreiber will regelmäßig keine vertragliche Aufsichtspflicht übernehmen, sondern lediglich seine Verkehrssicherungspflicht erfüllen. Trotzdem sollten Gruppenleiter ihre Gruppen zu Beginn eines Schwimmbadbesuches beim Badpersonal anmelden. Das ist schon eine Frage der Höflichkeit und sorgt für bessere Verständigungsmöglichkeiten, falls es später zu Auffälligkeiten im Hinblick auf die Gruppe kommt. Im Anschluss daran stellt sich zunächst die Frage, welche Anzahl an Mitarbeitern erforderlich ist, um mit einer Gruppe Minderjähriger schwimmen gehen zu dürfen. Das hängt vom Alter und Charakter der Kinder sowie von der Übersichtlichkeit des Badeortes ab. Eine Faustregel lautet: Ein Mitarbeiter sollte nicht für mehr als 15 Teilnehmer zuständig sein. Bei Gruppen mit männlichen und weiblichen Teilnehmern sind Mitarbeiter desselben Geschlechts unerlässlich, da sich anders die – auch in Dusch- und Umkleideräumen gebotene – Aufsicht nicht gewährleisten lässt. Bei der Aufsicht an solch sensiblen Orten sind zudem die Maßgaben zur Prävention sexuellen Missbrauchs zu gewährleisten (Abschn. 3.1.4). Neben der richtigen Anzahl der Aufsichtspflichtigen ist zu beachten, dass diese auch eine hinreichende Qualifikation besitzen müssen. Zwar verlangen die gesetzlichen Regelungen keinen formalen Qualifikationsnachweis für die Aufsichtspersonen, doch müssen diese naturgemäß trotzdem rettungsfähig sein. Entscheidend ist, ob sie im Unglücksfall angemessene Rettungsmaßnahmen für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen ergreifen können. Der Aufsichtspflichtige muss unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten (Wassertiefe, Strömung, Sicht, Wassertemperatur) jederzeit in Not geratene Teilnehmer erkennen, retten und wiederbeleben können. Wer diese Bedingungen nicht erfüllt – sei es auch nur temporär aufgrund einer Erkrankung – darf nicht als Aufsichtspflichtiger eingesetzt werden. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren über die Rettungsfähigkeit der Verantwortlichen kommen, so muss der Aufsichtspflichtige seine Eignung gegebenenfalls nachweisen. Dabei können die Bescheinigungen anerkannter Organisationen helfen, sodass es äußerst sinnvoll ist, wenn

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jedenfalls einzelne Aufsichtskräfte einen Rettungsschein der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) besitzen. Diese Rettungsscheine müssen regelmäßig, spätestens alle vier Jahre, erneuert werden. Außerdem sind die Erste-Hilfe-Kenntnisse regelmäßig aufzufrischen. Unabhängig von einem DLRG-Rettungsschein legt das Schulrecht bestimmte Anforderungen für Lehrer fest, die Schüler beim Schwimmen beaufsichtigen wollen.77 Diese Regelungen gelten für die Leiter von Jugendgruppen zwar nicht unmittelbar, doch bieten sie zumindest eine gute Orientierung. Rettungsfähig ist danach bei einer Wassertiefe von mehr als 1,20 Meter, wer • das Deutsche Rettungs-Schwimmabzeichen in Bronze besitzt oder • das reguläre Deutsche Schwimmabzeichen in Bronze besitzt und zugleich –– von der Wasseroberfläche aus einen etwa 5 Kilogramm schweren Gegenstand vom Beckenboden heraufholen und zum Beckenrand bringen, –– ca. 10 Meter weit tauchen, –– Umklammerungen durch in Gefahr geratene Personen entweder vermeiden oder sich aus diesen lösen sowie –– einen etwa gleich schweren Menschen im Wasser ca. 15 Meter weit schleppen, an Land bringen und lebensrettende Sofortmaßnahmen ergreifen kann. Für Badeplätze, wo keine reguläre Aufsicht gewährleistet ist, gelten verschärfte Anforderungen. Dort benötigen aufsichtspflichtige Lehrer das Deutsche Rettungs-Schwimmabzeichen in Silber und sie müssen die Besonderheiten des jeweiligen Gewässers kennen. Jedenfalls im Rahmen des Schulsports müssen an solchen Badestellen alle Teilnehmer mindestens das (Jugend-)Schwimmabzeichen in Bronze besitzen. Ist die Gruppe mit der richtigen Anzahl an hinreichend qualifizierten Aufsichtspersonen im Schwimmbad angekommen, so stellt sich die

 Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW, Runderlass Sicherheitsförderung im Schulsport vom 26.11.2014. 77

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Frage, was die Mitarbeiter unternehmen müssen. Zu Beginn und bei Beendigung des Schwimmens sollten die Teilnehmer sorgfältig gezählt werden. Weil die Situation beim Schwimmen oft unübersichtlich ist, fällt so sofort auf, falls am Ende ein Teilnehmer fehlt. An unübersichtlichen Badeorten kann es sich empfehlen, die Teilnehmer einer Gruppe etwa mit einer farbigen Badekappe auszustatten, um sie schnell von anderen Badegästen unterscheiden zu können. Weiter kann es sinnvoll sei, die Teilnehmer in feste 3er-Gruppen einzuteilen und diese Gruppen auch namentlich festzuhalten, um eine gegenseitige Kontrolle der Teilnehmer zu ermöglichen beziehungsweise zu erzwingen. Schließlich sollte es am jeweiligen Badeort einen festen Treffpunkt geben, an dem jederzeit ein Betreuer anwesend ist. So wird gewährleistet, dass die Teilnehmer bei jeder Art von Fragen oder Notfällen einen Ansprechpartner finden können. Je nach Alter der Teilnehmer sind diese zudem mit den Baderegeln vertraut zu machen. In Anwendung der Baderegeln ist die Badezeit jedenfalls für Kinder zu begrenzen. Haben einzelne Kinder individuelle Besonderheiten, weil sie zum Beispiel schnell auskühlen, so muss ihr Baden konsequent beendet werden. Ferner darf etwa niemand mit ganz vollem oder leerem Magen schwimmen gehen. Wer zur Badeaufsicht in einem Schwimmbad eingesetzt ist, muss sodann den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser beobachten. Mit regelmäßigen Kontrollblicken muss er prüfen, ob Gefahrensituationen für die ihm anvertrauten Badegäste auftreten. Dazu muss der Aufsichtspflichtige seinen Standort so wählen und regelmäßig ändern, dass er den gesamten Schwimm- und Sprungbereich überblicken und auch ins Becken hineinschauen kann. In Notfällen muss er für rasche und wirksame Hilfeleistung sorgen. Beispielsfall: Schnelle Rettung? S hatte die Aufsichtspflicht in einem städtischen Naturschwimmbad übernommen. An einem Julitag stellte er fest, dass sich eine Boje an der Grenze vom Schwimmer- zum Nichtschwimmerbereich abgesenkt hatte. Daraufhin sprach er zunächst zwei Mädchen darauf an, die sich in der Nähe befanden. In der Vergangenheit war es nämlich wiederholt vorgekommen, dass Kinder

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an einzelnen Bojen gespielt hatten. Da die Mädchen dies abstritten, bat S einen 13 Jahre alten Jungen, nach der Boje zu schauen. Dieser unternahm daraufhin einen Tauchgang und bemerkte „etwas Glitschiges“. Nachdem er eine Klärung der Situation nicht herbeiführen konnte, holte S seine Schwimmbrille aus dem Gerätehaus, begab sich sodann ins Wasser, überprüfte die Boje und fand ein zwölf Jahre altes Mädchen leblos im Wasser vor. Sie hatte sich mit dem Arm im Befestigungsseil der Boje verhakt. S befreite sie und verbrachte sie an Land, wo sie reanimiert wurde. Aufgrund des Sauerstoffentzugs erlitt das Mädchen massive, irreparable Hirnschädigungen. Sie verlangt Schadensersatz vom Betreiber des Bades in Höhe von mindestens 500.000 Euro. Zu Recht? Lösungshinweise: Den Badbetreiber traf die Verkehrssicherungspflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Das schließt die Verpflichtung ein, eine angemessene Aufsicht über den Badebetrieb zu gewährleisten. Diesen Anforderungen ist S nicht gerecht geworden. Nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs konnte die abgesenkte Boje jedenfalls auch auf eine in Lebensgefahr befindliche Person hindeuten. In dieser Situation war S zu einem sofortigen eigenen Eingreifen verpflichtet und hätte sich sofort selbst ins Wasser begeben müssen. Wenn für die Rettung eine Schwimmbrille erforderlich war, so hätte S diese ständig bei sich tragen müssen.78 Weil S damit seine Aufsichtspflicht verletzt habe, sei zu vermuten, dass sein Fehlverhalten ursächlich für den Schaden sei. Diese Haftung kann auch nicht ohne Weiteres auf Fälle beschränkt werden, in denen der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Offen bleibt allerdings, ob sich die hier angenommenen Beweiserleichterungen auf ehrenamtliche Freizeitgruppenleiter übertragen lassen, die jedenfalls keine „Berufspflicht“ verletzen.

Die zitierten Aussagen des Bundesgerichtshofs gelten unmittelbar nur für das angestellte Aufsichtspersonal in öffentlichen Schwimmbädern. Sie lassen sich aber auf Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit übertragen. Insbesondere dürfen sich grundsätzlich nicht alle Aufsichtspflichtigen mit den Teilnehmern im Wasser aufhalten  oder erst recht nicht auf einer Liegewiese schlafen. Besondere Gefahrenstellen wie beispielsweise Rutschen oder Sprungtürme können  es erfordern, dass ein Aufsichtspflichtiger durchgängig die Situation vom Land aus überwacht. 78

 Vgl. BGH – III ZR 60/16 –, NJW 2018, 301 Rn. 19 f.

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Nichtschwimmer sollten gegebenenfalls zu einer eigenen Gruppe zusammengefasst und separat beaufsichtigt werden. Bei Bedarf müssen Schwimmhilfen wie insbesondere Schwimmflügel genutzt werden. Sie können helfen, dass Nichtschwimmer nicht untergehen, und sie erhöhen außerdem die Aufmerksamkeit der Aufsichtskräfte. Beispielsfall: Viel Spaß beim Baden! L ist Leiter einer Gruppe mit 45 Kindern (10 bis 15 Jahre alt). Alle gehen während einer Ferienfreizeit im örtlichen Hallenbad schwimmen. Das Bad hat ein Schwimmbecken mit Sprungturm, ein Wellenbecken, einen Whirlpool und eine Rutsche. Obwohl zwei Leiter am Einstieg in die Rutsche stehen und aufpassen, dass der vorgeschriebene Abstand eingehalten wird, und ein Leiter die Einmündung beobachtet, wird nach kurzer Zeit ein Teilnehmer zwei Meter vom unteren Ende der Rutsche entfernt bewusstlos auf dem Boden des Schwimmbeckens gefunden. Er ist lebensgefährlich verletzt. L war zur Zeit des Unglücks auf der Toilette. Hat der verletzte Junge einen Schadensersatzanspruch gegen L? Lösungshinweise: L hat als Leiter einer Ferienfreizeit die Aufsichtspflicht für alle minderjährigen Teilnehmer. Die Aufsichtspflicht besteht auch beim Schwimmen in einem öffentlichen Hallenbad und geht dort nicht etwa auf das Badpersonal über. Selbst wer nur als Autofahrer eine Fahrt begleitet, erlangt eine Aufsichtspflicht, wenn er sich tatsächlich an der Beaufsichtigung und Betreuung der Kinder beteiligt. Weil der Verletzte hier einen Mangel an Aufsicht rügt, steht der Vorwurf eines Organisationsverschuldens durch L im Raum. Fraglich ist, ob er alles Erforderliche und Zumutbare unternommen hat und sich damit entschuldigen kann. Die Aufsichtspflicht des Veranstalters entspricht in ihrem Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht. Eine Kontrolle auf Schritt und Tritt ist deswegen insbesondere nicht mehr erforderlich, wenn Kinder in der fraglichen Altersstufe beispielsweise ihren Schulweg normalerweise allein zurücklegen. Daher genügte es nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs, dass sich die Betreuer im Schwimmbad an Schwerpunkten aufhielten und freiwillige Gruppen von Kindern um sich scharten, denen sich jedes Kind nach seinem Belieben anschließen konnte. Dabei sei in Kauf zu nehmen, dass sich einzelne Kinder einer ständigen Überwachung entziehen konnten. Positiv würdigte das Gericht, dass die Rutsche besonders intensiv beaufsichtigt worden war, um ein unkontrolliertes Hinunterrutschen zu verhindern und bei möglichen Unglücksfällen schnell Hilfe leisten zu können. Ob dazu insgesamt drei Mitarbeiter allein an der Rutsche erforderlich waren, hat das Gericht nicht entschieden.79 Ein Schadensersatzanspruch gegen L besteht daher nicht.

 Vgl. BGH – VI ZR 77/94 –, VersR 1995, 50.

79

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Besondere Vorsicht ist bei Sprüngen ins Wasser geboten: Sprungübungen dürfen nur dort stattfinden, wo das Wasser mindestens 1,80 Meter tief ist. Sie sind durch den Aufsichtspflichtigen besonders sorgfältig zu überwachen. Vor speziellen Tauchübungen hat sich der Aufsichtspflichtige über den Gesundheitszustand der Teilnehmer zu informieren und muss sich gegebenenfalls ein ärztliches Attest vorlegen lassen. Sie sind so zu organisieren, dass sich jeweils nur ein Schüler unter Aufsicht einer aufsichtführenden Person im Wasser befindet. Schwimmbrillen dürfen nur für kurzzeitige Tauchgänge in einer Wassertiefe von bis zu zwei Metern verwendet werden. Ansonsten dürfen nur Taucherbrillen verwendet werden, die auch die Nase mit einschließen. Denn mit zunehmender Tauchtiefe kommt es zu einem ansteigenden Druck auf die Brille, der im Fall einer Schwimmbrille nicht ausgeglichen werden kann. In der Brille herrscht dann ein Unterdruck, der zu Einblutungen im Bereich der Augen führen kann. Die Aufsichtspflicht gebietet es ferner, gefährliche Spiele der Teilnehmer untereinander zu unterbinden. Dies gilt etwa für den Fall, dass mehrere Jugendliche miteinander raufen und sich gegenseitig von einem Badesteg in das Wasser eines Sees werfen. Verletzt einer dabei den anderen, so kann er sich nicht darauf berufen, dass beide in Verletzungen eingewilligt hätten.80 Mit besonderen Gefahren ist das Baden im Meer verbunden. Deswegen müssen sich die Aufsichtspflichtigen vorab sorgfältig über die Risiken informieren, die vor Ort vom Wellengang, den Gezeiten oder etwaigen Strömungen ausgehen. Grundvoraussetzung für jedes Baden im Meer ist, dass der Verantwortliche auch dort rettungsfähig ist, sich also zutraut und in der Lage ist, Teilnehmer aus gefährlichen Situationen beim Baden zu befreien. Wer sich unter Abwägung aller Risiken entscheidet, im Meer schwimmen zu gehen, muss die Teilnehmer informieren, sie vor besonderen Gefahren warnen, während des Schwimmens Aufsicht führen und bei Regelübertretungen durch die Teilnehmer einschreiten. Alle oben genannten Punkte sind allgemeine Empfehlungen. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann es geboten sein, weitergehende Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Im Zweifel ist es empfehlenswert,

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 Vgl. BGH – VI ZR 19/94 –, NJW-RR 1995, 857.

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sich mit aufkommenden Fragen schon im Vorfeld an die Mitarbeiter eines Schwimmbades oder an die örtliche DLRG-Gliederung zu wenden. Unabhängig von geplanten Ausflügen zum Schwimmen können offene Wasserflächen auch sonst eine Herausforderung für die Aufsichtspflichtigen sein. Das gilt etwa für folgende Situationen: An der Atlantik- und Nordseeküste lockt bei Ebbe das Wattenmeer mit seinen scheinbar endlosen Sandstränden. Allerdings naht bei Flut das Wasser oft sehr schnell, sodass der Rückweg abgeschnitten werden kann. Senken, Priele, Löcher, Muschel- oder Schlickfelder und Steilkanten können lebensgefährlich werden, wenn man die Tücken nicht kennt. Deswegen sollte man nie alleine ins Watt gehen, sondern sich – zumal mit Gruppen  – am besten einem kundigen Wattführer anvertrauen. Wattwanderungen sollte man außerdem nur tagsüber, im Sommer bei ruhigem Wetter und guten Sichtverhältnissen durchführen. Für Kinder, die jünger als acht Jahre alt sind, sind größere Wattwanderungen meist nicht geeignet. Eisflächen sollten erst betreten werden, wenn keine Zweifel an der Tragfähigkeit bestehen. Bei stehenden Gewässern sollte das Eis mindestens 15 Zentimeter dick sein, bei fließenden Gewässern 20 Zentimeter. In der Nähe eines unzureichend gesicherten Swimmingpools dürfen gut einjährige Kleinkinder nicht einmal für wenige Minuten zurückgelassen werden. Sie müssen vielmehr lückenlos beaufsichtigt werden, sobald sie sich krabbelnd fortbewegen und kleinere Hindernisse überwinden können, ohne aber Gefahrensituationen schon zuverlässig erkennen zu können.81 Bei etwas älteren Kindern sind klare Verbote aufzustellen, dass sich niemand unbeaufsichtigt dem Wasser nähert.

3.3.9 Geländespiel Geländespiele im Wald gehören zu den beliebten Programmpunkten vieler Ferienlager. Oft handelt es sich dabei allerdings auch um einen der verletzungsträchtigsten Programmpunkte. Daher ist besondere Vorsicht

 Vgl. OLG Köln – 8 U 67/14 –, NJW-RR 2016, 401.

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geboten. Schon bei der Anmeldung kann gesondert darauf hingewiesen werden, dass Geländespiele auf dem Programm stehen, damit die Erziehungsberechtigten nicht im Nachhinein behaupten können, davon nichts gewusst und in eine solche Programmgestaltung nicht eingewilligt zu haben. Außerdem kann ein kurzer Hinweis die Eltern ermutigen, den Veranstalter schon im Vorfeld zu informieren, falls ihr Kind aufgrund von Vorerkrankungen an solchen Spielen nicht teilnehmen kann. Vor Beginn jedes riskanten Spiels sollten klare Regeln aufgestellt werden. Es muss für alle Mitspieler klar werden, dass sportlicher Ehrgeiz zwar erwünscht ist, unfaire oder sonst unangemessene Kraftanstrengungen aber verboten sind. Für den Fall, dass es doch zu Verletzungen kommt, sollten die Mitarbeiter ein Mindestmaß an Erste-Hilfe-­ Ausrüstung bereithalten. Ferner sind die naturschutzrechtlichen Vorschriften zum Schutz des Waldes zu beachten (vgl. § 14 Bundeswaldgesetz; § 2 Landesforstgesetz NRW). Zwar darf grundsätzlich jeder einen Wald zum Zwecke der Erholung betreten, selbst wenn das Gelände in Privateigentum steht. Nur aus wichtigen Gründen – beispielsweise zur Vermeidung von Waldbränden – dürfen Waldflächen gesperrt werden. Wer den Wald betritt, hat sich jedoch in jedem Fall so zu verhalten, dass die „Lebensgemeinschaft Wald“ und seine Bewirtschaftung nicht gestört werden. Das schließt nicht aus, dass man als Fußgänger auch abseits der Wege unterwegs ist, doch darf der Wald dadurch nicht beschädigt oder verunreinigt werden. Eine Selbstverständlichkeit sollte es daher sein, dass Abfälle nicht einfach weggeworfen werden dürfen. Auch sonst müssen die schutzwürdigen Interessen der Waldbesitzer und anderer Erholungsuchender beachtet werden. Daher sind das Fahrradfahren und das Reiten im Walde nur auf Straßen und Wegen gestattet. Zudem geschieht die Benutzung auf eigene Gefahr, sodass der Eigentümer insbesondere waldtypische Gefahren nicht beseitigen muss. Zu den natur- und waldtypischen Gefahren zählen vornehmlich solche, die von lebenden und toten Bäumen sowie vom natürlichen Bodenzustand ausgehen oder die aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes entstehen. Organisierte Veranstaltungen im Wald sind der Forstbehörde vorher rechtzeitig anzuzeigen. Zwar gilt dies nicht für kleine Veranstaltungen

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mit geringer Teilnehmerzahl, die zum Zwecke der Umweltbildung durchgeführt werden. Trotzdem kann sich mindestens eine telefonische Anmeldung beim Förster empfehlen, auch um auszuschließen, dass am Veranstaltungstag im Wald mit schwerem Gerät gearbeitet wird oder eine Jagd stattfindet.

3.3.10 Besuch von Gaststätten Sollen im Rahmen von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit Gaststätten besucht werden, so sind die Regelungen des Jugendschutzgesetzes zu beachten (Abschn. 2.1.2). Danach dürfen sich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren in Gaststätten grundsätzlich nur aufhalten, wenn sie von einem Erziehungsbeauftragten begleitet werden oder wenn sie zwischen 5 und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. Erziehungsbeauftragt kann jeder Volljährige sein, der mindestens zeitweise aufgrund einer Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Dementsprechend kommen auch volljährige Gruppenleiter als Erziehungsbeauftragte in Betracht. Allerdings gilt das Aufenthaltsverbot sowieso nicht, wenn die Minderjährigen an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe (Abschn. 2.1.1) teilnehmen oder wenn sie sich auf Reisen befinden. Dementsprechend ist der Aufenthalt in Gaststätten bei Veranstaltungen der Kinder- und Jugendarbeit eher unproblematisch. Selbstverständlich gelten indes die allgemeinen Maßgaben für den Konsum von Alkohol (Abschn. 3.2.5).

3.3.11 Discoabend Wird im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit ein Discoabend veranstaltet, so sind eine Reihe von Verkehrssicherungspflichten einzuhalten. Für jede Art von Tanzveranstaltung gilt, dass die Gäste im Rahmen des Erforderlichen vor Gefahren geschützt werden müssen. Dabei muss der Veranstalter die Besonderheiten berücksichtigen, die sich aus seiner Programmgestaltung ergeben: Schenkt er Alkohol aus, so kann es eine Rolle spielen, dass alkoholisierte Besucher in ihrer Reaktionsfähigkeit gehemmt

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oder besonders wagemutig sind. Um schwere Sturzverletzungen zu vermeiden, müssen Gläser und Flaschen regelmäßig eingesammelt werden. Glasscherben sind unverzüglich zu beseitigen. Lautsprecher und andere technische Anlagen müssen so gesichert werden, dass sie weder umstürzen noch herunterfallen können. Dem technischen Standard entspricht es daher, stets doppelte Absicherungen einzusetzen, indem Lautsprecher oder Scheinwerfer unabhängig von ihrer eigentlichen Aufhängung durch sogenannte Safety-Bänder gesichert werden. Vorgeschriebene Fluchtwege müssen entsprechend beschildert sein und dürfen nicht zugestellt werden. Musikanlagen dürfen zudem nur so laut betrieben werden, dass die Teilnehmer nicht übermäßig und in gesundheitsschädlicher Weise beschallt werden. Außerdem sind die Lärmschutzgrenzen einzuhalten. Diese finden sich in den unterschiedlichen Immissionsschutzregelungen des Bundes und der Länder. Danach hat sich jeder so zu verhalten, dass Lärm als „schädliche Umwelteinwirkung“ möglichst vermieden wird, soweit das nach den Umständen des Einzelfalles zumutbar ist. Einheitliche Grenzwerte gibt es dafür nicht. Ob eine Lärmbelästigung erheblich ist, hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern wesentlich auch davon, ob das fragliche Gebiet etwa als Wohn- oder Industriegebiet genutzt wird. Auch die Einstellung der Betroffenen zu der Geräuschquelle kann für den Grad der Belästigung von Bedeutung sein. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person abzustellen, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers. Insbesondere gilt der Lärmschutz für die Zeit der Nachtruhe. Zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens sind alle Betätigungen verboten, die geeignet sind, die Nachtruhe zu stören. Dementsprechend darf in dieser Zeitspanne keine Musik in störender Lautstärke abgespielt werden. An öffentlichen Tanzveranstaltungen dürfen Kinder und Jugendliche nur innerhalb der zeitlichen Grenzen des Jugendschutzgesetzes (Abschn.  2.1.2) teilnehmen. Allerdings gelten verlängerte Zeitrahmen, wenn die Veranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt wird oder der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege dient. Abweichend von den sonst geltenden Vorgaben dürfen

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Kinder unter 14 Jahren solche Veranstaltungen bis 22 Uhr und Jugendliche unter 16 Jahren bis 24 Uhr besuchen. Für die öffentliche Aufführung von urheberrechtlich geschützten musikalischen Werken müssen Lizenzvergütungen an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) abgeführt werden. Erfasst sind davon die allermeisten Stücke der aktuellen Unterhaltungsmusik. Die GEMA schüttet die erwirtschafteten Erträge nach einem komplexen Schlüssel an die Künstler aus. Die Rechtsgrundlagen dafür schaffen das Urheberrechtsgesetz (UrhG) sowie das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG). Die GEMA muss also eingeschaltet werden, wann immer ein Veranstalter urheberrechtlich geschützte Musik öffentlich wiedergeben will. Das Merkmal der Öffentlichkeit wird von der GEMA weit ausgelegt. Eine Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört dabei jeder, der nicht mit dem Veranstalter durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Ob eine Veranstaltung mit Musikwiedergabe öffentlich ist, hängt also vom Teilnehmerkreis ab: Wenn zwischen den Teilnehmern wechselseitige persönliche Beziehungen bestehen oder sie alle eine solche Beziehung zum Veranstalter haben, besteht keine Öffentlichkeit. Je mehr Personen dagegen an einer Veranstaltung teilnehmen, desto eher ist von ihrer Öffentlichkeit auszugehen. Ob mit einer Veranstaltung Gewinn erwirtschaftet werden soll, ist für die Frage ihrer Öffentlichkeit irrelevant. Beispiele Keine öffentliche Veranstaltung liegt vor, wenn beim Familienfest Musik gespielt wird. Gleiches kann für die Versammlung eines kleinen Vereins gelten, bei der nur Mitglieder zugelassen sind, oder für eine Jugendgruppe, bei der eine enge persönliche Verbundenheit aller Anwesenden besteht. Schon der Seniorennachmittag eines Spielmannszuges einer freiwilligen Feuerwehr kann dagegen nach Auffassung der GEMA öffentlichen Charakter haben. Der Besucherkreis eines Jugendzentrums ist regelmäßig nicht exakt vorherbestimmbar, sodass von der Öffentlichkeit auszugehen ist. Erst recht gilt das für Jugenddiscos, zu der ein freier Träger alle Jugendlichen aus der Umgebung einlädt. Sie sind GEMA-pflichtig.

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Die Vergütungspflicht entfällt allerdings für Veranstaltungen der Jugendhilfe, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich sind (§  52 Abs.  1 Satz  3 UrhG). Unter Jugendhilfe sind nach dem Sozialgesetzbuch die Veranstaltungen der freien und öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu verstehen. Davon erfasst werden jedenfalls auch Kindertagesstätten oder Kinderheime, allerdings nur bei zeitlich begrenzten Einzelereignissen, die aus einem bestimmten Anlass stattfinden. Dass solche Veranstaltungen meist auch Familienangehörigen offen stehen, wird man als unschädlich ansehen können, solange der Zugang tatsächlich begrenzt bleibt. Dagegen wäre die oben erwähnte Jugenddisco wohl von vornherein nicht nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich, sodass sie bei der GEMA angemeldet werden müsste. Keinesfalls vergütungsfrei sind alltägliche Dauereinrichtungen wie die ständige Musikwiedergabe in Aufenthaltsräumen. Für die Anmeldung einer Musiknutzung ist grundsätzlich der Veranstalter zuständig. Die Anmeldung muss so rechtzeitig im Voraus erfolgen, dass die GEMA noch vor deren Durchführung ihre Einwilligung erteilen kann. Wie hoch der GEMA-Beitrag genau ist, hängt von der Art der konkreten Musikwiedergabe (live oder von Tonträgern), von der Raumgröße und der Höhe eines etwaigen Eintrittsgeldes ab. Insbesondere bei Außenveranstaltungen wie einem Weihnachtsmarkt steigen die Gebühren wegen der großen beschallten Fläche deutlich an. Auch wenn mit einer öffentlichen Musikwiedergabe keine finanziellen Vorteile erzielt werden, soll doch jedenfalls eine Mindestvergütung erforderlich sein, um die Urheber vor einer Entwertung ihrer Rechte zu schützen.82 Für Veranstaltungen der Kinder- und Jugendarbeit bietet die GEMA Spezialtarife mit Rabatten an. Die großen Kirchen und manche Verbände haben Pauschalverträge mit der GEMA geschlossen, deren Bedingungen aber jeweils im Einzelfall genau geprüft werden müssen.

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 Vgl. BGH – I ZR 175/10 –, GRUR 2012, 715.

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Wichtig: GEMA-Meldungen rechtzeitig abgeben Die GEMA wertet zum Teil Tageszeitungen oder Internetmedien aus, um unangemeldete Musiknutzungen aufzuspüren. Dann können empfindliche Strafzahlungen verhängt werden. Deswegen sollte vor jeder öffentlichen Musikwiedergabe die urheberrechtliche Situation sorgfältig geprüft werden.

3.3.12 Kinobesuch und Filmvorführung Für Besuche in öffentlichen Kinos gelten die Vorgaben des Jugendschutzgesetzes (§  11 JuSchG). Danach dürfen Minderjährige zum einen nur Filme sehen, die im Rahmen der freiwilligen Selbstkontrolle für die fragliche Altersgruppe freigegeben sind. Dies gilt auch, wenn Filme sonst in der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen. Unabhängig davon dürfen Kinder unter sechs Jahren nur mit Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person bei öffentlichen Filmveranstaltungen anwesend sein. Kinder zwischen sechs und 14 Jahren dürfen unbegleitet nur Filmvorführungen besuchen, die vor 20 Uhr beendet sind. Für Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren liegt die erlaubte Endzeit bei 22 Uhr, für Jugendliche ab 16 Jahren bei 24 Uhr. Zwar gelten die genannten Zeiten nicht, wenn eine erziehungsbeauftragte Person die Minderjährigen begleitet, was auch volljährige Gruppenleiter übernehmen können. Allerdings verlangen Kinobetreiber bisweilen eine schriftliche Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten. Dies sollte im Vorfeld eines Kinobesuchs geklärt werden. Werden im Rahmen einer Gruppenstunde Filme geschaut, so liegt üblicherweise keine öffentliche Veranstaltung im Sinne des Jugendschutzgesetzes vor. Gleichwohl sollten bei solchen Gelegenheiten die Altersbeschränkungen der freiwilligen Selbstkontrolle beachtet werden. Im Zweifel sind die Erziehungsberechtigten vorab nach ihrem Einverständnis zu fragen. Besondere Probleme werfen selbst organisierte Public Viewing-­ Veranstaltungen auf. Dafür müssen vorab gesonderte Vorführgenehmigungen beim Rechteinhaber eingeholt werden. Dies gilt gleichermaßen für die zu zeigenden Bilder wie für wiederzugebende Musik. Deswegen

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muss beispielsweise bei Übertragungen von Spielen einer Fußballweltmeisterschaft sowohl mit der Fifa als auch mit der GEMA (siehe dazu schon Abschn. 3.3.11) geklärt werden, ob und zu welchen Konditionen eine öffentliche Vorführung zulässig ist.

3.3.13 Freizeitpark Bei Kindern stets beliebt sind Besuche in einem Freizeitpark. Rechtlich sind diese prinzipiell unbedenklich, da es primär dem Parkbetreiber obliegt, seinen Verkehrssicherungspflichten nachzukommen und für die Sicherheit im Park und auf allen Fahrgeschäften zu sorgen. Entsprechend gilt hier die Rechtsprechung zu öffentlichen Kinderspielplätzen, wonach an die Sicherheit, insbesondere an den Erhaltungszustand der Spielgeräte, besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Grundsätzlich dürfen Kinder und ihre Eltern uneingeschränkt darauf vertrauen, dass sich die Spielgeräte in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden und dass schwere, vorhersehbare Verletzungen ausgeschlossen bleiben. Bringt ein Spielgerät besondere Gefahren mit sich, so muss der Betreiber vor diesen warnen. Diese Verpflichtung bezieht sich auf alle Risiken, die eine potenziell gefährdete Person nicht oder nicht in sämtlichen Auswirkungen und Dimensionen erkennen kann. Gegenüber Kindern und Jugendlichen gilt insoweit ein strenger Maßstab, weil deren Unerfahrenheit, Unbesonnenheit und Spiellust zu berücksichtigen sind. Beispiele Eltern besuchten mit ihrem dreijährigen Kind einen Wildpark. Vor dem Wildschweingehege streckte das Kind plötzlich seine Hand so weit in Richtung des Zaunes aus, dass ein Wildschein ein Fingerglied des Kindes abbeißen konnte. Nach Auffassung der Rechtsprechung haftet der Parkbetreiber für den Schaden; er hätte das Gehege besser sichern müssen. Die Eltern trifft keine Mitschuld. Den Eltern muss es möglich sein, Kinder auf den frei zugänglichen Wegen laufen zu lassen, ohne sie an der Hand zu führen. Andernfalls wäre jede Aufsichtsperson bereits mit mehr als zwei Kindern überfordert. Generell ist es Aufsichtspersonen unmöglich, zu verhindern, dass sich Kinder näher als mit einem Sicherheitsabstand von einem Meter den Tiergehegen nähern, wenn sie sich frei bewegen können. Dies gelte

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zumal, wenn der Parkbetreiber den Besuchern Futter für die Wildschweine verkaufe, was gerade dazu animiere, sich den Gehegen zu nähern.83 Bei einer luftgefüllten Hüpfburg für Kinder muss der Betreiber in geeigneter Weise sicherstellen und überwachen, dass das Gebläse den Überdruck im Inneren dauerhaft aufrechterhält. Die Hüpfburg muss bei jeder denkbaren Nutzung betreten oder verlassen werden können, ohne auf der in Teilbereichen völlig schlaffen Lufthülle zu straucheln und auf dem Boden darunter aufzuschlagen. Auch das Gewicht eines Erwachsenen, der eine Hüpfburg kurzzeitig betritt, um beispielsweise ein von ihm beaufsichtigtes Kind dort abzuholen, muss sie sicher tragen. Gleichwohl haftet der Betreiber mangels Verschulden allerdings nicht, wenn ein plötzlich auftretender Defekt nicht vorhersehbar war.84

Indes gilt eine etwaige Aufsichtspflicht des Veranstalters und seiner Mitarbeite auch in einem Freizeitpark. Minderjährige Teilnehmer dürfen deswegen in einem solchen Park nicht einfach sich selbst überlassen werden. Vielmehr müssen sie vor besonderen Gefahren gewarnt und zu einem umsichtigen Verhalten ermahnt werden. Oft bietet es sich an, minderjährige Teilnehmer nur in Kleingruppen ohne unmittelbare Aufsicht zu lassen. Außerdem sollte für Notfälle ein fester Treffpunkt vereinbart werden.

3.3.14 Religiöses Nach wie vor zählen die christlichen Kirchen in Deutschland zu den großen Akteuren der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Ihre Angebote stehen oft allen Interessierten unabhängig vom religiösen Bekenntnis offen. Sie zeichnen sich vor allem durch intensive Gemeinschaftserfahrungen und einen hohen Freizeitwert aus, integrieren aber meist auch explizit religiöse Programmpunkte. Dazu zählen etwa sonntägliche Gottesdienste, ein regelmäßiges Gebet vor den Mahlzeiten oder sonstige religiöse Impulse.

 Vgl. LG Hanau – 2 S 182/87 –, NJW 1988, 74.  Vgl. OLG Koblenz – 5 U 1054/12 –, NJOZ 2013, 1492.

83 84

3  Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit 

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Aus rechtlicher Sicht ist das gänzlich unbedenklich, zumal die grundrechtliche Religionsfreiheit nicht nur kultische Handlungen schützt, sondern auch die tätige Nächstenliebe im Rahmen der Jugendarbeit. Auf diesen Grundrechtsschutz können sich die Kirchen auch als Körperschaften des öffentlichen Rechts (Abschn. 3.1.1.4) berufen, sodass sie sich bei ihrer Jugendarbeit nicht etwa weltanschaulich neutral verhalten müssen. Niemand kann unter Berufung auf seine negative Religionsfreiheit beanspruchen, in der Öffentlichkeit oder bei Veranstaltungen, die er freiwillig besucht, von christlich geprägten Feiern und deren Ausprägungen verschont zu bleiben. Weder die Kinder noch ihre Eltern können verlangen, dass ein von ihnen ausgewählter Veranstalter von Angeboten der Kinderund Jugendarbeit von den religiösen Grundsätzen abrückt, die sein Handeln und seine Programmgestaltung prägen.85 Dass in der Jugendhilfe Träger mit unterschiedlichen Profilen tätig sind, spiegelt den Grundsatz der Trägervielfalt und ist vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünscht. Allerdings sollte ein Veranstalter, der ein explizit religiöses Programm plant, dies vor der Anmeldung den Erziehungsberechtigten in angemessener Weise ankündigen. Denn das Erziehungsrecht der Eltern umfasst auch deren Recht, ihre Kinder nach denjenigen religiösen oder weltanschaulichen Grundsätzen zu erziehen, die sie selbst für richtig halten. Zwar sind Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr religionsmündig und dürfen dann selbst entscheiden, in welchem Bekenntnis sie erzogen werden. Schon ab dem zwölften Lebensjahr dürfen sie nicht mehr  gegen ihren Willen in einem anderen Bekenntnis als zuvor erzogen werden. Im Übrigen wird die religiöse Entscheidungsfreiheit von Minderjährigen jedoch bis zur Volljährigkeit vom Sorgerecht der Eltern überlagert, da sich religiöse Fragen kaum von der übrigen Erziehung trennen lassen.86 In diese grundgesetzlichen Gewährleistungen wird eingegriffen, wenn minderjährige Kinder gegen den Willen ihrer Eltern religiös beeinflusst werden. Deswegen sollte sich jeder Veranstalter in diesem Bereich eng mit den Erziehungsberechtigten abstimmen.

85 86

 Vgl. ebenso zur Aufnahme in eine Bekenntnisschule BVerwG – 6 B 66/16 –, NVwZ 2017, 1141.  Vgl. Kokott, in: Sachs (2018) GG, Art. 4 Rn. 8.

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3.3.15 Veranstaltungen auf öffentlichen Flächen Sollen Veranstaltungen der Kinder- und Jugendarbeit auf öffentlichen Flächen stattfinden, so stellt sich die Frage, ob dafür eine besondere Genehmigung erforderlich ist. Dabei ist zu unterscheiden: Gehört die fragliche Fläche einem Privaten, so muss grundsätzlich jede Nutzung außerhalb der eigentlichen Zweckbestimmung mit dem Eigentümer abgesprochen werden. Dem Eigentümer steht das Hausrecht zu, sodass er grundsätzlich missliebige Veranstaltungen auf seinen Flächen verbieten kann. Allerdings muss der Eigentümer bei der Ausübung seines Hausrechts mittelbar auch die grundrechtliche Versammlungsfreiheit berücksichtigen. Im Einzelfall kann er dann verpflichtet sein, eine Veranstaltung zu gestatten. Beispiel: Flashmob auf privatem Gelände Auf einem großen Platz in einem privaten Einkaufszentrum sollte ein sogenannter „Bierdosen-Flashmob für die Freiheit“ stattfinden. Auf Kommando sollten die Teilnehmer jeweils eine Dose Bier öffnen und diese schnellstmöglich leer trinken. Anschließend sollte eine Diskussion über die Freiheit folgen. Der private Eigentümer verbot die Veranstaltung. Auf die Klage der Veranstalter erlaubte dagegen das Bundesverfassungsgericht den Flashmob. Zwar verschaffe die Versammlungsfreiheit kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten, doch müssten Versammlungen an Orten möglich sein, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist und wo Kommunikation stattfindet. Davon dürften auch private Plätze nicht ausgenommen werden, wenn der Eigentümer dort einen Ort des Verweilens, der Begegnung und der Freizeitgestaltung geschaffen habe. Allerdings sind bei solchen Veranstaltungen sorgfältige Absprachen und ein plausibles Sicherheitskonzept erforderlich.

Auf öffentlichen Flächen, die dem Staat gehören, ist der sogenannte Gemeingebrauch ohne Erlaubnis zulässig. Dazu gehört jede Nutzung, bei der es um Fortbewegung und (mindestens kommunikativen) Verkehr geht. Für jede darüber hinausgehende Sondernutzung muss eine Erlaubnis beantragt werden. Ob die zuständige Behörde eine solche Genehmigung erteilt, liegt in ihrem Ermessen.

3  Einzelbereiche der Kinder- und Jugendarbeit 

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Beispiele Keine Genehmigung ist erforderlich, wenn Teilnehmer bei einer Stadtrallye eine Fußgängerzone erkunden oder bei ähnlichen Spielen auch Passanten ansprechen sollen. Sondernutzungen liegen dagegen vor, wenn Tische für eine Außengastronomie, ein Verkaufsstand oder Container zur Sammlung von Altkleidern aufgestellt werden oder wenn Personen als lebendige Werbeträger mit großen Plakaten in einer Fußgängerzone umhergehen. Auch der Betrieb eines „Bierbikes“, einer Mischung aus Fahrrad und Planwagen, das einige Zeit lang gerne für Junggesellenabschiede und ähnliche Veranstaltungen genutzt wurde, ist eine erlaubnispflichtige Sondernutzung, weil dort objektiv betrachtet nicht die Fortbewegung, sondern die Unterhaltung und der Alkoholkonsum im Vordergrund stehen.

Unabhängig von der Frage, ob Gemeingebrauch oder Sondernutzung vorliegt, müssen öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Beginn angemeldet werden. Dabei ist anzugeben, wer für die Leitung der Versammlung verantwortlich sein soll. Nur ausnahmsweise bei Eil- oder Spontanversammlungen kann die Anmeldung kurzfristiger erfolgen oder gänzlich wegfallen. Keine Anmeldepflicht besteht bei Gottesdiensten unter freiem Himmel, kirchlichen Prozessionen oder hergebrachten Volksfesten. Für die Versammlung selbst gilt ein Verbot von Waffen und Vermummungen, die darauf gerichtet sind, die eigene Identität unkenntlich zu machen.

Literatur Gerstein, Hartmut (2018) Kleine Rechtskunde für pädagogische Fachkräfte in Kitas, 2. Aufl., Cornelsen, Berlin. Hundmeyer, Simon/Pimmer-Jüsten, Burghard (2015) Aufsichtspflicht in Kindertageseinrichtungen, Aufsichtspflicht, Haftung und Versicherungsschutz, 9. Aufl., Carl Link, München. Leeb, Christina-Maria/Liebhaber, Johannes (2018) Grundlagen des Datenschutzrechts, JuS 58 (2018), 534–538. Nademleinsky, Marco (2015) Aufsichtspflicht, Was Kinder- und JugendbetreuerInnen wissen müssen. Plus: Haftung und Versicherungsschutz, 3. Aufl., Manz, Wien.

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Palandt, Otto (Begr.) (2019) Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 78. Aufl., C. H. Beck, München. Remmertz, Frank R. (2018) Aktuelle Entwicklungen im Social Media-Recht. Überblick der relevanten Themen aus Unternehmenssicht, MMR 21 (2018), 507–512. Sachs, Michael (Hrsg.) (2018) Grundgesetz. Kommentar, 8.  Aufl., C.  H. Beck, München. Waldner, Wolfram/Wörle-Himmel, Christof (2016) Der eingetragene Verein, 20. Aufl., C. H. Beck, München.

4 Musterformulare

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete!

Das 4. Kapitel enthält einige Musterformulare für die Kinder- und Jugendarbeit. Die Formulare sollen ein erster Anhaltspunkt sein, was für die jeweiligen Vereinbarungen zu berücksichtigen sein könnte. Die einzelnen Formulierungen müssen aber in jeden Fall an die konkrete Fahrt angepasst werden, Nichtzutreffendes ist zu streichen. Einzelne Punkte werden im Anschluss an das jeweilige Formular kurz kommentiert. Die folgenden vier Musterformulare stehen Ihnen auf der Verlagswebsite zum Buch1 unter dem Stichwortbutton „Online Plus“ als PDF zum Download zur Verfügung.

 https://www.springer.com/de/book/9783658260866.

1

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3_4

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4.1 Anmeldung zum Ferienlager 4.1.1 Musterformular Eine Anmeldung für ein Ferienlager könnte etwa folgende Struktur haben: Anmeldung zum Ferienlager [Name und Anschrift des Veranstalters] Anmeldenummer: ____

Anmeldung zum Ferienlager Hiermit melde ich meine Tochter/meinen Sohn verbindlich für das Ferienlager des [Veranstalters] in der Zeit vom [Datum] bis zum [Datum] in [Zielort] an.

Angaben zur Teilnehmerin/zum Teilnehmer: Vor- und Nachname: Geburtsdatum:

____________________________________________ ____________________________________________

Angaben zu den Erziehungsberechtigten: Vor- und Nachname(n): ____________________________________________ Straße: ____________________________________________ PLZ und Ort: ____________________________________________ Telefon: ____________________________________________ E-Mail: ____________________________________________

Teilnehmerbeitrag: Der Kostenbeitrag für das Ferienlager beträgt insgesamt ______ €. Ich habe eine Anzahlung von ______ € bei der Anmeldung geleistet; den Restbetrag überweise ich bis [Datum] auf folgendes Konto des Veranstalters: IBAN [xxx] bei der [xxx]-Bank (BIC [xxx]).

Informationen zur Reise: Am Zielort erfolgt die Unterbringung der Gruppe [in einem Gruppenhaus/ in einer Jugendherberge/auf einem Zeltplatz usw.]. Der Transport wird mit [einem Reisebus/dem Öffentlichen Personennahverkehr/privaten Pkw] erfolgen. Die Abfahrt ist für [Datum, Uhrzeit/Tageszeit] ab [Treffpunkt] geplant, die Rückkehr für [Datum, Uhrzeit]. Über etwaige Änderungen wird der Veranstalter unverzüglich informieren. Vor Ort wird die Verpflegung durch [die Unterkunft/ein mitreisendes Küchenteam usw.] gewährleistet. Auf dem Programm stehen etwa [Überblick, besondere Ausflüge, sportliche Geländespiele im Wald, Schwimmen, Stadtgänge/Museumsbesuche ohne unmittelbare Aufsicht, einzelne religiöse Programmpunkte usw.], wobei Änderungen vorbehalten sind. Für die Einreise nach [Zielland] ist ein [gültiger Personalausweis/Reisepass/ ein Visum] erforderlich. Die Verantwortung dafür trägt der Teilnehmer.

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Wichtige Informationen und Erklärungen: 1. Mein Kind darf ohne direkte Aufsicht durch die Betreuer in Gruppen zu mindestens drei Personen Stadtgänge unternehmen und ohne unmittelbare Aufsicht an Geländespielen teilnehmen. 2. Mein Kind kann und darf in öffentlichen Bädern [ggf. ergänzen: im Meer/in Seen] schwimmen. Es erfüllt mindestens die Anforderungen an das Jugend-Schwimmabzeichen in Bronze (ggf. bitte streichen). Es darf sich in Gruppen in Gruppen von mindestens drei Personen ohne durchgängige unmittelbare Aufsicht durch die Gruppenleiter eigenständig im Bad bewegen. 3. Mein Kind kann auf meine Kosten nach Hause geschickt werden, wenn es sich selbst oder andere Gruppenmitglieder erheblich gefährdet oder sonst die Gruppenregeln wiederholt verletzt. 4. Waffen und Alkoholika dürfen nicht mit in das Ferienlager gebracht werden. Von der Mitnahme wertvoller elektronischer Geräte wird abgeraten. Im Verlustfall übernimmt der Veranstalter außer bei Vorsatz keine Haftung. 5. Bei kleineren gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder in akuten medizinischen Notfällen  ist die Lagerleitung entscheidungsbefugt. Dabei wird sie dem Rat eines Arztes folgen  und mich unverzüglich informieren. 6. Besuche während der Ferienfreizeit sind nicht erwünscht. 7. Mein Kind wird nur gesund und frei von ansteckenden Krankheiten an der Ferienfreizeit teilnehmen. Auf sonstige Krankheiten und andere Besonderheiten (etwa Allergien, Bettnässer-­Tendenzen oder bekannte Disziplin-Probleme) werde ich die Lagerleitung vor der Abreise schriftlich mit dem beiliegenden Formular hinweisen. 8. Vor Reisebeginn kann ich gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigungspauschale in Höhe von [etwa Höhe der Anzahlung] jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Ein weitergehender Anspruch auf Rückzahlung des Teilnehmerbeitrages besteht nur, soweit dem Veranstalter wesentlich höhere Aufwendungen erspart bleiben. Dieser Nachweis bleibt mir vorbehalten. Auf die Möglichkeit zum Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung wird hingewiesen. 9. Die Ferienfreizeit kann nur stattfinden, wenn eine Mindestteilnehmerzahl von 10 [ggf. anpassen] Teilnehmern erreicht wird. Sollte die Durchführung der Ferienfreizeit wider Erwarten seitens des Veranstalters insgesamt unmöglich werden, so habe ich, außer dem Recht auf Rückzahlung des Teilnehmerbeitrages, keine Ansprüche gegenüber dem Veranstalter. 10. Während der Ferienfreizeit dürfen Fotos von meinem Kind aufgenommen werden. Diese Fotos dürfen anschließend allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden; eine Weitergabe an Dritte ist untersagt. Auch mit der Veröffentlichung von ausgewählten Bildern im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Veranstalters einschließlich seiner sozialen Medien bin ich einverstanden.

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Informationen zum Datenschutz: Der Veranstalter speichert personenbezogene Daten (Namen, Kontaktdaten usw.) aus dieser Anmeldung in seinem Computersystem. Dies ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Ferienfreizeit erforderlich. Rechtsgrundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO. Die Daten können an staatliche oder kirchliche Stellen weitergegeben werden, soweit dies erforderlich ist, um Zuschüsse für die Maßnahme zu erhalten. Gesundheitsdaten des Teilnehmers werden verarbeitet, um im Notfall eine angemessene Versorgung zu ermöglichen. Ohne die Verarbeitung dieser Daten ist eine Teilnahme an der Veranstaltung nicht möglich. Nach Abschluss der Bearbeitung werden die Daten zur ordnungsgemäßen Aktenführung je nach Bedeutung des Falls aufbewahrt. In der Regel beträgt die Aufbewahrungsfrist drei bis fünf Jahre. Außerdem können unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer Fotos von diesen angefertigt und veröffentlicht werden. Dazu werden die Daten auch an soziale Medien wie Facebook oder Instagram weitergegeben und dort zum Teil im Ausland verarbeitet. Dies ist erforderlich, um den Erziehungsberechtigten eine angemessene Information über die Veranstaltung sowie eine Öffentlichkeitsarbeit im üblichen Umfang zu ermöglichen. Das Interesse des Veranstalters an einer bildgestützten Öffentlichkeitsarbeit kann das Recht der Teilnehmer am eigenen Bild überwiegen, soweit insbesondere die Grenzen des Kunst- und Urheberrechtsgesetzes eingehalten werden. Insoweit stützt sich die Datenverarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Im Übrigen erkläre ich hiermit mein Einverständnis in diese Form der Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Auf Antrag werden Bilder, die mich oder mein Kind zeigen, unverzüglich gelöscht, soweit dies dem Veranstalter technisch möglich ist. Verantwortlich für die Datenerhebung ist der Veranstalter [Kontaktdaten]. Sie haben das Recht, vom Verantwortlichen Auskunft über die zu Ihrer Person beziehungsweise zu Ihrem Kind gespeicherten Daten einschließlich eventueller Empfänger und der geplanten Speicherdauer zu erhalten. Sollten unrichtige personenbezogene Daten verarbeitet werden, steht Ihnen ein Recht auf Berichtigung zu. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so können Sie die Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung verlangen sowie Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegen. Die Einwilligung in die Datenverarbeitung können Sie jederzeit widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird. Bei Unstimmigkeiten können Sie sich an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit [Nordrhein-Westfalen, Postfach 20 04 44, 40102 Düsseldorf] als zuständige Aufsichtsbehörde wenden. Ich habe alle oben genannten Punkte zur Kenntnis genommen und bestätige die Richtigkeit der Angaben und die Einhaltung der Erklärungen.

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Soweit ich das Sorgerecht für mein Kind nicht alleine besitze, erkläre ich die Anmeldung auch in Vertretung für alle Mitsorgeberechtigten. ______________________________________________________________ Ort und Datum sowie Unterschrift des/der Erziehungsberechtigten Bei Rückfragen steht Ihnen die Lagerleitung gerne zur Verfügung: [Namen und Kontaktdaten der Lagerleitung]

Einladung: Am [Datum] findet ab [Uhrzeit] ein Elternabend im [Ort] statt, zu dem wir herzlich einladen. An diesem Abend wird es auch nähere Informationen zum Ferienlager geben.

Quittung: Name: _______________________________________________________ Es wurde für das Ferienlager [Jahr] des [Veranstalters] ein Betrag in Höhe von ______ € bei der Anmeldung angezahlt. Der Restbetrag von ______ € ist bis [Datum] auf folgendes Konto des Veranstalters zu überweisen: IBAN [xxx] bei der [xxx]-Bank (BIC [xxx]). _______________________________________________________________ Ort und Datum sowie Unterschrift eines Verantwortlichen

Dieses Musterformular steht Ihnen auf der Verlagswebsite zum Buch2 unter dem Stichwortbutton „Online Plus“ als PDF zum Download zur Verfügung.

4.1.2 Anmerkungen zu dem Vertragsentwurf Das ausgefüllte und unterschriebene Anmeldeformular sollte den Erziehungsberechtigten im Optimalfall in Kopie mitgegeben werden. Andernfalls ist mindestens der letzte Abschnitt mit der Einladung zum Elternabend und der Quittung so anzuordnen, dass er vom Rest des Formulars abgetrennt werden kann, weil er für die Teilnehmer bestimmt ist. Da der Vertrag für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert ist und dem Vertragspartner ohne weitere Verhandlungsmöglichkeiten vom Veranstalter gestellt wird, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen  https://www.springer.com/de/book/9783658260866.

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(AGB) im Sinne der §§  305  ff. BGB.  Dafür gelten zum Schutz des Vertragspartners besondere Anforderungen. Bei der Anpassung der vorgeschlagenen Formulierungen sollte also darauf geachtet werden, dass die Klauseln einer etwaigen Inhaltskontrolle standhalten müssen; ansonsten sind sie unwirksam. Ziffer 4 (Verbotenes): Die Liste verbotener Gegenstände kann je nach Altersgruppe oder Art der Reise angepasst werden. Gegebenenfalls können etwa Regeln zur Handynutzung aufgenommen werden. Der Ratschlag zu unerwünschten Gegenständen erscheint weniger aus juristischen als aus pädagogischen Gründen sinnvoll. Ziffer 8 (Rücktrittsrecht): Die Formulierung des Rücktrittsrechts orientiert sich am Pauschalreiserecht. Weil solche Rücktritte immer wieder vorkommen, sollte der Veranstalter vorab eine Anzahlung auf den Reisepreis verlangen. Diese kann im Fall eines Rücktritts als pauschalierter Aufwendungsersatz einbehalten werden. Allerdings muss dabei in AGB die Grenze des § 308 Nr. 7 lit. b) BGB beachtet werden. Danach darf der verlangte Aufwendungsersatz nicht unangemessen hoch sein. Der Verwender darf also eine Pauschale verlangen, die sich aber an seinen tatsächlichen Aufwendungen orientieren muss. Dem Teilnehmer muss ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, dass im konkreten Fall nur ein wesentlich geringerer Betrag angemessen ist. Ziffer 10 (Fotos): Die Klausel berücksichtigt die Anforderungen des Rechts am eigenen Bild sowie des Datenschutzrechts. Umstritten ist, ob eine pauschale Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern im Internet wirksam ist. Nach aktuellsten Entscheidungen im Datenschutzrecht reicht die pauschale, vorab erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern in vielen Fällen aus. Es ist danach nicht erforderlich, jedes Bild vor der Veröffentlichung einzeln den Erziehungsberechtigten zur Entscheidung vorzulegen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann dies selbstverständlich gleichwohl machen. Informationen zur Reise: Den Erziehungsberechtigten sollte vorab ein kurzer Überblick gegeben werden, wie das Ferienlager ungefähr ablaufen wird. Dies darf nicht erst bei einem späteren Elternabend geschehen, sondern muss noch vor Vertragsschluss erfolgen. Kleinere Änderungen bleiben dann immer noch möglich; sie sind aufgrund der Dynamik eines Ferienlagers geradezu zu erwarten. Bei der Information

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kann man sich an den Anforderungen für Pauschalreisen orientieren, selbst wenn diese mangels gewerblicher Tätigkeit rechtlich nicht unmittelbar bindend sein sollten. Maßgeblich für Pauschalreise ist Art. 250 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Dort wird auch verlangt, dass die Informationen klar, verständlich und in hervorgehobener Weise mitzuteilen sind. Werden sie schriftlich erteilt, müssen sie leserlich sein. Art. 250 § 3 EGBGB: Weitere Angaben bei der vorvertraglichen Unterrichtung

Die Unterrichtung muss folgende Informationen enthalten, soweit sie für die in Betracht kommende Pauschalreise erheblich sind: 1. die wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen, und zwar a. Bestimmungsort oder, wenn die Pauschalreise mehrere Aufenthalte umfasst, die einzelnen Bestimmungsorte sowie die einzelnen Zeiträume (Datumsangaben und Anzahl der Übernachtungen), b. Reiseroute, c. Transportmittel (Merkmale und Klasse), d. Ort, Tag und Zeit der Abreise und der Rückreise oder, sofern eine genaue Zeitangabe noch nicht möglich ist, ungefähre Zeit der Abreise und Rückreise, ferner Orte und Dauer von Zwischenstationen sowie die dort zu erreichenden Anschlussverbindungen, e. Unterkunft (Lage, Hauptmerkmale und gegebenenfalls touristische Einstufung der Unterkunft nach den Regeln des jeweiligen Bestimmungslandes), f. Mahlzeiten, g. Besichtigungen, Ausflüge oder sonstige im Reisepreis inbegriffene Leistungen, h. sofern dies nicht aus dem Zusammenhang hervorgeht, die Angabe, ob eine der Reiseleistungen für den Reisenden als Teil einer Gruppe erbracht wird, und wenn dies der Fall ist, sofern möglich, die Angabe der ungefähren Gruppengröße, i. sofern die Nutzung touristischer Leistungen im Sinne des § 651a Abs. 3 Satz 1 Nummer 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch den

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Reisenden von einer wirksamen mündlichen Kommunikation abhängt, die Sprache, in der diese Leistungen erbracht werden, und j. die Angabe, ob die Pauschalreise im Allgemeinen für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist, sowie auf Verlangen des Reisenden genaue Informationen über eine solche Eignung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Reisenden, 2. die Firma oder den Namen des Reiseveranstalters, die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, die Telefonnummer und gegebenenfalls die E-Mail-Adresse; diese Angaben sind gegebenenfalls auch bezüglich des Reisevermittlers zu erteilen, 3. den Reisepreis einschließlich Steuern und gegebenenfalls aller zusätzlichen Gebühren, Entgelte und sonstigen Kosten, oder, wenn sich diese Kosten vor Vertragsschluss nicht bestimmen lassen, die Angabe der Art von Mehrkosten, für die der Reisende gegebenenfalls noch aufkommen muss, 4. die Zahlungsmodalitäten einschließlich des Betrags oder des Prozentsatzes des Reisepreises, der als Anzahlung zu leisten ist, sowie des Zeitplans für die Zahlung des Restbetrags oder für die Stellung finanzieller Sicherheiten durch den Reisenden, 5. die für die Durchführung der Pauschalreise erforderliche Mindestteilnehmerzahl sowie die Angabe, bis zu welchem Zeitpunkt vor dem vertraglich vereinbarten Reisebeginn dem Reisenden die Rücktrittserklärung des Reiseveranstalters gemäß § 651h Abs. 4 Satz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugegangen sein muss, 6. allgemeine Pass- und Visumerfordernisse des Bestimmungslands, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa, sowie gesundheitspolizeiliche Formalitäten, 7. den Hinweis, dass der Reisende vor Reisebeginn gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung oder gegebenenfalls einer vom Reiseveranstalter verlangten Entschädigungspauschale jederzeit vom Vertrag zurücktreten kann, 8. den Hinweis auf den möglichen Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung oder einer Versicherung zur Deckung der Kosten einer Unterstützung einschließlich einer Rückbeförderung bei Unfall, Krankheit oder Tod.

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Informationen zum Datenschutz: Die Informationen berücksichtigen im Wesentlichen die Anforderungen aus Art. 13 DSGVO. Gegebenenfalls sind Ergänzungen oder Anpassungen erforderlich. Insbesondere muss konkret benannt werden, wer für die Datenverarbeitung verantwortlich ist. Außerdem muss die jeweils örtlich und sachlich zuständige Aufsichtsbehörde benannt werden. An dieser Stelle kann je nach Veranstalter auch auf einen übergeordneten kirchlichen Datenschutzbeauftragten verwiesen werden. Im Hinblick auf Fotos von den Teilnehmern ist die Einwilligung absichtlich weit formuliert, wohlwissend, dass pauschale Generaleinwilligungen zum Teil für unzulässig gehalten werden, weil sie nicht auf einer hinreichenden Informationsbasis beruhten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte vor jeder Veröffentlichung eines Fotos dieses im Einzelfall den Erziehungsberechtigten vorlegen und dann eine separate Einwilligung einholen. Gleichwohl kann es hilfreich sein, mit der hier vorgeschlagenen Formulierung herauszufinden, wie die Erziehungsberechtigten generell die Anfertigung von Fotos einschätzen. Abschließendes Einverständnis: Die Formulierung zur Vertretung etwaiger anderer Sorgeberechtigter berücksichtigt, dass die Eltern ihr Sorgerecht regelmäßig gemeinschaftlich ausüben und nur gemeinsam zur Vertretung ihres Kindes berechtigt sind.

4.2 A  bfrage persönlicher Daten für Ferienlager Es bietet sich an, mit der Anmeldung ein separates Blatt zur Abfrage persönlicher Daten auszugeben. Dieses soll dann bei der Abfahrt wieder eingesammelt werden, damit im Ferienlager alle wichtigen Daten, insbesondere zur Gesundheit, aktuell vorliegen. Dazu kann das folgende Formular dienen.

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Persönliche Daten der Teilnehmer [Briefkopf des Veranstalters] In dringenden Notfällen während des Ferienlagers ist die Lagerleitung unter folgender Telefonnummer zu erreichen: [Telefonnummer, ggf. auf einer separaten Visitenkarte austeilen]

Wichtige Angaben zur Person Bitte füllen Sie diesen Fragebogen vollständig und sorgfältig aus und geben Sie ihn bei der Abfahrt am [Datum] am [Ort] ab. Alle Angaben werden vertraulich behandelt. Name der Teilnehmerin/des Teilnehmers: ______________________________ Mein Kind hat folgende Krankheiten, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Allergien, Lebensmittelunverträglichkeiten, Behinderungen oder Bett­ nässer-Tendenzen: _____________________________________________________________________ Mein Kind muss (Nichtzutreffendes bitte streichen): • keine Medikamente einnehmen • regelmäßig folgende Medikamente einnehmen. Dabei benötigt es keine/folgende Unterstützung: –– Medikament: _________ Dosierung: _________ Unterstützung: _________ –– Medikament: _________ Dosierung: _________ Unterstützung: _________ Bitte alle Medikamente mit dem Namen des Kindes beschriften und in einer durchsichtigen Plastiktüte verpacken. Die letzte Tetanus-Impfung war am: _________________________________ In dringenden Fällen bin ich während der Ferienfreizeit folgendermaßen zu erreichen: Name: ____________________________________________________ Anschrift: ____________________________________________________ Telefon: ____________________________________________________ Mobil: ____________________________________________________

Informationen zum Datenschutz Der Veranstalter speichert personenbezogene Daten (Namen, Kontaktdaten, Gesundheitsinformationen usw.) aus diesem Informationsblatt in seinem Computersystem. Dies ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Ferienfreizeit erforderlich. Rechtsgrundlage ist Art.  6 Abs.  1 lit.  b) DSGVO. Die Gesundheitsdaten des Teilnehmers werden verarbeitet, um im Notfall eine angemessene Versorgung zu ermöglichen. Ohne die Verarbeitung dieser Daten ist eine Teilnahme an der Veranstaltung nicht möglich.

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Nach Abschluss der Bearbeitung werden die Daten zur ordnungsgemäßen Aktenführung je nach Bedeutung des Falls aufbewahrt. In der Regel beträgt die Aufbewahrungsfrist drei bis fünf Jahre. Verantwortlich für die Datenerhebung ist der Veranstalter [Kontaktdaten]. Sie haben das Recht, vom Verantwortlichen Auskunft über die zu Ihrer Person beziehungsweise zu Ihrem Kind gespeicherten Daten einschließlich eventueller Empfänger und der geplanten Speicherdauer zu erhalten. Sollten unrichtige personenbezogene Daten verarbeitet werden, steht Ihnen ein Recht auf Berichtigung zu. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so können Sie die Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung verlangen sowie Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegen. Die Einwilligung in die Datenverarbeitung können Sie jederzeit widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird. Bei Unstimmigkeiten können Sie sich an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit [Nordrhein-Westfalen, Postfach 20 04 44, 40102 Düsseldorf] als zuständige Aufsichtsbehörde wenden.

Vom Veranstalter auszufüllen: Folgende Dokumente und Gegenstände haben wir erhalten: • • • • •

Krankenversichertenkarte Kopie des Impfbuches/Impfbuch Kopie des Personalausweises/Personalausweis Mit Namen versehene Medikamente: Sonstiges:

Dieses Musterformular steht Ihnen auf der Verlagswebsite zum Buch3 unter dem Stichwortbutton „Online Plus“ als PDF zum Download zur Verfügung.

4.3 Selbstverpflichtungserklärung der Mitarbeiter zur Prävention sexuellen Missbrauchs Neben der Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses gehört eine Selbstverpflichtung aller haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter zur Prävention sexuellen Missbrauchs mittlerweile zum Standard vieler Veranstalter. Die folgenden Formulierungen können dafür einen  https://www.springer.com/de/book/9783658260866.

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Anhaltspunkt bieten. Je nach Gefährdungsanalyse müssen sie allerdings angepasst werden. Wichtig ist vor allem, dass sich alle Aktiven ausführlich mit der Problematik beschäftigen und hinreichend sensibilisiert sind. Selbstverpflichtungserklärung zur Prävention sexuellen Missbrauchs ___________________________________________________________________ Vor- und Nachname sowie Geburtsdatum des Mitarbeiters Der [Veranstalter] will Kindern und Jugendlichen Lebensräume bieten, in denen sie ihre Persönlichkeit und ihre Begabungen entfalten können. Dies sollen geschützte Orte sein, in denen sie sich angenommen und sicher fühlen. Kinder und Jugendliche brauchen und finden Vorbilder, die sie als eigenständige Persönlichkeiten respektieren und unterstützen und denen sie vertrauen können. Solche Vorbilder finden sie oft in den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern des Veranstalters. Die  Mitarbeiter tragen Verantwortung für den Schutz aller – insbesondere minderjährigen – Teilnehmer. Dazu sind sie verpflichtet, respektvoll mit ihren Schutzbefohlenen umzugehen und Grenzverletzungen oder -überschreitungen gegebenenfalls zeitnah und angemessen zu thematisieren. Dafür spielt es keine Rolle, ob die Handlungen von Kollegen, anderen Teilnehmern oder Außenstehenden drohen oder bereits begangen worden sind. Dies wird durch die Unterzeichnung dieser Selbstverpflichtungserklärung bekräftigt. 1. Meine Arbeit mit den mir anvertrauten Teilnehmern ist geprägt von Wertschätzung und Vertrauen. Ich achte ihre Rechte und ihre Würde. 2. Ich unterstütze alle Teilnehmer in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen sowie glaubens- und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Ich stärke sie in dem Bemühen, für ihr Recht auf seelische und körperliche Unversehrtheit und ihr Recht auf Hilfe wirksam einzutreten. 3. Ich bin mir meiner besonderen Vertrauens- und Autoritätsstellung gegenüber den mir anvertrauten Teilnehmern bewusst und handle nachvollziehbar und ehrlich. Ich nutze keine Abhängigkeiten aus. 4. Ich gehe achtsam und verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz um. Ich respektiere die Intimsphäre und die persönlichen Grenzen der Scham der mir anvertrauten Teilnehmer sowie meine eigenen Grenzen. Ich achte diese auch im Umgang mit den Medien, insbesondere bei der Nutzung sozialer Medien. 5. Ich verpflichte mich, alles in meiner Kraft Stehende zu tun, dass niemand den mir anvertrauten Minderjährigen seelische, körperliche oder sexualisierte Gewalt antut. Verhalten sich Dritte gegenüber den mir anvertrauten Teilnehmern sexuell übergriffig oder gewalttätig, so setze ich mich für die Teilnehmer ein. Ich bin jederzeit aufmerksam,

4 Musterformulare 

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falls die Teilnehmer mir verständlich machen möchten, dass ihnen seelische, sexualisierte und körperliche Gewalt angetan wird. 6. Ich bemühe mich, jede Form persönlicher Grenzverletzung bewusst wahrzunehmen und notwendige und angemessene Maßnahmen zum Schutz hilfebedürftiger Teilnehmer einzuleiten. Ich beziehe aktiv ­Stellung gegen diskriminierendes, gewalttätiges und sexistisches Verhalten in Wort oder Tat. Ebenso greife ich ein, wenn die mir Anvertrauten andere in dieser Art attackieren. 7. Ich kenne die Verfahrenswege und die entsprechenden Ansprechpartner für den Fall eines Verdachts von sexuellem Missbrauch. Ich weiß, wo ich mich beraten lassen kann oder bei Bedarf Hilfe zur Klärung und Unterstützung bekomme und werde sie in Anspruch nehmen. 8. Ich bin mir bewusst, dass jede sexualisierte Handlung mit Schutzbefohlenen gegebenenfalls disziplinarische und/oder strafrechtliche Folgen hat. 9. Ich wurde in Fragen des Kinder- und Jugendschutzes geschult und weitergebildet. 10. Ich versichere, dass ich nicht wegen einer Straftat im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt rechtskräftig verurteilt worden bin. Mir ist nicht bekannt, dass derzeit ein einschlägiges Ermittlungsverfahren gegen mich geführt würde. Falls zukünftig ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren gegen mich eingeleitet würde, würde ich dies dem Veranstalter unverzüglich mitteilen. _____________________________________________________________________ Ort und Datum

Unterschrift des Mitarbeiters

Dieses Musterformular steht Ihnen auf der Verlagswebsite zum Buch4 unter dem Stichwortbutton „Online Plus“ als PDF zum Download zur Verfügung.

4.4 Datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung in die Veröffentlichung von Bildnissen Spätestens nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung herrscht ein erhöhtes Bewusstsein für den Schutz personenbezogener Daten. Dazu gehört, dass vor der Veröffentlichung von Fotos oder Videos, auf denen Teilnehmer – insbesondere Minderjährige – zu erkennen sind, ein ausdrückliches Einverständnis eingeholt werden sollte.  https://www.springer.com/de/book/9783658260866.

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C. Jasper

Einwilligungserklärung in die Veröffentlichung von Bildnissen [Veranstalter mit Name und Anschrift] ___________________________________________________________________ [Vor- und Nachname, Geburtsdatum des Abgebildeten] Hiermit erkläre ich mich einverstanden, dass Fotos und Videos von der [Veranstaltung], auch soweit ich darauf zu erkennen bin beziehungsweise mein Kind zu erkennen ist, aufgenommen und einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ich bin damit einverstanden, dass solches Bildmaterial • • • •

auf der Homepage des Veranstalters, in sozialen Medien (etwa Facebook und Instagram), in der örtlichen Tagespresse oder in anderen Medien [näher bezeichnen]

veröffentlicht wird. Außerdem darf das Bildmaterial in digitalen Bildersammlungen (etwa auf Foto-CDs, in geschützten Online-Speichern oder auf ähnlichen Bildträgern) anderen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Sofern das gemacht wird, ist es untersagt, das Bildmaterial an Dritte weiterzugeben. Bei einer Veröffentlichung im Internet kann das Bildmaterial jederzeit und zeitlich unbegrenzt weltweit abgerufen und gespeichert werden. Die Daten können möglicherweise über Suchmaschinen aufgefunden werden. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere die Daten mit weiteren personenbezogenen Daten verknüpfen und damit ein Persönlichkeitsprofil erstellen, die Daten verändern oder zu anderen Zwecken verwenden. Die Einwilligung umfasst auch das Recht zur Bearbeitung des Bildmaterials, soweit diese nicht entstellend ist. Sie gilt, soweit sie nicht widerrufen wird, zeitlich unbegrenzt. Die Rechteeinräumung erfolgt unentgeltlich. Rechtliche Grundlage der Datenverarbeitung ist Art. 6 Abs.  1 lit. a) DSGVO.  Verantwortlich für die Datenerhebung ist der Veranstalter [Kontaktdaten]. Datenschutzbeauftragter ist dort [Kontaktdaten eines etwaigen Datenschutzbeauftragten beim Veranstalter]. Sie haben das Recht, vom Verantwortlichen Auskunft über die zu Ihrer Person beziehungsweise Ihrem Kind gespeicherten Daten einschließlich eventueller Empfänger und der geplanten Speicherdauer zu erhalten. Sollten unrichtige personenbezogene Daten verarbeitet werden, steht Ihnen ein Recht auf Berichtigung zu. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so können Sie die Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung verlangen sowie Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegen. Die Einwilligung in die Datenverarbeitung können Sie jederzeit widerrufen, ohne

4 Musterformulare 

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dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird. Bei Gruppenfotos muss bezüglich einer Löschung eine Abwägung getroffen werden, da durch eine Löschung auch die Rechte Dritter betroffen sein können. Soweit technisch möglich, wird dem Wunsch auf Löschung durch eine Unkenntlichmachung im Bildmaterial (z. B. durch Verpixelung) entsprochen. Bei Unstimmigkeiten können Sie sich an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Postfach 20 04 44, 40102 Düsseldorf [ggf. anpassen] als zuständige Aufsichtsbehörde wenden. Nehmen Sie zuvor aber gerne informell Kontakt mit dem Veranstalter auf. ___________________________________________________________________ Ort und Datum Unterschrift des Abgebildeten (ab Vollendung des 14. Lebensjahrs) ____________________________________________________________________ Ort und Datum bei Minderjährigen Erziehungsberechtigten

zusätzlich:

Unterschrift

der

Dieses Musterformular steht Ihnen auf der Verlagswebsite zum Buch5 unter dem Stichwortbutton „Online Plus“ als PDF zum Download zur Verfügung. Hinweis: Die vorgeschlagene Formulierung orientiert sich an den Maßgaben der Datenschutzgrundverordnung und versucht, diese auf praktikable Weise zu handhaben. Zum Teil werden pauschale Generaleinwilligungen für unzulässig gehalten werden, weil sie nicht auf einer hinreichenden Informationsbasis beruhten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte daher vor jeder Veröffentlichung eines Fotos dieses im Einzelfall den Erziehungsberechtigten vorlegen und dann eine separate Einwilligung einholen. In Alltagssituationen der Kinder- und Jugendarbeit erscheint dies aber zum derzeitigen Zeitpunkt weder praktikabel noch allgemein erforderlich.

 https://www.springer.com/de/book/9783658260866.

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Weiterführende Literatur

Adler, Tine/Igl, Andreas et  al. (2009), Kompass Notfallmanagement. …und wenn es doch passiert, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (2016), Leitfaden zum Vereinsrecht, Berlin. Borsutzky, Andreas et al. (2010) Kompass Rechtsfragen in der Jugendarbeit, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf. Gerstein, Hartmut (2018) Kleine Rechtskunde für pädagogische Fachkräfte in Kitas, 2. Aufl., Cornelsen, Berlin. Hundmeyer, Simon/Pimmer-Jüsten, Burghard (2015) Aufsichtspflicht in Kindertageseinrichtungen, Aufsichtspflicht, Haftung und Versicherungsschutz, 9. Aufl., Carl Link, München. Mayer, Günter (2014), Aufsichtspflicht. Haftung. Versicherung für Jugendgruppenleiter. Ratgeber für Jugendorganisationen und Eltern. Richtig handeln, wenn etwas passiert, 6. Aufl., Regensburg. Nademleinsky, Marco (2015) Aufsichtspflicht. Was Kinder- und JugendbetreuerInnen wissen müssen. Plus: Haftung und Versicherungsschutz, 3. Aufl., Manz, Wien. Rieger, Bärbel/Wagner, Oliver (2011) Praxistipps. Im Auge behalten. Rechtliche und versicherungstechnische Tipps, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3

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274 

Weiterführende Literatur

Rux, Johannes (2018) Schulrecht, 6. Aufl., C. H. Beck, München. Schilling, Johannes (2010) Rechtsfragen in der Jugendarbeit. Über die rechtliche Absicherung pädagogischer Ziele, 3.  Aufl., Juventa Verlag, Weinheim/München. Wilka, Wolfgang (2018), Recht – gut informiert sein. Rechtsfragen in der christlichen Kinder- und Jugendarbeit, 2. Aufl., Evangelisches Jugendwerk in Württemberg, Stuttgart.

Stichwortverzeichnis

A

AGB 77. Siehe Allgemeine Geschäftsbedingung Alkohol  8, 20, 55, 198, 206 Alkopops 199 Konsum durch Gruppenleiter 203 Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB)  77, 81, 185, 261 Altersgrenze Deliktsfähigkeit 88 Geschäftsfähigkeit  69, 165 Strafmündigkeit 30 Arbeitnehmer  79, 109 Arbeitsvertrag  65, 78, 79 Arzneimittel 196 Arzt  34, 71, 191 Asylbewerber Krankenversicherung 195 Aufklärungspflicht 131

Aufsichtspflicht  2, 64, 92, 132, 135, 137 Begründung 93 Aufwandsentschädigung  24, 144 Ausgang 223 Auslandsreise  20, 108, 184, 189, 197, 222 Auslandsreisekrankenversicherung  109 Ausschluss von einer Veranstaltung 218 Ausweispflicht 189 Autorennen 232 B

Baderegel 136 Basketball 232 Beauty-Workshop 160 Bergtour 234

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Jasper, Rechtssicher in der Kinder- und Jugendarbeit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26087-3

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276 Stichwortverzeichnis

Bild 170 Urheberrecht  60, 213 Bundeszentralregister  27, 152 D

Datenschutz  155, 162, 169, 260, 265, 266 Auftragsverarbeiter 168 Deliktsfähigkeit  88, 94 Deutsche Lebens-Rettungs-­ Gesellschaft (DLRG)  239 Diebstahl  51, 62, 107, 190 Disco  20, 246 DSGVO  175. Siehe Auch Datenschutz E

Ehrenamtsfreibetrag 25 Einwilligung  29, 34, 70, 128, 130, 165, 173, 175, 235 Ermahnung 217 Erste Hilfe  147, 194, 236 Erziehungsbeauftragter 20 Erziehungsrecht der Eltern  11 Evakuierung 179 F

Facebook  167, 168, 175, 212, 260 Fahrlässigkeit  29, 33, 86, 105, 145, 232 Fahrradtour  90, 97, 225, 231 Kolonne 230 Feuer 179 Feuerwerk  102, 220 Filesharing  59, 210 Filmabend 250

Foto  128, 164, 170, 206, 262 Datenschutzgrundverordnung 175 Einwilligung Minderjähriger  173 Freiheitsberaubung  39, 157, 215 Freizeitpark 251 Führerschein  9, 54, 188, 199, 204, 230 Führungszeugnis  27, 61, 152 Datenschutz 155 Fürsorgepflicht  39, 166, 190 Fußball  30, 32, 103, 232 Fußgänger 224 G

Garantenstellung 31 Gaststätte  19, 198, 199, 204, 246 Gebet 252 Gefälligkeit  122, 126, 132, 145 Geländespiel 244 GEMA. Siehe Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Gemeingebrauch 254 Gemeinnützigkeit  23, 68, 117 Gepäckdurchsuchung 219 Geschlechtertrennung 186 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)  116, 121, 127 für musikalische Aufführungsund mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) 248 Gesellschaftsvertrag  15, 122 Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens 72

 Stichwortverzeichnis 

Gewalt, höhere  78, 84, 90 Gewaltmonopol des Staates 25 Gottesdienst 252 Grillen 219 Grundrecht  9, 10, 124, 163, 253, 254 Gruppenfoto 173 Gruppenleitergrundkurs 147 H

Haftpflichtversicherung  86, 90, 103, 107 Handy  87, 103, 206 im Straßenverkehr  230 Hausrecht  186, 254 Helmpflicht 227 Homepage  22, 60 Hüpfburg 252 I

Idealverein 116 Impfung  166, 196 Impressumspflicht  21, 212 Individualsport 233

277

K

Kampfsport 232 Kaufvertrag  66, 74 Fristen 75 Sachmangel 74 Kinderlärm 184 Kino 250 Kirchengemeinde  68, 72, 125 Kirchensteuer 124 Kirchenvorstand 72 Kleiderkette 160 Körperschaft des öffentlichen Rechts  116, 123 Körperverletzung  7, 26, 28, 33, 193 Kollektivstrafe 215 Kraftfahrzeug  55, 75, 90, 107, 186, 224, 258 Krankenkassenkarte 195 Krankenversicherung 108 Krisenmanagement 178 KUG  170. Siehe Auch Recht am eigenen Bild Kündigung  82, 131, 134, 143, 218 L

Lärmschutz 247 Lagerfeuer  38, 219 Lagerpaar 160

J

Jugendamt  93, 162 Jugendhaus Düsseldorf  113 Jugendhilfe 13 Jugendleitercard  146, 148 Jugendleiterschulung 147 Jugendschutzgesetz  7, 19, 198, 208 JuSchG  19. Siehe Auch Jugendschutzgesetz

M

Massage 160 Maßnahme, entwürdigende  36, 215 Medikament  34, 166, 190, 196, 266 Mietvertrag  65, 75, 100, 104, 180 Hausordnung 78 Schriftform 78 Mikado 236

278 Stichwortverzeichnis

Minigolf 235 Missbrauch  41, 129, 149, 152 Musikanlage 247 N

Nachtruhe 221 Nachtwanderung 221 Nichtraucherschutzgesetz 205 Notfall 179 Notfallapotheke 194 Notwehr  29, 30, 85, 95 O

Ordnungswidrigkeit  8, 19, 26, 54, 55, 189 P

Pauschalreise  65, 80, 131, 262 Stornierung 81 Person juristische  11, 23, 68, 69, 106, 116, 127 natürliche  11, 69 Personalausweis 189 Personenbeförderungsvertrag 78 Entschädigungsanspruch 78 Personensorge  20, 36, 41, 92, 128, 190 Personensorgeberechtigter 19 Prävention sexuellen Missbrauchs  149, 238 Führungszeugnis 152 Präventionsbeauftragter 155 Präventionsordnung 150 Präventionsschulung 156 soziale Medien  160

Straftatbestände 42 Verhaltenskodex 157 Presserecht 20 Promille  30, 55 Public Viewing  250 R

Radwegbenutzungspflicht 228 Rauchverbot  204, 220 Recht am eigenen Bild  170, 178, 212 auf gewaltfreie Erziehung  36, 215 Rechtsfähigkeit 69 Rechtsschutzversicherung  105, 111 Reisepass 189 Religionsfreiheit 253 Religionsmündigkeit 129 Rettungs-Schwimmabzeichen 239 Rücktrittsrecht  80, 81, 262 S

Sachbeschädigung  29, 32, 53, 62, 85, 208 Sanitätsteam 194 Sanktion 214 Satzung 120 Schadensersatz  6, 64, 71, 84 beim Kaufvertrag  75 gesetzlicher 84 im Vereinsrecht  118, 121 vertraglicher 74 wegen Aufsichtspflichtverletzung 91 Schlafraum  159, 186 Schlafzeit 221 Schlittschuhlaufen 234 Schlüssel  76, 185

 Stichwortverzeichnis 

Schuldfähigkeit 30 Schwangerschaft 186 Schwimmen 237 Segway 225 Skifahren 234 Sondernutzung 254 Sonderurlaub 17 Sorgerecht  12, 41, 49, 85, 128, 194, 253, 261, 265 Sport  35, 231 Stellvertretung 71 Steuerrecht 23 Strafantrag  52, 54, 62 Strafe  26, 35, 215 wegen Unterlassens  31 Straßenverkehr 224 Straßenverkehrsgesetz  25, 91 Straßenverkehrsordnung  54, 90, 99, 136 Sturzhelm 227 T

Taschengeld  70, 128, 129 Tauziehen 232 Tetanusimpfung 197 Todesfall 179 Trunkenheit im Straßenverkehr  230 U

Übungsleiterpauschale 24 Unfall  6, 57, 84, 103, 109, 187, 198 Erste Hilfe  198 Minderjähriger im Straßenverkehr 89 und Versicherungen  114 Wegeunfall 110 Unfallversicherung 109

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Unterkunft 180 Unterlassungsdelikt  31, 51 Unternehmer  68, 75, 78, 80 Unwetter 179 Urheberrecht  59, 209, 248 V

Verbrauchervertrag 68 Verein  72, 117 eingetragener 116 nicht eingetragener  120 Verjährung 50 Verkehrssicherungspflicht  91, 183 Vermögenssorge  93, 128 Verrichtungsgehilfe  102, 145 Versammlung 255 Versicherung 103 D&O 112 Haftpflicht 103 Kraftfahrzeug 107 Krankheit 108 Rahmenvertrag 113 Rechtsschutz 111 Tipps für Schadensfall  114 Unfall 109 Vertrag 65 Anfechtung 68 Formvorschriften 66 Vertragspartei  65, 69, 127 Vollmacht 73 Vorsatz  28, 86, 88 Vorstand  71, 117, 121 W

Wald  102, 181, 193, 220, 244, 245 Wanderung 224

280 Stichwortverzeichnis

Wattwanderung 244 Werkvertrag  65, 78, 79 WhatsApp  160, 168, 175, 178, 208, 213 Widerrufsrecht  67, 75, 165 Wildcamping 181

Z

Zeckenstich  34, 193 Zelten  66, 181, 223 Zigarette  87, 204, 208 Zimmer- und Gepäckdurchsuchung 206