Rechtsform und Realität Juristischer Personen: Ein Rechtsvergleichender Beitrag Zur Frage Des Durchgriffs Auf Die Personen Oder Gegenstande Hinter Der ... und internationalen Privatrecht, Band 26) 3166430822, 9783161602825, 9783166430829

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Rechtsform und Realität Juristischer Personen: Ein Rechtsvergleichender Beitrag Zur Frage Des Durchgriffs Auf Die Personen Oder Gegenstande Hinter Der ... und internationalen Privatrecht, Band 26)
 3166430822, 9783161602825, 9783166430829

Table of contents :
Titel
VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE
VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
Erstes Buch: DURCHGRIFFSMÖGLICHKEITEN BEI MISSBRAUCH DER RECHTSFORM DER JURISTISCHEN PERSON
I. Teil: Die Bedeutung der Fragen in der deutschen Gerichtspraxis und Rechtswissenschaft
§ 1. Beispiele und Gründe für die gegenwärtige Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen
§ 2. Dogmatische und systematische Vorbemerkungen
§ 3. Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person
§ 4. Vertragsumgehung und Vertragsverletzung
§ 5. Sonstige fraudulöse (unlautere) Schädigungen Dritter mit Hilfe der juristischen Person
II. Teil: Die amerikanische Lehre vom „Disregard of Legal Entity“ („Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person“)
§ 6. Allgemeines. Rechtfertigung einer rechtsvergleichenden Betrachtung
§ 7. Das Wesen der juristischen Person im Spiegel amerikanischer Rechtslehre und die Erkenntnisse der amerikanischen Gerichtspraxis
§ 8. Der Anwendungsbereich der Lehre vom Disregard of Legal Entity
§ 9. Strukturfragen und Abgrenzungsprobleme bei der Disregard-Lehre
§ 10. Der Sinngehalt der Disregard-Lehre
III. Teil: Sonderprobleme bei gesellschaftsrechtlichen Normen
§ 11. Die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person zugunsten der Verwirklichung eines gesellschaftsrechtlichen Normzweckes
Zweites Buch: AUSGEWÄHLTE EINZELFRAGEN ÜBER DAS VERHÄLTNIS DER NORM ZUR JURISTISCHEN PERSON
I. Teil: Normenanwendungsprobleme
§ 12. Das Problem der Staatsangehörigkeit der juristischen Person
§ 13. Maßnahmen gegen die Überfremdung inländischer juristischer Personen
§ 14. Die Feindeigenschaft juristischer Personen
§ 15. Juristische Personen als Träger des Urheberrechts
§ 16. Abgrenzungsprobleme der Normenverknüpfung
II. Teil: Normenauslegungsprobleme
§ 17. Besondere Fragen bei Normen, die ein Verkehrsgeschäft oder einen Interessenwiderstreit voraussetzen
Drittes Buch: ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
Erster Satz
Zweiter Satz
Dritter Satz
Vierter Satz
Ausblick
REGISTER
Abkürzungsverzeichnis
1. Abkürzungen
2. Abgekürzt zitierte Schriften
Entscheidungsverzeichnis
Sachregister

Citation preview

BEITRÄGE ZUM AUSLÄNDISCHEN UND INTERNATIONALEN

PRIVATRECHT

HERAUSGEGEBEN VOM

MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR AUSLÄNDISCHES UND I N T E R N A T I O N A L E S PRIVATRECHT Direktoren : Professor Dr. Ulrich Drobnig, Professor Dr. Hein Kötz und Professor Dr. Ernst-Joachim Mestmäcker

26

RECHTSFORM UND REALITÄT JURISTISCHER PERSONEN Ein rechtsvergleichender Beitrag zur Frage des Durchgriffs auf die Personen oder Gegenstände hinter der juristischen Person

von

ROLF SERICK

2., unveränderte A u f l a g e

1980 J . C . B . M O H R (PAUL S I E B E C K ) T Ü B I N G E N

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Serick, Rolf: Rechtsform und Realität juristischer Personen: e. rechtsvergleichender Beitr. zur Frage d. Durchgriffs auf d. Personen oder Gegenstände hinter d. jur. Person/ von Rolf Serick. - 2., unveränd. Aufl. -Tübingen: Mohr, 1980. (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht ; 26) ISBN 3-16-643082-2 / eISBN 978-3-16-160282-5 unveränderte eBook-Ausgabe 2022 ISSN 0340-6709

© Rolf Serick / J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1980 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photo­ kopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: Buchdruckerei Laupp & Göbel, Tübingen. Einband: Großbuchbinderei Heinr. Koch, Tübingen

V O R W O R T ZUR Z W E I T E N

AUFLAGE

Die erste Auflage dieses Buches hat vor nunmehr 2 5 Jahren in Deutschland die Lehre vom Durchgriff durch die juristische Person begründet und den Anstoß zur Bildung von Lehrmeinungen verschiedenster Richtung gegeben. Wissenschaft und Praxis haben sich immer wieder mit der neuen Sicht festgefahrener Probleme auseinandergesetzt; der Durchgriffslehre ist dabei ein Anwendungsbereich weit über das Zivil- und Handelsrecht hinaus bis hin zum Steuer- und zum Verfassungsrecht erschlossen worden. Die in der Habilitationsschrift vorgetragenen Thesen haben auch im Ausland ein ungewöhnliches Echo gefunden: Einer spanischen Übersetzung des Buches (1959), die bald vergriffen war, ist eine italienische (1965) gefolgt. Die grundsätzliche Diskussion ist heute noch in vollem Gange. Eine unveränderte Neuauflage will dem Bedürfnis Rechnung tragen, den authentischen Ausgangspunkt wieder leichter zugänglich zu haben, als dies bisher der Fall war: Die erste Auflage ist seit fast 20 Jahren im Buchhandel nicht mehr erhältlich. Eine dritte, veränderte Auflage ist für spätere Jahre ins Auge gefaßt. Heidelberg, 30.6.1980

ROLF SERICK

V O R W O R T ZUR E R S T E N A U F L A G E Die Anregung für das vorliegende Buch verdanke ich Herrn Professor Dr. K O N R A D Z W E I G E R T , der mich auf den für die Arbeit wesentlichen Aufsatz von M A R T I N W O L F F , On the Nature of Legal Persons, in der Law Quarterly Review (1938) 494fr. aufmerksam machte und mir auch bei der Ausarbeitung in schwierigen Fragen stets mit seinem wertvollen Rat zur Seite stand. Es ist mir ferner ein herzliches Bedürfnis, den Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Herrn Prof. Dr. H A N S D Ö L L E , für die wohlwollende Unterstützung bei der Anfertigung und Veröffentlichung dieser Arbeit meiner tiefen Dankbarkeit zu versichern. In Gesprächen durfte ich von Herrn Geheimrat Prof. Dr. E R N S T R A B E L und Herrn Prof. Dr. A R W E D B L O MEYER fördernde Anregungen erfahren. Für zahlreiche sachliche Hinweise schulde ich meinem Institutskollegen Herrn Assessor H A N S G E O R G G O T T H E I N E R ganz besonderen Dank. Die redaktionelle Überarbeitung sowie die Anfertigung der Register lagen in den Händen von Fräulein L U C I A S C H O T T L A E N D E R . Zuletzt darf ich allen in- und ausländischen Gelehrten, die mir Ratschläge bei der Bearbeitung von Einzelproblemen gaben, meinen Dank aussprechen. Die Arbeit hat der Rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen im Wintersemester 1952/53 als Habilitationsschrift vorgelegen. Sie wurde durch großzügige finanzielle Hilfen von Seiten der Tübinger Universität, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht und der Gesellschaft für Rechtsvergleichung gefördert. Tübingen, 1. März 1955

ROLF SERICK

INHALTSVERZEICHNIS Einleitung

i

Erstes Buch DURCHGRIFFSMÖGLICHKEITEN B E I MISSBRAUCH D E R RECHTSFORM D E R JURISTISCHEN P E R S O N I.Teil: Die Bedeutung der Fragen in der deutschen Gerichtspraxis und Rechtswissenschaft §

i. Beispiele und Gründe für die gegenwärtige Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen § 2. Dogmatische und systematische Vorbemerkungen § 3. Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person . . . . § 4. Vertragsumgehung und Vertragsverletzung § 5. Sonstige fraudulöse (unlautere) Schädigungen Dritter mit Hilfe der juristischen Person •

5 14 17 32 42

II. Teil: Die amerikanische Lehre vom „Disregard of Legal Entity" („Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person") § 6. Allgemeines. Rechtfertigung einer rechtsvergleichenden Betrachtung § 7. Das Wesen der juristischen Person im Spiegel amerikanischer Rechtslehre und die Erkenntnisse der amerikanischen Gerichtspraxis . . . § 8. Der Anwendungsbereich der Lehre vom Disregard of Legal Entity § 9. Strukturfragen und Abgrenzungsprobleme bei der Disregard-Lehre § 10. Der Sinngehalt der Disregard-Lehre

54 61 70 93 99

III. Teil: Sonderprobleme bei gesellschaftsrechtlichen Normen § I i . Die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person zugunsten der Verwirklichung eines gesellschaftsrechtlichen Normzweckes . .

104

Zweites Buch A U S G E W Ä H L T E E I N Z E L F R A G E N Ü B E R DAS V E R H Ä L T N I S DER NORM ZUR JURISTISCHEN PERSON I. Teil: Normenanwendungsprobleme § 12. Das Problem der Staatsangehörigkeit der juristischen Person . . . § 13. Maßnahmen gegen die Überfremdung inländischer juristischer Personen

120 131

VIII

Inhaltsverzeichnis

§ 14. Die Feindeigenschaft juristischer Personen § 15. Juristische Personen als Träger des Urheberrechts § 16. Abgrenzungsprobleme der Normenverknüpfung

134 149 161

II. Teil: Normenauslegungsprobleme § 17. Besondere Fragen bei Normen, die ein Verkehrsgeschäft oder einen Interessenwiderstreit voraussetzen

192

Drittes Buch ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE Erster Satz Zweiter Satz Dritter Satz Vierter Satz Ausblick

203 208 213 217 220 REGISTER

Abkürzungsverzeichnis 1.Abkürzungen 2. Abgekürzt zitierte Schriften Entscheidungsverzeichnis Sachregister

223 223 227 231 240

Einleitung Die Rechtsprechung muß sich in Grenzfällen immer wieder mit der Frage beschäftigen, wann die Rechtsform der juristischen Person mißachtet und auf ihr Substrat, insbesondere ihre Mitglieder, durchgegriffen werden darf. Diese Frage stellt sich nicht von ungefähr. Wenn sich die Gerichte mit ihr auseinanderzusetzen haben, so zeigt das, daß die ausnahmslose Beachtung der Rechtsform der juristischen Person in besonders gelagerten Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Ein solcher Durchgriff auf das Substrat der juristischen Person ist aber deswegen so problematisch, weil die Rechtsordnung diese als selbständiges, von ihren Mitgliedern scharf zu scheidendes Rechtssubjekt ausgebildet hat. Den Gläubigern der juristischen Person haftet also ausschließlich deren Vermögen, und die Gläubiger der Mitglieder können sich nur an diese halten. Die scharfe Scheidung zwischen Korporation und Gesellschaftern ist demnach ein Begriffsmerkmal der juristischen Person, so daß sich die Frage stellt, ob eine Durchbrechung dieses Prinzips überhaupt zulässig ist. Die Rechtsprechung hat nicht gezögert, sie zu bejahen. Doch herrscht über die theoretische Begründung bisher keine Klarheit. Durchaus streitig und offen ist auch, in welchen Fällen ein solcher Durchgriff möglich ist. Diese Unklarheiten bergen die Gefahr in sich, daß die Zulässigkeit des Durchgriffs verallgemeinert und damit die Rechtsfigur der juristischen Person entwertet wird. Sie ist besonders dann gegeben, wenn man den Durchgriff mit der Macht der Tatsachen oder mit Generalklauseln wie Treu und Glauben zu begründen versucht, wie das bisher häufig geschehen ist. Mit dieser Arbeit soll der Versuch gemacht werden, das in der deutschen Rechtsprechung bisher zu diesem Problem angefallene Material unter Berücksichtigung der in der Rechtswissenschaft vertretenen Auffassungen zu sammeln, nach bestimmten Gesichtspunkten zu gliedern und danach die Grenzen zu bestimmen, in denen solche Durchgriffe zulässig sind. Dabei wird vor allem auch der Frage nachzugehen sein, ob nicht der juristischen Person als einer Zweckschöpfung der Rechts-

2

Einleitung

Ordnung von vornherein gewisse Grenzen gezogen sind, jenseits derer sie sich als juristische Person nicht betätigen kann. Dieser Satz würde allerdings die Vermutung nahelegen, daß sie innerhalb dieser Grenzen stets als juristische Person geachtet werden muß und nicht schlechter behandelt werden darf als natürliche Personen. Das wird im einzelnen zu prüfen sein. Eine solche Arbeit darf nicht die Ergebnisse außer acht lassen, die in anderen Rechtsordnungen unter etwa gleichen Voraussetzungen auf diesem Gebiet erarbeitet worden sind. Als besonders geeignet erweist sich hier das Recht der Vereinigten Staaten, da sich die amerikanischen Gerichte seit Jahrzehnten mit diesen Fragen beschäftigt haben. Ihre Rechtsprechung muß daher eingehend erörtert werden. Hierbei lassen sich freilich Überschneidungen mit den oft parallelen Untersuchungen im deutschen Recht nicht ganz vermeiden. Die Probleme, mit denen sich diese Arbeit auseinandersetzt, sind verschiedener Natur. Wenn man vom Durchgriff auf die Menschen hinter der juristischen Person spricht, denkt man in erster Linie an Fälle, in denen die Rechtsform der juristischen Person unlauteren Zwecken dienstbar gemacht wird, die man also als Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person bezeichnen könnte. Daneben steht aber das Problem der Anwendung von solchen Rechtssätzen auf die juristische Person, die auf Menschen zugeschnitten sind, weil sie Wesen von Fleisch und Blut voraussetzen oder vorauszusetzen scheinen (vgl. z. B. § 530 B G B Widerruf der Schenkung wegen grober Undankbarkeit). Bei anderen Rechtssätzen steht zwar fest, daß sie generell auf juristische Personen Anwendung finden müssen, weil sie nicht auf natürliche Personen abstellen (vgl. z. B. § 892 BGB). Auch hier kann aber zweifelhaft sein, ob nicht ihre Voraussetzungen in bestimmten Fällen einen Durchgriff auf die Menschen hinter der juristischen Person gebieten (z. B. bei § 892 B G B - Grundstücksveräußerung durch eine juristische Person an ihr einziges Mitglied). Gegen die vom Verfasser gewählte empirische Methode, an Hand von Fällen die Probleme zu klären und von hier aus den Versuch zu machen, zu allgemeinen Regeln zu gelangen, sind verschiedene Einwände denkbar. Vor allem könnte die Auffassung vertreten werden, nur dann seien befriedigende Lösungen zu erwarten, wenn man sich vorher über das Wesen der juristischen Person Klarheit verschafft habe. Denn die Beantwortung der Frage, so könnte man argumentieren, in welchen Grenzen sie sich betätigen und welche Eigenschaften sie haben kann, hänge

Einleitung

3

davon ab, ob man sie etwa als reale Verbandsperson oder als ein fiktives Wesen ansehen müsse. Bei der Bestimmung des Wesens der juristischen Person handelt es sich jedoch um die Deutung der im tatsächlichen Bereich vorhandenen Erscheinungen, zu denen auch die hier behandelten Fälle gehören, da man, wenigstens auf dem Gebiet des Privatrechts, davon ausgehen kann, daß die juristische Person keine vorgegebene Erscheinung, sondern eine Schöpfung der Rechtsordnung ist. Die Rechtsordnung hat aber die juristische Person für bestimmte Zwecke geschaffen. Von ihnen ist daher bei der Lösung dieser Frage auszugehen. Außerdem darf nicht übersehen werden, daß dem Praktiker mit einer Lösung, der eine bestimmte Anschauung über das Wesen der juristischen Person zugrunde liegt, kaum gedient wäre. Denn über das Wesen der juristischen Person wird sich kaum je Einigkeit erzielen lassen. Ferner läßt sich einwenden, daß die Untersuchung der hier behandelten Phänomene eine eingehende Erforschung des soziologischen Hintergrundes voraussetze. Der Verfasser ist sich des Gewichts eines solchen Arguments durchaus bewußt. Es ist aber zu beachten, daß für das Recht nur gewisse soziologische Aspekte von Bedeutung sind. Sie glaubt der Verfasser berücksichtigt zu haben. Auch der Einwand wäre schließlich denkbar, bei dem Durchgriff auf die Menschen hinter der juristischen Person, insbesondere bei Mißbrauchssachverhalten, handele es sich gar nicht um ein spezifisch korporationsrechtliches Problem, sondern um Fragen, wie sie etwa auch bei der Figur des Strohmanns auftauchen. Daß hier ein innerer Zusammenhang besteht, wird nicht geleugnet. Gleichwohl rechtfertigt sich die gesonderte Behandlung des DurchgrifFs bei der juristischen Person aus der Eigenständigkeit der sich hier ergebenden Fragen. Ihre Besonderheit liegt vor allem darin, daß die Mitglieder der juristischen Person in einer Doppelrolle auftreten. Sie sind einmal von der juristischen Person zu trennende Privatpersonen und zum anderen das Substrat der juristischen Person selbst. Wenn in dieser Arbeit die Wendung »Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person« oder »Leugnung der juristischen Person« gebraucht wird, so ist darunter nur die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person im Einzelfall, nicht aber die generelle Verneinung ihrer Rechtspersönlichkeit zu verstehen. Freilich erfaßt diese Formulierung die Vorgänge allein von der rechtlichen Seite her. Für eine Betrachtungsweise, die auch die soziale Realität der juristischen Person in die rechtliche Wertung mit einbezieht, könnte das, was vom rein rechtlichen Standpunkt aus als nicht mehr erfaßbar und daher als Leugnung der

4

Einleitung

juristischen Person erscheint, als eine bloße Blickwendung auf ihre Realität angesehen werden. Bei den hier zu untersuchenden Fällen handelt es sich zwar um Ausnahmeerscheinungen, aber doch um Erscheinungen, die nicht übersehen werden dürfen und die in den Begriff der juristischen Person einzuordnen sind. Vielleicht kann man auf diesem Hintergrund vorsichtig von einer Krise des normativen Begriffs der juristischen Person sprechen. Dies allerdings nicht in dem Sinne, daß das gesetzgeberische Prinzip der scharfen Scheidung zwischen der juristischen Person und ihren Mitgliedern in Frage gestellt wird, sondern nur, daß es einer gewissen Modifizierung bedarf. Dagegen läßt sich nicht einwenden, daß ebensowenig, wie eine Norm durch eine von ihr abweichende, auf Treu und Glauben gestützte Einzelentscheidung geändert werde, der Begriff der juristischen Person durch diese Durchgriffsfälle eine Änderung erfahre. Denn es handelt sich hier um die Bestimmung der in der Grundstruktur der juristischen Person schon angelegten Grenzen. Zu einer Neufassung des Begriffs der juristischen Person reicht allerdings das untersuchte Material nicht aus. Es werden daher am Schluß dieser Arbeit in einem Ausblick die Gesichtspunkte zusammengefaßt, die sich im Laufe der Untersuchung aufgedrängt haben, ohne daß jedoch von gesicherten Ergebnissen gesprochen werden könnte. Um so weniger erscheint es erlaubt, von hier aus das Wesen der juristischen Person ergründen zu wollen. Denn das kann ohne eine umfassende Einbeziehung des öffentlichen Rechts nicht geschehen und bedürfte einer Auseinandersetzung mit allen zu dieser Frage bisher vertretenen Lehrmeinungen. Die vorliegende Arbeit bescheidet sich daher damit, die Durchgriffsfälle in rechtsvergleichender Sicht zu ordnen und aus ihnen einige Grundsätze für die Lösung dieser Fragen abzuleiten. Sie mag so vielleicht dazu beitragen, den Boden für eine spätere Untersuchung über Begriff und Wesen der juristischen Person vorzubereiten.

Erstes

Buch

Durchgriffsmöglichkeiten bei Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person I. T e i 1 D I E B E D E U T U N G D E R F R A G E N IN D E R D E U T S C H E N GERICHTSPRAXIS UND RECHTSWISSENSCHAFT §1 Beispiele und Gründe für die gegenwärtige Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen O b w o h l die juristische Person begrifflich v o n der Rechtspersönlichkeit ihrer Mitglieder scharf geschieden i s t 1 2 , wird in der deutschen G e richtspraxis immer wieder auf die Menschen hinter der juristischen Person, auf ihr eigentliches Substrat, durchgegriffen. E s handelt sich jedoch 1 Dies gilt selbstverständlich nicht nur für den Bereich des bürgerlichen Rechts, sondern auch für alle anderen Rechtsgebiete. So muß z. B. auf dem Gebiete des Verfahrensrechts im schiedsrichterlichen Verfahren die Entscheidung durch Dritte erfolgen. Mitglieder eines Vereins sind auf Grund der scharfen Trennung von der juristischen Person als Schiedsrichter in einem Rechtsstreit des Vereins selbst nicht ausgeschlossen, vgl. S T E I N - J O N A S - S C H Ö N K E , Kommentar zur Zivilprozeßordnung 17 II (1951) § 1025 II b; R G 25. 1. 1 9 1 0 ; R G Z 90, 306 f . ; R G Z 1 1 3 , 321 f.; vgl. hierzu aber auch unten S. 201. Ein anderes Beispiel: Zu § 81 a des GmbH-Gesetzes hatte der Dritte Strafsenat des B G H zu entscheiden, ob der Vorwurf der Untreue und des Bankrotts durch unordentliche Buchführung einem Geschäftsmann gemacht werden darf, der alleiniger Inhaber und zugleich Geschäftsführer einer G m b H ist. Der Strafsenat hat mit Recht den Tatbestand der Untreue bejaht, weil die Rechtsform der G m b H eine ausschließliche Haftung des Gesellschaftsvermögens zur Folge habe. Der Angeklagte hätte daher nicht zuungunsten der Gläubiger der GmbH mit ihrem verselbständigten Vermögen nach Belieben umgehen dürfen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. März 1954, Nr. 70, S. 10 (BGH 18. 3. 1954, A k t Z 3 StR 934/52). Beispiele aus dem ausländischen Recht: In der Schweiz entschied das Luzernische Obergericht am 4. 8. 1954, daß der Aktionär und Betriebsleiter einer prozessierenden Aktiengesellschaft als Zeuge abgehört werden könne, Zeitschrift d. Bern. Juristenvereins 90 (1954) 472. Für Österreich vgl. etwa O G H 9. 6. 1954. 2

Vgl. hierzu neuestens BayObLG, Beschl. v. 15. 6. 1954; ferner etwa R G 7. 4. 1930; auch die Ausführungen unten S. 1 4 f .

6

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

keineswegs u m eine einheitliche, gefestigte und daher

berechenbare

Rechtsprechung. Sie ist vielmehr schwankend, zum T e i l sehr vorsichtig u n d oft genug in sich widerspruchsvoll. Diese Praxis hat bisher einen schweren Stand g e h a b t 1 . Maßvolles ist teilweise kritisch angezweifelt, Maßloses hingegen unkritisch

hinge-

nommen w o r d e n ; es fehlt die feste theoretische F u n d i e r u n g 2 .

Einige

Beispiele m ö g e n dies veranschaulichen. N a c h der W ä h r u n g s r e f o r m ist o f t die F r a g e erörtert worden, o b mit Forderungen gegen das Reich auch gegen Forderungen solcher juristischer Personen aufgerechnet werden könne, deren A k t i e n oder Anteile sich vollständig oder überwiegend in der H a n d des Reiches befanden. D i e Zulässigkeit der A u f r e c h n u n g hängt davon ab, o b man die juristische Person hier mit dem Reich identifizieren darf oder o b sie gleichwohl genau so eine private juristische Person bleibt, wie w e n n der Privatmann A oder B und C als Aktionäre oder Gesellschafter hinter ihr ständen. Gegensätzliche Gerichtsentscheidungen 3

und sich widersprechende

1 E s sei denn, daß positivrechtliche Regelungen vorliegen, die den Durchgriff erlauben, wie z. B. im Steuerrecht, vgl. etwa § x (3) Grunderwerbsteuergesetz vom 29. 3. 1940 ( R G B l I 585) (früher: § 3 Grunderwerbsteuergesetz vom 12. 9. 1 9 1 9 [ R G B l 1617]); vgl. hierzu B F H 27. 1. 1954 und J A N B E R G , Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung in einer Hand, GmbH-Rdsch. 1954, 69; W O L T E R S , Anteilsvereinigung und Übergang aller Anteile innerhalb eines Konzerns, Betrieb 1954, 529; B O R U T T A U - W E T T E R - W E N N R I C H , Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Grunderwerbsteuer-, Erbschaftsteuer- und Gesellschaftsteuersachen, D N Z 1954, 633; ferner die allgemeine Ermächtigung in § 6 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. 10. 1934 ( R G B l I 925) (früher § 10 der Reichsabgabenordnung vom 22. 5. 1931 [ R G B l I 161], aufgehoben durch § 21 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. 10. 1934). Die dogmatischen Zweifel werden hierdurch jedoch nicht geklärt, sie werden nur nicht mehr an eine Einzelentscheidung angeknüpft, sondern an ein Gesetz. 2 H A C H E N B U R G § 13 Anm. 1. Nachdem hier das Problem angeschnitten worden ist, ob im Rechtsverkehr mit Dritten die Trennung von Einmanngesellschaft und Einmanngesellschafter durchgeführt werden müsse, meint H A C H E N B U R G : »Dabei läßt - vielfach zu Unrecht - die Rechtsprechung die wirtschaftlichen Bedürfnisse . . . hinter der formalrechtlichen Konstruktion zurücktreten«; K E G E L 4 1 0 ; G A D O W § 15, 8: »Diese Rechtsprechung (in der die Identität der Einmanngesellschaft mit dem Einmanngesellschafter Gegenstand der Urteilsfindung war, Erl. d. Verf.) bedarf noch des Ausbaus.« 3 Vgl. z. B. L G Hagen (Kammer für Handelssachen) 3 . 1 0 . 1950, wo die Zulässigkeit einer Aufrechnung mit Forderungen gegen das Reich gegen eine Forderung von Reichsgesellschaften verneint worden ist, ebenso zahlreiche untere Gerichte i. S. Rüstungskontor-GmbH, B B 1950, 745; ferner ebenso L G Berlin 20. 2. 1 9 5 1 , bisher nicht veröffentlicht, zit. bei: G U T B R O D , Einbruch in das Gesellschaftsrecht? J R 1951, 363; O L G Braunschweig 1 1 . 3. 1952; O L G Karlsruhe 30. 7. 1952 (ausdrücklich gegen B G H 30. 10. 1 9 5 1 ) ; O L G Oldenburg 19. 3. 1952; dagegen: L G

§ i. Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen

7

A n s i c h t e n in der W i s s e n s c h a f t haben hier zu erheblicher Rechtsunsicherheit g e f ü h r t . Einige Autoren1

und Gerichte

meinen, die juristische P e r s o n des

Privatrechts verliere ihren Charakter als selbständige juristische Person u n d d ü r f e - jedenfalls bei der A u f r e c h n u n g s f r a g e - mit d e m R e i c h identifiziert w e r d e n , w e n n dieses das alleinige oder h e r v o r r a g e n d s t e M i t g l i e d der K o r p o r a t i o n g e w e s e n sei. E i n Schuldner einer solchen Reichsgesellschaft dürfe sich daher nach der W ä h r u n g s r e f o r m v o n seiner S c h u l d dad u r c h befreien, daß er mit einer R e i c h s m a r k f o r d e r u n g aufrechne, die i h m g e g e n das D e u t s c h e R e i c h zugestanden h a b e 2 . M i t w e l c h e n E r w ä g u n g e n eine solche s c h w e r w i e g e n d e D u r c h b r e c h u n g

der v o n der R e c h t s o r d -

n u n g v o r g e g e b e n e n R e c h t s f o r m der juristischen Person gerechtfertigt w i r d , m ö g e n f o l g e n d e A u s f ü h r u n g e n , die freilich n u r fragmentarisch bleiben k ö n n e n , z e i g e n : SIEVEKING hat die Zulässigkeit der A u f r e c h n u n g als erster damit b e g r ü n d e t 3 , daß gemäß § 1 4 Ziff. 5 des U m s t e l l u n g s g e s e t z e s 4 F o r d e r u n g e n g e g e n Reichsgesellschaften ebenso w i e

solche

g e g e n das R e i c h nicht umgestellt w ü r d e n . Hieraus f o l g e r t er, daß diese Hagen (Zivilkammer) 5. 10. 1950 (bejaht die Zulässigkeit einer Aufrechnung (Rüstungskontor-GmbH), ebenso L G Hamburg 25. 7. 1950; L G Bremen 2. 8. 1950; vgl. L G Frankfurt 8. 4. 1 9 5 2 ; O L G Hamburg 27. 2. 1 9 5 1 ; B G H Z 3, 3 1 6 ; B G H 28. 3. 1 9 5 2 ; B G H Z 10, 205; B G H 23. 1. 1953 läßt in diesem Fall die Frage dahingestellt; B G H 8. 10. 1954 lehnt die Zulässigkeit der Aufrechnung ab. Z u m Stand der kontroversen Rechtsprechung im Jahre 1952: Forderungen der Rüstungskontor-GmbH gegen Reichsgläubiger (Westzone), B B 1952, 994, mit zahlreichen Hinweisen auf Entscheidungen, in denen eine Aufrechnung verneint wird. Im Jahre 1954: O L G Hamburg 18. 5. 1954. E s folgt der Rechtsprechung des B G H und setzt sich hierbei mit den Argumenten der Gegenmeinung unter Berücksichtigung zahlreicher Urteile und wissenschaftlicher Abhandlungen auseinander. 1

Insbesondere bejaht K E G E L 4 1 0 f. eine Identität von Reich und Reichsgesellschaft bei der Aufrechnungsfrage (Treu und Glauben, Interessenabwägung); ihm weitgehend zustimmend: R Ö M E R , Aufrechnung mit Forderungen gegenüber dem Reich, B B 1 9 5 1 , 873 f. (875); f ü r die Zulässigkeit einer Aufrechnung B U F E , A u f rechnung gegen Reichsgesellschaften mit Forderungen gegen das Reich oder andere Reichsgesellschaften, J R 1953, 325; vgl. auch C R E I F E L D S , Neue Probleme um alte Verbindlichkeiten aus Rüstungskrediten, J Z 1 9 5 1 , 705 (708) (fast ohne Gründe). 2 E s ist h M , daß auch nach der Währungsreform Forderungen in der früheren Währung, also in Reichsmark gegeneinander aufgerechnet werden können, vgl. G . und D . R E I N I C K E , Aufrechnung und Währungsreform, M D R 1949, 663; S I E V E K I N G , Währungsumstellung und Aufrechnung, insbesondere mit Forderungen gegen das Reich, N J W 1950, 84; G U T B R O D , Aufrechnung mit Forderungen gegen das Reich, B B 1950, 440; L G Essen 23. 2. 1949; a. A . L G Düsseldorf 26. 7. 1949. 3 S I E V E K I N G , N J W 1950, 84 (88). Überblick und Zusammenfassung der Meinungen in Dt. Rspr. I (128) 8 b - d , ferner K E I N A T H , Betrieb 1950, 214, und Niedersächsische Wirtschaft 1949, 629; 1950, 334. * § 14 U m s t G ( W i G B l 1948 Beil. 5 S. 13).

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

8

Forderungen nicht anders behandelt werden dürften als die gegen das Reich selbst, daß also eine Forderung gegen das Reich einer Forderung gegen eine solche Reichsgesellschaft gleichzustellen sei. Somit müsse es einem Schuldner einer Reichsgesellschaft erlaubt sein, gegen deren Forderung auch dann aufzurechnen, wenn er nur einen Anspruch gegen das Reich habe. Diese Schlußfolgerung wird in der angeführten Abhandlung durch die Feststellung gestützt, daß man während des Krieges in solchen Reichsgesellschaften niemals etwas anderes als Dienststellen des Reiches gesehen habe, ein Argument, das von G Ö L L E R 1 aufgegriffen und durch das bekannte Zitat aus der Reichsgerichtsentscheidung in Band 129 S. 53/54 unterstrichen wird. Hier sagt nämlich das Reichsgericht, die grundsätzliche rechtliche Selbständigkeit der Einmann-GmbH gegenüber ihrem einzigen Gesellschafter schließe nicht aus, daß »unter Umständen die Besonderheit des Einzelfalles zu einer abweichenden Handhabung führen kann, wenn die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen es dem Richter gebieten, die juristische Konstruktion hintan zu setzen« 2. Gegen diese Beweisführung ist eingewandt worden 3 , es bedeute formal einen Einbruch in die fundamentalen Grundsätze hinsichtlich der Rechtsstellung der juristischen Person, wenn man zulasse, daß diese für Verbindlichkeiten des Aktionärs oder Gesellschafters haftbar gemacht werde. Sachlich sei es überdies nicht zutreffend, daß die Reichsgesellschaften nichts anderes als Dienststellen des Reiches waren, da ihre Aufgaben nicht administrativer, sondern wirtschaftlicher Art gewesen seien4. Selbst bei dem Unternehmen »Reichsautobahnen«, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, deren Dienststellen nach § 1 S. 2 R A B G 5 Reichsbehörden waren, habe die Bank Deutscher Länder gutachtlich festgestellt6, daß es sich nicht um eine Behörde des Reiches im Sinne des Umstellungsgesetzes gehandelt habe. Um wieviel weniger dürfe man dann juristische Personen des privaten Rechts als Dienststellen des 1

GÖLLER, Aufrechnungen gegen Forderungen von Reichsgesellschaften, B B 1950

489* Mit dieser Entscheidung setzt sich L G Hagen 3. 10. 1950 auseinander. ' GUTBROD, Aufrechnungen mit Forderungen gegen das Reich, B B 1 9 5 0 , 4 4 0 ; DERS., Einbruch in das Gesellschaftsrecht? J R 1 9 5 1 , 363. 4 MÜLLER 494 f . ; DERS., Reichsgesellschaften und Reichsgläubiger, M D R 1 9 5 1 , 541 (Literatur-und Rechtsprechungshinweise, auch auf unveröffentlichte Entscheidungen). 6 Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens »Reichsautobahnen« vom 27. 6. 1933 ( R G B l II 509). • M B D L

5 0 N r . 2 , zit. b e i M Ü L L E R

495.

§ i. Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen

9

Reiches ansehen1. Gegen das Argument aus § 14 Ziff. 5 UmstG wird ins Feld geführt: es handele sich hier um eine Ausnahmevorschrift, die von alliierten und deutschen Dienststellen stets eng interpretiert worden sei 2 . Hinzugefügt werden mag, daß es ein oft gerügter Trugschluß ist, wenn man von der Gleichheit der Folgen auf die Gleichheit der Voraussetzungen schließt. Es kann lediglich zutreffen, daß dann, wenn die Forderungen gegen das Reich und die gegen eine bestimmte Art von Reichsgesellschaften in einem besonderen Zusammenhang gleich behandelt werden, auch das Reich und diese Reichsgesellschaften in anderer Beziehung gleichzusetzen sind. Zwingend ist dies nicht. Sogar bei kausalen Abläufen vermögen verschiedene Ursachen durchaus gleiche Wirkungen hervorzurufen3. Die Gründe, die für und gegen die Zulässigkeit einer Aufrechnung vorgetragen worden sind, lassen sich leicht vermehren 4. Da sie aber entweder das eigentlich gesellschaftsrechtliche Problem der Mißachtung der Korporationsform nicht berühren 5 oder aber als Stützen für die schweren Eingriffe in die Rechtsform der Korporation zu schwach sind, muß hier auf eine weitere kritische Würdigung dieser Argumente verzichtet werden. Die Frage, ob das Reich mit der Reichsgesellschaft gleichgesetzt werden darf, ist über die besonderen Aufrechnungsprobleme6 hinaus von großer Bedeutung 7 . Bejaht man sie generell, so liegt darin eine Miß1

8

So MÜLLER

495.

MÜLLER 495 unter Berufung auf M B D L 48 Nr. 15, 3; eine Aufrechnungsmöglichkeit verneinen ferner BINDER-WETTER-REINBOTHE, Die Währungsreform (1949) II, 2, UmstG § 14 Anm. 3; KRAEMER, Die Rechtslage der westdeutschen Reichsgläubiger, S ü d d . J Z 1950, 801; SCHILLING, Die Einmanngesellschaft und das Einzelunternehmen m. b. H., J Z 1953, 161 (162). HACHENBURG-SCHILLING § 13 A n hang Anm. 5. Zur Problematik der BGH-Entscheidungen vom 30. 10. 1951 und 28. 3. 1952: H. MÜLLER, Zur Aufrechnung von Reichsgläubigern gegenüber Reichsgesellschaften, M D R 1952, 722; RECKE, Anm. zu O L G Hamburg 28. 1. 1952, N J W 1952, 1 2 1 7 . 3 Z u diesem Fragenkreis H. A . FISCHER, Fiktionen und Bilder in der Rechtswissenschaft, A c P 1 1 7 C1919), 1514 Vgl. hierzu O L G Hamburg 18. 5. 1954. 6 So etwa die Auseinandersetzung mit § 14 Umstellungsgesetz i. V . mit Art. 134 I V G G und § 5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen vom 27. 7. 1951 (BGBl 467), weil sich aus diesen Sperrvorschriften vielleicht etwas für oder gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung als solche herleiten läßt, nicht aber hinsichtlich der Gleichsetzung von Reich und Reichsgesellschaft. • Die Aufrechnungsprobleme gewinnen ferner Bedeutung bei Zahlungsunfähigkeit und bei Konkursfragen, vgl. hierzu KEGEL 410 f. ' Ferner etwa im Arbeitsrecht bei der Beurteilung, ob eine Beschäftigung bei einer Aktiengesellschaft, deren Anteile im Besitz der öffentlichen Hand sind, öffent-

2

Serick, Rechtsform

IO

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

achtung der formalen Rechtsstellung der juristischen Person, weil es sich mit ihrer Ausgestaltung nicht verträgt, wenn der Richter auf den Aktionär oder Gesellschafter hinter der juristischen Person durchgreift. Die Frage tauchte auch im Zusammenhang mit dem Besatzungsrecht auf: Wenn nämlich eine private juristische Person wegen der überwiegenden Beteiligung des Reichs mit dem Reich gleichgesetzt werden darf, dann hätte in der amerikanisch-besetzten Zone Deutschlands der Grundbesitz einer solchen Gesellschaft von der Besatzungsmacht konfisziert und entschädigungslos genutzt werden können 1 . War hingegen eine solche juristische Person gleichwohl als solche des privaten Rechts zu behandeln, dann durfte ihr Eigentum nur requiriert werden und die Besatzungsbehörden waren nach allgemeinem Völkerrecht zur Bezahlung einer Mietentschädigung verpflichtet 2 . Ein Fall aus der Praxis soll dies verdeutlichen 3 : Die X-Gesellschaft, eine GmbH, war 1941 in Berlin mit dem Zweck gegründet worden, Flugzeugteile herzustellen. Die Anteile standen zu % der Y-Bank, einer Aktiengesellschaft, und zu \\ der Z-BeteiligungenG m b H zu. Der Grundbesitz der X - G m b H ist nach Kriegsende von den US-Behörden in Deutschland als Reichseigentum mit folgender Begründung konfisziert worden: sämtliche Anteile der Y-Bank gehörten dem Reich, deswegen sei die Y-Bank mit diesem gleichzusetzen. In Wirklichkeit stünden damit % der Anteile an der X - G m b H dem Reich licher Dienst ist. (Verneinend: L A G Hamm 26. 4. 1 9 5 1 . ) Die rechtliche Selbständigkeit der in der öffentlichen Hand befindlichen Einmanngesellschaften ist oft auch gesetzlich durchbrochen worden, z. B. bei Gehaltsfragen, vgl. z. B. 3. N o t V O vom 6. 10. 1 9 3 1 ( R G B l I 537, 3. Teil, V , 1 § 15) oder § 1 1 (1) d e r V O über die Nebentätigkeit der Beamten vom 6. 7. 1 9 3 7 ( R G B l I 7 5 3 ) ; weitere Beispiele dieser A r t bei GROHNERT, Die Tochtergesellschaften der Deutschen Bundesbahn in der Trennung von Ost und West, A c P 1 5 2 (1952) 17 (21 N . 9). V g l . hierzu den bei FRIEDLÄNDER, Konzernrecht unter Berücksichtigung der amerikanischen Praxis 2 (1954) 80 besprochenen Sachverhalt (Identität des Reiches mit der VIAG-Vereinigte IndustrieUnternehmungs-Aktiengesellschaft). 1 So jedenfalls noch im Jahre 1950. V g l . Circular 37 pos. 13 d 3 i. V . mit pos. 19 i 1, abgedruckt bei RENTROP, Requisitionen, Besatzungsschäden und ihre Bezahlung (1950) 242 f. 2 V g l . : Die Haager Landkriegsordnung. Das Übereinkommen über die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18. 10. 1907 ( R G B l 1 9 1 0 , 107 f., 1 3 2 f., A n lage zum Abkommen): Art. 46, 52 (für Privateigentum) und Art. 55 (für Staatseigentum). Für die amerikanisch besetzte Zone vgl. den mit Art. 52 H L K O übereinstimmenden A r t . 335 der »Rules of Land Warfare«, hrsg. vom War Department der U S A (1. 10. 1940). 3 V g l . hierzu das unveröffentlichte Gutachten DÖLLE-ZWEIGERT in der Rechtssache E l m a - G m b H vom 8. 1. 1 9 5 1 .

§ i. Rechtsunsicherheit

bei der Behandlung von Durchgriffsfällen

11

zu und nicht der Y-Bank. Weil aber dem Reich % der Anteile der X G m b H gehörten, könne der Grundbesitz der X - G m b H als konfiszierbares Reichseigentum qualifiziert werden. Der wahre Eigentümer sei dann nämlich das Reich 1 2 . Die Frage, ob und gegebenenfalls wann eine Reichsgesellschaft mit dem Reich gleichgesetzt werden darf, kann hier noch nicht abschließend behandelt und begründet werden. Im Verlauf der Arbeit wird jedoch gezeigt werden, daß die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person auf ganz außergewöhnliche Einzelfälle beschränkt bleiben muß. Es wird sich dann ergeben, daß die Identität der juristischen Person mit dem Mitglied nicht allein aus dem Grunde bejaht werden darf, weil das Mitglied eine hervorragende Stellung in der juristischen Person innehat, ihm z. B. ihre sämtlichen Anteile gehören. Die Beurteilung ändert sich allerdings, wenn zu der überragenden Beteiligung noch ein Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person hinzukommt. Dies kann freilich vorläufig nur als These vorausgeschickt werden. 1 Gegen diese Einstufung in dem konkreten Fall: Gutachten D Ö L L E - Z W E I G E R T aaO; Schreiben des Finanzministeriums Württ.-Baden vom 25.6. 1947, H . A . V I ; Landesamt für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung, München (1. 12. 1948); Bank der Deutschen Luftfahrt, Aktiengesellschaft München ( 1 1 . 1 1 . 1948); ebenso gegen eine entsprechende Argumentation im Falle des Stuttgarter Flughafens SIEBER, Gutachten für den Stuttgarter Flughafen, unveröffentlicht; allgemein zu dieser Frage: S I E B E R , Reichsgesellschaften und Besatzungsmacht - Requisition oder Konfiskation? (US-Zone) B B 1950, 656 f., der hier ebenfalls verneint, daß die Reichsbeteiligung an einer juristischen Person allein dazu berechtigt, ihr Vermögen zu konfiszieren, aber auf das Gutachten der Legal Division der H I C O G vom 30. 8. 1949 hinweist, w o ein gegenteiliger Standpunkt eingenommen worden ist. Vgl. im übrigen auch die mexikanische Entscheidung des Suprema Corte vom 8. 6. 1950, in der das Problem behandelt wird, inwieweit eine juristische Person, an der der mexikanische Staat wesentlich beteiligt ist, mit dem mexikanischen Staat als identisch angesehen werden darf. In der zit. Entscheidung ist dies verneint worden, allerdings unter Heranziehung von Gedanken der Kontrolltheorie. 2 Diese Ansicht hat (nach Erstattung des Gutachtens D Ö L L E - Z W E I G E R T vom 8. 1. 1950) eine gesetzliche Bestätigung gefunden in Nr. 4 e des Circular Nr. 37 des Headquarter European Command vom 28. 5. 1952: »Konfisziertes Eigentum. Eigentum, das die amerikanischen Streitkräfte zur Nutzung in Anspruch genommen haben und das früher dem früheren Deutschen Reich . . . oder (einer) juristischen Person, die im Eigentum oder unter der Kontrolle des früheren Deutschen Reiches stand . . . gehört hat«; ebenso wird in Art. 4 h (1) des Gesetzes Nr. 47 der A H K über die Entschädigung von Besatzungsschäden (AHK-Amtsbl. Nr. 47 v. 14. 2. 1951, S. 767) festgesetzt, eine Entschädigungszahlung werde nicht genehmigt bei Verlust oder Schaden oder Ingebrauchnahme von Vermögensgegenständen, die der Bundesrepublik, dem Reich usw. gehörten, sowie dann nicht, wenn sie solchen juristischen Personen zustanden, die dem früheren Deutschen Reich gehörten oder unter seiner Kontrolle standen.

12

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

Der BGH läßt in einer vielbeachteten Entscheidung 1 die Aufrechnung eines Schuldners einer Reichsgesellschaft mit Forderungen gegen das Reich zu, weil der Reichsgesellschaft eine eigene Willensbildung fehlte, sie keine eigenen Mittel hatte, die Geschäftsführung für Rechnung des Reichs ohne eigenes Risiko erfolgte und der Geschäftspartner erkannt hatte, daß er es nur mit einer unter dem Rechtsschein der juristischen Eigenpersönlichkeit handelnden, in Wahrheit aber weisungsgebundenen Dienststelle des Reiches zu tun hatte 2. Darf man hier schon von einem Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person sprechen 3 oder müssen noch weitere Umstände hinzutreten? Liegt ein Mißbrauch etwa dann vor, wenn eine Reichsgesellschaft sich später auf ihre rechtliche Selbständigkeit beruft, obwohl sie früher immer betont hatte, sie sei lediglich eine Verrechnungsstelle des Reiches und eine selbständige Bedeutung komme ihr nicht zu, wie das in der vom L G Hamburg entschiedenen Sache Rüstungskontor-GmbH der Fall war 4 ? Diese Fragen müssen später noch beantwortet werden®. Welche Gefahren drohen, wenn die Rechtsform der juristischen Person im Einzelfall geleugnet wird, ohne daß vorher die Grenzen hierfür abgesteckt worden sind, zeigt deutlich die Entscheidung eines Landgerichts 6. Der für diesen Zusammenhang wesentliche Teil der Urteilsbegründung lautet wie folgt: »Es handelt sich also bei dem juristischtechnischen Wort juristische Person' um einen Begriff, dessen reales Substrat denkbar und praktisch brauchbar sein muß und dessen Gebrauch wegfällt,wenn er offenbar widersinnig und überflüssig wird» 7 , und dann: 1 B G H Z 3, 3 1 6 ; vgl. aber auch B G H 28. 3. 1952, w o - viel zu weitgehend allein auf Treu und Glauben (»grobe Unbilligkeiten«) abgestellt wird und der Mißbrauchsgedanke völlig zurückgedrängt ist, ferner B G H 3. 7. 1953 zu B G H Z 10, 205, ausführlich S. 49 ff. * So zusammenfassend BREITHAUPT, Aufrechnung mit Forderungen gegen das Reich, J R 1952, 196, und LEHMANN, Zur Aufrechnung der Reichsgläubiger gegen Reichsgesellschaften, J Z 1952, 289 (292), der überzeugend davor warnt, auf Grund allgemeinster Billigkeitserwägungen die Aufrechnung zuzulassen. V g l . dort auch, warum R G Z 129, 50 nicht zur Lösung der vorliegenden Fragen herangezogen werden darf (aaO 291). 3 Vgl. hierzu B G H 8. 10. 1954, w o eine Aufrechnung abgelehnt wurde, weil ein Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person fehlte. 4 L G Hamburg 25. 7. 1950; L G Hagen 5. 10. 1950; vgl. auch O L G Hamburg 27. 2. 1 9 5 1 . 6 Vgl. hierzu die Ausführungen unten S. 49 f. 6 Abgedruckt in der Entscheidung des O L G Hamm vom 25. 6. 1925, zit. nach

FRIEDLÄNDER 7

139.

Ähnlich in Österreiclvdie O R K in einer Entscheidung vom 25. 1 1 . 1950, zit.

v o n WAHLE in: Kommentar z u m A B G B

V

(hrsg. v o n KLANG

und

GSCHNITZER)

$ i. Rechtsunsicherheit bei der Behandlung von Durchgriffsfällen

13

»Der Hilfsbegriff .juristische Person' wird offenbar unbrauchbar, weil ein Substrat f ü r ihn als möglich nicht mehr gedacht werden kann, wenn eine natürliche Person sämtliche Geschäftsanteile an sich gebracht hat. Hier ist der Wille der Gesellschaft der Wille der Einzelperson« usw. A u f der anderen Seite fehlen aber auch den Urteilen, die die Rechtsform der juristischen Person mit Recht mißachtet haben, die festen dogmatischen G r u n d l a g e n 1 .

Sie werden regelmäßig nur mit Billigkeits-

erwägungen begründet. Damit geht der materielle Gerechtigkeitsgehalt dieser Erkenntnisse auf Kosten der Rechtssicherheit. Die Ablehnung oder die Billigung dieser Urteile scheint letztlich davon abzuhängen, ob man die Berechenbarkeit des Rechtes über die Fallgerechtigkeit stellen darf oder nicht 2 . Unter diesem Blickwinkel wäre das Problem, wann auf die Menschen hinter der juristischen Person durchgegriffen werden darf, in erster Linie weltanschaulicher A r t , die juristische L ö s u n g also durch eine metajuristische Haltung determiniert. D e r innere Widerstreit und die Unsicherheit, die sich aus solcher Betrachtungsweise ergeben, spiegeln sich in den Gründen wider, mit denen jeweils die L e u g n u n g der juristischen Person gerechtfertigt wird. E s wird hierbei weitgehend auf G e neralklauseln und dehnbare Redewendungen 3 wie »Macht der Tat(Wien 1954) 527 N. 222: »Wo diese Fiktion aufhört, sinnvoll zu sein, muß auch die Behandlung der Gesellschaft als eines von den Gesellschaftern verschiedenen Rechtssubjektes enden.« 1 Vgl. MÜLLER-ERZBACH, Reichsgericht und Interessenjurisprudenz, in: Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben II (1929) 175 f. 2 Eine Frage, vor die der Richter im übrigen sehr häufig gestellt wird, z. B. bei dem Problem der Durchbrechung der Rechtskraft u. a.; vgl. etwa O L G Stuttgart 29. 3. 1950; oder G. und D. REINICKE, Formvorschrift, Treu und Glauben und Schadensersatz, M D R 1954, 641 ff. 3 Vgl. hierzu etwa R G Z 99, 232 (234); R G Z 103, 64 (66); R G Z 129, 50 f.; R G Z 156, 271 (277); WIELAND, Handelsrecht II (1931) 394, wo ausgeführt wird: »Die selbständige Rechts- und Parteifähigkeit der juristischen Person darf nicht auf die Spitze getrieben und bis in ihre letzten Konsequenzen hinein durchgeführt werden, denn trotz der normativen Selbständigkeit sind es dieselben Interessen, die den Alleininhaber sowohl als Träger des Gesellschaftsvermögens wie des freien Vermögens leiten. Derselbe Wille beherrscht beide Vermögenssphären. Ob und inwieweit somit die rechtliche Trennung sachlich gerechtfertigt erscheint, ist im einzelnen Falle unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu prüfen!«, und SCHILLING, Die Einmanngesellschaft und das Einzelunternehmen m. b. H., J Z 195 3, 1 6 1 : »Dieses Trennungsprinzip ist bei der Einmanngesellschaft ausnahmsweise da aufzugeben, wo Treu und Glauben oder die Sicherheit des Rechtsverkehrs es erfordern.« SEYDEL, Reichsgesellschaften in dei Rechtsform der GmbH, GmbH-Rdsch. 1953, 188, weist ebenfalls auf den Ausnahmecharakter des Durchgriffs hin und läßt ihn zu, wenn die Berufung der GmbH auf ihre formale Rechtsstellung nach den besonderen Umständen des Falles unredlich sein und gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Dazu ferner SOERGEL-SIEBERT, V o r b e m . v o r § 2 1 , I , 4.

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

14

sachen«, »Treu und Glauben« usw. 1 zurückgegriffen, Formeln, mit denen man alles begründen kann und doch letztlich niemanden zu überzeugen vermag.

Dogmatische und systematische Vorbemerkungen Untersucht man die Fälle, in denen die Rechtsform der juristischen Person von den Gerichten mißachtet, in denen also vom Grundsatz der rechtlichen Selbständigkeit der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern abgewichen worden ist, so fällt einmal auf, daß in der deutschen Rechtsprechung besonders häufig bei Einmanngesellschaften die eigene Rechtspersönlichkeit der juristischen Person beiseitegeschoben wird. Einmanngesellschaften sind nach der herrschenden Lehre rechtlich zulässig 2 . Voraussetzung ist allerdings, daß bei der Gründung der juristischen Person die gesetzlich erforderliche Anzahl von Gründern vorhanden ist 3 . Erst später können also alle Anteile in einer Hand vereinigt werden. Das Phänomen der relativ häufigen Mißachtung ihrer Rechtsform darf indes nicht zu dem Schluß verführen, nur hier sei ein Durchgriff auf das Substrat der juristischen Person zulässig und möglich. Er hielte einer näheren Nachprüfung nicht stand. Gibt man zu, daß auch bei der Einmanngesellschaft die Schulden der Gesellschaft nicht solche des Gesellschafters sind 4 , daß auch bei ihr das Eigentum des Aktionärs von dem Eigentum der Aktiengesellschaft scharf geschieden 1 8

»Herrschendes Volksbewußtsein«, R G 17. 4. 1939. Hierzu unten S. 41 N . 1. BAUMBACH-HUECK, Aktiengesetz, Grundzüge vor § 1, 1 B und Anhang zu § 1 5 ;

GIERKE

2 3 4 ; VOGEL

II

u n d an vielen a n d e r e n S t e l l e n ;

LEHMANN 406;

FRIED-

LÄNDER 22 f.; BRÖNNER, Die Einmanngesellschaft m. b. H. im Handels- und Steuerrecht, GmbH-Rdsch. 1952, 81 f. (142 f.); auf die gegenteiligen oder doch skeptischen Meinungen kann hier nicht eingegangen werden, vgl. hierzu FEINE 4 3 5 ; BRODMANN, G m b H § 2, 8 a; vgl. jedoch das Zugeständnis bei BRODMANN, Aktienrecht, § 292, 6 f. Aus der Rechtsprechung (Bejahung der Einmanngesellschaft): R G Z 68, 1 7 2 ; R G Z 85, 380 (383). Zur Problematik vgl. etwa: SIEBEL und SCHILLING, Die »gefährliche« Einmanngesellschaft, J Z 1953, 724; SIEBEL, Die Einmanngesellschaft als atypische Herrschaftsform im deutschen und anglo-amerikanischen Recht (Diss. Bonn 1950, maschinenschriftlich); SIEBERT, Einmann-GmbH und Strohmann-Gründung, B B 1 9 5 4 , 4 1 7 ; FRIEDLÄNDER ( o b e n S . 9 N . 7 ) 69 ff. 8 Vgl. auch O L G Celle 18. 10. 1950, wo die Gründung einer G m b H mit einem Strohmann in der Absicht, aus ihr alsbald eine Einmanngesellschaft zu machen, gem. § 1 1 7 B G B als Scheingeschäft behandelt wird. 4 R G 27. 10. 1 9 1 4 .

§ 2. Dogmatische und systematische Vorbemerkungen

15

werden m u ß 1 , daß also die juristische Person als Rechtspersönlichkeit unabhängig v o n der Person desjenigen ist, dem jeweils die Geschäftsanteile zustehen 2 , so erkennt man unschwer, daß ein Strukturunterschied zwischen der Einmanngesellschaft und der juristischen Person mit mehreren Mitgliedern 3 nicht besteht. Bei der Einmanngesellschaft treten indes viele Probleme, die mit der Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person in Zusammenhang stehen, am schärfsten hervor. Sie eignet sich daher hervorragend zur Erforschung dieses Fragenkreises. Z u m anderen ist bemerkenswert, daß die Doktrin noch nicht versucht hat, die zahlreichen Urteile, in denen die Rechtsform der juristischen Person mißachtet wird, unter einheitlichen Gesichtspunkten in Kategorien einzuordnen, in denen das Typische des Falles zum A u s d r u c k kommt. E s ist wenig fruchtbar, festzustellen, bei dieser oder jener E n t scheidung handle es sich um einen Fall aus dem Schuldrecht 4 oder aus dem Gebiet des Sachenrechts usw. Man muß klären, w a r u m in diesem schuldrechtlichen Fall die Rechtsform der juristischen Person mißachtet worden ist, und wird dann bemerken, daß die Gründe allgemeiner N a t u r sind und folglich auch bei sachenrechtlichen Fällen oder solchen aus dem Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs zutreffen können. Gelingt es so, aus dem Einzelfall das Allgemeingültige herauszuschälen, dann lassen sich auf dieser Grundlage allgemeine Regeln entwickeln. 1 GODIN-WILHELMI § 1, Anm. 3. Vgl. hierzu etwa R G Z 1 1 4 , 276 (278), wo ausgeführt wird, daß ein Warenzeichen, das für eine GmbH eingetragen ist, mit ihrem Geschäftsbetrieb untrennbar verknüpft ist und ihr Geschäftsbetrieb der Betrieb ist, der auf ihren Namen geführt wird, nicht aber der ihrer Angestellten oder Gesellschafter oder des etwaigen Inhabers aller Anteile. 2 Diese rechtliche Selbständigkeit besteht grundsätzlich sowohl dem Einmanngesellschafter als auch Dritten gegenüber, HACHENBURG-SCHILLING § 13 Anhang Anm. 4. So kann z. B. ein Gläubiger einer GmbH, dessen Forderung bei der Liquidation der Gesellschaft nicht berücksichtigt worden ist, keine Befriedigung von dem Alleingesellschafter fordern, an den der Liquidationserlös ausgeschüttet worden ist, R G Z 92, 77 (83, 84). Vgl. zu diesem Fragenkreis ferner R G 27. 10. 1914; BYK, Anm. zu K G 3. 7. 1924, J W 1924, 1535; O G H Wien 31. 8. 1950 (eine Aktiengesellschaft betreffend); in Österreich gilt heute noch das deutsche Aktienrecht, vgl. RabelsZ 17 (1951) 588. 3 Hierzu etwa K G Berlin 25. 4. 1953: Bei der Beurteilung der Dauer der Beschwerdefrist einer juristischen Person im Rückerstattungsverfahren ist auf den Sitz der juristischen Person - nicht etwa auf den Wohnsitz der dahinter stehenden Gesellschafter - abzustellen. * Soweit man sich überhaupt die Mühe gemacht hat, die Fälle zu klassifizieren; vgl. hierzu GRIEBEL 92 f., der die Identität der Einmanngesellschaft mit ihren Gesellschaftern im Körperschaftsrecht, Schuldrecht, Sachenrecht usw. behandelt; MEISE, Zivilrechtliche Probleme der Organschaft (1935).

16

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

In der deutschen Literatur fehlen jedoch solche dogmatischen und systematischen Untersuchungen. Es wird sehr selten generell erörtert, wann der Schleier1 der juristischen Person gelüftet werden darf. Deshalb hat sich diese Arbeit auch vorwiegend mit Gerichtsentscheidungen auseinanderzusetzen. Wird das Problem im Schrifttum aufgeworfen, so fehlt bei der Erörterving die sonst so bemerkenswerte Gründlichkeit. Selbst hervorragende Autoren beschränken sich häufig darauf, hier auf einige höchstrichterliche Entscheidungen zu verweisen, in denen die Identität der juristischen Person mit ihren Mitgliedern bejaht und damit ihre rechtliche Selbständigkeit gegenüber ihrem personalen Substrat geleugnet wird. Zuweilen wird mit wenigen Worten zu diesen Entscheidungen Stellung genommen, jedoch nur in allgemeinen Wendungen, wobei die angeführten Gründe bei den einzelnen Autoren oft erheblich voneinander abweichen 2 . J . v. GIERKE ist z. B. der Ansicht, die Persön-

lichkeit der Aktiengesellschaft und die Persönlichkeit des Aktionärs dürfe dann als identisch betrachtet werden, wenn sonst typischerweise die Gefahr von Schiebungen oder anderen Unlauterkeiten drohe 3. Andere wollen die Frage über formale Bedenken hinweg dadurch lösen, daß sie jeweils im Einzelfall die widerstreitenden Interessen gegeneinander abwägen 4. Dritte wiederum raten, bei Problemen dieser Art mehr auf die juristische Form zu achten5, also die Wichtigkeit der vom Gesetzgeber 1 Im deutschen Schrifttum ist hierfür von F U C H S sehr anschaulich das Wort »Kulisse« verwendet worden ( F U C H S , Die G m b H als Kulisse, L Z 1923, 525). 2 B A U M B A C H - H U E C K , Aktiengesetz, Anhang nach § 15, 2; F E I N E 443, 449; S C H L E G E L B E R G E R § 2, 1 5 ; vgl. neuestens B A U M B A C H - H U E C K , G m b H , Anh. § 34, 2 A : »Ist die Einmann-GmbH auch zulässig, so ist doch nie die Eigenart des Gebildes aus dem A u g e zu lassen, darum ist das GmbH-Recht, auf die Einmanngesellschaft nur so anzuwenden, wie es die wirtschaftliche Vernunft erlaubt.« 3 G I E R K E 289; vgl. auch E N N E C C E R U S - N I P P E R D E Y § 103, S. 402: »Die rechtliche Verschiedenheit von Vereinigten und Vereinigung (oder auch von zwei Vereinigungen) ist u. U. abzuschwächen (Einheitstheorie). Zwar bleibt die juristische Zweiheit bestehen. E s darf aber nicht der, der die Zweiheit herbeigeführt hat, sich zum Nachteil Dritter auf die Zweiheit berufen, wenn tatsächlich wirtschaftlich eine besonders starke Einheit vorliegt, und wenn die Berufung auf die Zweiheit die Interessen Dritter verletzt. So ist insbesondere bei der Einmanngesellschaft . . . zwar davon auszugehen, daß es sich bei der juristischen Person und dem Einmanngesellschafter um zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten handelt. Soweit jedoch die Gefahr betrügerischer Machenschaften oder anderer Unklarheiten besteht, müssen beide als identisch betrachtet werden. Schlechtgläubigkeit oder Kenntnis des Einmanns wird in der Regel als solche der Gesellschaft zu gelten haben. Die Frage kann nur von Fall zu Fall unter sorgfältiger Berücksichtigung dessen, was Treu und Glauben fordern, entschieden werden.« 4 6

Hierzu die Ausführungen bei Hierzu G R I E B E L 102.

RHODE

8 f.

§ ). Gesetzesumgehungen

mit Hilfe einer juristischen

Person

17

gewählten Rechtsform nicht zu übersehen. Ihnen ist während der nationalsozialistischen Regierungszeit aus extremen Kreisen entgegengehalten worden, daß man angesichts einer Rechtsentwicklung, die Wert auf Klarheit und Volksverbundenheit lege, prüfen müsse, ob die »spitzfindige« Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter noch aufrechterhalten werden könneInsgesamt reichen die im Schrifttum vertretenen Meinungen von der vorsichtigsten Bejahung eines Durchgriffs auf die Menschen hinter der juristischen Person in Ausnahmefällen bis zur vorbehaltlosen Ablehnung der »spitzfindigen« Trennung von Gesellschafter und Gesellschaft. Resigniert meint BRODMANN2, es dürfte ausgeschlossen sein (jedenfalls sei es noch nicht gelungen), ein Prinzip zu finden, aus welchem sich deduktiv in allen Fällen eine Entscheidung ableiten lasse. Prüft man aufmerksam die Urteile höchster deutscher Gerichte zu dieser Frage 3 , so möchte man BRODMANN recht geben. Sie sind ein getreues Spiegelbild der im Schrifttum vertretenen Meinungen.

§ 3

Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen

Person

Von einer Gesetzesumgehung spricht man dann, wenn der vom Gesetz mißbilligte Erfolg auf einem anderen von ihm nicht bezeichneten Weg erreicht werden soll und sich aus dem Zweck der Norm ergibt, daß sie einen bestimmten Erfolg überhaupt verhindern und nicht bloß seine Erreichung durch eine bestimmte Geschäftsform bekämpfen will 4 . 1 SCHUMACHER 2249; vgl. auch C R i s o L L i . A n m . J W 1934, 2969; J W 1936, 3471; gegen SCHUMACHER: SCHLEGELBERGER § 2 VI. 2

BRODMANN, Aktienrecht § 292, 6 f.

CULEMANN,

Anm.

Z. B. RGZ 156, 271 (277): »Dem Berufungsrichter ist indessen darin zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall eine Hintansetzung der personen- und vermögensrechtlichen Selbständigkeit der GmbH und ihrer Gesellschafter nicht zu rechtfertigen ist. Die Rechtsprechung des RG hat diesen Weg nur ausnahmsweise und insbesondere dann beschritten, wenn es sich als notwendig erwies, um einen mit der Gesellschaft in Rechtsbeziehungen getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben zukommenden Leistung zu verhelfen (RGZ 99, 234; 103, 66; 129, 50 [54]). So liegt der Fall hier nicht.« 4 So LEHMANN 179; vgl. hierzu ferner VETSCH, Umgehung des Gesetzes (Diss. Zürich 1917); R I N C K , Pflichtwidrige Vertretung (1936) 89 fr.; Rechtsprechung zu dieser Frage: RGZ 100, 210 (212), wo ausgeführt wird, eine Gesetzesumgehung liege dann vor, wenn eine Rechtsform zu Zwecken verwendet werde, für die sie 3

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

Ein Gesetz kann mit Hilfe der Rechtsfigur der juristischen Person in der Weise umgangen werden, daß sich diejenigen Personen, an die sich eine Norm richtet, hinter einer schon bestehenden oder erst zu diesem Zweck geschaffenen juristischen Person verbergen und sich dadurch dem Gesetzesbefehl entziehen. Das Gebot oder Verbot der Norm wird so von dem, den es betrifft, formal nicht verletzt, weil er nun durch die juristische Person Handlungen vornimmt, die ihm selbst nicht erlaubt sind1. Solche Gesetzesumgehungen sind in vielen Abwandlungen in allen Rechtsgebieten denkbar und auch zu finden. Muß der Richter bei einem solchen Sachverhalt vor der Tatsache, daß die juristische Person zu widerrechtlichen Zwecken mißbraucht2 werden soll, die Augen verschließen oder darf er hier die formale Position der juristischen Person mißachten und die Gesellschaft mit dem Gesellschafter gleichsetzen, um die Gesetzesumgehung zu vereiteln? Die Praxis ist nicht einheitlich und der entscheidende Gesichtspunkt, nämlich der der Gesetzesumgehung, ist bisher zu wenig beachtet worden. Eine Analyse zeigt aber, daß die Entwicklung zu Recht dahin geht, bei Gesetzesumgehungen die äußere Rechtsform der juristischen Person beiseite zu schieben, um der so vorgenommenen Handlung den erstrebten Erfolg zu versagen. i) Im Versicherungsrecht ist das Problem erörtert worden, ob der Versicherungsfall3 im Sinne des § 6i des Reichsgesetzes über den Versichenicht bestimmt ist, und diese Benutzung vom Gesetz selbst ausdrücklich oder stillschweigend mißbilligt werde; K G Beschl. v. 9. 1 1 . 1905: Eine unzulässige Gesetzesumgehung liegt dann vor, wenn trotz abweichender Rechtsform der gleiche oder wesentlich ähnliche Rechtserfolg erstrebt wird. 1 Hier handelt es sich also nicht lediglich darum, einem Gesetz durch die erlaubte Anwendung eines anderen Gesetzes auszuweichen, hierzu WOLFF, IPR 4 7 ; PALANDT-DANCKELMANN § 134, 4 ; R G Z 125, 209 (212); O L G Hamm 26. 1 1 . 1952. Das Recht kann zwar zur Erreichung eines Zweckes zwei gesetzlich mögliche Wege zur Verfügung stellen. Es hat jedoch die Rechtsfigur der juristischen Person nicht dazu geschaffen, um eine Norm mit ihrer Hilfe zu umgehen. 2 Die Parteien müssen hier also im Bewußtsein gehandelt haben, ein Gesetz zu umgehen. Nach der Rechtsprechung des R G reicht die Tatsache, daß ein Rechtsgeschäft allein seinem sachlichen Inhalt nach eine Gesetzesumgehung ist, ohne die Absicht der Parteien, das Gesetz zu umgehen, noch nicht aus, um die Rechtsfolgen der Gesetzesumgehung anzuwenden, vgl. R G Z 1 2 3 , 208 ( 2 1 1 ) ; K G Beschl. v. 9. ix. 1905; dagegen v. TUHR, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts II, 2 (1918) § 6 9 , 1 , S. 8: »Ob die Parteien das Verbotsgesetz kannten und die Absicht der Umgehung hatten, kommt dabei nicht in Betracht.« 3 Begriffsbestimmung in: BRASS-LENCER-RIEBESELL, Handbuch der Versicherung (1938) 1 8 2 ; PRÖLSS, Versicherungsvertragsgesetz 8 (1954) § 61, 1.

§ j. Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

l

9

rungsvertrag 1 ( W G ) herbeigeführt wird, wenn der Einmanngesellschafter einer juristischen Person schuldhaft den Tatbestand verwirklicht, der dieser das Recht gibt, die Versicherungssumme zu fordern. Es handelt sich hierbei nicht um den Fall, in dem der Einmanngesellschafter als Organ tätig geworden ist. Hier liegt ein Handeln der juristischen Person selbst vor, weil ihr alle Organhandlungen zuzurechnen sind a . Der Versicherer wird somit von seiner Verpflichtung zurL eistung gegenüber der juristischen Person frei, wenn ihr Organ den Versicherungsfall vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt3. Es handelt sich auch nicht darum, daß der Einmanngesellschafter zwar nicht als Organ, wohl aber als sogenannter »Repräsentant« 4 der juristischen Person tätig geworden ist. Die juristische Person hat als Versicherungsnehmer den Vorsatz und die grobe Fahrlässigkeit ihres Repräsentanten im Falle des § 61 V V G genau so zu vertreten wie eigenes Verschulden5. Es geht vielmehr um 1

Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 ( R G B l 26}). § 61 lautet wie folgt: »Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt.« Ähnliche Bestimmungen in der Ostzone in § 17 der 1. A V O zur Pflichtversicherung vom 23. 2. 1948 (GVOB1 1948 II, 2 2 1 , Brandenburg), femer § 10 (4) der Bekanntmachung der Feuerpflichtversicherung vom 17. 12. 1947 (Gesetze, Befehle 1947, 589, Sachsen), beide abgedruckt in: M Ö L L E R , Neuordnung der Privatversicherung in der Sowjetischen Besatzungszone (1948) 60 (68, 98, 102). Allgemein zu § 61 V V G : S C H W E I G H Ä U S E R , Die schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalls, J R 1 9 5 1 , 75. 2 Neuestens ist dies sehr klar ausgedrückt worden in einem Urteil der Cass. beige vom 31. 5. 1 9 5 4 , J . T. 1954,498: »Une société, personne morale, doit nécessairement agir par ses organes; ceux-ci, en tant qu'ils sont les organes par lesquels la société agit, s'identifient avec celle-ci; il n'y a donc ni dualité de personnes responsables, ni intérêts distincts, mais une seule personne en cause, la société représentée par ses organes«; freilich sind nur die Handlungen des Organs der juristischen Person zuzurechnen, die das Organ im Rahmen der Organkompetenz, nicht aber solche, die es im Bereich der persönlichen Interessensphäre vorgenommen hat, so B Ü R G I , Ztschr. Schw. R. 72 (1953) 469 (Buchbesprechung v. W A L D K I R C H , Die Handlungsfähigkeit der Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht, Bern 1953). E r stimmt der Verfasserin hier zu. Das Buch selbst war mir nicht zugänglich. Hierzu auch B G H 5. 10. 1954. * Heute h. L., vgl. z. B. J . v. G I E R K E , Versicherungsrecht unter Ausschluß der Sozialversicherung (1947) II, 204; vgl. auch S P R I N Z , Das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag (1926) § 6 1 , 127. 4 Definition des Begriffs bei W A R N E Y E R , Versicherungsvertragsgesetz (1932) § 6 1 , V I I , S. 159: E s muß sich um eine Person handeln, die in dem Betriebe, auf den sich das Versicherungsverhältnis bezieht, an die Stelle des Versicherungsnehmers tritt. 5 Ausführliche Behandlung dieses Problems, das heftig umstritten ist, mit zahlreichen Literaturhinweisen bei M Ö L L E R , Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter (1939) 70 f . ; auch S C H A C K , Vier Jahre Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des privaten Versicherungsrechts (1933 bis 1936) (1937) 47-

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

die Frage, ob eine juristische Person, die, um den einfachsten Fall zu wählen, eine Einmanngesellschaft und deren gutgläubiger Geschäftsführer nicht der Einmanngesellschafter ist, den Ersatzanspruch geltend machen kann, wenn der Einmanngesellschafter z. B. das versicherte »fremde« Objekt hat in Flammen aufgehen lassen. § 61 V V G trifft unmittelbar nicht zu, weil die juristische Person als Versicherungsnehmer ihrem Einmanngesellschafter rechtlich genau so fremd gegenübersteht wie einer beliebigen dritten Person, die den Versicherungsfall herbeigeführt haben könnte. Aus den gleichen Erwägungen kann § 162 II B G B 1 nicht unmittelbar angewendet werden, weil der Eintritt der Bedingung gerade nicht von der Partei, zu deren Vorteil er gereichen würde, herbeigeführt wird, sondern von einer anderen - dritten - Person. Denn die Einmanngesellschaft, die gesetzlich durch ein redliches Organ vertreten ist, hat den Einmanngesellschafter nicht zu seinem gesetzwidrigen Verhalten veranlaßt. Soweit dieser Fall in der versicherungsrechtlichen Literatur erörtert wird, lehnt man die Scheidung zwischen der Gesellschaft und ihrem alleinigen Gesellschafter ab. Im einzelnen ist vieles streitig. Es kann indes in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der Durchgriff auf das Substrat der juristischen Person nur bei vorsätzlichem Betrug durch den Einmanngesellschafter erfolgen darf 2 , ob bei dem vorgetragenen Sachverhalt die Einrede der Arglist gewährt werden muß usw. Dies sind Abgrenzungsfragen, die hier nicht zu erörtern sind. Den extremen Fall, in dem eine juristische Person vorgeschoben wird, um die gesetzliche Bestimmung zu umgehen, lösen im Ergebnis wohl alle Autoren einheitlich so, daß sie der juristischen Person den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag versagen. E H R E N Z W E I G 3 , der hier als Beispiel angeführt werden soll, äußerst sich im Anschluß an § 5 5 des österreichischen Gesetzes über den Versicherungsvertrag, der wörtlich mit § 61 des deutschen Gesetzes über den Versicherungsvertrag übereinstimmt, wie folgt: »Der § 55 ist ein vortrefflicher Beleg für die .Relativität' der 1 Über das Verhältnis von § 162 II B G B zu § 61 V V G vgl. FRAMHEIM jr., Die Herbeiführung des Versicherungsfalles (1927) 65 f.

* V g l . hierzu G R I E B E L 1 0 8 , N . 1 2 .

3 EHRENZWEIG, Die Rechtsordnung der Vertragsversicherung (Wien 1929) § 55, II, S. 192 (Gesetz vom 2 3 . 1 2 . 1 9 1 7 über den Versicherungsvertrag [ ö R G B l Nr. 501]); ebenso EHRENZWEIG, Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht (Wien 1952) 271 N . 2 5 ; für das deutsche Recht: BRUCK, Versicherungsvertrag (1932) § 6 1 ,

I I , S . 2 3 1 ; BRUCK, D a s P r i v a t v e r s i c h e r u n g s r e c h t ( 1 9 3 0 ) 6 5 3 N . 2 5 ;

RAISER, K o m -

mentar der allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (1930) § 1 7 I, S. 367.

§ ). Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

zI

juristischen Person, d. h. für die Notwendigkeit, an Hand der gegebenen Norm zu prüfen, ob und inwieweit für diesen Rechtsbereich ein selbständiges Rechtssubjekt neben den Verbandsmitgliedern steht. Wer dieses Prinzip ablehnt, der muß dort, wo eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Einmanngesellschaft geworden ist, der Gesellschaft trotz § 5 5 den Ersatz zusprechen, wenn der Einmann, der einen fremden Geschäftsführer vorgeschoben hat, das versicherte ,fremde' Objekt anzündet« Der Lösung dieses Falles ist im Ergebnis sicher zuzustimmen. Es ist aber hier schon darauf hinzuweisen, daß das entscheidende Kriterium für die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person darin zu sehen ist, daß sie zur Umgehung einer gesetzlichen Vorschrift mißbraucht werden sollte. 2) Aus dem Recht der Abzahlungsgeschäfte2 ist für die Untersuchungen, die eine Leugnung der Rechtsform der juristischen Personen bei Gesetzesumgehungen zum Gegenstand haben, folgender Fall erörterungsbedürftig : Jemand erwirbt von einer juristischen Person durch Kauf eine bewegliche Sache. Sie wird ihm übergeben und der Kaufpreis sofort beglichen. Das Geld stammt von einer anderen juristischen Person, die es dem Käufer als Darlehen gegeben hat. Dieses soll in Teilbeträgen zurückgezahlt werden. Verkäufer und Darlehensgeber sind wirtschaftlich gesehen identisch3. Der Kaufpreis wird sogleich vollständig bezahlt - insoweit würde die Anwendung des Abzahlungsgesetzes entfallen. Das Darlehen wird zwar in Raten zurückbezahlt; bei Darlehen gibt es aber keinen Schutz durch ein Abzahlungsgesetz. Darf man hier § 6 des Gesetzes betr. die Abzahlungsgeschäfte (Abzahlungsgesetz) 4 anwenden, obwohl diese Vorschrift voraussetzt, daß zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ein Vertrag in einer anderen Rechtsform als der des Kaufes abgeschlossen wird und die Möglichkeit, daß auf der Gläubigerseite 1 Auslandsrechtliche Hinweise zum allgemeinen Problem der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter bei MÖLLER (oben S. 19 N . 5) 87. 2 Hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung der sog. Abzahlungsgeschäfte vgl. KOCH, Das Abzahlungsgeschäft in Handel und Industrie und seine. Finanzierung ( 1 9 3 1 ) (mit Hinweisen auf ausländische Rechtsgrundlagen 37 f.). 3

KLAUSS § 6 , S . 1 2 2 ( 1 2 3 ) .

* Vom 16. 5. 1894 (RGBl 450). § 6 lautet: »Die Vorschriften der §§ 1 - 5 finden auf Verträge, welche darauf abzielen, die Zwecke eines Abzahlungsgeschäfts (§ 1) in einer anderen Rechtsform, insbesondere durch mietweise Überlassung der Sache zu erreichen, entsprechende Anwendung, gleichviel, ob dem Empfänger der Sache ein Recht, später deren Eigentum zu erwerben, eingeräumt ist oder nicht.«

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Buch j Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

noch eine zweite Person beteiligt ist, nicht ausdrücklich berücksichtigt ist 1 ? In der Literatur behandelt allein R Ü H L 2 das Problem, soweit ersichtlich, mit größerer Ausführlichkeit. Ihm ist darin beizupflichten, daß es heute nichts Ungewöhnliches ist, wenn zwei juristische Personen trotz ihrer formellen Selbständigkeit wegen ihrer wirtschaftlichen Identität vom Richter als Einheit behandelt werden 3 . R Ü H L meint, selbst dann, wenn man hierin eine gewisse Auflösung des Gedankens der juristischen Person sehe, dürfe man nicht verkennen, daß wichtiger als dieses Rechtsgebilde, dessen Eigenwert nicht überschätzt werden sollte, die Erzielung gesunder Ergebnisse sei. Er stellt dabei den Fall, in dem der Verkäufer nachgewiesenermaßen mit der Absicht gehandelt hat, das Abzahlungsgesetz zu umgehen, mit jenem gleich, in dem eine solche Absicht fehlte, also nur eine zufällige wirtschaftliche Identität von Verkäufer und Darlehensgeber vorlag 4 . Diese beiden Möglichkeiten sind jedoch dogmatisch zu unterscheiden. Im ersten Falle bedürfte es des § 6 des Abzahlungsgesetzes nicht, um dieses Gesetz zur Anwendung zu bringen. Denn da sich der Verkäufer nur deshalb einer anderen mit ihm wirtschaftlich identischen juristischen Person als Darlehensgeber bedient hat, um das Abzahlungsgesetz zu umgehen, dürfen Verkäufer und Darlehensgeber als eine juristische Person behandelt werden. Dann aber zeigt sich, daß Kauf und Darlehen ein einheitliches Geschäft, nämlich einen Abzahlungskauf, darstellen. Das Abzahlungsgesetz könnte also unmittelbar angewendet werden. Im zweiten Falle fehlt hingegen die Umgehungsabsicht. Da die wirtschaftliche Identität aber allein nicht genügt, um zwei juristische Personen als Einheit zu behandeln, ist eine Anwendung des Abzahlungsgesetzes nach den bisher dargelegten Grundsätzen nicht möglich. Es ist daher weiter zu fragen, ob schon die objektive Verletzung eines allgemeinen Gesetzeszweckes genügt, um die Rechtsform der juristischen Person beiseite zu 1 Hierzu CRISOLLI, Das Reichsgesetz betr. die Abzahlungsgeschäfte v o m 16. 5. 1894 ( 1 9 3 1 ) § 6 A n m . 55, S. 2 7 6 ; K G 10. 10. 1929, mit Anmerkung RÜHL, J W 1 9 3 1 . 752

R Ü H L 2 9 5 ; vgl. auch KLAUSS

124.

RÜHL 2 9 5 ; er weist dort hin auf MÜLLER-ERZBACH in: Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben II (1929") 1 7 5 ; R G 1 5 . 2. 1929 und R G 1 3 . 3. 1929. 4 RÜHL 294; vgl. auch O L G Braunschweig 4. 1. 1 9 5 1 , w o ausgeführt wird, daß dann, wenn ein Dritter eingeschaltet wird, der sich gewerbsmäßig mit der Finanzierung bestimmter Abzahlungsgeschäfte befasse, ein verdecktes Abzahlungsgeschäft i. S. des § 6 vorliege. E s komme hierbei nicht darauf an, ob unter den Parteien die Absicht bestanden habe, das Gesetz zu umgehen. 3

§ ). Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

23

schieben. Das ist, wie gleich zu zeigen sein wird, grundsätzlich zu verneinen. In dem behandelten Falle kann aber ausnahmsweise das A b zahlungsgesetz über § 6 dieses Gesetzes angewendet werden, weil für den Bereich dieser Vorschrift der Satz entwickelt worden ist, daß schon eine wirtschaftliche Identität von Verkäufer und Darlehnsgläubiger genügt um sie als Einheit zu behandeln, und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich dabei um juristische Personen handelt oder nicht 2 und ob eine Gesetzesumgehungsabsicht vorliegt 3 . Dieser Fall bietet Anlaß zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen. Der Satz, daß bei Gesetzesumgehungen mit Hilfe juristischer Personen deren Rechtsform mißachtet werden darf, ist im Grunde nichts anderes als ein Anwendungsfall des allgemein anerkannten Grundsatzes, wonach der Mißbrauch eines Rechtsinstituts von der Rechtsordnung niemals geschützt wird 4 . Wenn hingegen der Zweck eines Gesetzes oder einer ein1

R G Z 131, 213 (225), ein Fall, in dem Verkäufer und Finanzierungsinstitut juristische Personen waren, die dieselben Gesellschafter und Geschäftsführer hatten. Das Reichsgericht führte aus, daß bei einer solchen Gestaltung der Verhältnisse zwischen Verkäufer und Finanzierungsinstitut im Hinblick auf § 6 des Abzahlungsgesetzes aus der formellen Verschiedenheit beider Rechtspersönlichkeiten keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Gesetzes hergeleitet werden könnten. Es behandelte jedoch nicht die Frage, wann das Gesetz unmittelbar und wann es nur über § 6 zur Anwendung gelangen kann; ferner noch weitergehend R G Z 152, 283: bei Abzahlungsgeschäften entscheide in erster Linie der wirtschaftliche Zweck des Geschäftes und nicht die äußere Rechtsform; s. auch R G Z 128, 251 f. * BGH 27. 3. 1952: Die Bestimmungen des Ges. betr. die Abzahlungsgeschäfte sind auf einen mit einem Kaufvertrag gekoppelten Darlehensvertrag mit einem Dritten entsprechend anwendbar, wenn die Verträge eine Einheit bilden und der Käufer infolge der Verträge wirtschaftlich in die gleiche Lage kommt wie ein gewöhnlicher Abzahlungskäufer; vgl. ferner BGH 9. 10. 1951. 3 Vgl. zu dieser Frage ferner CRISOLLI (oben S. 22 N. 1) § 6 Anm. 54 f., S. 276 f. ; KLAUSS § 6, S . 1 2 2 f . ; HEINICHEN i n : K o m m e n t a r v o n R G R z u m H G B I V

(1943)

Anhang zu § 382, Anm. 74 a f.; RAUTMANN, Der Abzahlungsverkehr, seine Finan-

zierung und Sicherung (1930) 26 f . ; RÜHL 293 f . ; SCHUTTE, Abzahlungsgeschäfte (1948) § 6, S. 15 ; KLAUSS, Finanzierungsverträge und Abzahlungsgesetz, N J W 1953, 6

(kritische Betiachtung der Rechtsprechung des BGH); E. MÖLLERS, Nochmals: Probleme zum Kundenfinanzierungsvertrag, NJW 1954, 1106. 4 Zwar befaßt sich die Lehre vom Rechtsmißbrauch nur mit dem Mißbrauch subjektiver Rechte. Dort wird gelehrt, daß der Inhalt eines jeden Rechts durch seine rechtsethische und soziale Funktion bestimmt sei oder wenigstens in der Weise immanente Grenzen aufweise, daß eine funktionswidrige Ausübung durch den Inhalt des Rechts nicht mehr gedeckt werde. Dies stelle eine Abkehr vom Recht, eine Rechtsüberschreitung dar, so daß nur noch ein scheinbarer Gebrauch des Rechtes vorliege, der in Wahrheit ein Handeln ohne Recht sei. - Vgl. hierzu SOERGEL-SIEBERT, Vorbem. § 226 I I 2 S. 540; PALANDT-DANCKELMANN § 242, 1 ; ESSER, Lehr-

buch des Schuldrechts (1949) 46; SIEBERT, Verwirkung und Unzulässigkeit der Rechtsausübung (1934); SIEBERT, Vom Wesen des Rechtsmißbrauchs, in: Grund-

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

zelnen Norm - etwa die Sicherung des Abzahlungskäufers - infolge der Trennung der juristischen Person von ihren Mitgliedern nicht verwirklicht werden kann, ohne daß eine Gesetzesumgehungsabsicht vorliegt, so stellt sich die Frage, ob auch hier auf das Substrat der juristischen Person unter Leugnung ihrer Rechtsform durchgegriffen werden darf. Hier steht der Eigenwert des Rechtsinstituts der juristischen Person dem Zweckwert einer einzelnen Norm gegenüber. Ein allgemeiner Grundsatz, aus dem sich ein solcher Durchgriff rechtfertigen ließe, besteht hier nicht. Seine Unzulässigkeit ergibt sich aus folgenden Erwägungen: der Gesetzgeber hat dadurch, daß er die juristische Person in einer bestimmten Form geschaffen und ausgestaltet hat, schon selbst eine Wertabwägung vorgenommen. Sie soll in dem Bereich, für den sie geschaffen worden ist, als vollwertiges Rechtssubjekt geachtet werden. Dies bedeutet, daß ein Rechtssatz in seiner konkreten Gestalt auf die juristische Person anzuwenden ist, ohne daß in jedem Falle zu prüfen wäre, ob etwa sein Zweck nur in der Weise erreicht werden kann, daß die vorgegebene Rechtsform der juristischen Person mißachtet wird. Dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß bei NichtVerwirklichung des Zwecks der zur Anwendung berufenen Rechtsnorm durch die Achtung der Rechtsform der juristischen Person die Interessen anderer Beteiligter verletzt würden. Denn wer mit der juristischen Person zu tun hat, muß grundsätzlich mit allen Folgen, die sich aus ihrer Struktur ergeben, rechnen. Nur dann braucht er sich ihre Rechtsform nicht entgegenhalten zu lassen, wenn diese zu unlauteren Zwecken mißbraucht wird. Nicht außer acht lassen darf man auch, daß die Mitglieder der juristischen Person einen Anspruch darauf haben, in ihrem Vertrauen auf die von der Rechtsordnung ihnen zur Verfügung gestellte Rechtsform der juristischen Person geschützt zu werden, wenn sie sich ihrer legitim bedient haben 1 . fragen der neuen Rechtswissenschaft (1935) 189 fr. - Dasselbe muß aber auch für den Mißbrauch der Rechtsfigur der juristischen Person gelten. 1 Das R G hat daher zutreffend entschieden, daß der Verkauf sämtlicher Aktien einer A G , deren wesentliches Vermögen in einem Grundstück besteht, formfrei ist, vgl. R G 30. 1. 1925, ebenso R G Z 1 1 8 , 385 (388); ob auf einen Vertrag über die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile einer G m b H , deren einziges Vermögen ein Grundstück bildet, die Formvorschrift des § 3 1 3 B G B Anwendung findet, bestimmt sich nach den in R G Z 1 3 3 , 7 (10) gegebenen Richtlinien danach, ob die wirtschaftlichen Erwägungen oder die rechtliche Gestalt, in der diese sich verkörpert haben, in den Vordergrund zu stellen sind. - Nach dem oben Ausgeführten ist der Rechtsform der juristischen Person der Vorzug zu geben; a. A . Kommentar von R G R und Bundesrichtern 1 0 1 (1953) § 3 1 3 i, Abs. 6; PALANDT-DANCKELMANN § 3 1 3 , 2. Zuzustimmen ist ferner der Entscheidung R G Z 104, 42, wonach das dem gemein-

§ j. Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

25

Diese Überlegungen lassen die Grethen erkennen, innerhalb derer die Rechtsform der juristischen Person nicht mißachtet werden darf. Sie ergeben sich aus dem Z w e c k der juristischen P e r s o n 1 . E r liegt f ü r den Bereich des Zivilrechts einmal darin, daß natürlichen Personen die M ö g lichkeit gegeben wird, am Rechts- und Geschäftsleben teilzunehmen, ohne daß sie persönlich in Anspruch genommen werden können. Dabei kann der Grund, aus dem sie in dieser F o r m am Rechtsleben teilnehmen, verschiedener Natur sein und nicht nur in wirtschaftlichen, sondern auch in ideellen Interessen liegen. Ferner dient die juristische Person dazu, materielle Mittel und menschliche Kräfte in einem f ü r den einzelnen in nützigen Siedlungsunternehmen im Falle des Verkaufs eines landwirtschaftlichen Grundstücks gesetzlich zustehende Vorkaufsrecht dann nicht anwendbar ist, wenn eine GmbH, deren Vermögen nur aus einem Grundstück besteht, ihre sämtlichen Geschäftsanteile einem anderen abtritt. Das R G führte aus, eine Gesetzesumgehung liege in einem solchen Falle nicht vor, weil der Gesetzgeber hier andere ähnlich liegende Fälle nicht habe treffen wollen; gegen das R G : F R I E D L A E N D E R , Konzernrecht 2 (1954) 80. Der Ansicht des K G , ein gemäß § 1822 Ziff. 3 B G B genehmigungsbedürftiger Vertrag, der auf Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet sei, liege in der Veräußerung von GmbH-Anteilen, falls sie wirtschaftlich der Veräußerung des Geschäfts gleichstehen, vgl. K G Beschl. v. 15. 1 1 . 1925; ebenso K G Beschl. v. 7. 1 1 . 1926, zustimmend P A L A N D T - L A U T E R B A C H § 1822, 4; E R M A N - H E F E R M E H L , Kommentar zum B G B (1952) § 1822 zu Nr. 3, kann aus den oben genannten Gründen nicht gefolgt werden. Vgl. hierzu auch F R I E D L A E N D E R , Konzernrecht 2 (1954) 8 1 : »Nach dem Zweck der Vorschrift dürfte der Erwerb oder die Veräußerung der sämtlichen Anteile einer GmbH, der das Erwerbsgeschäft gehört, ebenfalls genehmigungspflichtig sein.« H A C H E N B U R G betont in einer Urteilsanmerkung J W 1926, 600 mit Recht, daß das Gesetz (§ 1822 Ziff. 3 B G B ) auf seinen scharf bestimmten Inhalt zu beschränken sei. Nur der wissentlichen Umgehung werde man begegnen müssen. Im Handelsrecht berechtigt z. B. das in § 1 1 2 H G B aufgestellte gesetzliche Wettbewerbsverbot für Gesellschafter einer O H G den Richter nur dann zur Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person, wenn diese von einem vom Verbot betroffenen Gesellschafter zur Umgehung der Vorschrift mißbraucht wird, nicht aber schon, wenn durch eine juristische Person lediglich der Zweck dieser Norm verletzt würde. A. A . , aber ohne überzeugende Gründe, H U E C K , Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft 2 (1951) 124. 1 Vgl. hierzu etwa O. G I E R K E , Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung (1887) 631: »Vor allem vermag die Gesamtperson nur in einer ihr vom Recht gesetzten Lebenssphäre rechtswirksam zu wollen und zu handeln«; den gleichen Gedanken findet man z. B. in First Nat. Bank of Chicago et al. v. F. C. Trebein Co. et al., 52 N. E . 834, 59 Ohio St. 316: »1. In contemplation of law, a corporation is a legal entity, an ideal person, separate from the real persons who compose it. This fiction, however, is limited to the uses and purposes for which it was adopted, - convenience in the transaction of business and in suing and being sued in its corporate name, and the continuance of its rights and liabilities, unaffected by changes in its corporate members . . .« 3

Serick, Rechtsform

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der Regel nicht erreichbarem Ausmaß zur Verfolgung bestimmter Z w e c k e zusammenzufassen. D i e juristische Person vermag so an Stelle ihrer Mitglieder Rechtsgeschäfte abzuschließen, Eigentum und sonstige Rechte zu erwerben, K l ä g e r und Beklagter zu sein, ohne daß sie durch den Wechsel ihrer Mitglieder berührt würde. Ihr wird auf diese Weise eine über die Lebensdauer des Menschen weit hinausreichende Kontinuität verliehen 1 . A u s dieser Zweckbestimmung folgt, daß der Gesetzgeber sie nur f ü r den redlichen Rechts- und Geschäftsverkehr geschaffen hat a . Denn eine Rechtsordnung, die ein Rechtsinstitut auch f ü r unlautere Z w e c k e zur V e r f ü g u n g stellte, träte mit sich selbst in Widerspruch. Eine weitere Begrenzung ergibt sich aus der Tatsache, daß die juristische Person zwar Rechtspersönlichkeit hat, aber doch kein Mensch ist. Daher kann sie in bestimmten Fällen (z. B. grundsätzlich im Familienrecht) überhaupt nicht tätig werden, während sie in den oben erörterten Fällen nicht tätig werden darf. Endlich steht es dem Gesetzgeber frei, die 1 Vgl. hierzu auch Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Amtliche Ausgabe 2 I (1896) 78 f. * Im französischen Recht ist die Begrenzung der juristischen Person auf den erlaubten Zweck ganz allgemein ausdrücklich normiert in Art. 1833 Ce: »Toute société doit avoir un objet licite, et être contractée pour l'intérêt commun des parties.« Die société »Gesellschaft« ist nach französischem Recht eine juristische Person, vgl. P L A N I O L - R I P E R T - B O U L A N G E R , Traité élémentaire de droit civil I (Paris 1950) no. 712, S. 275; C O L I N - C A P I T A N T , Cours élémentaire de droit civil français I (Paris 1947) no. 902, S. 722. Die Rechtsprechung hat z. B. entschieden, daß dem Zweck nach unerlaubt sind juristische Personen, die zu Umgehung von Zollgesetzen bestimmt sind (Schmugglerzwecke), vgl. Douai 1 1 . 1 1 . 1907, D. P. 1908. II. 1 5 ; die zur Ausbeutung von Spielsälen ohne die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörden geschaffen worden sind, Paris 9.4. 1897, D. P. 1899. II. 244; die dazu dienen sollen, das freie Wahlrecht in den Gesellschaftsversammlungen anderer juristischer Personen auszuschalten, App. Paris 21. 1 1 . 1951, Rev. des Sociétés 1952, 769. Ferner verstößt die Ausübung gewisser Berufe (Arzt usw.) gegen den Zweck einer juristischen Person; Einzelheiten bei F U Z I E R - H E R M A N , Code civil annoté V I (Paris 1949) Art. 1833, no. 63 f., S. 235 f. Das gleiche gilt für das belgische Recht, vgl. Art. 1833 Ce beige; vgl. D E P A G E , Traité élémentaire de droit civil belge V (Brüssel 1947) no. 53, S. 77; DE Vos, Le problème des conflits de lois II (Brüssel 1947) no. 605, S. 633. In Deutschland ist in einem besonderen Fall, nämlich in § 1 des GmbHGesetzes, bestimmt worden, daß Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der Bestimmungen des GmbH-Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden dürfen. Einzelheiten bei H A C H E N B U R G - S C H I L L I N G § 1, S. 103 f.; § 1 des GmbH-Gesetzes stimmt wörtlich überein mit § 1 I des österreichischen Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 6. 3. 1906 (öRGBl Nr. 58); vgl. zu § 1 des deutschen GmbH-Gesetzes K G 9. 1 1 . 1905, wonach in der Errichtung einer GmbH zu dem Zwecke, daß eine Ordensgesellschaft unter einer Firma Vermögen erwerben kann, eine unzulässige Umgehung des Art. 13 der Preußischen Verfassungsurkunde zu sehen ist, die den Gesellschaftsvertrag nichtig und die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister unzulässig macht.

§ ). Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

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juristische Person auch innerhalb des hier aufgezeigten Bereichs durch besondere Bestimmung von gewissen Betätigungen auszuschließen1. Die oben aufgezeigten Zwecke der juristischen Person können nur durch eine scharfe Scheidung zwischen Korporation und Mitglied, zwischen Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter erreicht werden. Deswegen darf der Richter die Rechtsform der juristischen Person nicht willkürlich beiseite schieben, wenn das Ergebnis ihm andernfalls unbillig erschiene. Die Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person setzt vielmehr die Feststellung voraus, daß die Korporation die oben aufgezeigten Grenzen überschritten hat. Dies ist aber dann der Fall, wenn sie von den hinter ihr stehenden Menschen mißbraucht worden ist. 3) Die vorgetragenen und analysierten Fälle könnten leicht den Eindruck erwecken, als ob die deutschen Gerichte und Gelehrten heute schon dann einen Durchgriff auf das Substrat der juristischen Person gestatteten oder befürworteten, wenn mit ihrer Hilfe ein Gesetz umgangen werden soll. Eine solche Anschauung würde jedoch Wunsch und Wirklichkeit verwechseln und dort Regeln sehen, wo sie leider noch fehlen. Im Grunde ist der Fragenkreis unerforscht. Die bekannten und auch viel knüsicttenBörsentermingeschäfis-Entscheidungen des Reichsgerichts geben hierfür ein gutes Beispiel. In einem Urteil 2 handelte es sich um ein Börsentermingeschäft der Klägerin mit einer Einmanngesellschaft, einer GmbH. Dieses Börsentermingeschäft war für die Klägerin deswegen unverbindlich, weil sie nicht zu dem Personenkreis zählte, für den das Börsengesetz in § 53 Börsentermingeschäfte als verbindlich erklärt3. Die Klägerin erlitt erhebliche Verluste. Sie bezahlte zunächst einen Teil dieser unverbindlichen Schulden, stellte später jedoch die Erhebung des DifFerenzeinwands in Aussicht. Daraufhin wurde mit dem einzigen Inhaber aller Anteile der GmbH vereinbart, daß er die noch fehlende Summe als Darlehen geben solle, um damit das Konto bei der GmbH auszugleichen. Später machte die Klägerin im Rechtsstreit mit dem Einmanngesellschafter die Ungültigkeit dieser Abmachung geltend. Das Kammergericht als Berufungsgericht hatte die Vereinbarung auf Grund des § 5 9 des Börsengesetzes 1

Vgl. hierzu auch P A L A N D T - D A N C K E L M A N N , Einf. vor § 21, 2; L E H M A N N 409; Vorb. vor § 2i, I, 3, 4, und Cass. civ. 28. 1. 1954 (Comité d'établissement de Saint-Chamond c. Ray) mit Note L E V A S S E U R , D . 1954. I. 217. 2 3 R G Z 85, 380. Börsengesetz vom 27. 5. 1908 (RGBl 215). SOERGEL-SIEBERT,

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als unverbindlich erachtet 1 . Es hatte ausgeführt: Vom streng rechtlichen Standpunkt aus seien allerdings der Beklagte und die G m b H verschiedene Rechtspersönlichkeiten. In Wahrheit habe aber der Beklagte die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur als Strohmann und Deckadresse benutzt, um seine Geschäfte mit außerhalb der Börse stehenden Provinzbankiers und Privatleuten zu führen. Das Berufungsgericht hatte hieraus gefolgert, daß der Beklagte und nicht die Einmanngesellschaft der eigentliche Terminsgläubiger gewesen sei. E r habe den Vertrag, bei dem es sich nur um die Umwandlung der Terminschuld in eine klagbare Darlehensschuld gehandelt habe, in der Absicht der Gesetzesumgehung geschlossen. Der Umwandlung sei daher nach § 134 B G B die Wirksamkeit zu versagen 2 . Das Reichsgericht wies diese Argumentation mit aller Schärfe zurück. Es vertrat den Standpunkt, daß die Einmanngesellschaft gegenüber dem Einmanngesellschafter eine gesonderte Rechtspersönlichkeit habe. Auch die Anwendung des § 1 3 4 B G B wurde abgelehnt, weil das Börsengesetz Börsentermingeschäfte nicht verbiete, sondern nur gewissen Personen gegenüber für unverbindlich erkläre. In einem späteren Rechtsstreit über Sicherheiten bei Börsentermingeschäften berief sich das Reichsgericht ausdrücklich auf diese Entscheidung 3 . Diese Rechtsprechung wurde im Schrifttum nicht widerspruchslos hingenommen. S C H R E I B E R 4 bezeichnet sie als materiell unerträglich, da § 5 9 des Börsengesetzes die Unverbindlichkeit ausdrücklich auf Novationsverträge erstrecke. Wenn nun der Gläubiger eine GmbH sei, so sei der Inhaber ihrer sämtlichen Anteile kein »anderer«, durch dessen Intervention sich die Unverbindlichkeit beseitigen ließe. Dem muß im Ergebnis zugestimmt werden. Freilich darf man nicht allein aus der Tatsache, daß der Einmanngesellschafter alle Anteile der GmbH besitzt, folgern, schon deswegen sei der Einmanngesellschafter kein anderer als die Gesellschaft. Es muß vielmehr noch hinzukommen, daß dieser Einmanngesellschafter die juristische Person zu mißbrauchen versucht, hier, daß er mit Hilfe der juristischen Person das Börsengesetz 1 § 59 lautet: »Die Vorschriften der §§ 5 2 - 5 8 gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der eine Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Schuld aus einem nicht verbotenen Börsentermingeschäft dem anderen Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.« 2 3 R G Z 85, 382. R G Z 87, 18 (25). 4 SCHREIBER, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (1925) 34 f.; vgl. hierzu

ferner FRIEDLÄNDER 2 2 ( 2 5 ) ; F E I N E 4 5 0 N . 88 (gegen das R G ) ; G R I E B E L 1 2 0

das

RG).

(gegen

§ j. Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person

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umgehen will. Ferner folgt aus der Absicht, ein Gesetz zu umgehen, nicht, wie das Kammergericht in dem oben angeführten Fall annimmt, die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts gemäß § 1 3 4 BGB. Diese Vorschrift setzt ein Verbotsgesetz voraus, während in der Regel bei der Umgehung eines Gesetzes mit Hilfe einer juristischen Person lediglich eine Rechtsfolge eines Gesetzes vermieden werden soll, die sich an ein sonst rechtswirksames Verhalten anknüpft. So etwa, wenn man einer Besteuerung oder Rechtsfolgen, die sich aus dem Abzahlungsgesetz oder der Konkursordnung ergeben, aus dem Wege gehen will. Mit anderen Worten : ein Verhalten, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, aber nicht jede Umgehung des Gesetzes verstößt gegen ein gesetzliches Verbot. Daher wird in aller Regel bei Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person gerade die Rechtsfolge anzunehmen sein, die durch das Dazwischenschieben der juristischen Person vermieden werden sollte. So auch hier. Das Ergebnis läßt sich allerdings nur durch eine Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person erreichen. 4) A n einigen Beispielen aus dem Steuerrecht sollen abschließend noch Fragen mit besonderem Charakter erörtert werden. Eine Kalibergbau-AG, deren Aktien sich in einer Hand befanden und deren Betrieb schon im Jahre 1909 eingestellt worden war, wurde 1916 in der Weise in ein Schlafwagenunternehmen umgewandelt, daß sämtliche Aktien aufgekauft wurden 1 , der Sitz der juristischen Person verlegt und der Zweck der Gesellschaft in der Satzung entsprechend geändert wurde (Mitropa-Fall) 2 . Mit diesem Mantelkauf und den nachfolgenden Maßnahmen sollten die gesetzlichen Bestimmungen über die 1 Zur Frage des sog. Mantelkaufes vgl. K G 3. 7. 1924; K G 18. 12. 1924 (Mantelkauf nichtig). D e n E r w e r b des leeren Gesellschaftsmantels erklären wegen Umgehung v o n Gründungs Vorschriften für unzulässig und gemäß § 134 B G B nichtig: BAUM-

BACH-HUECK, G m b H , § 3, 4 C ; BAUMBACH-HUECK, A k t i e n g e s . § 16, 1 D u n t e r B e r u f u n g a u f K G 23. 6 . 1 9 3 2 ; SCHLEGELBERGER § 16 I I I ; VOGEL § i , 3, S. 1 1 ; d a g e g e n ( M a n t e l k a u f z u l ä s s i g ) HACHENBURG u n d B Y K , J W 1 9 2 4 , 1 5 3 5 ; B R E I T , J W 1 9 2 5 , 6 3 5 ;

neuestens (Mantelkauf grundsätzlich zulässig) JANBERG, Die Verwertung v o n Gesellschaftsmänteln, G m b H - R d s c h . 1952, 132, und GUERTNER, Der Mantelkauf, M D R 1954, 76 f. (Mantelkauf nur unsittlich und unzulässig, wenn bei Anteilserwerb A b sicht der Wiederbelebung der Gesellschaft fehlt). HACHENBURG-SCHILLING § 2, A n m . 59, 60: N u r wenn die Mantelverwertung in concreto in fraudem legis erfolgt, können die §§ 134, 138 B G B eingreifen; zustimmend KNUR, Buchbesprechung (Hachenburg-Schilling), D N Z 1954, 556. R G 1. 7. 1933 läßt die Beantwortung-der Fragen dahingestellt. 2

R F H I , 1 2 6 ; v g l . h i e r z u : FEINE 4 4 5 ; BECHER, D e r H a n d e l m i t A k t i e n m ä n t e l n

und G m b H - M ä n t e l n , Z H R 1927, 163 (164); Schweiz: Schweiz. A G 27 (1955) 118.

jo

Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

sogenannte Gründungssteuer umgangen werden. Das Stempelsteueramt verlangte gleichwohl den Gründungsstempel, weil die Umwandlung als Neugründung gewertet werden müsse. Auf ein Rechtsmittel des Beschwerten verwarf der Reichsfinanzhof die Entscheidung der unteren Instanz. Er begründete das Urteil damit, daß nach dem Reichsstempelgesetz die Gründungssteuer den Abschluß eines notariellen Vertrages voraussetze. Ein solcher Vertrag liege jedoch nicht vor. Der Reichsfinanzhof ging bei seiner Entscheidung von der Gültigkeit des Mantelkaufs aus, ohne sich mit den sehr beachtlichen Gründen auseinanderzusetzen, die von der Wissenschaft dagegen vorgetragen worden sind 1 . Dennoch wäre der Reichsfinanzhof wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis gekommen, wenn er nicht im Banne der damals herrschenden Anschauung über das Wesen der juristischen Person gestanden hätte, mit der es selbst in Ausnahmefällen nicht vereinbar schien, den durch die Rechtsform der juristischen Person verdeckten Vorgängen rechtliche Relevanz zuzumessen. Während in den vorangegangenen Fällen auf die Menschen durchgegriffen werden mußte, die sich hinter der schützenden Rechtsform der juristischen Person verborgen hielten, mußte hier das Rechtsgebilde der juristischen Person beiseite geschoben werden, um einen Sachverhalt würdigen zu können, der ebenfalls durch die Rechtsfigur der juristischen Person verdeckt war. Hätte man einen Blick hinter die Kulisse der juristischen Person geworfen, so hätte man leicht gesehen, daß die angebliche Einheit der juristischen Person nur Schein war und in Wirklichkeit zwei verschiedene juristische Personen vorlagen. Ein solcher Blick muß erlaubt sein, wenn der Verdacht besteht, daß ein Gesetz umgangen werden soll. Der Gesellschaftsschleier darf also, wie KEGEL das einmal formuliert hat, auch in Beziehung auf das Gesellschaftsvermögen und -unternehmen aufgehoben werden und nicht nur in Richtung auf die Person des Inhabers2. Die Erkenntnis der wahren Sachlage hätte es möglich gemacht, auch die formalen Hindernisse gegen die Erhebung der Gründungssteuer zu beseitigen. Bei Gesetzesumgehungen ist es somit nicht nur möglich, die Scheidung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft zu verneinen, sondern auch eine juristische Person wie zwei verschiedene juristische Personen zu behandeln. 1

Vgl. hierzu N. i der vorangegangenen Seite. KEGEL 385 (410 N . 29) mit zahlreichen Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen. 2

§ 3- Gesetzesumgehungen mit Hilfe einer juristischen Person D e r Mitropa-Fall w a r u. a. Anlaß dafür, daß i m J a h r e 1 9 1 9 der § 5 der R e i c h s a b g a b e n o r d n u n g 1 neugefaßt wurde, u m den Mißbrauch v o n F o r m e n und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes bekämpfen zu können. A u f G r u n d dieser gesetzlichen Bestimmung w i c h der Reichsfinanzhof in einer späteren Entscheidung, die die U m w a n d lung einer M a r z i p a n - G m b H in eine J u g e n d z e i t s c h r i f t - G m b H betraf, v o n seiner im Mitropa-Fall vertretenen A u f f a s s u n g ab und kam zu einem entgegengesetzten E r g e b n i s 2 . Hätte man erkannt, daß dann, wenn ein Gesetz mit Hilfe einer juristischen Person umgangen werden soll, ihre Rechtsform mißachtet werden darf, u m ein gerechtes Urteil zu finden, so hätte man in diesen Fällen auch v o r der Neufassung der Reichsabgabenordnung die G r ü n d u n g s steuer erheben können, weil die Voraussetzungen f ü r die L e u g n u n g der Rechtsform der juristischen Person erfüllt waren. M a n hätte deswegen f ü r diese steuerrechtliche F r a g e ohne weiteres v o n einer N e u g r ü n d u n g ausgehen d ü r f e n 3 4 . 1

Reichsabgabenordnung vom 3 0 . 1 2 . 1 9 1 9 ( R G B l 1993); vgl. auch oben S. 6 N. 1. R F H 19, 230, hierzu F E I N E 446; P A U L Y , Hamburg. Fremdenblatt, Ratgeber in Steuerfragen, Beilage zu Nr. 2 5 1 ; B E C H E R (oben S. 29 N. 2) 165. 3 Verneint man hingegen die Gültigkeit des Mantelkaufs (s. oben S. 29 N. 1 ) wegen Umgehung zwingender materieller Gründungsnormen, so muß man auch in diesem Fall durch den »Schleier« der juristischen Person auf ihr reales Substrat durchgreifen, um die Tatsache des Mantelkaufes feststellen zu können. Hier erfolgt der Durchgriff, um die Nichtexistenz einer angeblich existierenden juristischen Person, deren Mäntel aufgekauft werden sollen, darzutun, in dem im Text besprochenen Fall dagegen, um die behauptete Kontinuität einer juristischen Person mit einer echten Nachfolgeperson zu widerlegen. 1 Weitere Fälle, in denen mit Hilfe der Rechtsfigur der juristischen Person ein Gesetz umgangen werden sollte, bei F U C H S , Die G m b H als Kulisse, L Z 1923, 526 (Gründung einer juristischen Person, Übertragung einer zweifelhaften Forderung auf sie, Klage der juristischen Person; im Falle der Klageabweisung soll die G m b H mit den hohen, ihr Vermögen möglicherweise übersteigenden Prozeßkosten belastet werden); ferner F U C H S , Wirtschaftliche Zielsetzung und rechtliche Gestaltung im Zivilrecht, L Z 1928, 1038; D E R S . , Gesetzesumgehungen durch die Form der G m b H , J R 1928, 177 mit sehr instruktiven Beispielen, etwa Umgehung des § 288 S t G B ; vgl. ferner R G Z 129, 50: ein Aufwertungsfall, in dem das R G ausführt, daß bei Berechnung einer der freien Aufwertung unterliegenden, unstreitig allein gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung ausnahmsweise auch die Vermögensverhältnisse des wohlhabenden Alleingesellschafters berücksichtigt werden dürften. Eine andere Entscheidung könnte »geradezu einer Umgehung des Gesetzes, der Verhinderung einer angemessenen Aufwertung Tür und Tor öffnen«, R G Z aaO. Aus dieser Entscheidung darf entnommen werden, daß das R G eine Gesetzesumgehung mit Hilfe einer juristischen Person mißbilligt und daher nicht zulassen will. Zuzustimmen ist dem Urteil des R G vom 20. 3. 1926. Dort wurde ausgeführt, daß auch die Übertragung von Kuxen u. U. gegen die Bekanntmachung vom 15. 3. 1918 über den 2

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht §4

Vertragsumgehung und Vertragsverletzung Die Frage, ob die Rechtsform der juristischen Person dann beiseite geschoben werden darf, wenn mit ihrer Hilfe ein Vertrag umgangen oder verletzt werden soll, ist bis jetzt in dieser Form weder von den Gerichten noch von der Lehre gestellt worden. Sachverhalte, in denen dieses Problem die Kernfrage war, hat man unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten behandelt und beurteilt. Der Grundtatbestand solcher Vertragsumgehungen ist einfach: A und B verpflichten sich dem C gegenüber, eine bestimmte Handlung zu unterlassen. Sie wird danach von der X-Gesellschaft, deren Gesellschafter A und B sind, vorgenommen. Die X-Gesellschaft, eine juristische Person, ist zu dem Zweck gegründet worden, den mit C geschlossenen Vertrag zu umgehen. Kann ihr die Handlung untersagt werden, und, wenn ja, mit welcher Begründung 1 ? Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken verstoßen kann. In dem zitierten Urteil versuchten die Parteien, die erwähnte Bekanntmachung zu umgehen. 1 Bezüglich eines Wettbewerbsverbots ist G I E R K E 290 der Ansicht, dieses Verbot treffe auch eine zur Vertragsumgehung neugegründete juristische Person: »A ist ein Wettbewerbsverbot eingegangen. Er gründet, um dieses zu umgehen, eine AG und bringt alle Aktien in seine Hand. Dann wirkt das Wettbewerbsverbot auch gegenüber der Einmanngesellschaft«; ebenso SIEBERT, BB 1 9 5 4 , 4 1 7 ; bei HAUPT-REINHARDT, Gesellschaftsrecht4 ( 1 9 5 2 ) 1 6 9 , wird hingegen die Meinung vertreten, der Einmanngesellschafter mache sich hier persönlich haftbar; ebenso LEHMANN, Handelsrecht, II. Teil ( 1 9 4 9 ) 2 2 ; RGZ 1 4 2 , 2 1 9 ( 2 2 1 , 222). Diese persönliche Haftung tritt aber neben die unmittelbare Veranwortlichkeit der juristischen Person. Der Berechtigte hat hier die Wahl, gegen wen er vorgehen will. U. U. ist es rätlich, sowohl den Einmanngesellschafter als auch die Einmanngesellschaft zu verklagen. Vgl. hierzu auch BGHZ 5, 133, wo dem Gesellschafter eine Vertragsstrafe auferlegt wurde, weil er durch eine GmbH in Wettbewerb trat, und eine von ihm eingegangene vertragliche Verpflichtung dahin ausgelegt wurde, daß durch sie auch ein Wettbewerb etwa als Gesellschafter in einer GmbH verboten sein sollte. Im übrigen konnte hier nicht festgestellt werden, daß die GmbH dazu gegründet wurde, um das Wettbewerbsverbot zu umgehen. Für das schweizerische Recht vgl. BG 11. 12. 1 9 4 5 , BGE 7 1 II 2 7 2 (274): »Insbesondere gilt im allgemeinen die Tätigkeit, der Geschäftsbetrieb der Einmann- oder Tochtergesellschaft für den einzigen Aktionär, die Muttergesellschaft, nicht als fremder; an ein für diese geltendes Konkurrenzverbot muß sich regelmäßig auch die Einmann- oder Tochtergesellschaft halten (vgl. E G G E R , Komm. z. ZBG, 2. Aufl. Art. 52 N . 6 ; SIEGWART, Komm. z. OR Art. 6 2 5 , N. 2 1 ff., bes. N. 3 0 ; WIELAND [Handelsrecht II] S . 380 ff., 394 f.).« In dieser allgemein gehaltenen Formulierung kann dem Urteil indes nicht zugestimmt werden. Nur wenn durch die Einmann- oder Tochtergesellschaft das Konkurrenzverbot umgangen werden soll, ist die Mißachtung ihrer Rechtsform gerechtfertigt. Die Tatsache der wirtschaftlichen Identität allein genügt nicht. Der Vertragspartner kann

§ 4• Vertragsumgehung und Vertragsverletzung

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Das Reichsgericht hat hierfür keine grundsätzliche Lösung gefunden. Die Frage, ob jemand über einen Schadensersatzanspruch die Fortdauer eines von ihm mit einer GmbH geschlossenen und auf längere Dauer berechneten Vertrages erreichen kann, wenn die Gesellschafter, um jenen Vertrag zu umgehen, die bisherige Gesellschaft auflösen und eine neue GmbH mit dem gleichen Geschäftszweck gründen, hat das Reichsgericht bejaht. Die neue GmbH wurde auf Grund der §§ 826, 249 B G B im Wege des Schadensersatzes dazu verurteilt, die Verpflichtungen aus dem mit der aufgelösten GmbH geschlossenen Vertrag einzuhalten, weil sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer der neuen juristischen Person dieselben Personen waren wie die der aufgelösten Gesellschaft 1 . R H O D E weist jedoch mit Recht auf das Zufällige dieser Lösung hin, wenn er ausführt, es handele sich hier im Grunde um ein Ergebnis, zu dem das Reichsgericht nur deshalb habe kommen können, weil die neue GmbH denselben Geschäftsführer gehabt habe wie die alte2. Entscheidend dürfte folgendes sein: Formal ist zwar die neue juristische Person von der aufgelösten verschieden. Sie darf jedoch in einem solchen Falle so behandelt werden, als sei sie mit der alten GmbH identisch, weil Auflösung und Neugründung vorgenommen wurden, um die Gesellschaft von einer lästigen Verpflichtung zu befreien. Bei der Beweiswürdigung durfte die Identität der Mitglieder und des Geschäftsführers der neuen und der alten juristischen Person als Indiz für die unlauteren Absichten der alten GmbH und ihrer Mitglieder bewertet werden. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn eine juristische Person etwa ein Wettbewerbsverbot eingegangen ist, und einer ihrer Gesellschafter die Geschäfte, die die juristische Person danach nicht vornehmen darf, persönlich betreibt3. Hier kann ihm diese Tätigkeit jedenfalls nicht sich selbstverständlich vor einem Wettbewerb durch die Einmanngesellschaft vertraglich schützen. 1 R G Z 1 1 4 , 68. 2 RHODE 7 ; HAUSSMANN (36) will den Fall, daß eine juristische Person eine vertraglich übernommene Verpflichtung, eine bestimmte Sache nicht im eigenen Betrieb herzustellen, dadurch umgehen will, daß sie diese von einer Tochtergesellschaft produzieren läßt, durch sinngemäße Auslegung des Verbots lösen. V g l . ferner SIGLOCH, Die Unternehmungen der öffentlichen Hand, Organisationsrecht und Steuerrecht (1929) 122. 3 Hier sind die Fälle ausgeschieden, in denen die Vertragsauslegung zu dem E r gebnis führt, daß das Wettbewerbsverbot der juristischen Person auch die Mitglieder umfassen soll, vgl. hierzu R G 2. 5. 1932 mit zustimmender A n m . von WALSMANN, J W 1 9 3 2 , 2614. Dort wird die verwandte Frage aufgeworfen, inwieweit das einer O H G auferlegte Wettbewerbsverbot auch für ihre Gesellschafter persönlich verbindlich ist; vgl. hierzu ferner GRIEBEL 105, 1 1 2 .

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs der juristischen Person untersagt werden. Wer mit einer juristischen Person kontrahiert, weiß von vornherein, daß er nicht mit ihrem Gesellschafter in vertragliche Beziehungen tritt. Dieser verletzt somit keine Verpflichtung der juristischen Person, wenn er etwas unternimmt, was jener verboten ist 1 . Hat sich hingegen eine natürliche Person zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet, so kann sie dieser Bindung auch nicht dadurch entgehen, daß sie sich hinter einer juristischen Person zu verbergen versucht. Eine Vertragsumgehung mit Hilfe einer juristischen Person liegt, wie an Beispielen sogleich zu zeigen sein wird, auch dann vor, wenn die Parteien durch einen Vertrag erkennbar einen ganz bestimmten Zweck erreichen wollten, jedoch hierfür eine Form gewählt haben, die es der einen Partei ermöglicht, sich den Vertragsfolgen durch spätere Berufung auf die formale Struktur der juristischen Person zu entziehen2. In den oben erörterten Fällen wurde die juristische Person dadurch mißbraucht, daß sie nachträglich zur Vertragsumgehung gegründet wurde. Hier hingegen liegt der Mißbrauch darin, daß von der Rechtsform einer schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden juristischen Person nachträglich ein vertragswidriger Gebrauch gemacht wird. In beiden Fällen soll mit Hilfe der Rechtsfigur der juristischen Person ein Ergebnis erzielt werden, das gegen den im Vertrage ausdrücklich versprochenen oder erkennbar angestrebten Erfolg verstößt. Hier wie dort handelt es sich im Grunde um ein venire contra factum proprium 3 . Als Beispiel für eine Vertragsumgehung durch nachträgliche Berufung auf die Rechtsfigur der juristischen Person mag ein Sachverhalt dienen, über den das Reichsgericht zu befinden hatte 4 . 1 Solche Verpflichtungen der Gesellschafter lassen sich nicht etwa aus der Treuepflicht der Aktionäre oder Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft herleiten, zumal Bestehen und Umfang der Treubindungen zwischen Mitglied und Gesellschaft außerordentlich bestritten sind; vgl. zu dieser Frage unten S. 177 N . 1 und die Literaturübersicht bei FECHNER 37 N . 1. R G Z 146, 385 (395) betont über den konkreten Fall hinausgehend in einer überspitzten Weise ein Gemeinschaftsdenken, das in dieser Form den wirtschaftlichen Bedürfnissen widerspricht und dem Zweck einer Aktiengesellschaft nicht gerecht wird. 2 Grundsätzliches hierzu bei ROTH, SONTAG, FUCHS, Wirtschaftliche Zielsetzung und rechtliche Gestaltung im Zivilrecht, L Z 1928, 1 0 2 2 - 1 0 3 7 ; FUCHS, Formale Rechtsfindung und wahres Recht, L Z 1928, 1578 mit Zustimmung von SONTAG. 8 Von einem venire contra factum proprium spricht man insbesondere dann, wenn der andere Teil auf Grund des früheren Verhaltens des Rechtsinhabers auf eine bestimmte Sach- und Rechtslage vertrauen konnte und sich darauf eingerichtet hat. Die Rechtsausübung, die im Widerspruch zu diesem früheren Verhalten steht, ist unzu-

lässig, v g l . hierzu SOERGEL-SIEBERT § 2 4 2 , C I 4 ; PALANDT-DANCKELMANN § 2 4 2 , 4 d. 4

R G Z 86, 146.

§ 4• Vertragsumgehung und

Vertragsverletzung

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A wollte eine Bohrgerechtigkeit erwerben. Er kaufte sämtliche Anteile einer GmbH auf, deren Vermögen allein aus dieser Bohrgerechtigkeit bestand. Die Ergiebigkeit der Quelle erwies sich später jedoch als weit geringer, als der Käufer der GmbH-Anteile ursprünglich annehmen durfte. Es galt zu entscheiden, ob ein Kauf sämtlicher Anteile einer GmbH, bei dem es dem Käufer, wie meist in solchen Fällen, nicht um den Erwerb von Gesellschaftsrechten, sondern um den Erwerb des Vermögens der Gesellschaft ging, rechtlich als ein Kauf des Vermögens der Gesellschaft behandelt werden darf. Kann der Verkäufer einwenden, er hafte nur für den rechtlichen Bestand der Geschäftsanteile, nicht aber für Fehler des Gesellschaftsvermögens selbst? Bei der Lösung dieser Frage soll davon ausgegangen werden, daß bei der Veräußerung aller Mitgliedschaftsrechte bestimmte Zusicherungen in bezug auf das Unternehmen oder das Gesellschaftsvermögen nicht gemacht worden sind. Eine solche Zusicherung wäre übrigens ohne Rücksicht darauf möglich, ob diese Vermögenswerte selbst Kaufobjekt sind oder nicht 1 . Das Reichsgericht hat in solchen Fällen nicht immer den gleichen Standpunkt eingenommen. In dem Ausgangsfall hat es die Meinung vertreten, eine Anfechtung wegen Irrtums sowie die Geltendmachung der Ansprüche aus den §§ 459 fr. BGB sei deswegen ausgeschlossen, weil nicht die Bohrgerechtigkeit, sondern die Geschäftsanteile der GmbH verkauft worden seien 2 . In späteren Entscheidungen, die die Veräußerung aller Anteile von Grundstücksgesellschaften zum Gegenstand hatten 3 , hat es jedoch unter Berufung auf H A C H E N B U R G 4 erklärt, die Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile gegen Entgelt stelle nur die äußere Rechtsform eines Geschäfts dar, durch das dem Käufer ohne förmliche 1 STAUDINGER-OSTLER II, 2, § 435, 3 1 ; R G Z 100, 200 (204); R G Z 122, 378 f. (381 f.); R G 14. 3. 1928 (Verkauf aller Anteile, der nur als Anteilskauf anzusehen war; aber vereinbarte Voraussetzung der Freistellung eines Gesellschaftsgrundstücks von einer Hypothek); vgl. auch R G 10. 10. 1928, Az. 95/28. a R G Z 86, 148. 3 R G Z 120, 283 (287); R G Z 122, 378 (381); R G 15. 2. 1929 mit Anm. von NEUKIRCH, J W 1929, 1374. Vgl. auch R G Z 150, 397, wo die bisherige Rechtsprechung des R G zwar bestätigt, aber nicht auf den Fall ausgedehnt wird, daß lediglich die Rechte aus einem Meistgebot Inhalt des Kaufvertrags geworden sind. Neuestens: Hans. O L G Hamburg 30. 7. 1952. 4 HACHENBURG I, § 13 Anm. 1, der indes nicht so weit geht wie das Reichsgericht. HACHENBURG meint, wer einem anderen sämtliche Anteile einer GmbH verkauft, verkaufe ihm nach der Anschauung der Parteien das Unternehmen selbst. E r stellt auf die Anschauung der Parteien ab, das Reichsgericht auf den Sinn und Zweck des Vertrages.

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Buch i Teil I: Die Bedeutung der Fragen im deutschen Recht

Eigentumsübertragung wirtschaftlich die volle Verfügungsmacht über die Grundstücke der Gesellschaft eingeräumt werden sollte. Nach der Verkehrsauffassung sei der Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile einer G m b H regelmäßig als Veräußerung des Unternehmens selbst anzusehen. Die Anwendung der Rechts- und Sachmängelvorschriften entspreche dem Sinn und Zweck des Vertrages, ohne daß es auf die jeweilige besondere Willensrichtung der Vertragschließenden weiter ankomme Dieser Gedankengang verdient insoweit Zustimmung, als durch ihn zum Ausdruck gebracht wird, daß in Ausnahmefällen der Schleier der juristischen Person, der über den tatsächlichen Verhältnissen liegt, gelüftet werden darf. Aus ihm läßt sich folgende Auffassung des Reichsgerichts entnehmen: Die juristische Person ist nicht identisch mit den Menschen, die hinter ihr stehen. Ihr Vermögen darf mit den Anteilsrechten an der juristischen Person nicht gleichgesetzt werden a. Allein es gibt Lagen, in denen von dieser Regel abgewichen werden muß, um über die äußere Rechtsform hinweg zu einer gerechten Entscheidung zu kommen. Die Grenzen, die das Reichsgericht hierbei beachtet sehen will, dürften jedoch zu weit gezogen sein 3 4 . Wenn es in dem Verkauf sämtlicher 1

Dies gilt allerdings nicht beim Kauf nur eines Teiles der Aktien, R G 3. i.1944: »Der Rechtsgrundsatz, wonach der Verkauf aller Aktien einer A G und aller Geschäftsanteile einer GmbH regelmäßig als ein Verkauf des von der A G oder der GmbH betriebenen Unternehmens selbst angesehen wird und als solcher den Gewährleistungspflichten aus § 459 BGB unterliegt, läßt sich nicht auf Fälle übertragen, in denen nur ein größerer Teil der Aktien oder der Geschäftsanteile übertragen wird«; hierzu ferner R G 10. 10. 1928, Az. 95/28. Außerdem gilt dies nur, wenn sämtliche Mitgliedschaftsrechte in einem Erwerbsakt von einer Hand in die andere übergehen, R G 10. 10. 1928, Az. 79/28. 2 Vgl. hierzu auch den englischen Fall Harris einer Entscheidung, w o die Zulässigkeit einer Aufrechnung mit einer Forderung an das Reich gegen eine Forderung einer Reichsgesellschaft abgelehnt wurde, auf folgendes hingewiesen: »Dem-

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diges Werkzeug«, »unredliche Beeinträchtigung«, »redliche Vertragsabwicklung« u. dgl. läßt sich der Einwand nicht beseitigen, daß der vom Reich mit der Gründung der Reichsgesellschaft eingeschlagene Weg vom Recht grundsätzlich als zulässig angesehen wird, und daß sich daraus ganz bestimmte Rechtsfolgen ergeben. Eine der wichtigsten Rechtsfolgen ist aber die scharfe Scheidung des Vermögens der Gesellschaft von dem der Gesellschafter 1 . Die Zulassung der Aufrechnung schmälert jedoch, wie S C H I L L I N G 2 zutreffend ausführt, das Vermögen der Gesellschaft und bereichert das des Gesellschafters; sie verstößt gegen den elementaren Grundsatz, daß das Vermögen der Gesellschaft ausschließlich ihren Gläubigern haftet, nicht aber auch den Gläubigern der Gesellschafter oder des Einmanngesellschafters. Auf der anderen Seite dürfte daher folgerichtig auch einem Gläubiger einer Reichsgesellschaft nicht der Vorwurf der Unredlichkeit gemacht werden, wenn er sich der Aufrechnung der Reichsgesellschaft mit einer Forderung des Reichs gegen ihn widersetzte. Wenn heute viele die Aufrechnung eines Reichsgläubigers gegen eine Forderung einer Reichsgesellschaft zulassen wollen, so spielt dabei wohl auch der Gedanke an die durch den Zusammenbruch des Reichs geschaffene abnorme Situation des Reichs eine Rolle. Es ist zwar zuzugeben, daß der Zusammenbruch des Reiches die Reichsgläubiger schwer getroffen hat. Ihnen zu helfen ist aber Sache des Gesetzgebers. Die Gerichte sind jedenfalls grundsätzlich nicht befugt, sich über die Rechtsform der juristischen Person und die sich aus ihr ergebenden Rechtsfolgen hinwegzusetzen, es sei denn, daß sie zu unlauteren Zwecken mißbraucht worden ist 3 . gemäß ist die Aufrechnung dann zugelassen worden, wenn der Widerspruch der Reichsgesellschaft gegen eine Aufrechnung mit Forderungen an das Reich nach den gesamten Umständen des Falles als ein Mißbrauch der formalen Rechtsstellung der Reichsgesellschaft als einer selbständigen juristischen Person erscheint.« Im Ergebnis ist diesem Urteil zuzustimmen, nicht aber der dort gegebenen Abgrenzung der Einzelfälle. 1 R G 7. 4. 1930: »Auch wenn sämtliche Geschäftsanteile einer GmbH in einer Hand vereinigt sind, so bestehen doch zwei selbständige, getrennte, verschiedenen Eigentümern gehörige Vermögensmassen ( R G Z 85, 383; 87, 25; 92, 84/85). Es entscheiden nicht wirtschaftliche, sondern rechtliche Gesichtspunkte. Auch bei der sog. Einmanngesellschaft geht das Vermögen der Gesellschaft nicht ohne weiteres (nicht ohne Liquidation) in dem Vermögen des alleinigen Gesellschafters auf.« 2

HACHENBURG-SCHILLING § 13 A n h a n g A n m . 5.

Daher wurde in R G Z 92, 77 (82 f.), wo nach dem Sachverhalt ein Mißbrauch fehlte, zutreffend entschieden, daß die Bereicherung der Einmanngesellschaft sich nicht zugleich als direkte Bereicherung auch des Gesellschafters darstelle; a. A. BRODMANN, G m b H 2 § 2, 8 a. Zuzustimmen ist ebenfalls den Ausführungen in R G Z 169, 240 (248). Hier wurde ausgeführt, daß die Gleichstellung der Einmanngesell3

S J. Sonstige Schädigungen mit Hilfe der juristischen Person

53

Schaft mit dem alleinigen Gesellschafter in der Rechtsprechung durchweg nur in Fällen erfolgt ist, wo es gegen Treu und Glauben verstoßen und sich als Rechtsmißbrauch darstellen würde, wenn die Einmanngesellschaft oder der alleinige Gesellschafter sich auf die formelle Verschiedenheit berufen könnte, sie aber nicht auch schon dann gerechtfertigt ist, wenn die Gleichstellung einer der sachlich-rechtlich verschiedenen Persönlichkeiten erwünscht erscheint; mißverständlich hierzu H A C H E N B U R G - S C H I L L I N G § 13 Anhang Anm. 5. Richtig ist ferner der Beschl. des O L G Düsseldorf vom 13. 10. 1954, wonach der Geschäftsführer und gleichzeitige Gesellschafter einer GmbH dem Notar weder für die Kosten der Beglaubigung einer Anmeldung zum Handelsregister noch für die Kosten der Beurkundung von Versammlungsbeschlüssen hafte (KostO §§ 2 Nr. 1, 144; GmbH-Ges. § 13 II); vgl. dort die Hinweise auf die in der Literatur vertretenen kontroversen Meinungen zu dieser Frage. Zur Abgrenzung der Anwendbarkeit von § 68 und § 64 K O in Durchgriffsfällen vgl. R G Z 156,271 (277). Um den Gegensatz hierzu scharf herauszuarbeiten, mag andererseits auf RG 16. 10. 1937 hingewiesen werden. Hier wurde entschieden, daß im Konkurs einer Einmanngesellschaft der Alleingesellschafter, der mit Hilfe eines Strohmannes die Gesellschaft gegründet hatte, dann keine Forderungen - es handelte sich um hohe Gehalts- und Mietsansprüche neben einer Darlehensforderung - im Konkursverfahren der GmbH zum Nachteil der Gläubiger geltend machen dürfe, wenn er das Stammkapital im Verhältnis zum Umfang des Unternehmens zu niedrig in der Absicht festgesetzt hatte, den weiteren Kapitalbedarf durch fremde und eigene Darlehen zu decken. Dem Alleingesellschafter, der seine Forderungen anmelde und geltend mache, stehe der Einwand der Arglist entgegen. S I E B E R T , BB 1954, 418 ist hier der Ansicht, die Gesellschaftsform müsse insoweit wegen Mißbrauchs unbeachtet bleiben, weil sie zu einer mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden Schädigung der Konkursgläubiger führe. Dem ist zuzustimmen. Denn der Einmanngesellschafter versuchte in diesem Falle die wirklichen Gläubiger der GmbH mit Hilfe der Rechtsform der juristischen Person fraudulos zu schädigen.

II. T e i 1 DIE AMERIKANISCHE LEHRE VOM »DISREGARD OF LEGAL ENTITY« (»MISSACHTUNG DER RECHTSFORM DER JURISTISCHEN PERSON«) §6

Allgemeines. Rechtfertigung

einer rechtsvergleichenden

Betrachtung

Das Problem der Mißachtung der Rechtsform der juristischen Person ist nicht auf das deutsche Gesellschaftsrecht beschränkt. Überall dort, wo die Trennung zwischen der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person und ihren Mitgliedern mit voller Schärfe durchgeführt ist, stellt sich die Frage, wie denjenigen Fällen zu begegnen ist, in denen diese scharfe Scheidung zu ganz unbilligen und ungerechten Ergebnissen führt. Die amerikanische Rechtsprechung hat sich in jahrzehntelanger Praxis mit dieser Frage auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist die Lehre vom Disregard of Legal Entity1. An dieser Lehre kann der deutsche Jurist, der sich mit dem Problem des DurchgrifFs auf das Substrat der juristischen Person beschäftigt, nicht vorbeigehen, da er hier jene Grundsätze herausgebildet findet, an denen es im deutschen Recht auf diesem Gebiete noch fehlt. Systematisch ist die Verwertung der Ergebnisse der Disregard-Lehre für das deutsche Recht deswegen zulässig, weil das amerikanische Korporationsrecht den Grundsatz der Trennung der juristischen Person von ihren Mitgliedern 2 mit der gleichen Schärfe durchgeführt hat wie das deutsche Recht3. Das soll anhand von Beispielen 1 2

Literatur hierzu S. 66 N. i.

BALLANTINE §§ I, 1 1 8 S . 2 f . , 2 8 7 ; THOMPSON I, § 9, S . 1 4 f . ; FLETCHER I, § 2 5 , S. 8 4 f . ; Ruling Case Law (edit. by W . M. KINNEY) VII ( 1 9 1 5 ) 25 f.; irreführend TRUMPLER 24 f., der das Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht richtig sieht. Vgl. an Entscheidungen etwa: J. BROWN in Haie v. Henkel, 2 0 1 U. S . 4 3 , 7 3 f., 50 L. Ed. 6 5 2 , 26

S. Ct. 370; Pullmann Palace Cor Co. v. Missouri Pac. R. Co., 115 U. S. 587, 29 L. Ed. 499, 6 S. Ct. 194 (Konsolidation mehrerer juristischer Personen, Wirkung von Verträgen, die von den alten juristischen Personen abgeschlossen waren, in bezug auf die neue: »The present Missouri Pacific Company is a different corporation from that which contracted with the Pullman Company«); ebenso in England, vgl. z. B. F . J. WRIGHT, Commercial Law II (London 1 9 5 0 ) 1 7 5 . 3 Es mag hier darauf hingewiesen werden, daß dieser Grundzug in allen Einzelstaaten gilt. Soweit die juristischen Personen - vor allem die Aktiengesellschaften in der Einzelausgestaltung in den verschiedenen Staaten voneinander abweichen, beruht dies auf Richterrecht oder Gesetz der Einzelstaaten. Denn das Korporations-

§ 6. Rechtfertigung einer recbtsvergleichenden

Betrachtung

55

erläutert werden, die vorwiegend dem Recht der stock-corporation entnommen sind, de'r der Aktiengesellschaft des deutschen Rechts entsprechenden Korporationsform1. In den Vereinigten Staaten haben die Aktionäre zwar durch ihren Aktienbesitz einen gewissen Einfluß auf den Geschäftsgang der Aktiengesellschaft, allein die Gründer haben eine selbständige Rechtspersönlichkeit geschaffen, die Verträge mit Dritten abschließen und für Verpflichtungen verantwortlich gemacht werden kann a . Diese Rechtspersönlichkeit steht in allen Rechtsgeschäften, die zwischen der Korporation und den Mitgliedern abgeschlossen' werden, diesen ebenso gegenüber wie beliebigen dritten Personen3. Denjenigen, die sich mit der juristischen Person in Rechtsbeziehungen eingelassen haben, haftet daher ausschließlich diese selbst4. Die Gläubiger der Korporation können sich daher weder an die Aktionäre noch etwa an eine andere Korporation halten, an der ausschließlich dieselben Aktionäre beteiligt sind 5 . Das Versprechen eines Aktionärs, eine Schuld der Korporation zu bezahlen, ist somit in jeder Beziehung ein Versprechen, die Schuld eines anderen zu bezahlen6. Das Eigentum, die Forderungen, die sonstigen Rechte und die Schulden der juristischen Person bleiben selbst dann Rechte und recht fällt nicht in die Kompetenz des Bundesstaates, ist somit nicht Federal Law; hierzu ARMINJON-NOLDE-WOLFF II no. 727 S. 596; zum Verhältnis des einzelstaatlichen Rechts zum bundesstaatlichen Recht vgl. etwa HART, The Relations between State and Federal Law, 54 Col. L. Rev. (1954) 489 ff. 1 Zu dieser rechtsvergleichenden Qualifikation SCHMEY 19 f.; vgl. auch MEZ ( 1 . T e i l ) i , e b d . 2, N . 1 ; HAMBURGER 120. 2 »Whenever a corporation makes a contract, it is the contract of the legal entity, of the artificial being created by the charter, and not the contract of the individual members«, TANEY C. J . , in: Bank of Augusta v. Earle ( 1 8 3 9 ) 1 3 Pet. (U. S.) 5 1 9 , 587, 1 0 L. Ed. 274. Auch für unerlaubte Handlungen einer juristischen Person können die Mitglieder nicht haftbar gemacht werden, Elenkrieg v. Siebrecht et al., 238 N . Y . 254,

144 N. E. 519; Werner v. Hearst, 177 N. Y. 63, 69 N. E. 221. 3 Bramblet v. Commonwealth band and Lumber Co., 26 Ky. L. Rep. 1176, 83 S. W. 599; zu dieser Frage auch Kennedy

v. Monarch

M f g . Co., 123 Iowa 344, 98 N. W. 796;

Gordon v. Preston, 1 Watts. 385, 26 Am. Dec. 75. 4

COOK, On Corporations III, §§ 663, 664, S. 2566, mit reichen Rechtsprechungshinweisen; People v. American Bell Tel. Co., 1 1 7 N. Y. 2 4 1 , 255 (1889), 2 2 N. E. 1 0 5 7 , 1062: »In no legal sense can the business of a corporation be said to be that of its individual stockholders.« 6 FLETCHER I, § 29 S. 1 0 8 ; Harper v. Lott Town and Improvement Co. (Tex. Comm. App.), 228 S . W . 188, aff'g (Tex. Civ. App.), 204 S . W . 452. 6Home Nat. Bank v. Waterman (1890) 1 3 4 111. 4 6 1 , 29 N. E. 5 0 3 ; Hanson v.Donkersley ( 1 8 7 7 ) 37 Mich. 1 8 4 , 1 8 6 ; Temple v. Bush ( 1 9 0 3 ) 76 Conn. 4 1 , 55 Atl. 5 5 7 ; Rogers v. Waters ( 1 8 2 9 ) 2 Gill and J. (d) 64; Barnett Bros. v. Lynn, 1 1 8 Wash. 308, 203 Pac. 3 8 7 ; v g l . a u c h FLETCHER I, § 29 S. 108 (109).

56

Buch i Teil II: Die Lehre vom Disregard of Legal Entity

Schulden der Korporation, wenn diese nur noch aus einer einzigen Person besteht1. So hat z. B. der Supreme Court of Wisconsin in dem Fall Button v. Hoffman2 mit aller Deutlichkeit ausgesprochen, daß der Eigentümer aller Aktien keineswegs Eigentümer des Vermögens der betreffenden Aktiengesellschaft sei. Auch dann, wenn einer juristischen Person die gesamten Anteile oder Aktien einer anderen juristischen Person gehören, bleiben beide für den Rechtsverkehr verschiedene Rechtssubjekte; jede hat ihre eigenen Rechte und Pflichten. Der folgende Fall, der später noch unter einem anderen Gesichtspunkt zu behandeln ist, zeigt die scharfe Scheidung zwischen der Korporation und ihren Mitgliedern 3 : Ein großer Landstrich wurde in eine Anzahl von Parzellen aufgeteilt. Für jede wurde vertraglich vereinbart, daß sie niemals in das Eigentum farbiger Personen gelangen dürfe, eine Klausel, die im übrigen heute noch in Amerika häufig anzutreffen ist 4 . Einige Parzellen kamen später in die Hände einer juristischen Person, deren Mitglieder ausschließlich Neger waren. Beim Erwerb war der juristischen Person die bestehende Veräußerungsbeschränkung bekannt gewesen. In einem gegen sie angestrengten Prozeß entschied das Gericht zu ihren Gunsten mit der Begründung, die juristische Person sei ein Rechtssubjekt, das von den Mitgliedern scharf geschieden werden müsse. Die juristische Person könne aber nicht farbig sein, da sie gar nicht körperlich, sondern nur in »contemplation of law« existiere. 1 FLETCHER I, § 25 S. 90, mit einer Fülle von Entscheidungsnachweisen in N. 56; THOMPSON I, § 9, S. 15; COOK, On Corporations, § 6, S. 38. Etwas abweichend hiervon ist die Regelung in England: In Salomon v. Salomon Co., 75 L. T. Rep. 426, [1897] A . C. 22 ist der Grundsatz der scharfen Trennung zwischen juristischer Person und den Mitgliedern auch bei der Einmanngesellschaft aufgestellt worden. In der Folgezeit ist man bei der Einmanngesellschaft aber hiervon abgegangen, so daß heute der Einmanngesellschafter für Schulden der Gesellschaft unter gewissen Bedingungen herangezogen werden kann, ein Durchgriff auf das Mitglied der juristischen Person also als zulässig erachtet wird, vgl. sec. 31 Companies Act 1948 (11 and 12 Geo. 6, c. 38), ferner sec. 28 Companies Act 1929 (19 and 20 Geo. 5, c. 23); vgl. zu diesem Fragenkreis GOWER, The Principles of Modern Company Law (London 1954) 198; ebenso übrigens Italien, vgl. Art. 2497 II des Codice civile von 1942. 2 61 Wis. 20, 20 N. W. 667: »The owner of all the capital stock of a corporation does not therefore own its property or any of it, and does not himself become the corporation, as a natural person, to own its property and do its business in his own name«, zustimmend WORMSER 17; vgl. aber auch ANDERSON § 17, S. 17. 3 People'sPleasure Park Co. v. Rohleder, (1908) 109 Va. 439, 61 S. E. 794, 63 S. E. 981. 4 63 Harv. L. Rev. (1950) 1062, Recent Cases 1062: Shelley v. Kraemer, 334 U. S. 1 , 6 1 Harv. L. Rev. (1948) 1450, Weiss v. Leaon, 225 S. W. 2 d 127 (Mo. 1949); 98 Univ. of Penns. L. Rev. (1950) 588 f., Recent Cases; hierzu SCHWARTZ, The Negro and the Law in the United States, 14 Mod. L. Rev. (1951) 446 (454 f.).

5 6. Rechtfertigung

einer rechtsvergleichenden

Betrachtung

57

In den Fällen, in denen die amerikanischen Gerichte sich gezwungen sehen, auf die Mitglieder der juristischen Person zurückzugreifen, sind sie sich des Ausnahmecharakters dieses Durchgriffs durchaus bewußt. Häufig betonen sie daher, daß der Grundsatz der Verschiedenheit von juristischer Person und ihren Mitgliedern dadurch nicht in Zweifel gezogen werde. So wird in McCaskill Co. v. United States1 zunächst festgestellt: »Undoubtedly a corporation is, in law, a person or an entity entirely distinct from its stockholders. It may have interests distinct from theirs.« Auch die Argumente in State v. Standard Oil Co. beginnen mit der These : »The general proposition that a corporation is to be regarded as a legal entity, existing separate and apart from the natural persons composing it, is not disputed« 2 . Die amerikanische Rechtsprechung zeigt also deutlich, daß die amerikanischen Richter um die Schwere des Eingriffs wissen, wenn sie auf die Personen, die hinter der Korporation stehen, durchgreifen. Würden sie es leichtfertig zulassen, daß Mitglieder und Korporation als identisch angesehen werden, so gäben sie damit die große Errungenschaft preis, die die Korporation für das moderne Geschäftsleben so unentbehrlich gemacht hat: sie liegt in der Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der juristischen Person3. Diese Haftungsbeschränkung ist heute infolge ihrer starken Verbreitung für die amerikanische Wirtschaft charakteristisch geworden, sie ist jedoch, wie sich von selbst versteht, keine Besonderheit des amerikanischen Rechts. Sie befriedigt vielmehr ein weltweites wirtschaftliches Bedürfnis, dem überall etwa mit den gleichen rechtlichen Mitteln und in den gleichen rechtlichen Formen Rechnung getragen wird. Dies liegt in der Natur der Sache. So ist es nicht ver1

216 U. S. 504, 5 1 4 (1910), 54 L. Ed. 590, 30 S. Ct. 386. 49 Ohio St. 137, 30 N . E . 279, 287. 8 DEVOE, Where and How, A Corporation Handbook (New York 1928) 3 ; THOMPSON I, § 5, S. 9; BALLANTINE, On Corporations, § 1, S. 1 ; Ex-President ELIOT of Harvard: »but the fundamental advantage of a corporation, the advantage which enables it to mass and direct capital, is the privilege of limited liability«, zit. nach W. W . COOK, 19 Mich. L. Rev. (1921/22) 583. V g l . ferner BERLE, The theory of enterprise entity, 47 Col. L . Rev. (1947) 343. Die Haftungsbeschränkung findet sich übrigens schon im römischen Recht, in dem die Regelung getroffen wird: si quid universitati debetur singulis non debetur. nec quod debet universitas singuli debent (D. III, 4, 7, 1). Neuestens weicht das französische GmbH-Recht vom Grundsatz der Haftungsbeschränkung insoweit ab, als im Konkurs der Gesellschaft ihr Gesellschafter u. U. für die Schulden der G m b H einzustehen hat, vgl. hierzu (kritisch) ROUSSEAU, Les modifications apportées au régime des sociétés à responsabilité limitée par le décret du 9 août 1953, Juris Classeur Périodique 27 (1953) no. 46, I, no. 1 1 2 9 . 2

5 Serick, Rechtsform

Buch i Teil II: Die Lehre vom Disregard of Legal Entity



wunderlich, daß auch in Deutschland die erstrebte Haftungsbeschränkung durch eine scharfe Scheidung der juristischen Person von ihrem Substrat verwirklicht worden ist. Sie ist ein unentbehrlicher Bestandteil des deutschen Korporationsrechts. Hieraus folgt, daß das deutsche Strukturproblem des Verhältnisses der Mitglieder der juristischen Person zu dieser selbst von den Lösungen des amerikanischen Rechtes unmittelbar befruchtet werden kann. Die meisten Fälle, die im folgenden erörtert werden, entstammen dem Recht der stock-corporation, die, wie oben schon erwähnt wurde, der Aktiengesellschaft des deutschen Rechts entspricht 1 . Die Ausgestaltung der einzelnen Rechtsinstitute weicht freilich in Deutschland und in den Vereinigten Staaten erheblich voneinander ab. Einzelne Einrichtungen des amerikanischen Aktienrechts sind bei uns unbekannt, andere verboten. So kennt das deutsche Gesellschaftsrecht z. B. nicht die UltraI/7m-Lehre 2 3 , die besagt, daß die Korporation nur innerhalb der »powers« wirksam handeln kann, die ihr beim A k t der Gründung verliehen worden sind 4 . Die Rechts- und Handlungsfähigkeit der juristischen Per1

Vgl. oben S. 55. Zu der Frage, ob man im deutschen Recht wenigstens in begrenztem Umfang von der Gültigkeit der Ultra-Vires-Lehre sprechen könne, vgl. G I E R K E 261. 3 C O O K , Principles 437 f.; C O O K , On Corporations III, §§ 667 f., S. 2591 f.; M A C H E N , A Treatise on the Modern Law of Corporations with Reference to the Formation and Operation under General Laws II (Boston 1908) §§ 1012 f., S. 817 ff.; A B B O T T - S P R I N G E R - G I L M O R E § 72 S . 105 f.; F L E T C H E R VII, §§ 3599 f., S . 557 f.; Leslie v. Lorillard, n o N . Y . 519 (1888), 18 N. E. 363, 365: »The contracts of corporations are said to be ultra vires when they involve some adventure or undertaking not within the scope of their charter, which is their rule of corporate action.« Neuestens über das Verhältnis der Ultra-Vires-Lehre zum Companies Act 1948 (England): H O L T , Alteration of a Company's Objects and the Ultra Vires Doctrine, 66 Law Quart. Rev. (1950) 493; G O W E R , Alteration of a Company's Objects and the Ultra Vires Doctrine, 67 Law Quart. Rev. (1951) 41 (gegen H O L T ) . Vgl. auch Note, The Ultra Vires Doctrin in Action, 69 Law Quart. Rev. (1953) 166. Deutsche Literatur zur englischen Ultra-Vires-Lehre: S C H L I N K , Die Ultra-Vires-Lehre Englands, Beitr. z. ausl. u. intern. Privatrecht 10 (1953); S I E B E L , Betrachtungen zur Ultra-ViresLehre Englands, Z f H 113(1949) 119 f. ; die Ultra-Vires-Lehre wird heute dem Sinne nach unter der Bezeichnung »principe de la spécialité des personnes morales« in Belgien herangezogen, vgl. Trib. comm. de Bruxelles 12. 1. 1938, zit. bei VAN RYN, Examen de Jurisprudence (1939 à 1948), Rev. crit. de jurisprud. beige 1951, 132 f. Dort wird ausgeführt: »leur (d. h. der sociétés commerciales) capacité d'acquérir des droits et d'assumer des obligations est limitée par la nécessité de se borner à la réalisation de leur .objet', c'est-à-dire du but en vue duquel elles ont été constituées«; für Frankreich vgl. die Bemerkung bei A R M I N J O N - N O L D E - W O L F F II, 5 94 unter Hinweis auf M I C H O U D , Théorie de la personnalité morale II, no. 243-259. 2

4 Das ist der Grundsatz, der im Common Law entwickelt worden ist. Er ist heute durch die Gesetzgebung und Rechtsprechung der einzelnen Staaten z. T. wesentlich modifiziert und durchlöchert worden, hierzu z. B. Recent Cases, 67 Harv. L. Rev.

§ S. Rechtfertigung

einer rechtsvergleichenden

Betrachtung

59

son w i r d danach ausschließlich auf die Rechtsgeschäfte beschränkt, dié die Korporation auf G r u n d der Gründungsurkunde vornehmen kann. Ferner: eine Unter-Pari-Emission der Aktien ist bei uns nicht zulässig 1 , w o h l aber nach C o m m o n L a w in den Vereinigten Staaten 2 . A u s der Unter-Pari-Emission entsteht der sog. watered stock3

der Korporation,

durch den solche Gläubiger, die die wahren Verhältnisse nicht übersehen, schwer geschädigt werden können. A u s diesem G r u n d e w i r d heute die Unter-Pari-Emission in vielen Staaten durch die Staatsverfass u n g 4 oder durch G e s e t z e 5 auf die Weise bekämpft, daß der K o r p o (1953) 343. In einigen Einzelstaaten gilt er hingegen noch heute in der klassischen Form. Vgl. hierzu etwa Recent Cases, Corporations - Pension to wife of deceased corporate president held ultra vires, 101 Univ. of Penns. L . Rev. (1952) 153 unter Hinweis auf Moore v. Keystone Macaroni M f g . Co., 370 Pa. 172, 87 A . 2d 295 (1952); A.P.Smith Mfg.Co. v. Barlow et al., Sup. Ct. N. Y . (25. 6. 1953), 40 A B A J (1954) 58 (charitable donations not ultra vires). Zu diesem Fall: H A R R I M A N , Corporations, Donations to Private Education, 41 Calif. L . Rev. ( 1 9 5 3 / 5 4 ) 7 3 5 ff., und E . P. W A L T H E R , Notes in 28 Tulane L. Rev. (1954) 4 9 1 FF. 1 § 9 des deutschen A k t G . S C O O K , On Corporations I, §§ 28 f., S. 149 f., § 208, S. 654 f.; C O O K , Principles 144 f . ; American and English Encyclopaedia of L a w 2 V I I (Long Island and London 1898) 784, vgl. bes. N. 6 u. 7; Handley v. Stutz, 1i9 U. S. 417, 430, 35 L . Ed. 227, 1 1 S. Ct. 530. Eine Korporation benötigte hier neues Kapital. Da sich für ihre Aktien keine Käufer fanden, nahm sie ein Darlehen in Höhe von 50 000 Dollar auf und gab den Darlehensgläubigern den gleichen Betrag in Anteilen der Gesellschaft ohne Gegenleistung. Dies wurde als zulässig angesehen. * B A L L A N T I N E , Manual § 207, S. 656 f., § 206, S. 653 definiert den »watered stock« wie folgt: »Watered stock is stock issued as fully paid up when in fact the consideration accepted by the corporation was less than par value of the stock or fictitious«; ähnlich B A L L A N T I N E , On Corporations § 343, S. 789. Gegen die Betrügereien, die so möglich sind, wenden sich insbesondere die sogenannten Blue-Sky-Laws, die heute in USA alle Staaten mit Ausnahme von Nevada kennen, vgl. M O T L E Y - J A C K S O N B A R N A R D , Federal Regulation of Investment Companies since 1940, 63 Harv. L . Rev. (1950) 1 1 3 5 , ferner: The Prospects for Rule X - i o B-5 : An Emerging Remedy for Defrauded Investors, 59 Yale L . J . (1950) 1 1 2 0 f. mit zahlreichen Hinweisen zu dieser Frage; C O N R O Y , Liability of Promoters of Corporations in Lousiana, 26 Tulane L . Rev. (1952) 227 f. (233). Die Blue-Sky-Laws sind freilich in den einzelnen Staaten sehr verschieden gefaßt und gewähren nicht immer einen wirksamen Schutz, vgl. T U R C , Le contrôle fédéral des sociétés par actions aux Etats-Unis, Rev. trim, droit comm. 1952, 255 (256). 4 Z . B. Arizona, Constitution, Art. X I V , § 6, The Corporation Manual 60; Colorado, Constitution von 1876, Art. X V , § 9, The Corporation Manual 204; Idahoe, Constitution, Art. X I , § 9, The Corporation Manual 410 ; Kentucky, Constitution, Art. 193 (Carroll's KentuckyStatutes [1930] § 568),The Corporation Manual 609; Washington, Constitution, Art. 12, § 6, The Corporation Manual 1864. 5 Iowa Statutes (1946) 492, 5-8, zit. nach M A R T I N D A L E - H U B B E L L , Law Directory III, Law Digests (1953) sub Iowa Law Digest, Corporations, Stock; Wisconsin Statutes (1949) Ch. 182-06 in Wisconsin Statutes (1949). New York, Stock Cotporation L a w § 69, in M A R T I N D A L E aaO sub New York Law Digest, Corporations,

6o

Buch 1 Teil II: Die Lehre vom Disregard

of Legal

Entity

ration verboten wird, die Aktien anders als gegen den wahren Geldwert, gegen wirklich geleistete Arbeit oder tatsächlich empfangene Vermögenswerte auszugeben 1 . Die Formel, die in diesem Zusammenhang immer wieder verwendet wird, lautet wie folgt: No corporation shall issue stocks or bonds, except for labor done, services performed, or money or property actually received, and all fictitious increase of stock or indebtedness shall be void 2 . Die Beispiele, aus denen sich die verschiedene Einzelausgestaltung des Aktienrechtes in den Vereinigten Staaten und in Deutschland ergibt, lassen sich vermehren 3 . Es ist daher gefährlich, einzelne Einrichtungen, die sich vielleicht in Amerika bewährt haben mögen, ohne Prüfung ihrer Voraussetzungen nach Deutschland zu verpflanzen 4 . Denn jedes einzelne Institut kann der Niederschlag ganz spezifischer Gegebenheiten oder das Ergebnis einer bestimmten historischen Entwicklung sein und in Rechtsanschauungen wurzeln, die sich von den unsrigen wesentlich unterscheiden 5 . Für die Lehre vom Disregard of Legal Entity trifft das aber nicht zu. Denn sie stellt den Grundsatz der scharfen Scheidung von Korporation und Mitgliedern, der im deutschen Recht der unverrückbare Ausgangspunkt für die Lösung des Durchgriffsproblems sein muß, und der in den Vereinigten Staaten und in Deutschland auf die gleichen wirtschaftlichen Bedürfnisse zurückzuführen ist, nicht in Frage. Das Verhältnis von Regel Stock; Massachusetts : C i 5 5 , § 1 7 in Annotated L a w s of Massachusetts V (Rochester 1948); erlaubt ist die Unter-Pari-Emission in gewissen Grenzen in Ohio, vgl. Ohio General Code, § 8 6 2 3 - 2 2 , zit. bei MARTINDALE aaO sub Ohio L a w Digest, Corporations, Issuance of Stock. 1

BALLANTINE, O n Corporations,

SCHMEY

§ 3 4 7 , S. 7 9 6 ;

THOMPSON V ,

§

3531,8.371;

229.

* Idaho, Constitution Art. X I , § 9, The Corporation Manual 410. 3 Einzelheiten in gedrängter Form bei: KALISCH, Die Aktiengesellschaft in den Vereinigten Staaten, J W 1926, 2057. 4 SOLMSSEN, Referat über das Thema: Soll bei einer künftigen Reform des Aktienrechtes eine Annäherung an das englisch-amerikanische Recht in grundlegenden Fragen stattfinden? in: Verhandlungen des 34. Deutschen Juristentags zu Köln II (1926) 6 1 3 , 682. 5 V g l . die Erwägungen, die hinsichtlich der Frage angestellt worden sind, ob das Institut der Unter-Pari-Emission in das deutsche Aktienrecht übernommen werden soll, z. B. PINNER, Referat über das Thema: Soll bei einer künftigen Reform des Aktienrechts eine Annäherung an das englisch-amerikanische Recht in grundlegenden Fragen stattfinden, in: Verhandlungen des 34. Deutschen Juristentages aaO 6 3 5 ; SOLMSSEN, ebd. 689 f . ; MELCHIOR, Z u r Reform des Aktienrechts (Mitteilungen), H a n s R G Z 1 9 2 5 , 31 ff.; HEINRICI, Z u r Frage der Kapitalbeschaffung bei Aktiengesellschaften, Gruchot 67 (1928) 374 f.

§ y. Die juristische

Person in der amerikanischen Lehre und Praxis

61

und Ausnahme ist also im amerikanischen und im deutschen Recht in dieser Beziehung etwa das gleiche. Es begegnet daher keinen ernstlichen Bedenken, die bedeutenden Erfahrungen, die die amerikanischen Gerichte auf diesem Gebiete gesammelt haben, und die von ihnen entwickelten Grundsätze für das deutsche Recht fruchtbar zu machen1. Die Disregard-Lehre ist, wenn man dieses Verhältnis von Regel und Ausnahme in Betracht zieht, mehr als nur ein Rechtsbehelf des amerikanischen Korporationsrechtes. Sie ist eine Folge eines Strukturzugs der Korporation. Auch die Ultra-Vires-Lehre ist solch eine Folge aus dem Aufriß der juristischen Person. Während hier jedoch das Analogon - die Lehre von der Gründungscharter - in Deutschland fehlt, ist es bei der DisregardLehre in der scharfen Scheidung von Korporation und Mitgliedern vorhanden. Aus diesem Grunde kann man auf die Disregard-Lehre in Deutschland zurückgreifen, während dies für die amerikanische UltraVires-Doktrin ohne weiteres nicht gilt. Die Unter-Pari-Emission endlich hängt mit dem Grundaufbau der Aktiengesellschaft nicht zusammen. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelausgestaltung, die das Ergebnis einer bestimmten wirtschaftlichen Entwicklung ist, so daß einer Übertragung dieses Rechtsinstituts ins deutsche Recht mit allergrößter Vorsicht zu begegnen wäre. §7

Das Wesen derjuristischen Person im Spiegel amerikanischer Rechtslehre und die Erkenntnisse der amerikanischen Gerichtspraxis I

i. Die persönliche Meinung über das sogenannte Wesen der juristischen Person ist in Deutschland beinahe zu einem Gewissensbekenntnis geworden 2 ; fast so viele Antworten wie auf die Frage »was ist der Mensch«? sind auf die Frage, was die juristische Person ist, gegeben worden. Rein spekulative Betrachtungen haben viel dazu beigetragen, die 1

V g l . hierzu die Formulierung von DOLLE in: Probleme der modernen Rechtsvergleichung (Vortrag, gehalten am 28. 4. 1 9 5 4 in der Wiener Juristischen Gesellschaft), ö J Z 1 9 5 4 , 278 (279): »Die fremde Rechtslösung ist nur dann zur Rezeption geeignet, w e n n sie Geist von unserem Geist ist und sich systematisch, dogmatisch und rechtspolitisch ohne Bruch in unseren eigenen Lebensstrom einschmelzen läßt.« 2 V g l . RHODE 3 ; hierzu etwa die Ausführungen bei SCHÖNFELD, Z u r Ehrenrettung der juristischen Person, A c P 1 3 6 (1934) 3 3 1 f., 344.

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Buch i Teil II: Die Lehre vom Disregard

of Legal

Entity

Frage nach dem philosophischen Wesen der juristischen Person zu vertiefen und die nach ihrem juristischen zu vernachlässigen. Die amerikanische Wissenschaft kennt keine ähnliche Epoche, in der der philosophische Gehalt der juristischen Person mit solcher Gründlichkeit untersucht und mit solcher Leidenschaftlichkeit erörtert worden wäre 1 . Die Erforschung fast unauslotbarer Tiefen, die sich hier im Zusammenhang mit einer juristischen Frage auftun, um der Tiefe willen, ist amerikanischer Denkart von Grund auf fremd 2 . Mit erstaunlicher Nüchternheit löst der amerikanische Rechtsgelehrte jeweils an Hand des gegebenen Falls und meist ohne tiefere theoretische Erörterung die Frage nach der Rechtsnatur der juristischen Person, wenn dies gerade für die Entscheidung der konkreten Rechtstatsache erforderlich ist 3 . Für die G I E R K E S C H E Genossenschaftstheorie in ihrer reinen Form haben die Amerikaner kaum Verständnis 4 . Man kann sich in den Vereinigten Staaten nur sehr schwer vorstellen, daß die juristische Person ein Wesen sein solle, das menschliche Züge trägt. So tritt z. B. an die Stelle der metajuristischen Abgrenzungen G I E R K E S zwischen Verein und Gesellschaft im engeren Sinne die nüchterne Feststellung, daß der Hauptunterschied zwischen der juristischen Person und der Gesellschaft, z. B. einer partnership, vor allem darin liege, daß die Korporation ihr Dasein dem Staat verdanke, nicht aber die Gesellschaft 5 . 1 Literatur und Geschichte: VINOGRADOFF, Juridical Persons, 24 Col. L. Rev. (1924) 594; DEWEY, The Historic Background of Legal Personality, 35 Yale L . J . ( 1 9 2 6 ) 6 5 5 ; CARR, Early Forms of Corporateness, 3 Select Essays in Anglo-American

Legal History 161; WILLISTON, History of the Business Corporations before 1800, 2 Harv. L. Rev. ( 1 8 8 8 - 8 9 ) i o 5 ! MACHEN, Corporate Personality, 24 Harv. L. Rev. ( 1 9 1 0 - 1 1 ) 2 5 3 , 3 4 7 ; HALLIS, Corporate Personality, A Study in Jurisprudence (London 1 9 3 0 ) ; RADIN, The Endless Problem of Corporate Personality, 32 Col. L. Rev. ( 1 9 3 2 ) 6 4 3 ; MAITLAND, Selected Essays (Cambridge 1 9 3 6 ) 7 3 ; TIMBERG, Corporate Fictions, Logical, Social and International Implications, 46 Col. L. Rev. (1946) 5 3 3 ; BERLE, The Theory of Enterprise Entity, 4 7 Col. L. Rev. ( 1 9 4 7 ) 3 4 3 ; LUCE, Trends in Modern Corporation Legislation, 50 Mich. L. Rev. ( 1 9 5 2 ) 1 2 9 1 . 2 HOHFELD, Fundamental Legal Conceptions (New Haven 1923) 3 (Introduction). 3 Dies hat seinen Grund in der allgemeinen Abneigung der Amerikaner gegen theoretische Abhandlungen, die jedoch in neuerer Zeit abzunehmen scheint; SIEBERT, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis ( 1 9 3 3 ) 9 1 , mit Hinweis auf DÖLLE, Gruchot 68 ( 1 9 2 9 ) 492 f. (Buchbesprechung von HOHFELD, Fundamental Legal Conceptions). 4 Vgl. J . BIJUR in: Farmers Loan & Trust Co. v. Pierson ( 1 9 2 7 ) 1 3 0 Misc. Rep. 1 1 0 , 1 1 6 ( 1 1 7 ) , 2 2 2 N . Y. Supp. 5 3 2 ; WORMSER 7 ; STEVENS § 9 S. 46 f. nähert sich GIERKEschen Vorstellungen. 4 DELANEY, The Corporate Director, Can His Hands Be Tied in Advance, 50 Col. L . R e v . (1950)

52;

WORMSER

12;

TRUMPLER

24.

§ 7- Die juristische Person in der amerikanischen Lehre und Praxis

63

D e n Gelehrten und den Gerichtshöfen jenseits des Meeres erscheint die Anschauung viel verständlicher, nach der die juristische Person »an artificial being, invisible, intangible and existing only in contemplation of law« ist 1 . A n diese Definition, deren Grundgedanke sich schon in LORD COKES bekannter Entscheidung »SuttonsHospital«*

findet,

lehnt sich noch heute

ein großer Teil amerikanischer Spruchpraxis a n 3 , und auch in der Literatur wird diese Anschauung über das Wesen der juristischen Person überwiegend gebilligt 4 . Die herrschende Ansicht ist verwandt mit der SAviGNYSchen Fiktionstheorie 6 , wobei hinzugefügt werden kann, daß die Begriffe Fiktion oder fiktiv v o n den Gerichten sehr häufig nicht einmal erwähnt werden 6 . D i e . o b e n wiedergegebene Begriffsbestimmung ist für viele eine einfache Abkürzung, die den Begriff der juristischen Person formelhaft f ü r die Bedürfnisse der Praxis und deren Brauchbarkeit

zurechtschneidet,

sich in langdauernder Rechtsprechung

er-

wiesen hat. 1 C H . J . M A R S H A L L in: Dartmouth College v. Woodward, 4 Wheat 518 (636) ( U . S . 1819), 4 L. Ed. 629 (659); inhaltlich ebenso M A R S H A L L in: Bank of the United States v. Deveaux, 5 Cranch 61, 86 (U. S. 1809), 3 L. Ed. 81 ; vgl. hierzu auch People's Pleasure Park Co. v. Rohleder (1908), 109 Va. 439, 61 S. E. 794, 63 S. E. 981 ; ferner Bank of Augusta v. Earle, 13 Pet. 519, 588 (U. S. 1839), 10 L.' Ed. 274 (308): »(a corporation) exists only in contemplation of law, and by force of the law«, ebenso Joseph T. Ryerson & Son v. Shaw, 277 III. 524, 115 N. E. 650 (653). A C O K E in: Suttons Hospital, Case of (1612) 1 0 Co. Rep. 23 a, 32 a, 77 E . R. 960, 972, 973 : »a corporation aggregate of many, is invisible, immortal, and rests only in intendment and consideration of the law«; vgl. ebenfalls für das englische Recht die Definitionen bei K Y D , S T E W A R D , Treatise on the Law of Corporations I (London 1793) 13. 3 Hierzu K O E S S L E R , The Person in Imagination or Persona Ficta of the Corporation, 9 Louis. L. Rev. (1949) 436. Begriffsbestimmungen vieler amerikanischer Gerichte, die die obige Formel verwerten, bei T H O M P S O N I , § 4, S . 6 f. ' F L E T C H E R I, §§ 3 f., 7, S . 10 f., 19; B A L L A N T I N E , On Corporations (1927), §§ 2 f., S . 6 f. ; E L L I O T - C H A P L I N , A Treatise on the Law of Private Corporations (Indianapolis 1923) § 9, S . 1 0 ; A B B O T T - S P R I N G E R - G I L M O R E 2 f . ; T H O M P S O N I, §§ 2 f., S . 4 f.; C O O K , Principles 3. ' S C H M E Y 486; vgl. hierzu auch N U S S B A U M , Grundzüge des internationalen Privatrechts unter besonderer Berücksichtigung des amerikanischen Rechts (1952) 137 (140 f.) und R A V À , Esame comparato di alcune questioni fondamentali in materia di società per azioni, Riv. dir. comm. 1952, 294 (300). Hier wird übrigens darauf hingewiesen, daß die »organische« Theorie in den lateinischen Systemen immer mehr an Geltung gewinne. • So spricht z. B. L O R D C O K E in Suttons Hospital, Case of (1612) aaO von Fiktion oder fiktiv überhaupt nicht, auch ganz neue rechtswissenschaftliche Nachschlagewerke erwähnen teilweise diese technischen Ausdrücke nicht, z. B. Modern Legal Forms II (Kansas City 1938) § 2431, S. 12.

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Buch I Teil II: Die Lehre vom Disregard of Legal Entity

So zeigt sich, daß der Theorienstreit über das Wesen der juristischen Person von amerikanischem Rechtsdenken wenig befruchtet werden kann. Eine genaue Untersuchung ergibt sogar, daß die Richter in vielen Urteilen die Anschauung von der fiktiven Persönlichkeit der juristischen Person beiseiteschieben und eine natürliche Betrachtungsweise der Korporation wählen, wenn dies zur gerechten Lösung des Falles erforderlich und nach den Regeln des amerikanischen Rechts möglich ist. 2. Sehr häufig wird das Wesen der juristischen Person etwa wie folgt umschrieben: A corporation is an artificial (fictitious) entity created by law 1 . In dieser Formel ist, wie das Wort »created« zeigt 2 , außer der Fiktionslehre noch ein Anklang an die alte, heute überholte Konzessionstheorie enthalten. Sie geht geschichtlich darauf zurück, daß in England eine Korporation ursprünglich nur durch eine Einzelgenehmigung des Herrschers entstehen konnte 3 . Der Staat mußte erst »in die Nasenlöcher der Korporation den Atem eines fiktiven Lebens einhauchen«4, um so ein lebendiges Wesen entstehen zu lassen. Dem lag die Auffassung zugrunde, daß es zweierlei Personen gäbe: natürliche Personen, die Gott geschaffen hat, und Personen, die durch Menschengeist geschaffen worden sind, »as persons incorporated into a body politic«5.

1 South Carolina R. Co. v. McDonald, 5 Ga. 5 3 1 ; Porter v. Rockford, R. I. 2 ° 6 - M u t t e r U . T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n 88 2 T r e u p f l i c h t 34 1 , 1 7 7 1 T r u s t 74 T r u s t - F u n d - D o c t r i n e 68 ff. Ü b e r f r e m d u n g 128, 131 ff. ultra-vires-Lehre 58 ff. U m s t e l l u n g s g e s e t z 7 ff., 129" U n d a n k b a r k e i t 170, 178 f. U n e r l a u b t e H a n d l u n g e n 5 52 - M u t t e r - u. T o c h t e r g e s e l l s c h a f t 84 U n g a r n 47 Ungerechtf. Bereicherung j23 U n m ö g l i c h k e i t , nachträgliche 39 U n t e r kapitalisierung - E i n m a n n g e s e l l s c h a f t 83 8 - M u t t e r - u. T o c h t e r g e s e l l s c h a f t 85 892 U n t e r l a s s u n g 76 f. Unternehmen, Begriff 1771 - a b h ä n g i g e s , L e g a l d e f i n i t i o n 108 U n t e r - P a r i - E m i s s i o n 58, 60 5 Untreue 51 U n v e r l e t z b a r k e i t d. W o h n u n g 172 2 U r h e b e r p e r s ö n l i c h k e i t s r e c h t 150 ff., I 57 3 » 158 ff., 160, 214 U r h e b e r r e c h t 149 ff. U r h e b e r r e c h t s e n t w ü r f e 15 2 f. U r h e b e r r e c h t s r e f o r m 150 5 Urheberrechtstheorien 148 U S A 14 2 , 251, 4 7 \ 54 ff.

venire c o n t r a f a c t u m p r o p r i u m 34 V e r b a n d s p e r s o n , reale 3, 141 V e r b o t s g e s e t z (§ 134 B G B ) 28 f. Vereins V o r m u n d s c h a f t 186 3 V e r f a s s u n g , amerikanische 170 V e r g l e i c h s v e r f a h r e n 167, 169 f.

V e r k a u f sämtl. A k t i e n 24 1 - sämtl. A n t e i l e 24 1 V e r k e h r s g e s c h ä f t 191 f., 218 Vermächtnis 90 3 V e r m ö g e n , u n b e w e g l . 193 1 V e r m ö g e n s t r e n n u n g 52, 1 9 3 1 V e r m ö g e n s v e r m i s c h u n g 46% 7 9 1 , 83 V e r m ö g e n s v e r r i n g e r u n g , fraudulösc 44 f. V e r m u t u n g , w i d e r l e g b a r e 221 Versailler V e r t r a g 133 2 , 141 V e r s i c h e r u n g s b e t r u g 98 V e r s i c h e r u n g s r e c h t 18 ff. Verstaatlichung 47 V e r t e i d i g e r 182 V e r t r a g s b r u c h 76 V e r t r a g s u m g e h u n g 3 2 ff., 7 5 ff., 203 - fehlende A b s i c h t 76' - Sitz V e r l e g u n g 4 1 1 V e r t r a g s v e r l e t z u n g 3 2 ff. V e r t r a g s z w e c k 209 V e r t r a u e n s w ü r d i g k e i t 170, 1 7 7 f. V e r w a n d t s c h a f t 1 6 1 , 167 f., 2 1 4 V e r w e i s u n g s n o r m 221 V I A G 91 V o l l j ä h r i g k e i t 185 V o r m u n d 186, 214 V o r s t a n d s m i t g l i e d 189 2 - E n t l a s t u n g 212 Warenzeichen 15 1 w a t e r e d stock 59 W e l t a n s c h a u u n g 16 5 2 W e r k n u t z u n g s r e c h t 152 f., 160 W e r k z e u g 50, 72, 76, 882 Werte, menschliche 213 W e t t b e w e r b s v e r b o t , gesetzliches 24 205, 207 - vertragliches 32 1 , 33, 77, 207 W i e d e r g u t m a c h u n g s r e c h t 164 W i r t s c h a f t s f ä h i g k e i t 179 f. W i r t s c h a f t s k r i e g f ü h r u n g 140 2 Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t 9" Z e u g e 5, 1 7 1 Zeugnisverweigerungsrecht 2011 Z w a n g s v e r w a l t e r 144 5 Z w a n g s v e r w a l t u n g 145, 199 4 - M u t t e r U . T o c h t e r g e s e l l s c h a f t 85 Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g , G e f ä h r d u n g 44 - G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n 44, 207 Z w e c k s. juristische P e r s o n , N o r m , Vertrag, Rechtsgeschäft Z w e i g n i e d e r l a s s u n g 1 1 6 1 , 120 1