Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht [1 ed.] 9783428500291, 9783428100293

Anliegen des Verfassers ist es, auf der Basis ausgewählter ausländischer Rechtsordnungen zur Konkretisierung der Rechtss

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Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht [1 ed.]
 9783428500291, 9783428100293

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WALTERAHRENS

Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht

Schriften zum Prozessrecht Band 170

Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht

Von Walter Ahrens

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Ahrens, Walter:

Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im internationalen Insolvenzrecht I von Walter Ahrens. - Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum Prozessrecht ; Bd. 170) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10029-8

D25 Alle Rechte vorbehalten

© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 3-428-10029-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Meinen Eltern

Vorwort Die Arbeit hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau im Sommersemester 1999 als Dissertation unter dem Titel "Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im inländischen Rechtsverkehr" vorgelegen. Ihr Anliegen ist es, auf der Basis ausgewählter ausländischer Rechtsordnungen zur Konkretisierung der Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter in Deutschland und zu einem praktikablen Ausgleich zwischen ausländischem Insolvenzrecht und den Schutzbedürfnissen des inländischen Rechtsverkehrs beizutragen. Das Übereinkommen der Europäischen Union über Insolvenzverfahren vom 23. November 1995 ist mittlerweile in der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 aufgegangen. Das EuGVÜ wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 abgelöst (außer im Verhältnis zu Dänemark). Wesentliche Änderungen für die vorliegende Arbeit haben sich dadurch nicht ergeben. Bezugnahmen auf die Artikel 1 bis 42 des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren sind auch als solche auf die Artikel 1 bis 42 der Verordnung Nr. 1346/2000 zu lesen. Verweise auf das EuGVÜ gelten als Verweise auf die Verordnung Nr. 44/ 2001. Danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Hans Stoll für die vorbildliche Betreuung der Arbeit, Herrn Prof. Dr. Dieter Leipold für seine Bereitschaft zur Erstellung des Zweitgutachtens, der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, dem Institut für Europäisches und Internationales Privat- und Verfahrensrecht der Universität Kiel und dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, deren Bibliotheken mir eine wertvolle Hilfe waren, dem Bundesministerium der Justiz sowie meinen Eltern für mancherlei Unterstützung während der Entstehung der Arbeit. WallerAhrens

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. .. .. . . . . . .. . . .

27

A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. lnsol venzverwalter im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

II. Insolvenzverwalter im französischen Recht . . . . . . . . . .. . .. . . . . . .. .. . . . . . . .. .. . .

39

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .. .. . . . .

48

8. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach autonomem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

I. Begriff des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . .

66

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 IV. Die ausländische Insolvenzmasse . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . 144 V. Sicherung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . 168 VI. Bereinigung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 VII. Verwertung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen ausländischer Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . 247 IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 C. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach den europäischen Übereinkommen über Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Das Europäische Übereinkommen über bestimmte internationale Aspekte des Konkurses (lstanbuler Übereinkommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Das Übereinkommen der Europäischen Union über Insolvenzverfahren . . . . . . . 281 Literaturverzeichnis . .. . . . .. . .. .. . . . . . .. . . . . .. . .. . . .. . . . . .. . . . .. .. . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . 319 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. Insolvenzverwalter im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. Konkursverfahren: Konkursamt, Konkursverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

2. Nachlaßverfahren: provisorischer Sachwalter, Sachwalter, Liquidatoren . . .

36

II. Insolvenzverwalter im französischen Recht- Redressement et liquidationjudiciaires des entreprises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

I. Redressement judiciaire: l'administrateur; /e representant des crianciers, le commissaire l' exicution du plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

2. Liquidation judiciaire: le liquidateur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

I. Gesellschaftsinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

a) Winding up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

aa) Winding up by the court: provisional Liquidator; official receiver; Iiquidator; special manager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

a

bb) Creditors' voluntary winding up: Iiquidator;

special manager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

b) Administration: administrator................ . .................... . .. . .

55

c) Company voluntary arrangements: nominee, supervisor........... . ... .

57

2. Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . .

59

a) Bankruptcy: interim receiver; official receiver; trustee, special manager

59

b) Individual voluntary arrangements: nominee, supervisor . . . . . . . . . . . . . . .

63

B. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach autonomem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

I. Begriff des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . .

66

I. Anerkennung im Internationalen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

12

Inhaltsverzeichnis 2. Anerkennung verfahrenseröffnender Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

a) Verfahrenseröffnende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

b) Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . . . . .. .. . . . . .. . . . . .

70

aa) Insolvenzverfahren .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. .. .. .

71

(1) Begriff....... . .................. .. ...................... . . . .. ..

71

(2) Einzelne Begriffsmerkmale . . .. .. . . .. . .. .. .. .. . .. .. .. . . . .. .. . ..

74

(a) Eröffnung wegen Insolvenz . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . .. . .. ..

74

(b) Staatliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

(c) Grundsatz der Erfassung des gesamten Schuldnervermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

(d) Ziel der prinzipiell gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung . .

77

bb) Wirksamkeit im Verfahrensstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

cc) Gerichtsbarkeit...... . ....... . ......... . .. .. ......... . .... . . . ... . .. .

80

dd) Internationale Zuständigkeit . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . .. .

81

(1) Anknüpfungsmomente . . . . . .. .. .. . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . .

81

(a) KO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

(b) GesO .. .. .. . .. .. ...... ...... .. .. .. .. . .... .. .. ...... .. . .. ...

82

(c) InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(2) Inlandsvermögen und Auslandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

(a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .

83

(b) Hauptniederlassung und§ 238 Abs. I KO . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

(c) Niederlassung und§ 1 DöKVAG .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .

86

(d) Ergebnis

88

(aa) KO

88

(bb) GesO .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. . .. .. . .. .. . ..

88

(cc) lnsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

(3) Zuständigkeitskonflikte zwischen ausländischen Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .

89

(a) Vermögen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . .

89

(b) Vermögen in einem ausländischen Verfahrensstaat . . . . . . . . .

91

(c) Vermögen in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat . . . .

91

ee) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts . .. . . . . . . .. . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

91

Inhaltsverzeichnis

13

c) Keine Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

aa) Einbettung des ausländischen Insolvenzverfahrens in das Gesamtgefüge des deutschen Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

bb) Extraterritorialer Wirkungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

cc) Öffentliche Bekanntmachung der Eröffnungsentscheidung im Inland............. . . .................... .. . .. ................. .. .....

95

dd) Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

ee) Nichteröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . .

97

d) Kein Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . . . .

97

3. Anerkennung von Entscheidungen über die Bestellung eines Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

4. Anerkennung einstweiliger Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Prinzipielle Maßgeblichkeil des Insolvenzstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Gesamtverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 106 c) Vorrang des Einzelstatuts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . 108 d) Generelle Begrenzung durch inländisches Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 e) Sonderregelungen für einzelne Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 f) Ordre public . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

2. Zentrale Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . 111 a) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . . . 112 b) Prozeßführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Prozeßführungsbefugnis und Unterbrechung anhängiger Prozesse . . 116 (1) Anknüpfung der Unterbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

(2) Anwendbarkeit von § 240 ZPO auf ausländische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (3) Voraussetzungen der Anwendung von § 240 ZPO auf ausländische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Aufnahme unterbrochener Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (1) Grundsatzanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

14

Inhaltsverzeichnis (2) Einzelheiten

128

(a) Teilungsmassestreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (b) Teilungsmassegegenstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (c) Schuldenmassestreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 cc) Übertragung der Prozeßführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 dd) Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 c) Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 d) Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Vollstreckbarerklärung nach EuGVÜ und Luganer Übereinkommen

134

(I) EuGVÜ....... . .................... . .. . . ................ . . ..... 134

(2) Luganer Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Vollstreckbarerklärung nach bilateralen Staatsverträgen . . . . . . . . . . . . 137 (I) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (2) Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Vollstreckbarerklärung nach§§ 722, 723 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (I) Verfahrenseröffnende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

(2) Einstweilige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (3) Ermittlungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (4) Sachentscheidungen mit insolvenzrechtlichem Streitgegenstand 141 (5) Sachentscheidungen mit sonstigem insolvenzrechtlichen Bezug 142 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 IV. Die ausländische Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Vermögen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

2. Inlandsvermögen und Auslandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Schweizerische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Französische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Englische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. Massefreiheit einzelner Vermögensgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !52 4. Neuerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !53 5. Beschränkung durch inländische Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !54 a) Vermögen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !55 b) Vermögen in einem ausländischen Verfahrensstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Vermögen in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Inhaltsverzeichnis

15

6. Beschränkung durch Einzelrechtsverfolgung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) § 237 KO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

aa) Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Titelprozesse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . 160 cc) Dinglicher Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 dd) Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen

163

b) Einstweiliger Rechtsschutz zum Schutz inländischer Partikularinsolvenzverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Einstweiliger Rechtsschutz bei möglicher Nichtanerkennung des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 V. Sicherung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Verfügungsbeschränkungen und Verfügungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

a) Gutglaubensschutz im Inland . . . .. . .. . . .. .. .. .. . . . . . .. . . . . . . . .. .. . . . . . . 169 aa) Erwerb von Rechten an Grundstücken, an eingetragenen Schiffen und an Luftfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Erwerb von Rechten an beweglichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 cc) Leistung an den Schuldner . . .. . .. . .. . .. . . .. . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. . . . . 174 (1) Leistungaufgrund eines eingetragenen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (2) Leistung in anderen Fällen . . . . . . . .. .. .. . . . . . .. . . . . . . . .. . .. .. . . . 175 b) Publikation im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Öffentliche Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Eintragung in das Grundbuch und in Register für Schiffe und Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Eintragung in das Handelsregister . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. .. . . . 181 2. Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens . . . . . . . . . . . 182 3. Siegelung . ... . . ... . .. .. . .. ..... ... . . ... .. . . .. . . .. ..... ... . .. ... .. . . . ... . .. 186 4. Rechte auf Auskunft und Unterstützung . . . . . . .. .. . .. . . . . . . .. .. .. . . .. . .. .. . 187 5. Postsperre .. . . . .. . . . .. . .. . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . .. . .. . 190 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .. . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . 191 VI. Bereinigung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . .. . . . 193 1. Aussonderung und abgesonderte Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Vorfrage: Bestehen der zugrundeliegenden Vermögensrechte . . . . . . . . . . . 194

16

Inhaltsverzeichnis b) Insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungsund Absonderungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 aa) Grundsatzanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (1) Sachstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (2) Lageortsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (3) Insolvenzstatut . .. . . .. . .. .. .. . . . .. . . . . . . . . .. . .. .. .. . .. . . . . . . .. . . 198 bb) Ausnahmeanknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Aussonderung und abgesonderte Befriedigung aufgrund ding-

licher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (a) Aussonderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

(b) Abgesonderte Befriedigung aufgrund von Grundpfandrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (c) Abgesonderte Befriedigung aufgrund von Mobiliarpfandrechten und anderen Mobiliarsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (2) Aussonderung und abgesonderte Befriedigung aufgrund obligatorischer Rechte . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (a) Aussonderung . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 212 (b) Verfolgungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (c) Ersatzaussonderung . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . 213 (d) Abgesonderte Befriedigung aufgrund von Zurückbehaltungsrechten und wegen öffentlicher Abgaben...... . ... . .. . 213 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 c) Geltendmachung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten in ausländischen Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Schweizerische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 bb) Französische Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . 216 cc) Englische Insolvenzverfahren

218

2. Aufrechnung im Insolvenzverfahren

218

a) Sachstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 b) Insolvenzstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 c) Sachstatut und Insolvenzstatut (gekoppelte Anknüpfung) . . . . . . . . . . . . . . . 220 d) Exkurs: Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Insolvenzanfechtung . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . 223 a) Anfechtungsbefugnis ausländischer Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Inhaltsverzeichnis b) Anknüpfung

17 224

aa) Alleinige Anwendung des Wirkungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Grundsätzliche Anwendung des Insolvenzstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 cc) Kumulative Anwendung des Wirkungsstatuts........... . . . .... . ... . 226 c) Massezugehörigkeit von Anfechtungsansprüchen bei parallelen Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4. Herausgabeansprüche gegen Insolvenzgläubiger wegen Befriedigung im Inland . .. . . .. . .. ..... . . .. .. ...... .. . ... . . .. . . .. .. . ..... .. . . .. .. .. ... . . .. . . 234 a) Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Grenzen ausländischer Herausgabeansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5. Zusammenfassung .... . . .. . ..................... . . . .............. .. . . ..... 241 VII. Verwertung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 l. Gegenstände ohne Absonderungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

a) Recht zur Verwertung . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Art der Verwertung . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Verwertungsverfahren.. . . . .............. . ... . . . . .............. . ...... . . 243 d) Rechtsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 2. Gegenstände mit Absonderungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 a) Recht zur Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Art der Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 c) Verwertungsverfahren. . ..................... . ....................... . .. 246 VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen ausländischer Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . 247 l. Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

2. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 a) Haftung wegen Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten . . . . . . . . . . . . 250 b) Haftung aus anderen Gründen . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . 251 IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Eröffnungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

2. Bestellung zum inländischen Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 3. Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4. Teilnahme an Gläubigerversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2 Ahrens

18

Inhaltsverzeichnis 5. Mitwirkung bei der Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 6. Mitwirkung beim Aufstellen eines Insolvenzplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 7. Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

C. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach den euro-

päischen Übereinkommen über Insolvenzverfahren ... . . . .................. .. .... 261 I. Das Europäische Übereinkommen über bestimmte internationale Aspekte des Konkurses (lstanbuler Übereinkommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 l. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

a) Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 262 aa) Verhältnis zu anderen Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 bb) Konkursverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 cc) Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 264 2. Unmittelbare Wahrnehmung bestimmter Verwalterbefugnisse in anderen Vertragsstaaten (Kapitel Il) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 b) Voraussetzungen der Wahrnehmung von Verwalterbefugnissen . . . . . . . . . 265 aa) Die ausländische verfahrenseröffnende Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 265 (I) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

(2) Wirksamkeit im Verfahrensstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 (3) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit dem ordre public . . . . 267 bb) Keine Eröffnung oder Anerkennung eines Konkurses oder konkursabwendenden Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 c) Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 269 (I) Keine grenzüberschreitenden Vermögensbewegungen . . . . . . . . . . 269

(2) Dingliche Sicherheiten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (3) Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . 270 (4) Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Inhaltsverzeichnis

19

d) Öffentliche Bekanntmachung der Verwalterbestellung und Gutglaubensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Öffentliche Bekanntmachung der Bestellung des Verwalters . . . . . . . . 271 bb) Gutglaubensschutz . . . . .................. . ......... . ....... . . . . . . .. . 271 e) Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen ... . . ................ . ... . .... 272 aa) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 bb) Grenzen ... . .... .. . . ...... . .......... . :. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 (I) Allgemeine Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 (2) Besondere Wartezeit bei Eröffnungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (3) Einzelrechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (4) Dingliche Sicherheiten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (5) Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 (6) Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Rechtsstellung ausländischer Verwalter in Sekundärkonkursen (Kapitel III) 276 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Eröffnungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 c) Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 d) Mitwirkung beim Zustandekommen eines Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 e) Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 f) Mitwirkung bei der Verfahrensbeendigung

279

4. Information der Gläubiger (Kapitel IV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 II. Das Übereinkommen der Europäischen Union über Insolvenzverfahren . . . . . . . 281 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

a) Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 aa) Verhältnis zu anderen Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 bb) Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 cc) Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 c) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 2*

20

Inhaltsverzeichnis 2. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

284

a) Anerkennung verlahrenseröffnender Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 aa) Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 285 (1) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . .. . . . . 285 (a) Gemeinschaftsweite Insolvenzverlahren............. . ...... 285 (b) Partikularinsolvenzverlahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (c) Keine Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit des Verlahrensstaates im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (2) Wirksamkeit im Verlahrensstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (3) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 bb) Keine Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (I ) Zulässigkeil eines Insolvenzverlahrens gegen den Schuldner im

anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 290

(2) Öffentliche Bekanntmachung der Verlahrenseröffnung im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (3) Nichteröffnung eines Partikularinsolvenzverlahrens im anderen Vertragsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 cc) Rechtsfolgen der Anerkennung . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 dd) Kein Anerkennungsverlahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Anerkennung anderer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 3. Allgemeines zur Rechtsstellung ausländischer Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 a) Grundsätzliche Maßgeblichkeil des Insolvenzstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 b) Befugnisse ausländischer Verwalter im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 c) Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . 297 d) Vollstreckbarkeit insolvenzrechtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 4. Die Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 5. Sicherung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Sicherungsmaßnahmen im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Gutglaubensschutz und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 aa) Erwerb vom Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 bb) Leistung an den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 cc) Öffentliche Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 dd) Registerpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 c) Postsperre ... . ... . .. .... ..... ..... ..... . ... .... . . .... .. . ... .. . . . .. .. ... 303

Inhaltsverzeichnis

21

6. Bereinigung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Dingliche Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 b) Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 c) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 d) Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 e) Herausgabeansprüche gegen Insolvenzgläubiger wegen Befriedigung aus dem Auslandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 7. Verwertung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 8. Rechtsstellung in Partikularinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Sekundärinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 aa) Eröffnungsantrag .................... .... . .................... . . . .. . 310 bb) Information und Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 cc) Ausübung von Gläubigerrechten ..... .. . . .. . . .. . ............. . .. . .. 312 dd) Mitwirkung bei der Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 ee) Mitwirkung bei anderen Maßnahmen zur Verfahrensbeendigung . . . . 314 ff) Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses . . .... . ...... . ...... . . 315

b) Unabhängige Partikularinsolvenzverfahren .. . .... . .. . .. . . ... ... .. . ..... 315 9. Information der Gläubiger . .......... . .... . .... . .. . ....... . ...... . .. . .. . . . 316 10. Stellungnahme und Ausblick . .............. . .. .. .. . .......... . ...... . . . . .. 316 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Abkürzungsverzeichnis a. a. 0.

am angegebenen Ort

AJCL

The American Journal of Comparative Law

AllE. R.

All England Law Reports

AnfG n.F.

Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) i.d.F. des EGinsO

AO

Abgabenordnung

BBI.

Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft

BC

Bankruptcy Code (USA)

BezG

Bezirksgericht

BT-Drs.

Bundestags-Drucksache

Bull.

Bulletin des arrets de Ia Cour de Cassation

C.A.

Court of Appeal

CA Cass. 1re civ.

Cour d'appel Cour de Cassation, I"' Chambre civile

Cass. 2e civ.

Cour de Cassation, 2e Chambre civile

Cass. com.

Cour de Cassation, Chambre commerciale

Ch.D.

High Court of Justice, Chancery Division

Comp.L. Y.B .lnt.Business

The Comparative Law Yearbook of International Business

D . . . . Chron.

Recueil Dalloz Sirey ... Chronique

D .... IR.

Recueil Dalloz Sirey ... Informations rapides

D . .. . J.

Recueil Dalloz Sirey .. . Jurisprudence

D ... . Somm.

Recueil Dalloz Sirey . .. Sommaires commentes

DöKV

Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich auf dem Gebiet des Konkurs- und Vergleichs(Ausgleichs-)rechts vom 25. Mai 1979

DöKVAG

Ausführungsgesetz zum deutsch-österreichischen Konkursvertrag vom 8. März 1985

Drs.

Drucksache

DtZ EGinsO

Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EinI.

Einleitung

EU

Europäische Union

EuiÜ

EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23. November 1995

24

Abkürzungsverzeichnis

EuZPR

Europäisches Zivilprozeßrecht

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWS

Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht

FamRÄndG

Familienrechtsänderungsgesetz vom 11. August 1961

Fase. FS GBO

Fascicule Festschrift Grundbuchordnung

GesO

Gesamtvollstreckungsordnung i.d.F. vom 23. Mai 1991

H.L.

House of Lords im Ergebnis Internationales Insolvenzrecht Internationales Konkursrecht

i.E. IIR IKR In sO

Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994

Int.Comp.L.Q.

The Internationaland Comparative Law Quarterly

IntSachenR InVo

Internationales Sachenrecht

IPG IPRG

Insolvenz & Vollstreckung Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht Schweizerisches Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987

IstanbÜ i.S.v.

Istanbuler Übereinkommen vom 5. Juni 1990 im Sinne von

IZPR IZVR J.

Internationales Zivilprozeßrecht Internationales Zivilverfahrensrecht Justice

JbitalR

Jahrbuch für italienisches Recht

J.B.L.

The Journal of Business Law

J.C.P.

Juris-Classeur Periodique Juris-Classeur Commercial

Jur.-Cl. Com. Jur.-Cl. Int. KOV

J uris-Classeur International Verordnung des Schweizerischen Bundesgerichts über die Geschäftsführung der Konkursämter vom 13. Juli 1911 I 5. Juni 1996

L.J.

Lord Justice

L.Q.R.

Liechtensteinische Juristenzeitung The Law Quarterly Review Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959

uz

LuftfzRG m.Anm.

mit Anmerkung

m.a.W.

mit anderen Worten

N.

Fußnote

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report

NZG OG Q.B.D .

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Obergericht High Court of Justice, Queen's Bench Division

Abkürzungsverzeichnis R. RdC

Rdn. RefEIPRErgG

RegEEGinsO RegEln sO Rev. crit. Rs. s. SchKG SchRG Sec. SJIR Slg. st. Rspr. SZIER T. com.

u.s.c.

V.-C. VE Vol. WiB WuB ZR ZSR ZZPint

25

Rule Recueil des Cours Randnummer Referentenentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Internationalen Privatrechts (außervertragliche Schuldverhältnisse und Sachen) Regierungsentwurf eines Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung Regierungsentwurf einer Insolvenzordnung Revue critique de droit international prive Rechtssache siehe Schweizerisches Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April1889/ 16. Dezember 1994 Schiffsrechtegesetz vom 15. November 1940 Section Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht Sammlung der Rechtsprechung des (Europäischen) Gerichtshofes ständige Rechtsprechung Schweizerische Zeitschrift ftir internationales und europäisches Recht Tribunal de commerce United States Code Vice-Chancellor Vorentwurf Volume Wirtschaftsrechtliche Beratung Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Blätter für zürcherische Rechtsprechung Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für Zivilprozeß International

Für hier nicht genannte Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner; Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl., Berlin, New York 1983.

Einleitung Nachdem das Internationale Insolvenzrecht in Deutschland jahrzehntelang ein Schattendasein geführt hat, ist es inzwischen aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus wieder ein Rechtsgebiet geworden, das sich ausgesprochen dynamisch entwickelt. Ablesen läßt sich dies zunächst an der Zahl der Entscheidungen zum Internationalen Konkurs- und Vergleichsrecht in der vom Max-Pianck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht herausgegebenen Sammlung "Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts", die schon seit Mitte der siebziger Jahre sowohl absolut als auch relativ signifikant gewachsen ist, an zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie an umfangreichen gesetzgebensehen Aktivitäten auf Bundes- wie auf europäischer Ebene, mögen diese ihre Ziele gegenwärtig auch noch nicht erreicht haben. Internationalinsolvenzrechtliche Entscheidungen lassen sich im wesentlichen zwei Kategorien zuordnen, nämlich inländischen Insolvenzverfahren mit Auslandsberührung und ausländischen Insolvenzverfahren mit Inlandsberührung. In der bisherigen Entscheidungspraxis dominieren Sachverhalte der zweiten Fallgruppe, in denen ein Schuldner, über dessen Vermögen im Ausland ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, Vermögensgegenstände in Deutschland besitzt. Solche inländischen Vermögensgegenstände können bekanntlich auf zwei Arten insolvenzmäßig erfaßt werden. Eine Möglichkeit besteht - seit der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 1985 1 - in der Anerkennung der ausländischen Verfahrenseröffnung im Inland, die andere in der Eröffnung eines inländischen Parallelverfahrens, das sich auf das in Deutschland belegene Vermögen beschränkt (so die bis zum 31. 12. 1998 geltenden§ 238 KO und§ 22 Abs. 2 GesO, seit l. l. 1999 nunmehr Art. 102 Abs. 3 EGinsO). Die Anerkennung der ausländischen Verfahrenseröffnung führt dazu, daß das in Deutschland belegene Vermögen, soweit es vom ausländischen Verfahren beansprucht wird, in die ausländische Insolvenzmasse fällt und damit der Verwaltung durch einen ausländischen Insolvenzverwalter unterliegt. Sobald dieser von seinen Befugnissen hinsichtlich des lnlandsvermögens Gebrauch macht, gerät er in unmittelbaren Kontakt zum inländischen Rechtsverkehr, was ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential birgt. Interessenkollisionen ergeben sich in erster Linie daraus, daß die Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter sich grundsätzlich, auch hinsichtlich des Inlandsvermögens, nach dem Recht des Staates bestimmen, in dem das InsolI

BGHZ 95, 256.

28

Einleitung

venzverfahren eröffnet worden ist, das Insolvenzrecht dieses Staates jedoch regelmäßig auf andere rechtliche und tatsächliche Verhältnisse als in Deutschland zugeschnitten ist, so daß es Sachverhalten mit Inlandsbezug und den dabei berührten Interessen nicht stets in hinreichendem Maße Rechnung tragen kann. Da die Sicherheit und Leichtigkeit des inländischen Rechtsverkehrs hierdurch erheblich beeinträchtigt werden kann, stellt sich die Frage, ob, gegebenenfalls auch inwieweit, die Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter nach dem Recht des Verfahrensstaates zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs zu modifizieren sind. Ohne Kenntnis dieser Rechte und Pflichten läßt sich dies nicht beantworten, weshalb der erste Teil der Arbeit sich der Rechtsstellung von Insolvenzverwaltern ausgewählter ausländischer Rechtsordnungen widmet. Im Hauptteil der Arbeit werden die Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im inländischen Rechtsverkehr sodann im einzelnen untersucht. Dazu gehört auch die Erörterung der Rechtsstellung ausländischer Verwalter in inländischen Parallelverfahren, deren Eröffnung ihnen zwar die unmittelbare Einwirkung auf die inländischen Vermögensgegenstände des Schuldners verwehrt, dafür aber mit bestimmten Mitwirkungsrechten im Rahmen des Verfahrens verbunden ist. Grundlage des Hauptteils der Untersuchung ist das autonome deutsche Internationale Insolvenzrecht in seiner Gesamtheit, d. h. einschließlich des Internationalen Konkurs- und Gesamtvollstreckungsrechts 2 . Zuvor nur fragmentarisch gesetzlich geregelt 3, sollte es im Zuge der Insolvenzrechtsreform erstmals umfassend kodifiziert werden. Zu diesem Zweck erarbeitete das Bundesministerium der Justiz einen Vorentwurf von Vorschriften zur Neuordnung des Internationalen Insolvenzrechts, der 1989 von der Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht" des Deutschen Rates für IPR unter Vorsitz von Prof. Dr. Hans Stall beraten wurde. Die Stellungnahme der Sonderkommission4 führte zu den internationalinsolvenzrechtlichen Bestimmungen der Artt. 1 - 20 des Referentenentwurfs eines Einführungsgesetzes zum Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts vom 1. September 19905 , die im wesentlichen unverändert als§§ 379-399 in den Regierungsentwurf der Insolvenzordnung6 (RegEinsO) übernommen wurden. Diese Vorschriften wurden bei 2 Außer Betracht bleiben die bestehenden bilateralen Abkommen, in erster Linie der deutsch-österreichische Konkursvertrag (DöKV) vom 25. Mai 1979, der am I. Juli 1985 in Kraft getreten ist. In Kraft sind auch noch der württembergisch-schweizerische Vertrag vom 12. Dezember 1825113. Mai 1826 (OG Zürich, 26. 5. 1978, Justiz 1980, 80) und der bayerisch-schweizerische Vertrag vom II. Mai /27. Juni 1834 (OLG München, II. 8. 1981, KTS 1982, 313 [315 f.]; Aufsichtsbehörde des Kantons Schaffhausen, 16. 7. 1982, ZIP 1983, 200 [202 f.]). Zu diesen zwei Abkommens. Wochner, KTS 1977, S. 201 ; ders., RIW 1986, S. 134; Blaschczok, ZIP 1983, S. 141 (143 f.); Buchner, ZIP 1985, S. 1114 (1120 ff.); Bürgi, in: FS 100 Jahre SchKG, S. 175 (178 ff., 191 ff.); Staehelin, RIW 1997, S. 95 (100); Spahlinger, s. 76 ff. 3 §§ 237,238 KO, § 22 Abs. 1-3 GesO. 4 Abgedruckt bei Stoll, Reform des IIR, S. 265 ff. 5 Abgedruckt bei Stoll, Reform des IIR, S. 278 ff. 6 BT-Drs. 12/2443.

Einleitung

29

den Beratungen im Rechtsausschuß jedoch sämtlich gestrichen. Beweggrund hierfür waren nicht inhaltliche Bedenken7 ; der Rechtsausschuß ging vielmehr davon aus, daß ein Abschluß der laufenden Verhandlungen über ein Konkursübereinkommen der Europäischen Gemeinschaften in absehbarer Zeit zu erwarten sei, und wollte angesichts zahlreicher Übereinstimmungen zwischen den Bestimmungen des Regierungsentwurfs und dem zu erwartenden Inhalt des künftigen EG-Übereinkommens diesem nicht vorgreifen 8 . Auch das Anliegen, den Umfang der Insolvenzordnung zu reduzieren, dürfte mit dazu beigetragen haben, daß die Bestimmungen des Regierungsentwurfs durch eine einzige Vorschrift, Art. 102 EGinsO, die im wesentlichen § 22 Abs. 1-3 GesO entspricht, ersetzt wurden. Die Bemühungen um eine Kodifikation sind damit im ersten Anlauf gescheitert. Es ist jedoch damit zu rechnen, daß nach vollständiger Zeichnung des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren ein zweiter Versuch unternommen werden wird. Vorschläge hierzu hat die Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht" des Deutschen Rates für IPR bereits unterbreitet9 . Der Schlußteil der Arbeit befaßt sich mit der Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter nach dem Europäischen Übereinkommen über bestimmte internationale Aspekte des Konkurses vom 5. Juni 1990 (Istanbuler Übereinkommen, IstanbÜ) und dem bereits erwähnten Übereinkommen über Insolvenzverfahren der Europäischen Union vom 23. November 1995 (EuiÜ). Das Istanbuler Übereinkommen, in den achtziger Jahren unter der Schirmherrschaft des Europarates entstanden, ist bisher von acht Staaten einschließlich der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet10, aber nicht ratifiziert worden. Sein Inkrafttreten wird mit der Zeit zunehmend unwahrscheinlicher. Auch die Geschichte des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren ist nicht frei von Rückschlägen. Die in den sechziger Jahren begonnenen Arbeiten verfolgten zunächst das Ziel, für jeden Schuldner nur ein einziges, gemeinschaftsweites Konkursverfahren zuzulassen. Sie führten 1970 zum Vorentwurf eines Übereinkommens, 1980 zu einem Entwurf und 1984 zu einem revidierten Entwurf. Erfolg war diesen Entwürfen jedoch nicht beschieden, weshalb die Arbeiten zu Beginn der neunziger Jahre mit geänderter Zielsetzung wieder aufgenommen wurden. Ergebnis war ein Übereinkommen, das mit den früheren Entwürfen nur noch wenige Gemeinsamkeiten aufweist und insbesondere neben gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahren auch parallele Partikularinsolvenzverfahren vorsieht. Dieses Übereinkommen ist am 23. November 1995 von den Justizministern der Mitgliedstaaten verabschiedet und innerhalb der sechsmonatigen Zeichnungsfrist von vierzehn Mitgliedstaaten einschließlich der Bundesrepublik 7 Die §§ 379 - 399 RegEinsO können daher durchaus als Entscheidungshilfe herangezogen werden (vgl. Kirchhof, WM 1993, S. 1401 [1407]; Leipold, in: FS Henckel, S. 533 [538]). 8 Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 1217303, S. 117; skeptisch gegenüber dieser Begründung Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (536). 9 In: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 ff. IO Fletcher, S. 782 N. 49.

30

Einleitung

Deutschland gezeichnet worden. Allein das Vereinigte Königreich hat die Zeichnungsfrist wegen der seinerzeitigen Auseinandersetzungen um das Exportverbot für britisches Rindfleisch ungenutzt verstreichen lassen. Im Bundesministerium der Justiz wird jedoch damit gerechnet, daß die Zeichnung nach einer Neuorientierung der britischen Europapolitik nachgeholt werden wird 11 . Bislang ist es dazu nicht gekommen, so daß die Zukunft des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren derzeit als ungewiß gelten muß.

II

Wimmer, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 179 (179 f.).

A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen I. Insolvenzverwalter im schweizerischen Recht 1. Konkursverfahren: Konkursamt, Konkursverwaltung

Der Konkurs, geregelt im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) 1, ist ein klassisches Liquidationsverfahren. Seine Durchführung obliegt der Konkursverwaltung und, solange diese noch nicht bestellt ist, dem Konkursamt, einer kantonalen Behörde. Vor Verfahrenseröffnung kann das Konkursamt, sobald Konkursantrag gestellt ist2 , aufgrund einer vorsorglichen Anordnung des Konkursgerichts3 tätig werden. Gegenstand einer solchen Anordnung kann beispielsweise die Inbesitznahme von Vermögensgegenständen des Schuldners sein, die Schließung seiner Geschäftsräume oder die Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch4 . Mit Konkurseröffnung verliert der Schuldner die Fähigkeit, über sein Vermögen, soweit es in die Konkursmasse fällt, zu verfügen5 . Sein Verwaltungs- und Verfügungsrecht geht ebenso wie die Prozeßführungsbefugnis6 auf die Masse über, die überwiegend als rechts- und parteifähiges Sondervermögen angesehen wird7 . Die Rechte und Befugnisse der Masse werden zunächst durch das Konkursamt und I Vorn 11. April 1889, in der Fassung vorn 16. Dezember 1994 in Kraft seit l. Januar 1997. Ausführungsbestimmungen enthält die Verordnung des Bundesgerichts über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV) vorn 13. Juli 1911/5. Juni 1996. 2 Im Falle der Wechselbetreibung sogar schon vor Antragstellung. 3 Artt. 170, 174 Abs. 3, 183 Abs. I, 189 Abs. 2, 194 Abs. 1 S. 1 SchKG. 4 Fritzsche!Walder II, § 36 Rdn. 19; Amonn, § 36 Rdn. 27; Gilliiron, S. 254. Als weitere Sicherungsmaßnahme kommt die Aufnahme eines Güterverzeichnisses in Betracht. Seine Wirkung besteht darin, daß der Schuldner die verzeichneten Gegenstände grundsätzlich erhalten oder, wenn er über sie verfügt, durch gleichwertige ersetzen muß (Artt. 162, 164 Abs. 1, 183 Abs. 1 SchKG). Für die Aufnahme ist das Betreibungsamt zuständig (Art. 163 Abs. 1 S. 1 SchKG). s BG, 28. 9. 1988, BGE 114 II1 60 (61); Amonn, § 41 Rdn. 6; vgl. Artt. 204 Abs. 1, 205 Abs. 1 SchKG. 6 Fritzsche/Walder II, § 40 Rdn. 17. 7 BG, 18. 3. 1915, BGE 41 II1 165 (173); 13. 6. 1961, BGE 87 II 169 (172); Kummer; S. 62 f.; Vogel, Kap. 5 Rdn. 5 ff.; Gillieron, S. 277; Fritzsche/Walder II, § 48 Rdn. 3; Walder-Bohner, § 8 Rdn. 3; anders BG, 3. 9. 1985, BGE 111 III 73 (75) (Übergang der Verfügungs- und Verpflichtungsfähigkeit des Schuldners auf die Konkursverwaltung); Guldener; S. 114 f.; Amonn, § 41 Rdn. 6.

32

A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

später durch die Konkursverwaltung wahrgenommen 8. Das Konkursamt hat sofort nach Eröffnung ein Inventar über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen aufzunehmen und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen9. Vom Schuldner kann es die Herausgabe aller seiner Vermögensgegenstände verlangen, ebenso von Dritten, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei denen dieser ein Guthaben hat 10. Soweit ein Unternehmen des Schuldners nicht vorläufig fortgeführt werden kann, hat das Konkursamt die Geschäftsräume zu schließen und zu versiegeln. Bargeld, Wertpapiere und Geschäftsbücher hat es in Verwahrung zu nehmen und andere Vermögensgegenstände vorerst unter Siegel zu legen 11 . Der Schuldner ist verpflichtet, dem Konkursamt Auskunft über sein Vermögen12, seine Gläubiger und anhängige Prozesse 13 zu erteilen und sich während des Verfahrens zur Verfügung der Konkursverwaltung zu halten 14. Das Konkursamt kann zudem von der zuständigen Kreispostdirektion Einsicht in die an den Schuldner adressierten oder von ihm abgesandten Postsendungen oder deren Auslieferung sowie Auskunft über seinen Postverkehr verlangen 15 . Wenn der Erlös des inventarisierten Vermögens zur Deckung der Kosten eines ordentlichen Konkursverfahrens voraussichtlich nicht ausreicht oder wenn die Verhältnisse einfach liegen, wird regelmäßig ein summarisches Verfahren durchgeführt16. Gläubigerversammlungen werden hier in der Regel nicht einberufen 17, so daß das Verfahren ganz in der Hand des Konkursamtes liegt, das die Interessen der Gläubiger bei der Verwertung bestmöglich zu berücksichtigen hat 18. In allen anderen Fällen findet das ordentliche Verfahren statt. Sobald die Verfahrensart feststeht, macht das Konkursamt die Eröffnung öffentlich bekannt und beruft zugleich eine erste Gläubigerversammlung ein 19, die u. a. über die Einsetzung einer Konkursverwaltung zu entscheiden hat20• Im Regelfall wird die Verwaltung dem Konkursamt übertragen, doch kann damit auch eine natürliche oder juristische Person beauf-

8 Art. 240 SchKG; Fritzsche /Walder II, § 40 Rdn. 4. Vgl. zur Stellung der Konkursverwaltung auch BG, 9. 11. 1971, BGE 97 II 403 (409) (gesetzliche Vertreterindes Schuldners); kritisch dazu Gilliiron, S. 278. 9 Art. 221 SchKG. 1o Art. 222 Abs. 1, 4 SchKG.

Art. 223 Abs. 1-3 SchKG. Art. 222 Abs. I SchKG. Gleiches gilt für herausgabepflichtige Dritte und für Behörden (Abs. 4, 5). 13 Art. 37 Iit. a, b KOV. 14 Art. 229 Abs. 1 SchKG. 15 Art. 38 KOV. II

12

16 !7 18

19

20

Art. 23I Abs. I , 2 SchKG. Art. 23I Abs. 3 Nr. 1 S. I SchKG. Art. 23I Abs. 3 Nr. 2 S. I SchKG; BG, 20. 4. I995, BGE I21 II1 142. Art. 232 SchKG. Art. 237 Abs. 2 SchKG.

I. Insolvenzverwalter im schweizerischen Recht

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tragt werden (außeramtliche Verwaltung) 21 . Aufgabe der Konkursverwaltung ist es, alle zur Erhaltung und Verwertung der Masse gehörenden Geschäfte zu besorgen und die Masse vor Gericht zu vertreten 22. Die Konkursmasse umfaßt neben dem gesamten pfändbaren Vermögen des Schuldners bei Konkurseröffnung auch Vermögen, das dieser während des Verfahrens erwirbe3 . Andere Vermögensgegenstände, die die Konkursverwaltung etwa in Besitz genommen hat, unterliegen der Aussonderung. Aussondern kann, wer einen Herausgabeanspruch gegen die Masse hat, insbesondere der Eigentümer einer Sache24. Ein Eigentumsvorbehalt berechtigt zur Aussonderung, wenn er vor Konkurseröffnung im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen wurde25 . Aussonderungsbefugt ist auch, wer dem Schuldner ein Inhaber- oder Orderpapier zum Inkasso oder als Sicherheit für eine bestimmte künftige Zahlung übertragen hat26. Ein Ersatzaussonderungs- und ein Verfolgungsrecht sind ebenfalls vorgesehen27. Falls die Konkursverwaltung angemeldete Aussonderungsanspruche für begrundet hält, ordnet sie die Herausgabe des betreffenden Vermögensgegenstandes an28 . Andernfalls setzt sie dem Anspruchsteller eine Frist von 20 Tagen zur Klageerhebung beim Gericht des Konkursortes. Wird die Frist nicht gewahrt, gilt der Anspruch als verwirkt29 . Vermögensgegenstände des Schuldners, die sich im Besitz Dritter befinden, hat die Konkursverwaltung zur Masse zu ziehen. Dies gilt auch für Vermögensgegenstände, an denen Pfandrechte bestehen, denn Pfandgläubiger haben lediglich ein Recht auf Vorausbefriedigung 30 . Wurde das Pfandrecht ungerechtfertigt und auf21 BG, 13. 1. 1975, BGE 101 III 43 (46 ff., 51), insbesondere zur Wahl juristischer Personen. Die Vorschriften der KOV gelten großenteils auch für die außeramtliche Konkursverwaltung (Art. 97 KOV). 22 Art. 240 SchKG. Letzteres gilt auch für Aussonderungsprozesse (OG Zürich, 16. 7. 1985, ZR 85 [1986] Nr. 18). 23 Art. 197 SchKG. Zur Pfändbarkeit s. Art. 92 ff. SchKG. Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit sind nicht als Neuerwerb anzusehen (BG, 30. 5. 1983, BGE 109 III 80 [82]; 22. 1. 1988, BGE 114 III 26 [27]; Amonn, § 40 Rdn. 11 f.). 24 Art. 641 Abs. 2 ZGB. 25 Art. 715 Abs. 1 ZGB; BG, 6. 7. 1967, BGE 93 III 96 (105 ff.); 23. 4. 1970, BGE 96 II 161 (171); Amonn, § 40 Rdn. 31; Fritzsche/Walder ll, § 42 Rdn. 20. Unzutreffend Baurl Stümer ll, Rdn. 39.81. 26 Art. 201 SchKG. 27 Artt. 202, 203 SchKG. Zu weiteren Aussonderungsrechten s. Art. 401 Abs. 3 OR; Gillieron, S. 288 f. ; ders., SZIER 1992, S. 135 (153 f.); Amonn, § 40 Rdn. 33, 42 f. 28 Art. 242 Abs. 1 SchKG, Art. 45 KOV. Zur Anwendung von Art. 242 SchKG auf dort nicht genannte Aussonderungsansprüche s. BG, 8. 2. 1988, BGE 114 III 23 (25); Amonn, § 45 Rdn. 25. Die Herausgabe soll nicht vor der zweiten Gläubigerversammlung erfolgen (Art. 47 KOV; zu Ausnahmen s. Artt. 48 Abs. 2, 51 KOV). 29 Art. 242 Abs. 2 SchKG. 30 Artt. 198, 219 Abs. 1 SchKG. Zu weiteren Präferenzrechten s. Gillieron, SZIER 1992, S. 135 (155 f .). 3 Ahrens

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grund eines erheblichen Verschuldens dem Konkursamt nicht innerhalb eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung der Konkurseröffnung mitgeteilt, besteht selbst dieses Vorzugsrecht nicht mehr31 . Vermögensgegenstände, die gepfändet wurden und bei Konkurseröffnung noch nicht verwertet waren oder die mit Arrest belegt wurden, sind von der Konkursverwaltung prinzipiell ebenfalls zur Masse zu ziehen 32• Durch die Pfändung begründete Vorrechte entfallen 33 • Zu den Aufgaben der Konkursverwaltung gehört grundsätzlich auch die Einziehung von Forderungen des Schuldners bzw. der Masse34 . Drittschuldner, die zugleich Gläubiger des Schuldners sind, können ihre Forderungen allerdings mit Forderungen des Schuldners verrechnen 35 . Die Verrechnung (Aufrechnung) ist jedoch ausgeschlossen, wenn ein Drittschuldner erst nach Konkurseröffnung Gläubiger des Schuldners geworden ist, es sei denn, daß er eine zuvor eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache ausgelöst hat, an der ihm das Eigenturn oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht36 . Die Verrechnung ist auch dann unzulässig, wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse geworden ise7 . Maßgeblich ist jeweils, wann der Rechtsgrund der Forderung gesetzt worden ist38 . Forderungen aus Inhaberpapieren können nur insoweit verrechnet werden, als der Gläubiger nachweist, daß er sie gutgläubig vor Konkurseröffnung erworben hae9 . Nicht zuletzt hat die Konkursverwaltung den Bestand des den Gläubigem haftenden Schuldnervermögens im Wege der Anfechtung wiederherzustellen40 • Ohne weiteres anfechtbar sind alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor Konkurseröffnung vorgenommen hat41 • Rechtsgeschäfte mit unverhältnismäßig niedriger Gegenleistung sowie der rechtsgeschäftliche Erwerb einer Leibrente, einer Pfrund42 , einer Nutznießung (Nießbrauch) oder eines Wohnrechts durch den Schuldner für sich oder einen Dritten sind den Schenkungen gleichgestellt43 • Anfechtbar ist auch die Bestellung von 31 Art. 232 Abs. 2 Nr. 4 SchKG; zum Verschuldenserfordemis s. BG, 8. 3. 1945, BGE 71 Ili 80 (86 ff.). 32 Vgl. Art. 199 SchKG. 33 Amonn, § 40 Rdn. 20. 34 Vgl. Art. 243 Abs. I SchKG. 35 Art. 213 Abs. I SchKG. 36 Art. 213 Abs. 2 Nr. 1 SchKG. 37 Art. 213 Abs. 2 Nr. 2 SchKG. Zur Beschränkung des Verrechnungsverbots auf Gläubigers. BG, 7. 9. 1983, BGE 109 III I 12 (118 f.) =Praxis 73 (1984), Nr. 66. 38 BG, 8. 10. 1981, BGE 107 III 139 (143 f.). 39 Art. 213 Abs. 3 SchKG. 40 Vgl. Artt. 200, 285 Abs. 2 Nr. 2 SchKG. 41 Art. 286 Abs. I SchKG. Ausgenommen sind übliche Gelegenheitsgeschenke. 42 Vgl. Art. 521 Abs. 1 OR. 43 Art. 286 Abs. 2 SchKG.

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Sicherheiten44 für bereits bestehende Verbindlichkeiten, sofern der Schuldner nicht schon früher zur Sicherung verpflichtet war, ferner die Tilgung einer Geldschuld durch unübliche Zahlungsmittel und die Zahlung einer noch nicht fälligen Schuld. Diese Rechtshandlungen müssen ebenfalls innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung vorgenommen worden sein; zusätzlich muß der Schuldner im Zeitpunkt der Vomahme überschuldet gewesen sein45 . Ihre Anfechtbarkeil ist ausgeschlossen, wenn der Anfechtungsgegner beweist, daß er die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen46. Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor Konkurseröffnung in der dem Anfechtungsgegner erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen, kann die Konkursverwaltung gleichfalls anfechten47 . Anfechtbar ist schließlich die Verrechnung, wenn der Gläubiger seine Forderung vor Konkurseröffnung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erworben hat, um sich oder einem anderen durch die Verrechnung zu Lasten der Konkursmasse einen Vorteil zu verschaffen48 . Das anfechtbar Erworbene ist der Konkursverwaltung herauszugeben49. Der gutgläubige Empfänger einer Schenkung haftet jedoch nur in Höhe seiner Bereicherung50. Verwertungsmaßnahmen darf die Konkursverwaltung vor der zweiten Gläubigerversammlung nur in begrenztem Umfang treffen. Gegenstände, die schneller Wertminderung ausgesetzt sind oder deren Unterhalt oder Aufbewahrung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht, kann sie ohne Aufschub verwerten. Gleiches gilt für Wertpapiere und andere Gegenstände mit Börsen- oder Marktpreis51 . Nach der zweiten Gläubigerversammlung setzt die Konkursverwaltung die Verwertung gemäß den dort gefaßten Beschlüssen fort 52. Sie verwertet das Schuldnervermögen durch öffentliche Versteigerung oder, falls die Gläubiger so beschließen, durch freihändigen Verkauf53 . Für verpfändete Vermögensgegenstände ist eine öffentliche Versteigerung obligatorisch, falls die Pfandgläubiger keiner anderen Verwertung zustimmen54. Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert 44 So bisher schon BG, 19. 12. 1912, BGE 38 II 724 (728 f.); Gillieron, S. 403; Fritzsche/ Walder II, § 66 Rdn. 15. 45 Art. 287 Abs. 1 SchKG. 46 Art. 287 Abs. 2 SchKG. 47 Art. 288 SchKG. 48 Art. 214 SchKG. Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich (BG, 8. 3. 1996, BGE 122 111 133). 49 Art. 291 Abs. 1 S. 1 SchKG. 5o Art. 291 Abs. 3 SchKG. 51 Art. 243 Abs. 2 SchKG. 52 Artt. 243 Abs. 3, 253 Abs. 2 SchKG. 53 Art. 256 Abs. 1 SchKG. Die Versteigerungsbefugnis ist nicht übertragbar (vgl. Verwaltungskornmission des OG Zürich, ZR 79 [1980] Nr. 2). 54 Art. 256 Abs. 2 SchKG.

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und Grundstücke dürfen nur dann freihändig verkauft werden, wenn den Gläubigem vorher Gelegenheit gegeben wurde, höhere Angebote zu unterbreiten 55 . Beschließt die Gläubigerversammlung, auf die Geltendmachung eines Anspruchs zu verzichten, kann jeder Gläubiger dessen Abtretung, d. h. die Übertragung des Prozeßführungsrechts verlangen 56 . Bei erfolgreicher Rechtsverfolgung hat der Gläubiger einen nach Deckung der Kosten und Befriedigung seiner Forderung verbleibenden Überschuß an die Konkursverwaltung abzuliefem 57 . Wird keine Abtretung verlangt, kann die Konkursverwaltung einen solchen Anspruch nach den allgemeinen Regeln verwerten 58•

2. Nachlaßverfahren: provisorischer Sachwalter, Sachwalter, Liquidatoren

Das Nachlaßverfahren (Vergleichsverfahren) hat durch die jüngste Novellierung des SchKG erhebliche Änderungen erfahren, die insbesondere die Stellung der Insolvenzverwalter gestärkt haben. Als solche fungieren der Sachwalter sowie bei Nachlaßverträgen mit Vermögensabtretung die Liquidatoren. Hinzugekommen ist ab 1. Januar 1997 der provisorische Sachwalter. Nach Eingang des Nachlaßantrags hat der Nachlaßrichter unverzüglich die zur Erhaltung des Schuldnervermögens notwendigen Anordnungen zu treffen. Hierzu kann er dem Schuldner in begründeten Fällen eine Nachlaßstundung von höchstens zwei Monaten provisorisch bewilligen, einen provisorischen Sachwalter ernennen und diesen mit der Prüfung der Vermögenslage des Schuldners und der Sanierungsaussicht beauftragen59• Hinsichtlich des Schuldnervermögens besitzt der provisorische Sachwalter dieselben Befugnisse wie der Sachwalter60. Besteht Aussicht auf das Zustandekommen eines Nachlaßvertrages, eröffnet der Nachlaßrichter das Verfahren. Er gewährt dem Schuldner eine Nachlaßstundung von vier bis sechs Monaten61 und bestellt einen Sachwalter (oder mehArt. 256 Abs. 3 SchKG. Art. 260 Abs. 1 SchKG. Zur Rechtsnatur der Abtretungs. BG, 15. 9. 1987, BGE 113 III 135 (137) =Praxis 79 (1990), Nr. 123; 27. 8. 1991, BGE 117 II 432 (440); Fritzsche/Walder II, §51 Rdn. 21; vgl. auch BG, 15. l. 1992, Praxis 1995 Nr. 44. 57 Art. 260 Abs. 2 SchKG. Die Ablieferungspflicht besteht auch nach zwischenzeitlicher Beendigung des Konkursverfahrens (BG, 27. 9. 1996, BGE 122 III 341). 58 Art. 260 Abs. 3 SchKG. Ausgenommen sind Anfechtungsansprüche nach Artt. 286288 SchKG (Art. 256 Abs. 4 SchKG). 59 Art. 293 Abs. 3 SchKG. 60 Art. 293 Abs. 4 i.V.m. Art. 298 SchKG. 61 Die Dauer der provisorischen Stundung wird nicht angerechnet. Verlängerung auf 12 und in besonders gelagerten Fällen auf 24 Monate ist auf Antrag des Sachwalters möglich (Art. 295 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 SchKG). 55

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rere)62, der sofort nach seiner Ernennung ein Inventar aufzunehmen hat63 . Hauptaufgabe des Sachwalters ist die Überwachung des Schuldners64. Unter seiner Aufsicht und nach seinen Weisungen kann der Schuldner seine Geschäftstätigkeit fortsetzen 65 . Doch kann der Nachlaßrichter anordnen, daß er bestimmte Handlungen nur unter Mitwirkung des Sachwalters rechtsgültig vornehmen kann, oder den Sachwalter ermächtigen, die Geschäftsführung anstelle des Schuldners zu übernehmen66. Gegenstände des Anlagevermögens (insbesondere Grundstücke) veräußern oder belasten, Pfandrechte bestellen, Bürgschaften übernehmen oder unentgeltliche Verfügungen treffen kann der Schuldner nur noch mit Ermächtigung des Nachlaßrichters67. Falls der Schuldner ein solches Rechtsgeschäft ohne Ermächtigung vornimmt oder gegen Beschränkungen seines Verwaltungs- und Verfügungsrechts oder Weisungen des Sachwalters verstößt, kann der Nachlaßrichter ihm die Verfügungsbefugnis nach neuem Recht sogar vollständig entziehen68. Von diesen Einschränkungen abgesehen bleibt der Schuldner jedoch verfügungsbefugt69. Im übrigen ist es Aufgabe des Sachwalters, die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen70 aufzufordern, eine Gläubigerversammlung einzuberufen und in dieser über die Vermögenslage des Schuldners zu berichten71 . Nehmen die Gläubiger den vorgeschlagenen Nachlaßvertrag an und wird dieser vom Gericht bestätigt72, ist das Mandat des Sachwalters beendet73 • Allerdings können im Rahmen eines ordentlichen Nachlaßvertrages (Quotenvergleich74) dem ehemaligen Sachwalter oder einem Dritten zur Durchführung und Sicherstellung der Vertragserfüllung Überwachungs-, Geschäftsführungs- und Liquidationsbefugnisse übertragen werden75. 62 Art. 295 Abs. 1 S. 1 SchKG. Zur Wirkung der Nachlaßstundung auf die Rechte der Gläubigers. Art. 297 SchKG. 63 Art. 299 Abs. 1 SchKG. 64 Art. 295 Abs. 2 lit. a SchKG. 65 Art. 298 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 SchKG. 66 Art. 298 Abs. 1 S. 2 SchKG. 67 Art. 298 Abs. 2 SchKG. Zur Rechtslage vor der jüngsten Novellierung s. BG, 5. 5. 1925, BGE 51 III 75 (76 f.); 9. 3. 1951, BGE 77 III 43 (46 ff.);Amonn, §54 Rdn. 33; Gilliiron, S. 434. 68 Art. 298 Abs. 3 SchKG. 69 Dies war bislang streitig, falls der Schuldner einen Nachlaßvertrag mit Vermögensabtretung vorgeschlagen hatte. Für analoge Anwendung von Art. 204 SchKG in diesem Fall BG, 13. 3. 1930, BGE 56 III 91 (98); 22. 12. 1959, BGE 85 III 203 (208); a.A. Amonn, § 54 Rdn. 36, unter Berufung auf Art. 316d Abs. 1 SchKG a.F. (in Kraft seit 1. Februar 1950, jetzt Art. 319 Abs. 1 SchKG); vgl. auch Gilliiron, S. 433. 70 Für die Verrechnung einschließlich der Verrechnungsanfechtung gelten die konkursrechtlichen Bestimmungen (Artt. 297 Abs. 4, 213 f. SchKG). 71 Artt. 300-302 SchKG. n Artt. 305 f. SchKG. 73 Vgl. Art. 314 Abs. 2 SchKG; ferner BG, 17. 2. 1955, BGE 81 III 30 (31); Fritzsche / Walder II, § 74 Rdn. 24, § 75 Rdn. 18; Amonn, §54 Rdn. 7. 74 Vgl. Art. 314 Abs. l SchKG.

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Beim Nachlaßvertrag mit Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich) geht das Verfügungsrecht des Schuldners mit der rechtskräftigen Bestätigung des Vertrages auf die Liquidationsmasse als rechts- und parteifähiges Sondervermögen über, sofern das Vermögen nicht ganz oder teilweise einem Dritten abgetreten wird76. Das Verfügungsrecht wird durch von der Gläubigerversammlung gewählte Liquidatoren ausgeübt, bei denen es sich auch um frühere Sachwalter handeln kann77 . Die Liquidatoren haben alle zur Erhaltung und Verwertung der Masse sowie zur Übertragung des abgetretenen Vermögens gehörenden Geschäfte vorzunehmen und die Masse vor Gericht zu vertreten 78 . Sie entscheiden auch über Aussonderungsansprüche79. Mit Faustpfandrechten belastete Vermögensgegenstände können sie zunächst nicht zur Masse ziehen, da die Pfandgläubiger anders als im Konkurs grundsätzlich verwertungsbefugt bleiben 80. Die Anfechtungsbefugnisse der Liquidatoren entsprechen denen der Konkursverwaltung81 . Weniger strengen Regeln unterliegen die Liquidatoren bei der Verwertung. Sie erfolgt in der Regel durch Eintreibung oder Verkauf der Forderungen sowie durch freihändigen Verkauf oder öffentliche Versteigerung der übrigen Vermögenswerte82. Art und Zeitpunkt der Verwertung bestimmen die Liquidatoren im Einvernehmen mit dem Giäubigerausschuß83 . Mit Grundpfandrechten belastete Grundstücke müssen allerdings öffentlich versteigert werden, wenn die Pfandgläubiger, deren Forderungen durch den Kaufpreis nicht gedeckt sind, mit einem freihändigen Verkauf nicht einverstanden sind84. Die Abtretung von bestrittenen oder schwer einbringlichen Ansprüchen an einzelne Gläubiger ist auch beim Nachlaßvertrag mit Vermögensabtretung möglich 85 . Eine Sonderform des Nachlaßverfahrens ist die zum 1. Januar 1997 eingeführte einvernehmliche private Schuldenbereinigung. In diesem Verfahren kann der Nachlaßrichter dem Schuldner auf Antrag eine Stundung von höchstens drei Monaten zur Durchführung einer privaten Schuldenbereinigung im Einvernehmen mit

Art. 314 Abs. 2 SchKG. Artt. 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 SchKG. Zur Rechtsstellung der Liquidationsmasse s. BG, 18. 3. 1915, BGE 41 II1 165 (173); BezG Zürich, 4. 5. 1979, SJZ 76 (1980), 232 (233); Kummer, S. 62 f.; Vogel, Kap. 5 Rdn. 5 ff.; Fritzsche/Walder II, § 77 Rdn. 20 f.; Walder-Bohner, § 8 Rdn. 3. Die Abtretung an Dritte ermöglicht eine übertragende Sanierung (vgl. Fritzsche/ Walder II, § 77 Rdn. 29; Amonn, § 55 Rdn. 17). 77 Art. 317 Abs. 2 SchKG. 78 Art. 319 Abs. 3, 4 SchKG; vgl. OG Zürich, 11. 9. 1979, ZR 82 (1983) Nr. 25. 79 Art. 319 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Art. 242 SchKG. 80 Art. 324 SchKG. 81 Art. 331 SchKG. Zur Verrechnungsanfechtung s. oben S. 37 N. 70. 82 Art. 322 SchKG. Ihre Versteigerungsbefugnis übertragen, etwa auf ein privates Auktionshaus, können sie nicht (Verwaltungskommission des OG Zürich, ZR 79 [1980] Nr. 2). 83 Art. 322 Abs. 2 SchKG. 84 Art. 323 S. 1 SchKG. 85 Artt. 325, 260 SchKG. 75

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seinen Gläubigem gewähren86. Für diese Zeit wird ein Sachwalter ernannt, der den Schuldner beim Erstellen eines Bereinigungsvorschlags zu unterstützen und entsprechende Verhandlungen mit den Gläubigem zu führen hat87 • Der Nachlaßrichter kann den Sachwalter auch beauftragen, den Schuldner bei der Erfüllung einer Schuldenbereinigungsvereinbarung zu überwachen 88 .

II. Insolvenzverwalter im französischen Recht Redressement et Iiquidation judiciaires des entreprises Frankreich hat mit dem Gesetz Nr. 85-98 vom 25. Januar 1985 1 ein neues Insolvenzverfahren 2 für Untemehmen3 eingeführt, das die bisherigen Verfahren, insbesondere den Konkurs (jaillite), abgelöst hat. Dieses Verfahren der gerichtlichen Sanierung und Liquidation stand zunächst ganz im Zeichen der Unternehmenserhaltung und war zu diesem Zweck mit erheblichen Eingriffen in die Rechte der Insolvenzgläubiger verbunden4 . Die in das neue Verfahren gesetzten Erwartungen haben sich jedoch nur zum Teil erfüllt5 , was dazu geführt hat, daß die Interessen der Gläubiger in der jüngeren Gesetzgebung wieder an Boden gewonnen haben. Zu erwähnen ist vor allem das Gesetz Nr. 94-475 vom 10. Juni 19946 , mit dem manche Eingriffe in Gläubigerrechte, insbesondere in Rechte gesicherter Gläubiger, zurückgenommen oder abgemildert wurden und das darüber hinaus das Liquidationsverfahren, welches zuvor nur nach teilweisem Durchlaufen des Sanierungsverfahrens eröffnet werden konnte, von diesem abgekoppelt Artt. 333 Abs. 1, 334 Abs. I SchKG. Art. 335 Abs. 1, 2 SchKG. 88 Art. 335 Abs. 3 SchKG. I In Kraft seit 1. Januar 1986, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 96 - 588 vorn 1. Juli 1996. 2 Kein Insolvenzverfahren ist das reglement amiable des di.fficultes des entreprises nach dem Gesetz Nr. 84-148 vorn 1. März 1984, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 94-475 vorn 10. Juni 1994. Zahlungseinstellung darf hier noch nicht vorliegen (Art. 35 Abs. 1 Gesetz Nr. 84-148). Näher dazu Storp, RIW 1984, S. 938 (943 f.); Zierau, S. 56 f.; Sonnenberger; Rdn. VII 6; Hepp de Sevelinges, NZG 1998, S. 208; Städtler; S. 29 ff.; zur Novelle von 1994 Derrida!Sortais, D. 1994 Chron., S. 267 (272 ff.); Dammann, ZIP 1996, S. 300 (301). 3 Dazu zählen Kaufleute, Handwerker, juristische Personen des Privatrechts und Landwirte (Art. 2 Abs. 1 Gesetz Nr. 85 -98). Anderen natürlichen Personen steht das redressement judiciaire civil nach dem Gesetz Nr. 89 - 1010 vorn 31. Dezember 1989 offen, welches ohne einen Insolvenzverwalter auskommt, s. dazu Hugger; RIW 1990, S. 527. 4 Zur Reform von 1985 s. Balz, ZIP 1983, S. 1153 (1156 ff.); Schmidt/Niggemann, RIW 1986, S. 246; Klopp, KTS 1988, S. 267. 5 93% aller eröffneten Verfahren endeten mit der Liquidation, Sanierungspläne wurden nicht selten mißbraucht (Derrida/Sortais, D. 1994 Chron., S. 267 [268, 274, 281]). Zu weiteren Folgen der Reform von 1985 s. Städtler; S. 24. 6 In Kraft seit 1. Oktober 1994. 86

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hat7 . Das wichtigste Ziel des Sanierungsverlahrens ist die Unternehmenserhaltung indessen geblieben.

1. Redressement judiciaire: l'administrateur, le representant des creanciers, le commissaire l'execution du plan

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Das redressement judiciaire (Sanierungsverlahren) beginnt mit einer zunächst auf sechs Monate befristeten Beobachtungsphase, in der das Unternehmen fortgeführt wird und seine Überlebenschancen geprüft werden. Ergibt sich dabei eine Sanierungsmöglichkeit, so beschließt das Insolvenzgericht am Ende der Beobachtungsphase einen Sanierungsplan; andernfalls kommt es zur Liquidation8 . Insolvenzverwalter in der Beobachtungsphase sind der administrateur, der auch eine juristische Person sein kann9, und der representant des creanciers. Hinzu tritt in der Sanierungsphase der commissaire ii l 'execution du plan. Der administrateur und der representant des creanciers werden vom Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluß benannt 10. Erste Aufgabe des administrateur ist die vorläufige Erhaltung des Unternehmens. Er hat dafür zu sorgen, daß die Unternehmensleitung alle Maßnahmen trifft, die zur Wahrung der Rechte des Unternehmens gegenüber seinen Schuldnern und zur Erhaltung seiner Produktionskapazitäten notwendig sind. Gegebenenfalls hat er die dazu elforderliehen Handlungen selbst vorzunehmen 11 , beispielsweise fällige Forderungen einzuziehen 12• Der administrateur ist verpflichtet, ein Inventar zu errichten 13 . Von jedem, der Geschäftsunterlagen des Schuldners besitzt, kann er deren Überlassung zur Einsichtnahme verlangen14. Auf Anordnung des juge-commissaire, eines vom Insolvenzgericht beauftragten Richters, sind ihm die an den Schuldner adressierten Briefe zuzuleiten 15 • 7 Zur Novelle von 1994 s. Derrida/Sortais, D. 1994 Chron., S. 267 (274 ff.); Böckenhoff, RIW 1994, S. 1053; Niggemann!Gramling, RIW 1995, S. 329 (334 f.); Dammann, ZIP 1996, S. 300; Celestine/Felsner, WM 1996, S. 425. s Artt. 8 Abs. I, 35, 61 Gesetz Nr. 85-98. Die Beobachtungsphase kann um sechs Monate und ausnahmsweise um weitere acht Monate verlängert werden (Art. 8 Abs. 2 Gesetz Nr. 8598 i. V.rn. Art. 20 Abs. 1 Dekret Nr. 85- 1388 vorn 27. Dezember 1985, zuletzt geändert durch Dekret Nr. 94 - 910 vorn 21. Oktober 1994). Sie kann jederzeit durch Anordnung der Liquidation beendet werden (Art. 36 Abs. 1, 3 Gesetz Nr. 85 - 98). 9 Le Cannu, in: Jur.-Cl. Corn., Vol. 8, Fase. 2225 Nm. 51 ff.; vgl. Dekret Nr. 93-892 vorn 6. Juli 1993. 10 Art. 10Abs.1 S. 1 GesetzNr. 85-98. 11 Art. 26 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 12 Jauffret/Mestre, Nr. 1052. 13 Art. 27 Abs. 1 Gesetz Nr. 85 - 98 i.V.rn. Art. 51 Abs. 1 Dekret Nr. 85- 1388. Bis zur Novelle von 1994 brauchte ein Inventar nur auf richterliche Anordnung errichtet zu werden. 14 Art. 46 Abs. 2 Dekret Nr. 85 - 1388.

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An der weiteren Geschäftsführung des Unternehmens ist der administrateur ebenfalls beteiligt. Je nach Lage das Falles beauftragt ihn das Insolvenzgericht entweder mit der Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners oder mit dessen Unterstützung bei allen oder bei bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen - in diesem Fall kann der Schuldner weiter die Geschäfte führen, ohne ausdrückliche Zustimmung des administrateur aber nicht wirksam handeln 16 - oder mit der alleinigen Führung aller oder eines Teils der Geschäfte 17 . Diese Befugnisse können auch miteinander kombiniert werden 18. Ob sie sich auf Privatvermögen erstrecken, ist umstritten 19. Der Schuldner verliert das Verwaltungs- und Verfügungsrecht nur so weit, wie die Befugnisse des administrateur reichen 20. Wird das Unternehmen in der Beobachtungsphase ausnahmsweise verpachtet, hat der administrateur die Einhaltung der vom Pächter übernommenen Verpflichtungen zu überwachen21 . Seine Beteiligung und die des representant des creanciers an Passivprozessen des Schuldners ist gesondert geregelt22. Bei der Wahrnehmung der ihm vom Insolvenzgericht übertragenen Befugnisse unterliegt der administrateur bestimmten Beschränkungen. Er muß die der Unternehmensleitung obliegenden gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen beachten23. Insbesondere hat er berechtigte Ansprüche Dritter auf Herausgabe einzelner Gegenstände des Unternehmens zu respektieren. Ein solches Aussonderungsrecht steht in erster Linie dem Eigentümer einer Sache zu24. Vorbehaltseigentum kann ausgesondert werden, wenn der Vorbehalt spätestens bei Lieferung schriftlich vereinbart wurde, wobei es sich seit der Novelle von 1994 auch um einen Rahmenvertrag handeln kann25 . Allerdings muß die Vorbehaltsware bei Verfahrenseröffnung noch im ursprünglichen Zustand (en nature) vorhanden gewesen sein26. Falls Art. 29 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. Delebecque, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2330 Nr. 16. 17 Art. 31 Abs. 1-5 Gesetz Nr. 85-98; unzutreffend Summ, S. 200. 18 Le Cannu, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2226 Nr. 51. 19 Dafür Le Cannu, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2226 Nr. 54; dagegen Ripert/Roblot II, Nr. 3033; Delaporte, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2200 Nr. 99; zweifelnd Endreo/Viandier. S. 33; vgl. Cass. com., 3. 3. 1992, D. 1992 J. 345 (Privatvermögen kann nicht Gegenstand eines Übertragungsplans sein). 2o Art. 32 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. Zur Auslegung dieser Vorschrift s. Jeantin, Nr. 628; Delebecque, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2330 Nr. 28. 21 Vgl. Artt. 42,43 Gesetz Nr. 85-98. 22 Vgl. Artt. 48, 49, 124 Gesetz Nr. 85-98. 23 Art. 31 Abs. 6 Gesetz Nr. 85 - 98. 24 Vgl. Art. ll5 -1 Gesetz Nr. 85-98. 25 Art. 121 Abs. 2 Gesetz Nr. 85-98. Zu den bisherigen Anforderungen s. etwa Cass. com., 3. 11. 1992, D. 1993 Somrn. 287; Klein, RIW 1991, S. 809 (810 f.); Storp, RIW 1996, s. 464 (464 f.). 26 Art. 121 Abs. 2 S. 1 Gesetz Nr. 85 - 98. Zur Handhabung dieses Kriteriums vor der Novelle von 1994 s. CA Paris, 30. 4. 1993, D. 1993 IR. 158; Jauffret/Mestre, Nr. 1085; Klein, RIW 1991, S. 809 (811 f.); Böckenhoff, RIW 1994, S. 465 (466 ff.). 15

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sie in eine andere bewegliche Sache eingefügt wurde, genügt es jedoch, daß sie ohne Schaden von ihr getrennt werden kann. Bei vertretbarer Vorbehaltsware reicht es sogar aus, daß sich Sachen gleicher Art und Qualität im Besitz des Schuldners befinden 27 . Hat der Schuldner Vorbehaltsware weiterverkauft, kann der Kaufpreis, soweit bei Eröffnung noch nicht beglichen, bis zum Betrag der Restforderung ausgesondert werden28 . Ein Verfolgungsrecht ist ebenfalls vorgesehen29. Weitere Aussonderungsrechte betreffen Wertpapiere, die dem Schuldner lediglich zum Einzug oder speziell zur Verwendung für bestimmte Zahlungen übergeben wurden, sich noch in dessen Portefeuille befinden und noch nicht bezahlt sind30, sowie Sachen, die dem Schuldner in Verwahrung oder Kommission gegeben wurden 31 . Bewegliche Vermögensgegenstände kann der administrateur mit Zustimmung des Schuldners in eigener Verantwortung herausgeben32. Zur Herausgabe verpflichtet ist er nur, wenn der juge-commissaire einem Herausgabeantrag, der grundsätzlich binnen drei Monaten nach Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung zu stellen ist, stattgegeben hae 3. Hypotheken, Pfandrechte und spezielle Vorzugsrechte34 an Gegenständen des Schuldnervermögens beeinträchtigen das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des administrateur nur geringfügig. Der administrateur kann solche Gegenstände veräußern35, wobei der auf die gesicherte Forderung entfallende Teil des Erlöses bis zur Entscheidung über das Schicksal des Unternehmens zu hinterlegen ist36, gegen Sicherheitsleistung aber auch vorläufig ausgezahlt werden kann 37. Ferner kann der administrateur dinglich gesicherten Gläubigern die Ersetzung ihrer Sicherheiten durch gleichwertige andere vorschlagen. Wird dieser Vorschlag abgelehnt, kann der juge-commissaire die Substitution anordnen 38. 27

Art. 121 Abs. 3 Gesetz Nr. 85-98; vgl. Ripert!Roblot II, Nr. 3161; Storp, RIW 1996,

s. 464 (465 f.).

28 Art. 122 Gesetz Nr. 85-98 (vgl. Cass. com., 2. 11. 1993, D. 1994 IR. 7). Bei Untergang der Sache kann eine Versicherungsforderung ausgesondert werden (Cass. com., 6. 7. 1993, D. 1994 Somm. 81). 29 Art. 118 Gesetz Nr. 85 - 98. Weitere Aussonderungsrechte des Warenverkäufers enthalten die Artt. 117, 119 Gesetz Nr. 85-98 (zum Hintergrund vgl. Art. 1583 Code civil). 30 Art. 120 Gesetz Nr. 85-98. 31 Art. 121 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 32 Art. 121-1 S. I Gesetz Nr. 85-98. 33 Vgl. Artt. 115, 121 - 1 S. 2 Gesetz Nr. 85-98. Die Antragspflicht gilt nicht für Eigentümer mit publizierten Rechten (Art. 115- 1 Gesetz Nr. 85- 98). Das Fehlen des Inventars hindert die Aussonderung nicht (Art. 27 Abs. 2 Gesetz Nr. 85 -98). 34 Zu den dinglichen Sicherheiten des französischen Rechts s. Cabrillac, RabelsZ 44 (1980), S. 737 ff.; Ferid/Sonnenberger II, Rdn. 3D I ff.; Seeliger; S. 288 ff. 35 Gegebenenfalls mit Ermächtigung des juge-commissaire (Art. 33 Abs. 2 Gesetz Nr. 85-98). 36 Art. 34 Abs. I S. 1 Gesetz Nr. 85-98. 37 Art. 34 Abs. 2 Gesetz Nr. 85 - 98. 38 Art. 34 Abs. 3 Gesetz Nr. 85 - 98.

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Zahlungen auf Insolvenzforderungen darf der administrateur grundsätzlich nicht leisten39, womit auch die Aufrechnung prinzipiell ausgeschlossen ist40. Bestand die Aufrechnungslage allerdings schon vor Verfahrenseröffnung, ist nach französischem Zivilrecht Legalkompensation eingetreten41 , welche von der Verfahrenseröffnung unberührt bleibt42. Nach Eröffnung ist lediglich die Aufrechnung konnexer Forderungen zugelassen43 . Vermögensschädigende Rechtshandlungen des Schuldners können vom administrateur bzw. vom representant des creanciers mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden44 . Nichtigkeit setzt regelmäßig voraus, daß der Schuldner die Rechtshandlung nach Zahlungseinstellung vorgenommen hat. Zahlungseinstellung ist mit Eröffnung anzunehmen, wenn nicht das Insolvenzgericht einen früheren Zeitpunkt bestimmt, der höchstens 18 Monate vor der Eröffnung liegen d~5 . Nichtig sind Austauschverträge, bei denen die Verpflichtungen des Schuldners die des anderen Teils erheblich übersteigen, Zahlungen auf nicht fällige Verbindlichkeiten oder mittels unüblicher Zahlungsmittel auf fällige Verbindlichkeiten, Hinterlegungen im Rahmen des Art. 2075- 1 Code civil, wenn sie nicht auf einem rechtskräftigen Urteil beruhen46, Bestellungen von Hypotheken und Pfandrechten zur Sicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten sowie unentgeltliche Übertragungen beweglichen oder unbeweglichen Verrnögens47 . Die letztgenannten Rechtshandlungen können vom Gericht ausnahmsweise auch dann für nichtig erklärt werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten vor Zahlungseinstellung vorgenommen wurden48 . Zahlungen auf fällige Verbindlichkeiten und entgeltliche Rechtsgeschäfte können für unwirksam erklärt werden, wenn dem anderen Teil die Zahlungseinstellung bekannt war49. Wechsel- und Scheckzahlungen bleiben unberührt, doch können der 39 Art. 33 Abs. I S. 1 Gesetz Nr. 85-98. Ausgenommen sind Zahlungen zur Ablösung von Besitzpfandrechten und Zuriickbehaltungsrechten (nur mit Ermächtigung des juge-commissaire, Art. 33 Abs. 3 Gesetz Nr. 85- 98), Zahlungen auf im Zuge der Unternehmensfortführung regulär entstandene Forderungen (Art. 40 Abs. 1 S. I Gesetz Nr. 85 -98) und Zahlungen auf superprivilegierte Arbeitnehmerforderungen (Art. 129 Gesetz Nr. 85- 98). 40 CA Amiens, 21. 2. 1991, D. 1991 J. 542 (543); Ripenl Rohlot li, Nr. 3039. 41 Art. 1290 Code civil. 42 Cass. com., 29. 11. 1988, D. 1989 Somm. 235; Ripert I Rohlot li, Nr. 3040; Sonnenherger, Rdn. VII 26. 43 So jetzt ausdrücklich Art. 33 Abs. I S. 2 Gesetz Nr. 85 -98; zuvor schon die st. Rspr., etwa Cass. com., 2. 3. 1993 und 27. 4. 1993, D. 1993 J. 426; 5. 4. 1994, D. 1994 IR. 117. 44 Art. 110 Gesetz Nr. 85- 98. 45 Art. 9 Gesetz Nr. 85 - 98. 46 Eine solche Hinterlegung verschafft dem Gläubiger ein Pfandrecht (Artt. 2075-1, 2073 Code civil). Näher dazu von Campe, S. 181 f. 47 Art. 107 Abs. 1-7 (Nm. 1-6) Gesetz Nr. 85-98. Zu Abs. 7 (Nr. 6) vgl. CA Paris, 18. 2. 1992, D. 1992 IR. 142. 48 Art. I 07 Abs. 9 Gesetz Nr. 85 - 98. 49 Art. 108 Gesetz Nr. 85-98. Hier braucht ein Nachteil für den Schuldner nicht eingetreten zu sein (Cass. com., 5. 4. 1994, D. 1994 IR. 117; vgl. Städtler, S. 134 ff.).

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Wechselaussteller oder dessen Auftraggeber sowie der Schecknehmer in Anspruch genommen werden, wenn sie von der Zahlungseinstellung wußten50• Gegen vorläufige Sicherungsmaßnahmen eines Gläubigers, die nach Zahlungseinstellung erfolgt sind, kann ebenfalls Nichtigkeitsklage erhoben werden51 . Rechtsgeschäfte, die der Schuldner in der Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, kann der representant des creanciers mit der action paulienne (Art. 1167 Code civil) angreifen 52. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine überschuldete juristische Person, kommt eine Inanspruchnahme ihrer rechtlichen oder faktischen Geschäftsführer unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung in Betracht. Wenn ein Fehlverhalten der Geschäftsführung zu der Überschuldung beigetragen hat, kann das vom administrateur oder representant des creanciers angerufene Gericht bestimmen, daß sämtliche oder einzelne Geschäftsführer die Verbindlichkeiten der juristischen Person ganz oder teilweise mit zu tragen haben5 3 . Eine weitere Aufgabe des administrateur in der Beobachtungsphase besteht schließlich darin, mit Hilfe des Schuldners eine Wirtschafts- und Sozialbilanz für das insolvente Unternehmen aufzustellen. Auf dieser Basis hat der administrateur entweder einen Plan zur Sanierung des Unternehmens durch Fortführung oder Übertragung zu erarbeiten oder, wenn eine Sanierung nicht möglich erscheint, die Liquidation vorzuschlagen 54 . Falls das Insolvenzgericht einen Sanierungsplan beschließt und die Beobachtungsphase damit beendet, legt es auch den Aufgabenbereich des administrateur in der Sanierungsphase fest und stattet ihn mit denjenigen Befugnissen aus, die zur Umsetzung des Plans erforderlich sind55 . Soll das Unternehmen vollständig oder teilweise übertragen werden, hat der administrateur die dazu erforderlichen Handlungen vorzunehmen und das Unternehmen bis zum Abschluß der Übertragung fortzuführen 56. Für dingliche Spezialsicherheiten an den übertragenen Vennögensgegenständen, die der Absicherung eines Darlehens zur Finanzierung dieser Gegenstände dienen, bleibt die Übertragung ohne Folgen, soweit der Unternehmenserwerber mit dem gesicherten Gläubiger nichts anderes vereinbart57. Andere dingliche Sicherheiten können nach Zahlung des Übernahmepreises nicht mehr gegen den Erwerber geltend gemacht werden, sondern gewähren nur noch ein Recht auf Art. 109 Gesetz Nr. 85-98. Art. 107 Abs. 1, 8 (Nr. 7) Gesetz Nr. 85-98. 52 Ripen!Roblot II, Nr. 3109; Jeantin, Nr. 810. 53 Artt. 180, 183 Gesetz Nr. 85-98. Einzelheiten bei Junker, RIW 1986, S. 337. 54 Art. 18 Abs. I Gesetz Nr. 85-98. 55 Art. 66 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 56 Art. 87 Gesetz Nr. 85-98. 57 Art. 93 Abs. 3 Gesetz Nr. 85-98. Bis zur Novelle von 1994 blieben lediglich Registerpfandrechte an Betriebsausrüstungs- und Investitionsgütern von der Übertragung unberührt. 50

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anteilige Befriedigung aus dem Übertragungserlös 58 . Aus dem auf ihre Forderung entfallenden Teil werden sie jedoch nur mit Nachrang gegenüber den durch ein Superprivileg gesicherten Arbeitnehmerforderungen (insbesondere Lohn- und Gehaltsforderungen der letzten 60 Tage vor Eröffnung59 ) und den im Rahmen der Unternehmensfortführung während der Beobachtungsphase regulär entstandenen Forderungen befriedigt60. Außerdem werden grundsätzlich nur solche Forderungen bezahlt, die samt Sicherheit fristgemäß angemeldet wurden61 . Die Anmeldefrist beträgt zwei Monate, für Gläubiger mit Sitz außerhalb Frankreichs vier Monate, jeweils ab Bekanntmachung der Eröffnung. Nicht fristgemäß angemeldete Forderungen erlöschen, wenn sie nicht auf Antrag des Gläubigers, der binnen eines Jahres nach Eröffnung zu stellen ist, wegen unverschuldeter Säumnis nachträglich zugelassen werden 62 . Diese Beschränkungen für die Geltendmachung von Forderungen und Sicherheiten gelten auch, wenn das Gericht einen Fortführungsplan beschließt. Für die Dauer des Plans63 , den das Gericht bei möglicher Sanierung beschließt und der die Fortführung oder auch Veräußerung des Unternehmens vorsehen kann, ernennt das Insolvenzgericht einen commissaire a l' execution du plan, der mit dem administrateur oder mit dem representant des creanciers identisch sein kann64 . Der commissaire a l'execution du plan hat die Erfüllung des Plans und der dazu eingegangenen Verpflichtungen durch die im Plan bezeichneten Personen, bei denen es sich um den Schuldner bzw.- bei juristischen Personen- um dessen Gesellschafter oder um den Unternehmenserwerberhandeln kann65 , zu überwachen 66. Er führt die vom administrateur und representant des creanciers eingeleiteten Prozesse fort67 und kann auch die in deren Zuständigkeit fallenden Klagen erheben68 , insbesondere Nichtigkeits- und Durchgriffshaftungsklagen69. Falls ein ÜbertraArt. 93 Abs. I, 2 Gesetz Nr. 85-98. Näher dazu Ripert/Roblot II, Nr. 3247; Jeantin, Nr. 672; Gröniger, S. 83 f.; Ferid/Sonnenberger II, Rdn. 3 D 234. 60 Artt. 34 Abs. 1 S. 2, 40 Abs. I S. 2, 78 Abs. I, 79 Gesetz Nr. 85-98. Näher dazu Schmidt/Niggemann, RIW 1986, S. 246 (251 f.); Zierau, S. 127 f., 148 f.; Böckenhoff RIW 1994, S. 1053 (1054). Hiervon nicht betroffen sind Aussonderungsberechtigte (Jeantin, Nr. 675) und Gläubiger, die die gerichtliche Übertragung ihres Pfandes verlangen können (Cass. com., 6. 3. 1990, D. 1990 J. 311). 61 Artt. 50 Abs. 1 S. 1, 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 S. 1 Gesetz Nr. 85-98, Art. 66 Abs. 1 Dekret Nr. 85- 1388. 62 Art. 53 Gesetz Nr. 85-98; dazu Cass. com., 31. 5. 1994, D. 1995 Somm. 25. Der Ausschluß kann Gläubigem mit publizierten Sicherheiten nicht entgegengehalten werden, wenn ihnen die Verfahrenseröffnung nicht persönlich mitgeteilt wurde (Art. 53 Abs. 2). 63 Begrenzt auf zehn Jahre, bei Landwirten auf 15 (Art. 65 S. 3, 4 Gesetz Nr. 85- 98). 64 Art. 67 Abs. 1 S. 1 und 2 Gesetz Nr. 85-98. 65 Endreo/Viandier, S. 59. 66 Art. 67 Abs. I S. 1 Gesetz Nr. 85 - 98. 67 Art. 67 Abs. 2 Gesetz Nr. 85-98. 68 Cass. com., 12. 7. 1994, D. 1995 Somm. 1. 58 59

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gungsplan nicht das gesamte Schuldnervermögen umfaßt und kein Fortführungsplan beschlossen wurde, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des verbleibenden Vermögens auf den commissaire a I' execution du plan über (dessaisissement), der es nach den für das Liquidationsverfahren geltenden Bestimmungen zu verwerten hat70 . Für Unternehmen mit höchstens 50 Arbeitnehmern und weniger als 20 Mio. FF Jahresumsatz7 1 ist ein vereinfachtes Sanierungsverfahren mit verkürzter Beobachtungsphase vorgesehen72 . Im vereinfachten Verfahren wird ein administrateur nur bestellt, wenn dies notwendig erscheint. In diesem Fall geht entweder das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den administrateur über, der den Schuldner dann auch vertritt, oder der Schuldner wird bei der Fortführung seines Unternehmens vom administrateur unterstütze 3 . Erscheint die Bestellung eines administrateur entbehrlich, werden einzelne seiner Aufgaben vom representant des creanciers oder vom commissaire a l'execution du plan wahrgenommen74 •

2. Liquidationjudiciaire: le liquidateur Das Liquidationsverfahren, welches bis zur Novelle von 1994 erst nach Durchlaufen der Beobachtungsphase beginnen konnte75, kann nun auch unmittelbar eröffnet werden, wenn das Unternehmen seine Tätigkeit eingestellt hat oder eine Sanierung offensichtlich unmöglich isC 6 . In beiden Verfahrensvarianten ernennt das Insolvenzgericht einen liquidateur77 , der das Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozeßführungsrecht hinsichtlich des mit Verfahrenseröffnung beschlagnahmten pfändbaren78 Schuldnervermögens ausübt79 . Der liquidateur hat die SicherungsArtt. llO, 183 Gesetz Nr. 85-98. Art. 81 Abs. 4 Gesetz Nr. 85 -98; vgl. Derrida!Sortais, D. 1994 Chron., S. 267 (281). 71 Unzutreffend Celestine/Felsner, WM 1996, S. 425 (426) (Bilanzsumrne). n Art. 2 Abs. 2 Gesetz Nr. 85 - 98, Art. 1 Abs. 2 Dekret Nr. 85 - 1387 vom 27. Dezember 1985. Die Beobachtungsphase beträgt vier Monate. Sie kann regelmäßig um weitere vier Monate verlängert werden (Art. 140 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98 i.V.m. Art. 111 Dekret Nr. 851388). 73 Art. 141 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 74 Vgl. etwa Art. 51 Abs. 1 Dekret Nr. 85-1388 (Inventarerrichtung), Art. 147 Gesetz Nr. 85-98 (Umsetzung eines Sanierungsplans). 75 Cass. com., 4. 11. 1986, D. 1986 J. 579; 17. 5. 1989, J.C.P. 1990 II 21464; Ripert/Roblot II, Nr. 3212; Jeantin, Nr. 622. Tatsächlich fand eine Beobachtung höchstens in 50% aller Verfahren statt (Ripert/Roblot II, 13. Auf!., Nr. 3212 a.E.). 76 Artt. 1 Abs. 3, 148 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 77 Artt. 148-1 Abs. 1 S. 1, 148-4 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. Im nachgeschalteten Liquidationsverfahren wird grundsätzlich der representant des creanciers zum liquidateur ernannt. 78 Dazu Ripert/ Rohlot II, Nr. 3220; Art. 14 Gesetz Nr. 91-650 vom 9. Juli 1991. 79 Art. 152 Abs. 1 Gesetz Nr. 85 - 98. Demgemäß ist z. B. die Zustellung eines Urteils an den Schuldner unwirksam (Cass. com., 28. 6. 1994, D. 1994 IR. 198). 69

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maßnahmen zu treffen, die im Sanierungsverfahren dem administrateur obliegen80, und ein Inventar zu errichten 81 . Auf Anordnung des juge-commissaire wird ihm die an den Schuldner gerichtete Post ausgehändigt82 . Das Unternehmen des Schuldners kann der liquidateur, wenn das öffentliche Interesse oder das der Gläubiger es verlangt, mit Zustimmung des Insolvenzgerichts für zwei Monate fortführen83. Für Aussonderung84, Aufrechnung85 , Nichtigkeits- 86 und Durchgriffshaftungsklagen87 gelten im Prinzip dieselben Regeln wie im Sanierungsverfahren. Die in die Zuständigkeit des representant des creanciers fallenden Klagen kann auch der liquidateur erheben88 . Hauptaufgabe des liquidateur ist die Verwertung des Schuldnervermögens89 einschließlich des Neuerwerbs90 und des Privatvermögens91 . Sofern sich der jugecommissaire für die Globalveräußerung von Produktionseinheiten entscheidet, muß der liquidateur diese durchführen 92 . Ansonsten hat er Immobilien grundsätzlich nach den für die Immobiliarpfändung geltenden Bestimmungen zu verwerten, wobei er die von einem Gläubiger begonnene Vollstreckung fortsetzen kann93 . Läßt ein freihändiger Verkauf ein besseres Ergebnis erwarten, kann der liquidateur sich mit Ermächtigung des juge-commissaire auch für diese Verwertungsart entscheiden94. Bewegliches Vermögen wird nach Anordnung des juge-commissaire vom liquidateur öffentlich versteigert oder freihändig verkauft95 . Zur Verwertung von Gegenständen, an denen Gläubigem ein Besitzpfandrecht oder ein Zuriickbehaltungsrecht zusteht, das der liquidateur nicht ablösen will, muß er sich binnen Art. 153-2 Abs. I S. 2 i.V.m. Art. 26 Gesetz Nr. 85-98. Art. 148-3 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 Gesetz Nr. 85-98 (nur im selbständigen Liquidationsverfahren). 82 Artt. 153- I Abs. 1, !53-2 Abs. I S. 2 i.V.m. Art. 29 Gesetz Nr. 85-98. 83 Art. 153 Abs. I S. 1, Abs. 2 S. I Gesetz Nr. 85-98 i.V.m. Art. 119-2 Dekret Nr. 851388. Eine Verlängerung ist grundsätzlich nur um zwei Monate möglich. Im nachgeschalteten Liquidationsverfahren obliegt die Fortführung dem administrateur. 84 Art. 148- 2 Abs. 1 i.V.m. Artt. 115, 115 - 1, 121, Art. 153 - 4 i.V.m. Artt. 115 - 122 Gesetz Nr. 85-98. 85 Art. 148-2 Abs. I i.V.m. Art. 33 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 86 Art. 153-4 i.V.m. Artt. 107-110, Art. 148 Abs. 3 i.V.m. Art. 9 Gesetz Nr. 85-98. 87 Artt. 180, 183 Gesetz Nr. 85-98. 88 Artt. 148-3 Abs. I S. 2, 148-4 Abs. 3 S. 2 Gesetz Nr. 85 - 98. Im nachgeschalteten Liquidationsverfahren führt er zudem die vom administrateur und representant des creanciers eingeleiteten Prozesse fort (148 - 4 Abs. 3 S. 2 Gesetz Nr. 85 - 98). 89 Artt. 148-3 Abs. I S. I, 148-4 Abs. 3 S. 1 Gesetz Nr. 85 - 98. 90 Art. 152 Abs. 1 S. I Gesetz Nr. 85-98. 91 Ripert/Roblot II, Nr. 3216; Jeantin, Nr. 753. 92 Art. 155 Abs. 2, 5, 6 Gesetz Nr. 85-98. 93 Art. 154 Abs. I , 2 Gesetz Nr. 85 - 98. 94 Art. 154 Abs. 3 Gesetz Nr. 85 - 98. 95 Art. 156 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 80

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sechs Monaten nach Eröffnung des Liquidationsverfahrens vom juge-commissaire ermächtigen lassen96. Pfandgläubiger können bis zur Verwertung jedoch die gerichtliche Übertragung ihres Pfandes verlangen97 • Davon abgesehen kann der liquidateur mit dinglichen Sicherheiten belastete Gegenstände innerhalb der ersten drei Monate des Liquidationsverfahrens allein verwerten. Erst wenn er mit der Verwertung in diesem Zeitraum nicht begonnen hat98 , sind die gesicherten Gläubiger berechtigt, ihre Rechte selbst zu verfolgen99. Der dabei erzielte Erlös steht allerdings zunächst dem liquidateur zu 100. lmmobiliarsicherheiten, mit einem Zuriickbehaltungsrecht verbundene Mobiliarsicherheiten und Registerpfandrechte an Betriebsausriistungs- und Investitionsgütern haben von der Novelle von 1994 insofern profitiert, als die durch sie gesicherten Forderungen im Liquidationsverfahren nicht mehr im Rang nach, sondern vor den Forderungen befriedigt werden, die im Rahmen der Unternehmensfortführung während der Beobachtungsphase und gegebenenfalls zu Beginn des Liquidationsverfahrens regulär entstanden sind 101 . Im übrigen ist die Gefahr eines Forderungsausfalls im nachgeschalteten Liquidationsverfahren auch deshalb geringer, weil die Frist für die Forderungsanmeldung bei dessen Eröffnung regelmäßig zu verlängern ist 102 .

111. Insolvenzverwalter im englischen Recht Das englische Recht unterscheidet seit dem Joint Stock Companies Winding Up Act 1844 zwischen Insolvenzverfahren für Kapitalgesellschaften (companies) einerseits und für natürliche Personen andererseits. Diese Unterscheidung hat auch die Insolvenzrechtsreform von 1985 I 86 nicht beseitigt. Allerdings hat sie die wichtigsten Verfahren beider Kategorien in einem einzigen Gesetz, dem Insolvency Act 1986 1 , zusammengefaßt 2 und zum Teil vereinheitlicht. Manche Verfahren

Art. 159 Abs. 1, 2 Gesetz Nr. 85-98. Art. 159 Abs. 3 S. 1 Gesetz Nr. 85-98 i.V.rn. Art. 2078 Code civil. Ebenso die Inhaber von Registerpfandrechten an Betriebsausrüstungs- und Investitionsgütern (Cass. corn., 6. 3. 1990, D. 1990 J. 311; vgl. Zierau, S. 142 f.). 98 Dazu Cass. corn., 28. 5. 1991, D. 1991 Sornrn. 333. 99 Art. 161 GesetzNr. 85-98. 10o Vgl. Art. 161-1 Gesetz Nr. 85-98. 101 Artt. 40 Abs. 2, 153 Abs. 1 S. 3 Gesetz Nr. 85-98. Zu anderen Privilegien s. Städtler; s. 279 ff. 102 Art. 119 Abs. 2 Dekret Nr. 85-1388. Die Vorschriften für die Forderungsanmeldung im Sanierungsverfahren finden auch im selbständigen Liquidationsverfahren Anwendung (Art. 148-2 Abs. 2 i.V.rn. Artt. 50-54 Gesetz Nr. 85-98). I In Kraft seit 29. Dezember 1986. Zur Vorgeschichte s. Amold, ZIP 1985, S. 321 (327 ff.); zu jüngsten Reformvorschlägen Shearman, ZIP 1995, S. 1129 (1132 ff.). 96

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III. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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sind weitgehend identisch oder weisen zumindest zahlreiche inhaltliche Übereinstimmungen auf. 1. Gesellschaftsinsolvenzverfahren a) Winding up

In Großbritannien registrierte Kapitalgesellschaften können bei Insolvenz entweder zwangsweise gerichtlich liquidiert werden (winding up by the court) oder aufgrund eines freiwilligen Beschlusses der Gläubiger (creditors' voluntary winding upl Für Kapitalgesellschaften, die nicht oder außerhalb Großbritanniens registriert sind, und für partnerships kommt hingegen nur eine gerichtliche Liquidation in Betracht4 • Ein creditors' voluntary winding up ist bei diesen Gesellschaften ausgeschlossen5 . aa) Winding up by the court: provisionalliquidator, official receiver, Liquidator, special manager Im winding up by the court, auch compulsory winding up genannt, erfolgt die Insolvenzverwaltung durch den provisionalliquidator, den official receiver (einen dem Gericht zugeordneten Mitarbeiter des Ministeriums für Handel und Industrie)6, den Liquidator sowie in Ausnahmefällen durch einen special manager. 2 Nicht im Insolvency Act 1986 geregelte Verfahren bleiben hier außer Betracht. Dabei handelt es sich zum einen um deeds of arrangement nach dem Deeds of Arrangement Act 1914, deren Bedeutung erheblich zurückgegangen ist (vgl. Fletcher, S. 804-807}, zum anderen um administration orders nach Sec. 112 ff. County Courts Act 1984 zur Bewältigung kleinerer Insolvenzen (zu diesen Verfahren s. Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nm. 829 ff. ; Fletcher, S. 59 ff. ; Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Rdn. 824 f .). Auch die receivership wird hier nicht näher erörtert. Sie ist zwar im Insolvency Act 1986 geregelt (Sec. 28-72), dient aber der Realisierung einer bestimmten Sicherheit (der jloating charge) und nicht den Interessen aller Gläubiger. Folglich ist sie kein Insolvenzverfahren (Oditah, L.Q.R. 108 [1992], S. 459 [460 f.]; Moss, in: Comp.L.Y.B.Int.Business 15 [1993], S. 3 [6 f.]; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 [1368]; Lipp, RIW 1994, S. 18 [23]; Aderhold, S. 180; Summ, S. 117; Reinhart, S. 174 f.; Trunk, IIR, S. 268 N. 682; Balz, ZIP 1996, S. 948 [949] für das EuiÜ; wohl a.A. Goode, Principles, S. 10 f .). Zum Begriff des Insolvenzverfahrens s. unten B. II. 2. b) aa) (1), S. 71 ff. 3 Sec. 73 (I) i.V.m. Sec. 436 Insolvency Act 1986, Sec. 735 (1) Companies Act 1985. 4 Sec. 220-229 Insolvency Act 1986. Für partnerships gilt Sec. 420 Insolvency Act 1986 i.V.m. der Insolvent Partnerships Order 1994. Parallele Insolvenzverfahren gegen die Partner sind möglich (vgl. Artt. 8, 10 Insolvent Partnerships Order 1994; Re Marr and another [bankrupts} [ 1990] 2 All E. R. 880, C.A.). Unzutreffend Triebeil Hodgsonl Kellenter I Müller; Rdn. 1127. 5 Sec. 221 (4) Insolvency Act 1986, Artt. 7-11 Insolvent Partnerships Order 1994 i.V.m. Sec. 221 (4) Insolvency Act 1986. 6 Vgl. Sec. 399 Inso1vency Act 1986; Fletcher; S. 24 ff.

4 Ahrens

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A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

Einen provisional Iiquidator kann das Gericht ernennen, sobald Liquidationsantrag gestellt ist7 . Sein Auftrag besteht darin, das Gesellschaftsvermögen zu sichem8 und die ihm vom Gericht übertragenen weiteren Aufgaben zu erfüllen9• Insbesondere hat der provisional Iiquidator das Gesellschaftsvermögen in Gewahrsam oder Verfügungsgewalt zu nehmen 10. Zu diesem Zweck verfügt er über bestimmte allgemeine Verwalterbefugnisse (Sec. 234-237 Insolvency Act 1986), die auch dem Iiquidator und zum überwiegenden Teil dem official receiver zustehen. So kann der provisional Iiquidator anstelle des Gerichts die unverzügliche Herausgabe der der Gesellschaft gehörenden Vermögensgegenstände, Geschäftsbücher und Unterlagen anordnen, die sich im Besitz oder in der Verfügungsgewalt Dritter befinden 11 . Er kann Auskunft über die Verhältnisse der Gesellschaft von Mitgliedern ihrer Verwaltungsorgane, von ihren Arbeitnehmern und unter bestimmten Voraussetzungen von ihren Gründem verlangen 12. Diese Personen haben sich auf Anforderung zu seiner Verfügung zu halten 13 . Bei Gericht kann der provisional Iiquidator die Vorladung der Mitglieder der Verwaltungsorgane sowie derjenigen Personen beantragen, von denen bekannt ist oder vermutet wird, daß sie Gesellschaftsvermögen in Besitz haben, oder von denen angenommen wird, daß sie Schuldner der Gesellschaft sind oder sonst über deren Verhältnisse Auskunft geben können 14. Bei entsprechender Beweislage kann das Gericht auf Antrag des provisional Iiquidator die Herausgabe von Vermögensgegenständen bzw. die Erfüllung von Verbindlichkeiten anordnen 15. Diese allgemeinen Verwalterbefugnisse stehen dem provisional Liquidator allerdings nur insoweit zu, als das Gericht bei seiner Ernennung nichts Gegenteiliges angeordnet hat 16. Mit Verfahrenseröffnung wird der provisional Iiquidator vom official receiver abgelöst17 . Dessen originäre Kompetenzen sind gering. Er hat die Eröffnungsentscheidung öffentlich bekanntzumachen und zum Gesellschaftsregister mitzuteilen 18. Auch ist er verpflichtet, die Verhältnisse der Gesellschaft und die Ursachen 7 Sec. 135 (I) Insolvency Act 1986. Zum provisionalliquidator wird zumeist der official receiverbestellt (Fletcher, S. 551; vgl. Sec. 135 (2) Insolvency Act 1986). 8 Fletcher, S. 551; Bailey/Groves/Smith, Nr. 7.87. 9 Sec. 135 (4) Insolvency Act 1986. to Sec. 144 (1) Insolvency Act 1986. 11 Sec. 234 (1), (2), 160 (l)(c) Insolvency Act 1986, R. 4.185 (I) Inso1vency Ru1es 1986; vgl. auch Sec. 246 Insolvency Act 1986. Diese Bestimmungen gelten nicht für den official receiver. 12 Sec. 235 (2)(a), (3)(a) - (d) lnsolvency Act 1986. 13 Sec. 235 (2)(b) lnso1vency Act 1986. 14 Sec. 236 (2) lnsolvency Act 1986. 15 Sec. 237 (1), (2) Insolvency Act 1986. 16 Vgl. Sec. 135 (5) Insolvency Act 1986. 17 Bailey!Groves/Smith, Nr. 7.93; vgl. aber Sec. 172 (2) Insolvency Act 1986. 18 R. 4.21 (3), (4) Insolvency Rules 1986, Sec. 130 (I) Insolvency Act 1986.

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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ihres Scheiteros zu ermitteln 19 . Der official receiverkann von den Mitgliedern der Verwaltungsorgane, den Gründern und den Arbeitnehmern der Gesellschaft eine Aufstellung des Gesellschaftsvermögens und der Gesellschaftsverbindlichkeiten verlangen20• Ferner hat er das Recht, die öffentliche Vernehmung der Mitglieder der Verwaltungsorgane und der sonst mit der Geschäftsführung oder Gründung der Gesellschaft befaßten Personen bei Gericht zu beantragen21 . Im übrigen ist der official receiver kraft Amtes Iiquidator und bleibt dies bis zur Bestellung eines Nachfolgers22, für die regelmäßig die Gläubigerversammlung zuständig ist, hilfsweise die Versammlung der contributories23 , in Ausnahmefällen das Ministerium für Handel und Industrie oder das Gericht24. Der Iiquidator hat im Verhältnis zur Gesellschaft die Rechtsstellung eines Vertreters (agent) 25 , so daß er z. B. Prozesse im Namen der Gesellschaft führen kann26. Er kann aber auch bei Gericht beantragen, den vollständigen oder teilweisen Übergang des Gesellschaftsvermögens auf sich anzuordnen27 . Mit einer solchen Anordnung erlangt er eine Position, die der des trustee im Konkurs über das Vermögen natürlicher Personen entspricht28 . Aufgabe des Iiquidator ist die Erfassung, die Verwertung und die Verteilung des Gesellschaftsvermögens29 . Dabei kann er alle Maßnahmen treffen, die nach seinem Ermessen30 zur Liquidation der Gesellschaft notwendig sind. Soweit dies für die Liquidation von Vorteil ist, kann er die Geschäfte der Gesellschaft auch fortführen 31 • Vorteile aus Vollstreckungsmaßnahmen, die bei Verfahrensbeginn 32 noch nicht abgeschlossen waren, kann der Iiquidator herausverlangen 33 . Sec. 132 (1) Insolvency Act 1986. Sec. 13 I (I) - (3) lnsolvency Act I 986. 21 Sec. I33 (I) Insolvency Act I986. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu vernehmende Person die englische Staatsangehörigkeit besitzt oder ob sie im Zuständigkeitsbereich der englischen Gerichte tätig geworden ist (Re Seagull Manufacturing Co. Ltd. [in Iiquidation] [1993] 2 AllE. R. 980, C.A.). 22 Sec. 136 (2) Insolvency Act I986. 23 Dazu zählen insbesondere nachschußpflichtige Gesellschafter (siehe Sec. 74 ff. Insolvency Act 1986). 24 Vgl. Sec. I36 (4), (5), 137 (1)- (3), 139, I40 Insolvency Act I986. 25 Bailey!Groves/Smith, Nr. IO.I6; Fletcher, S. 583. 26 Sec. I67 (I)(a) i.V.m. Schedule 4 Part II Nr. 4 Insolvency Act 1986. 27 Sec. I45 (I) Insolvency Act I986. Die Vorteile einer solchen Anordnung sind indessen gering (Bailey/Groves/Smith, Nr. 10.19 N. 3). Entgegen Hanisch (ZIP 1992, S. ll 25 [1127], sowie in: FS Jahr, S. 455 [469]) betrifft der Übergang nicht nur die Verfügungsbefugnis. 28 Vgl. Fletcher, S. 583; Bailey/Groves/Smith, Nr. 10.19; s. unten 2. a), S. 61. 29 Sec. 143 (1) Insolvency Act I986. 19

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Sec. I68 (4) Insolvency Act 1986. Sec. I67 (I) i.V.m. Schedule 4 Part II Nr. 5, Part III Nr. I3 Insolvency Act I986. 32 Als Beginn gilt die Stellung des Liquidationsantrags, gegebenenfalls ein vorheriger Liquidationsbeschluß der Gesellschaft (Sec. I29 Insolvency Act I986). 33 So zumindest im Regelfall, vgl. Sec. 183 Insolvency Act 1986. 30

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Über das in Besitz oder Verfügungsgewalt genommene Vermögen34 kann der Iiquidator nicht unbegrenzt verfügen. Dingliche Rechte Dritter, insbesondere Eigentumsrechte, muß er grundsätzlich respektieren 35 . Sachen, die die Gesellschaft unter einfachem oder erweitertem Eigentumsvorbehalt erworben hat und die im Gesellschaftsvermägen identifiziert und, soweit erforderlich, ohne weiteres von anderen Sachen getrennt werden können, hat der Iiquidator dem Vorbehaltseigentümer herauszugeben36. Ist die Vorbehaltsware weiterverarbeitet oder -veräußert worden, kann das Arbeitsprodukt bzw. der Veräußerungserlös aufgrund eines solchen Vorbehalts prinzipiell allerdings nicht herausverlangt werden 37 . Verarbeitungs- und Vorausabtretungsklauseln sind ohne Registrierung ebenfalls nur in engen Grenzen wirksam38 . Das Verfolgungsrecht (right of stoppage in transit) ist hingegen gewährleistee9. Vermögen, das die Gesellschafton trustfür andere hält, hat der Iiquidator den Begünstigten zu überlassen40. Inhaber dinglicher Sicherheiten (floating charges41 ausgenommen) können ihre Verwertungsrechte auch im winding up ausüben42. Der Liquidator ist jedoch berechtigt, Sicherheiten zu dem vom Gläubiger in der Forderungsanmeldung angegeVgl. Sec. 144 (I) Insolvency Act 1986. Goode, Principles, S. 17 ff. 36 Fletcher, S. 634 ff.; Bailey/Groves!Smith, Nm. 9.61, 5.56 ff.; zu den Voraussetzungen im einzelnen s. Aluminium Industrie Vaassen B. V. v. Romalpa Aluminium Ltd. [ 1976] 2 All E. R. 552, Q.B.D., C.A.; Hendy Lennox (Industrial Engines) Ltd. v. Grahame Puttick Ltd. [1984] 2 All E. R. 152 (159), Q.B.D.; Clough Mill Ltd. v. Martin [1984] 3 All E. R. 982, C.A.; Armour and another v. Thyssen Edelstahlwerke AG [1990] 3 AllE. R. 481, H.L. Zur Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts vgl. Sec. 17, 19 (I) Sale of Goods Act 1979. 37 Vgl. Borden (UK) Ltd. v. Scottish Timher Products Ltd. and another [1979] 3 AllE. R. 961, C.A.; Hendy Lennox (Industrial Engines) Ltd. v. Grahame Puttick Ltd. [1984] 2 All E. R. 152, Q.B.D.; Re Andrabel/ Ltd. (in Iiquidation), Airborne Accessories Ltd. v. Goodman [1984]3 AllE. R. 407, Ch.D. 38 Vgl. Aluminium Industrie Vaassen B. V. v. Romalpa Aluminium Ltd. [ 1976] 2 All E. R. 552, Q.B.D., C.A.; Re Peachdart Ltd. [1983]3 AllE. R. 204, Ch.D.; Clough Mill Ltd. v. Martin [1984] 3 AllE. R. 982, C.A. Zur gesamten Problematik (von Staughton J. in Hendy Lennox [lndustrial Engines] Ltd. v. Grahame Puttick Ltd. [1984] 2 AllE. R. 152 [159] bekanntlich als "a maze, if not a minefield" bezeichnet) vgl. Goode, Proprietary Rights, S. 84 ff.; Kessel, RIW 1991, S. 812 (814 ff.); von Bemstorff, RIW 1993, S. 365 (368 f.); Vach, S. 18 ff.; Rottnauer, S. 260 ff.; Kieninger, S. 83 ff. 39 Sec. 39 (l)(b), 44-46 Sale of Goods Act 1979. Näher zur Rechtsstellung des Warenverkäufers Rottnauer, S. 212 ff. 40 Barclays Bank Ltd. v. Quistclose Investments Ltd. [ 1968] 3 All E. R. 651 , H.L.; Fletcher, S. 637; Goode, Principles, S. 55 ff. 41 Aufschiebend bedingtes Sicherungsrecht am Vermögen einer Gesellschaft oder einer bestimmten Kategorie desselben, das sich bei Bedingungseintritt zu einer Belastung der dann vorhandenen Vermögensgegenstände verfestigt (vgl. Bailey/Groves!Smith, Nr. 14.18; Goode, Rabe1sZ 44 [1980], S. 674 [687 ff.] ; Gottwald, KTS 1981, S. 17 [33 ff.]; Rottnauer, S. 177 ff.; Florian, S. l14 f. ). Allgemein zu den dinglichen Sicherheiten des englischen Rechts Goode, RabelsZ 44 (1980), S. 674 (681 ff.). 42 Fletcher, S. 633 f.; Bailey/Groves/Smith, Nr. 12.29; Goode, Principles, S. 18 f. 34 35

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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benen Wert abzulösen43 . Außerdem kann er verlangen, daß Sicherheiten, die nicht mit angemeldet wurden, aufgegeben werden, es sei denn, daß die Anmeldung versehentlich oder aufgrund eines gutgläubigen Irrtums unterblieben ist und das Gericht einem entsprechenden Antrag des Gläubigers stattgibt44 • Forderungen kann der Liquidator nur insoweit einziehen, als Ansprüche der Gesellschaft gegen Insolvenzgläubiger und die von diesen angemeldeten Insolvenzforderungen nicht gegeneinander aufzurechnen sind. Die Aufrechnung erfaßt vor Verfahrenseröffnung begründete Geldforderungen45 aus gegenseitigen Geschäften. Sie ist ausgeschlossen, wenn die angemeldete Forderung erst nach Stellung des Liquidationsantrags entstanden ist und die Antragstellung dem Gläubiger bekannt war46_ Rechtshandlungen der Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger, d. h. Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung (transactions at an undervalue) und Vorzugsrechte (preferences), kann der Liquidator anfechten47 . Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung48 sind anfechtbar, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor Verfahrensbeginn vorgenommen wurden und die Gesellschaft zu dieser Zeit zahlungsunfähig war oder es irrfolge des Rechtsgeschäfts geworden ist49. Dies gilt nicht, wenn die Gesellschaft das Rechtsgeschäft in gutem Glauben und zwecks Fortführung ihres Geschäftsbetriebs getätigt hat und vernünftigerweise einen Vorteil daraus erwarten konnte50. Der Liquidator kann Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung darüber hinaus auch nach den allgemeinen Vorschriften über gläubigerschädigende Rechtshandlungen anfechten 5 1. Voraussetzung dafür ist R. 4.97 (I) Insolvency Rules 1986. R. 4.96 (1) Insolvency Rules 1986. 45 Vgl. Stein v. Blake [1993]4 AllE. R. 225, C.A. 46 R. 4.90 lnsolvency Rules 1986. Zur Aufrechnung mit einer gesicherten Forderung s. Re Norman Holding Co. Ltd. [1990] 3 AllE. R. 757, Ch.D.; zur Aufrechnung von Einlagenforderungen gegen Forderungen aus Schuldsicherungsgeschäften bei Liquidation einer Bank s. M.S. Fashions Ltd. and others v. Bank ofCredit and Commerce International S.A. (in Iiquidation) and others (No. 2), High Street Services Ltd. and others v. Bank ofCredit and Commerce International S.A. (in Iiquidation), Impexbond Ltd. and others v. Bank of Credit and Commerce International S.A. (in Iiquidation) [1993] 3 All E. R. 769, Ch.D., C.A.; Re Bank of Credit and Commerce International S.A. (No. 8) [1994] 3 AllE. R. 565, Ch.D., [1996] 2 All E. R. 121, C.A. Zu weiteren Einzelheiten s. Bailey!Groves ! Smith, Nm. 12.22 ff.; Wood, SetOff, Rdn. 7 - 1 ff.; Vach, S. 54 ff. ; Summ, S. 140 f. 47 Sec. 238 - 241 Insolvency Act 1986. 48 Näher definiert in Sec. 238 (4) Inso1vency Act 1986; Beispiele bei Wood, Principles, Rdn. 5 - 3 f. 49 Sec. 240 (l)(a), (2), (3)(b) Inso1vency Act 1986. Die Zah1ungsunfahigkeit wird bei Rechtsgeschäften mit Personen, die mit der Gesellschaft verbunden sind, vermutet (Sec. 240 (2) Inso1vency Act 1986). so Sec. 238 (5) Insolvency Act 1986. SI Sec. 423 (l)(a), (c), 424 (l)(a) Inso1vency Act 1986. Dieses Recht hat auch der official receiver. 43

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allein, daß die Gesellschaft in der Absicht gehandelt hat, dem Zugriff eines gegenwärtigen oder zukünftigen Gläubigers Vermögenswerte zu entziehen oder die Rechte eines solchen Gläubigers in anderer Weise zu beeinträchtigen52. Vorzugsrechte werden dadurch begründet, daß die Gesellschaft Handlungen vornimmt oder duldet, mit denen Gläubiger, Bürgen oder Garantiegeber eine bessere Position als die erlangen, welche sie im Insolvenzfall sonst innehätten53 . Solche Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn sie innerhalb von sechs Monaten vor Verfahrensbeginn vorgenommen wurden, die Gesellschaft zu dieser Zeit zahlungsunfähig war oder es infolge der Rechtshandlung geworden ist54, es sei denn, daß die Entscheidung der Gesellschaft zur Vomahme der Rechtshandlung nicht durch den Wunsch zur Begründung des Vorzugsrechts beeinflußt wurde5 5 . Wenn bestimmte mit der Gesellschaft verbundene Personen begünstigt wurden, beträgt die Frist zwei Jahre, und der Begünstigungswunsch wird vermutet56 . Ein besonderer Anfechtungstatbestand erfaßt Kreditgeschäfte, die die Gesellschaft innerhalb von drei Jahren vor Verfahrenseröffnung eingegangen ist und die grob unausgewogen sind oder den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverkehrs in anderer Weise grob widersprechen57. Falls die Geschäfte der Gesellschaft zu fraudulösen Zwecken geführt wurden, insbesondere in der Absicht, die Gesellschaftsgläubiger zu schädigen, kann der Iiquidator die beteiligten Personen im Wege des Haftungsdurchgriffs in Anspruch nehmen. Sie sind auf seinen Antrag und entsprechende Entscheidung des Gerichts hin verpflichtet, Beiträge in der vom Gericht bestimmten Höhe zum Gesellschaftsvermögen zu leisten58 . Gleiches gilt für Vorstandsmitglieder, denen die Unvermeidbarkeit einer insolvenzbedingten Liquidation vor Verfahrensbeginn bekannt war oder bekannt sein mußte, sofern sie nicht alles Erforderliche zur Reduzierung eines Forderungsausfalls der Gläubiger unternommen haben59. Über die Verwertung des Gesellschaftsvermögens entscheidet der Iiquidator nach seinem Ermessen60. Er kann es öffentlich versteigern oder freihändig verkaufen6 1. Auf wirtschaftlich wertloses Vermögen, d. h. auf nicht profitable Verträge und Vermögensgegenstände, die nicht oder nur schwer verkäuflich sind oder eine Verpflichtung zur Vomahme einer nachteiligen Handlung62, insbesondere einer Zahlung, aus52 53

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Sec. 423 (3) Insolvency Act 1986. Sec. 239 (4) Insolvency Act 1986. Sec. 240 (1)(b), (2), (3)(b) Insolvency Act 1986. Sec. 239 (5); näher dazu Bailey /Groves/Smith, Nr. 14.6 f.; Goode, Princip1es, S. 172. Sec. 239 (6), 240 (l)(a), jeweils i.V.m. Sec. 249, 435 Insolvency Act 1986. Sec. 244 Insolvency Act 1986. Sec. 213 Insolvency Act 1986. Sec. 214 Insolvency Act 1986. Näher dazu Vach, S. 172 ff. Sec. 168 (4) Insolvency Act 1986. Sec. 167 (1)(b) i.V.m. Schedule 4 Part III Nr. 6 Insolvency Act 1986. Etwa umweltrechtliche Verpflichtungen (Grier I Floyd, Nr. 6.80).

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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lösen können, kann der Iiquidator verzichten 63 . Schwer oder nur mit Verlust verkäufliche Gegenstände kann er den Gläubigern zum Schätzwert überlassen64. Die Ernennung eines specialmanagerist möglich, wenn der provisionalliquidator oder der Iiquidator zu der Auffassung gelangt, daß die Art des Geschäftsbetriebs oder des Vermögens der Gesellschaft oder die Interessen der Gesellschaftsgläubiger, der contributories oder der Gesellschafter die Ernennung eines weiteren Verwalters erforderlich machen, z. B. wegen dringend benötigter Spezialkenntnisse. Auf Antrag des betreffenden Verwalters kann das Gericht einen solchen specialmanagerbestellen und diesem jede dem provisionalliquidator oder dem Iiquidator nach dem Insolvency Act 1986 zustehende Befugnis übertragen65 . bb) Creditors' voluntary winding up: Iiquidator; special manager Im creditors' voluntary winding up66 wird der Iiquidator regelmäßig von der Gläubigerversammlung bestellt, hilfsweise von der Gesellschafterversammlung, unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Gericht67 • Abgesehen davon, daß der Iiquidator seine Ernennung selbst öffentlich bekanntzumachen und zum Gesellschaftsregister mitzuteilen hat68 , ist seine Rechtsstellung weitgehend identisch mit der des Iiquidator im winding up by the court. Ebenso wie dieser ist er befugt, alle zur Liquidation notwendigen Maßnahmen zu treffen69. Dingliche Rechte Dritter, insbesondere Vorbehaltseigentum und dingliche Sicherheiten, hat er in derselben Weise zu respektieren. Für Aufrechnung, Anfechtung, Durchgriffshaftung und Verwertung gelten dieselben Regeln wie im compulsory winding up. Die allgemeinen Verwalterbefugnisse nach Sec. 234-237 Insolvency Act 198670 stehen dem Iiquidator ebenfalls zu. Für den special manager gilt dasselbe wie im winding up by the court. b) Administration: administrator

Die administration, ein Reorganisationsverfahren, gibt es seit der Insolvenzrechtsreform von 1985 I 86. Sie kann alternativ oder kumulativ vier Zielen dieSec. 178 Insolvency Act 1986. R. 4.183 Insolvency Rules 1986. 65 Sec. 177 Inso1vency Act 1986. 66 Entgegen Gottwald (Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 18) kein vorinsolvenzliches Vergleichsverfahren, sondern ebenfalls ein Liquidationsverfahren (vgl. Sec. 95, 96 Insolveny Act 1986). 67 Vgl. Sec. 100 Insolvency Act 1986. 68 Sec. 109 Insolvency Act 1986. 69 Sec. 165 (1)- (3) i.V.m. Schedule 4, s. auch Sec. 166 (l) - (3) Insolvency Act 1986. 10 s. oben aa), S. 50. 63

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A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

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nen: dem Überleben der Gesellschaft, dem Abschluß eines voluntary arrangemenP1, dem Zustandekommen einer außergerichtlichen Sanierungsvereinbarung nach Sec. 425 Companies Act 198572 sowie einer günstigeren Verwertung des Gesellschaftsvermögens als im winding up73 • Das Verfahren beginnt mit dem Erlaß der administration order, mit der das bzw. die zu verfolgenden Ziele bestimmt werden und ein administrator bestellt wird74. Der administrator hat zunächst für die unverzügliche öffentliche Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung und für ihre Mitteilung zum Gesellschaftsregister zu sorgen75 . Auch ist er verpflichtet, das Gesellschaftsvermögen in Gewahrsam oder Verfügungsgewalt zu nehmen76• Dazu kann er von Mitgliedern der Verwaltungsorgane, Gründem und Arbeitnehmern der Gesellschaft eine Aufstellung des Gesellschaftsvermögens und der Gesellschaftsverbindlichkeiten verlangen77 . Zusätzlich stehen ihm die allgemeinen Verwalterbefugnisse nach Sec. 234-237 Insolvency Act 1986 zu78 . Im übrigen hat der administrator, der als Vertreter (agent) der Gesellschaft gilt79, deren Geschäfte zu führen und ihr Vermögen zu verwalten80• Er ist ermächtigt, alles dazu Erforderliche zu tun, etwa Prozesse zu führen, aber auch den Gesellschaftssitz zu verlegen, Tochtergesellschaften zu errichten und das Gesellschaftsvermögen ganz oder teilweise auf diese zu übertragen 81 • Der administrator kann sogar Vorstandsmitglieder entlassen und emennen82 . Rechte Dritter am Gesellschaftsvermögen hat der administrator grundsätzlich ebenso zu respektieren wie ein Liquidator im winding up. Die Verwertungsrechte der Gläubiger sind jedoch beschränkt. Sie dürfen Sicherheiten nur verwerten und Sachen, die sich aufgrundeines Mietkaufs im Besitz der Gesellschaft befinden 83 , Dazu unten c), S. 57 f. Näher dazu Reinhart, S. 44 ff. 73 Sec. 8 (3) Insolvency Act 1986. Die administration ist subsidiär zur receivership (s. oben S. 49 N. 2). Wenn der Inhaber einer floatingchargeeinen administrative receiver eingesetzt hat, kann das Verfahren nur in Ausnahmefällen eröffnet werden (vgl. Sec. 9 (3) Inso1vency Act 1986; Re Atlantic Computer Systems plc. [1992] 1 All E. R. 476 [487], C.A.; Wood, Principles, Rdn. 11- 16). 74 Sec. 8 (2), (3), 13 (1) Inso1vency Act 1986. Näher zum administrator Vach, S. 154 ff.; Perker, S. 71 ff. 75 Sec. 21 (1)(a) Insolvency Act 1986. 76 Sec. 17 (1), 14 (l)(b) i.V.m. Schedu1e 1 Nr. 1 Insolvency Act 1986. 77 Sec. 22 (l ), (3) Inso1vency Act 1986. 78 s. oben a) aa), S. 50. Die Anordnung, Massegegenstände unverzüglich an den administratorherauszugeben (vgl. Sec. 234 (2) Insolvency Act 1986), muß hier allerdings das Gericht treffen, da Sec. 160 (l)(c) Inso1vency Act 1986 insoweit keine Anwendung findet. 79 Sec. 14 (5) Insolvency Act 1986. 80 Sec. 17 (2) Insolvency Act 1986. 81 Sec. 14 (1) i.V.m. Schedule 1 Nm. 5, 15, 16, 22 Insolvency Act 1986. 82 Sec. 14 (2)(a) Insolvency Act 1986. 83 Dem Mietkauf sind der Kauf unter Eigentumsvorbehalt und die Besitzüberlassung für mehr als drei Monate gleichgestellt (Sec. 10 (4), 15 (9), 251 , 436 Insolvency Act 1986, 71

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nur zurücknehmen, wenn der administrator oder das Gericht dem zustimmt84 . Stattdessen kann der administrator über Vermögensgegenstände, die mit einem Sicherungsrecht belastet oder aufgrund eines Mietkaufs im Besitz der Gesellschaft sind, verfügen, wenn dies einem Verfahrensziel dient und das Gericht ihn dazu ermächtigt85 . Aus dem Erlös wird die gesicherte Forderung bzw. die Restforderung aus dem Mietkauf vorrangig befriedigt86 . Soweit Gesellschaftsvermögen mit einer floating charge belastet ist, kann der administrator darüber wie über unbelastetes Vermögen verfügen, allerdings mit der Folge einer dinglichen Surrogation87 . Gläubigerschädigende Rechtshandlungen (Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung und Vorzugsrechte), die die Gesellschaft vor Stellung des Eröffnungsantrags vorgenommen hat, können vom administrator unter denselben Voraussetzungen angefochten werden wie im winding up 88 . Grob unausgewogene Kreditgeschäfte sind ebenfalls anfechtbar89. Im übrigen hat der administrator den Gläubigern Vorschläge zum Erreichen der Verfahrensziele (z. B. einen Reorganisationsplan) zu unterbreiten, und zwar regelmäßig innerhalb von drei Monaten nach Verfahrenseröffnung90. Wenn die Gläubigerversammlung diese Vorschläge annimmt, muß er sie einschließlich etwaiger Abänderungen befolgen91 • Sofern deradministratordas Gesellschaftsvermögen zu verwerten hat, kann er zwischen öffentlicher Versteigerung und freihändigem Verkauf grundsätzlich frei wählen92.

c) Company voluntary arrangements: nominee, supervisor

Voluntary arrangements sind Gegenstand eines speziellen Vergleichsverfahrens, in dem Verwalterfunktionen vom supervisor und vom nominee, dem zuvor Sec. 189 (l) Consumer Credit Act 1974). Zu den Tatbestandsmerkmalen im einzelnen s. Bristol Airport plc. and another v. Powdrill and others [1990] 2 AllE. R. 493, C.A.; Re Atlantic Computer Systems plc. [ 1992] 1 All E. R. 476, C.A. 84 Sec. 11 (3)(c) Insolvency Act 1986. 85 Sec. 15 (2), (3) lnsolvency Act 1986. 86 Sec. 15 (5) Insolvency Act 1986. 87 Sec. 15 (1), (3), (4) Insolvency Act 1986. 88 Sec. 238-241, 423-425 Insolvency Act 1986. Sofern diese Rechtshandlungen zwischen Antragstellung und Verfahrenseröffnung vorgenommen wurden, sind sie ohne Rücksicht auf die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft anfechtbar (Sec. 240 ( 1)(c), (2) Insolvency Act 1986). 89 Sec. 244 Insolvency Act 1986. 90 Sec. 23 Insolvency Act 1986. 91 Sec. 17 (2)(b) Insolvency Act 1986. 92 Sec. 14 (I) i.V.m. Schedule l Nm. 2, 12 Insolvency Act 1986.

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A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

im Vergleichsvorschlag als supervisor Benannten93 , wahrgenommen werden. Aufgabe des nominee ist es, den Vergleichsvorschlag zu prüfen, dem Gericht darüber zu berichten und gegebenenfalls die Einberufung einer Gesellschafterversammlung und einer Gläubigerversammlung vorzuschlagen94. Nehmen diese Versammlungen den Vergleichsvorschlag mit den erforderlichen Mehrheiten an95 , wird der nominee, sofern der Vorschlag insoweit nicht abgeändert wurde, supervisor96. Dersupervisor hat den Vergleich (das voluntary arrangement) entweder als trustee durchzuführen oder seine Durchführung zu überwachen97, was zunächst von der Art des Vergleichs - composition oder scheme of arrangement abhängt. Composition meint einen Quotenvergleich, während ein scheme of arrangement jeden geeigneten Inhalt haben kann, gewöhnlich aber die Übertragung des Gesellschaftsvermögens an den supervisor als trustee zur Verwertung und Verteilung vorsieht98 (Liquidationsvergleich). Der Vergleich kann zusätzliche Bestimmungen treffen, beispielsweise den supervisor zur Fortführung der Geschäfte der Gesellschaft ermächtigen und die Verwaltung und Verwertung ihres Vermögens regeln99 . Sofern der Vergleich einzelne Vermögensgegenstände erfaßt, hat der Vorstand der Gesellschaft dem supervisor unverzüglich den Besitz daran zu verschaffen 100. Die Verwertung von Sicherheiten am Gesellschaftsvermögen muß der supervisor hinnehmen, soweit der Vergleich nicht mit Zustimmung der gesicherten Gläubiger anderes bestimmt 101 • Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung kann der supervisor nach den allgemeinen Bestimmungen über gläubigerschädigende Rechtshandlungen anfechten, wenn ein durch die Rechtshandlung Geschädigter an den Vergleich gebunden ist 102 .

93 Sec. 1 [Sec. 253 (l)- (3)] lnsolvency Act 1986. Die Gesetzeszitate in eckigen Klammern verweisen auf weitgehend inhaltsgleiche Parallelvorschriften für individual voluntary arrangements. 94 Sec. 2 (1)- (3) [Sec. 256 (1), (2)] lnsolvency Act 1986. 95 Vgl. R. 1.19 f. [R. 5.18] lnsolvency Rules 1986. 96 Sec. 7 (2), 4 (2) [Sec. 263 (2), 258 (3)] Insolvency Act 1986. Gerichtlicher Bestätigung bedarf der Vergleich nicht mehr. Vgl. jedoch Sec. 6 [Sec. 262] lnsolvency Act 1986 zur Anfechtbarkeit des Vergleichs wegen unfairer Benachteiligung oder wegen wesentlicher Verfahrensfehler; dazu Re a debtor (No. 259 of 1990) [1992] I AllE. R. 641, Ch.D. 97 Sec. I (2) [Sec. 253 (2)] Insolvency Act 1986. 98 Bailey/Groves/Smith, Nr. 3.4; Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nr. 75 N. 2, 3. 99 Vgl. R. 1.26 (1) [R. 5.26 (1)] lnsolvency Rules 1986. 100 R. 1.23 (1) [R. 5.21 (1)] Insolvency Rules 1986. 101 Vgl. Sec. 4 (3) [Sec. 258 (4)] Insolvency Act 1986. 102 Sec. 424 ( 1)(b) Insolvency Act 1986.

III. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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2. Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen a) Bankruptcy: interim receiver, official receiver, trustee,

special manager

Das bankruptcy-Verfahren, dessen Ursprünge im 16. Jahrhundert liegen 103 und das im folgenden als Konkurs bezeichnet wird, ist im Zuge der Insolvenzrechtsreform 1985 I 86 in wesentlichen Teilen novelliert worden. Verwalteraufgaben nehmen in diesem Verfahren der interim receiver, der official receiver, der trustee und in Ausnahmefallen ein special manager wahr 104• Einen interim receiver kann das Gericht ernennen, sobald Konkursantrag gestellt ist, wenn dies zum Schutz des Schuldnervermögens notwendig ist 105 • Der interim receiver ist verpflichtet, das Schuldnervermögen bzw. den Teil, auf den sich seine Befugnisse erstrecken, umgehend in Besitz zu nehmen 106• Vom Schuldner kann er dazu eine Vermögensaufstellung, weitere notwendige Informationen sowie persönliche Anwesenheit verlangen 107 • Seine allgemeinen Verwalterbefugnisse, die auch dem official receiver und dem trustee zustehen (Sec. 366-368 Insolvency Act 1986), umfassen das Recht, bei Gericht die Vorladung des Schuldners, seines gegenwärtigen oder früheren Ehegatten sowie solcher Personen zu beantragen, von denen bekannt ist oder vermutet wird, daß sie Schuldnervermögen in Besitz oder Verbindlichkeiten gegenüber dem Schuldner haben, oder die mutmaßlich über dessen Verhältnisse Auskunft geben können 108 . Bei entsprechender Beweislage kann das Gericht auf Antrag des interim receiver die Herausgabe von Vermögensgegenständen bzw. die Erfüllung von Verbindlichkeiten anordnen 109. Hinsichtlich des Schuldnervermögens hat der interim receiver, soweit das Gericht seine Befugnisse nicht beschränkt, dieselben Rechte und Pflichten wie der official receiver als Verwalter der Masse nach Eröffnung des Verfahrens 110• Mit Konkurseröffnung wird der interim receiver vom official receiver abgelöst 111 • Der official receiver hat die Konkurseröffnung zunächst öffentlich bekannt103 Vinelott, in: Current Legal Problems 1987, S. 1 (3 f.); Fletcher, S. 6; Hanisch, Rechtszuständigkeit, S. 159 N. 24. 104 Der folgende Text bezieht sich auf das ordentliche Verfahren. Für die summarische Verwaltung und den Nachlaßkonkurs gelten teilweise abweichende Bestimmungen (Sec. 275, 287 (5), 289 (5), 291 (3), 297 (2), (3) Insolvency Act 1986; Sec. 421 Insolvency Act 1986 i. V.m. der Administration of Insolvent Estates of Deceased Persons Order 1986). 105 Sec. 286 (1) Insolvency Act 1986. Zuminterimreceiver wird regelmäßig der official receiver ernannt. 106 Sec. 286 (4) Inso1vency Act 1986. 107 Sec. 286 (5) Insolvency Act 1986. 108 Sec. 368, 366 (1) Insolvency Act 1986. 109 Sec. 368, 367 ( 1), (2) Insolvency Act 1986. 110 Sec. 286 (3) i.V.m. Sec. 287 (1) Insolvency Act 1986. III Sec. 286 (7), 287 (1) lnsolvency Act 1986.

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A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

zumachen 112 und ihre Eintragung in ein besonderes Register für grundstücksrelevante Entscheidungen zu veranlassen 113 • Vom Schuldner (mit Eröffnung: the bankrupt114) kann er die Herausgabe der zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände verlangen 115 • Mit Ermächtigung des Gerichts kann der official receiver Massegegenstände, die sich im Besitz oder in der Verfügungsgewalt des Schuldners oder einer anderen herausgabepflichtigen Person befinden, auch beschlagnahmen 116. Vorteile aus bei Eröffnung noch nicht abgeschlossenen Vollstreckungsmaßnahmen kann er von den betreffenden Gläubigem regelmäßig herausverlangen 117 • Der Schuldner hat dem official receiver ein Verzeichnis seiner Vermögensgegenstände vorzulegen und ihm alle weiteren erforderlichen Auskünfte zu erteilen 118. Zusätzlich kann der official receiver bei Gericht die öffentliche Vernehmung des Schuldners119 und die Anordnung einer Postsperre 120 beantragen. Auf sein Verlangen hat der Schuldner sich zu seiner Verfügung zu halten 121 • Soweit der official receiver es verlangt, hat der Schuldner darüber hinaus alles Notwendige zum Schutz solcher Vermögensgegenstände zu tun, an denen er dem official receiver keinen Besitz verschaffen kann oder die erst vomtrusteezur Masse gezogen werden können 122. Ferner fungiert der official receiverbis zur Ernennung des trustee als Verwalter (receiver and manager) der Masse 123 . Als solcher hat er dieses Vermögen zu erhalten und besitzt dieselben Befugnisse wie ein vom High Court ernannter receiver and manager124. Er ist z. B. berechtigt, ein Unternehmen des Schuldners fortzuführen, das Schuldnervermögen zu vermieten oder zu verpachten und Miet- und Pachtforderungen einzuziehen 125 . Auch kann er Vermögensgegenstände, die einer erheblichen Wertminderung unterliegen, veräußem 126. Im übrigen hat der official receiverdas persönliche Verhalten und das Geschäftsgebaren des Schuldners zu untersuchen 127. 112 113

land).

R. 6.34 (2)(b), (c), 6.46 (2)(b), (c) lnsolvency Rules 1986. R. 6.34 (2)(a), 6.46 (2)(a) Insolvency Rules 1986 (register of writs and orders affecting

Sec. 381 (1) Insolvency Act 1986. Sec. 291 (1) Insolvency Act 1986. 11 6 Sec. 365 Insolvency Act 1986. Dieselbe Befugnis hat der trustee. 117 Sec. 346 Inso1vency Act 1986. Ebenso der trustee. 118 Sec. 291 (4) Inso1vency Act 1986. 119 Sec. 290 lnsolvency Act 1986. 12o Sec. 371 Insolvency Act 1986. Gleiches gilt für den trustee. 121 Sec. 291 (4) Insolvency Act 1986. Darüber hinaus hat der Schuldner eine Aufstellung seines Vermögens und seiner Verbindlichkeiten beizubringen, wenn das Verfahren nicht auf seinen Antrag eröffnet wurde (Sec. 288 Insolvency Act 1986). 122 Sec. 291 (2) Inso1vency Act 1986. 123 Sec. 287 (l) lnso1vency Act 1986. 124 Sec. 287 (2)(a) Insolvency Act 1986. 125 Kerr, S. 171,214. 126 Sec. 287 (2)(b) Inso1vency Act 1986. 127 Sec. 289 (1) lnso1vency Act 1986. 11 4

115

111. Insolvenzverwalter im englischen Recht

61

Dertrustee wird regelmäßig von der Gläubigerversammlung bestellt 128, in Ausnahmefällen vom Ministerium für Handel und Industrie 129 bzw. vom Gericht 130. Mit seiner Ernennung geht das Schuldnervermögen, soweit es in die Masse fällt, ohne weitere Übertragungsakte auf ihn über 131 • Zugleich erlangt der trustee die mit diesem Vermögen verbundenen prozessualen Rechte, so daß er anhängige Gerichtsverfahren übernehmen 132 und neue Prozesse einleiten kann 133. Hauptaufgabe des trustee ist es, die Masse nach seinem Ermessen zu erfassen, zu verwerten und zu verteilen 134. Massegegenstände hat er in Besitz zu nehmen, ebenso die diesbezüglichen Geschäftsbücher und Unterlagen, soweit sie dem Schuldner gehören oder sich in dessen Besitz oder Verfügungsgewalt befinden. Insoweit hat der trusteedieselben Befugnisse wie ein vom High Court ernannter receiver 135 . Personen, die Massegegenstände für den Schuldner oder für dessen Rechnung in Besitz oder Verfügungsgewalt haben, ohne sich auf ein Zuriickbehaltungsrecht berufen zu können, haben diese an dentrusteeabzuliefern 136. Vom Schuldner kann der trustee Erteilung aller erforderlichen Auskünfte über dessen Angelegenheiten, persönliche Anwesenheit und alles zur Aufgabenerfüllung sonst Notwendige verlangen 137 . Soweit dies für eine wirtschaftliche Abwicklung notwendig ist, kann der trustee mit Zustimmung der Gläubigerversammlung oder des Gerichts einen Geschäftsbetrieb des Schuldners fortführen 138. Die Masse umfaßt das gesamte Vermögen des Schuldners bei Konkurseröffnung139, ausgenommen zur persönlichen Berufsausübung notwendige Gegenstände, zum Lebensunterhalt erforderliche Haushaltsgegenstände und Vorräte 140 sowie Rechte aus bestimmten gesetzlich geschützten Wohnraummietverhältnissen 141 . Sec. 292 (l)(a) Insolvency Act 1986. Sec. 292 (l)(b), 295 (2), 296 (2), 300 (6) Insolvency Act 1986. 130 Sec. 292 (l)(c), 297 Insolvency Act 1986. Unterbleibt eine Bestellung, übernimmt der official receiverdas Amt des trustee (Sec. 293, 295 Insolvency Act 1986). 13 1 Sec. 306 Insolvency Act 1986. Es geht nicht nur die Verfügungsbefugnis über (so aber Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 [1127]) und auch nicht nur das bewegliche Vermögen (so zu Unrecht ders., ZIP 1994, S. 1 [3]). 132 Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nr. 428; vgl. Order 15 R. 7 (I) Rules of the Supreme Court 1965; Sec. 49 County Courts Act 1984. 133 Sec. 314 (l)(a) i.V.m. Schedu1e 5 Part I Nr. 2 Inso1vency Act 1986; vgl. Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nm. 423 ff. 134 Sec. 305 (2) Insolvency Act 1986. 135 Sec. 3ll (1), (2), 312 (I) Insolvency Act 1986; Fletcher, S. 171. 136 Sec. 312 (3) Insolvency Act 1986. 137 Sec. 333 (I), vgl. Sec. 314 (2) Inso1vency Act 1986. 138 Sec. 314 (l)(a) i.V.m. Schedule 5 Part I Nr. 1 Inso1vency Act 1986. 139 Sec. 283 (l)(a) Insolvency Act 1986. 140 Sec. 283 (2) Insolvency Act 1986. Austauschpfandung ist möglich (Sec. 308 lnsolvency Act 1986). 141 Sec. 283 (3A) Insolvency Act 1986. Dertrustee kann diese Rechte zur Masse ziehen (Sec. 308A Inso1vency Act 1986). Massefrei sind ferner Sozialversicherungs1eistungen, 128

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A. Insolvenzverwalter in ausländischen Rechtsordnungen

Neuerwerb fällt nicht automatisch in die Masse, kann aber vom trustee mittels schriftlicher Anzeige an den Schuldner zu ihr gezogen werden 142. Das laufende Einkommen des Schuldners kann der trustee nur aufgrund einer gerichtlichen Anordnung (income payments order) und nur insoweit für die Masse in Anspruch nehmen, als es nicht zum Lebensunterhalt erforderlich ist 143 . Im Verhältnis zu Inhabern dinglicher Rechte besitzt der trustee grundsätzlich keine bessere Rechtsposition als der Schuldner 144. Fremdes Eigentum hat er herauszugeben145. Anders als noch nach Sec. 38 (c) Bankruptcy Act 1914 kann er sich nicht mehr darauf berufen, daß bei Konkurseröffnung im Besitz des Schuldners befindliche Vermögensgegenstände unter bestimmten Voraussetzungen in die Masse fallen 146, denn diese Bestimmung, die sogenannte reputed ownership clause, ist im Zuge der Insolvenzrechtsreform 1985 I 86 ersatzlos gestrichen worden 147. Was Vorbehaltseigenturn betrifft, so befindet sich der trustee in derselben Position wie ein liquidator 148. Inhaber dinglicher Sicherheiten sind auch im Konkurs zur Verwertung des Sicherungsgutes berechtigt 149. Ein Ablöserecht des Schuldners darf der trustee jedoch ausüben 150. Für die Aufrechnung im Konkurs gilt dasselbe wie im winding up 151 . Die Anfechtungsbefugnisse 152 destrusteegehen etwas weiter als die des Iiquidator. Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung schließen hier auch solche Rechtsgeschäfte ein, die der Schuldner mit Rücksicht auf seine Ehe getätigt hat 153 . Sie sind, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor Eröffnung vorgenommen Altersrenten und vergleichbare Zuwendungen (Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nr. 204 N. 15; Fletcher, S. 220; vgl. Sec. 283 (6) lnsolvency Act 1986). 142 Sec. 307 (I)- (3) lnsolvency Act 1986. 143 Sec. 310 (1), (2), 307 (5) lnsolvency Act 1986. Irreführend Potthast, S. 77. 144 Sec. 283 (5) Insolvency Act 1986; Bendall v. McWhirter [1952) I AllE. R. 1307 (1317 per Romer L.J.), C.A. (insoweit nicht berührt durch National Provincial Bank Ltd. v. Ainsworth [1965] 2 AllE. R. 472, H.L.); British Eagle International Airlines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France [1975]2 AllE. R. 390 (401 per Lord Morris), H.L.; Fletcher, S. 205 f.; Bailey, in: Halsbury's Laws, Vol. 3 (2), Nr. 383. 145 Auch Vermögen, das der Schuldner on trusthält (vgl. Sec. 283 (3)(a) Insolvency Act 1986). 146 Näher dazu Richard, S. 124 ff. ; unzutreffend Potthast, S. 159 f. 147 Fletcher, S. 208. 148 s. oben 1. a) aa), S. 52. 149 Sec. 285 (4) Insolvency Act 1986. 150 Sec. 311 (5), (6) Insolvency Act 1986. Ein Recht zur Besichtigung des Sicherungsgutes ist nur für den o.fficial receivervorgesehen (Sec. 285 (5) Insolvency Act 1986). 151 Sec. 323 Insolvency Act 1986; näher dazu Fletcher, S. 272 ff. Zur Abtretbarkeit von Forderungen der Masse trotz bestehender Aufrechnungslage und zum Eintritt der Aufrechnung s. Stein v. Blake [1993) 4 AllE. R. 225, C.A. 152 Sec. 339-343, 423-425 Insolvency Act 1986. 153 Sec. 339 (3)(b), 423 (1)(b) Insolvency Act 1986.

111. Insolvenzverwalter im englischen Recht

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wurden, ohne weiteres anfechtbar, sonst nur, wenn sie innerhalb von fünf Jahren vor Eröffnung getätigt wurden und der Schuldner zu dieser Zeit zahlungsunfähig war oder es infolge des Rechtsgeschäfts geworden ist 154 . Keine Besonderheiten gelten für die Anfechtung von Vorzugsrechten 155 und von grob unausgewogenen Kreditgeschäften 156. Neuerdings kann der trustee auch überhöhte Rentenbeitragszahlungen anfechten, die in den der Stellung des Konkursantrags vorangehenden fünf Jahren vom Schuldner oder für ihn geleistet wurden 157 . Über die Verwertung der Insolvenzmasse entscheidet der trustee nach seinem Ermessen 158 • Auf wirtschaftlich wertloses Vermögen kann er verzichten 159, schwer oder nur mit Verlust verkäufliche Gegenstände den Gläubigem zum Schätzwert überlassen 160. Wenn dertrusteeeinen bestrittenen Masseanspruch aus Kostengrunden nicht selbst geltend machen will, kann er ihn gegen angemessene Erlösbeteiligung auf den Schuldner oder auf einen Gläubiger übertragen 161 . Die Bestellung eines special manager kann vom official receiver oder vom trustee bei Gericht beantragt werden, wenn er der Ansicht ist, daß die Art des Vermögens oder eines Geschäftsbetriebs des Schuldners oder die Interessen der Gläubiger die Ernennung eines weiteren Verwalters erfordern. Gibt das Gericht demAntrag statt, kann es dem special managerjede Befugnis übertragen, die dem interim receiver, dem official receiveroder dem trustee in Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen zusteht 162 . b) Individual voluntary arrangements: nominee, supervisor

Die Rechtsstellung dieser Verwalter entspricht weitgehend derjenigen, die sie bei company voluntary arrangements innehaben. Hierauf wird Bezug genommen 163 .

154 Sec. 341 (l)(a), (2) lnsolvency Act 1986. Für die Anfechtung nach den allgemeinen Vorschriften (Sec. 423-425 Insolvency Act 1986) ist auch hier nur Benachteiligungsahsicht erforderlich. 155 Sec. 340, 341 (l)(b), (c), (2) Insolvency Act 1986. 156 Sec. 343 Insolvency Act 1986. 157 Sec. 342A- 342C Insolvency Act 1986 (eingefügt durch den Pensions Act 1995). 158 Sec. 305 (2) Insolvency Act 1986; vgl. Sec. 314 (1)(b) i.V.m. Schedule 5 Part II Nr. 9 Insolvency Act 1986. 159 Sec. 315 Insolvency Act 1986. 160 Sec. 326 Insolvency Act 1986. 161 Ramsey v. Hartley and others [1977]2 AllE. R. 673, C.A. (zu Sec. 55 (I) Bankruptcy Act 1914; s. jetzt Sec. 314 (l)(b) i.V.m. Schedule 5 Part II Nr. 9 Insolvency Act 1986); Fleteher, S. 192 f. 162 Sec. 370 i.V.m. Sec. 252-385 Insolvency Act 1986. 163 s. oben I. c), S. 57 f.

B. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach autonomem Recht I. Begriff des Insolvenzverwalters Ein Insolvenzverwalterbegriff ist für das autonome deutsche Internationale Insolvenzrecht noch nicht entwickelt worden. Die Frage, ob ausländische Verwalter als Insolvenzverwalter im Sinne des Internationalen Insolvenzrechts anzusehen sind, wurde zwar gestellt 1, blieb jedoch unbeantwortet. Zur Rechtfertigung ließe sich anführen, daß in den in Deutschland bislang entschiedenen Fällen mit Ausnahme derer, in denen bereits das Vorliegen eines Insolvenzverfahrens und allein deshalb auch die Verwaltereigenschaft fraglich war, an der Qualifikation des ausländischen Verwalters als Insolvenzverwalter kein ernstlicher Zweifel bestand. Gleichwohl ist eine Begriffsbestimmung, wie das Istanbuler Übereinkommen und das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren zeigen 2 , unverzichtbar, auch im autonomen Recht. Grundlage der Bestimmung eines internationalrechtlichen Insolvenzverwalterbegriffs sind die Qualifikationsregeln des IPR. Die Begriffsbestimmung hat daher von der Iex fori, d. h. vom Verwalterbegriff des deutschen materiellen Insolvenzrechts, auszugehen und sich sodann an einem Vergleich der Funktionen ausländischer Verwalter mit denen inländischer Verwalter zu orientieren3 . Schon nach deutschem materiellen Insolvenzrecht ist das Erscheinungsbild des Insolvenzverwalters ausgesprochen vielgestaltig. Außer den ordentlichen Verwaltern - Konkursverwaltern, Vergleichsverwaltern, Verwaltern im Gesamtvollstrekkungsverfahren und Insolvenzverwaltern nach der Insolvenzordnung - umfaßt es diverse Sonderformen wie Sachwalter (§ 92 Vg!O, § 274 InsO) und Treuhänder (§ 313 InsO). Einzubeziehen sind zudem verschiedene vorläufige Verwalter(§ 11 VglO, § 22 InsO) sowie zur Sicherung des Schuldnervermögens bestellte Sequester, die ihrer Funktion nach vorläufigen Verwaltern gleichzusetzen sind4 • Bei allen Gottwald I Amold, § 121 Rdn. 7. Art. I Abs. 3 IstanbÜ, Art. 2 lit. b EuiÜ. 3 Vgl. Gottwald/Arnold, § 121 Rdn. 8 f.; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (459); Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Ein!. Rdn. 459, 465 f.; Palandt/Heldrich, Ein!. vor Art. 3 EGBGB Rdn. 27; Kropholler, IPR, §§ 16 I, 17 I, S. 106, 111; BGH, 19. 12. 1958, BGHZ 29, 137 (139); 22. 3. 1967, BGHZ 47, 324 (332). 4 Vgl. § 22 Abs. I S. 2 Nr. I InsO. Insoweit kommt es nicht darauf an, daß Sequester bislang im allgemeinen nicht als vorläufige Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsverwalter angesehen worden sind (BGH, 11. 4. 1988, BGHZ 104, 151 [155]; Kuhn/Uhlenbruck, § 106 Rdn. 7; Gottwald I Uhlenbruck, § 14 Rdn. 9, Nachtrag Kap. II E Rdn. 5). I

2

I. Begriff des Insolvenzverwalters

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Verwaltern handelt es sich um natürliche Personen5 , die im Rahmen eines gesetzlichen, die Insolvenz des Schuldners voraussetzenden Verrahrens zur Wahrnehmung der Interessen der Gläubiger vom Gericht bzw. durch einen Vergleich 6 bestellt werden. Trotz unterschiedlicher Funktionen im einzelnen lassen sich im wesentlichen drei alternative Aufgabenfelder identifizieren, nämlich die Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners (gegebenenfalls verbunden mit der Überwachung der Erlüllung eines Vergleichs oder eines Insolvenzplans)7 , die Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens8 sowie die Verwaltung und Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens (gegebenenfalls verbunden mit der Überwachung der Erlüllung eines Insolvenzplans) 9 . Kurz, nach dem materiellrechtlichen Insolvenzverwalterbegriff ist jede natürliche Person, die im Rahmen eines Insolvenzverlahrens vom Gericht oder durch Vergleich bestellt wird und entweder Überwachungs-, Sicherungs- oder Verwaltungs- und Verwertungsaufgaben wahrnimmt, als Insolvenzverwalter anzusehen. An ausländische Verwalter angelegt, erweist sich dieser materiellrechtliche Begriff in mehrlacher Hinsicht als zu eng. Die vorgenannten Aufgaben werden in ausländischen Insolvenzverlahren 10 nicht nur von natürlichen, sondern auch von juristischen Personen 11 , Behörden 12 und öffentlichen Bediensteten 13 wahrgenommen. Sofern ein Verwalter nicht schon durch Gesetz bestimmt ist 14, kann die Zuständigkeit für seine Bestellung auch bei der Gläubigerversammlung 15 oder bei einer Behörde liegen 16• Manche ausländischen Verwalter entziehen sich zudem einer 5 Kilger/Karsten Schmidt, § 78 KO Anm. 1; Bley/Mohrbutter, § 38 Rdn. 10; Smid/Smid, § 5 Rdn. 81; ausdrücklich jetzt§§ 56 Abs. 1, 21 Abs. 2 Nr. 1, 274 Abs. 1, 288 InsO (anders noch der RegEinsO, vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 127). 6 § 91 VglO. 7 So bei Vergleichsverwaltern (§§ 39, 96 Abs. 2 VglO), vorläufigen Vergleichsverwaltern (§§ 11 Abs. 2, 39 VgiO) und Sachwaltern(§§ 91, 92 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 39 VglO, §§ 274 Abs. 2 S. 1, 284 Abs. 2 lnsO). s So bei vorläufigen Insolvenzverwaltern (§ 22 Abs. I S. 2 Nr. 1 lnsO) und bei Sequestern (vgl. § 106 Abs. I S. 2 KO, § 2 Abs. 3 GesO). 9 So bei Konkursverwaltern (§ 117 Abs. 1 KO), Verwaltern im Gesamtvollstreckungsverfahren (§ 8 Abs. 2 GesO), Insolvenzverwaltern (§§ 148 Abs. I, 159, 261 Abs. 1 S. 1 InsO) und Treuhändern(§ 313 Abs. 1 S. 1 InsO). 10 Daß das ausländische Verfahren als Insolvenzverfahren zu qualifizieren ist, wird hier zunächst unterstellt. Näher dazu unten II. 2. b) aa), S. 71 ff., insbesondere S. 73. II Etwa in der Schweiz (BG, 13. I. 1975, BGE 101 III 43) und in Frankreich (Le Cannu, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2225 Nm. 51 ff.; vgl. Dekret Nr. 93-892 vom 6. Juli 1993). 12 So vom schweizerischen Konkursamt 13 Beispielsweise vom englischen official receiver. 14 Vgl. Artt. 2 Abs. 2, 221 ff. SchKG (Konkursamt), Sec. 131-133, 136, 287-291, 399401 Insolvency Act 1986 (official receiver). 15 Vgl. Art. 237 Abs. 2 SchKG (Konkursverwaltung), Art. 317 Abs. 2 S. 2 SchKG (Liquidatoren), Sec. 292 (1)(a) lnsolvency Act 1986 (trustee). 16 In England z. B. beim Ministerium für Handel und Industrie. In der Schweiz wurden Sachwalter bis Ende 1996 von der Nachlaßbehörde bestellt (Art. 295 Abs. I S. I a.F.

5 Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

starren Zuordnung zu bestimmten Aufgabenfeldern, sei es, daß sie sich auf mehreren Feldern betätigen wie vor allem französische administrateurs 17 , die sowohl Sicherungsfunktionen ausüben als auch für die Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners bzw. für die Verwaltung seines Vermögens zuständig sind, sei es, daß sie nur Teilfunktionen wahrnehmen wie z. B. französische representants des creanciers und englische special managers. Dies alles kann bei der Bildung eines internationalrechtlichen Verwalterbegriffs nicht unberücksichtigt bleiben. Es empfiehlt sich daher, jede Person bzw. Stelle als Insolvenzverwalter im Sinne des autonomen Internationalen Insolvenzrechts anzusehen, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder aufgrund gerichtlicher, behördlicher oder anderweitiger Bestellung damit beauftragt ist, die Geschäftsführung des Schuldners zu überwachen oder sein Vermögen insgesamt oder teilweise zu sichern, zu erhalten, zu verwalten oder zu verwerten oder die Durchführung eines Vergleichs oder eines Insolvenzplans zu überwachen 18 •

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen Ausländische Insolvenzverwalter können ihre Befugnisse in Deutschland nur dann ausüben, wenn diejenigen ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidungen, aus denen sie diese Befugnisse ableiten, im Inland anerkannt werden. Die Anerkennung dieser Entscheidungen, insbesondere von verfahrenseröffnenden Entscheidungen, Entscheidungen über die Bestellung des Verwalters und einstweiligen Entscheidungen, bildet die erste und wichtigste Hürde, die ausländische Verwalter zu überwinden haben, wenn sie im Inland tätig werden wollen. Dabei ist zunächst zu klären, was die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen bedeutet und wie sie in das System des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts einzuordnen ist, bevor im Anschluß daran die Voraussetzungen der Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen im einzelnen erörtert werden. 1. Anerkennung im Internationalen Insolvenzrecht

Die Bedeutung und der systematische Standort der Anerkennung im Internationalen Insolvenzrecht sind umstritten. Grund dafür sind Meinungsverschiedenheiten über die Struktur dieses Rechtsgebiets. Insoweit lassen sich zwei Auffassungen unSchKG). Regelmäßig handelte es sich dabei allerdings um ein Gericht (vgl. Art. 23 Abs. l Nr. 3, Abs. 2 a.F. SchKG; Fritzsche/Walder II, § 71 Rdn. 2 N. 5). 17 Ähnlich schweizerische Sachwalter (vgl. Artt. 295 Abs. 2, 298, 314 Abs. 2 SchKG). 18 Weitere Merkmale ergeben sich aus dem Begriff des Insolvenzverfahrens (dazu unten II. 2. b) aa) (1), S. 71 ff.). Sie sind deshalb an dieser Stelle entbehrlich.

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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terscheiden, eine kollisionsrechtliche und eine internationalverfahrensrechtliche. Nach kollisionsrechtlicher Auffassung ist das Internationale Insolvenzrecht ebenso wie das Internationale Privatrecht Kollisionsrecht Für Insolvenzsachverhalte mit Auslandsberührung soll es bestimmen, welche Insolvenzrechtsordnung anzuwenden ist 1• Demzufolge ist die Anerkennung einer ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidung bzw. eines ausländischen Insolvenzverfahrens zwangsläufig gleichbedeutend mit der Rechtsfolge einer Kollisionsnorm2 , d. h. mit der Verweisung auf eine bestimmte Insolvenzrechtsordnung. Das hieße, daß der Anerkennungsbegriff im Internationalen Insolvenzrecht gegenüber dieser Verweisung ohne eigenständige Bedeutung und folglich, ebenso wie z. B. im Internationalen Gesellschaftsrecht3, entbehrlich wäre. Nach internationalverfahrensrechtlicher Ansicht hingegen besteht das Internationale Insolvenzrecht nicht nur aus Kollisionsnormen, sondern auch aus (verfahrensrechtlichen) Sachnormen4 . Die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen ist dieser Auffassung zufolge Gegenstand der verfahrensrechtlichen Normen5 . Anerkennung bedeutet hier, daß die Wirkungen der ausländischen Entscheidung auf das Inland erstreckt werden6. Eine Aussage über das auf die Entscheidungswirkungen anwendbare Recht ist nach diesem Verständnis mit der Anerkennung nicht verbunden 7 . Für die Richtigkeit der internationalverfahrensrechtlichen Auffassung sprechen zwei systematische Gesichtspunkte. Zum einen entspricht die von ihr angenommene Doppelstruktur des Internationalen Insolvenzrechts der des inländischen Insolvenzsachrechts, das sowohl materielles Recht als auch Verfahrensrecht enthält. Zum anderen steht das Internationale Insolvenzrecht nicht so sehr dem IPR als I Jürgen Schmidt, S. 9; Jaeger/Jahr, §§ 237,238 Rdn. 34 f.; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. I f. (weniger apodiktisch hingegen ders., KTS 1990, S. 377 [380]; vgl. auch dens., in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1217 Rdn. 1); Seeliger, S. 209; Rauls, S. 63; Prütting, ZIP 1996, S. 1277 (1277 f.). 2 Vgl. Jürgen Schmidt, S. 115 f. (zu§ 328 ZPO); Jahr, IKR, S. 3. 3 Dazu Drobnig, ZHR 129 (1967), S. 93 (110 ff.); Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auf!., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 132. Zur Gegenposition s. Staudinger I Großfeld (1993), IntGesR Rdn. 173 ff., aber auch Rdn. 164. 4 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 233; Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (294 f.); Geimer, IZPR, Rdn. 3363; Gottwald I Amold, § 121 Rdn. 4; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l; Trunk, Internationale Aspekte, S. 158; Favoccia, S. 6 f.; Metzger, S. I; Potthast, S. 8; Reinhart, S. 125 ff.; wohl auch Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (456); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 17. Ähnlich Häsemeyer (S. 857), der zwischen Insolvenzkollisions- und Internationalem Insolvenzorganisationsrecht unterscheidet. s BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (87); Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (294 ff.); Geimer; IZPR, Rdn. 3365; Mohrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.l; Trunk, KTS 1987, S. 415 (420). 6 Geimer, IZPR, Rdn. 3366; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 32; Reithmannl Hausmann, Rdn. 1814; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.94; Pielorz, S. 67; so wohl auch die Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241. 7 Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (294); Pielorz. S. 37; Trunk, IIR, S. 411 (anders noch in KTS 1987, S. 415 [430 f.]).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

vielmehr dem Internationalen Zivilprozeßrecht und dem Internationalen Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit nahe8 , mit denen es zum Internationalen Zivilverfahrensrecht zusammengefaßt wird9 . Diese zwei Rechtsmaterien bestehen nach ganz überwiegender Auffassung nicht nur aus Kollisionsnormen, sondern zum größeren Teil aus auslandsbezogenen Sachnormen 10, welche u. a. die Anerkennung ausländischer Entscheidungen regeln 11 . Unter Anerkennung wird dort ebenfalls die Erstreckung bestimmter Entscheidungswirkungen auf das Inland verstanden 12 . In diese Zusammenhänge fügt sich allein ein internationalverfahrensrechtlich konzipiertes Internationales Insolvenzrecht; ein rein kollisionsrechtliches ist mit ihnen nicht zu vereinbaren. Gegen eine Parallele zum IPR spricht im übrigen, daß sich bestimmte dem Internationalen Insolvenzrecht zuzurechnende Materien nicht in ein bloßes Kollisionsrecht integrieren lassen. Dies gilt, wie Leipold gezeigt hat, vor allem für die internationale Zuständigkeit. Die direkte internationale Zuständigkeit ist Voraussetzung für die Eröffnung eines lnsolvenzverfahrens, ihre Rechtsfolge also nicht die Maßgeblichkeit einer bestimmten Rechtsordnung, sondern die Verfahrenseröffnung, mithin ein Verfahrensakt Ist die Eröffnungszuständigkeit demzufolge Tatbestandsmerkmal einer verfahrensrechtlichen Sachnorm 13, kann für die Anerkennungszuständigkeit nichts anderes gelten. Ebensowenig lassen sich Regeln über die Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen in einem rein kollisionsrechtlich strukturierten Internationalen Insolvenzrecht unterbringen. Die internationalverfahrensrechtliche Aufassung verdient daher den Vorzug. Mit der Entscheidung für ein verfahrensrechtliches Verständnis des Internationalen Insolvenzrechts sind allerdings noch nicht alle Weichen für eine Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen nach Verfahrensrecht gestellt. 8 Vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (265) (Nähe der Konkurseröffnung zu Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Zu undifferenziert Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (456, 466, 475) (Internationales Insolvenzrecht als integraler Bestandteil eines das Internationale Zivilverfahrensrecht einschließenden Internationalen Privatrechts). 9 Schack, IZVR, Rdn. I!; Nagel, Rdn. 4; Sonnenberger; in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Ein!. Rdn. 399. 10 Schack, IZVR, Rdn. 8; Geimer; IZPR, Rdn. 18; Stein/Jonas/Schumann, 20. Aufl., Ein!. Rdn. 732 ff.; Sonnenberger; in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Ein!. Rdn. 398; Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (294 f.); unzutreffend von Bar; IPR I, Rdn. 321 (von umstrittenen Ausnahmen abgesehen keine Kollisionsnormen). " Vgl. Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 328 Rdn. 5. 12 Zum IZPR s. Martiny, in: Hdb. IZVR III/ l , Rdn. 363 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 2776; Stein/Jonas I Schumann, § 328 Rdn. 2; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 328 Rdn. 3a; Schütze, S. 133; Kropholler, IPR, § 60 IV 2, S. 569; BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 312 (318); im Grundsatz auch Schack, IZVR, Rdn. 791 f., 796; zum Internationalen Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit s. Geimer; in: FS Ferid, S. 89 (90); Keidel/Zimmennann, § 16a Rdn. 3; Bumiller!Winkler; § 16a Anm. 1; Richardi, S. 14 ff. 13 Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (293 ff.). A.A. Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 43; ders., KTS 1990, S. 377 (398); Jürgen Schmidt, S. 135 (Element einer Kollisionsnorm).

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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Ohne die Normstruktur des Internationalen Insolvenzrechts in Frage zu stellen, ließe sich für eine Anerkennung nach Kollisionsrecht die sogenannte Iex-causaeTheorie ins Feld führen. Nach dieser Theorie soll insbesondere die Anerkennung von Gestaltungswirkungen ausländischer Entscheidungen nicht (nur) nach den verfahrensrechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen, sondern (auch) danach zu beurteilen sein, ob die Entscheidung in dem Staat wirksam ist, dessen Rechtsordnung nach deutschem IPR für das zu gestaltende Rechtsverhältnis maßgeblich ist 14. Die Frage soll hier nicht vertieft werden 15 , zumal die Iex-causae-Theorie im Internationalen Insolvenzrecht bislang noch nicht vertreten worden 16 und auch im Internationalen Zivilprozeßrecht überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist 17 . Es sei lediglich angemerkt, daß die rechtsgestaltenden Wirkungen insolvenzrechtlicher, insbesondere verfahrenseröffnender Entscheidungen zwar ein legitimes Betätigungsfeld für die Iex-causae-Theorie bilden. Daß die Anerkennung für jedes betroffene Rechtsverhältnis einzeln anband des jeweils maßgeblichen Sachstatuts gepriift werden müßte, läßt diese Theorie jedoch wenig praktikabel erscheinen 18 . Ein entscheidender Nachteil liegt zudem darin, daß eine von unterschiedlichen Sachstatuten abhängige Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen gleichartige Rechtsverhältnisse unterschiedlich behandeln und damit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung zuwiderlaufen würde 19• Mithin ist als Zwischenergebnis festzuhalten, daß die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen ausschließlich nach den verfahrensrechtlichen Normen des Internationalen Insolvenzrechts zu beurteilen und als Erstreckung ihrer Wirkungen auf das Inland zu verstehen ist. 2. Anerkennung verfahrenseröffnender Entscheidungen a) Verfahrenseröffnende Entscheidungen

Ausländische Insolvenzverwalter werden ihre Befugnisse zumeist aus verfahrenseröffnenden Entscheidungen ableiten, die von einem Gericht getroffen wur14 Zur Iex-causae-Theorie in ihren verschiedenen Varianten s. Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 276 ff., 404 ff.; Geimer, IZPR, Rdn. 44 f.; Favoccia, S. 61 f., 65 f. 15 s. aber Favoccia, S. 65 ff. 16 Es finden sich lediglich ablehnende Stellungnahmen, so bei Favoccia, S. 65 ff.; Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (292 f.); inzident ablehnend auch BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (269 f.). 17 Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 279 ff., 410; Stein/ Jonas/Schumann, § 328 Rdn. 11; Gottwald, in: MünchenerKommentar zurZPO, § 328 Rdn. 133; Zöller/Geimer, § 328 Rdn. 46; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Ein!. Rdn. 427; Schack, IZVR, Rdn. 779; Geimer, IZPR, Rdn. 46. 18 Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (292 f.); Favoccia, S. 69 ff. 19 Vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (88 f.); ferner unten VI. 1. b) aa) (1), (3), s. 195 ff., 198 f.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

den. Soweit Insolvenzverfahren jedoch von einer Behörde20 oder durch einen privatautonomen Akt des Schuldners eröffnet werden, im Falle des englischen creditors' voluntary winding up beispielsweise durch einen Liquidationsbeschluß der Gesellschafter21 , fragt sich, ob diese Eröffnungsakte gerichtlichen Eröffnungsentscheidungen gleichzustellen sind. Dies hängt davon ab, ob sie diesen ihrer Funktion nach entsprechen 22• Für behördliche Entscheidungen ist das grundsätzlich zu bejahen23 . Sofern das betreffende Verfahren alle Merkmale eines Insolvenzverfahrens erfüllt24 , kann es nicht darauf ankommen, welche Stelle das Verfahren eröffnet hat. Bei einer Verfahrenseröffnung durch den Schuldner verhält es sich nicht grundsätzlich anders 25 . Mißbräuche können zwar nicht von vomherein ausgeschlossen werden, doch ist die Gefahr eines solchen Mißbrauchs gering. In aller Regel wird kein Schuldner die mit der Verfahrenseröffnung verbundenen Nachteile freiwillig in Kauf nehmen. Zur Abwehr etwaiger Mißbräuche sollte deshalb der ordre public genügen26 .

b) Anerkennungsvoraussetzungen

Um anerkannt zu werden, muß eine verfahrenseröffnende Entscheidung fünf Voraussetzungen erfüllen: Sie muß ein Verfahren eröffnen, das als Insolvenzverfahren zu qualifizieren ist (aa). Die Entscheidung muß im Verfahrensstaat wirksam sein (bb). Dieser Staat muß Gerichtsbarkeit über den Schuldner besitzen (cc) und zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens international zuständig sein (dd). Schließlich darf die Anerkennung der Entscheidung nicht zu einem Ergebnis führen, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (ee).

20 So bis Ende 1996 im schweizerischen Nachlaßverfahren (Artt. 294 f. a.F. SchKG). Nachlaßbehördewar allerdings regelmäßig ein Gericht (Fritzsche / Walder Il, § 71 Rdn. 2 N. 5). 21 Sec. 86 lnsolvency Act 1986. Ein Iiquidator ist damit allerdings noch nicht bestellt (vgl. Sec. 100 lnsolvency Act 1986). 22 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, Rdn. 498. 23 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241; Metzger; S. 51; Jayme, in: FS Riesenfeld, S. 117 (127 f.); Mohrbutter/ Wenner; Rdn. XXIII.lll. 24 Dazu sogleich unten b) aa), S. 71 ff. 25 In diesem Sinne auch der Erläuternde Bericht zum lstanbÜ, Nr. 23; ebenso Virgosl Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 52, allerdings mit der Einschränkung, daß der Verwalter eines solchen Verfahrens für die Ausübung seiner Befugnisse in anderen Vertragsstaaten eine gerichtliche Bestätigung benötigt (vgl. Anhang A zum EuiÜ zum englischen creditors ' voluntary winding up). 26 Dazu unten b) ee), S. 91 ff.

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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aa) Insolvenzverfahren ( 1) Begriff

Es liegt auf der Hand, daß nur die Eröffnung solcher ausländischer Verfahren anerkannt werden kann, die als Insolvenzverfahren im Sinne des deutschen Internationalen Insolvenzrechts anzusehen sind (Art. 102 Abs. 1 S. 1 EGins0)27 . Der Begriff des Insolvenzverfahrens findet sich zwar nur in der InsO. Doch gilt für den Anwendungsbereich der KO und der GesO, wo ein ausländisches Konkurs- oder Vergleichsverfahren 28 bzw. ein ausländisches Gesamtvollstreckungs- oder Konkursverfahren (§ 22 Abs. 1 S. 1 GesO) verlangt wird, in der Sache nichts anderes. Die dort verwendeten Begriffe sind internationalverfahrensrechtlich mit dem des Insolvenzverfahrens synonym29• Eine Legaldefinition des Insolvenzverfahrens gibt es im autonomen Recht nicht30. Der Regierungsentwurf der Insolvenzordnung hat angesichts der Fülle der in der Rechtsvergleichung anzutreffenden Gestaltungen ausdrücklich von dem Versuch abgesehen, die unverzichtbaren Elemente eines Insolvenzverfahrens abschließend zu beschreiben. Er hat aber gemeint, in erster Linie sei darauf abzustellen, ob das ausländische Verfahren im großen und ganzen den Zwecken dienstbar gemacht werde, die § 1 RegEinsO als Aufgabe des deutschen Insolvenzverfahrens umschreibe31. Das bedeutet, daß das ausländische Verfahren im wesentlichen der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners dienen muß, indem entweder das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder eine abweichende Regelung insbesondere zur Erhaltung eines Unternehmens getroffen wird (§ 1 S. 1 InsO). 27 Daß Art. 102 Abs. 1 S. I EGinsO den Begriff der Anerkennung nicht verwendet, sondern lediglich davon spricht, daß ein ausländisches Insolvenzverfahren auch das im Inland befindliche Vermögen erfaßt, ist ohne Bedeutung. Die Bestimmung benennt die wichtigste Anerkennungswirkung lediglich als Pars pro toto (vgl. Art. 102 Abs. I S. 2 Nr. 2, Abs. 3 EGinsO; ferner § 384 RegElnsO; Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 12/7303, S. 117; Leipold, in: FS Henckel, S. 533 [536]; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.39; Lüer, in: Kölner Schrift zur lnsO, S. 1221 f. Rdn. 11 f.; Flessner, IPRax 1997, S. 1 [4]). Entsprechendes gilt für § 22 Abs. 1 S. 1 GesO (vgl. § 22 Abs. 2 GesO; Landfermann, in: Stoll, Reformdes IIR, S. 314 [318]; Gottwald I Amold, Nachtrag Kap. XI A Rdn. 7, 9; Flessner, a. a. 0 .; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.236). 28 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270); II. I. 1990, NJW 1990, 990 (991); 14. II. 1996, BGHZ 134, 79 (80, 82). 29 BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (80, 85 f.). 30 Anders Art. 1 Abs. I S. 1 IstanbÜ, Artt. 1 Abs. 1, 2 lit. a EuiÜ, deren Übernahme in das autonome Recht sichjedoch nicht empfiehlt (Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 [186 ff.]; Flessner, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 [230 f.]). Zur Definition im Rahmen des EG-Vorentwurfs 1970 und des EuGVÜ s. Schlosser, in: FS Weber, S. 395 (398); EuGH, 22. 2. 1979- Rs. 133/78, Gourdain/Nadler-, Slg. 1979,733 (744). 31 BT-Drs. 12/2443, S. 236. § I RegEinsO ist durch den Rechtsausschuß neu gefaßt worden (vgl. BT-Drs. 12/7303, S. 5).

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

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Das Schrifttum hat sich bei der Begriffsbestimmung weniger Zurückhaltung auferlegt. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, daß das Ziel des Insolvenzverfahrens in der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger liegt 32 . Daran ist entgegen neueren Stimmen, nach denen bei der Qualifikation auf einen Verfahrenszweck verzichtet werden33 bzw. das Insolvenzverfahren lediglich einen Ausgleich zwischen Gläubiger-, Schuldner- und staatlichen Interessen bewirken so11 34, festzuhalten. Mit dem Verfahrensziel der Gläubigerbefriedigung werden nämlich nicht wie behauptee5 - rechtspolitische Anschauungen in den Qualifikationsvorgang hineingetragen. Dieses Verfahrensziel dient lediglich der Abgrenzung privatrechtlieber Verfahren von verwaltungsrechtlichen, dem öffentlichen Wirtschaftsrecht zuzuordnenden Verfahren, die ebenfalls an den Tatbestand der Insolvenz anknüpfen. Eine solche Abgrenzung ist ebenso unverzichtbar wie die Unterscheidung zwischen IPR und Internationalem öffentlichen Recht. Weniger Einigkeit besteht hinsichtlich der Mittel der Gläubigerbefriedigung. Manche Definitionen lassen - historisch bedingt - nur die Verwertung des Schuldnervermögens zu36 und erfassen damit ausschließlich klassische Konkursverfahren. Verfahren, die dieses Ziel (auch) mit anderen Mitteln zu erreichen suchen, insbesondere Vergleichsverfahren und Verfahren, die nicht von vornherein auf ein bestimmtes Verfahrensergebnis festgelegt sind, z. B. französische Unternehmenssanierungsverfahren, die englische administration und selbst Verfahren nach der Ges037 und der InsO, werden damit ausgegrenzt. Unberücksichtigt bleiben können diese Verfahren jedoch nicht 38. Andere verstehen unter Konkurs bzw. Insolvenzverfahren im internationalrechtlichen Sinne jedes staatliche Verfahren der Verwaltung eines Vermögens mit dem Ziel, die Gläubiger, denen dieses zur vollen Befriedigung voraussichtlich unzureichende Vermögen haftet, gleichmäßig zu befriedigen39. In Anlehnung hieran hat der BunVgl. nur BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (265). Reinhart, S. 169 ff. 34 Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.107. 35 Reinhart, S. 169 ff. 36 Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 (365); Summ, S. 31; Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (124);Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (148); Reithmannl Hausmann, Rdn. 1808; so auch OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); ebenfalls zu eng Lüer, KTS 1990, S. 377 (399); Häsemeyer; S. 853 (Abwicklung); Aderhold, S. 194 (Realisierung des Vermögenswerts); anders aber Kirchhof, WM 1993, S. 1364 ( 1365) (Verwertung nur notfalls). 37 Vgl. Kilger/Karsten Schmidt, § 16 GesO Anm. I; Haarmeyer/Wutzke /Förster; Eint. Rdn. 36. 38 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 236; Jaeger/Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 8; Gottwald I Amold, § 121 Rdn. 20 (sämtlich für die Einbeziehung von Vergleichsverfahren); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1367), der zu Recht auf die oft untrennbare Verflechtung der verschiedenen Insolvenzverfahren hinweist; Geimer; IZPR, Rdn. 3361 f.; Aderhold, S. 184 f.; Spahlinger; S. 100 ff. (alle für die Einbeziehung ergebnisoffener Verfahren); vgl. auch BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79; OLG Frankfurt/Main, 31. 8. 1995, WM 1995, 2079 (2082 f.). A.A. für Sanierungsverfahren Jayme, in: FS Riesenfe1d, S. 117 (127), dessen Auffassung sich mit der Leitentscheidung des BGH (11. 7. 1985, BGHZ 95, 256) jedoch erledigt haben dürfte. 32 33

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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desgerichtshof in einer jüngst ergangenen Entscheidung Insolvenzverfahren als staatliche geordnete Verfahren zur Abwicklung der Vermögens- und Haftungsverhältnisse eines Schuldners zugunsten aller Gläubiger bei mutmaßlich nicht ausreichendem Schuldnervermögen charakterisiert40. Beide Begriffsbestimmungen treffen zwar im wesentlichen zu, verzichten aber auf die Angabe eines Mittels der Gläubigerbefriedigung und berücksichtigen die Vorgaben des Regierungsentwurfs damit nur unzureichend. Anders ist dies bei einer neueren Definition, die das Insolvenzverfahren als ein gerichtliches oder gerichtlich-behördliches, kollektives Zwangsverfahren in der Sphäre des Privatrechts begreift, das wegen Insolvenz des Schuldners eingeleitet wird, grundsätzlich das gesamte Schuldnervermögen umfaßt und eine am Prinzip der par condicio creditorum ausgerichtete Befriedigung der Gläubiger anstrebt, sei es durch Verwertung des Schuldnervermögens mit Hilfe eines Verwalters, sei es durch ein Arrangement des Schuldners mit seinen Gläubigem oder durch einen Sanierungsplan, die beide durch Gerichtsentscheidung verbindlich werden41 . Allerdings stellt auch diese Begriffsbestimmung nicht in jeder Hinsicht zufrieden. Beispielsweise ist die Forderung, das Verfahren müsse der Sphäre des Privatrechts zuzurechnen sein42, neben dem privatnützigen Verfahrensziel der Gläubigerbefriedigung entbehrlich. Verfahren, die dieses Ziel verfolgen, sind, funktional betrachtet, als privatrechtlich anzusehen. Auch erscheint es nicht gerechtfertigt, für Vergleiche und Insolvenzpläne eine gerichtliche Bestätigung zu verlangen. Vielmehr sollte die Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung genügen. Englische voluntary arrangements, die nur auf Antrag gerichtlich überprüft werden43, würden andernfalls aus dem Insolvenzverfahrensbegriff herausfallen. Es empfiehlt sich daher, unter einem Insolvenzverfahren im Sinne des Internationalen Insolvenzrechts ein staatlich kontrolliertes Kollektivverfahren zu verstehen, das wegen voraussichtlicher Unfahigkeit des Schuldners zur vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger eröffnet wird, grundsätzlich sein gesamtes Vermögen erfaßt und die prinzipiell gleichmäßige Befriedigung seiner Gläubiger durch einen Vergleich, einen Insolvenzplan oder durch Verwertung seines Vermögens anstrebt44.

39 Jaeger/ Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 9; leicht modifiziert auch bei Jahr; IKR, S. 2; Pielorz. S. 67; ders., ZIP 1980, S. 239 (242); Riegel, S. 75; Aderhold, S. 194; Rauls, S. 83; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (460). 40 BGH, 14. II. 1996, BGHZ 134,79 (89). 41 Gottwald/Amold, § 121 Rdn. 21 ; dem folgend Spahlinger; S. 46, weitgehend auch Trunk, IIR, S. 3, 267 f.; vgl. dazu Potthast, S. 29 f. 42 In diesem Sinne auch Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 (365); Gottwald I Amold, § 121 Rdn. 21; Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (124); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1365); Pielorz, S. 67; ders., ZIP 1980, S. 239 (242); Aderhold, S. 194; Summ, S. 31; Riegel, S. 75; von Oertzen, S. 31. 43 Vgl. Sec. 6, 262 Insolvency Act 1986. 44 Die Bestellung eines Verwalters gehört folglich nicht zu den Essentialia eines Insolvenzverfahrens (so auch Flessner, IPRax 1992, S. 151 [152], und Trunk, IIR, S. 3, gegen OLG Hamburg, 10. 5. 1990, IPRax 1992, 170).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

(2) Einzelne Begriffsmerkmale

(a) Eröffnung wegen Insolvenz Ob ein Verfahren wegen voraussichtlicher Unfähigkeit des Schuldners zur vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger eröffnet wird, ist fraglich, wenn die Verfahrenseröffnung im Ausland keinen Nachweis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung erfordert. Nach ausländischem Insolvenzrecht genügt mitunter ein bestimmtes Verhalten des Schuldners, beispielsweise das Stellen des Eröffnungsantrags, die Erklärung gegenüber dem Gericht, zahlungsunfähig zu sein45 , oder das Einreichen eines Vergleichsvorschlags46. In anderen Fällen setzt die Eröffnung lediglich voraus, daß der Schuldner dem Antrag eines Gläubigers nicht entgegentritt47 oder sich sonst in einer Weise verhält, welche die Interessen der Gläubiger gefährdet oder eine Insolvenz nahelegt, etwa betrügerische Handlungen zum Nachteil der Gläubiger zu begehen versucht oder bei Vollstreckungsmaßnahmen Vermögensgegenstände verheimlicht48 . All diese Umstände sind jedoch geeignet, eine Vermutung für die Unfähigkeit des Schuldners zur vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger zu begründen, denn in aller Regel wird ein Schuldner die mit der Verfahrenseröffnung verbundenen Nachteile, insbesondere den Verlust seiner Kreditwürdigkeit, nicht freiwillig in Kauf nehmen. Dies sollte ausreichen. In keinem der vorgenannten Fälle sollte deshalb eine Verfahrenseröffnung wegen Insolvenz verneint werden49. Gleiches gilt für das Reorganisationsverfahren nach Kapitel 11 des US-amerikanischen Konkursgesetzes (11 U.S.C. Chapter 11)50, das ohne Nachweis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung eröffnet werden kann, wenn der Schuldner selbst den Eröffnungsantrag stellt oder sich dem Antrag eines Gläubigers nicht entgegenstellt51 . (b) Staatliche Kontrolle Die staatliche Kontrolle des Insolvenzverfahrens findet ihren Ausdruck in aller Regel in der Bestellung und Überwachung eines Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht. Sofern Verfahren die Bestellung des Verwalters in die Hände der 45 So z. B. Art. 191 a.F. SchKG. 46 Sec. I (1), 253 (1) Insolvency Act 1986. 47 Vgl. Artt. 160 Abs. 1 Nr. 4, 166, 168, 171 - 173a SchKG. 48 Vgl. Art. 190 Abs. 1 Nr. 1 SchKG. Nach dieser Bestimmung kann das Konkursverfahren auch gegen solche Schuldner eröffnet werden, deren Aufenthaltsort unbekannt ist oder die die Flucht ergriffen haben, um sich ihren Verbindlichkeiten zu entziehen. 49 Noch großzügiger Jaeger I Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 8. 50 Wenner, KTS 1990, S. 429 (431 f.) ; Flessner/Schulz, IPRax 1991, S. 162 (163); Flessner, IPRax 1992, S. 151 (152); Taupitz, ZZP 105 (1992), S. 218 (227 N. 56); a.A. OLG Harnburg, 10. 5. 1990, IPRax 1992, 170. 51 11 U.S.C. §§ 301,303 (h); vgl. Rauls, S. 19 f.

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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Gläubiger legen, wie dies etwa beim creditors' voluntary winding up und bei voluntary arrangements nach englischem Recht der Fall ist, sind sie gesondert auf hinreichende staatliche Einwirkungsmöglichkeiten zu überprüfen. Im creditors' voluntary winding up etwa kann das Gericht auf Antrag eines Beteiligten all diejenigen Entscheidungen treffen, für die es im compulsory winding up zuständig ist, und über sämtliche Streitfragen entscheiden52 . Insbesondere kann es den Liquidator entlassen und einen neuen bestellen53 . Voluntary arrangementssind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht in formeller wie in materieller Hinsicht zu überprüfen54. Auch kann das Gericht demsupervisorauf Antrag Weisungen für die Durchführung des Vergleichs erteilen und ihn auswechseln 55. Diese gerichtlichen Kompetenzen sollten in beiden Fällen genügen, um eine effektive staatliche Kontrolle im Interesse der Rechtsförmlichkeit des Verfahrens zu gewährleisten56. (c) Grundsatz der Erfassung des gesamten Schuldnervermögens Nach dem oben zugrundegelegten Insolvenzverfahrensbegriff muß ein ausländisches Verfahren zwar im Grundsatz das gesamte Vermögen des Schuldners erfassen. Ausnahmen sind jedoch zulässig, so daß auch die Eröffnung solcher Verfahren anerkennungsfähig ist, die nicht das gesamte, sondern nur das im Verfahrensstaat belegene Schuldnervermögen oder einen Teil desselben57 in Anspruch nehmen (Partikularinsolvenzverfahren). Diese Auffassung ist allerdings nicht unumstritten. Eine weitverbreitete Meinung macht die Anerkennung von der Inanspruchnahme des Auslandsvermögens des Schuldners durch das Recht des Verfahrensstaates abhängig und schließt Partikularverfahren damit von der Anerkennung aus58 . Dabei werden jedoch zwei Aspekte durcheinandergeworfen, die zwar miteinander zusamSec. 112 (I) lnsolvency Act 1986. Sec. I 08 (2) Insolvency Act 1986. 54 Sec. 6, 262 lnsolvency Act 1986. 55 Sec. 7 (3)- (6), 263 (3)- (6) Insolvency Act 1986. 56 Vgl. Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 52; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366). 57 Im schweizerischen Niederlassungskonkurs z. B. das in der Schweiz belegene Niederlassungsvermögen (s. unten IV. 2. a), S. 147). 58 OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); LG Kleve, 17. I. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254a, S. 554 (555); Pielorz, ZIP 1980, S. 239; Merz, ZIP 1983, S. 136 (140); ders., JbitalR 1 (1988), S. 3 (9); Lau, BB 1986, S. 1450; W. J. Habscheid, ZaöRV 1990, S. 282 (290, 303); ders., in: FS Matscher, S. 163 (167 f.); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1365); Gottwald, IPRax 1995, S. 157; Jahr; IKR, S. 6; Geimer; IZPR, Rdn. 3512a; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 16, Nachtrag Kap. XI A Rdn. 9 N. 10; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1810; Mohrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.86a; Hess!Binz ! Wienberg, § 22 Rdn. 2; Flessner; in: FS Heinsius, S. 111 (117); Aderhold, S. 169 (anders aber S. 209, 314); Kleveman, S. 131 ; von Oertzen, S. 34 f. ; Metzger; S. 50 (anders aber S. 154 f.); Potthast, S. 66; von Campe, S. 406. Die gelegentlich anzutreffende Bezugnahme auf BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270), ist verfehlt. 52

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menhängen, aber dennoch auseinanderzuhalten sind, nämlich die Inanspruchnahme des Auslandsvermögens durch den Verfahrensstaat einerseits und der Wille des Verfahrensstaates, die Wirkungen der im Verfahren ergangenen Entscheidungen auf ausländische Staaten zu erstrecken, andererseits. Der erste Gesichtspunkt betrifft den Umfang der Insolvenzmasse und ist nur bei massebezogenen Entscheidungen von Bedeutung, während der zweite Aspekt sich unmittelbar auf die (als Wirkungserstreckung definierte) Anerkennung bezieht und insolvenzrechtliche Entscheidungen nicht anders berührt als andere ausländische zivilverfahrensrechtliche Entscheidungen. Ein Zusammenhang zwischen beiden Aspekten besteht insofern, als ein Staat, der das Auslandsvermögen für sein Insolvenzverfahren in Anspruch nimmt, auch die Wirkungen der in seinem Verfahren ergangenen Entscheidungen auf das Ausland erstrecken will. Der Umkehrschluß jedoch, den die hier kritisierte Auffassung zieht, daß nämlich ein Staat, der das Auslandsvermögen nicht in Anspruch nimmt, keine Erstreckung der Wirkungen seines Insolvenzverfahrens auf andere Staaten will, so daß eine Anerkennung nicht in Betracht kommt, ist nicht zulässig. Auf andere Staaten erstreckt werden können nicht nur Wirkungen, die das Auslandsvermögen betreffen, sondern auch - und insoweit besagt die Nichtinanspruchnahme des Auslandsvermögens überhaupt nichts - Wirkungen auf das im Verfahrensstaat belegene Vermögen. Wirkungserstreckung bedeutet, daß der anerkannte Akt die gleiche rechtliche Bedeutung wie nach der Rechtsordnung des Entscheidungsstaates erlangt59. Diese Bedeutung läßt sich nicht einfach auf die Rechtsfolgen reduzieren, die das Insolvenzstatut für das Auslandsvermögen vorsieht, mögen diese Rechtsfolgen für den Anerkennungsstaat auch von größerer Bedeutung sein als andere Wirkungen. Im übrigen haben die deutschen Gerichte selbst unter der Herrschaft des Territorialitätsprinzips die Erstreckungsfähigkeit von Wirkungen auf das im Verfahrensstaat belegene Vermögen jedenfalls im Ergebnis bejaht. So hat das Reichsgericht einem ausländischen Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis hinsichtlich solcher Gegenstände des Schuldnervermögens zuerkannt, die erst nach Verfahrenseröffnung aus dem Verfahrensstaat nach Deutschland gelangt waren60. Auch Anfechtungsklagen ausländischer Insolvenzverwalter wegen Verkürzung des im Verfahrensstaat belegeneo Schuldnervermögens ist wiederholt stattgegeben worden61 • Die hier vertretene Ansicht, nach der auch die Eröffnung von Partikularinsolvenzverfahren anerkannt werden kann, entspricht einer im Vordringen begriffenen Auffassung62 . Martiny, in: Hdb. IZVR II1 I I, Rdn. 364. RG, 13. 4. 1915, Das Recht 1915 Nr. 2589; dazu Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 (374 f.); vgl. auch Trunk, Internationale Aspekte, S. 177. 61 OLG Karlsruhe, 14. 7. 1911, NiemeyersZ 23, 320 (322); LG Köln, 29. 5. 1962, KTS 1965, 48; OLG Hamm, 25. 10. 1976, NJW 1977, 504. 62 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241; Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Reform des IIR, S. 265 (266); Henckel, a. a. 0., S. 156 (164 f.); Thieme, a. a. 0 ., S. 212 (219 f.); Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (300) (anders noch in: FS Waseda Universität, S. 787 [795]); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (176); Trunk, KTS 1994, S. 33 (40); ders. , IIR, S. 270, 288 (anders noch in KTS 1987, S. 415 [423, 426]); 59 60

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(d) Ziel der prinzipiell gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung Ob ausländische Verfahren die grundsätzlich gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger anstreben, kann vor allem dann zweifelhaft sein, wenn diese Verfahren, wie z. B. die englische administration oder das französische Unternehmenssanierungsverfahren, (auch) die Erhaltung eines Unternehmens des Schuldners und dessen Sanierung bezwecken. Die Verfolgung von Sanierungszwecken schließt das Vorliegen eines Insolvenzverfahrens nicht grundsätzlich aus63 . Die Erhaltung eines Unternehmens des Schuldners kann auch im Gläubigerinteresse liegen (§ 1 S. 1 Ins0)64. Sie kann diesem aber auch zuwiderlaufen, wenn etwa die Unternehmensinsolvenz nicht zu behebende strukturelle Ursachen hat oder wenn Arbeitsplätze auf Kosten der Gläubiger gesichert werden sollen. In solchen Fällen muß gepriift werden, ob das Ziel der Gläubigerbefriedigung von anderen Verfahrenszwecken so weit verdrängt wird, daß es gerechtfertigt ist, der verfahrenseröffnenden Entscheidung die Anerkennung insgesamt zu versagen65. Priifungsmaßstab ist die Ausgestaltung des Verfahrens durch das ausländische Insolvenzrecht, letztlich entscheidend allerdings die Rechtswirklichkeit66. In erster Linie kommt es darauf an, ob die Gläubiger die Entscheidung über die Unternehmenserhaltung maßgeblich beeinflussen können. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so etwa bei der administration67 , kann nicht zweifelhaft sein, daß die Unternehmenserhaltung im Interesse der Gläubiger liegt und das Verfahren ihrer Befriedigung dient. Ist den Gläubigem eine solche Einflußnahme hingegen wie z. B. im französischen Unternehmenssanierungsverfahren verwehrt, kommt es in zweiter Linie darauf an, ob das ausländische Verfahren wenigstens im Falle des Mißlingens eines Sanierungsversuchs zur - regelmäßig allein im Interesse der Gläubiger liegenden - Verwertung des Schuldnervermögens und zur Verteilung des

Spahlinger; S. 95; so nun auch BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (203). In diesem Sinne ferner Artt. 16 Abs. 1, 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 EuiÜ. 63 BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (379); 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (84 f.). 64 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 77 f., 236; BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (84 f.); Taupitz, ZZP 105 (1992), S. 218 (226); verkannt von OLG Hamburg, 10. 5. 1990, IPRax 1992, 170; dazu Flessner; IPRax 1992, S. 151 (152). Wenig hilfreich Metzger; S. 49, die Sanierung als nicht am Ziel der Gläubigerbefriedigung orientiert definiert. 65 Vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (84) (Sanierung als "weiterer" Verfahrenszweck). 66 Vgl. Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1367). Dieser Maßstab gilt für alle ausländischen Verfahren, so daß z. B. Verfahren, die nach der Gesetzeslage Gläubigerinteressen dienen, im konkreten Fall aber zur Enteignung (vgl. Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 [365]; Aderhold, S. 178) oder zu anderen verfahrensfremden Zwecken mißbraucht werden (vgl. Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 [1236 f.]), nicht als Insolvenzverfahren zu qualifizieren sind. Für Anwendung des ordre public in diesen Fällen hingegen Merz, ZIP 1983, S. 136 (140); Baur/Stümer II, Rdn. 37.26; Hanisch, a. a. 0.; ders. , in: FS Jahr, S. 455 (472); Reinhart, ZIP 1997, S. 1734 (1736). 67 Vgl. Sec. 23-25 Insolvency Act 1986.

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Erlöses führt68 . Sofern zumindest diese Voraussetzung erfüllt ist69 , erscheint es nicht gerechtfertigt, die Anerkennung vollständig zu verweigern70. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß die im ersten Teil der Arbeit vorgestellten schweizerischen, französischen und englischen Verfahren nach den unter (1) und (2) genannten Maßstäben sämtlich als Insolvenzverfahren im Sinne des deutschen Internationalen Insolvenzrechts anzusehen sind. Dies gilt insbesondere für schweizerische Konkurs-7 1 und Nachlaßverfahren 72, das französischeredressement judiciaire13 , das englische creditors' voluntary winding up74 sowie für englische administration order/5 und company voluntary arrangements16 . Gleiches gilt für zahlreiche andere ausländische Verfahren, etwa für die Konkursverfahren Australiens77, Belgiens78 , Italiens 79, Liechtensteins 80, Luxemburgs81 , der Niederlande82 und Schwedens83 sowie für den niederländischen84 und den 68 Allein hierauf stellt Kirchhof ab (WM 1993, S. 1364 [1367]); ebenso BGH, 11. 7. 1991, NJW 1992, 624 (626); 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (89); Flessner; in: FS Heinsius, S. 111 (125 f.). Ablehnend Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.109. 69 Vgl. Artt. 80 Abs. I, 89 Abs. 4 S. 2 Gesetz Nr. 85-98. 70 Die Erstreckung derjenigen Rechtsfolgen des ausländischen Verfahrens, die Gläubigerinteressen unverhältnismäßig zurücksetzen, kann allerdings am ordre public scheitern (BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 [85]; vgl. Kirchhof, WM 1993, S. 1364 [1367]; Flessner; ZIP 1989, S. 749 [756]; Aderhold, S. 192). Generell für Anerkennung von Sanierungsverfahren Gottwald, Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 41 ; Reinhart, ZIP 1997, S. 1734 (1736). 71 Mehrfach entschieden: BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (375); OLG Karlsruhe, 21. 2. 1992, RIW 1992, 940; i.E. auch 11. 5. 1990, NJW-RR 1991, 295; OLG Stuttgart, 20. 3. 1989, IPRax 1990, 233. n Stadler; KTS 1995, S. 539 (553). 73 Flessner; ZIP 1989, S. 749 (755 f.); ders., in: FS Heinsius, S. 111 (124); ders. , IPRax 1997, S. 1 (10); Grasmann, Rev. crit. 1990, S. 421 (475 f.); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1367); Roth, IPRax 1996, S. 324 (325); Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.l08; Reinhart, S. 176 f.; von Campe, S. 394. 74 Favoccia, S. 74 f. N. 102. 75 Reinhart, S. 173; lediglich aus prozessualen Gründen a.A. OLG München, 28. 4. 1992, IPRspr. 1992 Nr. 240b, S. 598 (601); LG München I, 11. 10. 1991, RIW 1991,948. 76 Differenzierend Reinhart, S. 173 f. 77 So i.E. LG Hamburg, 2. 7. 1992, RIW 1993, 147. 78 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (270); i.E. auch LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (725 f.); LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235. 79 OLG München, 24. 1. 1996, WM 1996, 1601 (1602); i.E. auch OLG Stuttgart, 20. 6. 1984, KTS 1985,281 (LS). 80 LG München I, 21. 3. 1994, NJW-RR 1994, 1150 (1151 f.). 81 BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (47); OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990,648 (649); offenbar auch LAG Mainz, 14. 7. 1997, BB 1998, 55. 82 OLG Düsseldorf, 15. 11. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (556); i.E. auch 17. 8. 1982, ZIP 1982, 1341 ; LG Krefeld, 9. 4. 1992, NJW-RR 1992, 1535. 83 BGH, 21. ll. 1996, BGHZ 134, 116 (119). 84 LG Aachen, 25. 2. 1987, NJW-RR 1987,502 (503).

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norwegischen 85 Zwangsvergleich. Umstritten ist die Anerkennungsfähigkeit der italienischen amministrazione straordinaria 86 und des Reorganisationsverfahrens nach 11 U.S.C. Chapter 11 87 . bb) Wirksamkeit im Verfahrensstaat Ebenso wie für ausländische Zivilurteile88 gilt für ausländische insolvenzrechtliche Entscheidungen, daß ihre Wirkungen nur dann auf das Inland erstreckt werden können, wenn sie nach dem Recht des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, überhaupt eingetreten sind. Die Entscheidung muß nach dem Recht des Verfahrensstaates wirksam geworden sein89 . Daher ist die Anerkennung ausgeschlossen, wenn die ausländische Entscheidung nach dem Insolvenzstatut eine "Nicht-Entscheidung" oder schlechthin nichtig oder unwirksam (ungültig) ist90. Ist die Entscheidung lediglich anfechtbar, so steht dies ihrer Anerkennung nicht entgegen, solange sie nicht aufgehoben wird91 • Für Eröffnungsentscheidungen ist dies von besonderer Bedeutung, weil ihre Anerkennung anders als die ausländischer Zivilur85 BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (89); OLG Frankfurt/Main, 4. 10. 1993, ZIP 1993, 1659; 31. 8. 1995, WM 1995,2079 (2083 f.). 86 Bejahend Jayme, in: FS Riesenfeld, S. 117 (127 f.); Reinhart, S. 177 f.; Flessner; IPRax 1997, S. 1 (10); Mohrbutter/ Wenner, Rdn. XXIII.108; so auch Anhang A zum EuiÜ; zweifelnd Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1367); erhebliche Bedenken bei Aderhold, S. 194; ablehnend AG Kulmbach, 4. 3. 1983, IPRspr. 1983 Nr. 207a, S. 537 (538). Eine kurze Beschreibung dieses Verfahrens findet sich bei Wood, Principles, Rdn. 12-14 ff. 87 Ablehnend OLG Hamburg, 10. 5. 1990, IPRax 1992, 170; zu Recht a.A. Wenner, KTS 1990, S. 423 (431 f.); Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.108; Flessner/Schulz, IPRax 1991, S. 162 (163); Flessner, IPRax 1992, S. 151 (152); ders., IPRax 1997, S. I (10); Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (459 N. 26); Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 229; Reinharr, S. 175 f. ; Rauls, S. 106 ff.; offen gelassen in BGH, 11. 1. 1990, NJW 1990, 990 (991); II. 7.1991,NJW 1992, 624(626). 88 Vgl. BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118,312 (318); Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1 , Rdn. 483; Geimer, IZPR, Rdn. 2889. 89 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270); 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (375); 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (90); OLG Saarbrücken, 31. 1. 1989, ZIP 1989, 1145 (1146); OLG Frankfurt/Main, 4. 10. 1993, ZIP 1993, 1659 (1660); Merz. ZIP 1983, S. 136 (139 f.); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 16, Nachtrag Kap. XI A Rdn. 9 N. 10; Geimer, IZPR, Rdn. 3511 ; Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 229; Reithmann / Hausmann, Rdn. 1810; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.ll6; Jahr, IKR, S. 6; Hess/Binz /Wienberg, § 22 Rdn. 2; Trunk, IIR, S. 273; Pielorz, S. 67; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); Summ, S. 36; Aderhold, S. 198. 90 BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (90); Geimer, IZPR, Rdn. 3511; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Pielorz, S. 67 f.; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); Aderhold, S. 198; Summ, S. 36; vgl. BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 312 (318); Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, Rdn. 485; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 328 Rdn. 51. 91 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (271); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Baurl Stümer II, Rdn. 37.26; vgl. BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 31 2 (318); Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1, Rdn. 486.

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teile92 nicht vom Eintritt der formellen Rechtskraft abhängig ist93 . Dies beruht auf der Überlegung, daß ein Insolvenzverfahren typischerweise in einer Phase fortschreitenden Vermögensverfalls eröffnet wird, so daß der Aufschub der Anerkennung bis zur Unanfechtbarkeit oft irreversible Vermögenseinbußen zur Folge hätte. Damit die Befriedigungschancen der Insolvenzgläubiger insgesamt gewahrt bleiben, muß das noch vorhandene Schuldnervermögen unabhängig von seiner Belegenheit möglichst schnell gegen massebeeinträchtigende Einwirkungen des Schuldners und einzelner Gläubiger gesichert werden 94. Die mit der Anerkennung nicht rechtskräftiger Entscheidungen verbundenen Gefahren95 fallen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. cc) Gerichtsbarkeit Parallelen zum Internationalen Zivilprozeßrecht weist die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen auch insoweit auf, als sie bei fehlender Gerichtsbarkeit des Verfahrensstaates ausgeschlossen ist96. Grund dafür ist das Verbot der Anerkennung völkerrechtswidriger Entscheidungen, das als allgemeine Regel des Volkerrechts im Sinne von Art. 25 GG gilt97 • Ob der Schuldner der Gerichtsbarkeit des Verfahrensstaates unterliegt, ist in spiegelbildlicher Anwendung deutschen Rechts(§§ 18-20 GVG) zu entscheiden98 . Hierauf kommt es allerdings dann nicht mehr an, wenn nach dem Recht des Verfahrensstaates die Gerichtsbarkeit ebenfalls fehlt und dies die Unwirksamkeit der Eröffnungsentscheidung zur Folge hat99 .

92 Str.; wie oben Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 487; Schack, IZVR, Rdn. 821; Nagel, Rdn. 646 f.; Gottwald, in: Münchener Korrunentar zur ZPO, § 328 Rdn. 44; a.A. Stein/ Jonas/Schumann, § 328 Rdn. llO; Zöl/er!Geimer; § 328 Rdn. 69; Geimer; IZPR, Rdn. 2856; Krophol/er; IPR, § 60 II 3, S. 554. 93 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241 ; Geimer; IZPR, Rdn. 3512; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 17; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.l16; Baur/Stümer II, Rdn. 37.26; Schlosser; RIW 1983, S. 473 (480); a.A. Riegel, S. 75 f. 94 Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 17. 95 Dazu Martiny, in: Hdb. IZVR III I I, Rdn. 487. 96 Geimer; IZPR, Rdn. 3513; vgl. Schütze, S. 194. Zum IZPR s. OLG Frankfurt/Main, 21. 10. 1980, ZIP 1980, 1144 (1146); Hausmann, IPRax 1982, S. 51 (53); Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 566; Schack, IZVR, Rdn. 827; Geimer; IZPR, Rdn. 534 ff. 97 OLG Frankfurt/Main, 21. 10. 1980, ZIP 1980, 1144 (1146); Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 567; Geimer; IZPR, Rdn. 535 f.; vgl. BVerfG, 31. 3. 1987, BVerfGE 75, 1 (19). 98 OLG Frankfurt/Main, 21. 10. 1980, ZIP 1980, 1144 (1146); Hausmann, IPRax 1982, S. 51 (53 f.); Maniny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 568; Gottwald, in: Münchener Korrunentar zur ZPO, § 328 Rdn. 52. Zu den Voraussetzungen im einzelnen s. etwa Schack, IZVR, Rdn. 137 ff.; Maniny, a. a. 0 ., Rdn. 578 ff. 99 Vgl. Hausmann, IPRax 1982, S. 51 (54); Maniny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 588; Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rdn. 259.

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dd) Internationale Zuständigkeit Eine der wenigen Regeln des Internationalen Konkursrechts, die sich der Gesetzgeber zu eigen gemacht hat, besagt, daß die Eröffnung eines ausländischen Konkursverfahrens nur anerkannt wird, wenn der Verfahrensstaat hierfür international zuständig ist 100 (so der frühere § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GesO und jetzt Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EGinsO). Prüfungsmaßstab für die Anerkennungszuständigkeit des Verfahrensstaates ist gemäß dem Spiegelbildprinzip die Eröffnungszuständigkeit nach deutschem Recht 101 . Soweit diese nicht ausdrücklich geregelt ist, sind nach dem Grundsatz der Doppelfunktionalität die Normen über die örtliche Zuständigkeit maßgeblich 102.

( 1) Anknüpfungsmomente (a) KO

Nach diesen Grundsätzen ist im Anwendungsbereich der Konkursordnung- also für die vor dem 1. 1. 1999 eröffneten Verfahren, vgl. Art. 103 EGinsO- ein Verfahrensstaat international zuständig, wenn der Schuldner in diesem Staat seine gewerbliche Hauptniederlassung 103 oder in Ermangelung einer solchen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 71 Abs. 1 KO). Der allgemeine Gerichtsstand wird bei natürlichen Personen regelmäßig durch den Wohnsitz bestimmt(§ 72 KO, § 13 ZPO), bei juristischen Personen in erster Linie durch den nach dem einschlägigen materiellen Recht maßgeblichen Sitz, insbesondere durch den statutarischen Sitz, hilfsweise durch den Verwaltungssitz (§ 72 KO, § 17 Abs. 1 ZP0) 104 . Die Aner10o BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270); 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (375); 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (82); 21. II. 1996, BGHZ 134, 116 (120). 101 Dies gilt auch im Anwendungsbereich der KO (BGH, 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 [ 120]; Geimer; IZPR, Rdn. 3406, 3514; Soergel i Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 229; Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 [299 f.]; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 [1365]; Jahr; IKR, S. 6; vgl. § 328Abs.1 Nr. 1 ZPO, § 384Nr. 1 RegEinsO). AndersEbenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (127), der bei Gesellschaften ausschließlich an den effektiven Verwaltungssitz anknüpfen will (zustimmend Rauls, S. 88; zu Recht ablehnend Lüer; in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 69). 102 BGH, II. 7. 1985, BGHZ 95,256 (270); 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (120); Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241 ; Geimer; IZPR, Rdn. 3514; GottwaldiAmold, § 122 Rdn. 7; Baumgärtel, AWD 1971, S. 557; Jürgen Schmidt, S. 162 ff. ; ebenso zum IZPR BGH, 14. 6. 1965, BGHZ 44, 46 (46 f.); 18. 4. 1985, BGHZ 94, 156 (157 f.). A.A. von Oertzen, S. 44 (Anknüpfung an das Geschäftszentrum); MohrbutteriWenner; Rdn. XXIII.113, XXIII.237, XXIII.48 (in Anlehnung an § 3 Abs. I Insü Anknüpfung an den Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen des Schuldners). 103 Zur Notwendigkeit einer Hauptniederlassung s. Jaegeri Weber; § 71 Rdn. 3; Kilgerl Karsten Schmidt, § 71 KO Anm. 3; Gottwald I Heilmann I Klopp, § 18 Rdn. 1. 104 Zur Bestimmung des materiellrechtlichen Sitzes s. Stein I Jonas I Schumann, § 17 Rdn. 10; Patzina, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 17 Rdn. 8, 13; zum Verwaltungssitz s. BGH, 21. 3. 1986, BGHZ 97, 269 (272).

6 Ahrens

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kennungszuständigkeit wird ferner durch eine gewerbliche Zweigniederlassung im Verfahrensstaat sowie durch ein dort belegenes, mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut begründet, das der Schuldner als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaftet(§ 238 Abs. 1, 2 KO). Als Zweigniederlassung genügt dabei eine Betriebsstätte, der eine bestimmte gewerbliche Betätigung im Rahmen des Gesamtunternehmens zugewiesen ist 105 • In der Literatur wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei in Analogie zu § 238 KO auch bei Vorhandensein vergleichbarer Vermögenswerte möglich 106, was eine entsprechende Erweiterung der Anerkennungszuständigkeit zur Folge hätte. Doch würde eine solche Analogie zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Diese können insbesondere bei Zuständigkeitsvorschriften nicht hingenommen werden 107• (b) Gesü Im Anwendungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung ist ein Verfahrensstaat international zuständig, wenn der Schuldner dort seinen Wohnsitz oder Sitz hat(§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 GesO) oder wenn sich dort Vermögen des Schuldners befindet(§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Ges0 108). (c) Insü Im Rahmen der Insolvenzordnung ist danach zu unterscheiden, ob der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tatigkeit ausübt und ob sich der Mittelpunkt die105 Friedrich Weber, KTS 1965, S. 95 (107, 137); Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 4; Geimer, IZPR, Rdn. 3457; Reithmannl Hausmann, Rdn. 1794; von Oertzen, S. 48 f.; vgl. LG Freiburg, 10. 4. 1964, KTS 1964, 189. Zu eng Baumgärtel, AWD 1971, S. 557 (558 ff.); Lüer, in: Kuhn/ Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 96; Mohrbutter I Wenner, Rdn. XXIII. 52. 106 Hanisch, in: FS Bosch, S. 381 (384 ff.) (leicht erkennbare und praktikable Anknüpfung genügt); ders., in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (165) (Vermögensanlagen); ders., ZIP 1983, S. 1289 (1298) (abgrenzbare und leicht identifizierbare Vermögenseinheiten); ders. , ZIP 1985, S. 1233 (1237 N. 37) (ähnlich abgrenzbare Vermögensgegenstände); Pielorz, S. 68 ff. (verwalteter Vermögensinbegriff); Aderhold, S. 212 (hinreichend erkennbare Vermögensgesamtheiten); Flessner. ZIP 1989, S. 749 (754); im Grundsatz auch Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (697); Baur!Stürner II, Rdn. 37.31; Kleveman, S. 143 f. Sogar für allgemeine Vermögenszuständigkeit Soergel/ Kranke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 225. 107 Ablehnend auch BGH, 29. 5. 1991, IPRspr. 1991 Nr. 239b, S. 514 (Forderung aus einem Treuhandverhältnis); AG Mosbach, 28. 2. 1991, IPRspr. 1991 Nr. 239a, S. 514; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 51 ; Geimer, IZPR, Rdn. 3438, 3457; Gottwald!Arnold, § 122 Rdn. 5; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.51; Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (130); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (177); Summ, S. 97 f.; von Oertzen, S. 54. 108 Zu dieser Anknüpfung s. BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); Lübchen!Landfermann, ZIP 1990, S. 829 (838); Landfermann, in: Stall, Reform des IIR, S. 314 (319); ders., in: FS Merz, S. 367 (376); Gottwald I Arnold, Nachtrag Kap. XI A Rdn. 19; Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (538 ff.); Mohrbutter!Wenner, Rdn. XXIII.240.

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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ser Tätigkeit in dem Staat befindet, in dem er seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Übt der Schuldner keine solche Tätigkeit aus, ist der Staat international zuständig, in dem sich sein allgemeiner Gerichtsstand befindet. Gleiches gilt, wenn Tätigkeitsmittelpunkt und allgemeiner Gerichtsstand in demselben Staat liegen. Liegen sie hingegen in verschiedenen Staaten, ist der Staat international zuständig, in dem sich der Mittelpunkt der besagten Tätigkeit befindet (Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EGinsO i.V.m. § 3 Abs. 1 InsO). Unabhängig davon ist ein Verfahrensstaat auch dann international zuständig, wenn sich dort Vermögen des Schuldners befindet (Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 EGins0 109). (2) Inlandsvermögen und Auslandsvermögen

(a) Grundsätzliches Diese Anknüpfungsmomente allein ergeben noch kein vollständiges Bild der Anerkennungszuständigkeit, weil sie nicht erkennen lassen, ob sie sich nur auf das inländische oder auch auf das ausländische zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beziehen. Umstritten ist jedoch, ob diese unterschiedliche Reichweite im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit zu berücksichtigen ist und in welcher Weise dies gegebenenfalls zu geschehen hat. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Anerkennungszuständigkeit werde nur durch solche Anknüpfungsmomente begründet, welche die Eröffnung eines Universalinsolvenzverfahrens zuließen 110• Diese Meinung fußt jedoch auf der Annahme, Partikularinsolvenzverfahren seien nicht anerkennungsfähig, was sich als unzutreffend herausgestellt hat 111 • Andere unterscheiden zwischen der internationalen Zuständigkeit, welche die (verfahrensrechtliche) Frage betreffe, wo ein Insolvenzverfahren eröffnet werden dürfe, und der internationalen Sachregelungskompetenz 112. Über den Inhalt dieser weiteren 109 BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 12/7303, S. 117; Trunk, Internationale Aspekte, S. 168; Weinhörner; Rpfleger 1996, S. 494 (495); für Auslegung von Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGinsO im Sinne von § 393 Abs. 1 RegEinsO (Niederlassung oder sonstiges Vermögen) Flessner, IPRax 1997, S. 1 (3). Verfehlt Lüer; in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1230 f. Rdn. 35 f. (keine Vermögenszuständigkeit, aber möglicherweise Anlehnung an Art. 3 Abs. 2 EuiÜ); kritisch zur Vermögenszuständigkeitauch Schollmeyer; IPRax 1995, S. 150; Mankowski, ZIP 1995, S. 1650 (1659). 110 Allein§ 71 KO anwenden wollen Lüer, in: Kuhn / Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 69, 48; Kilger/ Karsten Schmidt, § 71 KO Anm. 7; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1809; W Lüke, KTS 1986, S. 1 (14); Aderhold, S. 195; grundsätzlich auch Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1235); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (115); ders., ZIP 1992, S. 1125 (1132); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1365); Mohrbutter!Wenner, Rdn. XXIII.l15. 111 s. oben aa) (2) (c), S. 75 f. 112 Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 153, 160 ff. (anders aber Jahr, IKR, S. 6); Pielorz, S. 71; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (478); Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 24; Seeliger, S. 231 ff., 236 f.; Trunk, IIR, S. 98. Von Oertzen (S. 36) und ihm folgend Metzger (S. 24 N. 26) halten diese Trennung für dogmatisch unantastbar.

6•

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Anerkennungsvoraussetzung besteht allerdings keine Einigkeit. Nach der einen Meinung soll sie in der Befugnis bestehen, das außerhalb des Verfahrensstaates bzw. das im Anerkennungsstaat belegene Schuldnervermögen durch ein Insolvenzverfahren zu erfassen 113 • Weil Partikularinsolvenzverfahren damit wiederum von der Anerkennung ausgeschlossen werden würden 114, kann auch diese Ansicht nicht richtig sein. Nach der anderen Meinung ist die internationale Sachregelungskompetenz weiter aufzufassen, nämlich als Befugnis, überhaupt Vermögen durch ein Insolvenzverfahren zu erfassen 115. Diese Auffassung verweigert Partikularinsolvenzverfahren zwar nicht die Anerkennungsfähigkeit, nimmt dafür jedoch der internationalen Zuständigkeit die Existenzberechtigung. Wären internationale Zuständigkeit und internationale Sachregelungskompetenz wirklich voneinander unabhängig, müßte es theoretisch möglich sein, daß ein Staat zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens international zuständig ist, ihm die internationale Sachregelungskompetenz aber fehlt. Das hieße, daß dieser Staat zwar ein Insolvenzverfahren eröffnen, aber keine Vermögensgegenstände in Anspruch nehmen dürfte 116• Da ein Insolvenzverfahren ohne Vermögensgegenstände nun aber nicht vorstellbar ist, muß die internationale Zuständigkeit die Befugnis zur Erfassung irgendwelcher Vermögensgegenstände einschließen. Für eine sachgerechte Verknüpfung der einzelnen Anknüpfungsmomente mit dem Inlands- bzw. mit dem Auslandsvermögen ist die internationale Sachregelungskompetenz daher nicht geeignet. Die Verknüpfung muß vielmehr im Rahmen der internationalen Zuständigkeit vorgenommen werden 117• Fraglich ist, wie diese Verknüpfung zu erfolgen hat. Manche meinen, daß zwischen der Zuständigkeit zur Eröffnung eines Universal- und der zur Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens zu unterscheiden sei 118, was der gesetzlichen Regelung der Eröffnungszuständigkeit entspricht und in den meisten Fällen zu zutreffenden Ergebnissen führt. Im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit versagt diese Unterscheidung aber, wenn der Verfahrensstaat ein Universalinsolvenzverfahren eröffnet hat, aber nur zur Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens zuständig war. In diesem Fall käme es zur vollständigen Versagung der Anerkennung, obwohl die Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens unter im übrigen gleiPielorz, S. 71 ; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 24. Alleinige Anwendung von§ 71 Abs. 1 KO (Pielorz, S. 71 f.; i.E. auch Gottwald/ Arnold, § 122 Rdn. 24). 115 Jaeger! Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 153, 160 ff. ; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (478); wohl auch Trunk, IIR, S. 98. 116 Dieser Konsequenz versucht Pielorz dadurch zu entgehen, daß er die internationale Zuständigkeit mit der internationalen Sachregelungskompetenz hinsichtlich des im Verfahrensstaat belegeneu Vermögens verbindet (S. 70 f.). Damit allerdings stellt er die Zweiteilung selbst wieder in Frage. 117 So i.E. auch Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (298 f.). 118 Leipold, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (76 f.); ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 (297 ff.); Geimer, IZPR, Rdn. 3454 ff.; Baur/Stürner ll, Rdn. 37.1. 113 114

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chen Umständen anzuerkennen gewesen wäre. Dieser Wertungswiderspruch läßt sich nur vermeiden, wenn die Eröffnung eines ausländischen Universalinsolvenzverfahrens zumindest in demselben Umfang wie die eines Partikularinsolvenzverfahrens anerkannt wird 119. Dazu empfiehlt es sich, nicht auf die Verfahrensart, sondern auf die Vermögensbelegenheit abzustellen 120. Zu unterscheiden ist die Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das (nicht notwendig nur) das im Verfahrensstaat belegene Vermögen ergreift, von der Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das (auch) das außerhalb des Verfahrensstaates belegene Vermögen umfaßt. Für Partikularinsolvenzverfahren ist nur die erste Zuständigkeit von Bedeutung (lnlandsvermögenszuständigkeit), für Universalinsolvenzverfahren auch die zweite (Auslandsvermögenszuständigkeit). (b) Hauptniederlassung und§ 238 Abs. 1 KO Bei der Verknüpfung der nach der Konkursordnung maßgeblichen Anknüpfungsmomente mit den vorgenannten Zuständigkeiten stellt sich die Frage, ob eine gewerbliche Hauptniederlassung des Schuldners auch die Auslandsvermögenszuständigkeit des Verfahrensstaates begründet. Dies ist umstritten, aber zu verneinen. Nach § 238 Abs. 1 KO umfaßt das Konkursverfahren nur das Inlandsvermögen, wenn der Schuldner im Verfahrensstaat eine gewerbliche Niederlassung, aber keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Diese Bestimmung gilt nicht nur für Verfahren, die aufgrund einer gewerblichen Zweigniederlassung eröffnet werden. Nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut beschränkt sie auch Verfahren, die am Ort der Hauptniederlassung eröffnet werden, auf das im Inland befindliche Vermögen, solange der Schuldner keinen allgemeinen Gerichtsstand im Verfahrensstaat hat 121 • Daß die zuständigkeitsbegründende Funktion des § 238 Abs. 1 KO nur Zweigniederlassungen betrifft (vgl. § 71 Abs. 1 KO), ist dabei ohne Bedeutung. Die Gegenauffassung122, welche zumeist nicht einmal begründet wird, ist daher abzulehnen. So auch Thieme, in: Stall, Reform des IIR, S. 212 (220). Insofern zutreffend Jaeger I Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 160 ff. 121 Friedrich Weber; KTS 1965, S. 95 (102 f.); Baumgärtel, AWD 1971, S. 557 (559); Jaeger/Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 242, 122; Jahr; IKR, S. 6; Schlosser; RIW 1983, S. 473 (478); Leipold, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (76); ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 (297); Geimer; IZPR, Rdn. 3514, 3407, 3454 f.; Baur/Stürner li, Rdn. 37.26; Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 225; Spahlinger, S. 84. 122 Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 69, 48; Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 8, 24; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1793 f., 1809; Schütze, S. 195; Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (692); Pielorz, S. 71 f.; ders., ZIP 1980, S. 239 (242 f.); Canaris, ZIP 1983, S. 647; Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1235); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (111 f.); ders., ZIP 1992, S. 1125 (1126, 1132); Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (129 N. 55); Drobnig, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1990), S. 95 (97); Trunk, ZIP 1994, S. 1586 (1587); ders., Internationale Aspekte, S. 183; ders., IIR, S. 97 f ., 269; Mankowski, ZIP 1995, S. 1650 (1653); Wunderer, WM 1998, S. 793; Städtler, S. 42. Unzutreffend auch OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649), das die internationale Zustän119

12o

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(c) Niederlassung und§ 1 DöKVAG Fraglich ist ferner, ob § 1 des Ausführungsgesetzes zum deutsch-österreichischen Konkursvertrag (DöKVAG) im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit nach autonomem Recht zu berücksichtigen ist.§ 1 DöKVAG bestimmt, daß abweichend von § 238 KO ein Konkursverfahren, das in einem dort angeführten Gerichtsstand eröffnet worden ist, auch das Auslandsvermögen des Schuldners erlaßt, wenn für die deutschen Gerichte eine Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 3 S. 1 DöKV gegeben ist. Art. 2 Abs. 3 S. 1 DöKV sieht vor, daß die Gerichte des Vertragsstaates zuständig sind, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat, wenn in den Vertragsstaaten keine Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. I (Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung des Schuldners) und Art. 2 Abs. 2 (Sitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Schuldners) gegeben ist. Die Beschränkung der in§ 238 KOgenannten Anknüpfungsmomente auf eine Inlandsvermögenszuständigkeit wird damit für inländische Insolvenzverfahren partiell durchbrachen. Da sich diese Zuständigkeitserweiterung nicht auf das in Österreich belegene Vermögen des Schuldners beschränkt, sondern sein gesamtes Auslandsvermögen erfaßt 123, stellt sich die Frage, ob § 1 DöKVAG aufgrund des Spiegelbildprinzips auch im Verhältnis zu Drittstaaten, d. h. im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit nach autonomem Recht anzuwenden ist. Vorab ist festzuhalten, daß § 1 DöKVAG, der auch auf Gesamtvollstreckungsverfahren anzuwenden ist 124, mehr Fragen aufwirft, als er löst. Die Bestimmung ist dem Gesetzgeber gleich zweifach mißglückt. Zum einen hat er die zuständigkeitsbeschränkende Funktion des § 238 Abs. 1 KO für aufgrund einer Hauptniederlassung eröffnete Konkurse offenbar übersehen. § 1 DöKVAG betrifft seinem Wortlaut nach nur solche Verfahren, die aufgrund einer Zweigniederlassung eröffnet werden 125 • Für Verfahrenaufgrund einer Hauptniederlassung ist nämlich eine Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 1 DöKV (Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung des Schuldners) gegeben, so daß es an einer Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 3 S. 1 DöKV fehlt. Das abwegige Ergebnis, daß Hauptniederlassungsverfahren nach § 238 Abs. 1 KO stets nur das Inlandsvermögen erfassen, Zweigniederlassungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 1 DöKVAG aber das gesamte Schuldnervermögen, wird sich nur durch entsprechende Anwendung dieser Bestimmung auf die erstgenannten Verfahren vermeiden lassen. Zum anderen hat der Gesetzgeber es versäumt, seiner Vorstellung, daß der Anwendungsbereich des§ 1 DöKVAG begrenzt sei 126, in dieser Bestimmung Ausdruck zu verleihen. Der Anwendungsbedigkeit zur Inanspruchnahme deutschen Grundvermögens damit begründet, daß der Schuldner sein Gewerbe im ausländischen Verfahrensstaat ausgeübt habe. Maßgeblich wäre der Wohnsitz des Schuldners gewesen. 123 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/1628, S. 10. 124 Art. 8 Einigungsvertrag i.V.m. Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 18. 125 Anders Leipold, in: Stoll, Reform des UR, S. 72 (80); ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 (306) Geder Niederlassungskonkurs); Favoccia, S. 17. 126 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/1628, S. 10.

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reich des § I DöKVAG ist, sofern die Zuständigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, nahezu umfassend 127 . Da die Beschränkungen des § 238 KO aber nicht generell aufgehoben werden sollten, kann es bei dieser umfassenden Anwendung nicht sein Bewenden haben 128 • Vielmehr muߧ 1 DöKVAG, da insoweit zu weit geraten, restriktiv ausgelegt werden. Daher wird vorgeschlagen, § 1 DöKVAG nur anzuwenden, wenn der Schuldner auch Vermögen in Österreich hat 129 . Die Ausgangsfrage, ob§ 1 DöKVAG aufgrunddes Spiegelbildprinzips auch im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit nach autonomem Recht anzuwenden ist, läßt sich am besten auf der Basis einer Folgenbetrachtung beantworten. Würde § 1 DöKVAG sinngemäß für die Anerkennungszuständigkeit umformuliert, hieße das, daß ein ausländisches Insolvenzverfahren, das aufgrund eines der in § 238 KO genannten Anknüpfungsmomente eröffnet werden würde, auch das außerhalb des Verfahrensstaates befindliche Schuldnervermögen erfassen würde, wenn der Verfahrensstaat eine Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 3 S. 1 DöKV besäße, der Schuldner also weder den Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Betätigung noch seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich oder im Verfahrensstaat hätte, aber im Verfahrensstaat eine Niederlassung unterhielte. Eine solche Regelung wäre sachlich nicht zu begründen. Insbesondere wäre nicht einzusehen, warum es im Verhältnis zu Drittstaaten auf das Fehlen bestimmter Anknüpfungsmomente in Österreich ankommen sollte 130. Auch der Vorschlag, § 1 DöKVAG nur anzuwenden, wenn der Schuldner auch Vermögen in Österreich hat, würde hier nicht weiterhelfen. Damit würde lediglich ein weiteres Anknüpfungsmoment hinzugefügt, das in keinerlei Sachzusammenhang zum ausländischen Verfahren stünde. Dies spricht dafür,§ 1 DöKVAG im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit nach autonomem Recht nicht anzuwenden. Für diese Lösung läßt sich auch der Wille des Gesetzgebers anführen, der, vom Territorialitätsprinzip ausgehend 131 , lediglich die Eröffnungszuständigkeit regeln wollte. Daß der Bundesgerichtshof wenige Monate später zur Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren übergehen würde 132, konnte er nicht vorhersehen. Schließlich läßt sich das Ziel des Gesetzgebers, mit der Ausdehnung des Niederlassungskonkurses auf das gesamte Auslandsvermögen "Schwierigkeiten bei der Anwendung des Vertrages zu vermeiden" 133, im Rahmen des autonomen Rechts offensichtlich nicht erreichen. Gegen die Nichtanwendung des § 1 DöKVAG spricht zwar die damit verbundene Durchbrechung des Spiegel127 Ausgenommen sind lediglich Insolvenzverfahren über das Vermögen von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten, die der Fachaufsicht unterliegen (Art. 26 DöKV). 128 So aber Leipold, in: Stoll, Reform des IIR, S. 72 (80); ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 (306); dagegen zu Recht Geimer, IZPR, Rdn. 3459; Spahlinger, S. 85 f. 129 Geimer, IZPR, Rdn. 3459; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.148. Ablehnend Leipold, in: Stoll, Reform des IIR, S. 72 (80); ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 (306). 130 Vgl. Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 (302 f., 304 f.). 131 Denkschrift zum DöKV, BT-Drs. 10/1627, S. 11. 132 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256. Das DöKVAG datiert vom 8. März 1985. 133 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/1628, S. 10.

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

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bildprinzips. Im Vergleich zu einer sachlich nicht begründbaren Regelung ist dies jedoch das geringere Übel. Im Ergebnis sollte§ 1 DöKVAG deshalb im vorliegenden Zusammenhang keine Anwendung finden. (d) Ergebnis Damit ergeben sich folgende Regeln für die Anerkennungszuständigkeit 134 : (aa) KO Im Anwendungsbereich der Konkursordnung besitzt ein Verfahrensstaat Inlandsvermögenszuständigkeit (Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, welches das im Verfahrensstaat belegene Vermögen ergreift), wenn der Schuldner im Verfahrensstaat seinen allgemeinen Gerichtsstand oder eine gewerbliche Niederlassung hat oder wenn er dort ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaftet (§§ 71 Abs. 1, 238 Abs. 1, 2 KO). Auslandsvermögenszuständigkeit (Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, welches das außerhalb des Verfahrensstaates belegene Vermögen erfaßt) besitzt ein Verfahrensstaat, wenn der Schuldner dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat(§§ 71 Abs. 1, 238 Abs. 1 KO). (bb) GesO Im Anwendungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung besitzt ein Verfahrensstaat Inlandsvermögenszuständigkeit, wenn der Schuldner dort seinen Wohnsitz oder Sitz hat oder wenn sich dort Vermögen des Schuldners befindet (§ 22 Abs. l S. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 22 Abs. 2 GesO). Auslandsvermögenszuständigkeit besitzt ein Verfahrensstaat, wenn der Schuldner dort seinen Wohnsitz oder Sitz hat(§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Gesü). (cc) InsO Im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung besitzt ein Verfahrensstaat Inlands- und Auslandsvermögenszuständigkeit, wenn sich der allgemeine Gerichtsstand des Schuldners im Verfahrensstaat befindet und der Schuldner keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Übt der Schuldner eine solche Tätigkeit aus, besitzt derjenige Verfahrensstaat Inlands- und Auslandsvermögenszuständigkeit, in dem der Mittelpunkt dieser Tätigkeit liegt (Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EGinsO i.V.m. § 3 Abs. 1 Insü). Darüber hinaus besitzt ein Verfahrensstaat Inlandsver134 Soweit es im folgenden auf die Belegenheit eines Vermögensgegenstandes ankommt, ist deutsches Recht als Iex fori maßgeblich.

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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mögenszuständigkeit, wenn sich Vermögen des Schuldners in diesem Staat befindet (Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. I i.V.m. Abs. 3 S. 1 EGinsO). Ist eines der unter (aa)-(cc) genannten Anknüpfungsmomente gegeben, so besteht die entsprechende Anerkennungszuständigkeit auch dann, wenn zugleich die deutschen Gerichte Eröffnungszuständigkeit besitzen, aber noch kein Verfahren eröffnet und auch noch keine vorläufigen Sicherungsmaßnahmen getroffen haben 135 . Andernfalls wäre die Anerkennung des ausländischen Verfahrens sogar hinsichtlich des im Verfahrensstaat belegenen Vermögens ausgeschlossen, obwohl dieses Vermögen vom inländischen Verfahren gar nicht beansprucht wird 136. Zudem besteht, solange das Schuldnervermögen nicht vom inländischen Konkursbeschlag oder von inländischen Sicherungsmaßnahmen erlaßt wird, kein Anlaß, es dem ausländischen Verfahren vorzuenthalten.

(3) Zuständigkeitskonflikte zwischen ausländischen /nsolvenzveifahren Zu Zuständigkeitskonflikten kommt es, wenn zwei ausländische Insolvenzverfahren dieselben Vermögensgegenstände in Anspruch nehmen 137, keines dieser Verfahren aufgrund der Konkurrenz seinen Anspruch zurücknimmt, beide Verfahrensstaaten die zur Inanspruchnahme dieser Gegenstände erforderliche internationale Zuständigkeit besitzen und wenn auch die übrigen Anerkennungsvoraussetzungen jeweils erfüllt sind. Bei der Lösung derartiger Konflikte ist nach der Vermögensbelegenheit zu differenzieren. (a) Vermögen in Deutschland Sofern sich die beanspruchten Vermögensgegenstände in Deutschland befinden, kommt es zu einem Zuständigkeitskonflikt, wenn beide Verfahrensstaaten Auslandsvermögenszuständigkeit besitzen, z. B. weil der Schuldner dort jeweils einen Wohnsitz oder Sitz hat. Die Lösung dieses Konflikts ist umstritten 138• Nach einer Meinung soll es auf den ersten Zugriff durch einen Insolvenzverwalter ankom135 Gottwald! Amold, § 122 Rdn. 44; Geimer; IZPR, Rdn. 3413; Baur! Stürner ll, Rdn. 37.31; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.152; Metzger, S. 57; a.A. Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (692); Dilger; RIW 1988, S. 225 (225 f.); Mankowski, ZIP 1995, S. 1650 (1653); Rauls, S. 84; Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (125, 129) (aufgegeben in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 354). Zu Zuständigkeitskonflikten zwischen deutschen und ausländischen Insolvenzverfahren s. unten IV. 5., S. 154 ff. 136 s. unten IV. 5. b), S. 156. 137 So etwa im Fall der Maxwell Communications Corporation (dazu Göpfert, ZZPint 1 [1996], s. 269 [275)). ns Österreichische Insolvenzverfahren, für die eine Zuständigkeit nach Art. 2 DöKV gegeben ist, schließen die internationale Zuständigkeit anderer ausländischer Staaten hinsichtlich des in Deutschland belegenen Schuldnervermögens allerdings stets aus (Leipold, in: FS Baumgärtel, S. 291 [305); Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 24 N. 15).

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men 139, während nach einer anderen die Wirkungen des zuerst eröffneten Verfahrens140 und nach einer dritten die Wirkungen desjenigen Verfahrens vorgehen sollen, dessen Eröffnung zuerst beantragt worden ist 141 . Die erste Lösung hat den Nachteil, daß sie die beteiligten Insolvenzverwalter zu einem kostenträchtigen Wettlauf um jeden Vermögensgegenstand veranlaßt, den jeweils nur einer von ihnen gewinnen kann. Dies läuft dem Interesse der Insolvenzgläubiger an der Vermeidung unnötiger Kosten zuwider. Außerdem führt diese Ansicht zu unnötigen Abgrenzungsproblemen. So ist z. B. ungewiß, worin der Zugriff auf nichtkörperliche Vermögenswerte bestehen soll. Die zweite Lösung (Priorität der Eröffnung) mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Doch ist zu bedenken, daß Wirkungen ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen möglicherweise schon vor Verfahrenseröffnung konkurrieren können, wenn nämlich beide Verfahrensstaaten Maßnahmen zur einstweiligen Sicherung des Auslandsvermögens angeordnet haben142. Für diese Fälle ist der Eröffnungszeitpunkt kein geeignetes Kriterium. Unterschiedliche Lösungen für Zuständigkeitskonflikte vor Eröffnung einerseits und nach Eröffnung andererseits dürften kaum zu rechtfertigen sein. Der dritten Lösung (Priorität des Eröffnungsantrags) liegt eine Analogie zu § 71 Abs. 2 KO und § 3 Abs. 2 InsO zugrunde. Diese Vorschriften beruhen unter anderem auf der Überlegung, daß Zuständigkeitskonflikte im Interesse der Rechtssicherheit möglichst früh entschieden werden sollten. Diese Wertung hat auch für die internationale Zuständigkeit Gewicht. Außerdem kann die Konkurrenz vorläufiger Sicherungsmaßnahmen auf diese Weise zufriedenstellend bewältigt werden. Zwar ist ein Antrag nicht in allen ausländischen Staaten Eröffnungsvoraussetzung 143 , doch kann gegebenenfalls auf andere Formen der Verfahrenseinleitung abgestellt werden. Nicht zu befriedigen vermag die Maßgeblichkeit des Eröffnungsantrags lediglich insofern, als sie keine Rücksicht darauf nimmt, in welchem Staat sich der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung des Schuldners befindet. Eine solche Rücksichtnahme ist rechtspolitisch wünschenswert, weil sie dem Prinzip der engsten Verbindung entspricht, die Konzentration des Schuldnervermögens in einem Verfahren fördert, damit die Rechtsverfolgung für die Gläubiger vereinfacht und die grenzüberschreitende Unternehmenserhaltung erleichtert. Gegenwärtig erlaubt jedoch lediglich § 71 KO, diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Hat ein Schuldner nämlich mehrere allgemeine Gerichtsstände, kommt es entsprechend § 71 Abs. l KO zuJürgen Schmidt, S. 171 N. 331; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 27. Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 213, 263; Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (537); ders., in: StolZ, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (191) (anders noch ders., in: FS Baumgärtel, S. 291 [301]); Pielorz, S. 72; wohl auch Baur I Stürner II, Rdn. 37.30. 141 Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 69, 49; ders., in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1228 Rdn. 29; Geimer, IZPR, Rdn. 3410 f.; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1809; Lau, BB 1986, S. 1450 (1452); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1365); Summ, S. 34; Metzger, S. 24. Unklar Soergell Kranke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 229. 142 Näher dazu unten 4., S. 99 ff. 143 Eine Eröffnung von Amts wegen kennt beispielsweise das französische Insolvenzrecht (Art. 4 Abs. 2 Gesetz Nr. 85 - 98). 139

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II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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nächst auf seine gewerbliche Hauptniederlassung an. Befindet sich diese in einem der Verfahrensstaaten, geht dessen Zuständigkeit vor. Erst wenn sich die gewerbliche Hauptniederlassung des Schuldners nicht in einem der Verfahrensstaaten befindet, kommt es auf die Priorität des Eröffnungsantrags an(§ 71 Abs. 2 KO analog). (b) Vermögen in einem ausländischen Verfahrensstaat Geht es um Vermögensgegenstände, die in einem der ausländischen Verfahrensstaaten belegen sind, so schließt dessen Inlandsvermögenszuständigkeit entsprechend Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGinsO, § 22 Abs. 2 GesO die Auslandsvermögenszuständigkeit des anderen Staates aus 144• (c) Vermögen in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat Befinden sich die beanspruchten Vermögensgegenstände in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat und besitzen beide Verfahrensstaaten Auslandsvermögenszuständigkeit, sollte der Zuständigkeitskonflikt im Interesse des internationalen Entscheidungseinklangs ebenso wie bei Belegenheit in Deutschland nach dem Lageortsrecht entschieden werden.

ee) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts Daß die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen nicht gegen den ordre public verstoßen darf, wurde zunächst mit einer Analogie zu Art. 30 a.F. bzw. Art. 6 n.F. EGBGB, § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO begründet 145 und ist nun ausdrücklich in§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GesO sowie in Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EGinsO geregelt. Die letztgenannte Bestimmung, welche im wesentlichen § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und § 16a Nr. 4 FGG entspricht, schließt die Anerkennung eines ausländischen Insolvenzverfahrens aus, soweit diese zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist. § 22 Abs. l S. 2 Nr. 2 GesO ist trotz seines abweichenden Wortlauts 146 in demselben Sinne zu verstehen. Die Unvereinbarkeit mit deutschen Rechtsgrundsätzen kann sich zum einen aus dem Inhalt der ausländischen Entscheidung, zum anderen aus dem ihr vorangeSo i.E. auch Jaeger/ Jahr;§§ 237, 238 Rdn. 259 f. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (270); Merz, ZIP 1983, S. 136 (140); Jaeger/ Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 276; Lüer; in: Kuhn l Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 39; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 16; Pielorz. S. 74; ders., ZIP 1980, S. 239 (243). 146 Die Anerkennung ist ausgeschlossen, "wenn das ausländische Verfahren den Grundprinzipien des inländischen Rechts widerspricht." 144

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

gangenen Verfahren ergeben 147 • In beiden Fällen ist die Intensität der Inlandsbeziehung des Sachverhaltes zu berücksichtigen. Je stärker die Inlandsbeziehung, desto weniger werden befremdliche Ergebnisse hingenommen und umgekehrt 148 . Vollständig ausgeschlossen ist die Anerkennung einer ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung nur dann, wenn entweder sämtliche ihrer Wirkungen schlechthin untragbar sind oder wenn sie auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maße abweicht, daß die Entscheidung nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einer geordneten, rechtsstaatliehen Weise ergangen angesehen werden kann 149 . Die erste Voraussetzung ist z. B. erfüllt, wenn der Schuldner- bei hinreichender Inlandsbeziehungdurch staatliche Maßnahmen absichtlich in den Konkurs getrieben wurde 150 oder wenn eine nicht nur punktuelle Diskriminierung von Gläubigem aus anderen Staaten absehbar ist 151 • Der Umstand, daß einem ausländischen Insolvenzverfahren im wesentlichen Steuerforderungen zugrundeliegen, sollte nicht ohne weiteres als Verletzung des ordre public angesehen werden, zumal sich ein entsprechendes inländisches Verfahren je nach internationaler Zuständigkeit ebenfalls auf das Auslandsvermögen des Schuldners erstrecken würde 152• Auch die Ausstattung ausländischer 147 Spellenberg, in: Stoll, Reform des IIR, S. 183 (187); vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241; Martiny, in: Hdb. IZVR III/ l, Rdn. 1016; Kropholler, IPR, § 60 III 5, s. 565. 148 Spellenberg, in: Sto/1, Reform des IIR, S. 183 (191 f.); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l22; ebenso für Art. 6 EGBGB und § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO: Kropholler, IPR, § 60 111 5, S. 565 f.; Schack, IZVR, Rdn. 867; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 6 EGBGB Rdn. 82; Soergel/Kegel, Art. 6 EGBGB Rdn. 27; Palandt/Heldrich, Art. 6 EGBGB Rdn. 6. 149 BGH, 18. 10. 1967, BGHZ 48, 327 (331); 15. 5. 1986, BGHZ 98, 70 (73); 4. 6. 1992, BGHZ 118,312 (320 f.); Kropholler, IPR, § 601115, S. 566; vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (271). 150 Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 18; Summ, S. 37. 151 Pielorz, S. 74 f.; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 19; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (474); Leipold, in: Stoll, Reform des IIR, S. 72 (85 f.); Gottwald, Grenzüberschreitende Inso1venzen, S. 43; Schollmeyer, ZZP 108 (1995), S. 525 (526) (speziell zur mittelbaren Diskriminierung ausländischer Gläubiger in den USA durch dieforumnon conveniens-Doktrin des amerikanischen Prozeßrechts); Summ, S. 37; von Oertzen, S. 55; Rauls, S. 92; vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (92) (Wahrung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung); OLG Frankfurt/Main, 31. 8. 1995, WM 1995, 2079 (2083). An der Nichtberücksichtigung inländischer öffentlich-rechtlicher Forderungen im ausländischen Verfahren sollte die Anerkennung entgegen Leipold (a. a. 0 . [85]) nicht scheitern, da ausländische öffentlich-rechtliche Forderungen in einem inländischen Verfahren grundsätzlich ebensowenig geltend gemacht werden können (Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 12/2443, S. 269; anders nun Art. 39 EuiÜ). Im übrigen können die erstgenannten Forderungen u.U. in einem inländischen Partikularinsolvenzverfahren befriedigt werden. 152 Die Bundesregierung sieht in der Erfüllung ausländischer öffentlich-rechtlicher Forderungen aus dem Inlandsvermögen keinen Verstoß gegen den ordre public (BT-Drs. 12/2443, S. 269). Vgl. auchAderhold, S. 205 ff.; Florian, S. 135 ff. ; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 19. Zu eng Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (242); Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (125); von Oertzen, S. 32; Rauls, S. 83.

Il. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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Insolvenzverwalter mit einem Übermaß an Befugnissen sowie die Belastung der Insolvenzgläubiger mit unzumutbaren Rückgewährpflichten schließen die Anerkennung ausländischer Eröffnungsentscheidungen nicht generell aus 153 . Insoweit genügt eine punktuelle Beschränkung der Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren, für die der ordre public nicht einmal zwingend benötigt wird. An einem rechtsstaatliehen Eröffnungsverfahren fehlt es z. B., wenn dem Schuldner das rechtliche Gehör vorenthalten wurde 154. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß auch dann, wenn die Anerkennung einer ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidung nicht insgesamt am ordre public scheitert, einzelne Wirkungen dieser Entscheidung gegen den ordre public verstoßen können und dann nicht auf das Inland erstreckt werden 155 . c) Keine Anerkennungsvoraussetzungen

Zusätzlich zu den fünf vorgenannten Anerkennungsvoraussetzungen werden in Rechtsprechung und Literatur bisweilen weitere genannt, jedoch zu Unrecht. Kennzeichen einer Anerkennungsvoraussetzung ist es nämlich, daß ihr Fehlen die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung entweder vollständig ausschließt oder sie, wie im Falle des ordre public, zumindest vollständig ausschließen kann. Die im folgenden zu erörternden Kriterien erfüllen diese Anforderung nicht 156. aa) Einbettung des ausländischen Insolvenzverfahrens in das Gesamtgefüge des deutschen Insolvenzrechts In Anlehnung an einen Satz in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs 157 wird die Auffassung vertreten, die Anerkennung einer ausländischen Eröffnungsentscheidung setze die Einbettung des ausländischen Insolvenzverfahrens in das Gesamtgefüge der deutschen insolvenzrechtlichen Vorschriften und Rechtsgrundsätze voraus 158 . Diese Ansicht beruhtjedoch auf einem Mißverständnis. Der BunA.A. Pielorz, S. 75; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); Summ, S. 38; Rauls, S. 92. Spellenberg, in: Stoll, Reform des IIR, S. 183 (190); Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 18; Reithmannl Hausmann, Rdn. 18ll ; Mohrbutter /Wenner, Rdn. XXIII.II9; vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270 f.); 4. 6. 1992, BGHZ ll8, 312 (321). Die Aufhebbarkeil der Eröffnungsentscheidung nach dem Recht des Verfahrensstaates genügt allein nicht (BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 [271]). 155 Vgi. unten III. I. f), S. 110. 156 Zu weiteren angeblichen Anerkennungsvoraussetzungen s. oben b) aa) (2) (c), S. 75 f. (Inanspruchnahme des Auslandsvermögens durch den Verfahrensstaat), b) bb), S. 79 f. (formelle Rechtskraft der Eröffnungsentscheidung) und b) dd) (2) (a), S. 83 f. (internationale Sachregelungskompetenz). 157 BGH, II. 7. 1985, BGHZ95, 256 (269f.). 158 OLG Saarbrücken, 31. I. 1989, ZIP 1989, 1145 (1146); OLG Frankfurt/Main, 31. 8. 1995, WM 1995, 2079 (2083); Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (124); ders. , in: 153

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

desgerichtshof hat lediglich ausgesprochen, daß die Anerkennung des Auslandskonkurses (und nicht der Auslandskonkurs selbst) in das Gesamtgefüge des deutschen Konkursrechts eingebettet sein müsse. Richtig verstanden bedeutet dies, daß die Anerkennung sich nach ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen in das deutsche Insolvenzrecht einfügen muß 159 . Dies sicherzustellen ist Aufgabe desjeweiligen Rechtsanwenders. Die Anerkennung davon abhängig zu machen, daß dieser seiner Aufgabe nachkommt, wäre sachfremd. Daher handelt es sich weder bei der Einbettung der Anerkennung noch bei der des ausländischen Insolvenzverfahrens in das deutsche Insolvenzrecht um eine Anerkennungsvoraussetzung 160, sei siegeneralklauselartig, wie von manchen angenommen 161 , oder nicht.

bb) Extraterritorialer Wirkungsanspruch Im Anschluß an die Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs 162 ist des weiteren die Ansicht vertreten worden, die Anerkennung einer verfahrenseröffnenden Entscheidung setze voraus, daß das Recht des Verfahrensstaates extraterritoriale Wirkungen für sein Insolvenzverfahren bzw. für die Eröffnungsentscheidung in Anspruch nehme, deren Wirkungen also auf ausländische Staaten erstrecken wolle 163 . Gemeint ist damit zumeist, daß das ausländische Insolvenzverfahren das in Deutschland belegene Vermögen in Anspruch nehmen müsse, um hier anerkannt werden zu können. Um eine Anerkennungsvoraussetzung handelt es sich dabei, wie bereits dargelegt 164, jedoch nicht. Unter dem Eindruck einerneueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs 165 hat sich das Verständnis des extraterritorialen Wirkungsanspruchs bzw. der Inanspruchnahme von Auslandsgeltung in jüngster Zeit allerdings etwas gewandelt. Die Anerkennung soll nunmehr voraussetzen, daß das ausländische Insolvenzrecht gerade diejenigen Wirkungen des Insolvenzverfahrens Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auf!., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 353; E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (605); ders., KTS 1990, S. 403 (414); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); im gleichen Sinne Geimer; IZPR, Rdn. 3389; Haarmeyer/Wutzke/Förster; Hdb., S. 742; wohl auch Weinbörner; Rdn. A 428 (Ausländisches Insolvenzrecht müsse den Grundzügen des inländischen Konkursrechts entsprechen). 159 Vgl. BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (382); Aden, JZ 1994, S. 151 (152); Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.129. 160 So i.E. auch von Oenzen, S. 30. 161 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1235); ders., ZIP 1992, S. 1125 (1126); Trunk, KTS 1987, S. 415 (421 f.); Summ, S. 39. 162 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256. 163 OLG Frankfurt/Main, 31. 8. 1995, WM 1995,2079 (2083); W Lüke, KTS 1986, S. 1 (14); Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (125); ders., in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auf!., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 356; Dilger; RIW 1989, S. 487 N. 4; E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (603 f.); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1365); Jahr, IKR, S. 6 . 164 s. oben b) aa) (2) (c), S. 75 f. 165 BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373.

li. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

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auf das Ausland erstrecken will, um deren Anerkennung es im konkreten Fall geht 166• Auch dem ist, jedenfalls in dieser Allgemeinheit, nicht zu folgen, zumal die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in diesem Punkt keineswegs eindeutig ist167 • Diejenigen Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren, die (zunächst) keine Verbindung zum Recht eines anderen Staates aufweisen, werden dabei nämlich übersehen. Auch diese Wirkungen können auf das Inland erstreckt werden 168 , z. B. die in einem ausländischen Vergleich enthaltene Herabsetzung der Forderung eines im Verfahrensstaat ansässigen Gläubigers. Falls der Gläubiger den Schuldner später vor einem inländischen Gericht auf Zahlung des vergleichsweise erlassenen Forderungsteils verklagt, müßte die Klage aufgrund der Anerkennung der vergleichsweisen Forderungsherabsetzung abgewiesen werden. Für solche Wirkungen die Inanspruchnahme von Auslandsgeltung zur Anerkennungsvoraussetzung zu machen, ist, obzwar theoretisch möglich, überflüssig. Es ist nicht erkennbar, welches Interesse der Verfahrensstaat daran haben sollte, eine Erstreckung dieser Wirkungen auf andere Staaten auszuschließen. Er wird im Gegenteil Wert darauf legen, daß Wirkungen seiner Entscheidungen auch außerhalb seiner Grenzen beachtet werden 169 . Allenfalls mag ihm dies gleichgültig sein. Vielmehr geht es bei der Inanspruchnahme von Auslandsgeltung allein darum, den Umfang der Wirkungen des ausländischen Verfahrens zu ermitteln, d. h. um die Auslegung des Insolvenzstatuts 170. Gegen eine Anerkennungsvoraussetzung im eingangs genannten Sinne spricht schließlich die fehlende Parallele im Internationalen Zivilprozeßrecht 171 .

cc) Öffentliche Bekanntmachung der Eröffnungsentscheidung im Inland Nach einer Entscheidung des Landgerichts München 1172 soll ein ausländischer Konkurs Inlandswirkungen erst mit der Veröffentlichung der ausländischen Eröffnungsentscheidung im Inland entfalten, wobei lediglich der Fall der Kenntnis oder 166

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Reithmann/Hausmann, Rdn. 1810; Stadler, KTS 1995, S. 539 (555 f.). In der Entscheidung vom 27. 5. 1993 (BGHZ 122, 373 [376]) wird die Auslandswir-

kung der jeweils relevanten Rechtsfolge nicht mit der Anerkennung in Verbindung gebracht. Ausdrücklich von der Anerkennung unterschieden wird die Auslandswirkung einzelner Insolvenzrechtsfolgen in der Entscheidung vom 24. 2. 1994 (BGHZ 125, 196 [201]). Anhaltspunkte für eine Klassifizierung der Inanspruchnahme von Auslandsgeltung als Anerkennungsvoraussetzung finden sich zwar in der Entscheidung vom 14. 11. 1996 (BGHZ 134, 79 [80, 82]), jedoch nur im Zusammenhang mit bestimmten Wirkungen außerhalb des Verfahrensstaates. 168 s. oben b) aa) (2) (c), S. 76. 169 Martiny, in: Hdb. IZVR III I I, Rdn. 88. no Zutreffend Mohrbutter I Wenner, Rdn. XXIII.I05, XXIII.l31. 171 Vgl. etwa Schack, IZVR, Rdn. 810 ff.; Geimer; IZPR, Rdn. 2888 ff.; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 328 Rdn. 50 ff. 172 LG München I, 2. 12. 1986, WM 1987, 222.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

fahrlässigen Unkenntnis der Eröffnung ausgenommen sein soll. Schon diese Einschränkung zeigt, daß es dem Gericht nicht um einen generellen Aufschub der ausländischen Konkurswirkungen bis zur öffentlichen Bekanntmachung, sondern lediglich um den Schutz des guten Glaubens ging. Insoweit ist es sachgerecht, auf die Veröffentlichung im Inland abzustellen 173 • Die Anerkennung selbst sollte jedoch nicht von der Veröffentlichung und schon gar nicht von subjektiven Merkmalen einzelner Beteiligter abhängig gemacht werden 174 . Die Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens entfaltet ihre Wirkungen auch nicht erst mit der öffentlichen Bekanntmachung 175 . Zudem kann bis dahin wertvolle Zeit verstreichen, in der der Schuldner noch Vermögensbestandteile beiseite schaffen kann. dd) Gegenseitigkeit Nachdem der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung zunächst offengelassen hatte, ob die Anerkennung ausländischer verfahrenseröffnender Entscheidungen Gegenseitigkeit voraussetzt, hat er diese Frage in drei jüngeren Entscheidungen dezidiert vemeint 176 • Dem ist mit der überwiegenden Meinung 177 zuzustimmen. Die Gegenauffassung 178 berücksichtigt nicht hinreichend, daß ausländische insolvenzrechtliche Entscheidungen nicht aus Entgegenkommen gegenüber Vgl. unten V. 1. a) cc) (2), S. 175 f., V. 1. b) aa), S. 177 f. Ablehnend auch die Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241 ; Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 23; Reithmann / Hausmann, Rdn. 1812; Mohrbutter! Wenner, Rdn. XXIII.126; Trunk, KTS 1987, S. 415 (424 ff.); Ackmann / Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145 N. 37); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1368); Johlke, WuB VI B. § 237 KO 1.87; Summ, S. 41 f.; von Oertzen, S. 58 f.; Metzger, S. 52; Riegel, S. 83 ff.; ders., RIW 1990, S. 546 (549); Spahlinger, S. 100. 175 BGH, 1. 3. 1982, ZIP 1982,464 (465); Kuhn/Uhlenbruck, § 108 Rdn. 2; Kilger/Karsten Schmidt, § 108 KO Anm. I. 176 BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (375); 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (90 f .); 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (120). m Begründung zum RegEinsO und Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 12/ 2443, S. 241, 269 (tendenziell anders die Stellungnahme des Bundesrates, a. a. 0., S. 260); OLG Saarbrücken, 31. 1. 1989, ZIP 1989, 1145 (1147); OLG Frankfurt/Main, 4. 10. 1993, ZIP 1993, S. 1659 (1660); Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 21 f.; Lüer, in: Kuhn / Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 74; Geimer, IZPR, Rdn. 3510; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l25, XXIII.237; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1812; Hess / Binz /Wienberg, § 22 Rdn. 3; MüllerFreienfels, in: FS Dölle, S. 359 (388); Leipold, in: FS Waseda Universität, S. 787 (795 f.); ders., in: FS Henckel, S. 533 (537); Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (243); W Lüke, KTS 1986, S. 1 (16); Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (148 N. 80); Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (169); ders., IPRax 1995, S. 157; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Aderhold, S. 201; Summ, S. 39 ff.; von Oertzen, S. 58; Riegel, S. 86 ff.; Rauls, S. 94; Metzger, S. 55 f. 178 Baur/Stümer li, Rdn. 37.27; Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 358; Smid/ Zeuner, § 22 Rdn. 18; Lau, BB 1986, S. 1450 (1453); Trunk, KTS 1987, S. 415 (426 ff.); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (604 ff.) (spezifisch konkursrechtliche "Gegenseitigkeit" im Rahmen der "Einbettungsklause1"); W J. Habscheid, ZaöRV 1990, S. 282 (303); Jahr, IKR, S. 7; Kleveman, S. 131. 173

174

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

97

dem Verfahrensstaat anerkannt werden, sondern weil dies der Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit unter den Beteiligten, insbesondere der par condicio creditorum dient 179. ee) Nichteröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens Daß die Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens von manchen als Anerkennungshindernis angesehen wird 180, läßt sich nur mit der Außerachtlassung der Wirkungen des ausländischen Verfahrens auf außerhalb Deutschlands belegene Vermögensgegenstände erklären. Auch diese Wirkungen sind, wie bereits dargelegt181, erstreckungsfähig. Soweit sie das im Verfahrensstaat belegene Vermögen betreffen, werden sie durch ein inländisches Insolvenzverfahren nicht berührt 182. Deshalb kann ein inländisches Verfahren die Anerkennung einer ausländischen Eröffnungsentscheidung nur teilweise ausschließen. Seine Nichteröffnung ist damit nach dem eingangs genannten Maßstab keine Anerkennungsvoraussetzung.

d) Kein Anerkennungsverfahren

Ausländische verfahrenseröffnende Entscheidungen werden nach zutreffender herrschender Meinung anerkannt, ohne daß dies in einem förmlichen Verfahren festgestellt werden müßte (automatische oder Inzidentanerkennung) 183. Hauptgrund dafür ist, daß eine schnellstmögliche Sicherung des Schuldnervermögens gegen massebeeinträchtigende Einwirkungen des Schuldners und einzelner Gläubiger andernfalls nicht zu erreichen wäre 184. Zudem würde ein förmliches Anerkennungsverfahren die übertragende Sanierung eines inländischen Unternehmensteils, d. h. seine Veräußerung zu Fortführungswerten, erheblich erschweren. Bis die Anerkennungsentscheidung ergangen ist, werden sich Übernahmeinteres179 BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (91); vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1, Rdn. 1298; Kropholler, IPR, § 60 III 6, S. 566 f.; Aderhold, S. 199 f. 180 Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BOB, 2. Auf!., nach Art. lO EGBGB Rdn. 354; Pielorz, S. 73; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); von Oertzen, S. 45; der Sache nach auch Lüer, in: Kuhn I Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 30; differenzierend Spahlinger, S. 98 f. 181 s. oben b) aa) (2) (c), S. 75 f., bb), S. 95. 182 Näher dazu unten IV. 5. b), S. 156. 183 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12 /2443, S. 236, 241; Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1235); Lüderitz, JZ 1986, S. 96; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Flessner, in: FS Heinsius, S. 111 (119); ders. , IPRax 1997, S. I (4); Geimer. IZPR, Rdn. 3526; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 33; Soergell Kranke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Reithmann ! Hausmann, Rdn. 1813; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.95; Hess !Binz /Wienberg, § 22 Rdn. 3; Trunk, IIR, S. 281 f.; Summ, S. 42 f. ; von Oertzen, S. 59 f .; Spahlinger, S. 100. 184 Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 (388); Flessner, in: FS Heinsius, S. 111 (11 9); Drobnig, in: Stall, Reform des IIR, S. 51 (70).

7 Ahrens

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

98

senten, Kunden und Arbeitnehmer nicht selten zerstreut haben 185, so daß den Gläubigem dann nur noch die wesentlich geringeren Zerschlagungswerte zugute kommen. Im übrigen entspricht die automatische Anerkennung internationalverfahrensrechtlichen Grundsätzen 186. Soweit die Notwendigkeit eines Anerkennungsverfahrens damit begründet wird, daß ein ausländischer Eröffnungsbeschluß anders als ein inländischer nicht Vollstreckungstitel sein könne 187 , ist darauf hinzuweisen, daß die automatische Anerkennung ausländischer verfahrenseröffnender Entscheidungen eine besondere Vollstreckbarerklärung nicht entbehrlich macht 188.

3. Anerkennung von Entscheidungen über die Bestellung eines Insolvenzverwalters Die Anerkennung ausländischer verfahrenseröffnender Entscheidungen erlaubt zunächst nur solchen ausländischen Verwaltern die Ausübung ihrer Befugnisse in Deutschland, deren Bestellung sich entweder aus der Eröffnungsentscheidung oder aus dem Gesetz ergibt (so z. B. bei schweizerischen Konkursämtern und englischen official receivers). Damit auch solche Verwalter im Inland aktiv werden können, deren Bestellung Gegenstand einer gesonderten Entscheidung ist, müssen auch diese Entscheidungen anerkannt werden können. Relevant ist dies insbesondere für schweizerische Konkursverwaltungen und Liquidatoren, für französische commissaires l 'execution du plan sowie für englische Liquidators und trustees, weil diese stets erst nach Verfahrenseröffnung ernannt werden. Betroffen sind ferner alle Verwalter, die einen Vorgänger im Amt ablösen. Für die Anerkennung kommt es ebenso wie bei verfahrenseröffnenden Entscheidungen 189 nicht darauf an, ob die Entscheidung von einem Gericht, von einer Behörde oder, wie z. B. im creditors' voluntary winding up, von der Gläubigerversammlung 190 getroffen wurde191 . Von den Anerkennungsvoraussetzungen brauchen die Qualifikation als Insolvenzverfahren, die Gerichtsbarkeit und die internationale Zuständigkeit des Verfahrensstaates nicht erneut geprüft zu werden. Entscheidungen über die Verwalterbestellung werden demnach anerkannt, wenn sie im Verfahrensstaat wirksam

a

Vgl. Grasmann, Rev. crit. !990, S. 421 (447 f., 450 N. 59). Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/ !, Rdn. 1593 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 2797; Schack, IZVR, Rdn. 879; ausgenommen nur Entscheidungen in Ehesachen gemäß Art. 7 § I Abs. 1 S. I FamRÄndG. 187 W. J. Habscheid, ZaöRV 1990, S. 282 (291, 305); ders., in: FS Matscher, S. 163 (174); für Exequierung auch E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (6ll); ders., KTS 1990, S. 403 (427). 188 Näher dazu unten III. 2. d) cc) (I), S. 139. 189 s. oben 2. a), S. 69 f. 190 Vgl. Sec. 100, 139 Inso1vency Act 1986. 191 So wohl auch Jahr, IKR, S. 7. 185

186

Il. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

99

sind 192 und wenn die Anerkennung nicht zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Die Anerkennung erfolgt wie bei verfahrenseröffnenden Entscheidungen ohne ein förmliches Anerkennungsverfahren.

4. Anerkennung einstweiliger Entscheidungen

Fraglich ist, ob auch solche ausländischen Verwalter, die schon vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur einstweiligen Sicherung des Schuldnervermögens bestellt werden, etwa englische provisional Iiquidators oder interim receivers oder schweizerische Sachwalter 193 , ihre Befugnisse in Deutschland ausüben können. Dies hängt davon ab, ob einstweilige Entscheidungen anerkennungsfähig sind. Die Meinungen hierüber gehen auseinander. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf der Insolvenzordnung 194 sollen vorläufige Maßnahmen grundsätzlich nicht anerkennungsfähig sein, wobei es der Rechtsprechung überlassen bleiben soll, Ausnahmen für Maßnahmen zuzulassen, die im Rahmen eines ausgebildeten Vorverfahrens ergehen. Auch ein Teil des Schrifttums will einstweilige Entscheidungen nicht anerkennen 195 . Begründet wird diese ablehnende Haltung zum einen damit, daß einstweilige Maßnahmen im internationalen Rechtsverkehr keine ausreichende Grundlage für die Anerkennung seien 196• Zum anderen wird bezweifelt, daß ein Bedürfnis nach Anerkennung solcher Entscheidungen bestehe, da der ausländische Verwalter in dringenden Fällen die Eröffnung eines inländischen Partikularverfahrens beantragen könne 197 • Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß sowohl das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren als auch das Istanbuler Übereinkommen Regelungen über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung des Schuldnervermögens enthalten. Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 3 EuiÜ bestimmt, daß Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, anerkannt werden. Art. 6 IstanbÜ stellt Verfahren, die nach Stellung des Eröffnungsantrags zur vorläufigen Sicherung des Schuldnervermögens angeordnet werden, Insolvenzverfahren gleich und behandelt einstweilige Entscheidungen insoweit wie verfahrenseröffnende Entscheidungen. Daß einstweilige Maßnahmen keine ausreichende Grundlage für die Anerkennung bilden, trifft demnach nicht zu. Was das Anerkennungsbedürfnis be192

Vgl. Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (122).

193

Vgl. Sec. 135,286 Insolvency Act 1986, Art. 293 Abs. 3 S. 2 SchKG. BT-Drs. 12/2443, S. 241.

194

195 Gottwald/ Arnold, § 122 Rdn. 26; Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (305); Geimer, IZPR, Rdn. 3512 (anders Rdn. 3500: Beachtung eines vor Konkurseröffnung verhängten allgemeinen Veräußerungsverbots). 196 Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 26. 197 Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Reform des IIR, S. 265 (272 f.). 7*

100

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

trifft, so ist zum einen darauf hinzuweisen, daß ein Recht ausländischer Insolvenzverwalter, die Eröffnung eines inländischen Partikularinsolvenzverfahrens zu beantragen, de lege lata nur in sehr eingeschränktem Umfang besteht 198 . Zum anderen wäre es widersinnig, ausländischen vorläufigen Verwaltern die frühzeitige Sicherung des in Deutschland belegenen Schuldnervermögens nur um den Preis zu erlauben, daß sie die Befugnisse ihrer nach Verfahrenseröffnung tätigen Nachfolger hinsichtlich dieses Vermögens für den Fall der Eröffnung des Inlandsverfahrens von vomherein zur Disposition stellen. Die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen darf keinen Beschränkungen unterliegen, die einen ausländischen Verwalter mittelbar dazu zwingen, es zu einer Anerkennung der ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung im Hinblick auf das in Deutschland belegene Schuldnervermögen gar nicht erst kommen zu lassen. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß das EuiÜ neben der Anerkennung einstweiliger Entscheidungen auch die Beantragung von Sicherungsmaßnahmen durch einen vorläufigen Verwalter in anderen Vertragsstaaten vorsieht (Art. 38 EuiÜ), ein Bedürfnis also offenbar für beide Sicherungsmöglichkeiten besteht. Gegen die Nichtanerkennung vorläufiger Entscheidungen spricht schließlich, daß sie den Schutz des in Deutschland befindlichen Schuldnervermögens vor massebeeinträchtigenden Einwirkungen des Schuldners und einzelner Gläubiger erheblich erschwert und damit den Zweck des Insolvenzverfahrens, die prinzipiell gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger, gefährdet. Den Bundesgerichtshof hat dies bewogen, einem allgemeinen Veräußerungsverbot, das vor Eröffnung eines inländischen Konkurses erlassen wurde, Wirkungen auch für das Auslandsvermögen des Schuldners beizulegen 199 . Die Entscheidung ist verallgemeinerungsfähig und läßt sich auf andere Sicherungsmaßnahmen, insbesondere auf die Sequestration, erstrecken. Damit wäre die Nichtanerkennung ausländischer einstweiliger Entscheidungen trotz Inanspruchnahme von Auslandswirkungen für gleichartige inländische Entscheidungen demselben Wertungswiderspruch ausgesetzt, der bereits für die Rechtslage vor der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs charakteristisch war - "Territorialität" für ausländische, "Universalität" für inländische Insolvenzverfahren 200. An der grundsätzlichen Anerkennungsfähigkeit einstweiliger Entscheidungen führt nach allem kein Weg vorbei 201 . Damit stellt sich die Frage, welche Merkmale ausländische einstweilige Entscheidungen aufweisen müssen, um im Inland anerkannt zu werden. Nach der in s. unten IX. 1., S. 253 ff. BGH, 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 (159 ff.). 2oo Vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (266); Hanisch, IPRax 1993, S. 69 (70). 201 Für Anerkennungsfähigkeit auch Hanisch, IPRax 1993, S. 69 (70); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1368); Prütting, ZIP 1996, S. 1277 (1280); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 29 (so schon ders., IPRax 1991, S. 168 [17 1 f.], für ein ausländisches allgemeines Veräußerungsverbot); Mohrbutter!Wenner, Rdn. XXIII.96; Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (194 f.); i.E. auch Lüer, in: Kuhn !Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 71; ders., KTS 1990, S. 377 (390f.); vgl. auchHanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1128). 198 199

II. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

101

erster Linie maßgeblichen Iex fori 202 ist eine einstweilige Entscheidung dadurch gekennzeichnet, daß sie nach Stellung des Eröffnungsantrags, also im Rahmen des Eröffnungsverfahrens ergeht und der Sicherung der Insolvenzmasse dienen, d. h. eine den Gläubigem nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag verhindem soll (§ 106 KO, §§ 11 f. VglO, § 2 Abs. 3 GesO, § 21 Abs. 1 InsO). Zweifelhaft ist, ob darüber hinaus verlangt werden muß, daß die Entscheidung "im Rahmen eines ausgebildeten Vorverfahrens - ähnlich dem bisherigen Sequestrationsverfahren des deutschen Rechts"203 ergangen ist. Bedenken bestehen zunächst dagegen, die Sequestration als einem ausgebildeten Vorverfahren ähnlich zu bezeichnen. In der Konkursordnung und in der Gesamtvollstreckungsordnung wird sie nicht einmal ausdrücklich erwähnt. Nach zutreffender Ansicht ist sie auch kein Vorkonkurs204. Im übrigen muß im Rahmen der Qualifikation funktionale Äquivalenz genügen 20 5 . Hierfür kommt es nicht darauf an, inwieweit das ausländische Eröffnungsverfahren ausgebildet ist. Weshalb hiervon ein effektiver Schutz des Schuldnervermögens und damit die Gewährleistung der par condicio creditorum abhängen soll, ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus dürfte es schwerfallen, ausgebildete von nicht ausgebildeten Vorverfahren abzugrenzen. Auf das Merkmal eines ausgebildeten Vorverfahrens sollte deshalb verzichtet werden. Einstweilige Entscheidungen brauchen somit lediglich die eingangs genannten Kriterien (Vorliegen eines Eröffnungsantrags, Sicherungszweck) zu erfüllen. Dies bedeutet, daß die Bestellung eines provisional Liquidator oder eines interim receiver nach englischem Recht ebenso anerkennungsfähig ist wie die Bestellung eines provisorischen Sachwalters nach schweizerischem Recht. Gleiches gilt für vorsorgliche Anordnungen schweizerischer Konkursgerichte206 . Die für verfahrenseröffnende Entscheidungen geltenden Anerkennungsvoraussetzungen sind auf einstweilige Entscheidungen entsprechend anzuwenden. Ein förmliches Anerkennungsverfahren gibt es auch hier nicht.

5. Zusammenfassung

Die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen ist ausschließlich nach den verfahrensrechtlichen Normen des Internationalen Insolvenzrechts zu beurteilen und als Erstreckung ihrer Wirkungen auf das Inland zu verstehen. s. oben 1., S. 64. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 12/2443, S. 241. 204 BGH, 22. 12. 1982, BGHZ 86, 190 (195 f.); 11. 4. 1988, BGHZ 104, 151 ( 155); Kuhnl Uhlenbruck, § 106 Rdn. 7; Gottwald/ Uhlenbruck, § 14 Rdn. 9; Kilger/ Karsten Schmidt, § 106 KO Anm. 4. 2os s. oben I., S. 64. 206 Jedenfalls soweit sie nicht schon vor Stellung des Konkursantrags getroffen wurden, was in der Wechselbetreibung möglich ist (Art. 183 Abs. I SchKG). 202 203

102

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Ausländische verfahrenseröffnende Entscheidungen werden anerkannt, wenn das eröffnete Verfahren als Insolvenzverfahren zu qualifizieren und die Entscheidung im Verfahrensstaat wirksam ist, dieser Staat Gerichtsbarkeit über den Schuldner besitzt und zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens international zuständig ist und wenn die Anerkennung nicht gegen den inländischen ordre public verstößt. Dabei ist unter einem Insolvenzverfahren ein staatlich kontrolliertes Kollektivverfahren zu verstehen, das wegen voraussichtlicher Unfähigkeit des Schuldners zur vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger eröffnet wird, grundsätzlich sein gesamtes Vermögen umfaßt und die prinzipiell gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger durch einen Vergleich, einen Insolvenzplan oder durch Verwertung seines Vermögens anstrebt. Anerkennungsfahig sind daher auch Insolvenzverfahren, die nur das im Verfahrensstaat belegene Schuldnervermögen in Anspruch nehmen. Sanierungsverfahren werden anerkannt, wenn die Gläubiger die Entscheidung über die Unternehmenserhaltung maßgeblich beeinflussen können oder wenn das Verfahren wenigstens bei Mißlingen eines Sanierungsversuchs zur Verwertung des Schuldnervermögens führt. Im Rahmen der internationalen Anerkennungszuständigkeit ist nicht zwischen Universal- und Partikularinsolvenzverfahren zu unterscheiden, sondern zwischen Inlandsvermögenszuständigkeit und Auslandsvermögenszuständigkeit Dabei ist § 1 DöKVAG auf die Anerkennungszuständigkeit nicht anzuwenden207 . Zuständigkeitskonflikte zwischen ausländischen Insolvenzverfahren sind bei Vermögensgegenständen, die sich in einem der Verfahrensstaaten befinden, zugunsten desjenigen Staates zu lösen, der Inlandsvermögenszuständigkeit besitzt, und bei in Deutschland belegeneu Vermögensgegenständen in der Regel zugunsten desjenigen Verfahrens, dessen Eröffnung zuerst beantragt worden ist. Bei Vermögensgegenständen, die sich in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat befinden, entscheidet das Recht dieses Staates. Keine Anerkennungsvoraussetzungen sind die Einbettung des ausländischen Insolvenzverfahrens in das deutsche Insolvenzrecht, ein extraterritorialer Wirkungsanspruch des ausländischen Verfahrens, die öffentliche Bekanntmachung der ausländischen Eröffnungsentscheidung im Inland, die Gegenseitigkeit sowie die Nichteröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens. Ein förmliches Anerkennungsverfahren findet nicht statt. Entscheidungen über die Bestellung eines Insolvenzverwalters werden anerkannt, wenn sie im Rahmen eines anerkannten Insolvenzverfahrens erfolgen, im Verfahrensstaat wirksam sind und ihre Anerkennung nicht gegen den inländischen ordre public verstößt. Einstweilige Entscheidungen, die nach Stellung des Eröffnungsantrags zur Sicherung des Schuldnervermögens getroffen werden, sind ebenfalls anerkennungsfähig. Die für verfahrenseröffnende Entscheidungen geltenden Anerkennungsvoraussetzungen finden auf sie entsprechende Anwendung.

207

Zu den Zuständigkeitsregeln im einzelnen s. oben 2. b) dd) (2) (d), S. 88 f.

111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland 1. Prinzipielle Maßgeblichkeil des Insolvenzstatuts

Die Wirkungen ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen, die aufgrund ihrer Anerkennung auf das Inland erstreckt werden, bestimmen einen nicht unwesentlichen Teil der Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter in Deutschland. Von diesen (prozessualen) Entscheidungswirkungen sind die für Insolvenzverwalter wichtigsten rechtsgestaltender Natur 1• Um Gestaltungswirkungen handelt es sich vor allem bei denjenigen sich unmittelbar aus der ausländischen Entscheidung ergebenden Rechtsfolgen, die das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Verwalter übergehen lassen2 • Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland wird in erheblichem Umfang aber auch durch die sogenannten Tatbestandswirkungen ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen beeinflußt. Diese Wirkungen, auch materiellrechtliche Wirkungen genannt, sind nicht Gegenstand einer Wirkungserstreckung 3 , sondern treten ein, wenn die ausländische Entscheidung den Tatbestand einer Norm des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts erfüllt4 . Eine Tatbestandswirkung liegt beispielsweise dann vor, wenn der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Verwalter sich nicht unmittelbar aus der ausländischen Entscheidung, sondern erst aus dem einschlägigen ausländischen Insolvenzrecht ergibt. Ebenfalls um eine Tatbestandswirkung geht es bei der Frage, ob die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens als Konkurseröffnung im Sinne des § 240 ZPO anzusehen ist und infolgedessen einen vor deutschen Gerichten schwebenden Zivilprozeß unterbricht. Diese Beispiele lassen bereits erkennen, daß eine unterschiedliche Behandlung prozessualer und materiellrechtlicher Wirkungen bei ausländischen Insolvenzverfahren wenig sinnvoll wäre. Ob die eine oder die andere Wirkung vorliegt, bestimmt allein ein formelles Merkmal, nämlich die Fassung der jeweiligen ausländischen Entscheidung. Dieser formelle Unterschied rechtfertigt jedoch keine unterschiedliche Behandlung in der Sache. Daher treten auch materiellrechtliche Wirkungen ebenso wie prozessuale nur ein, wenn die ausländische insolvenzrechtliche Entscheidung die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt5 . Dariiber hinaus unterlieI Zur Anerkennungsfähigkeit von Gestaltungswirkungen s. etwa Schack, IZVR, Rdn. 779; Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1, Rdn. 403 ff.; Stein/ Jonas I Schumann, § 328 Rdn. 11 f.; Kropholler, IPR, § 60 IV 3 e, S. 571. 2 Vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (87); Reinhart, S. 128, 130. 3 A.A. Trunk, KTS 1987, S. 415 (432); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII. 94. 4 Schack, IZVR, Rdn. 780; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, Rdn. 427 f. ; Kropholler, IPR, § 60 IV 3 d, S. 570. s BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997,2525 (2525 f.); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (44) (beide zu § 240 ZPO).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

gen die Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren, unabhängig von ihrer Rechtsnatur, nach allgemeiner Auffassung einer einheitlichen Verweisung, der sogenannten Grundnorm. Diese Grundnorm unterstellt das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen prinzipiell dem Recht des Staates, in dem das Verfahren eröffnet worden ist (Insolvenzstatut, Iex fori concursus)6 . Allein diese Anknüpfung erlaubt es, die par condicio creditorum grenzüberschreitend zu verwirklichen und den internationalen Entscheidungseinklang zu fördern 7 . Für sie sprechen auch die vielfältigen Zusammenhänge zwischen materiellem Insolvenzrecht und Insolvenzverfahrensrecht8, das schon nach dem lex-fori-Prinzip dem Insolvenzstatut unterliegt. Als Vermögensstatut ist das Insolvenzstatut zudem zur Regelung derjenigen Rechtswirkungen berufen, die sich aus der Zugehörigkeit der einzelnen Vermögensgegenstände zur Insolvenzmasse ergeben9 . Die Grundnorm bestätigt die hier 10 vertretene Auffassung, daß die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen als Erstreckung der diesen Entscheidungen im Verfahrensstaat zukommenden (prozessualen) Wirkungen auf das Inland zu verstehen ist 11 • Für die im Internationalen Zivilprozeßrecht gelegentlich vertretene Gleichstellungslehre, die ausländische Entscheidungen entsprechenden inländischen gleichsetzen und ihre Wirkungen nach dem Recht des Anerkennungsstaates bestimmen will 12, ist im Internationalen Insolvenzrecht folglich kein Raum 13 . Bedenken begegnet die Grundnorm lediglich insofern, als 6 § 379 RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 239; Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 70; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 90; Soergell Kranke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Mohrbutteri Wenner, Rdn. XXIII.17, XXIII.169; Trunk, IIR, S. 88, 285; Leipold, in: FS Waseda Universität, S. 787 (799); Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (458); Jürgen Schmidt, S. 158; Pielorz, S. 40 f., 43; Seeliger, S. 235 f.; Spahlinger, S. 105 f.; Jahr, IKR, S. 3; vgl. Jaegerllahr, §§ 237,238 Rdn. 256; Geimer, IZPR, Rdn. 3364, 3373 f.; ablehnend von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1464). Gleiches gilt für inländische Insolvenzverfahren und nach Art. 4 DöKV (vgl. BGH, 30. I. 1992, BGHZ 117, 127 [131); zu weitgehend LAG Düsseldorf, 7. 12. 1990, RIW 1992, 402 [403) [Beurteilung aller konkursrechtlichen Tatbestände nach inländischem Konkursrecht]; zutreffend hingegen LAG Frankfurt/ Main, 28. 3. 1994, ZIP 1994, 1626 [1627)). 7 GottwaldIA mold, § 122 Rdn. 91; Trunk, IIR, S. 88 f. s BAG, 24. 3. 1992, ZIP 1992, 1158 (1159); Pielorz, S. 40 f.; GottwaldiAmold, § 122 Rdn. 88; Trunk, IIR, S. 89. 9 Vgl. Staudinger I Stall (1996), IntSachenR Rdn. 181, 183. 10 s. oben II. 1., S. 66 ff. II Vgl. Favoccia, S. 78; Spellenberg, in: Stall, Reform des IIR, S. 183 (193); Summ, S. 36. Ausdrücklich für Wirkungserstreckung auch Art. 1 DöKV. 12 BGH, I. 6. 1983, NJW 1983, 1976 (1977), allerdings ohne nähere Begründung; Matscher, ZZP 86 (1973), S. 404 (408 f.); für Gestaltungswirkungen neuerdings aber anders ders. , ZZP 103 (1990), S. 294 (309). Im deutschen Internationalen Insolvenzrecht ist diese Lehre bislang nicht vertreten worden. Die von Favoccia angeführten Nachweise (S. 73 N. 91) belegen ihre gegenteilige Auffassung nicht. Anders das schweizerische Recht (Art. 170 Abs. I IPRG). 13 Im Ergebnis wie hier Favoccia, S. 76. Gegen die Gleichstellungslehre auch Martiny, in: Hdb. IZVR III /I, Rdn. 367; Gottwald, ZZP 103 (1990), S. 257 (260 f.); Geimer, IZPR, Rdn. 2778 f.; Schack, IZVR, Rdn. 794.

111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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sie für Wirkungen einstweiliger Entscheidungen, die während des Eröffnungsverfahrens getroffen werden, keine passende Anknüpfung bereithält. Auch bei diesen Wirkungen handelt es sich um Wirkungen des Insolvenzverfahrens, mögen sie auch zeitlich vorverlagert sein. Für solche Wirkungen auf die spätere Verfahrenseröffnung abzustellen erscheint nicht sachgerecht. Denn damit würde das anwendbare Recht entweder erst im nachhinein oder, wenn die Eröffnung abgelehnt wird, überhaupt nicht bestimmt. Es empfiehlt sich daher, die Grundnorm dahingehend zu fassen, daß das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen grundsätzlich dem Recht des Staates unterliegen, in dem das Verfahren eröffnet worden ist oder eröffnet werden soll 14. Im folgenden soll der Anwendungsbereich der Grundnorm näher untersucht werden. Da diese Norm für prozessuale wie für materiellrechtliche Wirkungen insolvenzrechtlicher Entscheidungen gilt, ist sie sowohl dem Internationalen Insolvenzverfahrensrecht als auch dem Internationalen Insolvenzkollisionsrecht zuzurechnen. Fraglich ist, wie sie sich in diese Zusammenhänge fügt. a) Qualifikation

Dem Insolvenzstatut unterstellt die Grundnorm allein diejenigen Wirkungen ausländischer lnsolvenzverfahren, die als insolvenzrechtliche Rechtsfolgen zu qualifizieren sind 15 • Nur diese Wirkungen sind Gegenstand des Internationalen Insolvenzrechts 16 . Die Qualifikation folgt allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln 17, so daß insbesondere solche Rechtsfolgen, die auch das deutsche Insolvenzrecht kennt, als insolvenzrechtlich anzusehen sind. Wirkungen des ausländischen Rechts, die das deutsche Insolvenzrecht nicht kennt, sind insolvenzrechtlich zu qualifizieren, wenn sie ihrer Funktion nach einer Rechtsfolge eines inländischen Verfahrens entsprechen. Entscheidend ist, ob die jeweilige Wirkung dem Zweck des Insolvenzverfahrens, der grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger, dienen soll 18 • Wirkungen, die nicht insolvenzrechtlich zu qualifizieren sind, wie z. B. die Auflösung einer Personengesellschaft (vgl. § 728 BGB, § 131 Nr. 5 HGB), unterliegen nicht dem Insolvenz-, sondern demjeweils maßgeblichen Sachstatut.

So Art. 3 Abs. I EG-Entwurf 1992. Geimer, IZPR, Rdn. 3374; i.E. auch Trunk, KTS 1987, S. 415 (432 f.); Reithmann / Hausmann, Rdn. 1814; vgl. BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122,373 (375). 16 Gottwald/Amold, § 121 Rdn. 13; Jahr, IKR, S. I, 3. 17 s. oben I., S. 64. 18 Vgl. Jaeger/Jahr, §§ 237,238 Rdn. 12; Gottwald!Arnold, § 121 Rdn. 13; Favoccia, S. 79; Trunk, KTS 1987, S. 415 (432 N. 87); ders., IIR, S. 5 f. 14

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

b) Gesamtverweisung

Fraglich ist, ob Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB, wonach bei einer Verweisung auf das Recht eines anderen Staates auch dessen IPR anzuwenden ist, sofern dies nicht dem Sinn der Verweisung widerspricht, im Internationalen Insolvenzrecht entsprechend anzuwenden ist. Das Interesse an der Verwirklichung des internationalen Entscheidungseinklangs, welches bereits in der Grundnorm zum Ausdruck kommt, spricht für eine solche Analogie. Sachnormverweisungen würden in den Fällen, in denen der Verfahrensstaat einzelne Wirkungen seines Verfahrens nicht seinem, sondern einem anderen Recht unterstellt, beispielsweise Wirkungen auf das Auslandsvermögen nach der Iex rei sitae beurteilt 19 , zu unerwünschten Entscheidungsdivergenzen führen. Eine Gesamtverweisung entspräche auch dem internationalverfahrensrechtlichen Grundsatz der Wirkungserstreckung. Die zu erstreckenden Wirkungen20, die der Entscheidung im Verfahrensstaat zukommen, müssen sich nämlich nicht stets nach den Sachvorschriften des Verfahrensstaates richten, sondern können, sofern dessen Internationales Verfahrensrecht es bestimmt, einem anderen Recht unterliegen 21 • Deshalb sollte die Verweisung auf das Recht des Verfahrensstaatesdas ausländische Internationale Insolvenzrecht (Kollisionsrecht) einschließen, sofern dies nicht im Einzelfall dem Sinn der Verweisung widerspricht22 . Allerdings ist ein Renvoi im Internationalen Insolvenzrecht verhältnismäßig selten. Im Regelfall wird das Insolvenzstatut die Verweisung annehmen23 . So verhält es sich zumindest im französischen, englischen und schweizerischen Recht. Das französische Unternehmenssanierungsverfahren unterliegt grundsätzlich der Iex fori 24 . Im englischen winding up bestimmt das Insolvenzstatut sowohl über Verfahrensals auch über materiellrechtliche Fragen25 . Für die Schweiz sehen Artt. 170 Abs. 1, 175 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) bei sogenannten Mini-Konkursen und bei entsprechenden Nachlaßverfahren die grundsätzliche Ein Beispiel aus dem englischen Recht findet sich unten VI. l. b) bb) S. 200. Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, Rdn. 364; Gottwald, ZZP 103 (1990), S. 257 (261); ferner den vielzitierten Art. 1 Abs. 1 S. 3 des deutsch-belgischen Abkommens vom 30. Juni 1958 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen (BGBI. 1959 II S. 766). 21 Geimer; IZPR, Rdn. 2777; Zöller/ Geimer, § 328 Rdn. 22; Müller; ZZP 79 (1966), S. 199 (207 ff.). 22 Jaeger/Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 34; Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 51 (55 f.); Geimer; IZPR, Rdn. 3375; Trunk, IIR, S. 286 f.; von Campe, S. 396; so nun auch BGH, 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (123 f.); a.A. Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (467). 23 Vgl. Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (467). 24 CA Paris, 8. 7. 1992, D. 1992 J. 476; Coviaux, in: Jur.-CI. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 49; Moreau, in: Fletcher; Cross-Border lnsolvency (1992), S. 95 (99); Mayer; Nr. 668; von Campe, S. 399. 25 Re Busytoday Ltd., Popely v. Lewis [1992]4 AllE. R. 61 (69), Ch. D.; Fletcher; S. 757; Dicey/Morris II, S. 1131, 1133; vgl. Re Suidair International Airways Ltd. (in Iiquidation) [1950]2 AllE. R. 920, Ch.D. Zu Konkursverfahren s. Fletcher, S. 717. 19

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III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vor, was auch für die regulären Verfahren anzunehmen ist. Sollte das Insolvenzstatut ausnahmsweise eine Rückverweisung auf das deutsche Recht aussprechen, so stellt sich die Frage, ob Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB, wonach die Verweisungskette abzubrechen und die deutschen Sachvorschriften anzuwenden sind, ebenfalls entsprechende Anwendung findet. Mit dem internationalverfahrensrechtlichen Prinzip der Wirkungserstreckung wäre eine solche Analogie zwar nicht zu vereinbaren. Denn dieses Prinzip entspricht im Ergebnis der sogenanntenforeign court doctrine des englischen Rechts 26 und läßt den Abbruch einer Verweisungskette im Inland nicht zu. Die überwiegenden praktischen Gründe, aus denen sich der Gesetzgeber für einen solchen Abbruch entschieden hae7 , haben jedoch auch im Internationalen Verfahrensrecht Gewicht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß eine Rückverweisung des fremden Rechts leichter als Sachnormbzw. als Gesamtverweisung eingeordnet werden kann, wenn nicht materiellrechtliehe, sondern prozessuale Wirkungen zu beurteilen sind. Einem Abbruch der Verweisungskette wird man auch nicht die damit verbundene partielle Wirkungsgleichstellung entgegenhalten können. Die Einwände, die gegen die Gleichstellungslehre - zu Recht - erhoben werden, schlagen im vorliegenden Zusammenhang nicht durch. Weder führt die Anwendung deutschen Rechts hier zu Rechtsfolgen, die die Beteiligten bei Durchführung des ausländischen Verfahrens nicht vorhersehen können28 , denn aufgrund der Verweisung des Insolvenzstatuts müssen sie mit der Anwendung ausländischer Rechtsnormen rechnen. Noch verfängt in diesem Zusammenhang das Argument, ausländische Entscheidungen hätten dann von Land zu Land unterschiedliche Rechtsfolgen 29. Da Rückverweisungen in den einzelnen Rechtsordnungen ohnehin unterschiedlich gehandhabt werden30, sind Differenzen im Verhältnis zu Drittstaaten sowieso nicht zu vermeiden. Im Verhältnis zum Verfahrensstaat wäre dies bei strikter Wahrung des Prinzips der Wirkungserstreckung zwar anders. Doch dürften die mit dem Abbruch der Verweisungskette verbundenen Divergenzen neben den Beschränkungen, denen die Inanspruchnahme des Inlandsvermögens durch das ausländische Insolvenzverfahren ohnedies unterliegt, nicht ins Gewicht fallen. Im Ergebnis sollte deshalb auch Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB im Internationalen Insolvenzrecht analog angewendet werden. 26 Deutlich wird dies etwa bei Stein/Jonas I Schumann, § 328 Rdn. 3. Zur foreign court doctrine vgl. Kropholler, IPR, § 24 I 2, S. 151; Kegel, § 10 III 3, S. 289; eingehend Staudinger/Hausmann (1996), Anh. zu Art. 4 EGBGB Rdn. 13 ff. 27 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 10/504, S. 39. 28 Zu diesem Gesichtspunkt vgl. Schack, IZVR, Rdn. 794; Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 367; Kropholler, IPR, § 60 IV 2, S. 569. 29 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/ I, Rdn. 367; Gottwald, ZZP 103 (1990), S. 257 (261); Kropholler, IPR, § 60 IV 2, S. 569. 30 Vgl. Kropholler, IPR, § 24 I, S. 148 f .; Einzelheiten bei Staudinger/Hausmann (1996), Anh. zu Art. 4 EGBGB.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

c) Vorrang des Einzelstatuts?

Gemäß Art. 3 Abs. 3 EGBGB gelten familien- und erbrechtliche Gesamtstatute nicht für Gegenstände, die sich nicht in dem Staat befinden, dessen Recht Gesamtstatut ist, und die nach dem Recht des Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. Da das Insolvenzstatut familien- und erbrechtliehen Gesamtstatuten insofern gleichsteht, als es wie diese ein Vermögensstatut ist, fragt sich, ob Art. 3 Abs. 3 EGBGB im Internationalen Insolvenzrecht entsprechend anzuwenden ist. Ein Bedürfnis dafür ist nicht zu erkennen. Der Vorrang des Lageortsrechts wird bereits dadurch verwirklicht, daß jeder Staat grundsätzlich frei entscheiden kann, ob er die Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren anerkennt und unter welchen Voraussetzungen er selbst ein Insolvenzverfahren eröffnet. Falls er ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet, ergibt sich der Vorrang des Lageortsrechts aus dem Vorrang der Inlandsvermögenszuständigkeit vor der Auslandsvermögenszuständigkeit31. Das auf seinem Gebiet belegene Schuldnervermögen fällt allein in die Masse seines Verfahrens und ist konkurrierenden ausländischen Verfahren entzogen. Im übrigen würde eine analoge Anwendung von Art. 3 Abs. 3 EGBGB die Verwirklichung der par condicio creditorum gefährden. Auch deshalb ist diese Analogie abzulehnen 32.

d) Generelle Begrenzung durch inländisches Recht?

Gelegentlich wird die Meinung vertreten, die Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren in Deutschland könnten nicht weiter gehen als die Wirkungen inländischer Verfahren 33 . Für diese Auffassung, die sogenannte Kumulationstheorie, läßt sich anfuhren, daß eine ebensolche Begrenzung auch für die Wirkungen ausländischer Zivilurteile angenommen wird34. Zudem ist ihr Anliegen, soweit es im Schutz des inländischen Rechtsverkehrs besteht, im Ansatz berechtigt. Es ist nicht von vomherein auszuschließen, daß die kumulative Anwendung inländischen Rechts in bestimmten Fällen unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes geboten sein kann. Die Kumulationstheorie schießt jedoch über das Ziel hinaus. Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren generell durch inländisches Insolvenzrecht zu begrenzen, ist zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs nicht erforderVgl. oben II. 2. b) dd) (3) (b), S. 91 ; unten IV. 5. b), S. 156. Ablehnend auch Geimer, IZPR, Rdn. 3375; Wenner. KTS 1990, S. 429 (435); Reithmann/ Hausmann, Rdn. 1826; Trunk, IIR, S. 90 f. 33 E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (613) (hier ist allerdings sowohl die Bezugnahme auf Trunk als auch die auf BGHZ 95, 256 verfehlt; zur letztgenannten vgl. Favoccia, S. 73 f.); Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (310); speziell für die Befugnisse des ausländischen Insolvenzverwalters auch LG Krefeld, 9. 4. 1992, NJW-RR 1992, 1535 (1536); Kilger/Karsten Schmidt, § 237 KO Anm. 6 b; Hess/Binz /Wienberg, § 22 Rdn. 6. 34 OLG Frankfurt/Main, 12. II. 1985, NJW 1986, 1443; Nagel, Rdn. 638; Schack, IZVR, Rdn. 796. 31

32

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

109

lieh. Durch Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren wird dieser in ganz unterschiedlicher Weise berührt. Ob und inwieweit diese Wirkungen hingenommen werden können, muß eine Einzeluntersuchung ergeben. Eine einheitliche Bestimmung der Reichweite ausländischer Verfahrensfolgen im Inland ist nicht möglich 35 . Eine undifferenzierte Begrenzung durch inländisches Recht verbietet sich ebenso wie die vorbehaltlose Akzeptanz aller ausländischer Verfahrenswirkungen. Im übrigen würde eine generelle Kumulation auch das Verhältnis zwischen privilegierten und nicht privilegierten Gläubigern stören36. Denn die Kumulationstheorie kumuliert vor allem Privilegien, zum einen die des ausländischen Insolvenzrechts, welche sie unangetastet läßt, zum anderen die des deutschen Rechts, denen sie Geltung verschafft. Damit wirkt sie sich stets zu Lasten der Insolvenzmasse und der nicht privilegierten Gläubiger aus 37 .

e) Sonderregelungen für einzelne Rechtsfolgen

Die meisten Beschränkungen des Anwendungsbereichs der Grundnorm ergeben sich aus Sonderregelungen für einzelne Rechtsfolgen ausländischer Insolvenzverfahren. Die gebotene Rücksicht auf die Sicherheit und Leichtigkeit des inländischen Rechtsverkehrs läßt eine unbegrenzte Anwendung des Insolvenzstatuts nicht zu, sondern verlangt, wie bereits angedeutet, Modifikationen. Bei diesen Modifikationen kann es sich um Kollisionsnormen handeln, die bestimmte Wirkungen des Insolvenzverfahrens (Teilfragen) einem anderen Recht als dem des Verfahrensstaates unterstellen. Dieses Recht kann entweder kumulativ neben dem Insolvenzstatut anwendbar sein 38 oder dieses verdrängen39 . Der Anwendungsbereich des Insolvenzstatuts kann ferner durch Sachnormen unterschiedlichen Inhalts begrenzt werden. Beispielsweise können bestimmte Wirkungen des ausländischen Verfahrens im Inland von besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen abhängig geBGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (273). Zum Verhältnis zwischen gesicherten und ungesicherten Gläubigern in England vor der Reform von 1985/86 s. Goode, RabelsZ 44 (1980), S. 674 (710 ff.). Zum deutschen Recht vgl. den ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 295 ff.; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 72 f., 86 ff. 37 Vgl. Favoccia, S. 77 f. Gegen eine generelle Kumulation auch der Regierungsentwurf (vgl. §§ 379, 388, 390 Abs. 2 RegEinsO); Spe/lenberg, in: Stall, Reform des IIR, S. 183 (193); Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480); Trunk, KTS 1987, S. 415 (431 N. 77); ders., IIR, S. 285 f.; AckmanniWenner, IPRax 1990, S. 209; Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (169 N. 19); hinsichtlich der Befugnisse des ausländischen Insolvenzverwalters auch Lüer, in: Kuhn l Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 88; GottwaldiAmold, § 122 Rdn. 101; Reithmann i Hausmann, Rdn. 1821; Summ, S. 46; von Oertzen, S. 87 ff. Gegen Kumulation im IZPR Gottwald, ZZP 103 ( 1990), S. 257 (262 f.); Stein I Jonas I Schumann, § 328 Rdn. 3b; Kropho/ler, IPR, § 60 IV 2, S. 569. 38 Vgl. Art. 102 Abs. 2 EGinsO. 39 Vgl. z. B. §§ 380, 381 RegEinsO. 35

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

macht40, inhaltlich in Anlehnung an inländisches Recht beschränkt41 oder schlicht ausgeschlossen werden42 . Einige dieser Modifikationen werden im weiteren Verlauf der Arbeit noch zu erörtern sein. f) Ordre public

Der ordre public kann nicht nur die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen insgesamt verhindern, sondern auch dem Eintritt einzelner Entscheidungswirkungen im Inland entgegenstehen43 . Hierbei besitzt er eine doppelte Funktion. Im Internationalen Insolvenzrecht hat er nicht nur wie im IPR die Aufgabe, die als unerträglich empfundene Anwendung an sich anwendbarer fremder Normen auszuschließen (negative Funktion)44 • Aufgrund seiner zugleich verfahrensrechtlichen Natur kommt ihm auch die positive Funktion zu, international zwingende Vorschriften des deutschen Rechts durchzusetzen45 . Eine Verletzung des ordre public liegt beispielsweise vor, wenn eine Rechtsfolge des gemäß der Grundnorm anzuwendenden ausländischen Insolvenzrechts bei hinreichender Inlandsbeziehung so tief in Rechtspositionen eines Beteiligten eingreift, daß Art. 14 GG verletzt ist46. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bestimmter Insolvenzgläubiger hinsichtlich einzelner Verfahrensfolgen kann ebenfalls gegen den ordre public verstoßen47 . Ein ordre public-Verstoß kann sich ferner daraus ergeben, daß vor Eintritt einer benachteiligenden Wirkung Mindestanforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren nicht beachtet wurden48 . Denkbar ist dies z. B. bei einer geziehen, entscheidenden Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens der Gläubiger durch den Schuldner49 . Auch der Ausschluß sol40

Vgl. §§ 385, 386 RegEinsO.

So z. B. §§ 388, 389, 390 Abs. 2 RegEinsO. 42 V gl. § 390 Abs. 1 RegEinsO. 43 Art. 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EGinsO ("soweit"); Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/ 2443, S. 241; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366). 44 Für das IPR wohl h.M.: Geimer; IZPR, Rdn. 24; Palandt/ Heldrich, Art. 6 EGBGB Rdn. 3; Kropholler; IPR, § 36 I, S. 224; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 6 EGBGB Rdn. 9 (kritisch aber Rdn. 17); a. A. etwa Staudinger I Blumenwitz (1996), Art. 6 EGBGB Rdn. 25. 45 Geimer; IZPR, Rdn. 26. 46 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (473); zurückhaltend Reinhart, S. 182 ff. Bei einer geringeren Vergleichsquote als im inländischen Verfahren (25% statt 35 % gemäß § 7 Abs. 1, 4 VgiO) ist dies nicht der Fall (BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 [92]). 47 Vgl. zur Aufrechnung BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273). 48 Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Reinhart, S. 231 ff. (speziell zur Nichtanhörung der Gläubiger vor dem Beschluß eines Sanierungsplans im französischen Unternehmenssanierungsverfahren). 49 Vgl. BGH, 14. 11. 1996, NJW 1997, 524 (527 f.) (insoweit in BGHZ 134, 79 nicht abgedruckt). 4t

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

!II

eher prozessualer Wirkungen von der Erstreckungsfähigkeit, die dem deutschen Recht ihrer Art nach unbekannt sind50, läßt sich als Anwendungsfall des ordre public auffassen 51 .

2. Zentrale Rechte und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter

Zu den zentralen Rechten und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im inländischen Rechtsverkehr rechnen hier zum einen ihre Befugnisse, die Insolvenzmasse zu verwalten und darüber zu verfügen sowie über Gegenstände der Insolvenzmasse Prozesse zu führen, zum anderen weitere Querschnittsbereiche wie Fragen ihrer Legitimation und der Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen im Inland. Generell ist zu sagen, daß es sich bei den Rechten und Pflichten ausländischer Insolvenzverwalter im wesentlichen um insolvenzrechtlich zu qualifizierende Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens handelt, die gemäß der Grundnorm dem jeweiligen ausländischen Insolvenzrecht unterliegen 5 2 . Das Insolvenzstatut wird diese Verweisung in der Regel annehmen. So richten sich etwa im französischen Unternehmenssanierungsverfahren die Befugnisse der Organe und insbesondere der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Verwalter nach französischem Recht53 • Das englische Internationale Insolvenzrecht unterstellt die gesamte Verwaltung des Schuldnervermögens, sei es im winding up, sei es im Konkurs, der eigenen lex fori 54 . Eine ähnliche Tendenz läßt die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts erkennen. So hat das Bundesgericht in einem Aussonderungsfall die Befugnisse des Konkursamts nach dem am Sitz dieser Behörde geltenden Recht beurteilt55 . Da sich die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter somit grundsätzlich nach ausländischem Insolvenzrecht richtet, können Aussagen über 50 Vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), S. 257 (263); ders., in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 328 Rdn. 123; Stein!Jonas!Schumann, § 328 Rdn. 3b; Kropholler, IPR, § 60 IV 2, S. 569; Maniny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 369. 51 Spellenberg, in: Stoll, Reform des IIR, S. 183 (193 f.); Kropholler, IPR, § 60 IV 2, S. 569; zurückhaltend Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 370. 52 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200); Gottwald! Amold, § 122 Rdn. 101; Lüer, in: Kuhn!Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 88; Geimer; IZPR, Rdn. 3506; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1821; Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (243); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1368); Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (117); Trunk, IIR, S. 322; Summ, S. 45. Im gleichen Sinne Art. 8 Abs. 1 DöKV. 53 Coviaux, in: Jur.-Cl. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nm. 65, 90 f.; Moreau, in: Fletcher, CrossBorder Insolvency (1992), S. 95 (99); Loussouam!Bredin, S. 795, 809 f.; Trochu, S. 116, 222; Pastor Ridruejo, RdC 197111 (133), S. 135 (201). 54 Fletcher, Cross-Border Inso1vency (1992), S. 217 (232); ders., S. 717; Dicey! Morris II, S. 1169; Blom-Cooper; S. 141; Florian, S. 76. 55 BG, 6. 7. 1967, BGE 93 II1 96 (101 f.).

112

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

die rechtliche Stellung eines inländischen Konkursverwalters nicht ohne weiteres auf ausländische Verwalter übertragen werden. Insbesondere können ausländische Verwalter nicht unbesehen als Parteien kraft Amtes bezeichnet56 oder wie ein deutscher Konkursverwalter von vornherein als prozeßführungsbefugt angesehen werden57. Vielmehr ist insoweit allein das ausländische Insolvenzrecht maßgeblich.

a) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis

Der Übergang des Rechts des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter entfaltet, soweit die zugrundeliegende ausländische insolvenzrechtliche Entscheidung die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt, seine Wirkung auch im Inland58. Als insolvenzrechtliche Wirkungpar excellence (vgl. § 6 KO, § 8 Abs. 2 Ges059, § 80 Abs. 1 InsO) ist dieser Übergang gemäß der Grundnorm nach dem Insolvenzsachrecht des Verfahrensstaates zu beurteilen60. Dieses Recht bestimmt demnach, ob die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis überhaupt auf den Insolvenzverwalter übergeht und in welchem Umfang dies gegebenenfalls geschieht. Gelegentlich sieht das ausländische Insolvenzrecht dabei dieselben Rechtsfolgen vor wie das deutsche Recht, doch sind nicht selten abweichende Gestaltungen anzutreffen. Das schweizerische Insolvenzrecht etwa, noch am ehesten mit dem deutschen vergleichbar, läßt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht auf den Insolvenzverwalter, sondern auf die Masse als rechtsfähiges Sondervermögen übergehen61 . Mit dem deutschen ordre public ist das vereinbar62. Das im französischen Insol56 So aber Schack, IZVR, Rdn. 551; Nagel, Rdn. 279; zutreffend hingegen Mohrbutter/ Wenner, Rdn. XXIII.l80. Zur Rechtsstellung des deutschen Konkursverwalters als Partei kraft Amtes s. BGH, 27.10. 1983, BGHZ 88, 331 (334); zum Meinungsstreit im übrigen etwa Baur/Stürner II, Rdn. 10.2 ff.; Häsemeyer, S. 287 ff., jeweils m. w. N. 57 Vgl. BGH, 9. 12. 1987, NJW-RR, 1988, 477; Dilger, RIW 1989, S. 487. 58 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (261); OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989,723 (724 f.) ; Begründung zum RegEinsO, BTDrs. 12/2443, S. 244; Lüer, in: Kuhn / Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 77; Gottwald/ Arnold, § 122 Rdn. 102; Geimer, IZPR, Rdn. 3506; Soergel/ Kranke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l80; Reithmann / Hausmann, Rdn. 1821 ; Baur/ Stümer II, Rdn. 37.32; Pielorz. S. 101; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480); Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (170); ders., IPRax 1995, S. 157 (157 f.); Flessner, IPRax 1997, S. 1 (5); von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1466); Summ, S. 46; Metzger, s. 61. 59 Vgl. Gottwald!Klopp, Nachtrag Kap. III 1 B Rdn. 3; Smid/Rattunde, § 8 Rdn. 193; Kilger I Karsten Schmidt, § 8 GesO Anm. 1 c. 60 Vorbehaltlich eines Renvoi, der aber, wie soeben ausgeführt, in aller Regel fehlen wird. 61 BG, 18. 3. 1915, BGE 41 III 165 (173); 13. 6. 1961 , BGE 87 II 169 (172); Kummer, S. 62 f.; Vogel, Kap. 5 Rdn. 5 ff.; Gillieron, S. 277; Fritzsche/Walder II, § 48 Rdn. 3; Walder-Bohner, § 8 Rdn. 3. 62 BGH, 2 1. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (120); Leipold, JZ 1997, S. 571 (573).

Ill. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

113

venzrecht vorgesehene dessaisissement zugunsten des liquidateur bzw. des commissaire a l' execution du plan63 entspricht im wesentlichen dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach deutschem Recht. Die Übertragung der alleinigen Geschäftsführung eines insolventen Unternehmens auf den administrateur64 bildet eine weitere Form der Verwaltungs- und Verfügungsberechtigung, die in Deutschland kein unmittelbares Gegenstück hat. Ein Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis liegt hingegen nicht vor, wenn der administrateur lediglich die Aufgabe hat, den Schuldner bei der Geschäftsführung zu unterstützen65. Die Handlungen des Schuldners sind in diesem Fall zwar nur mit Zustimmung des administrateur wirksam, doch erwirbt dieser dadurch kein Mitverwaltungs- oder Mitverfügungsrecht Die Zustimmungsbedürftigkeit indessen ist als eine auch dem deutschen Insolvenzrecht bekannte Rechtsfolge (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 277 InsO) allerdings erstreckungsfähig, so daß sie auch Handlungen des Schuldners erlaßt, die sein in Deutschland belegenes Vermögen betreffen66. Eigene Wege geht das englische Insolvenzrecht, insbesondere in Gesellschaftsinsolvenzverfahren und im Konkurs. Liquidator und administrator gelten als Vertreter der insolventen Gesellschaft67, so daß angenommen werden muß, daß das Verwaltungsund Verfügungsrecht bei der Gesellschaft verbleibt und vom betreffenden Verwalter als deren Organ ausgeübt wird68 . Im Konkurs, aber auch in anderen Insolvenzverfahren, läßt das englische Insolvenzrecht das Eigentum am Schuldnervermögen auf einen Insolvenzverwalter als trustee übergehen69 , womit es diesem eine Rechtsposition verschafft, die über die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach deutschem Insolvenzrecht hinausgeht. Umstritten ist, ob diese Wirkung auch das in Deutschland belegene Schuldnervermögen erlaßt. Die überwiegende Ansicht lehnt dies ab70. Zur Begrundung wird angeführt, daß das deutsche Recht als Iex rei sitae für die Voraussetzungen des Eigentumsübergangs maßgeblich sei und keinen Eigentumsübergang kraft Konkurseröffnung bzw. kraft Verwalterernennung kenne. Dies vermag nicht zu überzeugen. Die Funktion des Eigentumsübergangs nach englischem Insolvenzrecht besteht gerade darin, dem Schuldner die Verwaltung Artt. 152 Abs. 1, 81 Abs. 4 Gesetz Nr. 85 - 98; vgl. oben A. II. 1., S. 45 f., A. II. 2., S. 46. Art. 31 Abs. 2, 5 (Nr. 3) Gesetz Nr. 85-98. Ähnlich Art. 298 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. SchKG. 65 Vgl. Art. 31 Abs. 2, 4 (Nr. 2) Gesetz Nr. 85-98; dazu Delebecque, in: Jur.-CI. Com., Vol. 8, Fase. 2330 Nr. 16. 66 Gleiches gilt unter den Voraussetzungen des Art. 298 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. SchKG für einen schweizerischen Sachwalter. Zur Anwendung des Insolvenzstatuts auf Verfügungsbeschränkungen des Schuldners s. auch Reithmann!Hausmann, Rdn. 1822. 67 Bailey!Groves/Smith, Nr. 10.16; Fletcher, S. 583; Sec. 14 (5) lnsolvency Act 1986. 68 Vgl. Sec. 14 (1)(b) i.V.m. Schedule 1 Nr. 9, Sec. 165 (3), 167 (l)(b), jeweils i.V.m. Schedule 4 Part III Nr. 7 lnsolvency Act 1986 (Ermächtigung zum Handeln im Namen der Gesellschaft). 69 Sec. 1 (2), 145, 253 (2), 306 lnsolvency Act 1986. 70 Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 78; Aderhold, S. 230; von Oertzen, S. 83; vgl. Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1127). 63

64

8 Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

und Verfügung über sein Vermögen zu entziehen, den Insolvenzverwalter zum Handeln für und gegen die Masse zu ermächtigen und die Gläubiger an einer Einzelzwangsvollstreckung in dieses Vermögen zu hindem71 . Daß diese Rechtsfolgen der Verwirklichung des Verfahrenszwecks dienen und der Eigentumsübergang damit zumindest dieselben Funktionen erfüllt wie der Übergang der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis nach deutschem Recht, liegt auf der Hand. Folglich ist der Eigentumsübergang als insolvenzrechtliche Wirkung zu qualifizieren, die grundsätzlich nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen ist. Im übrigen ist die Anknüpfung des Eigentumsübergangs an den Lageort auch deshalb verfehlt, weil der durch Gesamtnachfolge eintretende Erwerb dinglicher Rechte nicht dem Sachstatut, sondern dem Vermögensstatut unterliegt72, was ebenfalls zur Anwendung des Insolvenzstatuts führt. Der Gegenmeinung, die für den Anwendungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung vertreten wird und einen solchen Eigentumsübergang auf den Insolvenzverwalter ohne weiteres akzeptieren will, weil § 22 Abs. l S. l GesO gerade dazu auffordere73 , kann indessen ebensowenig gefolgt werden. Der nach englischem Insolvenzrecht eintretende Eigentumsübergang ist hinsichtlich des Inlandsvermögens nur insoweit zu beachten, als er mit der deutschen Sachenrechtsordnung als Belegenheitsstatut vereinbar isC4 . Daß das englische Insolvenzrecht eine Gesamtnachfolge vorsieht, begrundet allein noch keine Unvereinbarkeit, da eine Gesamtnachfolge dem deutschen Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht bekannt ist (vgl. §§ 738 Abs. 1 S. l , 1416, 1922 Abs. l BGB). Das Fehlen einer Universalsukzession im deutschen Insolvenzrecht kann nicht maßgeblich sein, weil eine derart enge Betrachtungsweise den Grundsatz der funktionalen Qualifikation aushöhlen würde. Immerhin sieht die Insolvenzordnung im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung ebenfalls den Übergang von Rechten des Schuldners auf einen Insolvenzverwalter, den Treuhänder, vor (§§ 287 Abs. 2 S. 1, 291 Abs. 2 Insüf5 . Problematisch hingegen ist die Rechtsfigur des trust. Sie spaltet das Eigentumsrecht in legal ownership und equitable ownership auf und ist nach wohl überwiegender Auffassung mit den dogmatischen Grundlagen des deutschen Rechts nicht vereinbar76• Damit ergibt sich eine Normendiskre71

Vgl. Florian, S. 37 f.; Hanisch, Rechtszuständigkeit, S. 48, 159.

n Kegel, § 19 II, S. 573; Kropholler, IPR, §54 I 2, S. 479; von Bar; IPR II, Rdn. 780; vgl.

Staudinger IStoll (1996), IntSachenR Rdn. 181. 73 Smid!Zeuner, § 22 Rdn. 19; ebenso Haarmeyer!Wutzke /Förster, Hdb., S. 743 f. 74 Vgl. Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 185; Kropholler, IPR, §54 I 2, S. 479; Kegel, § 19 II, S. 573 f. 75 Möglich ist ein Rechtsübergang auch beim Treuhandliquidationsvergleich (Kilger I Karsten Schmidt, § 7 VglO Anm. 4). 76 BGH, 13. 6. 1984, ZIP 1984, 1405 (1409); Soergel/Lüderitz, Art. 38 EGBGB Anh. II Rdn. 58; Graupner, ZvglRWiss 88 (1989), S. 149 (158); Coing, Treuhand, S. 213; ders., in: FS Heinsius, S. 79 (81). Anders Kötz, Trust und Treuhand, S. 167 ff.; Wittuhn, S. 65 ff.; BGH, 28. 1I. 1973, WM 1974, 11 (13) (Eigentum an in Deutschland belegenen beweglichen Sachen, die Gegenstand eines trust waren, wurde ohne weiteres nach dem für den trust maßgeblichen ausländischen Recht beurteilt).

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

115

panz zwischen Vermögens- und Belegenheitsstatut, die durch Anpassung der vom Vermögensstatut angeordneten Rechtsfolgen an das Belegenheitsrecht zu beseitigen ist77 . Diese Anpassung ist in der Weise vorzunehmen, daß der insolvenzrechtliche trust, ebenso wie ein rechtsgeschäftlich begründeter78 , durch ein (echtes) Treuhandverhältnis nach deutschem Recht, und zwar durch die uneigennützige Verwaltungstreuhand ersetzt wird. Dies kommt der Rechtsstellung des trustee am nächsten und entspricht in etwa der Position des Treuhänders im Rahmen der Insolvenzordnung. Der Lösung der überwiegenden Meinung, die dem trustee nur die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eines deutschen Konkursverwalters zugestehen wi1179, ist entgegenzuhalten, daß sie sich zu weit vom an sich maßgeblichen englischen Recht entfernt. Abweichungen sind im Rahmen der Anpassung möglichst gering zu halten 80. Nicht die dinglichen Wirkungen der legal ownership, d. h. der treuhändensehe Rechtsübergang auf den trustee, sind mit der deutschen Sachenrechtsordnung unvereinbar, sondern lediglich einige dingliche Wirkungen der beneficial ownership81 . Treten an deren Stelle schuldrechtliche Wirkungen, wie dies bei der uneigennützigen Verwaltungstreuhand der Fall ist, so ist die sachenrechtliche Unvereinbarkeit ausgeräumt. Allerdings darf der treuhändensehe Rechtsübergang auf den trustee die Eröffnung eines inländischen Partikularinsolvenzverfahrens, welche auch nach Anerkennung der ausländischen Verfahrenseröffnung möglich sein muß(§ 238 Abs. 3 KO, § 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGinsO), nicht verhindern 82 . Im Rahmen dieser Bestimmungen ist das in Deutschland belegene Vermögen daher unverändert als Vermögen des Schuldners anzusehen. Mit Eröffnung des inländischen Verfahrens entfallen die Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens auf das zu dieser Zeit im Inland belegene Vermögen, womit das Eigentum wieder an den Schuldner zurückfallt. 77 Kegel, § 19 II, S. 573 f.; Kropholler, IPR, § 54 I 2, S. 479; für den vorliegenden Fall ebenso Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 78; Gottwald I Amold, § 121 Rdn. 11, § 122 Rdn. 10 I; Aderhold, S. 230. 78 Dazu Gottheiner, RabelsZ 21 (1956), S. 36 (49); Serick, in: FS Nipperdey II, S. 653 (663 f.); Graue, in: FS Ferid, S. 151 (174); Staudinger/ Stall (1996), IntSachenR Rdn. 176; Coing, Treuhand, S. 213; ders., ZfRV 1974, S. 81 (91 f.); vgl. BGH, 13. 6. 1984, ZIP 1984, 1405 (1409), wo die Umdeutung des trust in eine Treuhandvereinbarung nach deutschem Recht erwogen wird; weitergehend Wittuhn, S. 66 ff., 141 ff. 79 Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 78; Aderhold, S. 230; wohl auch Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1127). 80 Vgl. Kropholler, IPR, § 34 IV 2, S. 218; i.E. auch Coing, ZfRV 1974, S. 81 (89). Dies gilt erst recht, wenn die vorliegende Unvereinbarkeit als Anwendungsfall des ordre public angesehen wird (vgl. RG, 16. 12. 1922, RGZ 106, 82 [86]; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 6 EGBGB Rdn. 90; Soergel/ Kegel, Art. 6 EGBGB Rdn. 35; Kegel, § 16 IX, S. 384; Kropholler, IPR, § 36 V, S. 234). 8t Vgl. BGH, 13. 6. 1984, ZIP 1984, 1405 (1409); Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 171; Kötz, IPRax 1985, S. 205 (205 f.); Wittuhn, S. 142 ff. 82 Entsprechendes gilt für einen inländischen Treuhandliquidationsvergleich und eine Forderungsabtretung an den Treuhänder gemäߧ§ 287 Abs. 2 S. I , 291 Abs. 2 InsO, soweit diese im Ausland belegenes Vermögen umfassen, hinsichtlich der Eröffnung eines ausländischen Partikularinsolvenzverfahrens.

s•

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

b) Prozeßführungsbefugnis

Der Übergang der Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter ist das prozessuale Gegenstück zum Übergang der Verfügungsbefugnis. Auch hierbei handelt es sich um eine Verfahrenswirkung, die insolvenzrechtlich zu qualifizieren und gemäß der Grundnorm nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen ist. Soweit nicht ausnahmsweise ein Renvoi vorliegt, äußert ein im ausländischen Insolvenzsachrecht vorgesehener Übergang der Prozeßführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter daher auch in Deutschland Wirkung 83 . Zu beachten ist, daß die Prozeßführungsbefugnis nach ausländischem Recht mitunter eigenen Regeln folgt und nicht immer mit der Verfügungsbefugnis einhergeht. Beispielsweise werden im Rahmen eines französischen Unternehmenssanierungsverfahrens Prozesse, denen weder eine Zahlungsklage noch eine Vertragsauflösungsklage wegen Nichtzahlung zugrundeliegt, während der Beobachtungsphase gegen den Schuldner fortgeführt 84, auch wenn dem administrateur die alleinige Unternehmensführung übertragen wurde. Dieser Regelung ist zu entnehmen, daß der Schuldner insoweit prozeßführungsbefugt bleibt. Vor einer vorschnellen Ableitung der Prozeßführungsbefugnis des ausländischen Insolvenzverwalters aus seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist daher zu warnen. aa) Prozeßführungsbefugnis und Unterbrechung anhängiger Prozesse Daß ein vom Insolvenzstatut angeordneter Übergang der Prozeßführungsbefugnis auf den Verwalter auch in Deutschland Wirkung äußert, ist freilich nicht völlig unbestritten. Für Prozesse, die zur Zeit des Übergangs bzw. der ausländischen Verfahrenseröffnung bereits bei deutschen Gerichten anhängig sind, wird auch die gegenteilige Meinung vertreten. Grund dafür ist, daß ein Verwalter nach inländischem Prozeßrecht nur durch Unterbrechung und nachfolgende Aufnahme eines solchen Rechtsstreits in die prozessuale Stellung des Schuldners einrücken 83 BGH (IX. Zivi1senat), 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (261, 271); 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (44 f.); OLG Frankfurt/Main, 25. 10. 1994, IPRspr. 1994 Nr. 201, S. 452 (453); Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Jaeger/ Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 415, 422; Lüer; in: Kuhn!Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 77; Gottwald!Arnold, § 122 Rdn. 107; Geimer; IZPR, Rdn. 3369, 3508; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1823; Mohrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.180; Schack, IZVR, Rdn. 551; Trunk, IIR, S. 290; Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (163); ders. , in: Fletcher; Cross-Border Inso1vency (1992), S. 104 (117); Pielorz, S. 97 f.; ders., ZIP 1980, S. 239 (243); Ackmann!Wenner; IPRax 1989, S. 144 (145); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (174); ders., Rev. crit. 1990, S. 421 (451, 454 f.); Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (170); ders., IPRax 1995, S. 157 (157 f.); Summ, S. 46; Aderhold, S. 249. Vgl. auch BGH (II. Zivilsenat), 7. 11. 1994, NJW 1995, 398. 84 Art. 49 Gesetz Nr. 85 - 98.

111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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kann 85 und eine Unterbrechung inländischer Prozesse durch Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens teilweise abgelehnt wird, was dann zwangsläufig zur Nichtbeachtung des Übergangs der Prozeßführungsbefugnis auf den ausländischen Verwalter führt86. Bevor die Frage beantwortet werden kann, ob der Übergang der Prozeßführungsbefugnis in anhängigen Prozessen zu berücksichtigen ist, muß deshalb erst geklärt werden, ob inländische Prozesse durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Ausland unterbrochen werden oder nicht. Dazu ist zunächst das auf die Unterbrechung anwendbare Recht zu ermitteln87 . ( 1) Anknüpfitng der Unterbrechung

Nach ganz herrschender Meinung soll die Iex fori des Prozeßgerichts, im vorliegenden Zusammenhang also § 240 ZPO, über eine Unterbrechung bzw. über einen sonstigen Stillstand des Verfahrens im Zusammenhang mit der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens entscheiden88 . Begründet wird diese Anknüp§ 240 ZPO, §§ 10, II, 146 Abs. 3 KO, §§ 85, 86, 180 Abs. 2 InsO. Vgl. aus jüngerer Zeit etwa BGH, 30. 5. 1962, NJW 1962, 1511; 23. 9. 1975, IPRspr. 1975 Nr. 216, S. 574; 28. 4. 1977, WM 1978, 785 (786); 20. 6. 1979, NJW 1979, 2477 (2478); BFH, 12. 10. 1977, DB 1978, 776; zuletzt BGH (I. Zivilsenat), 7. 7. 1988, NJW 1988, 3096. 87 Die Regelungen des ausländischen Rechts sind vielfältig. Vgl. Art. 207 Abs. I SchKG (Unterbrechung mit Ausnahme dringlicher Fälle), Art. 47 Gesetz Nr. 85-98 (Unterbrechung von Prozessen, denen eine Zahlungsklage oder eine Vertragsauflösungsklage wegen Nichtzahlung zugrundeliegt; ausgenommen sind Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes [Cass. com., 12. 7. 1994, D. 1994 J. 520]), Art. 369 Nouveau Code de procedure civil (Unterbrechung, wenn der Schuldner die Verfügungsbefugnis verliert oder der Mitwirkung des Verwalters bedarf), Sec. II (3)(d) Insolvency Act 1986 (Unterbrechung von Passivprozessen mit Erlaß der administration order), Sec. 126 (I), 130 (2) Insolvency Act 1986 (auf Antrag Aussetzung von Passivprozessen, sobald Antrag auf Eröffnung des winding up by the court gestellt ist; Unterbrechung solcher Prozesse mit Verfahrenseröffnung oder mit Ernennung eines provisional Liquidator; soweit das Gericht nichts anderes bestimmt), Sec. 285 (1), (2) Insolvency Act 1986 (fakultative Aussetzung, sobald Konkursantrag gestellt ist). 88 BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525; 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (44); BFH, 12. 10. 1977, DB 1978, 776; OLG Stuttgart, 20. 6. 1984, KTS 1985, 281 (LS); OLG Karlsruhe, 11. 5. 1990, NJW-RR 1991, 295; 21. 2. 1992, RIW 1992, 940; LAG Mainz, 14. 7. 1997, BB 1998, 55; LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; LG München I, 21. 3. 1994, NJWRR 1994, 1150 (1151); Stein/Jonas/Roth, § 240 Rdn. 14; Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 417, 424; Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 77; Kilgerl Karsten Schmidt, § 237 KO Anm. 6 b; Geimer, IZPR, Rdn. 3370; Baur/ Stürner II, Rdn. 37.32; Lau, BB 1986, S. 1450; W Lüke, KTS 1986, S. 1 (11 ff.); Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (147); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (301); Dilger, RIW 1989, S. 487 (488); Riegel, RIW 1990, S. 546 (547 f.); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (172); E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (425); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (477 ff.); ebenso Art. 15 EuiÜ; grundsätzlich auch Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 108; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (280); Pielorz, S. 97 f.; Summ, S. 50; vgl. § 391 RegEinsO. Anders Jahr, IKR, S. 3; Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (700); Art. 14 S. I DöKV (Recht des Vertragsstaates, in dem das Konkursgericht seinen Sitz hat). 85

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

fung nur in Ausnahmefällen89, was um so mehr erstaunen muß, als die Funktion der Unterbrechung zumeist darin gesehen wird, den Zwecken des Insolvenzverfahrens zu dienen 90, insbesondere dem Konkursverwalter eine Überlegungsfrist zur Entscheidung über die Fortsetzung des Prozesses einzuräumen91 • Diese Sichtweise spricht nämlich dafür, die Unterbrechung insolvenzrechtlich zu qualifizieren92 , mithin für die Maßgeblichkeit des Insolvenzstatuts. Daß die Unterbrechung insolvenzrechtlichen Zwecken dient, ist freilich zu bezweifeln. Die Vertreter dieser Auffassung scheinen davon auszugehen, daß der Prozeß, würde § 240 ZPO keine Unterbrechung anordnen, ohne weiteres mit dem Schuldner als Partei fortzusetzen wäre93 . Davon kann jedoch keine Rede sein. Denn der Schuldner verliert aufgrund der Verfahrenseröffnung mit der Verfügungs- auch die Prozeßführungsbefugnis (§ 6 Abs. 1 KO, § 80 Abs. 1 InsO), so daß nunmehr eine Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt, was nach allgemeinen Regeln zur Abweisung der Klage führen müßte94. Aktivprozesse müßten folglich vom Verwalter von neuem angestrengt werden, wenn er dies für angezeigt hält, Passivprozesse vom Prozeßgegner. Eine solche Verfahrensverdoppelung ist aus Gründen der Prozeßökonomie jedoch unerwünscht und läuft dem Interesse der Beteiligten an der Fortführung eines einmal begonnenen Prozesses zuwider. Folglich besteht die Hauptfunktion der Unterbrechung darin, die Abweisung anhängiger Klagen aufgrund des Fortfalls der Prozeßführungsbefugnis des Schuldners zu verhindern und die Fortführung dieser Verfahren durch den nunmehr prozeßführungsbefugten Verwalter, der im übrigen allein in Teilungsmassestreitigkeiten (§ 10 KO, § 85 InsO) über eine Überlegungsfrist verfügt, zu ermöglichen95 . Mithin ist die Unterbrechung als zivilprozessuale Rechtsfolge zu qualifizieren und unterliegt gemäß dem Iex-fon-Grundsatz des Internationalen Zivilprozeßrechts96 dem Recht des Prozeßgerichts. Im Ergebnis ist der herrschenden Meinung also zuzustimmen. 89 Etwa von Riegel, RIW 1990, S. 546 (547 f.);jüngst auch BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (45). 90 Trunk, ZIP 1989, S. 279 (280); Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073) (Gewährleistung der par condicio creditorum); Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145) (Schutz der Masse); ebenso W Lüke, KTS 1986, S. 1 (12); Leipold, in: Stoll, Reform des IIR, S. 72 (89, 92 f.); Riegel, RIW 1990, S. 546 (547); Ebenroth/Wilken, JZ 1991, S. 1061 (1064). 91 LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; Feiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. I; Gottwald/Gerhardt, § 33 Rdn. I; Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (299 f.); Trunk, ZIP 1989, S. 279 (280); Riegel, RIW 1990, S. 546 (549); Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1579). 92 So in der Tat Trunk, ZIP 1989, S. 279 (280) (insofern inkonsequent, als er dennoch grundsätzlich § 240 ZPO anwenden will); ders., IIR, S. 144, 30 I ; im Prinzip ebenso Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1583); partiell auch Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 109; ähnlichE. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (415 f.). 93 Vgl. Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145). 94 Allgemeine Ansicht, s. etwa BGH, 14. 12. 1959, BGHZ 31, 279 (280 f.); 19. 3. 1987, BGHZ 100, 217 (219). In Betracht kommt allenfalls noch eine Erledigung des Rechtsstreits. Unzutreffend Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073). 95 Vgl. Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (299).

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

119

Fraglich ist lediglich, ob an dieser Qualifikation auch für § 240 ZPO in der durch Art. 18 Nr. 2 EGinsO geänderten Fassung festgehalten werden kann. Zwar wird ein die Insolvenzmasse betreffender Prozeß nach § 240 S. 1 n.F. ZPO wie bisher durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen. Mit der Eröffnung kann aber die Anordnung der Eigenverwaltung verbunden werden, was zur Folge hat, daß das Verwaltungs- und Verfügungsrecht und damit auch die Prozeßführungsbefugnis beim Schuldner verbleibt (§ 270 Abs. 1 S. 1 InsO). Da anhängige Prozesse auch in diesem Fall unterbrochen werden97, setzt § 240 S. 1 n.F. ZPO einen Verlust der Prozeßführungsbefugnis des Schuldners insoweit nicht mehr voraus. Die Eigenverwaltung bildet rechtssystematisch jedoch die Ausnahme; im Regelfall soll es beim Übergang der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter bleiben98 . Zudem macht § 240 S. 2 n.F. ZPO eine anderweitige Unterbrechung ausdrücklich vom Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch der Prozeßführungsbefugnis des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter abhängig. Dies spricht dafür, daß der Zweck des § 240 ZPO im wesentlichen unverändert geblieben ist99. Es sollte daher auch nach neuem Recht bei der zivilprozessualen Qualifikation der Unterbrechung bleiben.

(2) Anwendbarkeit von§ 240 ZPO auf ausländische Insolvenzverfahren Zurückzukommen ist auf die lange umstrittene, inzwischen aber wohl geklärte Frage, ob Prozesse vor inländischen Gerichten nach § 240 ZPO unterbrochen werden, wenn das Insolvenzverfahren im Ausland eröffnet worden ist. Nach der Leitentscheidung des für das Konkursrecht zuständigen IX. Zivilsenats 100, die sich mit dieser Frage indes nicht befaßte, waren die Meinungen innerhalb des Bundesgerichtshofs geteilt. Der IX. Zivilsenat und mit ihm der II. und der VIII. Zivilsenat wollten eine Unterbrechung bejahen 101 , was außerhalb dieser Senate allerdings kaum wahrgenommen wurde. Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hingegen lehnte, im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des

96 Stein/Jonas/Schumann, 20. Aufl., Einl. Rdn. 736 ff. ; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Einl. Rdn. 397; Kropholler, IPR, § 56 IV 5, S. 504 f.; Nagel, Rdn. 34 f.; zu weitgehend BGH, 27. 4. 1977, WM 1977, 793 (794); 27. 6. 1984, NJW 1985, 552 (553) (ausschließlich Anwendung der Iex fori); kritisch Schack, IZVR, Rdn. 40 ff.; Geimer, IZPR, Rdn. 333. 97 Dies ergibt sich aus der Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 223, wonach anstelle des Insolvenzverwalters der Schuldner zur Aufnahme eines Rechtsstreits berechtigt ist. 98 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 222. 99 Vgl. Begründung zum RegEEGinsO, BT-Drs. 12/3803, S. 68. 1oo 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256. 101 Merz, Jbita!R 1 (1988), S. 3 (9 f.); BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2528).

120

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

BGH 102, mit Beschluß vom 7. Juli 1988 eine Unterbrechung für Passivprozesse ab 103 . Bei den Instanzgerichten fand er damit indessen kaum Anklang 104. Auch im Schrifttum wurde und wird die Unterbrechung von Aktiv- wie Passivprozessen durch ausländische Insolvenzverfahren ganz überwiegend bejaht 105 , wenn auch die Voraussetzungen im einzelnen streitig sind. Nicht zuletzt hat sich der Regierungsentwurf ebenfalls für die Unterbrechung ausgesprochen 106. Dogmatisch gesehen handelt es sich hier um ein Substitutionsproblem. Substitution ist nach internationalprivatrechtliehen Regeln zulässig, wenn Sinn und Zweck der anzuwendenden Sachnorrn ihr nicht entgegenstehen 107 und wenn die fremde Rechtserscheinung der inländischen ihrer Funktion nach gleichwertig ist 108 . Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt 109. § 240 ZPO kann seinen 1o2 BGH, 30. 5. 1962, NJW 1962, 1511 (VIII. Zivilsenat); 23. 9. 1975, IPRspr. 1975 Nr. 216, S. 574 (Kartellsenat); 28. 4. 1977, WM 1978, 785 (786) (li. Zivilsenat); 20. 6. 1979, NJW 1979, 2477 (2478) (VIII. Zivilsenat). 103 NJW 1988, 3096. 104 Nur OLG Frankfurt/Main, 31. 8. 1995, WM 1995, 2079 (2081) (in Verkennung des Diskussionsstands), und LG Konstanz, II. I. 1993, IPRspr. 1993 Nr. 201, S. 486. Für Unterbrechung hingegen OLG Kar1sruhe, II. 5. 1990, NJW-RR 1991, 295; 21. 2. 1992, RIW 1992, 940; OLG Frankfurt/Main, 25. 10. 1994, IPRspr. 1994 Nr. 201, S. 452; OLG München, 24. I. 1996, WM 1996, 1601; LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; LG München I, 21. 3. 1994, NJW-RR 1994, 1150; LG Düsseldorf, 30. 8. 1994, ZIP 1994, 1616; LAG Mainz, 14. 7. 1997, BB 1998, 55. 105 Stein!Jonas/Roth, § 240 Rdn. 14; Zöller/Greger; § 240 Rdn. lb; Thomas! Putzo, § 240 Rdn. 3; Jaeger/ Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 417, 424; Lüer; in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 77; ders., in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1225 f. Rdn. 23; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 108 f.; Kilger/Karsten Schmidt, § 237 KO Anm. 6 b; Soergel!Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Baur/Stürner li, Rdn. 37.32; Jayme, in: FS Riesenfeld, S. 117 (126); Lau, BB 1986, S. 1450; W Lüke, KTS 1986, S. I (12 f.); Ackmann/Wenner; IPRax 1989, S. 144 (146 f.); Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.158; Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073); Trunk, ZIP 1989, S. 279 (282); Dilger; RIW 1989, S. 487 (488); Riegel, RIW 1990, S. 546 (550); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (172); ders. , Rev. crit. 1990, S. 421 (466); E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (425); Prütting, ZIP 1996, S. 1277 (1281 f.); Leipold, in: FS Waseda Universität, S. 787 (799); ders., in: FS Schwab, S. 289 (301, 307); ders., in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (87); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (479); Pielorz. S. 97 f.; Summ, S. 56; Kleveman, S. 130. Dem I. Zivilsenat angeschlossen haben sich hingegen Uhlenbruck, WuB VI B. § 10 KO 1.88; Feiber; in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14; Zöller/Geimer; § 328 Rdn. 82; Baumbach/Lauterbach! Hartmann, § 240 Rdn. 2; Wieczorek/Schütze!Thümmel, § 922 Rdn. 2; Thümmel, NJW 1996, S. 1930 (1933); Schollmeyer; ZZP 108 (1995), S. 525 (534 N. 43); Reinhart, S. 77. 106 § 391 RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244. 107 Kropholler; IPR, § 33 li I, S. 211 ; Mansel, in: FS Lorenz, S. 689 (697); Hug, S. 110; vgl. Ferid, GRUR Int. 1973, S. 472 (477). 108 BGH, 4. 10. 1989, BGHZ 109, I (6); Kropholler; IPR, § 33 li 2, S. 212; Manse/, in: FS Lorenz, S. 689 (697 ff.); Hug, S. 131, 134. 109 A.A. Feiber; in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14, der eine Substitution ohne nähere Begründung nach Wortlaut und Zweck der Norm für schlechterdings ausgeschlossen hält.

111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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Zweck, beim Übergang der Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter die Fortführung anhängiger Rechtsstreitigkeiten durch diesen zu ermöglichen, auch dann erfüllen, wenn der Übergang der Prozeßführungsbefugnis auf der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens beruht. Daß ausländische Verfahren, die nach inländischen Rechtsgrundsätzen als Insolvenzverfahren zu qualifizieren sind, im vorliegenden Zusammenhang inländischen Insolvenzverfahren ihrer Funktion nach entsprechen, soweit sie wie diese die Prozeßführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergehen lassen, bedarf keiner näheren Darlegung. Demgegenüber hat sich der I. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1988 darauf beschränkt, den verfahrensrechtlichen Charakter der Unterbrechung zu betonen. Gründe der Rechtssicherheit stünden hier im Vordergrund. Da die Unterbrechung automatisch eintrete, müßten Parteien und Gericht frühzeitig und zuverlässig Kenntnis von der Konkurseröffnung erhalten, um diese bei der Fortführung des Verfahrens berücksichtigen zu können. Das sei bei einem Auslandskonkurs schon im Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung des Konkursverfahrens nicht gewährleistet 110• Diese Begründung ist zu Recht kritisiert worden. Einen allgemeinen Grundsatz, daß die Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts maßgeblich von Aspekten der Rechtssicherheit bestimmt wird, gibt es nicht 111 • Darüber hinaus kommt es nach § 240 ZPO gerade nicht auf die Kenntnis der Beteiligten von der Verfahrenseröffnung an 112; ihre Unkenntnis wird vielmehr in Kauf genommen. Die ausländische Verfahrenseröffnung muß im Unterschied zur Verfahrenseröffnung im Inland hier zwar nicht öffentlich bekanntgemacht werden 113 , doch tritt die Unterbrechung unabhängig von der öffentlichen Bekanntmachung ein. Eine frühzeitige Information der Beteiligten kann die öffentliche Bekanntmachung zudem nur in engen Grenzen sicherstellen 114 . Außerhalb des kaufmännischen Geschäftsverkehrs wird sie kaum zur Kenntnis genommen, so daß die Beteiligten im Regelfall auf eine Mitteilung des Schuldners oder des Insolvenzverwalters angewiesen sindll 5 . Die Wahrscheinlichkeit, daß diese von einer Verfahrenseröffnung im Inland frühzeitig erfahren, ist folglich nicht signifikant höher als bei einer Verfahrenseröffnung im Ausland. Eine unterschiedliche Behandlung in- und ausländischer Insolvenzverfahren läßt sich insoweit nicht begründen. BGH, 7. 7. 1988, NJW 1988,3096 (3097). Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (297); LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235. 112 OLG Nümberg, 13. 11. 1981, OLGZ 1982, 379 (380); Stein / Jonas /Roth, § 240 Rdn. 13; Zöller/Greger; § 240 Rdn. 5; Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (298); ders., in: Stoll, Reform des liR, S. 72 (90); Trunk, ZIP 1989, S. 279 (281). 113 Vgl. § 111 Abs. 1, 2 KO, § 6 Abs. 1 S. 1 GesO, § 30 Abs. 1 InsO. 114 LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (298); ders., in: Stoll, Reform des liR, S. 72 (90); Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (172); Riegel, RIW 1990, S. 546 (549). 115 Ackmann / Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145); Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073); Riegel, RIW 1990, S. 546 (549); Summ, S. 53; Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (477); vgl. BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (45); LG Düsseldorf, 30. 8. 1994, ZIP 1994, 1616. 11o

III

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Es bleibt die Frage, ob sich in- und ausländische Verfahrenseröffnungen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Kenntnis unterscheiden. Wenn die Beteiligten von der Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens erfahren, können sie daraus ohne weiteres auf eine Prozeßunterbrechung schließen. Anders bei ausländischen Insolvenzverfahren: Hier muß ermittelt werden, ob die ausländische Eröffnungsentscheidung anerkannt wird und ob das Insolvenzstatut einen Wechsel der Prozeßführungsbefugnis vorsieht. Die mit der Feststellung ausländischen Rechts verbundenen Schwierigkeiten fallen heute jedoch nicht mehr entscheidend ins Gewicht116. Die Gerichte, die eine Unterbrechung bejaht haben, hatten offenbar keine derartigen Probleme. Abgesehen davon kann den bis zur Klärung dieser Fragen bestehenden Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich des Fristenlaufs (vgl. § 249 Abs. 1 ZPO), durch vorsorgliche Vomahme fristgebundener Prozeßhandlungen begegnet werden 117, soweit keine Fristverlängerung 118 möglich ist. Diese Handlungen mögen dann zwar der anderen Partei gegenüber unwirksam sein (§ 249 Abs. 2 ZPO), doch lassen sie sich nach Beendigung der Unterbrechung ohne weiteres erneut vornehmen. Der Gewinn an Rechtssicherheit, auf den der I. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1988 abgehoben hat, ist daher allenfalls gering, sofern überhaupt von einem Gewinn gesprochen werden kann. Denn daß der Rechtssicherheit gedient ist, wenn sich zwar einerseits die Prüfung der Anerkennung der ausländischen Verfahrenseröffnung und der Prozeßführungsbefugnis des Schuldners119 erübrigt, andererseits aber geprüft werden muß, ob der Schuldnertrotz der Verfahrenseröffnung partei- und prozeßfähig geblieben und gegebenenfalls noch ordnungsgemäß gesetzlich vertreten ist (§ 56 Abs. I ZPO), wird sich kaum sagen lassen. Für diese Fragen ist, jedenfalls im Grundsatz, das Personalstatut des Schuldners maßgeblich 120, so daß hier regelmäßig ebenfalls ausländisches Recht anzuwenden ist. Auch hier kann es Zeit kosten, zu ermitteln, ob eine ausländische juristische Person mit der Verfahrenseröffnung diesen Status eingebüßt hat oder nicht 121 oder ob der Vorstand einer insolventen Kapitalgesellschaft die Vertretungsbefugnis, wie etwa im englischen creditors' voluntary winding up mit der Ernennung des Liquidator, verloren hat 122 . Gegebenenfalls kann es auch aus diesen Gründen zu einer Unterbrechung kommen 123 • Ferner kann zweifelhaft sein, ob BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997,2525 (2526); 26. II. 1997, WM 1998,43 (45). Vgl. Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145 f.); E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (424). 11 8 Vgl. §§ 224 Abs. 2, 5 19 Abs. 2 S. 3, 554 Abs. 2 S. 2 ZPO. 11 9 Hierzu im einzelnen unten (3), S. 124 ff. 120 Stein/Jonas/Bork, §50 Rdn. 35 f., §55 Rdn. 1, 9; Lindacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 50 Rdn. 69, § 55 Rdn. 1, 6; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, IPR Einl. Rdn. 412 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 2203, 2217, 2221; Schack, IZVR, Rdn. 530, 535, 538; BGH, 21 . 11. 1996, BGHZ 134, 116 (I 18). 121 Vgl. BGH, 7. 7. 1988, NJW 1988, 3096 (3097). 122 Sec. 103 Insolvency Act 1986. 123 §§ 239, 241, 246 ZPO. Zur entsprechenden Anwendung von§ 239 ZPO auf das Erlöschen juristischer Personen bei Gesamtrechtsnachfolge s. Stein/ Jonas/ Roth, § 239 Rdn. 5; 116

117

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

123

eine vom Schuldner erteilte Prozeßvollmacht nach der ausländischen Verfahrenseröffnung noch Bestand hat 124. Weshalb die Beteiligten von der zeitweiligen Rechtsunsicherheit verschont bleiben sollen, die bis zum Abschluß der Prüfung der Anerkennung und des Übergangs der Prozeßführungsbefugnis besteht, während ihnen im Gegenzug Gleiches im Hinblick auf die Prüfung der Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit und der Vertretung des Schuldners zugemutet wird, ist nicht einzusehen. Daß Gründe der Rechtssicherheit der Unterbrechung anhängiger Rechtsstreitigkeiten durch ausländische Insolvenzverfahren entgegenstehen, ist nach allem nicht zu erkennen 125 • Ebensowenig kann der Unterbrechung entgegengehalten werden, daß sie die Effektivität des Rechtsschutzes im deutschen Zivilprozeß deshalb unerträglich beeinträchtige, weil die Aufnahmevoraussetzungen, mit denen nach deutschem Recht bereits genug Probleme verbunden seien, anhand des Insolvenzstatuts zu beurteilen seien 126. Weder sind die Aufnahmevoraussetzungen generell nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen 127, noch ist die Komplexität des eigenen Rechts ein Argument gegen die Anwendung fremden, möglicherweise einfacheren Rechts. Abgesehen davon wäre die Fortführung des Prozesses gegen den Schuldner für den Prozeßgegner von zweifelhaftem Nutzen, weil ein gegen den Schuldner erstrittenes Urteil wegen der fehlenden Rechtskrafterstreckung auf den ausländischen Insolvenzverwalter 128 und der fehlenden Vollstreckungsmöglichkeit129 weitgehend wertlos wäre. Das entscheidende Argument für eine Unterbrechung ist jedoch, daß die mit ihrer Ablehnung verbundene Nichtbeachtung des Übergangs der Prozeßführungsbefugnis dem Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger, der für die Bestimmung der Reichweite der Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren von grundlegender Bedeutung ist 130 , zuwiderläuft. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß § 240 ZPO auch auf ausländische Insolvenzverfahren anzuwenden, der Übergang der Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den ausländischen Insolvenzverwalter also auch in Prozessen zu beZöller/Greger, § 239 Rdn. 3a; Thomas!Putzo, § 239 Rdn. 3; a.A. Feiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 239 Rdn. 17. Vgl. auch E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (408 f., 415). 124 Vgl. LG München I, 21. 3. 1994, NJW-RR 1994, 1150 (1151); Trunk, ZIP 1989, S. 279 (284 f.); Riegel, RIW 1990, S. 546 (549). 125 So auch Ackmann!Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145 f.); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (299). 126 So aber Feiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14. 127 Dazu sogleich unten bb), S. 126 ff. 128 Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (300); vgl. BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); 26. II. 1997, WM 1998,43 (46). 129 Zu§ 237 KO s. unten IV. 6. a) bb), S. 160 ff. (Vollstreckung nur aufgrundvon bei Verfahrenseröffnungbereits bestehenden Titeln); ferner BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (46); Ackmann / Wenner, IPRax 1989, S. 144 (147); Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073); Riegel, RIW 1990, S. 546 (550); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (173); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (614); ders., KTS 1990, S. 403 (417). 130 BGH (IX. Zivilsenat), 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273); Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (149 ff.).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

achten ist, die zur Zeit des Übergangs bzw. der Verfahrenseröffnung bereits bei deutschen Gerichten anhängig sind. Auf diese Linie ist mittlerweile auch der I. Zivilsenat eingeschwenkt. Mit Beschluß vom 13. Mai 199i 31 hat der IX. Zivilsenat mitgeteilt, er beabsichtige, in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit die Unterbrechung eines im Inland gegen den Schuldner anhängigen, die Insolvenzmasse betreffenden Prozesses durch die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO zu bejahen. Im Hinblick auf die entgegenstehenden Entscheidungen des I. Zivilsenats vom 7. Juli 1988 und des Kartellsenats vom 23. September 1975 132 hat der IX. Zivilsenat an diese Senate die Anfrage gerichtet, ob sie an ihrer Rechtsprechung festhielten, daß die Eröffnung eines Konkursverfahrens im Ausland nicht die Unterbrechung eines Aktiv- bzw. Passivprozesses des Gemeinschuldners zur Folge habe. Wie zu erwarten war 133, haben beide Senate diese Frage verneint 134• Daß ausländische Insolvenzverfahren grundsätzlich prozeßunterbrechende Wirkung haben, ist daher nunmehr die einhellige Ansicht des Bundesgerichtshofs. Im Hinblick auf die gegenteilige Entscheidung des I. Senats des Bundesfinanzhofs vom 12. Oktober 1977 135 hat der IX. Zivilsenat daraufhin den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes angerufen 136. Nachdem der I. Senat des BFH sich mit Beschluß vom 21. Januar 1998 der Auffassung des IX. Zivilsenats angeschlossen hat, ist das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat mit Beschluß vom 28. Januar 1998 eingestellt worden 137 • (3) Voraussetzungen der Anwendung von § 240 ZPO auf ausländische Insolvenzverfahren

Die Voraussetzungen, unter denen ausländische Insolvenzverfahren im Inland anhängige Prozesse des Schuldners unterbrechen, sind, wie bereits erwähnt, streitig. Gelegentlich wird z. B. die Meinung vertreten, Unterbrechungswirkung komme nur ausländischen Konkursverfahren im engeren Sinn, nicht aber anderen ausländischen Insolvenzverfahren zu 138 . Richtig ist daran, daß § 240 ZPO gegenwärtig nur auf die Eröffnung eines inländischen Konkursverfahrens unmittelbar anwendbar ist, auf die Eröffnung eines inländischen Vergleichsverfahrens hingeNJW 1997, 2525. IPRspr. 1975 Nr. 216, S. 574. 133 Ein ehemaliges Mitglied des I. Zivilsenats hatte sich bereits von der Entscheidung vom 7. 7. 1988 distanziert (Teplitzky, S 514 f.), während die Entscheidung des Kartellsenats noch aus der Zeit der Nichtanerkennung ausländischer Insolvenzverfahren stammte. 134 BGH, 26. 11. 1997, WM 1998,43 (44). m DB 1978,776. 136 BGH, 26. 11. 1997, WM 1998,43. 137 Pressemitteilung des BGH vom 26. 3. 1998, NJW 1998, 1543. 138 OLG Karlsruhe, 21. 2. 1992, RIW 1992, 940; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (282). 131 132

111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

125

gen nicht 139. Grund der Unterbrechung ist jedoch nicht eine bestimmte Verfahrensart, sondern der Verlust der Prozeßführungsbefugnis des Schuldners 140, den die Vergleichsordnung bekanntlich nicht vorsieht. Eine Beschränkung der Unterbrechung auf ausländische Konkursverfahren läßt sich im übrigen auch deshalb nicht rechtfertigen, weil § 240 ZPO auf Gesamtvollstreckungsverfahren, die den Vergleich einschließen (§ 16 GesO), entsprechend anzuwenden ist 141 . § 240 ZPO ist folglich auf alle ausländischen Insolvenzverfahren anzuwenden 142• Abgesehen von der Anerkennung der ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung 143 , setzt die Unterbrechung lediglich voraus, daß die Befugnis zur Prozeßführung über den Streitgegenstand 144 dem Schuldner durch die Eröffnungsentscheidung oder durch eine andere anzuerkennende insolvenzrechtliche Entscheidung entzogen und auf den Insolvenzverwalter oder ein anderes Rechtssubjekt 145 übertragen worden ist 146• Abzulehnen ist die verbreitete Auffassung 147, daß eine Unterbrechung nach § 240 ZPO nur eintritt, wenn auch das ausländische Insolvenzrecht eine Unterbrechung vorsieht. Mit der prozessualen Qualifikation der Unterbrechung und mit dem lex-fori-Grundsatz ist diese Ansicht nicht zu vereinbaren 148 . Die Rechtsfolgen, die das Insolvenzstatut für anhängige Prozesse vorsieht, könAllgemeine Meinung, s. nur Stein ! Jonas/ Roth, § 240 Rdn. 2. BGH, 14. 5. 1992, DtZ 1992, 282; LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; Ackmann!Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (299); Riegel, RIW 1990, S. 546 (547); E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (415 f.). 141 § 1 Abs. 4 S. 2 GesO; BGH, 14. 5. 1992, DtZ 1992, 282; BAG, 19. 11. 1996, DB 1997, 1827; Stein! Jonas/ Roth, § 240 Rdn. 5, 16; Gottwald!Gerhardt, Nachtrag Kap. III 4 A Rdn. 2. 142 Wie hier Ackmann!Wenner, IPRax 1989, S. 144 (148); Koch, NJW 1989, S. 3072 (3073); Aderhold, S. 253; Trunk, IIR, S. 305. 143 So auch Riegel, RIW 1990, S. 546 (548); anders E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (427), dessen Vorschlag aber zu sehr dem Exequierungsgedanken verhaftet ist. 144 Dabei kann es sich auch um außerhalb Deutschlands belegenes Schuldnervermögen handeln (Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 417), so daß selbst die Eröffnung eines ausländischen Partikularinsolvenzverfahrens zur Unterbrechung eines in Deutschland geführten Prozesses führen kann. 145 Im schweizerischen Konkurs etwa auf die Masse als rechtsfähiges Sondervermögen (s. oben A. I. 1., S. 31). 146 BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997,2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (45); LG Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 417, 424; Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 77; Ackmann/Wenner; IPRax 1989, S. 144 (148); Mohrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.159; Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (300); Grasmann, KTS 1990, S. 157 ( 172); Summ, S. 56; grundsätzlich auch E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (407, 426). 147 OLG Karlsruhe, 21. 2. 1992, RIW 1992, 940; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 109; Zöller!Greger, § 240 Rdn. 1b; Thomas/Putzo, § 240 Rdn. 3; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480); Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Aderhold, S. 253; E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (412, 424); Potthast, S. 129. 148 Ablehnend auch BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997,2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (45); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (301); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l59a. 139 140

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

nen allenfalls einen Anhaltspunkt dafür liefern, ob der Schuldner die Prozeßführungsbefugnis verloren hat oder nicht. Wertungsdivergenzen im Verhältnis zum Staat der Verfahrenseröffnung 149 sind bei zivilprozessualer Qualifikation nicht zu erkennen. Im übrigen hat auch § 391 S. 1 RegElnsO keine Rücksicht auf das Insolvenzstatut genommen. Nach diesen Regeln wird ein vor deutschen Gerichten geführter Prozeß beispielsweise durch Eröffnung eines schweizerischen Konkursverfahrens unterbrochen. Gleiches gilt für den Beginn der französischen Liquidation judiciaire, da die prozessualen Rechte des Schuldners fortan vom Liquidareur ausgeübt werden 150 . § 240 ZPO ist auch dann anzuwenden, wenn im redressement judiciaire mit dem Beschluß eines Übertragungsplans planungebundenes Vermögen in die Verfügungsgewalt des commissaire a l 'execution du plan fällt 151 , sofern der Rechtsstreit dieses Vermögen betrifft. Anwendung findet § 240 ZPO ferner auf englische Konkursverfahren. Maßgebender Zeitpunkt ist der Übergang des Schuldnervermögens auf den trustee 152 . Mit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 240 ZPO haben sich die Voraussetzungen, unter denen ausländische Insolvenzverfahren inländische Prozesse unterbrechen, geändert. Ein Übergang der Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter ist danach nicht mehr erforderlich 153 • Vielmehr wird ein die Insolvenzmasse betreffender Prozeß allein durch die ausländische Verfahrenseröffnung unterbrochen 154. Darüber hinaus führt auch der Übergang der Prozeßführungsbefugnis auf einen ausländischen vorläufigen Insolvenzverwalter zu einer Unterbrechung (§ 240 S. 2 n.F. ZPO).

bb) Aufnahme unterbrochener Prozesse ( 1) Grundsatzanknüpfung

Für die Anknüpfung der Aufnahme unterbrochener Prozesse fehlt bislang ein schlüssiges Konzept. Gewöhnlich erfolgt sie in der Weise, daß einzelne Teilfragen herausgegriffen, insolvenzrechtlich oder zivilprozessual qualifiziert und dementsprechend entweder dem Insolvenzstatut oder der Iex fori des Prozeßgerichts unterstellt werden. Nach dem Insolvenzstatut etwa soll die Frage zu beurteilen sein, ob

149 150

So Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Aderhold, S. 253. Art. 152 Abs. 1 S. 2 Gesetz Nr. 85-98. V gl. Cass. 2e civ., 6. 3. 1991, D. 1992 Somm. 88.

Art. 81 Abs. 4 Gesetz Nr. 85-98. Vgl. oben A. III. 2. a), S. 61. 153 Vgl. § 270 Abs. 1 S. 1 InsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 223. 154 So auch § 391 S. 1 RegEinsO; anders wohl BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (46). 151

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III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Prozeß überhaupt fortgesetzt werden kann 155 , ferner die Berechtigung zur Aufnahme 156• Die Art und Weise der Aufnahme hingegen soll sich nach der Iex fori richten 157 . Gleiches soll für die Folgen gelten, die die Verzögerung der Aufnahme für den unterbrochenen Prozeß hat 158 • Über die Folgen der Ablehnung der Aufnahme durch den Verwalter soll wiederum das Insolvenzstatut entscheiden 159• Ein System lassen diese Anknüpfungen nicht erkennen. Richtigerweise muß es ebenso wie bei der Unterbrechung zunächst einmal darauf ankommen, ob die Aufnahme als insolvenzrechtliches oder als zivilprozessuales Rechtsinstitut zu qualifizieren ist. Da ihre Hauptfunktion darin besteht, die Fortführung unterbrochener Prozesse durch den anstelle des Schuldners nunmehr prozeßführungsbefugten Insolvenzverwalter zu ermöglichen, dient sie ebenso wie die Unterbrechung 160 zuvörderst der Prozeßökonomie und ist wie jene prozessual zu qualifizieren. Auf die Art des unterbrochenen Prozesses kommt es dabei nicht an. Bei Teilungsmassestreitigkeiten 161 erschöpft sich die Funktion der Aufnahme von vornherein darin, dem Insolvenzverwalter die Prozeßfortführung zu gestatten. Teilungsmassegegenstreitigkeiten 162 sind dadurch gekennzeichnet, daß der Prozeßgegner sich wegen seines Anspruchs gerade nicht wie ein Insolvenzgläubiger behandeln lassen muß, so daß eine insolvenzrechtliche Qualifikation der Aufnahme auch hier nicht in Betracht kommt. Lediglich für die Aufnahme von Schuldenmassestreitigkeiten 163 könnte eine insolvenzrechtliche Qualifikation erwogen werden, weil diese Prozesse nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens, regelmäßig also nur mit dem Ziel der Feststellung einer Forderung aufgenommen werden kön155 Gottwald I Amald, § 122 Rdn. 109; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1825; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (479); Feiber; in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14. 156 § 391 S. 2, I. Alt. RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Leipald, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (88); ders., in: FS Schwab, S. 289 (307); Mahrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.163; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1825; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 109; ebenso Art. 14 S. 1 DöKV. 157 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Leipald, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (88); Gattwald!Amald, § 122 Rdn. 108; Mahrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.l63; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); so auch Art. 14 S. 2 DöKV. 158 Gattwald I Amold, § 122 Rdn. 108. 159 Gattwald I Amald, § 122 Rdn. 109; Reithmannl Hausmann, Rdn. 1825. 160 s. oben aa) (1), S. 117 ff. 161 Prozesse, mit denen ein Vermögensrecht für den Schuldner bzw. für die Teilungsmasse in Anspruch genommen wird (Gattwald/Gerhardt, § 33 Rdn. 21; Jaeger/Henckel, § 10 Rdn. 106). 162 Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche gegen den Schuldner, die auf Aussonderung oder abgesonderte Befriedigung gerichtet sind oder eine Masseverbindlichkeit betreffen (§ 11 KO, § 86 InsO) und daher unmittelbar auf Minderung der Teilungsmasse abzielen (vgl. Gattwald!Gerhardt, § 33 Rdn. 35; Jaeger / Henckel, § 11 Rdn. 1). 163 Verfahren, die Ansprüche gegen den Schuldner betreffen, welche nur als einfache oder bevorrechtigte Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können (Gattwald/ Gerhardt, § 33 Rdn. 44; Jaeger/ Henckel, § 10 Rdn. 70).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

nen 164. Da hierfür jedoch in erster Linie ein besonderes Prüfungs- und Feststellungsverfahren mit eigenen Rechtsbehelfen vorgesehen ist 165 , bedarf es der Fortführung eines anhängigen Rechtsstreits zur gerichtlichen Geltendmachung einer solchen Forderung grundsätzlich nicht, so daß auch die Aufnahme von Schuldenmassestreitigkeiten in erster Linie der Prozeßökonomie dient. Im Ergebnis unterliegt die Aufnahme unterbrochener Prozesse daher gemäß dem lex-fori-Grundsatz des Internationalen Zivilprozeßrechts 166 dem Recht des Prozeßgerichts, im vorliegenden Zusammenhang also deutschem Recht 167 . Diese Anknüpfung soll für die einzelnen Prozeßarten im folgenden näher erläutert werden. (2) Einzelheiten (a) Teilungsmassestreitigkeiten Nach der vorgenannten Anknüpfung ist für die Aufnahme von Teilungsmassestreitigkeiten§ 10 KO bzw. § 85 InsO maßgeblich 168 • Zur Aufnahme berechtigt ist der ausländische Insolvenzverwalter, d. h. derjenige, dem anstelle des Schuldners die Prozeßführungsbefugnis zusteht(§ 10 Abs. 1 S. 1 KO, § 85 Abs. 1 S. 1 Ins0) 169 • Wem anstelle des Schuldners die Prozeßführungsbefugnis zusteht, ist eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage, die nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen ist. Anstelle des ausländischen Verwalters kann auch ein Insolvenzgläubiger den Rechtsstreit aufnehmen, sofern der Verwalter ihm die Prozeßführungsbefugnis übertragen hat 170. Verzögert der Insolvenzverwalter die Aufnahme, kann der Prozeßgegner nach § 239 Abs. 2-4 ZPO vorgehen (§ 10 Abs. 1 S. 2 KO, § 85 Abs. I S. 2 InsO) 171 • Lehnt der Verwalter die Aufnahme ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen (§ 10 Abs. 2 KO, § 85 Abs. 2 InsO). Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die Ablehnung nach dem Insolvenzstatut zugleich als Freigabe wirkt, so daß der Schuldner die ProzeßführungsVgl. § 146 Abs. 3 KO, §§ 180 Abs. 2, 184 S. 2 InsO, Art. 48 Gesetz Nr. 85-98. s. z. B. §§ 141 ff. KO, § 11 GesO, §§ 176 ff. InsO, Art. 244 SchKG, Artt. 101 ff. Gesetz Nr. 85-98, Sec. 322 Insolvency Act 1986. 166 Nachweise oben aa) (1), S. 118 f. N. 96. 167 Interlokalrechtliche Probleme stellen sich nicht, da die §§ 10- 12 KO auf Gesamtvollstreckungsverfahren entsprechend anzuwenden sind (Gottwald!Gerhardt, Nachtrag Kap. III 4 A Rdn. 5; Lübchen/Landfermann, ZIP 1990, S. 829 [834]). 168 Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 406, 418; a.A. Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 109; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1825; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (479); Feiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14. 169 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Leipold, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (88); ders., in: FS Schwab, S. 289 (307); Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 109; Mohrbutter /Wenner, Rdn. XXIII.163; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1825. 110 Vgl. unten cc), S. 130 f. 171 Ebenso BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998, 43 (46); Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 108; Pielorz, S. 97. 164

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III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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befugnis wiedererlangt. Sofern der Prozeß aufgrund des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen ausländischen vorläufigen Insolvenzverwalter unterbrochen wird (§ 240 S. 2 n.F. ZPO), kann der Rechtsstreit auch von diesem aufgenommen werden(§§ 24 Abs. 2, 85 Abs. I S. 1 InsO). Die Form der Aufnahme richtet sich hier wie bei allen anderen Streitigkeiten nach§ 250 ZP0 172 . (b) Teilungsmassegegenstreitigkeiten Die Aufnahme von Teilungsmassegegenstreitigkeiten ist nach § 11 KO bzw. §§ 86, 24 Abs. 2 InsO zu beurteilen 173 . Ob ein Teilungsmassegegenstreit oder ein Schuldenmassestreit vorliegt, ist indessen eine selbständig anzuknüpfende Vortrage, die sich grundsätzlich nach dem Insolvenzstatut richtet. Entscheidend ist also, welche Position dem streitbefangenen materiellen Recht im Rahmen des ausländischen Insolvenzverfahrens zukommt. Sonderanknüpfungen hinsichtlich dinglicher Rechte an inländischen Vermögensgegenständen 174 sind allerdings auch in diesem Zusammenhang zu beachten. Teilungsmassegegenstreitigkeiten können sowohl vom ausländischen Verwalter, d. h. von demjenigen, der nach dem Insolvenzstatut anstelle des Schuldners prozeßführungsbefugt ist, als auch vom Gegner aufgenommen werden (§ 11 Abs. I KO, § 86 Abs. I Ins0) 175 . Die Einbeziehung von in Deutschland belegenen Vermögensgegenständen mit Absonderungsrechten in das ausländische Insolvenzverfahren gemäߧ§ 165-173 Ins0 176 ist bei der Aufnahme jedoch zu beriicksichtigen 177 . (c) Schuldenmassestreitigkeiten Für Schuldenmassestreitigkeiten gilt § 12 KO bzw. § 87 InsO, wonach Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können. Aufgrund dieser materiellrechtlichen Verweisung bestimmt das Insolvenzstatut, ob ein solcher Rechtsstreit aufgenommen werden kann 178, gegebenenfalls auch von wem179 , oder ob der Streit um die Berechtigung 172 BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. II. 1997, WM 1998,43 (46); Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Leipold, in: Stoll, Reform des IIR, S. 72 (88); Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 108; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l63; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283). 173 Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 406, 418; Pielorz, S. 98; a.A. Gottwald/ Amold, § 122 Rdn. 109; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1825; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (479); Feiber; in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14. 174 Dazu unten VI. 1. b) bb), S. 200 ff. 175 So i.E. auch E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (420 f.). 176 Dazu unten VII. 2., S. 245 f. m Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 136. 178 So auch Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 109; Reithmann/ Hausmann, Rdn. 1825; Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (479); Feiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 240 Rdn. 14. 9 Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

einer Insolvenzforderung nach ihrer Prüfung im ausländischen Verfahren vor einem Gericht des Verfahrensstaates auszutragen ist. Letzteres widerspräche zwar deutschen Zuständigkeitsinteressen 180 und wäre mit der Rechtshängigkeit des inländischen Prozesses nicht zu vereinbaren. Dagegen mit dem ordre public anzugehen wäre jedoch wenig erfolgversprechend. Mit einem entgegen den Zuständigkeitsvorschriften des Verfahrensstaats in Deutschland erstrittenen Urteil wird ein Insolvenzgläubiger im ausländischen Insolvenzverfahren höchstwahrscheinlich keine Befriedigung erlangen.

cc) Übertragung der Prozeßführungsbefugnis Ausländische Insolvenzverwalter müssen Rechtsstreitigkeiten für und gegen die Insolvenzmasse nicht stets selbst führen, sondern können, soweit das Insolvenzstatut es gestattet, ihre Prozeßführungsbefugnis übertragen, etwa auf einen Insolvenzgläubiger181. Eine solche Übertragung der Prozeßführungsbefugnis liegt z. B. in der Abtretung nach Artt. 260, 325 SchKG 182 und ist auch nach englischem Konkursrecht zulässig 183 . Sie ist in Deutschland unter zwei Bedingungen zu beachten: Zum einen müssen die Voraussetzungen für die Anerkennung der ausländischen Eröffnungsentscheidung 184 und, sofern sich die Prozeßführungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus einer anderen insolvenzrechtlichen Entscheidung ergibt, auch für deren Anerkennung vorliegen. Andernfalls ginge die Prozeßführungsermächtigung des Verwalters ins Leere. Zum anderen müssen die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozeßstandschaft nach deutschem Prozeßrecht erfüllt sein 185, wozu insbesondere ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozeßstandschafters an der 179 § 391 S. 2, I. Alt. RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Leipold, in: Stall, Reform des IIR, S. 72 (88); ders., in: FS Schwab, S. 289 (307); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l63; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1825; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 109. A.A. Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 412, 211 (wegen der Unzulässigkeil von Titelprozessen [dazu unten IV. 6. a) bb), S. 160 ff.] mittlerweile überholt). Vgl. W. Lüke, KTS 1986, S. 1 (12 N. 103); Kleveman, S. 131. 180 Trunk, ZIP 1989, S. 279 (283 N. 33); vgl. E. 1. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (422); Flessner, IPRax 1997, S. I (5 f.); Kleveman, S. 131; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480). 181 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200); 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. II. 1997, WM 1998, 43 (44 f.); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.181 ; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1824. 182 BG, 15. 9. 1987, BGE 113 II1 135 (137); 27. 8. 1991, BGE 117 II 432 (440). 183 Vgl. Ramsey v. Hartley and others [1977]2 AllE. R. 673, C.A.; Fletcher, S. 192 f. 184 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200); Reithmann / Hausmann, Rdn. 1824. 185 BGH, 19. 10. 1967, IPRspr. 1966/67 Nr. 307, S. 916 (917); 6. 5. 1985, NJW 1985, 2719; 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200 f.); LG Köln, 29. 5. 1962, KTS 1965, 48. Zur Maßgeblichkeil der Iex fori für die Zulässigkeil einer gewillkürten Prozeßstandschaft s. ferner Geimer, IZPR, Rdn. 2243; Schack, IZVR, Rdn. 558; Schütze, S. 7; Gottwald, IPRax 1995, s. 157.

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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Prozeßführung gehört 186 . Dieses Interesse ergibt sich im Falle der Abtretung nach schweizerischem Recht daraus, daß ein Insolvenzgläubiger, an den der Anspruch abgetreten worden ist, sich wegen seiner Forderung aus einem etwaigen Erlös vorweg befriedigen darf187 . Ein Gläubiger im englischen Konkursverfahren, dem der trustee einen Anspruch zwecks gerichtlicher Geltendmachung übertragen hat, braucht nur einen Teil des Erlöses an diesen abzuführen 188 • Daß er den Rest behalten darf, begründet gleichfalls ein schutzwürdiges Eigeninteresse.

dd) Aktivlegitimation Ob ausländische Insolvenzverwalter berechtigt sind, Leistung an sich zu verlangen, oder ob sie Leistung an den Schuldner oder an die Masse verlangen müssen, bestimmt das Insolvenzstatut 189 . Dieselben Fragen stellen sich für Gläubiger, denen ein Insolvenzverwalter seine Prozeßführungsbefugnis übertragen hat. Hierbei sind Prozeßführungsbefugnis und Einziehungsermächtigung strikt auseinanderzuhalten 190 • Leistung an sich selbst kann ein Gläubiger verlangen, wenn der ausländische Verwalter ihm eine Einziehungsermächtigung erteilt hat, der Verwalter dazu berechtigt war, was sich nach dem Insolvenzstatut bemißt 191 , und wenn eine Einziehungsermächtigung für die geltend gemachte Forderung überhaupt erteilt werden konnte. Hierfür sowie für die Voraussetzungen und die Wirksamkeit einer Einziehungsermächtigung ist das Recht maßgeblich, das auf die einzuziehende Forderung anzuwenden ist 192 . c) Legitimation

Damit ausländische Insolvenzverwalter im inländischen Rechtsverkehr als solche agieren können, müssen sie zum einen nachweisen können, daß sie im jeweiligen ausländischen Insolvenzverfahren zum Verwalter bestellt wurden, zum anderen, daß die ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidungen, aus denen sie ihre 186 St. Rspr.; aus neuererZeitetwa BGH, 19. 3. 1987, BGHZ 100, 217 (218); 21. 12. 1989, NJW 1990, 1117. 187 BGH, 6. 5. 1985, NJW 1985, 2719; i.E. auch BGH, 19. 10. 1967, IPRspr. 1966/67 Nr. 307, S. 916 (917); vgl. Art. 260 Abs. 2 S. I SchKG; BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (203 f.). 188 Fletcher. S. 192 f. 189 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95,256 (271); 9. 12. 1987, NJW-RR 1988, 477; vgl. Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 361. 190 Insoweit nicht hinreichend deutlich BGH, 6. 5. 1985, NJW 1985, 2719. 191 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (206); Gottwald, IPRax 1995, S. 157 (158); Mohrbutter/Wenner. Rdn. XXIII.18l. 192 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (204); Gottwald, IPRax 1995, S. 157 (158); Mohrbutter/Wenner. Rdn. XXIII.181. 9*

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Befugnisse ableiten, in Deutschland anerkannt werden. Auf welche Weise ein Insolvenzverwalter seine Bestellung nachweisen kann, bestimmt das Insolvenzstatut193. Regelmäßig sieht es vor, daß dem Verwalter zu diesem Zweck eine Abschrift der Entscheidung, durch die er bestellt worden ist, ausgehändigt wird 194. Hierbei kann es sich, wie etwa beim französischen administrateur 195 oder beim englischen administrator196 , um eine verfahrenseröffnende Entscheidung handeln197 oder um eine andere insolvenzrechtliche Entscheidung, z. B. um den Beschluß eines englischen Insolvenzgerichts über die Ernennung zum provisional Liquidator oder interim receiver 198 . Auch andere Formen des Nachweises sind möglich, beispielsweise bei einer schweizerischen außeramtlichen Konkursverwaltung, die ihre Ernennung durch das amtliche Protokoll der ersten Gläubigerversammlung dokumentieren kann 199. Gelegentlich findet sich im Recht des Verfahrensstaates die ausdrückliche Bestimmung, daß die Vorlage der Ernennungsurkunde zum Beweis der Rechtsstellung des Verwalters genügt200 . Eine solche Vorschrift ist auch bei Tätigwerden des Verwalters im Inland anzuwenden201 . Soweit die Echtheit der Ernennungsurkunde in Zweifel gezogen wird, kann sie durch Legalisation (§ 438 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 13 Konsulargesetz) nachgewiesen werden, wobei staatsvertraglich häufig Erleichterungen vorgesehen sind, z. B. eine einfachere Form oder ein Legalisationsverzicht202. Für die Anerkennung der ausländischen insolvenzKirchhof. WM 1993, S. 1364 (1368). In manchen Staaten herrscht für solche Urkunden Formularzwang (vgl. für England R. 12.7 i.V.m. Schedule 4 Insolvency Rules 1986). 195 Art. 19 Abs. 1, 2 Dekret Nr. 85-1388 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 S. I Gesetz Nr. 85-98. 196 R. 2.10 (4) Insolvency Rules 1986. Ähnlich beim schweizerischen Konkursamt (vgl. Art. 176 Abs. I Nr. I SchKG). 197 Vgl. BGH, 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2526); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (46). 198 R. 4.26 (2), 6.52 (2) Insolvency Rules 1986. 199 Vgl. Artt. 42,43 KOV. 200 So z. B. in R. 4.105, 6.123 Insolvency Rules 1986 für den Iiquidator im winding up und für den trustee im Konkursverfahren. 201 Ob das Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die inhaltliche Richtigkeit der Ernennungsurkunde geschützt wird, wenn z. B. ein ausländischer Verwalter in Unkenntnis seiner Abberufung noch unter Vorlage der Urkunde Rechtsgeschäfte im Inland tätigt, bestimmt ebenfalls das Insolvenzstatut Das deutsche Recht würde in einer solchen Situation keinen Vertrauensschutz gewähren. Die Ernennungsurkunde eines inländischen Verwalters ist keine Vollmachtsurkunde, so daß § 172 Abs. 2 BGB nicht anwendbar ist (Kuhn/Uhlenbruck, § 81 Rdn. 2, 4; Jaeger/Weber, § 81 Rdn. 2; Kilger/Karsten Schmidt, § 81 KO Anm. 1). Zu einer Sonderanknüpfung oder zur Anwendung des ordre public besteht also kein Anlaß. 202 Im Verhältnis zur Schweiz und zu Frankreich ist auf die Legalisation verzichtet worden (Art. I Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrages vom 14. Februar 1907 über die Beglaubigung öffentlicher Urkunden [RGBI. 1907 S. 411], Art. I des deutsch-französischen Vertrages vom 13. September 1971 über die Befreiung öffentlicher Urkunden von der Legalisation [BGBI. 1974 II S. 1075, 1100]). Für englische öffentliche Urkunden genügt eine Apostille gemäß Art. 3 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (BGBI. 1965 II S. 876, 1966 II S. 106). 193

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III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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rechtlichen Entscheidungen, aus denen ausländische Insolvenzverwalter ihre Befugnisse ableiten, d. h. für das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen, tragen sie, soweit sie sich auf die Anerkennung berufen, nach allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Beweislast203 • Diese erstreckt sich jedoch allein auf die tatsächlichen Grundlagen der Anerkennung, insbesondere der Anerkennungszuständigkeit, nicht auf die Anerkennung als Rechtsfrage204 und auch nicht auf das der Prüfung zugrundezulegende ausländische Recht205 . Da es für den inländischen Rechtsverkehr nicht immer einfach zu beurteilen ist, ob ein ausländischer Insolvenzverwalter sich hinreichend legitimiert hat, wollte der Regierungsentwurf den Nachweis durch eine zusätzliche inländische Urkunde erleichtern206. Dem Verwalter sollte die Möglichkeit gegeben werden, beim inländischen Insolvenzgericht die öffentliche Bekanntmachung der ausländischen Eröffnungsentscheidung sowie seiner Bestellung zu beantragen (§ 385 Abs. I RegEinsO), wozu er sich mit seiner Ernennungsurkunde hätte legitimieren und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Verfahrenseröffnung hätte glaubhaft machen müssen (§ 385 Abs. 2 S. 1 RegEinsO). Aufgabe des inländischen Insolvenzgerichts wäre es gewesen, die Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen und gegebenenfalls die Bekanntmachung anzuordnen sowie dem Verwalter eine Ausfertigung des Bekanntmachungsbeschlusses zu erteilen(§ 385 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 RegEinsO). Vollständige Klarheit über die Rechtsstellung des ausländischen Verwalters hätte zwar auch diese Urkunde nicht geschaffen. Die Anerkennung hätte unverändert bestritten und in einem inländischen Rechtsstreit vom Gericht verneint werden können 207 . Dennoch ist es unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu bedauern, daß § 385 RegEinsO nicht Gesetz geworden ist. d) Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen

Die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen und der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wären für ausländische Insolvenzverwalter ohne großen Wert, wenn sie ihre Befugnisse nicht auch gegen den Willen des Schuldners durchsetzen und die Herausgabe des Schuldnervermögens erzwingen könnten. Als Voraussetzung dafür die Erhebung einer Herausgabeklage 203 Schack, IZVR, Rdn. 884; Stein/Jonas/Schumann, § 328 Rdn. 21 ; Schütze, S. 162; differenzierend Martiny, in: Hdb.IZVR III/ I, Rdn. 1598 ff. Anders beim ordre public: Beweislast desjenigen, der sich auf den Verstoß beruft (BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 [91 f.]; Martiny, a. a. 0., Rdn. 1603). 204 Martiny, in: Hdb. IZVR III/ I, Rdn. 1598. 205 BGH, 24. 11. 1960, NJW 1961 , 410; Kropholler; IPR, §59 I 2, S. 539. 206 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 242. 207 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241 f.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

im Inland zu verlangen wäre nicht sachgerecht. Dazu müßten die herauszugebenden Gegenstände hinreichend bestimmt bezeichnet werden (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wozu ausländische Verwalter jedenfalls bei Verfahrensbeginn nicht ohne weiteres in der Lage sind. Aus ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidungen, die nach dem Recht des Verfahrensstaates zur Vollstreckung ermächtigen, muß daher ebenso wie aus anderen ausländischen Entscheidungen in Deutschland vollstreckt werden können. In diesem Abschnitt soll untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist. Generell gilt, daß dazu stets eine inländische Vollstreckbarerklärung erforderlich ist, weil die nach dem Insolvenzstatut eintretende Vollstreckungswirkung nicht anerkennungsfähig ist208 . Dies ist bei Eröffnungsentscheidungen209 nicht anders als bei anderen insolvenzrechtlichen Entscheidungen210, etwa Sequestrationsanordnungen, Anfechtungsurteilen oder Entscheidungen über die abgesonderte Befriedigung. Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung muß der Schuldner, soweit die Entscheidung sich gegen ihn richtet, ungeachtet eines etwaigen Übergangs der Prozeßführungsbefugnis auf einen ausländischen Insolvenzverwalter weiterhin als passiv prozeßführungsbefugt angesehen werden. aa) Vollstreckbarerklärung nach EuGVÜ und Luganer Übereinkommen (1) EuGVÜ

Im Verhältnis zu den EU-Staaten kommt zunächst eine Vollstreckbarerklärung nach dem EuGVÜ211 in Betracht. Auf Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren ist dieses Übereinkommen zwar nicht anzuwenden (Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 EuGVÜ). Doch sind Entscheidungen, die sich auf ein Insolvenzverfahren beziehen, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs212 nur dann von der Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen, wenn sie unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und sich eng innerhalb des Rahmens eines Insolvenzverfahrens halten. Vom EuGVÜ nicht erfaßt werden demnach insbesondere verfah208 Geimer, IZPR, Rdn. 3100, 3368; Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 35; Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1, Rdn. 424; Kropholler, IPR, § 60 IV 3 f., S. 572. 209 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1237); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (117); Leipold, in: FS Waseda Universität, S. 787 (797 f .); Jürgen Schmidt, S. 176; Aderhold, S. 232; Lüderitz, JZ 1986, S. 96. 210 Vgl. BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (382); § 392 S. 1 RegEinsO; Geimer, IZPR, Rdn. 3368; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 35; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Pielorz, S. 106; Summ, S. 44. 211 Vom 27. September 1968 (BGBI. 1972 II S. 774). In der Fassung des 3. Beitrittsübereinkommens vom 26. Mai 1989 (BGBI. 1994 II S. 519) in Kraft seit 1. Dezember 1994 (BGBI. 1994 II S. 3707). 212 EuGH, 22. 2. 1979- Rs. 133178, GourdainlNadler-, Slg. 1979, 733 (744).

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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renseröffnende und verfahrensbeendende Entscheidungen wie z. B. ein Vergleich oder ein Insolvenzplan, ferner Entscheidungen zur Durchführung des Verfahrens, etwa Anordnungen des Insolvenzgerichts gegenüber Verfahrensbeteiligten über die Erhebung von Beweisen oder die Einholung von Auskünften213 . Zur weiteren Abgrenzung werden häufig Art. 17 des Vorentwurfs eines EG-Konkursübereinkommens von 1970 und Art. 15 der EG-Entwürfe von 1980 und 1984 herangezogen 214 , die diejenigen Entscheidungen aufführten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Verfahrensstaates fallen und deshalb nicht dem EuGVÜ unterliegen sollten. Diese Vorgehensweise ist heute überholt215 • Vorläufer dieser Bestimmungen dürften die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers über den Anwendungsbereich des EuGVÜ zwar beeinflußt haben. Die damalige Erwartung, das künftige EG-Konkursübereinkommen werde entsprechende Regelungen enthalten, hat sich aber nicht erfüllt. Mit dem EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 25. November 1995 ist das ursprüngliche Konzept eines EG-weiten Einheitskonkurses endgültig aufgegeben worden. Art. 25 EuiÜ, der die Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen regelt und großenteils das EuGVÜ für anwendbar erklärt, weist keine Ähnlichkeit mehr mit den Bestimmungen der vorgenannten Entwürfe auf. Folglich würde sich die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 EuGVÜ mit der Heranziehung dieser Entwurfsbestimmungen auf eine erwiesene Fehlprognose des historischen Gesetzgebers stützen, was wenig sachgerecht wäre. Für die Abgrenzung sollten deshalb die vom EuGH entwickelten Abgrenzungskriterien und das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23. November 1995 maßgeblich sein. Hiernach ist das EuGVÜ auf alle Entscheidungen anwendbar, die Klagen betreffen, welche sich nicht auf das Insolvenzrecht stützen, mögen sie auch durch die Verfahrenseröffnung berührt werden216. Hierzu zählen insbesondere Entscheidungen über Ansprüche, die schon vor Verfahrenseröffnung entstanden sind und die der Schuldner selbst hätte geltend machen können, wenn er nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Einsetzung des Insolvenzverwalters daran gehindert worden wäre217 • Diese Entscheidungen gehen nicht unmittelbar aus dem 213 Vgl. Schlosser, in: FS Weber, S. 395 (397 f.); Kropholler, EuZPR, Art. I Rdn. 30; Art. 17 Abs. 1 EG-Entwurf 1992. 214 OLG Zweibrücken, 30. 6. 1992, EuZW 1993, 165 (165 f.); Basedow, in: Hdb. IZVR I, Kap. II Rdn. 112; Wieczorek/Schütze/Hausmann, § 40 Anh. I Art. I Rdn. 34; Hubert Schmidt, EuZW 1990, S. 219 (220); Lipp, RIW 1994, S. 18 (19); von Campe, S. 349 f. 215 Vgl. Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 77, 196 f. 216 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f. 217 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f.; OLG Koblenz, I. 6. 1989, ZIP 1989, 1327 (1329), LG Mainz, 30. 9. 1988, WM 1989, 1053 (1057), beide implizit bestätigt durch EuGH, 10. 3. 1992- Rs. 214/89, Powell Duffryn plc./Petereit-, Slg. 1992, 11745 = NJW 1992, 1671; OLG Zweibrücken, 30. 6. 1992, EuZW 1993, 165; Kropholler, EuZPR, Art. I Rdn. 34; Schack, IZVR, Rdn. 98; Trunk, IIR, S. 116; Taupitz, ZZP 105 (1992), S. 218 (229); Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1582); a.A. E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (619 N. 123); ders., KTS 1990, S. 403 (418).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Insolvenzverfahren hervor; der Verwalter klagt den Anspruch lediglich ein. Anwendbar ist das EuGVÜ ferner auf Entscheidungen über den Bestand und die Höhe einer Forderung218 , auch wenn diese auf einer vertraglichen Vereinbarung des Insolvenzverwalters mit einem Dritten beruht219, auf Entscheidungen über den Bestand eines dinglichen Rechts sowie auf Urteile über die Herausgabe von Gegenständen, die sich im Besitz des Schuldners oder des Insolvenzverwalters befinden220. Zu den letztgenannten Entscheidungen gehören insbesondere Aussonderungsurteile221, die deshalb nicht als eng im Rahmen eines Insolvenzverfahrens liegend angesehen werden können, weil sie die Nichtzugehörigkeit von Vermögensgegenständen zur Insolvenzmasse zum Gegenstand haben, sowie Urteile über die abgesonderte Befriedigung im Wege der Eigenverwertung222 . Nicht anwendbar ist das EuGVÜ hingegen auf alle Entscheidungen über Klagen, die nur während des Insolvenzverfahrens oder in enger Beziehung zu diesem erhoben werden können223. Hierzu gehören beispielsweise Urteile über Anfechtungsklagen 224 und Entscheidungen über Durchgriffshaftungsklagen gegen die Geschäftsführer einer insolventen juristischen Person 225, ferner Urteile über die Zulassung oder den Rang einer Forderung226 oder über ein Recht auf bevorzugte Befriedigung227. Unan218 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f. Dazu zählen auch Urteile in Feststellungsstreitigkeiten (Schlosser; EuGVÜ, Art. 1 Rdn. 21; Flessner; in: Stall, Umsetzung des EulU, S. 219 [228 f.]). 219 Schack, IZVR, Rdn. 98; Kropholler; EuZPR, Art. 1 Rdn. 34; Schlosser, EuGVÜ, Art. 1 Rdn. 21; Trunk, IIR, S. 116; a.A. OLG Zweibrücken, 30. 6. 1992, EuZW 1993, 165. 220 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f. 221 Schlosser, in: FS Weber, S. 395 (409); ders., EuGVÜ, Art. 1 Rdn. 21 ; Trunk, IIR, S. 117; vgl. Gottwald I Amold, § 124 Rdn. 34 N. 13; a.A. Lipp, RIW 1994, S. 18 (19). 222 Schlosser; in: FS Weber, S. 395 (411 f.); ders., EuGVÜ, Art. 1 Rdn. 21; Trunk, IIR, S. 117; vgl. Gottwald I Amold, § 124 Rdn. 34 N. 13. 223 Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f. 224 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f.; BGH, 11. l. 1990, NJW 1990, 990 (für eine Anfechtungsklage nach deutschem Recht); i.E. zustimmend Hubert Schmidt, EuZW 1990, S. 219 (220); Taupitz, ZZP 105 (1992), S. 218 (221); ferner Geimer, IZPR, Rdn. 3560; Baur!Stürner ll, Rdn. 37.34; Schack, IZVR, Rdn. 98; für§§ 30, 32 KO ebenso Schlosser; in: FS Weber, S. 395 (407). Entsprechendes wird für Anfechtungsklagen englischer Insolvenzverwalter nach Sec. 238-241, 244, 339-343 Insolvency Act 1986 und für Nichtigkeitsklagen französischer Verwalter nach Artt. 107- 110 Gesetz Nr. 85-98 zu gelten haben. 22s Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f.; EuGH, 22. 2. 1979 Rs. 133/78, Gourdain / Nadler-, Slg. 1979, 733; BGH, 16. 5. 1979, NJW 1979,2477 (beide für eine Klage nach Art. 99 des französischen Gesetzes Nr. 67-563 vom 13. Juli 1967). Gleiches gilt für ein auf die Nachfolgebestimmung, Art. 180 Gesetz Nr. 85-98, gestütztes Urteil (OLG Hamm, 26. 2. 1993, RIW 1994, 62; Baur/Stümer ll, Rdn. 37.48; Junker; RIW 1986, S. 337 [345]; Sonnenberger, Rdn. VIII 94; a.A. Gruber, EWS 1994, S. 190 [192]). AufEntscheidungen über die Haftung von Vorstandsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft nach Sec. 213, 214 Insolvency Act 1986 dürfte das EuGVÜ ebenfalls nicht anwendbar sein. 226 Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 196 f. 227 Schlosser; in: FS Weber, S. 395 (411).

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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wendbar ist das EuGVÜ auch auf Urteile über die Insolvenzverwalterhaftung 228 . Sie sind eng mit dem Verhalten des Verwalters verknüpft und gehen deshalb unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervor.

(2) Luganer Übereinkommen Die zum EuGVÜ entwickelten Regeln gelten entsprechend für die Vollsteeckbarerklärung insolvenzrechtlicher Entscheidungen nach dem Luganer Übereinkommen229. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 dieses Übereinkommens schließt Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren von dessen Anwendungsbereich aus und ist grundsätzlich ebenso auszulegen wie die Parallelvorschrift des EuGVÜ230. Entscheidungen schweizerischer Gerichte über Anfechtungsklagen der Konkursverwaltung nach Artt. 285 ff. SchKG werden deshalb, obwohl das schweizerische Recht keine gesonderte Konkursanfechtung, sondern nur ein einheitliches Anfechtungsrecht innerhalb und außerhalb des Konkurses kennt, nicht vom Luganer Übereinkommen erfaßt231 . Anwendung findet das Luganer Übereinkommen hingegen auf Aussonderungsurteile nach Art. 242 Abs. 2 SchKG. bb) Vollstreckbarerklärung nach bilateralen Staatsverträgen Bei insolvenzrechtlichen Entscheidungen, auf die das EuGVÜ und das Luganer Übereinkommen keine Anwendung finden, ist zu priifen, ob sie nach bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen im Inland für vollstreckbar erklärt werden können. Solche Abkommen bestehen beispielsweise mit der Schweiz und mit dem Vereinigten Königreich232 . Zwar schließen auch sie insolvenzrechtliche Entscheidungen grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus. Doch unterscheiden sich die betreffenden Bestimmungen von denen des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens. (1) Schweiz

Art. 1 des deutsch-schweizerischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprii228 Schlosser; EuGVÜ, Art. I Rdn. 21; vgl. Art. 17 Abs. 21it. b EG-Entwurf 1992; anders offenbar Gottwald I Amold, § 124 Rdn. 34 N. 13. 229 Vom 16. September 1988 (BGBI. 1994 li S. 2660). Das Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 1. März 1995 in Kraft getreten (BGBI. 19951! S. 221). 230 Vgl. Art. I des Protokolls Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens vom 16. September 1988. 231 Ebenso für Anfechtungsklagen nach deutschem Recht OLG Köln, 6. 6. 1997, ZIP 1998,74 (75). 232 Zur Fortgeltung dieser Abkommen s. Artt. 55, 56 Abs. 1 EuGVÜ, Artt. 55, 56 Abs. 1 Luganer Übereinkommen. Mit Frankreich gibt es kein entsprechendes Abkommen.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

chen233 erfaßt Entscheidungen über vermögensrechtliche Ansprüche nur, wenn sie im Prozeßverfahren ergangen sind. Auf Entscheidungen, die im Insolvenzverfahren ergehen, ist der Vertrag mithin nicht anzuwenden 234 . Im Prozeßverfahren entschieden wird jedoch z. B. über Anfechtungsklagen, und zwar in beiden Vertragsstaaten. Anfechtungsurteile schweizerischer Gerichte sind deshalb nach den Bestimmungen dieses Abkommens in Deutschland anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. (2) Vereinigtes Königreich

Das deutsch-britische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen235 gilt nicht für Entscheidungen, die in einem Konkurs- oder Vergleichsverfahren oder in einem Verfahren zwecks Auflösung von Gesellschaften oder anderen Körperschaften ergangen sind (Art. II Abs. 2). Für Entscheidungen, die in dem zur Zeit der Unterzeichnung des Abkommens noch nicht existenten Verfahren der administration ergehen, muß diese Bestimmung zumindest entsprechend gelten. Sie erfaßt insbesondere Anfechtungsurteile 236 und wohl auch Urteile über die Haftung von Vorstandsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft nach Sec. 213, 214 Insolvency Act 1986, weil hierfür nach englischem Recht die Insolvenzgerichte zuständig sind und diese Entscheidungen im deutschen Recht kein unmittelbares Gegenstück haben. Für die Anerkennung und Vollstreckung englischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen wird das Abkommen daher nur in Ausnahmefallen eine rechtliche Grundlage bieten. cc) Vollstreckbarerklärung nach§§ 722, 723 ZPO Soweit ausländische insolvenzrechtliche Entscheidungen nicht nach einem Staatsvertrag für vollstreckbar erklärt werden können, kommt eine Vollstreckbarerklärung nach §§ 722, 723 ZPO in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung in Betracht237 . Sie erfolgt in Form eines Vollstreckungsurteils (§ 722 Abs. 1 Vom 2. November 1929 (RGBI. 1930 II S. 1066). BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (386); Gottwald I Amold, § 124 Rdn. 33; Stein/ Jonas!Schumann, § 328 Rdn. 722 N. 5; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, IZPR, Art. 1 Rdn. 2; Nagel, Rdn. 837. 235 Vom 14. Juli 1960 (BGBI. 1961 li S. 302). 236 Gottwald I Amold, § 124 Rdn. 34. 237 BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (386) (zu eng allerdings a. a. 0. [382]: in jedem Fall inländisches Anerkennungsverfahren nach§§ 723 f. [richtig: 722 f .], 328 ZPO erforderlich); Geimer. IZPR, Rdn. 3368; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 35; Baur/Stürner II, Rdn. 37.33; Summ, S. 44; Aderhold, S. 233; Schlosser. RIW 1983, S. 473 (480); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (6ll); vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134,79 (93); § 392 RegEinsO. Abwegig von Oertzen, S. 103 (Vollstreckbarerklärung ausgeschlossen). 233

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111. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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ZP0) 238, das nur ergehen kann, wenn die ausländische Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaates Vollstreckungstitel ist239 . ( 1) Verfahrenseröffnende Entscheidungen Ausländische verfahrenseröffnende Entscheidungen sind analog §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar zu erklären 240, wenn sie die oben 241 erörterten Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen 242 . § 328 ZPO findet auch in diesem Zusammenhang keine Anwendung, so daß die Vollstreckbarerklärung nicht von der Verbürgung der Gegenseitigkeit abhängig ist243 . Rechtskraft der ausländischen Entscheidung ist ebensowenig erforderlich 244, da ein effektiver Schutz des Schuldnervermögens vor massebeeinträchtigenden Einwirkungen des Schuldners und einzelner Gläubiger sonst vielfach nicht möglich wäre245 . Die verfahrenseröffnende Entscheidung braucht die vom Schuldner herauszugebenden Gegenstände nicht zu individualisieren246. Von inländischen Konkurseröffnungsbeschlüssen, die gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Vollstreckungstitel sind247, wird dies ebensowenig verlangt24s.

238 Ebenso § 392 S. 1 RegEinsO. Die Klage auf Erlaß des Vollstreckungsurteils ist bei dem Gericht zu erheben, bei dem der Schuldner seinen allgerneinen Gerichtsstand hat, ansonsten im Vermögensgerichtsstand (§§ 722 Abs. 2, 23 ZPO; vgl. Pielorz, S. 107 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 3368; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 35; Summ, S. 44; § 392 S. 2 RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 245), nichtjedoch beim inländischen Insolvenzgericht (so aber Jürgen Schmidt, S. 176; E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 [611]). 239 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 35 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 3368, 3524; Mohrbutter! Wenner, Rdn. XXIII.l35; Baur! Stümer II, Rdn. 37.33. 240 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Geimer, IZPR, Rdn. 3368, 3524; Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 36; Soergel!Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1813; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.135; Jürgen Schmidt, S. 176; Pielorz, S. 107; Lüderitz, JZ 1986, S. 96. 241 s. oben II. 2. b), S. 70 ff. 242 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 245; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 35; Pielorz, S. 108. 243 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 245; vgl. oben II. 2. c) dd), S. 96 f. Anders § 328 Abs. I Nr. 5 ZPO. 244 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 245; anders§ 723 Abs. 2 S. 1 ZPO; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480); Bedenken auch bei Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (196). 245 Vgl. oben li. 2. b) bb), S. 79 f. 246 Pielorz, S. 106; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.135. 247 BGH, 26. 2. 1954, BGHZ 12, 380 (389); 23. 5. 1962, NJW 1962, 1392; Kuhn!Uhlenbruck, § 117 Rdn. 6; Kilger I Karsten Schmidt, § 117 KO Anrn. 2 a. 248 Kuhn!Uhlenbruck, § 117 Rdn. 6d; Kilger/Karsten Schmidt, § 117 KO Anrn. 2 a; Gottwald! Heilmann I Klopp, § 23 Rdn. 25; Pielorz, S. 108.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Im übrigen ist ausländischen Insolvenzverwaltern im Interesse eines effektiven Schutzes des Schuldnervermögens das Recht zuzubilligen, bis zum Erlaß des Vollstreckungsurteils vorläufige Sicherungsmaßnahmen zu beantragen 249 . Eine vorläufige Vollstreckbarerklärung ist zwar ausgeschlossen, doch kann der zugrundeliegende Herausgabeanspruch gegen den Schuldner250 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden251 . Ein dinglicher Arrest gemäß § 916 ZPO käme dann in Betracht, wenn dieser Herausgabeanspruch in eine Geldforderung übergehen könnte252, was in der Regel wohl nicht der Fall sein wird 253 . Regelmäßig wird der ausländische Insolvenzverwalter daher den Erlaß einer einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO) beantragen müssen254 . Da deren Inhalt im Ermessen des Gerichts steht (§ 938 Abs. 1 ZPO), können im wesentlichen dieselben Sicherungsmaßnahmen wie im inländischen Insolvenzverfahren angeordnet werden. Insbesondere kann ein Sequester eingesetzt werden (§ 938 Abs. 2 ZPO). (2) Einstweilige Entscheidungen

Die Anerkennung ausländischer einstweiliger Entscheidungen, die einen zur Sicherung des Schuldnervermögens bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter zu dessen Inbesitznahme ermächtigen, wäre ebenfalls von geringem Wert, wenn der Verwalter die Herausgabe nicht gegebenenfalls erzwingen könnte. Da die Interessen der Insolvenzgläubiger an einem wirksamen Schutz des Schuldnervermögens höher zu bewerten sind als die mit der Vollstreckbarerklärung vorläufiger Entscheidungen verbundenen Gefahren 255 , können auch solche Entscheidungen entsprechend §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar erklärt werden 256. Die Voraussetzungen hierfür sind dieselben wie bei verfahrenseröffnenden Entscheidungen. Bis zum Erlaß des Vollstreckungsurteils kann der zugrundeliegende Herausgabeanspruch des Verwalters im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden 257 .

249 Vgl. auch Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Umsetzung des EuiU, S. 251 (253), zur Einführung eines Beschlußverfahrens zwecks Beschleunigung. 250 Näher dazu unten V. 2., S. 182 f. 25 1 Zöller/Geimer; § 722 Rdn. 47a; Geimer!Schütze l/2, S. 1636; Mohrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.135; a.A. Pielorz, S. 109 (ohne nähere Begründung). 252 Dies übersieht Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (164). 253 Zum deutschen Rechts. Lüer; in: Stoll, Reform des IIR, S. 96 (105); ders., KTS 1990, s. 377 (384 f.). 254 So auch Schlosser; RIW 1983, S. 473 (480). 255 Zu diesen vgl. Wo/ff. in: Hdb. IZVR Ill/2, Kap. IV Rdn. 37. 256 Die Vollstreckbarerklärung einstweiliger Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen ist auch in Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 EuiÜ vorgesehen. 257 Dies entspricht im Ergebnis Art. 38 EuiÜ.

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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(3) Ermittlungsentscheidungen

Entscheidungen des Insolvenzgerichts zur Ermittlung von Umständen, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind (vgl. § 75 KO, § 5 InsO), sind beispielsweise Entscheidungen über die Mitwirkung im Verfahren, die Erteilung von Auskünften sowie über die Vorführung oder Verhaftung von Verfahrensbeteiligten. Solche Entscheidungen ausländischer Insolvenzgerichte können, sofern sie einen der Vollstreckung fähigen Inhalt haben und nach dem Insolvenzstatut einen vollstreckbaren Titel darstellen, grundsätzlich ebenfalls analog §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar erklärt werden 258 . Bei Entscheidungen über Zwangsmaßnahmen wie Vorführung oder Verhaftung ist dies de lege lata allerdings nicht möglich259 . Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen sollten nach dem Regierungsentwurf dieselben sein wie bei verfahrenseröffnenden Entscheidungen 260. Dem ist mit geringfügigen Modifikationen schon für das geltende Recht zu folgen261. Anerkennungsvoraussetzungen sollten die Anerkennung der verfahrenseröffnenden Entscheidung, die Wirksamkeit der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung im Verfahrensstaat, dessen Gerichtsbarkeit über den von der Entscheidung Betroffenen sowie die Vereinbarkeit mit dem inländischen ordre public sein. (4) Sachentscheidungen mit insolvenzrechtlichem Streitgegenstand

Zu den Sachentscheidungen mit insolvenzrechtlichem Streitgegenstand zählen insbesondere Entscheidungen über die Insolvenzanfechtung und die Durchgriffshaftung. Nach ausländischem Insolvenzrecht sind diese Entscheidungen aufgrund der vis attractiva concursus nicht selten dem Insolvenzgericht zugewiesen. Da sie jedoch in erster Linie materiell-insolvenzrechtliche Beziehungen zwischen der 258 Vgl. § 392 RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 36. 259 Zwangsmaßnahmen können ebensowenig wie Vollstreckungsakte in einem Staat erlassen und in einem anderen durchgeführt werden, weil dies das System der Anerkennung einer ausländischen Sachentscheidung und ihrer anschließenden Vollstreckbarerklärung (§§ 328, 722 ZPO) sprengen würde (vgl. Schack, IZVR, Rdn. 957, 811 ; Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 [195]). Außerdem fehlt diesen Entscheidungen ein vollstreckungsfahiger Inhalt. Eine Vollstreckbarerklärung setzt voraus, daß die ausländische Entscheidung Grundlage einer Zwangsvollstreckung nach den §§ 803 - 898 ZPO, d. h. einer Vollstreckung im engeren Sinn sein kann (RG, 18. 5. 1916, RGZ 88, 244 [249 f.]; Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, Kap. IV Rdn. 21 ; vgl. Stein/Jonas/Münzberg, § 722 Rdn. 4). Dazu muß sie auf Leistung lauten (Gottwa/d, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 722 Rdn. 14; Wolff, a. a. 0.; Schack, IZVR, Rdn. 933). Das ist bei Vorführ- und Haftentscheidungen nicht der Fall. 260 §§ 384, 392 RegEinsO. 261 Ähnlich Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 34, der die Anerkennungsvoraussetzungen allerdings stets auf die Eröffnungsentscheidung beziehen will; abweichend Mohrbutter/ Wenner, Rdn. XXIII.l33 (Anerkennung entsprechend § 328 ZPO oder § 16a FGG).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Insolvenzmasse und Dritten zum Gegenstand haben, ist ihre Beziehung zum Insolvenzverfahren nicht so eng, daß sie eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach den für verfahrenseröffnende Entscheidungen geltenden Regeln rechtfertigen würde262 . Die bloße Zuständigkeit des Insolvenzgerichts begründet allein keine derart enge Beziehung. Auf solche Sachentscheidungen sind deshalb die allgemeinen Vorschriften der §§ 328, 722, 723 ZPO unmittelbar oder entsprechend anzuwenden263 . Die vereinzelt befürwortete analoge Anwendung der §§ 16a, 33 FGG auf Entscheidungen, bei denen der "Fürsorgegedanke" im Vordergrund steht264, sollte zur Vermeidung unerwünschter Abgrenzungsschwierigkeiten unterbleiben 265 • Streitig ist, ob§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auf derartige Sachentscheidungen anzuwenden ist266. Dagegen spricht, daß dies zu erheblichen Wertungswidersprüchen führen müßte, denn die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der unter (1) - (3) erörterten insolvenzrechtlichen Entscheidungen ist nicht von der Gewährleistung der Gegenseitigkeit abhängig. Gegenseitigkeit sollte daher auch bei Sachentscheidungen mit insolvenzrechtlichem Streitgegenstand nicht verlangt werden. (5) Sachentscheidungen mit sonstigem insolvenzrechtlichen Bezug

Kennzeichen dieser Entscheidungen sind Bezüge zu einem Insolvenzverfahren, die für eine insolvenzrechtliche Qualifikation ihres Streitgegenstandes aber nicht genügen. Zu dieser Kategorie gehören z. B. Aussonderungsurteile und Entscheidungen über Ansprüche, die schon vor Verfahrenseröffnung entstanden sind und vom Schuldner hätten geltend gemacht werden können, wenn es nicht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und zur Einsetzung eines Verwalters gekommen wäre. Die Anerkennung und Vollstreckung solcher Entscheidungen richtet sich unmittelbar nach den §§ 328, 722, 723 ZPO. § 328 Abs. I Nr. 5 ZPO ist auch dann anzuwenden, wenn ein ausländisches Insolvenzgericht die Entscheidung erlassen hat. Ware die Entscheidung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangen, hätte die Gegenseitigkeit ohnehin gewährleistet sein müssen. Die Verfahrenseröffnung kann daran nichts ändern.

Vgl. Gattwald!Amald, § 122 Rdn. 36. Ebenso Baur!Stürner II, Rdn. 37.34; Leipald, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (199); wohl auch Trunk, KTS 1994, S. 33 (39); ders., IIR, S. 279 f. 264 Geimer, IZPR, Rdn. 3371. 265 Vgl. Pielarz. S. 107. 266 Dafür LG Hamburg, 2. 7. 1992, RIW 1993, 147 (148); Gattwald/Amald, § 122 Rdn. 36, 124 (beide für Anfechtungsklagen); Leipald, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (199); dagegen Geimer, IZPR, Rdn. 3371 (für Sachentscheidungen, die im Laufe des ausländischen Insolvenzverfahrens ergangen sind). 262 263

III. Grundsätzliches zur Rechtsstellung

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3. Zusammenfassung

Für ausländische Insolvenzverfahren und ihre Wirkungen gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem das Verfahren eröffnet worden ist oder eröffnet werden soll. Diese Kollisionsnorm enthält eine Gesamtverweisung (Art. 4 Abs. 1 EGBGB analog), die vom Insolvenzstatut im Regelfall angenommen wird. Abzulehnen ist eine entsprechende Anwendung von Art. 3 Abs. 3 EGBGB (Vorrang des Einzelstatuts) und eine generelle Begrenzung der Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren durch inländisches Insolvenzrecht Zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs genügen Sonderregelungen für einzelne Rechtsfolgen ausländischer Verfahren sowie der ordre public. Für den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den ausländischen Insolvenzverwalter ist demnach das Insolvenzstatut maßgeblich. Soweit das Eigentum am Schuldnervermögen nach englischem Insolvenzrecht auf einen Insolvenzverwalter als trustee übergeht, ist jedoch hinsichtlich des in Deutschland belegeneo Vermögens eine Anpassung erforderlich, bei der an die Stelle des trustein Treuhandverhältnis nach inländischem Recht, die uneigennützige Verwaltungstreuhand, tritt. Der Übergang der Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den ausländischen Insolvenzverwalter richtet sich ebenfalls grundsätzlich nach dem Insolvenzstatut. Die Unterbrechung anhängiger Prozesse hingegen ist nach dem Recht des Prozeßgerichts zu beurteilen. Dabei ist § 240 ZPO auch auf ausländische Insolvenzverfahren anzuwenden, sofern diese die Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter übergehen lassen. Die Aufnahme unterbrochener Prozesse unterliegt prinzipiell dem Recht des Prozeßgerichts. Das Insolvenzstatut ist hier nur für insolvenzrechtliche Vorfragen wie die Prozeßführungsbefugnis und die Abgrenzung von Teilungsmassegegenstreitigkeiten und Schuldenmassestreitigkeiten sowie kraft materiellrechtlicher Verweisung für die Aufnahme von Schuldenmassestreitigkeiten maßgeblich. Eine nach dem Insolvenzstatut zulässige Übertragung der Prozeßführungsbefugnis durch den ausländischen Verwalter ist im Inland zu beachten, sofern die ausländische verfahrenseröffnende Entscheidung anerkannt wird und die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozeßstandschaft nach deutschem Prozeßrecht erfüllt sind. Ob ein ausländischer Insolvenzverwalter Leistung an sich verlangen kann, entscheidet das Insolvenzstatut Auf welche Weise ausländische Insolvenzverwalter ihre Ernennung nachweisen können, bestimmt das Insolvenzstatut Im Streitfall müssen sie darüber hinaus die tatsächlichen Grundlagen der Anerkennung derjenigen ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidungen nachweisen, aus denen sie ihre Befugnisse ableiten. Ausländische insolvenzrechtliche Entscheidungen können im Inland für vollstreckbar erklärt werden. Eine Vollstreckbarerklärung nach den Bestimmungen des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens ist bei allen Entscheidungen möglich, die sich nicht auf das Insolvenzrecht stützen, z. B. bei Entscheidungen über schon

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

vor Verfahrenseröffnung entstandene Ansprüche des Schuldners, über den Bestand einer Forderung oder eines dinglichen Rechts oder über die Herausgabe von Gegenständen durch den Schuldner oder den Insolvenzverwalter. Denkbar ist auch eine Vollstreckbarerklärung auf der Basis bilateraler Anerkennungs- und Vollstrekkungsübereinkommen. Im übrigen kommt eine Vollstreckbarerklärung nach §§ 722, 723 ZPO in Betracht, insbesondere bei verfahrenseröffnenden Entscheidungen, einstweiligen Entscheidungen zur Sicherung des Schuldnervermögens und Ermittlungsentscheidungen. Bis zum Erlaß des Vollstreckungsurteils können ausländische Insolvenzverwalter einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Auf Sachentscheidungen mit insolvenzrechtlichem Streitgegenstand sind die §§ 328 (ohne Abs. I Nr. 5), 722, 723 ZPO unmittelbar oder entsprechend anzuwenden. Für Sachentscheidungen mit sonstigem insolvenzrechtlichen Bezug gelten die §§ 328, 722, 723 ZPO uneingeschränkt.

IV. Die ausländische Insolvenzmasse Die Insolvenzmasse ist Gegenstand zahlreicher Wirkungen des Insolvenzverfahrens, insbesondere des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungs- sowie der Prozeßführungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter. Diese Wirkungen und ihr Gegenstand lassen sich nicht voneinander trennen. Die internationalinsolvenzrechtliche Grundnorm, nach der die Wirkungen des Insolvenzverfahrens prinzipiell dem Recht des Staates unterliegen, in dem das Verfahren eröffnet worden ist oder eröffnet werden soll, ist deshalb auch auf die Insolvenzmasse bzw. auf deren Umfang anzuwenden. Die grundsätzliche Geltung des Insolvenzstatuts für den Umfang der Insolvenzmasse ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt 1• Einzelne Aspekte dieser Anknüpfung sollen im folgenden näher erörtert werden. 1. Vermögen des Schuldners

Wie sich schon aus dem Begriff des Insolvenzverfahrens ergibt2 , umfaßt die Insolvenzmasse die Vermögensgegenstände des Schuldners3 . Die Frage, welche Vermögensgegenstände dem Schuldner gehören, ist indessen nicht insolvenzrechtlicher Natur, sondern eine Vorfrage, die zwecks Vermeidung divergierender t BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (203); OLG Hamm, 25. 10. 1976, NJW 1977, 504; Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 93; Geimer; IZPR, Rdn. 3376; Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 76; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.187a; Trunk, IIR, S. 291 f. ; Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (244 f.). 2 s. oben II. 2. b) aa) (1), S. 73. 3 Vgl. Art. 197 Abs. 1 SchKG, Art. 152 Abs. 1 Gesetz Nr. 85 - 98, Sec. 283 (l)(a) lnsolvency Act 1986.

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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Rechtszuständigkeiten selbständig anzuknüpfen ist und dem nach internationalprivatrechtliehen Regeln zu ermittelnden Sachstatut unterliegt4 . Dem ausländischen Insolvenzverwalter kann im Inland deshalb nicht entgegengehalten werden, er sei zur Geltendmachung eines Vermögensrechts deshalb nicht befugt, weil dieses, anders als nach dem vom deutschen IPR berufenen Sachstatut, nach der vom IPR des Verfahrensstaates berufenen Rechtsordnung nicht bestehe oder nicht dem Schuldner zustehe und daher nicht in die ausländische Insolvenzmasse falle. Ebensowenig kann sich ein ausländischer Insolvenzverwalter im Inland auf die vom IPR des Verfahrensstaates berufene Rechtsordnung stützen, um ein Vermögensrecht geltend zu machen, das nach dem vom deutschen IPR berufenen Sachstatut dem Schuldner nicht zusteht. Das Insolvenzstatut ist in diesem Zusammenhang lediglich insoweit von Bedeutung, als es den für die Rechtsinhaberschaft des Schuldners maßgeblichen Zeitpunkt bestimmt (in der Regel die Verfahrenseröffnung)5. Ausnahmsweise können auch bestimmte nicht dem Schuldner gehörende Vermögensgegenstände Bestandteil der Insolvenzmasse sein, soweit das Insolvenzstatut dies vorsieht. Beispiele bilden die frühere reputed ownership clause des englischen Konkursrechts6 sowie Anfechtungs- und Durchgriffshaftungsansprüche, die ebenfalls der Insolvenzmasse zuzurechnen sind, ohne bei Verfahrenseröffnung Bestandteil des Schuldnervermögens gewesen zu sein.

2. Inlandsvermögen und Auslandsvermögen Ob die ausländische Insolvenzmasse nur das im Verfahrensstaat belegene Vermögen umfaßt oder auch das im jeweiligen Ausland, insbesondere das in Deutschland belegene Vermögen, bestimmt grundsätzlich das Insolvenzstatut7 . Da im ausländischen Insolvenzrecht jedoch nicht selten ausdrückliche Regelungen hierüber fehlen, soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, inwieweit schweizerische, französische und englische Insolvenzverfahren auch Auslandsvermögen in Anspruch nehmen.

4 Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 323, 347; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 94; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l87a; Henckel, in: FS Nagel, S. 93 (llO); von Oertzen, S. 128. s Ebenso Trunk, Internationale Aspekte, S. 186. 6 Sec. 38 (c) Bankruptcy Act 1914. s. dazu oben A. III. 2. a), S. 62, unten VI. I. b) bb) (l) (a), S. 203. 7 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (261); 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (203); 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (119); Drobnig, in: Stall, Reform des IIR, S. 51 (53, 55); Reithmannl Hausmann, Rdn. 1827; Trunk, IIR, S. 292; vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, s. 241.

10 Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

a) Schweizerische Insolvenzverfahren Ob in der Schweiz eröffnete Insolvenzverfahren das Auslandsvermögen in Anspruch nehmen, wird nach wie vor unterschiedlich beurteilt. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) legte der Wortlaut des Art. 197 Abs. l S. 1 a.F. SchKG und der Artt. 27 Abs. 1, 62 KOV8 für Konkursverfahren die Inanspruchnahme sowohl des Inlands- als auch des Auslandsvermögens zwar nahe9• Dessenungeachtet hat das schweizerische Bundesgericht zumeist angenommen, das in diesen Bestimmungen verankerte Universalitätsprinzip gelte nur für das Gebiet der Schweiz, während den internationalen Bereich das Territorialitätsprinzip beherrsche 10. In einigen neueren Entscheidungen hat das Bundesgericht sich zwar kritisch zum Territorialitätsprinzip geäußert 11 , sich aber allenfalls begrenzt von ihm zu lösen vermocht 12. Mit Inkrafttreten des IPRG zum 1. Januar 1989 dürfte diese Rechtsprechung indessen gegenstandslos geworden sein. Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG verlangt für die Anerkennung ausländischer Konkursdekrete Gegenrecht (Gegenseitigkeit), d. h. im Falle eines schweizerischen Konkurses die Auslieferung des Auslandsvermögens bzw. die Durchführung eines Parallelverfahrens im Ausland 13 • Infolgedessen ist davon auszugehen, daß das Auslandsvermögen zur schweizerischen Konkursmasse gehört 14• Für dieses Ergebnis spricht sich, s Art. 197 Abs. 1 S. 1 a.F. SchKG: "Sämtliches Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung angehört, bildet, gleichviel wo sich dasselbe befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient." (in der Sache ebenso Art. 197 Abs. 1 n.F. SchKG). Art. 27 Abs. 1 KOV: "Die im Ausland liegenden Vermögensstücke sind ohne Rücksicht auf die Möglichkeit ihrer Einbeziehung in die inländische Konkursmasse ins Inventar einzustellen.". Art. 62 KOV: "Wenn die Pfandobjekte zwar dem Gemeinschuldner gehören, aber im Ausland liegen und nach dem massgebenden Rechte nicht zur inländischen Konkursmasse gezogen werden können, ...". 9 Die Inanspruchnahme des Auslandsvermögens ist daher vorn OLG München (29. 9. 1955, IPRspr. 1954/55 Nr. 210, S. 583 [583 f.]) und vom OLG Köln (20. 7. 1992, IPRspr. 1993 Nr. 200a, S. 470 [473]) bejaht worden. 10 BG, 20. 9. 1906, BGE 32 I 774 (778); 14. 2. 1928, BGE 54 II1 25 (28); 5. 12. 1969, BGE 95 III 83 (89); vgl. auch BGH, 27. 5. 1993, BGHZ 122, 373 (376). Nach einigen frühen Entscheidungen des Bundesgerichts soll das Universalitätsprinzip zwar (nur) für schweizerische Konkurse gelten (BG, 24. 9. 1897, BGE 23 II 1285 [1287 f.]; 12. 11. 1909, BGE 35 I 811 [812]; 1. 12. 1911, BGE 3711594 [595 f.]). Da es dabei stets um ausländische Insolvenzverfahren ging und das Bundesgericht die Divergenz nicht thematisiert hat, dürfte es sich jedoch nur um einen terminologischen Unterschied handeln. Eindeutig für Einbeziehung des Auslandsvermögens lediglich BG, 21. 12. 1916, BGE 42 III 467 (474). II BG, 12. 3. 1976, BGE 102 III 71 (74); 7. 12. 1981 , BGE 107 II 484 (486); vgl. auch BG, 7. 9. 1983, BGE 109 III 112 (115 ff.) =Praxis 73 (1984), Nr. 66; 15. 8. 1985, BGE 111 III 38 (40 ff.) =Praxis 75 (1986), Nr. 16. 12 Vgl. Botschaft zum IPRG, BBI. 1983, S. 263 (448). 13 Volken, in: IPRG-Kornmentar, Art. 166 Rdn. 32; Staehelin, S. 69 f.; Breitenstein, S. 190; vgl. OG Zürich, 9. 10. 1990, SJZ 87 (1991), 191; Walder-Bohner, UZ 1986, S. 51 (54); Walder, in: FS 100 Jahre SchKG, S. 325 (331); Hanisch, SZIER 1992, S. 3 (6 f., 11, 14, 22,24 ff.). 14 So i.E. auch Hanisch, IPRax 1993, S. 297 (300); ders., a. a. 0., S. 385 (386); Stad/er, KTS 1995, S. 539 (555).

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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meist allerdings unter Berufung auf Art. 197 SchKG, ganz überwiegend auch das neuere Schrifttum aus 15 . Denselben Standpunkt scheinen die Konkursämter einzunehmen 16. Schweizerische Konkurse nehmen Auslandsvermögen allerdings nur dann in Anspruch, wenn sie am ordentlichen Betreibungsort des Schuldners eröffnet werden 17 . Dies ist für natürliche Personen regelmäßig der Wohnsitz, für im Handelsregister eingetragene juristische Personen und Gesellschaften der statutarische Sitz und für nicht eingetragene juristische Personen der Hauptsitz der Verwaltung18. Wird der Konkurs hingegen am Sitz der schweizerischen Niederlassung eines im Ausland wohnenden Schuldners eröffnet 19, erlaßt er nur das Niederlassungsvermögen20, soweit es in der Schweiz belegen ist21 . Auch der sogenannte Mini-Konkurs nach Artt. 170-174 IPRG erstreckt sich allein auf das in der Schweiz befindliche Vermögen22. Die internationale Wirkung schweizerischer Nachlaßverfahren hat das Bundesgericht vor Inkrafttreten des IPRG im Grundsatz vemeint 23 . Allerdings hat es die Einbeziehung von Auslandsvermögen in einen Nachlaßvertrag mit Vermögensabtretung für zulässig gehalten, so daß von dieser Möglichkeit regelmäßig Gebrauch gemacht worden ist24. Seit Inkrafttreten des IPRG ist aufgrunddes Gegenrechtserfordemisses25 davon auszugehen, daß sich die Wirkungen schweizerischer Nach15 Gillieron, S. 280, 319; ders., SZIER 1992, S. 135 (144 f., 167); ders., ZSR 133 (1992) I, S. 259 (275); Amonn, § 40 Rdn. 6 ff.; Staehelin, S. 3; Hirsch, S. 69 (72); Gauch, Rdn. 2147; Bürgi, in: FS 100 Jahre SchKG, S. 175 (175 f.); Schnyder, S. 119; Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (110 ff.); W J. Habscheid, in: FS Matscher, S. 163 (168); a.A. Fritzsche!Walder II, § 41 Rdn. 4; Walder, in: FS 100 Jahre SchKG, S. 325 (326). 16 Vgl. LG Waldshut-Tiengen, 5. 6. 1992, IPRspr. 1992 Nr. 266, S. 654. Ob das in Deutschland belegene Vermögen vom schweizerischen Konkurs in Anspruch genommen wurde, hätte das Landgericht allerdings prüfen müssen. 17 Zu dieser internationalen Zuständigkeit Breitenstein, S. 135; Staehelin, S. 36 ff.; Amonn, § 36 Rdn. 6; zur entsprechenden örtlichen Zuständigkeit BG, 15. 2. 1906, BGE 32 I 25 (32 f.); 16. 9. 1981, BGE 107 III 53 (56); 14. 10. 1985, BGE 11l III 66 (69); zur Doppelfunktion der Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit Breitenstein, S. 134; Staehelin, S. 35; vgl. Gillieron, SZIER 1992, S. 135 [141 f.]; Keller/Siehr, § 45 I 3, S. 569. 18 Art. 46 Abs. I, 2 SchKG. 19 Zur internationalen Zuständigkeit der Niederlassung s. Breitenstein, S. 136 ff.; Staehelin, S. 42 ff.; vgl. Art. 50 Abs. 1 SchKG. Zu weiteren Anknüpfungsmomenten s. Staehelin, S. 43 f .; Breitenstein, S. 136. 20 Hanisch, JZ 1988, S. 737 (743); Breitenstein, S. 138; Nussbaum, IKR, S. 120; wohl auch Volken, in: IPRG-Komrnentar, Art. 166 Rdn. 38. 21 BG, 14. 4. 1936, BGE 62 111 74 (76); Botschaft zum IPRG, BBI. 1983, S. 263 (452); Staehelin, S. 105; Gauch, Rdn. 2127, 2156; Walder-Bohner, LJZ 1986, S. 51 (53); Walder, in: FS 100 Jahre SchKG, S. 325 (327); a.A. Nussbaum, IIR, S. 20. 22 Art. 170 Abs. I IPRG. 23 BG, 19. 9. 1912, BGE 38 II 717 (720); 23. 6. 1977, BGE 103 III 54 (59 f.) =Praxis 66 (1977), Nr. 253. 24 BG, 23. 6. 1977, BGE 103 II1 54 (61 f.) = Praxis 66 (1977), Nr. 253; vgl. BG, 27. 6. 1969, BGE 95 III 60 (72 f.). 10*

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

laßverfahren ebenfalls auf das Auslandsvermögen erstrecken26. Voraussetzung ist auch hier, daß das Verfahren am ordentlichen Setreibungsort des Schuldners eröffnet worden ist27 • Nachlaßverfahren über das Vermögen der schweizerischen Niederlassung eines im Ausland wohnenden Schuldners sollen mangels Zuständigkeit nicht möglich sein28 , was mit Art. 175 S. 2 i.V.m. Art. 166 Abs. 2 IPRG freilich nicht ohne weiteres zu vereinbaren ist. Jedenfalls würden solche Verfahren ebenso wie entsprechende Konkursverfahren kein Auslandsvermögen in Anspruch nehmen. Auch Nachlaßverfahren nach Artt. 175 S. 2, 170 Abs. 1 IPRG, deren Zulässigkeit ebenfalls umstritten ist29, beschränken sich auf das in der Schweiz belegene Vermögen. b) Französische Insolvenzverfahren

Ob französische Insolvenzverfahren außerhalb Frankreichs belegenes Vermögen in Anspruch nehmen, hängt nach überwiegender Ansicht davon ab, worauf sich die internationale Zuständigkeit des Insolvenzgerichts gründet30. Beruht sie darauf, daß der Schuldner seinen Untemehmenssitz3 1, zumindest aber seine Hauptniederlassung in Frankreich hat32 , umfaßt das Verfahren auch das Auslandsvermögen, soweit die Eröffnungsentscheidung im Ausland - wie eine entsprechende ausländische Entscheidung in Frankreich - vollstreckbar ist33 . Dabei legt die Rechtsprechung Art. 175 S. 2 i.V.m. Art. 166 Abs. llit. c IPRG. Anderer Ansicht (auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung) Gilliiron, S. 445; Fritzsche!Walder II, § 73 Rdn. 3. 27 Zu dieser internationalen Zuständigkeits. Staehelin, S. 177; zur entsprechenden örtlichen Zuständigkeit BG, 27. 4. 1972, BGE 98 III 37 (38 f.). 28 BG, 14. 4. 1936, BGE 62 II 74 (76); Fritzsche/Walder II, § 72 Rdn. 5; Staehelin, S. 177. 29 s. Reinhart, S. 260 f. m. w. N. 30 V gl. Mayer, Nr. 666; Audit, Nm. 342, 769; UJUssouam/ Bredin, S. 763 f., 769 f.; Trochu, S. 67, 82, 89; Pastor Ridruejo, RdC 1971 II (133), S. 135 (173 f.); Sonnenberger; Rdn. VIII 98; a.A. Moreau, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 95 (98) (stets Einbeziehung des Auslandsvermögens); Ripertl Rohlot II, Nr. 2913 (keine Inanspruchnahme); unklar Coviaux, in: Jur.-Cl. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 48 (stets Einbeziehung), Nm. 70, 94 (jaillite locale). 31 Bei Gesellschaften grundsätzlich der statutarische Sitz, wenn der effektive Verwaltungssitz sich nicht anderswo befindet (Ripert/Roblot II, Nr. 2881 ; Moreau, in: Fletcher, CrossBorder Insolvency, S. 95 [98]; Sonnenberger; Rdn. VIII 97; Witz /Zierau, RIW 1989, S. 929 [930]; vgl. Cass. 1'e civ., 21. 7. 1987, D. 1988 J. 169). 32 Hieran knüpfte Art. 1 Abs. 1 Dekret Nr. 85 - 1388 in der bis 1994 geltenden Fassung die örtliche Zuständigkeit und - wegen seiner Doppelfunktion (vgl. Cass. 1'e civ., 30. 10. 1962, Rev. crit. 1963, 387; CA Paris, 8. 7. 1992, D. 1992 J. 476 [477]; Coviaux, in: Jur.-Cl. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 23) - zugleich die internationale Zuständigkeit. Vgl. Audit, Nr. 342; Coviaux, in: Jur.-Cl. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 28; Moreau, in: Fletcher; CrossBorder Insolvency (1992), S. 95 (98); Sonnenberger; Rdn. VIII 97. 33 Loussouam/Bredin, S. 764; Trochu, S. 68; Audit, Nm. 342, 769; Coviaux, in: Jur.Cl. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 48; Moreau, in: Fletcher; Cross-Border Insolvency (1992), 25

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IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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den Begriff der Hauptniederlassung, soweit es um die Begrundung der internationalen Zuständigkeit geht, weit aus und versteht unter einer Hauptniederlassung auch eine Zweigniederlassung, sofern sie die Hauptniederlassung des Schuldners in Frankreich ist 34 . Diese Erweiterung der internationalen Zuständigkeit hat jedoch offenbar nicht zu einer erweiterten Inanspruchnahme des Auslandsvermögens geführt. Verfahren, die aufgrund einer Zweigniederlassung eröffnet werden, erstrecken sich allein auf das in Frankreich belegene Vermögen, auch dann, wenn die Zweigniederlassung die französische Hauptniederlassung des Schuldners ist35 . Die Erweiterung der internationalen Zuständigkeit durch die Novelle von 1994, wonach anstelle einer Hauptniederlassung nunmehr ein Hauptzentrum der französischen Interessen des Schuldners genüge 6 , dürfte daran nichts geändert haben, weil damit lediglich die Entwicklung der Rechtsprechung nachvollzogen wurde. Vor der Insolvenzrechtsreform von 1985 ist die Zuständigkeit zur Eröffnung eines lnsolvenzverfahrens, das sich auf das in Frankreich belegene Vermögen beschränkt, auch aus der Existenz inländischen Vermögens, aus (rechts-)geschäftlicher Betätigung in Frankreich37 sowie aus Artt. 14, 15 Code civil38 hergeleitet worden. Ob diese Anknüpfungsmomente die Reform überdauert haben, ist unterschiedlich beurteilt worden39 . Mit der 1994 erfolgten Erweiterung der internationalen Zuständigkeit dürfte die Frage jedoch weitgehend bedeutungslos geworden sein.

c) Englische Insolvenzverfahren Anders als bei schweizerischen und französischen Insolvenzverfahren kommt es für den räumlichen Umfang der Insolvenzmasse englischer Verfahren nicht auf bestimmte Zuständigkeitsgrunde an. Die klassischen englischen Insolvenzverfahren, winding up40 und bankruptc/ 1, beanspruchen schon seit jeher nicht nur Inlands-, S. 95 (98); Summ, S. 195 f.; jedenfalls für die Sitzzuständigkeit auch Mayer; Nr. 666; Sonnenberger; Rdn. VIII 98; von Campe, S. 398; Pastor Ridruejo, RdC 1971 II (133), S. 135 (174). 34 Cass. com., ll. 4. 1995, D. 1995 IR. 122; CA Paris, 8. 7. 1992, D. 1992 J. 476, T. com. Paris, 23. 7. 1991, D. 1992 J. 232. 35 CA Paris, 8. 7. 1992, D. 1992 J. 476 (477); 29. 3. 1994, D. 1995 Somm. 385; vgl. Grasmann, Rev. crit. 1990, S. 421 (434); Moreau, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 95 (98); Audit, Nr. 342; LoussouamlBredin, S. 769; Trochu, S. 82, 85; Sonnenberger; Rdn. VIII 97 f.; Summ, S. 196, 197 f.; von Campe, S. 399. 36 Art. I Abs. l Dekret Nr. 85- 1388 in der seither geltenden Fassung. 37 Nachweise bei Loussouam/ Bredin, S. 769; Trochu, S. 82; Audit, Nm. 342, 769; s. auch Pastor Ridruejo, RdC 1971 II (133), S. 135 (173). 3& Cass. 2e civ., 7. 6. 1962, Rev. crit. 1963, 844; Cass. com., 19. 3. 1979, Rev. crit. 1981, 524 (526 f.); weitere Nachweise bei Audit, Nr. 769; Mayer; Nr. 666; Loussouam/Bredin, S. 770; Trochu, S. 82, 89; vgl. Sonnenberger; Rdn. VIII 97 f . 39 Vgl. Audit, Nr. 342; Coviaux, in: Jur.-CI. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 43; Delaporte, in: Jur.-CI. Com., Vol. 8, Fase. 2200 Nr. 31 f. 40 Sec. 144 (1), 166 (3)(a) i.V.m. Sec. 436 Insolvency Act 1986; Re Hibernian Merchants Ltd. [1957] 3 All E. R. 97 (99), Ch.D.; International Westminster Bank plc. v. Okeanos

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

sondern stets auch Auslandsvermögen. Gleiches gilt für die administration42 • Ob voluntary arrangements das im Ausland belegene Vermögen erfassen, wird nach dem Inhalt der jeweiligen Vergleichsvereinbarung zu beantworten sein43 . Diese umfassende Inanspruchnahme ist nicht, wie vermutet werden könnte, mit einer Beschränkung der internationalen Zuständigkeit auf besonders gewichtige Anknüpfungsmomente verbunden. Im Gegenteil, das englische Recht verleiht den Insolvenzgerichten sehr weite Zuständigkeiten44 • Relativiert werden diese jedoch dadurch, daß die Verfahrenseröffnung weitgehend im gerichtlichen Ermessen steht45 . Dieforum non conveniens-Doktrin allerdings hat sich trotz einiger Ansätze bislang noch nicht im englischen Insolvenzrecht etablieren können46 . Maritime Corp. [1987] 3 AllE. R. 137 (150), Ch.D.; Fletcher; S. 751 f.; ders., Cross-Border Inso1vency (1992), S. 217 (229); Diceyl Morris II, S. 1131. 41 Sec. 283 (1) i.V.m. Sec. 436 Inso1vency Act 1986; Fletcher; S. 705; ders., Cross-Border lnsolvency (1992), S. 217 (228 f.); Dicey/Morris II, S. 1163; Cheshire/North, S. 907; BlomCooper; S. 130; Pastor Ridruejo, RdC 1971 II (133), S. 135 (176). 42 Sec. 8 (2) i.V.m. Sec. 436 Insolvency Act 1986. 43 Vgl. ferner Sec. 252 (2)(b), 254 (I) i.V.m. Sec. 436 Insolvency Act 1986. 44 Dem winding up unterliegen neben in England und Wales registrierten Gesellschaften auch ausländische Gesellschaften, wenn sie aufgelöst sind oder ihre Geschäftstätigkeit eingestellt haben oder diese nur zu Abwicklungszwecken aufrechterhalten, wenn sie zahlungsunfähig sind oder wenn das Gericht die Verfahrenseröffnung für gerecht und billig hält (Sec. 221 (5) Insolvency Act 1986; vgl. Sec. 225 Insolvency Act 1986). Ob auch andere Insolvenzverfahren über das Vermögen ausländischer Gesellschaften eröffnet werden können, ist - abgesehen von Rechtshilfefällen nach Sec. 426 Insolvency Act 1986 (insoweit bejahend Dicey/ Morris II, S. 1143; Fletcher; Cross-Border Insolvency [ 1992], S. 217 [225]; Wood, Principles, Rdn. 11-5; vgl. Trunk, IIR, S. 56)- nicht geklärt (gegen administration: Felixstowe Dock and Railway Co. v. United States Lines lnc. and related applications [1988] 2 All E. R. 77 [91], Q.B.D.; Fletcher; a. a. 0.; Wood, a. a. 0.; a.A. Dicey!Morris II, S. 1153 f.; Moss, in: Comp.L.Y.B.Int.Business 15 [1993], S. 3 [11 f.]; tendenziell auch Re International Bulk Commodities Ltd. [1993] 1 AllE. R. 361, Ch.D.; gegen voluntary arrangements: Fletcher; a. a. 0 .; a.A. Moss, a. a. 0 . [10]). Konkurs kann gegen jeden Schuldner eröffnet werden, der sein domicile in England oder Wales hat oder sich am Tag der Antragstellung dort aufhält oder innerhalb der der Antragstellung vorhergehenden drei Jahre seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Aufenthaltsort in England oder Wales hatte oder in dieser Zeit dort, auch durch Vertreter oder im Rahmen einer partnership, geschäftstätig war (Sec. 265 Insolvency Act 1986; zum letzten Anknüpfungsmoment s. Re a debtor [No. 784 of 1991], ex parte the debtor v. Inland Revenue Commissioners and another [1992] 3 AllE. R. 376, Ch.D.). Zum Ganzen auch Summ, S. 121 ff. 45 Sec. 8 (1), 125, 266 (3) lnsolvency Act 1986. Für die Liquidation ausländischer Gesellschaften wird eine hinreichende Verbindung der Gesellschaft mit England oder Wales verlangt, die z. B. durch dort belegenes Vermögen hergestellt wird (Re Compania Merabello San Nicholas S.A. [1972] 3 AllE. R. 448, Ch.D.; Re Allobrogia Steamship Corporation [1978] 3 AllE. R. 423 [430], Ch.D.). Inlandsvermögen muß aber nicht stets vorhanden sein (Re Eloc Electro-Optieck and Communicatie B. V. [1981] 2 All E. R. 1111, Ch.D.; International Westminster Bank plc. v. Okeanos Maritime Corp. [1987] 3 AllE. R. 137, Ch.D.; Dicey/Morris II, S. 1117 f., 1121; vgl. Cheshire/North, S. 901). Konkursanträge werden in der Regel zuriickgewiesen, wenn der Schuldner kein Vermögen in England hat (Fletcher; S. 695; ders., Cross-Border Insolvency [1992], S. 217 [227]; Dicey/ Morris II, S. 1162).

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Inanspruchnahme des jeweiligen Auslandsvermögens durch ein ausländisches Insolvenzverfahren keine Selbstverständlichkeit ist47 . Partikularinsolvenzverfahren sind jedenfalls in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen nichts Außergewöhnliches. Soweit es bei diesen Verfahren darauf ankommt, ob ein beweglicher Vermögensgegenstand im Verfahrensstaat oder außerhalb desselben belegen ist, entscheidet nach der internationalinsolvenzrechtlichen Grundnorm das Recht des Verfahrensstaates. Daher kann ein solcher Vermögensgegenstand auch dann, wenn er nach deutschem Recht in Deutschland belegen ist, in ein ausländisches Partikularinsolvenzverfahren einbezogen sein. Eine solche Situation hat sich z. B. im Verhältnis zur Schweiz ergeben. Forderungen gegen einen Schuldner mit Wohnsitz in Deutschland, nach deutschem Recht Inlandsvermögen48 , sind von schweizerischer Seite als in der Schweiz belegen angesehen49 und - gewissermaßen am Territorialitätsprinzip vorbei - der schweizerischen Konkursmasse zugerechnet worden. Dementsprechend haben schweizerische Konkursverwaltungen sowie im Wege der Abtretung ermächtigte Gläubiger solche Ansprüche wiederholt vor deutschen Gerichten geltend gemacht50. Das Insolvenzstatut bestimmt auch den für die Belegenheit maßgeblichen Zeitpunkt. Sofern bewegliche Vermögensgegenstände zur Masse eines ausländischen Partikularinsolvenzverfahrens gehören, wird ihre Massezugehörigkeit durch ein späteres Verbringen nach Deutschland nicht aufgehoben51 . Im übrigen bedeutet die umfassende Inanspruchnahme des Auslandsvermögens durch ein Insolvenzverfahren nicht zwangsläufig, daß sich die Befugnisse des Insolvenzverwalters auch auf das gesamte Auslandsvermögen erstrecken. Dies wird zwar der Regelfall sein, doch gibt es auch Ausnahmen. Beispielsweise sind englische Insolvenzgerichte berechtigt, die Befugnisse eines Iiquidator auf die Erfassung, Verwertung und Verteilung des Inlandsvermögens zu begrenzen, was allerdings selten vorkommt52. Ebenso können die Befugnisse eines interim receiver be-

46 Fletcher, S. 702 f.; ders., Cross-Border Insolvency (1992), S. 217 (236); vgl. Smart, J.B.L. 1989, S. 126 (129 ff.); ders., Int.Comp.L.Q. 39 (1990), S. 827; Dicey/Morris II, S. 1121, 1159, 1162; Florian, S. 34 ff. 47 Vgl. BGH, 9. 12. 1987, NJW-RR 1988,477. 48 § 23 S. 2 ZPO; Jaeger I Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 273; Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 75; Trunk, Internationale Aspekte, S. 190. 49 Staehelin, S. 125 (insbesondere N. 28) m. w. N.; Schack, IZPR, Rdn. 960; vgl. OLG Kar1sruhe, 14. 7. 1911, NiemeyersZ 23, 320 (320 f.). 50 Vgl. OLG München, 29. 9. 1955, IPRspr. 1954/55 Nr. 210, S. 583; BGH, 7. 12. 1961, WM 1962, 263; 19. 10. 1967, IPRspr. 1966/67 Nr. 307, S. 916; 6. 5. 1985, NJW 1985, 2719; ferner BG, 5. 4. 1967, BGE 9311123. Vgl. jetzt Art. 167 Abs. 3 IPRG. 51 Dies ergibt sich daraus, daß in solche Vermögensgegenstände nicht einmal nach § 237 KO vollstreckt werden kann (s. unten 6. a) aa), S. 159 f.). 52 Re Hibemian Merchants Ltd. [1957] 3 AllE. R. 97, Ch.D.; Dicey!Morris II, S. 1131; Fletcher, S. 751 f.; Wood, Princip1es, Rdn. 14-19. Darin liegt entgegen Florian, S. 33, und Summ, S. 120, keine Beschränkung der Insolvenzmasse, weil dies Sec. 107 i.V.m. Sec. 436

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

schränkt werden 53 . Fürtrustees in bankruptcy wird eine solche Beschränkung hingegen abzulehnen sein54, da keine Bestimmung des Insolvency Act 1986 so ausgelegt werden darf, daß sie die Befugnisse des trustee außerhalb von England und Wales einschränkt55 .

3. Massefreiheit einzelner Vermögensgegenstände In vielen Insolvenzgesetzen ist vorgesehen, daß einzelne dem Schuldner gehörende Vermögensgegenstände, vor allem die für seinen Lebensunterhalt unentbehrlichen, von der Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse ausgenommen sind. Diese Bestimmungen regeln einen Teilaspekt des Masseumfangs, so daß nach der intemationalinsolvenzrechtlichen Grundnorm prinzipiell das Insolvenzstatut maßgeblich56, mangels Renvoi also grundsätzlich ausländisches Insolvenzsachrecht anzuwenden ist. Dort ist die Massefreiheit einzelner Vermögensgegenstände häufig derart geregelt, daß das Insolvenzverfahren nur dasjenige Vermögen erfaßt, das der Einzelzwangsvollstreckung (Pfandung) unterliegt57. Ob die Pfandbarkeil nach dem Recht des Verfahrensstaates oder nach dem Lageortsrecht als Vollstreckungsstatut58 zu beurteilen ist, entscheidet das Insolvenzstatut59. Sollte es auf die Iex rei sitae verweisen60, würde diese Verweisung für das in Deutschland belegene Vermögen angenommen werden61 . Sollte des Insolvenzstatut für die Pfandbarkeit hingegen nicht auf inländisches Recht verweisen, so darf seine Anwendung nicht dazu führen, daß - bei hinreichender Inlandsbeziehung - dem Schuldner das zur Lebensführung unabdingbar Notwendige entzogen wird. Gleiches gilt für die Anwendung solcher ausländischen Insolvenzgesetze, die ohne eine Bezugnahme auf das Zwangsvollstreckungsrecht auskommen und die Massefreiheit einzelner Vermögensgegenstände unmittelbar im Insolvenzrecht regeln 62, z. B. für das englische Insolvency Act 1986 widerspräche. Außerdem kann der Liquidator weitergehende Befugnisse beantragen, wenn er dies für zweckmäßig hält. 53 Sec. 286 (4) lnsolvency Act 1986. 54 Anders Summ, S. 120, und Florian, S. 32, deren Bezugnahme auf Sec. 303 (1) Insolvency Act 1986 jedoch unergiebig ist. 55 Sec. 314 (8) Insolvency Act 1986. 56 So auch Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.188. 57 Vgl. § 1 KO, § 1 Abs. 1 S. 2 Gesü, § 36 Insü, Artt. 197 Abs. 1, 92 f. SchKG. Zum französischen Recht vgl. Ripert/ Rohlot II, Nr. 3220; Art. 14 Gesetz Nr. 91-650 vom 9. Juli 1991. 58 Dazu Schack, IZVR, Rdn. 960 f. 59 A.A. (stets Lageortsrecht als Vollstreckungsstatut) Reithmannl Hausmann, Rdn. 1827; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 93; Jahr, IKR, S. 4; Metzger, S. 36. Vgl. Art. 11 S. 1 DöKV. 60 Dies nimmt z. B. Trochu, S. 226, für das französische Recht an. 61 s. oben III. l. b), S. 106 f. 62 Zu Unrecht verneinend Jaeger/ Jahr;§§ 237,238 Rdn. 303.

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

153

Recht63 . Andernfalls läge ein Verstoß gegen den ordre public vor (Artt. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG)64 , was zur Folge hätte, daß die Massefreiheit zumindest der in Deutschland belegeneo Vennögensgegenstände nach deutschem Insolvenzrecht65 zu beurteilen wäre. Vor einer vorschnellen Anwendung des ordre public ist jedoch zu warnen. Insbesondere darf nicht außer acht gelassen werden, welche Vennögenswerte außerhalb Deutschlands in der Verfügungsgewalt des Schuldners verbleiben. Die Forderung, deutsches Recht in allen ausländischen Insolvenzverfahren, d. h. auch ohne hinreichende Inlandsbeziehung und ohne Gesamtvennögensbetrachtung, auf das Inlandsvennögen anzuwenden 66, geht daher zu weit. Anders liegen die Dinge, soweit einzelne inländische Vennögensgegenstände nicht wegen ihrer Existenzsicherungsfunktion, sondern aufgrund ihrer Rechtsnatur nach deutschem Recht unpfändbar und daher massefrei sind, was beispielsweise bei nicht übertragbaren Forderungen67, anderen unveräußerlichen Rechten sowie bei Anteilen eines Gesellschafters an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen der Fall ist68. Würden diese Vennögensgegenstände nach dem Insolvenzstatut zur Insolvenzmasse gehören, wäre dies mit der inländischen Vennögensrechtsordnung nicht zu vereinbaren und verstieße gegen den ordre public. Nur insoweit würde sich die Massefreiheit nach deutschem Recht stets durchsetzen.

4. Neuerwerb

Ob Vennögen, das der Schuldner im Verlauf eines ausländischen Insolvenzverfahrens erwirbt, in die Insolvenzmasse fallt, bestimmt nach der internationalinsolvenzrechtlichen Grundnonn im Prinzip das Insolvenzstatut69. Das Insolvenzkollisionsrecht des Verfahrensstaates kann insoweit allerdings auf die Iex rei sitae verweisen, was z. B. für das französische Recht angenommen wird70. Eine solche Rückverweisung würde entsprechend Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB angenomSec. 283 (2), (3A), (6), 310 (2) Insolvency Act 1986. Vgl. OLG Hamm, 27. 8. 1982, ZMR 1984, 154 (156); LG Lübeck, 11. 12. 1986, NJW 1987, 959; BVerfG, 29. 5. 1990, BVerfGE 82, 60 (85) (Steuerfreiheit des Existenzminimums). 65 § 1 KO, §I Abs. 1 S. 2 GesO, § 36 InsO, jewei1s i.V.m. §§ 811, 8llc, 8I2, 850-850i, 85Ia ZPO. 66 Pielorz. S. 111; ders. , ZIP 1980, S. 239 (245); Summ, S. 59 f.; von Oenzen, S. 77; Aderhold, S. 263. 67 Vgl. Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 308, 340; Aderhold, S. 263. 68 § 1 KO, § 1 Abs. I S. 2 GesO, § 36 InsO,jeweils i.V.m. §§ 851,857 Abs. 1 und 3, 859 ZPO; vgl. auch §§ 852, 863 ZPO. 69 Reithmann/Hausmann, Rdn. 1827; Mohrbutter/ Wenner, Rdn. XXIII.l87a; Trunk, IIR, s. 292. 70 Trochu, S. 225m. w. N. (auch zur Gegenmeinung). 63

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

men werden71 , womit es, soweit das Verfahren vor dem 1. 1. 1999 eröffnet wurde (Art. 103 EGinsO), bei der Massefreiheit des in Deutschland belegenen Neuerwerbs bleibt (§ 1 Abs. 1 K072) . Soweit das Insolvenzstatut die Verweisung annimmt, ist das ausländische Insolvenzsachrecht maßgeblich. Danach gehört Neuerwerb häufig ohne weiteres zur Masse, so etwa nach schweizerischem und nach französischem Recht73, während es z. B. in englischen Konkursverfahren im Ermessen des trustee steht, ob er Neuerwerb zur Masse zieht74. Falls in Deutschland belegener Neuerwerb hiernach in die ausländische Insolvenzmasse fällt, so ist dies auch bei vor dem 1. 1. 1999 eröffneten Verfahren mit dem inländischen ordre public vereinbar75 . Zwar gehörte nach früherem Recht Neuerwerb nicht zur Masse eines inländischen Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverfahrens. Doch hat der deutsche Gesetzgeber sich mittlerweile umorientiert, so daß das Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung auch dasjenige Vermögen erfaßt, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt (§ 35 InsO). Demnach kann die Massefreiheit des Neuerwerbs auch bei älteren Verfahren nicht zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehören, deren offensichtliche Mißachtung die Anerkennung ausländischer Entscheidungen und die Anwendung ausländischen Rechts hindert.

5. Beschränkung durch inländische Parallelverfahren Die Inanspruchnahme des Inlands- und Auslandsvermögens durch ausländische Insolvenzverfahren findet ihre Grenze am konkurrierenden Anspruch inländischer Parallelverfahren. Soweit diese das vom ausländischen Insolvenzverfahren erfaßte Vermögen beanspruchen, sei es im Wege des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen inländischen Insolvenzverwalter, sei es mittels vorläufiger Sicherungsmaßnahmen76, und diesen Anspruch nicht aufgrundder Konkurrenz zuriicknehmen, ist dieses Vermögen der ausländischen Insolvenzmasse und damit den Befugnissen ausländischer Insolvenzverwalter entzogen. Dies ist die wohl schwerwiegendste Beschränkung ihrer Befugnisse im Inland. Dabei ist jedoch nach der Belegenheit des Vermögens zu differenzieren.

s. oben 111. 1. b), S. 107. Zur GesO s. HaarmeyeriWutzkeiFörster, § 1 Rdn. 238 ff.; SmidiSmid, § 1 Rdn. 181 ; Kilger I Karsten Schmidt, § 1 GesO Anm. 3 a. Rechtsvergleichend nimmt das deutsche Recht damit eine Sonderstellung ein (Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 122). 73 Art. 197 Abs. 2 SchKG, Art. 152 Abs. 1 S. 1 Gesetz Nr. 85-98. 74 Sec. 307 i.V.m. Sec. 305 (2) lnsolvency Act 1986. 75 So im Ergebnis auch GottwaldiAmold, § 122 Rdn. 93; Geimer, IZPR, Rdn. 3519; Pielorz, S. 111 ff.; ders., ZIP 1980, S. 239 (245); Summ, S. 59; Aderhold, S. 261 f.; a.A. Jaeger I Jahr,§§ 237,238 Rdn. 310. 76 Vgl. Grasmann, KTS 1990, S. 157 (177 f.). 11

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IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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a) Vermögen in Deutschland

Was das in Deutschland belegene Vermögen betrifft, so können zum einen inländische Partikularinsolvenzverfahren in Konkurrenz zu ausländischen Insolvenzverfahren treten. Solche Partikularverfahren haben nach ganz herrschender Meinung Vorrang vor ausländischen Verfahren77 . Daߧ 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. I EGinsO und § 238 Abs. 3 KO die Eröffnung eines Partikularverfahrens auch dann zulassen, wenn im Ausland schon ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, impliziert nämlich, daß das in Deutschland belegene Vermögen in die Masse des inländischen Verfahrens fällt. Andernfalls wäre dieses Verfahren nicht durchführbar. Da eine zweifache Massezugehörigkeit wenig sachgerecht wäre, muß angenommen werden, daß die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zur inländischen Insolvenzmasse die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Masse eines ausländischen Insolvenzverfahrens ausschließt78 . Zum anderen können inländische Universalinsolvenzverfahren in Konkurrenz zu ausländischen Insolvenzverfahren stehen. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob ein inländisches Universalverfahren auch dann noch beantragt und eröffnet werden kann, wenn bereits ein ausländisches Universalverfahren eröffnet worden ist und die Eröffnung in Deutschland anerkannt wird. Manche verneinen dies in Analogie zu § 71 Abs. 2 KO (Priorität des Eröffnungsantragsf9 . Damit ergäbe sich jedoch der Wertungswiderspruch, daß die Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens zwar möglich wäre, wenn eines der im allgemeinen schwächeren Anknüpfungsmomente nach § 238 Abs. I, 2 KO, § 22 Abs. 2 GesO oder Art. 102 Abs. 3 S. I EGinsO vorläge, sie bei einer intensiveren Inlandsbeziehung des Schuldners, wie sie§ 71 Abs. 1 i.V.m. § 238 Abs. 1 KO, § 1 Abs. 2 GesO und§ 3 Abs. 1 InsO voraussetzen80, aber ausgeschlossen wäre. Diesen Widerspruch vermeidet die Gegenauffassung81, die deshalb vorzuziehen ist. Auch wenn die internationale Zuständig77 Einschränkend lediglich Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.153, der Partikularverfahren nach § 238 KO Vorrang nur vor ausländischen Konkursverfahren i.e.S., nicht jedoch vor ausländischen Vergleichs-, Sanierungs- und Reorganisationsverfahren zubilligen will. Dies widerspricht dem Zweck des § 238 KO und erscheint im Hinblick auf Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGinsO überholt. Zu Recht a.A. daher BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (85). 78 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 237. Diese Sperrwirkung gilt auch für den in Deutschland belegenen Neuerwerb, selbst soweit er von inländischen Verfahren noch nicht erfaßt wurde. Allein den Neuerwerb dem ausländischen Verfahren zu überlassen erscheint wenig sinnvoll. Die Kosten seiner Erfassung würden seinen Wert nicht selten übersteigen. 79 Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 49; Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auf!., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 354; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.49; Baur/Stümer II, Rdn. 37.30; Grasmann, Rev. crit. 1990, S. 421 (428); Summ, S. 94. so Vgl. Jaegerl Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 100. 81 Jaeger/ Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 100, 255; Jahr; IKR, S. 7; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 9, 44; Geimer; IZPR, Rdn. 3411 ; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1818; Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1236 N. 30); ders., ZIP 1992, S. 1125 (1132); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (115); Kleveman, S. 132; Spahlinger; S. 97 f.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

keit durch die zuletzt genannten Vorschriften begründet wird, muß ein inländisches Insolvenzverfahren eröffnet werden können, das zumindest das Inlandsvermögen umfaßt und dessen Inanspruchnahme durch das ausländische Verfahren ausschließt. Im Ergebnis gilt die Regel vom Ausschluß der Auslandsvermögenszuständigkeit durch die Inlandsvermögenszuständigkeit82 also auch im Verhältnis zwischen ausländischen und inländischen lnsolvenzverfahren. Nur handelt es sich hier nicht um eine Konkurrenz zweier Anerkennungszuständigkeiten, sondern um einen Konflikt zwischen Anerkennungs- und Eröffnungszuständigkeit b) Vermögen in einem ausländischen Verfahrensstaat

Die Regel vom Ausschluß der Auslandsvermögens- durch die Inlandsvermögenszuständigkeit muß auch dann Anwendung finden, wenn die Vermögensgegenstände, um die inländische und ausländische Verfahren konkurrieren, im ausländischen Verfahrensstaat belegen sind. Die Inlandsvermögenszuständigkeit des ausländischen Verfahrensstaates schließt die deutsche Auslandsvermögenszuständigkeit aus, d. h. der Anspruch des inländischen Universalinsolvenzverfahrens auf diese Gegenstände wird zurückgenommen, sofern die Eröffnung des ausländischen Verfahrens im Inland anerkannt wird 83 . Die Gegenauffassung vom Vorrang des inländischen Verfahrens84, welche vor allem im Zusammenhang mit der Erörterung einer etwaigen Pflicht, die in einem ausländischen Partikularverfahren erlangte Dividende an den Verwalter im inländischen Universalverfahren herauszugeben, vertreten wird, beruht auf einer Überbewertung der Grundnorm und einer rechtspolitisch verfehlten Bewertung von Partikularinsolvenzverfahren. Sie verkennt insbesondere, daß die Durchführung eines Partikularverfahrens legitimen Interessen dienen kann.

s. oben II. 2. b) dd) (3) (b), S. 91. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240; Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 259 f.; Jahr, IKR, S. 7; Geimer, IZPR, Rdn. 3435; Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1 294); ders., ZIP 1985, S. 1233 (1236 N. 30); ders., ZIP 1989, S. 273 (276); ders., in: Fletcher, Cross-Border lnsolvency (1992), S. 104 (110); Henckel, in: Stall, Reform des IIR, S. 156 (164 f.); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (159 N. 8, 180); ders. , Rev. crit. 1990, S. 421 (441 f.) ; Trunk, UR, S. 346; Favoccia, S. 17; Metzger, S. 86. Mit Beendigung des ausländischen Verfahrens lebt der Anspruch wieder auf. Die Herausgabe eines im ausländischen Verfahren verbliebenen Überschusses an den Verwalter des inländischen Verfahrens sollte zweckmäßigerweise jedoch schon vor der formellen Beendigung des ausländischen Verfahrens möglich sein (i.E. ebenso Trunk, Internationale Aspekte, S. 170). 84 Wenner, KTS 1990, S. 429 (435 f.); Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 62a; Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 45. 82 83

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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c) Vermögen in einem ausländischen Nichtveifahrensstaat

Fraglich ist, wie die Konkurrenz zwischen deutschen und ausländischen Universalinsolvenzverfahren in bezug auf das in Nichtverfahrensstaaten befindliche Vermögen zu beurteilen ist (Konflikt zwischen zwei Auslandsvermögenszuständigkeiten). Nach einer Auffassung soll aus der Möglichkeit zur nachträglichen Eröffnung eines inländischen Universalinsolvenzverfahrens dessen Vorrang folgen85. Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Wenn die Möglichkeit zur nachträglichen Eröffnung des inländischen Verfahrens vorrangbegründend wäre, müßte der Vorrang des inländischen Verfahrens auch für das im ausländischen Verfahrensstaat belegene Vermögen gelten, was die hier kritisierte Auffassung aber zu Recht nicht annimmt86. Nach anderer Ansicht soll dasjenige Verfahren vorgehen, dessen Eröffnung zuerst beantragt wurde (§ 71 Abs. 2 KO analog) 87 bzw. das zuerst eröffnet wurde88 . Auch dies erscheint nicht sachgerecht. Letztlich entscheidet der Belegenheitsstaat, ob die betreffenden Vermögensgegenstände überhaupt einem der konkurrierenden Insolvenzverfahren und welchem sie überlassen werden 89. Deshalb sollte die Zuständigkeitskonkurrenz im Interesse des internationalen Entscheidungseinklangs nach dem Recht des Lageortes entschieden werden. Bei Konkurrenz zweier ausländischer Insolvenzverfahren um in Deutschland belegenes Vermögen ist schließlich auch das deutsche Recht, d. h. die Iex rei sitae, maßgeblich90. Ob das von einem inländischen Insolvenzverfahren beanspruchte Schuldnervermögen im Inland oder in einem ausländischen Verfahrens- oder Nichtverfahrensstaat belegen ist, richtet sich nach deutschem Recht als Insolvenzstatut91 • Bei beweglichem Vermögen entscheidet der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung. Vermögensgegenstände, die ein ausländischer Insolvenzverwalter vor Eröffnung des inländischen Verfahrens aus dem Inland ins Ausland verbracht hat, fallen daher nicht in die Masse eines inländischen Partikularinsolvenzverfahrens92 • Umgekehrt werden Vermögenswerte, die ein ausländischer Verwalter vor der Eröffnung eines inländischen Partikularverfahrens aus dem Ausland ins Inland transferiert hat, von diesem Verfahren erfaßt. Grenzüberschreitende Vermögensbewegungen nach Eröffnung des inländischen Verfahrens begründen weder die Massezugehörigkeit93 , noch heben sie sie auf. Jaeger!Jahr, §§ 237,238 Rdn. 238, 259,261 f. Jaeger I Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 259 f. 87 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1 236 N. 30). 88 Metzger, S. 31. 89 Vgl. BGH, 4. 2. 1960, NJW 1960,774. 90 s. oben II. 2. b) dd) (3) (a), S. 89 ff. 91 Geimer, IZPR, Rdn. 3441; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 102; vgl. Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 267-275. 92 Geimer, IZPR, Rdn. 3413. 93 Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 44; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1818. 85

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

6. Beschränkung durch Einzelrechtsverfolgung im Inland

Der Inanspruchnahme inländischen Schuldnervermögens durch ausländische Insolvenzverfahren können unter bestimmten Voraussetzungen auch Maßnahmen der Einzelrechtsverfolgung entgegenstehen. Im ausländischen Insolvenzrecht vorgesehene Einzelrechtsverfolgungsverbote94 rechnen zwar zu den zentralen Wirkungen des Insolvenzverfahrens und sind nach der internationalinsolvenzrechtlichen Grundnorm auch im Inland zu beachten95 . Daher ist die Einzelrechtsverfolgung im Inland grundsätzlich nur in dem Maße zulässig, in dem das Insolvenzstatut sie gestattet. Im Anwendungsbereich der Konkursordnung wird dieser Grundsatz bekanntlich jedoch durch § 237 KO durchbrochen. Eine weitere Durchbrechung wird für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zum Schutz noch nicht eröffneter inländischer Partikularinsolvenzverfahren diskutiert. Diese Ausnahmen, welche die ausländische Insolvenzmasse zumindest vorübergehend beeinträchtigen, sind Gegenstand der folgenden Erörterungen96 .

a) § 237 KO

§ 237 Abs. I KO bestimmt, daß die Zwangsvollstreckung in das Inlandsvermögen des Schuldners ungeachtet der Eröffnung eines ausländischen Konkursverfahrens zulässig ist. Ursprünglich sollten mit dieser Regelung inländische Gläubiger, die dem Schuldner im Hinblick auf sein Inlandsvermögen und im Vertrauen auf den zivilprozessualen Vermögensgerichtsstand Kredit gewährt hatten, davor bewahrt werden, im Auslandskonkurs leer auszugehen97 • Darüber hinaus ist aus der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das Inlandsvermögen lange Zeit die Schlußfolgerung gezogen worden, dieses Vermögen werde vom Auslandskonkurs überhaupt nicht erfaßt98 . Erst die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1983 und vom 11. Juli 198599 haben endgültig mit dieser Überinterpretation 94 Vgl. Artt. 206 Abs. 1, 297 Abs. 1, 2 SchKG, Art. 47 Abs. 2 Gesetz Nr. 85 - 98, Sec. 10 (l)(c), 11 (3)(d), 128, 254 (1), 285 (1) lnso1vency Act 1986. 95 § 379 RegEinsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 238; von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1466). Die gegenteilige Auffassung des OLG München (17. 3. 1995, IPRax 1996, 339 [340]) beruht auf einer unzutreffenden Anknüpfung des Einzelzwangsvollstreckungsverbots an das Vollstreckungsstatut und ist daher nicht haltbar. Darüber hinaus hat das OLG § 237 Abs. 1 KO und dessen Aufhebung durch Art. 2 Nr. 4 EGinsO in diesem Zusammenhang übersehen (ablehnend auch Roth, IPRax 1996, S. 324 [326]). 96 Zur Nichtbeachtung ausländischer insolvenzrechtlicher Einzelrechtsverfolgungsverbote im Steuerrecht s. FG Münster, 16. 2. 1996, ZIP 1996, 1353; zu Recht ablehnend Mankowski, ZIP 1996, 1354; von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1466 N. 35, 1467 N. 46). 97 Hahn, S. 403 f. 98 RG, 11. 7. 1902, RGZ 52, 155 (156); 21. 10. 1920, RGZ 100, 241 (242); 11. 6. 1926, RGZ 114, 82 (84); BGH, 4. 2. 1960, NJW 1960, 774; 30. 5. 1962, NJW 1962, 1511 (1512). 99 BGHZ 88, 147 (155); 95, 256 (265 ff.).

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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gebrochen und § 237 Abs. 1 KO auf seinen eigentlichen Anwendungsbereich zurückgeführt. Nach nunmehr unbestrittener Auffassung enthält die Bestimmung lediglich eine spezielle Beschränkung der Wirkungen ausländischer Konkursverfahren im Inland 100. § 237 Abs. 1 KO ist jedoch nicht nur auf klassische Konkursverfahren anzuwenden, sondern gilt wegen der in rechtsvergleichender Perspektive fließenden Übergänge zwischen einzelnen Verfahrensarten und der oft untrennbaren Verflechtung verschiedener Verfahren einheitlich für alle ausländischen Insolvenzverfahren 101 . Die Gesamtvollstreckungsordnung und die Insolvenzordnung enthalten keine vergleichbare Bestimmung. Der Vorentwurf von Vorschriften zur Neuordnung des Internationalen Insolvenzrechts des Bundesministeriums der Justiz vom I. März 1989 wollte die Einzelrechtsverfolgung im Inland zwar noch für bestimmte Gläubigergruppen zulassen 102 . Der Regierungsentwurf hat sich aber auf den zutreffenden Standpunkt gestellt, daß § 237 KO eine sachlich nicht gerechtfertigte Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei, und die Übernahme dieser Bestimmung abgelehnt 103 . Der Gesetzgeber hat sich stattdessen dafür entschieden, Zuständigkeitsinteressen inländischer Gläubiger durch die Einführung der Vermögenszuständigkeit für inländische Partikularinsolvenzverfahren (§ 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGinsO) zu schützen. Dieser Maximenwechsel und die damit verbundene Aufhebung des § 237 KO bedeuten einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt in der Entwicklung des deutschen Internationalen lnsolvenzrechts. Für ausländische Insolvenzverfahren, deren Eröffnung vor dem I. Januar 1999 beantragt wird, bleibt es allerdings bei der Geltung des § 237 KO (Art. 103 EGinsO analog) 104, weshalb der Anwendungsbereich dieser Vorschrift kurz erläutert werden soll. aa) Zwangsvollstreckung Ausdrücklich zugelassen ist in § 237 Abs. I KO die Zwangsvollstreckung in die im Inland belegeneo Vermögensgegenstände des Schuldners. Ein Einzelrechtsverfolgungsverbot des Insolvenzstatuts ist insoweit wirkungslos. Voraussetzung ist allerdings, daß die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt wird, sich bereits im 10o BGH, 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147 (155); ll. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (267); 11. I. 1990, NJW 1990, 990 (991); OLG Karlsruhe, 9. 7. 1987, NJW-RR 1987, 1407; LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (726). 101 BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (81) (Vergleichsverfahren); LG Frankfurt/Main, 13. 2. 1989, NJW 1990, 650; Lüer; in: Kuhn!Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 80; Trunk, IIR, S. 312; a.A. Jayme, in: FS Riesenfe1d, S. 117 (127); Wenner, KTS 1990, S. 429 (432 f.); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.142; Summ, S. 102. 102 Vgl. Artt. 17, 22 Abs. 2 des Vorentwurfs, abgedruckt in: Stoll, Reform des IIR, S. 2 (8, 9 f.); kritisch dazu Leipold, a. a. 0., S. 72 (83 ff.). 103 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 238. 104 A.A. Roth, IPRax 1996, S. 324 (326) (Vorwirkung).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Zeitpunkt des Wirksamwerdens des ausländischen Zwangsvollstreckungsverbots105 im Inland befunden haben. Gegenstände, die erst danach ins Inland gelangen oder vom ausländischen Insolvenzverwalter aus Mitteln des Auslandsvermögens hier erworben werden, sind kein taugliches Vollstreckungsobjekt 106, wie schon aus dem ursprünglichen Schutzzweck der Vorschrift hervorgeht. Die Vollstreckung steht allen Insolvenzgläubigem ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Sitz, Teilnahme am ausländischen Verfahren und Forderungsstatut offen 107 • Vollstreckungsgegner ist nach überwiegender Auffassung der ausländische Verwalter, sofern die Verfügungsbefugnis nach dem Recht des Verfahrensstaates auf ihn übergegangen ist 108. Das erfordert eine Titelumschreibung 109, die § 237 Abs. 1 KO ebenfalls gestattet. bb) Titelprozesse? Die Beschaffung eines inländischen Vollstreckungstitels gestattet § 237 Abs. 1 KO nach herrschender Ansicht nicht. Die Vorschrift läßt die Zwangsvollstrekkung also nur aus solchen Titeln zu, die bei Wirksamwerden des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots bereits existieren 110. Diese - nicht unbestritte105 In Rechtsprechung und Literatur wird zumeist auf den Zeitpunkt der ausländischen Verfahrenseröffnung abgestellt, was bei einem einstweiligen Vollstreckungsverbot (vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 3 lnsO) freilich nicht weiter führt. Wie hier aber Trunk, IIR, S. 313 N. 893. 106 RG, 13. 1. 1885, RGZ 14,424 (426); 13. 4. 1915, Recht 1915 Nr. 2589; 11. 6. 1926, RGZ 114, 82 (84); LG München I, 4. 8. 1982, IPRspr. 1982 Nr. 203a, S. 491 (492); Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (710 f.); Jayme, in: FS Riesenfeld, S. 117 (125 f.); Aderhold, S. 242; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l44; zu eng AG München, 23. 9. 1982, IPRspr. 1982 Nr. 203b, S. 491 (493 f.); LG München I, 11. 3. 1983, RIW 1984, 994; unzutreffend LG München I, l. 7. 1981, IPRspr. 1982 Nr. 202a, S. 490 (491 ). 107 Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 67, 69-71; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 42; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 81; Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (303). Thieme (RabelsZ 37 [1973], S. 682 [712]) will im Ausland ansässige Gläubiger ausschließen. Die restriktive Auslegung des § 237 Abs. I KO darf jedoch nicht zu einerneuen Diskriminierung führen (vgl. Pielorz, S. 90; Aderhold, S. 244). 108 Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (707 f.); Pielorz, S. 98 f.; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 41; vgl. Jaeger/Jahr, §§ 237,238 Rdn. 421; a.A. offenbar Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 82. 109 Zur entsprechenden Anwendung von§ 727 ZPO beim Übergang der Verfügungsbefugnis auf einen inländischen Konkursverwalters. OLG Stuttgart, 29. 7. 1957, NJW 1958, 1353; LG Bremen, 14. 9. 1976, KTS 1977, 124; Stein/Jonas/Münzberg, § 727 Rdn. 25 f.; Zöller/ Stöber, § 727 Rdn. 18. Vgl. Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (708); Pielorz, S. 99. uo BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (270); 11. 1. 1990, NJW 1990, 990 (991 ); 13. 5. 1997, NJW 1997, 2525 (2527); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (46); OLG Karlsruhe, 9. 7. 1987, NJWRR 1987, 1407 (§ 237 KO war hier freilich nicht einschlägig; vgl. Dilger, RIW 1988, S. 225 [226] ; Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 [1578]); OLG Düsseldorf, 15. 11. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (558); OLG Frankfurt/Main, 4. 8. 1993, ZIP 1993, 1319 (1320), 1660; LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (727); LG Waldshut-Tiengen, 5. 6. 1992, IPRspr. 1992 Nr. 266, S. 654; LG Frankfurt/Main, 30. 7. 1993, IPRspr. 1993 Nr. 189b, S. 450; LG

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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ne 111 -Auffassung entspricht dem Wortlaut der Norm. Doch ist nicht zu verkennen, daß sie das Interesse der Insolvenzgläubiger ohne titulierte Forderungen, nicht auf die Rechtsverfolgung im Ausland angewiesen zu sein 112, und damit den in den Gesetzgebungsmaterialien genannten Normzweck 113 hintanstellt. Dieses Interesse ist durchaus beachtlich, wie die Einführung der Vermögenszuständigkeit für Partikularinsolvenzverfahren zeigt (§ 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. 1 EGins0) 114• Dennoch erscheint es gerechtfertigt, Titelprozesse vom Anwendungsbereich des § 237 Abs. 1 KO auszunehmen. Ihren ursprungliehen Zweck, inländische Gläubiger vor dem Auslandskonkurs zu schützen, kann diese Vorschrift aufgrund der gewandelten Verhältnisse nur noch unzureichend erfüllen. Ausländische Gläubiger sind häufig schneller 115 • Die Zulassung von Titelprozessen gegen den Schuldner stünde zudem im Widerspruch zur Anerkennung des Übergangs der Prozeßführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter 116 und zur Aachen, 27. 8. 1993, MDR 1993, 1235; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 81 , 83; Gottwald/Gerhardt, § 34 Rdn. 16; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.140; Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (700); Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (244 N. 45); ders. , S. 93 f. ; Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1299 f.); ders., ZIP 1985, S. 1233 (1234); Lau, BB 1986, S. 1450 (1452); Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (147); Wenner, KTS 1990, S. 429 (432); Riegel, RIW 1990, S. 546 (550); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (161 f.); ders., Rev. crit. 1990, S. 421 (469); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Jayme, in: FS Riesenfeld, S. 117 (126, 128); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (307); Spätgens, in: FS Piper, S. 461 (478); Summ, S. 102; Aderhold, S. 242. III Für die Zulassung von Titelprozessen Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 67, 73; Jahr, IKR, S. 6; Schütze, S. 197; Jürgen Schmidt, S. 178; Potthast, S. 17, 128; Lüderitz, JZ 1986, S. 96 (97); Flessner, ZIP 1989, S. 749 (753). 112 Dazu Lüderitz, JZ 1986, S. 96 (97); Flessner, ZIP 1989, S. 749 (753); Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 40. Neuerdings will Flessner, (IPRax 1997, S. 1 [5 f.]) deshalb die Anerkennung ausländischer Einzelrechtsverfolgungssperren gegenüber inländischen Insolvenzgläubigem davon abhängig machen, daß diese bei Bestreiten der Forderung im ausländischen Verfahren in einem gegebenen inländischen Gerichtsstand ein Feststellungsurteil über die Forderung erlangen können, welches im Verfahrensstaat anerkannt wird. Wird das Feststellungsurteil nicht anerkannt, soll eine entsprechende Leistungsklage zulässig sein. Diese Lösung ist mit der par condicio creditorum nicht zu vereinbaren. Im übrigen ist fraglich, ob es wirklich im wohlverstandenen Interesse inländischer Gläubiger liegt, einen Feststellungsrechtsstreit in Deutschland zu führen (vgl. Schollmeyer, ZZP 108 [1995], S. 525 [533 f.], der die Notwendigkeit, ein Feststellungsurteil im Heimatstaat zu erstreiten, für diskriminierend hält). 113 Vgl. die Bezugnahme auf den Vermögensgerichtsstand bei Hahn, S. 403 f.; ferner Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (304); Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 39. 114 A.A. Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (147). 115 Dazu im einzelnen Pielorz. S. 56 ff.; ders., ZIP 1980, S. 239 (244); Ebenroth, ZZP 101 (1988), S. 121 (133 f.); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (162 ff.); Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (164 f.). In der Insolvenz der United States Lines kam dieser Schutz z. B. einer niederländischen Gesellschaft zugute (vgl. BGH, 11. 1. 1990, NJW 1990, 990). 116 Vgl. OLG Düsseldorf, 15. 11. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (558); LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (727); Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 83; Lau, BB 1986, S. 1450 (1452); Summ, S. 102 (von einigen fälschlich als Übergang der Passivlegitimation bezeichnet). II Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Unterbrechung bereits anhängiger Prozesse nach § 240 ZPO. Schließlich liefe jede extensive Auslegung des § 237 Abs. 1 KO dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dem Kernstück des Konkurses 117, zuwider 118•

cc) Dinglicher Arrest Das Erwirken von Arresten in das Inlandsvermögen erlaubt § 237 Abs. 1 KO den Insolvenzgläubigem nach überwiegender Ansicht nicht 119 . Zum einen sind Arreste in§ 237 Abs. 1 KO im Unterschied zu§ 14 KO nicht erwähnt. Zum anderen wäre es widersprüchlich, einstweiligen Rechtsschutz zuzulassen, obwohl der Titel, dessen künftige Vollstreckung gesichert werden soll, wegen des im Inland zu beachtenden ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots nicht mehr erlangt werden kann 120. Ein solches Verbot entfaltet im Inland mithin auch insoweit Wirkung, als es Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt 121 . Die Ablehnung eines Arrestantrags kann demzufolge nicht mit § 237 Abs. 1 KO begründet werBGH, 29. I. 1964, BGHZ41 , 98 (101); 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147 (151). Vgl. Kirchhof, WM 1993, S. 1364 ( 1366). Uneingeschränkt gilt dieser Einwand freilich nur dann, wenn § 237 Abs. I KO außer der Zulässigkeit von Titelprozessen auch ein Recht zum Behaltendürfen des Vollstreckungserlöses entnommen wird (näher dazu unten VI. 4. b), s. 239 f.). 119 BGH, 11. I. 1990, NJW 1990, 990 (991); OLG Hamburg, 10. 5. 1990, IPRax 1992, 170; OLG Frankfurt/Main, 4. 8. 1993, ZIP 1993, 1319 (1320), 1660; LG München I, 11. 10. 1991, RIW 1991, 948; LG Frankfurt/Main, 30. 7. 1993, IPRspr. 1993 Nr. 189b, S. 450; Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (702); Pielorz, ZIP 1980, S. 239 (244 N. 45); ders., S. 97; Schlosser; RIW 1983, S. 473 (484); Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1234); Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1366); Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.l41; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1816; Trunk, UR, S. 314 ff.; Aderhold, S. 243 f.; grundsätzlich auch LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (726); Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 84; Gottwald/Gerhardt, § 34 Rdn. 16. Für die Zulassung von Arresten hingegen Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 41; Zöller/Vollkommer; vor§ 916 Rdn. 2; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 922 Rdn. 2; Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 231; Flessner; ZIP 1989, S. 749 (753); ders., in: FS Heinsius, S. 111 (122); ders., in: FS Merz, S. 93 (100 ff.); ders., IPRax 1992, S. 151 (152); Flessner/Schulz. IPRax 1991, S. 162 (164); Roth, IPRax 1996, S. 324 (326); Thümmel, NJW 1996, S. 1930 (1932); Jürgen Schmidt, S. 175; Schütze, S. 197; Potthast, S. 17, 128. 12o Die Sicherung von Vollstreckungsmöglichkeiten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens liegt außerhalb des Normzwecks des§ 237 Abs. I KO (LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 [726] ; Lüer; in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 84). A.A. im Hinblick auf eine eventuelle Ergebnislosigkeit des ausländischen Verfahrens Flessner; in: FS Merz, S. 93 (102); ders., IPRax 1992, S. 151 (153); dagegen zutreffend Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (312 f.). 121 OLG Düsseldorf, 17. 8. 1982, ZIP 1982, 1341 (1342). Dies gilt auch dann, wenn der Arrestantrag vor der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens gestellt wurde (OLG Frankfurt/Main, 4. 10. 1993, ZIP 1993, 1659 [1660]). Auf einem unzulässigen Arrestbefehl beruhende Pfandungen sind allerdings wirksam, solange der Arrestbefehl nicht aufgehoben ist (BGH, 11. I. 1990, NJW 1990, 990 [991]; OLG München, 17. 3. 1995, IPRax 1996, 339). 117

11s

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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den, der Arreste ebensowenig verbietet wie Titelprozesse, sondern nur mit dem ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbot, was in Rechtsprechung und Schrifttum gelegentlich übersehen wird 122. Für§ 237 Abs. I KO sollte allerdings insoweit ein Anwendungsbereich verbleiben, als Gläubiger mit Titeln, die bei Wirksamwerden des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots bereits bestehen, aber noch nicht gegen den ausländischen Insolvenzverwalter umgeschrieben sind, ein schutzwürdiges Interesse daran haben, sich die Möglichkeit zur Vollstreckung in das Inlandsvermögen bis zur Erteilung der titelübertragenden Klausel zu erhalten. In diesen Fällen sollte ein dinglicher Arrest in das inländische Schuldnervermögen zulässig sein 123 . dd) Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen Ob § 237 Abs. 1 KO die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen nach§§ 722 f. ZPO, Artt. 31 ff. EuGVÜ, Artt. 31 ff. Luganer Übereinkommen erlaubt, hängt davon ab, ob die Vollstreckbarerklärung als Teil der Zwangsvollstrekkung oder als Titelprozeß anzusehen ist. Für die zweite Alternative spricht, daß ausländische Entscheidungen im Inland keine Vollstreckungstitel sind. Die Vollstrekkung aus ihnen erfolgt auf der Grundlage eines inländischen Vollstreckungsurteils (§ 723 ZPO) oder einer Vollstreckungsklausel nach EuGVÜ oder Luganer Übereinkommen. Vollstreckungstitel ist dabei allein das inländische Vollstreckungsurteil bzw. die inländische Vollstreckungsklausel 124. Ausländische Entscheidungen können inländischen Entscheidungen deshalb nicht gleichgestellt werden 125 . Es ist auch nicht möglich, die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach EuGVÜ bzw. Luganer Übereinkommen mit einer Klauseierteilung nach §§ 724 ff. ZPO gleichzusetzen, weil diese einen inländischen Vollstreckungstitel voraussetzt, der bei einer Vollstreckbarerklärung nach EuGVÜ und Luganer Übereinkommen gerade 122 Vgl. BGH, II. I. 1990, NJW 1990, 990 (991) (zu Recht kritisch Taupitz, ZZP 105 [1992], S. 218 [224]); Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1234). In den Entscheidungen des OLG Frankfurt/Main vom 4. 8. 1993 (ZIP 1993, 1319, 1660) und vom 4. 10. 1993 (ZIP 1993, 1659) fehlen Feststellungen zum ausländischen Arrestverbot. Korrekt hingegen OLG Düsseldorf, 17. 8. 1982, ZIP 1982, 1341 (1342); LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (725). 123 Vgl. LG Köln, 27. 10. 1988, KTS 1989, 723 (727); Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 84; Summ, S. 107; unzutreffend Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (702); Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (307) (kein Rechtsschutzbedürfnis). Die Vollziehung dieses Arrests wäre Vollstreckung im Sinne des § 237 Abs. I KO (Otte, a. a. 0. [307 f.]; a.A. Schlosser; RIW 1983, S. 473 [484]). 124 BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 312 (315 f.); 4. 3. 1993, BGHZ 122, 16 (18); Schack, IZVR, Rdn. 941; Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, Kap. IV Rdn. 127; Zöller/Geimer; § 722 Rdn. 56; Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1578). 125 Gegen Geimer; IZPR, Rdn. 3118. § 5 Abs. I KO hat mit dieser Frage entgegen Geimer nichts zu tun.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

fehlt 126• Infolgedessen ist davon auszugehen, daߧ 237 Abs. 1 KO die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen nicht gestattet. Ausländische Entscheidungen können demzufolge nur dann noch im Inland für vollstreckbar erklärt werden, wenn das Insolvenzstatut dies zuläßt 127 • Laufende Vollstreckbarerklärungsverfahren werden unter den Voraussetzungen des § 240 ZPO unterbrochen 128 • b) Einstweiliger Rechtsschutz zum Schutz inländischer Partikularinsolvenzve ifahren? Eine weitere Durchbrechung ausländischer Einzelrechtsverfolgungsverbote ist in der Literatur im Anschluß an die Entscheidung des englischen High Court in der Sache Felixstowe Dock and Railway Co. v. United States Lines Inc. 129 diskutiert worden. Anlaß dieser Entscheidung war die Eröffnung eines Reorganisationsverfahrens nach 1l U.S.C. Chapter 11 über das Vermögen der United States Lines, einer weltweit tätigen Reederei, in den USA. Die Hafenbetriebe von Felixstowe und andere europäische Gläubiger beantragten wegen verschiedener Forderungen den Erlaß von Mareva injunctions, mit denen der nach wie vor verfügungsbefugten Antragsgegnerin einstweilen untersagt werden sollte, ihr in England befindliches Vermögen ganz oder teilweise außer Landes zu bringen 130. Die zunächst ohne Anhörung erlassenen injunctions wurden auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin bestätigt. Grund dafür war, daß das im Reorganisationsverfahren verfolgte Sanierungskonzept die Interessen der englischen und sonstigen europäischen Gläubiger ungeachtet ihrer formellen Gleichberechtigung hintanstellte. Die europäischen Aktivitäten der Antragsgegnerin sollten aufgegeben, ihr nordamerikanisches Geschäft hingegen fortgeführt werden. Vorteile aus der Fortführung der Geschäftstätigkeit hätten sich somit nur für die Gläubiger in den USA ergeben 131 . 126 Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1578 f.); a.A. OLG Saarbrücken, 1. 10. 1993, NJWRR 1994, 636 (637). 127 Vgl. OLG Karlsruhe, 9. 7. 1987, NJW-RR 1987, 1407; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 83; Mohrbutter!Wenner, Rdn. XXIII.l40; Trunk, IIR, S. 317; a.A. Geimer, IZPR, Rdn. 3117; Zöller/Geimer, § 722 Rdn. 4. 128 Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l59; für den Inlandskonkurs ebenso Mankowski, ZIP 1994, S. 1577 (1579 f. ); Heß, IPRax 1995, S . 16 (17); a.A. Zöller/Geimer, § 722 Rdn. 4; für den Inlandskonkurs auch OLG Saarbrücken, 1. 10. 1993, NJW-RR 1994, 636 (637). Im erstinstanzliehen Klauselerteilungsverfahren nach EuGVÜ und Luganer Übereinkommen wird der Eintritt der Unterbrechung auf den Zeitpunkt der Entscheidungszustellung an den Schuldner hinauszuschieben sein. Erst von diesem Zeitpunkt an kann der Schuldner auf das Verfahren Einfluß nehmen (Mankowski, a. a. 0 .). 129 (1988]2 AllE. R. 77, Q.B.D. 130 Allgemein zu Mareva injunctions Schack, IZVR, Rdn. 427. 131 Weitere Einzelheiten des Verfahrens im Entscheidungsabdruck sowie bei Flessner, in: FS Merz, S. 93 (94 ff.). Kritisch zu dieser Entscheidung Riesenfeld, in: FS Merryman, S. 409 (415 ff.); ders., in: FS Merz, S. 497 (508 f .).

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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Im deutschen Schrifttum ist daraufuin die Frage aufgeworfen worden, ob vergleichbare zivilprozessuale Sicherungsmaßnahmen nicht auch zum Schutz inländischer Partikularinsolvenzverfahren vor ausländischen Universalinsolvenzverfahren zulässig sein sollten 132• In Erwägung zu ziehen wäre dies jedoch allenfalls dann, wenn das insolvenzrechtliche Instrumentarium zur einstweiligen Sicherung des Schuldnervermögens gegenüber ausländischen Insolvenzverfahren nicht ausreichen sollte. Davon kann jedenfalls im Rahmen der Insolvenzordnung nicht ausgegangen werden 133 • Sobald ein Gläubiger von der ausländischen Verfahrenseröffnung Kenntnis erlangt, kann er unverzüglich die Eröffnung eines inländischen Partikularinsolvenzverfahrens beantragen. Dieser Antrag ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung hat und seine Forderung glaubhaft macht (§ 14 Abs. 1 InsO). Ein Eröffnungsgrund braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden (Art. 102 Abs. 3 S. 2 EGinsO). Ist der Eröffnungsantrag zulässig, hat das Insolvenzgericht alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten(§ 21 Abs. 1 InsO). Insbesondere kann es einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Vor der Anordnung solcher Maßnahmen braucht der Schuldner nicht angehört zu werden, wenn der Sicherungszweck dadurch gefährdet werden würde 134 • Mithin ist davon auszugehen, daß die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen mit der gebotenen Eile getroffen werden können. Weshalb diese insolvenzrechtlichen Sicherungsmöglichkeiten, welche die Gläubiger nach Auffassung des Gesetzgebers hinreichend vor nachteiligen Einwirkungen des Schuldners schützen, gegenüber ausländischen Insolvenzverfahren nicht genügen sollen, ist nicht zu erkennen. Im Unterschied zum Schuldner müssen sich ausländische Insolvenzverwalter des inländischen Vermögens erst einmal bemächtigen, bevor sie überhaupt in der Lage sind, Maßnahmen zum Nachteil inländischer Gläubiger zu treffen. Ein gesteigertes Schutzbedürfnis inländischer Partikularverfahren gegenüber ausländischen Insolvenzverfahren ist demnach nicht anzuerkennen. Allenfalls stellt sich noch die Frage, ob den Gläubigern zugemutet werden kann, unverzüglich nach Kenntnis der ausländischen Verfahrenseröffnung die Eröffnung eines inländischen Partikularverfahrens zu beantragen, oder ob sie ein schutzwürdiges Interesse daran besitzen, von der Antragstellung vorläufig abzusehen, bis sie Klarheit über ihre Position im ausländischen Verfahren gewonnen haben, und den Status quo bis dahin zu erhalten, d. h. das im Inland belegene Vermögen vorläufig gegen die Verbringung ins Ausland zu sichern. Ein solches Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (302 f., 308 ff.). A.A. Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (303 ff.); Spahlinger; S. 128. 134 Kuhn/Uhlenbruck, § 105 Rdn. lOh, § 106 Rdn. lb; Uhlenbruck, in: FS Baumgärtel, S. 569 (580 f.); Maintzer; KTS 1985, S. 617 (622); unzutreffend Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (304 f.) ; vgl. BVerfG, 24. 7. 1957, BVerfGE 9, 89 (98); 9. 3. 1965, BVerfGE 18, 399 (404); 11. 10. 1978, BVerfGE 49, 329 (342). Zwingend ist die Anhörung nur vor der Verhaftung des Schuldners vorgeschrieben(§ 21 Abs. 3 S. 1 InsO). 132 133

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Interesse läßt sich nicht von vornherein verneinen. Nur am ausländischen Verfahren teilzunehmen und von einem Antrag auf Eröffnung eines inländischen Verfahrens abzusehen mag im Einzelfall die für die Gläubiger günstigere Lösung sein, z. B. wenn ein zusätzliches Inlandsverfahren die Realisierung eines im ausländischen Verfahren verfolgten Sanierungskonzepts gefährden würde. Die Entscheidung eines Gläubigers, keinen Antrag auf Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens zu stellen, kann aber jederzeit durch den Antrag eines anderen Gläubigers gegenstandslos werden. Die Position des einzelnen Gläubigers ist somit völlig ungesichert, weshalb sein Interesse, von der Stellung des Eröffnungsantrags vorläufig abzusehen und den Status quo zunächst zu erhalten, nicht schutzwürdig ist. Im übrigen läßt das inländische Insolvenzrecht schon einen gewissen zeitlichen Spielraum, in dem sich ein Gläubiger über sein weiteres Vorgehen klar werden kann. So kann ein Eröffnungsantrag bis zur Eröffnung jederzeit zurückgenommen werden 135 , auch wenn das Gericht schon Sicherungsmaßnahmen angeordnet hat 136. Die Antragstellung bedeutet also noch keine endgültige Festlegung. Als Ergebnis ist demnach festzuhalten, daß Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zur vorläufigen Sicherung des Inlandsvermögens gegenüber ausländischen Insolvenzverfahren unzulässig sind.

c) Einstweiliger Rechtsschutz bei möglicher Nichtanerkennung des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots

Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Schuldner müssen dann möglich sein, wenn die Anerkennung des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots bzw. der zugrundeliegenden insolvenzrechtlichen Entscheidung zweifelhaft ist 137 . Dies ist ein Gebot effektiven Rechtsschutzes. Die rein theoretische Möglichkeit der Nichtanerkennung bildet allein jedoch noch keinen Arrestgrund nach § 917 Abs. I ZPO. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, daß die Versagung der Anerkennung im Einzelfall nicht auszuschließen ist138• Andernfalls wären ausländische Arrestverbote im Inland weitgehend wirkungslos.

135 OLG Hamm, 13. 10. 1975, KTS 1976, 146 (148); 23. 8. 1977, KTS 1978, 106 (107); Jaeger/Weber, § 103 Rdn. 9; Kuhn/Uhlenbruck, § 103 Rdn. 3; Kilger/Karsten Schmidt, § 103 KO Anm. 2. 136 Vgl. LG Münster, 18. l. 1990, MDR 1990, 453; Jaeger/Weber, § 103 Rdn. 9; Kuhnl Uhlenbruck, § 106 Rdn. 24. 137 Vgl. Flessner, in: FS Merz, S. 93 (101 f .); ders., IPRax 1992, S. 151 (153); ders., IPRax 1997, S. 1 (6 f .); Roth, IPRax 1996, S. 324 (326 f.); Leipold, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, s. 185 (200). 138 Vgl. Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (313).

IV. Die ausländische Insolvenzmasse

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7. Zusammenfassung Grundsätzlich bestimmt das Insolvenzstatut, welche Vermögensgegenstände zur ausländischen Insolvenzmasse gehören. Soweit diese das Vermögen des Schuldners umfaßt, ist die Vorfrage der Rechtszuständigkeit des Schuldners jedoch selbständig anzuknüpfen und nach dem jeweils maßgeblichen Sachstatut zu beurteilen. Ob das außerhalb des Verfahrensstaates belegene Vermögen in die Insolvenzmasse fällt, entscheidet das Insolvenzstatut Bei schweizerischen Insolvenzverfahren ist dies anzunehmen, wenn sie am ordentlichen Setreibungsort des Schuldners eröffnet werden, bei französischen Insolvenzverfahren, wenn sich der Unternehmenssitz oder die Hauptniederlassung des Schuldners in Frankreich befindet. Englische Insolvenzverfahren erfassen generell auch Auslandsvermögen. Das Insolvenzstatut bestimmt ferner, welche Einzelgegenstände des Schuldnervermögens nicht in die Insolvenzmasse fallen. Daß dem Schuldner hierbei das zur Lebensführung unabdingbar Notwendige verbleibt, ist gegebenenfalls mit Hilfe des ordre public sicherzustellen. Die Zugehörigkeit derjenigen inländischen Vermögensgegenstände, die aufgrund ihrer Rechtsnatur nach deutschem Recht unpfandbar und daher massefrei sind, zur ausländischen Insolvenzmasse verstieße gleichfalls gegen den ordre public. Ob Neuerwerbin die ausländische Insolvenzmasse fallt, regelt ebenfalls das Insolvenzstatut Entzogen sind der ausländischen Insolvenzmasse diejenigen Vermögensgegenstände, die in die Masse eines inländischen Partikular- oder Universalinsolvenzverfahrens fallen. Dies gilt jedenfalls für das in Deutschland belegene Vermögen, weil die deutsche Inlandsvermögenszuständigkeit die ausländische Auslandsvermögenszuständigkeit ausschließt. Soweit sich die Vermögensgegenstände in einem ausländischen Verfahrensstaat befinden, schließt umgekehrt die ausländische Inlandsvermögenszuständigkeit die deutsche Auslandsvermögenszuständigkeit aus. Befinden sich die Vermögensgegenstände in einem ausländischen Nichtverfahrensstaat, hat das Recht dieses Staates darüber zu entscheiden, in welche Insolvenzmasse sie fallen. In engen Grenzen kann die ausländische Insolvenzmasse auch durch Maßnahmen der Einzelrechtsverfolgung im Inland beeinträchtigt werden. Da ausländische Einzelrechtsverfolgungsverbote im Inland grundsätzlich beachtet werden, sind derartige Maßnahmen im Prinzip zwar nur insoweit zulässig, als das Insolvenzstatut sie erlaubt. § 237 KO macht hiervon jedoch eine Ausnahme, indem er die Zwangsvollstreckung in das Inlandsvermögen aus Titeln zuläßt, die bei Wirksamwerden des ausländischen Einzelrechtsverfolgungsverbots bereits existieren. Titelprozesse, Arreste und die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen gestattet § 237 KOjedoch grundsätzlich nicht. Auch zum Schutz noch nicht eröffneter inländischer Partikularinsolvenzverfahren vor ausländischen Universalverfahren kommen zivilprozessuale Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht. Sie sind allerdings dann möglich, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß das ausländische Einzelrechtsverfolgungsverbot im Inland nicht anzuerkennen ist.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

V. Sicherung der Insolvenzmasse Eine der ersten Aufgaben eines Insolvenzverwalters besteht regelmäßig darin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu sichern, d. h. Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zum Nachteil der Gläubiger zu verhindem 1 • Hierzu stehen ihm je nach Verfahren Mittel unterschiedlicher Intensität zur Verfügung. Ein verhältnismäßig mildes Mittel ist die Überwachung der Geschäftstätigkeit des Schuldners durch den Verwalter2 • Sie hindert den Schuldner nicht daran, Verwaltungsmaßnahmen und Verfügungen zum Nachteil der Gläubiger zu treffen, führt in einem solchen Fall aber regelmäßig zur Anordnung weitergehender Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht oder zu anderen Nachteilen für den Schuldner, etwa zur Gefährdung des Zustandekoromens eines Vergleichs. Die Überwachung ist eine insolvenzrechtliche Verfahrenswirkung, für die nach der internationalinsolvenzrechtlichen Grundnorm prinzipiell das Insolvenzstatut gilt. Den inländischen Rechtsverkehr beeinträchtigt diese Anknüpfung nicht, weil die Rechtsbeziehungen des Schuldners zu Dritten durch die Überwachung als solche nicht unmittelbar berührt werden. Gleiches gilt, wenn Gegenstand der Überwachung nicht die Geschäftstätigkeit des Schuldners ist, sondern die Erfüllung eines Vergleichs oder eines Insolvenzplans oder anderer Pflichten durch den Schuldner oder durch einen Dritten3 . Den Anwendungsbereich des Insolvenzstatuts bei der Überwachung durch ausländische Insolvenzverwalter zu beschränken ist somit nicht erforderlich. Weitere, wesentlich effektivere Sicherungsmittel sind Verfügungsbeschränkungen und Verfügungsverbote einschließlich des Verlusts der Verfügungsbefugnis an den Insolvenzverwalter sowie die Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens durch den Verwalter. Auch diese Sicherungsmittel sind insolvenzrechtliche Wirkungen des Verfahrens und unterstehen grundsätzlich dem Recht des Verfahrensstaates. Anders als die Überwachung wirken sie sich jedoch unmittelbar auf den inländischen Rechtsverkehr aus, so daß der Anwendungsbereich des Insolvenzstatuts hier näherer Betrachtung bedarf. Gegenstand diese Abschnitts sind außerdem die Siegelung, die Rechte ausländischer Verwalter auf Auskunft und Unterstützung sowie die Postsperre.

1. Verfügungsbeschränkungen und Verfügungsverbote Im ausländischen Insolvenzrecht vorgesehene Verfügungsbeschränkungen und Verfügungsverbote entfalten ebenso wie der Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter bereits mit der Anerkennung der zugrundeliegenden aus' Vgl. Art. 221 Abs. I SchKG, Art. 26 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98, Sec. 286 Insolvency Act 1986, § 12 S. I Vg!O, § 21 InsO. 2 Vgl. Art. 295 Abs. 2lit. a SchKG, Art. 31 Abs. 2, 3 Gesetz Nr. 85-98. 3 Vgl. Artt. 3I4 Abs. 2, 335 Abs. 3 SchKG, Artt. 43 Abs. I, 67 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98, Sec. I (2), 253 (2) Insolvency Act 1986.

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ländischen Entscheidung Inlandswirkung. Besondere Vollzugsmaßnahmen durch den ausländischen Verwalter sind grundsätzlich nicht erforderlich. Verfügungen, die der Schuldner trotz des Verlusts der Verfügungsbefugnis bzw. im Widerspruch zu einer Verfügungsbeschränkung oder einem Verfügungsverbot über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen trifft, sind nach näherer Maßgabe des Insolvenzstatuts regelmäßig ohne weiteres unwirksam, entweder absolut oder der Masse gegenüber4 • Anders liegen die Dinge im Verhältnis zu gutgläubigen Dritten, die sich die Unwirksamkeit nicht durchweg entgegenhalten lassen müssen. Insoweit ist insbesondere im Hinblick auf Verfügungen über inländisches Vermögen zunächst zu erörtern, welches Recht über den Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis des Schuldners bzw. an das Nichtbestehen einer Verfügungsbeschränkung oder eines Verfügungsverbots im Rahmen eines ausländischen Insolvenzverfahrens bestimmt. Anschließend wird zu untersuchen sein, wie ein bestehender guter Glaube durch die Bekanntmachung des Verlusts der Verfügungsbefugnis bzw. einer ausländischen insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkung oder eines entsprechenden Verfügungsverbots im Inland zerstört werden kann. a) Gutglaubensschutz im Inland

Rechtsvergleichend ist festzustellen, daß die nationalen Rechtsordnungen hinsichtlich des Schutzes, den sie dem Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis des Schuldners bzw. auf das Nichtbestehen einer Verfügungsbeschränkung oder eines Verfügungsverbots im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren gewähren, nicht unerheblich differieren. Dem deutschen Recht (vgl. §§ 7, 8 KO, 81, 82 InsO) noch verhältnismäßig nahe kommt das schweizerische. Es schützt den Erwerb dinglicher Rechte an Grundstücken des Schuldners, wenn der Erwerber von der Konkurseröffnung nichts gewußt und auf das insoweit schweigende Grundbuch vertraut hat5 . Gutgläubige Drittschuldner werden befreit, wenn sie vor der öffentlichen Bekanntmachung des Konkurses an den Schuldner gezahlt haben6 . Ferner gibt es einen besonderen Verkehrsschutz bei Zahlungen des Schuldners an einen gutgläubigen Wechselinhaber7 . Im französischen Unternehmenssanierungsverfahren ist redlicher Erwerb von Grundstücksrechten hingegen nicht möglich 8• Geschützt wird jedoch der gutgläubige Erwerber einer beweglichen Sache des Schuldners, der Besitz an ihr erlangt9 . Im übrigen gelten Handlungen der laufenden Geschäftsführung, die der Schuldner während der Beobachtungsphase unbeVgl. etwa Artt. 204 Abs. 1, 298 Abs. 2, 3 SchKG, Sec. 127, 284 (l) Insolvency Act 1986. BG, 14. 9. 1989, BGE ll5 III ll1 (ll3 ff.); vgl. Art. 973 ZGB, §§ 7 Abs. 1, 2. Ha1bs., 15 S. 2 KO, §§ 81 Abs. 1 S. 2, 91 Abs. 2 lnsO. 6 Art. 205 Abs. 2 SchKG; vgl. § 8 Abs. 2 KO, § 82 S. I InsO. 7 Art. 204 Abs. 2 SchKG. s Cass. com., 7. 7. 1992, D. 1992 J. 433; anders noch Sonnenberger; Rdn. VII 11. 9 Art. 2279 Abs. 1 Code civil; Ripertl Rohlot II, Nr. 32 17; Summ, S. 215. 4

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fugt vornimmt, mit Ausnahme von Zahlungen auf Insolvenzforderungen und Entscheidungen über das Schicksallaufender Verträge gutgläubigen Dritten gegenüber als wirksam 10. In diesem Rahmen hat auch eine Leistung an den Schuldner befreiende Wirkung 11 • Das englische Konkursrecht schützt wiederum den gutgläubigen entgeltlichen Erwerb von Grundstücken des Schuldners, solange die Verfahrenseröffnung nicht in ein besonderes Register eingetragen ist 12• Gutglaubensschutz gegenüber der mit Konkurseröffnung rückwirkend eintretenden Unwirksamkeit der seit dem Zeitpunkt der Antragstellung vom Schuldner getroffenen Verfügungen ist ebenfalls gewährleistet. Wer in gutem Glauben, gegen Entgelt und in Unkenntnis des Konkursantrags vor Konkurseröffnung vom Schuldner einen Vermögensgegenstand erworben oder eine Zahlung erhalten hat, braucht sich die Unwirksamkeit der Verfügung nicht entgegenhalten zu lassen 13 . Besondere Bestimmungen zum Schutz des gutgläubigen Erwerbs gelten bei der Inanspruchnahme von Neuerwerb für die Masse 14, der Austauschpfandung 15 und der Anfechtung gegenüber Rechtsnachfolgern 16• Angesichts dieser Differenzen ist die Frage, welches Recht den gutgläubigen inländischen Verkehr im Falle des Verlusts der Verfügungsbefugnis bzw. einer Verfügungsbeschränkung oder eines Verfügungsverbots nach ausländischem Insolvenzrecht schützt, von besonderem Interesse. Eine gesetzliche Regelung fehlt. Art. 12 EGBGB ist auf die Verfügungsmacht, insbesondere auf ihren Verlust durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, nicht anwendbar 17 • Die Rechtsprechung hat, soweit ersichtlich, zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen. Im Schrifttum ist die Anknüpfung umstritten, wobei zwischen dem Immobiliarerwerb, dem Mobiliarerwerb und der Leistung an den Schuldner zu unterscheiden ist.

aa) Erwerb von Rechten an Grundstücken, an eingetragenen Schiffen und an Luftfahrzeugen Die Anknüpfung des redlichen Erwerbs unbeweglichen Vermögens vom nicht mehr verfügungsbefugten bzw. durch eine Verfügungsbeschränkung oder ein Verfügungsverbot in seiner Verfügungsfreiheit beschränkten Schuldner ist umstritten. Die überwiegende Auffassung qualifiziert den Erwerb sachenrechtlich und unterArtt. 32 Abs. 2, 33, 37 Gesetz Nr. 85-98. Jeantin, Nr. 629. 12 Sec. 6 Land Charges Act 1972 (register of writs and orders affecting land). 13 Sec. 284 (1)- (4) Insolvency Act 1986. 14 Sec. 307 (4) Insolvency Act 1986 (bei Inanspruchnahme ausländischen Neuerwerbs wohl entbehrlich; vgl. Dicey I Morris II, S. 1166). 15 Sec 308 (2) Insolvency Act 1986, vgl. Sec. 308A Insolvency Act 1986. 16 Sec. 241 (2) - (3C), 342 (2), 425 (2), (2A), (4), (5) Insolvency Act 1986. 17 Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 188; vgl. Spellenberg, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 12 EGBGB Rdn. 28, 34; Palandt/ Heldrich, Art. 12 EGBGB Rdn. 5. 10 11

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stellt ihn allein der Iex rei sitae, im vorliegenden Zusammenhang also inländischem Recht 18• Demgegenüber will eine andere Meinung das Lageortsrecht erst dann zum Zuge kommen lassen, wenn der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Schuldners bzw. an das Nichtbestehen einer Verfügungsbeschränkung oder eines Verfügungsverbots vom Insolvenzstatut nicht geschützt wird oder ein etwaiger Schutz hinter dem des inländischen Rechts zurückbleibt 19• Für diese Ansicht sprechen die besseren Argumente. Es ist nicht auszuschließen, daß der Schutz des guten Glaubens nach dem Insolvenzstatut weiter reicht als der nach der Iex rei sitae. Ware in einem solchen Fall allein die Iex rei sitae anzuwenden, würde der nach ausländischem Insolvenzrecht eintretende Verlust der Verfügungsbefugnis bzw. eine entsprechende Verfügungsbeschränkung oder ein entsprechendes Verfügungsverbot im Inland Wirkungen entfalten, die über die im Verfahrensstaat eintretenden Wirkungen hinausgingen. Mit dem Prinzip der Wirkungserstreckung wäre dies nicht zu vereinbaren. Zudem ergäbe sich durch die Nichtbeachtung des Insolvenzstatuts ein Wertungswiderspruch im Verhältnis zu anderen Vermögensstatuten, insbesondere im Verhältnis zum Ehewirkungs- und zum Güterrechtsstatut. Sofern diese Statute Verfügungsbeschränkungen vorsehen, bestimmen sie nämlich auch darüber, ob es gegenüber diesen Beschränkungen einen Gutglaubensschutz des redlichen Verkehrs gibt20. Denn das Recht, das über die Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften mangels Verfügungsbefugnis bestimmt, muß auch für die Heilung eines Mangels durch guten Glauben maßgebend sein 21 . Deshalb kann das Insolvenzstatut im vorliegenden Zusammenhang nicht außer Betracht bleiben. Allerdings kann es den gebotenen Schutz des inländischen Rechtsverkehrs auch nicht allein sicherstellen, da der von ihm vermittelte Verkehrsschutz nicht selten hinter dem des Sachstatuts zurückbleibt. Z. B. ist ein gutgläubiger Erwerb dinglicher Rechte an Grundstücken und Grundstücksrechten des Schuldners in allen inländischen Insolvenzverfahren möglich 22 , nicht jedoch nach französischem Insolvenz18 Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 (255); Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 317, 341 ; Lüer, in: Kuhn / Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 60; Gattwald I Arnald, § 122 Rdn. 103; Geimer, IZPR, Rdn. 3543; ReithmannlHausmann, Rdn. 1844; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (461); Flessner, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (227); Aderhald, S. 260; Spahlinger, S. 113; i.E. auch Henckel, in: Stall, Reform des IIR, S. 156 (159); Summ, S. 87; Trunk, IIR, S. 319 (akzessorische Anknüpfung an die Iex causaeder massebeeinträchtigenden Handlung); Art. 7 DöKV (Wirkungen von Verfügungsbeschränkungen richten sich nach dem Recht des Staates, in dem das Buch oder Register geführt wird). 19 Pielorz, S. 102, 103; Baur/Stürner II, Rdn. 37.33; wohl auch Gattwald, IPRax 1991, S. 168 (170); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l86; vgl. Begründung zum RegEinsO, BTDrs. 12/2443, S. 243. 2o IPG 1967/68 Nr. 22 [Köln], S. 252 (252, 259) (gutgläubiger Erwerb einer Auflassungsvormerkung an einem in Deutschland belegenen Grundstück); Staudinger I Stall ( 1996), IntSachenR Rdn. 188. 21 IPG 1967/68 Nr. 22 [Köln], S. 252 (259). 22 §§ 7 Abs. I, 2. Halbs., 15 S. 2 KO, § 106 Abs. 1 KO i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 2 BGB, §§ 62 Abs. 3, 63 Abs. 3 S. 2 Vg!O, §§ 2 Abs. 3, 5 S. 2 Nr. 1 GesO i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 2 BGB, §§ 81 Abs. 1 S. 2, 91 Abs. 2 InsO,jeweils i.V.m. §§ 878, 892 BGB.

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recht23 . In diesen Fällen wäre die alleinige Anwendung des Insolvenzstatuts für den inländischen Rechtsverkehr nicht hinnehmbar. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Grundstücksverkehrs wäre erheblich beeinträchtigt, wenn das Grundbuch diesen Teil seines öffentlichen Glaubens verlöre und beim Erwerb von Immobiliarrechten nach etwaigen ausländischen insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkungen und -verboten geforscht werden müßte. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs muß deshalb auch insoweit Wirkungen entfalten 24 . Gleiches gilt mutatis mutandis für das Schiffsregister, das Schiffsbauregister und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen 25 . Nur die Anwendung des im konkreten Fall für den Erwerber günstigeren Rechts gewährleistet einen hinreichend effektiven Verkehrsschutz26. Beim Erwerb unbeweglichen Vermögens ist der Gutglaubensschutz demnach alternativ anzuknüpfen27 . Maßgeblich sind das Insolvenzstatut und das Sachstatut28. bb) Erwerb von Rechten an beweglichen Sachen Der gutgläubige Erwerb beweglicher Sachen vom Schuldner wird ebenfalls unterschiedlich angeknüpft. Befürwortet wird die alleinige Anwendung der Iex rei sitae29, die alleinige Anwendung des Insolvenzstatuts30 und eine alternative Anwendung beider Rechte 31 . Für die (zumindest alternative) Anwendung des Insolvenzstatuts spricht zunächst, daß es den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des Schuldners stärker schützen kann als die inländische Iex rei sitae. Ein Beispiel dafür bietet das französische Insolvenzrecht, das den gutgläubigen Erwerb beweglichen Vermögens vom Schuldner auch im Insolvenzverfahren zuläßt32 . Diesen Schutz dem inländischen Rechtsverkehr vorzuenthalten besteht kein Anlaß. Zudem gilt auch in diesem Zusammenhang, daß diejenige Rechtsordnung, die über die Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften wegen fehlender Verfügungsbefugnis bzw. aufgrund von Verfügungsbeschränkungen oder -verboten bestimmt, zugleich für Cass. com., 7. 7. 1992, D. 1992 J. 433; Städtler, S. 72, 74 f. Jaeger/Jahr, §§ 237,238 Rdn. 317, 342; Gottwald!Arnold, § 122 Rdn. 103; Pielorz, S. 103; Summ, S. 87; Aderhold, S. 260; Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (170); Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1130). Ebenso§ 388 Abs. 1 RegEinsO für Verfügungen des Schuldners. 25 Vgl. §§ 3 Abs. 3, 16 SchRG, §§ 5 Abs. 3, 16 LuftfzRG, jeweils i.V.m. den in N. 22 genannten insolvenzrechtlichen Bestimmungen; § 388 RegEinsO. 26 Vgl. Fischer, S. 169; Jahr, IKR, S. 7 f.; Art. 16 Abs. 2 EGBGB. 27 Im gleichen Sinne IPG 1967/68 Nr. 22 [Köln]; Fischer, S. 365; offenbar auch Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 188, 300. 28 Zum Recht des Registerortes als Heimatstatut s. Staudinger/Stall (1996), lntSachenR Rdn. 375, 403. 29 So i.E. Henckel, in: Stall, Reform des IIR, S. 156 (159); Trunk, IIR, S. 319. 30 §§ 379, 388 Abs. 1 RegEinsO; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 104; Summ, S. 88. 31 Geimer, IZPR, Rdn. 3543a; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1845. 32 Art. 2279 Abs. 1 Code civil; Ripen I Rohlot II, Nr. 3217; Summ, S. 215. 23

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die Heilung eines Mangels durch guten Glauben maßgebend sein muß. Das Insolvenzstatut muß daher auch für den gutgläubigen Mobiliarerwerb maßgebend sein. Ob daneben zusätzlich die lex rei sitae anzuwenden ist, erscheint fraglich. Mit einem Schutzbedürfnis des inländischen Rechtsverkehrs läßt sich ihre Anwendung nicht begründen, weil dem deutschen Insolvenzrecht insoweit eine einheitliche Linie fehlt. Einerseits gewährt es Gutglaubensschutz gemäß §§ 136, 135 Abs. 2, 932 ff. BGB gegenüber Verfügungsverboten nach § 106 Abs. 1 K0 33 , § 63 Vgl034, § 2 Abs. 3 Ges0 35 und§ 5 S. 2 Nr. 1 Ges036 . Andererseits ist der redliche Erwerb beweglicher Sachen nach Konkurseröffnung und nach Erlaß eines allgemeinen Veräußerungsverbots gemäß § 59 VglO ausgeschlossen (§§ 7 Abs. 1, 1. Halbs., 15 S. 1 KO, § 62 Abs. 1 Vgl037 ). Die Insolvenzordnung kennt sogar überhaupt keinen gutgläubigen Mobiliarerwerb mehr38 . Dieser Befund, insbesondere die richtungweisende Regelung der lnsolvenzordnung, zwingt zu der Schlußfolgerung, daß der inländische Rechtsverkehr beim Mobiliarerwerb vom Schuldner Schutz weder vor inländischen noch vor ausländischen insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkungen und -verboten einschließlich des Verlusts der Verfügungsbefugnis benötigt. Auch die fehlende öffentliche Bekanntmachung ausländischer Beschränkungen und Verbote im Inland kann einen gutgläubigen Erwerb inländischer Mobilien vom Schuldner nicht rechtfertigen 39 . Richtig ist zwar, daß diejenigen inländischen Verfügungsbeschränkungen und -verbote, die keinen gutgläubigen Mobiliarerwerb zulassen, öffentlich bekanntzumachen sind40 • Diese Bekanntmachung ist jedoch keine Voraussetzung für den Ausschluß des redlichen Mobiliarerwerbs. Vielmehr ist ein gutgläubiger Erwerb auch dann nicht möglich, wenn die öffentliche Bekanntmachung noch nicht erfolgt ist oder versehentlich unterbleibt. Für die zusätzliche Anwendung der lex rei sitae, d. h. für eine alternative Anknüpfung des redlichen Mobiliarerwerbs vom Schuldner, spricht daher lediglich der damit verbundene Anknüpfungsgleichlauf mit dem Immobiliarerwerb. Ein solcher Gleichlauf ist jedoch dann nicht zu rechtfertigen, wenn die zugrundeliegenden gesetz33 OLG Stuttgart, 22. 11. 1984, KTS 1985, 349 (350 f.); Kuhn ! Uhlenbruck, § 106 Rdn. 4 m. w. N. (h.M.). 34 § 63 Abs. 3 S. 2 VglO. 35 Gottwald!Uhlenbruck, Nachtrag Kap. II E Rdn. 3; Haanneyer!Wutzke! Förster; § 2 Rdn. 161; Smid!Smid, § 2 Rdn. 114. 36 Schmidt-Räntsch, DtZ 1990, S. 344 (346); Smid!Smid, § 5 Rdn. 71. 37 Vgl. Bley!Mohrbutter; § 62 Rdn. 19; Kilger!Karsten Schmidt, § 62 VglO Anm. 5. 38 Die §§ 136, 135 Abs. 2, 932 ff. BGB sind auf vorläufige Verfügungsbeschränkungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO nicht anwendbar, weil verbotswidrige Verfügungen neuerdings nicht mehr relativ, sondern absolut unwirksam sind(§ 24 Abs. 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO; vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 136). 39 A.A. Pielorz, S. 104 f., der gutgläubigen Mobiliarerwerb bis zur öffentlichen Bekanntmachung der ausländischen Verfahrenseröffnung im Inland zulassen will. Gegen Pielorz auch Reithmann!Hausmann, Rdn. 1845; Summ, S. 88; vgl. Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 104; Aderhold, S. 260. 40 § 111 Abs. 1 KO, § 60 Abs. 2 VglO, §§ 23 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 S. 1 InsO.

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liehen Wertungen für unbewegliche und bewegliche Sachen wie im vorliegenden Fall differieren. Ausnahmen von der grundsätzlichen Anwendung des Insolvenzstatuts sollten zudem auf das unabdingbar Notwendige beschränkt werden. Der gutgläubige Mobiliarerwerb vom Schuldner ist deshalb allein nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen. cc) Leistung an den Schuldner Der Schutz gutgläubiger Drittschuldner bei einer Leistung an den Schuldner ist im Ausgangspunkt nicht anders anzuknüpfen als der Schutz des redlichen Erwerbs von diesem. Die Anwendung des Insolvenzstatuts ist auch hier unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs gerechtfertigt. Die Rechtsordnung, die einer Leistung an den Schuldner wegen fehlender Empfangszuständigkeit die Erfüllungswirkung nimmt, muß auch über die Heilung des Mangels durch guten Glauben bestimmen. Denn die Empfangszuständigkeit ist lediglich das Spiegelbild der Verfügungsbefugnis41. Maßgeblich ist daher jedenfalls das Insolvenzstatut42. Ob zusätzlich eine weitere Rechtsordnung Anwendung findet, hängt wiederum vom Schutzbedürfnis des inländischen Rechtsverkehrs ab43 . ( 1) Leistungaufgrund eines eingetragenen Rechts

Wer aufgrund eines Rechts, das für den Schuldner im Grundbuch oder in einem vergleichbaren Register eingetragen ist, gutgläubig eine Leistung erbringt, wird nach deutschem Insolvenzrecht in allen inländischen Insolvenzverfahren von seiner Verbindlichkeit befreit44 • Sofern das im Einzelfall maßgebliche ausländische Insolvenzrecht diesen Schutz nicht gewährt, hätte die alleinige Maßgeblichkeit des Insolvenzstatuts zur Folge, daß das Grundbuch und vergleichbare Register (Schiffsregister, Schiffsbauregister, Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen) einen Teil ihres öffentlichen Glaubens verlören. Vor einer Leistung auf ein eingetragenes Recht müßten Erkundigungen über etwaige ausländische insolvenzrechtliche Beschränkungen der Empfangszuständigkeit des eingetragenen Berechtigten eingezogen werden, wodurch die Sicherheit und die Leichtigkeit des inländischen Rechtsverkehrs unzumutbar beeinträchtigt werden würden. Der 41 Vgl. Larenz, § 18 I 5, S. 240; StaudingeriO/zen (1995), vor§ 362 Rdn. 38; Palandtl Heinrichs, § 362 Rdn. 3. 42 Pielorz, S. 102; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 105; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1369); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.184; Summ, S. 89; vgl. Trunk, KTS 1994, S. 33 (42). 43 Im Ansatz verfehlt Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.184, der lediglich im Einzelfall den ordre public heranziehen will. 44 §§ 7 Abs. 1, 2. Halbs., 15 S. 2 KO, § 106 Abs. I KO i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 2 BGB, §§ 62 Abs. 3, 63 Abs. 3 S. 2 Vg!O, §§ 2 Abs. 3, 5 S. 2 Nr. I GesO i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 2 BGB, §§ 81 Abs. 1 S. 2, 91 Abs. 2 InsO, jeweils i.V.m. § 893 BGB, § 17 SchRG, § 17 LuftfzRG. Vgl. Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 105; Pielorz, S. 102.

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öffentliche Glaube des Grundbuchs und vergleichbarer Register muß somit auch in ausländischen Insolvenzverfahren gewährleistet sein45 . Bei Leistungen aufgrund eines eingetragenen Rechts ist der gute Glaube daher alternativ anzuknüpfen. Neben dem Insolvenzstatut ist das Recht des Grundbuch- bzw. des Registerstaates maßgeblich.

(2) Leistung in anderen Fällen Die gutgläubige Leistung an den Schuldner, die nicht auf ein eingetragenes Recht erfolgt, genießt ebenfalls in allen inländischen Insolvenzverfahren Schutz (§ 8 Abs. 2, 3 KO, § 62 Abs. 4 VglO, § 7 Abs. 4 Ges046, § 82 InsO). Wäre dieser Schutz in ausländischen Insolvenzverfahren nicht gewährleistet, würde dies die Sicherheit und Leichtigkeit des inländischen Rechtsverkehrs gleichfalls erheblich beeinträchtigen, weil dann auch hier vor jeder Leistung Ermittlungen hinsichtlich etwaiger ausländischer insolvenzrechtlicher Beschränkungen der Empfangszuständigkeit angestellt werden müßten. Solche Nachforschungen hält das deutsche Insolvenzrecht schon bei inländischen Insolvenzverfahren nicht für angemessen. Für ausländische Verfahren, die Erkundigungen im Ausland erfordern würden, muß dies erst recht gelten. Auch in diesem Zusammenhang ist deshalb alternativ inländisches Recht anzuwenden. Welches Anknüpfungsmoment den Drittschuldnerschutz nach inländischem Recht vermittelt, ist jedoch umstritten. Manche stellen auf das Sachstatut ab, wenden inländisches Recht also bei deutschem Vertragsbzw. Forderungsstatut an47 • Diese Anknüpfung würde den inländischen Rechtsverkehr aber nur unzulänglich schützen. Die gutgläubige Erfüllung von Forderungen, die ausländischem Recht unterliegen, bliebe nämlich auch dann schutzlos, wenn die Leistung im Inland erfolgt und damit dem inländischen Rechtsverkehr zuzurechnen ist. Zudem ist nicht zu erkennen, weshalb die gutgläubige Erftillung inländischer Forderungen im Ausland geschützt werden soll. Eine andere Anknüpfung sieht Art. 6 DöKV vor. Die Bestimmung verlangt eine Niederlassung, einen Sitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt des Drittschuldners im Inland und schützt den guten Glauben nicht, wenn eines dieser Merkmale auch im Verfahrensstaat verwirklicht ist (Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 DöKV)48 . Diese Anknüpfung erscheint 45 Anders der Regierungsentwurf, der diese Fälle lediglich dem allgemeinen Drittschuldnerschutz (§ 389 RegEinsO) unterstellen wollte. Danach hätte der gute Glaube nicht mehr durch Eintragung der Verfahrenseröffnung in das Grundbuch, sondern allein durch die Kenntnis der Verfahrenseröffnung, mittelbar also durch deren öffentliche Bekanntmachung im Inland zerstört werden können. Mit dem System des geltenden Rechts wäre das nicht zu vereinbaren gewesen. 46 § 7 Abs. 4 GesO weicht seinem Wortlaut nach zwar von den übrigen Vorschriften ab, wird jedoch überwiegend durch entsprechende Anwendung von § 8 Abs. 2, 3 KO korrigiert (Kilger/Karsten Schmidt, § 7 GesO Anm. 4; Smid/Smid, § 7 Rdn. 86 f. ; Hess/Binz /Wienberg, § 7 Rdn. 51; ablehnend Haarmeyer /Wutzke/ Förster, § 7 Rdn. 38 ff.). 47 Summ, S. 89 f.; Aderhold, S. 258; Trunk, IIR, S. 319, 320. 48 So auch LG München I, 2. 12. 1986, WM 1987, 222.

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ebensowenig sachgerecht. Sie würde gutgläubige Drittschuldner mit Niederlassung, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland auch dann schützen, wenn die Leistungshandlung im Ausland vorgenommen wird. Umgekehrt blieben gutgläubige Drittschuldner ohne Niederlassung, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland auch dann schutzlos, wenn sie im Inland leisten. Für die Teilnahme am inländischen Rechtsverkehr ist die Betätigung entscheidend, nicht das Domizil. Vorzuziehen ist deshalb die in § 389 RegEinsO vorgesehen gewesene Anknüpfung, nach der inländischer Gutglaubensschutz einen inländischen Leistungsort voraussetzen sollte49 . Die gutgläubige Leistung an den Schuldner ist folglich alternativ nach dem Insolvenzstatut und nach dem Recht des Leistungsortes zu beurteilen50. Drittschuldner, die im Inland zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Schuldner leisten, obwohl die Verbindlichkeit zur ausländischen Insolvenzmasse zu erfüllen war, werden demnach jedenfalls dann von ihrer Verbindlichkeit befreit, wenn sie zur Zeit der Leistung keine Kenntnis von der Verfahrenseröffnung hatten. Ihre Unkenntnis von der Verfahrenseröffnung wird vermutet, wenn sie vor der öffentlichen Bekanntmachung der Eröffnung im Inland geleistet haben51 . b) Publikation im Inland

Für die Zulässigkeit der Publikation des Verlusts der Verfügungsbefugnis sowie sonstiger ausländischer insolvenzrechtlicher Verfügungsbeschränkungen und -verbote im Inland, insbesondere im Zusammenhang mit der Verfahrenseröffnung, sprechen im wesentlichen zwei Griinde. Zum einen wäre es inkonsequent, ausländische Insolvenzorgane an inländische Regelungen zum Schutz des guten Glaubens zu binden, ihnen die dort vorgesehenen Mittel zur Zerstörung desselben aber vorzuenthalten. Zum anderen liegt eine Publikation im Interesse des inländischen Rechtsverkehrs52 . Bestimmungen zum Schutz des guten Glaubens können die nachteiligen Folgen fehlender Kenntnis von Verfügungsbeschränkungen und -verboten nur zum Teil abwenden. Sie können z. B. nicht verhindern, daß mit einem insolventen Schuldner noch Geschäfte getätigt werden oder eine Insolvenzforde49 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 243. Ebenso Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 105; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1369); Art. 24 EuiÜ. Zu eng hingegen Trunk, KTS 1994, S. 33 (41 f.), der zusätzlich einen Sitz bzw. eine Zweigniederlassung im Inland verlangt. 50 So auch Reithmann/Hausmann, Rdn. 1843; offenbar auch Geimer, IZPR, Rdn. 3542. Gänzlich abweichend Spahlinger, S. 115, der unter Berufung auf§ 7 Abs. 4 GesO (s. dazu jedoch oben S. 175 N. 46) lediglich den ordre public anwenden will. 51 Die von Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 105, geäußerten Bedenken gegen die mit der Bekanntmachung der ausländischen Verfahrenseröffnung im Inland eintretende Beweislastumkehr sind nicht stichhaltig. Der inländische Rechtsverkehr braucht sich auf eine solche Bekanntmachung nicht besonders einzustellen, weil sie ebenso wie bei inländischen Verfahren durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen würde. 52 Vgl. Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12/2443, S. 241.

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rung zu spät angemeldet wird. Die Publikation im Inland hingegen unterrichtet den inländischen Rechtsverkehr frühzeitig und ermöglicht die Abwendung weiteren Schadens. Fraglich ist, in welcher Weise sie bewerkstelligt werden kann und welche Befugnisse ausländische Insolvenzverwalter in diesem Zusammenhang haben. Dabei ist zwischen der öffentlichen Bekanntmachung, der Eintragung in das Grundbuch und in vergleichbare Register sowie der Eintragung in das Handelsregister zu unterscheiden. aa) Öffentliche Bekanntmachung Im Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung war ein Recht ausländischer Insolvenzverwalter vorgesehen, die öffentliche Bekanntmachung der verfahrenseröffnenden Entscheidung sowie ihrer Bestellung beim zuständigen inländischen Insolvenzgericht zu beantragen(§ 385 Abs. 1 S. 1, 2 RegEinsO). Zuständig sollte jedes Insolvenzgericht sein, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet (§ 387 Abs. 1 S. I RegEinsO). Gesetz geworden sind diese Regelungen bekanntlich nicht, was eine Bekanntmachungsbefugnis ausländischer Verwalter aber nicht ausschließt. Daß ein etwa bestehendes Antragsrecht abgeschafft werden sollte, ist nicht ersichtlich53 . Ob ein solches Antragsrecht besteht, ist indessen zweifelhaft. Das Insolvenzstatut scheidet als Rechtsgrundlage aus. Seine Anwendung auf die Bekanntmachung im Inland wäre mit dem internationalverfahrensrechtlichen lexfori-Prinzip nicht in Einklang zu bringen. Soweit das Insolvenzstatut eine öffentliche Bekanntmachung der verfahrenseröffnenden Entscheidung auf Veranlassung des Verwalters vorsieht54, wird sich diese Befugnis zudem häufig schon ihrem Wortlaut nach auf ein ausländisches Bekanntmachungsblatt beschränken55, über eine Veröffentlichung in Deutschland also nichts besagen. Die inländischen Bekanntmachungsvorschriften sind auf ausländische Insolvenzverfahren nicht unmittelbar anwendbar. Ihre entsprechende Anwendung wird in der Literatur allerdings vielfach befürwortet56. Da es nach deutschem Recht Sache der Geschäftsstelle des inländischen Insolvenzgerichts ist (nicht des Verwalters), die Verfahrenseröffnung öffentlich bekanntzumachen und, soweit erforderlich, auszugsweise im Bundesan53

Vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 12 17303,

s. 117.

54 Vgl. Art. 232 SchKG, R. 2.10 (2), 4.21 (4), 6.34 (2)(b), (c), 6.46 (2)(b), (c) Insolvency Rules 1986. 55 Vgl. R. 13.13 (4) Insolvency Rules 1986 (Publikation in der London Gazette). In der Schweiz hingegen ist die Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt und im betreffenden kantonalen Amtsblatt zwar der RegelfalL Wenn die Verhältnisse es erfordern, kann die Bekanntmachung aber auch durch andere Blätter geschehen (Art. 35 SchKG). 56 Geimer. IZPR, Rdn. 3527; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1841; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.165; Pielorz, S. 103; Summ, S. 92 f.; Aderhold, S. 257; Trunk, KTS 1987, S. 415 (425 N. 45); Riegel, RIW 1990, S. 546 (548); vgl. Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 76; Lüderitz, JZ 1986, S. 96; Ackmann/Wenner, IPRax 1989, S. 144 (145 N. 36). 12 Ahrens

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zeiger zu veröffentlichen(§ 111 Abs. 1, 2 KO, § 22 Abs. 1 VglO, § 30 Abs. 1 InsO), im Falle eines ausländischen Insolvenzverfahrens ein inländisches Insolvenzgericht aber fehlt, müßte eine Analogie demnach zur Zuständigkeit der Geschäftsstelle des ausländischen Insolvenzgerichts führen, wobei die Bekanntmachung lediglich in der Veröffentlichung im Bundesanzeiger bestünde. Gegen diese Analogie bestehen Bedenken, weil sie einen wesentlichen Unterschied zwischen inländischen und ausländischen Eröffnungsentscheidungen außer acht läßt. Inländische insolvenzrechtliche Entscheidungen entfalten per se Wirkungen im Inland, ausländische nur, wenn sie hier anerkannt werden. Ausländische Entscheidungen stehen inländischen daher nur dann gleich, wenn ihre Anerkennung feststeht. Dies setzt zumindest eine vorherige Anerkennungsprüfung im Inland voraus57 . Für eine solche Prüfung läßt die analoge Anwendung der inländischen Bekanntmachungsvorschriften indes keinen Raum. Ohne Prüfung bestünde aber eine erhebliche Gefahr, daß Entscheidungen publiziert werden, die mangels Anerkennung keine Wirkungen im Inland entfalten. Durch eine öffentliche Bekanntmachung solcher Entscheidungen würde der inländische Rechtsverkehr regelrecht in die Irre geführt, was aus Griinden der Rechtssicherheit nicht hingenommen werden kann. Die entsprechende Anwendung inländischer Bekanntmachungsvorschriften auf ausländische Insolvenzverfahren ist deshalb abzulehnen. De lege lata ist eine Veröffentlichung ausländischer Eröffnungsentscheidungen demnach nur im Wege der Rechtshilfe auf Ersuchen des ausländischen Insolvenzgerichts möglich58 . Gleiches gilt für andere ausländische insolvenzrechtliche Entscheidungen, die Verfügungsbeschränkungen oder -verbote enthalten. Im Ergebnis können ausländische Insolvenzverwalter eine gutgläubige Leistung an den Schuldner also nur durch individuelle Benachrichtigung der ihnen bekannten Drittschuldner verhindern. Einer solchen Benachrichtigung steht das deutsche Recht selbstverständlich nicht entgegen. bb) Eintragung in das Grundbuch und in Register für Schiffe und Luftfahrzeuge Unter welchen Voraussetzungen Eintragungen in das Grundbuch und in vergleichbare inländische Register beantragt werden können, ist gemäß dem lexfori-Prinzip nach inländischem Recht zu beurteilen. Als Grundlage für ein Antragsrecht ausländischer Insolvenzverwalter kommt das Insolvenzstatut daher nicht in Betracht. Soweit Verwalter nach ausländischem Insolvenzrecht Registereintragungen veranlassen können, ist dieses Recht zudem in aller Regel schon nach dem Wortlaut der betreffenden Bestimmung auf die Register des Verfahrensstaats beVgl. Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 53;§ 385 Abs. I S . 1 RegEinsO. Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 53; Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (305). Für eine Publikationspflicht Hanisch, in: FS Bosch, S. 381 (390). Art. 5 Abs. 1 DöKV sieht eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger auf Veranlassung des Österreichischen Konkursgerichts vor. 57

58

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grenzt59. Damit stellt sich die Frage, ob die inländischen Bestimmungen, nach denen ein Verwalter die Eintragung der Verfahrenseröffnung in das Grundbuch, das Schiffsregister, das Schiffsbauregister und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen unmittelbar beim Grundbuchamt bzw. beim Registergericht beantragen kann (§ 113 Abs. 3 KO, §§ 32 Abs. 2 S. 2, 33 InsO, vgl. § 8 Abs. 2 Ges060), auf ausländische Insolvenzverwalter entsprechend angewendet werden können. Voraussetzung dafür ist, wie soeben dargelegt, zumindest eine vorherige Anerkennungsprüfung, die im vorliegenden Zusammenhang gewährleistet ist. Grundbuchämter und Registergerichte sind zu einer Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen ohne weiteres in der Lage61. Das Recht zur Stellung entsprechender Eintragungsanträge ist demzufolge auch ausländischen Verwaltern zuzugestehen62. Daß die Verfahrenseröffnung darüber hinaus auf Ersuchen des ausländischen Insolvenzgerichts im Wege der Rechtshilfe in das Grundbuch bzw. in ein vergleichbares Register eingetragen werden kann, steht dem nicht entgegen63 . Dieses Antragsrecht können allerdings nur diejenigen ausländischen Verwalter ausüben, die nach dem Insolvenzstatut dazu ermächtigt sind. Als Ermächtigungsgrundlage genügt die generelle Befugnis zur Verwaltung der Insolvenzmasse64 bzw. zur Vornahme erforderlicher Sicherungsmaßnahmen. Daß das Insolvenzstatut dem Verwalter ein vergleichbares Antragsrecht verleiht, ist hingegen weder erforderlich65 noch ohne weiteres genügend. Ausländische Verwalter können eine Eintragung im inländischen Grundbuch auch dann beantragen, wenn die Eröffnungsentscheidung im Verfahrensstaat, wie z. B. in Frankreich, nicht der Liegeuschaftspublizität unterliegt66, während ausländische Antragsrechte sich, wie be59 Vgl. R. 6.34 (2)(a), 6.46 (2)(a) Insolvency Rules 1986 (Mitteilung an den Chief Land Registrar). 60 Dazu Smid/ Smid, § 6 Rdn. 22; Haarmeyer/Wutzke/Förster; § 6 Rdn. 29 f. Anders§ 61 Abs. 2 VglO. 61 Nach § 386 RegEinsO sollte die Prüfung durch ein inländisches Insolvenzgericht erfolgen, um die Grundbuchämter damit nicht zu belasten (Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12/2443, s. 242). 62 Für entsprechende Anwendung von§ 113 Abs. 3 KO: OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); LG Waldshut-Tiengen, 5. 6. 1992, IPRspr. 1992 Nr. 266, S. 654; Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 76; ders., in: Kölner Schrift zur InsO, S. 1225 Rdn. 22; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1842; Mohrbutter! Wenner; Rdn. XXIII.l66; Lau, BB 1986, S. 1450; E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (424 N. 87); Gottwald, IPRax 1991 , S. 168 (170); ders., Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 12; Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1237); ders., ZIP 1992, S. 1125 (1127 f.); Pielorz, S. 103; Summ, S. 47; Aderhold, S. 257; Spahlinger; S. 120; vgl. Geimer; IZPR, Rdn. 3527; § 386 RegEinsO. 63 A.A. Gottwald/ Amold, § 122 Rdn. 51; i.E. auch Otte, RabelsZ 58 (1994), S. 292 (305). Vgl. Art. 5 Abs. 2 DöKV. 64 OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990,648 (649). 65 OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); a.A. Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 76. 66 Abzulehnen ist daher die Auffassung von Hanisch (ZIP 1992, S. 1125 [1127]), der von der ausländischen Publizitätsmethode ausgehen, diese aber soweit möglich durch Mit-

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reits ausgeführt, in der Regel nicht auf in Deutschland geführte Grundbücher und Register erstrecken. Zu den eintragungsfähigen ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidungen zählen in erster Linie verfahrenseröffnende Entscheidungen, die dem Schuldner die Verfügungsbefugnis wie im inländischen Konkurs- oder Insolvenzverfahren vollständig entziehen (vgl. § 6 Abs. 1 KO, § 80 Abs. 1 Insor. Außerdem können Entscheidungen eingetragen werden, die die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners an die Zustimmung des Insolvenzgerichts oder des Insolvenzverwalters knüpfen 68 (vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 23 Abs. I S. 1, Abs. 3, 32, 33, 277 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 3 InsO). Gleiches muß für Entscheidungen gelten, die die Verfügungsbefugnis des Schuldners in anderer Weise beschränken (vgl. § 386 Abs. 1 RegEinsO) oder ihm ein allgemeines Veräußerungsverbot auferlegen (vgl. § 113 Abs. 1 KO, § 61 Abs. 1 Vg!O, §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 32, 33 InsO). Ferner spricht im Hinblick auf die Anerkennungsfähigkeit ausländischer einstweiliger Entscheidungen nichts dagegen, die Eintragung vorläufiger Verfügungsbeschränkungen69 und Veräußerungsverbote70 zuzulassen (§ 113 Abs. 1 KO, §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 23 Abs. 3, 32, 33 InsO analog). Mit Verfügungsbeschränkungen und -verboten, die erst nach Verfahrenseröffnung angeordnet werden, kann es sich nicht anders verhalten (vgl. §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1 Vg!O, § 277 InsO). Voraussetzung ist stets, daß die ausländische Rechtsfolge ihrer Funktion nach als Verlust der Verfügungsbefugnis, Verfügungsbeschränkung oder Verfügungsverbot im Sinne des deutschen Rechts zu qualifizieren ist und nicht den ordre public verletzt71 • tel des deutschen Grundbuchrechts substituieren will. Dieser Ansatz versagt, wenn Verfügungsbeschränkungen nach dem Insolvenzstatut nicht der Liegenschaftsregisterpublizität unterliegen. 67 Eine Beschränkung hierauf ist entgegen Summ, S. 47 N. 21, nicht anzuerkennen. 68 Etwa die Eröffnung eines englischen Konkursverfahrens (Wirksamkeit von Verfügungen nur mit Zustimmung des Gerichts, Sec. 284 Insolvency Act 1986), eines schweizerischen Nachlaßverfahrens (Unwirksamkeit der Veräußerung und Belastung von wesentlichen Teilen des Anlagevermögens ohne gerichtliche Ermächtigung, Art. 298 Abs. 2 SchKG; dies schließt Grundstücke ein [vgl. Art. 298 Abs. 1 a.F. SchKG]) und u.U. die eines französischen Unternehmenssanierungsverfahrens (Art. 31 Abs. 2, 4 [Nr. 2] Gesetz Nr. 85- 98; Delebecque, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2330 Nr. 16); möglicherweise auch eine englische administration order (vgl. Sec. 14 (4) Insolvency Act 1986). 69 V gl. Artt. 293 Abs. 4, 298 Abs. 2 SchKG, Sec. 284 Insolvency Act 1986 (Zustimmungsbedürftigkeit von Verfügungen des Schuldners mit Stellung des Eröffnungsantrags, bedingt durch die Verfahrenseröffnung). 70 Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (172) (zumindest für den EG-Bereich); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.167. 71 Substituierbarkeit durch eine im inländischen Recht vorgesehene Verfügungsbeschränkung ist entgegen Hanisch (ZIP 1992, S. 1125 [1128]; ders., IPRax 1993, S. 69 [70]; ders., in: FS Jahr, S. 455 [468 f.]) keine Eintragungsvoraussetzung. Sie wäre relevant, ginge es um Wirkungsgleichstellung. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um die Beseitigung inländischen Gutglaubensschutzes mit Mitteln des deutschen Verfahrensrechts.

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Die Einzelheiten des Eintragungsverfahrens richten sich gemäß der lex-fori-Regel nach deutschem Recht72. Soweit es um die Eintragung in das Grundbuch geht, hat der ausländische Insolvenzverwalter sich zu legitimieren und die Unrichtigkeit des Grundbuchs bezüglich der Verfügungsbefugnis des Schuldners durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 2 GBO). Dazu ist eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der betreffenden ausländischen insolvenzrechtlichen Entscheidung erforderlich. Falls staatsvertraglich nichts anderes vorgesehen ist, kann das Grundbuchamt deren Legalisation (§ 438 Abs. 2 ZPO analog i.V.m. § 13 Konsulargesetz/ 3 und gegebenenfalls eine Übersetzung verlangen(§ 142 Abs. 3 ZPO analog). Auch einen Nachweis darüber, daß das ausländische Insolvenzverfahren das in Deutschland belegene Vermögen erfaßt, kann das Grundbuchamt vom Insolvenzverwalter fordern. Ein inländisches Vollstreckungsurteil benötigt der Verwalter hingegen nicht74, da die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung bzw. eines Verfügungsverbots keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung darstelle5 . Sie ist weder im engeren noch im weiteren Sinne Vollstrekkungswirkung76. Eingetragen werden können ausländische insolvenzrechtliche Verfügungsbeschränkungen und -verbote bei Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist, und, wenn nach der Art des Rechts und nach den Umständen ohne Eintragung eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zu befürchten ist, bei für den Schuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken und an eingetragenen Rechten. Entsprechendes gilt für eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge(§ 113 Abs. I KO, §§ 32 Abs. 1, 33 InsO analog) 77 . cc) Eintragung in das Handelsregister Zur Eintragung der ausländischen Verfahrenseröffnung in das inländische Handelsregister besteht in der Regel nur dann Veranlassung, wenn der Schuldner seine Hauptniederlassung oder seinen Sitz im Ausland hat und im Inland eine Zweigniederlassung unterhält, die im Handelsregister eingetragen ist (vgl. §§ 13d - 13g HGB). Für Zweigniederlassungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland bestimmt § 13e Abs. 4 HGB, daß die Eröffnung eines Konkurs-, VergleichsAderhold, S. 257; Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1127). Vgl. OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990, 648 (649); Lau, BB 1986, S. 1450; Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (170); ReithrruJnn!HausrruJnn, Rdn. 1842; Begründung zum RegE-InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 242. Zu staatsvertragliehen Erleichterungen s. oben III. 2. c), S. 132 N. 202. 74 OLG Zweibrücken, 17. 4. 1989, NJW 1990,648 (649); ebenso§ 386 RegEinsO; a.A. Lüderitz, JZ 1986, S. 96. 75 A.A. Schlosser, RIW 1983, S. 4 73 (480). 76 Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, Kap. IV Rdn. 21; Stein!Jonas/Münzberg, § 722 Rdn. 5, vor§ 704 Rdn. 50; Zöller/Geimer, § 722 Rdn. 9; Geimer, IZPR, Rdn. 3120. 77 Ebenso§ 386 Abs. 1, 3 RegEinsO. 72

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oder ähnlichen Verfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Zur Anmeldung verpflichtet sind Personen, die als ständige Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt sind, oder, wenn solche nicht angemeldet sind, die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Ist ein ausländischer Insolvenzverwalter, wie z. B. ein englischer Iiquidator oder administrator78, nach dem Insolvenzstatut Vertreter der Gesellschaft, kann er folglich gemäß § 13e Abs. 4 HGB zur Anmeldung berechtigt und verpflichtet sein. Bei inländischen Zweigniederlassungen von ausländischen Schuldnern anderer Rechtsform kann sich ein Antragsrecht des Verwalters aus § !3d Abs. 3 HGB in Verbindung mit dem einschlägigen ausländischen Recht ergeben. Für ein weitergehendes Antragsrecht ausländischer Insolvenzverwalter, welches rechtspolitisch als wünschenswert angesehen wird79, fehlt die gesetzliche Grundlage. Auch eine entsprechende Anwendung inländischer Vorschriften auf ausländische Verwalter ist nicht möglich, weil es nach deutschem Insolvenzrecht nicht Aufgabe des Verwalters, sondern der Geschäftsstelle des inländischen Insolvenzgerichts ist, die Eintragung im Handelsregister zu veranlassen(§ 112 KO, § 23 Abs. 1 VglO, § 31 InsO). Eine Analogie zugunsten eines Antragsrechts des ausländischen Insolvenzgerichts ist allerdings zu befürworten, weil dies dem Bedürfnis des inländischen Rechtsverkehrs nach möglichst umfassender Unterrichtung entgegenkommt. Für die Zerstörung eines etwaigen guten Glaubens ist die Eintragung hingegen weniger wichtig, denn insoweit gewährt das Handelsregister keinen Vertrauensschutz (§ 32 S. 4 HGB). Zur Vomahme der vor der Eintragung erforderlichen Anerkennungsprüfung ist das Registergericht ohne weiteres in der Lage. Abgesehen davon kann die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens auch aufgrund eines entsprechenden Rechtshilfeersuchens des ausländischen Insolvenzgerichts in das Handelsregister eingetragen werden 80.

2. Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens Neben dem Verlust der Verfügungsbefugnis, Verfügungsbeschränkungen und Verfügungsverboten ist die Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens die zweite wichtige Sicherungsmaßnahme. Ihr Zweck besteht in erster Linie darin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen vor nachteiligen Einwirkungen tatsächlicher Art seitens des Schuldners oder einzelner Gläubiger zu schütSec. 14 (5) lnsolvency Act 1986; Bailey/Groves/Smith, Nr. 10.16; Fletcher, S. 583. Gotrwald, IPRax 1991, S. 168 (171). Bereits de lege lata angenommen wird ein solches Antragsrecht von Reithmann/Hausmann, Rdn. 1842, und Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.I67. 80 Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 51; Gottwald, IPRax 1991, S. 168 (171); vgl. Summ, s. 46f. 78

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zen. Sie verhindert aber auch Verfügungen zu Lasten der Masse, soweit diese eine tatsächliche Einwirkung auf einen Massegegenstand voraussetzen 81 . Darüber hinaus ist die Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens Voraussetzung für dessen spätere Verwaltung und gegebenenfalls für dessen Verwertung durch den Insolvenzverwalter. Für die Inbesitznahme gilt das Insolvenzstatut82. Ihre Durchführung obliegt in aller Regel dem Insolvenzverwalter83 . Um das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz nehmen zu können, muß der Verwalter berechtigt sein, die einzelnen Massegegenstände vom Schuldner herauszuverlangen. Dieser Herausgabeanspruch bzw. eine entsprechende Herausgabepflicht des Schuldners ist im ausländischen Insolvenzrecht verschiedentlich ausdrücklich normiert84. Er stellt eine insolvenzrechtliche Wirkung des ausländischen Verfahrens dar und unterliegt damit grundsätzlich dem Insolvenzstatut Einer Ausnahmeanknüpfung bedarf es nicht, weil der Schuldner auch nach deutschem Recht zur Herausgabe des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens an den Verwalter verpflichtet ist85 . Soweit ausländische Insolvenzverfahren auch das Inlandsvermögen des Schuldners beanspruchen, erstrecken sich Herausgabeansprüche ausländischer Verwalter daher auch auf in Deutschland belegene Massegegenstände86. Falls der Schuldner diese nicht freiwillig herausgibt, kann der ausländische Verwalter sie mit einer auf seinen Herausgabeanspruch gestützten Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO) sequestrieren lassen. Herausgabe an sich selbst kann er im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache87 nicht verlangen, sondern muß hierzu eine Klage auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Herausgabetitels 88 gemäß §§ 722, 723 ZP089 oder eine Herausgabeklage90 gegen den Schuldner erheben und anschließend vollstrecken. 81 Etwa die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an einer zur Insolvenzmasse gehörenden beweglichen Sache(§ 929 S. 1 BGB). 82 Reithmann/Hausmann, Rdn. 1822. 83 Vgl. Art. 223 SchKG, Sec. 17 (1), 144 (I), 286 (4), 305 (2), 311 Insolvency Act 1986. 84 Art. 222 Abs. I SchKG, Sec. 14 (l)(b) i.V.m. Schedule 1 Nr. 1, Sec. 291 (1), 312 (1) Insolvency Act 1986, R. 1.23 (1)(a), 5.21 (1) Insolvency Rules 1986. 85 OLG Koblenz, 30. 3. 1993, ZIP 1993, 844; LG Köln, 31. 10. 1997, RIW 1998, 321; Kilgerl Karsten Schmidt, § 117 KO Anm. 2 a; Hess, § 117 Rdn. 3; Hanisch, Rechtszuständigkeit, S. 209 f. 86 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1 237); Lüer; in: Kuhn/ Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 91; Lau, BB 1986, S. 1450. 87 Stein/Jonas!Grunsky, Rdn. 44 f. vor§ 935; Heinze, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Rdn. 23 vor§ 935; Zöller/Vollkommer; § 938 Rdn. 3.

Vgl. etwa Sec. 365 Inso1vency Act 1986. s. oben III. 2. d) cc) (I), S. 139 f. 90 Es verhä lt sich hier nicht anders als bei ausländischen Zivilurteilen, bei denen eine Klage aus dem materiellen Anspruch von der herrschenden Meinung in der Regel zugelassen wird (BGH, 20. 3. 1964, NJW 1964, 1626; 16. 5. 1979, NJW 1979, 2477; 26. 11. 1986, NJW 1987, 1146; OLG Stuttgart, 18. 8. 1988, IPRax 1990, 49; Stein/Jonas/Münzberg, § 722 88

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Nach ausländischem Insolvenzrecht stehen dem Verwalter gelegentlich auch Herausgabeansprüche gegen Dritte zu, die Vermögen des Schuldners in ihrem Besitz haben91 . Solche Ansprüche des Verwalters sollen in aller Regel die zügige Erfassung der Insolvenzmasse gewährleisten. Sie sind deshalb insolvenzrechtlich zu qualifizieren und unterstehen grundsätzlich dem Insolvenzstatut Ob Dritte zur Herausgabe im Inland belegener Massegegenstände verpflichtet sind, richtet sich mangels Renvoi daher prinzipiell nach dem einschlägigen ausländischen Insolvenzsachrecht Den inländischen Rechtsverkehr beeinträchtigt diese Anknüpfung nicht, weil dem Schuldner gehörende Gegenstände, soweit kein Recht zur abgesonderten Befriedigung besteht92, ohnehin herausgegeben werden müssen. Sollte die Anwendung des Insolvenzstatuts dazu führen, daß z. B. Zurückbehaltungsrechte nicht mehr ausgeübt werden können93 , so ist dies hinzunehmen, da über die Wirksamkeit von Zurückbehaltungsrechten im Insolvenzverfahren sowieso das Insolvenzstatut entscheidet94. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Herausgabeentscheidungen gegen Dritte richtet sich nach §§ 328, 722, 723 ZP095 . Ob solche Entscheidungen im Hinblick auf das vorangegangene Verfahren anerkennungsfähig sind, mag zuweilen zweifelhaft sein, insbesondere bei Entscheidungen englischer Insolvenzgerichte. Englische Insolvenzgerichte können auf Antrag des Insolvenzverwalters Personen vorladen, von denen bekannt ist oder von denen vermutet wird, daß sie Massegegenstände in Besitz haben, und von ihnen eine beeidete schriftliche Erklärung über ihre Geschäftsbeziehungen zum Schuldner sowie die Vorlage diesbezüglicher Unterlagen verlangen (discovery 96 ). Bei entsprechender Beweislage sind sie berechtigt, auf Antrag des Verwalters die Herausgabe der Vermögensgegenstände an diesen anzuordnen97 . Derart zustandegekommene Entscheidungen können auf einer nach deutschem Zivilprozeßrecht verbotenen Ausforschung98 beruhen und damit, ebenso wie bei der discovery des US-amerikani-

Rdn. 6; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 722 Rdn. 29; Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, Kap. IV Rdn. 175; Baurrumn, IPRax 1990, S. 28 [29]; a.A. Stein/Jonas/Schumann, § 328 Rdn. 8; Thomas/Putzo, §§ 722,723 Rdn. 6; Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, Rdn. 1624; Nagel, Rdn. 718 f.; Schütze, S. 173). 91 Art. 222 Abs. 4 SchKG, Sec. 234 (2) i.V.m. Sec. 160 (1)(c) lnsolvency Act 1986, R. 4.185 Insolvency Rules 1986; Sec. 312 (3) Insolvency Act 1986; ebenso für das deutsche Recht Kilger I Karsten Schmidt, § 117 KO Anm. 2 a; Hess, § 117 Rdn. 3. 92 s. unten VI. 1. b) bb) (1) (b), (c), S. 204 ff., 207 ff. 93 Vgl. etwa Sec. 349 Insolvency Act 1986 (partielle Unausübbarkeit von Zurückbehaltungsrechten an Büchern und Unterlagen des Schuldners gegenüber dem official receiverund dem trustee); ferner Kilger/ Karsten Schmidt, § 49 KO Anm. 8 m. w. N. 94 s. unten VI. 1. b) bb) (2) (d), S. 213 f. 95 Ohne§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, s. oben III. 2. d) cc) (4), S. 141 f. 96 So die Bezeichnung des House of Lords in British and Commonwealth Holdings plc. (joint administrators) v. Spicer & Oppenheim (afirm) [1992]4 AllE. R. 876 (877). 97 Sec. 236 (2)(b), (3), 237 (1), 366 (l)(b), 367 (1) Inso1vency Act 1986.

V. Sicherung der Insolvenzmasse

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sehen Zivilprozeßrechts, gegen den prozessualen ordre public verstoßen. Die internationalen Auswirkungen der discovery nach englischem Insolvenzrecht sind allerdings von vomherein dadurch begrenzt, daß Personen, die sich in dem in Betracht kommenden Zeitraum nicht in England aufgehalten haben, nicht vernommen werden können99 . Auch führt die bloße Möglichkeit der Ausforschung noch nicht zur Versagung der Anerkennung 100• Daß eine discovery nach englischem Insolvenzrecht im Einzelfall auf eine Ausforschung hinausläuft, liegt angesichts der Grenzen, die ihr die englische Rechtsprechung gezogen hat, zudem nicht sonderlich nahe. Die englischen Insolvenzgerichte haben ihrem Auskunftsverlangen eine umfassende Interessenahwägung zugrundezulegen. Ein berechtigtes Interesse des Verwalters an der Erfüllung seiner Aufgabe ist sorgfaltig gegen die Notwendigkeit abzuwägen, keine gänzlich unbillige, überflüssige oder die Auskunftsperson übermäßig belastende Anordnung zu erlassen. Daß die geforderte Auskunft die Chancen des Auskunftspflichtigen schmälert, einen Prozeß zu gewinnen, macht das Auskunftsverlangen zwar nicht per se unbillig, ist aber mit in die Abwägung einzustellen 101 • Ferner ist im Rahmen der Anerkennungsprüfung zu berücksichtigen, welche Maßnahmen inländischen Insolvenzverwaltern zur Verfügung stehen. Inländische Insolvenzverwalter können sich zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen und Maßnahmen der Ermittlungen des Insolvenzgerichts bedienen (§ 75 KO, § 2 Abs. 3 S. 2, 3 GesO, § 5 Abs. 1 Ins0) 102, was Aufklärung im Vorfeld eines zu führenden Prozesses einschließt 103 • Die Grenzen solcher Aufklärungsmaßnahmen sind streitig; jedenfalls darf der Prozeß nicht faktisch vorweggenommen werden 104• Ebenfalls zu beachten sind die nach deutschem Recht bestehenden Auskunfts- und Vorlagepflichten. Z. B. ist der Besitz von Massegegenständen dem Konkursgericht anzuzeigen(§ 118 KO), mag diese Pflicht auch nicht durchsetzbar sein 105 . Ferner können inländische Insolvenzverwalter Auskunftsansprüche nach § 242 BGB geltend machen, wenn die besonderen Rechtsbeziehungen zwischen dem Schuldner 98 BGH, 6. 6. 1979, BGHZ 74, 379 (383); 8. 1. 1985, BGHZ 93, 191 (205); Stein / Jonas I Leipold, § 284 Rdn. 40; Zöller/Greger; vor§ 284 Rdn. 5. 99 Re Tucker (a bankrupt), ex parte Tucker [1988] I AllE. R. 603, C.A. (zu Sec. 25 Bankruptcy Act 1914); kritisch dazu Grier/Floyd, Nr. 8.25. 1oo BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 312 (324). 101 British and Commonwealth Holdings plc. (Joint administrators) v. Spicer & Oppenheim (afirm) [1992]4 AllE. R. 876, H.L. 102 OLG Hamm, 17. 9. 1971, KTS 1972, 105 (106); LG Hildesheim, 2. 2. 1983, ZIP 1983, 598 (599); AG Duisburg, 7. 8. 1991, KTS 1992, 135 (136), bestätigt durch LG Duisburg, 18. 9. 1991, a. a. 0., 137; Jaeger/Weber; § 75 Rdn. 2; Kuhn / Uhlenbruck, § 75 Rdn. 1; Kilger/Karsten Schmidt, § 75 KO Anm. 2; Gottwald/Heilmann/Klopp, § 18 Rdn. 28; Smid/ Smid, § 2 Rdn. 72. 103 OLG Hamm, 17. 9. 1971, KTS 1972, 105 (106); LG Hildesheim, 2. 2. 1983, ZIP 1983, 598 (599); AG Duisburg, 7. 8. 1991, KTS 1992, 135 (136); Jaeger/Weber; § 75 Rdn. 2. 104 LG Hildesheim, 2. 2. 1983, ZIP 1983, 598 (599); AG Duisburg, 7. 8. 1991, KTS 1992, 135 (136); Kuhn/ Uhlenbruck, § 75 Rdn. 3, 3a. 105 Vgl. § 119 KO; Häsemeyer; S. 153 N. 164.

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und der Auskunftsperson es mit sich bringen, daß der Verwalter in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn die zur Beseitigung der Ungewißheit erforderliche Auskunft unschwer gegeben werden kann, vorausgesetzt, daß der Verwalter die begehrten Informationen nicht vom Schuldner erlangen kann 106 . Darüber hinaus können inländische Insolvenzverwalter die Vorlage von Urkunden verlangen, die sich in fremdem Besitz befinden, wenn sie ein Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und einer anderen Person beurkunden und der Verwalter ein rechtliches Interesse an der Vorlage hat (§ 72 KO, § 4 InsO, jeweils i.V.m. § 422 ZPO, § 810 BGB) 107 . In Anbetrachtall dessen wird die Anerkennung englischer Entscheidungen über die Herausgabe inländischer Massegegenstände an den Verwalter nur in Ausnahmefällen wegen einer vorangegangenen discovery am inländischen ordre public scheitern.

3. SiegeJung Zur Sicherung der zur Insolvenzmasse gehörenden Sachen kann ein inländischer Verwalter Siegel anbringen lassen, und zwar durch gesetzlich hierzu ermächtigte Personen, insbesondere durch Gerichtsvollzieher, Notare und Geschäftsstellenbeamte der Amtsgerichte 108 (§ 122 Abs. I KO, § 150 S. 1 InsO). Zweck dieser Maßnahme ist es, den Konkursbeschlag äußerlich erkennbar zu machen 109 . Fraglich ist, ob das Recht, an in Deutschland belegeneo Massegegenständen Siegel anbringen zu lassen, auch ausländischen Insolvenzverwaltern zusteht. Dies hängt in erster Linie davon ab, ob es zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs geboten ist, der Siegelung eine Anerkennungsprüfung vorausgehen zu lassen. Dagegen spricht, daß die Siegelung nicht voraussetzt, daß der zu siegelnde Vermögensgegenstand definitiv in die Insolvenzmasse fallt. Ein inländischer Konkursverwalter ist befugt, auch solche Gegenstände in Besitz zu nehmen, deren Massezugehörigkeit zweifelhaft ist 110. Der Konkursbeschlag muß insoweit ebenfalls kenntlich gemacht werden können. Als Sicherungsmaßnahme wäre die Siegelung weitgehend wertlos, wenn die Massezugehörigkeit zuvor positiv festgestellt werden müßte. Da es auf die Massezugehörigkeit also letztlich nicht ankommt, kann demzufolge auch die Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen dahingestellt bleiben, so daß sich eine vorherige Anerkennungsprüfung erübrigt. Es stellt sich dann allenfalls noch die Frage, ob eine Siegelung inländi106 BGH, 18. l. 1978, NJW 1978, 1002; 6. 6. 1979, BGHZ 74, 379 (380 ff.); 15. l. 1987, NJW 1987, 1812 (1813); BAG, 27. 6. 1990, DB 1990, 2075 (2076). 107 Vgl. BGH, 4. 6. 1992, BGHZ 118, 312 (324); Schack, IZVR, Rdn. 740. Zu den Folgen der Nichtvorlage im Prozeß s. § 427 ZPO. 108 Jaeger/Weber, § 122 Rdn. 2; Gottwald/Heilmann/Klopp, § 23 Rdn. 29; Kilger/Karsten Schmidt, § 122 KO Anm. 2. 109 Jaeger/Weber, § 122 Rdn. l. 110 Kuhn/Uhlenbruck, § 117 Rdn. 3; Häsemeyer, S. 243 f.

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scher Vermögensgegenstände auf Veranlassung ausländischer Verwalter deshalb ausgeschlossen ist, weil das Siegelungsprotokoll nicht wie im inländischen Verfahren auf der Geschäftsstelle des inländischen Insolvenzgerichts niedergelegt werden kann (§ 124 S. 2 KO, § 150 S. 2 InsO). Dagegen spricht jedoch, daß es nicht Zweck der Niederlegung ist, den inländischen Rechtsverkehr zu schützen, sondern den Beteiligten die Einsichtnahme zu ermöglichen. Ob ein solches Einsichtsrecht besteht, ist ebenso wie die Notwendigkeit einer Niederlegung eine verfahrensrechtliche Frage, die das Insolvenzstatut zu entscheiden hat. Demnach sind auch ausländische Insolvenzverwalter berechtigt, im Inland belegene, zur Masse gehörende und in ihrem Besitz befindliche Sachen siegeln zu lassen 111 • Hierzu können sie sich beispielsweise eines Notars bedienen 112 • Eine Befugnis zur SiegeJung im Verfahrensstaat 113 wird nicht vorausgesetzt.

4. Rechte auf Auskunft und Unterstützung

Um die Insolvenzmasse vor nachteiligen Einwirkungen seitens des Schuldners oder einzelner Gläubiger schützen zu können, sind Insolvenzverwalter auf Informationen über die vermögensrechtlichen Beziehungen des Schuldners und hier insbesondere über den Umfang der Insolvenzmasse angewiesen, welche sie im übrigen auch zur Erfüllung anderer Aufgaben benötigen, etwa zur Errichtung eines Inventars114. Nach ausländischem Insolvenzrecht sind Insolvenzverwalter regelmäßig berechtigt, vom Schuldner Auskunft über dessen Vermögensverhältnisse 115 bzw. Einsicht in dessen Geschäftsunterlagen zu verlangen 116, soweit diese ihnen nicht ohnehin herauszugeben sind. Manche Insolvenzverwalter können vom Schuldner dariiber hinaus ein Verzeichnis der Massegegenstände oder eine Vermögensübersicht verlangen 117 • Zusätzlich kann der Schuldner verpflichtet sein, den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben generell 118 oder in bestimmten Fällen zu unterstützen. Nach englischem Recht etwa ist der official receiver berechtigt, vom Schuldner alles Notwendige zum Schutz solcher Massegegenstände zu ver111

Ebenso Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 76; zweifelnd Lau, BB 1986,

s. 1450 (1450 f.).

112 Lüer; in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 76; i.E. auch Seybold!Homig, § 118 Rdn. 53; vgl. § 20 Abs. 1 S. 2 BNotO, §§ 36, 37 BeurkG. 113 So z. B. Art. 223 Abs. 1, 3 SchKG, Art. 27 Gesetz Nr. 85 - 98 i.V.m. Art. 51 Dekret Nr. 85- 1388. 114 Vgl. Artt. 221 Abs. 1, 299 Abs. 1 SchKG, Art. 27 Gesetz Nr. 85 - 98 i.V.m. Art. 51 Dekret Nr. 85-1388, § 124 S. 1 KO, § II Abs. I S. 1 GesO, § 153 Abs. 1 InsO. 115 Art. 222 Abs. I SchKG, Art. 37 lit. a, b KOV, Sec. 235 (2)(a), 286 (5), 291 (4), 333 (l)(a) Insolvency Act 1986. 116 Art. 46 Abs. 2 Dekret Nr. 85- 1388. 117 Sec. 22 (1), 131 (1), 286 (5), 288 (1), 291 (4) Insolvency Act 1986. 118 Vgl. Sec. 333 (l)(c) Insolvency Act 1986.

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langen, die sich noch nicht in seinem Besitz befinden 119 • Damit der Schuldner sich diesen Auskunfts- und Unterstützungspflichten nicht entzieht, ist ferner vorgesehen, daß er sich zur Verfügung des Verwalters zu halten bzw. sich ihm auf Verlangen zur Verfügung zu stellen hat 120• Bei all diesen Ansprüchen des Verwalters (bzw. Pflichten des Schuldners) handelt es sich um insolvenzrechtliche Wirkungen ausländischer Verfahren, für die nach der Grundnorm prinzipiell das Insolvenzstatut gilt. Dessen Anwendungsbereich einzuschränken besteht kein Anlaß. Die vorgenannten Verpflichtungen berühren den inländischen Rechtsverkehr nicht, sondern treffen allein den Schuldner, dem vergleichbare Pflichten auch nach deutschem Recht obliegen 121 . Für Auskunftsansprüche ausländischer Verwalter gegen Arbeitnehmer des Schuldners 122 gilt im Ergebnis nichts anderes. Sie beeinträchtigen den inländischen Rechtsverkehr deshalb nicht, weil sie auch im deutschen Insolvenzrecht vorgesehen sind 123 • Aus demselben Grunde ist es bei Kapitalgesellschaften als Schuldnern unbedenklich, wenn sich die Auskunfts- und Präsenzpflichten nach ausländischem Insolvenzrecht gegen die gegenwärtigen und ehemaligen Mitglieder der Organe richten 124 • Daß das englische Recht diese Pflichten darüber hinaus auch auf Gründer einer solchen Gesellschaft und, falls als deren Organ eine andere Kapitalgesellschaft fungiert, auf deren Organmitglieder und Arbeitnehmer erstreckt 125 , findet im inländischen Recht zwar keine unmittelbare Entsprechung 126 . Doch entfernt sich auch diese Regelung keineswegs so weit von ihm, daß eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Insolvenzstatuts angezeigt wäre. Eine solche Beschränkung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der Schuldner bzw. bei Kapitalgesellschaften deren Organmitglieder und Gründer nach englischem Insolvenzrecht zu unbeschränkter Auskunft verpflichtet und damit unter Umständen zur Selbstbezichtigung gezwungen sind 127 . Auch nach deutschem Recht haben der Schuldner, persönlich haftende Gesellschafter und Mitglieder eines Vertretungsoder Aufsichtsorgans Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen 128 . Nur auf Sec. 291 (2) Insolvency Act 1986. Art. 229 Abs. 1 SchKG, Sec. 235 (2)(b), 286 (5), 291 (4), 333 (l)(b) Insolvency Act 1986. 121 §§ 100, 101 Abs. 1 KO, § 40 Abs. 1 S. 2 Vg!O, §§ 22 Abs. 3 S. 2, 3, 97 InsO. 122 Sec. 22 (3)(c), 131 (3)(c), 235 (3)(c) Inso1vency Act 1986. 123 § 40 Abs. 1 S. 2 Vg!O, § 101 Abs. 2 InsO. 124 Vgl. Sec. 22 (3)(a), 131 (3)(a), 235 (3)(a) Insolvency Act 1986, § 101 Abs. I InsO. 125 Sec. 22 (3)(b), (d), 131 (3)(b), (d), 235 (3)(b), (d) Insolvency Act 1986. 126 Vgl. §§ 76 Abs. 3 S. 1, 100 Abs. 1 S. 1 AktG, § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG. 127 Bishopsgate Investment Management Ltd. (in provisional Iiquidation) v. Maxwell and another; Cooper v. Maxwell, Mirrar Group Newspapers plc. and another v. Maxwell and others [1992]2 AllE. R. 856, C.A. 12s §§ 97 Abs. I S. 2, 101 Abs. I S. 1, 2 InsO; BVerfG, 13. 1. 1981, BVerfGE 56, 37; LG Hamburg, 16. 12. 1974, KTS 1975, 242; Kuhn/Uhlenbruck, § 100 Rdn. 2; Kilger/Karsten Schmidt, § 100 KO Anm. 1 a. 119

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diese Weise kann verhindert werden, daß Teile der Insolvenzmasse dem berechtigten Zugriff der Gläubiger entzogen werden 129 . Im ausländischen Insolvenzrecht vorgesehene Auskunftspflichten derjenigen, die Vermögensgegenstände des Schuldners verwahren oder bei denen dieser ein Guthaben 130 unterhält, insbesondere also von Banken, sind für den inländischen Rechtsverkehr ebenfalls tolerabel. Die Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen über die Erteilung von Auskünften und die Vomahme von Unterstützungshandlungen ist entsprechend §§ 722, 723 ZPO möglich 131 . Die anschließende Vollstrekkung wird im Regelfall, insbesondere bei Entscheidungen über eine Auskunftserteilung, gemäß § 888 ZPO durch Anordnung von Zwangsgeld oder Zwangshaft erfolgen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß das ausländische Insolvenzrecht überhaupt eine gerichtliche Entscheidung über die Auskunfts- und Unterstützungsansprüche des Insolvenzverwalters vorsieht und ihn zu deren Durchsetzung nicht nur auf Zwangsmaßnahmen verweist. Letzteres ist z. B. im schweizerischen und englischen Recht der Fall. Über eine Titulierung der vorgenannten Ansprüche ist dort nichts bestimmt. Stattdessen ist die Nichterfüllung von Auskunfts-, Unterstützungs- und Präsenzpflichten nahezu durchgängig mit Strafe bedroht 132 . Weitergehende Sanktionen treffen diejenigen, die in einem englischen Insolvenzverfahren zu einer auf Antrag des Verwalters 133 angeordneten gerichtlichen Vernehmung nicht erscheinen. Sie können in Arrest genommen werden; in ihrem Besitz befindliche Gegenstände unterliegen der Beschlagnahme 134• Diese Zwangsmaßnahmen können nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil dies das System der Anerkennung ausländischer Entscheidungen und ihrer anschließenden Vollstreckbarerklärung sprengen würde 135 . Ausländischen Insolvenzverwaltern bleibt in diesen Fällen nur die Möglichkeit, ihre materiellrechtlichen Ansprüche auf Auskunft und Unterstützung im Inland gerichtlich geltend zu machen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß eine entsprechende Anwendung der deutschen insolvenzrechtlichen Vorschriften über die zwangsweise Vorführung und Haft wegen Verletzung von Auskunfts-, Mitwirkungs- und Präsenzpflichten (§§ 101 Abs. 2 KO, § 98 Abs. 2 InsO) de lege Jata ausgeschlossen ist. De lege ferenda wird dieser Weg der zivilprozessualen Vollstreckbarerklärung jedoch vorzuziehen sein 136. BVerfG, 13. l. 1981, BVerfGE 56, 37 (50). Art. 222 Abs. 4 SchKG. 131 s. oben 111. 2. d) cc) (3), S. 141. 132 Vgl. Artt. 222 Abs. 1, 229 Abs. 1 SchKG, Sec. 22 (6), 131 (7), 235 (5) lnsolvency Act 1986 (fine), Sec. 288 (4), 291 (6), 333 (4) Insolvency Act 1986 (Bestrafung wegen contempt ofcourt). 133 Etwa zwecks Beschaffung von Informationen für die Verwaltung der Masse (vgl. den Bericht des Cork Committee, Nr. 655, zitiert in: Re Seagull Manufacturing Co. Ltd. [in Liquidation] [1993] 2 AllE. R. 980 [986], C.A.). 134 Sec. 134 (2), 236 (4), (5), 364 (1), (2)(e), 366 (2), (3) Insolvency Act 1986. 135 s. oben III. 2. d) cc) (3), S. 141 N. 259; Geimer; IZPR, Rdn. 3109; Martiny, in: Hdb. IZVR 111/1, Rdn. 476. 129 130

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5. Postsperre Ebenso wie das inländische Insolvenzrecht enthalten auch ausländische Insolvenzgesetze regelmäßig Vorschriften, nach denen die an den Schuldner adressierten Postsendungen dem Insolvenzverwalter auszuhändigen sind (Postsperre). Teils wird dem Verwalter dabei ein unmittelbarer Anspruch gegen die Post auf Herausgabe oder Einsichtnahme eingeräumt 137 , teils bedarf die Postsperre vorheriger gerichtlicher Anordnung 138 . Soweit die Postsperre als Anspruch ausgestaltet ist, handelt es sich um eine insolvenzrechtliche Wirkung des ausländischen Verfahrens, die grundsätzlich dem Insolvenzstatut unterliegt. Diese Anknüpfung und die damit verbundene Ausdehnung ausländischer Postsperren auf den inländischen Postverkehr des Schuldners ist unter Verkehrsschutzaspekten aufgrund der alleinigen Betroffenheit des Schuldners und vergleichbarer Bestimmungen im deutschen Recht 139 unbedenklich. Fraglich ist indessen, ob sie mit dem Postgeheimnis (Art. 10 GG) vereinbar ist. Die Erstreckung einer ausländischen Postsperre auf das Inland ist ein Eingriff in das Postgeheimnis des Schuldners. Verfassungsmäßig ist ein solcher Eingriff nur, wenn er aufgrund eines Gesetzes erfolgt (Art. 10 Abs. 1, 2 S. 1 GG), wobei es sich um ein inländisches Gesetz handeln muß 140. Die Geltung des Insolvenzstatuts für ausländische Postsperren ist jedoch nicht durch Gesetz geregelt. Den Vorschriften der §§ 237, 238 KO, § 22 GesO, Art. 102 EGinsO läßt sie sich nicht entnehmen. § 22 GesO und Art. 102 EGinsO als verfassungsmäßige Eingriffsrechtfertigung anzusehen verbietet zudem das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG) 141 . § 121 KO und§ 99 InsO gelten nur für Postsperren in inländischen Insolvenzverfahren. Für die Anwendung des Insolvenzstatuts auf ausländische Postsperren fehlt folglich eine verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage. Gleiches gilt für ausländische insolvenzgerichtliche Entscheidungen, die eine Postsperre anordnen und die im Inland anerkannt und, in entsprechender Anwendung der §§ 722, 723 ZPO, für vollstreckbar erklärt werden können

In diesem Sinne bereits Art. 10 Abs. 1, 3 DöKV. Art. 38 KOV. 138 Art. 29 Gesetz Nr. 85-98, Sec. 371 lnsolvency Act 1986. 139 § 121 KO, § 99 InsO. Ob im Rahmen der GesO eine Postsperre angeordnet werden kann, ist streitig. Dafür OLG Naumburg, 22. 9. 1993, DtZ 1994, 78; Gottwald!Uhlenbruck, Nachtrag Kap. II, I Rdn. 8; Pape, DtZ 1993, S. 199 (201 f.); ders., DtZ 1995, S. 218 (220); dagegen AG Halle-Saalkreis, 3. 12. 1992, DtZ 1993, 219, bestätigt durch LG Halle, 18. 12. 1992, a. a. 0.; LG Stendal, 8. 4. 1993, DtZ 1993, 317; 29. 8. 1995, DtZ 1996, 89 (91 f.); Smid/Smid, § 6 Rdn. 34 f. ; Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 2 Rdn. 170 f.; Gottwald/ Klapp, Nachtrag Kap. III 1 B Rdn. 6 f. 140 Abwegig daher Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 37, der die gesetzliche Deckung im ausländischen Konkursgesetz i.V.m. einer inländischen Kollisionsnorm sieht. 141 Nichtbeachtung des Zitiergebots ist auch dem RegEinsO vorzuhalten. Korrekt hingegen § 102 InsO (§ 116 RegEinsO) für die Postsperre in inländischen Insolvenzverfahren sowie§ 2 des Gesetzes zum DöKV vom 4. März 1985 (BGBI. II S. 410). 136 137

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sollen 142• Eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den damit verbundenen Eingriff in das Postgeheimnis des Schuldners ist auch hier nicht vorhanden. Weder die Anerkennung noch die Vollstreckbarerklärung von Postsperren ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, was schon daraus hervorgeht, daß die §§ 722, 723 ZPO entsprechend angewendet werden sollen. Abgesehen davon läge ebenfalls eine Verletzung des Zitiergebots vor. Die Ausdehnung ausländischer Postsperren auf den inländischen Postverkehr des Schuldners ist mithin weder auf kollisionsrechtlichem noch auf internationalverfahrensrechtlichem Wege verfassungsrechtlich zulässig. Davon abgesehen stieße die kollisionsrechtliche Ausdehnung ausländischer Postsperren auf das Inland auf weitere Hindernisse. Ausländische Postsperren enthalten nicht selten eine territoriale Selbstbeschränkung. Der Anspruch schweizerischer Konkursämter auf Einsichtnahme oder Auslieferung von Postsendungen richtet sich beispielsweise gegen die zuständige Kreispostdirektion 143 . Entsprechendes dürfte für die Postsperre des englischen Konkursrechts anzunehmen sein, die sich an das Post Office wendet 144 . Selbst dort, wo sich der ausländischen Ermächtigungsnorm keine ausdrückliche territoriale Selbstbeschränkung entnehmen läßt 145 , liegt eine Auslegung, die Norm wolle auch Poststellen außerhalb des Verfahrensstaates anweisen, die für den Schuldner bestimmten Sendungen dem Insolvenzverwalter auszuliefern, nicht eben nahe. Aus diesen Gründen ist de lege ferenda die selbständige Anordnung einer inländischen Postsperre auf Antrag des ausländischen Insolvenzverwalters durch ein inländisches Gericht der Vollstreckbarerklärung ausländischer Postsperren, wie sie in § 392 RegEinsO vorgesehen war, vorzuziehen 146 . 6. Zusammenfassung Überwachungsbefugnisse ausländischer Insolvenzverwalter sind uneingeschränkt nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen. Auf ausländische insolvenzrechtliche Verfügungsbeschränkungen und -verbote einschließlich des Verlusts der Verfügungsbefugnis des Schuldners ist grundsätzlich ebenfalls das Insolvenzstatut anwendbar. Aus Gründen des Verkehrsschutzes gelten für diese Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren jedoch teilweise Sonderanknüpfungen. Rechte an inländischen Grundstücken sowie an im Inland registrierten Schiffen, Schiffsbau142 Gottwald/Arnold, § 122 Rdn. 37; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.136; Aderhold, S. 233; zweifelnd Lau, BB 1986, S. 1450 (1450 f.). Für Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Postsperren auch§ 392 RegEinsO i.V.m. BT-Drs. 12/2443, S. 244. Kritisch dazu oben 111. 2. d) cc) (3), S. 141 N. 259; Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, s. 185 (195). 143 Art. 38 KOV. 144 Vgl. Sec. 371 Insolvency Act 1986. 145 Vgl. Art. 29 Gesetz Nr. 85-98. 146 Vgl. Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (195).

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werken und Luftfahrzeugen (nicht jedoch an Mobilien) können nach dem Insolvenzstatut oder nach dem Sachstatut gutgläubig vom Schuldner erworben werden, wobei das für den Erwerber günstigere Recht entscheidet. Eine gutgläubige Leistung an den Schuldner aufgrund eines im Grundbuch oder in einem vergleichbaren Register eingetragenen Rechts hat befreiende Wirkung, wenn dies entweder das Insolvenzstatut oder das Recht des Grundbuch- bzw. Registerstaates vorsieht. Im übrigen ist die gutgläubige Leistung an den Schuldner alternativ nach dem Insolvenzstatut oder nach dem Recht des Leistungsortes zu beurteilen, je nachdem welches für den Leistenden günstiger ist. Den guten Glauben zerstören können ausländische Insolvenzverwalter durch einen Antrag auf Eintragung ausländischer insolvenzrechtlicher Verfügungsbeschränkungen und -verbote einschließlich des Verlusts der Verfügungsbefugnis in inländische Grundbücher und Register für Schiffe, Schiffsbauwerke und Pfandrechte an Luftfahrzeugen sowie im Rahmen der§§ 13d Abs. 3, 13e Abs. 4 HGB durch einen Antrag auf Eintragung der ausländischen Verfahrenseröffnung in das Handelsregister. Die öffentliche Bekanntmachung der ausländischen Eröffnungsentscheidung im Inland können sie nicht veranlassen. Auf dem Insolvenzstatut beruhende Herausgabeansprüche ausländischer Insolvenzverwalter gegen den Schuldner erstrecken sich, soweit das ausländische Insolvenzverfahren das Inlandsvermögen beansprucht, auch auf in Deutschland belegene Massegegenstände. Sie können nach § 935 ZPO durch Sequestration gesichert und gegebenenfalls durch Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Herausgabetitels zwangsweise durchgesetzt werden. Herausgabeansprüche ausländischer Verwalter gegen Dritte, die inländische Massegegenstände in ihrem Besitz haben, unterliegen ebenfalls dem Insolvenzstatut Herausgabeentscheidungen ausländischer Insolvenzgerichte gegen Dritte sind gemäß §§ 328 Abs. 1 Nr. 1-4, 722, 723 ZPO anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, soweit die Anerkennung nicht ausnahmsweise wegen vorangegangener discovery oder aus anderen Gründen gegen den ordre public verstößt. Ausländische Insolvenzverwalter sind berechtigt, im Inland belegene und in ihrem Besitz befindliche Massegegenstände siegeln zu lassen. Für Ansprüche ausländischer Insolvenzverwalter auf Auskunft und Unterstützung gegen den Schuldner bzw. bei Kapitalgesellschaften gegen deren Organmitglieder und Gründer sowie gegen die Arbeitnehmer des Schuldners gilt das Insolvenzstatut Entsprechende Pflichten treffen daher auch inländische Beteiligte. Ausländische Postsperren können weder auf kollisions- noch auf internationalverfahrensrechtlichem Wege auf das Inland erstreckt werden, da eine den Anforderungen des Art. 10 GG genügende Ermächtigungsgrundlage fehlt.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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VI. Bereinigung der Insolvenzmasse Die Bereinigung der Insolvenzmasse umfaßt sämtliche Handlungen, mit denen der tatsächliche Bestand der Insolvenzmasse (Istmasse) ihrem rechtlichen Bestand (Sollmasse) angeglichen wird. Von diesen Handlungen sollen im folgenden vier Handlungsfelder erörtert werden: die Aussonderung und die abgesonderte Befriedigung, die Aufrechnung im Insolvenzverfahren, die Insolvenzanfechtung sowie die Herausgabeansprüche ausländischer Insolvenzverwalter gegen Insolvenzgläubiger, die sich aus inländischen Massegegenständen befriedigt haben. Weitere Handlungsfelder wie insbesondere die Abwicklung laufender Verträge müssen im Rahmen dieser Arbeit außer Betracht bleiben.

1. Aussonderung und abgesonderte Befriedigung

Das von Insolvenzverwaltern in Besitz und Verwaltung genommene Vermögen kommt nicht ohne weiteres den jeweiligen Insolvenzgläubigem zugute. Es verringert sich vielmehr regelmäßig dadurch, daß Dritte hinsichtlich bestimmter Vermögensgegenstände Rechte auf Aussonderung und abgesonderte Befriedigung ausüben. Aussonderungsrechte beruhen auf der Nichtzugehörigkeit von vom Insolvenzverwalter beanspruchten Vermögensgegenständen zur Insolvenzsollmasse und können sich entweder aus dinglichen Vermögensrechten wie z. B. dem Eigentum oder aus obligatorischen Vermögensrechten ergeben 1, beispielsweise aus einem vertraglichen Herausgabeanspruch. Aufgrund von Aussonderungsrechten sind Insolvenzverwalter insbesondere verpflichtet, unberechtigt in ihrem Besitz befindliche Sachen an den jeweils Aussonderungsberechtigten herauszugeben. Absonderungsrechte ergeben sich ebenfalls aus dinglichen oder obligatorischen Vermögensrechten2, richten sich aber auf bevorzugte Befriedigung aus zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenständen. Sie berechtigen z. B. zur Verwertung eines Massegegenstandes oder bestehen in einem Anspruch gegen den Verwalter auf Auskehrung des bei der Verwertung dieses Massegegenstandes erzielten Erlöses. In diesem Abschnitt soll untersucht werden, nach welchen Kollisionsnormen Aussonderungsund Absonderungsrechte an inländischen Vermögensgegenständen im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren zu beurteilen sind. Da diese Rechte jeweils ein dingliches oder obligatorisches Vermögensrecht voraussetzen, empfiehlt es sich, zunächst die Vorfrage zu beantworten, welche Rechtsordnung für das Bestehen der Aussonderungs- und Absonderungsrechten zugrundeliegenden Vermögensrechte maßgeblich ist.

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Vgl. § 43 KO, § 47 lnsO. Vgl. §§ 48, 49 KO, §§ 50, 5 1 Insü.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

a) Voifrage: Bestehen der zugrundeliegenden Vermögensrechte

Aussonderungs- und Absonderungsrechte sind grundsätzlich nur dann gegeben, wenn das jeweils zugrundeliegende dingliche oder obligatorische Vermögensrecht wirksam begründet wurde und zumindest bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung fortbestanden hat. Hierbei handelt es sich um Vortragen, die teilweise- etwa hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse - mit der Frage nach der Rechtszuständigkeit des Schuldners identisch sind und deshalb nicht anders angeknüpft werden können als diese 3 . Sie sind mithin ebenfalls selbständig anzuknüpfen und unterliegen dem nach internationalprivatrechtliehen Regeln zu ermittelnden Sachstatut4 . Daher bestimmt z. B. die Iex rei sitae, ob einem Dritten das Eigentum oder ein dingliches Sicherungsrecht an einer vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommenen beweglichen oder unbeweglichen Sache zusteht5 , während das Forderungsstatut über die Wirksamkeit einer Sicherungsabtretung und damit über die Rechtszuständigkeit des Zessionars bzw. des Zedenten, d. h. des Schuldners, entscheidet (Art. 33 Abs. 2 EGBGB). Auch andere Rechtsordnungen wenden in diesem Zusammenhang das Sachstatut an. So bestimmt beispielsweise nach schweizerischem, französischem und englischem Recht über den Erwerb der Rechtspositionen, die der Aussonderung oder der abgesonderten Befriedigung bzw. einem vergleichbaren ausländischen Rechtsinstitut zugrundeliegen, je nach Vermögensgegenstand die Iex rei sitae oder das Schuldstatut, nicht aber das Insolvenzstatut6 . Sollte das Kollisionsrecht eines anderen ausländischen Staates das Insolvenzstatut für anwendbar erklären, so kann sich der Verwalter eines in diesem Staat eröffneten Insolvenzverfahrens auf diese Anknüpfung vor deutschen Gerichten nicht berufen. Ebensowenig kann ein ausländischer Insolvenzverwalter im Inland geltend machen, daß nach dem Kollisionsrecht des Verfahrensstaates eine andere als die nach deutschem IPR maßgebliche Rechtsordnung Sachstatut sei und daß nach die-

s. oben IV. 1., S. 144 f. Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 94 f.; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 75; Soergel!Lüderitz, Art. 38 EGBGB Anh. II Rdn. 106; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1829; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.215; Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 177; Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 32; Flessner, ZIP 1989, S. 749 (754); Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1403); von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1469); Wunderer, WM 1998, S. 793 (798); Summ, S. 82 ff.; Metzger, S. 111; vgl. Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (466 f.). s BGH, 20. 3. 1963, BGHZ 39, 173 (174); 2. 2. 1966, BGHZ 45, 95 (97); 8. 4. 1987, BGHZ 100, 321 (324); 25. 9. 1996, NJW 1997,461 (462); Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 142, 222, 243, 256; Kropholler, IPR, § 54 I I, S. 477; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 94; Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 177; Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (467); Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1403); Summ, S. 82. 6 BG, 21. 12. 1916, BGE 42 II1 467 (471); 6. 7. 1967, BGE 93 II1 96 (100); Gillieron, SZIER 1992, S. 135 (154); Coviaux, in: Jur.-Cl. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 87; Moreau, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 95 (100); Loussouam/Bredin, S. 805; Trochu, S. 195; Seeliger, S. 260; Dicey!Morris II, S. 1169; Cheshire /North, S. 911; Blom-Cooper; S. 143; unzutreffend Potthast, S. !58. 3

4

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ser das dem Aussonderungs- bzw. Absonderungsrecht zugrundeliegende Vermögensrecht nicht bestehe7 . b) Insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten

Welche Rechtsordnung über die insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten an inländischen Vermögensgegenständen im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren entscheidet, ist eine von der Rechtsprechung bislang noch nicht beantwortete Frage. Im Schrifttum sind die Meinungen geteilt. Manche favorisieren das Sachstatut, andere das Recht des Staates, in dem der Gegenstand belegen ist, dessen Aussonderung bzw. Absonderung beansprucht wird, während wieder andere sich für die Anwendung des Insolvenzstatuts aussprechen. Diese Anknüpfungen führen zu teilweise höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Wäre das Sachstatut maßgebend, stünden denjenigen Beteiligten, deren materielle Rechtsposition nach deutschem Recht zu beurteilen ist, dieselben Aussonderungs- und Absonderungsrechte zu wie in inländischen Insolvenzverfahren. Bei Anwendung des Lageortsrechts wären Rechte an inländischen Sachen grundsätzlich ebenso geschützt, während es bei Forderungen auf den Wohnsitz des Schuldners ankäme (vgl. § 23 S. 2 ZPO, § 2369 Abs. 2 S. 2 BGB)8 . Würde hingegen das Insolvenzstatut diejenigen Rechtspositionen bestimmen, die ein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht gewähren, und würde es darüber hinaus den konkreten Inhalt dieser Rechte festlegen, wären nach deutschem Sachrecht zu beurteilende Vermögensrechte der Insolvenzprivilegienordnung des ausländischen Verfahrensstaates unterworfen, die in aller Regel nicht mit der deutschen Privilegienordnung identisch sein wird. Dies könnte dazu führen, daß Rechtspositionen, die in inländischen Verfahren insolvenzfest sind, sich in ausländischen Verfahren als wertlos erweisen. Im folgenden soll zunächst untersucht werden, welche dieser drei Anknüpfungen grundsätzlich den Vorzug verdient. aa) Grundsatzanknüpfung (1) Sachstatut

Die prinzipielle Anwendung des Sachstatuts wird insbesondere von Stürner befürwortet. Stürner stützt sich dabei vor allem auf das der par condicio creditorum immanente Gebot, Ungleiches ungleich zu behandeln. Eine Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Vermögensrechten sei geboten, zumindest aber er7 Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 97; Drobnig, in: Stall, Reform des UR, S . 177 (181); Reithmann I Hausmann, Rdn. 1830. s Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 243.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

laubt, soweit die Einbindung der Beteiligten in ihre jeweilige Rechts- und Sozialordnung es verlange 9 . Sachrecht und Haftungsverwirklichung ließen sich nicht trennen 10 . Stürner zufolge sollen deshalb, soweit das Rechtsverhältnis zum Schuldner inländischem Recht unterliegt, alle Aussonderungsrechte und Privilegien nach inländischem materiellen Recht und Insolvenzrecht zu beurteilen und dann den adäquaten Größen des Auslandskonkurses zu integrieren sein. Umgekehrt sollen Inhaber inländischer Forderungen Privilegien des Konkursstaates, welche das deutsche Recht nicht kennt, nicht beanspruchen können 11 . Die Vorzüge dieser Lösung sieht Stürner in der einheitlichen Anknüpfung von materiellem Recht und Haftungsverwirklichung, in der konsistenten Behandlung aller Privilegien, im weitgehenden Gleichlauf von ausländischem Universalkonkurs und inländischem Partikularkonkurs sowie insgesamt in ausgewogeneren Ergebnissen 12 . Ob Stürners Begründung diese Anknüpfung trägt, ist indessen fraglich. Aus welchen Gründen sich eine Einbindung der Inhaber von Vermögensrechten stets gerade in diejenige Rechtsordnung ergeben soll, die für das jeweilige Vermögensrecht Sachstatut ist, bleibt unklar. Insbesondere bei Inhabern mehrerer, verschiedenen Rechtsordnungen unterliegender Vermögensrechte kann von einer Einbindung in ihre jeweilige Rechtsordnung wohl keine Rede sein. Auch Stürners These, Sachrecht und insolvenzmäßige Haftungsverwirklichung seien untrennbar, geht zu weit. Richtig ist zwar, daß die Privilegienordnung im Insolvenzverfahren einschließlich der Aussonderungs- und Absonderungsrechte auf die Vermögensrechtsordnung des jeweiligen Verfahrensstaates zugeschnitten ist. In dieser Privilegienordnung einen adäquaten Platz für Vermögensrechte zu finden, die unter einer anderen Rechtsordnung entstanden sind, kann Schwierigkeiten bereiten, insbesondere bei dinglichen Rechten. Diese Problematik ist jedoch nichts prinzipiell Neues, sondern liegt ähnlich wie beim Gebiets- und Statutenwechsel im Internationalen Sachenrecht. In beiden Fällen geht es darum, ein dingliches Recht in eine fremde Rechtsordnung zu integrieren. Beim Gebiets- und Statutenwechsel übernimmt das deutsche Recht eine nach ausländischem Recht begründete dingliche Belastung grundsätzlich mit der sachenrechtliehen Prägung, die sie unter der Herrschaft des alten Statuts empfangen hat, soweit dies nicht mit der deutschen Sachenrechtsordnung völlig unverträglich ist 13 . Lediglich die Ausübung fremder dinglicher Rechte im Inland ist in9 BauriStürner ll, Rdn. 37.11; zustimmend W J. Habscheid, in: FS Matscher, S. 163 (166 N. 16). IO Baur I Stürner ll, Rdn. 37 .14. II Baur I Stürner ll, Rdn. 37 .36. 12 BauriStürner ll, Rdn. 37.42, 37.11. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1471 f.). Über Eingriffe in bestehende Befriedigungsrechteam Schuldnervermögen aus Anlaß der Insolvenz sollen diejenigen Rechtsordnungen entscheiden, nach denen Befriedigungsvorrechte begründet wurden oder in diese eingegriffen wird. Dies läuft, wie die a. a. 0 . genannten Beispiele zeigen, im Regelfall auf die Anwendung des Sachstatuts hinaus. 13 BGH, 20. 3. 1963, BGHZ 39, 173 (174 f.); 2. 2. 1966, BGHZ 45, 95 (97); 8. 4. 1987, BGHZ 100,321 (326); II. 3. 1991, NJW 1991 , 1415 (1416).

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soweit eingeschränkt, als sie nur entsprechend dem funktionsäquivalenten deutschen Sachenrechtstyp erfolgen kann 14 • Nicht grundsätzlich anders verhält es sich im vorliegenden Zusammenhang. Hier sind unter verschiedenen Rechtsordnungen entstandene subjektive Vermögensrechte in die auf einer bestimmten Vermögensrechtsordnung beruhende Privilegienordnung des Verfahrensstaates einzufügen. Dies muß im Falle eines inländischen Insolvenzverfahrens schon deshalb möglich sein, weil sich ansonsten ein Wertungswiderspruch zur Integrationsoffenheit des deutschen Kollisionsrechts beim Statutenwechsel ergäbe. Ebenso verhält es sich bei ausländischen lnsolvenzverfahren. Sachrecht und insolvenzmäßige Haftungsverwirklichung sind dort ebenfalls trennbar. In Frankreich und in der Schweiz etwa werden die Aussonderungs- und Absonderungsvoraussetzungen ganz überwiegend nicht dem Sach-, sondern dem Insolvenzstatut entnommen 15 • Auch Stürner selbst nimmt keine durchgehende Untrennbarkeit an, sondern verbindet inländisches Sachrecht und ausländische Haftungsverwirklichung im Ergebnis doch miteinander, indem er die sich aus dem Sachstatut ergebenden insolvenzrechtlichen Positionen in die adäquaten Kategorien des Insolvenzstatuts überführt. Für den Fall, daß eine adäquate Kategorie für diese Positionen fehlt 16, erwägt Stürner sogar die unmittelbare Anwendung des Insolvenzstatuts 17 , womit er seine eigene Argumentation untergräbt. Festzuhalten ist demnach, daß sich die grundsätzliche Anwendung des Sachstatuts mit der par condicio creditorum nicht rechtfertigen läßt. Über das Bestehen eines subjektiven Vermögensrechts und über seine insolvenzrechtliche Verwirklichung können durchaus zwei verschiedene Rechtsordnungen bestimmen. Daß sich die generelle Anwendung des Sachstatuts mit Verkehrsschutzerwägungen begründen läßt, ist ebenfalls zu bezweifeln. Ob und inwieweit es zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs erforderlich ist, die Insolvenzfestigkeit inländischer Vermögensrechte nach inländischem Insolvenzrecht auf ausländische Insolvenzverfahren zu erstrecken, hängt von der Art des jeweiligen Vermögensrechts ab. Bei dinglichen Rechten haben Verkehrsinteressen im allgemeinen größeres Gewicht als bei obligatorischen Rechten. Auch kann das Interesse an der Auslandsinsolvenzfestigkeit bei manchen dinglichen Rechten größer als bei anderen, bei dinglichen Kreditsicherheiten etwa stärker ausgeprägt als bei Pfändungspfandrechten sein. Daher wird grundsätzlich für jede inländische inlandsinsolvenzgeschützte Rechtsposition gesondert zu prüfen sein, ob die Anwendung des Sachstatuts zum 14 BGH, II. 3. 1991, NJW 1991, 1415 (1416); Kreuzer. in: Münchener Kommentar zum BOB, nach Art. 38 EGBGB Anh. I Rdn. 62; Kropholler. !PR, § 54 III I b, S. 482; kritisch Staudinger I Stall ( 1996), IntSachenR Rdn. 355 f. 15 Cass. l'e civ., 8. I. 1991, D. 1991 J. 276; Coviau.x, in: Jur.-Cl. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nm. 79, 84, 87 f.; Moreau, in: Fletcher, Cross-Border lnsolvency (1992), S. 95 (100); BG, 21. 12. 1916, BGE 42 III 467 (471 f.); 6. 7. 1967, BGE 93 III 96 (101 f.). Zur Maßgeblichkeil des Sachstatuts für das zugrundeliegende subjektive Vermögensrecht s. oben a), S. 194 ff. 16 Vgl. etwa die Abschaffung der allgemeinen Konkursvorrechte durch die Insolvenzordnung (Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 90). 17 Baur/Stürnerll, Rdn. 37.11.

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Schutz des inländischen Rechtsverkehrs erforderlich ist oder nicht. Eine prinzipielle Notwendigkeit zur Anwendung des Sachstatuts besteht unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes somit nicht. (2) Lageortsrecht

Die Anwendung des Rechts desjenigen Staates, in dem der Vermögensgegenstand belegen ist, dessen Aussonderung bzw. Absonderung beansprucht wird, ist in Art. 18 Abs. 1 DöKV vorgesehen 18• Manche wollen diese Regelung in das autonome Recht übernehmen und begründen dies damit, daß Aussonderungs- und Absonderungsrechte in den einzelnen Rechtsordnungen so unterschiedlich ausgestaltet seien, daß die dazwischen liegenden Welten unüberwindlich erscheinen würden. Der Weg, den Art. 18 Abs. I DöKV gehe, sei der einzig realistische 19 • Dies vermag nicht zu überzeugen, und zwar schon deshalb nicht, weil der Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung einen anderen Weg eingeschlagen und Aussonderungs- und Absonderungsrechte im Grundsatz dem Insolvenzstatut unterstellt hat (§ 379 RegEinsO). Allein dingliche Rechte Dritter an Gegenständen der Insolvenzmasse, die sich bei Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens im Inland befinden, hat der Regierungsentwurf von den Wirkungen dieses Verfahrens ausgenommen (§ 390 Abs. 1 RegEinsO) und damit für auslandsinsolvenzfest erklärt. Der Absolutheitsanspruch, der von den Befürwortem des Lageortsrechts erhoben wird, ist folglich in keiner Weise gerechtfertigt. Abgesehen davon läßt sich die prinzipielle Anknüpfung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten an den Lageort des jeweiligen Vermögensgegenstandes mit dem Differenzierungsgebot der par condicio creditorum ebensowenig begründen wie die Anwendung des Sachstatuts. Gleiches gilt für den Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes. Ob und inwieweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht, die Insolvenzfestigkeit nach inländischem Recht auf ausländische Insolvenzverfahren zu erstrecken, ist hier wie dort von der Art des betroffenen Vermögensrechts abhängig. Eine undifferenzierte Anwendung der Iex rei sitae auf alle Aussonderungs- und Absonderungsrechte ist daher abzulehnen. (3) Insolvenzstatut

Auch für das Insolvenzstatut stellt sich die Frage, ob seine Anwendung auf Aussonderungs- und Absonderungsrechte mit der par condicio creditorum gerechtfertigt werden kann. Dagegen ließe sich einwenden, daß Aussonderung und abgesonderte Befriedigung Ausnahmen vom Prinzip der Gläubigergleichbehandlung darstellen. Wer ein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht für sich in An18 19

Zu Rechten an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen s. Art. 18 Abs. 2 DöKV. Aderhold, S. 281 f.; Geimer, IZPR, Rdn. 3552 f.

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spruch nehmen kann, braucht sich gerade nicht mit einfachen Insolvenzgläubigem auf eine Stufe stellen zu lassen. Diese Betrachtungsweise wäre jedoch zu eng. Gleichbehandlung bedeutet nicht nur Gleichheit außerhalb der Insolvenzprivilegien, sondern auch Gleichheit innerhalb dieser Privilegien. Auch Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz müssen für alle Beteiligten prinzipiell einheitlich ausgestaltet sein20. Daß gleichartige, aber unter verschiedenen Rechtsordnungen entstandene Vermögensrechte gleich behandelt werden, kann allein eine einheitliche Privilegienordnung gewährleisten, bei der es sich zwangsläufig nur um die des Verfahrensstaates handeln kann. Der Gleichbehandlungsgrundsatz spricht demnach für die Anwendung des Insolvenzstatuts. Hierfür spricht ferner, daß Aussonderungs- und Absonderungsrechte nach deutschem Recht insolvenzrechtlich zu qualifizieren sind. Sie gehören zu denjenigen Regelungen, die das insolvenzrechtliche Schicksal dinglicher und obligatorischer Vermögensrechte bestimmen und deshalb dem Insolvenzrecht zuzurechnen sind21 . Daß Aussonderungsrechte sich nach den außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Gesetzen richten (§ 43 KO, § 47 InsO) und die abgesonderte Befriedigung unabhängig vom Konkursverfahren erfolgt (§ 4 Abs. 2 KO), ist kein Gegenargument22 , denn auch diese Bestimmungen beruhen auf insolvenzrechtlichen Erwägungen23 , von der Einbeziehung der abgesonderten Befriedigung in das Insolvenzverfahren ganz abgesehen (§§ 166- 173 InsO). Da Verkehrsschutzerwägungen aus den bereits genannten Gründen in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sind, ist als Zwischenergebnis festzuhalten, daß für die insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten an inländischen Vermögensgegenständen in ausländischen Insolvenzverfahren im Grundsatz das Insolvenzstatut maßgeblich ist24 .

2o Vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273) (Aufrechnung); BAG, 24. 3. 1992, ZIP 1992, 1158 ( 1159) (Konkursvorrecht nach § 61 Abs. I Nr. l KO). 21 Vgl. §§ 4, 43-70 KO, §§ 7 Abs. 5, 12 Abs. I, 13, 17 Abs. 3 Gesü, §§ 38-55, 94-96 Insü. 22 A.A. E. J. Habscheid, KTS 1990, S. 403 (421); i.E. wie hier Favoccia, S. 30 f. 23 Vgl. Favoccia, S. 28 ff. 24 Für die Anwendung des Insolvenzstatuts auf Aussonderung und abgesonderte Befriedigung auch Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 92; Reithmann / Hausmann, Rdn. 1829; Kirchhof WM 1993, S. 1401 (1404); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 32; Trunk, IIR, S. 293 f.; Seeliger, S. 242, 244; Summ, S. 64, 66. Ebenso für die abgesonderte Befriedigung bzw. für die insolvenzrechtliche Behandlung von Sicherheiten: Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 350; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.212; Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (119) (anders aber in: FS Jahr, S. 455 [465]); Favoccia, S. 83 ff.; Potthast, S. 153 f. ; mit Einschränkungen auch der Regierungsentwurf (vgl. §§ 379 Abs. 1, 390 Abs. 1 RegEinsO); Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 95 (vgl. Rdn. 97 f.); Soergel/ Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 228; Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (694 N. 32).

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bb) Ausnahmeanknüpfungen Nachdem die grundsätzliche Anknüpfung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten geklärt ist, stellt sich nun die Frage, ob für einzelne Fallgruppen ausnahmsweise eine andere Anknüpfung angebracht ist. Als Beurteilungsgrundlage empfiehlt sich eine hypothetische Betrachtung der Folgen, die bei Anwendung des Insolvenzstatuts, also ohne Ausnahmeanknüpfung einträten. Wie bereits dargelegt, kann die Anwendung des Insolvenzstatuts auf Aussonderungs- und Absonderungsrechte an inländischen Vermögensgegenständen dazu führen, daß sich Rechtspositionen, die in inländischen Verfahren insolvenzfest sind, in ausländischen Insolvenzverfahren als wertlos erweisen. Ob sich dieses Risiko realisiert, hinge ohne Ausnahmeanknüpfung in erster Linie davon ab, ob das ausländische Insolvenzkollisionsrecht einen Renvoi vornimmt oder nicht. Sollte das Kollisionsrecht des ausländischen Verfahrensstaates einen Renvoi vornehmen und dabei auf das Sachstatut oder auf das Lageortsrecht verweisen, wäre der insolvenzrechtliche Bestand inländischer Vermögensrechte im ausländischen Verfahren im wesentlichen gesichert. Eine Regelung dieser Art enthält beispielsweise das englische Internationale Konkursrecht Es respektiert Sicherheiten, die nach dem jeweiligen Sachstatut (Iex rei sitae bzw. Schuldstatut) an Gegenständen des Auslandsvermögens erworben wurden 25 . Damit unterstellt es Aussonderungsund Absonderungsrechte, denen dingliche Sicherheiten an inländischen Massegegenständen zugrundeliegen, dem deutschen Recht, welches diese Rückverweisung annähme 26 • Geringfügige Unwägbarkeilen ergäben sich in diesem Fall lediglich daraus, daß die inländischen Rechtspositionen mit den Rechtsbehelfen des englischen Rechts geltend gemacht werden müßten 27 , wobei der Verlauf der Grenze zwischen materiellem Insolvenzrecht und Insolvenzverfahrensrecht im englischen Recht nicht eindeutig auszumachen ist28 . Zumeist wird das Kollisionsrecht des Verfahrensstaates jedoch keinen Renvoi aussprechen, sondern für die Voraussetzungen der Aussonderung und der abgesonderten oder sonstwie bevorzugten Befriedigung auf das eigene Insolvenzsachrecht verweisen. Diese Anknüpfung findet sich z. B. in Frankreich und in der Schweiz. Nach französischem Recht bestimmt das Insolvenzstatut, ob ein Beteiligter die Aussonderung (revendication) eines Vermögensgegenstandes verlangen kann 29 ,

25 Dicey!Morris II, S. 1166, 1169; Fletcher, S. 756 f.; ders., Cross-Border Inso1vency (1992), S. 217 (229, 238); Cheshire/North, S. 908; Blom-Cooper, S. 131; Florian, S. 93 f. 26 s. oben III. I. b), S. 107; für Annahme auch Favoccia, S. 87. 27 Dicey!Morris II, S. 1169; Blom-Cooper, S. 142; Florian, S. 93; s. unten c), S. 214. 28 Vgl. Chase Manhattan Bank N.A. v. lsrael-British Bank (London) Ltd. [1979] 3 AllE. R. 1025 (1039 f.), Ch.D., wo die Frage letztlich offengelassen wurde; dazu Florian, S. 95 f. 29 Coviaux, in: Jur.-Cl. Int., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 79; Moreau, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 95 (100); wohl auch Mayer, Nr. 668 N. 22; differenzierend Loussouarn/Bredin, S. 806; Trochu, S. 175.

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was insbesondere für die Aussonderung von Vorbehaltseigentum gilt30. Die Wirkung anderer dinglicher Sicherheiten, etwa von Hypotheken31 , wird in französischen Insolvenzverfahren ebenfalls durch das Insolvenzstatut begrenzt. Das schweizerische Bundesgericht hat sich für dieselbe Anknüpfung entschieden. In einer frühen Entscheidung hat es ein deutsches Pfändungspfandrecht für den Fall eines schweizerischen Konkurses den konkursrechtlichen Beschränkungen des schweizerischen Rechts unterworfen32 . Auf derselben Linie liegt eine neuere Entscheidung, nach der für die konkursrechtlichen Voraussetzungen der Aussonderung das am Sitz des Konkursamts geltende Recht maßgebend ist33 . Diese Anknüpfung hätte zur Folge, daß diejenigen Rechtspositionen, die in inländischen Insolvenzverfahren zur Aussonderung inländischer Vermögensgegenstände oder zur abgesonderten Befriedigung aus diesen berechtigen, in ausländischen Insolvenzverfahren den Aussonderungs- und Absonderungsregeln des ausländischen Insolvenzsachrechts unterstellt wären. Nach diesen Regeln wären die vorgenannten Rechtspositionen, insbesondere dingliche Sicherungsrechte, nicht selten weniger insolvenzfest als nach inländischem Recht. Dies würde insbesondere in solchen ausländischen Insolvenzverfahren gelten, die nicht nur der Befriedigung der Gläubiger, sondern auch Sanierungszwecken und Arbeitnehmerinteressen dienen. Im französischen Unternehmenssanierungsverfahren etwa werden Inhaber dinglicher Sicherungsrechte aus dem bei der Verwertung des Sicherungsgutes erzielten Erlös grundsätzlich nur mit Nachrang gegenüber superprivilegierten Arbeitnehmerforderungen und den im Zuge der vorläufigen Unternehmensfortführung regulär entstandenen Forderungen befriedige4 , was zu ihrem vollständigen Ausfall führen kann 35 . Die geringere Insolvenzfestigkeit inländischer subjektiver Vermögensrechte in ausländischen Insolvenzverfahren wäre aber nicht nur eine Frage des Privilegienranges, sondern könnte sich auch daraus ergeben, daß die maßgebliche ausländische Vermögensrechtsordnung keine dem inländischen subjektiven Vermögensrecht vergleichbare Rechtsposition kennt. Dies beträfe vor allem die besitzlosen Mobiliarsicherheiten des deutschen Rechts, namentlich den Eigentumsvorbehalt einschließlich seiner Verlängerungsformen, die Sicherungsübereig-

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30 Cass. civ., 8. I. 1991, D. 1991 J. 276; Coviaux, in: Jur.-CI. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 84; Moreau, in: Fletcher. Cross-Border lnsolvency (1992), S. 95 (100); Hanisch, IPRax 1992, s. 187. 31 Coviaux, in: Jur.-CI. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 87 f. ; Loussouarnl Bredin, S. 805; Trochu, S. 195; Moreau, in: Fletcher. Cross-Border Insolvency (1992), S. 95 (100); a.A. Mayer, Nr. 668; vgl. Cass. l'e civ., 25. 2. 1986, Rev. crit. 1987, 589 (593); Pastor Ridruej o, RdC 1971 II (133), S. 135 (213 f.); Hanisch, IPRax 1992, S. 187 (189); Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1404). 32 BG,21. 12.1916,BGE42111467(471 f.)(obiterdicturn). 33 BG, 6. 7. 1967, BGE 93 II1 96 (101 f.). Vgl. auch Gillieron, SZIER 1992, S. 135 (!50 ff.). 34 Artt. 34 Abs. I S. 2, 78 Abs. I, 79, 40 Abs. I S. 2 Gesetz Nr. 85-98. 35 Vgl. die Beispielsfälle bei Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1403 f.) (durch die Novelle von 1994 allerdings teilweise überholt).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

nung und die Sicherungsabtretung 36. Zwar dürfte es in diesem Zusammenhang streng genommen nicht darauf ankommen, ob der Verfahrensstaat das betreffende inländische dingliche Recht im Falle eines Gebietswechsels anerkennt oder nicht37 • Denn solange Sachen, die sich bei Verfahrenseröffnung in Deutschland befinden, nicht in den Verfahrensstaat gelangen, bleibt dessen Sachenrechtsordnung unberührt, so daß Anerkennungshindernisse wie etwa ein numerus clausus der Sachenrechte oder ausländische Publizitätserfordemisse38 ohne Bedeutung sein sollten. Das bloße Fehlen einer vergleichbaren Rechtsposition im Verfahrensstaat dürfte aber schon allein nicht selten bewirken, daß die inländische Rechtsposition in der ausländischen Insolvenzprivilegienordnung keinen angemessenen Platz findet. Dieses Schicksal hat beispielsweise den verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel in Frankreich ereilt. Eine solche Klausel ist in französischen Insolvenzverfahren wirkungslos, selbst wenn sie im übrigen nach deutschem Recht zu beurteilen ist39 . Auch in der Schweiz steht ihre Zulässigkeit nicht außer Frage40 . Vor diesem Hintergrund soll im folgenden untersucht werden, ob die mit der Anwendung des Insolvenzstatuts auf Aussonderungs- und Absonderungsrechte verbundene Gefährdung der Insolvenzfestigkeit derjenigen dinglichen und obligatorischen Rechtspositionen, die nach deutschem Recht zur Aussonderung inländischer Vermögensgegenstände oder zur abgesonderten Befriedigung aus diesen berechtigen, dem inländischen Rechtsverkehr zugemutet werden kann oder ob zu seinem Schutz Ausnahmeanknüpfungen für einzelne Rechtspositionen erforderlich sind.

36 Vgl. Kreuzer; in: Münchener Kommentar zum BGB, nach Art. 38 EGBGB Anh. I Rdn. 85; Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 324, 343, 347; Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1403); zum verlängerten Eigentumsvorbehalt in England und Frankreich auch Kieninger; S. 83 ff., 94 ff. 37 Nicht anerkannt wird eine deutsche Sicherungsübereignung beispielsweise in Frankreich (Cass. l'e civ., 8. 7. 1969, Rev. crit. 1971, 75; Sta udinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 346; Hübner; ZIP 1980, S. 825 [830]; Seeliger; S. 76 ff.). Vgl. Art. 102 Abs. 2, 3 IPRG (zur Anerkennung eines in Deutschland begründeten Eigentumsvorbehalts in der Schweiz); Kieninger; S. 107 ff. (zur kollisionsrechtlichen Behandlung des verlängerten Eigentumsvorbehalts). 38 Vgl. Kreuzer; in: Münchener Kommentar zum BGB, nach Art. 38 EGBGB Anh. I Rdn. 85. 39 Cass. l'e civ., 8. 1. 1991, D. 1991 J. 276; vgl. Klein, RIW 1991, S. 809 (811 f.); Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 328 f.; Flessner; ZIP 1989, S. 749 (754). 40 Vgl. Rey, Rdn. 1752 ff. m. w. N.; ferner Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 326.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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( 1) Aussonderung und abgesonderte Befriedigungaufgrund dinglicher Rechte41

(a) Aussonderung Die Aussonderung schuldnerfremden Vermögens aufgrund dinglicher Rechte ist in allen inländischen Insolvenzverfahren gewährleistet42 und grundsätzlich auch im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren schutzwürdig, jedenfalls soweit sie inländische Vermögensgegenstände betrifft. Die Gefahr, daß Aussonderungsansprüche sich in Auslandsinsolvenzverfahren als nicht durchsetzbar erweisen, ist vom (einfachen) Eigentumsvorbehalt abgesehen - im allgemeinen gering, denn auch nach ausländischem Insolvenzsachrecht wird schuldnerfremdes Vermögen vom Verwalter in aller Regel herauszugeben sein. Materiellrechtliche Aussonderungsbeschränkungen gibt es weder im schweizerischen noch im französischen oder englischen Insolvenzrecht Ein letztes Aussonderungshindemis, die reputed ownership clause des englischen Konkursrechts, ist mit der Insolvenzrechtsreform 1985 I 86 beseitigt worden43 . Daß solche Beschränkungen in anderen Staaten bestehen, kann zwar nicht ausgeschlossen werden. Soweit sie lediglich dazu führen, daß Aussonderungsrechte für einen begrenzten Zeitraum nicht ausgeübt werden können, wird dies den inländischen Rechtsverkehr aber nicht wesentlich stören44 . Sollte eine derartige Beschränkung Aussonderungsrechte allerdings auf Dauer ausschließen, würde sie die inländische Vermögenszuordnung verändern und das Maß des Hinnehmbaren damit überschreiten. Da Regelungen dieser Art jedoch die Ausnahme sein dürften, sollte zu ihrer Abwehr der ordre public genügen. Etwas anders liegen die Dinge bei der Aussonderung inländischen Vorbehaltseigentums, die in ausländischen Insolvenzverfahren deutlich höheren Risiken ausgesetzt ist als die Aussonderung von Volleigentum. So war der einfache Eigentumsvorbehalt etwa in Belgien bis Ende 1997 nicht insolvenzfest45 . Die Konsequenzen, die sich hieraus für die kollisionsrechtliche Behandlung der Aussonderung aufgrund dinglicher Rechte ergeben, sollen der Sachnähe wegen im Zusammenhang mit der Anknüpfung der abgesonderten Befriedigung aufgrund anderer Mobiliarsicherheiten erörtert werden46.

41 Mit dinglichen Rechten sind im folgenden nicht nur Sachenrechte gemeint, sondern auch Rechte an anderen Vermögensgegenständen, etwa an vom Schuldner sicherungshalber abgetretenen oder verpfändeten Forderungen (vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Reform des IIR, S. 265 [269]; Baur/ Stürner II, Rdn. 14.6). 42 § 43 KO, § 47 InsO; zur GesO s. Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 7. 43 Fletcher, S. 208. 44 Vgl. GottwaldIA rnold, § 122 Rdn. 94. 45 Callewaert, RIW 1989, S. 683 (684); von Bemstorff, RIW 1993, S. 365; Kieninger, S. 42 f., 47 f. ; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 96; Favoccia, S. 34 N. 126. 46 s. unten (c), S. 207 ff., insbesondere S. 211.

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(b) Abgesonderte Befriedigung aufgrund von Grundpfandrechten Inländische Grundpfandrechte berechtigen in allen Inlandsinsolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung aus dem unbeweglichen Vermögen des Schuldners (§ 47 KO, § 49 InsO, jeweils i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG; § 12 Abs. I Ges047 ). Über die Zulässigkeit einer solchen abgesonderten Befriedigung in ausländischen Insolvenzverfahren würde, bliebe es bei der Grundsatzanknüpfung an das Insolvenzstatut, wie soeben dargelegt vielfach ausländisches Insolvenzsachrecht bestimmen. Dies wäre hinnehmbar, wenn die Grundpfandgläubiger sich vor der damit verbundenen Gefährdung der Insolvenzfestigkeit ihrer Rechte in zurnutbarer Weise selbst schützen könnten. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht in hinreichendem Maße. Zunächst ist die spätere Anwendbarkeit einer bestimmten Insolvenzrechtsordnung nicht mit Sicherheit vorhersehbar. Mit einer Grundstücksveräußerung etwa tritt, ohne daß ein Grundpfandgläubiger dies verhindem kann, an die Stelle des bisherigen Eigentümers ein anderer, was zu einer Veränderung der internationalen Zuständigkeit und damit zur Anwendbarkeit einer gänzlich anderen Insolvenzrechtsordnung führen kann. Auch kann nicht von vomherein ausgeschlossen werden, daß der Schuldner seinen Wohnsitz oder Sitz oder den Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit später in einen anderen Staat verlegt, was ebenfalls zu einer Veränderung der internationalen Zuständigkeit und zur Anwendung einer anderen Rechtsordnung führen kann48 . Soweit eine allgemeine Vermögenszuständigkeit besteht (§ 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. I EGinsO), könnte ein Grundpfandgläubiger zwar die Eröffnung eines inländischen Partikularinsolvenzverfahrens beantragen, welche das Inlandsvermögen den Wirkungen des ausländischen Verfahrens entzöge und zur Anwendung inländischen Rechts führen würde, womit die abgesonderte Befriedigung sichergestellt wäre. Die Eröffnung dieses Verfahrens kann jedoch von der Zahlung eines so hohen Kostenvorschusses abhängen (vgl. § 26 Abs. 1 lnsO), daß ein entsprechender Antrag wirtschaftlich sinnlos ist. Infolgedessen ließe sich die Insolvenzfestigkeit inländischer Grundpfandrechte in ausländischen Insolvenzverfahren bei Anwendung des Insolvenzstatuts im voraus nie zuverlässig beurteilen. Inländische Grundpfandrechte wären als Kreditsicherungsmittel nur noch begrenzt verwendbar, so daß der inländische Rechtsverkehr mit Immobilien, dessen wirtschaftliche Grundlage der Realkredit ist, erheblich beeinträchtigt wäre. Auf die Inanspruchnahme anderer oder zusätzlicher Sicherheiten könnten Grundpfandgläubiger nicht verwiesen werden, da eine solche 47 Für§ 12 GesO inzwischen ganz h.M., s. OLG Jena, 31. 5. 1996, ZIP 1996, 1097; OLG Dresden, 7. 6. 1996, ZIP 1996, 1256; LG Schwerin, 7. 7. 1993, DtZ 1994, 416; LG Gera, 15. 3. 1996, ZIP 1996, 681; LG Leipzig, 15. 4. 1996, ZIP 1996, 880; 28. 5. 1996, ZIP 1996, 1051; LG Halle, 31. 7. 1996, ZIP 1996, 1711; LG Cottbus, 10. 9. 1997, ZIP 1997, 1889; Kilger/ Karsten Schmidt, § 12 GesO Anm. 3; Smid/Geßler; § 12 Rdn. 61 ff.; Gottwald/ Gotrwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 30; Wenzel, DtZ 1995, S. 112 ( 115); Pape, DtZ 1997, S. 2 (I 0). 48 Die Auffassung, unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit sei das Insolvenzstatut dem Lageortsrecht vorzuziehen (so Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.213), ist daher zumindest für Grundstücke indiskutabel.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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Absicherung weder ohne weiteres möglich noch zurnutbar wäre. Zum einen bestünde auch hier ein Vorhersehbarkeitsproblem. Derartige Sicherheiten, auch solche ausländischen Rechts, könnten ebensowenig auf die letztlich anwendbare Insolvenzrechtsordnung abgestimmt werden wie Grundpfandrechte und wären daher zumindest ebenso insolvenzgefährdet wie diese. Zum anderen entzöge die Notwendigkeit anderer bzw. zusätzlicher Sicherheiten dem Erwerb inländischen Grundeigentums vollends die Finanzierungsgrundlage; sie wäre nichts anderes als das Eingeständnis des Funktionsverlusts inländischer Grundpfandrechte. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Gleichbehandlungsgrundsatz einerseits und inländischen Verkehrsinteressen andererseits muß demnach zugunsten der Verkehrsinteressen ausfallen. Inländische Grundpfandrechte müssen nicht nur in der inländischen Einzelzwangsvollstreckung und in inländischen Insolvenzverfahren, sondern auch in ausländischen Insolvenzverfahren Sicherheit gewähren49 . Ihre Werthaltigkeit darf nicht davon abhängen, welches Verfahren letztlich zur Verwertung des Grundstücks führt. Fraglich ist, mit welchen Mitteln die Auslandsinsolvenzfestigkeit inländischer Grundpfandrechte herzustellen ist. Den ordre public anzuwenden50 erscheint nicht zweckmäßig, denn dazu sind die Voraussetzungen der Vorbehaltsklausel zu unscharf. So wird beispielsweise die Auffassung vertreten, die Anwendung des Insolvenzstatuts führe erst dann zu einem mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbaren Ergebnis, wenn sie die rechtliche oder wirtschaftliche Wertlosigkeit, zumindest aber erhebliche Wertverluste einer Sicherheit zur Folge habe51. Unabhängig davon, ob dem zu folgen ist oder nicht, bliebe die Schwierigkeit, eine Grenze zu bestimmen, von der an der ordre public anwendbar wäre. Eine andere Lösung, die der Regierungsentwurf gewählt hat, besteht darin, inländische Grundpfandrechte von den Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren generell freizustellen. § 390 Abs. 1 RegElnsO sah vor, daß die Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren Rechte Dritter an Gegenständen der Insolvenzmasse, die zur Zeit der Eröffnung im Inland belegen waren, nicht berühren sollte52 . Zugleich sollte die 49 So auch Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (694); Flessner. IPRax 1997, S. 1 (7); Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 98; Metzger, S. 129. so Dafür Favoccia, S. 87 (für Mobiliarsicherheiten). 51 Vgl. Favoccia, S. 88. 52 Ebenso in Anlehnung an Art. 5 EuiÜ die Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 (253). § 390 Abs. I RegEinsO erfaßte entgegen Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1130), und Trunk, KTS 1994, S. 33 (42 f.), auch Rechte an unbeweglichen Gegenständen. Abs. I enthielt für Rechte Dritter mit dem Ausschluß jeglicher Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens (Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12 I 2443, S. 243) eine weitergehende Rechtsfolge als Abs. 2, der nur die im deutschen Recht nicht vorgesehenen Wirkungen ausschloß. Abs. I war daher Iex specialis für Rechte Dritter. Eher irreführend die Begründung zum RegEinsO (a. a. 0., S. 244), Abs. 2 schütze Rechte an inländischen Immobilien "noch weitergehend", sowie Flessner, IPRax 1997, S. 1 (7) (Abs. 2 als spezielle Ausprägung von Abs. I für unbewegliches Vermögen). Vgl. Art. 11 EuiÜ, der seiner Funktion nach § 390 Abs. 2 RegEinsO entspricht und sich zutreffend auf Rechte des Schuldners beschränkt. Wie hier i.E. auch Metzger, S. 118 ff.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Bestimmung Anpassungsprobleme im Zusammenhang mit der Einbeziehung inländischer dinglicher Rechte in das ausländische Insolvenzverfahren vermeiden und auf diese Weise dessen Abwicklung vereinfachen 53 . Gegen diese Lösung ist einzuwenden, daß der Ausschluß jeglicher Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren auf Rechte Dritter an inländischen Vermögensgegenständen, also auch solcher Wirkungen, die gleichermaßen im deutschen Recht vorgesehen sind, über das zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs Erforderliche hinausgeht54 . Auch mit Vereinfachungsinteressen läßt sich ein solcher Wirkungsausschluß nicht rechtfertigen. Nennenswerte Anpassungsschwierigkeiten sind beispielsweise auch dann nicht zu erwarten, wenn die abgesonderte Befriedigung nach inländischem Recht beurteilt wird55 . Die Anwendung inländischen Rechts würde zugleich dem Ziel des Verkehrsschutzes besser Rechnung tragen. Die abgesonderte Befriedigung aufgrund inländischer Grundpfandrechte sollte deshalb deutschem Recht als Iex rei sitae bzw. als Sachstatut unterstellt werden. Es bleibt allerdings noch die Frage zu beantworten, ob die alleinige Anwendung deutschen Rechts den Vorzug verdient56 oder eine kumulative Anknüpfung, bei der die nach dem Insolvenzstatut eintretenden Rechtsfolgen durch inländisches Recht begrenzt werden57 . Der Zweck des Verkehrsschutzes spricht für die zweite Alternative, soll den Grundpfandgläubigem doch lediglich eine inländische Rechtsposition gesichert, nicht aber eine günstigere ausländische entzogen werden58. Doch steht einer solchen kumulativen Anknüpfung der enge Zusammenhang zwischen der abgesonderten Befriedigung und dem Verfahren der Grundstücksverwertung im Wege. Sofern nicht ausnahmsweise eine freihändige Verwertung stattfindet, erfolgt die abgesonderte Befriedigung aufgrund von Grundpfandrechten an inländischen Grundstücken in inländischen wie in ausländischen Insolvenzverfahren allein nach den Vorschriften des ZVG59 . Da das ZVG auch den Rang der Grundpfandrechte bestimmt(§§ 10 Abs. I Nr. 4, 11 Abs. 1 ZVG), wäre eine kumulative Anknüpfung nur als Integration einer günstigeren ausländischen Rechtsposition in die Rangordnung des ZVG denkbar. Eine solche Integration wäre zwangsläufig mit den erwähnten Anpassungsschwierigkeiten und deshalb mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden60. Die alleinige Anwendung deutschen Rechts verdient deshalb den Vorzug. Die abgesonderte Befriedigung aufgrund von Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 243 f. Ebenso Trunk, KTS 1994, S. 33 (42); Metzger; S. 125. 55 Zur Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten s. unten VII. 2., S. 245 f. 56 So Kleveman, S. 154. 57 Dafür Drobnig, in: Stoll, Refonn des IIR, S. 177 (181); ders., in: Fletcher; Cross-Border Insolvency (1990), S. 216 (219); ähnlich Thieme, Rabe1sZ 37 (1973), S. 682 (694 N. 32). 58 Zum Günstigkeilsprinzip s. oben V. I. a) aa), S. 172. 59 § 49 lnsO; Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1130); s. unten VII. 1. c), S. 243 f., VII. 2., S. 245. 60 Vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Refonn des IIR, s. 265 (269). 53

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Grundpfandrechten an inländischen Grundstücken ist in ausländischen Insolvenzverfahren somit allein nach inländischem Recht zu beurteilen61 • Im Wege der Zwangsvollstreckung begründete Grundpfandrechte werden durch diese Anknüpfung allerdings nur partiell geschützt. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung in ausländischen Insolvenzverfahren gewähren solche Grundpfandrechte nur, wenn sie auch als Vollstreckungsmaßnahmen der ausländischen Insolvenzmasse gegenüber wirksam sind. Hierüber entscheidet grundsätzlich allein das Insolvenzstatut62 . Den inländischen Rechtsverkehr beeinträchtigt dies nicht, weil derartige Grundpfandrechte auch im Inland nicht durchgehend insolvenzfest sind. Arresthypotheken nach § 932 ZPO werden als Teil einer noch nicht abgeschlossenen Vollstreckungsmaßnahme mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens unwirksam(§ 7 Abs. 3 S. 1 Ges0)63 . Gleiches gilt für Zwangshypotheken64. (c) Abgesonderte Befriedigungaufgrund von Mobiliarpfandrechten und anderen Mobiliarsicherheiten Inländische Mobiliarpfandrechte gewähren in allen inländischen Insolvenzverfahren ein Recht auf abgesonderte Befriedigung(§§ 48, 49 Abs. 1 Nr. 2 KO, § 12 Abs. 1 GesO, § 50 InsO). Gleiches gilt für die Sicherungsübereignung, die Sicherungsabtretung und die Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts(§ 51 Nr. 1 Ins065 ) . Fraglich ist, ob es hinsichtlich der mit diesen Mobiliarsicherheiten ver61 Ebenso Flessner; IPRax 1997, S. 1 (7 f.); ders., in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (222); Reithmann!Hausmann, Rdn. 1830; Trunk, IIR, S. 295. Diese Anknüpfung muß mutatis mutandis auch für die abgesonderte Befriedigung aufgrund von Grundpfandrechten an ausländischen Grundstücken in inländischen Insolvenzverfahren gelten (so zutreffend Flessner; in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 [222]; anders Trunk, a. a. 0 .; offenbar auch die Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240). 62 s. oben IV. 6., S. 158 ff. 63 Gattwald/Gattwald, Nachtrag Kap. III 4 B Rdn. 12; Haarmeyer/ Wutzke/Förster; § 7 Rdn. 28; Kilger!Karsten Schmidt, § 7 GesO Anm. 3 a; vgl. BGH, 26. I. 1995, BGHZ 128, 365 (Pfändungspfandrecht). Vgl. auch§ 26 VglO, § 88 InsO. 64 BGH, 3. 8. 1995, BGHZ 130, 437; OLG Brandenburg, 6. 11. 1995, DtZ 1997, 33 (34); OLG Jena, 13. 2. 1996, WM 1996, 884 (885); LG Dresden, I. 7. 1994, ZIP 1994, 1710 (1711 f.); LG Chemnitz, 3. 2. 1995, ZIP 1995, 306; LG Meiningen, 28. 2. 1996, ZIP 1996, 647; AG Meiningen, 5. 2. 1995, ZIP 1995, 308; Haarmeyer!Wutzke!Förster; § 7 Rdn. 28; Kilger!Karsten Schmidt, § 7 GesO Anm. 3 a; Pape/Vaigt, ZIP 1995, S. 482 (483); a.A. noch OLG Dresden, 12. 9. 1994, ZIP 1995, 142; Gattwald/Gerhardt, Nachtrag Kap. III 4 B Rdn. 12. Vgl. auch OLG Dresden, 4. 12. 1997, ZIP 1998,215 (Unwirksamkeit einer aufgrund einstweiliger Verfügung eingetragenen Vormerkung für eine Bauhandwerkersicherungshypothek). 65 s. auch Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 125. Was KO und GesO betrifft, s. zur Sicherungs Übereignung: BGH, 23. 11. 1977, NJW 1978, 632; 28. 6. 1978, BGHZ 72, 141 (146 f.); Kuhn / Uhlenbruck, § 43 Rdn. 16; Gattwald!Gattwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 13; Kilger/ Karsten Schmidt, § 12 GesO Anm. 3; zur Sicherungsabtretung: BGH, I. 7. 1985, BGHZ 95, 149 (152); Gattwald/Gattwald, a. a. 0. ; Smid/Zeuner; § 12 Rdn. 39;

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

bundenen Absonderungsrechte in ausländischen Insolvenzverfahren bei der grundsätzlichen Anwendung des Insolvenzstatuts bleiben kann oder ob ebenso wie bei Grundpfandrechten eine Ausnahmeanknüpfung angebracht ist. Für die erste Alternative werden mobiliarrechtliche Besonderheiten geltend gemacht. Es wird hervorgehoben, daß Inhaber inländischer Mobiliarsicherheiten der Gefahr ausgesetzt sind, daß das Sicherungsgut ins Ausland verbracht wird und damit sein Sachstatut wechselt. Gesicherte Gläubiger können in diesem Fall nicht darauf vertrauen, unter der alten Rechtsordnung erworbene Sicherungsrechte auch am neuen Lageort durchsetzen zu können; vielmehr können sie diese Rechte nur nach Maßgabe der neuen Iex rei sitae ausüben66 • Ferner wird darauf verwiesen, daß der gutgläubige Mobiliarerwerb vom Schuldner in inländischen Insolvenzverfahren nicht durchgehend geschützt ist67 • Mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt sind diese Fälle fehlenden Verkehrsschutzes jedoch nicht vergleichbar. Beim Statutenwechsel geht es um sachenrechtlichen, hier dagegen um insolvenzrechtlichen Verkehrsschutz. Dort liegt ein Gebietswechsel ins Ausland vor, hier hingegen nicht, was angesichts der das Internationale Sachenrecht beherrschenden Situs-Regel ein wesentlicher Unterschied ist. Zwischen dem Verbringen eines beweglichen Vermögensgegenstandes ins Ausland und der dortigen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens infolge Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners besteht zudem nicht einmal eine entfernte Tatbestandsähnlichkeit Daß der gutgläubige Mobiliarerwerb vom Schuldner in Inlandsinsolvenzverfahren nur partiellen Schutz genießt, ist zwar richtig, führt im vorliegenden Zusammenhang aber nicht weiter. Denn hier geht es nicht um den Rechtserwerb, sondern um den Schutz bereits erworbener Rechte, der, wie soeben dargelegt, in inländischen Insolvenzverfahren ausnahmslos gewährleistet ist. Mobiliarrechtliche Besonderheiten rechtfertigen es demnach nicht, Absonderungsrechte aufgrund von Mobiliarsicherheiten anders anzuknüpfen als auf Grundpfandrechten beruhende Absonderungsrechte, zumal sich die Interessenlagen nicht signifikant voneinander unterscheiden. Auch Mobiliarsicherheiten könnten, wie eingangs erläutert, ihre Funktion nur unzureichend erfüllen, wenn Bestehen und Inhalt der mit ihnen verbundenen Absonderungsrechte in ausländischen Insolvenzverfahren nach ausländischem Insolvenzsachrecht zu bestimmen wären. Dieser Funktionsverlust würde den inländischen Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen, weshalb den inländischen Verkehrsinteressen auch hier Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Interesse der Masse an der Erzielung eines besseren Ergebnisses für die Gesamtheit der Gläubiger einzuräumen ist68 . Inländische Mobiliarsicherheiten müssen auch in ausländischen Verfahren insolvenzfest sein69 • Smid/Geßler, § 12 Rdn. 52 f.; zum verlängerten Eigentumsvorbehalt: Kuhnl Uhlenbruck, § 43 Rdn. 30c, 36; Gottwald/ Gottwald, § 45 Rdn. 41, 49, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 12; Kilgerl Karsten Schmidt, a. a. 0. 66 Favoccia, S. 83 f., 33 ff. ; Trunk, IIR, S. 296; vgl. oben aa) (1), S. 196 f. 67 Favoccia, S. 83 f., 36 ff. ; vgl. oben V. I. a) bb), S. 172 ff. 68 A.A. Favoccia, S. 86, 45.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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Damit stellt sich die Frage, wie die Auslandsinsolvenzfestigkeit inländischer Mobiliarsicherheiten sicherzustellen ist. Die bloße Anwendung des ordre public kommt hierfür nicht in Betracht. Die Vorbehaltsklausel ist ebensowenig wie bei Grundpfandrechten geeignet, den erforderlichen Verkehrsschutz zu gewährleisten70. Ein anderer Weg wäre der Ausschluß aller insolvenzrechtlichen Wirkungen ausländischer Verfahren auf inländische Mobiliarsicherheiten, wie er in § 390 Abs. 1 RegEinsO vorgesehen war. Mit Gründen des Verkehrsschutzes und mit Vereinfachungsgründen läßt sich ein solcher Wirkungsausschluß, wie für Grundpfandrechte bereits dargelegt, jedoch nicht rechtfertigen. Daß er damit begründet werden kann, daß Absonderungsrechte aufgrund inländischer Mobiliarsicherheiten bei Herausgabe des Sicherungsgutes an einen ausländischen Insolvenzverwalter möglicherweise nicht in der gebührenden Weise berücksichtigt werden71 , ist zu bezweifeln. Die Gefahr, daß ausländische Insolvenzverwalter ihre Kompetenzen überschreiten und inländische Absonderungsrechte mißachten, läßt sich zwar nicht leugnen. Doch sind Absonderungsberechtigte vor solchen Kompetenzüberschreitungen in hinreichendem Maße geschützt. Soweit sie selbst im Besitz des Sicherungsgutes sind, sind sie in aller Regel zu seiner Verwertung befugt72 und brauchen es nicht an einen ausländischen Verwalter herauszugeben. Haben sie das Sicherungsgut herausgegeben oder ist es auf andere Weise in den Besitz eines ausländischen Verwalters gelangt, können inländische Absonderungsrechte häufig vor inländischen Gerichten durch eine gegen den ausländischen Verwalter bzw. die ausländische Insolvenzmasse gerichtete Herausgabeklage geltend gemacht werden. Zwar wird ein allgemeiner Gerichtsstand für eine solche Klage in Deutschland regelmäßig nicht gegeben sein, wobei es nicht darauf ankommt, ob insoweit auf den Wohnsitz des Verwalters 73, auf den des Schuldners74 oder auf den Verwaltungssitz der Insolvenzmasse75 abzustellen ist. Doch ist der Vermögensgerichtsstand des § 23 ZPO eröffnet76, solange sich das Sicherungsgut im Inland befindet. Ein Rechtsver-

69 So auch Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (694); Flessner, IPRax 1997, S. I (7); Gottwald/ Amold, § 122 Rdn. 98; Ebenroth, in: Münchener Kommentar zum BOB, 2. Aufl., nach Art. 10 EGBGB Rdn. 360; ders., ZZP 101 (1988), S. 121 (140); a.A. Lau, BB 1986, S. 1450 (1451); Trunk, IIR, S. 296 (soweit die Mobilien nicht in ein inländisches Register eingetragen sind). 70 s. oben (b), S. 205; a. A. Favoccia (S. 87) und Kirchhof(WM 1993, S. 1401 [1404]), der den ordre public sogar nur dann einsetzen will, wenn der Sicherungsnehmer berechtigten Anlaß hatte, auf den Verbleib des Sicherungsgutes in Deutschland zu vertrauen. Im übrigen seien die Risiken des fremden Insolvenzrechts von Anfang an in Rechnung zu stellen. 71 Vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Reform des IIR, s. 265 (269). 72 s. unten, S. 211 , VII. 2. a) S. 245 f. ; § 127 Abs. 2 KO, § 173 i.V.m. § 166 lnsO; Kilgerl Karsten Schmidt, § 127 KO Anm. I. 73 BGH, 27. 10. 1983, BGHZ 88, 331; Stein! Jonas/Schumann, § 13 Rdn. 17. 74 Kilger/ Karsten Schmidt, § 6 KO Anm. 7 b. 75 Kuhnl Uhlenbruck, § 6 Rdn. 30b; Jaeger I Henckel, § 6 Rdn. 60.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

lust kann erst dann eintreten, wenn ein ausländischer Verwalter das Sicherungsgut außer Landes schafft. Dies wäre jedoch auch mit einer Freistellung inländischer Mobiliarsicherheiten von den Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren nicht zu verhindern, sondern allenfalls durch ein generelles Verbot an ausländische Insolvenzverwalter, Sicherungsgut in Besitz zu nehmen. Ein solches Verbot hätte jedoch zur Folge, daß ausländische Verwalter Sicherungsgut auch vom Schuldner nicht herausverlangen dürften, was ausgesprochen kontraproduktiv wäre, weil die Sicherung der Insolvenzmasse damit wesentlich erschwert werden würde. Ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen ist dem Schuldner aufgrund seiner desolaten Vermögenslage nämlich weit eher zuzutrauen als ausländischen Insolvenzverwaltern die Vereitelung inländischer Absonderungsrechte. Daher wird Sicherungsgut bei ausländischen Verwaltern im allgemeinen erheblich besser aufgehoben sein als beim Schuldner77 . Abgesehen davon ist generelles Mißtrauen gegenüber ausländischen Insolvenzverwaltern nicht angebracht. Es wäre unangemessen, inländische Mobiliarsicherheiten allein wegen etwaiger Pflichtverletzungen ausländischer Verwalter generell von allen insolvenzrechtlichen Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren freizustellen. Sachgerecht ist es vielmehr, Rechte auf abgesonderte Befriedigung aufgrund inländischer Mobiliarsicherheiten ebenso wie bei Grundpfandrechten nach deutschem Recht als lex rei sitae zu beurteilen. Da diese Anknüpfung unmittelbar auf das für den Schutz des inländischen Rechtsverkehrs relevante Merkmal abstellt78 , ist sie dem Sachstatut vorzuziehen. Es bleibt die Frage, ob das Lageortsrecht allein oder kumulativ zwecks Begrenzung der sich aus dem Insolvenzstatut ergebenden Rechtsfolgen anzuwenden ist. Die kumulative Anknüpfung hätte den Vorteil, daß den Sicherungsnehmern eine günstigere Rechtsposition nach ausländischem Insolvenzsachrecht erhalten bliebe, ließe aber auch hier Anpassungsschwierigkeiten erwarten. Zudem wäre eine unterschiedliche Anknüpfung der abgesonderten Befriedigung aus unbeweglichem Vermögen einerseits und beweglichem Vermögen andererseits trotz im wesentlichen gleicher Interessenlage und angesichts des Anknüpfungsgleichlaufs für bewegliche und unbewegliche Sachen im Internationalen Sachenrecht nicht zu rechtfertigen 79• Die alleinige Anwendung des Lageortsrechts verdient deshalb den Vorzug80. Für die abgesonderte Befriedigung aufgrund von Sicherheiten an 76 Dies gilt nicht im Verhältnis zu den Vertragsstaaten des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens (s. jeweils Art. 3 Abs. 2 sowie oben III. 2. d) aa) (1), S. 136, III. 2. d) aa) (2), S. 137). Vgl. jedoch Artt. 5, 7 EuiÜ. 77 Abwegig daher Favoccia (S. 95 f.), der Schuldner sei aufgrund seiner Loyalitätspflicht dem Sicherungsnehmer gegenüber verpflichtet, die Herausgabe an den Verwalter zu verweigern. 78 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 243. 79 Vgl. Kleveman, S. 152, 94 f. 80 Ebenso Flessner; IPRax 1997, S. 1 (7 f.); ders., in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (222); Reithmann/Hausmann, Rdn. 1830; i.E. auch Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 228.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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inländischen Mobilien in ausländischen Insolvenzverfahren ist somit allein deutsches Recht maßgeblich. Diese Anknüpfung gilt entsprechend für die Aussonderungaufgrund eines (einfachen) Eigentumsvorbehalts. Er verdient in ausländischen Insolvenzverfahren keinen geringeren Schutz als andere Mobiliarsicherheiten an inländischen Vermögensgegenständen. Aussonderungsrechte aufgrund eines solchen Eigentumsvorbehalts sind mithin ebenfalls nach der Iex rei sitae zu beurteilen. Gleiches sollte für die Aussonderung aufgrund anderer dinglicher Rechte gelten, da eine unterschiedliche Anknüpfung für Volleigentum einerseits und Vorbehaltseigentum andererseits wenig sachgerecht wäre. Was den Anwendungsbereich des Lageortsrechts betrifft, so sei darauf hingewiesen, daß es nicht nur über das Bestehen von Aussonderungs- und Absonderungsrechten entscheidet, sondern auch über deren Inhalt. Insbesondere bestimmt die Iex rei sitae, ob Sicherungsnehmer zur Verwertung des Sicherungsgutes berechtigt sind81 . Eine Verwertungsbefugnis schützt sie vor einer suboptimalen Verwertung durch einen Verwalter, der an einer möglichst günstigen Verwertung vielleicht deshalb kein allzu großes Interesse haben mag, weil er wegen der Höhe der gesicherten Forderungen ohnehin nicht mehr mit einem Erlös für die Masse rechnen kann. Für den wirtschaftlichen Wert einer Sicherheit ist die Verwertungsbefugnis daher mitentscheidend. Das Recht absonderungsberechtigter Gläubiger zur Verwertung inländischer Massegegenstände aufgrund einer Mobiliarsicherheit richtet sich demzufolge nach§ 127 K082 bzw. nach§ 173 i.V.m. § 166 InsO. Das weitergehende Verwertungsrecht nach § 12 Abs. 1 S. 1 GesO, der eine § 127 Abs. 2 KO entsprechende Regelung nicht kennt, ist auf nationaler Ebene nicht durchgehend gewährleistet und deshalb im internationalen Bereich nicht schutzwürdig. Das Lageortsrecht entscheidet wegen des Sachzusammenhangs auch darüber, ob ausländische Verwalter zur Ablösung von Sicherheiten berechtigt sind (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 GesO). Das Insolvenzstatut83 findet insoweit keine Anwendung. Abschließend ist anzumerken, daß im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Mobiliarsicherheiten - Pfändungspfandrechte nach § 804 ZPO und Arrestpfandrechte nach §§ 930, 931 ZPO- ebenso wie entsprechende Grundpfandrechte nur dann zur abgesonderten Befriedigung berechtigen, wenn sie auch als Vollstrekkungsmaßnahmen der ausländischen Insolvenzmasse gegenüber wirksam sind, worüber grundsätzlich das Insolvenzstatut entscheidet84 . Für den inländischen Rechtsverkehr bedeutet dies keine wesentliche Störung, da diese Pfandrechte auch 81 Ebenso Flessner, IPRax 1997, S. 1 (8); a.A. von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1466) (lnso1venzstatut). 82 Für Anwendung von § 127 KO auch Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 98; Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 32; a.A. Jaeger/Jahr, §§ 237,238 Rdn. 339, 352; Favoccia, S. 47. 83 Vgl. etwa Sec. 311 (5) Inso1vency Act 1986. 84 s. oben IV. 6., S. 158 ff.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

in Gesamtvollstreckungsverfahren keinen Bestand haben (§ 7 Abs. 3 S. 1 Ges085 ). Allerdings bleiben inländische Pfändungspfandrechte nach ausländischem Insolvenzrecht gelegentlich sogar dann unangetastet, wenn Pfändungen im Verfahrensstaat selbst keinen Schutz genießen86. (2) Aussonderung und abgesonderte Befriedigung aufgrundobligatorischer Rechte

(a) Aussonderung Aufgrund persönlicher (obligatorischer) Rechte kann im Inland belegenes schuldnerfremdes Vermögen in allen inländischen Insolvenzverfahren ausgesondert werden 87 . Daß diese Aussonderungsrechte auch im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren Schutz verdienen, mag bezweifelt werden, soweit zugleich eine Aussonderung aufgrund dinglichen Rechts in Betracht kommt. Diese ist jedoch nicht stets möglich. Bei Treuhandverhältnissen etwa steht dem Treugeber häufig kein dinglicher, sondern nur ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch gegen den Treuhänder zu, so daß die Anwendung des Insolvenzstatuts dazu führen könnte, daß der Treugeber in einem ausländischen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Treuhänders im Inland belegenes Treugut nicht aussondern kann. Diese Rechtsfolge ist dem Treugeber nicht zuzumuten. Er muß die Gewißheit haben, inländisches Treugut ebenso wie in inländischen Insolvenzverfahren zurückzuerhalten. Die Aussonderung aufgrund obligatorischer Rechte darf etwaigen materiellrechtlichen Aussonderungsbeschränkungen des ausländischen Insolvenzsachrechts deshalb nicht schutzlos ausgeliefert sein. Einer Ausnahmeanknüpfung bedarf es dazu jedoch nicht. Vielmehr sollte der ordre public genügen88 . (b) Verfolgungsrecht Nach§ 44 KO kann der Verkäufer oder Einkaufskommissionär an den Schuldner abgesandte und von diesem noch nicht vollständig bezahlte Waren zurückfordern, sofern diese nicht schon vor Verfahrenseröffnung am Ablieferungsort angekommen und in den Besitz des Schuldners gelangt sind. Die Anknüpfung dieses Verfolgungsrechts ist streitig. Teils wird es dem Insolvenzstatut unterstellt89 (dies ent85 BGH, 26. 1. 1995, BGHZ 128, 365; Haarmeyer/Wutzke/Förster; § 7 Rdn. 28; Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. III 4 B Rdn. 13 f.; Kilger/ Karsten Schmidt, § 7 GesO Anm. 3 a; vgl. auch Smid/ Smid, § 7 Rdn. 49 f., 56, 67 (Rückgriff auf§ 88 InsO). 86 Vgl. BG, 21. 12. 1916, BGE 42 III 467 (471 f.) einerseits und Art. 199 SchKG andererseits. 87 § 43 KO, § 47 InsO; zur GesO s. Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 7. 88 Vgl. oben (1) (a), S. 203. 89 Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 99; Geimer; IZPR, Rdn. 3561; Mohrbutter/ Wenner; Rdn. XXIII.2!0; Aderhold, S. 283.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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spricht der oben vertretenen Grundsatzanknüpfung für Aussonderungs- und Absonderungsrechte), teils dem Vertragsstatut90 und teils der Iex rei sitae91 . Die Frage kann im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen. Es genügt die Feststellung, daß das Fehlen eines Verfolgungsrechts in der Gesamtvollstreckungsordnung92 und in der Insolvenzordnung93 darauf schließen läßt, daß der inländische Rechtsverkehr nicht beeinträchtigt wird, wenn das ausländische Insolvenzsachrecht - dessen Anwendbarkeit unterstellt - ebenfalls kein Verfolgungsrecht kennt. Zu einer Ausnahmeanknüpfung besteht somit keine Veranlassung. (c) Ersatzaussonderung Wird ein aussonderungsfähiger Vermögensgegenstand vor Verfahrenseröffnung vom Schuldner oder nach Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert, geben § 46 KO und § 48 InsO dem Aussonderungsberechtigten ein Ersatzaussonderungsrecht Im Gesamtvollstreckungsverfahren hingegen besteht dieses Recht nach wohl überwiegender Auffassung nicht94 , woraus sich ergibt, daß das Fehlen eines Ersatzaussonderungsrechts im ausländischen Insolvenzsachrecht den inländischen Rechtsverkehr nicht beeinträchtigen würde. Folglich besteht auch hier kein Anlaß, von der Anwendung des Insolvenzstatuts abzuweichen und eine Ausnahmeanknüpfung vorzunehmen. (d) Abgesonderte Befriedigungaufgrund von Zurückbehaltungsrechten und wegen öffentlicher Abgaben Zur abgesonderten Befriedigung sind nach § 49 Abs. 1 Nm. 1, 3, 4 KO, § 51 Nm. 2-4 InsO auch Gläubiger berechtigt, denen ein Zurückbehaltungsrecht an einer Sache wegen nützlicher Verwendungen oder ein handelsrechtliches Zurückbehaltungsrecht zusteht, ferner die öffentliche Hand hinsichtlich der ihr als Sicherheit für öffentliche Abgaben dienenden zoll- und steuerpflichtigen Sachen. Anders ver90 Jaeger/ Jahr; §§ 237,238 Rdn. 328 f., 348; Soergel/Lüderitz, Art. 38 EGBGB Anh. II Rdn. 66; vermittelnd Staudinger/Stall (1996), IntSachenR Rdn. 312 (bis zum Eintreffen der Ware im Käuferstaat alternativ Vertragsstatut oder Recht des Käuferstaates als Konkursstatut, danach ausschließlich das Recht des Käuferstaates). 91 Kreuzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, nach Art. 38 EGBGB Anh. I Rdn. 113. Eine weitere Variante sieht Art. 18 Abs. 3 DöKV vor (Niederlassung- hilfsweise Sitz oder gewöhnlicher Aufenthalt - des Absenders in einem Vertragsstaat). 92 Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 21; Smid/ Zeuner, § 12 Rdn. 48. 93 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12 I 2443, S. 121. 94 LG Leipzig, 2. 3. 1995, ZIP 1995, 1841 ; LG Halle, 18. I. 1997, DtZ 1997, 169; Gottwald!Gottwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 22; Haarmeyer/ Wutzke/Förster, § 12 Rdn. 20a; Smid/Zeuner, § 12 Rdn. 51; a.A. OLG Rostock, 24. 4. 1997, ZIP 1997, 1112; Kilger/ Karsten Schmidt, § 12 GesO Anm. I ; Hess/Binz/ Wienberg, § 12 Rdn. 209 f.; offen gelassen in BGH, 5. 3. 1998, ZIP 1998,655 (657).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

hält es sich wiederum im Gesamtvollstreckungsverfahren. Dort gibt es ein Absonderungsrecht weder bei Zurückbehaltungsrechten wegen nützlicher Verwendungen95 oder nach dem HGB 96 noch wegen öffentlicher Abgaben97 . Die fehlende Insolvenzfestigkeit der zugrundeliegenden obligatorischen Rechte ist dem inländischen Rechtsverkehr demnach zuzumuten, so daß es in ausländischen Insolvenzverfahren bei der Anwendung des Insolvenzstatuts auf diese Absonderungsrechte bleiben kann98 . cc) Ergebnis Als Ergebnis ist festzuhalten, daß die insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten an inländischen Vermögensgegenständen in ausländischen Insolvenzverfahren nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen sind. Soweit diesen Rechten jedoch dingliche Vermögensrechte zugrundeliegen, ist anstelle des Insolvenzstatuts die Iex rei sitae anzuwenden. c) Geltendmachung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten in ausländischen Insolvenzverfahren

Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen Aussonderungs- und Absonderungsrechte gegen ausländische Insolvenzverwalter bzw. andere ausländische Verfahrensorgane geltend gemacht werden können, unterliegen nach der Grundnorm dem lnsolvenzstatut99. Ausländische insolvenzverfahrensrechtliche Bestimmungen, die z. B. die Geltendmachung von Aussonderungsansprüchen oder die Anmeldung von Sicherheiten innerhalb einer bestimmten Frist verlangen 100, sind mangels Renvoi daher auch auf Aussonderungsansprüche und Sicherheiten anzuwenden, die im Inland belegene Vermögensgegenstände betreffen. Gleiches gilt für die im ausländischen Insolvenzrecht für den Fall der Fristversäumnis bzw. der Nichtanmeldung vorgesehenen Sanktionen, soweit diese nicht gegen den inländischen ordre public verstoßen. Ob derartige Sanktionen des schweizerischen, französischen und englischen Rechts mit dem inländischen ordre public vereinbar sind, soll im folgenden untersucht werden. 95 Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. III 6 A Rdn. 36; Smid!Geßler, § 12 Rdn. 72; a.A. Hess /Binz!Wienberg, § 12 Rdn. 204. 96 OLG Dresden, 9. 12. 1993, DtZ 1994, 252; Gottwald/Gottwald, Nachtrag Kap. 111 6 A Rdn. 36; Smid/Geßler, § 12 Rdn. 72; a.A. Kilger/Karsten Schmidt, § 12 GesO Anm. 3; Hess/Binz!Wienberg, § 12Rdn. 205. 97 Gottwald!Gottwald, Nachtrag Kap. 111 6 A Rdn. 39; Smid/Geßler, § 12 Rdn. 67. 98 Gegen eine Erstreckung dieser Absonderungsrechte auf ausländische Konkursverfahren, wenngleich mit überholter Begründung, schon Jaeger! Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 339, 352. 99 Soergel! Lüderitz, Art. 38 EGBGB Anh. II Rdn. 106; vgl. Summ, S. 65; Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 95. wo Vgl. Artt. 232 Abs. 2 Nr. 4, 242 Abs. 2 SchKG, Artt. 51 Abs. 1, 115 Gesetz Nr. 85-98.

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aa) Schweizerische Insolvenzverfahren Nach schweizerischem Recht ist ein Aussonderungsanspruch verwirkt, wenn er nach Ablehnung durch die Konkursverwaltung bzw. durch die Liquidatoren vom Anspruchsteller nicht binnen einer ihm gesetzten Frist von zwanzig Tagen durch Klageerhebung am Konkursort geltend gemacht wird 101 . Eine Fristsetzung mit solchen Folgen ist in deutschen Insolvenzverfahren nicht vorgesehen 102; sie ist im deutschen Recht aber in anderem Zusammenhang anzutreffen, so etwa in § 12 Abs. 3 VVG. Zwanzig Tage sind zwar ein kurzer Zeitraum. Die Kürze der Frist wird jedoch durch das Interesse an einer zügigen Durchführung des Insolvenzverfahrens gerechtfertigt (vgl. §§ 152, 153 KO, §§ 189, 190 InsO: zwei Wochen). Zudem besteht die Möglichkeit, die Klage zunächst nur zur Fristwahrung zu erheben. Die Verwirkung nicht rechtzeitig durch Klageerhebung geltend gemachter Anspruche auf Aussonderung inländischer Vermögensgegenstände in schweizerischen Konkurs- und Nachlaßverfahren ist daher mit dem inländischen ordre public vereinbar103. Auch Absonderungsrechte können nach schweizerischem Insolvenzrecht erlöschen, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden. Personen, die Sachen des Schuldners als Pfandgläubiger oder aus anderen Griinden besitzen, werden mit der öffentlichen Bekanntmachung der Konkurseröffnung aufgefordert, diese innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen. Diese Aufforderung ist mit dem Hinweis verbunden, daß das Vorzugsrecht erlischt, wenn die Meldung ungerechtfertigt unterbleibt (Art. 232 Abs. 2 Nr. 4 SchKG). Ob dies auch für im Ausland belegene Vermögensgegenstände gilt, ist umstritten, nach zutreffender Auffassung aber wohl zu bejahen 104• Da die öffentliche Bekanntmachung in der Schweiz absonderungsberechtigte Gläubiger in Deutschland zumeist nicht erreichen und eine öffentliche Bekanntmachung im Inland in aller Regel fehlen wird 105, ist diese Sanktion für den inländischen Rechtsverkehr nicht unproblematisch. Ob mit dem ordre public geholfen werden muß, hängt davon ab, unter welchen Voraussetzungen das Unterbleiben der Mitteilung als ungerechtfertigt anzusehen ist. Sofern das Fehlen einer hinreichenden Möglichkeit, Kenntnis von der schweizerischen Konkurseröffnung zu erlangen, einen Artt. 242 Abs. 2, 319 Abs. 4 S. 2 SchKG. Zu§ 5 S. 2 Nr. 4 GesO s. Kilger! Karsten Schmidt, § 5 GesO Anm. 2 d; Haarmeyer/ Wutzke I Förster, § 5 Rdn. 29. 103 Im gleichen Sinne Stadler, KTS 1995, S. 539 (558 f. i.V.m. 554 f.) für die Verwirkung bestrittener Forderungen im Nachlaßverfahren durch Unterlassen der Klageerhebung innerhalb einer von der Nachlaßbehörde gesetzten Frist nach Art. 310 a.F. SchKG (anders jetzt Art. 315 Abs. 1 SchKG). 104 Gillieron, ZSR 133 (1992) I, S. 259 (276, 294 N. 65). A.A. noch BG, 20. 9. 1906, BGE 32 I 774 (776 f.), Amonn, § 44 Rdn. 26, und Fritzsche / Walder II, § 46 Rdn. 8, deren Begriindung, im Ausland belegene Vermögensgegenstände seien nicht zur Masse zu ziehen bzw. könnten nicht zu ihr gezogen werden, heutejedoch nicht mehrträgt (s. oben IV. 2. a), S. 146 ff.). 105 V gl. oben V. I. b) aa), S. 177 f. 101

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Rechtfertigungsgrund darstellt, ist ein ordre public-Verstoß nicht zu erwarten. Andernfalls wäre das Erlöschen eines Absonderungsrechts an inländischen Vermögensgegenständen wegen unterbliebener Mitteilung an das schweizerische Konkursamt mit dem inländischen ordre public nicht zu vereinbaren. bb) Französische Insolvenzverfahren Ähnliche Ausschlußfristen gibt es im französischen Recht. Hier kann die Aussonderung beweglicher Sachen nur innerhalb von drei Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung verlangt werden 106• Die Fristversäumnis führt zum Erlöschen des Aussonderungsanspruchs 107, was für den inländischen Rechtsverkehr besonders gefährlich ist, weil die öffentliche Bekanntmachung in Frankreich regelmäßig nicht zu seiner Kenntnis gelangt. Von inländischen Aussonderungsberechtigten zu verlangen, sich derart über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners unterrichtet zu halten, daß rechtzeitige Kenntniserlangung und fristgemäße Anmeldung gesichert sind, dürfte die Grenze des Zurnutbaren überschreiten. Dazu sind drei Monate eine zu kurze Zeit. Ohne eine zureichende Möglichkeit der Kenntnisnahme aber verstößt ein Verlust des Aussonderungsrechts wegen Fristversäumnis gegen den inländischen ordre public. Eine weitere Ausschlußfrist im französischen Insolvenzrecht betrifft die Anmeldung von Forderungen 108 • Außerhalb Frankreichs ansässige Gläubiger müssen ihre Forderungen samt Sicherheiten binnen vier Monaten nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung anmelden 109 . Nicht fristgemäß angemeldete Forderungen erlöschen 110, was zur Folge hat, daß auch die mit ihnen verbundenen Sicherheiten nicht mehr oder nur nachrangig geltend gemacht werden können 111 • Teilweise ähnliche Rechtsfolgen sehen die§§ 5 Nr. 3, 14, 18 Abs. 2 S. 3 GesO vor, wonach verspätet angemeldete und nicht nachträglich zugelassene Forderungen einer Art Restschuldbefreiung unterliegen. Eine spätere 106 Art. 115 Gesetz Nr. 85 - 98. Die Frist gilt zwar nicht, wenn der den Schuldner zur Nutzung der Sache berechtigende Vertrag publiziert wurde (Art. 115-1 Gesetz Nr. 85-98; vgl. Derrida/ Sortais, D. 1994 Chron., S. 267 [287]; Celestine I Felsner; WM 1996, S. 425 [432 f.]). Für im Inland belegene Sachen ist diese Ausnahme mangels entsprechender Register jedoch ohne Bedeutung. 107 Storp, RIW 1996, S. 464 (467). 108 Die Bestimmungen des französischen Rechts über die Forderungsanmeldung gelten auch für ausländische Gläubiger (Cass. com., 14. 5. 1996, D. 1996 IR. 144; CA Paris, 29. 3. 1994, D. 1995 Somm. 385). 109 Artt. 50 Abs. 1 S. 1, 51 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98, Art. 66 Abs. 1 Dekret Nr. 85- 1388. 11o Art. 53 Abs. 4 Gesetz Nr. 85-98. Für Gläubiger mit publizierten Sicherheiten gilt dies nur, wenn sie persönlich benachrichtigt wurden (Art. 53 Abs. 2 Gesetz Nr. 85- 98). Ein Forderungsverlust kann auch nach Artt. 54 S. 2, 102 Abs. 2 Gesetz Nr. 85-98 eintreten. 111 Artt. 53 Abs. 2, 50 Abs. 1 S. 2 Gesetz Nr. 85- 98; Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1402); Summ, S. 211.

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Vollstreckung wegen dieser Forderungen kann grundsätzlich nur stattfinden, soweit der Schuldner über ein angemessenes Einkommen hinaus zu neuem Vermögen gelangt ist 112. Für Sicherheiten gilt diese Beschränkung nach zutreffender Auffassung allerdings nicht 113 • § 5 Nr. 4 GesO kann nicht entnommen werden, daß gesicherte Gläubiger mit Ablauf der Anmeldefrist ihre Rechte verlieren. Demnach unterscheiden sich die Vorschriften des französischen Rechts über das Erlöschen von Forderungen wegen Versäumung der Anmeldefrist nicht so sehr von inländischen Bestimmungen, daß ihre Anwendung ohne weiteres gegen den inländischen ordre public verstieße 114. Eine Verletzung des ordre public durch die Sicherheiten betreffenden Regelungen des französischen Rechts wird trotz des FehJens vergleichbarer Bestimmungen im deutschen Recht im Ergebnis ebenfalls abzulehnen sein lJ5. Das Interesse an einer zügigen Durchführung des Insolvenzverfahrens vermag auch Ausschlußfristen für die Geltendmachung von Sicherheiten zu rechtfertigen. Anders als Aussonderungsberechtigten dürfte es gesicherten Gläubigern zudem möglich sein, rechtzeitig von der Eröffnung eines französischen Insolvenzverfahrens zu erfahren. Die vorgesehene Viermonatsfrist ist zwar nicht signifikant länger als die Anmeldefrist für Aussonderungsansprüche. Doch ist hier bei unverschuldeter Fristversäumnis innerhalb eines Jahres nach Verfahrenseröffnung Wiedereinsetzung möglich 116. Dieser Zeitraum dürfte lang genug sein, um es inländischen Absonderungsberechtigten zu ermöglichen, Kenntnis von der Verfahrenseröffnung zu erlangen, sich über die bei der Anmeldung einzuhaltenden Formen und Fristen zu informieren und die Anmeldung vorzunehmen 117 . Ein Verstoß gegen den ordre public ist daher grundsätzlich nicht anzunehmen 118 •

Dies ist mit Art. 14 GG vereinbar (BVerfG, 26. 4. 1995, DtZ 1995, 323). Kilger/Karsten Schmidt, § 5 GesO Anm. 2 d; Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 5 Rdn. 29 (str.). 114 OLG Saarbrücken, 31. 1. 1989, ZIP 1989, 1145 (1146 f.); a.A. Trunk, IIR, S. 277 N. 724. 115 Zutreffend Summ, S. 212 f.; Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1403); ebenso bei vergleichsweiser Forderungsherabsetzung Flessner, ZIP 1989, S. 749 (755); ders., in: Stall, Reform des IIR, S. 201 (207); ders., IPRax 1997, S. 1 (8); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 42; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.230; Favoccia, S. 79 ff.; a.A. Gottwald/ Arnold, § 122 Rdn. 127; Geimer; IZPR, Rdn. 3563; Reithmann / Hausmann, Rdn. 1839. 116 Art. 53 Abs. I, 3 Gesetz Nr. 85-98; Einzelheiten bei Städtler; S. 193 ff. 117 Zur Wiedereinsetzungspraxis bei ausländischen Gläubigem s. Niggemann, S. 21. 118 Ein ordre public-Verstoß dürfte auch in dem von Kirchhof (WM 1993, S. 1401 [1402 f.]) gebildeten Fall ausscheiden. Von einem inländischen Gläubiger kann erwartet werden, daß er sich spätestens bei der Anmeldung über etwaige Fristen informiert und gegebenenfalls gleich Wiedereinsetzung beantragt. 112

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

cc) Englische Insolvenzverfahren Auch nach englischem Insolvenzrecht kann die Nichtanmeldung von Sicherheiten deren Verlust zur Folge haben. So ist der Iiquidator im winding up berechtigt, die Aufgabe derjenigen Sicherheiten zu verlangen, die Gläubiger bei ihren Forderungsanmeldungen nicht angegeben haben 119• Zweck dieser Regelung dürfte es sein, gesicherte Gläubiger an übermäßiger Befriedigung zu hindern. Erfährt der Iiquidator nicht aus anderer Quelle von nicht angemeldeten Sicherheiten, könnten diese Gläubiger sowohl mit ihren gesicherten Forderungen an der Verteilung partizipieren als auch Befriedigung aus ihren Sicherheiten suchen. Entsprechende Versuche wären risikolos, müßten sie lediglich die zuviel erhaltene Dividende zurückzahlen. Gesicherte Gläubiger hiervon abzuhalten ist ein Zweck, der im üblichen Rahmen eines Insolvenzverfahrens liegt (vgl. § 153 KO, § 190 Insü). Eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts ist daher nicht zu erkennen. Daß das englische Insolvenzgericht für Gläubiger, die ihre Sicherheiten versehentlich oder infolge eines gutgläubigen Irrtums nicht angegeben haben, auf Antrag Ausnahmen anordnen kann, sollte zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs genügen.

2. Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Aufrechnungsfragen stellen sich im Zusammenhang mit der Einziehung von Forderungen des Schuldners durch ausländische Insolvenzverwalter. Deren Einziehungsbefugnis richtet sich nach dem Insolvenzstatut 120, so daß mangels Renvoi ausländisches Insolvenzsachrecht maßgeblich ist, welches den jeweiligen Verwalter in aller Regel zur Forderungseinziehung ermächtigt 121 . Den inländischen Rechtsverkehr beeinträchtigt diese Anknüpfung nicht, weil diejenigen, die gutgläubig an den Schuldner leisten, durch die Anwendung inländischer Gutglaubensvorschriften hinreichend geschützt sind 122 . Ist ein vom ausländischen Verwalter in Anspruch genommener Drittschuldner zugleich Insolvenzgläubiger, so stellt sich die Frage, welchem Recht die Voraussetzungen zu entnehmen sind, unter denen er seine Insolvenzforderung gegen die Forderung der Masse aufrechnen kann. In Betracht kommen das Sachstatut, das Insolvenzstatut sowie beide Statute in gekoppelter Anknüpfung. R. 4.96 (1) Inso1vency Rules 1986. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (271); 9. 12. 1987, NJW-RR 1988, 477; Reithmannl Hausmann, Rdn. 1822. 121 Vgl. Artt. 240, 243 Abs. 1, 319 Abs. 3, 322 SchKG; Artt. 26 Abs. 1, 152 Abs. I S. 2 Gesetz Nr. 85-98; JauffretiMestre, Nr. 1052; Sec. 14 (I) i.V.m. Schedule 1 Nr. I, Sec. 306 lnsolvency Act 1986. 122 s. oben V. I. a) cc), S. 174 ff. Dieser Schutz kommt einer in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung erklärten Aufrechnung nicht zugute, weil sie einer gutgläubigen Leistung an den Schuldner nicht gleichsteht (Jaeger I Henckel, § 8 Rdn. 50; Jaeger I Lent, 8. Aufl., § 53 Rdn. 2). 119

12o

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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a) Sachstatut

Sachstatut der Aufrechnung ist, sofern die Forderungen demselben Vertrag entspringen und demselben Recht unterliegen 123, das Vertragsstatut (Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB), im übrigen das Schuldstatut der Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird 124. Die Anwendung des Sachstatuts auf die Aufrechnung im Insolvenzverfahren wird insbesondere von Stürner befürwortet 125. Stürners Begrundung für diese Anknüpfung - Einbindung des aufrechnenden Drittschuldners in die Rechts- und Sozialordnung des Sachstatuts, Untrennbarkeit von Sachrecht und Haftungsverwirklichung - hat sich allerdings schon im Zusammenhang mit der Aussonderung und der abgesonderten Befriedigung als nicht tragfähig herausgestellt126. Gegen die alleinige Anwendung des Sachstatuts spricht insbesondere, daß sie eine unterschiedliche Behandlung der Insolvenzgläubiger und damit eine Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bewirken würde 127 , die sich auch mit Verkehrsschutzerwägungen nicht rechtfertigen ließe. Die Aufrechnungsbefugnis ist zwar in allen inländischen Insolvenzverfahren geschützt 128, auf internationaler Ebene also nicht von vomherein schutzunwürdig. Anders als dingliche Sicherungsrechte ist die Aufrechnungsbefugnis aber nicht auf Dauer angelegt und fungiert regelmäßig auch nicht als Kreditsicherungsmittel 129 . Die Gläubiger eines im Ausland ansässigen Schuldners, welche ohnehin mit der Anwendung ausländischen Insolvenzrechts rechnen müssen 130, können sich daher vor dem Verlust der Aufrechnungsbefugnis aufgrund ausländischen Insolvenzsachrechts in zurnutbarer Weise selbst schützen, indem sie alsbald nach Entstehen der Aufrechnungslage die Aufrechnung erklären. Eines weitergehenden Schutzes bedarf es nicht. Deshalb kann der Ansicht, daß eine bei Verfahrenseröffnung nach dem Sachstatut bestehende Aufrechnungslage dem Gläubiger auf jeden Fall erhalten bleiben soll 131 , nicht gefolgt werden. Aus denselben Griinden ist auch die Auffassung abzulehnen, daß inländischen Gläubigem die Aufrechnung erlaubt sei, soweit das Forderungsstatut 123 Soergel/von Hoffmann, Art. 32 EGBGB Rdn. 49; Spellenberg, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 32 EGBGB Rdn. 50; Kropholler; IPR, §52 VII 5, S. 441; Kegel, § 18 V, S. 561; von Bar; IPR II, Rdn. 547. 124 BGH, 22. 11. 1962, BGHZ 38,254 (256); OLG Hamm, 18. 10. 1982, NJW 1983,523 (524); Soergel/von Hoffmann, Art. 32 EGBGB Rdn. 49; Spellenberg, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 32 EGBGB Rdn. 50; Kropholler; IPR, §52 VII 5, S. 441; Kegel,§ 18 V, S. 561 f. 125 Baur/Stümer II, Rdn. 37.40. 126 V gl. oben 1. b) aa) (1 ), S. 195 ff. 121 Vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273); Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1238). 12s §§53-55 KO, §§ 94-96 InsO, § 7 Abs. 5 GesO. 129 A.A. Flessner; in: Stoll, Umsetzung des Eu!Ü, S. 219 (223). 130 So auch Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1238); Aderhold, S. 285, 289. 131 Sonderkommission "Internationales Inso1venzrecht", in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ,

S. 251 (253 f.) (in Anlehnung an Art. 6 EuiÜ); Flessner; in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (223); Reithmann/Hausmann, Rdn. 1833.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

und, falls für eine Klage eine inländische Zuständigkeit bestünde, die§§ 53-55 KO sie in einem Inlandskonkurs gestatten würden 132 • Gegen diese Auffassung spricht darüber hinaus, daß sie sich auf § 237 Abs. 1 KO und dessen ebenfalls abzulehnende Erweiterung auf Titelprozesse 133 stützt. § 237 KO gibt für die Aufrechnung nichts her 134 • Ein durch § 237 KO vermittelter Schutz ließe sich auch nicht auf inländische Gläubiger beschränken 135 • b) Insolvenzstatut

Anderen Stimmen zufolge soll die Aufrechnung im Insolvenzverfahren insgesamt nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen sein 136. Damit wäre zwar die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger hergestellt, doch hätte diese Anknüpfung den Nachteil, daß die Verfahrenseröffnung einen Wechsel des Aufrechnungsstatuts bewirken würde. Aufgrund dieses Statutenwechsels könnten Insolvenzgläubiger Aufrechnungsbefugnisse erwerben, die ihnen vorher nicht zustanden. Umgekehrt könnten sie bis dahin bestehende Aufrechnungsbefugnisse allein aufgrund schuldrechtlich zu qualifizierender Rechtsunterschiede verlieren 137 . Beide Wirkungen entbehren jeder Rechtfertigung 138 . Abgesehen davon würde ein solcher Statutenwechsel, insbesondere der Übergang von einem Sachstatut mit Legalkompensation zu einem Insolvenzstatut, das eine Aufrechnungserklärung verlangt, den Rechtsverkehr vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten stellen. Die alleinige Anwendung des Insolvenzstatuts ist deshalb ebenfalls abzulehnen. c) Sachstatut und Insolvenzstatut (gekoppelte Anknüpfung)

Für eine mittlere Lösung haben sich der Bundesgerichtshof und der überwiegende Teil des Schrifttums entschieden. Sie unterscheiden zwischen der materiellrechtlichen Wirksamkeit der Aufrechnung und ihrer Zulässigkeit im Insolvenzverfahren. Die materiellrechtliche Wirksamkeit wird dem Sachstatut unterstellt, die insolvenzrechtliche Zulässigkeit dem Insolvenzstatut 139 • Diese Zweiteilung ist Lüderitz, JZ 1986, S. 96 (97). s. oben IV. 6. a) bb), S. 160 ff. 134 Vgl. BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273); Reithmann/Hausmann, Rdn. 1816; Summ, S. 103. 135 Vgl. oben IV. 6. a) aa), S. 160, insbesondere N. 107. 136 Riegel, S. 184; Florian, S. 89 ff.; Thieme, Rabe1sZ 37 (1973), S. 682 (703 N. 50); erwogen auch von Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1238). 137 Z. B. wegen Beschränkung der Aufrechnung auf Geldforderungen (vgl. oben A. III. 1. a) aa), S. 53). 138 In diesem Sinne auch von Wilmowsky, WM 1997, S. 146 1 (1469). t39 BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273); OLG Düsse1dorf, 15. 11. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (558); Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 399, 404; Gottwald/Arnold, § 122 132

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nicht unproblematisch. Zunächst lassen materiellrechtliche Wirksamkeit und insolvenzrechtliche Zulässigkeit sich nicht vollständig voneinander trennen. Das Insolvenzstatut kann die Aufrechnungsbefugnis nicht nur beschränken, sondern sie auch erweitern 140, womit es ebenfalls materiellrechtliche Wirkungen entfaltet 141 . Streng genommen müßte daher von allgemein schuldrechtlicher Wirksamkeit einerseits und spezifisch insolvenzrechtlicher Wirksamkeit andererseits gesprochen werden142. Zudem führt die gekoppelte Anknüpfung zu Anpassungsschwierigkeiten, so etwa dann, wenn das ausländische Recht (wie z. B. das englische) nicht zwischen schuld- und insolvenzrechtlicher Wirksamkeit unterscheidet, sondern die Aufrechnung im Insolvenzverfahren nur als einheitliches Rechtsinstitut kennt 143. Dieser Fall wird sich jedoch durch Herausfiltern der spezifisch insolvenzrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen aufgrundeines Vergleichs des insolvenzrechtlichen Aufrechnungstatbestandes mit dem allgemeinen Aufrechnungstatbestand des betreffenden ausländischen Rechts lösen lassen. Ein weiteres Anpassungsproblem entsteht beim Zusammentreffen von deutschem Recht als Sachstatut und französischem Recht als Insolvenzstatut Da das französische Insolvenzsachrecht die Aufrechnung nach Verfahrenseröffnung ausschließt, sofern es sich nicht um konnexe Forderungen handelt 144, wäre eine nach Verfahrenseröffnung abgegebene Aufrechnungserklärung an sich auch dann insolvenzrechtlich unwirksam, wenn die Aufrechnungslage schon vor Verfahrenseröffnung bestand. Hierbei darf jedoch nicht außer acht bleiben, daß das französische Aufrechnungsverbot wegen des Prinzips der Legalkompensation 145 Aufrechnungslagen, die vor Verfahrenseröffnung bereits bestanden, unberiihrt läßt 146 . Insolvenzgläubigern, denen das Sachstatut eine Aufrechnungserklärung abverlangt, kann dieser Schutz nicht versagt bleiben. Deshalb muß, wenn die Aufrechnungslage bei Verfahrenseröffnung bereits bestand, bei französischem Sachstatut also vor Eröffnung Legalkompensation eingeRdn. 100; ReithmanniHausmann, Rdn. 1833; Kirchhof, WM 1993, S. 1364 (1369); Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (119 f.); ders. , IPRax 1992, S. 187 (191); ders., in: FS Jahr, S. 455 (465); Trunk, IIR, S. 180 f., 325; Summ, S. 69, 71. Art. 32 Abs. I Nr. 4 EGBGB ist dabei allerdings noch nicht berücksichtigt. Diese Anknüpfung als Kumulierung zu bezeichnen (so Aderhold, S. 285 f.; Geimer; IZPR, Rdn. 3562 N. 255) erscheint verfehlt. 140 Vgl. § 54 KO, § 95 Abs. 2 lnsO. Unzutreffend daher Hanisch (ZIP 1985, S. 1233 [1238]), die Frage der konkursrechtlichen Zulässigkeit stelle sich nicht mehr, wenn die Aufrechnung schon nach dem Statut der Hauptforderung materiellrechtlich unwirksam sei. 141 Vgl. Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 ( 1238); Gottwald I Arnold, § 122 Rdn. 100; Jaeger I Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 405. 142 Vgl. Summ, S. 68 N. 79. 143 Vgl. Sec. 323 Inso1vency Act 1986, R. 4.90 Insolvency Rules 1986; Florian, S. 87 f. 144 Art. 33 Abs. 1 S. 2 Gesetz Nr. 85-98; CA Amiens, 2l. 2. 1991, D. 1991 J. 542 (543); RipertiRoblot II, Nr. 3039 f. 14S Art. 1290 Code civil. 146 Cass. com., 29. ll. 1988, D. 1989 Somm. 235; Ripertl Rohlot II, Nr. 3039; Sonnenberger, Rdn. VII 26.

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treten wäre, eine Aufrechnungserklärung auch nach Eröffnung noch abgegeben werden können 147 . Die mit der gekoppelten Anknüpfung verbundenen Anpassungsschwierigkeiten dürften demnach zu bewältigen sein. Entscheidend fällt deshalb ins Gewicht, daß allein mit der gekoppelten Anknüpfung an Sach- und Insolvenzstatut sowohl der bei Verfahrenseröffnung bestehenden materiellrechtlichen Rechtslage als auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung getragen werden kann 148. Diese Anknüpfung verdient deshalb den Vorzug 149. Soweit danach das Insolvenzstatut maßgeblich ist, wird die Verweisung im Regelfall angenommen werden. Nach französischem Recht untersteht die Aufrechnung zumindest hinsichtlich ihrer insolvenzrechtlichen Schranken dem Insolvenzstatut150. Im englischen Recht wird die Aufrechnung verfahrensrechtlich qualifiziert und ebenfalls nach dem Recht des Verfahrensstaates beurteilt 151 .

d) Exkurs: Verrechnung

Die insolvenzrechtliche Zulässigkeit einer nach Verfahrenseröffnung vorgenommenen Verrechnung im Kontokorrentverhältnis ist ebenso wie die insolvenzrechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung im Insolvenzverfahren nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen 152. Daß das Vertrauen auf den Fortbestand der Verrechnungsabrede in ausländischen Insolvenzverfahren damit schutzlos bleibt, ist unbedenklich, weil es einen solchen Schutz auch in inländischen Insolvenzverfahren nicht gibt. Nach deutschem Recht werden Kontokorrentverhältnisse jedenfalls hinsichtlich der im Kontokorrentvertrag enthaltenen antizipierten Verfügungs- und Verrechnungsvereinbarungen durch die Konkurseröffnung beendet, ohne daß der gutgläuSo auch Summ, S. 227. Vgl. Hanisch, IPRax 1992, S. 187 ( 191 ); gegen einen völligen Verzicht auf das Aufrechnungsstatutauch Lüke, KTS 1986, S. I (17). 149 Damit bestätigt sich zugleich die Richtigkeit der oben (I. b) bb) (2) (d), S. 213 f.) vertretenen Auffassung, die abgesonderte Befriedigung aufgrund von Zurückbehaltungsrechten dem Insolvenzstatut zu unterstellen. Wer auf die abgesonderte Befriedigung aus Zurückbehaltungsrechten das Lageortsrecht und auf die insolvenzrechtliche Zulässigkeit der Aufrechnung das Insolvenzstatut anwenden will (so Aderhold, S. 281 f., 285), verwickelt sich in einen Wertungswiderspruch. Zurückbehaltungsrechte dienen, sofern sie nicht ausnahmsweise mit einem Befriedigungsrecht verbunden sind (vgl. § 1003 BGB, § 371 HGB), allein der Sicherung eines Anspruchs. Ihre Wirkungen bleiben hinter denen der Aufrechnungsbefugnis, die zur Erfüllung der eigenen Forderung im Wege der Selbsthilfe berechtigt, zurück, gehen jedenfalls nicht über sie hinaus. Daß eine nach deutschem Sachstatut bestehende Aufrechnungsbefugnis nur nach Maßgabe des Insolvenzstatuts insolvenzfest sein soll, Zurückbehaltungsrechte hingegen durch Anwendung des Lageortsrechts vor ausländischen insolvenzrechtlichen Beschränkungen geschützt sein sollen, ist nicht einzusehen. 150 Cass. 1'e civ., 6. 6. 1990, Rev. crit. 1993, 425 m. Anm. Jobard-Bachel/ier; Trochu, S. 183; Hanisch, IPRax 1992, S. 187 (191). 151 Wood, Set-Off, Rdn. 23 - 41 f. ; Blom-Cooper, S. 143 f.; Florian, S. 77, 85 f. 152 Trunk, KTS 1987, S. 415 (433); vgl. LG München I, 2. 12. 1986, WM 1987, 222. 147

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big Verrechnende sich auf die Fiktion ihres Fortbestehens berufen kann 153 • Daß die Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren anders als inländische Verfahrenseröffnungen regelmäßig nicht im Inland bekanntgemacht wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Bestimmungen zum Schutz gutgläubig Leistender sind auf die Verrechnung nicht anwendbar 154•

3. Insolvenzanfechtung a) Anfechtungsbefugnis ausländischer Insolvenzverwalter

Ausländische Insolvenzverwalter werden in Deutschland schon seit langem als berechtigt angesehen, gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen anzufechten. Soweit die Rechtsprechung ihnen diese Befugnis schon vor der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 1985 155 zugestanden hat 156, scheint es freilich stets um die Rückgewähr solcher Vermögensgegenstände gegangen zu sein, die dem im Verfahrensstaat belegenen Vermögen des Schuldners entzogen worden waren. Demnach wäre die Bedeutung der Entscheidung vom 11. Juli 1985 für die Insolvenzanfechtung darin zu erblicken, daß sie den Kreis der durch ausländische Verwalter im Inland anfechtbaren Rechtshandlungen um diejenigen erweitert hat, die zu einer Verkürzung des in Deutschland oder sonst außerhalb des Verfahrensstaates belegenen Schuldnervermögens geführt haben. In zwei neueren Entscheidungen ist die Anfechtungsbefugnis ausländischer Insolvenzverwalter erneut bestätigt worden 157 ; auch im Schrifttum wird sie durchweg bejaht 158 . Art. 102 Abs. 2 EGinsO, die einzige internationalinsolvenzrechtliche Neuerung im Rahmen der Insolvenzrechtsreform 159, setzt die Anfechtungsbefugnis ausländischer Insolvenzver153 BGH, 4. 5. 1979, BGHZ 74, 253; Gottwald! Obermüller, § 91 Rdn. 25. Vgl. § 23 Abs. 2, 1 S. 2 KO, § 674 BGB, §§ 116 S. 1, 115 Abs. 3 S. I InsO. 154 Die Anwendung von Art. 6 DöKVauf die Verrechnung (so LG München I, 2. 12. 1986, WM 1987, 222) ist deshalb abzulehnen (i.E. ebenso Trunk, KTS 1987, S. 415 [425] ; Johlke, WuB VI B. § 237 KO 1.87). Auch in Österreich hat die Konkurseröffnung die sofortige Beendigung des Kontokorrents zur Folge (Schuh17U1cher, in: Straube, HGB, § 356 Rdn. 36), ohne daß es insoweit Vertrauensschutz gibt. 155 BGHZ 95, 256. 156 OLG Karlsruhe, 14. 7. 1911, NiemeyersZ 23, 320; OLG Hamm, 25. 10. 1976, NJW 1977, 504; LG Köln, 29. 5. 1962, KTS 1965,48. 157 BGH, 21. II. 1996, BGHZ 134, 116 (119); LG Hamburg, 2. 7. 1992, RIW 1993, 147. 158 Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 119; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 79; Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480); Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1238); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (121). 159 Art. 102 Abs. I, 3 EGinsO entspricht§ 22 Abs. 1- 3 GesO. Daß der Rechtsausschuß gerade die Insolvenzanfechtung für regelungsbedürftig hielt, dürfte auf die abweichende Anknüpfung der Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens in§ 19 AnfG n.F. zurückzuführen sein. Ein Hinweis in der Begründung, daß § 19 AnfG die Anknüpfung der Insolvenz-

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walter deshalb als selbstverständlich voraus. Allerdings sind ausländische Verwalter nur insoweit anfechtungsbefugt, als das Insolvenzstatut ihnen diese Aufgabe überträgt 160. b) Anknüpfung

Ungeachtet ihre partiellen Regelung in Art. 102 Abs. 2 EGinsO ist die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung nach wie vor eine der meistumstrittenen Fragen des Internationalen Insolvenzrechts. Im wesentlichen werden drei Auffassungen vertreten. Manche wollen die Anfechtung nach dem Recht beurteilen, das für die angefochtene Rechtshandlung bzw. für ihre Wirkungen maßgeblich ist (Wirkungsstatut). Andere befürworten die Anwendung des Insolvenzstatuts, während die Vertreter der dritten Auffassung eine kumulative Anwendung von Insolvenz- und Wirkungsstatut favorisieren 161 . aa) Alleinige Anwendung des Wirkungsstatuts Für die alleinige Anwendung des Wirkungsstatuts spricht sich ein Teil der neueren Literatur aus 162. Zur Begründung wird vorwiegend auf die Lehre von der haftungsrechtlichen Unwirksamkeit anfechtbarer Rechtshandlungen verwiesen, nach der die Insolvenzanfechtung einen speziellen Aspekt der Wirksamkeit von Rechtshandlungen betrifft. Deshalb soll sie demjenigen Recht unterstehen, das auch im übrigen über die Wirksamkeit der betreffenden Rechtshandlung zu befinden hat 163 . Darüber hinaus wird auf das Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs und auf den Vorteil eines Gleichlaufs mit der außerkonkursrechtlichen Gläubigeranfechtung verwiesen164. Diese Gründe vermögen nicht zu überzeugen. Ohne auf den Streit um die rechtsdogmatische Einordnung der Anfechtung näher eingehen zu können, sei daran erinnert, daß die haftungsrechtliche Anfechtungstheorie sich in Deutschland anfechtung nicht präjudizieren solle, hätte indessen genügt und wäre zweifellos die bessere Lösung gewesen. 160 Vgl. BGH, 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (119). 161 Einen Sonderfall bilden die Anfechtungstatbestände mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag (§ 32a KO, § 237 HGB, §§ 135, 136 lnsO), die meist dem Gesellschaftsstatut unterstellt werden (Henckel, in: FS Nagel, S. 93 [99, 107]; Trunk, IIR, S. 192 f., 327 f.; Lemmer; S. 66; vgl. Aderhold, S. 267). 162 Henckel, in: FS Nagel, S. 93 (106); ders., in: Stall, Reform des IIR, S. 156 (!58 f.); von Bar; IPR II, Rdn. 551; Jahr; IKR, S. 4 (anders noch Jaeger / Jahr; §§ 237, 238 Rdn. 249); Schack, JZ 1993, S. 724; offenbar auch Otte, IPRax. 1996, S. 327 (328), und zwar bei fehlendem Bezug der angefochtenen Rechtshandlung zum Verfahrensstaat (diese Auffassung beruht allerdings auf einer Fehlinterpretation von BGH, 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 ). 163 Henckel, in: FS Nagel, S. 93 (99 ff.); Jahr; IKR, S. 4. 164 Schack, JZ 1993, S. 724; vgl. § 19 AnfG n.F.; anders LG Berlin, 22. 6. 1994, IPRax 1995, 323 (Statut der Forderung, zu deren Befriedigung die Anfechtung dient; dazu Hohloch, IPRax 1995, S. 306).

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nicht hat durchsetzen können. Der Bundesgerichtshof folgt in ständiger Rechtsprechung ebenso wie die herrschende Meinung im Schrifttum der schuldrechtlichen Anfechtungstheorie, nach der mit Verfahrenseröffnung kraft Gesetzes ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr des anfechtbar Weggegebenen zur Insolvenzmasse entsteht 165 . Gegen die Anwendung des Wirkungsstatuts spricht vor allem, daß sie die par condicio creditorum mißachtet 166, und zwar auch dort, wo dies zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs nicht erforderlich ist, z. B. bei der Schenkungsanfechtung im schweizerischen Konkurs. Schenkungen können nach schweizerischem Recht angefochten werden, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor Konkurseröffnung vorgenommen hat 167. Bei Anwendung des Wirkungsstatuts würde diese Regelung nur für Schenkungen mit schweizerischem Vertragsstatut gelten, während nach deutschem Recht zu beurteilende Schenkungen den deutschen Anfechtungsregeln unterlägen. Da diese jedoch eine Frist von zwei Jahren vor Verfahrenseröffnung 168 oder sogar von vier Jahren vor dem Eröffnungsantrag169 vorsehen, wären nach deutschem Recht Beschenkte schlechter gestellt als bei Anwendung des Insolvenzstatuts. Ein solches Ergebnis - Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung trotz Unanfechtbarkeit nach dem Insolvenzstatut - würde zudem insofern einen Wertungswiderspruch bedeuten, als sonstige Selbstbeschränkungen ausländischer Insolvenzverfahren hinsichtlich des von ihnen erfaßten Vermögens, z. B. die Beschränkung auf das im Verfahrensstaat belegene Vermögen 170, respektiert werden 171. An einer Erweiterung der Anfechtbarkeit über das Insolvenzstatut hinaus besteht auch gar kein berechtigtes Interesse 172 . Ein Anknüpfungsgleichlauf mit der Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens mag zwar Vorteile haben. Er ist jedoch deshalb nicht realisierbar, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz dabei zwangsläufig auf der Strecke bleiben müßte. Die alleinige Anwendung des Wirkungsstatuts ist daher abzulehnen 173 . 165 BGH, 5. 2. 1987, BGHZ 100,36 (42); 9. 7. 1987, BGHZ 101,286 (288); 11. 1. 1990, NJW 1990, 990 (992); 4. 3. 1993, BGHZ 122, 23 (24 f.) ; 15. 12. 1994, BGHZ 128, 184 (194); Kuhn/Uhlenbruck, § 29 Rdn. 1c, 38; Gottwald/Huber; § 54 Rdn. 1 f.; Baurl Stürner II, Rdn. 18.12, 18.19; Jauernig, §50 II 1, S. 222; vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 157, 168 f.; ferner von Campe, S. 371. 166 Angreifbar Henckel, in: FS Nagel, S. 93: Daß die Insolvenzanfechtung dem Gleichbehandlungsgrundsatz dienen soll (a. a. 0., S. 98 f.), bleibt bei seiner Anknüpfung unberücksichtigt. 167 Art. 286 Abs. 1 SchKG. Nach der bis zum 31. 12. 1996 geltenden Fassung betrug die Frist sogar nur sechs Monate. 168 § 32 Nr. 2 KO, § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO. 169 § 134 Abs. 1 lnsO. 110 s. oben IV. 2., S. 145 ff. 171 Gottwald/ Arnold, § 122 Rdn. 123; Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1240); ders. , in: Fleteher; Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (121); ders., IPRax 1993, S. 69 (73); ders., in: FS Jahr, S. 455 (470 f. ). 172 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240. 173 So nun auch BGH, 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (120 ff.).

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Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

bb) Grundsätzliche Anwendung des Insolvenzstatuts Nach überwiegender Auffassung soll die Insolvenzanfechtung, zumindest im Grundsatz, dem Insolvenzstatut unterstehen 174 . Für diese Anknüpfung spricht vor allem der Zweck der Insolvenzanfechtung, der besseren Befriedigung der Gläubiger zu dienen. Infolgedessen ist sie als insolvenzrechtliche Verfahrenswirkung zu qualifizieren und gemäß der Grundnorm nach dem Recht des Verfahrensstaates zu beurteilen. Die Anwendung des Insolvenzstatuts läßt sich ferner damit begründen, daß Anfechtungsbestimmungen den Bestand des den Gläubigem haftenden Vermögens erweitern und damit den Umfang der Insolvenzmasse regeln, der sich auch im übrigen in erster Linie nach dem Insolvenzstatut richtet 175 • Nicht zuletzt kann die par condicio creditorum mit der Anwendung des Insolvenzstatuts am besten gewahrt werden. Deshalb verdient diese Anknüpfung grundsätzlich den Vorzug. Was Art. 102 Abs. 2 EGinsO betrifft, so ist aufgrund der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung davon auszugehen, daß sie die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Anfechtung ebenfalls grundsätzlich dem Insolvenzstatut unterstellt 176. cc) Kumulative Anwendung des Wirkungsstatuts Im Mittelpunkt des Streits um die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung steht die Frage, ob die Anwendung des Insolvenzstatuts zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs durch die kumulative Heranziehung des Wirkungsstatuts zu begrenzen ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage lange offen gelassen. In seinem Urteil zur außerkonkursrechtlichen Anfechtung aus dem Jahr 1980 hat er zwar ausgeführt, in aller Regel komme auch dem Recht Bedeutung zu, das über den anfechtbaren Erwerbsakt bestimme. Grund hierfür sei die Rücksicht auf die Ver174 BGH, 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 (168); 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (122 f.); OLG Hamm, 25. 10. 1976, NJW 1977, 504; OLG Köln, 9. 6. 1994, IPRax 1996, 340 (341); LG Köln, 29. 5. 1962, KTS 1965, 48 (49); LG Hamburg, 2. 7. 1992, RIW 1993, 147 (148); Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 239; Sonderkommission "Internationales lnsolvenzrecht", in: Stoll, Reform des IIR, S. 265 (270 f.); Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 79; Gottwald/Amold, § 122 Rdn. 120; Soergel!Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 230; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1835; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.201, XXIII.205 (einschränkend für Partikularverfahren: u.U. Anwendung des Anfechtungsrechts des Staates, der ein Universalinsolvenzverfahren eröffnet hat); Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1240) (anders noch in: FS 100 Jahre KO, S. 139 [145 N. 24]); ders., in: Fletcher; Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (121 f.); ders., IPRax 1993, S. 69 (74); ders., in: FS Jahr, S. 455 (472); Hohloch, IPRax 1995, S. 306 (307); Merz, JbitalR 1 (1988), S. 3 (10); Baur/Stümer II, Rdn. 37.34; Drobnig, in: Fletcher; Cross-Border Inso1vency (1990), S. 95 (107); Trunk, IIR, S. 188, 327; Lemmer; S. 96; Aderhold, S. 266; von Oertzen, S. 122; von Campe, S. 381 ; wohl auch BGH, 5. 11. 1980, BGHZ 78, 318 (322 f.) (vgl. Henckel, in: FS Nagel, S. 93 [97]); ebenso Art. 4 DÖKV (vgl. Amold, DöKV, S. 127 f., 137). 175 s. oben IV., S. 144; vgl. OLG Hamm, 25. IO. 1976, NJW 1977, 504. 176 So auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 1217303, S. 118; s. ferner§ 382 RegEinsO und Art. 8 Abs. 1 EG-Entwurf 1992.

VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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kehrssicherheit und auf das Vertrauen des Erwerbers, daß der Erwerbsvorgang im Falle einer Anfechtung nach dem für diesen maßgebenden örtlichen Recht zu beurteilen sei. Im konkreten Fall ist die Anwendung dieses Rechts wegen einer fraudulösen Anknüpfung jedoch abgelehnt worden 177 . In einer Entscheidung aus dem Jahr 1992, die die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung bei inländischem Insolvenz- und ausländischem Wirkungsstatut betraf, hat der Bundesgerichtshof die kumulative Heranziehung des Wirkungsstatuts mit der Begrundung abgelehnt, sie werde der Interessenlage nicht gerecht, wenn die angefochtene Rechtshandlung einen ganz überwiegenden Inlandsbezug aufweise 178 . In der Literatur hat die Kumulationslösung einige Befürworter gefunden, die sie maßgeblich mit Verkehrs- und Vertrauensschutzerwägungen begrundet haben 179 . Die überwiegende Auffassung allerdings lehnt eine Kumulation nach wie vor ab und rechtfertigt dies unter anderem mit der fehlenden Schutzwürdigkeit etwaigen Vertrauens, dem durch das ausländische Anfechtungsrecht vermittelten Verkehrsschutz, der Möglichkeit, sich über das in Betracht kommende ausländische Recht zu informieren, möglichen kumulationsbedingten Normenwiderspruchen und mit der Manipulierbarkeil des Wirkungsstatuts180. Lediglich für den Immobiliarerwerb wird von manchen eine Ausnahme erwogen (Berücksichtigung der Iex rei sitae) 181 . Diesen Meinungsstreit hat der Gesetzgeber mittlerweile zugunsten der Kumulationslösung entschieden. Art. 102 Abs. 2 EGinsO bestimmt, daß eine Rechtshandlung, für deren Wirkungen inländisches Recht maßgeblich ist, von einem ausländischen Insolvenzverwalter nur angefochten werden kann, wenn die Rechtshandlung auch nach inländischem Recht entweder angefochten werden kann oder aus anderen Grunden keinen Bestand hat 182. Diese Vorschrift hat den Bundesgerichtshof dazu veranlaßt, in einer m BGH,5.11.1980,BGHZ78,318(324f.). 178 BGH, 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 (169). 179 Jaeger/ Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 249 f., 256; Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 123; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1836 (im Regelfall); Baur/Stümerii, Rdn. 37.34; vgl. Hanisch, ZIP 1981, s. 569 (571 f.). 180 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1239 f.); ders., in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (121); ders., IPRax 1993, S. 69 (73 f.); ders., in: FS Jahr, S. 455 (471 f.); Leipold, in: FS Hencke1, S. 533 (541 ff.); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 40 f.; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 79; Geimer, LM § 106 KO Nr. 9; Trunk, KTS 1994, S. 33 (37); Lemmer, S. 33 ff.; Aderhold, S. 265 f.; von Campe, S. 392, 395; vgl. Otte, RabelsZ 59 (1994), S. 292 (305). 181 Hanisch, ZIP 1985, S. 1233 (1240); ders. , in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (122); Aderhold, S. 267; Trunk, KTS 1994, S. 33 (37); ders., IIR, S. 191 f., 327 f. (weitere Ausnahme für registerpflichtige Mobilien, a. a. 0 ., S. 192); vgl. Art. 16 DöKV (alleinige Maßgeblichkeil des Rechts des grundbuchführenden Staates für die Anfechtbarkeil des Immobiliarerwerbs). Vgl. auch Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 DöKV (grundsätzliche Anwendung des Ortsrechts auf die Anfechtbarkeil von Rechtshandlungen, die der Schuldner von einer Niederlassung, einem Sitz oder einem gewöhnlichen Aufenthalt im anderen Vertragsstaat aus vorgenommen hat). 182 Die Bestimmung geht entgegen dem Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 12/ 7303, S. 118) weniger auf § 382 RegEinsO als vielmehr auf Art. 8 Abs. 1 des EG-Entwurfs 1992 zurück. 15*

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

kürzlich ergangenen Entscheidung 183 die Insolvenzanfechtung schon vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung kumulativ anzuknüpfen. In den Gründen wird ausgeführt, daß die für eine Kumulationslösung genannten Gründe, auch wenn sie sich zum Teil als nicht unproblematisch erweisen sollten, zur Rechtfertigung einer zusätzlichen Berücksichtigung des Wirkungsstatuts neben dem Insolvenzstatut keineswegs insgesamt ungeeignet seien, was insbesondere für den Gedanken des Verkehrsschutzes gelte. Bei dieser Sachlage sei es kaum vertretbar, für eine relativ knapp bemessene Übergangszeit eine abweichende Lösung zu entwickeln. Vielmehr sei es geboten, die in Art. I 02 Abs. 2 EGinsO enthaltene Regelung unter dem Gesichtspunkt der Vorwirkung dieser Norm bereits jetzt zu berücksichtigen und die Frage des Insolvenzanfechtungsstatuts schon für das geltende Recht im grundsätzlichen Einklang mit dieser Vorschrift zu beantworten. Eine Rechtshandlung, die deutschem Recht unterliege, könne von einem ausländischen Konkursverwalter deshalb grundsätzlich nur dann angefochten werden, wenn sie auch nach deutschem Recht angefochten werden könne oder aus sonstigen Gründen keinen Bestand habe 184. In ersten Stellungnahmen ist diese Entscheidung auf Ablehnung gestoßen 185. Auch Art. 102 Abs. 2 EGinsO hat bereits Kritiker gefunden 186. Ein Ende der Diskussion ist daher nicht in Sicht. Ausgangspunkt eines Lösungsversuchs muß die Frage sein, ob und inwieweit das Vertrauen des inländischen Rechtsverkehrs auf die Unanfechtbarkeil einer Rechtshandlung in ausländischen Insolvenzverfahren überhaupt schutzwürdig ist. Leipold187 ist darin beizupflichten, daß Gegenstand berechtigten Vertrauens allein der Bestand der angefochtenen Rechtshandlung sein kann. Auf den Bestand einer Rechtshandlung kann ein Erwerber nach deutschem Insolvenzanfechtungsrecht im wesentlichen nur dann vertrauen, wenn er erstens zur Zeit ihrer Vomahme gutgläubig ist, also weder die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners noch einen Eröffnungsantrag188 noch einen Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen 189, kennt oder kennen muß und dies gegebenenfalls beweisen kann, wenn er zweitens eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, die er in derselben Art und zu derselben Zeit zu beanspruchen hat (kongruenter Erwerb) 190, und wenn er drittens gegen Entgelt erwirbt 191 . Soweit die Insolvenzanfechtung darüber hinaus voraussetzt, daß in183 BGH,21.11.1996,BGHZ 134, 116. BGH,21.11.1996,BGHZ 134, 116(125, 116). Wenner, WiB 1997, S. 138; Leipald, JZ 1997, S. 571. 186 Flessner. IPRax 1997, S. I (9); ders., in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 2 19 (226); Mahrbutter!Wenner; Rdn. XXIII.203; Hanisch, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (217); Trunk, IIR, S. 351 f. ; Paulus, JZ 1997, S. 419 (420 N. 15); vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 (254). 187 ln: FS Henckel, S. 533 (544). 188 §§ 130, 132 lnsO, § 30 Nr. I KO, § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO. 189 § 133 InsO, § 31 KO, § 10 Abs. I Nr. 1, 2 GesO. 190 § 131 InsO, § 30 Nr. 2 KO. 191 § 134 InsO, § 32 KO, § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO. 184

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VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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nerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vornahme der Rechtshandlung die Verfahrenseröffnung beantragt bzw. das Verfahren eröffnet wird, handelt es sich im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung um künftige Ereignisse, die nicht Gegenstand berechtigten Vertrauens sein können 192 . Der gutgläubige, kongruente und entgeltliche Erwerb vom Schuldner verdient ebenso wie andere insolvenzrechtliche Gutglaubenstatbestände auch kollisionsrechtlichen Schutz 193 • Da solche Erwerber regelmäßig keinen Anhaltspunkt haben werden, an der Solvenz des Schuldners zu zweifeln, kann ihnen nicht angesonnen werden, sich über das gegebenenfalls anwendbare ausländische Insolvenzanfechtungsrecht zu informieren. Anders liegt es hingegen bei Erwerbern, die bösgläubig sind oder eine inkongruente Dekkung erlangen. Sie sind, da materiellrechtlich ohne Vertrauensschutz, auch kollisionsrechtlich nicht schutzwürdig. Sie müssen an der Solvenz des Veräußerers zweifeln und deshalb mit einer Insolvenzanfechtung rechnen. Ihnen kann daher zugemutet werden, sich über das gegebenenfalls anwendbare ausländische Insolvenzanfechtungsrecht zu informieren, um das Anfechtungsrisiko abschätzen zu können. Der unentgeltliche Erwerb verdient mangels Vertrauensschutz nach materiellem Recht ebenfalls keinen kollisionsrechtlichen Schutz. Ob zum Schutz des gutgläubigen, kongruenten und entgeltlichen Erwerbs vom Schuldner die kumulative Anwendung des Wirkungsstatuts erforderlich ist, soll im folgenden anband einer hypothetischen Folgenbetrachtung überprüft werden. Gegenstand dieser Überprüfung sind die Konsequenzen, die die alleinige Anwendung des Insolvenzstatuts auf die Insolvenzanfechtung in schweizerischen, französischen und englischen Insolvenzverfahren für den inländischen Rechtsverkehr hätte. Im Falle eines schweizerischen Konkurses würde die Verweisung auf das Insolvenzstatut angenommen werden, da das Internationale Insolvenzrecht der Schweiz die Anfechtung infolge Konkurses dem Recht des Ortes der Konkurseröffnung unterstellt 194 • Mithin wäre schweizerisches Anfechtungsrecht anzuwenden, das innerhalb und außerhalb des Konkurses im wesentlichen einheitlich geregelt ist 195 • Die schweizerischen Anfechtungstatbestände entsprechen weitgehend den deutschen. Insbesondere enthalten sie fast ausnahmslos ein Tatbestandsmerkrnal, das schutzwürdiges Vertrauen auf seiten des Anfechtungsgegners ausschließt. Die Überschuldungsanfechtung 196 entspricht der Anfechtbarkeit wegen inkongruenter Deckung und setzt zudem voraus, daß der Anfechtungsgegner nicht beweisen kann, daß er 192

Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (545); ders., JZ 1997, S. 571 (573).

Zu Unrecht a.A. Leipold (in: FS Henckel, S. 533 [545 f.]), nach dessen Auffassung die Redlichkeit nur auf der Ebene des Sach-, nicht aber des Kollisionsrechts zu beachten sei. Die §§ 388, 389 RegEinsO und Artt. 14, 24 EuiÜ belegen das Gegenteil. 194 BG, 8. 7. 1915, BGE 41 III 315 (318 f.); 30. 3. 1916, BGE 42 III 173 (174); 6. 2. 1974, BGE 100 Ia 18 (24); vgl. LG Köln, 29. 5. 1962, KTS 1965, 48. So auch Art. 171 IPRG für den Mini-Konkurs; vgl. Botschaft, BBl. 1983, S. 263 (453 f.); unzutreffend Summ, S. 73. 195 Artt. 285 - 292 SchKG. 196 Art. 287 SchKG. 193

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen. Die Absichtsanfechtung 197 greift nur durch, wenn die Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen, für den Anfechtungsgegner erkennbar war. Die Verrechnung (Aufrechnung) kann nur angefochten werden, wenn die Forderung gegen den Schuldner in Kenntnis von dessen Zahlungsunfähigkeit erworben wurde 198 . Die Schenkungsanfechtung schließlich setzt grundsätzlich die Unentgeltlichkeil des Erwerbs voraus 199, doch sind den Schenkungen Rechtsgeschäfte mit unverhältnismäßig niedriger Gegenleistung sowie der rechtsgeschäftliche Erwerb einer Leibrente, einer Pfrund, einer Nutznießung oder eines Wohnrechts gleichgestellt200, so daß Unentgeltlichkeit nicht stets Anfechtungsvoraussetzung ist. Mithin kann ein gutgläubiger, kongruenter und entgeltlicher Erwerb nach schweizerischem Recht ausnahmsweise anfechtbar sein. Insoweit wäre die Sicherheit des inländischen Rechtsverkehrs beeinträchtigt. Nicht wesentlich anders verhielte es sich mit den der Insolvenzanfechtung entsprechenden Nichtigkeitsregeln des französischen Rechts hinsichtlich bestimmter in der periode suspecte vorgenommener Rechtshandlungen 201 . Auch im Falle eines französischen Insolvenzverfahrens würde die Verweisung auf das Insolvenzstatut angenommen werden, da diese Form der Nichtigkeit nach französischem Internationalen Insolvenzrecht dem Insolvenzstatut untersteht202 . Materiellrechtlich verzichtet das französische Recht weitgehend auf ein subjektives Tatbestandsmerkmal in der Person des Erwerbers und erklärt zahlreiche Rechtshandlungen ohne weiteres für nichtig, sofern sie nur nach Zahlungseinstellung vorgenommen wurden 203 . Bei diesen Rechtshandlungen handelt es sich überwiegend um Fälle des unentgeltlichen 204 und des inkongruenten Erwerbs205 , doch sind Art. 288 SchKG. Art. 214 SchKG. 199 Art. 286 Abs. 1 SchKG. 200 Art. 286 Abs. 2 SchKG. 201 Bei funktionaler Qualifikation ist die abweichende Ausgestaltung ohne Bedeutung (so mit Recht OLG Hamm, 25. 10. 1976, NJW 1977, 504). 202 Loussouam/ Bredin, S. 803; Moreau, in: Fletcher, Cross-Border lnsolvency (1992), S. 95 (101 f.); Coviau.x, in: Jur.-Cl. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 70; Trochu, S. 162 (m. w. N.), 166; von Campe, S. 405. Nach Trochu, S. 166, sollen außerhalb Frankreichs vorgenommene Rechtshandlungen allerdings nur insoweit nichtig sein, als das Insolvenzstatut und das Recht des Staates, in dem die Handlung vorgenommen wurde, hinsichtlich des Zeitpunkts der Zahlungseinstellung, mit dem die periode suspecte beginnt, übereinstimmen. 203 Art. 107 Gesetz Nr. 85-98. Näher dazu oben A. II. 1., S. 43 f. 204 Unentgeltliche Übertragungen beweglichen oder unbeweglichen Vermögens (Art. 107 Abs. 2 [Nr. I] Gesetz Nr. 85- 98). 205 Zahlungen auf nicht fällige Verbindlichkeiten, Zahlungen auf fällige Verbindlichkeiten mittels unüblicher Zahlungsmittel und Bestellungen von Hypotheken und Pfandrechten zur Sicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten (Art. 107 Abs. 4, 5, 7 [Nm. 3, 4, 6] Gesetz Nr. 85 - 98). Hinterlegungen im Rahmen des Art. 2075-1 Code civil, die nicht auf einem 197

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auch Austauschverträge erfaßt, bei denen die Verpflichtungen des Schuldners die des anderen Teils erheblich übersteigen 206 und die nach deutschem Recht nicht ohne weiteres anfechtbar sind, ferner nach Zahlungseinstellung erfolgte vorläufige Sicherungsmaßnahmen207, was im Hinblick auf§ 88 Insü aber keinen Bedenken begegnet. Zahlungen auf fällige Verbindlichkeiten und entgeltliche Rechtsgeschäfte können hingegen nur dann für nichtig erklärt werden, wenn dem anderen Teil die Zahlungseinstellung bekannt war208 • Auch die action paulienne setzt entweder Mittäterschaft und damit die Kenntnis des Erwerbers von der Gläubigerbenachteiligung oder unentgeltlichen Erwerb voraus209 • Demnach ist der Bestand eines gutgläubigen, kongruenten und entgeltlichen Erwerbs auch nach französischem Insolvenzrecht nicht ausnahmslos gewährleistet. Die uneingeschränkte Anwendung dieser Regeln würde die Sicherheit des inländischen Rechtsverkehrs daher beeinträchtigen. Im Falle eines englischen Insolvenzverfahrens würde die Verweisung auf das Insolvenzstatut ebenfalls angenommen werden, denn die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung richtet sich nach dem Grundsatz, daß für die Verwaltung der Insolvenzmasse in englischen Insolvenzverfahren englisches Recht gilt210. Auslandssachverhalte werden in der Weise berücksichtigt, daß einem Anfechtungsantrag des Verwalters nur stattgegeben wird, wenn der Anfechtungsgegner bei Berücksichtigung aller relevanten Umstände nach dem Ermessen des Gerichts eine hinreichende Verbindung zu England aufweist. In diesem Zusammenhang kommt auch einem guten Glauben des Anfechtungsgegners und der Unanfechtbarkeit nach einem einschlägigen ausländischen Recht Bedeutung zu 211 • Schlechthin ausgeschlossen wird die Anfechtung durch solche Auslandsbeziehungen allerdings nicht. Nach englischem Insolvenzsachrecht anfechtbar sind Rechtsgeschäfte ohne gleichwertige Gegenleistung (transactions at an undervalue)212 , d. h. Schenkungen, unentgeltliche Verfügungen und Rechtsgeschäfte, bei denen die Gegenleistung wertmäßig erheblich hinter der Leistung des Schuldners zurückbleibt213 , ferner Vorzugsrechte (preferencesf 14, was tatbestandsmäßig lediglich eine Besserstellung, nicht jedoch Bösgläubigkeit, Inkongruenz oder Unentgeltlichkeit erforrechtskräftigen Urteil beruhen (Art. 107 Abs. 6 [Nr. 5) Gesetz Nr. 85- 98), dürften ebenfalls hierzu zählen. 206 Art. 107 Abs. 3 (Nr. 2) Gesetz Nr. 85 - 98. 207 Art. 107 Abs. 8 (Nr. 7) Gesetz Nr. 85-98. 208 Art. 108 Gesetz Nr. 85-98. 209 Cass. 1re civ., 23. 4. 1981, D. 1981 Jur. 395; 27. 6. 1984, Bull. Ire civ., Nr. 211. 210 Dicey/Morris II, S. 1169 f.; vgl. Re Paramount Airways Ltd. [1992) 3 AllE. R. 1, C.A. 211 Re Paramount Airways Ltd. [1992]3 AllE. R. 1 (!! f . per Sir Donald Nicholls V.-C.), C.A.; Dicey I Morris II, S. 1!70. 212 Sec. 238, 339,423 Insolvency Act 1986. Näher dazu oben A. III. 1. a) aa), S. 53 f. 213 Sec. 238 (4), 339 (3), 423 (!) Insolvency Act 1986. 214 Sec. 239, 340 Insolvency Act 1986.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

dert. Der gutgläubige, kongruente und entgeltliche Erwerb vom Schuldner ist nach englischem Insolvenzanfechtungsrecht demnach nicht hinreichend geschützt. Vermögensrechte, die in gutem Glauben gegen Entgelt erworben wurden, sind der Anfechtung nur dann entzogen, wenn der Erwerb nicht unmittelbar vom Schuldner erfolgte 215 . Eine Beeinträchtigung des redlichen inländischen Verkehrs aufgrund der alleinigen Anwendung englischen Insolvenzanfechtungsrechts wäre somit nicht auszuschließen. Als Ergebnis dieser hypothetischen Folgenbetrachtung ist festzuhalten, daß der redliche inländische Verkehr bei alleiniger Anwendung des Insolvenzstatuts auf die Insolvenzanfechtung in ausländischen Insolvenzverfahren zwar weitgehend, aber nicht hinreichend geschützt wäre. Deshalb ist zum Schutz des gutgläubigen, kongruenten und entgeltlichen Erwerbs eine begrenzte kumulative Anwendung des Wirkungsstatuts erforderlich 216 • Die verbliebenen Einwände gegen eine Kumulationslösung - etwaige Normenwidersprüche und die Manipulierbarkeil des Wirkungsstatuts - fallen demgegenüber nicht ins Gewicht. Die mit der kumulativen Anwendung zweier Rechtsordnungen verbundenen Rechtsanwendungsprobleme sind hinzunehmen, wenn übergeordnete Gesichtspunkte wie die bestmögliche Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei gleichzeitiger Gewährleistung des notwendigen Verkehrsschutzes es verlangen. Manipulationen bei der Begründung des Wirkungsstatuts können wie andere Gesetzesumgehungen mit den üblichen Methoden der Rechtsanwendung, insbesondere mittels teleologischer Auslegung in hinreichendem Maße bekämpft werden217 . Die kumulative Anwendung des Wirkungsstatuts sollte sich allerdings auf den Schutz des gutgläubigen, kongruenten und entgeltlichen Erwerbs beschränken und eine Insolvenzanfechtung nach ausländischem Recht nur dann ausschließen, wenn diese einen solchen Erwerb beeinträchtigen würde. Eine darüber hinausgehende Kumulation hielte sich nicht mehr im Rahmen legitimer Schutzzwecke. Entsprechend restriktiv sollte Art. 102 Abs. 2, 1. Alt. EGinsO ausgelegt werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß Art. 102 Abs. 2 EGinsO eine Anfechtung nach ausländischem Recht auch dann zuläßt, wenn die Rechtshandlung nach inländischem Recht aus anderen, nicht anfechtungsrechtlichen Gründen keinen Bestand hat. Diese Erweiterung, in § 382 RegEinsO noch nicht vorgesehen, ist zwar im Prinzip zu begrüßen, weil sie den Verkehrsschutz im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm sachgerecht eingrenzt. Rechtshandlungen, die aus anderen Gründen nicht bestandskräftig sind, brauchen vor ausländischem Insolvenzanfechtungsrecht nicht geschützt zu werden. Der Anwendungsbereich dieser Alternative ist aber gering. Soweit Art. 102 Abs. 2, 2. Alt. EGinsO Fälle erfaßt, in denen eine Sec. 241 (2), 342 (2), 425 (2) lnsolvency Act 1986. A.A. Gottwald, Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 41 (der ordre public sei ausreichend). 217 Vgl. BGH, 5. 11. 1980, BGHZ 78, 318 (325 f .); 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 (169); Henckel, in: FS Nagel, S. 93 (108 f.); Lemmer, S. 70 f.; Kropholler, IPR, § 23 II 3, S. 145 ff.; von Campe, S. 374. 21s

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VI. Bereinigung der Insolvenzmasse

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nach dem Insolvenzstatut anfechtbare Rechtshandlung nach deutschem Recht aus materiellrechtlichen Gründen unwirksam oder vernichtbar ist - beispielsweise bei Anfechtung eines grob unausgewogenen Kreditgeschäfts nach englischem Insolvenzrecht218, sofern die Voraussetzungen des § 138 BGB219 erfüllt sind-, ist die Bestimmung überflüssig. Auf die materiellrechtliche Unwirksamkeit oder Vernichtbarkeit einer Rechtshandlung können ausländische Insolvenzverwalter sich auch ohne Anfechtung berufen220. Relevant wird Art. 102 Abs. 2, 2. Alt. EGinsO mithin nur in solchen Fällen, in denen eine nach dem Insolvenzstatut anfechtbare Rechtshandlung nach deutschem Recht aus nicht anfechtungsbezogenen insolvenzrechtlichen Gründen unwirksam ist. Diese Fälle sind selten. Ein Beispiel betraf die Verrechnungsanfechtung nach schweizerischem Recht. Sie fand ihr deutsches Gegenstück bis zum 31. 12. 1998 nicht in Anfechtungsregeln, sondern im Aufrechnungsverbot des § 55 S. 1 Nr. 3 K0221 • c) Massezugehörigkeit von Anfechtungsansprüchen bei parallelen Insolvenzverfahren

Wenn mehr als ein ausländisches Insolvenzverfahren im Inland anerkannt wird oder wenn parallel zu einem ausländischen Verfahren ein inländisches Verfahren stattfindet, stellt sich die Frage, welcher Verwalter welche Anfechtungsansprüche geltend machen kann. Manche meinen, es solle derjenige Verwalter anfechtungsberechtigt sein, der die Insolvenzmasse verwalte, in die der herausverlangte Gegenstand ohne die anfechtbare Handlung gefallen wäre 222. Diese Ansicht hat allerdings den Nachteil, daß sie dem Anfechtungsgegner den Einwand gestattet, das anfechtbar Erworbene wäre im Falle des Verbleibs beim Schuldner vor Verfahrenseröffnung in einen anderen Staat transferiert worden, für den ein anderer Verwalter zuständig sei, und demnach nicht in die vom anfechtenden Verwalter verwaltete Masse gefallen. Ebenso bestünde die Gefahr, daß mehrere ausländische Verwalter sich unter Berufung auf einen hypothetischen Vermögenstransfer um den Anfechtungsanspruch streiten. Vorzugswürdig ist es daher, solche hypothetischen Behauptungen abzuschneiden und auf die Belegenheit des anfechtbar erworbenen Vermögensgegenstandes zur Zeit seines Ausscheidens aus dem Vermögen des Schuldners abzustellen 223 . Sollte ein Anfechtungsanspruch dennoch von mehr als einem Ver21s

Sec. 244, 343 Insolvency Act 1986.

219 Vgl. etwa BGH, 13. 3. 1990, BGHZ llO, 336; 19. 2. 1991, NJW 1991, 1810. 22o

Zutreffend Lüer, in: Kötner Schrift zur InsO, S. 1237 Rdn. 48.

221 Vgl. nun§ 96 Nr. 3 i.V.m. §§ 130 ff. lnsO; Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12/

2443, S. 141. Zum ganzen auch Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (546 ff.); Lüer, in: Kötner Schrift zur InsO, S. 1237 Rdn. 48. 222 Aderhold, S. 266 N. 107; Jaeger/Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 309; wohl auch Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (122). 223 Henckel, in: Stoll, Reform des IIR, S. 156 (166, 167 f.); Göpfert, ZZPint I (1996), s. 269 (285).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

walter eines anerkannten ausländischen Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden, finden die für Zuständigkeitskonkurrenzen entwickelten Regeln Anwendung224. Gleiches gilt bei Konkurrenz eines anerkannten ausländischen Verfahrens mit einem inländischen Verfahren 225 .

4. Herausgabeansprüche gegen Insolvenzgläubiger wegen Befriedigung im Inland Nicht selten gelingt es Insolvenzgläubigem noch nach Verfahrenseröffnung, sich wegen ihrer Forderungen aus dem außerhalb des Verfahrensstaates belegenen Vermögen des Schuldners ganz oder teilweise zu befriedigen. Soweit das Insolvenzverfahren auch dieses Vermögen in Anspruch nimmt und das Insolvenzstatut solche Befriedigungen untersagt, beeinträchtigen diese den Bestand der Insolvenzmasse. Damit stellt sich die Frage, welches Recht darüber bestimmt, ob der Insolvenzverwalter die Herausgabe des im Ausland Erlangten an die Insolvenzmasse verlangen und die Vermögensverschiebung damit ruckgängig machen kann. Dies soll im folgenden für die trotz Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens erfolgte Befriedigung aus in Deutschland belegeneo Massegegenständen erörtert werden. a) Anknüpfung

Einen ersten Anhaltspunkt für die Anknüpfung der Herausgabeanspruche ausländischer Insolvenzverwalter bietet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1983 zur Auslandsvollstreckung im Rahmen eines inländischen Konkursverfahrens226. In dieser Entscheidung hat der BGH, ohne dies jedoch näher zu begründen, das Insolvenzstatut angewandt227 und ist so zu dem Ergebnis gelangt, jedenfalls inländische Konkursgläubiger seien verpflichtet, das durch eine zulässige Auslands224 s. oben II. 2. b) dd) (3), S. 89 ff. Für Anwendung der Prioritätsregel Henckel, in: Stoll, Reform des IIR, S. 156 (164) (Priorität der Eröffnung entsprechend § 71 Abs. 2 KO [nach dieser Bestimmung kommt es indes auf den Eröffnungsantrag an]); Aderhold, S. 266 N. 107; Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border Insolvency (1992), S. 104 (122). 225 s. oben IV. 5., S. !54 ff. Für Vorrang des inländischen Verfahrens Hanisch, in: Fletcher, Cross-Border lnsolvency (1992), S. 104 (122). 226 BGHZ 88, 147. 227 Ebenso die ganz herrschende Meinung: Kreuzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, I vor Art. 38 EGBGB Rdn. 28; Soergel/ Lüde ritz, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 48; Lüer, in: Kuhn/Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 86; ReithnuJnn/Hausmann, Rdn. 1800; Canaris, ZIP 1983, S. 647 (651); Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1290 f.); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (165); Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1402); Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (305); Summ, S. 103; Metzger, S. 92; Spahlinger, S. 137 f.; unklar LG Kleve, 17. 1. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254a, S. 554; zweifelnd H. P. WesternuJnn, in: FS Werner, S. 989 (998 ff.); verfehlt Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 79 f.

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vollstreckungErlangte an den Konkursverwalter herauszugeben(§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB [Eingriffskondiktion]). Eine Begründung für diese Anknüpfung wäre wünschenswert gewesen, denn der Regelanknüpfung für die Eingriffskondiktion entspricht die Anwendung des Insolvenzstatuts nicht. Ansprüche wegen Bereicherung durch Eingriff in einen fremden Gegenstand unterliegen nach wohl überwiegender, wenngleich nicht unbestrittener Auffassung dem Recht des Staates, in dem der Eingriff geschehen ist228 , bei Sachen also in aller Regel dem Lageortsreche29 , während es bei Forderungen auf die Art des Eingriffs ankommt230. Im Falle der Vollstreckung in das Auslandsvermögen ist das am Eingriffsort geltende Recht also keineswegs mit dem Insolvenzstatut identisch; bei der Vollstreckung in Sachvermögen führen beide Anknüpfungen sogar zwangsläufig zu verschiedenen Rechtsordnungen. Im Schrifttum ist deshalb meist gar nicht erst versucht worden, die Anwendung des Insolvenzstatuts mit der bereicherungsrechtlichen Regelanknüpfung zu rechtfertigen 231 . Vielmehr wird in aller Regel sogleich auf das Prinzip der engsten Verbindung zurückgegriffen und der enge Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren betont, der eine Abweichung von der Regelanknüpfung rechtfertige 232 . Dementsprechend wird im Schrifttum angenommen, daß auch für Herausgabeansprüche ausländischer Insolvenzverwalter das Insolvenzstatut gilt233 . In der Rechtsprechung hat sich diese Ansicht bislang noch nicht durchsetzen können. Die bisher einzige Entscheidung eines inländischen Gerichts über den Herausgabeanspruch eines ausländischen Insolvenzverwalters wegen Befriedigung 228 Art. 38 Abs. 2 RetEIPRErgG; Schlechtriem, IPRax 1995, S. 65 (67 ff.); Kreuzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, I vor Art. 38 EGBGB Rdn. 24; von Bar II, Rdn. 738, 740; Kropholler, IPR, §53 III 2, S. 455. A.A. LG Hamburg, 30. 11. 1977, RJW I AWD 1980,517 (518); Einsele, JZ 1993, S. 1025 (1030); Kegel, § 18 III, S. 527; Palandtl Heldrich, vor Art. 38 EGBGB Rdn. 3 (Anwendung des die Vermögensverschiebung beherrschenden Rechts); Staudinger IStoll (1996), IntSachenR Rdn. 150 (Maßgeblichkeit des den Gegenstand des Eingriffs beherrschenden Rechts). 229 Einsele, JZ 1993, S. 1025 (1030); Schlechtriem, IPRax 1995, S. 65 (67); Kropholler, IPR, § 53 III 2, S. 455. 230 Schlechtriem, IPRax 1995, S. 65 (68); str. 231 Anders lediglich Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.75, XXIII.143, der den Eingriffsort in Anlehnung an das Internationale Deliktsrecht als Handlungs- und Erfolgsort definiert und den Erfolgsort unter Berufung auf BGH, 30. 4. 1992, BGHZ 118, 151 (169) im Verfahrensstaat sieht. Inwieweit diese Parallele zum Internationalen Deliktsrecht gezogen werden kann, sei hier dahingestellt. Jedenfalls ist Wenner entgegenzuhalten, daß die vorgenannte Entscheidung die Anknüpfung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB, also eine Haftung für reine Vermögensschäden betraf, die hinsichtlich des Erfolgsorts anders angeknüpft wird als gewöhnliche Deliktsansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB (Schadensort statt Ort der Rechtsgutverletzung, s. Kropholler, IPR § 53 IV I b, S. 457 f.). Für die Anknüpfung der Eingriffskondiktion ist diese Entscheidung daher kein geeignetes Vorbild. 232 Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1 290 f.); Spahlinger, S. 138; in der Sache auch Canaris, ZIP 1983, S. 647 (651); Kreuzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, I vor Art. 38 EGBGB Rdn. 28. 233 Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1 291); Trunk, KTS 1994, S. 33 (38).

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

aus dem Inlandsvermögen, das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 1990234 , betraf einen Fall, in dem ein deutscher Zollspediteur Umsatzsteuererstattungsansprüche des Schuldners, einer niederländischen Spedition, gegen das zuständige deutsche Finanzamt gepfändet und vom Finanzamt ausgezahlt erhalten hatte. Das OLG hielt die Herausgabeklage des niederländischen Verwalters für begründet, und zwar unabhängig davon, ob das Finanzamt aufgrund der eingeleiteten Zwangsvollstreckung oder freiwillig an den Zollspediteur gezahlt hatte. Im ersten Fall hielt es den Herausgabeanspruch nach Art. 203 des niederländischen Faillissementswet für begründet, im zweiten Fall nach § 816 Abs. 2 BGB, weil die Frage, ob eine ungerechtfertigte Bereicherung vorliege, bei einer wirksamen Leistung an einen Nichtberechtigten nach dem für die getilgte Schuld geltenden Statut und damit nach deutschem Recht zu entscheiden sei 235 • Eine Begründung dafür, weshalb im einen Fall das Insolvenzstatut und im anderen eine bereicherungsrechtliche Regelanknüpfung gewählt wurde, blieb das OLG schuldig. Erneut aufgeworfen wurde die Anknüpfungsfrage durch den Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung. Im Anschluß an die obengenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1983 sollte inländischen und ausländischen236 Insolvenzverwaltern nach § 383 Abs. 1 RegEinsO ein gesonderter Anspruch auf Herausgabe desjenigen zustehen, was Insolvenzgläubiger durch Zwangsvollstreckung, durch eine Leistung des Schuldners oder in sonstiger Weise auf Kosten der Insolvenzmasse aus dem außerhalb des Verfahrensstaates belegenen Vermögen erlangt hatten. Für inländische Insolvenzverfahren hätte das der Anwendung des Insolvenzstatuts entsprochen, während die Anknüpfung für ausländische Insolvenzverfahren weniger klar gewesen wäre. Jedenfalls bei einer Befriedigung aus in Deutschland belegenem Sachvermögen, an die der Regierungsentwurf in erster Linie gedacht hat237 , wäre § 383 Abs. 1 RegEinsO auf die Regelanknüpfung entsprechender Eingriffskondiktionsansprüche an den Eingriffsort hinausgelaufen. Zu den Gründen dieser unterschiedlichen Anknüpfung hat sich der Regierungsentwurf nicht geäußert. Es heißt dort lediglich, die in § 383 RegEinsO enthaltenen Regelungen sollten zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit für ausländische Insolvenzverfahren ebenso wie für inländische gelten 238 . Festzuhalten ist somit, daß das Anknüpfungsproblem bislang nur in der Literatur zutreffend erfaßt wurde. Entscheidend ist, ob der Sachverhalt der Befriedigung aus im Ausland belegenen Massegegenständen eine wesentlich engere Verbindung zum Insolvenzstatut aufweist als zum Recht des Eingriffsortes, das sich aus derbeIPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554. OLG Düsseldorf, 15. 11. 1990, IPspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (557 f.). 236 Zur Anwendbarkeit von § 383 Abs. 1 RegEinsO auf ausländische Insolvenzverfahren s. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 238, 240 f.; kritisch dazu Trunk, KTS 1994, s. 33 (38). 237 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240. 238 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240 f. 234 235

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reicherungsrechtlichen Regelanknüpfung ergibt239. Hierfür spricht zum einen, daß die im Zusammenhang mit der Befriedigung aus dem Auslandsvermögen wesentlichen Fragen vom Insolvenzstatut beantwortet werden, insbesondere die Frage, ob das Auslandsvermögen überhaupt vom jeweiligen Insolvenzverfahren in Anspruch genommen wird240. Gleiches gilt für den Übergang der Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter241 sowie für ein etwaiges Einzelrechtsverfolgungsverbot242. Beruht die Befriedigung nämlich auf einer vom verfügungsbefugten Schuldner erbrachten Leistung oder auf einer nach dem Insolvenzstatut zulässigen Zwangsvollstreckung, wird ein Herausgabeanspruch in aller Regel nicht gegeben sein. Die Entscheidung über die Zuweisung des Schuldnervermögens an die Insolvenzmasse wird demnach vom Insolvenzstatut getroffen 243 . Für eine Ausnahmeanknüpfung spricht zum anderen, daß der tragende Grund für die Annahme eines Herausgabeanspruchs das Prinzip der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger ist244, d. h. ein insolvenzrechtlicher, nicht ein bereicherungsrechtlicher Grundsatz. Beide Gesichtspunkte sollten für eine wesentlich engere Verbindung genügen. Im übrigen bietet die Anwendung des Insolvenzstatuts den zusätzlichen Vorteil, die gerade bei Eingriffen in Forderungen nicht einfache Bestimmung des Eingriffsortes zu ersparen. Im Ergebnis sind Herausgabeanspruche ausländischer Insolvenzverwalter gegen Insolvenzgläubiger wegen Befriedigung aus dem Auslandsvermögen deshalb ebenso wie entsprechende Anspruche inländischer Verwalter nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen. Das OLG Düsseldorf hätte in seiner Entscheidung vom 15. November 1990245 daher anstelle von§ 816 Abs. 2 BGB niederländisches Bereicherungsrecht anwenden müssen. Die in § 383 RegEinsO vorgesehen gewesene Erstreckung eines Herausgabeanspruchs auf ausländische Insolvenzverfahren war ebenfalls nicht sachgerecht. Unterstehen Herausgabeanspruche ausländischer Insolvenzverwalter wegen Befriedigung aus in Deutschland belegeneo Massegegenständen hiernach ausländischem Recht, so kommt es zunächst darauf an, ob das maßgebliche ausländische Insolvenzgesetz einen solchen Anspruch vorsieht. Dies wird nur selten der Fall sein246 . In der Schweiz, in Frankreich und in England etwa existiert keine solche Vorschrift. Auch einschlägige Rechtsprechung gibt es in diesen Ländern nur vereinzelt. Beispielsweise hat sich das schweizerische Bundesgericht bislang lediglich mit der Vollstreckung in das Auslandsvermögen des Schuldners befaßt und hierbei Vgl. Art. 41 Abs. I RetEIPRErgG. s. oben IV. 2., S. 145. 241 s. oben III. 2. a), S. 112. 242 s. oben IV. 6., S. 158. 243 Kreuzer. in: Münchener Kommentar zum BGB, I vor Art. 38 EGBGB Rdn. 28. 244 BGH, 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147 (153). 245 IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554. 246 Eine Ausnahme bildet der bereits erwähnte Art. 203 des niederländischen Faillissementswet. 239

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eine Anrechnung des Vollstreckungserlöses auf die Konkursforderung247 bzw. auf die Dividende bei einem Nachlaßvertrag mit Vermögensabtretung248 vorgenommen. Einen Herausgabeanspruch des Verwalters dürfte das Bundesgericht damit inzident abgelehnt haben249 . In der Literatur finden sich allerdings Stimmen, die für eine Herausgabe des Erlöses plädieren250• In Frankreich wird eine Herausgabepflicht meist nur für die Dividende aus einem ausländischen, französische Gläubiger diskriminierenden Insolvenzverfahren erörtert251 • Ein aus dem Auslandsvermögen erlangter Vermögensvorteil kann nach französischem Recht indessen anfechtbar bzw. nichtig sein 252. Was das englische Recht betrifft, so ist streitig, unter welchen Voraussetzungen ein Gläubiger das aus dem Auslandsvermögen Erlangte an den Verwalter herauszugeben hat. Manche stellen darauf ab, ob der Gläubiger in entsprechender Anwendung der für den Schuldner geltenden Bestimmungen der englischen Konkursgerichtsbarkeit unterliegt253 , während andere es für entscheidend halten, ob das Eigentum am Gegenstand der ausländischen Zwangsvollstrekkung zur Zeit der Vollstreckung schon auf dentrusteeübergegangen war254 . Unergiebig ist in diesem Zusammenhang die vielzitierte hotchpot rule, nach der die Forderung eines Gläubigers, der durch Zwangsvollstreckung, durch Teilnahme an einem außerenglischen Insolvenzverfahren oder auf andere Weise auf Kosten der englischen Masse etwas aus dem Vermögen des Schuldners erlangt hat, das Erlangte aber nicht zur Masse abliefert, bei der Verteilung nicht bzw. erst berücksichtigt wird, wenn die anderen Gläubiger anteilmäßig ebenso befriedigt sind wie er255 . Diese Regel ist eine reine Anrechnungsvorschrift256 . Sollte das ausländische 247 BG, 19. 5. 1904, BGE 30 I 438 (442 ff.); 21. 12. 1916, BGE 42111467 (473 f.); Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (154 f.); ders., SJIR 36 (1980), S. 109 (124); Gilliiron, S. 280. 248 BG, 23. 6. 1977, BGE 103 111 54 (56 ff.); Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (124 N. 47); Gillieron, S. 280. 249 Vgl. Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (154 f.); Gilliiron, S. 280. 250 Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (125 f.); Staehelin, S. 164; Aderhold, S. 247. 251 Loussouarn/ Bredin, S. 801 f.; Trochu, S. 149 ff., 154 ff.; Moreau, in: Fleteher, CrossBorder Inso1vency (1992), S. 95 (99 f.); weitergehend Coviaux, in: Jur.-CI. lnt., Vol. 10, Fase. 568 Nr. 78; vgl. auch Nadelmann, KTS 1971, S. 65 (71); Summ, S. 207 f. 252 Die Artt. 107, 108 Gesetz Nr. 85-98 verlangen lediglich, daß die nichtige Rechtshandlung nach Zahlungseinstellung vorgenommen wurde, beschränken sich also nicht auf Rechtshandlungen vor Verfahrenseröffnung. 253 Cheshire/North, S. 909 ff.; Dicey/Morris II, S. 1132 f., 1167 f. (residence in England); Wood, Principles, Rdn. 16-5; kritisch zu diesem Ansatz F/etcher, S. 715; Florian, S. 47 ff. 254 Fletcher, S. 715 f. Anders Hanisch (in: Fletcher, Cross-Border Insolvency [1990], S. 192 [195]), der eine Herausgabepflicht aus Sec. 183 (I) i.V.m. Sec. 436 Insolvency Act 1986 ableitet (zweifelhaft). S. zum Ganzen auch Blom-Cooper, S. 134 ff.; Nadelmann, KTS 1971, S. 65 (69); ders., KTS 1979, S. 221 (224 f.). 255 Fletcher, S. 713; ders., Cross-Border Insolvency (1992), S. 217 (230); Cheshire/North, S. 908 f.; Diceyl Morris II, S. 1133, 1167; Blom-Cooper, S. 133 f.; Florian, S. 44 f. 256 So richtig Hanisch, ZIP 1989, S. 273 (278) (anders noch ders., in: FS 100 Jahre KO, S. 139 [155 f.J); mißverständlich Aderhold, S. 246; unzutreffend Metzger, S. 100.

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Insolvenzrecht keinen Herausgabeanspruch des Verwalters vorsehen, ist auf andere Rechtsvorschriften des Verfahrensstaates zurückzugreifen, insbesondere auf dessen Bereicherungsrecht b) Grenzen ausländischer Herausgabeansprüche

Herausgabeansprüchen ausländischer Insolvenzverwalter wegen Befriedigung aus in Deutschland belegenen Massegegenständen, die sich aus dem Insolvenzstatut ergeben, setzt das deutsche Recht aus Gründen des ergänzenden Verkehrsschutzes gewisse Grenzen. Bestimmte Regelungen zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs müssen, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen, kondiktionsfest sein und dürfen nicht durch einen Herausgabeanspruch nach ausländischem Recht unterlaufen werden. Andernfalls käme es zu Wertungswidersprüchen. Ein Herausgabeanspruch des ausländischen Verwalters ist deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Erwerb des erlangten Vermögensvorteils kollisionsrechtlich geschützt ist, so etwa beim gutgläubigen lrnrnobiliarerwerb vorn Schuldner257 , bei einer schuldbefreienden Leistung an diesen258 oder im Falle der abgesonderten Befriedigung aus einem inländischen Vermögensgegenstand, sofern der Gläubiger zu dessen Verwertung berechtigt war259. Im letztgenannten Fall ist der Gläubiger lediglich verpflichtet, den seine Forderung und die Kosten übersteigenden Erlös an den ausländischen Verwalter abzuführen. Ob gleiches auch bei einer nach § 237 Abs. I KO zulässigen, ein ausländisches Vollstreckungsverbot aber mißachtenden Zwangsvollstreckung in das Inlandsvermögen des Schuldners gilt, ist streitig. Eine Meinung sieht in § 237 Abs. 1 KO nicht nur die Zulässigkeil der lnlandsvollstrekkung garantiert, sondern entnimmt dieser Norm auch ein Recht zum Behaltendürfen des Vollstreckungserlöses, so daß für einen Herausgabeanspruch nach ausländischem Recht kein Raum bleibt260. Die überwiegende Auffassung hingegen versteht § 237 Abs. 1 KO als rein verfahrensrechtliche Vorschrift ohne materiellrechtlichen Zuweisungsgehalt und läßt eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach Maßgabe des Insolvenzstatuts zu261 . Für diese Ansicht spricht, daß sie eher mit s. oben V. l. a) aa), S. 170 ff. s. oben V. I. a) cc), S. 174 ff. 259 s. oben l. b) bb) (1) (c), S. 210 f. 260 Jaeger I Jahr, §§ 237, 238 Rdn. 229 f.; Jahr, IKR, S. 6; Pielorz, S. 89; Aderhold, S. 246; Trunk, IIR, S. 322. 261 OLG Düsseldorf, 15. 11. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254b, S. 554 (557 f.) ; LG Kleve, 17. l. 1990, IPRspr. 1990 Nr. 254a, S. 554; Lüer; in: Kuhn/ Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 86; Gottwald/Gerhardt, § 34 Rdn. 16; Reithmann/Hausmann, Rdn. 1817; Mohrbutter/Wenner; Rdn. XXIII.72; Leipold, in: FS Waseda Universität, S. 787 (798); ders., in: FS Schwab, S. 289 (304 ff.); W J. Habscheid, in: FS Matscher, S. 163 (167); Thieme, Rabe1sZ 37 (1973), S. 682 (715 f.); Schlosser, RIW 1983, S. 473 (478, 484); Grasmann, KTS 1990, S. 157 (164 ff.); ders., Rev. crit. 1990, S. 421 (470); Summ, S. 104; Spahlinger, S. 147 f.; vgl. BGH, 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147 (155). 257 258

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

dem Grundsatz der par condicio creditorum in Einklang zu bringen ist. Bei inländischem Vollstreckungs- und ausländischem Insolvenzstatut kann zudem nichts anderes gelten als bei inländischem Insolvenz- und ausländischem Vollstreckungsstatut262. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof, wie bereits erwähnt, einen auf das Insolvenzstatut gestützten Herausgabeanspruch mit Recht bejahr263 . § 237 Abs. 1 KO verliert durch ein rein verfahrensrechtliches Verständnis auch nicht jegliche Bedeutung. Die Vorschrift behält ihre Funktion insofern, als der Verwalter denjenigen Teil des Erlöses nicht herausverlangen kann, der dem Gläubiger nach den Verteilungsregeln des Insolvenzstatuts zusteht, denn insoweit kann der Gläubiger sich auf eine Pflicht des Verwalters zur alsbaldigen Rückgewähr berufen(§ 242 BGB)264. Eine auf das Insolvenzstatut gestützte Rückabwicklung der durch die Inlandsvollstreckung bewirkten Vermögensverschiebung ist daher trotz § 237 Abs. 1 KO zulässig. Ob ausländische Insolvenzverwalter auch Erlöse aus einem inländischen Partikularinsolvenzverfahren herausverlangen können, ist demgegenüber zweifelhaft. Derartige Partikularverfahren dienen nicht zuletzt dem Schutz berechtigter inländischer Interessen. Sie bewahren inländische Gläubiger davor, ihre Rechte mit möglicherweise geringeren Befriedigungschancen im Ausland verfolgen zu müssen, und schützen dariiber hinaus die Rechte privilegierter Gläubiger265. Der Regierungsentwurf hat diesen Schutz zu Recht als unverzichtbar angesehen266. Er würde gegenstandslos, wenn das im inländischen Verfahren Erlangte einem ausländischen Insolvenzverwalter ausgehändigt werden müßte. Der wesentliche Unterschied zu Einzelzwangsvollstreckungserlösen liegt allerdings darin, daß Partikularverfahrenserlöse nach dem Grundsatz der par condicio creditorum verLeipold, in: FS Schwab, S. 289 (306 f.). BGH, 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147; ebenso Canaris, ZIP 1983, S. 647 (650 f.); dem BGH zustimmend Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1301); Flessner. ZIP 1989, S. 749 (750, 752); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (594); Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1402); Lüer. in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 62; Kilgerl Karsten Schmidt, § 14 KO Anm. 1 c; ablehnend Gottwald I Amold, § 122 Rdn. 79 ff. Das von Arno/d beschworene "geordnete Nebeneinander der Rechtsordnungen" wird jedoch weniger durch die Ablieferungspflicht als vielmehr durch die Zulassung der Einzelzwangsvollstreckung trotz eines ausländischen insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverbots gestört, das aufgrund des Vorrangs des Insolvenzverfahrens vor der Einzelrechtsverfolgung auch außerhalb des Verfahrensstaates zu beachten ist. Eine rein obligatorische Herausgabepflicht berührt auch die Souveränität des Vollstreckungsstaates nicht (Canaris, a. a. 0. [650]; verfehlt OLG Köln, 31. I. 1989, ZIP 1989, 321 [Diskreditierung eines ausländischen Hoheitsakts]). Zur Herausgabepflicht im Vergleichsverfahrens. Canaris, a. a. 0. (651) (bejahend); H. P Westermann, in: FS Werner, S. 989 (1002 ff.) (verneinend). 264 Thieme, RabelsZ 37 (1973), S. 682 (716); zur entsprechenden Konstellation im Inlandskonkurs vgl. BGH, 13. 7. 1983, BGHZ 88, 147 (156); Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1294); H. P Westermann, in: FS Werner, S. 989 (I Oll f.); Mohrbutter /Wenner, Rdn. XXIII.75. Zum Nutzen des§ 237 Abs. 1 KO vgl. auch Leipold, in: FS Schwab, S. 289 (305); Lau, BB 1986, S. 1450 (1452); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (616). 265 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 237; Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Reform des IIR, S. 265 (267). 266 BT-Drs. 12/2443, S. 237. 262 263

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teilt werden. Dies rechtfertigt es, sie Herausgabeansprüchen nach ausländischem Insolvenzrecht zu entziehen267 . Im übrigen kann der Verwalter eines inländischen Universalinsolvenzverfahrens die in einem ausländischen Partikularverfahren erlangte Dividende ebensowenig herausverlangen268.

5. Zusammenfassung

Aussonderungs- und Absonderungsrechte an inländischen Vermögensgegenständen sind in ausländischen Insolvenzverfahren wie folgt anzuknüpfen: Die Vorfrage, ob das dem Aussonderungs- bzw. Absonderungsrecht zugrundeliegende dingliche oder obligatorische Vermögensrecht wirksam begründet wurde und bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung fortbestanden hat, ist selbständig anzuknüpfen und nach dem jeweiligen Sachstatut zu beurteilen. Die insolvenzrechtliche Anerkennung und Bewertung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten richtet sich hingegen grundsätzlich nach dem Insolvenzstatut Soweit diesen Rechten jedoch dingliche Vermögensrechte zugrundeliegen, gilt aus Griinden des Verkehrsschutzes anstelle des Insolvenzstatuts das Lageortsrecht Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen Aussonderungs- und Absonderungsrechte gegen ausländische Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können, bestimmen sich vorbehaltlich des ordre public nach dem Insolvenzstatut Für die Aufrechnung im Insolvenzverfahren gilt eine kumulierte Anknüpfung. Ihre allgemein schuldrechtliche Wirksamkeit unterliegt dem Sachstatut, ihre spezifisch insolvenzrechtliche Wirksamkeit dem Insolvenzstatut Die insolvenzrechtliche Zulässigkeit einer Verrechnung im Kontokorrentverhältnis ist ebenfalls nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen. Soweit ausländische Insolvenzverwalter nach dem Insolvenzstatut zur Anfechtung gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen befugt sind, wird diese Befugnis in Deutschland anerkannt. Inhaltlich unterliegt die Insolvenzanfechtung dem 267 Ebenso § 383 Abs. 2 S. I RegEinsO; Spahlinger, S. 148; vgl. Begrundung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 240; Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (252); skeptisch gegenüber der Anerkennung einer ausländischen Herausgabepflicht auch Kirchhof, WM 1993, S. 1401 (1406). 268 So zu Recht OLG Köln, 31. 1. 1989, ZIP 1989, 321 (allerdings mit anfechtbarer Begriindung); § 383 Abs. 2 S. 1 RegEinsO; Hanisch, ZIP 1983, S. 1289 (1294); ders., ZIP 1989, S. 273 (277 f., 279); Flessner, ZIP 1989, S. 749 (752); Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 47; Soergel/Kronke, Art. 38 EGBGB Anh. IV Rdn. 228; Reithmann!Hausmann, Rdn. 1803; Spahlinger, S. 145. Die von der Gegenansicht (Lüer, in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237,238 Rdn. 62a; ders., in: Stoll, Reform des IIR, S. 96 [119 ff.]; ders., KTS 1990, S. 377 [388]; Wenner, KTS 1990, S. 429 [436 N. 48]; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.83 ff., XXIII.235; Geimer, IZPR, Rdn. 3405) beschworene Gleichstellung von Einzel- und Gesamtvollstreckungserlösen kann nicht überzeugen. Der wesentliche Unterschied liegt, wie bereits gesagt, darin, daß letztere nach dem Grundsatz der par condicio creditorum verteilt werden, erstere hingegen nicht.

16 Ahrens

242

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Insolvenzstatut, doch ist kumulativ das Wirkungsstatut anzuwenden, soweit dies zum Schutz des gutgläubigen, kongruenten, entgeltlichen Erwerbs im Inland erforderlich ist. Art. 102 Abs. 2 EGinsO ist entsprechend restriktiv auszulegen. Bei parallelen Insolvenzverfahren entscheidet über die Massezugehörigkeit eines Anfechtungsanspruchs die Belegenheit des anfechtbar erworbenen Vermögensgegenstandes zur Zeit seines Ausscheidens aus dem Schuldnervermögen. Herausgabeansprüche ausländischer Insolvenzverwalter gegen Insolvenzgläubiger, die noch nach Verfahrenseröffnung aus im Inland belegenen Massegegenständen Befriedigung erlangt haben, sind nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen. Aus Gründen des ergänzenden Verkehrsschutzes gilt dies jedoch nicht, wenn der Erwerb des erlangten Vermögensvorteils kollisionsrechtlichen Schutz genießt, so z. B. beim gutgläubigen Immobiliarerwerb vom Schuldner, bei einer schuldbefreienden Leistung an diesen sowie bei der abgesonderten Befriedigung aus einem inländischen Massegegenstand, sofern der Gläubiger zu dessen Verwertung berechtigt war. § 237 Abs. 1 KO steht Herausgabeansprüchen ausländischer Verwalter nicht entgegen. Die in inländischen Partikularinsolvenzverfahren erlangten Dividenden können sie hingegen nicht herausverlangen.

VII. Verwertung der Insolvenzmasse Die Anknüpfung der Verwertung der Insolvenzmasse hat Rechtsprechung und Literatur bislang nur am Rande beschäftigt. Allgemein anerkannte Anknüpfungsgegenstände haben sich deshalb noch nicht herausgebildet. Zweckmäßig erscheint es, zwischen dem Recht zur Verwertung, der Art der Verwertung und dem Verwertungsverfahren zu unterscheiden. Welche Rechtsordnungen im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren für diese Anknüpfungsgegenstände gelten, soll zunächst für solche inländischen Vermögensgegenstände erörtert werden, an denen keine Absonderungsrechte bestehen. 1. Gegenstände ohne Absonderungsrechte a) Recht zur Verwertung

Wem das Recht zur Verwertung eines im Inland belegenen Gegenstandes der ausländischen Insolvenzmasse zusteht, ist gemäß der Grundnorm nach dem Insolvenzstatut zu beurteilen 1• Interessen des inländischen Rechtsverkehrs werden durch diese Anknüpfung nicht nachteilig berührt, so daß sich eine Sonderanknüpfung erübrigt. Das ausländische Insolvenzrecht wird diese Verweisung in aller ReI

Vgl. BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200); Favoccia, S. 47.

VII. Verwertung der Insolvenzmasse

243

gel annehmen 2 und die Verwertung zumeist in die Hände des Insolvenzverwalters legen 3 . Unter welchen Voraussetzungen der Verwalter von diesem Recht Gebrauch machen kann, ist ebenfalls dem Insolvenzstatut zu entnehmen4 . b) Art der Verwertung

Fraglich ist sodann, welche Rechtsordnung über die Art der Verwertung bestimmt. Verwertungsarten sind die förmliche Verwertung, je nach Vermögensgegenstand zum Teil in verschiedenen Varianten, und die freihändige Verwertung. Inländische Verkehrsinteressen stehen bei der Wahl der Verwertungsart nicht auf dem Spiel. Das deutsche Recht folgt dem Grundsatz der freien Verwertung 5 und akzeptiert grundsätzlich jede Verwertungsart, wenn sie zu einem für die Insolvenzmasse günstigen Ergebnis führt. Deshalb kann es hier ebenfalls bei der Anwendung des Insolvenzstatuts bleiben6 . Im Regelfall wird das ausländische Insolvenzrecht auch diese Verweisung annehmen7 , sich in der Sache aber nicht auf eine bestimmte Art der Verwertung festlegen, sondern die Entscheidung darüber in das Ermessen des Verwalters8 , der Gläubigerversammlung9 oder eines anderen Verfahrensorgans10 stellen. c) Verwertungsveifahren

Hat ein ausländischer.Insolvenzverwalter bzw. das sonst zuständige Verfahrensorgan sich für eine bestimmte Verwertungsart entschieden, stellt sich die Frage, welches Recht für das Verwertungsverfahren gilt. Für die Verwertung inländischer Grundstücke kommt allein die Iex rei sitae in Betracht 11 . Daher sind, wenn der Verwalter sich z. B. für eine Zwangsversteigerung entschieden hat, nicht die Vorschrifz s. oben 111. I. b ), S. 106 f. 3 Vgl. Artt. 240, 319 Abs. 3 SchKG, Artt. 148-3 Abs. I S. 1, 148-4 Abs. 3 S. 1 Gesetz Nr. 85 - 98, Sec. 14 (1) i.V.m. Schedule 1 Nr. 2, Sec. 165 (3), 167 (l)(b) i.V.m. Schedu1e 4 Part 111 Nr. 6, Sec. 314 (l)(b) i.V.m. Schedu1e 5 Part II Nr. 9 Insolvency Act 1986. 4 BGH, 24. 2. 1994, BGHZ 125, 196 (200). s Baur I Stümer II, Rdn. 64 ff. 6 Pielorz, S. 77; ders., ZIP 1980, S. 239 (244); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.180; Favoccia, S. 47; vgl. LG Krefe1d, 9. 4. 1992, NJW-RR 1992, 1535 (1536). 7 s. oben 111. l. b), S. 106 f. s Vgl. Art. 322 Abs. 2 SchKG, Sec. 165 (3), 167 (l)(b), 168 (4) i.V.m. Schedule 4 Part III Nr. 6, Sec. 305 (2) Insolvency Act 1986. 9 Vgl. Art. 256 Abs. 1 SchKG. 10 z. B. in das Ermessen desjuge-commissaire (Artt. 154 Abs. 1, 3, 155 Abs. 5, 156 Abs. 1 Gesetz Nr. 85- 98). II Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 177 (180); Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l80. Zu weitgehend Lüer; in: Kuhnl Uhlenbruck, §§ 237, 238 Rdn. 88, der die Verwertung der Inso1venzmasse insgesamt dem Insolvenzstatut unterstellen will.

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244

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

ten des ausländischen Zwangsvollstreckungsrechts, sondern die des ZVG anzuwenden12. Ausländische Insolvenzverwalter sind demzufolge berechtigt, die Zwangsversteigerung beim Vollstreckungsgericht zu beantragen (§ 172 ZVG i.V.m. § 126 KO bzw. § 165 InsO in entsprechender Anwendung) 13 . Will der Verwalter das Grundstück hingegen freihändig veräußern, woran er nach inländischem Recht nicht gehindert ist 14, finden die Bestimmungen des BGB Anwendung 15 . Für die Verwertung inländischer Mobilien gelten diese Regeln gleichermaßen 16• Sollen bewegliche Sachen nach dem Willen des ausländischen Insolvenzverwalters im Inland öffentlich versteigert werden, so richtet sich das Versteigerungsverfahren nach deutschem Recht 17 . Entsprechendes gilt für die freihändige Verwertung. Ausländische Verwalter sind allerdings nicht gezwungen, bewegliche Sachen im Inland zu verwerten, sondern können sie auch in den Verfahrensstaat oder in einen anderen Staat bringen und dort veräußern lassen. Die Wahrnehmung einer günstigeren Verwertungsgelegenheil im Ausland liegt im Interesse der ausländischen wie der inländischen Gläubiger an bestmöglicher Befriedigung. Sind Massegegenstände nicht oder nur schwer verwertbar, ist es ausländischen Insolvenzverwaltern gelegentlich gestattet, sie Gläubigem zum Schätzwert zu überlassen 18• Auch diese Überlassung unterliegt dem Insolvenzstatut. Dessen Anwendung beeinträchtigt den inländischen Rechtsverkehr nicht, zumal eine solche Überlassung auch nach§ 18 Abs. 3 S. I GesO möglich war.

d) Rechtsübergang

Nicht mehr der Verwertung zuzurechnen sind die Voraussetzungen, unter denen das Eigentum an einer vom Insolvenzverwalter veräußerten Sache bzw. ein von ihm veräußertes Recht auf den Erwerber übergeht. Sie richten sich nicht nach dem Insolvenzstatut, sondern nach dem für den jeweiligen Vermögensgegenstand maßgeblichen Sachstatut 19.

12 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1130). 13 LG Krefeld, 9. 4. 1992, NJW-RR 1992, 1535; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.l80. Einer Vollstreckbarerklärung der ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung bedarf es dazu nicht (LG Krefeld, 9. 4. 1992, a. a. 0. [1536]; a.A. Trunk, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 232 [247]). 14 LG Krefeld, 9. 4. 1992, NJW-RR 1992, 1535 (1536). IS Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 244; vgl. nachstehend d). 16 Vgl. Favoccia, S. 47. 17 Pielorz, S. 77; ders., ZIP 1980, S. 239 (244); Summ, S. 91; Aderhold, S. 233 f.; Geimer; IZPR, Rdn. 3507; Mohrbutter/ Wenner, Rdn. XXIII.180. 18 Sec. 326 Insolvency Act 1986, R. 4.183 lnsolvency Rules 1986. 19 Pielorz, S. 77; ders., ZIP 1980, S. 239 (244); Summ, S. 91.

VII. Verwertung der Insolvenzmasse

245

2. Gegenstände mit Absonderungsrechten

Bei der Verwertung inländischer Vennögensgegenstände mit Absonderungsrechten ist in ausländischen Insolvenzverfahren zwischen Absonderungsrechten nach inländischem Recht und solchen nach dem Insolvenzstatut zu unterscheiden. Die erstgenannten beruhen auf dinglichen, die letztgenannten auf obligatorischen Vermögensrechten20. Die Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten nach dem Insolvenzstatut kann den inländischen Rechtsverkehr nicht nachteilig berühren, da es für ihn auch hinnehmbar wäre, wenn an diesen Gegenständen überhaupt keine Absonderungsrechte bestünden. Eine Ausnahmeanknüpfung ist deshalb entbehrlich, so daß für die Verwertung dieser Vennögensgegenstände dieselben Kollisionsregeln gelten wie für Gegenstände ohne Absonderungsrechte. Ebenso verhält es sich, soweit die Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten nach inländischem Recht Grundstücke betrifft. Die Verwertung inländischer Grundstücke im Wege der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung können ausländische Insolvenzverwalter ebenso wie inländische Verwalter auch dann betreiben, wenn an ihnen Absonderungsrechte bestehen (§ 126 KO, § 165 lnsü). Gleiches gilt für die freihändige Verwertung. Interessen der Absonderungsberechtigten werden dadurch nicht beeinträchtigt. In der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung sind Grundpfandrechte gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG geschützt. Bei freihändiger Veräußerung bleiben sie, sofern sie nicht abgelöst werden, bestehen 21 . Soweit die Verwertung von Gegenständen mit inländischen Absonderungsrechten bewegliches Vermögen betrifft, gelten hingegen die folgenden, teilweise abweichenden Anknüpfungen.

a) Recht zur Verwertung

Bei beweglichen Vermögensgegenständen mit Absonderungsrechten nach inländischem Recht richtet sich das Recht ausländischer Insolvenzverwalter zur Verwertung ebenso wie das Verwertungsrecht der absonderungsberechtigten Gläubiger22 nach dem Lageortsrecht, d. h. nach§ 127 KO bzw. §§ 166, 173 Insü. Vorschriften des ausländischen Insolvenzrechts, die das Verwertungsrecht dem Verwalter zusprechen und Absonderungsberechtigte zur Herausgabe der betreffenden Vennögensgegenstände an den Verwalter verpflichten23 , sind demnach nicht anzuwenden. Insoweit bleiben auch Sanktionen, mit denen das ausländische Insolvenzrecht die Nichtherausgabe an den Insolvenzverwalter belegt, z. B. das Erlöschen des Ab-

2o

s. oben VI. l. b) cc), S. 214.

21

Baur/Stümer II, Rdn. 15.11.

s. oben VI. I. b) bb) (I) (c), S. 2 10 f. So z. B. Art. 198 SchKG, Art. 34 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98, Sec. 15 (2), (3) Insolvency Act 1986. 22

23

246

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

sonderungsrechts 24 , außer Betracht. Das Recht ausländischer Verwalter, im Besitz absonderungsberechtigter Gläubiger befindliche Massegegenstände zu besichtigen, ist wegen des Sachzusammenhangs ebenfalls nach dem Lageortsrecht zu beurteilen (vgl. § 120 KO). Entsprechende Bestimmungen des Insolvenzstatuts 25 finden keine Anwendung. b) Art der Verwertung

Was die Verwertungsart betrifft, so ist bei beweglichen Vermögensgegenständen mit Absonderungsrechten nach inländischem Recht zu differenzieren. Sofern das Recht zur Verwertung einem absonderungsberechtigten Gläubiger zusteht, bestimmt der Inhalt dieses Rechts, auf welche Art der Vermögensgegenstand verwertet werden darf. Steht das Recht zur Verwertung hingegen dem ausländischen Insolvenzverwalter zu, kann es bei der Anwendung des Insolvenzstatuts bleiben26. Eine nennenswerte Beeinträchtigung von Absonderungsrechten ist von dieser Anknüpfung nicht zu erwarten. Mangels Renvoi sind daher die Sachvorschriften des Verfahrensstaates anzuwenden 27 . c) Verwertungsverfahren

Hinsichtlich des Verwertungsverfahrens ist eine Ausnahmeanknüpfung für bewegliche Vermögensgegenstände mit Absonderungsrechten nach inländischem Recht entbehrlich, da insoweit ohnehin schon das Lageortsrecht gilt28 . Ausländische Insolvenzverwalter werden hierbei die Bestimmungen der §§ 167- 172 InsO zu beachten haben29. Fraglich ist, ob sie Gegenstände mit Absonderungsrechten nach inländischem Recht ins Ausland verbringen und dort verwerten dürfen. Dafür spricht das Interesse der Gläubiger an bestmöglicher Befriedigung. Doch begrundet der Gebiets- und Statutenwechsel für Absonderungsberechtigte die Gefahr, ihre inländischen dinglichen Rechte mitsamt dem Recht auf abgesonderte Befriedigung im Ausland nicht mehr ausüben zu können. Eine Verwertung im Ausland sollte deshalb nur dann zulässig sein, wenn nach den Umständen des Einzelfalls kein vernünftiger Zweifel besteht, daß der betreffende ausländische Verwalter das Absonderungsrecht respektiert30. 24 25 26 27

Vgl. Art. 324 Abs. 2 S. 2 SchKG. Etwa Sec. 285 (5), 311 (6) Insolvency Act 1986. s. oben I. b), S. 243. Etwa Art. 256 Abs. 2 SchKG, Artt. 159, 161 Gesetz Nr. 85-98.

s. oben I. c ), S. 243 f. So auch Flessner, IPRax 1997, S. 1 (8); a.A. von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1467). 30 Gegen ein Verbot der Verwertung im Ausland auch Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 177 (181); ähnlich Schlosser, RIW 1983, S. 473 (480). 28

29

VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen

247

VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen ausländischer Insolvenzverwalter Vor Pflichtverletzungen durch Insolvenzverwalter wird der Rechtsverkehr grundsätzlich in doppelter Weise geschützt, zum einen durch die Aufsicht anderer Verfahrensorgane (in der Regel der Insolvenzgerichte) über die Verwalter, zum andem durch Haftungsregeln, nach denen Verwalter im Falle einer Pflichtverletzung Schadensersatz zu leisten haben. Sowohl die Aufsicht über die Verwalter als auch die Verwalterhaftung unterliegen nach der Grundnorm im Prinzip dem Insolvenzstatut. Fraglich ist, ob dies auch für ausländische Verwalter gilt, soweit sie sich im Inland betätigen, oder ob insoweit zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs eine abweichende Anknüpfung, d. h. die Anwendung inländischen Rechts, erforderlich ist. 1. Aufsicht

Für die Aufsicht über ausländische Insolvenzverwalter, die sich im inländischen Rechtsverkehr betätigen, kommt eine Ausnahmeanknüpfung nur dann in Betracht, wenn diese Verwalter nach dem Recht des Verfahrensstaates hinsichtlich ihrer Inlandstätigkeit keiner genügenden Aufsicht unterliegen. Daß die Aufsicht nach dem Insolvenzstatut nicht immer ausreicht, ergibt sich daraus, daß ihr Maßstab die Primärpflichten des Verwalters nach dem Insolvenzstatut sind und diese mit seinen Pflichten nach inländischem Recht kollidieren können. Eine Pflichtenkollision kann sich beispielsweise bei inländischen dinglichen Sicherheiten ergeben, die nach dem Insolvenzstatut kein Vorzugsrecht gewähren, nach deutschem Recht aber auch in ausländischen Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigen 1 . Nach dem Recht des Verfahrensstaates dürfte der Verwalter das Absonderungsrecht nicht berücksichtigen, nach inländischem Recht müßte er es respektieren. Mithin fehlt ein Aufsichtsorgan, das die Einhaltung der anzuwendenden inländischen Rechtsvorschriften durch ausländische Insolvenzverwalter überwacht. Fraglich ist, ob diese Schutzlücke mit einer Ausnahmeanknüpfung an inländisches Recht geschlossen werden kann. Dazu müßte die Anwendung der inländischen Vorschriften über die Beaufsichtigung auf ausländische Insolvenzverwalter möglich und sachgerecht sein. Diese Vorschriften bestimmen, daß Insolvenzverwalter unter der Aufsicht der inländischen Insolvenzgerichte stehen2 • Falls die Verwalter ihre Pflichten nicht erfüllen, können die Gerichte nach vorheriger Androhung Zwangsgelder gegen sie festsetzen 3 . Liegt ein wichtiger Grund vor, können sie Verwalter von Amts wegen oder auf Antrag aus dem Amt entlassen4 . Der Wortlaut I 2

3 4

s. oben VI. l. b) bb) (1) (b), (c), S. 204 ff., 207 ff. § 83 KO, § 41 Abs. 1 Vg!O, § 8 Abs. 3 S. 1 GesO, §58 Abs. 1 S. 1 lnsO. § 84 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 KO, § 41 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 Vg!O, §58 Abs. 2 InsO. § 84 Abs. 1 S. 2 KO, § 41 Abs. 2 S. 2 Vg!O, § 8 Abs. 3 S. 2 GesO, §59 InsO.

248

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

dieser Bestimmungen schließt ihre Anwendung auf ausländische Insolvenzverwalter nicht ausdrücklich aus. Aus dem systematischen Zusammenhang zwischen Ernennung und Beaufsichtigung einschließlich Entlassung5 geht jedoch hervor, daß nur die von inländischen Gerichten ernannten Verwalter von diesen Vorschriften erfaßt werden. Für die Beaufsichtigung ausländischer Verwalter fehlt den inländischen Insolvenzgerichten die Zuständigkeit, so daß die Anwendung der vorgenannten Bestimmungen auf diese Verwalter ins Leere ginge. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, daß die gegenüber inländischen Verwaltern zulässigen Zwangsmaßnahmen ausländischen Verwaltern gegenüber sachgerecht sind. Die Festsetzung eines Zwangsgelds müßte ausländische Verwalter gerade in solchen Situationen zu pflichtgemäßem Verhalten anhalten, in denen ihre Pflichten nach inländischem Recht mit denen nach dem Insolvenzstatut kollidieren. Daß ein Zwangsgeld in solchen Fällen die beabsichtigte Beugewirkung entfalten würde, ist mehr als fraglich. Beizutreiben wäre es nur dann, wenn der ausländische Verwalter über eigenes Inlandsvermögen verfügt, was zumeist nicht der Fall sein wird. Darüber hinaus könnte das ausländische Aufsichtsorgan entsprechende Gegenmaßnahmen treffen und für den Fall der Nichterfüllung der kollidierenden ausländischen Pflicht möglicherweise ein ebenso hohes oder sogar ein höheres Zwangsgeld festsetzen. Abgesehen davon wäre die Zwangsgeldfestsetzung zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs vor Pflichtverletzungen ausländischer Verwalter wohl auch nicht erforderlich, da gegen Verwalter im Gesamtvollstrekkungsverfahren mangels Ermächtigungsgrundlage ebenfalls kein Zwangsgeld verhängt werden kann6 . Die zweite Aufsichtsmaßnahme, die Entlassung des Verwalters, kommt bei ausländischen Verwaltern schon gar nicht in Betracht. Zum einen hielte sie sich nicht im Rahmen des allenfalls denkbaren Aufsichtszwecks, die ordnungsgemäße Verwaltung des Inlandsvermögens sicherzustellen, denn eine Amtsenthebung ließe sich nicht auf das inländische Vermögen beschränken. Zum anderen muß eine Abberufung durch ein inländisches Gericht auch deshalb ausgeschlossen sein, weil sie durch eine Stelle erfolgen würde, die den Verwalter nicht ernannt hat und die auch keinen Nachfolger ernennen kann. Die Anwendung inländischer Aufsichtsregeln auf ausländische Insolvenzverwalter ist demnach weder möglich noch sachgerecht; eine Ausnahmeanknüpfung ist daher abzulehnen. Inländische Gerichte können ausländische Insolvenzverwalter somit weder beaufsichtigen noch Aufsichtsmaßnahmen ihnen gegenüber treffen7 • Vielmehr bleibt es bei der Anwendung des Insolvenzstatuts, so daß ausländische Verwalter allein der Überwachung durch die zuständigen Stellen des Verfahrensstaates unterliegen. Vgl. §§ 78-81,83 f. KO, § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 GesO, §§56-59 lnsO. LG Potsdam, 13. 10. 1994, ZIP 1994, 1879 (1880); Smid/Rattunde, § 8 Rdn. 386; Haarmeyer/Wutzkel Förster,§ 8 Rdn. 100; Kilger/Karsten Schmidt, § 8 GesO Anm. 3. 7 So auch Lau, BB 1986, S. 1450 (1451). De lege ferenda ist die Aufsicht durch ein inländisches Gericht von Lüer (KTS 1990, S. 377 [401]) erwogen worden, allerdings nur hinsichtlich der Einhaltung inländischen Verfahrensrechts. 5

6

VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen

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Inländische Beteiligte, die sich gegen tatsächliche oder vermeintliche Pflichtverletzungen ausländischer Insolvenzverwalter zur Wehr setzen wollen, sind demzufolge auf die Rechtsbehelfe des ausländischen Insolvenzrechts angewiesen, was abgesehen von den Fällen der Pflichtenkollision - nicht unbedingt von Nachteil sein muß. Nach ausländischem Recht unterliegt das Verwalterhandeln nicht selten einer intensiveren Kontrolle als nach inländischem. Wahrend ein Beschwerderecht gegen einzelne Maßnahmen des Verwalters nach deutschem Recht nicht besteht und Entscheidungen des Insolvenzgerichts lediglich angeregt werden können 8 , sind die Handlungen der meisten schweizerischen, französischen und englischen Verwalter im allgemeinen beschwerdefähig9 . In der Schweiz wird nicht nur die Rechtmäßigkeit des Verwalterhandeins überprüft, sondern, wiederum weitergehend als nach deutschem Recht 10, sogar seine Zweckmäßigkeit 11 • Ist die Inanspruchnahme ausländischen Rechtsschutzes wegen kollidierender Verwalterpflichten aussichtslos, bleibt die Möglichkeit, künftigen Pflichtverletzungen eines ausländischen Verwalters durch Beantragung (und nachfolgende Eröffnung) eines inländischen Insolvenzverfahrens vorzubeugen. Die Eröffnung dieses Verfahrens kann allerdings einen derart hohen Kostenvorschuß erfordern (vgl. § 26 Abs. 1 InsO), daß ein Eröffnungsantrag wirtschaftlich sinnlos ist. Oe lege ferenda ist deshalb eine Pflicht ausländischer Insolvenzverwalter zur Leistung einer Sicherheit zu erwägen 12 • Die Sicherheit sollte dazu bestimmt sein, im Falle einer Pflichtverletzung die Eröffnung eines inländischen Insolvenzverfahrens zu ermöglichen und einen etwa entstandenen Schaden auszugleichen.

2. Haftung

Die Haftung inländischer wie ausländischer Insolvenzverwalter ist regelmäßig Gegenstand besonderer gesetzlicher Bestimmungen. Diese verpflichten den Verwalter im Falle einer Pflichtverletzung zum Schadensersatz 13 , erfassen in der Regel aber nur die Verletzung insolvenzverfahrensspezifischer Pflichten. Für das Insolvenzverfahren spezifisch ist vor allem die Pflicht, für die bestmögliche gleichs BVerfG, 28. 7. 1992, NJW 1993, 513; OLG Sch1eswig, 7. 9. 1972, Sch1HA 1972, 205 (205 f.); II. I. 1984, ZIP 1984, 473; LG Ber1in, 26. 6. 1957, NJW 1957, 1563; LG Düsseldorf, II. 2. 1983, ZIP 1983, 972 (973); Kuhn/Uhlenbruck, § 83 Rdn. 3; Kilger/Karsten Schmidt, § 83 KO Anm. I. 9 Artt. 17-21, 241,295 Abs. 2 S. 2, 320 Abs. 2 SchKG, Art. 25 Dekret Nr. 85-1388, Sec. 7 (3), 27, 112, 168 (5), 263 (3), 303 (I) Insolvency Act 1986. 10 Kuhn/Uhlenbruck, § 83 Rdn. 6; Jaeger/Weber, § 83 Rdn. I; Kilger/Karsten Schmidt, § 83 KO Anm. I. II Artt. 17 Abs. I, 241,295 Abs. 2 S. 2 SchKG. 12 Vgl. Drobnig, in: Stoll, Reform des IIR, S. 177 (182); § 78 Abs. 2 KO. 13 § 82 KO, § 42 Vg10, § 8 Abs. I S. 2 GesO, §§ 60-62 InsO, Art. 5 SchKG, Sec. 304 Inso1vency Act 1986.

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

mäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu sorgen. Gleiches gilt für die Verpflichtung, Aussonderungs- und Absonderungsrechte zu beachten 14• Außer einer Pflichtverletzung verlangen manche Haftungsnormen zusätzlich ein Verschulden des Verwalters 15 • Von dieser Haftung wegen Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten ist die Haftung von Insolvenzverwaltern aus anderen Gründen, d. h. nach den allgemeinen Vorschriften, zu unterscheiden.

a) Haftung wegen Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten

Für die Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten haften ausländische Insolvenzverwalter gemäß der Grundnorm im Prinzip nach Maßgabe des Insolvenzstatuts. Fraglich ist, ob zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs eine abweichende Anknüpfung geboten ist und Pflichtverletzungen ausländischer Insolvenzverwalter bei der Verwaltung von in Deutschland belegeneo Massegegenständen nach inländischem Recht zu beurteilen sind. Eine solche Anknüpfung wäre lediglich dann zu rechtfertigen, wenn ausländische Rechtsordnungen entweder ihre Verwalter von jeder Verantwortlichkeit freistellten oder in ihrem Haftungsstandard signifikant hinter dem des deutschen Rechts zurückblieben. Hierfür gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar fehlt z. B. im französischen Insolvenzrecht eine besondere Haftungsnorm für Insolvenzverwalter. Dies bedeutet jedoch nicht, daß französische Verwalter für Pflichtverletzungen nicht verantwortlich sind. Vielmehr haftet z. B. ein administrateur für die Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten wie für sonstige Pflichtwidrigkeiten nach Art. 1382 Code civil 16, d. h. nach allgemeinem Deliktsrecht Eines Rückgriffs auf inländische Haftungsnormen, wie gelegentlich befürwortet 17, bedarf es insoweit nicht. Ein signifikant geringerer Haftungsstandard, etwa eine Beschränkung der Haftung des Verwalters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, ist weder im schweizerischen noch im französischen oder englischen Recht festzustellen. Zur Vermeidung untragbarer Ergebnisse sollte deshalb der ordre public genügen. Mithin kann es bei der Anwendung des Insolvenzstatuts bleiben 18 • Klagen, die die Haftung ausländischer Insolvenzverwalter wegen Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten bei der Verwaltung inländischer Massegegenstände betreffen, unterliegen weder dem EuGVÜ noch dem Luganer Übereinkam14 Vgl. Sec. 304 (1) Insolvency Act 1986, § 60 Abs. 1 S. 1 InsO; BGH, 4. 12. 1986, BGHZ 99, 151 (154); 14. 4. 1987, BGHZ 100, 346 (350 f .); 25. 2. 1988, BGHZ 103, 310 (314 f .); 5. 3. 1998, ZIP 1998, 655 (658). 15 Vgl. § 60 Abs. 1 S. 1 lnsO, Art. 5 a.F. SchKG; zu§ 82 KO s. Kifger/Karsten Schmidt, § 82 KO Anm. 3. 16 Vgl. Le Cannu, in: Jur.-Cl. Com., Vol. 8, Fase. 2226 Nm. 88-92. 17 von Oertzen, S. 89 (Anwendung von§ 82 KO, wenn das Auslandsrecht keine vergleichbare Regelung enthält). 18 So auch Gottwald!Amold, § 122 Rdn. 101.

VIII. Schutz vor Pflichtverletzungen

251

men 19. Nach autonomem Recht können sie im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung erhoben werden (§ 32 ZP0)20. Insoweit kann nichts anderes gelten als für Klagen gegen inländische Verwalter21 • Deutsche Gerichte sind demnach international zuständig, wenn die Handlung in Deutschland begangen wurde. Als Begehungsort ist dabei jeder Ort anzusehen, an dem eines der wesentlichen Merkmale des Haftungstatbestandes verwirklicht wurde22. Sollte der ausländische Haftungstatbestand den Eintritt eines Vermögensschadens voraussetzen, so ist auch der Ort, an dem sich das geschädigte Vermögen befindet, Begehungsort23 . Sofern der Verwalter über Inlandsvermögen verfügt, ist zusätzlich der Vermögensgerichtsstand eröffnet (§ 23 S. 1 ZPO). Relevant kann die inländische internationale Zuständigkeit insbesondere dann werden, wenn die primären Verwalterpflichten nach inund ausländischem Recht kollidieren. Wenn die Haftung in einem solchen Fall auf die Verletzung einer inländischen Primärpflicht gestützt wird, verspräche eine Klage am allgemeinen Gerichtsstand des Verwalters, der in aller Regel im Verfahrensstaat liegen wird, keinen Erfolg. Die Gerichte des Verfahrensstaates würden die Primärpflichten des Verwalters nach ihrem eigenen Recht beurteilen und ein pflichtwidriges Handeln verneinen. Ein inländischer Gerichtsstand hilft freilich nicht viel weiter, wenn der ausländische Verwalter nicht über Inlandsvermögen verfügt und mit einer Vollstreckbarerklärung der inländischen Entscheidung im Verfahrensstaat nicht gerechnet werden kann.

b) Haftung aus anderen Gründen

Bei ihrer Tatigkeit im Inland haften ausländische Insolvenzverwalter im übrigen wie jeder andere Teilnehmer am Rechtsverkehr auch nach den allgemeinen Vorschriften. Führen ausländische Verwalter beispielsweise im Inland Vertragsverhandlungen für die Masse, können sie bei Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens einer Eigenhaftung wegen Verhandlungsverschuldens unterliegen. Die Anknüpfung dieser Haftung ist umstritten. Manche halten das Vertragsstatut für maßgeblich 24 , während andere die Anwendung des Deliktsstatuts befürworten25 und eine dritte Ansicht das Recht anwenden will, das am gewöhns. oben III. 2. d) aa) (1), (2), S. 136 f . Lau, BB 1986, S. 1450 (1453). 21 Zu diesen s. OLG Celle, 24. 11. 1987, WM 1988, 131 (133); Stein/1onas/Schumann, § 32 Rdn. 20; Zöller/Vollkommer, § 32 Rdn. 11a. 22 Ganz h.M.: RG, 18. 10. 1909, RGZ 72, 41 (42, 44); Stein/1onas/Schumann, § 32 Rdn. 29; Zöller/Vollkommer, § 32 Rdn. 16; Patzina, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 32 Rdn. 17; Schack, IZVR, Rdn. 293. 23 OLG Kob1enz, 14. 7. 1988, WM 1989, 622; Zöller/Vollkommer, § 32 Rdn. 16; H.-1. Ah· rens, IPRax 1990, S. 128 (132); a.A. Schack, IZVR, Rdn. 305 (nur Handlungsort). 24 H.-1. Ahrens, IPRax 1986, S. 355 (360); Staudinger/Lüderitz, Art. 38 EGBGB Rdn. 85. 25 OLG Frankfurt/Main, II. 7. 1985, IPRax 1986, 373 (377 f.); Kreuzer, IPRax 1988, S. 16 (19 f.). 19

20

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

Iichen Aufenthalt des vertragsfremden Dritten gilt26. Eine Anknüpfung an den Verkehrskreis, in dem das vorvertragliche Vertrauensverhältnis begründet worden ist, und an einen einheitlichen Verhandlungsort als wesentliches Indiz hierfür27 dürfte jedoch vorzuziehen sein. Sofern ausländische Insolvenzverwalter persönlich eine vertragliche Verpflichtung übernehmen, haften sie nach Maßgabe des Vertragsstatuts auf Erfüllung und gegebenenfalls auf Schadensersatz. Für unerlaubte Handlungen sind ausländische Insolvenzverwalter nach deutschem Recht verantwortlich, wenn sie die Handlung im Inland begangen haben oder wenn die Rechtsgutverletzung im Inland eingetreten ist (Ubiquitätsgrundsatz), sofern keine dieser Anknüpfungen auf eine andere Rechtsordnung verweist, die für den Geschädigten günstiger ist28 . Ausländische Insolvenzverwalter haften ferner für die vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihnen als Vermögensverwalter obliegenden steuerlichen Pflichten, soweit infolgedessen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden (§§ 34 Abs. 3, 69 AO).

IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren Grundlage dafür, daß ausländische Insolvenzverwalter auch in inländischen Insolvenzverfahren gewisse Rechte haben, ist die Erkenntnis, daß ein System aus Universal- und Partikularinsolvenzverfahren, wie es dem deutschen Recht zugrundeliegt, eine Koordination paralleler Verfahren ermöglichen muß. Ausländische Universalverfahren und parallele inländische Partikularverfahren (und vice versa) müssen im Interesse einer bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger aufeinander abgestimmt werden können. Wirtschaftliche Einheiten, die vor der Insolvenz grenzüberschreitend funktioniert haben und noch funktionsfähig sind, dürfen nicht automatisch durch territorial begrenzte Insolvenzverfahren auseinandergerissen werden, sondern müssen ungeteilt fortgeführt, reorganisiert oder verwertet werden können, wenn dies für die Gläubiger vorteilhaft ist 1 . Ausländische und inländische Insolvenzverfahren miteinander zu koordinieren ist in erster Linie Aufgabe derbeteiligten Insolvenzverwalter. Inländische Verwalter sind schon aufgrund ihrer Pflicht, für eine möglichst weitgehende gleichmäßige Befriedigung der InsolvenzDörner; JR 1987, S. 201 (202 f.); Palandt!Heldrich, Art. 32 EGBGB Rdn. 8. Fischer; JZ 1991, S. 168 (174 f.). 28 Vgl. BGH, 23. 6. 1964, NJW 1964, 2012; 17. 3. 1981, NJW 1981, 1606 (1606 f.); Kreuzer; in: Münchener Kommentar zum BGB, Art. 38 EGBGB Rdn. 50 f.; Soergel/Lüderitz, Art. 38 EGBGB Rdn. 16; Palandt/ Heldrich, Art. 38 EGBGB Rdn. 3. I Entgegen von Wilmowsky, WM 1997, S. 1461 (1465 f.), ist dies bei sachgerechter Nutzung bestehender Kooperationsmöglichkeiten auch im Falle paralleler Insolvenzverfahren möglich, wie das Beispiel Maxwell Communications Corporation belegt (dazu Göpfert, ZZPint 1 [1996], S. 269 ff.; Reinhart, S. 270 ff.). 26 27

IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren

253

gläubiger zu sorgen2 , gehalten, zu diesem Zweck mit ausländischen Verwaltern zu kooperieren 3 . Bei grenzüberschreitenden Insolvenzen werden sie daher zunächst zu prüfen haben, ob und inwieweit ein mit dem oder den ausländischen Verwaltern abgestimmtes Vorgehen die Befriedigungschancen der Gläubiger verbessern kann. Kommt dies in Betracht, haben sie den betreffenden ausländischen Verwaltern alle für eine Zusammenarbeit erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Reorganisations- und Verwertungsvorhaben haben sie gegebenenfalls gemeinsam mit diesen Verwaltern durchzuführen. Solche gesetzlich bislang nicht geregelten Informations- und Kooperationspflichten sollten nach dem Regierungsentwurf der Insolvenzordnung ausdrücklich normiert und um eigene Antrags- und Beteiligungsrechte der Verwalter anerkannter ausländischer Universalinsolvenzverfahren in inländischen Partikularverfahren erweitert werden, gewissermaßen als Äquivalent für die Vorenthaltung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich inländischer Massegegenstände durch die letztgenannten Verfahren. Dabei konnte der Regierungsentwurf sich auf Vorarbeiten im Schrifttum und auf die Regelung des Sekundärkonkurses im lstanbuler Übereinkommen stützen (Artt. 16- 28 IstanbÜ); er hat zum Teil aber auch Neuland betreten. Da auch dieser Teil des Regierungsentwurfs den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens bekanntlich nicht überstanden hat, ist fraglich, welche Rechte ausländischen Insolvenzverwaltern in inländischen Partikularinsolvenzverfahren nun zustehen.

1. Eröffnungsantrag

Schon vor der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 19854 ist in der Literatur vorgeschlagen worden, das Recht, die Eröffnung inländischer Partikularverlabren zu beantragen, auch ausländischen Insolvenzverwaltern einzuräumen5. Erstmals enthalten war ein solches Antragsrecht in Artt. ll Abs. I S. 3, 18 lit. a des Istanbuler Übereinkommens. Der Regierungsentwurf hat diese Regelungen aufgegriffen und Verwaltern anerkannter ausländischer Universalinsolvenzverfahren das Antragsrecht zugestehen wollen (§ 396 Abs. 1 RegEinsO). An der Durchführung solcher Partikularverfahren können ausländische Verwalter, obwohl sie mit dessen Eröffnung die Verfügungsbefugnis für in Deutschland belegenes Schuldnervermögen verlieren, ein berechtigtes Interesse haben. Insbesondere komBGH, 14. 4. 1987, BGHZ 100,346 (350); 18. 1. 1990, NJW-RR 1990,411 (413). Eine solche Verpflichtung nimmt auch Hanisch an (in: Fletcher, Cross-Border Insolvency [1992], S. 104 [123]; ebenso Reinhart, S. 286; zurückhaltender jedoch Hanisch, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 [215 f.)), übrigens ebenso für die schweizerische Konkursverwaltung (Hanisch, SJIR 36 [1980], S. 109 [123)). Anders Trunk, KTS 1994, S. 33 (46) (Kooperation auf freiwilliger Grundlage). Vgl. ferner Hanisch, in: FS Bosch, S. 381 (391 ). 4 BGHZ 95, 256. s Hanisch, in: FS 100 Jahre KO, S. 139 (166) (ebenso ders., in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 [213]); Schlosser, RIW 1983, S. 473 (479). 2

3

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

plexe inländische Vermögensbeziehungen lassen sich nach dem auf sie zugeschnittenen inländischen Insolvenzrecht wesentlich einfacher abwickeln als nach fremdem Recht, was die Verfahrenskosten insgesamt nicht unerheblich reduzieren kann 6 . Im Anwendungsbereich der Konkursordnung sind inländische Partikularverfahren zudem das einzige Mittel, mit dem eine nach§ 237 Abs. 1 KO zulässige Vollstreckung verhindert werden kann (§ 14 KO). Nachdem § 396 Abs. 1 RegEinsO nicht Gesetz geworden ist, fehlt für ein generelles Antragsrecht ausländischer Insolvenzverwalter derzeit die gesetzliche Grundlage. Die Anerkennung einer ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung verleiht dem betreffenden ausländischen Verwalter noch kein Antragsreche. In manchen Fällen kann sich ein Antragsrecht jedoch aus den allgemeinen Vorschriften ergeben. So ist im Schrifttum die Auffassung vertreten worden, ein ausländischer Konkursverwalter sei, wenn er eine ähnliche Rechtsstellung wie ein deutscher Konkursverwalter habe, in entsprechender Anwendung des § 217 Abs. l KO gleich einem Testamentsvollstrecker zur Antragstellung berechtigt8. Diese Analogie führt zwar nicht weit, da§ 217 Abs. I KO allein Nachlaßkonkurse betrifft. Zudem liegen Parallelen zum Testamentsvollstrecker nicht gerade nahe. Ein Antragsrecht im Wege funktionaler Qualifikation zu begrunden ist aber grundsätzlich möglich. Bei juristischen Personen z. B. ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans und jeder Abwickler antragsbefugt (§ 208 Abs. 1 KO, § 15 Abs. 1 InsO). Sofern ausländische Insolvenzverwalter wie z. B. ein englischer Iiquidator oder administrator zugleich Vertreter der Gesellschaft sind9, spricht viel dafür, auch sie als Vertretungsorgan anzusehen. Darüber hinaus wird der Begriff des Abwicklers bei ausländischen juristischen Personen weiter gefaßt werden können als bei inländischen, wo er nur außerhalb des Jnsolvenzverfahrens tätige Liquidatoren erfaßt. Abgesehen davon, daß ausländische Insolvenzverwalter nicht selten ebenfalls als Liquidatoren bezeichnet werden, stehen sie inländischen Abwicklern häufig auch ihrer Funktion nach gleich, was insbesondere für den Iiquidator im englischen winding up gilt. In diesem Verfahren werden, wenn auch mit Unterschieden im einzelnen, alle Kapitalgesellschaften liquidiert, seien sie solvent oder insolvent. Es wäre kaum zu rechtfertigen, nur einem Liquidator im members' voluntary winding up, welches bei solventen Gesellschaften durchgeführt wird, das Antragsrecht zuzugestehen, es einem Iiquidator im creditors' voluntary winding up oder im compulsory winding up aber zu verweigern, zumal diese vergleichbare Aufgaben wahrnehmen und eine ähnliche Rechtsstellung haben wie jener. Auch ein französischer liquidateur und eine schweizerische 6 Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 246. Als weiteres Antragsziel nennt die Begründung (a. a. 0.) die Einbeziehung inländischer dinglicher Sicherheiten. Nach der hier vertretenen Auffassung bedarf es dazu keines inländischen Verfahrens, weil diese Sicherheiten nach Maßgabe des Lageortsrechts bereits in das ausländische Verfahren einbezogen sind (anders§ 390 Abs. 1 RegEinsO). S. oben VI. 1. b) bb) (I) (b), (c), S. 206 f., 210 f . 7 Anders Trunk, KTS 1994, S. 33 (46). 8 Schlosser, RIW 1983, S. 473 (479). 9 Vgl. Sec. 14 (5) Insolvency Act 1986; Bailey/Groves/Smith, Nr. 10. 16; Fletcher. S. 583.

IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren

255

Konkursverwaltung können als Abwickler angesehen werden, da ihre Aufgabe im wesentlichen in der Liquidation des Schuldnervermögens besteht 10. Ähnliches gilt bei natürlichen Personen für die Ausübung des Antragsrechts des Schuldners 11 . Ist ein ausländischer Verwalter nach dem Insolvenzstatut Vertreter des Schuldners, sollte ein von ihm im Namen des Schuldners gestellter Eröffnungsantrag nicht deshalb unzulässig sein, weil dieser den Antrag nicht persönlich gestellt hat. Der Eröffnungsantrag ist keine höchstpersönliche Rechtshandlung. Gesetzliche Vertretung und Vertretung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage sind zulässig bzw. sogar geboten 12• Zweifelhaft ist hingegen, ob ein ausländischer Verwalter geltend machen kann, das Antragsrecht des Schuldners sei mit der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens in seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen und werde nunmehr von ihm ausgeübt 13 • Abgesehen davon, daß ein solcher Übergang mangels ausdrücklicher Regelung im ausländischen Insolvenzsachrecht nicht einfach festzustellen sein wird, begegnet die Überleitung von Verfahrensrechten des Schuldners auf den Verwalter grundsätzlichen Bedenken. Anders als im Falle der Vertretung wird der Schuldner hier von der Ausübung verfahrensbezogener Befugnisse und insoweit auch vorn Verfahren selbst ausgeschlossen. Je nach Befugnis kann dies das Grundrecht des Schuldners auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder seinen Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 14 i.V.rn. Art. 20 Abs. 3 GG) 14 verletzen. Ein Übergang von Verfahrensrechten des Schuldners ist insbesondere für das Eröffnungsantragsrecht abzulehnen, zurnal dieses auch seinem Schutz dient15 • Ein inländisches Partikularinsolvenzverfahren bietet dem Schuldner möglicherweise eine größere Chance für das Zustandekommen eines Vergleichs oder eines Insolvenzplans als das jeweilige ausländische Verfahren. Selbst wenn eine Liquidation unvermeidbar sein sollte, mag ein Partikularverfahren aufgrund des im deutschen Recht geltenden Prinzips der freien Verwertung ein für den Schuldner günstigeres Ergebnis erwarten lassen als ein ausländisches Insolvenzverfahren mit starren Verwertungsvorschriften. Dieser Schutz des inländischen Insolvenzrechts darf dem Schuldner nicht entzogen werden 16• Im übrigen bleibt ausländischen Insolvenzverwaltern die Möglichkeit, sich vorn Schuldner oder von einem Insolvenzgläubiger zur Antragstellung bevollmächtigen zu lassen oder diese selbst zur Ausübung ihres Antragsrechts 17 zu bewegen. 10 Vgl. Artt. 240,243,256 SchKG, Artt. 148-3 Abs. 1 S. 1, 148-4 Abs. 3 S. 1, 154 ff. Gesetz Nr. 85 - 98. II Vgl. § 103 Abs. 2 KO, § 2 Abs. 1 S. 2 VglO, § 2 Abs. 1 S. 2 GesO, § 13 Abs. 1 S. 2 InsO. 12 Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 103 Rdn. 7, 7a; Kilger/ Karsten Schmidt, § 103 KO Anm. 1 a. Einen vertretungsweise gestellten Antrag kann der Schuldner freilich zurücknehmen. 13 Dafür Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (229); Flessner; IPRax 1997, S. 1 (4).

Dazu Baur!Stümer ll, Rdn. 5.30 ff.; BVerfG, 25. 2. 1988, NJW 1988, 1773. Häsemeyer; S. 104. 16 Gegen ein Antragsrecht des Schuldners für Partikularverfahren jedoch Hanisch, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (214). 17 § 103 Abs. 2 KO, § 2 Abs. 1 S. 2 GesO, § 13 Abs. I S. 2 InsO. 14

1s

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

2. Bestellung zum inländischen Insolvenzverwalter Es wäre eine zumindest auf den ersten Blick recht elegante Lösung des Koordinationsproblems, könnten, wie verschiedentlich im Schrifttum vertreten 18, ausländische Insolvenzverwalter zugleich zu Verwaltern inländischer Partikularinsolvenzverfahren bestellt werden. Richtig ist, daß die inländischen Bestimmungen über die Verwalterbestellung dies nicht ausdrucklieh ausschließen. Ausländische Verwalter werden die Ernennungsvoraussetzungen in aller Regel jedoch nicht erfüllen. Dies gilt vor allem für die Geschäftskundigkeil (§ 38 VglO, § 5 S. 2 Nr. 2 GesO, § 56 Abs. 1 InsO). Über die notwendigen fundierten Kenntnisse des deutschen Insolvenzrechts 19 dürften ausländische Verwalter nur selten verfügen, zumal sie keine juristischen Personen sein dürfen (§ 56 Abs. 1 InsO). Ein weiteres Hindernis ist ihre mangelnde Ortsnähe. Sie begrundet die Gefahr, daß die ansonsten auf Verwalterebene bestehenden Abstimmungsprobleme sich lediglich verlagern und nun zwischen Verwalter und inländischem Insolvenzgericht entstehen20 . Zusätzliche Bedenken ergeben sich aus möglichen Interessenkonflikten 21 . Es darf nicht sein, daß ausländische Verwalter inländische Partikularverfahren vorwiegend zum Nutzen ihrer ausländischen Verfahren führen und die Interessen der am inländischen Verfahren Beteiligten dariiber vernachlässigen. Die Bestellung ausländischer Insolvenzverwalter zu Verwaltern inländischer Partikularverfahren wird daher allenfalls in absoluten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Meinung22 wird die Abwicklung inländischer Partikularverfahren auch nicht dadurch in die Hände ausländischer Verwalter gelegt werden können, daß für diese Verfahren Eigenverwaltung unter gleichzeitiger Bestellung eines Sachwalters angeordnet wird (§§ 270 ff. InsO). Aus § 270 Abs. 1 S. 1 InsO ergibt sich, daß der Schuldner bei Anordnung der Eigenverwaltung berechtigt ist, die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. Diese Regelung verdrängt einen im ausländischen Insolvenzrecht vorgesehenen Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf ausländische Insolvenzverwalter aufgrund des Vorrangs inländischer Insolvenzverfahren hinsichtlich des Inlandsverrnögens23 .

18 Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (122); Schlosser; RIW 1983, S. 473 (479 f.); Lau, BB 1986, s. 1450(1452). 19 Vgl. die vom Arbeitskreis für Insolvenzrecht des Deutschen Anwaltvereins aufgestellten Verhaltensrichtlinien für als Insolvenzverwalter tätige Rechtsanwälte, AnwBI. 1992, 118 (119). 20 Zu engjedoch LG Köln, 15. 3. 1988, KTS 1988, S. 801 (802), das die Ernennung eines außerhalb des Landgerichtsbezirks des Konkursgerichts Ansässigen zum Konkursverwalter nur in besonders gelagerten Fällen zulassen will. 21 Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (256); Reinhart, S. 292. 22 Reinhart, S. 292 f. 23 s. oben IV. 5. a), S. 155 f.

IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren

257

3. Information In weitgehender Anlehnung an Art. 25 IstanbÜ wollte§ 398 Abs. 1 S. 1 RegEinsO Verwaltern inländischer Partikularverfahren eine umfassende Informationspflicht zugunsten ausländischer Insolvenzverwalter auferlegen. Alle Umstände, die für die Durchführung des ausländischen Verfahrens Bedeutung haben können, sollten sie unverzüglich mitzuteilen haben. Ein einklagbares Recht ausländischer Verwalter auf Auskunftserteilung wollte der Regierungsentwurf damit allerdings nicht begründen. Die Entwurfsbegründung stellte ausländischen Verwaltern lediglich anheim, bei Vernachlässigung der Informationspflicht eine Aufsichtsmaßnahme des zuständigen inländischen Insolvenzgerichts anzuregen 24. § 398 Abs. 1 S. 1 RegEinsO hat damit im wesentlichen die bestehende Rechtslage wiedergegeben 25 • Die Informationspflicht inländischer Verwalter ist, wie eingangs erwähnt, aus ihrer Pflicht zur bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger abzuleiten. Beispielsweise haben sie ausländische Verwalter von der Verfahrenseröffnung in Kenntnis zu setzen, ihnen die nach § 153 InsO, § 124 KO bzw. § 11 Abs. 1 GesO aufzustellende Vermögensübersicht zu übermitteln und sie über festgestellte und bestrittene Forderungen sowie über Verteilungen zu unterrichten 26 • Erhält ein ausländischer Inso1venzverwalter, der seinerseits kooperationsbereit ist, diese Auskünfte nicht, kann er sich an das inländische Insolvenzgericht wenden und geeignete Aufsichtsmaßnahmen anregen.

4. Teilnahme an Gläubigerversammlungen

Fraglich ist, ob ausländische Insolvenzverwalter berechtigt sind, an den Gläubigerversammlungen inländischer Partikularinsolvenzverfahren teilzunehmen. § 398 Abs. 2 RegEinsO sah dies vor, ist jedoch nicht Gesetz geworden, so daß gegenwärtig allein die allgemeinen Vorschriften maßgeblich sind. § 74 Abs. 1 S. 2 lnsO räumt das Recht zur Teilnahme allen absonderungsberechtigten Gläubigern, allen Insolvenzgläubigern, dem Insolvenzverwalter und dem Schuldner ein. Insolvenzverwalter im Sinne dieser Vorschrift ist, wie sich mittelbar aus § 398 Abs. 2 RegEinsO ergibt, nur der inländische Verwalter. Ausländische Verwalter haben demnach kein originäres Teilnahmerecht, können aber als Vertreter anderer Verfahrensbeteiligter teilnahmeberechtigt sein27 . Eine Teilnahme als Vertreter des SchuldBT-Drs. 12/2443, S. 246; vgl. Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (243). Hanisch, in: Stoll, Reform des IIR, S. 104 (123); Thieme, a. a. 0 ., S. 212 (243); vgl. auch Hanisch, SJIR 36 (1980), S. 109 (123). 26 Vgl. Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 246; Hanisch, SJIR 36 (1980), s. 109 (123). 27 Zur Zulässigkeit der Vertretungs. Kilger/Karsten Schmidt, § 94 KO Anm. 1; Kuhn/ Uhlenbruck, § 94 Rdn. 1. 24 25

17 Ahrens

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B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

ners setzt voraus, daß der betreffende ausländische Verwalter nach dem Insolvenzstatut eine solche Rechtsstellung innehat oder vom Schuldner bevollmächtigt worden ist. Sofern der Schuldner aufgrund seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht (§ 100 KO, § 97 InsO), die sich zu einer Anwesenheitspflicht verdichten kann (vgl. § 97 Abs. 3 lnsü), persönlich an der Gläubigerversammlung teilzunehmen hat, wird eine Vertretung allerdings nicht in Betracht kommen. Ferner können ausländische Verwalter als Vertreter einzelner Gläubiger teilnahmeberechtigt sein28 . Hingegen führt der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht zum Übergang des Teilnahmerechts des Schuldners auf einen ausländischen Verwalter. Schon im Hinblick auf eine etwaige Teilnahmepflicht muß der Schuldner zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung berechtigt bleiben. Mit dem Verlust des Teilnahmerechts würde er zudem substantielle Mitwirkungsbefugnisse einbüßen und in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art. 14 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt29. Daß ausländische Insolvenzverwalter demnach nur in Ausnahmefällen zur Teilnahme an Gläubigerversammlungen inländischer Partikularverfahren berechtigt sind, dürfte im Ergebnis allerdings ohne Bedeutung sein, da sie gemäß § 175 Abs. 2 S. 1 GVG vom Insolvenzgericht zugelassen werden können30 • Ihre Teilnahme wird regelmäßig im Interesse der Insolvenzgläubiger liegen, so daß einer Zulassung nichts entgegenstehen dürfte.

5. Mitwirkung bei der Verwertung Für die Mitwirkung ausländischer Verwalter an der Verwertung inländischen Schuldnervermögens enthielt der Regierungsentwurf ebenfalls eine Regelung. Im Interesse einer bestmöglichen Verwertung sollten Verwalter inländischer Partikularverfahren ausländischen Insolvenzverwaltern Gelegenheit geben, Vorschläge für die Verwertung oder sonstige Verwendung der inländischen Massegegenstände zu unterbreiten(§ 398 Abs. 1 S. 2 RegEinsO). Hierzu sind inländische Verwalter aufgrund ihrer Pflicht zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung indessen schon nach geltendem Recht verpflichtet, ohne Einschränkung allerdings nur insoweit, als eigene Verwertungsmaßnahmen entweder noch nicht anstehen oder ohne Nachteil für die inländische Masse zurückgestellt werden können. Andernfalls hat der inländische Verwalter die Chancen, aufgrund der Vorschläge des ausländischen Verwalters ein besseres Verwertungsergebnis zu erzielen, und die mit einem Verwertungsaufschub verbundenen Nachteile und Risiken sorgfaltig gegeneinander abzuwägen. Überwiegen die Chancen, ist die Verwertung für eine angemessene Frist zuriickzustellen31. Entscheidet der Verwalter sich zu Unrecht gegen einen Aufschub, kann Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (234); Trunk, Internationale Aspekte, S. 190. Baur/Stürnerii, Rdn. 5.32. 30 Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 94 Rdn. 1; Kilger/Karsten Schmidt, § 94 KO Anm. 1. 31 Vgl. die Begründung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 246. Die Grenzen des Verwertungsaufschubs werden dort allerdings nicht recht deutlich. 28

29

IX. Rechtsstellung im inländischen Parallelverfahren

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ein ausländischer Insolvenzverwalter sich an das inländische Insolvenzgericht wenden, um doch noch einen Verwertungsaufschub zu erwirken. Eine dariiber hinausgehende Aussetzung der Verwertung durch das Insolvenzgericht nach dem Vorbild des Art. 33 EuiÜ mag zwar rechtspolitisch wünschenswert sein32, ist derzeit mangels Ermächtigungsgrundlage gegen den Willen der Gläubiger des inländischen Verfahrens aber nicht durchsetzbar.

6. Mitwirkung beim Aufstellen eines Insolvenzplans Ähnlich wie bei der Verwertung des Schuldnervermögens sollten ausländische Insolvenzverwalter nach dem Regierungsentwurf auch beim Zustandekommen eines Insolvenzplans mitwirken können. Sie sollten berechtigt sein, einen Insolvenzplan vorzulegen (§ 398 Abs. 3 S. 2, 1. Halbs. RegEinsO); ein von anderer Seite vorgelegter Plan sollte ihnen zur Stellungnahme zugeleitet werden (§ 398 Abs. 3 S. 1 RegEins0) 33 . Solche Mitwirkungsrechte können ausländische Verwalter nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung nur teilweise ausüben. Zur Vorlage eines Insolvenzplans sind gemäߧ 218 Abs. 1 S. 1 InsOder Insolvenzverwalter und der Schuldner berechtigt. Insolvenzverwalter im Sinne dieser Vorschrift ist allein der inländische Verwalter (arg. § 398 Abs. 3 S. 2, 1. Halbs. RegEinsO). Ausländische Verwalter können, wenn sie nach dem Insolvenzstatut Vertreter des Schuldners sind, lediglich für diesen einen Insolvenzplan vorlegen. Gleiches gilt für Vergleichsvorschläge nach § 173 KO, § 2 VglO und § 16 Abs. 1 Ges034. Das Recht des Schuldners, seinerseits einen Vergleich oder einen Insolvenzplan vorzuschlagen, bleibt unberiihrt. Dieses Recht dient seinem Schutz und geht deshalb nicht in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eines ausländischen Verwalters über. Zu den Personen und Organen, denen ein Insolvenzplan nach § 232 Abs. 1 InsO zur Stellungnahme zuzuleiten ist, gehören ausländische Verwalter nicht. Verwalter im Sinne dieser Bestimmung ist wiederum nur der inländische Verwalter. Andernfalls wäre § 398 Abs. 3 S. 1 RegEinsO entbehrlich gewesen. Ausländische Verwalter können jedoch als sachkundige Stelle angesehen werden, denen das Insolvenzgericht nach § 232 Abs. 2 InsO Gelegenheit zur Äußerung geben kann. Dariiber hinaus ist eine informelle Mitteilung des Insolvenzplans an den ausländischen Verwalter durch den inländischen Insolvenzverwalter möglich und wird aufgrund der allgemeinen Kooperationspflicht inländischer Verwalter regelmäßig sogar geboten sein.

Reinhart, S. 291, 322; Hanisch, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (216). Ablehnend Hanisch, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (214 f., 216), der Partikularverfahren in Anlehnung an Artt. 3 Abs. 3 S. 2, 27 S. 2 EuiÜ nur als Liquidationsverfahren zulassen will. 34 Zur Zulässigkeil der Vertretung s. Kuhnl Uhlenbruck, § 173 Rdn. 7; Kilger I Karsten Schmidt, § 173 KO Anm. 2, § 2 VgiO Anm. 2; Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 16 Rdn. 9. 32

33

17*

260

B. Rechtsstellung nach autonomem Recht

7. Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses Schon für die Konkursordnung ist angenommen worden, daß ein im inländischen Partikularkonkurs nach vollständiger Befriedigung aller Insolvenzgläubiger verbleibender Überschuß nicht an den Schuldner, sondern an den Verwalter eines ausländischen Universalinsolvenzverfahrens herauszugeben ist, wenn dessen Eröffnung im Inland anerkannt wird35 . Der Regierungsentwurf hatte sich dem angeschlossen (§ 399 RegEinsO), doch hat der Rechtsausschuß auch diese Bestimmung gestrichen. Ein Anspruch ausländischer Insolvenzverwalter auf Herausgabe eines Überschusses besteht indessen auch im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung. § 199 S. l Insü schreibt zwar die Herausgabe eines Überschusses an den Schuldner vor. Wenn aber neben einem inländischen Partikularinsolvenzverfahren ein ausländisches Universalverfahren durchgeführt wird, dessen Eröffnung im Inland anerkannt wird, könnte der Schuldner einen an ihn herausgegebenen Überschuß nicht behalten. Mit der Aufhebung des inländischen Verfahrens würde das ausländische Verfahren seine Wirkungen auf das Inlandsvermögen entfalten, und infolgedessen würde der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den erlangten Überschuß alsbald an den ausländischen Insolvenzverwalter verlieren 36. Unter diesen Umständen ist es zweckmäßig, wenn der Überschuß gleich an den ausländischen Verwalter herausgegeben wird. Solange im ausländischen Verfahren noch nicht alle Insolvenzforderungen befriedigt sind, wäre eine Herausgabe an den Schuldner in der Sache auch nicht gerechtfertigt. Falls der Schuldner keine natürliche Person ist, kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Ein Überschuß ist hier zwar an die am Schuldner beteiligten Personen herauszugeben (§ 199 S. 2 Insü). Auch diese Herausgabe ist jedoch nicht zu rechtfertigen, solange noch Insolvenzforderungen offen sind. § 199 Insü sollte daher restriktiv ausgelegt und im Falle eines anzuerkennenden ausländischen Parallelverfahrens mit den vorgenannten Einschränkungen angewandt werden.

35 Thieme, in: Stoll, Reform des IIR, S. 212 (240); E. J. Habscheid, KTS 1989, S. 593 (617 N. 119). Weitergehend Grasmann, KTS 1990, S. 157 (177 ff.); ders., Rev. crit. 1990, S. 421 (435 ff.): Herausgabe des nach vollständiger Befriedigung der bevorrechtigten Forderungen(§ 61 Abs. 1 Nm. 1-5 KO) verbleibenden Rests zur Verteilung an alle nicht bevorrechtigten in- und ausländischen Insolvenzgläubiger im ausländischen Hauptinsolvenzverfahren. Diese Auffassung orientiert sich am schweizerischen Mini-Konkurs (vgl. Art. 172 Abs. 1 IPRG, Art. 219 SchKG) und am Sekundärkonkurs des Istanbuler Übereinkommens (vgl. Artt. 21, 22 IstanbÜ). Mit der Abschaffung der allgemeinen Konkursvorrechte durch die InsO ist sie obsolet geworden. 36 Vgl. Flessner, IPRax 1997, S. 1 (4).

C. Die Rechtsstellung ausländischer Insolvenzverwalter im Inland nach den europäischen Übereinkommen über Insolvenzverfahren I. Das Europäische Übereinkommen über bestimmte internationale Aspekte des Konkurses (lstanbuler Übereinkommen) 1. Allgemeines a) Entstehung

Das Europäische Übereinkommen über bestimmte internationale Aspekte des Konkurses vom 5. Juni 1990 ist das erste Übereinkommen über Insolvenzverfahren, das in neuerer Zeit auf europäischer Ebene fertiggestellt wurde 1• Entstanden ist es in bewußter Distanzierung von dem hochgesteckten Ziel eines europäischen Einheitskonkurses, das dem Projekt eines EG-Konkursübereinkommens bis hin zum revidierten Entwurf von 1984 zugrundelag. Die vom Europarat im Jahre 1980 eingesetzte Sachverständigenkommission2 hat sich von vomherein auf einige Grundprobleme grenzüberschreitender Insolvenzverfahren beschränkt. Ihr ging es lediglich darum, gewisse Mindeststandards zu setzen3 , insbesondere für die Erfassung ausländischen Schuldnervermögens. Die Kommission hat ihre Arbeiten im Februar 1990 abgeschlossen. Seit dem 5. Juni 1990 liegt das Istanbuler Übereinkommen zur Zeichnung auf, doch haben bislang nur wenige Staaten, darunter Deutschland, das Übereinkommen gezeichnet4 • In Kraft treten soll das Übereinkommen nach Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch mindestens drei Mitgliedstaaten des Europarats (Artt. 34 Abs. 1, 33 IstanbÜ); allerdings hat bisher erst ein Staat das Übereinkommen ratifiziert5 . In Deutschland war die Entscheidung über die Ratifikation zunächst bis zum Abschluß der Insolvenzrechtsreform zurückgestellt worden6 . Nachdem der Rechtsausschuß des Bundestages sich dafür I Zur Konkurskonvention der 5. und 6. Haager Konferenz von 1925 und 1928 s. Trunk, IIR, S. 42 ff.; Müller-Freienfels, in: FS Dölle, S. 359 (389 f.) m. w. N. 2 s.Amold, IPRax 1986, S. 133 (135). 3 Vgl. Artt. 14 Abs. 1, 15,38 IstanbÜ. 4 Fletcher, S. 782 N. 49, nennt außer Deutschland Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, die Türkei und Zypern. s Zypern (Fletcher, S. 782). 6 Begrundung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 235.

262

C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

ausgesprochen hat, mit einer umfassenden Neuregelung des deutschen Internationalen Insolvenzrechts bis zur Fertigstellung des EG-Konkursübereinkommens zu warten und die Vorschriften dieses Übereinkommens im wesentlichen unverändert auch im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten anzuwenden 7 , ist mit einer Ratifikation des Istanbuler Übereinkommens auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Es ist sogar fraglich, ob das Übereinkommen überhaupt jemals in Kraft treten wird 8 . Das letzte Wort darüber dürfte freilich noch nicht gesprochen sein.

b) Anwendungsbereich

aa) Verhältnis zu anderen Rechtsquellen Da das Istanbuler Übereinkommen lediglich gewisse Mindeststandards für die Behandlung von Insolvenzverfahren mit Auslandsberührung setzen soll, ist es im Verhältnis zu bestehenden und künftigen bilateralen9 oder multilateralen Staatsverträgen nur nachrangig anwendbar (Art. 38 Abs. 1 IstanbÜ). Zwischen EU-Mitgliedstaaten soll Gemeinschaftsrecht und daher nicht das Istanbuler Übereinkommen Anwendung finden, es sei denn, daß das Gemeinschaftsrecht keine einschlägige Regelung enthält (Art. 38 Abs. 2 IstanbÜ). Der Vorrang des EU-Rechts gilt für primäres, sekundäres und begleitendes Gemeinschaftsrecht, insbesondere für das EuiÜ, und umfaßt auch innerstaatliche Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrecht umgesetzt wird 10. Spezielle Öffnungsklauseln zugunsten anderer Rechtsquellen einschließlich des autonomen Rechts der Vertragsstaaten finden sich in Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 des Übereinkommens.

bb) Konkursverfahren Der sachliche Anwendungsbereich des Istanbuler Übereinkommens erstreckt sich grundsätzlich nur auf Konkursverfahren. Darunter versteht das Übereinkommen kollektive Insolvenzverfahren, die die Ernennung eines Verwalters und den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Schuldnervermögens auf diesen zur Folge haben und die zur Liquidation des Schuldnervermögens führen können (Art. 1 Abs. 1 Unterabs. I, Abs. 3 Iit. b IstanbÜ). Die Insolvenzverfahren der Vertragsstaaten, welche diese Voraussetzungen erfüllen, sollen Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 1217303, S. 117. s Skepsis äußern Trautman!Westbrook/Gaillard, AJCL 41 (1993), S. 573 (574); Fletcher, in: FS Hanisch, S. 89 (95); Balz, ZEuP 1996, S. 325; Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.3; Trunk, IIR, S. 353; Spahlinger, S. 231 , 346. 9 Vgl. den Erläuternden Bericht der Sachverständigenkommission, Nm. 170, 80. IO Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 170. 7

I. Istanbuler Übereinkommen

263

in Anhang A des Übereinkommens 11 aufgeführt werden (Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2, 3 lstanbÜ). In der vom Europarat veröffentlichten Fassung 12 enthält dieser Anhang nur diejenigen Verfahren der seinerzeitigen Mitgliedstaaten des Europarates, die in erster Linie auf Liquidation angelegt sind 13 , für die Schweiz etwa nur den Konkurs, für Frankreich allein die Liquidation judiciaire und für England, abgesehen vom Nachlaßkonkurs, lediglich winding up by the court, creditors' voluntary winding up und bankruptcy 14• Diese Aufzählung ist unvollständig, weil die Konkursdefinition in Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 IstanbÜ auch solche Verfahren umfaßt, die erst dann zur Verwertung führen, wenn eine andere Lösung, z. B. ein Vergleich oder ein Sanierungsplan, nicht zustandekommt 15. Mithin wäre das Istanbuler Übereinkommen beispielsweise auch auf die administration englischen Rechts anwendbar16. Das französische Unternehmenssanierungsverfahren hingegen ist kein Konkurs im Sinne des Übereinkommens, weil es nicht zwingend zu einem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den administrateur führt 17 • Auf Partikularkonkursverfahren als Primärkonkurse ist das Übereinkommen ebensowenig anwendbar. Es verlangt zwar nicht ausdrücklich, daß ein Konkurs auch das Auslandsvermögen des Schuldners in Anspruch nimmt; von der Sachverständigenkommission ist dies aber stillschweigend vorausgesetzt worden 18. Ausnahmsweise gelten bestimmte Regelungen des Istanbuler Übereinkommens (Kapitel II und IV) auch für Verfahren, die keine Konkursverfahren im Sinne der eingangs genannten Definition sind (vgl. Artt. 6, 29 lstanbÜ) 19. Auf Insolvenzverfahren über das Vermögen von Versicherungsgesellschaften und Kreditinstituten ist das Übereinkommen wegen der auf nationaler Ebene vielfach bestehenden Sonderregelungen20 nicht anzuwenden (Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 IstanbÜ) 21 . cc) Verwalter Verwalter im Sinne des Istanbuler Übereinkommmens ist jede Person oder Stelle, deren Aufgabe es ist, das Vermögen des Schuldners zu verwalten oder zu Dort unter lit. a, b. Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, S. 57-60. 13 Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 7. 14 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, S. 57, 60. 15 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 7; unzutreffend Favoccia, S. 149. 16 Vgl. Sec. 8 (3)(d), 18 Inso1vency Act 1986; a.A. Fletcher, in: FS Hanisch, S. 89 (100). 17 Vgl. Artt. 31,32 Gesetz Nr. 85-98; Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 100; Vallens, Rev. crit. 1993, S. 136 (141). 18 Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nm. 1, 2; Metzger, S. 156 f. 19 Näher dazu unten 2. a), S. 265; 4., S. 279. 2o Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 8. 2 1 Kritisch zu diesem Ausschlußtatbestand W. J. Habscheid, in: FS Matscher, S. 163 (172, 174). 11

12

264

C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

verwerten oder seine Geschäftstätigkeit zu überwachen. Diese Personen und Stellen sollen in Anhang B des Übereinkommens genannt werden (Art. 1 Abs. 3 lit. a IstanbÜ). Anders als Anhang A unterscheidet Anhang B nicht zwischen Konkursverfahren nach Art. 1 Abs. 1 IstanbÜ und Verfahren nach Artt. 6, 29 IstanbÜ, so daß Verwalter im Sinne von Art. 1 Abs. 3 lit. a IstanbÜ auch solche Personen bzw. Stellen sein können, die in einem Verfahren tätig werden, das kein Konkurs nach Art. 1 Abs. 1 IstanbÜ ist. Für Frankreich nennt Anhang B beispielsweise den administrateur judiciaire, den representant des creanciers und den commissaire a l'execution du plan 22 , also Verwalter im Unternehmenssanierungsverfahren, das selbst nicht als Konkurs gilt. Dies zeigt, daß die Anhänge weder auf den Übereinkommenstext noch untereinander in hinreichendem Maße abgestimmt sind. Im übrigen ist auch Anhang B unvollständig. Mit dem administrator englischen Rechts23 fehlt eine Person, die zumindest eine der eingangs genannten Verwalterfunktionen ausübt24 .

c)Aufbau Das Istanbuler Übereinkommrnen besteht aus fünf Kapiteln. Kapitel I (Artt. 1-5 IstanbÜ) enthält allgemeine Bestimmungen, insbesondere über die ausländische verfahrenseröffnende Entscheidung, die internationale Zuständigkeit und die Legitimation des Verwalters. Den Kern des Übereinkommens bilden die Kapitel li und 111, die zwei alternative Wege zur Erfassung des Auslandsvermögens des Schuldners eröffnen. Kapitel II (Artt. 6-15 IstanbÜ) gestattet dem in einem Vertragsstaat ernannten Verwalter die Wahrnehmung bestimmter Befugnisse in anderen Vertragsstaaten. Kapitel 111 (Artt. 16-28 IstanbÜ) läßt die Eröffnung von Sekundärkonkursen in diesen Staaten zu. Das Alternativverhältnis zwischen beiden Kapiteln hat insbesondere in Art. 40 des Übereinkommens Ausdruck gefunden, der nur den Vorbehalt, Kapitel li oder Kapitel 111 insgesamt nicht anzuwenden, für zulässig erklärt. Diese Bestimmung begründet die Gefahr, daß sich zwei Gruppen von Vertragsstaaten bilden, innerhalb derer Kapitel II bzw. Kapitel 111 keine Anwendung findet und zwischen denen, abgesehen von den allgemeinen Vorschriften des Kapitels I, im wesentlichen nur Kapitel IV anzuwenden ist25 . Dem in der Präambel des Übereinkommens hervorgehobenen Ziel, zu größerer Einheit zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates beizutragen, liefe eine derartige Gruppenbildung tendenziell zuwider26. Kapitel IV (Artt. 29-32 IstanbÜ) betrifft die Information der Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, S. 61. Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, S. 63. 24 Vgl. Sec. 14 (1) i.V.m. Schedule 1 lnsolvency Act 1986. 25 Zu Einzelheiten s. Art. 40 lstanbÜ. 26 Kritisch zu Art. 40 lstanbÜ auch die EG-Kommission, ZIP 1992, A 75, Nr. 202; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 4; ferner Hanisch, ZIP 1994, S. 1 (8); Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 25; Fletcher, S. 780. 22 23

I. Istanbuler Übereinkommen

265

Insolvenzgläubiger und die Anmeldung ihrer Forderungen, während Kapitel V Schlußbestimmungen enthält (Artt. 33-44 IstanbÜ).

2. Unmittelbare Wahrnehmung bestimmter Verwalterbefugnisse in anderen Vertragsstaaten (Kapitel II) a) Anwendungsbereich

Kapitel II des Übereinkommens gilt außer für (eröffnete) Konkursverfahren nach Art. 1 Abs. 1 IstanbÜ27 auch für Eröffnungsverfahren, d. h. für solche Verfahren, die auf einen Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens nach Art. 1 Abs. 1 IstanbÜ von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet werden und der vorläufigen Sicherung des Schuldnervermögens dienen (Art. 6 IstanbÜ). Diese Erweiterung dient dem effektiven Schutz des Schuldnervermögens und ist zu begrüßen. Gegebenenfalls wird also auch ein provisional Liquidator bzw. ein interim receiver englischen Rechts von den Befugnissen dieses Kapitels Gebrauch machen können28 .

b) Voraussetzungen der Wahrnehmung von Verwalterbefugnissen

Befugnisse nach Kapitel II können Verwalter in anderen Vertragsstaaten nur ausüben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst muß die verfahrenseröffnende Entscheidung, auf die sie sich stützen, den Anforderungen des Übereinkommens genügen (aa). Ferner darf in dem Vertragsstaat, in dem die Verwalter von ihren Befugnissen Gebrauch machen wollen, kein Konkurs oder konkursabwendendes Verfahren eröffnet oder anerkannt worden sein (bb). Schließlich müssen die Verwalter sich hinreichend legitimieren (cc). aa) Die ausländische verfahrenseröffnende Entscheidung Nach Art. 7 i.V.m. Art. 3 IstanbÜ muß die ausländische verfahrenseröffnende Entscheidung von einem international zuständigen Gericht getroffen worden, im Verfahrensstaat wirksam sowie mit dem ordre public vereinbar sein.

27

28

s. oben l. b) bb), S. 262 f. Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, S. 63.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

( 1) Internationale Zuständigkeit

Im Zusammenhang mit der unmittelbaren Wahrnehmung von Verwalterbefugnissen in anderen Vertragsstaaten regelt das Istanbuler Übereinkommen allein die Anerkennungszuständigkeit Indirekt international zuständig sind in erster Linie die Gerichte bzw. Behörden des Vertragsstaates, in dem sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners befindet (Artt. 3 lit. a, 4 Abs. 1 S. 1 IstanbÜ). Für Gesellschaften und juristische Personen gilt eine widerlegliehe Vermutung, daß dieser Mittelpunkt am Ort ihres eingetragenen Sitzes liegt (Art. 4 Abs. 1 S. 2 lstanbÜ). Die Vermutung kann z. B. durch den Beweis widerlegt werden, daß die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensführung an einem anderen Ort getroffen werden29 . Befindet sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners nicht in einem Vertragsstaat oder kann in dem Vertragsstaat, in dem er sich befindet, nach dessen nationalem Recht aufgrund einer persönlichen Eigenschaft des Schuldners kein Konkurs eröffnet werden, sind in zweiter Linie die Gerichte bzw. Behörden desjenigen Vertragsstaates indirekt international zuständig, in dem sich eine Niederlassung des Schuldners befindet (Art. 4 Abs. 2 S. 1 IstanbÜ). Die zweite Alternative der Niederlassungszuständigkeit kann vor allem bei solchen Staaten relevant werden, die wie etwa Frankreich30 Insolvenzverfahren über das Vermögen von Nichtkaufleuten nur unter engen Voraussetzungen zulassen 31 . Hat der Schuldner Niederlassungen in mehreren Vertragsstaaten, ist bei konkurrierenden Verfahren allein das Gericht international zuständig, dessen Eröffnungsentscheidung zuerst ergangen ist (Art. 4 Abs. 2 S. 3 IstanbÜ). Diese Regelungen vermögen nur teilweise zu überzeugen. Die Anknüpfungsmomente - Interessenmittelpunkt und Niederlassung - sind grundsätzlich sachgereche2. Zu weit geht es jedoch, Niederlassungskonkurse mit Auslandsvermögenszuständigkeit hinsichtlich des in anderen Vertragsstaaten belegenen Schuldnervermögens auszustatten. Die Verbindungen zwischen einer Niederlassung und dem in anderen Vertragsstaaten belegenen Vermögen des Schuldners sind in aller Regel nicht so eng, daß sie eine solche Einbeziehung rechtfertigen 33 .

29

Vgl. den Erläuternden Bericht zum lstanbÜ, Nr. 27; ferner Fletcher, in: FS Hanisch,

s. 89 (101).

Vgl. Art. 2 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 30; Wiesbauer, S. 64 (66). Diese Staaten brauchen das Übereinkommen auf die in anderen Vertragsstaaten eröffneten Niederlassungskonkurse nicht anzuwenden (Art. 4 Abs. 2lit. b S. 2 lstanbÜ). 32 Bedenken gegen die Anknüpfung an den Interessenmittelpunkt jedoch bei Leipold, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (190 f.). 33 Anders daher Art. 3 Abs. 2, 4 Iit. a EuiÜ und § 238 Abs. 1 KO; vgl. auch § 22 Abs. 2 GesO, Art. 102 Abs. 3 S. I EGinsO. Kritisch auch Spahlinger, S. 236; abweichend Metzger (S. 29 f., 34), die Art. 4 Abs. 2 lstanbÜ insgesamt für sachgerecht hält. 30

31

I. Istanbuler Übereinkommen

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(2) Wirksamkeit im Verfahrensstaat

Die ausländische Eröffnungsentscheidung muß in dem Staat, der das Verfahren eröffnet hat, wirksam sein (Art. 3 lit. b lstanbÜ). Vollstreckbarkeit oder vorläufige Wirksamkeit genügen. Rechtskraft ist im Interesse einer effektiven Sicherung des Schuldnervermögens vor massebeeinträchtigenden Einwirkungen des Schuldners und einzelner Gläubiger nicht erforderlich34. (3) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit dem ordre public

Die verfahrenseröffnende Entscheidung darf darüber hinaus mit der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem ein Verwalter Befugnisse nach Kapitel II ausüben will, nicht offensichtlich unvereinbar sein (Art. 3 lit. c IstanbÜ).

bb) Keine Eröffnung oder Anerkennung eines Konkurses oder konkursabwendenden Verfahrens Befugnisse nach Kapitel II des Istanbuler Übereinkommens können Verwalter in einem anderen Vertragsstaat dann nicht ausüben, wenn dort ein Konkurs oder ein konkursabwendendes Verfahren eröffnet oder anerkannt worden ist (Art. 14 Abs. 1 IstanbÜ). Daß nicht nur die Eröffnung, sondern auch die Anerkennung eines Konkurses bzw. eines konkursabwendenden Verfahrens in dem Staat, in dem der Verwalter tätig werden will, ihn an der Wahrnehmung seiner Befugnisse hindert, ist nur vor dem Hintergrund der begrenzten Zielsetzung des Übereinkommens zu verstehen. Die Anwendung von Kapitel II des Übereinkommens bedeutet keine Anerkennung der ausländischen verfahrenseröffnenden Entscheidung35 , so daß die Anerkennung anderen Rechtsquellen - Staatsverträgen und Bestimmungen des autonomen Rechts 36 - vorbehalten bleibt. Eine Anerkennung nach diesen Rechtsquellen soll Vorrang vor der Wahrnehmung von Verwalterbefugnissen nach Kapitel II haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Verfahren, dessen Eröffnung anerkannt wird, in einem Nichtvertragsstaat oder in einem anderen Vertragsstaat als dem eröffnet worden ist, dessen Verwalter die Befugnisse nach Kapitel II des Übereinkommens ausüben will. Fraglich ist hingegen, ob Art. 14 Abs. 1 IstanbÜ auch den Fall erfaßt, daß dasjenige Verfahren, dessen Verwalter Befugnisse nach Kapitel II im anderen Vertragsstaat wahrnehmen will, dort anerkannt wird. Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist dies zu bejahen. Gegen eine solche Auslegung spricht jedoch, daß die Sachverständigenkommission davon ausgegangen ist, daß die AnerErläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 21lit. b. Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 37. Zumindest mißverständlich daher Geimer (IZPR, Rdn. 3354), im Vordergrund des lstanbuler Übereinkommens stehe die Anerkennung ausländischer Konkurse im Inland. Gleiches gilt für Metzger, passim. 36 Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 80. 34 35

268

C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

kennung der ausländischen Verfahrenseröffnung die Geltung der Artt. 6 ff. IstanbÜ unberührt läße 7 • Vor allem für diesen Fall ist Art. 15 IstanbÜ gedacht, wonach es jedem Vertragsstaat freisteht, ausländischen Verwaltern die Ausübung weitergehender Befugnisse als nach Kapitel li auf seinem Staatsgebiet zu gestatten. Gegen die Anwendung von Art. 14 Abs. 1 IstanbÜ auf die Anerkennung desjenigen Verfahrens, dessen Verwalter Befugnisse nach Kapitel II ausüben will, spricht ferner das Ziel des Übereinkommens, einheitliche Mindeststandards zu setzen. Es ist keineswegs gesichert, daß die Rechtsstellung, die ein ausländischer Verwalter durch eine wie auch immer geartete Anerkennung in einem beliebigen Vertragsstaat erlangt, stets die in Kapitel II genannten Befugnisse umfaßt. Die Ausschlußvorschrift des Art. 14 Abs. 1 IstanbÜ sollte deshalb nicht auf die Anerkennung derjenigen Konkursverfahren angewandt werden, deren Verwalter Befugnisse nach Kapitel II des Übereinkommens in anderen Vertragsstaaten ausüben wollen. Die in Art. 14 Abs. 1 lstanbÜ genannten konkursabwendenden Verfahren umfassen insbesondere Vergleichs- und Sanierungsverfahren 38 , nicht jedoch Eröffnungsverfahren nach Art. 6 IstanbÜ. Die Anordnung oder Anerkennung von Sicherungsmaßnahmen aufgrund solcher Eröffnungsverfahren in einem anderen Vertragsstaat hindert ausländische Verwalter demnach nicht an der Wahrnehmung ihrer Befugnisse in diesem Staat. Das bedeutet, daß es zu Kompetenzkonflikten zwischen einem im anderen Vertragsstaat zur einstweiligen Sicherung des Schuldnervermögens eingesetzten vorläufigen Verwalter und einem ausländischen Verwalter kommen kann, der ebenfalls zur Durchführung von Maßnahmen zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens in diesem Vertragsstaat berechtigt ist (Art. 8 IstanbÜ). Gleiches gilt, wenn der andere Vertragsstaat selbst keinen vorläufigen Verwalter eingesetzt hat, aber die Einsetzung eines vorläufigen Verwalters in einem Drittstaat anerkennt. Solche Konflikte wären vermieden worden, wenn Eröffnungsverfahren nicht nur in Art. 6 lstanbÜ, sondern auch in Art. 14 Abs. 1 IstanbÜ Konkursverfahren gleichgestellt worden wären. cc) Legitimation Die unmittelbare Wahrnehmung von Befugnissen nach Kapitel II in anderen Vertragsstaaten setzt ferner voraus, daß der betreffende Verwalter sich durch eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung, durch die er bestellt worden ist, oder durch eine amtliche Bescheinigung der verfahrenseröffnenden Stelle über seine Bestellung legitimiert (Artt. 7, 2 S. 1 IstanbÜ). Auf Verlangen hat der Verwalter eine Übersetzung in die Amtssprache bzw. in eine der Amtssprachen des Staates, in dem er seine Befugnisse ausüben will, beizubringen. Eine Legalisation oder eine andere entsprechende Förmlichkeit darf nicht verlangt werden (Art. 2 S. 2, 3 IstanbÜ). 37 38

Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 89. Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 81.

I. Istanbuler Übereinkommen

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c) Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen

aa) Umfang Sofern die vorgenannten Voraussetzungen für die unmittelbare Wahrnehmung von Verwalterbefugnissen in anderen Vertragsstaaten erfüllt sind, ist ein in einem Vertragsstaat ernannter Verwalter im Interesse eines effektiven Schutzes der Insolvenzmasse39 vom Zeitpunkt seiner Ernennung an berechtigt, alle notwendigen Handlungen zum Schutz bzw. zur Erhaltung des Wertes des Schuldnervermögens in den anderen Vertragsstaaten vorzunehmen oder vornehmen zu lassen (Art. 8 IstanbÜ). Diese Handlungen können beispielsweise in der Inbesitznahme von Massegegenständen, der Anlegung von Siegeln, der Einziehung fälliger Forderungen, der Fortführung eines Geschäftsbetriebs des Schuldners oder in der Veräußerung leicht verderblicher Ware bestehen40. Welche Maßnahmen der Verwalter jeweils treffen darf, bestimmt das Insolvenzstatut41 ; ob er diese Maßnahmen selbst durchführen darf, entscheidet das Recht des anderen Vertragsstaates42 . Darf der Verwalter sie nicht selbst durchführen, kann er die zuständigen Stellen dieses Staates um Durchführung43 sowie um sonstige Unterstützung ersuchen (Art. 8 IstanbÜ). Soweit ein Verwalter Sicherungsmaßnahmen für bestimmte Vermögensgegenstände getroffen hat, sind diese Gegenstände der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners entzogen, selbst wenn diese Befugnis nach dem Recht des anderen Vertragsstaates zunächst noch beim Schuldner verbleiben sollte44 • bb) Grenzen Bei der Durchführung von Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen in anderen Vertragsstaaten nach Art. 8 IstanbÜ unterliegen ausländische Verwalter den nachstehenden Beschränkungen. (1) Keine grenzüberschreitenden Vermögensbewegungen

Ausländischen Verwaltern ist es untersagt, Vermögensgegenstände aus dem Vertragsstaat, in dem sie sich befinden, zu entfernen (Art. 8 IstanbÜ). Dieses Verbot soll verhindern, daß die Verwalter die Beschränkungen ihrer Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse nach Art. 11 IstanbÜ45 dadurch unterlaufen, daß sie dieses Ver39 40

41 42 43 44

45

Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 42. Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 41. Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nm. 40 f. Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 42. Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 42. Metzger, S. 63 f. s. dazu unten e) bb) (1) - (3), S. 273 ff.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

mögen in den Verfahrensstaat bringen lassen. Das Verbot ist aber nicht zwingend, sondern steht zur Disposition jedes Vertragsstaats (Art. 15 lstanbÜ).

(2) Dingliche Sicherheiten Dritter Dinglichen Sicherheiten Dritter, die nach dem Recht eines Vertragsstaates begründet worden sind oder von diesem Recht anerkannt werden, darf das Handeln eines Verwalters in diesem Staat nicht zuwiderlaufen (Art. 14 Abs. 2 lit. a lstanbÜ). Was als dingliche Sicherheit anzusehen ist, richtet sich nach dem Recht des betreffenden Vertragsstaates46. Jede Beeinträchtigung dinglicher Sicherheiten durch ausländische Konkursverfahren ist demnach ausgeschlossen47 • Damit entspricht Art. 14 Abs. 2 lit. a IstanbÜ dem § 390 Abs. 1 RegEinsO, der vorsah, daß die Eröffnung ausländischer Insolvenzverfahren Rechte Dritter an inländischen Massegegenständen nicht berühren sollte. Art. 14 Abs. 2 lit. a IstanbÜ ist daher denselben Einwänden ausgesetzt wie die Lösung des Regierungsentwurfs48 . Hier wie dort geht der vollständige Ausschluß aller Verwalterbefugnisse hinsichtlich dinglicher Sicherheiten über das zum Schutz der gesicherten Gläubiger Gebotene hinaus49 . Ein berechtigtes Interesse, dingliche Sicherheiten auch von den insolvenzrechtlichen Beschränkungen des Lageortsrechts freizuhalten, besteht nicht. Allerdings hat jeder Vertragsstaat die Möglichkeit, den Schutz dinglicher Sicherheiten für sein Gebiet auf das notwendige Maß zu beschränken (Art. 15 lstanbÜ) 50. Daß von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, ist freilich kaum zu erwarten.

(3) Ordre public Handlungen, die der öffentlichen Ordnung eines Vertragsstaates offensichtlich widersprechen, darf ein Verwalter in diesem Staat nicht vornehmen (Art. 14 Abs. 2 lit. b lstanbÜ). Die Bestimmung ergänzt die Vorbehaltsklausel des Art. 3 lit. c IstanbÜ, die sich allein auf die verfahrenseröffnende Entscheidung bezieht.

(4) Einwendungen Werden Einwendungen gegen die Ausübung der Befugnisse des Verwalters erhoben oder wird der Umfang seiner Befugnisse nach dem Insolvenzstatut bzw. nach dem Übereinkommen bestritten, ist es Sache des Verwalters, eine gerichtliche Entscheidung im betreffenden Vertragsstaat herbeizuführen, die ihm das Recht zur Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 85. Metzger; S. 115. 48 s. oben B. VI. I. b) bb) (I) (b), (c), S. 205 f., 209 ff. 49 Insoweit zutreffend Favoccia, S. 158. so Vgl. Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1138). 46 47

I. lstanbuler Übereinkommen

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Wahrnehmung seiner Befugnisse in diesem Staat bestätigt (Art. 12 IstanbÜ)51 . Bis dahin ist der Verwalter an der Ausübung seiner Befugnisse gehindert 52. Zur Vornahme von Sicherungsmaßnahmen kann er sich jedoch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ermächtigen lassen 53 . Die Darlegungs- und Beweislast für den Umfang seiner Befugnisse trägt der Verwa1ter54. d) Öffentliche Bekanntmachung der Verwalterbestellung und Gutglaubensschutz

aa) Öffentliche Bekanntmachung der Bestellung des Verwalters Bevor ausländische Verwalter in anderen Vertragsstaaten Maßnahmen treffen dürfen, die über die Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens hinausgehen, ist zunächst die Entscheidung über ihre Bestellung55 in dem Vertragsstaat, in dem sie ihre Befugnisse ausüben wollen, auszugsweise zu veröffentlichen (Art. 9 IstanbÜ). Die Einzelheiten der Bekanntmachung richten sich nach dem Recht des Staates, in dem sie erfolgen soll56. Es bestimmt, ob die Bekanntmachung eine entsprechende Ermächtigung der zuständigen Stelle voraussetzt, und regelt die Art der Veröffentlichung einschließlich des Publikationsorgans sowie den näheren Inhalt der Bekanntmachung57 • Die Veröffentlichung dient zugleich der Information der Gläubiger und anderer betroffener Personen58 und hat darüber hinaus Konsequenzen für den Schutz des guten Glaubens. bb) Gutglaubensschutz Art. 13 IstanbÜ regelt die schuldbefreiende Wirkung von Leistungen an den Schuldner bzw. an den Verwalter. Zahlungen an den Schuldner und die Herausgabe von Vermögensgegenständen an ihn befreien den Leistenden nicht, wenn sie nach der öffentlichen Bekanntmachung der Bestellung des Verwalters erfolgen, es sei 51 Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 70. Die Regelung des gerichtlichen Verfahrens und der Wirkungen der gerichtlichen Entscheidung ist den Vertragsstaaten überlassen (Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nm. 71 f.). 52 A.A. Metzger, S. 45 f., die Art. 12 IstanbÜ auf Maßnahmen nach Art. 8 IstanbÜ nicht anwenden will. Mit Nr. 43 des Erläuternden Berichts zum IstanbÜ ist diese Auffassung nicht zu vereinbaren. 53 Amold, IPRax 1986, S. 133 (136 N. 23). 54 Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 73. 55 Eine andere amtliche Bescheinigung über die Bestellung zum Verwalter kann ebenfalls öffentlich bekanntgemacht werden (Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 44). 56 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 45. 57 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nm. 45 f. 58 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 44.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

denn, daß der Leistende beweist59, daß ihm die Veröffentlichung nicht bekannt war (Art. 13 Abs. 2 IstanbÜ). Die Notwendigkeit, Bestimmungen zum Schutz des guten Glaubens auch für Leistungen an den Verwalter zu treffen, ergibt sich daraus, daß das Istanbuler Übereinkommen zunächst nur bestimmte Befugnisse des Verwalters auf andere Vertragsstaaten erstreckt, während der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners auf den Verwalter60 dort erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird (vgl. Art. 11 Abs. 3 IstanbÜ). Infolgedessen ist es nicht ausgeschlossen, daß andere Vertragsstaaten trotz des ausländischen Konkurses zunächst noch allein den Schuldner als empfangszuständig ansehen. Weil die sich daraus ergebende Gefahr der Doppelleistung Drittschuldnern nicht zuzumuten ist61 , bestimmt Art. 13 Abs. 1 S. 1 IstanbÜ, daß Zahlungen an den Verwalter und die Herausgabe von Vermögensgegenständen an ihn schuldbefreiende Wirkung haben, wenn sie in gutem Glauben erfolgen. Der gute Glaube wird vermutet, wenn die Leistung nach Vorlage einer ordnungsgemäßen Legitimationsurkunde oder nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verwalterbestellung erfolgt (Art. 13 Abs. 1 S. 2 IstanbÜ)62 • Die schuldbefreiende Wirkung tritt allerdings nur dann ein, wenn der Verwalter nach dem Insolvenzstatut empfangszuständig ist63 . Über die Anknüpfung des Gutglaubensschutzes ist Art. 13 IstanbÜ nichts zu entnehmen. Doch ist aufgrund des Zusammenhangs mit der öffentlichen Bekanntmachung davon auszugehen, daß Art. 13 IstanbÜ nur solche Leistungen erlaßt, die im Staat der jeweiligen Bekanntmachung erfolgen64. e) Verwaltungs- und Veifügungsmaßnahmen

aa) Umfang Maßnahmen, die nicht der Sicherung oder Erhaltung des Schuldnervermögens dienen, können Verwalter in anderen Vertragsstaaten nur im Rahmen der Artt. 10 und 11 IstanbÜ treffen. Art. 10 Abs. 1 IstanbÜ gibt ihnen das Recht, alle Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen, zu denen sie das Insolvenzstatut ermächtigt, auch für das in anderen Vertragsstaaten belegene Schuldnervermögen zu treffen. Insbesondere dürfen sie solche Vermögensgegenstände aus anderen Vertragsstaaten entfernen. Diese Ermächtigung ist gleichbedeutend mit dem Übergang der Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 78. Vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. b lstanbÜ sowie den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 12. 61 Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 74. 62 Da der Schuldner von der öffentlichen Bekanntmachung an nicht mehr empfangszuständig ist (Art. 13 Abs. 2 lstanbÜ), wäre es konsequent gewesen, von der Veröffentlichung an den Verwalter als empfangszuständig anzusehen anstau nur den guten Glauben an seine Empfangszuständigkeit zu vermuten. 63 Vgl. den Erläuternden Bericht zum lstanbÜ, Nr. 77. Dies ist gegebenenfalls gemäß Art. 12 IstanbÜ zu klären (vgl. Amold, IPRax 1986, S. 133 [137]). 64 Vgl.obenB. V.l.a)cc)(2), S.l75f. 59

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I. Istanbuler Übereinkommen

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Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Verwalter, wie insbesondere aus Art. 11 Abs. 3 IstanbÜ hervorgeht. Nach dieser Bestimmung stehen die Befugnisse nach Art. 10 Abs. 1 IstanbÜ, sobald sie ausgeübt werden können, allein dem Verwalter zu. Der Schuldner ist von diesem Zeitpunkt an demnach nicht mehr verwaltungs- und verfügungsberechtigt65 . Art. 10 Abs. 2 IstanbÜ bestimmt, daß die Durchführung von Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen dem Recht des Vertragsstaates unterliegt, in dem sich der jeweilige Vermögensgegenstand befindet. Dies ist als Hinweis auf die Beachtung des jeweiligen Sachstatuts zu verstehen66. bb) Grenzen Im Unterschied zu Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen sind Verwertungsund Verfügungshandlungen ausländischer Verwalter gravierenden Beschränkungen unterworfen. Art. 11 IstanbÜ sieht nicht nur bestimmte Wartezeiten für die Verwalter vor, sondern auch den Vorrang von Einzelrechtsverfolgungsmaßnahmen bestimmter Gläubigergruppen. Die Begründung der Sachverständigenkommission geht davon aus, daß diese Beschränkungen dem Schutz berechtigter Gläubigerinteressen dienen67 • ( 1) Allgemeine Wartezeit

Art. 11 Abs. 1 Unterabs. I S. 1 IstanbÜ bestimmt, daß Verwalter Verwaltungsund Verfügungsmaßnahmen in einem anderen Vertragsstaat vor Ablauf einer Frist von zwei Monaten, beginnend mit dem Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung ihrer Bestellung, nicht durchführen können. Diese allgemeine Wartezeit war ursprünglich dazu gedacht, Gläubigem im anderen Vertragsstaat für eine begrenzte Zeit die Gelegenheit zu geben, die Eröffnung eines Konkurs- oder konkursabwendenden Verfahrens zu beantragen bzw. Einzelrechtsverfolgungsmaßnahmen einzuleiten. Diese zeitlich limitierende Funktion hat die Vorschrift im weiteren Verlauf der Beratungen jedoch teilweise verloren. Immerhin kann die allgemeine Wartezeit von jedem Vertragsstaat für sein Gebiet beliebig verkürzt oder ganz gestrichen werden (Art. 15 IstanbÜ) 68.

65 Unzutreffend daher Favoccia, S. 154, 158, und Wiesbauer, S. 64 (68), die vom Fortbestand der Dispositionsbefugnis des Schuldners ausgehen. 66 Vgl. den Erläuternden Bericht zum lstanbÜ, Nr. 54. 67 Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nm. 56, 64 (zw., vgl. auch W J. Habscheid, in: FS Matscher, S. 163 [172]). 68 Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nm. 65, 89. 18 Ahrens

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

(2) Besondere Wartezeit bei Eröffnungsantrag

Für den Fall, daß während der allgemeinen Wartezeit im anderen Vertragsstaat ein Antrag auf Eröffnung eines Konkurs- oder konkursabwendenden Verfahrens gestellt wird, ordnet Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 2 IstanbÜ eine zusätzliche Wartezeit an. Ausländische Verwalter dürfen so lange keine Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen treffen, bis der Antrag abgelehnt wird. Einen Konkursantrag können sie dabei auch selbst stellen (Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 IstanbÜ)69. Diese besondere Wartezeit dient dem Schutz lokaler Insolvenzverfahren und nimmt den Ausschlußtatbestand des Art. 14 Abs. I lstanbÜ, der erst mit Eröffnung eingreift, teilweise vorweg. Zu weit geht es jedoch, daß das Übereinkommen schon einem Eröffnungsantrag Suspensiveffekt zuerkennt und es damit in die Hand jedes Gläubigers legt, ob ein ausländischer Verwalter Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen treffen kann. Dies lädt zu Mißbräuchen geradezu ein. Besser wäre es gewesen, einen Suspensiveffekt erst einstweiligen Anordnungen der für die Verfahrenseröffnung zuständigen Stelle beizulegen70• Art. 11 Abs. 3 IstanbÜ bestimmt, daß nach Ablauf der allgemeinen und der besonderen Wartezeit allein der ausländische Verwalter Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen treffen kann. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die besondere Wartezeit jederzeit von neuem beginnen kann. Gegen Ende der Beratungen der Sachverständigenkommission ist sie auf Eröffnungsanträge erweitert worden, die erst nach Ablauf der allgemeinen Wartezeit gestellt werden7 1• Dies bedeutet, daß der Verwalter die Befugnis zu Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen jederzeit wieder verlieren kann, heißt aber nicht, daß der Schuldner diese Befugnis wiedererlangt. Die besondere Wartezeit steht ebenso wie die allgemeine Wartezeit zur Disposition jedes Vertragsstaats (Art. 15 IstanbÜ72). (3) Einzelrechtsverfolgung

Während der Dauer der allgemeinen und der besonderen Wartezeit nach Art. II Abs. 1 IstanbÜ können bestimmte Gläubigergruppen die Einzelrechtsverfolgung gegen den Schuldner beginnen oder fortsetzen. Dazu gehören Gläubiger, denen in dem Staat, in dem der Verwalter seine Befugnisse wahrnehmen will, ein Recht auf bevorzugte Befriedigung zusteht oder denen ein solches Recht zustünde, wenn der Konkurs in diesem Staat eröffnet worden wäre, ferner Gläubiger mit öffentlich-rechtlichen Forderungen und Gläubiger, deren Forderungen aus dem Betrieb einer Niederlassung des Schuldners oder aus einem Arbeitsverhältnis in diesem Staat herrühren (Art. 11 Abs. 2 IstanbÜ). Diese Gläubiger sind insbesondere berechtigt, einstweiliNäher dazu der Erläuternde Bericht zum IstanbÜ, Nr. 58. Vgl. oben b) bb), S. 268. 71 Der bei Wiesbauer; S. 116 ff., abgedruckte Entwurf (Stand: 23. 2. 1988) enthielt diese Erweiterung noch nicht. n Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nm. 65, 89. 69

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I. Istanbuler Übereinkommen

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gen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, Leistungsklagen zu erheben und in das Vermögen des Schuldners zu vollstrecken 73 , und zwar auch in solche Vermögensgegenstände, die der Verwalter nach Art. 8 lstanbÜ sichergestellt hat74. Art. II Abs. 3 IstanbÜ bestimmt, daß diese Gläubiger nach Ablauf der allgemeinen und der besonderen Wartezeit mit der Einzelrechtsverfolgung nicht mehr beginnen können, während die Fortsetzung bereits begonnener Maßnahmen noch möglich ist75 . In diesem Zusammenhang scheint die Sachverständigenkommission allerdings nicht bedacht zu haben, daß die besondere Wartezeit mit einem Eröffnungsantragjederzeit wieder in Lauf gesetzt werden kann. Folglich könnten Gläubiger das Verbot des Art. II Abs. 3 IstanbÜ dadurch umgehen, daß sie zunächst einen Eröffnungsantrag stellen, sodann mit der Einzelrechtsverfolgung beginnen und den Eröffnungsantrag anschließend zurücknehmen. Damit Art. 11 Abs. 3 IstanbÜ auf diese Weise nicht weitgehend wirkungslos wird, empfiehlt es sich, die Bestimmung so auszulegen, daß nach Ablauf der allgemeinen Wartezeit gestellte Eröffnungsanträge das Recht, mit der Einzelrechtsverfolgung zu beginnen, nicht wieder aufleben lassen. Auch wenn die Zulässigkeit der Einzelrechtsverfolgung von jedem Vertragsstaat für sein Gebiet beschränkt oder ausgeschlossen werden kann (Art. 15 IstanbÜ), bleibt Art. 11 Abs. 2 IstanbÜ eine der problematischsten Bestimmungen des Übereinkommens. Daß einige der genannten Gläubigergruppen in besonderem Maße schutzbedürftig sind76, rechtfertigt es nicht, den Grundsatz der par condicio creditorum sowohl unter diesen Gläubigem als auch im Verhältnis zu anderen Gläubigem außer Kraft zu setzen. Die Übernahme dieser Regelung in die Insolvenzordnung hat der Regierungsentwurf daher mit Recht abgelehnt. Auch Interessen von Gläubigem mit besonderem Inlandsbezug werden durch den Zugang zu einem Parallelinsolvenzverfahren angemessener geschützt als durch die Zulassung der Einzelrechtsverfolgung mit den Zufälligkeiten des Prioritätsprinzips77 . (4) Dingliche Sicherheiten Dritter

Dingliche Sicherheiten Dritter sind vor Verwaltungs- und Verfügungshandlungen ausländischer Verwalter ebenso geschützt wie vor Sicherungs- und ErhaltungsErläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 63. Die gegenteilige Auffassung von Metzger, S. 70, ist mit Nr. 43 des Erläuternden Berichts zum lstanbÜ nicht zu vereinbaren. Sowohl aus der zeitlichen Reihenfolge von Sicherungsmaßnahmen und Einzelrechtsverfolgung - Sicherungsmaßnahmen sind schon vor der öffentlichen Bekanntmachung zulässig, Art. 11 Abs. 2 lstanbÜ findet erst danach Anwendung - als auch aus der Erwähnung einer späteren Kontrolle nach Art. 12 IstanbÜ in diesem Zusammenhang ergibt sich, daß die Sachverständigenkommission in erster Linie nachträgliche Vollstreckungsmaßnahmen zulassen wollte. 75 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 65. 76 Dazu im einzelnen Metzger, S. 72 ff. 77 Begrundung zum RegEinsO, BT-Drs. 12/2443, S. 238; Metzger, S. 80; teilweise a.A. Vallens, Rev. crit. 1993, S. 136 (154). 73

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

maßnahmen (Art. 14 Abs. 2 lit. a lstanbÜ). Darüber hinaus sollen dinglich gesicherte Gläubiger zur Einzelrechtsverfolgung nach Art. 11 Abs. 2 IstanbÜ berechtigt sein78 . Solche Einzelrechtsverfolgungsmaßnahmen dürfen sich freilich nur auf das jeweilige Sicherungsgut erstrecken. (5) Ordre public Die Vorbehaltsklausel des Art. 14 Abs. 2 lit. b IstanbÜ findet auch auf Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen ausländischer Verwalter Anwendung. In diesem Zusammenhang erwähnt der Sachverständigenbericht insbesondere Bestimmungen des Devisenrechts und des Kulturgüterschutzes, die die Ausfuhr bestimmter Vermögensgegenstände ins Ausland untersagen, sowie Unpfändbarkeilsregeln 79. (6) Einwendungen Einwendungen, die gegen die Ausübung oder gegen den Umfang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse ausländischer Verwalter erhoben werden, haben so lange Suspensiveffekt, bis der betreffende Verwalter sich seine Befugnisse durch eine gerichtliche Entscheidung bestätigen läßt (Art. 12 IstanbÜ)80. Hier gelten dieselben Regeln wie für Einwendungen gegen Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen81.

3. Rechtsstellung ausländischer Verwalter in Sekundärkonkursen (Kapitel 111)

a) Anwendungsbereich Als Alternative zur unmittelbaren Betätigung ausländischer Verwalter in anderen Vertragsstaaten sieht Kapitel III des Istanbuler Übereinkommens zum Schutz lokaler Gläubiger und zur Sicherung einer lokalen Verwertung82 die Eröffnung von Sekundärkonkursen vor. Sekundärkonkurse, vergleichbar den schweizerischen Mini-Konkursen nach Artt. 170 ff. IPRG, sind eine Art Rechtshilfeverfahren, mit denen das im Sekundärkonkursstaat belegene Schuldnervermögen83 erfaßt und nach Vorabbefriedigung bestimmter Forderungen dem Hauptkonkurs zur VerErläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 62; Favoccia, S. 156 f. Erläuternder Bericht zum lstanbÜ, Nr. 53. Vgl. Arnold, IPRax 1986, S. 133 (137). 80 Vgl. Arnold, IPRax 1986, S. 133 (136). 81 s. oben c) bb) (4), S. 270 f. 82 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 91. 83 Fletcher, in: FS Hanisch, S. 89 (101 f .).

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I. Istanbuler Übereinkommen

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fügung gestellt wird84. Im Sekundärkonkurs vorab befriedigt werden dinglich gesicherte und bevorrechtigte Forderungen, was unbedenklich ist, darüber hinaus öffentlich-rechtliche Forderungen sowie Forderungen, die aus dem Betrieb einer Niederlassung des Schuldners oder aus einem Arbeitsverhältnis im Sekundärkonkursstaat stammen (Art. 21 IstanbÜ). Mit dem Grundsatz der par condicio creditorum ist die Bevorzugung dieser weiteren Forderungen nicht zu vereinbaren85 , was um so schwerer wiegt, als eine Art. 15 IstanbÜ entsprechende Öffnungsklausel für Sekundärkonkurse fehlt. Sekundärkonkurse im Sinne des Istanbuler Übereinkommens sind nur diejenigen Konkurse, die nach dem Hauptkonkurs, d. h. nach dem Konkurs in dem Staat, in welchem sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners befindet86, in anderen Vertragsstaaten eröffnet werden (Art. 28 Abs. 1 IstanbÜ). Sie können allein aufgrund der Eröffnung des Hauptkonkurses eröffnet werden, sofern diese wirksam und mit dem ordre public nicht offensichtlich unvereinbar ist87 , es sei denn, daß im betreffenden Vertragsstaat schon ein Konkurs bzw. ein konkursabwendendes Verfahren eröffnet wurde (Art. 16 IstanbÜ). Die internationale Eröffnungszuständigkeit für den Sekundärkonkurs wird, abgesehen von den nach nationalem Recht bestehenden Zuständigkeitsgründen, durch eine Niederlassung des Schuldners sowie durch das Vorhandensein von Schuldnervermögen im jeweiligen Vertragsstaat begründet (Art. 17 IstanbÜ). Soweit das Istanbuler Übereinkommen nichts anderes bestimmt, unterliegt der Sekundärkonkurs dem Recht des Verfahrensstaates (Art. 19 IstanbÜ). Verwalter von Hauptkonkursen haben im Rahmen eines Sekundärkonkurses die nachstehenden Rechte und Pflichten, zu deren Wahrnehmung sie sich gegebenenfalls gemäß Art. 2 IstanbÜ legitimieren müssen.

b) Eröffnungsantrag Verwalter von Hauptkonkursen sind berechtigt, die Eröffnung von Sekundärkonkursen in anderen Vertragsstaaten zu beantragen. Dazu haben sie die den Hauptkonkurs eröffnende Entscheidung vorzulegen (Art. 18 lit. a IstanbÜ). Im Rahmen des Kapitels III sind solche Eröffnungsanträge das einzige Mittel, mit denen ausländische Verwalter das in anderen Vertragsstaaten belegene Schuldnervermögen abzüglich der zur Vorabbefriedigung in den Sekundärkonkursen erforderlichen Vermögenswerte zur Masse des Hauptkonkurses ziehen können. Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 92; Baur/Stümer li, Rdn. 38.16. Baur/Stümer li, Rdn. 38.13, 38.16; Trautman/Westbrook!Gaillard, AJCL 41 (1993), S. 573 (597); Gottwald, Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 27; vgl. auch Mankowski, ZIP 1995, S. 1650 (1655 f .) (zu Niederlassungsläubigern); Metzger, S. 171 f., 177 ff. Vor allem deshalb ist in der Begründung zum RegElnsO, BT-Drs. 12/2443, S. 235, die Einlegung eines Vorbehalts gegen Kapitel IIl erwogen worden. 86 s. Art. 4 Abs. I IstanbÜ (oben 2. b) aa) (1), S. 266). 87 s. Art. 3 lit. b, c IstanbÜ (oben 2. b) aa) (2), (3), S. 267). 84

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

c) Information

Verwalter von Hauptkonkursen sind verpflichtet, alle Informationen, die für den Sekundärkonkurs von Bedeutung sein können, dem Sekundärkonkursverwalter unverzüglich mitzuteilen. Dies gilt insbesondere für alle auf die Beendigung des Verfahrens zielenden Maßnahmen (Art. 25 IstanbÜ). Gegenstand der Informationspflicht können aber auch einzelne Vermögensgegenstände des Schuldners, bestimmte Verwaltungsmaßnahmen, die Fortführung eines Geschäftsbetriebs des Schuldners, Vorrechte und Sicherheiten sowie die Anmeldung und Prüfung von Konkursforderungen sein88 . Im gleichen Umfang haben Verwalter von Sekundärkonkursen den Verwalter im Hauptkonkurs zu unterrichten (Art. 25 IstanbÜ). Insbesondere haben sie diesem alle im Sekundärkonkurs angemeldeten Forderungen mitzuteilen (Art. 20 Abs. 2 S. I IstanbÜ) 89 . Verwalter von Hauptkonkursen können Unterrichtung gemäß Art. 25 IstanbÜ auch dann verlangen, wenn der Konkurs im anderen Vertragsstaat zuerst eröffnet wurde und demzufolge kein Sekundärkonkurs im Sinne des Übereinkommens ist (Art. 28 Abs. 2 Unterabs. 2 IstanbÜ). d) Mitwirkung beim Zustandekommen eines Vergleichs

Sofern das Recht eines Vertragsstaates die Beendigung des Sekundärkonkurses durch einen Vergleich mit den vorab zu befriedigenden Gläubigem90 zuläßt, kann ein solcher Vergleich nur mit Zustimmung des Verwalters des Hauptkonkurses zustandekommen (Art. 27 S. I IstanbÜ). Zweck dieser Bestimmung ist es, die berechtigten Interessen der Gläubiger im Hauptkonkurs zu schützen. Der Verwalter des Hauptkonkurses darf seine Zustimmung deshalb nicht verweigern, wenn bewiesen wird, daß der Vergleich die finanziellen Interessen dieser Gläubiger nicht berührt (Art. 27 S. 2 IstanbÜ). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die nach dem Vergleich verbleibende Sekundärkonkursmasse in ihrem Wert nicht hinter dem bei konkursmäßiger Befriedigung herauszugebenden Restvermögen zurückbleibt91 . Da die Ermittlung der erzielbaren Verwertungserlöse jedoch häufig mit Unwägbarkeiten behaftet ist, dürfte eine solche Vergleichsrechnung schwierig sein92 •

Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 136. Die Übermittlung gilt als wirksame Anmeldung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 lstanbÜ), vorbehaltlich besonderer Bedingungen und Formalitäten für die Forderungsanmeldung nach dem Recht des Hauptkonkursstaates (Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 111). 90 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 142. 91 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 140. 92 Vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Reform des IIR, s. 265 (274). 88 89

I. Istanbuler Übereinkommen

279

e) Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses

Kommt es im Sekundärkonkurs nicht zu einem Vergleich, sondern zur Vorabbefriedigung der eingangs genannten privilegierten Gläubigergruppen, fällt eine etwa verbleibende Sekundärkonkursmasse anschließend in die Masse des Hauptkonkurses (Art. 22 S. 1 IstanbÜ). Die dazu erforderlichen Handlungen hat der Verwalter des Sekundärkonkurses unverzüglich vorzunehmen (Art. 22 S. 2 IstanbÜ). Die Herausgabe eines Überschusses kann der Verwalter des Hauptkonkurses auch dann verlangen, wenn der andere Konkurs zuerst eröffnet wurde. In diesem Fall entsteht der Herausgabeanspruch jedoch erst mit der Beendigung des anderen Verfahrens (Art. 28 Abs. 2 Unterabs. 1 IstanbÜ)93 . f) Mitwirkung bei der Verfahrensbeendigung

Aufgrund der Ergänzungsfunktion des Sekundärkonkurses für den Hauptkonkurs bestimmt Art. 26 IstanbÜ, daß Sekundärkonkursverfahren nur nach vorheriger Stellungnahme des Verwalters im Hauptkonkurs beendet werden können, vorausgesetzt, daß diese innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist erfolgt. Die Beteiligung des Verwalters des Hauptkonkurses soll gewährleisten, daß die Interessen der an diesem Konkurs teilnehmenden Gläubiger am Ergebnis des Sekundärkonkurses bei der Entscheidung über die Verfahrensbeendigung berücksichtigt werden können94.

4. Information der Gläubiger (Kapitel IV)

Kapitel IV des Istanbuler Übereinkommens soll verhindern, daß die in anderen Vertragsstaaten ansässigen Gläubiger aufgrund von Informationsdefiziten in Insolvenzverfahren schlechter stehen als die im Verfahrensstaat ansässigen Gläubiger95 . Da dieses Ziel nicht an einen bestimmten Verfahrenstyp gebunden ist, gilt Kapitel IV nicht nur für Konkursverfahren nach Art. 1 Abs. 1 IstanbÜ, sondern auch für kollektive Insolvenzverfahren, die lediglich die Ernennung eines Verwalters zur Folge haben. Ein Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners auf den Verwalter ist demnach nicht erforderlich; auch muß die Liquidation nicht mögliche Verfahrensfolge sein (Art. 29 IstanbÜ)96. Die Verfahren der seinerzeitigen Mitgliedstaaten des Europarates, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind, Zur Verteilung des herausgegebenen Vermögens im Hauptkonkurs s. Art. 23 f. IstanbÜ. Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nr. 137. 95 Erläuternder Bericht zum IstanbÜ, Nm. 145 f. 96 Daß beide Merkmale auch kumulativ fehlen können, ergibt sich aus dem Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 149. 93

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

ohne daß der Vertragstext es verlangt, mit in Anhang A aufgeführt97 . Darüber hinaus findet Kapitel IV auch auf Sekundärkonkurse Anwendung (Art. 29 IstanbÜ). Die Verwalter all dieser Verfahren sind, wie bereits erwähnt, in Anhang B genannt98. Im Rahmen des Kapitels IV besteht die wesentliche Pflicht ausländischer Verwalter bzw. der sonst zuständigen Stellen des Verfahrensstaates darin, umgehend nach Verfahrenseröffnung die ihnen bekannten, in anderen Vertragsstaaten ansässigen Gläubiger individuell von der Eröffnung zu benachrichtigen (Art. 30 Abs. 1 IstanbÜ). Diese Mitteilung muß insbesondere Angaben über die Fristen für die Forderungsanmeldung, die von den Gläubigem vorzunehmenden Handlungen sowie über eine etwaige Anmeldepflicht für bevorrechtigte und gesicherte Forderungen enthalten (Art. 30 Abs. 2 IstanbÜ)99. Die Verwalter können auch für die Entgegennahme der Forderungsanmeldungen ausländischer Gläubiger zuständig sein (Art. 31 S. 1 IstanbÜ) 100.

5. Stellungnahme

Eine Gesamtbewertung des Istanbuler Übereinkommens fällt zwiespältig aus. Ohne die bereits genannten Kritikpunkte im einzelnen wiederholen zu wollen, ist doch festzuhalten, daß der Hauptnachteil des Übereinkommens darin liegt, daß es sich nicht zur uneingeschränkten Anerkennung der par condicio creditorum hat durchringen können, sondern bestimmte Gläubigergruppen bevorzugt. Damit repräsentiert das Übereinkommen eine Entwicklungsstufe, die das Internationale Insolvenzrecht Deutschlands und anderer EU-Mitgliedstaaten mittlerweile hinter sich gelassen hat. Abgesehen davon wirkt das Übereinkommen aufgrund mancher handwerklicher Mängel nicht ausgereift. Seine Zukunftschancen sind daher in der Tat skeptisch zu beurteilen. Positiv zu bewerten ist hingegen der Beitrag, den das Istanbuler Übereinkommen zur Entwicklung des Internationalen Insolvenzrechts geleistet hat. Zahlreiche Einzellösungen haben mehr oder weniger unverändert in den Regierungsentwurf der Insolvenzordnung und in das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren Eingang gefunden. Erstmals sind Vorschriften über die Zusammenarbeit der Verwalter in parallelen Insolvenzverfahren aufgestellt worden. Vor allem hat sich das Istanbuler Übereinkommen dadurch bleibende Verdienste erwor97 Dort unter lit. c. Die Angaben für Irland und San Marino sind insofern unrichtig, als die unter lit. a, b genannten Verfahren auch unter lit. c hätten genannt werden müssen. 98 Anhang B ist allerdings auch insoweit unvollständig. Obwohl z. B. schweizerische Nachlaßverfahren und englische voluntary arrangements in Anhang A erwähnt sind und obwohl die zugehörigen Verwalter (Sachwalter, Liquidatoren, supervisor) Verwaltungs-, Verwertungs- oder Überwachungsfunktionen nach Art. I Abs. 3 lit. a IstanbÜ ausüben (Artt. 295 Abs. 2, 319 Abs. 3 SchKG, Sec. 1 (2), 253 (2) Insolvency Act 1986), sind diese Verwalter in Anhang B nicht enthalten. 99 Zur Sprachenfrage s. Artt. 32, 39 IstanbÜ. wo Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 162.

II. EU-Übereinkommen

281

ben, daß es mit seinem Konzept, sowohl die unmittelbare Betätigung von Insolvenzverwaltern eines Vertragsstaates in anderen Vertragsstaaten als auch alternativ die Eröffnung separater Partikularverfahren in diesen Staaten zuzulassen, das europäische Insolvenzrecht aus der Sackgasse, in die es mit den auf den Einheitskonkurs fixierten Entwürfen eines EG-Konkursübereinkommens hineingeraten war, wieder herausgeführt hat.

II. Das Übereinkommen der Europäischen Union über Insolvenzverfahren 1. Allgemeines

a) Entstehung

Das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23. November 1995 (EuiÜ) hat eine lange und wechselvolle Entstehungsgeschichte. Erste Schritte zur Erarbeitung eines EG-Konkursübereinkommens wurden bereits zu Beginn der sechziger Jahre unternommen. Sie führten 1970 zu einem Vorentwurf, der auf dem Prinzip der Einheit des Konkurses beruhte, für jeden Schuldner also nur ein einziges, gemeinschaftsweites Konkursverfahren zulassen wollte. Die erste Erweiterung der Gemeinschaften im Jahre 1973 verzögerte den Fortgang der Arbeiten, so daß ein weiterer Übereinkommensentwurf erst 1980 vorgelegt werden konnte 1• Am Konzept eines einzigen, gemeinschaftsweiten Konkursverfahrens hatte sich nichts geändert, was wesentlich dazu beitrug, daß die erforderliche Zustimmung aller Mitgliedstaaten ausblieb. Auch einem revidierten Entwurf aus dem Jahre 1984 blieb der Erfolg versagt; mangels hinreichenden Einvernehmens wurden die Arbeiten 1985 ausgesetzt2. 1990 unternahm der Rat der Europäischen Gemeinschaften einen neuen Anlauf und setzte eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe "Konkursübereinkommen" ein. Diese Sachverständigenkommission erarbeitete zunächst einen internen Entwurf, der neben gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahren auch die Eröffnung von Partikularinsolvenzverfahren vorsah3 . Dieser Entwurf wurde im Zuge der weiteren Beratungen in zahlreichen Details modifiziert und ergänzt, blieb in seinen Grundlinien jedoch weitgehend unverändert. Der Beitritt Schwedens, Finnlands und Österreichs zur Europäischen Union am l. Januar 1995 hat den Fortgang der Arbeiten nicht nennenswert aufgehalten. Schon am 23. November 1995 konnte das Übereinkommen vom Rat der Europäischen Union verabschiedet und zur ZeichI Vgl. Thieme, RabelsZ 45 (1981), S. 459 (462); Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 3. 2 Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 3. Zum Entwurf von 1984 s. etwa Stummel, S. 44 ff. 3 In einer vorläufigen Fassung veröffentlich in ZIP 1992, 1197 ff. (im folgenden: EG-Entwurf 1992).

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

nung aufgelegt werden4 . Kurz vor dem Ziel kam es zu einem unerwarteten Rückschlag, als das Vereinigte Königreich aus Protest gegen die Politik der Union in der BSE-Krise, insbesondere gegen das Exportverbot für britisches Rindfleisch, die am 23. Mai 1996 ablaufende Zeichnungsfrist ungenutzt verstreichen ließ5 . Seitdem ist die Zukunft des EU-Übereinkommens über Insolvenzverfahren wieder ungewiß6. Anzeichen für ein Einlenken des Vereinigten Königreichs sind trotz des zwischenzeitliehen Regierungswechsels bislang nicht zu erkennen.

b) Anwendungsbereich aa) Verhältnis zu anderen Rechtsquellen Im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereichs soll das EU-Übereinkommen neun bilaterale Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten, darunter den deutschösterreichischen Konkursvertrag vom 25. Mai 1979, und zwei multilaterale Übereinkünfte ersetzen, insbesondere das Istanbuler Übereinkommen vom 5. Juni 1990 (Art. 48 Abs. 1 EuiÜ). Auf Verfahren, die vor Inkrafttreten des EU-Übereinkommens eröffnet werden und damit aus seinem zeitlichen Anwendungsbereich herausfallen (Art. 47 S. 1 EuiÜ), sollen die vorgenannten Verträge, soweit selbst in Kraft getreten, allerdings anwendbar bleiben (Art. 48 Abs. 2 EuiÜ). In denjenigen Vertragsstaaten, die vor Inkrafttreten des EuiÜ eine Übereinkunft mit einem oder mehreren Nichtvertragsstaaten geschlossen haben, wird das EU-Übereinkommen nur insoweit gelten, als es in Konkurssachen mit den Verpflichtungen aus der jeweiligen Übereinkunft vereinbar ist. Darüber hinaus wird das Übereinkommen im Vereinigten Königreich nur in dem Maße Anwendung finden, als es mit dessen Verpflichtungen in Konkurssachen aus Vereinbarungen, die im Rahmen des Commonwealth geschlossen wurden und bei Inkrafttreten des EuiÜ wirksam sind, vereinbar ist (Art. 48 Abs. 3 EuiÜ). Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, mit denen in Einzelfragen Vorschriften für Insolvenzverfahren erlassen werden, sowie dementsprechend harmonisiertes nationales Recht gehen den Regelungen des EuiÜ vor7 •

bb) Insolvenzverfahren Der sachliche Anwendungsbereich des EU-Übereinkommens erstreckt sich auf Gesamtverfahren, welche die Insolvenz8 des Schuldners voraussetzen und den 4 Das Übereinkommen ist abgedruckt in ZEuP 1996, 331 - 348, in ZIP 1996, 976-983, bei Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 3-31, sowie bei Jayme/Hausmann, Nr. 136, S. 591-612. 5 Financial Tlmes, 24. 5. 1996, S. 1, 18. 6 Etwas voreilig OLG Köln, 6. 6. 1997, ZIP 1998,74 (75): Inkrafttreten zum 1. 1. 1999. 7 Präambel zum EuiÜ, 4. Begründungserwägung; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 46.

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vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag9 gegen diesen sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben (Art. 1 Abs. 1 EuiÜ) 10• Diese Gesamtverfahren werden als Insolvenzverfahren bezeichnet und sind in Anhang A des Übereinkommens aufgeführt (Art. 2 lit. a EuiÜ) 11 • Anhang A enthält unter anderem sämtliche im ersten Abschnitt dieser Arbeit vorgestellten französischen und englischen Insolvenzverfahren 12, insbesondere französische Untemehmenssanierungsverfahren, soweit in ihnen ein administrateur ernannt wird 13 • Ob das jeweilige Verfahren auch das Auslands- oder nur das Inlandsvermögen des Schuldners umfaßt, ist ohne Bedeutung. Auch Partikularinsolvenzverfahren sind daher, was zu begrüßen ist, Insolvenzverfahren im Sinne des Übereinkommens (vgl. Artt. 16 Abs. 1, 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 EuiÜ) 14 . Nicht anzuwenden ist das Übereinkommen nach Art. l Abs. 2 EuiÜ auf Insolvenzverfahren über das Vermögen von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten, von Wertpapierfirmen, die Dienstleistungen erbringen, welche das Halten von Geldern oder Wertpapieren Dritter umfassen, sowie von Organismen für gemeinsame Anlagen. Grund dafür ist neben der Existenz besonderer Gemeinschaftsregeln für diese Unternehmen vor allem die Absicht, Insolvenzverfahren über ihr Vermögen mittels sekundären Gemeinschaftsrechts zu regeln. Welche Unternehmen diese Ausnahmebestimmung im einzelnen erfaßt, ist anband der Begriffsbestimmungen der einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien zu bestimmen 15 •

B Insoweit ist das Insolvenzstatut maßgeblich (Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 49lit. b). 9 Dies soll außer dem vollständigen oder teilweisen Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners auf den Verwalter auch ein sonstiges Eingreifen des Verwalters in Verbindung mit der Überwachung des Schuldners umfassen (Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 49 lit. c). 10 Im Unterschied zum Istanbuler Übereinkommen verlangt das EuiÜ nicht, daß das Verfahren zur Liquidation des Schuldnervermögens führen können muß (so noch Art. I Abs. I S. I EG-Entwurf 1992; unzutreffend Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. I8). Vgl. jedoch Art. 2lit. c i.V.m. Anhang B i.V.m. Artt. 3 Abs. 3 S. 2, 27 S. 2 EuiÜ. II Die Nennung im Anhang ist konstitutiv (Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 48, 62; Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 [187]; vgl. Art. 54 EuiÜ). 12 Für das creditors' voluntary winding up verlangt Anhang A eine gerichtliche Bestätigung (näher dazu Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 52), die im lnsolvency Act 1986 bislang nicht vorgesehen ist. Insofern wird das Vereinigte Königreich sein Insolvenzrecht gegebenenfalls ändern müssen (vgl. Balz. ZEuP I996, S. 325 [325, 327]). Offensichtlich unzutreffend Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 18 (das creditors' voluntary winding up sei vom EuiÜ nicht erfaßt). 13 Im vereinfachten Verfahren ist dies nicht zwingend erforderlich (Art. 141 Gesetz Nr. 85 -98). Zur Einbeziehung von Sanierungs- und Reorganisationsverfahren s. auch Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 51. 14 Anders im IstanbÜ (s. oben I. I. b) bb}, S. 263). 15 Näher dazu Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 54-60; Strub, EuZW 1996, S. 71 (74). Kritisch zu Art. I Abs. 2 EuiÜ Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 19.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

cc) Verwalter Verwalter im Sinne des EU-Übereinkommens ist jede Person oder Stelle, deren Aufgabe es ist, die Masse zu verwalten oder zu verwerten oder die Geschäftstätigkeit des Schuldners zu überwachen (Art. 2 lit. b EuiÜ). Diese Definition, welche Art. 1 Abs. 3 lit. a IstanbÜ entspricht, wird durch einen Anhang C spezifiziert, der unter anderem alle in Abschnitt A dieser Arbeit genannten französischen Insolvenzverwalter enthält. Von den in Abschnitt A vorgestellten englischen Insolvenzverwaltern sind lediglich Iiquidator, official receiver, administrator, trustee und supervisor in Anhang C enthalten. Auf vorläufige Verwalter (provisional Liquidator, interim receiver), special managers und nominees wird das EU-Übereinkommen demnach grundsätzlich keine Anwendung finden 16. Insoweit wird es bei der Anwendung autonomen Rechts bleiben.

c)Aujbau

Die Gliederung des EU-Übereinkommens folgt im wesentlichen dem Istanbuler Übereinkommen. Kapitel I (Artt. 1-15 EuiÜ) enthält allgemeine Vorschriften, geht mit seinen zahlreichen Kollisionsnormen inhaltlich jedoch weit über das Vorbild des Istanbuler Übereinkommens hinaus. Vergleichbares gilt für Kapitel II (Artt. 16-26 EuiÜ), das sich hauptsächlich mit der Anerkennung der Insolvenzverfahren und hier insbesondere mit den Befugnissen ausländischer Verwalter befaßt. Kapitel III (Artt. 27- 38 EuiÜ) hat wie im Istanbuler Übereinkommen Sekundärinsolvenzverfahren und deren Koordinierung mit anderen Insolvenzverfahren zum Gegenstand 17• Kapitel IV (Artt. 39-42 EuiÜ) betrifft die Unterrichtung der Gläubiger und die Anmeldung ihrer Forderungen. Die Auslegung des Übereinkommens durch den EuGH ist in Kapitel V (Artt. 43-46 EuiÜ) geregelt, während Kapitel VI (Artt. 47 - 55 EuiÜ) Übergangs- und Schlußbestimmungen enthält.

2. Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen a) Anerkennung verfahrenseröffnender Entscheidungen

Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 EulÜ, eine der zentralen Vorschriften des Übereinkommens, bestimmt, daß die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem Vertragsstaat unter bestimmten Voraussetzungen in allen übrigen Vertragsstaaten anerFür vorläufige Verwalter gilt dies nicht ausnahmslos. s. unten 5. a), S. 298 ff. Die Möglichkeit, sich die Nichtanwendung von Kapitel II oder III vorzubehalten (vgl. Art. 40 lstanbÜ), räumt das EuiÜ nicht ein. 16 17

Il. EU-Übereinkommen

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kannt wird. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Istanbuler Übereinkommen, das den Begriff der Anerkennung für seinen Bereich sorgsam vermieden hat 18 • aa) Anerkennungsvoraussetzungen Anerkennungsvoraussetzungen sind, abgesehen vom Vorliegen eines Insolvenzverfahrens, die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Verfahrensstaates zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Wirksamkeit der verfahrenseröffnenden Entscheidung im Verfahrensstaat sowie ihre Vereinbarkeil mit dem ordre public des jeweils anderen Vertragsstaates. ( 1) Internationale Zuständigkeit

Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 EuiÜ bestimmt, daß die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem Vertragsstaat in allen anderen Vertragsstaaten anerkannt wird, wenn sie auf der Entscheidung 19 eines nach Art. 3 EuiÜ zuständigen Gerichts20 beruht. Damit folgt die Anerkennungszuständigkeit, dem Spiegelbildprinzip entsprechend, den für die Eröffnungszuständigkeit geltenden Regeln21 . Zu unterscheiden sind hierbei die Zuständigkeit zur Eröffnung eines gemeinschaftsweiten 22 Insolvenzverfahrens und die Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, dessen Wirkungen sich auf das im jeweiligen Vertragsstaat belegene Schuldnervermögen beschränken (Partikularinsolvenzverfahren). (a) Gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren Zur Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens sind die Gerichte des Vertragsstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat (Art. 3 Abs. 1 S. 1 EuiÜ), d. h. üblicherweise Vgl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 37. Hier: die Entscheidung jedes Gerichts, das zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zuständig ist (Art. 2 lit. e EuiU). 20 Hier: das Justizorgan oder jede sonstige zuständige Stelle eines Vertragsstaates, die befugt ist, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen (Art. 2 lit. d EuiÜ; näher dazu Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 66). Kritisch zu dieser Begrifflichkeil Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (193). 21 Auch hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Istanbuler Übereinkommen, das für Hauptkonkurse nur eine indirekte Zuständigkeit kennt (Art. 4 lstanbÜ). Vgl. auch Fletcher, in: FS Hanisch, S. 89 (97 f.). 22 Abweichend Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 19 lit. a, 73, die auf weltweite Geltung abstellen. Mit dem auf das Gemeinschaftsgebiet beschränkten Anwendungsbereich des EuiÜ ist dies jedoch nicht zu vereinbaren. Im Ergebnis dürften sich beide Ansichten freilich nicht unterscheiden. 18

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

für Dritte erkennbar - der Verwaltung dieser Interessen nachgeht23 . Bei Gesellschaften und juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes liegt (Art. 3 Abs. 1 S. 2 EuiÜ), während bei natürlichen Personen im allgemeinen der Wohnsitz bzw. bei Ausübung einer beruflichen Tätigkeit der Ort dieser Tätigkeit maßgeblich ist24 . Die Anknüpfung an den Interessenmittelpunkt, welche auf Art. 4 Abs. 1 IstanbÜ zurückgeht, entspricht der Forderung, daß ein Insolvenzverfahren möglichst dort durchgeführt werden sollte, wo der Schwerpunkt der vermögensrechtlichen Beziehungen des Schuldners liegt. Im Vertragsstaat des Interessenmittelpunkts eröffnete Insolvenzverfahren umfassen sowohl das in diesem Staat als auch das in allen anderen Vertragsstaaten belegene Vermögen des Schuldners25 . (b) Partikularinsolvenzverfahren Die Zuständigkeit für gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren wird ergänzt durch die Zuständigkeit zur Eröffnung von Insolvenzverfahren, die nur das im verfahrenseröffnenden Vertragsstaat belegene Vermögen des Schuldners erfassen (Artt. 3 Abs. 2 S. 2, 27 S. 3 EuiÜ). Nach Art. 3 Abs. 2 EuiÜ ist eine solche Zuständigkeit dann gegeben, wenn der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Gebiet eines anderen Vertragsstaates hat26 und im betreffenden Vertragsstaat eine Niederlassung unterhält. Eine Niederlassung besteht dabei an jedem Tatigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität nicht nur vorübergehender Art nachgeht, welche den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt (Art. 2 lit. h EuiÜ)27 . Weitere Voraussetzungen der Eröffnungsund Anerkennungszuständigkeit ergeben sich aus Art. 3 Abs. 3 und 4 EuiÜ. Diese Bestimmungen unterscheiden zwischen Partikularverfahren, die vor einem ge23 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 75. Zu etwaigen Zuständigkeitskonflikten s. Virgos/Schmit, a. a. 0 ., Nr. 79. 24 So wohl Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 75; anders Leipold, in: StolZ, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (190) (in der Regel der Wohnsitz). 25 Umkehrschluß aus Artt. 3 Abs. 2 S. 2, 27 S. 3 EuiÜ. Wirkungen auf das in Nichtvertragsstaaten belegene Schuldnervermögen regelt das Übereinkommen nicht (Präambel zum EuiÜ, 3. Begründungserwägung: ,,Zuständigkeit der Gerichte oder Behörden fUr die innergemeinschaftlichen Wirkungen der Insolvenzverfahren"; Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 11, 44 lit. b ). 26 Befindet sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners nicht in einem Vertra.gsstaat, so ergibt sich aus Art. 3 EuiÜ keine Eröffnungszuständigkeit und aus Art. 16 EuiU dementsprechend auch keine Anerkennungszuständigkeit (vgl. Balz, ZEuP 1996, S. 325 [327)). Die Anerkennung von Insolvenzverfahren über das Vermögen eines solchen Schuldners wird sich folglich auch in Zukunft nach autonomem Recht bzw. nach etwaigen anderen Übereinkommen richten (vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 44 lit. a, 82). Kritisch hierzu Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 18. 27 Näher dazu Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 71.

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meinschaftsweiten Insolvenzverfahren eröffnet werden (unabhängige Partikularinsolvenzverfahren), und solchen, die danach eröffnet werden (Sekundärinsolvenzverfahren). Unabhängige Partikularverfahren können nur in zwei Fällen eröffnet werden, und zwar zum einen, wenn die Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens angesichts der Bedingungen, die in den Rechtsvorschriften des dafür zuständigen Vertragsstaates vorgesehen sind, nicht möglich ist (Art. 3 Abs. 4 lit. a EuiÜ). Dies betrifft insbesondere diejenigen Fälle, in denen ein Vertragsstaat Insolvenzverfahren nur für bestimmte Arten von Schuldnern zuläßt28. Zum anderen können unabhängige Partikularverfahren eröffnet werden, wenn dies von einem Gläubiger beantragt wird, der seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in dem Vertragsstaat hat, in dem sich die zuständigkeitsbegrundende Niederlassung befindet, oder dessen Forderung auf einer Verbindlichkeit beruht, die sich aus dem Betrieb dieser Niederlassung ergibt (Art. 3 Abs. 4 lit. b EuiÜ). Nach Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens können Sekundärinsolvenzverfahren ohne derartige Beschränkungen eröffnet werden, jedoch nur als Liquidationsverfahren (Artt. 3 Abs. 3 S. 2, 27 S. 2 EuiÜ). Liquidationsverfahren sind gemäß Art. 2 lit. c EuiÜ Insolvenzverfahren 29 , die zur Liquidation des Schuldnervermögens führen, und zwar auch dann, wenn sie durch einen Vergleich oder eine andere die Insolvenz des Schuldners beendende Maßnahme oder mangels Masse beendet werden. Es genügt, daß die Liquidation hauptsächlicher Verfahrenszweck ist30• Für die Liquidationsverfahren der Vertragsstaaten verweist Art. 2 lit. c EuiÜ auf Anhang B des Übereinkommens, der für Frankreich zu Recht lediglich die Iiquidation judiciaire und für England winding up by the court und bankruptcy nennt31 . Bemerkenswert an dieser Zuständigkeitsregelung für Partikularverfahren ist in erster Linie das Bekenntnis zur Niederlassungszuständigkeit und die damit verbundene Abkehr von der allgemeinen Vermögenszuständigkeit, die Art. 17 28 Vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. a EuiÜ; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 85. Vorübergehende Unmöglichkeit der Eröffnung genügt hingegen nicht. Kann ein gemeinschaftsweites Insolvenzverfahren z. B. allein deshalb nicht eröffnet werden, weil noch kein Eröffnungsantrag oder noch kein Eröffnungsgrund vorliegt, so ist auch die Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens ausgeschlossen. Den Gläubigem ist es in diesen Fällen zuzumuten, mit dem Partikularverfahren bis zur Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens zu warten. 29 s. oben I. b) bb), S. 282 f. 30 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 64. 31 Außerdem die hier nicht interessierende administration of the insolvent estate of a deceased person. Das creditors' voluntary winding up fehlt, möglicherweise deshalb, weil Liquidationsverfahren im Rahmen des EuiÜ nur im Zusammenhang mit Partikularverfahren von Bedeutung sind, diese nach Art. 3 Abs. 2 EuiÜ aber nur eröffnet werden können, wenn sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Gesellschaft, welcher am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes vermutet wird, in einem anderen Vertragsstaat befindet. Ein creditors' voluntary winding up setzt voraus, daß die Gesellschaft in England registriert ist (Sec. 221 (4) lnsolvency Act 1986), wäre als Partikularverfahren also wohl nur in den seltenen Fällen denkbar, in denen die Vermutung nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 EuiÜ widerlegt wird.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

IstanbÜ vorsieht und die auch noch in Art. 2 Abs. 2 EG-Entwurf 1992 enthalten war. Damit steht Art. 3 Abs. 2-4 EuiÜ zugleich in auffälligem Kontrast zur Entwicklung des autonomen deutschen Rechts, das den entgegengesetzten Weg gegangen ist und die Niederlassungszuständigkeit des § 238 Abs. 1 KO durch die allgemeine Vermögenszuständigkeit ersetzt hat32 . Hieraus auf gravierende Wertungsdivergenzeil zu schließen wäre jedoch voreilig. Zum einen ist der Niederlassungsbegriff des EU-Übereinkommens ausgesprochen weit33 , zum anderen sind die jeweiligen Interessenlagen zu unterschiedlich 34. Nach dem EU-Übereinkommen ist die Rechtsstellung inländischer Gläubiger in ausländischen gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahren wesentlich gesicherter, als dies für das autonome Recht vorausgesetzt werden kann. Dies gilt sowohl für dinglich gesicherte Gläubiger (Artt. 5, 7 Abs. 1 EuiÜ) als auch für einfache Insolvenzgläubiger, die durch die Bestimmungen des Kapitels IV über die Unterrichtung der Gläubiger und die Anmeldung ihrer Forderungen, nicht zuletzt auch durch die Anmeldefähigkeit von Steuer- und Sozialversicherungsforderungen (Art. 39 EuiÜ), vor aus der Verfahrenseröffnung im Ausland resultierenden Nachteilen weitgehend geschützt werden. Unter diesen Umständen ist eine allgemeine Vermögenszuständigkeit in der Tat entbehrlich, was für Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren den Vorteil hat, daß ihre Befugnisse in Vertragsstaaten ohne Niederlassung des Schuldners nicht durch ein Partikularverfahren beschnitten werden können. Nicht recht einzusehen ist allerdings, weshalb eine allgemeine Vermögenszuständigkeit auch dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens im dafür zuständigen Vertragsstaat nicht möglich ist. Dies führt nämlich dazu, daß dasjenige Schuldnervermögen, das sich in einem Vertragstaat ohne Niederlassung des Schuldners befindet, nicht in ein Insolvenzverfahren einbezogen werden kann, sondern dem Vollstreckungszugriff einzelner Gläubiger ausgeliefert bleibt, womit der par condicio creditorum gewiß nicht gedient ist. Daß es für das Antragsrecht lokaler Gläubiger nach Art. 3 Abs. 4 lit. b EuiÜ auf den Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz ankommen soll, vermag ebenfalls nicht vollständig zu überzeugen. Konsequenter wäre es gewesen, ebenso wie beim Schuldner auf den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (Art. 3 Abs. 1 EuiÜ) abzustellen.

s. oben B. II. 2. b) dd) (1), S. 81 ff. Virgos / Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 70; Balz, ZIP 1996, S. 948 (949); Funke, InVo 1996, S. 170(174). 34 Für die Beibehaltung der Vermögenszuständigkeit im autonomen Recht daher die Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 (252); teilweise auch Hanisch, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (208 ff.). 32 33

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(c) Keine Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit des Verfahrensstaates im anderen Vertragsstaat Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach Art. 3 EuiÜ obliegt den Gerichten jedes Vertragsstaates. Hat ein Gericht eines Vertragsstaates seine Eröffnungszuständigkeit aber erst einmal bejaht und ein Insolvenzverfahren eröffnet, so wird seine Anerkennungszuständigkeit in den anderen Vertragsstaaten nicht mehr nachgeprüft. Überprüft wird lediglich, ob das Gericht des Verfahrensstaates seine Zuständigkeit für ein gemeinschaftsweites Insolvenzverfahren bzw. für ein Partikularinsolvenzverfahren auf Art. 3 EuiÜ gestützt hat35 . (2) Wirksamkeit im Verfahrensstaat

Die Anerkennung der Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt weiter voraus, daß die Entscheidung in dem Vertragsstaat, der das Verfahren eröffnet hat, wirksam geworden ist (Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 EuiÜ). Unanfechtbarkeil wird nicht verlangt (Art. 2 lit. f EuiÜ)36• Beides entspricht autonomem Recht37 und der Sache nach auch Art. 3 lit. b lstanbÜ38 . Die Wirksamkeit der Eröffnungsentscheidung unterliegt der Nachprüfung durch die Gerichte der anderen Vertragsstaaten39. (3) Keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung im anderen Vertragsstaat

Art. 26 EuiÜ enthält die übliche Vorbehaltsklausel des ordre public. Jeder Vertragsstaat kann die Anerkennung eines Insolvenzverfahrens verweigern, soweit sie zu einem Ergebnis führt, das mit seiner öffentlichen Ordnung, insbesondere mit den Grundprinzipien40 oder den verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten des einzelnen, offensichtlich unvereinbar ist. Ebenso wie im autonomen Recht kann sich diese Unvereinbarkeit entweder aus dem Inhalt der ausländischen Entscheidung oder aus dem ihr zugrundeliegenden Verfahren ergeben, etwa aus der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs41 . Die Anerkennung von Eröffnungsent35 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 201 f., 213, 215; Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (191); a.A. Schollmeyer, IPRax 1998, S. 29 (35). 36 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 147; Wunderer, WM 1998, S. 793 (795). 37 s. oben B. II. 2. b) bb), S. 79 f. 38 s. oben I. 2. b) aa) (2), S. 267. 39 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 213,216. 40 Darunter sind die wesentlichen Grundsätze der Rechtsordnung des jeweiligen Vertragsstaates zu verstehen (vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 205). 41 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 206. Nach Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (192), auch aus einem groben Zuständigkeitsfehler.

19 Ahrens

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

scheidungen, die die persönliche Freiheit oder das Postgeheimnis des Schuldners oder eines anderen Beteiligten einschränken, kann unabhängig davon verweigert werden, ob im Einzelfall eine Verletzung des ordre public vorliegt (Art. 25 Abs. 3 EuiÜ)42. Eine Verweigerung der Anerkennung nach dieser Bestimmung sollte allerdings nur hinsichtlich der dort genannten Beschränkungen zulässig sein, da die Anerkennungspflicht ansonsten ausgehöhlt werden würde.

bb) Keine Anerkennungsvoraussetzungen

( 1) Zulässigkeif eines Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner im anderen Vertragsstaat Keine Anerkennungsvoraussetzung ist die Konkursfähigkeit des Schuldners im anderen Vertragsstaat Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 2 EuiÜ bestimmt, daß andere Vertragsstaaten die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im zuständigen Vertragsstaat auch dann anzuerkennen haben, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wegen seiner Eigenschaft in diesen Staaten nicht eröffnet werden könnte. Infolgedessen wird z. B. Frankreich, nach dessen Recht ein Insolvenzverfahren im Sinne des EuiÜ nur über das Vermögen von Kaufleuten, Handwerkern, Landwirten und juristischen Personen des Privatrechts eröffnet werden kann43 , der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem anderen EU-Staat die Anerkennung nicht deshalb versagen können, weil der Schuldner keine der vorgenannten Eigenschaften aufweist44.

(2) Öffentliche Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung im anderen Vertragsstaat Daß die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im zuständigen Vertragsstaat im anderen Vertragsstaat öffentlich bekanntgemacht wird, ist ebenfalls keine Anerkennungsvoraussetzung45. Weder ist die öffentliche Bekanntmachung in den Anerkennungsvorschriften der Artt. 16, 17 EuiÜ genannt, noch ist die Anerkennung von irgendwelchen Förmlichkeiten abhängig (Art. 17 Abs. 1 EuiÜ)46. 42 Art. 25 Abs. 3 EuiÜ bezieht sich ebenso wie Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 2 EuiÜ auch auf die in Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 EuiÜ genannten Eröffnungsentscheidungen (a.A. Trunk, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 232 [246]). Vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a, Abs. 3 EGEntwurf 1992; unten 3. d), S. 297, insbesondere N. 79. 43 Art. 2 Abs. 1 Gesetz Nr. 85-98. 44 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 148. 45 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 180. Gleiches gilt für die Eintragung der Verfahrenseröffnung in öffentliche Register des anderen Vertragsstaates (Virgos I Schmit, a. a. 0 ., Nm. 182, 185). 46 Vgl. unten dd), S. 292.

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(3) Nichteröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens im anderen Vertragsstaat Art. 17 Abs. 1 EuiÜ bestimmt, daß die Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens durch den zuständigen Vertragsstaat ihre Wirkungen in jedem anderen Vertragsstaat grundsätzlich so lange entfaltet, wie dort kein Partikularinsolvenzverfahren eröffnet ist47 . Die Nichteröffnung eines Partikularverfahrens im anderen Vertragsstaat scheint demnach eine zusätzliche Anerkennungsvoraussetzung für gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren zu sein. Da ein solches Partikularverfahren sich aber nur auf das im anderen Vertragsstaat belegene Schuldnervermögen bezieht (Art. 3 Abs. 2 S. 2 EuiÜ), die Wirkungen eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens auf Vermögensgegenstände im Staat des gemeinschaftsweiten Verfahrens und in dritten Vertragsstaaten also gar nicht berührt48 , steht es dessen Anerkennung nur teilweise und nicht, wie bei Anerkennungsvoraussetzungen erforderlich, generell entgegen. Ein Vergleich mit Art. 17 Abs. 2 EuiÜ bestätigt dies. Im Hinblick auf das im Verfahrensstaat belegene Vermögen entfalten gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren und Partikularinsolvenzverfahren dieselben Wirkungen. Da Art. 17 Abs. 2 S. 1 EuiÜ diese Wirkungen bei Partikularverfahren unabhängig von der Eröffnung eines Partikularverfahrens in artderen Vertragsstaaten eintreten läßt, kann ihr Eintritt bei gemeinschaftsweiten Verfahren ebensowenig hiervon abhängig sein. Die Nichteröffnung eines Partikularverfahrens im anderen Vertragsstaat ist demnach keine Anerkennungsvoraussetzung, vielmehr führt die Eröffnung eines solchen Verfahrens ebenso wie im autonomen Recht lediglich zu einer speziellen Beschränkung der Anerkennung49. Art. 17 Abs. 1 EuiÜ ist demgemäß so auszulegen, daß die Eröffnung eines Partikularverfahrens im anderen Vertragsstaat lediglich die Wirkungen eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens auf das in diesem Staat belegene Schuldnervermögen ausschließt50, dessen Wirkungen im übrigen aber unberührt läßt.

cc) Rechtsfolgen der Anerkennung Bei den Rechtsfolgen der Anerkennung unterscheidet das EU-Übereinkommen wie schon bei der internationalen Zuständigkeit zwischen gemeinschaftsweiten und Partikularinsolvenzverfahren. Für gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren sieht Art. 17 Abs. I EuiÜ eine prinzipielle Wirkungserstreckung vor I . Die prozes47 Ähnlich Art. 18 Abs. 1 S. 1 EuiÜ für die Befugnisse des Verwalters des Hauptinsolvenzverfahrens in anderen Vertragsstaaten. 48 So auch Balz, ZIP 1996, S. 948 (949); vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 155. 49 Vgl. oben B. II. 2. c) ee), S. 97. 50 Und zwar mit Wirkung für alle Vertragsstaaten. 51 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 153.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

sualen und materiellen 52 Wirkungen, die einem solchen Verfahren vom Recht des Verfahrensstaates beigelegt werden, soll das Verfahren, sofern das Übereinkommen nichts anderes bestimmt, auch in den übrigen Vertragsstaaten entfalten. Die Anerkennung eines Partikularverfahrens soll demgegenüber zur Folge haben, daß seine Wirkungen in den anderen Vertragsstaaten nicht in Frage gestellt werden dürfen (Art. 17 Abs. 2 S. 1 EuiÜ)53 . Diese Differenzierung ist verfehlt. Gemeinschaftsweite Verfahren und Partikularverfahren sind, wie soeben ausgeführt, hinsichtlich ihrer Wirkungen auf das im Verfahrensstaat belegene Vermögen identisch. Daß gemeinschaftsweite Verfahren noch weitere Vermögensgegenstände erfassen, vermag daran nichts zu ändern. Daher müßte, wenn überhaupt zwei verschiedene Anerkennungsbegriffe verwendet werden sollen, das Nicht-lnfragesteilen von Wirkungen einheitlich auf das Vermögen im Verfahrensstaat (lnlandsvermögen) bezogen werden und die Wirkungserstreckung allein auf das Vermögen außerhalb des Verfahrensstaates (Auslandsvermögen). Vorzugswürdig ist es jedoch, wie im autonomen Recht einen einheitlichen Anerkennungsbegriff zu verwenden und Anerkennung durchgängig als Wirkungserstreckung aufzufassen. Das Nicht-InfragesteHen von Wirkungen nach Art. 17 Abs. 2 S. 1 EuiÜ ist nämlich nichts anderes als die Erstreckung der im Verfahrensstaat hinsichtlich des dort belegenen Schuldnervermögens eintretenden Wirkungen auf die anderen Vertragsstaaten54 . dd) Kein Anerkennungsverfahren Ein Anerkennungsverfahren sieht das EU-Übereinkommen ebensowenig vor wie das autonome Recht. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entfaltet ihre Wirkungen in den anderen Vertragsstaaten, ohne daß es hierzu irgendwelcher Förmlichkeiten bedarf. Ausdrucklieh hervorgehoben ist dies zwar nur für gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren (Art. 17 Abs. 1 EuiÜ). Für Partikularverfahren gilt aber nichts anderes55 . b) Anerkennung anderer Entscheidungen

Die Anerkennung anderer insolvenzrechtlicher Entscheidungen erfolgt grundsätzlich akzessorisch zur Eröffnungsentscheidung. Sämtliche zur Durchführung und Beendigung eines Insolvenzverfahrens ergangenen Entscheidungen eines GeVirgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 90, 153. Eine Ausnahme gilt für Beschränkungen von Gläubigerrechten, wenn der betreffende Gläubiger diesen nicht zugestimmt hat (Art. 17 Abs. 2 S. 2 EuiÜ; dazu Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 157). 54 Vgl. oben B. II. 2. b) aa) (2) (c), S. 76. 55 Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 ("ebenfalls ohne weitere Förmlichkeiten") i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 EuiÜ. Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 143. 52

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II. EU-Übereinkommen

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richts, dessen Eröffnungsentscheidung nach Art. 16 EuiÜ anerkannt wird, werden ebenfalls anerkannt (Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 EuiÜ)56. Gleiches gilt für Entscheidungen, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, auch wenn sie von einem anderen Gericht als dem verfahrenseröffnenden getroffen werden (Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuiÜ). Hiermit sind erkennbar diejenigen Entscheidungen gemeint, die nach der Rechtsprechung des EuGH vom Anwendungsbereich des EuGVÜ ausgeschlossen sind57 , insbesondere Entscheidungen über Anfechtungs- und Durchgriffshaftungsklagen58. International zuständig für diese Entscheidungen sollen allein die Gerichte des Staates sein, der das Insolvenzverfahren eröffnet hat59. Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, werden unter denselben Voraussetzungen anerkannt (Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 3 EuiÜ)60. Soweit eine Eröffnungsentscheidung in diesen Fällen noch nicht ergangen ist, genügt an deren Stelle die internationale Eröffnungszuständigkeit des betreffenden Vertragsstaates. Voraussetzung für die Anerkennung aller vorgenannten Entscheidungen in den anderen Vertragsstaaten ist ihre Wirksamkeit im Verfahrensstaat61 . Insoweit kann nichts anderes gelten als für Eröffnungsentscheidungen (Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 EuiÜ). Im übrigen kann ihre Anerkennung verweigert werden, wenn sie eine Einschränkung der persönlichen Freiheit oder des Postgeheimnisses zur Folge hätte (Art. 25 Abs. 3 EuiÜ) oder soweit sie zu einem Ergebnis führt, das mit der öffentlichen Ordnung des anderen Vertragsstaates offensichtlich unvereinbar ist (Art. 26 EuiÜ), z. B. bei Mißachtung von Anhörungs- und Beteiligungsrechten62 . Daß Sicherungsmaß56 Dazu gehört auch ein gerichtlich bestätigter Vergleich (Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 191). Für eine restriktive Auslegung dieser Bestimmung mit Recht Trunk, IIR, S. 419. 57 EuGH, 22. 2. 1979 - Rs. 133/78, Gourdainl Nadler -, S1g. 1979, 733 (744); vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 77, 195. 58 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 196; zu weiteren nicht dem EuGVÜ und damit dem EuiÜ unterfallenden Entscheidungen s. oben B. III. 2. d) aa) (1), S. 136 f. 59 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 77 a.E.; abweichend Leipold, in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 185 (198), nach dessen Auffassu11:g Zuständigkeitsregeln für diese Entscheidungen fehlen; Trunk, in: Stoll, Umsetzung des EuiU, S. 232 (235, 239); ders., IIR, S. 362; Schollmeyer. IPRax 1998, S. 29 (35). Allerdings ist die Ansicht von Virgosl Schmit mit ihrer Auslegung von Art. 18 Abs. 2 S. 2 EuiU, wonach der Verwalter eines Partikularverfahrens in anderen Vertragsstaaten Anfechtungsklagen erheben kann (a. a. 0., Nr. 224), nicht ohne weiteres vereinbar. 60 Zu Einzelheiten s. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 78, 198-201. Entgegen Virgos/Schmit, a. a. 0 ., sollten Sicherungsmaßnahmen aber nicht nur im Rahmen gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren, sondern im Interesse einer effektiven Sicherung des Schuldnervermögens auch im Rahmen von Partikularinsolvenzverfahren anerkennungsfähig sein, z. B. zur Sicherung von anfechtbar erlangten oder nach Verfahrenseröffnung in einen anderen Vertragsstaat verbrachten Vermögensgegenständen (vgl. Art. 18 Abs. 2 EuiÜ). Der Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 3 EuiÜ läßt diese Auslegung ohne weiteres zu. 61 Ebenso Balz, ZIP 1996, S. 948 (953). 62 Vgl. Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 206.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

nahmen ohne vorherige Anhörung des Schuldners erlassen werden, ist mit dem ordre public vereinbar, sofern das rechtliche Gehör nachträglich gewährt wird63 . Rechtsfolge der Anerkennung ist die Erstreckung der Entscheidungswirkungen auf die anderen Vertragsstaaten, und zwar ebenfalls ohne förmliches Anerkennungsverfahren (Art. 25 Abs. l Unterabs. 1 S. 1 EuiÜ). Entscheidungen, die die in Art. 25 Abs. 1 EuiÜ genannten Kriterien nicht erfüllen, werden nicht nach dem EuiÜ, sondern nach dem EuGVÜ anerkannt, soweit dieses anwendbar ist (Art. 25 Abs. 2 EuiÜ).

3. Allgemeines zur Rechtsstellung ausländischer Verwalter a) Grundsätzliche Maßgeblichkeif des Insolvenzstatuts

Für das EU-Übereinkommen gilt ebenso wie im autonomen Recht der Grundsatz, daß das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen dem Insolvenzrecht des Staates unterliegen, in dem das Verfahren eröffnet wird (Artt. 4 Abs. 1, 17 Abs. 1, 28 EuiÜ)64. Zu den Wirkungen des Insolvenzverfahrens zählen dabei sowohl die prozessualen Verfahrenswirkungen als auch die materiellrechtlichen Wirkungen, welche alle Rechtsfolgen umfassen, die typisch konkursrechtlicher Art, d. h. notwendig sind, damit das Insolvenzverfahren seinen Zweck erfüllt65 , insbesondere die Rechtsstellung des Verwalters. Ob diese Verweisung auf das Insolvenzstatut eine Sachnorm- oder eine Gesamtverweisung ist, läßt sich dem Übereinkommen nicht entnehmen. Gegen eine Gesamtverweisung spricht jedoch, daß solche Verweisungen die Herstellung internationaler Entscheidungsharmonie zum Ziel haben, dieses Ziel jedoch schon mit den vorgenannten Kollisionsnormen des Übereinkommens erreicht wird. Der Grundsatz der Renvoifeindlichkeit staatsvertraglicher Kollisionsnormen66 sollte daher auch für das EU-Übereinkommen gelten67 . Sonderregelungen für einzelne Rechtsfolgen des Insolvenzverfahrens enthalten die Artt. 515 EuiÜ, die teils abweichende Anknüpfungen vorsehen, teils bestimmte Rechtspositionen von den Wirkungen des Verfahrens ausnehmen. Zu beachten ist, daß der ordre public nicht nur der Anerkennung insgesamt, sondern auch der Erstrekkung einzelner Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf andere Vertragsstaaten entgegenstehen kann (Art. 26 EuiÜ ["soweit"]).

Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 207. Für die Wirkungen einstweiliger Entscheidungen ist diese Anknüpfung wenig brauchbar (s. oben B. III. 1., S. 104 f.). Insofern besser Art. 3 Abs. 1 EG-Entwurf 1992. 65 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 90. 66 Sonnenberger; in: Münchener Kommmentar zum BGB, Art. 4 EGBGB Rdn. 65; Palandtl Heldrich, Art. 4 EGBGB Rdn. 13; Kropholler; IPR, § 24 III, S. 161. 67 Für Sachnormverweisung auch Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 87. 63

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li. EU-Übereinkommen

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b) Befugnisse ausländischer Verwalter im allgemeinen

Die Befugnisse der Verwalter in anderen Vertragsstaaten regelt das EU-Übereinkommen grundsätzlich nur mittelbar durch Verweisung auf das Recht des Verfahrensstaates (Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. c EuiÜ). Ob und inwieweit ein Verwalter verwaltungs-, verfügungs- und prozeßführungsbefugt ist, bestimmt das Insolvenzstatut Die Regelung der Prozeßführungsbefugnis durch das Insolvenzstatut präjudiziert allerdings nicht die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse. Insoweit gilt ausschließlich das Recht des Vertragsstaates, in dem der Rechtsstreit anhängig ist (Artt. 15, 4 Abs. 2 S. 2 lit. f EuiÜ)68 . Im übrigen unterscheidet das Übereinkommen danach, ob ein Verwalter in einem gemeinschaftsweiten oder in einem Partikularinsolvenzverfahren tätig wird. Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren dürfen im Gebiet der anderen Vertragsstaaten alle Befugnisse ausüben, die ihnen nach dem Insolvenzstatut zustehen (Art. 18 Abs. 1 S. 1 EuiÜ). Insbesondere dürfen sie zur Masse gehörende Gegenstände aus dem Vertragsstaat entfernen, in dem diese sich befinden, soweit dadurch keine dinglichen Rechte Dritter (Art. 5 EuiÜ), Eigentumsvorbehalte oder Anwartschaftsrechte von Vorbehaltskäufern (Art. 7 EuiÜ) berührt werden (Art. 18 Abs. 1 S. 2 EuiÜ). Diese Befugnisse nach dem Insolvenzstatut stehen Verwaltern gemeinschaftsweiter Verfahren nach Art. 18 Abs. l S. 1 EuiÜ allerdings nur so lange zu, wie im jeweils anderen Vertragsstaat weder ein weiteres (Partikular-) Insolvenzverfahren eröffnet noch auf einen Eröffnungsantrag hin eine gegenteilige Sicherungsmaßnahme ergriffen worden ist. Wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt69 , bedeutet dies lediglich, daß mit der Eröffnung eines Partikularverfahrens im anderen Vertragsstaat die Befugnisse des Verwalters des gemeinschaftsweiten Verfahrens hinsichtlich der vom Partikularverfahren erfaßten Vermögensgegenstände entfallen70. Seine übrigen Befugnisse in diesem Staat (etwa hinsichtlich anderer Vermögensgegenstände, die zu einem späteren Zeitpunkt dorthin verbracht werden) bleiben unberührt, denn die Sperrwirkung eines Partikularverfahrens gegenüber einem gemeinschaftsweiten Verfahren kann nicht weiter reichen als seine positiven Wirkungen. Auch die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im anderen Vertragsstaat entzieht dem Verwalter eines gemeinschaftsweiten Verfahrens nicht alle Befugnisse in diesem Staat. Nur soweit solche Maßnahmen das Schuldnervermögen erfassen, ist der Verwalter des gemeinschaftsweiten Verfahrens von der Ausübung seiner Befugnisse ausgeschlossen. Seine Befugnisse hin-

68 Insbesondere für die Aussetzung und Fortführung des Rechtsstreits, für die Form der Fortführung sowie für die prozessualen Änderungen im Zusammenhang mit dem Tätigwerden des Verwalters anstelle des Schuldners (Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 142). 69 s. oben 2. a) bb) (3), S. 291. 70 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 163.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

sichtlich derjenigen Vermögensgegenstände, auf die sich die Sicherungsmaßnahmen nicht erstrecken, bleiben unberührt. Verwalter von Partikularinsolvenzverfahren sind nach dem EU-Übereinkommen berechtigt, in jedem anderen Vertragsstaat gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, daß bewegliche Gegenstände nach Eröffnung des Partikularverfahrens aus dem Gebiet des Verfahrensstaates in das Gebiet des anderen Vertragsstaates verbracht wurden (Art. 18 Abs. 2 S. 1 EuiÜ)71 . Auch können sie den Interessen der Gläubiger dienende Anfechtungsklagen erheben (Art. 18 Abs. 2 S. 2 EuiÜ)72 . Eine abschließende Regelung enthalten diese Bestimmungen niche 3 . Sobald der Verwalter eines Partikularverfahrens die aus dem Verfahrensstaat entfernten Gegenstände wiedererlangt hat, kann er hinsichtlich dieser Gegenstände, auch wenn sie sich noch im anderen Vertragsstaat befinden, dieselben Befugnisse wie im Verfahrensstaat ausüben (Art. 17 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. c EuiÜ). Gleiches gilt für Gegenstände, die der Verwalter selbst in einen anderen Verfahrensstaat verbracht hat. Es wäre wenig sachgerecht, solche Vermögensbewegungen, die im Interesse der Gläubiger geboten sein können, mit dem Verlust der Verwalterbefugnisse zu sanktionieren. Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren und Verwalter von Partikularverfahren haben bei der Ausübung ihrer Befugnisse das Recht des Vertragsstaates zu beachten, in dessen Gebiet sie handeln wollen (Art. 18 Abs. 3 S. 1 EuiÜ). Diese Bestimmung ist ebenso wie Art. 10 Abs. 2 IstanbÜ 74 als Hinweis auf die Beachtung des jeweiligen Sachstatuts zu verstehen, darüber hinaus aber auch als Verbot, gegen die Rechtsvorschriften anderer Vertragsstaaten zu verstoßen 75 • Kein Verwalter ist berechtigt, in anderen Vertragsstaaten Zwangsmittel anzuwenden oder über Rechtsstreitigkeiten oder andere Auseinandersetzungen zu befinden 71 Nach Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 224, soll gleiches bei einer Entfernung aus dem Partikularverfahrensstaat in betrügerischer Absicht gelten. n Diese können sich auch auf nunmehr in anderen Vertragsstaaten belegene Vermögensgegenstände beziehen. Voraussetzung ist lediglich, daß das im Partikularverfahrensstaat belegene Schuldnervermögen durch die angefochtene Rechtshandlung verkürzt wurde (Virgos/ Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 91 1it. m; Art. 8 Abs. 2 EG-Entwurf 1992; Otte, IPRax 1996, S. 327 [330]), wobei für die Belegenheit beweglicher Vermögensgegenstände der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung maßgeblich ist (Virgos!Schmit, a. a. 0 .). Nach Virgos/Schmit, a. a. 0., Nr. 224, sollen derartige Anfechtungsklagen auch in anderen Vertragsstaaten erhoben werden können, was mit der alleinigen internationalen Zuständigkeit des Verfahrensstaates für diese Klagen (Virgos!Schmit, a. a. 0 ., Nr. 77 a.E.) freilich nicht ohne weiteres zu vereinbaren ist. 73 Vgl. Art. 10 Abs. 2 EG-Entwurf 1992 (..insbesondere"); anders wohl Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 165, mit dem Hinweis, die Befugnisse des Verwalters des Partikularverfahrens seien gebietsbezogen, was in dieser Allgemeinheit aber nicht zutrifft. Gebietsbezogen sind diese Befugnisse nur im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung. 74 s. oben I. 2. e) aa), S. 273. Abwegig Potthast, S. 114, zur entsprechenden Regelung in Art. 10 Abs. 2 EG-Entwurf 1992 (Kumulation). 75 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 164lit. b.

II. EU-Übereinkommen

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(Art. 18 Abs. 3 S. 2 EuiÜ). Falls Zwangsmittel erforderlich sind, kann ein Verwalter die Behörden des betreffenden Vertragsstaates ersuchen, die nach dem Recht dieses Staates zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen76. c) Legitimation

Hinsichtlich der Legitimation der Verwalter ist das EuiÜ weitgehend dem Vorbild des Art. 2 lstanbÜ gefolgt. Ein Verwalter kann seine Bestellung durch das Original oder durch eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung, durch die er bestellt worden ist, oder durch eine andere von dem für die Bestellung zuständigen Gericht ausgestellte Bescheinigung nachweisen. Eine Legalisation oder eine entsprechende andere Förmlichkeit ist nicht erforderlich. Lediglich eine Übersetzung in die Amtssprache bzw. in eine der Amtssprachen des Vertragsstaates, in dessen Gebiet der Verwalter handeln will, kann verlangt werden (Art. 19 EuiÜ). Den Umfang seiner Befugnisse kann der Verwalter durch eine Bescheinigung des Insolvenzgerichts oder durch einen anderen nach dem Recht des Staates, in dem er diese Befugnisse ausüben will, zulässigen Nachweis dokumentieren 77 . d) Vollstreckbarkeit insolvenzrechtlicher Entscheidungen

Die Vollstreckbarkeit der in Art. 25 Abs. 1 EuiÜ genannten insolvenzrechtlichen Entscheidungen78 einschließlich der Eröffnungsentscheidungen79 richtet sich gemäß Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 2 EuiÜ nach Artt. 31-51 EuGVÜ (mit Ausnahme von Art. 34 Abs. 2 EuGVÜ). Die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach diesem Übereinkommen setzt voraus, daß die Entscheidung in dem Staat, in dem sie ergangen ist, bereits vollstreckbar ist80• Die Klauseierteilung kann nur81 verweigert werden, wenn sie eine Einschränkung der persönlichen Freiheit oder des Postgeheimnisses zur Folge hätte oder soweit sie zu einem Ergebnis führt, das gegen den ordre public des Staates verstößt, in dem die Entscheidung für vollstreckbar erklärt werden soll (Artt. 25 Abs. 3, 26 EuiÜ). Die Vollstreckbarkeit anderer als der in Art. 25 Abs. 1 EuiÜ genannten Entscheidungen richtet sich nach dem EuGVÜ, soweit dieses anwendbar ist (Art. 25 Abs. 2 EuiÜ). Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 164lit. a. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 170. 78 Dazu oben 2. b), S. 292 f. 79 Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 2 EuiÜ bezieht sich auch auf die in Art. 25 Abs. Unterabs. 1 S. 1 EuiÜ genannten Eröffnungsentscheidungen (vgl. Art. 17 Abs. I lit. a EGEntwurf 1992). So auch Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 189; anders Strub, EuZW 1996, S. 71 (72), der verfahrenseröffnende Entscheidungen offenbar ohne weiteres für vollstreckbar hält. 80 Art. 31 Abs. I EuGVÜ; Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 192. 81 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 192 f. 76

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

4. Die Insolvenzmasse Den Umfang der Masse82 regelt das EU-Übereinkommen teils selbst, teils verweist es auf das Insolvenzstatut (Art. 4 Abs. 1, 2 S. 2 lit. b EuiÜ). Das Übereinkommen bestimmt vor allem, ob das in einem Vertragsstaat eröffnete Insolvenzverfahren auch das in den anderen Vertragsstaaten belegene oder nur das im Verfahrensstaat befindliche Vermögen des Schuldners erfaßt (vgl. Artt. 3 Abs. 2 S. 2, 27 S. 3 EuiÜ). Das Insolvenzstatut hingegen entscheidet über die Massezugehörigkeit einzelner Vermögensgegenstände83 , z. B. ob bestimmte, insbesondere für den Lebensunterhalt des Schuldners unentbehrliche Vermögensgegenstände massefrei sind. Zu weit gehenden Einschränkungen der Lebensführung des Schuldners kann, soweit außerhalb des Verfahrensstaates belegene und nach dem Lageortsrecht unpfändbare Vermögensgegenstände betroffen sind, gegebenenfalls der ordre public entgegengehalten werden (Art. 26 EuiÜ). Das Insolvenzstatut bestimmt ferner, ob nach Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbene Vermögensgegenstände zur Masse gehören (Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. b EuiÜ). Für gemeinschaftsweite Insolvenzverfahren ergeben sich Beschränkungen des Masseumfangs aus Partikularverfahren in anderen Vertragsstaaten, die das im jeweiligen Partikularverfahrensstaat belegene Schuldnervermögen dem gemeinschaftsweiten Verfahren entziehen (Art. 17 Abs. 1 EuiÜ). Ob der Umfang der Masse nach Verfahrenseröffnung noch durch Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger beeinträchtigt werden kann, hat das Insolvenzstatut zu entscheiden (Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. f EuiÜ). Das EUÜbereinkommen selbst gestattet derartige Einzelrechtsverfolgungsmaßnahmen nicht. Dies ist, verglichen mit dem Istanbuler Übereinkommen 84 , ein nicht zu unterschätzender Fortschritt.

5. Sicherung der Insolvenzmasse a) Sicherungsmaßnahmen im allgemeinen

Welche Maßnahmen im Rahmen eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens zur Sicherung ausländischen Schuldnervermögens getroffen werden können, hängt nach dem EU-Übereinkommen davon ab, ob die Sicherung vor Verfahrenseröffnung oder danach erfolgen soll. Vor Verfahrenseröffnung kann grundsätzlich kein Verwalter im Gebiet eines anderen Vertragsstaates tätig werden. Denn vor Verfahrenseröffnung handelnde Verwalter sind zwangsläufig vorläufige Verwalter, 82 Der Begriff der Masse ist im EulÜ nicht definiert (anders noch Art. la Abs. 3 EG-Entwurf 1992). 83 Vorbehaltlich des Art. 12 EuiÜ, wonach Gemeinschaftspatente, Gemeinschaftsmarken und andere durch Vorschriften des Gemeinschaftsrechts begründete ähnliche Rechte nur in ein gemeinschaftsweites Insolvenzverfahren einbezogen werden können. 84 Dazu oben I. 2. e) bb) (3), S. 274 f.

II. EU-Übereinkommen

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die nicht in Anhang C des Übereinkommens aufgeführt und daher keine Verwalter im Sinne des EuiÜ sind (vgl. Art. 2lit. b EuiÜ)85 , so daß sie auch keine Verwalterbefugnisse nach Artt. 4 Abs. 2 S. 2lit. c, 18 EuiÜ ausüben können. Ausnahmsweise erkennt das EU-Übereinkommen ihnen dennoch gewisse Befugnisse zu. Vorläufige Verwalter, die von einem zur Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens zuständigen Gericht zur Sicherung des Schuldnervermögens bestellt werden, sind berechtigt, zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens, das sich in einem anderen Vertragsstaat befindet86, jede Maßnahme zu beantragen, die nach dem Recht des betreffenden Vertragsstaates für die Zeit zwischen dem Antrag auf Eröffnung eines Liquidationsverfahrens und dessen Eröffnung vorgesehen ist (Art. 38 EuiÜ). Diese Befugnis soll allerdings nur in denjenigen Vertragsstaaten bestehen, in denen sich eine Niederlassung des Schuldners befindet87 . Ein Eröffnungsantrag braucht dabei nicht gestellt zu werden 88, zumal vorläufige Verwalter einen solchen Antrag nur stellen können, wenn das Recht des anderen Vertragsstaates dies vorsieht (Art. 29 lit. b EuiÜ), was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte89. Weitere Befugnisse vorläufiger Verwalter ergeben sich mittelbar aus Art. 25 Abs. I Unterabs. 3 EuiÜ, wonach Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, in anderen Vertragsstaates anerkannt und vollstreckt werden. Ihren Zweck, eine effektive Sicherung des Schuldnervermögens zu ermöglichen, kann diese Bestimmung nur erfüllen, wenn solche Entscheidungen schon vor Verfahrenseröffnung vollstreckt werden können. Vorläufige Verwalter müssen deshalb berechtigt sein, die Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung in anderen Vertragsstaaten zu betreiben90. Nach Verfahrenseröffnung können Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren Sicherungsmaßnahmen in anderen Vertragsstaaten nach Maßgabe des Insolvenzstatuts treffen (Artt. 4 Abs. 2 S. 2 lit. c, 18 s. oben 1. b) cc), S. 284. "Vertragsstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet", ist nach Art. 2 lit. g EuiÜ (a) bei körperlichen Gegenständen der Vertragsstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand belegen ist, (b) bei Gegenständen oder Rechten, bei denen das Eigentum oder die Rechtsinhaberschaft in ein öffentliches Register einzutragen ist, der Vertragsstaat, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird, und (c) bei Forderungen der Vertragsstaat, in dessen Gebiet der zur Leistung verpflichtete Dritte den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Sinne von Art. 3 Abs. I EuiÜ hat. Näher dazu Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 69. 87 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 262. Diese Beschränkung entspricht zwar der systematischen Stellung des Art. 38 EuiÜ, nicht jedoch dem Interesse an einer effektiven Sicherung des in Vertragsstaaten ohne Niederlassung belegeneu Schuldnervermögens. Art. 38 EuiÜ sollte deshalb auch auf diese Vertragsstaaten angewendet werden, was nach seinem Wortlaut ohne weiteres möglich ist. 88 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 226, 262; a.A. Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 ( 1139), zu Art. 30 EG-Entwurf 1992. 89 Im Ergebnis weitgehend zutreffend daher Balz, ZIP 1996, S. 948 (954 f.); Gottwald, Grenzüberschreitende Inso1venzen, S. 29 f. 90 Ebenso Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 30. 85

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

Abs. 1 EuiÜ) sowie Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen für vollstreckbar erklären lassen und aus ihnen vollstrecken (Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 3 EuiÜ)91 • Im übrigen steht es jedem Vertragsstaat frei, vorläufigen Verwaltern oder Verwaltern gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren anderer Vertragsstaaten das Recht einzuräumen, Sicherungsmaßnahmen in diesem Staat zu beantragen. Das EuiÜ steht dem nicht entgegen92 . b) Gutglaubensschutz und Publizität

Diesen Regelungskomplex behandelt das EU-Übereinkommen im Gegensatz zum Istanbuler Übereinkommen im wesentlichen vollständig. Es enthält Bestimmungen zum Schutz des gutgläubigen Erwerbs vom Schuldner (Art. 14 EuiÜ) sowie der gutgläubigen Leistung an diesen (Art. 24 EuiÜ) und sieht darüber hinaus eine öffentliche Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung (Art. 21 EuiÜ) und ihre Eintragung in öffentliche Register vor (Art. 22 EuiÜ). Mit den Regelungen des autonomen deutschen Internationalen Insolvenzrechts stimmen diese Vorschriften allerdings nur teilweise überein. aa) Erwerb vom Schuldner Den gutgläubigen Erwerb vom Schuldner schützt das EU-Übereinkommen mit einer besonderen Kollisionsnorm, und zwar bei unbeweglichen Gegenständen, bei Schiffen und Luftfahrzeugen, die der Eintragung in ein öffentliches Register unterliegen, sowie bei Wertpapieren, deren Eintragung in ein gesetzlich vorgeschriebenes Register Voraussetzung ihrer Existenz ist. Art. 14 EuiÜ sieht vor, daß die Wirksamkeit von Rechtshandlungen, durch die der Schuldner nach Verfahrenseröffnung gegen Entgelt über einen der vorgenannten Gegenstände verfügt, sich nach dem Recht des Vertragsstaates93 richtet, in dessen Gebiet der unbewegliche Gegenstand belegen ist oder unter dessen Aufsicht das Register geführt wird. Diese Bestimmung gewährleistet den Schutz des gutgläubigen Erwerbs inländischer Vermögensgegenstände vom Schuldner im Rahmen ausländischer Insolvenzverfahren in den wichtigsten, aber nicht in allen Fällen. Durch Art. 14 EuiÜ nicht geschützt ist der unentgeltliche Erwerb94 sowie der Erwerb von Rechten an unbeweglichen Gegenständen, Schiffen und Luftfahrzeugen, der nicht auf einer Verfügung über den betreffenden Gegenstand beruht, z. B. der Erwerb eines Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 198. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 78. 93 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 93; Balz, ZIP 1996, S. 948 (950 N. 19). 94 Im Ergebnis ohne Bedeutung, da der unentgeltliche Erwerb nach deutschem Insolvenzrecht anfechtbar ist(§§ 147, 134 InsO). 91

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Buchgrundpfandrechts95 vom Schuldner als bisherigem Rechtsinhaber. Insoweit werden das Grundbuch und Register für Schiffe und Luftfahrzeuge künftig keinen öffentlichen Glauben mehr entfalten.

bb) Leistung an den Schuldner Zum Schutz der gutgläubigen Leistung an den Schuldner enthält das EU-Übereinkommen eine eigene Sachnorm. Wer in einem Vertragsstaat an einen Schuldner leistet, über dessen Vermögen in einem anderen Vertragsstaat ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, obwohl er an den Verwalter hätte leisten müssen, wird befreit, wenn ihm die Verfahrenseröffnung nicht bekannt war (Art. 24 Abs. 1 EuiÜ). Falls die Leistung vor der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 21 EuiÜ im betreffenden Vertragsstaat erfolgt96 , wird die Unkenntnis des Leistenden von der Eröffnung bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (Art. 24 Abs. 2 S. 1 EuiÜ). Erfolgt die Leistung hingegen nach der Bekanntmachung, wird, ebenfalls bis zum Beweis des Gegenteils, Kenntnis vermutet (Art. 24 Abs. 2 S. 2 EuiÜ). Art. 24 EuiÜ entspricht im wesentlichen § 8 Abs. 2, 3 KO und § 82 InsO, ist aber insofern präziser, als er zugleich über die Anknüpfung des Gutglaubensschutzes entscheidet und den Leistungsort für maßgeblich erklärt. Ein besonderer Schutz für diejenigen Drittschuldner, die aufgrund eines Rechts, das für den Schuldner im Grundbuch oder in einem Register für Schiffe bzw. Luftfahrzeuge eingetragen ist, gutgläubig an diesen leisten, ist im EU-Übereinkommen nicht vorgesehen. Öffentlichen Glauben werden das Grundbuch und vergleichbare Register künftig auch insoweit nicht mehr entfalten. cc) Öffentliche Bekanntmachung Eine Verbesserung im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage97 bedeutet die im EU-Übereinkommen vorgesehene öffentliche Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung in anderen Vertragsstaaten. Der wesentliche Inhalt der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung und gegebenenfalls der Entscheidung über die Bestellung des Verwalters ist auf dessen Antrag98 in jedem anderen Vertragsstaat zu 95 Vgl. Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 141 a.E. AufBriefgrundpfandrechte dürfte hingegen Art. 14, 3. Spiegelstrich EuiÜ anwendbar sein (vgl. §§ 873 Abs. I, 1115 BGB). 96 Entscheidend ist der Zeitpunkt der Leistungshandlung, nicht der des Leistungserfolgs (vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 188). Dementsprechend kommt es auf die Bekanntmachung in dem Staat an, in dem die Leistungshandlung vorgenommen wird. 97 Vgl. oben B. V. I. b) aa), S. 177 f. 98 Nach Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 179, soll es den Gerichten des Verfahrensstaates möglich sein, die öffentliche Bekanntmachung auch unmittelbar in die Wege zu leiten, wenn ihnen diese Aufgabe nach dem Insolvenzrecht ihres Staates zukommt.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

veröffentlichen (Art. 21 Abs. 1 S. 1 EuiÜ). In der Bekanntmachung muß angegeben werden, welcher Verwalter bestellt wurde und ob sich die Zuständigkeit zur Verfahrenseröffnung aus dem Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen oder aus einer Niederlassung des Schuldners ergibt (Art. 21 Abs. 1 S. 2 EuiÜ). Anstelle einer antragsabhängigen Bekanntmachung kann jeder Vertragsstaat, in dessen Gebiet der Schuldner eine Niederlassung besitzt, eine obligatorische Bekanntmachung der in anderen Vertragsstaaten eröffneten Verfahren vorsehen. In diesem Fall ist der Verwalter bzw. jede andere hierzu befugte Stelle des Staates, in dem ein gemeinschaftsweites Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verpflichtet, die für diese Bekanntmachung erforderlichen Maßnahmen zu treffen (Art. 21 Abs. 2 EuiÜ). Dem nationalen Recht des Staates, in dem die Bekanntmachung erfolgen soll, bleibt es vorbehalten, die zur Entgegennahme des Antrags zuständige Stelle zu bestimmen und das Verfahren und die näheren Einzelheiten der Bekanntmachung zu regeln (Art. 21 Abs. 1 S. 1 EuiÜ). Eine der Veröffentlichung vorausgehende Anerkennungsprüfung ist, abgesehen von der Anwendbarkeit des EuiÜ und der Wirksamkeit der zu veröffentlichenden Entscheidungen sowie vorbehaltlich des ordre public, nicht zulässig. Insbesondere darf die internationale Zuständigkeit des Verfahrensstaates nicht nachgepriift werden99 . Die Wirkung der Bekanntmachung beschränkt sich auf die Unterrichtung des Rechtsverkehrs und auf eine Beweislastumkehr im Zusammenhang mit einer nach Verfahrenseröffnung erfolgten Leistung an den Schuldner (vgl. Art. 24 Abs. 2 EuiÜ). dd) Registerpublizität Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren können die Verfahrenseröffnung auch in den öffentlichen Registern anderer Vertragsstaaten vermerken lassen. Auf ihren Antrag ist sie in das Grundbuch, das Handelsregister und in alle sonstigen öffentlichen Register der übrigen Vertragsstaaten einzutragen (Art. 22 Abs. 1 EuiÜ). Jeder Vertragsstaat kann jedoch die obligatorische Eintragung der Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens mit der Folge vorsehen, daß der Verwalter bzw. jede andere hierzu befugte Stelle des Verfahrensstaates die für die Eintragung erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat (Art. 22 Abs. 2 EuiÜ). Die näheren Einzelheiten der Eintragung und das Eintragungsverfahren regelt das Recht des Vertragsstaates, in dem das Register geführt wird. Eine Anerkennungspriifung ist lediglich in demselben Umfang wie bei der öffentlichen Bekanntmachung zulässig 100• Aus dem Übereinkommen ergibt sich dies jedoch nicht. Den Verwaltern gleichgestellt sind andere befugte Stellen nur in Art. 21 Abs. 2 EuiÜ (obligatorische Bekanntmachung), nicht aber in Art. 21 Abs. 1 EuiÜ. 99 s. oben 2. a) aa) (1) (c), S. 289; Balz, ZIP 1996, S. 948 (949). 100 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 183; Balz, ZIP 1996, S. 948 (949).

II. EU-Übereinkommen

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c) Postsperre

Das EU-Übereinkommen ermöglicht den Vertragsstaaten die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen des Verfahrensstaates, die eine Einschränkung des Postgeheimnisses bewirken 101 , verpflichtet sie hierzu aber nicht (Art. 25 Abs. 3 EuiÜ). Im übrigen soll nach einer im Schrifttum vertretenen Meinung jedenfalls dann, wenn sich im Inland eine Niederlassung des Schuldners befindet, eine isolierte Postsperre zugunsten des Verwalters eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens angeordnet werden können 102 • Aus dem Übereinkommen geht dies freilich nicht hervor. Es ermöglicht eine solche Anordnung in anderen Vertragsstaaten nur unter den Voraussetzungen des Art. 38 EuiÜ zugunsten eines vorläufigen Verwalters und im Rahmen eines Partikularinsolvenzverfahrens zugunsten des in diesem Verfahren bestellten Verwalters. Allerdings steht es jedem Vertragsstaat frei, weitergehende Vorschriften zu erlassen 103 .

6. Bereinigung der Insolvenzmasse a) Dingliche Rechte Dritter

Das EU-Übereinkommen gewährt dinglichen Rechten Dritter an Gegenständen des Auslandsvermögens des Schuldners denselben Schutz wie Art. 14 Abs. 2lit. a IstanbÜ und § 390 Abs. 1 RegEinsO. Dingliche Rechte von Gläubigem oder Dritten an körperlichen oder unkörperlichen, beweglichen oder unbeweglichen Gegenständen des Schuldners, die sich im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung im Gebiet eines anderen Vertragsstaates als des Verfahrensstaates befinden 104, werden von der Verfahrenseröffnung vorbehaltlich einer etwaigen Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder relativen Unwirksamkeit nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. m EuiÜ nicht beriihrt (Art. 5 Abs. 1, 4 EuiÜ) 105 • Derartige Rechte können demnach in derselben Weise ausgeübt werden wie außerhalb eines Insolvenzverfahrens 106 ; der Verwalter besitzt hinsichtlich der betreffenden Gegenstände grundsätzlich nur diejenigen Befugnisse, die nach dem Sachstatut dem Schuldner zustehen 107 • Welche Rechte als 101 Zu Bedenken gegen diesen dogmatischen Ansatz s. oben B. V. 5., S. 190 f. N. 142, B. III. 2. d) cc) (3), S. 141 N. 259. 102 Balz, ZIP 1996, S. 948 (952 N. 29). 103 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 78. 104 Dazu Art. 2 lit. f, g EuiÜ (zu lit. g s. auch oben N. 86). 105 Mißverständlich Funke, InVo 1996, S. 170 (173). 106 Widersprüchlich Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 95, wonach ein dinglich Berechtigter sein Recht auf Aus- bzw. Absonderung wahrnehmen kann. Ein solches Recht kann sich nur aus dem Insolvenzrecht ergeben, das im vorliegenden Zusammenhang gerade keine Anwendung finden soll. 107 Daß der Verwalter einen mit einem Sicherungsrecht belasteten Gegenstand nicht zur Masse ziehen darf (so Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 34), trifft in dieser

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

dingliche Rechte anzusehen sind, soll sich grundsätzlich nach dem Recht des jeweiligen Vertragsstaates, regelmäßig also nach der Iex rei sitae richten 108 . Art. 5 Abs. 2 EuiÜ stellt allerdings klar, daß zu den dinglichen Rechten insbesondere 109 folgende Rechte gehören: (a) das Recht, den betreffenden Gegenstand zu verwerten oder verwerten zu lassen und aus dem Erlös oder den Nutzungen befriedigt zu werden, insbesondere aufgrundeines Pfandrechts oder einer Hypothek 110, (b) das ausschließliche Recht, eine Forderung einzuziehen, insbesondere aufgrund eines Pfandrechts oder einer Sicherungsabtretung 111 , ( c) das Recht, die Herausgabe des betreffenden Gegenstands von jedem zu verlangen, der ihn gegen den Willen des Berechtigten besitzt oder nutzt, sowie (d) das dingliche Recht, die Früchte eines Gegenstandes zu ziehen (z. B. ein Nießbrauch). Die dinglichen Rechte des deutschen Rechts dürften damit sämtlich geschützt sein. Durch Vormerkung gesicherte Ansprüche bleiben von der Verfahrenseröffnung im EU-Ausland ebenfalls unberührt, weil das in einem öffentlichen Register eingetragene absolute Recht, ein dingliches Recht zu erlangen, einem dinglichen Recht gleichgestellt ist (Art. 5 Abs. 3 EuiÜ). Daß das EU-Übereinkommen dingliche Rechte Dritter vor den Wirkungen der Verfahrenseröffnung im Ausland in Schutz nimmt, verdient grundsätzlich Zustimmung. Würden sich die Wirkungen ausländischer Insolvenzverfahren auf diese Rechte ohne Einschränkung nach dem Insolvenzstatut richten (vgl. Art. 4 Abs. 1 EuiÜ), wäre die Werthaltigkeit dinglicher Sicherheiten gefährdet und ihre Funktion als Kreditsicherheit in Frage gestellt 112 • Zu weit geht es jedoch, dingliche Rechte Dritter vorbehaltlich der Nichtigkeit, Anfechtbarkeil oder relativen Unwirksamkeit ihres Erwerbs von den Wirkungen gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren gänzlich freizustellen. Ein berechtigtes Interesse, dingliche Sicherheiten auch von den sich aus dem Lageortsrecht ergebenden insolvenzrechtlichen Beschränkungen freizuhalten, besteht nichtll3. Die Mühe, die es ausländische Verwalter kosten mag, sich über die am jeweiligen Lageort geltenden Beschränkungen zu informieren, dürfte durch die aus diesen Beschränkungen sich für die Insolvenzmasse ergebenden Vorteile mehr als aufgewogen werden. Auf Anträge zur Eröffnung von SeAllgemeinheit daher nicht zu. Regelmäßig wird sich bereits aus dem Sachstatut ergeben, daß eine Sicherheit abgelöst (vgl. Funke, InVo 1996, S. 170 [173]) oder nach der Verwertung des Sicherungsgutes durch den gesicherten Gläubiger ein Mehrerlös herausverlangt werden kann (vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 99). IOS Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 100. 109 Abweichend Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 103 (.,im Normalfall"). 110 Auch das Sicherungseigentum wird diese Voraussetzungen regelmäßig erfüllen. 111 Geschützt ist damit auch die Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts. Zum Vorbehaltseigentum selbst s. Art. 7 EuiÜ. 112 So mit Recht Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 97; s. oben B. VI. I. b) bb) (1) (b), (c), S. 204 f., 209. 1l3 s. oben B. VI. I. b) bb) (1) (b), (c), S. 205 f., 209 f.; C. I. 2. c) bb) (2), S. 270; Trunk, IIR, S. 386. Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 97.

II. EU-Übereinkommen

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kundärinsolvenzverfahren, in denen die aus dem Lageortsrecht resultierenden Beschränkungen zur Anwendung kämen, können Verwalter gemeinschaftsweiter Insolvenzverfahren nicht verwiesen werden, weil dies gegen das Neutralitätsprinzip114 verstieße. Abgesehen davon ist die Eröffnung solcher Verfahren nur in den Vertragsstaaten möglich, in denen der Schuldner eine Niederlassung unterhält (Art. 3 Abs. 2 S. 1 EuiÜ). Eine einschränkende Auslegung von Art. 5 Abs. I EuiÜ, nach der dingliche Rechte Dritter an ausländischen Vermögensgegenständen nur vor solchen Beschränkungen geschützt sind, die über die Beschränkungen des Lageortsrechts hinausgehen 115 , dürfte aufgrund der ausdrücklichen Ablehnung von Alternativlösungen durch die Mehrheit der Sachverständigenkommission 116 ausgeschlossen sein. b) Eigentumsvorbehalt

Das insolvenzrechtliche Schicksal des Eigentumsvorbehalts bzw. des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers an Sachen, die sich im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung im Gebiet eines anderen Vertragsstaates als des Verfahrensstaates befinden 117, regelt das EU-Übereinkommen in einer separaten Bestimmung. Vorbehaltlich einer Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder relativen Unwirksamkeit nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. m EuiÜ soll die Verfahrenseröffnung gegen den Käufer einer solchen Sache die Rechte des Verkäufers aus dem Eigentumsvorbehalt unberührt lassen und die Verfahrenseröffnung gegen den Verkäufer einer solchen Sache nach deren Lieferung weder die Auflösung bzw. Beendigung des Kaufvertrages rechtfertigen noch dem Eigentumserwerb des Käufers entgegenstehen (Art. 7 EuiÜ). In der Käuferinsolvenz wird der Eigentumsvorbehalt damit einem dinglichen Recht gleichgestellt (vgl. Art. 5 EuiÜ). Daß dieser Schutz zu weit geht, wurde bereits dargelegt 118• Die für die Verkäuferinsolvenz getroffene Regelung entspricht § 107 Abs. 1 InsO.

114 Keine der Alternativen zur insolvenzmäßigen Erfassung des Schuldnervermögens, d. h. weder die Anerkennung eines ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens noch die Durchführung eines Sekundärinsolvenzverfahrens, darf Beschränkungen unterliegen, die den Verwalter unmittelbar oder mittelbar zur Wahl der anderen Alternative zwingen. Vgl. Virgas!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 12 ("neutraler Mechanismus"); oben B. II. 4., S. 100. 115 Dafür Flessner; in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (222); vgl. Flessner; IPRax 1997, s. 1 (7 f.). 116 Virgas/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 97. 117 Dazu Art. 21it. f, g EuiÜ (zu lit. g s. auch oben N. 86). 118 s. vorstehend a), S. 304 f.; wie hier Trunk, IIR, S. 386; a.A. Flessner; in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (223).

20 Ahrens

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

c) Aufrechnung

Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Aufrechnung im Insolvenzverfahren sind gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. d EuiÜ dem Insolvenzstatut zu entnehmen. Soweit es um die Aufrechnung durch einen Gläubiger geht, wird dieser Grundsatz allerdings erheblich eingeschränkt. Denn die Aufrechnungsbefugnis eines Gläubigers wird, wiederum vorbehaltlich einer etwaigen Nichtigkeit, Anfechtbarkeit oder relativen Unwirksamkeit nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. m EuiÜ, von der Verfahrenseröffnung nicht berührt, wenn die Aufrechnung nach dem auf die Forderung des insolventen Schuldners anwendbaren Recht eines Vertragsstaates 119 zulässig ist (Art. 6 EuiÜ). Welches Recht auf die Forderung des Schuldners anwendbar ist, regelt das EuiÜ nicht, so daß das IPR maßgeblich sein wird, welches das mit der Sache jeweils befaßte Gericht anzuwenden hat. In der Sache vermag diese Ausnahmeregelung nicht zu überzeugen. Zwar vermeidet das EU-Übereinkommen damit Anpassungsschwierigkeiten, die sich bei einer gekoppelten Anknüpfung ergeben hätten 120• Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist Art. 6 EuiÜ jedoch nicht zu vereinbaren 121 • d) Insolvenzanfechtung

Eine eigenwillige Lösung hat das EU-Übereinkommen für die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung und der funktionsäquivalenten Rechtsinstitute der Nichtigkeit und der relativen Unwirksamkeit gefunden. Grundsätzlich bestimmt das Insolvenzstatut, welche Rechtshandlungen wegen Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam sind (Art. 4 Abs. 2 S. 2 Iit. m EuiÜ) 122 . Diese Anknüpfung soll jedoch dann nicht gelten, wenn die Person, die durch eine die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung begünstigt wurde, nachweist, daß für diese Rechtshandlung das Recht eines anderen Vertragsstaates als des Verfahrensstaates maßgeblich ist und die Rechtshandlung nach diesem Recht in keiner Weise angreifbar ist (Art. 13 EuiÜ). Dabei ist das für die Rechtshandlung maßgebliche Recht (Wirkungsstatut) nach dem IPR des mit der Sache jeweils befaßten Gerichts zu bestimmen. Die Rechtsfolge des Art. 13 EuiÜ kann im übrigen nicht allein in der Nichtanwendung des Insolvenzstatuts bestehen, 119

Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 93; Balz, ZIP 1996, S. 948 (950

N. 16).

Vgl. oben B. VI. 2. c), S. 221 f. Kritisch auch Hanisch, in: FS Jahr, S. 455 (465 N. 54); Gottwald, Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 36; Trunk, IIR, S. 392; Trautman!Westbrook/Gaillard, AJCL 41 (1993), S. 573 (603 f.). Für sinnvoll hält Art. 6 EuiÜ hingegen Flessner, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (223). 122 Für Rechtshandlungen des Schuldners, die vor lokrafttreten des Übereinkommens vorgenommen wurden, soll es bei der Anwendung des Rechts bleiben, das im Zeitpunkt ihrer Vomahme auf sie anwendbar war (Art. 47 S. 2 EuiÜ). 12o

121

Il. EU-Übereinkommen

307

sondern muß, damit die Anknüpfung der Insolvenzanfechtung nicht offenbleibt, zugleich die Anwendung des Wirkungsstatuts umfassen. Daß Art. 13 EuiÜ der durch die Rechtshandlung begünstigten Person die Darlegungs- und Beweislast für den Inhalt ausländischen Anfechtungsrechts auferlegt 123 , ist für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich 124. Unabhängig davon kann Art. 13 EuiÜ in der Sache nicht vollständig überzeugen. Die Bestimmung geht ebenso wie der nach ihrem Vorbild entstandene Art. 102 Abs. 2 EGinsO über das zum Schutz des Rechtsverkehrs Erforderliche hinaus und hält sich damit nicht mehr im Rahmen legitimer Schutzzwecke125.

e) Herausgabeansprüche gegen Insolvenzgläubiger wegen Befriedigung aus dem Auslandsvermögen Die Befriedigung, welche Gläubiger nach Verfahrenseröffnung aus dem Auslandsvermögen des Schuldners erlangen, ist nach dem EU-Übereinkommen ebenso wie nach § 383 Abs. 1 S. 1 RegEinsO grundsätzlich nicht kondiktionsfest. Art. 20 Abs. 1 EuiÜ bestimmt, daß ein Gläubiger, der nach Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens auf irgendeine Weise, insbesondere durch Zwangsvollstreckung, vollständig oder teilweise aus einem Massegegenstand befriedigt wird, der in einem anderen Vertragsstaat als dem Verfahrensstaat belegen ist, das Erlangte vorbehaltlich der Zulässigkeit der Befriedigung aufgrund eines dinglichen Rechts (Art. 5 EuiÜ) 126, eines Eigentumsvorbehalts oder eines Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers (Art. 7 EuiÜ) an den Verwalter herauszugeben hat. Fraglich ist, ob die Herausgabepflicht, abgesehen von den Artt. 5 und 7, weiteren Ausnahmen unterliegt. In Betracht kommt dies zunächst bei der Aufrechnung (Art. 6 EuiÜ). Zur Aufrechnung befugte Gläubiger befriedigen sich jedoch aus Gegenforderungen des Schuldners, die nach Art. 2 lit. g EuiÜ am Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen belegen sind, d. h. aus dem im Verfahrensstaat belegenen Vermögen (Art. 3 Abs. 1 EuiÜ) und nicht aus dem Auslandsvermögen. Aufrechnungsbefugte Gläubiger sind deshalb von vomherein nicht herausgabepflichtig127, so daß sich eine diesbezügliche Ausnahme erübrigt. Anders verhält es sich mit einem nach Art. 14 EuiÜ zulässigen gutgläubigen Erwerb vom Schuldner. Nach dem Wortlaut des Art. 20 Abs. I EuiÜ besteht in diesem Fall eine Herausgabepflicht, denn der dingliche Erwerb eines Massegegenstandes stellt, sofern damit 123 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nm. 136 f. 124 Vgl. § 293 ZPO; BGH, 24. 11. 1960, NJW 1961,410. 125 Vgl. oben B. VI. 3. b) cc), S. 232. Ablehnend auch Hanisch, ZIP 1992, S. 1125 (1138);

ders., in: FS Jahr, S. 455 (471 f.) (zu Art. 8 EG-Entwurf 1992); ders., in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 202 (217); Gottwald, Grenzüberschreitende lnsolvenzen, S. 40 f.; Flessner, in: Stall, Umsetzung des EuiÜ, S. 219 (226). 126 Vgl. insbesondere Art. 5 Abs. 2lit. a EuiÜ. 127 So ohne nähere Begründung auch Balz, ZIP 1996, S. 948 (952). 20*

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

ein entsprechender Anspruch erfüllt wird, eine Befriedigung aus einem Gegenstand der Masse dar 128 . Das Ergebnis dieser Auslegung wäre jedoch, daß der gutgläubige Erwerb vom Schuldner letztlich schutzlos bliebe und Art. 14 EuiÜ sein Ziel verfehlen würde. Art. 20 Abs. 1 EuiÜ muß daher in der Weise restriktiv ausgelegt werden, daß das aufgrund von Art. 14 EuiÜ wirksam Erworbene nicht an den Verwalter herausgegeben zu werden braucht. Für Gläubiger, die in einem anderen Insolvenzverfahren eine Quote erlangt haben, bedarf es einer derart einschränkenden Auslegung nicht. Diese Gläubiger sind aus der Masse und nicht aus einem Gegenstand derselben befriedigt worden und unterliegen schon deshalb nicht der Herausgabepflicht Daß sie die erlangte Quote behalten dürfen, ergibt sich zudem mittelbar aus Art. 20 Abs. 2 EuiÜ, wonach sie an einer späteren Verteilung in einem anderen Verfahren erst dann teilnehmen, wenn die Gläubiger gleichen Ranges oder gleicher Gruppenzugehörigkeit in diesem Verfahren die gleiche Quote erlangt haben wie sie. Diese Regelung setzt voraus, daß die erlangte Quote nicht herausgegeben zu werden braucht 129•

7. Verwertung der Insolvenzmasse Für die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwertung von in anderen Vertragsstaaten belegenen Massegegenständen gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften über die Verwalterbefugnisse und damit das Insolvenzstatut (Artt. 4 Abs. 2 S. 2 lit. c, 18 Abs. 1 S. 1 EuiÜ). Dieses bestimmt, ob der Verwalter oder eine andere Stelle zur Verwertung solcher Gegenstände berechtigt ist; außerdem regelt es die Verwertungsart (förmlich oder freihändig) 130. Bei der Durchführung der Verwertung hat der Verwalter jedoch, wie generell bei der Ausübung seiner Befugnisse, das Recht des Vertragsstaates zu beachten, in dessen Gebiet er handeln will (Art. 18 Abs. 3 S. 1 EuiÜ). Das bedeutet, daß Verwertungsverfahren nach dem am Lageort geltenden Recht durchzuführen sind 131 , was freilich nur dann relevant wird, wenn der Verwalter Massegegenstände in den anderen Vertragsstaaten verwertet, wozu er bei Mobilien grundsätzlich nicht gezwungen ist (Art. 18 Abs. 1 S. 2 EuiÜ). Bewegliche Sachen kann der Verwalter in den Verfahrensstaat verbringen und dort nach den ihm vertrauten Bestimmungen dieses Staates verwerten. Die Verwertung von Massegegenständen, die sich zur Zeit der Verfahrenseröffnung in anderen Vertragsstaaten befinden und die Gegenstand von dinglichen 128 Andernfalls wäre der Vorbehalt für den Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers (Art. 7 Abs. 2 EuiÜ) in Art. 20 Abs. I EuiÜ entbehrlich gewesen. 129 So ausdrücklich noch Art. 12 Abs. 2 S. I EG-Entwurf 1992; ferner Balz, ZEuP 1996, s. 325 (327). 130 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 164Iit. c. 131 Virgos / Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 164 Iit. c; Balz, ZIP 1996, S. 948 (952); Fletcher, S. 776.

II. EU-Übereinkommen

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Rechten Dritter, Eigentumsvorbehalten oder Anwartschaftsrechten von Vorbehaltskäufern sind, unterliegt zum Teil besonderen Regeln. Sofern dem Verwalter nach dem Insolvenzstatut ein Recht zur Verwertung solcher Gegenstände zusteht, kann er es nur in dem Maße ausüben, in dem der Schuldner bei Verfahrenseröffnung verwertungsberechtigt war. Weitergehenden Verwertungsbefugnissen des Verwalters stehen die Artt. 5 und 7 EuiÜ entgegen 132 • Ohne weiteres zulässig dürfte danach nur die freihändige Veräußerung eines ausländischen Grundstücks durch den Verwalter sein, sofern die daran bestehenden dinglichen Rechte bestehenbleiben. Fraglich ist, ob der Verwalter die zu den vorgenannten Massegegenständen gehörenden beweglichen Sachen aus dem Gebiet des Vertragsstaates, in dem sie sich bei Verfahrenseröffnung befinden, entfernen und in einem anderen Vertragsstaat verwerten darf. Nach Art. 18 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Artt. 5, 7 EuiÜ sind solche Vermögensbewegungen nicht generell untersagt, sondern nur insoweit, als sie dingliche Rechte Dritter, einen Eigentumsvorbehalt oder ein Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers beeinträchtigen. Der mit dem Gebietswechsel verbundene Statutenwechsel darf die Position des dinglich gesicherten Dritten bzw. des Vorbehaltskäufers oder -Verkäufers demnach nicht verschlechtern. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wird sich nur im Einzelfall beantworten lassen.

8. Rechtsstellung in Partikularinsolvenzverfahren Alternativ zur zentralen Verwaltung des Schuldnervermögens durch den Verwalter eines anerkannten gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens erlaubt das EUÜbereinkommen bekanntlich eine teilweise dezentralisierte Verwaltung durch Eröffnung von Partikularinsolvenzverfahren in Vertragsstaaten mit einer Niederlassung des Schuldners. Um diese Verfahren sowohl mit dem gemeinschaftsweiten Verfahren als auch untereinander zu koordinieren, räumt Kapitel III des Übereinkommens im Rahmen solcher Partikularverfahren den Verwaltern der Verfahren anderer Vertragsstaaten bestimmte Rechte ein und erlegt ihnen bestimmte Pflichten auf. Dabei wird zwischen Sekundärinsolvenzverfahren und anderen (unabhängigen) Partikularinsolvenzverfahren unterschieden. a) Sekundärinsolvenzverfahren

Sekundärinsolvenzverfahren sind Insolvenzverfahren, die nach vorangegangener Eröffnung eines gemeinschaftsweiten Insolvenzverfahrens in einem Vertragsstaat in einem anderen Vertragsstaat aufgrund einer Niederlassung des Schuldners eröffnet werden (Artt. 3 Abs. 3 S. 1, 16 Abs. 2, 27 S. 1 EuiÜ). Die Anerkennung des gemeinschaftsweiten oder Hauptinsolvenzverfahrens (Art. 27 S. 1 EuiÜ) steht der 132

Vgl. insbesondere Art. 5 Abs. 2lit. a EuiÜ.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens nicht entgegen (Art. 16 Abs. 2 S. 1 EuiÜ), sondern führt dazu, daß es ohne vorherige Prüfung der Insolvenz des Schuldners im betreffenden Vertragsstaat eröffnet werden kann (Art. 27 S. 1 EuiÜ). Sekundärinsolvenzverfahren beschränken sich auf das im Verfahrensstaat belegene Schuldnervermögen und sind stets Liquidationsverfahren im Sinne von Art. 2 lit. c i.V.m. Anhang B EuiÜ (Art. 3 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2, Art. 27 S. 2, 3 EuiÜ). Anders als Sekundärkonkurse nach dem Istanbuler Übereinkommen stellen sie vollständige Parallelverfahren dar, die nicht nur der Erfüllung dinglich gesicherter, bevorrechtigter, öffentlich-rechtlicher und bestimmter lokaler Forderungen133, sondern der Befriedigung aller Gläubiger dienen (vgl. Artt. 32 Abs. 1, 35, 39 EuiÜ) 134• Die Rechtsstellung des Verwalters des Hauptinsolvenzverfahrens im Sekundärinsolvenzverfahren richtet sich in erster Linie nach den Artt. 29-35 EuiÜ, welche ihm und zum Teil auch Verwaltern anderer Sekundärverfahren zahlreiche Beteiligungsrechte einräumen. Im übrigen ist das Recht des Vertragsstaates maßgeblich, der das Sekundärverfahren eröffnet hat (Artt. 4 Abs. 1, 28 EuiÜ). aa) Eröffnungsantrag Art. 29 lit. a EuiÜ ermächtigt den Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens, die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens in einem anderen Vertragsstaat zu beantragen. Das Interesse des Verwalters an der Eröffnung und Durchführung eines solchen Verfahrens kann sich insbesondere aus der Vereinfachung der Niederlassungsliquidation und der Reduzierung der Verfahrenskosten ergeben, welche mit der Anwendung lokalen Insolvenzrechts in der Regel verbunden sind, ferner daraus, daß Gegenstände des Auslandsvermögens, an denen dingliche Rechte Dritter, Eigentumsvorbehalte oder Anwartschaftsrechte von Vorbehaltskäufern bestehen, nur auf diese Weise den insolvenzrechtlichen Beschränkungen des Lageortsrechts unterworfen werden können (vgl. Artt. 5, 7 Abs. 1 EuiÜ), und schließlich auch aus für die Masse günstigeren Anfechtungsregeln im Sekundärinsolvenzverfahrensstaat 135 . Einen Eröffnungsantrag rechtfertigen diese Vorteile allerdings nur dann, wenn sie die mit der Dezentralisierung verbundenen Nachteile, insbesondere die zu erwartenden Probleme bei der Abstimmung mit dem Verwalter des Sekundärverfahrens, überwiegen. Der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens wird dies vor der Antragstellung sorgfaltig zu prüfen haben. Als Eröffnungsgrund für das Sekundärverfahren genügt die Anerkennung der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens (Art. 27 S. 1 EuiÜ) 136 . Sofern das Recht des Vertragsstaates, in dem der Eröffnungsantrag gestellt wird, eine vollständige oder teilweise Deckung der Kosten des VerVgl. Art. 21 IstanbÜ. Vgl. auch Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 253; Balz, ZEuP 1996, s. 325 (328 f.). 135 Balz, ZEuP 1996, S. 325 (328). 136 Vgl. Balz, ZEuP 1996, S. 325 (328). 133 134

Il. EU-Übereinkommen

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fahrens einschließlich der Auslagen durch die Masse verlangt (so etwa § 26 Abs. 1 S. 1 InsO), kann das Gericht vom Verwalter wie vonjedem anderen Antragsteller nach näherer Maßgabe des anzuwendenden Insolvenzrechts 137 einen Kostenvorschuß oder eine angemessene Sicherheitsleistung verlangen (Art. 30 EuiÜ).

bb) Information und Kooperation Um die mit der dezentralen Verwaltung des Schuldnervermögens verbundenen Nachteile in Grenzen zu halten, verpflichtet das EU-Übereinkommen den Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens und die Verwalter der Sekundärinsolvenzverfahren - diese auch untereinander - zur gegenseitigen Unterrichtung. Vorbehaltlich der Regeln über die Einschränkung der Weitergabe von Informationen, insbesondere der datenschutzrechtlichen Bestimmungen 138, haben sie sich unverzüglich alle Informationen mitzuteilen, die für das jeweils andere Verfahren von Bedeutung sein können. Dazu gehören insbesondere der Stand der Anmeldung und der Prüfung der Forderungen und alle Maßnahmen zur Beendigung eines Insolvenzverfahrens (Art. 31 Abs. 1 EuiÜ), ferner z. B. Informationen über den Umfang der Masse, über Maßnahmen zur Wiedererlangung von Massegegenständen (insbesondere Anfechtungsklagen), über die zeitweilige Fortführung eines Unternehmens des Schuldners sowie über mögliche und beabsichtigte Sanierungs-, Verwertungsund Verteilungsmaßnahmen 139 • Diese Informationspflicht entspricht grundsätzlich der nach Art. 25 IstanbÜ. Sie geht aber insofern weiter, als sie auch die Verwalter der Sekundärinsolvenzverfahren untereinander zur Information verpflichtet, was zweckmäßig erscheint. Die direkte Kommunikation, insbesondere zwischen Verwaltern benachbarter Sekundärverfahrensstaaten, ist regelmäßig effektiver als die indirekte über den Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens. Mit der Informationspflicht verbindet das EU-Übereinkommen die Pflicht zur Kooperation. Vorbehaltlich der für die einzelnen Verfahren geltenden Vorschriften sind der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens und die Verwalter der Sekundärverfahren zur gegenseitigen Zusammenarbeit verpflichtet, letztere auch untereinander (Art. 31 Abs. 2 EuiÜ). Der Vorbehalt besagt lediglich, daß die Kooperationspflicht nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung geltender Rechtsvorschriften entbindet, bedeutet aber nicht, daß die Kooperationspflicht zur Disposition jedes Vertragsstaates steht. Abgesehen davon ist die Kooperationspflicht umfassend und besteht in jeder Lage des Verfahrens 140.

137

138 139

Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 228. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 231 ; Balz, ZIP 1996, S. 948 (954). Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 230; Balz, ZIP 1996, S. 948 (954).

V gl. den Erläuternden Bericht zum IstanbÜ, Nr. 136. 140 Ein instruktives Beispiel für eine solche Kooperation (zwischen englischen und amerikanischen Verwaltern) bietet der Fall Maxwell Communications Corporation (eingehend

312

C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

cc) Ausübung von Gläubigerrechten Art. 32 Abs. 2, 3 EuiÜ ermächtigt die Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens und der Sekundärinsolvenzverfahren zur Wahrnehmung von Gläubigerrechten in den jeweils anderen Verfahren. Sie sind berechtigt und verpflichtet, in diesen Verfahren diejenigen Forderungen anzumelden, die in ihrem Verfahren bereits angemeldet wurden, soweit dies für die Gläubiger ihres Verfahrens insgesamt oder für eine bestimmte Gläubigergruppe 141 zweckmäßig ist. Allerdings kann jeder Gläubiger eine solche Anmeldung ablehnen oder, sofern das Recht des Vertragsstaates, in dem die Forderung angemeldet wurde, dies vorsieht, zurücknehmen (Art. 32 Abs. 2 EuiÜ) 142, beispielsweise aus Kostengründen 143 • Darüber hinaus sind die Verwalter von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren berechtigt, wie Gläubiger an den jeweils anderen Insolvenzverfahren mitzuwirken, insbesondere durch Teilnahme an den Gläubigerversammlungen (Art. 32 Abs. 3 EuiÜ). Ein Stimmrecht aus den von ihnen angemeldeten Forderungen ist im EU-Übereinkommen nicht mehr ausdrücklich vorgesehen 144 , dürfte vom Mitwirkungsrecht der Verwalter aber ebenso umfaßt sein wie alle anderen vom Insolvenzstatutjeweils vorgesehenen Gläubigermitwirkungsrechte. Die Lösung der sich daraus ergebenden Kollisionen zwischen den Mitwirkungsrechten der Gläubiger und denen der Verwalter ist Sache jedes Vertragsstaates 145 . dd) Mitwirkung bei der Verwertung Die Kooperation der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens und der Sekundärinsolvenzverfahren bei der Verwertung ist in Artt. 31 Abs. 3, 33 EuiÜ geregelt. Nach der erstgenannten Bestimmung, die weitgehend § 398 Abs. 1 S. 2 RegEinsO entspricht, hat der Verwalter eines Sekundärinsolvenzverfahrens dem Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens zu gegebener Zeit Gelegenheit zu geben, Vorschläge für die Verwertung oder jede andere Art der Verwendung der Masse des Sekundärinsolvenzverfahrens zu unterbreiten. Zweck der Vorschrift ist es, eine aufeinander abgestimmte Verwendung des gesamten Schuldnervermögens zu ermöglichen und auf diese Weise die Befriedigungschancen der Gläubiger zu verbessern. Der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens kann z. B. den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände durch die Masse seines Verfahrens vorschlagen, wenn er diese dazu Göpfert, ZZPlnt 1 [1996], S. 269 ff. ; Reinhan, S. 270 ff. Göpferts Kritik an den Kooperationsregeln des EG-Entwurfs 1992 [a. a. 0., S. 278 f.] trifft das EuiÜ nicht mehr). 141 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 239. 142 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum Eu!Ü, Nr. 237; ähnlich bereits § 397 Abs. 1 RegEinsO. 143 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 239. 144 Anders noch Art. 25 Abs. 2 EG-Entwurf 1992; ebenso§ 397 Abs. 2 RegEinsO. 145 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 240.

II. EU-Übereinkommen

313

Gegenstände für ein Sanierungsvorhaben benötigt 146• Soweit sich für das Sekundärinsolvenzverfahren bereits bestimmte Verwertungsmaßnahmen abzeichnen, der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens aber noch Zeit zur Prüfung alternativer Verwendungsmöglichkeiten, insbesondere der Möglichkeit einer einheitlichen grenzüberschreitenden Sanierung oder Verwertung 147 benötigt, kann er von seinem Recht Gebrauch machen, bei dem Gericht, das das Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet hat, einen Antrag auf vollständige oder teilweise Aussetzung der Verwertung zu stellen (Art. 33 Abs. 1 S. 1, 1. Halbs. EuiÜ) 148 . Diesen Antrag darf das Gericht nur dann ablehnen, wenn die Aussetzung für die Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens offensichtlich nicht von Interesse ist (Art. 33 Abs. 1 S. 2 EuiÜ). In diesem Fall wird das Gericht sogar zur Ablehnung des Antrags verpflichtet sein, denn andere Interessen als die der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens können die Aussetzung nicht rechtfertigen 149• Gibt das Gericht dem Antrag hingegen statt, kann es vom Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens alle angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Gläubiger des Sekundärinsolvenzverfahrens sowie einzelner Gruppen dieser Gläubiger verlangen (Art. 33 Abs. 1 S. I, 2. Halbs. EuiÜ), z. B. eine Sicherheitsleistung 150 oder laufende Zinszahlungen an dinglich gesicherte Gläubiger 151 . Die Aussetzung ist auf höchstens drei Monate zu befristen (Art. 33 Abs. 1 S. 3 EuiÜ). Verlängerung bzw. Erneuerung für jeweils denselben Zeitraum ist möglich (Art. 33 Abs. 1 S. 4 EuiÜ), auch mehrfach, und zwar unter denselben Voraussetzungen wie die erstmalige Aussetzung. Der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens kann jederzeit die Aufhebung der Aussetzung beantragen; diesem Antrag ist ohne weitere Prüfung zu entsprechen (Art. 33 Abs. 2, 1. Alt. EuiÜ). Im übrigen hat das Gericht die Aussetzung der Verwertung von Amts wegen, auf Antrag eines Gläubigers oder auf Antrag des Verwalters des Sekundärinsolvenzverfahrens aufzuheben, wenn sich herausstellt, daß die Aussetzung insbesondere nicht mehr mit dem Interesse der Gläubiger des Haupt- oder des Sekundärinsolvenzverfahrens zu rechtfertigen ist (Art. 33 Abs. 2, 2. Alt. EuiÜ). Da andere Interessen als die der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens die Aussetzung nicht rechtfertigen können, wird diese Bestimmung so auszulegen sein, daß die Aussetzung dann und nur dann aufzuheben ist, wenn sie entweder nicht mehr im Interesse der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens liegt oder die Interessen Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 233; Balz, ZIP 1996, S. 948 (954). Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 243. 148 Eine ähnliche Regelung ist für das autonome deutsche Internationale Insolvenzrecht erwogen worden (Art. 32 des Vorentwurfs des Bundesministeriums der Justiz vom 1. 3. 1989, abgedruckt in: Stoll, Reform des IIR, S. 12 f.). 149 Dies ergibt sich daraus, daß die Aussetzung nur auf Antrag des Verwalters des Hauptinsolvenzverfahrens angeordnet werden kann und auf seinen Antrag ohne weiteres aufzuheben ist (Art. 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, l. Alt. EuiÜ). 150 Art. 26 Abs. 1 S. 2 EG-Entwurf 1992; Virgos I Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 244; Balz, ZIP 1996, S. 948 (954). 151 Art. 26 Abs. 1 S. 1 EG-Entwurf 1992; Balz, ZEuP 1996, S. 325 (329). 146

147

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

der Gläubiger des Sekundärinsolvenzverfahrens an der Aufhebung der Aussetzung die Interessen der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens an ihrer Fortdauer auch unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen, die das Gericht angeordnet hat und noch anordnen kann, überwiegen 152• ee) Mitwirkung bei anderen Maßnahmen zur Verfahrensbeendigung Sofern ein Sekundärinsolvenzverfahren nach dem Recht des betreffenden Verfahrensstaates ohne Liquidation durch einen Sanierungsplan, einen Vergleich oder durch eine andere vergleichbare Maßnahme beendet werden kann, ist der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens ebenfalls mitwirkungsbefugt Zum einen kann er eine solche verfahrensbeendende Maßnahme selbst vorschlagen (Art. 34 Abs. I Unterabs. I EuiÜ), zum anderen kann eine Beendigung des Sekundärinsolvenzverfahrens durch eine solche Maßnahme grundsätzlich nur mit seiner Zustimmung bestätigt werden. Stimmt der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens nicht zu, ist eine Bestätigung nur möglich, wenn die finanziellen Interessen der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens durch die vorgeschlagene Maßnahme nicht beeinträchtigt werden (Art. 34 Abs. 1 Unterabs. 2 EuiÜ). Das bedeutet, daß ihnen der Liquidationswert ihrer Gläubigerrechte erhalten bleiben muß 153, was nicht einfach festzustellen sein wird 154• Besondere Bedeutung besitzt in diesem Zusammenhang die Aussetzung der Verwertung nach Art. 33 EuiÜ, weil sie dem Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens ein Vorschlagsmonopol hinsichtlich einer Beendigung des Sekundärinsolvenzverfahrens durch Sanierungsplan, Vergleich oder eine andere vergleichbare Maßnahme verschafft. Wahrend der Aussetzung der Verwertung kann allein der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens oder der Schuldner mit seiner Zustimmung eine solche Maßnahme vorschlagen, während Vorschläge anderer Beteiligter weder zur Abstimmung gestellt noch bestätigt werden dürfen (Art. 34 Abs. 3 EuiÜ). Die durch die Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens bewirkte Dezentralisierung der Insolvenzverwaltung wird damit im Interesse einer Gesamtbereinigung teilweise wieder zurückgenommen, was sachgerecht erscheint. Hinzuweisen ist darauf, daß eine Beschränkung der Rechte der Gläubiger, die sich aus einer der vorgenannten verfahrensbeendenden Maßnahmen ergibt (z. B. eine Stundung oder eine Schuldbefreiung), nur dann Auswirkungen auf das vom Sekundärinsolvenzverfahren nicht erfaßte Schuldnervermögen haben soll, wenn alle betroffenen Gläubiger der Maßnahme zustimmen (Art. 34 Abs. 2 EuiÜ) 155 • 152 Anders Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 247, die eine Beendigung ohne Berücksichtigung der Interessen der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens für möglich halten. 153 Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 249; Balz, ZIP 1996, S. 948 (954). 154 Vgl. Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Reform des IIR, S. 265 (274). 155 Dies steht in einem gewissen Widerspruch zu Art. 17 Abs. 2 S. 2 EuiÜ, wonach Beschränkungen der Rechte der Gläubiger infolge eines Partikularverfahrens hinsichtlich des

Il. EU-Übereinkommen

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ff) Anspruch auf Herausgabe eines Überschusses

Falls bei der Verwertung der Masse des Sekundärinsolvenzverfahrens alle in diesem Verfahren festgestellten Forderungen in voller Höhe befriedigt werden können, hat der Verwalter dieses Verfahrens einen verbleibenden Überschuß unverzüglich dem Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens zu übergeben (Art. 35 EuiÜ). Diese Regelung entspricht § 399 RegEinsO und der Sache nach auch Art. 22 IstanbÜ.

b) Unabhängige Partikularinsolvenzverfahren

Partikularinsolvenzverfahren, die unter den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2, 4 EuiÜ schon vor dem Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden, sind zwar keine Sekundärinsolvenzverfahren, diesen aber ab Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens weitgehend gleichgestellt 156. Auf sie finden die für Sekundärverfahren geltenden Bestimmungen der Artt. 31 - 35 EuiÜ in dem Maße Anwendung, in dem dies nach dem Stand des Partikularverfahrens möglich ist (Art. 36 EuiÜ). Demgemäß sind grundsätzlich auch die Verwalter unabhängiger Partikularverfahren zu gegenseitiger Information und Kooperation sowohl untereinander als auch im Verhältnis zu Verwaltern von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren verpflichtet (Artt. 36, 31 Abs. 1, 2 EuiÜ) und gemäß Art. 32 Abs. 2, 3 EuiÜ zur Ausübung von Gläubigerrechten in den anderen Verfahren befugt. Letzteres gilt gleichermaßen für Verwalter von Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahren in unabhängigen Partikularverfahren. Zudem kann der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens bei rechtzeitiger Eröffnung seines Verfahrens in unabhängigen Partikularverfahren gemäß Artt. 31 Abs. 3, 33, 34 EuiÜ bei der Verwertung und anderen Maßnahmen zur Verfahrensbeendigung mitwirken. Gegebenenfalls ist ein im Partikularverfahren verbleibender Überschuß an ihn herauszugeben (Artt. 36, 35 EuiÜ). Unabhängig davon kann der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens die Umwandlung eines unabhängigen Partikularverfahrens, das ein Insolvenzverfahren im Sinne von Art. 2 lit. a i.V.m. Anhang A EuiÜ 157 , aber kein Liquidationsverfahren im Sinne von Art. 2 lit. c i.V.m. Anhang B EuiÜ ist, in ein Liquidationsverfahren beantragen, falls diese Umwandlung im Interesse der Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens liegt (Art. 37 Unterabs. 1 EuiÜ). Ist diese Voraussetzung erfüllt 158 , hat das für die im Gebiet eines anderen Vertragsstaates belegenen Vermögens (nur) gegenüber den Gläubigem wirken, die hierzu ihre Zustimmung erteilt haben. Als speziellere Norm geht Art. 34 Abs. 2 EuiÜ Art. 17 Abs. 2 S. 2 EuiÜ allerdings vor. Nach Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 42, soll eine durch Gerichtsbeschluß ersetzte Zustimmung genügen (zweifelhaft). 156 Für die Zeit davor befürworten Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 39, die analoge Anwendung derjenigen Vorschriften des Übereinkommens, die für die Koordinierung von Sekundärinsolvenzverfahren untereinander gelten. 157 Virgos!Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 261. 158 Vgl. Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuiÜ, Nr. 258.

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

Eröffnung des Partikularverfahrens zuständige Gericht dem Antrag zu entsprechen (Art. 37 Unterabs. 2 EuiÜ). Zweck dieser Regelung ist es insbesondere, die Gläubiger des Hauptinsolvenzverfahrens davor zu schützen, daß einzelne Vertragsstaaten das auf ihrem Gebiet belegene Schuldnervermögen nicht zur Gläubigerbefriedigung, sondern zu anderen Zwecken verwenden, etwa für nicht im Gläubigerinteresse liegende Sanierungsmaßnahmen 159•

9. Information der Gläubiger

Kapitel IV des EU-Übereinkommens, das im wesentlichen Artt. 30-32 IstanbÜ entspricht, regelt die Unterrichtung der Gläubiger und die Anmeldung ihrer Forderungen. Die einzige Pflicht des Verwalters des in einem Vertragsstaat eröffneten Insolvenzverfahrens bzw. des für die Eröffnung zuständigen Gerichts besteht in diesem Zusammenhang darin, die bekannten Gläubiger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz in den anderen Vertragsstaaten haben, unverzüglich von der Verfahrenseröffnung zu unterrichten (Art. 40 Abs. 1 EuiÜ). Diese Unterrichtung hat durch individuelle Übersendung eines Vermerks zu erfolgen. Sie muß insbesondere die bei der Forderungsanmeldung einzuhaltenden Fristen, die Folgen einer verspäteten Anmeldung, die für die Entgegennahme der Anmeldung zuständige Stelle und die weiteren nach nationalem Recht vorgeschriebenen Maßnahmen enthalten (Art. 40 Abs. 2 S. 1 EuiÜ). Der Vermerk hat auch anzugeben, ob bevorrechtigte und dinglich gesicherte Gläubiger ihre Forderungen anmelden müssen (Art. 40 Abs. 2 S. 2 EuiÜ) 160.

10. Stellungnahme und Ausblick

Das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren hat in Deutschland ein unterschiedliches Echo ausgelöst. In Insolvenzverwalterkreisen wird es als deutlicher Rückschritt gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage bewertet, wobei insbesondere die Zulassung von Sekundärinsolvenzverfahren und die Sonderanknüpfungen der Artt. 5- 14 EuiÜ kritisiert werden 161 . Dies vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es parallele Partikularverfahren und Ausnahmen von der grundsätzlichen Anwendung des Insolvenzstatuts, wie im Hauptteil dieser Arbeit dargelegt, schon de lege lata gibt, von einem Rückschritt insoweit also keine Rede sein kann. Abgesehen davon führt nach dem Scheitern des ursprünglichen EG-Konzepts, ein einziges, gemeinschaftsweites Konkursverfahren zu etablieren, an der 159 160 161

Vgl. Balz, ZEuP 1996, S. 325 (328). Zur Sprachenfrage s. Art. 42 Abs. 1 EuiÜ. Mohrbutter/Wenner, Rdn. XXIII.2 (wohl nicht repräsentativ).

II. EU-Übereinkommen

317

Zulassung von Partikularverfahren ohnehin kein Weg vorbei. Richtig ist vielmehr, wie von anderer Seite hervorgehoben wird 162, daß die Grundstrukturen des Übereinkommens mit denen des autonomen Rechts und des Regierungsentwurfs der Insolvenzordnung weitgehend übereinstimmen. Dies gilt insbesondere für die Anerkennung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen, die grundsätzliche Maßgeblichkeil des Insolvenzstatuts (auch für die Rechtsstellung ausländischer Verwalter), für manche Ausnahmeanknüpfungen, etwa zum Schutz des guten Glaubens, sowie für die Zulassung paralleler Partikularverfahren und die Rechte ausländischer Verwalter im Rahmen solcher Verfahren. Ohne den Beitrag anderer EU-Staaten schmälern zu wollen, stellt sich das Übereinkommen daher insgesamt trotz mancher Kritik im Detail, die hier nicht wiederholt werden soll, als eine gelungene Synthese und Fortentwicklung wesentlicher Elemente des Regierungsentwurfs und der im Rahmen des EU-Konzepts verwertbaren Teile des Istanbuler Übereinkommens dar. Der Bewertung "this example of an international bankruptcy treaty will establish a new 'high water mark', at regional Ievel, which is unlikely to be surpassed for some considerable time" 163 ist deshalb uneingeschränkt beizupflichten. Für multilaterale Insolvenzrechtskonventionen setzt das EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren in der Tat neue Maßstäbe. Es bleibt zu hoffen, daß das Vereinigte Königreich seine ablehnende Haltung aufgibt und das Übereinkommen nach erneuter Auflegung zur Zeichnung 164 von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet 165 und ratifiziert wird. So wie die internationalinsolvenzrechtlichen Bestimmungen des Regierungsentwurfs der Insolvenzordnung das EU-Übereinkommen beeinflußt haben, wird sich das Übereinkommen umgekehrt auch auf das autonome deutsche Internationale Insolvenzrecht auswirken. Schon jetzt ist festzustellen, daß einzelne seiner Bestimmungen zur Auslegung und Anwendung autonomen Rechts herangezogen werden166. Darüber hinaus ist bei Inkrafttreten des Übereinkommens mit einer gesetzlichen Neuregelung des autonomen Internationalen Insolvenzrechts in Anlehnung an das EuiÜ zu rechnen. Eine pauschale Übernahme des Übereinkommens, wie sie der Rechtsausschuß 1994 in Aussicht gestellt hat 167, ist aufgrundder zu Recht ablehnenden Stellungnahme der Sonderkommission "Internationales Insolvenzrecht" des Deutschen Rates für IPR 168, die sich unter Vorsitz von Prof. Dr. Hans Stoll 162 Balz, ZIP 1996, S. 948 (955); Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (535). 163 Fletcher, in: FS Hanisch, S. 89 (107); vgl. auch Leipold, in: Stoll, Umsetzung des

EuiÜ, S. 185 (186) ("Meilenstein"). 164 Damit rechnen Balz, ZIP 1996, S. 948 (955), und Gottwald, Grenzüberschreitende Insolvenzen, S. 15 f. 165 Eine Zeichnung durch das Vereinigte Königreich allein genügt wegen der erforderlichen Änderung von Art. 49 Abs. 2 EuiÜ nicht. 166 Vgl. BGH, 14. 11. 1996, BGHZ 134, 79 (86 f.); 21. 11. 1996, BGHZ 134, 116 (122); 13. 5. 1997, NJW 1997,2525 (2527); 26. 11. 1997, WM 1998,43 (47). 167 Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 1217303, S. 117; ebenso noch Balz, ZIP 1996, S. 948 (955).

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C. Rechtsstellung nach den europäischen Übereinkommen

Ende 1996 mit der Umsetzung des EU-Übereinkommens im deutschen Recht befaßt hat, zwar nicht mehr zu erwarten. Doch werden gewiß manche Einzelregelungen Eingang in das autonome Recht finden. Richtschnur für die Übernahme von Bestimmungen des Übereinkommens müssen allerdings die im jeweiligen Regelungszusammenhang berührten internationalinsolvenzrechtlichen Interessen und Wertungen sein, insbesondere die par condicio creditorum 169 . Vorschriften des EuiÜ, die diesem Maßstab nicht gerecht werden, sondern auf den im Rahmen von Verhandlungen unvermeidlichen politischen Kompromissen beruhen 170, sollten demgemäß nicht in das autonome Recht übernommen werden 171 • Dies kann zwar dazu führen, daß in Nicht-EU-Staaten eröffnete Insolvenzverfahren in bestimmten Punkten weitergehende Inlandswirkungen entfalten als in EU-Staaten eröffnete Verfahren. Im Interesse der internationalinsolvenzrechtlichen Gerechtigkeit sollte dies jedoch hingenommen werden. Die Chance, auf diesem Wege eines Tages auch zur Fortentwicklung des EU-Übereinkommens beizutragen 172, bliebe ansonsten ungenutzt.

168 In: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 251; so zuvor schon Leipold, in: FS Henckel, S. 533 (535 f.). 169 Grundlegend nach wie vor BGH, 11. 7. 1985, BGHZ 95, 256 (273). 110 Dazu zählen insbesondere die Artt. 5-7 und 13 EuiÜ (vgl. Sonderkommission .,Internationales Inso1venzrecht", in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 [253], wo Art. 5 EuiÜ als .,,politische' Ausnahmevorschrift" bezeichnet wird). 171 A.A. die Sonderkommission .,Internationales Insolvenzrecht", in: Stoll, Umsetzung des EuiÜ, S. 251 (253 f.). 172 Vgl. Art. 53 EuiÜ.

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22 Ahrens

Sachwortverzeichnis abgesonderte Befriedigung (s. auch dingliche Rechte Dritter) 129, 136, 193 ff., 204 ff., 213, 214 ff., 239, 241, 242, 245 f. administrateur (Frankreich) 40 ff., ll3, ll6, 132,250,263,264,283 Administration (England) 55 ff., 72, 77, 78, 138,150,180,263 administrator (England) 56 f., ll3, 132, 182,254,264,284 Aktivlegitimation 131 Anerkennung 27 f., 66 ff., 98 f., 99 ff., 101 f., 141 f., 184 ff., 192, 267 f., 284 ff., 293,299 Anerkennungsverfahren 97 f., 99, 101, 102, 292,294 Anerkennungsvoraussetzungen 70 ff., 98 f., 101, 102, 141, 285 ff., 293 Anfechtung s. Insolvenzanfechtung Anpassung ll5, 221 f. Aufnahme unterbrochener Prozesse 126 ff., 143,295 Aufrechnung 218 ff., 241, 306 Aufsicht über ausländische Insolvenzverwalter 247 ff. Auskunftsrechte 135, 141, 187 ff., 192 Aussonderung (s. auch dingliche Rechte Dritter) 129, 136, 137, 142, 193 ff., 203, 2ll, 212, 214 ff., 241 Australien 78

Bankruptcy (England) s. Konkurs Belgien 78, 203 commissaire a l'exicution du plan (Frankreich) 40,45 f., 98, ll2 f., 126, 264 Company voluntary arrangements (England) 57 f., 78 Creditors' voluntary winding up (England) 49,55, 70, 75, 78,98, 122,254,263,283, 287

dingliche Rechte Dritter 129, 194, 203 ff., 270, 275 f., 295, 303 ff., 307, 308 f., 310

discovery (England) 184 ff., 192 Durchgriffshaftung 136, 138, 141, 145,293 Eigentumsvorbehalt (s. auch dingliche Rechte Dritter) 203, 207 ff., 2ll, 295, 305, 307,308 f., 310 einstweilige Entscheidungen (s. auch Eröffnungsverfahren) 99 ff., 101, 102, 140, 144,180,293,299 einstweiliger Rechtsschutz 140, 162 f., 164 ff., 166, 167, 183, 192 Einzelrechtsverfolgung im Inland 158 ff., 167, 273, 274 f., 276, 298 Einzelrechtsverfolgungsverbot 166, 167

158,

159,

Einzelstatut 108 Einziehung von Forderungen 218, 269 England (s. auch Administration, administrator, Company voluntary arrangements, Creditors' voluntary winding up, discovery, Individual voluntary arrangements, interim receiver, Konkurs, Iiquidator, nominee, official receiver, provisional Liquidator, special manager, supervisor, trustee, Voluntary arrangements, Winding up, Winding up by the court) 48 ff., 78, ll1, 113 ff., 136, 138, 149 f., 167, 184 f., 187 f., 188, 189, 194, 218, 221, 222, 231 f., 237 f., 249, 263, 283, 287 Entscheidungen über die Insolvenzverwalterbestellung 98 f., 102 Ermittlungsentscheidungen 141, 143, 189 Eröffnungsentscheidungen s. verfahrenseröffnende Entscheidungen Eröffnungsverfahren (s. auch einstweilige Entscheidungen) 265, 268

Sachwertverzeichnis Ersatzaussonderung 213 extraterritorialer Wirkungsanspruch (s. auch Inanspruchnahme des Auslandsvermögens) 76, 94 f. Frankreich (s. auch administrateur, commissaire l'exicution du plan, liquidilteur, Liquidiltion judiciaire, representant des creanciers, unternehmenssanierungsverfahren) 39 ff., 78, 112 f., 136, 148 f., 153, 154, 167, 171 f ., 194, 197, 200 f., 202, 216 f., 221 f., 230 f., 237 f., 249, 266, 283,290

a

Gegenseitigkeit 96 f., 102, 139, 142, 144, 146 Gerichtsbarkeit 80 Gesamtstatut I 08 Gesamtverweisung 106 f., 143, 294 Gleichstellungslehre 104 Grundbuch 170 ff., 174 f., 178 ff., 191 f., 300 f., 302, Grundnorm (s. auch Insolvenzstatut) 103 ff., 111, 116, 144, 151, 152, 153, 158, 168, 188,242,250 Grundpfandrechte (s. auch dingliche Rechte Dritter) 204 ff. Gutglaubensschutz (s. auch Luftfahrzeugregister, Schiffsregister) 169 ff., 191 f., 271 f., 300 ff., 307 f. - lmrnobiliarerwerb vom Schuldner 170 ff., 191 f., 239, 242, 300 f. - Leistung an den Schuldner 174 ff., 192, 239, 242, 271 f., 301 - Leistung an den Verwalter 271 f. - Mobiliarerwerb vom Schuldner 172 ff., 191 f., 300 f. Haftung ausländischer Insolvenzverwalter 136 f., 249 ff. Handelsregister 181 f., 192, 302 Herausgabe von Massegegenständen an den Verwalter 183 ff., 192 Herausgabeanspruche wegen Inlandsbefriedigung 234 ff., 242, 307 22*

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Inanspruchnahme des Auslandsvermögens 75 f., 102, 145 ff., 151 f., 167, 263, 283 Inbesitznahme von Massegegenständen 182 ff., 269 Individual voluntary arrangements (England) 63 Information der Gläubiger 279 f., 316 Insolvenzanfechtung 136, 137, 138, 141, 145, 223 ff., 241 f., 293, 296,306 f. Insolvenzmasse 144 ff., 298 Insolvenzstatut 27 f., 103 ff., 111, 112, 116, 143, 144, 151, 152, 153, 157, 158, 159, 167, 168, 169, 171 f., 172 f., 174, 177, 178 f., 183, 184, 187, 188, 190, 191 f., 194, 195, 198 f., 206, 210, 211, 212, 214, 218, 220 ff., 224, 226 ff., 234 ff., 241 f., 243, 244, 245 f., 247 f., 250, 277, 294, 295, 298,299,306, 308 f., 310 Insolvenzverfahren (s. auch England, Frankreich, Schweiz) 71 ff., 102, 262 f., 282 f. Insolvenzverwalter (s. auch England, Frankreich, Schweiz) 64 ff., 263 f., 271 , 284 interim receiver (England) 59, 99, 101, 132, 151 f., 265, 284 Internationale Sachregelungskompetenz 83 f. Internationale Zuständigkeit (s. auch Zuständigkeitskonkurrenzen) 81 ff., 102, 155 ff., 167, 266, 277, 285 ff. Internationales Insolvenzrecht 66 ff. Italien 78 f. Konkurs (England) 59 ff., 111, 113 ff., 126, 130, 131, 132, 136, 145, 149 f., 154, 170, 180,191,200,203,238,263,287 Konkursamt (Schweiz) 31 f., 65, 98, 111, 132, 191, 201 Konkursverfahren s. Insolvenzverfahren Konkursverfahren (Schweiz) 31 ff., 74, 75, 78, 106 f., 125, 126, 146 f., 169, 197, 200 f., 215 f., 225, 229 f., 237 f., 263 Konkursverwaltung (Schweiz) 31, 32 ff., 65, 98, 132, 137, 215, 254 f. Kumulationstheorie 108 f. Lageortsrecht 152, 153, 157, 170 ff., 172 ff., 194, 195, 198, 200, 206 f., 210 f., 212 f., 214, 227, 235, 241, 243, 245 f., 298, 303 f., 308

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Sachwortverzeichnis

Legitimation 131 ff., 143, 268,297 Iex-causae-Theorie 69 Iex fori concursus s. Insolvenzstatut Iex rei sitae s. Lageortsrecht Liechtenstein 78 liquidateur (Frankreich) 46 ff., ll2 f., 126, 254f. Liquidation judiciaire (Frankreich) 46 ff., 126,263,287 Liquidationsverfahren (s. auch Parallelverfahren (inländische), Partikularinsolvenzverfahren (ausländische)) 287,310,315 f., Iiquidator (England) 49, 50, 51 ff., 55, 70, 75,98, 113,122,132,151,182,218,254, 284 Liquidatoren (Schweiz) 36, 38, 65, 98, 280 Luftfahrzeugregister 172, 174 f., 178 ff., 191 f., 300 f., 302 Luxemburg 78 Massefreiheit einzelner Vermögensgegenstände 152 f., 167, 298 Mini-Konkurs (Schweiz) 106 f., 147, 276 Mobiliarsicherheiten (s. auch dingliche Rechte Dritter, Eigentumsvorbehalt) 207 ff. Nachlaßverfahren (Schweiz) 36 ff., 70, 78, 106 f., 147 f., 180, 215, 280 Neuerwerb !53 f., 167, 298 Niederlande 78, 236, 237 nominee (England) 57 f., 63, 284 Norwegen 78 f. öffentliche Bekanntmachung 95 f., 102, 177 f., 192,271, 290, 301 f. official receiver (England) 49, 50 f., 59 f., 65, 98, 184, 187 f., 284 ordre public 91 ff., 110 f., ll2, 153, 154, 167, 180,203,205, 209, 212, 214 ff., 241, 250, 267, 270, 276, 277, 289 f., 293, 294, 298 Parallelverfahren (inländische) 27, 28, 97, 102, 154 ff., 164 ff., 167' 233 f., 240 f., 242, 252 ff., 267 f., 273, 274, 276 ff., 291, 295,298,308,309ff.

-

Ausübung von Gläubigerrechten 312,315 Beendigung 279,314, 315 Eröffnungsantrag 253 ff., 277, 310 f. Herausgabe eines Überschusses 260, 279, 315 - Information 253, 257,278, 3ll, 315 - Insolvenzplan 259, 278,314 - Insolvenzverwalterbestellung 256 - Kooperation 252 f., 311, 315 - Teilnahme an Gläubigerversammlungen 257 f., 312 - Verwertung 258 f., 312 ff., 315 Partikularinsolvenzverfahren (ausländische) 75 f. , 102, 145 ff., 151, 263, 283, 286 ff., 296 f. Partikularinsolvenzverfahren (inländische) s. Parallelverfahren Postsperre 190 f., 192, 289 f., 293, 297, 303 provisional Iiquidator (England) 49 f., 99, 101,132,265,284 provisorischer Sachwalter (Schweiz) 36, 99, 101 Prozeßführungsbefugnis 116 ff., 143, 295 Qualifikation 105 Recht des Verfahrensstaates s. Insolvenzstatut Redressement judiciaire (Frankreich) s. Unternehmenssanierungsverfahren Renvoi 106 f., 153, 200 representant des creanciers (Frankreich) 40, 41,43 f., 45, 46,264 Sachwalter (Schweiz) 36 f., 65, 66, 113, 280 Sanierungsverfahren 77 f., 102, 268 Schiffsregister 172, 174 f., 178 ff., 191 f., 300 f., 302 Schweden 78 Schweiz (s. auch Konkursamt, Konkursverfahren, Konkursverwaltung, Liquidatoren, Mini-Konkurs, Nachlaßverfahren, provisorischer Sachwalter, Sachwalter) 31 ff., 101, 111, 112, 130 f., 137 f., 146 ff., 151, 154, 167, 169, 189, 194, 201, 202, 215 f., 229 f., 233, 237 f., 249, 263

Sachwortverzeichnis Sekundärinsolvenzverfahren (s. auch Parallelverfahren (inländische), Partikularinsolvenzverfahren (ausländische)) 286 f., 309 ff. Sekundärkonkurse (s. auch Parallelverfahren (inländische)) 276 ff. Sicherungsmaßnahmen (s. auch einstweilige Entscheidungen) 168 ff., 269 ff., 298 ff. SiegeJung 186 f., 192, 269 special manager (England) 49, 55, 59, 63, 284 Substitution 120 ff., 179 f. supervisor (England) 57 f., 63, 75, 280, 284 Titelprozesse 160 ff., 167 trustee (England) 59, 60, 61 ff., 65, 98, 113 ff., 126, 131, 132, 143, 152, 154, 184, 284 Überwachung des Schuldners 168, 191 Universalinsolvenzverfahren (ausländische) 75 f., 102, 145 ff., 151 f., 263, 283, 285 f., 295 ff. Unterbrechung anhängiger Prozesse 116 ff., 143,164,295 Unternehmenssanierungsverfahren (Frankreich) 39 ff., 72, 77 f., 78, 106, 111, 116, 126, 169 f., 180, 201,263, 264,283 Unterstützungsrechte 187 ff., 192 USA 74,78 f., 164

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verfahrenseröffnende Entscheidungen 27 f., 69 ff., 102, 134 f., 139 f., 144, 180, 265 ff., 284 ff. Verfolgungsrecht 212 f. Verfügungsbeschränkungen 168 ff., 191 f. Verfügungsverbote 168 ff., 191 f. Vergleichsverfahren 72, 124 f., 159, 268 Vermögen des Schuldners 144 f., 167 Verrechnung 222 f., 241 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 111, 112 ff., 143, 144, 262, 272 ff., 279, 295 Verwertung 211 , 242 ff., 308 f. Vollstreckbarerklärung 133 ff., 163 f., 167, 184 ff., 189, 192, 297, 299 Vollstreckungsstatut 152 Voluntary arrangements (England) 57 f., 63, 73, 74 f., 150, 280 Vormerkung 304

Winding up (England) 49 ff., 106, 111, 132, 149 f., 188,218, 254 Winding up by the court (England) 49 ff., 254,263,287 Wirkungserstreckung 67 ff., 104 f ., 291 f ., 294 Zurückbehaltungsrecht 184, 213 f., 222 Zuständigkeitskonkurrenzen 89 ff., 102, 154 ff., 167, 233 f. Zwangsmaßnahmen 141, 189,296 f. Zwangsvollstreckung 159 f., 167