Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management: Eine Activity-Theory-basierte Fallstudienuntersuchung [1 ed.] 9783896446848, 9783896736840

Die Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen erfährt große Aufmerksamkeit in der Theorie und in der Praxis des strategis

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Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management: Eine Activity-Theory-basierte Fallstudienuntersuchung [1 ed.]
 9783896446848, 9783896736840

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Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management ─ Eine Activity-Theory-basierte Fallstudienuntersuchung

 

SCHRIFTENREIHE MANAGEMENT & ETHIK herausgegeben von Prof. Dr. Dirk Ulrich Gilbert

Band 2

 

Tim Wolf

 

Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management ─ Eine Activity-Theory-basierte Fallstudienuntersuchung

Verlag Wissenschaft & Praxis 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-684-0 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2015 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 93 00 93 Fax +49 7045 93 00 94 [email protected] www.verlagwp.de Druck und Bindung: Esser printSolutions GmbH, Bretten

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 

VORWORT DES HERAUSGEBERS

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Vorwort des Herausgebers Mit sehr großer Freude entspreche ich dem Wunsch von Herrn Dr. Tim Wolf, ein Vorwort zur Veröffentlichung seiner Dissertation zu verfassen. Es war mir eine Freude und Ehre, den Prozess der Erstellung dieser Arbeit zu begleiten. Die Zusammenarbeit mit Herrn Wolf hat viel Freude gemacht, und ich habe ihn in dieser Zeit als einen erfolgreichen Praktiker und gebildeten Wissenschaftler kennengelernt. Die vorliegende Arbeit behandelt ein hochaktuelles und relevantes Problem aus dem Forschungsgebiet des strategischen Managements. Herr Wolf untersucht die Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management. Grundsätzlich trifft Herr Wolf eine Unterscheidung zwischen deskriptiv und präskriptiv ausgerichteten Forschungsfragen. In deskriptiver Hinsicht arbeitet er in seiner Dissertation heraus, welche Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung von Unternehmen stark genutzt werden und welche Kontextfaktoren in dieser Hinsicht eine besondere Relevanz haben. Von noch größerer Bedeutung für die vorliegende Dissertation sind gleichwohl die von Herrn Wolf herausgearbeiteten präskriptiven Forschungsfragen, die er durch eine qualitative Fallstudienuntersuchung beantwortet. Auf Basis konzeptioneller Vorüberlegungen und der Fallstudien entwickelt er einen eigenen integrativen Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und zeigt eindrucksvoll auf, wie ein solcher Ansatz in ein bestehendes Strategieprozessmodell integriert werden kann. Tim Wolf unterstreicht in dieser exzellenten Arbeit seine Fähigkeit, ein komplexes und relevantes Thema auf hohem theoretischem Niveau zu behandeln. Neben vielfältigen Erkenntnissen für die Theorie des strategischen Managements liefert die Arbeit zahlreiche Ideen für die operative Umsetzung der Forschungsergebnisse in der unternehmerischen Praxis. Ich freue mich sehr darüber, dass Herr Wolf sich dazu entschlossen hat, seine Dissertation in der wissenschaftlichen „Schriftenreihe Management & Ethik“ zu veröffentlichen und wünsche dem Werk eine gute Aufnahme in Theorie und Praxis. Hamburg, 18.12.2014 Dirk Ulrich Gilbert

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VORWORT DES VERFASSERS

Vorwort des Verfassers Sicher kennt jeder dieses Phänomen: Ist ein angestrebter Gipfel erklommen, so wirkt der Aufstieg rückblickend „machbar“. Und je länger die Erstürmung des Gipfels zurückliegt, desto leichter war es und vergessen scheinen die Quälereien, die Gedanken an eine Umkehr und das Hinterfragen des Sinns. Gleichzeitig ist genau diese menschliche Eigenschaft so wunderbar, denn sonst würde man sich vielleicht niemals an die nächste große Herausforderung wagen. Eine Dissertation ist sicherlich auch so ein Gipfel. Für den einen höher als für andere, aber sicher für alle eine Herausforderung. Zwei wesentliche Erkenntnisse haben mich dabei geprägt: Man sollte sich im Leben seine Gipfel sehr bewusst aussuchen und nur diese Erstürmen, bei denen nichts und niemand die eigene Motivation und den eigenen Willen aufhalten kann. Und dann sollte man sich dabei nur mit Menschen auf den Weg begeben, die zu der Mission eine positive Energie beitragen. Und all meinen Wegbegleitern bin ich für diese Energie zu großem Dank verpflichtet! Mein ganz besonderer und herzlicher Dank gilt vor allem zwei Personen: meinem Doktorvater Prof. Dr. Dirk Ulrich Gilbert und meinem Mentor bei Horváth & Partners, Dr. Oliver Greiner. Sie beide haben es ermöglicht, dass ich dieses Ziel erreicht habe. Eine Vielzahl an Freunden und Kollegen standen mir während der Zeit mit fachlichem wie persönlichem Rat und immer einem offenen Ohr zur Seite. Besonders möchte ich Dr. Sylvie Römer von ganzem Herzen danken. Auch gebührt mein herzlicher Dank Prof. Dr. Jetta Frost für die Übernahme des Zweitgutachtens meiner Arbeit und den Vertretern der Fallstudienunternehmen, AirPlus International, ERGO Direkt Versicherungen, Erne Fittings, FRÄNKISCHE ROHRWERKE und Horváth & Partners für die Unterstützung der empirischen Untersuchung. Mein Dank gilt besonders meinem Arbeitgeber Horváth & Partners, der sich nicht nur als Fallstudienpartner zur Verfügung gestellt hat, sondern auch diese Arbeit gefördert hat. Zuletzt und in ganz besonderer Weise möchte ich meiner Familie und meiner Partnerin Kerstin danken. Ihnen und ganz besonders meinem Vater widme ich diese Arbeit. Dernbach, 12.12.2014 Tim Wolf

INHALTSVERZEICHNIS

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Inhaltsverzeichnis 1  Einleitung ........................................................................................... 13  1.1  Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ............................................... 13  1.2  Wissenschaftstheoretische Einordnung und Forschungsmethodik ....... 27  1.3  Aufbau der Arbeit ........................................................................................... 31 

2  Begriffliche und theoretische Grundlagen ...................................... 34  2.1  Activity-Theory ................................................................................................ 34  2.1.1  Definition und Grundlagen der Activity-Theory ...................................... 34  2.1.2  Die Activity-Theory im strategischen Management ............................... 39  2.2  Strategy-as-Practice ....................................................................................... 42  2.2.1  Definition und Grundlagen der Forschungsrichtung .............................. 42  2.2.2  Definition und Bedeutung von Praktiken innerhalb von Strategy-as-Practice ........................................................ 48  2.2.3  Aktueller Forschungsstand .................................................................... 55  2.3  Praktiken in der Geschäftsmodellforschung ............................................... 66  2.3.1  Definition und Grundlagen zu Geschäftsmodellen ................................ 66  2.3.2  Instrumente und Vorgehensweisen der Geschäftsmodellgestaltung .... 77  2.4  Praktiken in der Strategieprozessforschung ............................................... 87  2.4.1  Definitionen und Grundlagen zu Strategieprozessen und -instrumenten ............................................. 87  2.4.2  Strategieprozessmodelle ....................................................................... 93  2.4.3  Strategieinstrumente und deren Eignung in der Geschäftsmodellgestaltung.......................................................... 99 

3  Entwicklung eines Activity-Theory-basierten Bezugsrahmens ... 110  3.1  Grundlagen des Bezugsrahmens ............................................................... 110  3.2  Mediation durch Praktiken im Bezugsrahmen .......................................... 111  3.3  Kontextfaktoren im Bezugsrahmen ............................................................ 118 

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INHALTSVERZEICHNIS

4  Empirische Untersuchung .............................................................. 125  4.1  Grundlagen der empirischen Untersuchung ............................................. 125  4.1.1  4.1.2  4.1.3  4.1.4 

Konzeption der empirischen Untersuchung ......................................... 125  Gütekriterien der Fallstudienforschung und deren Umsetzung ........... 130  Gestaltung der Primärdatenerhebung ................................................. 133  Vorgehen zur qualitativen Inhaltsanalyse ............................................ 135 

4.2  Ergebnisse der empirischen Untersuchung .............................................. 139  4.2.1  Ergebnisse der Einzelfallstudien .......................................................... 139  4.2.2  Ergebnisse der fallübergreifenden Analysen ....................................... 207 

5  Entwicklung eines integrativen Ansatzes für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung .............................. 259  5.1  Diskussion der Ergebnisse zu Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung .................................................................. 259  5.2  Diskussion der Ergebnisse zu Kontextfaktoren ....................................... 265  5.3  Ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung ... 268  5.4  Berücksichtigung von Kontextfaktoren im integrativen Ansatz ............. 274 

6  Zusammenfassung und Ausblick für weitere Forschung ............ 277  Literaturverzeichnis......................................................................... 283  Kurzfassung der Ergebnisse .......................................................... 313 

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

9

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1:

Unterschiede zwischen theoretischer und anwendungsorientierter Wissenschaft ............................................... 29

Abbildung 1.2:

Aufbau der Arbeit................................................................................ 31

Abbildung 2.1:

A conceptual Framework for analysing Strategy-as-Practice ............ 49

Abbildung 2.2:

Observed Stages of Business Model-centric interactive Strategizingwith the Decision-making Committee .............................. 60

Abbildung 2.3:

Bewertungskriterien für die Nützlichkeit von Strategieinstrumenten ................................................................. 62

Abbildung 2.4:

Evolutionary Path of Variations through Taxonomy of Meeting Structures ......................................................................... 64

Abbildung 2.5:

Definitorische Grundlagen zu Geschäftsmodellen ............................. 67

Abbildung 2.6:

Business Model Canvas ..................................................................... 82

Abbildung 2.7:

Business Model Taxonomy ................................................................ 85

Abbildung 2.8:

Business Model Framework ............................................................... 86

Abbildung 2.9:

Types of Strategies............................................................................. 90

Abbildung 2.10: An organic Model of the strategic Management Process: a Summary Form ................................................................................ 98 Abbildung 3.1:

Grundlagen eines Bezugsrahmens zur Untersuchung von Strategy-as-Practice-Forschungsfragen ................................... 111

Abbildung 3.2:

Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Mediation: Praktiken“ .......................................... 113

Abbildung 3.3:

Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Activity-System“ .................................................. 119

Abbildung 3.4:

Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Kollektiv“.............................................................. 121

Abbildung 3.5:

Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Praxis“ ..... 122

Abbildung 3.6:

Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Subjekt“ ............................................................... 123

Abbildung 3.7:

Theoretischer Bezugsrahmen zur Untersuchung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung ................................. 124

Abbildung 4.1:

Übersicht zur Konzeption der empirischen Untersuchung ............... 127

10

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 4.2:

Einordnung der Fallstudien anhand theoretischer Vorüberlegungen ........................................................ 129

Abbildung 4.3:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (AirPlus International) .................... 143

Abbildung 4.4:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (ERGO Direkt) ........... 157

Abbildung 4.5:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung im Jahr 2010 (Erne Fittings) .......... 170

Abbildung 4.6:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung im Jahr 2013 (Erne Fittings) .......... 171

Abbildung 4.7:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Fränkische Rohrwerke) ................ 184

Abbildung 4.8:

Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Horváth & Partners) ..................... 198

Abbildung 4.9:

7-K Prinzip von Horváth & Partners ................................................. 201

Abbildung 4.10: Verteilung der Interviewpartner nach Jahren an Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung .................................................... 207 Abbildung 4.11: Durchschnittliche Zufriedenheit mit und Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung der Fallstudienunternehmen ................ 208 Abbildung 4.12: Einschätzung des Vorgehens durch die Fallstudienunternehmen... 219 Abbildung 4.13: Anzahl Nennungen der genannten Mehrwerte der Visualisierung des Geschäftsmodells ........................................ 224 Abbildung 4.14: Einschätzung zum Ablauf der Workshops und der Anzahl generierter neuer Ideen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells ...................................................................... 229 Abbildung 4.15: Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung im Strategiebereich und bei den Interviewpartnern nach Fallbeispielen in Jahren.......... 246 Abbildung 4.16: Nennungen der größten Nutzenstifter im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung ........................................................ 256 Abbildung 5.1:

Übersicht zu Kontextfaktoren für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung ........................................................ 274

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

bspw.

beispielsweise

bzw.

beziehungsweise

CEO

Chief Executive Officer

CFO

Chief Financial Officer

d. h.

das heißt

DNA

Desoxyribonukleinsäure (Erbanlage)

FTE

Full-Time-Equivalents

Kap.

Kapitel

KPI

Key Performance Indicator

o. g.

oben genannten

Tab.

Tabelle

z. B.

zum Beispiel

u. a.

unter anderem

11

12

SYMBOLVERZEICHNIS

Symbolverzeichnis (c)

copyright

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

1

13

Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Jedes Unternehmen hat ein Geschäftsmodell (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 200; Chesbrough 2007, S. 12; Gambardella und McGahan 2010, S. 262; Magretta 2002, S. 91). Diese Feststellung gilt unabhängig davon, ob ein Unternehmen sein Geschäftsmodell bewusst gestaltet oder es unbewusst lebt (Teece 2009, S. 172). Geschäftsmodelle bieten Innovations- und Differenzierungspotenziale, die über die reine Produkt- und Servicedifferenzierung hinausgehen (Johnson et al. 2008, S. 52; McGrath 2010, S. 247; 252; Teece 2009, S. 173). Beide Aspekte sind zentrale Fragestellungen im strategischen Management und dienen der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, überdurchschnittlicher Renditen und damit der Zukunftssicherung von Unternehmen (Abdulrahman und Teece 2013, S. 21; Choi und Valikangas 2001; Christensen et al. 1978; Demil und Lecocq 2010, S. 231; Hafsi und Thomas 2005, S. 515; Hamel 1998, S. 8; Herrmann 2006, S. 111–112.; Mellahi und Sminia 2009, S. 1; Porter 1980; Rumelt et al. 1991, S. 6). Als Konsequenz ist es für Topmanager erforderlich, das Geschäftsmodell des eigenen Unternehmens zu kennen und es marktorientiert weiterzuentwickeln (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 196; Wirtz et al. 2010, S. 273). Chesbrough (2010, S. 354) kommt daher zu dem Ergebnis, dass es für ein erfolgreiches Unternehmen wichtig ist, diese Fähigkeit zur Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftsmodells, als Reaktion auf Marktveränderungen, aufzubauen. Der Ursprung der Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen in der Betrachtung des strategischen Managements kann bei aller Schwierigkeit der zeitlichen Eingrenzung auf Mitte bis Ende der 1990er-Jahre datiert werden (Rentmeister und Klein 2003, S. 17; Zott et al. 2011, S. 1019). Heute ist das Geschäftsmodell eine anerkannte Analyseeinheit im strategischen Management (Amit und Zott 2001, S. 494; Bieger et al. 2002, S. 3; Rentmeister und Klein 2003, S. 24–25.; Stähler 2002, S. 12; Zott et al. 2011, S. 1036). Geschäftsmodelle erhalten große Aufmerksamkeit in Wissenschaft und Praxis (Markides 2013, S. 313; Yunus et al. 2010, S. 311; Zott et al. 2011, S. 1019). Zott et. al (2011, S. 1019) erfassen in einer Literaturanalyse mehr als 1.100 wissenschaftliche Veröffentlichungen, die sich mit dem Thema Geschäftsmodelle auseinandersetzen. Auch eine Sonderausgabe der Zeitschrift Long Range Planning (43/2-3 April/Mai 2010) zu diesem Thema verdeutlicht das Interesse der Wissenschaft. Die Herausforderung der Begriffsverwendung „Geschäftsmodell“ Trotz der mittlerweile mehr als 15 Jahre andauernden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen besteht weiterhin Forschungsbedarf (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 168; Markides 2013, S. 313; Morris et al. 2005, S. 727; Voelpel et al.

14

1 EINLEITUNG

2004, S. 260; Zott et al. 2011, S. 1039). Voelpel et al. weisen darauf hin, dass noch kein Konsens über den Begriff „Geschäftsmodell“ besteht (Voelpel et al. 2004, S. 260). Betrachtet man eine aktuellere Querschnittsanalyse wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu Geschäftsmodellen, so zeigt sich nach wie vor ein heterogenes Bild zu deren Verständnis (Zott et al. 2011, S. 1023). Eine erste Herausforderung für den wissenschaftlichen Umgang mit Geschäftsmodellen liegt vor diesem Hintergrund in den unterschiedlichen Begriffsverwendungen, d. h. in den verschiedenen Definitionen des Begriffs in vorhandenen Publikationen. Geschäftsmodelle werden bspw. als Beschreibung, Darstellung, Architektur, konzeptionelles Instrument oder Modell, Strukturierungsvorlage, Methode oder Muster definiert (Zott et al. 2011, S. 1023). Im Rahmen einer Querschnittsanalyse von 103 Aufsätzen zum Thema Geschäftsmodelle zeigen Zott et al. (2011, S. 1023), dass in 37 Prozent der Veröffentlichungen der Begriff Geschäftsmodell gar nicht definiert wird. In 44 Prozent wird eine eigene Definition für Geschäftsmodelle entwickelt und 19 Prozent der Arbeiten beziehen sich auf Definitionen aus anderen Veröffentlichungen. Die genutzten Definitionen überschneiden sich inhaltlich nur teilweise (Zott et al. 2011, S. 1023). Aus dieser Beobachtung leiten die Autoren ab, dass ein kumulativer Fortschritt der Geschäftsmodellforschung sowie eine Vergleichbarkeit der Forschungsergebnissen erschwert wird: „This lack of definitional clarity represents a potential source of confusion, promoting dispersion rather than convergence of perspectives and obstructing cumulative research progress on business models“ (Zott et al. 2011, S. 1024). Die Problematik der mangelhaften theoretischen Fundierung von Geschäftsmodellen Eine zweite Herausforderung liegt in der mangelhaften theoretischen Fundierung von Geschäftsmodellen (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 167; Zott et al. 2011, S. 1039). Es existieren bislang nur wenige Arbeiten, die im Hinblick auf eine konzeptionelle Ausdifferenzierung von Geschäftsmodellen theoriebasiert vorgehen. Eine Ausnahme ist der Geschäftsmodellansatz von Demil und Lecocq der konsequent aus ressourcenbasierter Sicht (Resource-based View) entwickelt wird (Demil und Lecocq 2010, S. 230). Eine weitere Ausnahme ist der Ansatz von Zott und Amit (2009, S. 217). Sie verstehen das Unternehmen als ein „Activity System“ auf der Grundlage der Activity-Theory und entwickeln daraus eine „Activity System Perspective on Business Models“ (Zott und Amit 2009, S. 217). Demgegenüber werden für eine konzeptionelle Ausdifferenzierung in anderen Ansätzen Komponenten bzw. Bausteine vorgeschlagen (bspw. Value Propositionen, Positionierung, Zielkunden, Ressourcen, Kernprozesse), aus denen Geschäftsmodelle bestehen können (Hacklin und Wallnöfer 2012; Johnson et al. 2008; Mason und Spring 2010; Osterwalder 2004; Osterwalder und Pigneur 2005). Die Komponenten sollen Unternehmen helfen, ihre jeweils individuellen Geschäftsmodelle präziser zu beschreiben und weiterzuentwickeln (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 176; Johnson et al. 2008, S. 52; Osterwalder und Pigneur 2005, S. 11). Bei der Vielzahl von Vorschlägen für Ge-

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

15

schäftsmodellkomponenten fokussieren Meta-Analysen deshalb auf die Identifikation der am häufigsten genannten Komponenten (bspw. Osterwalder und Pigneur 2005; Sabir et al. 2012; Scheer et al. 2003; Shafer et al. 2005; Zott et al. 2011). Eine abschließende Übersicht möglicher Geschäftsmodellkomponenten zu erstellen, erscheint dennoch schwierig (Demil und Lecocq 2010, S. 243–244; Sabir et al. 2012, S. 167; Shafer et al. 2005, S. 206). Aus einer Praxisperspektive mag die Auflistung von Komponenten für die Gestaltung von Geschäftsmodellen hilfreich erscheinen, wenngleich die Anzahl von bspw. 28 Komponenten (siehe Sabir et al. 2012, S. 167) auch den Eindruck der Beliebigkeit hinterlässt. Ungeachtet dessen liegt die wissenschaftliche Problematik darin begründet, dass die meisten Arbeiten keine theoriegeleitete Begründung für die jeweils vorgeschlagenen Komponenten liefern (siehe hierzu bspw. Hamel 2000; Johnson et al. 2008; Mason und Spring 2010; Osterwalder 2004; Osterwalder und Pigneur 2005; Stähler 2002). Trotz einer Auflistung von Häufigkeiten der Komponenten in den genannten Querschnittsanalysen bleibt es mehr oder weniger beliebig, wie viele Bausteine in die konzeptionelle Gestaltung eines Geschäftsmodells einfließen sollen. Die zweite Problematik im Hinblick auf die postulierte mangelhafte theoretische Fundierung der Komponenten von Geschäftsmodellen lässt sich am Beispiel des Ansatzes von Hacklin und Wallnöfer (2012) aufzeigen. Die Autoren leiten die Komponenten ihres Geschäftsmodellansatzes zwar aus Managementtheorien ab; im Einzelnen beziehen sie sich dabei auf die Wertschöpfungskette, strategische Netzwerke, die Transaktionskostentheorie, die Resource-based View sowie die Industrieökonomie (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 176).1 Die Integration verschiedener Theorien in einem Ansatz erscheint aus wissenschaftlicher Sicht jedoch nicht unproblematisch. So basiert die Industrieökonomie bspw. auf dem Primat rationaler Entscheidungen (Porter 1981, S. 612). Demgegenüber ist eine zentrale Annahme der Transaktionskostentheorie die begrenzte Rationalität („bounded rationality“) von Entscheidern (Williamson 1999, S. 1089). Es wäre demnach notwendig zu erklären, inwieweit die Theorien für den vorgestellten integrativen Ansatz kommensurabel sind, wenn sie gleichzeitig auf unterschiedlichen Paradigmen aufbauen (Kuhn 1996, S. 112). Ein weiterer Aspekt ist die offene Frage, inwieweit die Komponenten redundant oder vollständig sind. So wird bspw. die Komponente „Leistung gegenüber einem Kunden“ mit dem Ansatz der Wertkette begründet. „Leistungen gegenüber Kunden“ könnten jedoch auch aus der Industrieökonomie oder der Transaktionskostentheorie abgeleitet werden. Der Ansatz von Hacklin und Wallnöfer (2012) beinhaltet zudem die internen finanziellen Strukturen als eine Komponente auf der Grundlage der Transaktionskostentheorie, die Personal- oder Marketingökonomik allerdings nicht (Goebel 2002; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 176).

1

Inwieweit die aufgeführten Ansätze vollständige Theorien darstellen, wird bspw. im Hinblick auf die Resourced-based View in Kapitel 2.4.1 diskutiert.

16

1 EINLEITUNG

Es lässt sich festhalten, dass in den meisten Ansätzen eine weitgehend theoriefreie oder eklektische Kombination von Komponenten für Geschäftsmodelle (siehe oben) vorherrscht. Dies führt zu Konzepten, die nicht systematisch hergeleitet sind und Redundanzen aufweisen. Zusätzlich ist die Auswahl der Komponenten der Beliebigkeit der Autoren anheimgestellt. Dieser Kritik kann gegenübergestellt werden, dass Priem et al. (2013, S. 486) das strategische Management als grundsätzlich eklektische Disziplin sehen. Der eklektische Charakter konzeptioneller Ausarbeitungen von Geschäftsmodellen – in Form von einer Auswahl von Komponenten – wäre somit keine Besonderheit. Zudem wird gerade die integrative Betrachtung unterschiedlicher theoretischer Strömungen im strategischen Management in einem holistischen Ansatz als einer der Mehrwerte von Geschäftsmodellen angesehen (Osterwalder 2004, S. 15; Priem et al. 2013, S. 480; Zott et al. 2011, S. 1019). Um diesen Mehrwert herauszuarbeiten, differenzieren Priem et al. (2013, S. 471–473) zunächst Schulen im strategischen Management anhand ihres Fokus auf Ressourcen (Erklärung der „Value Capture“) oder die Nachfrage (Erklärung der „Value Creation“). „Resource-side strategy research typically looks inside the firm and upstream in the value system, toward factor markets, to build explanations and predictions of value capture by individual firms. Demand-side strategy research instead typically looks externally and downstream from the focal firm, toward product markets and consumers, to explain and predict those managerial decisions that increase value creation within a value system“ (Priem et al. 2013, S. 473). Die Autoren argumentieren, dass jede Forschungsrichtung ihre Grenzen hat (Priem et al. 2013, S. 473–475). Ein Beispiel für eine Grenze der Resource-based View (Ressourcen-Sicht) ist, dass der Wert einer Ressource „außerhalb“ der Resource-based View zu bestimmen ist. Für die Ermittlung dieses Wertes sind damit zusätzlich zur Resource-based View andere Theorien notwendig. Nur so könne ein „complete and actionable understanding of strategic management“ entstehen (Priem et al. 2013, S. 474)2. Die Autoren plädieren dafür, die Ressourcen- und die Nachfrage-Sicht zu integrieren, um dadurch die Grenzen beider Schulen innerhalb des strategischen Managements zu erweitern (Priem et al. 2013, S. 479–483). Dadurch entstünden Potenziale für mehr Wissensgenerierung zu effektiven strategischen Entscheidungen, für mehr innovativen Erkenntnisgewinn und für eine höhere Praxisorientierung (Priem et al. 2013, S. 471–472). Die geforderte Weiterentwicklung der Praxisorientierung im strategischen Management ist auch Ausgangspunkt der folgenden Problematik.

2

Siehe zu dem Tautologie-Vorwurf gegenüber der Resource-based View auch eine ausführlichere Erläuterung in Kapitel 2.4.1.

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

17

Die Problematik der Untersuchungsebene der klassischen Forschung im strategischen Management Bei aller Schwierigkeit im Hinblick auf eine klare Abgrenzung bestimmter Forschungsgebiete im strategischen Management kann man üblicherweise zwischen der sogenannten Strategieprozessforschung einerseits und der Strategieinhaltsforschung andererseits unterscheiden (Huff und Reger 1987, S. 211; Mellahi und Sminia 2009, S. 1; Pettigrew und A. M. 1992, S. 6). Gegenüber der Inhaltsforschung, die Strategieinhalte untersucht, fokussiert die Prozessforschung auf die Managementaspekte der Strategiearbeit (Mellahi und Sminia 2009, S. 1). Im Einzelnen zählen hierzu deskriptive oder präskriptive Vorgehensweisen sowie Methoden und Konzepte, um das Treffen von Entscheidungen zu unterstützten (Hutzschenreuter und Kleindienst 2006, S. 673). Die Inhalts- und die Prozessforschung können auch als klassische Forschung des strategischen Managements bezeichnet werden. In der letzten Zeit sind Arbeiten in einer neuen Richtung, der sogenannten Strategy-asPractice Perspektive, entstanden. Die klassische (oder auch traditionelle) Sicht behandelt Strategie als eine „Eigenschaft“ von Unternehmen (Fenton und Langley 2011, S. 1172; Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 69; Vaara und Whittington 2012, S. 2; Whittington 2006, S. 613). „Traditionally, the strategy discipline has treated strategy as a property of organizations: an organization has a strategy of some kind or other“ (Whittington 2006, S. 613). Die Herstellung von kausalen Zusammenhängen zwischen den Eigenschaften einer Strategie und der „Unternehmensperformance“ ist ein Schwerpunkt der inhaltsorientierten Forschung im klassischen strategischen Management (Govindarajan und Gupta 1985; Hoque 2004; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 69). In der Strategieprozessforschung dagegen wird versucht, Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften von Strategieprozessen (bspw. Grad der Rationalität, Umfang, Beteiligung) und den Ergebnissen dieser Prozesse (bspw. Geschwindigkeit oder Qualität von Entscheidungen, Unterstützung der Strategie) herzustellen (Hutzschenreuter und Kleindienst 2006, S. 676-677). Die Festlegung von Unternehmen als Untersuchungseinheit, wie sie im klassischen strategischen Management vorherrscht, wird in der Literatur auch als Makro-Ebene (Makro-Kontext) bezeichnet (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 168; Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Johnson et al. 2003, S. 6; Whittington 1996, S. 734). Untersuchungen auf der Makro-Ebene betrachten Strategieinhalte und -prozesse demnach auf der Ebene von Märkten und Unternehmen, wobei menschliche Aktivitäten und Interaktionen keine oder eine nur untergeordnete Bedeutung einnehmen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6). Hambrick (2004, S. 94) kritisiert diesen Bezugsverlust zum Menschen im klassischen strategischen Management, wenn suggeriert wird, dass Unternehmen „verändern, wahrnehmen oder innovieren“. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass es letzlich die Menschen sind, die diese Ergebnisse über ihr Handeln bewirken (Hambrick 2004, S. 94). Die Forschung zu Strategy-as-Practice betont genau diese Handlungen der Akteure im Rahmen der Strategiearbeit gegenüber der Sicht von Strategien als einer Eigenschaft von Unternehmen. Aus dieser Sichtweise ist „Strategie“ nicht etwas,

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1 EINLEITUNG

was Unternehmen haben, sondern etwas, was Unternehmen bzw. die Menschen in Unternehmen tun (Fenton und Langley 2011, S. 1172; Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 69; Whittington 2006, S. 613). „Increasingly, however, strategy is being seen also as a practice: strategy is something people do“ (Hambrick 2004, S. 94). Die Praxis der individuellen Handlungen (Mikro-Ebene) bleibt dabei eingebettet in den Kontext von Gesellschaft und Unternehmen (Makro-Ebene) (Jarzabkowski 2004, S. 530; Vaara und Whittington 2012, S. 2). Individuelle Handlungen (Mikro-Ebene) werden durch den Makro-Kontext geprägt und beeinflussen diesen gleichzeitig (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 71). Aus der Sicht soziologischer Theorien der Praxis hat der gesellschaftliche Kontext (Makro-Ebene) einer situierten Handlung eine wichtige Bedeutung. Eigenschaften der Gesellschaft haben Einfluss auf die Aktivitäten einzelner Personen in der Gesellschaft – und umgekehrt (Vaara und Whittington 2012, S. 2; Whittington 2006, S. 614). Zu diesen Eigenschaften zählen insbesondere „shared understandings, cultural rules, languages and procedures“ (Whittington 2006, S. 614). Auch institutionalisierte Strategie-Praktiken, wie eine SWOT-Analyse, sind Teil eines MakroKontextes für die Ausbildung individueller Praktiken (Fenton und Langley 2011, S. 1172, 1179). Diese Sichtweise verbindet verschiedene Betrachtungsebenen der Strategiearbeit: „This perspective relates management practices to wider social events and explains their rapid diffusion, or ‘fashion’ during particular periods, illustrating how ‘best practice’ spreads from macro- to multiple micro-contexts“ (Jarzabkowski 2004, S. 546). Es gilt zu betonen, dass die Strategy-as-Practice Forschung die Relevanz der MakroEbene für die Betrachtung der Strategie nicht negiert. Forschung aus der Strategy-asPractice Perspektive sensibilisiert vielmehr dafür, dass es sinnvoll ist, Strategien auf unterschiedlichen Handlungsebenen zu betrachten und eben nicht eingeschränkt auf die Betrachtungsebene des Unternehmens (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 70). Diese Kritik gegenüber dem klassischen strategischen Management lässt sich auch auf Forschungsarbeiten zu Strategieinstrumenten übertragen. Oft werden bspw. der Bekanntheitsgrad und die Häufigkeit des Einsatzes eines Strategieinstruments mittels quantitativer Befragungen auf Unternehmensebene untersucht (bspw. Rigby 2001a; Rigby und Bilodeau 2011). Die Analyse der Anwendung von Strategieinstrumenten auf der personalen Ebene durch Einzelpersonen und/oder Gruppen ist dagegen selten. Zu dieser Aktivitäten- oder Detailebene zählen bspw. Einsatzzeitpunkte, Rahmenbedingungen der Anwendung, soziale Effekte und Mehrwerte einzelner Instrumente (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 284). Zahlreiche Autoren kritisieren den Erkenntnisgewinn der klassischen Forschung im strategischen Management, da diese insbesondere die Auswahl und die Anwendung von Strategieinstrumenten durch Manager nicht genauer untersucht. Die Arbeit bzw. die konkreten Praktiken der Manager in Strategieprozessen zur Generierung von Strategieinhalten bleiben so i. d. R. unterbelichtet und werden zumeist nur als eine Black-Box betrachtet (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 283; Johnson et al. 2003, S. 13; Rasche und Chia 2009, S. 713; Vaara und Whittington 2012, S. 7). Da die klassische Forschung die Nutzung bestimmter Strate-

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

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gieinstrumente als eine Eigenschaft des Strategieprozesses und damit als eine Eigenschaft des Unternehmens behandelt, werden Handlungsempfehlungen für Unternehmen (und nicht für Individuen) formuliert. Folglich sind die Forschungsergebnisse insbesondere für Personen in der Praxis anwendbar, die über eine Veränderung von Eigenschaften des Unternehmens entscheiden können. Der beeinflussbare Bereich weiterer Personengruppen, die auch als Strategen bezeichnet werden können, ist häufg nicht derart weitreichend. Damit decken sich die Handlungsempfehlungen der Forschung und der beeinflussbare Bereich des einzelnen Strategen (bspw. Strategieleiter, Mitarbeiter im Strategiebereich, Bereichsleiter, externe Unternehmensberater) häufig nicht (Bettis 1991; Hambrick und Mason 1984, S. 193; Jarzabkowski 2004, S. 529; 2008, S. 621; Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Johnson et al. 2003, S. 5; Sandberg und Tsoukas 2011, S. 338; Whittington 2003, S. 118-119). Ergebnisse der bisherigen Strategieforschung weisen vor diesem Hintergrund nicht selten eine nur geringe Praxisrelevanz auf (Bettis 1991; Hafsi und Thomas 2005; Johnson et al. 2003, S. 5; Johnson et al. 2003, S. 12; Løwendahl und Revang 1998; Lyles 1995). Wie bereits angedeutet, hat sich die Strategy-as-Practice Perspektive im strategischen Management als Reaktion auf diese Kritik entwickelt. Sie bietet eine veränderte Herangehensweise, um Fragestellungen im strategischen Management zu bearbeiten. Strategy-as-Practice betrachtet Strategie als etwas, was Personen tun (Hambrick 2004, S. 94; Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 69; Whittington 2006, S. 613). Ausgehend von dieser Annahme sind es die konkreten praktischen Aktivitäten der jeweiligen Akteure im Rahmen der Strategieentwicklung und -umsetzung, das sogenannte Strategizing, welche im Mittelpunkt der Forschung stehen (Cook und Brown 1999, S. 387; Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 70; Johnson et al. 2003, S. 5). Die Untersuchungsebene der Aktivitäten des Einzelnen wird als Mikro-Ebene der Strategiearbeit bezeichnet (Johnson et al. 2003, S. 5; Lindell et al. 1998; Whittington 1996; 2006, S. 614). Das übergeordnete Ziel von Strategy-as-Practice ist, die Lücke zwischen Theorie und Praxis sowie zwischen der Makround der Mikro-Ebene der Strategiearbeit zu schließen (Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 285; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 71; Johnson et al. 2003, S. 14; Rouleau 2005, S. 1414). Vertreter der Strategy-as-Practice Perspektive plädieren deshalb dafür, die praktische Arbeit von Strategen als Gegenstand der Forschung ernst zu nehmen und stärker zu fokussieren (Bourdieu 2006; Whittington 2003, S. 118–119). Diese Entwicklung folgt damit einem aktuellen Trend in den Organisations- und Sozialwissenschaften, der Praxisperspektive einen höheren Stellenwert zuzumessen (Bourdieu 2006, Brown und Duguid 2001; Orlikowski 2000; Schatzki et al. 2001).

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1 EINLEITUNG

Um einen theoretisch fundierten Zugang zur Untersuchung der Mikro-Ebene der Strategiearbeit zu ermöglichen, erfolgt ein Rückgriff auf soziologische Theorien (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 283; Vaara und Whittington 2012, S. 1). Je nach Forschungsziel werden unterschiedliche Theorien genutzt: Diskursanalysen von strategischen Diskussionen bspw. Diskurstheorien (Vaara et al. 2010), darüber hinaus die Strukturationstheorie, die Theorie der situierten Handlung, die Theorie der distribuierten Kognition, die Lerntheorie, die Institutionentheorie und die Akteur-Netzwerk-Theorie (Blackler 1993, S. 863; Jarratt und Stiles 2010, S. 30; Jarzabkowski 2011, S. 137). Bei näherer Betrachtung der zahlreichen theoretischen Zugänge in der Strategy-asPractice Perspektive bietet sich als erkenntnisleitende Theorie für diese Arbeit insbesondere die sogenannte Activity-Theory an (Engeström et al. 1999; Leontiev 1978; Vygotsky 1978), da diese konkrete Handlungen von Akteuren zum Gegenstand hat und dementsprechend die tatsächliche Nutzung von Instrumenten in der Praxis untersucht (Vygotsky 1978, S. 133). Instrumente verkörpern in diesem Ansatz das Erfahrungswissen von Menschen zur Lösung von Problemen und zur Koordination von Aktivitäten zwischen Individuen (Kaptelinin et al. 1999, S. 31–32; Jarzabkowski 2011, S. 128; Vygotsky 1978). Instrumente zeichnen sich aus Sicht der Activity-Theory zudem dadurch aus, dass spezifische Regeln zur deren Anwendung bestehen, die bei der Lösung von Problemen oder Fragestellungen helfen können (Blackler 1993, S. 869; Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 966). Übersetzt man diese Sichtweise in die Begrifflichkeit der Forschung zu Strategy-as-Practice, dann lassen sich Instrumente als spezifische Praktiken interpretieren (Jarzabkowski 2005, S. 9). Vor diesem Hintergrund wird die Activity-Theory zunehmend als theoretische Grundlage zur Untersuchung von Praktiken innerhalb von Strategy-as-Practice genutzt (bspw. Groleau 2006; Jarratt und Stiles 2010; Jarzabkowski 2003; 2005; Jarzabkowski und Balogun 2009). Auf der Mikro-Ebene der Strategiearbeit erhöht sich die Komplexität der zu betrachtenden Aspekte (Hambrick 2004, S. 94), da anstelle abstrakter Vorgehensweisen unzähligen Aktivitäten detailliert betrachtet werden (Johnson et al. 2003, S. 13; Salvato 2003, S. 83–84; Whittington 2003, S. 118). Zudem werden diese Aktivitäten nicht nur von Topmanagern durchgeführt, sondern von einer Vielzahl von Individuen, Gruppen und Netzwerken von Personen (Johnson et al. 2003, S. 14). Für die Entwicklung von Strategien nutzen Strategen unterschiedliche Praktiken: „Strategic sensemaking and sensegiving processes are the result of a complex set of mundane micro-practices embedded in tacit knowledge and social contexts“ (Rouleau 2005, S. 1433). Bei der Beantwortung der Frage, was effektive Praktiken sind, werden über die ökonomischen Effekte der Strategiearbeit für das Unternehmen hinausgehend auch die Einzeleffekte der Aktivitäten der beteiligten Personen betrachtet (Johnson et al. 2003, S. 16). Die Herausforderung für die Mikro-Perspektive liegt somit darin, einerseits einen Zugang zu diesen feingliedrigen Details der Strategiearbeit zu finden und andererseits diese wiederum in den Gesamtkontext der Strategiearbeit (Makro-Ebene) einzuordnen (Johnson et al. 2003, S. 16–17). So schreiben Jarzabkowski und Whittington (2008a, S. 283): „sociological theory provides the ‘dirty hands’ research that gives complex insights into the messy realities of practice“.

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

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Um dieser Komplexität gerecht zu werden, beruhen Arbeiten zu Strategy-as-Practice mehrheitlich auf qualitativen Verfahren (Vaara und Whittington 2012, S. 7; vgl. auch Anhang 1). Detaillierte Fallstudien liefern bspw. wichtige Erkenntnisse, um die Komplexität von Strategiearbeit und strategischen Veränderungsprozessen ganzheitlicher zu analysieren (Melin 1986, S. 24–25). In der klassischen Forschung im strategischen Management dominieren demgegenüber quantitative Forschungsansätze (Molina Azorín und Cameron 2010, S. 100). Dennoch sei hervorgehoben, dass gerade qualitative Arbeiten zum strategischen Management einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Forschungsfeldes geleistet haben (bspw. Mintzberg 1973; Pettigrew 1985). Gerade für die Erforschung von Strategieinstrumenten aus einer Strategy-as-Practice Perspektive werden durch die Anwendung qualitativer Forschungsmethoden neue Erkenntnisse für das strategische Management erwartet (Hacklin und Wallnöfer 2012; Jarratt und Stiles 2010; vgl. Anhang 1). Der Forschungsbedarf zu Strategieinstrumenten und Geschäftsmodellinstrumenten aus der Strategy-as-Practice Perspektive In der vorliegenden Arbeit wird zwischen Geschäftsmodell- und Strategieinstrumenten unterschieden.3 Unter Geschäftsmodellinstrumenten werden Methoden – unter anderem – zur Beschreibung und Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftsmodells eines Unternehmens verstanden.4 Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen dem Instrument und dem Geschäftsmodell. Unter Strategieinstrumenten werden dagegen diejenigen Methoden verstanden, die üblicherweise im Rahmen des strategischen Managements genutzt und diskutiert werden, z. B. SWOT-Analyse, Portfoliomethoden, Szenarioanalyse oder Benchmarking. Im Verständnis von Strategy-as-Practice sind beide Arten von Instrumenten Praktiken der Strategiearbeit. Die Anwendung der jeweiligen Instrumente ist Gegenstand der praktischen Aktivitäten von Strategen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Johnson et al. 2003, S. 3). Für Strategen ist die effektive Nutzung und Beherrschung von Strategieinstrumenten in der regelmäßigen Strategiearbeit eine Herausforderung (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 282; Whittington et al. 2006, S. 615). Die Forschung unter der Bezeichnung Strategy-as-Practice strebt an, besser erklären zu können, was einen anerkannten, kompetenten Strategen auszeichnet (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 283). Um dies erklären zu können und die Aktivitäten von Strategen besser zu verstehen, stellt die Erforschung von Strategieinstrumenten (Praktiken) innerhalb der Strategy-as-Practice Perspektive deshalb einen eigenen Forschungsschwerpunkt dar (Whittington 2003, S. 117, 119; Spee und Jarzabkowski 2009, S. 223; Vaara und Whittington 2012, S. 1).

3

4

Da der Umgang mit Geschäftsmodellen Gegenstand des strategischen Managements ist, werden Geschäftsmodellinstrumente als Teilmenge von Strategieinstrumenten angesehen. Die Begriffe „Geschäftsmodellinstrumente“ und „Instrumente für Geschäftsmodelle“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

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1 EINLEITUNG

Zwei Schwerpunkte können differenziert werden, um die effektive Nutzung von Praktiken besser verstehen und erklären zu können. Der erste umfasst die Entstehung von neuen Praktiken (Vaara und Whittington 2012, S. 13–14; Whittington 2006, S. 627). Dabei ist eine Fragestellung, wie bspw. außerhalb des Unternehmens entwickelte Praktiken (bspw. in der Wissenschaft) die Arbeit von Strategen in Unternehmen beeinflussen oder verändern. Auf diese Weise können neue Praktiken im Unternehmen entstehen (Whittington 2006, S. 624). Der zweite Schwerpunkt liegt in der Generierung eines detaillierten Verständnisses der Nutzung von Praktiken in der Praxis (Whittington 2006, S. 627). Um dieses Verständnis aufzubauen, gilt es, die tatsächliche Anwendung der Strategieinstrumente gegenüber ihrer Lehrbuchbeschreibung, die Vor- und Nachteile, die Limitationen und die möglichen Einsatzzeitpunkte der Praktiken zu beschreiben (Frost 2003, S. 50; Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 284; Spee und Jarzabkowski 2009, S. 230; Whittington 2004, S. 62; Wright et al. 2013, S. 95). Ein detailliertes Verständnis umfasst auch, den Zusammenhang zwischen Eigenschaften der Praktiken und daraus entstehenden Effekten für die Strategiearbeit differenziert zu betrachten, denn diese Eigenschaften können bspw. kognitive Limitationen der Akteure überwinden, neue Ideen und Inhalte entstehen lassen, zur Kommunikation von Inhalten oder auch zur Durchsetzung oder Ablehnung von neuen Ideen (alles Beispiele für Effekte) beitragen. Wichtig für das Verständnis von Praktiken ist auch, unter welchen Rahmenbedingungen (bspw. stabiles oder instabiles externes Unternehmensumfeld) bestimmte Praktiken durch Strategen eingesetzt werden (Vaara und Whittington 2012, S. 13–14). Zusammenfassend gilt es, die unterstützenden und einschränkenden Effekte von Praktiken für die Strategiearbeit besser zu verstehen (Vaara und Whittington 2012, S. 25). Strategieforschung sollte dazu beitragen, die gesamte Bandbreite an effektiven Instrumenten der Strategiearbeit zu untersuchen, indem sie sich (auch) mit der tatsächlichen Arbeit von Strategen auseinandersetzt (Whittington et al. 2006, S. 615). Gegenüber dem wünschenswerten Anspruch, Erkenntnisse zu Strategieinstrumenten auf einer Mikro-Ebene der Strategiearbeit zu gewinnen, ist ein Forschungsdefizit zu konstatieren. Bislang liegen hierzu nur wenige Arbeiten vor (Jarzabkowski 2005, S. 9; Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 284). Die Nutzung von Strategieinstrumenten in der Praxis ist bislang wenig erforscht. „Very little research has investigated the internal logic of practitioners to gain a deeper insight into how tools shape (and are shaped by) strategy workers“ (Wright et al. 2013, S. 93). Eine der wenigen Ausnahmen ist die Arbeit von Wright et al. (2013) zur praktischen Anwendung einer Auswahl von Strategieinstrumenten. Die Autoren versuchen, die „interne Logik“ von Strategen im Umgang mit Strategieinstrumenten zu erfassen, d. h. sie untersuchen, auf welcher Erfahrungsgrundlage Manager Strategieinstrumente tatsächlich auswählen, diese anwenden und dabei deren Nutzen beurteilen (Wright et al. 2013, S. 94).

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

23

Die Notwendigkeit, sich näher mit den konkreten Praktiken der Nutzung einzelner Instrumente im strategischen Management zu beschäftigen, gilt insbesondere für Methoden, die in der Praxis zur Gestaltung von Geschäftsmodellen genutzt werden. Ein Forschungsdefizit stellt in dieser Hinsicht vor allem die bislang nur unzureichend erfolgte Untersuchung von Geschäftsmodellinstrumenten aus einer Strategy-as-Practice Perspektive dar. Eine Ausnahme stellt lediglich die Arbeit von Hacklin und Wallnöfer (2012) dar, die Geschäftsmodelle als Instrumente aus der Strategy-as-Practice Perspektive untersuchen. Als Ergebnis ihrer Untersuchung formulieren sie weiterführende Forschungsbedarfe, die ebenfalls als Anknüpfungspunkt für die Formulierung der Forschungsfrage dieser Arbeit dienen. Sie rufen insbesondere zu weiteren Fallstudienarbeiten auf, um die Ergebnisse ihrer Einzelfallstudie auf eine breitere empirische Basis zu stellen. Forschungsbedarf sehen die Autoren auch bei den Fragen, welche Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung am häufigsten genutzt werden und welche grafischen Darstellungen des Geschäftsmodells am effektivsten sind (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183). Darüber hinaus schlagen sie vor, die Aktivitäten zur Informationssammlung als Vorbereitung zur Geschäftsmodellgestaltung tiefergehend zu untersuchen, um die analytische Stärke des Geschäftsmodells für das Treffen strategischer Entscheidungen zu vergrößern (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183; Knott 2006). Der Forschungsbedarf für eine integrative Betrachtung von Geschäftsmodell- und Strategieinstrumenten sowie Strategieprozessen Hacklin und Wallnöfer stellen fest, dass ein Forschungsdefizit zur Einordnung von Geschäftsmodellinstrumenten in Strategieprozesse und zur Nutzung von Strategieinstrumenten als Informationsgrundlage der Geschäftsmodellgestaltung besteht (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183). Eine Integration von Geschäftsmodellinstrumenten in Strategieprozesse sollte dabei einerseits die neue Perspektive und damit verbundene Stärke des Konzeptes (holistisch, integrativ) nutzen. Andererseits sollte eine Integration auch konkrete Arbeitsschritte beschreiben, um eine Entscheidung über alternative strategische Optionen (und Szenarien) für das Geschäftsmodell zu ermöglichen. Bestehende Forschungsarbeiten zu Geschäftsmodellinstrumenten bieten hierzu bislang keine hinreichende Antwort (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183). Um den Forschungsbedarf genauer analysieren zu können, wird zunächst die Beziehung zwischen Strategie- und Geschäftsmodellinstrumenten betrachtet. Anschließend steht das Verhältnis zwischen Geschäftsmodellinstrumenten und Strategieprozessmodellen im Fokus. Wie bereits angedeutet, wird die Begrenzung der Forschung im strategischen Management auf die Resource-based View oder Market-based View (hier stellvertretend für die Denkschulen aufgeführt) kritisiert (Priem et al. 2013, S. 473ff.). Überträgt man diese Argumentationslogik auf die aus diesen Denkschulen stammenden Methoden und Strategieinstrumente, werden auch hier die Grenzen deutlich. Würden bspw. die verwendeten Strategiepraktiken in Unternehmen konsequent aus einer theoretischen Sicht ausgewählt, so wäre bspw. die Kombination des VRIO-Modells (vgl. Anhang 3)

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1 EINLEITUNG

zur Identifikation von Kernkompetenzen (Resource-based View) mit dem Ansatz für generische Wettbewerbsstrategien von Porter zur Festlegung einer Positionierung des Unternehmens (Industrieökonomie) nicht vereinbar. Die Unternehmenspraxis zeigt jedoch, dass Praktiken aus unterschiedlichen Denkschulen des strategischen Managements sehr häufig miteinander kombiniert werden (bspw. Rigby 2001a; Rigby und Bilodeau 2011; Wright et al. 2013). Dies hängt u. a. damit zusammen, dass Strategieinstrumente helfen können, jeweils für partielle Fragestellungen innerhalb des Strategieprozesses Lösungen zu entwickeln (und nicht ein Instrument für die Beantwortung aller Fragen hilfreich ist). Unternehmen benötigen daher einen „Baukasten“ an Strategieinstrumenten zur Abdeckung einer ganzheitlichen Sicht auf das Unternehmen (Moisander und Stenfors 2009, S. 242–243). Wie bereits angesprochen, wird in der integrativen Eigenschaft von Geschäftsmodellen in Form der Berücksichtigung unterschiedlicher Denkschulen des strategischen Managements einer der wesentlichen Mehrwerte des Konzeptes gesehen (Osterwalder 2004, S. 15; Priem et al. 2013, S. 480; Zott et al. 2011, S. 1019). Geht man hypothetisch von einer Integration der Geschäftsmodellinstrumente in den Strategieprozess aus, so stellt sich die Frage, wie diese und die Bandbreite an eingesetzten Strategieinstrumenten miteinander kombiniert werden können. Betrachtet man diese Frage aus Sicht einer Geschäftsmodellgestaltung näher, so könnten Instrumente aus der Ressource-based-View (bspw. VRIO-Modell) hilfreich sein, um „Ressourcen“ als eine Komponente des Geschäftsmodells zu hinterfragen und zu gestalten. Für eine Verhältnisbestimmung von Strategie- und Geschäftsmodellinstrumenten sollte daher jedes Instrument – oder zumindest eine relevante Auswahl an Instrumenten – auf seine Eignung zur Unterstützung der Geschäftsmodellgestaltung hin untersucht werden. Auf dieser Grundlage könnten dann sowohl die Limitationen von Geschäftsmodellinstrumenten und ihre möglichen Einsatzzeitpunkte als auch die Vor- und Nachteile im Verhältnis zu anderen Strategieinstrumenten erörtert werden. Daraus würden erste Erkenntnisse resultieren, um die geforderte Beherrschung der Instrumente zu unterstützen. Bisher existieren keine Arbeiten, die diese Fragestellungen aus einer Strategyas-Practice Perspektive beleuchten. Einen weiteren Forschungsbedarf gibt es bei der Integration von Geschäftsmodellinstrumenten in Strategieprozessmodelle. Zwischen Strategieinhalts- und Strategieprozessforschung wurde bereits unterschieden. Auch wenn die Trennung von Strategieinhalten und Strategieprozessen kritisiert wird (Hambrick 2004, S. 94; Huff und Reger 1987, S. 226; Johnson et al. 2003, S. 12; Pettigrew und A. M. 1992, S. 7), so dominiert sie doch die Literatur zum strategischen Management (Huff und Reger 1987, S. 211; Pettigrew und A. M. 1992, S. 6).

1.1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER ARBEIT

25

Eine inhaltliche Abgrenzung von „Strategien“ und „Geschäftsmodellen“ ist schwierig, da beide Konzepte große Ähnlichkeiten aufweisen und sich wechselseitig beeinflussen (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 203; Sabatier et al. 2010, S. 432; Rentmeister und Klein 2003, S. 21; Stähler 2002, S. 48–49). Eine Abgrenzung wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit versucht (vgl. Kap. 2.3.1). Betrachtet man die prozessualen Aspekte der beiden Konzepte, so werden Geschäftsmodellinstrumente (wie auch Strategieinstrumente) als Methoden des strategischen Managements positioniert (Abdulrahman und Teece 2013, S. 21; Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 532; Priem et al. 2013, S. 471). Für die bewusste Strategieentwicklung (gegenüber einer emergenten Entstehung von Strategien) nutzen Unternehmen Strategieprozesse (Grant 2003; Ocasio und Joseph 2008; Whittington 2003, S. 118–119). In diesen werden u. a. Strategieinstrumente eingesetzt (Farjoun 2002, S. 579; Gilbert und Behnam 2009, S. 72). Strategieprozessmodelle versuchen, diese Praktiken (teilweise aus verschiedenen Denkschulen) in einen Gesamtablauf zu integrieren. Hierfür existieren diverse Strategieprozessmodelle (bspw. Farjoun 2002, S. 579; für eine Metaanalyse siehe auch Gilbert und Behnam 2009, S. 72). Auch wenn diese Modelle eine erste grobe Orientierung bieten, welche Aktivitäten (Festlegung der Positionierung als Beispiel für eine Aktivität) in der jeweiligen Phase des Strategieprozesses stattfinden, so bieten sie wenige Hinweise für eine detaillierte Schrittfolge bei der Anwendung von Instrumenten. Auch bleibt zumeist unklar, ob die Nutzung von Instrumenten ggf. aufeinander aufbauen kann oder welche Instrumente zur Beantwortung der jeweiligen Fragen herangezogen werden können. Im Hinblick auf die vorliegende Dissertation stellt sich in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, inwieweit Strategieinstrumente (bspw. SWOT-Analyse, Portfolioanalysen) und Geschäftsmodellinstrumente aufeinander aufbauen können. Bisherige Ansätze zu Geschäftsmodellen liefern Anhaltspunkte zu den Vorgehensweisen für die Geschäftsmodellgestaltung, integrieren diese jedoch nicht in Strategieprozessmodelle (bspw. Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183; Johnson et al. 2008; Mason und Spring 2010; Osterwalder 2004; Osterwalder und Pigneur 2005). Kombiniert man nun beide Forschungsdefizite, so lässt sich schlussfolgern, dass für die Praxis hilfreiche Erkenntnisse zur postulierten Beherrschung von Strategie- und Geschäftsmodellinstrumenten nicht in einer isolierten Einzelbetrachtung, d. h. losgelöst von den in Unternehmen jeweils genutzten Strategieprozessen und Methoden, entwickelt werden sollten. Für eine Beherrschung des Umgangs mit Geschäftsmodellinstrumenten wäre die Berücksichtigung des Kontexts in Form der Arbeitsschritte eines Strategieprozesses und der verwendeten Strategieinstrumente hilfreich.

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1 EINLEITUNG

Für den Einstieg in die vorliegende Arbeit lässt sich der Forschungsbedarf wie folgt zusammenfassen: Geschäftsmodelle erhalten Aufmerksamkeit in Wissenschaft und Praxis. Gleichzeitig wird die mangelhafte theoretische Fundierung der konzeptionellen Ausgestaltung von Geschäftsmodellen kritisiert. Der Stand der Forschung kann als Hinweis darauf herangezogen werden, dass die Entwicklung von Geschäftsmodellinstrumenten auf der Grundlage einer theoretischen Strömung im strategischen Management an eine Grenze stößt. Insbesondere der Mehrwert von Geschäftsmodellen, eine holistische und systemische Perspektive zur Erklärung der Funktionslogik eines Unternehmens zu bieten, steht diesem konzeptionellen Entwicklungsansatz entgegen. Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Arbeit kein weiterer Versuch unternommen werden, einen Ansatz für eine konzeptionelle Ausgestaltung von Geschäftsmodellen auf der Grundlage einer theoretischen Strömung innerhalb des strategischen Managements zu entwickeln. Vielmehr wird eine etablierte sozialwissenschaftliche Theorie als neuer Ausgangspunkt der Forschung gewählt, um sich Praktiken im Umgang mit Geschäftsmodellen aus dieser theoretischen Perspektive zu nähern. Der Zugang zur Erforschung von Geschäftsmodellen wird damit grundlegend verändert. Die Theorie dient nicht der konzeptionellen Ausgestaltung von Geschäftsmodellen, sondern wird als Perspektive zur Untersuchung der Praktiken im Umgang mit Geschäftsmodellen – bspw. der Anwendung von Geschäftsmodellinstrumenten – genutzt. Damit stellen diese Praktiken das Erkenntnisobjekt der vorliegenden Arbeit dar. Die notwendig stärkere Auseinandersetzung mit den Handlungen der Akteure und der Nutzung von Instrumenten zur Durchführung der Aktivitäten wird durch die Wahl der Activity-Theory ermöglicht. Die bestehende Forschung zu Strategieinstrumenten in der klassischen Forschung des strategischen Managements adressiert i. d. R. diese Mikro-Ebene der Strategiearbeit nicht. Zudem wurden Geschäftsmodelle als Instrument aus einer Strategy-as-Practice-Perspektive bislang selten untersucht. Auf der Grundlage der ActivityTheory leistet die vorliegende Arbeit in der Strategy-as-Practice-Forschungsrichtung einen Beitrag zu einem besseren Verständnis von Praktiken der Strategiearbeit zur Geschäftsmodellgestaltung. Die Wahl multipler Fallstudien als Forschungsmethode zur Untersuchung der Aktivitätensysteme in Unternehmen ermöglicht einerseits die Berücksichtigung der Komplexität des Forschungsgegenstandes und anderseits den Zugang zur Mikro-Ebene der Strategiearbeit. Die Aktitvitätensysteme der Fallstudienunternehmen, die in die Geschäftsmodellgestaltung involviert waren, stellen das Erfahrungsobjekt der vorliegenden Arbeit dar. Die erwarteten Forschungsergebnisse begegnen damit der Forderung nach mehr Praxisrelevanz. Vor dem Hintergrund der herausgearbeiteten Forschungsdefizite ergeben sich die zentralen Forschungsfragen dieser Dissertation, welche die Untersuchung anleiten. Die Forschungsfragen gliedern sich in zwei Teile. Zunächst erfolgt eine deskriptive Untersuchung folgender Leitfragen:

1.2 WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE EINORDNUNG UND FORSCHUNGSMETHODIK

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 Welche Praktiken werden zur Geschäftsmodellgestaltung genutzt? Warum werden

diese genutzt? Wie hängen diese miteinander zusammen?  Wie ist das Verhältnis von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung und Praktiken

zur Strategieentwicklung? Ist es sinnvoll, diese zu kombinieren/integrieren? Wenn ja, wie?  Welche weiteren Kontextfaktoren gilt es für die Nutzung von Praktiken zu berück-

sichtigen (bspw. beteiligte Personen, Aufgaben und individuelle Zielsetzungen, Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung insgesamt)? Die Antworten auf diese Fragen und die Erkenntnisse aus den Beschreibungen und Erklärungen werden dazu genutzt, folgende präskriptiv ausgerichteten Leitfragen zu beantworten:  Wie sollte ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung aus-

sehen?  Wie könnte der Ansatz in ein Strategieprozessmodell integriert werden?  Wie sollten Kontextfaktoren berücksichtigt werden?

Im folgenden Kapitel wird die wissenschaftstheoretische Perspektive zur Beantwortung der Forschungsfragen vorgestellt.

1.2 Wissenschaftstheoretische Einordnung und Forschungsmethodik Neue Lösungsansätze können Beiträge zur Theorieentwicklung leisten, indem Konzepte entwickelt oder bestehende Konzepte auf eine höhere Theorieebene – z. B. durch eine verbesserte interne Validität oder Generalisierbarkeit der Aussagen – gehoben werden (Eisenhardt 1989, S. 544). Beispiele für Letztere sind die Weiterentwicklung von Konzepten zu konzeptionellen Bezugsrahmen oder zu „Mid-Range-Theories“ (Eisenhardt 1989, S. 545; Eisenhardt und Graebner 2007, S. 25). In der vorliegenden Arbeit wird durch die Untersuchung von Praktiken der Strategiearbeit auf der Aktivitätenebene ein integrativer Ansatz für Geschäftsmodellpraktiken erarbeitet und somit ein solcher konzeptioneller Bezugsrahmen auf der Grundlage der Activity-Theory entwickelt. Damit trägt der Ansatz zur Theorieentwicklung bei.

28

1 EINLEITUNG

Gleichzeitig stellt auch die praktische Nützlichkeit des Ansatzes für Strategen einen Beitrag zur Theorieentwicklung dar. So differenzieren Corley und Gioia (2011, S. 15) in einer Matrix die Originalität – von inkrementell (Incremental) bis neuartig (Revelatory) – und die Nützlichkeit – für die Praxis und für die Wissenschaft – zur Einordnung des Theoriebeitrags von Forschungsarbeiten. Für die Beurteilung der Forschungsqualität aus einer wissenschaftlichen oder einer praktischen Perspektive können die beiden Kriterien „Rigor“ und „Relevance“ unterschieden werden; der wissenschaftliche, theoretische Anspruch (Rigor) einerseits und die praktische Relevanz (Relevance) der Theorieentwicklung anderseits (für eine weitere Ausführung zu den Kriterien siehe bspw. Wolf und Rosenberg 2012, S. 180-181). Da Wissenschaft und Praxis unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, wird die gleichzeitige Erfüllung beider Kriterien kritisch diskutiert (Corley and Gioia 2011, S. 21). Manche Autoren gehen sogar so weit in ihren Einschätzungen, dass eine Verbindung „beider Systemwelten“ kaum möglich sei (Rasche und Behnam 2009) (für weiterführende Diskussionen der „Rigor“ versus „Relevance“ Debatte vgl. Gulati 2007; Polzer, Gulati, Khurana und Tushman 2009; Tushman und O’Reilly 2007). Für diese Arbeit gilt die Annahme, dass Theorieentwicklung nicht um ihrer selbst willen erfolgen, sondern auch einen Nutzen für die Praxis stiften soll (Corley and Gioia 2011, S. 22). Damit sind die Anwendbarkeit und die praktische Nützlichkeit wichtige forschungsleitende Gütekriterien (Wolf und Rosenberg 2012, S. 178-179). Um eine Brücke zwischen Praxis- und Wissenschaftsperspektive zu schlagen, ist die fallstudienbasierte Theorieentwicklung eine der geeignetsten Vorgehensweisen, da sie einerseits die theoriegeleitete, deduktive Entwicklung von Propositionen und anderseits umfangreiche induktive Falluntersuchungen ermöglicht (Eisenhardt und Graebner 2007, S. 25). Die entlang der Forschungsfragen gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Entwicklung eines anwendungsorientierten Ansatzes für Geschäftsmodellpraktiken einfließen. Da Geschäftsmodelle eine hohe Bedeutung für die Praxis besitzen und Strategen gleichzeitig vor der Herausforderung stehen, die Modelle mittels Praktiken effizient und effektiv zu gestalten, adressiert die Arbeit eine praktische Problemstellung und ist der angewandten Wissenschaft zuzuordnen (Bea et al. 2000, S. 66; Ulrich 1981; 1982; 1995, S. 165) (vgl. Abb. 1.1). Während die Problemstellung einer Arbeit in der theoretischen Wissenschaft aus der Theorie abgeleitet wird und Entwürfe einer neuen Theorie in Form von Hypothesen getestet werden, entstehen Fragestellungen der angewandten Wissenschaft aus der Praxis. Damit steht die Anwendbarkeit von Modellen und Regeln im Fokus der anwendungsorientierten Wissenschaft, nicht die Gültigkeit oder die Prüfung von Theorieentwürfen (Ulrich 1982, S. 3–4; 1995, S. 166; 1998, S. 162–167) (vgl. Abb. 1.1).

1.2 WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE EINORDNUNG UND FORSCHUNGSMETHODIK

29

Wissenschaften Theoretische Wissenschaften

Angewandte Wissenschaften

Merkmale Entstehung der Probleme

in der Wissenschaft selbst

in der Praxis

Art der Probleme

disziplinär

adisziplinär

Forschungsziele

Theorie-Entwicklung und -prüfung, Erklären der bestehenden Wirklichkeit

Entwerfen möglicher Wirklichkeiten

Angestrebte Aussagen

deskriptiv wertfrei

normativ wertend

Forschungsregulativ

Wahrheit

Nützlichkeit

Fortschrittskriterien

Allgemeingültigkeit

praktische Problemlösungskraft von Modellen und Regeln

Bestätigungsgrad Erklärungskraft Prognosekraft von Theorien

Abbildung 1.1: Unterschiede zwischen theoretischer und anwendungsorientierter Wissenschaft Quelle: Ulrich 1995, S. 165.

Theoretische Problemstellungen können innerhalb einer Wissenschaftsdisziplin entwickelt werden. Problemstellungen aus der Praxis können dagegen als adisziplinär oder interdisziplinär charakterisiert werden, da sie unterschiedliche Grundlagenwissenschaften betreffen können (Ulrich 1982, S. 3–4; 1995, S. 166; 1998, S. 162–167) (vgl. Abb. 1.1). Auf Grundlage der empirischen Forschung ist es das Ziel der angewandten Wissenschaften, eine bestehende Wirklichkeit zu beobachten, Theorien zur Erklärung der Beobachtung zu nutzen und einen neuen Entwurf für die Wirklichkeit zu entwickeln. Während die theoretische Wissenschaft die Wertfreiheit der Aussagen anstrebt, ist für die angewandte Wissenschaft gerade das Formulieren normativer, handlungsempfehlender Aussagen der Mehrwert für die Praxis. Für die Beurteilung der Forschungsergebnisse ist für die anwendungsorientierte Wissenschaft der praktische Nutzen der entwickelten Problemlösung ausschlaggebend (Ulrich 1982, S. 3–4; 1995, S. 166; 1998, S. 162–167) (vgl. Abb. 1.1). Für den Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft kann in einem Kontinuum zwischen der theoretischen und der empirischen Forschung unterschieden werden (Gläser und Laudel 2010, S. 24). In den beiden Extrempunkten basiert der Erkenntnisgewinn entweder auf theoretischen, logischen Überlegungen (Theorie) oder auf der systematischen Auswertung von Erfahrungen (Empirie) (Borchardt und Göthlich 2007, S. 34; Bortz und Döring 2003, S. 5; Gläser und Laudel 2010, S. 24). Darauf aufbauend kann zwischen

30

1 EINLEITUNG

einer deduktiven und einer induktiven Forschungsmethode unterschieden werden. Während die induktive Methode aus der empirischen Beobachtung von Einzelfällen einen Rückschluss auf allgemeingültige Hypothesen zieht, werden in der deduktiven Methode Hypothesen aus bestehenden Theorien abgeleitet (Bea et al. 2000, S. 69–70; Borchardt und Göthlich 2007, S. 34–35). Die angewandte Wissenschaft kann bestehende Theorien nutzen und einen deduktiven Forschungsansatz verfolgen. Der Praxisbezug hat jedoch einen anderen Stellenwert als in der theoretischen Wissenschaft (Ulrich 1982, S. 3–4; 1995, S. 166; 1998, S. 162–167). Als Forschungsmethode wird in dieser Arbeit die Fallstudie bzw. werden multiple Fallstudien gewählt (siehe zur ausführlichen Begründung Kap. 4.1). Fallstudien eignen sich insbesondere für komplexe Fragestellungen, in denen bislang wenige empirische Erkenntnisse vorliegen (Eisenhardt 1989, S. 534). Detaillierte Fallstudien liefern wichtige Erkenntnisse, um die Komplexität von Strategiearbeit und strategischen Veränderungsprozessen ganzheitlicher zu analysieren (Melin 1986, S. 24–25). Multiple Fallstudien sind gegenüber Einzelfallstudien zu bevorzugen (Yin 2003, S. 53), da die gewonnenen Erkenntnisse im Vergleich zu Einzelfallstudien robuster und damit besser für die Theorieentwicklung geeignet sind (Eisenhardt 1991, S. 620; Eisenhardt und Graebner 2007, S. 27; Yin 2003, S. 46). Wie in Kapitel 1.1. bereits ausgeführt, existiert aus der Strategy-as-Practice Perspektive bislang nur die Fallstudienarbeit von Hacklin und Wallnöfer (2012), die das Geschäftsmodell als Instrument in der praktischen Anwendung untersuchen. Die vorliegende Arbeit beruht auf dem Fallstudienverständnis von Yin (2003): „(1) A case study is an empirical inquiry that investigates a contemporary phenomenon within its real-life context, especially when the boundaries between phenomenon and context are not clearly evident. […] (2) The case study inquiry copes with the technically distinctive situation in which there will be many more variables of interest than data points, and as one result relies on multiple sources of evidence, with data needing to converge in a triangulating fashion, and as another result benefits from the prior development of theoretical propositions to guide data collection and analysis“ (Yin 2003, S. 13–14). Die Fallstudie als Forschungsmethode hat damit einen Bezug zu den interpretativen Ansätzen und ermöglicht gleichzeitig ein theoriegeleitetes Vorgehen (Borchardt und Göthlich 2007; Stake 1995, S. 8–9). Der gewählte Forschungsansatz lässt sich damit als deduktiv-induktiv bezeichnen, da zunächst das vorliegende theoretische Wissen zusammengefasst und in Form von Propositionen für die empirische Untersuchung spezifiziert wird. Auf der Grundlage der empirischen Daten ist dann die Zielsetzung, mittels eines induktiven Prozesses das bestehende Wissen zu analysieren und zu erweitern (AuerSrnka 2009, S. 167; Mayring 2010, S. 51). Damit zielt der gewählte Forschungsansatz sowohl auf den Entdeckungszusammenhang (induktiver, explorativer Ansatz) als auch auf den Begründungszusammenhang (deduktiver, konfirmatorischer Ansatz) ab (AuerSrnka 2009, S. 162). Die gewählte Fallstudienart kann primär als „erklärende Fallstudie“ eingestuft werden, da sie analysieren soll, wie und warum Unternehmen bestimmte Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung nutzen (Heimerl 2009, S. 389–390).

31

1.3 AUFBAU DER ARBEIT

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass andere Ansätze einen bewusst theoriefreien Einstieg in die empirische Untersuchung zur Theorieentwicklung anhand von Fallstudien aufzeigen. Dies gilt insbesondere für die Grounded Theory (Glaser und Strauss 1967; Strauss 1987) und die Vorgehensweise von Eisenhardt (1989). Diese Ansätze scheinen geeignet, wenn auf einem Forschungsgebiet bislang nur wenige Arbeiten existieren und Forschungsziel die Entwicklung einer neuen Theorie ist (Eisenhardt 1989, S. 549). In Kapitel 2 wird aufgezeigt, dass bereits Arbeiten u. a. zu Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und zu Praktiken im Strategieprozess existieren. Daraus resultierende Erkenntnisse werden für die Konzeption der Fallstudienuntersuchung aufgegriffen (theoriegeleitetes Vorgehen) (Yin 2003, S. 13–14).

1.3 Aufbau der Arbeit Die konkrete Bearbeitung der o. g. Problemstellung erfolgt in dieser Arbeit in sechs Teilen. Die folgende Abbildung zeigt die konzeptionellen Zusammenhänge der Arbeit zunächst im Überblick auf (vgl. Abb. 1.2). 1

Einleitung

2

Begriffliche und theoretische Grundlagen Activity-Theory (Kap. 2.1)

3

Strategy-as-Practice (Kap. 2.2)

Praktiken in der Geschäftsmodellforschung (Kap. 2.3)

Praktiken in der Strategieprozessforschung (Kap. 2.4)

Entwicklung eines Activity-Theory-basierten Bezugsrahmens Grundlagen des Bezugsrahmens (Kap. 3.1)

Mediation durch Praktiken im Bezugsrahmen (Kap. 3.2)

4

Kontextfaktoren im Bezugsrahmen (Kap. 3.3)

Empirische Untersuchung Grundlagen der empirischen Untersuchung (Kap. 4.1) Ergebnisse der empirischen Untersuchung (Kap. 4.2) Einzelfallstudien (4.2.1)

5

Diskussion der Ergebnisse und Entwicklung eines integrativen Ansatzes für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung Diskussion der Ergebnisse (Kap. 5.1 und 5.2)

6

Fallübergreifende Fallstudienanalyse (4.2.2)

Empfehlung für einen integrativen Ansatz (Kap. 5.3 und 5.4)

Zusammenfassung und Ausblick für weitere Forschung

Abbildung 1.2: Aufbau der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung.

32

1 EINLEITUNG

Im ersten Kapitel wurden die Bedeutung von Geschäftsmodellen für die Wissenschaft und die Unternehmenspraxis, der Forschungsbedarf und die Forschungsfrage hergeleitet sowie die Arbeit wissenschaftstheoretisch eingeordnet (vgl. Abb. 1.2). Zielsetzung des zweiten Kapitels ist die Aufbereitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zur Untersuchung der Forschungsfrage beitragen können. Zunächst wird in Kapitel 2.1 die Activity-Theory vorgestellt und deren Wahl begründet. Aufbauend auf der Perspektive der Activity-Theory wird Strategy-as-Practice als eigene Forschungsrichtung im strategischen Management vorgestellt. In Kapitel 2.2.1 erfolgt eine Definition von Praktiken, auf die sich die Folgekapitel 2.3 und 2.4 beziehen. Kapitel 2.2.3 stellt den aktuellen Forschungsstand empirischer Strategy-as-Practice Arbeiten vor. In Kapitel 2.3.1 werden zunächst grundlegende Begriffe aus dem Bereich „Geschäftsmodelle“ definiert und Geschäftsmodelle von Strategien abgegrenzt. Darauf aufbauend werden in Kapitel 2.3.2 ausgewählte Vorgehensweisen und Instrumente zur Gestaltung von Geschäftsmodellen vorgestellt. Da Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung untersucht werden, um zu verstehen, ob und wie Praktiken aus dem strategischen Management im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung eingesetzt werden können, werden in Kapitel 2.4.1 Strategieprozesse und Strategieinstrumente als Praktiken vorgestellt und definiert und in Kapitel 2.4.2 aktuelle Strategieprozessmodelle vorgestellt. In Kapitel 2.4.3 werden zunächst die gängigsten Strategieinstrumente auf der Grundlage bestehender Studien identifiziert und hinsichtlich ihrer Eignung für die Geschäftsmodellgestaltung diskutiert. Kapitel 3 greift die Grundlagen zur Activity-Theory, zu Strategy-as-Practice, zu Praktiken in der Geschäftsmodellgestaltung und zu Praktiken in der Strategieprozessforschung auf. Der Bezugsrahmen für die Untersuchung wird entwickelt. Im Sinne eines theoriegeleiteten Forschungsansatzes werden aus den theoretischen Grundlagen Propositionen abgeleitet und in den Bezugsrahmen eingeordnet. Die Konzeption und die Auswertung der empirischen Untersuchung erfolgen in Kapitel 4. Nach der Darstellung der Konzeption der Untersuchung wird die Erfüllung von Gütekriterien diskutiert und es werden die Primärdatenerhebung und die gewählte Auswertungsmethode in Form der qualitativen Inhaltsanalyse vorgestellt. In Kapitel 4.2.1 werden dann zunächst deskriptiv die Einzelfallstudien beschrieben. Die fallübergreifende Analyse mit der Zielsetzung der Identifikation von Mustern in den Dimensionen des theoretischen Bezugsrahmens erfolgt in Kapitel 4.2.2. Das Kapitel endet mit einer MetaMuster-Analyse der identifizierten Muster im Gesamtüberblick der Fälle zur Feststellung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Neben der deskriptiven Zielsetzung verfolgt diese Arbeit als anwendungsorientierte Studie auch eine gestaltungsorientierte Zielsetzung. Als zwei wesentliche Kriterien für anwendungsorientierte Forschungen wurden der Nutzen und die praktische Problemlösungskraft von Ansätzen bereits vorgestellt. Kapitel 4.2.2 schließt daher mit einer fallübergreifenden Nutzenanalyse der Praktiken.

1.3 AUFBAU DER ARBEIT

33

In Kapitel 5 werden die Forschungsergebnisse in Form der Muster im Hinblick auf die eingangs formulierten Propositionen diskutiert und weiterentwickelt (Kapitel 5.1 und 5.2). Auf der Grundlage der identifizierten Muster und der Nutzenbetrachtung der Praktiken wird eine Empfehlung für einen integrativen Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung entwickelt. Dabei wird im theoretischen Bezugsrahmen zwischen der Mediation durch Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung in Kapitel 5.3 und zu berücksichtigenden Kontextfaktoren in Kapitel 5.4 unterschieden. Kapitel 6 fasst wesentliche Forschungsergebnisse zusammen, beschreibt die Limitationen der Arbeit und bietet einen Ausblick für weitere Forschung. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung sind alle Aussagen in diesem Dokument als geschlechtsneutral zu verstehen.

34

2

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.1 Activity-Theory 2.1.1 Definition und Grundlagen der Activity-Theory Die Entstehung der Activity-Theory wird auf den russischen Psychologen Lev S. Vygotsky (1978) zurückgeführt. Diese Theorie setzt die Entstehung des individuellen menschlichen Bewusstseins und Handelns über soziale Interaktion mit dem kulturellen und historischen Umfeld in Verbindung (Vygotsky 1978, S. 131).5 Zwei zentrale Aspekte sind damit die Erklärung von Bewusstsein in der gegenseitigen Beeinflussung mit der Umwelt und die Interaktion, die sich in Form von Aktivität beobachten lässt (Kaptelinin et al. 1999, S. 28). Aktivitäten haben demnach eine vermittelnde (mediating) Funktion zwischen dem Subjekt, dem Objekt und dem vermittelnden Artefakt (bspw. ein Instrument, eine Sprache) (Vygotsky 1978, S. 40). Die Idee der Mediation ist ein zentraler Beitrag der Activity-Theory von Vygotsky (Engeström 2001, S. 134). Auch wenn die Arbeit von Vygotsky die Entwicklung von Kindern in ihrer Interaktion mit ihrem Umfeld fokussiert, so weist sie bereits auf die besondere Bedeutung von Instrumenten in ihrer Funktion als Mediatoren zwischen dem Individuum und seinem Umfeld hin: „[…] the effect of tool use upon humans is fundamental not only because it has helped them relate more effectively to their external environment but also because tools use has had important effects upon internal and functional relationship within the human brain“ (Vygotsky 1978, S. 133). Dabei zählen zu Instrumenten sowohl technische und psychologische Instrumente (bspw. Diagramme, Landkarten, technische Zeichnungen) als auch die Sprache. Zur Unterstützung von Aktivitäten werden Instrumente eingesetzt, um dadurch zwischen beteiligten Personen zu vermitteln (Jarzabkowski 2011, S. 128; Vygotsky 1978). Die Activity-Theory wurde durch Aleksei N. Leontiev (1978) mit der Fokussierung auf Aktivität als relevante Analyseeinheit für die Untersuchung des menschlichen Bewusstseins weiterentwickelt. Die Studie menschlicher Aktivität bietet dabei einen Zugang zum Bewusstsein des Menschen. Aktivität ist immer verbunden mit einem Motiv, das heißt hinter einer Aktivität steht immer ein Bedürfnis (Motiv). Gleichzeitig ist sie ausgerichtet auf einen Gegenstand des Bedürfnisses. Durch diesen Gegenstand (object of activity) lassen sich Aktivitäten voneinander abgrenzen (Leontiev 1978, S. 62). Auf der Grundlage der Aktivität als Analyseeinheit beschrieb Leontiev den Unterschied zwischen der Handlung eines Einzelnen und einer kollektiven Tätigkeit (Leontiev 1981/1959, S. 210–213). Damit wurde die Einschränkung der ursprünglichen Theorie mit der Fokussierung auf den Einzelnen überwunden (Engeström 2001, S. 134).

5

Mit der Einführung in die Activity-Theory wird auch das damit verbundene Menschenbild beschrieben.

2.1 ACTIVITY-THEORY

35

Aufgrund seiner Bedeutung in der Activity-Theory und damit für die vorliegende Arbeit, wird der Begriff „Aktivität“ anhand von fünf Prinzipien näher beschrieben: hierarchische Struktur von Tätigkeiten, Objektorientierung, Internalisierung/Externalisierung, Mediation und Entwicklung (Kaptelinin et al. 1999, S. 28). Hierarchische Struktur von Tätigkeiten Leontiev unterscheidet zwischen Tätigkeiten (Activities), Handlungen (Actions) und Operationen (Operations): „[…] in the total flow of activity that forms human life, in its higher manifestations mediated by psychic reflection, analysis isolates separate (specific) activities in the first place according to the criterion of motives that elicit them. Then actions are isolated processes that are subordinated to conscious goals, finally, operations that directly depend on the conditions of attaining concrete goals“ (Leontiev 1978, S. 66–67; siehe auch Engeström 2000a, S. 307). Eine Tätigkeit (Activity) hängt unmittelbar mit einem Motiv6 zusammen. Tätigkeiten werden also durchgeführt, um ein Motiv zu erfüllen (Leontiev 1978, S. 62). Motive können auch als oberste Zielkategorie beschrieben werden und sowohl bewusst als auch unbewusst existieren. Sie initiieren Tätigkeiten (Kaptelinin et al. 1999, S. 29; Leontiev 1978, S. 62). Eine realisierte Tätigkeit ist eine Handlung (Action). Somit sind Handlungen oder die Aneinanderkettung von Handlungen die „Hauptkomponenten“ von menschlichen Tätigkeiten. Leitend für die Handlung ist, im Gegensatz zum Motiv (bei Tätigkeiten), ein bewusst formuliertes Ziel. Handlungen müssen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Motiverfüllung stehen (Leontiev 1978, S. 62–63). Ein Motiv könnte bspw. die Nahrungsgewinnung sein. Die bewusste Zielsetzung kann die Konstruktion einer Angel sein. Die eigentliche Konstruktion der Angel ist dann die Handlung. In einer weiteren Handlung (Beispiel für Aneinanderkettung von Handlungen) kann die Angel zum Fischfang genutzt werden (und damit unmittelbar zur Nahrungsgewinnung eingesetzt werden). Die Angel kann aber auch weitergeben werden (Handlung), um dann von dem Fang eines anderen zu profitieren. Das Motiv der Nahrungsgewinnung kann somit auch Handlungen auslösen, die nur indirekt mit dem Motiv im Zusammenhang stehen. Der direkte Zusammenhang ist sogar eher der Sonderfall; üblicherweise bestehen nur indirekte Zusammenhänge zwischen Motiv, bewusstem Ziel und Handlung (Leontiev 1978, S. 62–63). Ziele können auch weiter heruntergebrochen werden, sodass die Subziele bzw. die Subhandlungen zur Erreichung des Ziels beitragen (Kaptelinin et al. 1999, S. 29).

6

Der Begriff des Motivs wird in der Arbeit von Leontiev nicht weiter präzisiert und auch nicht mit anderen möglichen Verständnissen von Motiven verglichen: „Such restricted understanding of motive as that object (material or ideal) that evokes and directs activity toward itself differs from the generally accepted understanding; but this is not the place to enter into polemics on the question“ (Leontiev 1978, S. 62).

36

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Eine Handlung hat sowohl einen intentionalen Aspekt (was erreicht werden soll) als auch einen operationalen (wie, auf welche Weise dies erreicht werden kann). Damit hängt die Verwirklichung einer Handlung von den tatsächlich gegebenen Bedingungen ab. So könnte es für die Zielsetzung „Fällen eines Baumes“ je nach Gegebenheit besser sein, eine Säge oder eine Axt zu verwenden. Die Methoden zur tatsächlichen Umsetzung der Handlung sind Operationen (Leontiev 1978, S. 65). Darüber hinaus können Handlungen auch zu Operationen durch Routine werden. Werden Handlungen bspw. neu erlernt, so orientieren sie sich an der bewusst formulierten Zielsetzung. Werden sie zu Routinehandlungen, da die Zielorientierung nicht (mehr) bewusst stattfindet, werden sie zu Operationen. Verändern sich die Rahmenbedingungen, kann es auch umgekehrt dazu führen, dass eine Routineoperation nicht mehr adäquat ist und eine (bewusste) Handlung notwendig macht (Kaptelinin et al. 1999, S. 29). Objektorientierung „Every activity is directed toward something that objectively exists in the world, that is, an object“ (Kaptelinin et al. 1999, S. 28). Damit beschreibt Kaptelinin die Annahme der Activity-Theory, dass Tätigkeit dann vorliegt, wenn eine Person mit einem Objekt interagiert (Kaptelinin 2005, S. 5). Ein Objekt kann dabei sowohl ein Gegenstand als auch eine Person sein (Kaptelinin et al. 1999, S. 29). „Accordingly, I will limit the meaning of ‘object’. Usually this concept has two meanings: in a broad sense, it is a thing related to other things, that is, a ‘thing having an existence’; in a more narrow sense, it is something that opposes (German Gegenstand), something that resists (Latin objectum), something at which an action is directed (Russian predmet), that is, something to which a living creature is somehow related, as an object of his or her activity, no matter if this activity is an external one or an internal one (for example, ‘the object of eating’, ‘the object of labor’, ‘the object of contemplation’, etc.). From now on the term ‘object’ will be used in this more narrow, special meaning” (Leontiev 1981, S. 49; original work published 1959). Durch die Interaktion mit einem objektiv existierenden Gegenstand wird die objektive Existenz der Aktivität nachgewiesen (Leontiev 1978, S. 77). Zusammenfassend kann man sagen, dass der Begriff Objekt damit in der Activity-Theory zwei Bedeutungen hat: Er drückt aus, dass etwas „objektiv“ existiert, und gleichzeitig, dass er der Gegenstand ist, auf den die Aktivität ausgerichtet ist (Kaptelinin 2005, S. 7). Als Beispiel führt Kaptelinin (2005) ein Computerprogramm als Objekt der Tätigkeit eines Programmierers an (Kaptelinin et al. 1999, S. 28). Ein Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung wäre demnach ein mögliches Objekt eines Strategen. Internalisierung/Externalisierung Bei Aktivitäten kann zwischen intern-orientierten und extern-orientierten unter-schieden werden. Externe Orientierung führt zu Veränderungen in der Umwelt, während interne Aktivitäten mentale, psychologische Prozesse darstellen (Vygotsky 1978, S. 55). Dies

2.1 ACTIVITY-THEORY

37

ist insofern bedeutend, als nur extern-orientierte oder externalisierte Aktivitäten eine Grundlage für gemeinsame Aktivität bieten (Kaptelinin et al. 1999, S. 31). In diesem Zusammenhang kann man auch von interpersonellen und intrapersonellen Prozessen sprechen. Die beiden Betrachtungsebenen stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Die Entwicklung des Menschen findet zunächst auf der Ebene des Austauschs mit anderen Menschen (interpsychologisch) statt. Erst durch den Lerneffekt, die Erinnerung und logisches Denken können danach intrapsychologische Prozesse ablaufen (Vygotsky 1978, S. 57). So wird bspw. ein Strategieinstrument zunächst im Austausch mit anderen Menschen erlernt oder „verinnerlicht“. Die gemeinsame praktische Anwendung eines Instruments fällt eindeutig in die Kategorie der extern-orientierten Aktivität (Vygotsky 1978, S. 55). Die gedankliche Simulation von alternativen Szenarien, das Konstruieren von alternativen Optionen oder das gedankliche Durchspielen von Konsequenzen können vorbereitende interne Aktivitäten sein. Erst durch die Externalisierung werden sie für andere Menschen zugänglich (Kaptelinin et al. 1999, S. 30–31). Mediation Die große Bedeutung der Mediation, der Vermittlung, in der Activity-Theory wurde bereits zu Beginn dieses Kapitels mit den Arbeiten von Vygotsky (1978) aufgezeigt. Für die Activity-Theory als eine „social theory“ spielt sie für die Interaktion eine zentrale Rolle (Vygotsky 1978, S. 79–80). Zur Unterstützung dieser Interaktion bedienen sich Menschen verschiedener Instrumente. Diese Instrumente beeinflussen die Art und Weise, wie Menschen mit der Realität interagieren und Objekte verändern (Vygotsky 1978, S. 24–26; Wertsch 1985, S. 79). Das heißt auch, dass Instrumente Einfluss auf ihre Umwelt haben. Gleichzeitig verkörpern sie das akkumulierte Wissen und die Erfahrung von Menschen bei der Lösung vergleichbarer Probleme. Diese akkumulierte Erfahrung drückt sich sowohl in den Eigenschaften des Instruments als auch in den Erfahrungen im Umgang mit dem Instrument aus (Kaptelinin et al. 1999, S. 31–32). Hierfür wird das Beispiel des Hammers angeführt. Dieses Instrument hat spezifische Eigenschaften (Material, Härte, Gewichtsverteilung usw.), um damit bspw. einen Nagel in die Wand zu schlagen. Die Vor- und Nachteile der Anwendung gegenüber bspw. einer Bohrmaschine sowie die korrekte technische Durchführung eines Hammerschlags stellen das Erfahrungswissen dar. Analog lassen sich die Mediationseigenschaften von Instrumenten auch auf Strategieinstrumente im Allgemeinen und Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung im Speziellen übertragen. Die Eigenschaften der Instrumente helfen Menschen bspw. in der Geschäftsmodellgestaltung. Dabei spiegelt die Art der Anwendung der Instrumente die Erfahrungen der beteiligten Personen wider. Da die Nutzung von Instrumenten Gegenstand praktischer Aktivität ist, bietet gerade deren Studium einen Zugang, um die Interaktion in der gemeinsamen zielorientierten Aktivität in einer Gruppe zu erforschen (Jarzabkowski 2011, S. 128).

38

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Entwicklung Die Activity-Theory nimmt an, dass Tätigkeiten einer kontinuierlichen Entwicklung unterliegen. Im Einzelfall sind beobachtete Tätigkeiten immer ein Ergebnis historischer Entwicklungen aus der Interaktion zwischen einem Individuum und seinem Umfeld (Engeström 2000a, S. 302; Vygotsky 1978, S. 30). Instrumente können auf Grundlage der Erfahrungen aus der Nutzung weiterentwickelt werden. Für eine effizientere Anwendung kann das Instrument in seinen Eigenschaften angepasst werden und sich der Umgang mit ihm verändern. Dieser Aspekt verdeutlicht noch einmal, wie der akkumulierte Erfahrungsschatz zu einem Instrument entsteht. Die Beobachtung dieser Veränderungen im Zeitverlauf stellt einen eigenen Schwerpunkt der Forschung in der Activity-Theory dar (Kaptelinin et al. 1999, S. 32). Activity-System Engeström entwickelte die Activity-Theory weiter (Engeström 1987), indem er gegenüber den bestehenden Ansätzen das Activity-System (Tätigkeitssystem) als relevante Analyseeinheit in den Fokus rückte (Kaptelinin und Nardi 2006, S. 137–143). Tätigkeiten finden demnach in einer Gemeinschaft statt und werden durch eine Gemeinschaft (kollektiv) durchgeführt (Engeström 2000a, S. 302; Jarratt und Stiles 2010, S. 30). Der Ansatz bietet damit „an integrative framework, encompassing the interactions that take place between individuals, the cultural and historical context of their activity, and the various tools and technologies that mediate that activity“ (Jarzabkowski 2011, S. 129). Für die vorliegende Arbeit bietet diese Weiterentwicklung wichtige Impulse, da sie bspw. die Arbeitsteilung, unterschiedliche Rollen, die Nutzung von Instrumenten und Regeln als spezifische Elemente innerhalb des Activity-Systems identifiziert, durch die Individuen in ihren Tätigkeiten interagieren (Engeström 2000a, S. 303; Jarzabkowski 2011, S. 129). Neben weiteren Aspekten differenziert gerade die Entstehung von Instrumenten und Konzepten menschliche Tätigkeitssysteme (Blackler 1993, S. 868). Durch die Interpretation eigener und fremder Aktivitäten entsteht die Möglichkeit, sich in einer gemeinsamen Aktivität zu engagieren (Jarzabkowski 2003, S. 24). Dadurch, dass die beteiligten Individuen eine gemeinsame Zielsetzung verfolgen und ein Ergebnis ihrer Aktivität erwarten, zeichnet sich die gemeinsame praktische Tätigkeit innerhalb des Activity-Systems aus (Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 964; Engeström et al. 2002, S. 212; Jarzabkowski 2003, S. 24). Die Unterscheidung in kurzfristige Zielsetzungen des Individuums und in eine kollektiv geteilte langfristige Zielsetzung ist damit entscheidend (Engeström 2000b, S. 964; 2000a, S. 307). Aktivitäten finden nicht losgelöst statt, sondern als Teil eines Aktivitätensystems. Damit interagiert der Stratege als Subjekt über seine Aktivität mit dem Aktivitätensystem (Engeström 2000a, S. 304; Jarzabkowski 2011, S. 131). Auch oder gerade aus der Sicht von Engeström hat die Mediation durch Instrumente und Regeln eine hohe Bedeutung, um die gemeinsame Zielsetzung zu erreichen (Blackler 1993, S. 869; Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 966). Die Instrumente beschreiben eine Routine oder ein

2.1 ACTIVITY-THEORY

39

Muster, nach denen bestimmte Tätigkeiten durchzuführen sind (Engeström 2000b, S. 968). Organisationen und Strategien wurden auf dieser Basis untersucht, um festzustellen, inwieweit Individuen ihre Aktivitäten innerhalb einer gemeinschaftlichen Aktivität koordinieren (bspw. Blackler 1993; Engeström 2000b, S. 961; Jarzabkowski 2003; 2005; 2011; Jarzabkowski und Balogun 2009; Prenkert 2006). An dieser Stelle lässt sich der Bezug zwischen Strategy-as-Practice und ActivityTheory herstellen:  „The practice perspective is interested in situated, concrete activity. This is the work

in boardrooms and awaydays, on phones and in front of computer screens“ (Whittington 2003, S. 119).  „Practice scholars examine the way that actors interact with the social and physical

features of context in the everyday activities that constitute practice“ (Jarzabkowski 2003, S. 23).  „In activity, individuals interact with the wider cultural and historical context in which

they are engaged, so developing consciousness in an overtly social way that is both conditioned by and responsive to the wider collective of which they are part. While individuals are shaped by the collective with which they interact, this is not deterministic, as individuals both learn how to act from and also contribute to the evolving cultural and historical context. […] This interaction is profoundly located within practical activity, being the daily work in which actors engage. In this activity, we may study how, through what means, individuals interact with others and are enables to partake in the collective activity of a community“ (Jarzabkowski 2011, S. 128). Die Activity-Theory im Allgemeinen und die Weiterentwicklung in Form der ActivitySystems Theory im Speziellen erscheinen daher als theoretische Grundlage für diese Arbeit besonders geeignet. Da insbesondere die genutzten Praktiken (bspw. Instrumente) in ihrer vermittelnden und koordinierenden Funktion zwischen den beteiligten Praktikern innerhalb der gemeinschaftlichen Aktivität der Geschäftsmodellgestaltung untersucht werden, wird die Activity-Theory gewählt. Vereinfachend wird innerhalb der Arbeit der Begriff der „Aktivität“ genutzt, in dem Bewusstsein, dass die Activity-Theory eine noch differenziertere Sichtweise in Form von Tätigkeiten, Handlungen und Operationen bietet. Die Activity-Theory wird in Kapitel 3 aufgegriffen; der theoretische Bezugsrahmen baut darauf auf.

2.1.2 Die Activity-Theory im strategischen Management Die Verlagerung der Aufmerksamkeit in der Forschung des strategischen Managements auf die Praxisperspektive („Practice-turn“) folgt einem allgemeinen Trend in den Organisations- und Sozialwissenschaften (Bourdieu 2006; Brown und Duguid 2001; Orlikowski 2000; Schatzki et al. 2001). Dabei wird auf Ansätze und Theorien aus der Soziologie zurückgegriffen (Vaara und Whittington 2012, S. 1), da die Praxisrelevanz

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

von Managementtheorien in den Organisations- und Sozialwissenschaften kritisch diskutiert wird (Bartunek et al. 2006; Ghoshal 2005; Markides 2007; McGahan 2007; Starbuck, Tushman und O'Reilly, III. 2007; van de Ven und Johnson 2006; van de Ven 2007; Vermeulen 2007), ebenso wie die grundsätzliche Verbindung zwischen akademischer Forschung und Praxis (Huff 2000; Starkey und Madan 2001; Tranfield und Starkey 1998). Ein Erklärungsansatz für die mangelnde Praxisrelevanz ist die Fokussierung der Forschung auf die Makro-Ebene, die nicht oder nicht direkt im Einflussbereich von Managern liegt. Vielmehr sind es Aktivitäten und damit die Mikro-Ebene, die durch Manager beeinflusst werden – ein klares Argument für eine Fokussierung der Forschung auf diese Ebene, zumal deren Aussagen auch für Manager eher hilfreich sind (Johnson et al. 2003, S. 5). Auf den Punkt gebracht: Die Praxisperspektive verfolgt das Ziel, sich mit der Arbeit von Menschen auseinanderzusetzen (Cook und Brown 1999, S. 387) und diese ernst zu nehmen (Bourdieu 2006). Die Praxisperspektive prägende Arbeiten stammen von Philosophen (Foucault 1980), Soziologen (Certeau 1984; Giddens 1984), Anthropologen (Bourdieu 2006), Ethnologen (Garfinkel 1967) sowie von Vertretern der Activity-Theory (Engeström et al. 1999; Leontiev 1978; Vygotsky 1978) und der Diskurs-Schulen (Fairclough 2003, zitiert nach Vaara und Whittington 2012, S. 4). Der „Practice-Turn“ distanziert sich von dem methodischen Individualismus, der Verhalten auf der Grundlage des Handels von Individuen erklärt. Individuelles Handeln ist im Verständnis der Praxistheorien eingebettet in gesellschaftliche Praktiken (Schatzki et al. 2001; Vaara und Whittington 2012, S. 4). Dagegen erklären Vertreter des „Individualismus“ soziale Phänomene über die Eigenschaften einzelner Individuen. Allgemeiner formuliert stellen in dieser Sicht Theorien zur individuellen Person die Grundlage der Sozialwissenschaften dar (Schatzki 2005, S. 466–467). Zu dieser Position zählt Schatzki Autoren wie Max Weber (Weber 1972), Frederick Hayek (Hayek 1952), John Searle (Searle 1985) und Herbert Simon (Simon 1947; 1957). Ein weiter gefasstes Verständnis von „Individualismus“ ist ein Erklärungsansatz sozialer Phänomene über die Eigenschaften von Ansammlungen von Individuen (bspw. Gruppen) – wobei die Ansätze betonen, dass es Eigenschaften von Gruppen gibt, die nicht alleine über die Eigenschaften der Individuen erklärt werden können (Schatzki 2005, S. 466–467). Vertreter dieser Position sind bspw. Ferdinand Tönnies (Tönnies 1955), Emile Durkheim (Durkheim 1964), Harold Blumer (Blumer 1969) und Barry Barnes (Barnes 1995). Beide Varianten des „Individualism“ erklären soziale Phänomene über den Menschen und seine Interaktion (als Individuum oder als Gruppe) (Schatzki 2005, S. 466–467). Die Vertreter des „Societism“ gehen davon aus, dass nicht alle sozialen Phänomene über Individuen und deren Beziehungen erklärt werden können. In dieser Sicht existieren in den unterschiedlichen Ansätzen jeweils zusätzliche Phänomene, die als Erklärungsansatz dienen (Schatzki 2005, S. 467): Produktionsmodus (Marx 1993), Gesellschaften (Malinowski 1926), abstrakte Strukturen (Althusser 1970; Bhaskar 1979; Lévi-Strauss 1963), Diskurs (Foucault 1976) und soziale Systeme (Parsons 1966; Luhmann 1984). „In short, societism holds that there are social phenomena, and that

2.1 ACTIVITY-THEORY

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analyzing and explaining many social affairs refers to phenomena, that are something other than features of individual people or groups thereof“ (Schatzki 2005, S. 467). Die der Praxisperspektive zuordenbaren theoretischen Arbeiten von Pierre Bourdieu, Michel de Certeau, Michel Foucault und Anthony Giddens trieben in der Soziologie die Auflösung des dualistischen Grundverständnisses zwischen „Individualism“ und „Sociatism“ voran (Whittington 2006, S. 614): „Individual behavior is always embedded within a web of social practices: praxis relies on practices“ (Vaara und Whittington 2012, S. 4). Der Begriff der Praxis wird dabei als „konkrete menschliche Aktivität“ definiert (Bourdieu 1990, S. 13). „The practice perspective thus confronts one of the central issues in social studies: how social structures and human agency link together in the explanation of action“ (Vaara und Whittington 2012, S. 4). Das gemeinsame Verständnis einer Praxisperspektive ist damit die Anerkennung beider Erklärungsansätze und der Versuch, beide zu berücksichtigen: sowohl die Mikro-Ebene (individuelle Aktivität) als auch die Makro-Ebene (Gesellschaft) (Whittington 2006, S. 614). „Practice is [..] the situated doings of the individual human beings (micro) and the different socially defined practices (macro) that the individuals are drawing upon in these doings“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 7). Theoretische Grundlage von Studien der Praxisperspektive sind z. B. die Strukturationstheorie, die Theorie der situierten Handlung, die Theorie der distribuierten Kognition, Diskurstheorie, Lerntheorien, Institutionentheorie und Akteur-Netzwerk-Theorie (Blackler 1993, S. 863; Jarratt und Stiles 2010, S. 30; Jarzabkowski 2011, S. 137). Die Activity-Theory oder Tätigkeitstheorie bietet dagegen einen Rahmen zur Untersuchung von Praktiken in unterschiedlichen Kontexten. Individuen, deren Aktivitäten im Kontext einer Gemeinschaft erfolgen, und die Nutzung von Praktiken bei der Durchführung von Aktivitäten stehen im Zentrum der Theorie und adressieren damit Kernfragen der Strategy-as-Practice-Forschung (vgl. zu Strategy-as-Practice Kap. 2.2) (Jarratt und Stiles 2010, S. 29; Jarzabkowski 2003, S. 24; 2011, S. 127). Die Theorie wurde bereits vielfach zur Studie von organisatorischen und strategischen Praktiken angewendet (Blackler 1993; 1995; Blackler et al. 2000; Groleau 2006; Jarratt und Stiles 2010; Jarzabkowski 2003; 2005) und wird insbesondere als theoretische Grundlage innerhalb von Strategy-as-Practice empfohlen (Jarzabkowski 2011, S. 127). „Activity theory provides a resource for analysing the interaction between practitioners, practices and praxis through the study of activity systems“ (Jarzabkowski 2011, S. 127). Vor diesem Hintergrund wird die Activity-Theory als theoretische Grundlage der vorliegenden Arbeit gewählt.

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.2 Strategy-as-Practice 2.2.1 Definition und Grundlagen der Forschungsrichtung Das Kapitel gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten Abschnitt werden die Entstehung der Forschungsrichtung Strategy-as-Practice, ihre neuartige Perspektive für das strategische Management und die Unterschiede zur klassischen Forschung im strategischen Management vorgestellt. Im zweiten Abschnitt wird das Strategieverständnis innerhalb von Strategy-as-Practice dargelegt und im dritten Abschnitt wird der Begriff des „Strategizings“ eingeführt. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung des differenzierenden Beitrags der Strategy-as-Practice-Forschung. Die Entstehung von Strategy-as-Practice und die Abgrenzung zur klassischen Forschung im strategischen Management „Strategy-as-Practice“ hat innerhalb der Strategieforschung seit den 1990er-Jahren eine beachtenswerte Entwicklung vollzogen und bildet heute eine große Forschungsgemeinschaft mit einer wachsenden Anzahl an Veröffentlichungen in hochrangigen Fachzeitschriften (Jarzabkowski et al. 2007, S. 5). Im letzten Jahrzehnt wurden insbesondere Arbeiten zu Aktivitäten und Praktiken innerhalb des strategischen Managements publiziert (Vaara und Whittington 2012, S. 2). Die in diesen Studien diskutierte neue Praxisperspektive wurde dabei unterschiedlich benannt (activity-based view, micro-strategy, strategizing perspective oder strategy-as-practice) (Splitter und Seidl 2011, S. 99). Das Neuartige an Strategy-as-Practice ist die Betrachtung von Strategie aus einer Praxisperspektive: Strategie als etwas, das Unternehmen tun (Hambrick 2004, S. 94; Jarzabkowski 2004, S. 529; Whittington 2006, S. 613), während die klassische Perspektive Strategie als etwas, das Unternehmen haben (als Eigenschaft von Unternehmen) behandelt (Fenton und Langley 2011, S. 1172; Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski und Spee 2009, S. 69; Vaara und Whittington 2012, S. 2; Whittington 2006, S. 613). Diese neue Perspektive eröffnet einen alternativen Zugang zum strategischen Management: „Thus, Strategy-as-Practice research offers an alternative to the individualistic models of decision-making that still dominate the field of strategic management“ (Vaara und Whittington 2012, S. 2). Dennoch betonen Vaara et al. (2012) die Nähe zu angrenzenden Forschungsgebieten: Strategieprozessforschung (Bower 1982; Burgelman 1983; Gilbert und Behnam 2009; Hutzschenreuter und Kleindienst 2006; Mintzberg und Waters 1985; Pearce II et al. 1987), Entscheidungsfindung (Decision-Making) (Eisenhardt und Bourgeois 1988; Hacklin und Wallnöfer 2012; Kelly und Gennard 2007; Mitchell et al. 2011), Planung (Langley 1989) oder Sinnstiftung (Sensemaking) (Gioia et al. 1991). Gegenüber anderen Forschungsansätzen mit größeren Gemeinsamkeiten (bspw. Strategy Process Research, Micro-Foundation) gewinnt Strategy-as-

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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Practice seine Eigenständigkeit und den Mehrwert der Perspektive für das strategische Management über seinen Fokus auf organisationale und/oder gesellschaftliche Praktiken als Erklärungsansatz für Entscheidungen und Aktionen von Menschen (Vaara und Whittington 2012, S. 2). Die Potenziale der Praxisperspektive werden nicht nur in der Erforschung des strategischen Managements genutzt, sondern die Perspektive hält zunehmend Einzug in die Untersuchung von Organisationen in unterschiedlichen Managementdisziplinen (Feldman und Orlikowski 2011, S. 1240; Mehra 2007, S. 986). Hierzu gehören bspw. Accounting (Ahrens und Chapman 2007; Hopwood und Miller 1994), Innovation (Dougherty 1992; 2004), Technologie (Orlikowski 2000), Lernen (Brown und Duguid 2001; Nicolini et al. 2003; Wenger 1998), institutionelle Veränderung (Seo und Creed 2002) und Marketing (Allen 2002; Hirschman et al. 1998; Holt 1995). Die Gründe für diesen Perspektivenwechsel sind eindeutig. Zahlreiche Autoren kritisieren, dass die Strategieforschung den Menschen und den Bezug zur Praxis aus dem Auge verloren hat (Bettis 1991; Hambrick und Mason 1984, S. 193; Jarzabkowski 2004, S. 529; Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Sandberg und Tsoukas 2011, S. 338; Whittington 2003, S. 118–119). Damit verbunden ist eine seit Jahrzehnten anwachsende Skepsis gegenüber der Praxisrelevanz der Strategieforschung (bspw. Bettis 1991; Hafsi und Thomas 2005; Johnson et al. 2003, S. 12; Løwendahl und Revang 1998; Lyles 1995): „Part of our problem has been a macro focus in research that is remote from what the managerial actors with whom we interact really influence“ (Johnson et al. 2003, S. 5). Strategy-as-Practice soll helfen, die Schwächen der Strategieprozessforschung zu bewältigen: die begrenzt detaillierte Auseinandersetzung mit der „Blackbox“ von Organisationen, eine unzureichende Hinterfragung der Agentenrolle von Managern, wenig hilfreiche Ergebnisse für die Praxis (da zu unkonkret), eine bewusste Abkopplung/-trennung von Strategieinhalten, eine häufig fehlende Verbindung zu Ergebnissen der Strategiearbeit und geringe Beiträge zur Weiterentwicklung von Theorien (Johnson et al. 2003, S. 12–13). „Process research might tell us a good deal about the overall processes of organizational decision-making and organizational change, but it has been less interested in the practical activity and tools necessary to make these processes happen. What managers actually do, and with what techniques, is left obscure“ (Johnson et al. 2003, S. 11–12). Um die Blackbox von Organisationen besser zu verstehen, als dies die Prozessforschungstradition vermag, ist es notwendig, auf die Aktivitäten-Ebene vorzustoßen. Damit wird die Grundlage gelegt, um Praktikern Erkenntnisse zu liefern, die einen Mehrwert für ihre tägliche Arbeit darstellen (Johnson et al. 2003, S. 13). Als Reaktion auf diese Kritik an der bisherigen Managementforschung stellt Strategyas-Practice den Menschen und seine Aktivität in das Zentrum des Forschungsansatzes (Mikro-Ebene) (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Johnson et al. 2003, S. 5). Das Interesse an der Untersuchung der Mikro-Ebene hat sich über die letzten Jahrzehnte entwickelt (Johnson und Huff 1998; Lindell et al. 1998; Whittington 1996). Im Gegensatz dazu ist die Untersuchung von Strategien auf Unternehmens-Ebene (Makro-Ebene)

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Gegenstand der klassischen Forschung (bspw. Resource-based View, Market-based View/Industrieökonomie, Institutionentheorie, Diversifikation, Strukturen) (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 168; Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Johnson et al. 2003, S. 6; Whittington 1996, S. 734). Das Ziel von Strategy-as-Practice ist, zu untersuchen, was Manager tun und welche Effekte dies hat. Damit sind Aktivitäten relevant, die im vom Manager beeinflussbaren Bereich liegen (Mikro-Ebene). Die Makro-Ebene der klassischen Strategieprozessforschung erreicht diesen Detailgrad aufgrund ihrer aggregierten Perspektive nicht (Johnson et al. 2003, S. 5; Kornberger und Clegg 2011, S. 137). Damit stehen im Fokus der Forschung in Strategy-as-Practice „the detailed processes and practices which constitute the day-to-day activities of organizational life and which relate to strategic outcomes“ (Johnson et al. 2003, S. 3). Dieser Zugang soll verständlich machen, was innerhalb von Strategieprozessen passiert (Vaara und Whittington 2012, S. 14). Gleichzeitig wird betont, dass diese Aktivität(en) auf der Mikro-Ebene nicht losgelöst zu betrachten sind, sondern sowohl im intra-organisationalen (bspw. Vorstandssitzungen, informelle Gespräche, Kultur) als auch im extra-organisationalen Kontext (bspw. Standards zur strategischen Planung, strategische Instrumente, Technologien, Diskurs) (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Whittington 2006, S. 629). „This framework sensitizes researchers intent on one element to interrelationships with other elements: intraorganizational praxis is marked by extra-organizational practices; successful practices are carried by influential practitioners; praxis forms practitioners“ (Whittington 2006, S. 627). Die Mikro-Ebene wird damit im Kontext der Makro-Ebene betrachtet. Mikro-Aktivitäten entstehen auf der Grundlage einer gesellschaftlichen Infrastruktur (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6). Wenn bspw. ein in der Literatur beschriebenes Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung praktisch angewendet wird, bspw. im Rahmen eines Strategie-Workshops in einem Unternehmen, dann werden dadurch die Aktivitäten beeinflusst. Anders formuliert: Manager gingen ohne dieses Instrument vermutlich anders vor. Somit hat die Makro-Ebene einen Einfluss auf die Mikro-Ebene (und umgekehrt). Strategy-as-Practice versteht Strategie als eine gesellschaftliche Praxis (social practice) und betrachtet sowohl die Mikro- als auch die Makroperspektive inkl. ihrer Wechselwirkungen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6). Das gemeinsame Ziel der Forschungsarbeiten innerhalb von Strategy-as-Practice ist, die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen (Jarzabkowski 2004, S. 529). Strategy-as-Practice „has provided important insights into the tools and methods of strategy-making (practices), how strategy work takes place (praxis), and the role and identity of the actors involved (practitioners)“ (Vaara und Whittington 2012, S. 1). Strategieverständnis in Strategy-as-Practice „From a strategy-as-practice perspective strategy is conceptualized as a situated, socially accomplished activity, while strategizing comprises those actions, interactions and negotiations of multiple actors and the situated practices that they draw upon in accom-

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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plishing that activity“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 7–8). ). Hendry und Seidl (2003) weisen darauf hin, dass der Strategiebegriff innerhalb von Strategy-as-Practice nicht präzise definiert ist und ein breites Spektrum für die Einordnung einer Aktivität als strategisch bietet (Hendry und Seidl 2003, S. 176). Einen weiteren Beleg für das breite Strategieverständnis liefert die Aussage von Whittington (2006, S. 613): „strategy is in a sense an industry, whose members in business, consulting and beyond collectively produce the strategies and practices that help shape our world.“ Um dieses breite Strategieverständnis zu konkretisieren, können Aktivitäten dann als strategisch angesehen werden, wenn sie dazu führen, dass Strategieergebnisse und richtungsweisende Entscheidungen erzielt und das Überleben sowie ein Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens gesichert werden (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Johnson et al. 2003, S. 13–17). So beschreiben auch Johnson et al. (2003, S. 3) als einen Fokus der Strategy-as-Practice-Perspektive „the detailed processes and practices which constitute the day-to-day activities of organizational life and which relate to strategic outcomes “. Was ein „strategic outcome“ ist, führen die Autoren nicht weiter aus. Aktivitäten können auch als strategisch (gegenüber operativen Aktivitäten) klassifiziert werden, wenn sie mittels strategischer Techniken durchgeführt werden (bspw. Strategie-Workshops oder -instrumente) (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Diese Definition soll auch gelten, wenn die genannten Effekte entstehen und nicht explizit auf eine beabsichtigte und explizit formulierte Strategie zurückzuführen sind (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Diesen Definitionen folgend integriert der Strategy-as-Practice-Ansatz sowohl ein klassisches hierarchisches (bspw. Design School) als auch ein emergentes Strategieverständnis (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Vaara und Whittington 2012, S. 3). Gegenüber dem klassischen Ansatz, der Strategie typischerweise auf Unternehmens-Ebene ansiedelt, gilt die Strategiedefinition innerhalb der Strategy-as-Practice-Forschung für die jeweilige Ebene der Analyse (bspw. Industrien, Unternehmensgruppen, einzelne Unternehmen oder deren Einheiten) (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Strategizing „‘Strategizing’ refers to the ‘doing of strategy’; that is, the construction of this flow of activity through the actions and interactions of multiple actors and the practices that they draw upon“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Innerhalb des ersten Teils der Definition bleibt noch unklar, welche Aktivitäten als „strategisch“ anzusehen sind. Daher ergänzen Johnson et al. (2003, S. 3), dass strategische Aktivitäten zu strategischen Ergebnissen führen. Auch durch die Nutzung von strategischen Praktiken wie bspw. die strategische Planung oder von Strategie-Workshops könnten strategische Aktivitäten abgegrenzt werden (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Strategizing beschreibt die Strategiearbeit auf der Grundlage von organisationalen und anderen Praktiken (Vaara und Whittington 2012, S. 2). Diese Praktiken sind von entscheidender Bedeutung, da Strategizing erst durch die Nutzung der Praktiken stattfin-

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

den kann und die Praktiken gleichzeitig einen Einfluss auf den Prozess und das Ergebnis haben (Vaara und Whittington 2012, S. 2). „This new approach to the study of strategy reinterprets the five conceptions of strategy that have emerged in the past, including strategy as plan, ploy, perspective, position, and pattern (Hendry, 2000; Mintzberg, 1987), by relating them to the activities of strategy practitioners“ (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 169). Strategizing umfasst sowohl die bewusste Strategieformulierung als auch andere Aktivitäten, die unbewusst zur Entstehung von Strategien führen (Vaara und Whittington 2012, S. 3). Die Forschungstradition zu „emergenten Strategien“ hebt die (auch) unbewusste Entstehung von Strategien hervor. Strategy-as-Practice betont gleichermaßen die Bedeutung und die Existenz einer formalen, analytischen und systematischen Strategiearbeit (Whittington 2003, S. 118). Ein erstes, wesentliches Argument hierfür ist, dass die in der Praxis in vielen Unternehmen jährlich ablaufenden ernst zu nehmenden Strategieprozesse als formal, analytisch und systematisch charakterisiert werden können (Grant 2003; Ocasio und Joseph 2008; Whittington 2003, S. 118–119; Whittington 2003, S. 118–119). Ein zweites Argument begründet sich aus der Perspektive des Forschungspragmatismus. Während emergente Phänomene nur schwer zu beobachten sind, sind die Aktivitäten von Managern, in Form formaler Prozesse (dazu gehören bspw. Strategie-Workshops, Instrumente, Projektteams, Budgets) als Analyseeinheit relativ einfach zu erforschen (Whittington 2003, S. 119). Die Ausführungen zeigen, dass sowohl die Strategie- als auch die StrategizingDefinition von Strategy-as-Practice breit angelegt sind. Die Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen ist demnach Gegenstand des strategischen Managements (vgl. Kap. 1.1). Dem Verständnis von Strategy-as-Practice folgend kann die Geschäftsmodellgestaltung damit auch als ein „strategisches Ergebnis“ von Strategizing bezeichnet werden. Gleichzeitig stellen Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung strategische Praktiken dar. Damit besitzen das Strategie- und Strategizing-Verständnis von Strategy-as-Practice weiterhin Gültigkeit für die Untersuchung; jedoch werden nur Aktivitäten betrachtet, die im Kontext der Geschäftsmodellgestaltung und des Strategieprozesses stattfinden. Zusammenfassung des differenzierenden Erklärungsbeitrags von Strategy-as-Practice Theoretische Verankerung: Die Strategy-as-Practice-Forschungsrichtung beruht auf einer Verbindung von Theorien der Soziologie und dem strategischen Management. Damit entsteht ein neuer Zugang zur Untersuchung des strategischen Managements gegenüber der traditionellen Verankerung der Strategieforschung in Wirtschaftstheorien (Vaara und Whittington 2012, S. 6). Effekte von Strategiearbeit: Innerhalb der klassischen Strategieforschung wird meist der Zusammenhang von Strategie (Inhalt und/oder Methode) und Unternehmensperformance untersucht. Innerhalb von Strategy-as-Practice hingegen wird eine Vielzahl

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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von detaillierteren abhängigen Variablen untersucht. Auf der Mikro-Ebene steht die wirtschaftliche Entwicklung nicht direkt im Fokus (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Vaara und Whittington 2012, S. 7). Die Übersicht empirischer Strategy-as-Practice-Arbeiten in Kapitel 2.2.2 zeigt mögliche Ergebnisse der Strategiearbeit:  die Entwicklung von Strategieinstrumenten;  Effekte, die durch den Einsatz von Strategieinstrumenten entstehen;  die kontextabhängige Nutzung unterschiedlicher Strategieprozessarten;  die Rolle von Praktikern und ihre jeweilige Einbindung;  politische Konsequenzen von Strategiearbeit;  Einfluss der Gestaltung von Strategie-Workshops auf das Workshop-Ergebnis;  der Einfluss von strukturellen Eigenschaften von Workshops auf die Entstehung

neuer Strategieoptionen (Vaara und Whittington 2012, S. 7). Die Fokussierung auf die Unternehmensperformance der klassischen Forschung im strategischen Management wird daher deutlich um weitere Ergebnisse von Strategiearbeit innerhalb von Strategy-as-Practice erweitert (Vaara und Whittington 2012, S. 7). Branchenfokus: Wenngleich von geringer Relevanz für die vorliegende Arbeit, so ist es dennoch eine weitere Eigenschaft der Strategy-as-Practice-Forschung, die Untersuchung von Strategiearbeit auf eine Vielzahl an Branchen ausgeweitet zu haben. Während die klassische Strategieforschung auf privatwirtschaftliche Unternehmen ausgerichtet war, so sind auch Organisationen aus dem öffentlichen und dem Non-ProfitBereich Gegenstand der Forschung (bspw. Universitäten, Verwaltungen, Krankenhäuser, Orchester) (Vaara und Whittington 2012, S. 7). Forschungsmethode: Quantitative Verfahren dominierten lange Zeit die Forschung innerhalb des strategischen Managements. Innerhalb der Jahre 2003 – 2009 nutzen 73,3 Prozent der Artikel im Strategic Management Journal quantitative Forschungsmethoden. Nur 3,2 Prozent der Artikel nutzten einen qualitativen Forschungsansatz (Molina Azorín und Cameron 2010, S. 100); im Zeitraum von 1980 – 2006 stieg deren Anteil dann immerhin auf 7,9 Prozent (Vaara und Whittington 2012, S. 7). Ein Überblick über die empirischen Arbeiten innerhalb von Strategy-as-Practice offenbart ein konträres Bild (Vaara und Whittington 2012, S. 7). Die Mehrzahl der empirischen Arbeiten ist qualitativer Natur. Als Forschungsmethoden wurden Interviews (bspw. Hendry et al. 2010; Jarzabkowski 2003; 2005; Mantere 2008; Mantere und Vaara 2008; Paroutis und Pettigrew 2007; Schwarz 2004; Stensaker und Falkenberg 2007; Whittington et al. 2006), Beobachtung (bspw. Jarzabkowski et al. 2013; Nordqvist und Melin 2008; Samra-Fredericks 2003), Dokumentenanalyse (bspw. Hacklin und Wallnöfer 2012; Jarzabkowski et al. 2013; Moisander und Stenfors 2009), Action-Research (bspw. Eppler und

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Platts 2009; Heracleous und Jacobs 2008), Fotografie (bspw. Molloy und Whittington 2005), Video-Ethnografie (bspw. Aggerholm et al. 2012; Liu und Maitlis 2013), Forschungstagebücher (bspw. Balogun und Johnson 2004; 2005), Diskursanalysen (bspw. Vaara et al. 2004) und Langzeitfallstudien (bspw. Balogun und Johnson 2004; 2005; Paroutis und Pettigrew 2007; Schwarz 2004) genutzt. Häufig werden die Informationsquellen in Form einer Fallstudie kombiniert (bspw. Ambrosini et al. 2007; Hacklin und Wallnöfer 2012; Hodgkinson und Wright 2002; Jarzabkowski 2008; Regnér 2003; Salvato 2003; Stensaker und Falkenberg 2007).

2.2.2 Definition und Bedeutung von Praktiken innerhalb von Strategy-as-Practice Der konzeptionelle Bezugsrahmen des Strategy-as-Practice-Ansatzes setzt sich aus den Dimensionen der Praktiken (Practices), der Praxis (Praxis) und den Praktikern (Practitioners) zusammen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Vaara und Whittington 2012, S. 3; Whittington 2006, S. 619–620) (vgl. Abb. 2.1). Die Dimension „Praktiken“ untersucht, welche Methoden und Instrumente in der Strategiearbeit eingesetzt werden. Die Dimension „Praxis“ beleuchtet, wie Strategiearbeit stattfindet. Die Dimension „Praktiker“ setzt sich mit der Rolle und der Identität der Akteure in der Strategiearbeit auseinander. In dem Zusammenwirken der Dimensionen entsteht die Strategie bzw. das Strategizing (Vaara und Whittington 2012, S. 1). Da jede einzelne Dimension der Operationalisierung des Strategie- und StrategizingVerständnisses von Strategy-as-Practice dient und zudem jeweils einen Einstiegspunkt in einen Forschungsansatz bietet (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8), werden diese im folgenden Abschnitt erläutert. Jarzabkowski et al. (2007, S. 10) weisen darauf hin, dass es nicht möglich ist, nur ein Element zu studieren, ohne auch Bezug zu Aspekten der anderen Dimensionen herzustellen. Daher werden alle drei Dimensionen zur Erläuterung der Bedeutung von Praktiken innerhalb von Strategy-as-Practice beschrieben. Empirische Studien richten ihren Fokus üblicherweise auf eine der drei Kategorien Praktiken, Praxis oder Praktiker aus (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10). Praxisorientierte Studien müssen nicht unbedingt alle drei Elemente gleichzeitig kombinieren. Mit Bezug auf Giddens (1979) können auch explizit einzelne oder mehrere Elemente für die Untersuchung herausgelöst werden (Whittington 2006, S. 620). Die einzelnen Elemente innerhalb von Strategy-as-Practice sind eigenständig, aber auch wechselseitig miteinander verbunden (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10).

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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Strategizing Praxis Situated, socially accomplished flows of activity that strategically are consequential for the direction and survival of the group, organization or industry

B

C

Practices Cognitive, behavioural, procedural, discursive, motivational and physical practices that are combined, coordinated and adapted to construct practice

Practitioner A

Actors who shape the construction of practice through who they are, how they act and what resources they draw upon

Strategizing comprises the nexus between practice, practices and practitioners. A, B, and C represent stronger foci on one of these interconnections depending upon the research problem to be addressed

Abbildung 2.1: A conceptual Framework for analysing Strategy-as-Practice Quelle: Jarzabkowski et al. 2007, S. 11.

Praxis (Praxis) Praxis ist „an empathic term to describe the whole human action“ (Reckwitz 2002, S. 249). „Praxis comprises the interconnection between the actions of different, dispersed individuals and groups and those socially, politically, and economically embedded institutions within which individuals act and to which they contribute“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 9). Wenn man den Begriff auf der Makro- und der Mikro-Ebene differenziert, so beschreibt Praxis sowohl gesellschaftliche (Makro-) als auch persönliche (Mikro-) Aktion(en) und deren Wechselwirkungen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 9). Innerhalb der Strategy-as-Practice-Literatur wird zusätzlich zu der Makro- und der MikroEbene der Praxis auch noch eine Zwischen-Ebene „Meso“ beschrieben (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 73): „Micro refers to those studies that explore and attempt to explain strategy praxis at levels of the individual or group’s experience of a specific episode, such as a decision, meeting or workshop.

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Macro refers to studies that explore and attempt to explain strategy praxis at the institutional level, which is most typically associated with explaining patterns of action within a specific industry. Meso refers to studies that explore and attempt to explain strategy praxis at the organizational or sub-organizational level, such as a change program, or a strategy process, or a pattern of strategic actions“ (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 73, Hervorhebungen durch Verfasser). Damit bietet die Definition von Praxis vielfältige Forschungsansätze, die auf verschiedenen Ebenen und auch in Bezug auf die dynamischen Wechselwirkungen der Ebenen ansetzen können (Jarzabkowski et al. 2007, S. 9). Als Untersuchungsobjekt können bspw. Fusionen und Übernahmen in einer Industrie (Makro-Ebene), aber auch das Verhalten von beteiligten Personen/Gruppen innerhalb von Zusammenschlüssen und Übernahmen (Mikro-Ebene) dienen (Vaara et al. 2004). Die Praxisdimension betont somit die direkte empirische Auseinandersetzung mit der Praxis, also der tatsächlichen Arbeit von Menschen, der Studie der Sprache und dem Studium von Aktivitäten (Vaara und Whittington 2012, S. 19). Dadurch werden eher abstrakte Konzepte des strategischen Managements (bspw. emergente Strategien, Resource-based View) durch die Beobachtung von Aktivitäten auf der Mikro-Ebene untersucht (bspw. Ambrosini et al. 2007; Salvato 2003 im Kontext der Resource-based View und Regnér 2003 im Kontext der Entstehung von emergenten Strategien). Die Praxisperspektive schlägt damit eine Brücke von einem hohen Abstraktionsgrad bestehender Konzepte im strategischen Management bis zur Mikro-Ebene der Strategiearbeit (Vaara und Whittington 2012, S. 19). Gleiches gilt für ein weiteres Schwerpunktgebiet der Praxisdimension, der Sinnstiftung (Vaara und Whittington 2012, S. 19). Strategy-as-Practice-Arbeiten untersuchen bspw. die Tagebücher von Managern (Balogun und Johnson 2005) oder die Interaktion von Managern (Stensaker und Falkenberg 2007) sowie die bewusste Veränderung von Strategieinterpretationen im Zeitverlauf (Sillince und Mueller 2007), um strategische Sinnstiftung auf der Grundlage von Mikro-Studien zu erforschen. Praktiker (Practitioner) „Strategy’s practitioners are defined widely, to include both those directly involved in making strategy – most prominently managers and consultants ─ and those with indirect influence – the policy-makers, the media, the gurus and the business schools who shape legitimate praxis and practices“ (Jarzabkowski und Whittington 2008b, S. 101– 102). Einbezogen in den Begriff der Strategiearbeit (strategizing oder auch strategy making) ist sowohl die Entwicklung als auch die Umsetzung von Strategien (Whittington 2006, S. 619). Das heißt, Akteure sowohl in der Strategieentwicklung als auch -umsetzung sind Strategen oder Strategiepraktiker. In der Beeinflussung der Strategiearbeit wird zudem zwischen internen und externen Akteuren differenziert (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 72). „Strategy practitioners are those people who do the work of strategy, which goes beyond senior managers to include managers at multiple levels of

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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the firm as well as influential external actors, such as consultants, analysts, and regulators“ (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 282). Praktiker stellen durch ihre Aktivität das verbindende Element zwischen Praxis und Praktiken dar (Whittington 2006, S. 620). „Practitioner are the actors; those individuals who draw upon practices to act“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10). Da die Aktivitäten von Praktikern erst durch ihre individuellen Fähigkeiten möglich werden, ist das Studium der Fähigkeiten für die Praxisperspektive wichtig (Whittington 2006, S. 615). Die sozio-politischen und rhetorischen Fähigkeiten, der kulturelle Hintergrund und das Geschlecht der Praktiker haben einen Einfluss auf ihre Strategiearbeit (Vaara und Whittington 2012, S. 20). Mit Bezug zur Strategiedefinition von Strategy-as-Practice sind Praktiker somit aktive Teilnehmer in strategischen Aktivitäten zur Konstruktion der Strategie (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10). Sie entwickeln, formen und implementieren die Strategie (Whittington 2006, S. 619). Dabei werden Strategen nicht als isolierte Individuen betrachtet, sondern als Mitglieder einer Gesellschaft oder Gruppe, mit der sie interagieren (Vaara und Whittington 2012, S. 20). Da Strategiearbeit auch gemeinschaftlich durch Gruppen erarbeitet werden kann, ist es möglich, die einzelnen Akteure in Kategorien (bspw. anhand ihrer Aufgaben) zu untergliedern (Jarzabkowski und Spee 2009, S. 72). Damit verbunden ist auch eine der essenziellen Fragen zu Praktikern innerhalb von Strategy-as-Practice: „[W]hat does it take to be an effective strategy practitioner“ (Whittington 1996, S. 731; 2006, S. 614)? Stellt man die Analyseeinheit des Praktikers in den Vordergrund, so ist damit die Frage zu beantworten, welche Rollen es als Praktiker in der Strategiearbeit gibt und mit welchen Routinen bzw. mit welchem Aufgabenmix diese Rollen verbunden sind. Aufgaben können bspw. die Ideengenerierung, das Entdecken von Geschäftsmöglichkeiten, die Bewertung von Situationen, die Planung und Budgetierung, das Schreiben von Strategiedokumenten, das Erstellen von Präsentationen, der Beisitz in Strategieausschüssen, die Analyse und die Beratung sein. Jede Aktivität und damit jede Rolle erfordert spezifische praktische Kompetenzen (Whittington 1996, S. 732). Als Praktiker der Strategiearbeit steht seit jeher das Topmanagement (oder auch das Topmanagement-Team) im Fokus der traditionellen Strategieforschung (bspw. Dalton 1959; Kotter 1982; Mintzberg 1973). Diese Festlegung basiert unter anderem auf dem Grundverständnis, dass es sich in der Strategiearbeit grundsätzlich um Top-downProzesse handelt (Bowman und Kakabadse 1997, S. 197; Certo et al. 2006, S. 813; Hambrick und Mason 1984, S. 193; Hambrick 1987, S. 88–89; Mitchell et al. 2011, S. 683; Papadakis et al. 1998, S. 116; Patzelt et al. 2008, S. 205). Der konzeptionelle Rahmen von Strategy-as-Practice bietet eine andere Herangehensweise für die Identifikation von Strategen: über die Rolle als „praktizierender Stratege“. Hierfür sprechen zwei wesentliche Gründe. Erstens ist die Festlegung eines Strategen auf der Grundlage von demografischen Eigenschaften kein hinreichender Erklärungsansatz für sein Verhalten als Stratege. Vielmehr gilt es, seine individuelle Erfahrung in der Verantwortung (in seiner Rolle) als Startpunkt für die Analyse seines Verhaltens zu nehmen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 11–12). „Who a person is, is innately connected to how that person acts and the consequences of that action“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 12). Als Beispiel hierfür kann angeführt werden, dass das Verständnis von Strategie

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

von der individuellen Identität (und Erfahrung) abhängt. In der Folge wird die Strategiearbeit dieser Person von ihrer Definition beeinflusst. Dies bedeutet als Konsequenz, dass für die Identifikation von Strategen ihre „agency and experience as being a strategist“ ausschlaggebend sind (Jarzabkowski et al. 2007, S. 12). Zweitens eröffnet die Praxisperspektive einen weiteren Kreis an Personen, die direkt oder indirekt in die Strategiearbeit eingebunden sind, über das Topmanagement hinaus (Jarzabkowski 2003; 2005; Vaara und Whittington 2012, S. 25). So sind bspw. das mittlere und das untere Management (Dutton et al. 2001; Floyd und Lane 2000; Jarzabkowski et al. 2007, S. 12), strategische Planer (Davids 1995; Vaara und Whittington 2012, S. 23–24), Strategieentwicklungsgruppen (Blackler et al. 2000), Strategieberatungen (Kipping 1999; Vaara und Whittington 2012, S. 24), Investment-Berater, Anwälte, Business-SchoolGurus (Clark 2004) und Kunden (Lowendahl und Revang 1998) ebenfalls Akteure in und/oder Beeinflusser der Strategiearbeit. In der vorliegenden Arbeit steht die Untersuchung der Praktiken im Vordergrund. Diese Praktiken können von unterschiedlichen Akteuren durchgeführt werden. Eine hervorgehobene Rolle nimmt das Topmanagement ein. Es wird angenommen, dass das Topmanagement die finale Verantwortung für strategische Entscheidungen trägt (Bowman und Kakabadse 1997, S. 197; Grant 2003; Papadakis et al. 1998, S. 116). Das Treffen von Entscheidungen ist (im Verständnis dieser Arbeit) Grundlage der Gestaltung von Geschäftsmodellen (vgl. Kapitel 2.3.1). Folglich kann vermutet werden, dass auch die Verantwortung für Geschäftsmodellentscheidungen beim Topmanagement liegt. Diese Festlegung steht auch nicht im Widerspruch zu Strategy-as-Practice, da die Rolle des Topmanagements im „Strategy-Making“ explizit Gegenstand der Forschungsrichtung ist (Jarzabkowski et al. 2007, S. 12). Gleichzeitig haben jedoch auch bspw. strategische Planer oder Strategieleiter einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des Strategieprozesses sowie die verwendeten Strategieinstrumente (Vaara und Whittington 2012, S. 24). Die Rollen von weiteren Praktikern sollen daher explizit eingeschlossen werden. Verfolgt wird die Zielsetzung, die beteiligten Praktiker in der Geschäftsmodellgestaltung zu identifizieren und die Rollenunterschiede deutlich zu machen. Praktiken (Practices) „Strategy practices are the social, symbolic, and material tools through which strategy work is done. These practices include those theoretically and practically derived tools that have become part of the everyday lexicon and activity of strategy, such as Porter’s five forces, decision modeling and budget systems, and material artifacts and technologies, such as PowerPoint, flipcharts, and spreadsheets“ (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 282). Praktiken sind koordinierende Mechanismen der Strategiearbeit (Jarzabkowski 2011, S. 133). Sie können auch umschrieben werden als „routinized types of behaviour which consist of several elements, interconnected to one another: forms of bodily activities, forms of mental activities, ‘things’ and their use, a background knowledge in the form of

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understanding, know-how, states of emotion an motivational knowledge“ (Reckwitz 2002, S. 249).7 Somit sind auch definierte Vorgehensweisen in der Strategiearbeit, Routinen innerhalb der strategischen Planung oder Strategie-Workshops Praktiken (Jarzabkowski 2011, S. 133; Vaara und Whittington 2012, S. 6). Praktiken stehen unmittelbar in Wechselwirkung mit den beiden anderen Dimensionen des Bezugsrahmens von Strategy-as-Practice, den Praktikern und der Praxis. Praktiken werden in der Praxis von Praktikern genutzt (Vaara und Whittington 2012, S. 6). Das Besondere an Praktiken im Vergleich zu Aktivitäten ist ihr Charakter als Routinetätigkeit. Das heißt dadurch, dass Aktivitäten in vergleichbarer Art und Weise (wiederkehrend) durchgeführt werden (auch als Muster beschreibbar), kann untersucht werden, wie sie zur Konstruktion von Strategie beitragen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 9; Whittington 2007, S. 1579). Dennoch sind Praktiken nicht als unveränderbar im Zeitverlauf oder als starre Konstrukte einzustufen. Ihre jeweilige Gestalt hängt von der entsprechenden Situation und ihrer Einbettung in andere Praktiken ab (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10). Als Beispiel kann hierfür der Einsatz von „Hilfsmitteln“ wie Gantt Charts, Whiteboards und Post-it-Notizen genannt werden. Auch wenn ein üblicher Routineumgang beschreibbar ist, so ist der spezifische Einsatz situationsabhängig (bspw. Blackler et al. 2000; Eden und Ackermann 1998; Jarratt und Stiles 2010, S. 28; Sapsed und Salter 2004). Dieses Phänomen lässt sich auch am Einsatz von Instrumenten8 wie bspw. der SWOT-Analyse (Strengths/Weaknesses/Opportunities/Threats) illustrieren (Jarratt und Stiles 2010, S. 28). Der Einsatz dieses Instruments zur strategischen Analyse und Entwicklung von Normstrategien lässt sich in einer Standardvorgehensweise beschreiben. Dennoch sind die Einbettung in einen Strategieprozess und damit der Beitrag für die Strategieentwicklung unternehmensindividuell. Beispielweise könnte ein Unternehmen eine ausführliche strategische Analyse (Trends, Stärken/Schwächen, Benchmarking, Markt-Struktur-Analyse usw.) als Vorbereitung durchführen und die SWOT-Analyse als Strukturierungsraster für eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse nutzen. In einer anderen Situation könnte ein Unternehmen die SWOT-Analyse ohne vorherige strategische Analyse einsetzen und „lediglich“ auf dem Erfahrungsschatz der beteiligten Strategen aufsetzen und diese Kenntnisse strukturieren. Die SWOT-Analyse als Instrument ist damit eine Praktik, ihre Ausprägung variiert situationsabhängig. Die Beantwortung der Frage, wie Instrumente (bspw. SWOT-Analyse, Portfolio-Matrix, Organisationscharts) in der Praxis tatsächlich genutzt werden, ist Gegenstand der Strategy-as-Practice-Forschung (Whittington 2003, S. 121). Nur wenige empirische Arbeiten untersuchten bislang die Anwendung von Strategieinstrumenten aus der Praxisperspektive (Jarzabkowski 2005, S. 9). Eine Zusammenfassung ausgewählter Arbeiten ist

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Das Verständnis von Praktiken innerhalb von Strategy-as-Practice variiert aufgrund der jeweils unterschiedlichen philosophischen und theoretischen Verankerungen der Arbeiten (Schatzki et al. 2001). Eine Definition und weitere Ausführungen zu Instrumenten finden sich in Kapitel 2.4.1.

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

in Kapitel 2.2.3 zu empirischen Ergebnissen der Strategy-as-Practice-Forschung enthalten (sowie eine ausführliche Übersicht in Anhang 1). Eine Möglichkeit zur Differenzierung unterschiedlicher Praktiken bietet die Kategorisierung in administrative (administrative), episodische (episodic) und diskursive Praktiken (discursive practices) (Jarzabkowski 2005, S. 9). Rationale administrative Praktiken werden genutzt, um Aktivitäten rund um Strategien zu organisieren und zu koordinieren. Dazu gehören bspw. Planungsmechanismen, Budgets, Forecasts, Kontrollsysteme, Performance-Indikatoren und Ziele (Jarzabkowski 2005, S. 9). Dieser Kategorie von Praktiken können Forschungen zum Strategieprozess zugeordnet werden (bspw. Bower 1982; Burgelman 1983; Chakravarthy und Doz Summer, 1992; Farjoun 2002; Jarzabkowski und Balogun 2009; Mintzberg 1994a). Episodische Praktiken sind bspw. Workshops, Meetings, Strategietagungen und -konferenzen, die als „Episode“ einen zeitlichen Rahmen bieten, um die Interaktion zwischen Strategen stattfinden zu lassen (Hendry und Seidl 2003, S. 187; Jarzabkowski 2005, S. 9; van Aaken et al. 2013, S. 588–589). Dabei wird eine Episode über einen Start- und Endpunkt als Zeitfenster definiert (vgl. hierzu Luhmann 1995), in dem ein Ausbrechen aus Hierarchie-, Kommunikations- und Diskursroutinen stattfinden kann (Hendry und Seidl 2003, S. 176). Die Untersuchung solcher Zeitfenster innerhalb von Strategieentwicklungen hat eine lange Tradition (Johnson 1987; Mezias et al. 2001; Pettigrew 1985; Roos und Krogh 1996), wobei das Forschungsinteresse darauf fokussiert, wie Episoden initiiert, geführt und beendet werden (Hendry und Seidl 2003, S. 176). Diskursive Praktiken bieten sowohl sprachliche, kognitive als auch symbolische Orientierungspunkte, um einen Austausch zur Strategie stattfinden zu lassen (Jarzabkowski 2005, S. 9). Innerhalb von Diskurspraktiken können einerseits der eigentliche Strategiediskurs und andererseits Strategieinstrumente und -techniken als Sprachgrundlage für den Diskurs unterschieden werden (Jarzabkowski 2005, S. 9). Die Untersuchung von Strategiediskursen ist Gegenstand der Strategy-as-Practice-Forschung (Kornberger und Clegg 2011, S. 137; vgl. auch Arbeiten von Barry und Elmes 1997; Hendry 2000; Knights und Morgan 1991; Vaara et al. 2004), wobei die Untersuchung von Instrumenten und Techniken der Strategiearbeit einen eigenen Forschungsschwerpunkt bildet (Whittington 2003, S. 117; Spee und Jarzabkowski 2009, S. 223). Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Instrumente eingesetzt werden und wie diese zur Konstruktion von Strategie beitragen (Jarzabkowski et al. 2007, S. 10), denn obwohl Instrumente zentraler Bestandteil von Strategiearbeit sind, besteht bislang wenig Kenntnis über deren Einsatz und damit verbundene Konsequenzen in der Praxis (Spee und Jarzabkowski 2009, S. 223). Explizit fordert auch Whittington in seinen sechs Fragen zur Strategy-as-Practice-Forschung das Studium von Instrumenten in der Strategiearbeit (Whittington 2003, S. 121). Die Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung umfassen zunächst bspw. das Vorgehen zur Geschäftsmodellgestaltung, die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten oder die Durchführung von Geschäftsmodell-Workshops als unmittelbare Aktivitäten. Darüber

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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hinaus werden auch Strategiepraktiken untersucht, die einen Beitrag zur Geschäftsmodellgestaltung leisten können (bspw. eine SWOT-Analyse zur Vorbereitung, eine Szenarioanalyse zur Variantenbildung, ein Business Case zur Bewertung einer Geschäftsmodelloption) und/oder einen wechselseitigen Einfluss auf den Ablauf der Geschäftsmodellgestaltung haben können (bspw. Vorgehen im Strategieprozess vs. Vorgehen in der Geschäftsmodellgestaltung).

2.2.3 Aktueller Forschungsstand In den Kapiteln 2.2.1 und 2.2.2 wurde der konzeptionelle Forschungsstand zu Strategyas-Practice bereits vorgestellt. Der Schwerpunkt der Praxisperspektive liegt in empirischen Forschungsansätzen. Für einen aktuellen Überblick über Merkmale und Ergebnisse der Strategy-as-Practice-Forschung (vgl. Anhang 1) wurden 69 empirische Artikel von 2002 bis 2013 auf der Grundlage einer erweiterten Darstellung von Jarzabkowski et al. (2007, S. 15–17) sowie Vaara und Whittington (2012, S. 9–23) zusammengefasst. Für die Zusammenfassung wurde zunächst in der Datenbank EBSCO nach Beiträgen mit dem Stichwort „Strategy-as-Practice“ gesucht (ca. 327). Aus dieser Artikelübersicht wurden Forschungsergebnisse mit Bezug zur vorliegenden Forschungsfrage, d. h. mit Fokus auf Praktiken der Strategiearbeit, selektiert. Die bestehenden Übersichten (Jarzabkowski et al. 2007; Vaara und Whittington 2012) wurden mit den seither zu dem Thema veröffentlichten Arbeiten abgeglichen und ergänzt. Zudem wurden für die Übersicht die Kategorien angepasst und die fehlenden Inhalte aus den Beiträgen ergänzt. Die beschriebenen Kategorien in der Übersicht sind: betrachtete Praktiker (A) (wer wird in der Untersuchung als Stratege angesehen?), die Praktiken (B) (welche Praktiken wurden untersucht?), die Praxis (C) (welche Aktivitäten wurden untersucht?), der jeweilige Forschungsschwerpunkt (A bis C), die theoretische Grundlage der Arbeit, die genutzte Forschungsmethode, der Unternehmenskontext (welche Unternehmen wurden untersucht?) und wesentliche Forschungsergebnisse (vgl. Anhang 1). Gegenüber der traditionellen Strategieforschung mit einer Orientierung auf das Topmanagement als Strategen ist hier ein größerer Personenkreis Gegenstand der Untersuchungen. Beispiele für Praktiker sind: Topmanager, mittleres Management, Senior Manager, Manager, Direktoren, Berater, Leiter von Geschäftseinheiten, Eigentümer, Aufsichtsratsmitglieder, Wirtschaftsprüfer, Strategie-Workshop-Teilnehmer sowie diverse Strategieprozessbeteiligte (auch Experten) (vgl. Anhang 1). Die Übersicht über die untersuchten Praktiken verdeutlicht die Breite und den Detaillierungsgrad der Strategy-as-Practice-Forschung. Beispiele für Praktiken sind: Strategieinstrumente (bspw. Szenario-Planung, Geschäftsmodell), Diskurspraktiken, Praktiken zur Sinnstiftung, Praktiken zur Visualisierung, Praktiken zur Entscheidungsfindung, administrative Praktiken (bspw. Strategieprozess, strategische Planung, Komitees, Organisationspraktiken) oder die Untersuchung von episodischen Praktiken (bspw. Workshops, Strategietreffen) (vgl. Anhang 1).

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Der Praxiskontext der Arbeiten ist häufig auf der Aktivitäten-Ebene einzuordnen, aber auch auf der Unternehmens-, Institutionen- oder Organisations-Ebene. Inhaltlich wird schwerpunktmäßig als Praxiskontext die Strategiearbeit (Strategizing) untersucht, aber auch spezifische Praxissituationen wie strategische Veränderungsprozesse, Budgetierung und Entscheidungsfindung innerhalb der Strategiearbeit, die Entwicklung von Strategieinstrumenten, die Entwicklung von neuen Geschäftseinheiten oder auch die Kommunikation innerhalb des Strategieprozesses sind Gegenstand der Artikel (vgl. Anhang 1). Auf die mehrheitlich qualitativen Forschungsmethoden wurde bereits im vorhergehenden Kapitel hingewiesen. Die Übersicht bestätigt den klaren Schwerpunkt qualitativer Forschungsansätze. Die theoretischen Grundlagen lassen sich mehrheitlich den soziologischen bzw. den Praxistheorien zuordnen (vgl. Anhang 1). Der Übersicht folgend werden einzelne für die Forschungsfrage relevante Arbeiten und ihre Ergebnisse detaillierter dargestellt. Leitend für die Auswahl der Artikel ist ihr Fokus auf Praktiken (administrativ, diskursiv, episodisch) im Allgemeinen und mit Bezug zur Geschäftsmodell- bzw. Strategieprozessgestaltung im Speziellen. Administrative Praktiken Strategische Planung als aktuelle Praktik Ocasio und Joseph (2008) zeigen anhand ihrer umfangreichen General Electric Fallstudie, dass die strategische Planung eine nach wie vor aktuelle Managementpraktik ist (Ocasio und Joseph 2008, S. 267). Auf Basis ihrer Langzeitfallanalyse (1940 – 2006) zeigen sie, dass sich der strategische Planungsprozess kontinuierlich weiterentwickelt hat, um eine Passung zu dem jeweiligen Managementstil zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist auch die zweite Beobachtung nicht überraschend. Für eine nachhaltig erfolgreiche Veränderung des strategischen Planungsprozesses ist es von hoher Bedeutung, den CEO einzubinden.9 Eine für diese Arbeit wichtige dritte Beobachtung ist, dass die Topführungskräfte nicht in alle Aktivitäten eingebunden sind, sondern sich auf ausgewählte und besonders kritische Aspekte der Planung (bspw. das Treffen von strategischen Entscheidungen und/oder das Einleiten von strategischen Maßnahmen) konzentrieren (Ocasio und Joseph 2008, S. 248). Hendry et al. (2010) untersuchen auf der Basis einer qualitativen Studie zwei komplementäre Praktiken von Strategizing: Procedural Strategizing (Jarzabkowski 2005, S. 82) und Interactive Strategizing (Jarzabkowski 2005, S. 92). „Procedural Strategising relies on formal administrative activities or events such as strategic plans, planning committees, planning cycles, trend analyses, budgets, forecasts, quarterly reviews and performance targets to influence the development and execution of strategy in organisations“ (Hendry et al. 2010, S. 36). 9

Die Autoren zeigen, dass im Zeitverlauf unterschiedliche Begriffe für den grundsätzlich gleichen Prozess verwendet werden: strategic planning, long range planning, strategic management, development, corporate initiatives, operating system. Je nach Veränderung des Prozesses und den Schwerpunkten hat sich auch der Name verändert (Ocasio und Joseph 2008, S. 267; 269).

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

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Innerhalb des „Procedural Strategizings“ nimmt der Vorstand eine eher passive Haltung ein. Bottom-up hat das Management innerhalb eines definierten Prozesses die Aufgabe, dem Vorstand Vorschläge zu unterbreiten. Dem Vorstand obliegt die Aufgabe, eine Auswahl zu treffen und eine Kontrollfunktion wahrzunehmen (Hendry et al. 2010, S. 39). Demgegenüber involviert „Interactive Strategizing“ den Vorstand aktiv in die Strategiediskussionen. Es findet ein direkter Austausch zwischen dem Topmanagement und anderen Akteuren statt, in dem Standpunkte diskutiert und verhandelt werden (Hendry et al. 2010, S. 37). „A key characteristic of Interactive Strategizing is that it relies on ongoing social exchanges in which individuals or groups communicate, persuade and negotiate; continuously building shared frameworks of meaning about strategy in order to influence each other’s behavior“ (Hendry et al. 2010, S. 37). Die Arbeit von Hendry et al. (2010) konnte empirische Hinweise für beide Praktiken aufzeigen – insbesondere auch für die Kombination beider Praktiken in einem Unternehmen. Die Schwerpunktwahl bei den untersuchten Unternehmen hing dabei von Veränderungen in den Kontextfaktoren ab (Hendry et al. 2010, S. 45). Als dritte Praktik des Strategizing beschreibt Jarzabkowski (2008) das „Integrative Strategizing“. Dabei werden in Form von direkter Interaktion beteiligter Personen parallel sowohl Leistungen (Performance Monitoring) als auch administrative Prozesse und deren Veränderung behandelt (Jarzabkowski 2008, S. 630). Die Eigenschaften dieser Praktik werden umschrieben mit: „ongoing behavior, simulataneously interacting with members about the meaning, power and norms instantiated in administrative procedures, even as these procedures are being modified or maintained“ (Jarzabkowski 2008, S. 631). Wie in den Kapiteln 2.2.1 und 2.2.2 aufgezeigt wurde, ist auch die Geschäftsmodellgestaltung eine Aufgabe des Topmanagements. Da insbesondere das „Interactive Strategizing“ dessen aktive Rolle betont, kann angenommen werden, dass Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung eher innerhalb dieser Praktik angewendet werden. Diskurs-Praktiken Ein Beispiel für eine Diskursanalyse ist die Arbeit von Hodkinson und Wright (2002). Die Autoren beleuchten die Anwendung der Szenario-Planung im Kontext von strategischen Entscheidungen und hinterfragen dabei die Effektivität der Technik, da sie beobachten, dass die Ergebnisse der Szenarioplanung nicht zu den notwendigen Veränderungen der Strategie führen. Vielmehr erzeugt die Konfrontation mit einer als herausfordernd wahrgenommenen Zukunft eine Stresssituation für das Topmanagementteam, welche die Entwicklung von möglicherweise notwendigen neuen Strategien und der Initialisierung von strategischer Veränderung blockiert (Hodgkinson und Wright 2002, S. 949). Jarrat und Stiles (2010) untersuchen, welche Methoden und Instrumente (Praktiken) erfahrene Führungskräfte in der Entwicklung der Wettbewerbsstrategie für ihr Unternehmen einsetzen und von welchen Kontextfaktoren dieser Einsatz abhängt. Als Er-

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

gebnis ihrer Activity-Theory-basierten empirischen Untersuchung beschreiben die Autoren drei unterschiedliche Aktivitätensysteme zur Nutzung von Praktiken: „Routinized Practice, „Reflective Practice“ und „Imposed Practice“ (Jarratt und Stiles 2010, S. 28). Jedes Aktivitätensystem beschreibt die Nutzung von bestimmten Instrumenten und Methoden in Verbindung mit zwei Kontextfaktoren. Diese Kontextfaktoren sind das zugrunde liegende Strategieverständnis der Führungskräfte (bspw. Strategie verstanden als: gelebte Erfahrung, Ressourcen-Rekonfiguration, Hinterfragung des bestehenden Geschäftsmodells) und deren Einschätzung der externen Rahmenbedingungen des Unternehmens (bspw. weiter vorhersehbare und/oder Fortschreibung der bestehenden externen Rahmenbedingungen, komplexe und dynamische externe Rahmenbedingungen oder stabile externe Rahmenbedingungen) (Jarratt und Stiles 2010, S. 37–38). Für die vorliegende Untersuchung ist die „Reflective Practice“ von Interesse, da die Hinterfragung des Geschäftsmodells der Ausgangspunkt des Szenarios ist (Strategie als erlebte Erfahrung zu verstehen, ist der Ausgangspunkt für das zweite Szenario zur Nutzung von „Reflective Practice“) (Jarratt und Stiles 2010, S. 38). Das Geschäftsmodell wurde hinterfragt mithilfe der Szenarioplanung, der Entwicklung einer Vision, der Analyse der Umweltveränderungen und Industrietransformationen und der Analyse von Technologie- und Wirtschaftszyklen (Jarratt und Stiles 2010, S. 36). Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung werden in der gesamten Untersuchung nicht erwähnt (Jarratt und Stiles 2010). Die „Reflective Practice“ konnte beobachtet werden, wenn die Führungskräfte die externen Rahmenbedingungen als komplex und dynamisch (statt bspw. stabil oder vorhersehbar) einschätzten. Ein Merkmal dieses Szenarios ist, dass die Reihenfolge der verwendeten Instrumente und Methoden gegenüber anderen Szenarien abweicht: Der Fokus innerhalb der ersten Schritte der Strategieentwicklung liegt auf der Auseinandersetzung mit der Zukunft und der Entwicklung einer möglichen Positionierung und Vision für das Unternehmen (statt bspw. einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit). Dabei waren die Betrachtung der Marke und das Bestehen einer Vertrauenskultur unter den Führungskräften von Bedeutung – als Grundlage für deren Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell und deren Kreativität. Erst im zweiten Schritt wurden Praktiken zur Bestimmung des aktuellen Status (bspw. SWOT-Analyse) und zur Ermittlung der Lücke zwischen der heutigen Situation des Unternehmens und der angestrebten Zielposition eingesetzt (Jarratt und Stiles 2010, S. 36–37; 39). Die Ergebnisse tragen zur Weiterentwicklung von Instrumenten und Methoden bei. Traditionell werden Praktiken zunächst zur Schaffung einer Wissensgrundlage für die darauffolgende Strategieentwicklung eingesetzt (so in den Szenarien zu „Routinized Practice“); diese Reihenfolge wird innerhalb der „Reflective Practice“ umgekehrt (Jarratt und Stiles 2010, S. 39). Eppler und Platts (2009) untersuchten die Bedeutung der Visualisierung innerhalb des Strategieprozesses. Dabei verstehen sie darunter die „graphic representation of data, information and knowledge“ (Eppler und Platts 2009, S. 43). Aus einer Literaturanalyse leiteten sie zunächst einen Bezugsrahmen ab, der die größten Herausforderungen von

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Strategieprozessen, die relevanten Inhalte zur Visualisierung, die möglichen Vorteile der Visualisierung und mögliche Methoden zur Visualisierung beschreibt. Aus der fallübergreifenden Analyse von fünf Fallstudien wurden fünf Herausforderungen und drei nützliche Praktiken zur Visualisierung abgeleitet (Eppler und Platts 2009, S. 42). Insbesondere diese drei Praktiken werden kurz erläutert, da Visualisierungspraktiken in der Geschäftsmodellgestaltung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein sollen. Praktik 1: „Continuous Seeing“: Etablierung eines andauernden visuellen Strategieprozesses Strategizing soll sich zu einer kontinuierlichen Arbeit im Gegensatz zu einem nur jährlich stattfindenden Ritual entwickeln. Die Visualisierung des Strategizings soll einer klaren visuellen Struktur folgen, die u. a. die Strategie in definierten Formaten darstellt. Anhand dieser Formate können Veränderungen kontinuierlich dokumentiert werden (Eppler und Platts 2009, S. 66). Praktik 2: „Complementary Seeing“: gemeinsame Nutzung unterschiedlicher Formen der Visualisierung, um unterschiedliche Perspektiven einzunehmen Um unterschiedliche Strategieinhalte darzustellen, sollten sich verschiedene Formate (bspw. Diagramme, visuelle Metaphern, Charts) gegenseitig ergänzen. Einzelne Darstellungen sollten nicht genutzt werden, um zu versuchen, darin alle Informationen darzustellen (Eppler und Platts 2009, S. 66). Praktik 3: „Connected seeing“: durch Visualisierung Bezug zwischen Strategiephasen herstellen Eine Herausforderung von Strategizing ist es, eine inhaltliche Verbindung zwischen den Ergebnissen der Phasen im Strategieprozess herzustellen. Visualisierungen bieten die Möglichkeit, auf einer Seite bspw. einen Zusammenhang zwischen Ergebnissen der strategischen Analyse und strategischen Optionen, der Strategie und konkreten Maßnahmen herzustellen. Die grafischen Darstellungen können somit als Mediatoren zwischen den Ergebnissen der Phasen dienen (Eppler und Platts 2009, S. 66). Moisander und Stenfors (2009) zeigen auf, dass Strategieinstrumente eher angewendet werden, wenn sie in der Lage sind, die Ideen und das Wissen der Akteure abzubilden und deren Denken nicht übermäßig einschränken (Moisander und Stenfors 2009, S. 242). Durch diese Eigenschaften sollen sie das Vertrauen der Akteure gewinnen, den Dialog und die kollektive Entstehung von Wissen fördern (Moisander und Stenfors 2009, S. 227). Die gebräuchlichsten Instrumente fokussieren auf die Problemlösung von einzelnen spezifischen Fragestellungen des Managements. Als Beispiele werden die Balanced Scorecard (Integration unterschiedlicher Perspektiven), die SzenarioPlanung (Balance zwischen Planung und Intuition) oder Six Sigma (Schaffung von Prozesstransparenz) genannt. Die Autoren argumentieren, dass zukünftige praktische Strategieinstrumente die komplexe Realität von Strategie adressieren müssen, um dadurch den organisationalen Lernprozess unterstützen zu können. Zudem kann nicht ein Instrument alle spezifischen Anforderungen erfüllen; vielmehr geht es darum, einen

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Baukasten an Instrumenten zu nutzen, um für spezifische Fragestellungen in den einzelnen Phasen des Strategieprozesses Lösungen zu erarbeiten (Moisander und Stenfors 2009, S. 242–243). In der Fallstudie von Hacklin und Wallnöfer (2012) zur Bildung einer neuen Geschäftseinheit wird das Geschäftsmodell als „Strategizing Device“ erforscht. Die Autoren zeigen auf, dass der Ansatz als „Strategizing Device“ einen wertvollen, strukturierenden Rahmen für die Beschreibung des aktuellen Geschäftsmodells bietet. Für dessen Weiterentwicklung über das Herausarbeiten von strategischen Optionen fungiert er als symbolisches Artefakt. Er stimuliert den Kreativprozess, bietet jedoch keine Analytik mit einer klaren Abfolge von Arbeitsschritten (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 166). Aufgrund der inhaltlichen Nähe zu der vorliegenden Arbeit wird eine Auswahl der Detailergebnisse entlang der beobachteten Schritte zur Nutzung des Geschäftsmodells als Instrument im strategischen Entscheidungsprozess zusammengefasst (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 177–182).

Abstraction skepticism

Experimenting with language

Not believing in the concept, seeing it as too broad and general, „interesting taxonomy, but not working for us“

Attempting to map own view of the business model into the concept, carefully adopting and getting used to the terminology

Consensus and personal identification

Building collective understanding of the current state of the business model, building ownership and identification with the concept

Defending the current state

Forming intrinsic resistance towards deliberately altering single parts of the business model

Deliberate team creativity

Objective feasibility

Creative and out-of-the-box scenario building beyond current business model, not necessarily through specific alteration

Analysis along rather traditional performance metrics, comparison in context of current capabilities and assets

Abbildung 2.2: Observed Stages of Business Model-centric interactive Strategizing with the Decision-making Committee Quelle: Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 178.

Die Autoren beschreiben sechs Phasen in der Nutzung des Geschäftsmodells als „Interactive Strategizing“-Instrument innerhalb eines Entscheidungskomitees (vgl. Abb. 2.2). Trotz einer expliziten Bereitschaft zur Anwendung des Instruments zeigte sich zu Beginn des Prozesses (Phase 1) eine Skepsis gegenüber der Nutzbarkeit. Insbesondere aufgrund des hohen Abstraktionsgrads der Geschäftsmodellperspektive wurden die ersten Workshop-Ergebnisse als zu allgemein empfunden (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 178–179). Im Lauf der weiteren Anwendung (Phase 2) zeigte sich, dass sich der Kritikpunkt der Teilnehmer umkehrte und sie gerade im Abstraktionsgrad die Vorteile des Konzepts sahen. Auch die spezifischen Terminologien (bspw. „Customer Value Proposition“) erschienen nach einer Gewöhnungsphase als hilfreich, um

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

61

eine gemeinsame Strukturierungsgrundlage zur Beschreibung des Geschäftsmodells zu finden. Ohne diese gemeinsame Struktur und Sprache beschrieb jedes Mitglied das Modell auf seine eigene Weise, wodurch eine gemeinsam getragene Darstellung erschwert wurde (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179). Die erfolgreiche Einigung auf eine Darstellung nach intensiven Diskussionen (Phase 3) zeigte zwei Effekte: Zum einen stieg die persönliche Identifikation mit dem Ergebnis, da sich alle Beteiligten mit der Geschäftsmodellbeschreibung identifizieren konnten, zum anderen zeigte sich ein hoher Grad an Zufriedenheit (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179). „[…] the formalization and synthesis of the business model into a ‘one-page’ document seemingly had forced them to objectively, yet analytically, reflect what they and their teams were actually doing“ (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179). Dieser positive Aspekt führte in der nächsten Phase (Phase 4) zu einer Art „Blockade“ hinsichtlich der eigentlichen Zielsetzung, „der Entwicklung neuer Optionen und Szenarien für das Geschäftsmodell“. Die Autoren beschreiben dies als „identity lock-in“-Effekt. Die eigene Begeisterung für die bestehende Logik führte zu einer defensiven Haltung und Bereitschaft für Veränderung (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179–180, S. 182). Durch die Erinnerung an die ursprüngliche Zielsetzung folgte eine bewusste Kreativitätsphase (Phase 5), die sich durch betont offene und unstrukturierte Diskussionen auszeichnete. Dennoch blieb das Geschäftsmodell als Bezugsrahmen das Strukturierungsraster für die Diskussionsinhalte. Die Autoren umschreiben die Rolle des Geschäftsmodells in dieser Phase als „symbolisch“ (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 180). In der letzten Phase wurden die erarbeiteten Geschäftsmodellszenarien anhand objektiver Kriterien diskutiert und bewertet. Das Vorgehen in der letzten Phase war damit weniger innovativ und ähnelte klassischen Machbarkeitsstudien (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 180). Wright et al. (2013) untersuchten die Anwendung von zwölf Strategieinstrumenten durch Manager. Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, warum Manager Instrumente als nützlich oder nicht nützlich erachten (Wright et al. 2013, S. 92). Dabei zeigt sich, dass Manager eine Präferenz haben für „multiple-tools-in use, tools that provide different perspectives, peripheral vision, connected thinking, simultaneously help differentiate and integrate complex issues, and guide the thinking process“ (Wright et al. 2013, S. 92) haben. Eine Übersicht der Gründe für die Bewertung der Nützlichkeit von Instrumenten gibt Abb. 2.3. Die Autoren fassen die Kriterien, die zu einer positiven Einschätzung der Nützlichkeit von Strategieinstrumenten durch Manager führen, in zwei Oberkriterien zusammen: die Schaffung multipler Perspektiven (provide multiple perspectives) und die Strukturierung der Gedanken (guide thinking process) durch Strategieinstrumente (vgl. Abb. 2.3) (Wright et al. 2013, S. 114–115). Die Arbeit enthält keine Definitionen und weiterführenden Erläuterungen der Einzelkriterien.

62

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

useful

Strategic tools cognitively perceived as not useful

Help us provide multiple perspectives

Do not provide peripheral vision

Help us analyze from different angles and the interconnectivity between entities

Do not help evaluate the competitiveness of company

Help users identify critical success factors

Cover less of different areas/difficult to see around me

Help users divide all areas to give clear picture

Are difficult and do not help us come to a conclusion

Help users come up with new ideas

Don‘t have clear picture on different areas

Help users think in different perspectives

Help guide our thinking process

Do not help guide thinking process

Help us understand our competitive advantage against competitors

Are difficult and do not help us come to a conclusion

Help users reach conclusions and can easily communicate with others

Do not provide sufficient guidance on decisions

Help users identify critical success factors

Do not stimulate me because no direction for me to think new and practical

Help users come up with new ideas

Do not offer guidance on good thinking

Abbildung 2.3: Bewertungskriterien für die Nützlichkeit von Strategieinstrumenten Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wright et al. 2013, S. 113.

Episodische Praktiken Whittington et al. (2006) untersuchten drei Praktiken im Kontext von Strategizing/ Organizing: Strategie-Workshops, Projektmanagement von strategischen und organisationalen Initiativen und die Entwicklung von symbolischen Artefakten, um strategische Veränderungen zu kommunizieren. Auf der Grundlage ihrer empirischen, fallstudienbasierten Forschung identifizieren sie diese Praktiken insbesondere im Kontext zunehmender Veränderungsgeschwindigkeit als geeignet, um eine koordinierende, kommunikative und kontrollierende Funktion einzunehmen. Die Beherrschung der Praktiken halten die Autoren für entscheidend (Whittington et al. 2006, S. 615) und betonen die weite Verbreitung von Strategie-Workshops (Whittington et al. 2006, S. 619).

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

63

Hodgkinson et al. (2006) untersuchten die Rolle von Workshops innerhalb von Strategieentwicklungsprozessen und zeigen deren Bedeutung für die Entstehung von Strategien auf. Die Workshops involvieren neben dem Topmanagement einen elitären Personenkreis und sind eher durch diskursorientierte als durch analytische Ansätze geprägt (Hodgkinson et al. 2006, S. 479). Typischerweise bereiten sich die einbezogenen Personen nur kurz (72 % weniger als einen Tag) auf den Workshop vor; die Vermutung ist, dass die Teilnehmer vornehmlich ihr bestehendes Wissen als Grundlage nutzen. Diese Aussage stützen die Autoren auch mit der Feststellung, dass primär Instrumente eingesetzt werden, die einen konzeptionellen Rahmen zur Strukturierung der Diskussion bieten (bspw. SWOT-Analyse). Analytisch aufwendigere Instrumente (bspw. Porter’s FiveForces) werden seltener eingesetzt (Hodgkinson et al. 2006, S. 484). Die Arbeit zeigt die Wichtigkeit von Strategie-Workshops als Praktik auf: In ihnen wird an der Strategieformulierung gearbeitet (Strategy Design) (Hodgkinson et al. 2006, S. 489), wodurch die Ergebnisse zur Strategieentwicklung beitragen (Hodgkinson et al. 2006, S. 488). Somit scheinen Strategie-Workshops innerhalb formal geprägter strategischer Planungsprozesse einen Raum für geplante Emergenz von Strategien zu bieten (Grant 2003, S. 491; Hodgkinson et al. 2006, S. 488). „This does not necessarily contradict the concept of emergent strategy. It could be that strategy workshops are the very forums in which such emergent strategy is thought through, translating, perhaps even legitimising and formalising, that which has its origins lower down the organisation“ (Hodgkinson et al. 2006, S. 488). Die Ergebnisse solcher Workshops enthalten eher Aussagen zu grundsätzlichen strategischen Absichten als detaillierte Pläne, was auch auf den Teilnehmerkreis und den zeitlichen Umfang zurückzuführen ist. Die Interpretation und Überführung der Ergebnisse in Maßnahmen obliegt nicht selten einem Personenkreis, der nicht am Workshop beteiligt war (Hodgkinson et al. 2006, S. 489). „[…] Workshops [...] may shape intended strategy more than realised strategy” (Hodgkinson et al. 2006, S. 489). Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung werden nicht in der Arbeit erwähnt. Hendry und Seidl (2003) beschreiben die „episodic nature“ des Strategizing. Vor dem Hintergrund eines Verständnisses von Strategizing als ein soziales Phänomen müssen die beteiligten Personen aus ihren kognitiven Perspektiven ausbrechen, um eine strategische Diskussion zu führen. Mit der Veränderung des Kontextes der Kommunikation (bspw. wird ein operativer zu einem strategischen Kontext und umgekehrt) hat eine sogenannte Episode einen zeitlichen Start- und Endpunkt. Strategie-Workshops sind ein Beispiel für derartige Episoden (Hendry und Seidl 2003, S. 184). Tiefergehend stellt sich die Frage, welche Umstände oder Auslöser innerhalb einer Episode dazu führen, dass ein Wechsel in eine Kommunikation der kritischen Auseinandersetzung, der Diskussion, der kreativen Weiterentwicklung und/oder der Kenntnisnahme entsteht (Hendry und Seidl 2003, S. 193).

64

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

An dieser Stelle setzt eine Arbeit von Jarzabkowski und Seidl (2008) an. Sie identifizieren elf strukturierende Eigenschaften von Meetings, die entweder zur Stabilisierung bestehender strategischer Ausrichtungen oder zur Entwicklung von Veränderungen von Strategie führen. Sie zeigen drei Wege auf, die in der Kombination bestimmter strukturierender Eigenschaften zur Entwicklung von Variationen (bspw. neue strategische Optionen) führen können (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1391) (vgl. Abb. 2.4). Da es in der Geschäftsmodellgestaltung auch um die Entwicklung neuer Optionen geht, werden diese Wege kurz skizziert. Potential for variation to emerge 1a. Free discussion: Variation likely to emerge 1b. Restricted free discussion: Variation unlikely but can emerge 1c. Restricted discussion: No variation emerges

Potential for variation to be maintained or developed

2a. Working Group: Variation developed

2b. Rescheduling: Variation maintained

3a. Free discussion: Variation developed often in iteration with Working Group 3b. Restricted free discussion: Variation may be maintained through rescheduling but development is constrained and it is usually de-selected

1d. Administrative discussion: No variation emerges

Stabilizing or destabilizing implications

Potential for variation to be selected or de-selected

A

B

4a. Stage-managing re-coupling: Variation selected

4b. Voting: Variation de-selected

C Stabilizing existing strategy

Destabilizing influence suppressed. Stabilizing existing strategy

Destabilizing existing strategy

Path A. Double-line arrows path: Variation selected at organizational interface (1a; 2a or 2b iterating with 3a;4a) Path B. Dotted arrows path: Variation de-selected at organizational interface (1a or 1b; 2b iterating with 3b; 4b) Path C. Double-dashed arrow path from 3b: Variation de-selected prior to organizational interface (same as B until 3b)

Abbildung 2.4: Evolutionary Path of Variations through Taxonomy of Meeting Structures Quelle: Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1414.

Weg A: Im Rahmen freier Diskussionen können neue strategische Optionen entstehen (1a). Durch die Weiterverfolgung der Optionen innerhalb von Arbeitsgruppen (2a) oder die Vereinbarung eines neuen Termins (2b) wird die Weiterentwicklung im Rahmen weiterer freier Diskussionen ermöglicht (3a). Durch die professionelle Präsentation der Option und die Rückkopplung mit der Organisation besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Option positiv bestätigt wird (4a) (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1413). Weg B: Auch hier entstehen Optionen zunächst im Rahmen von freien Diskussionen (1a) und werden innerhalb von Arbeitssitzungen und/oder weiteren Treffen weiterverfolgt (2b). Im Unterschied zu Weg A werden die Diskussionen (in 2b) jedoch eingeschränkt geführt (3b), bevor sie der Gesamtorganisation vorgestellt werden, darüber

2.2 STRATEGY-AS-PRACTICE

65

abgestimmt wird und schlussendlich eine Entscheidung gegen die Option das wahrscheinliche Ergebnis ist (4b) (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1415). Weg C: Im dritten Weg können Optionen entweder aus freier (1a) oder eingeschränkt freier Diskussion (1b) entstehen. Sie werden auch weiterverfolgt in Arbeitssitzungen und weiteren Terminen (2a oder 2b). Jedoch werden sie bereits im Rahmen der eingeschränkten Diskussionen verworfen (3b), sodass sie gar nicht erst der Organisation vorgestellt werden (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1415). Zusammenfassend zeigt sich, dass insbesondere die Diskurspraktik innerhalb von Meetings einen Einfluss auf die Entstehung von Varianten für die Strategie hat. Je freier Diskussionen in Meetings geführt werden, desto eher scheint dies zu einer Destabilisierung der bestehenden Strategie, zu einem Ausbrechen aus bestehenden Denkstrukturen und zu der Entwicklung neuer Strategien zu führen. Je stärker Meetings strukturiert werden – durch Planung und Vorbereitung von Agendapunkten und durch aktive Steuerung von Redeanteilen –, desto eher wird die bestehende Strategie stabilisiert (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1404–1407). Auch die Nachverfolgung von entstandenen Ideen in Form von Arbeitsgruppen und/oder der Verschiebung einer Entscheidung auf ein weiteres Meeting unterstützen die Destabilisierung von Strategien (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1409–1411). Um die Entscheidung zu einer Option herbeizuführen, werden zwei Mechanismen vorgestellt: „Voting“ und „Stage-Management“. Die erste Option ist selbsterklärend, führte in der Regel jedoch zur Ablehnung der Option, da in den Fallbeispielen kein Konsens/keine Mehrheit erreicht werden konnte (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1411–1412). „Stage-Management“ beschreibt die sorgfältige Aufbereitung einer Option für eine Entscheidungspräsentation mit einer Betonung ihrer demokratischen Entstehung und der Einbindung der Teilnehmer in die Entscheidungsfindung. Dieses Muster unterstützte in den untersuchten Fällen die Durchsetzung von neuen Varianten (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1412–1413). Johnson et al. (2010) untersuchten Eigenschaften von Workshops und deren Einfluss auf die Zielerreichung in den Workshops. Sie analysierten als Einflussfaktoren auf die Zielerreichung verschiedene Variationen in den Dimensionen „Ritualization“, „Use of Liturgy“ und „Role of Specialists“ (Johnson et al. 2010, S. 1589). Dabei beschreibt Liturgie „the prescribed form of a ritual that leads participants to think and act in ways that are distinct from the everyday“ (Johnson et al. 2010, S. 1591). Eine Liturgie kann bspw. ein Strategieinstrument, der Aufbau einer Agenda oder eine Abfolge von festgelegten Aktivitäten innerhalb des Workshops sein (Johnson et al. 2010, S. 1598–1601). Ein Ergebnis ihrer Fallstudienarbeit ist die Formulierung der Proposition: „For change workshops, success is dependent on clarity of purpose to participants and a liturgy perceived as legitimate; thus creating anti-structure and communitas within the group that, in turn, lead to questioning and challenging“ (Johnson et al. 2010, S. 1609). Damit ist zu vermuten, dass eine klare Zielsetzung, die Festlegung eines Ablaufs und die Verwendung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung einen positiven Einfluss auf die Zielerreichung eines Geschäftsmodellgestaltungs-Workshops haben können. Diese Ableitung widerspricht teils der Arbeit von Jarzabkowski und Seidl (2008), da die Nut-

66

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

zung einer Liturgie zu einer „restricted-free discussion“ führt. Die Diskussion wird durch die Orientierung an der Liturgie automatisch nicht vollständig selbstorganisiert sein. Diese Form des Diskurses führt laut Jarzabkowski und Seidl (2008) jedoch eher zur Stabilisierung der bestehenden Strategie und eben nicht zu Veränderungen bzw. zur Entwicklung neuer Ideen. Da es für die Geschäftsmodellgestaltung wesentlich erscheint, unterschiedliche Aspekte oder Dimensionen des Geschäftsmodells zu betrachten (als Beispiel seien hier vereinfacht die beiden Dimensionen „Value Creation“ und „Value Capture“ genannt), ist nicht zu erwarten, dass eine vollkommen frei geführte (nicht strukturierte) Diskussion zur Abdeckung verschiedener Dimensionen führt. In einer Befragung unter 639 Führungskräften untersuchen van Aaken et al. (2013, S. 589) die Ausgestaltung und den Erfolg von Workshops. Die Autoren empfehlen, Workshops mit einer eher kleinen Personengruppe durchzuführen. Strategieentwicklungs-Workshops sollten in eine Workshop-Serie integriert werden. Die Einbindung von Beratern wirkt sich negativ auf den Erfolg von Strategieentwicklungs- und positiv auf Strategieimplementierungs-Workshops aus. Auf der Grundlage der Untersuchung haben der Durchführungsort, die Dauer, die Anzahl der beteiligten Führungs-Ebenen und die Verwendung von Analysewerkzeugen keinen Einfluss auf den Erfolg von Workshops (van Aaken et al. 2013, S. 590).

2.3 Praktiken in der Geschäftsmodellforschung 2.3.1 Definition und Grundlagen zu Geschäftsmodellen Für eine eindeutige Verwendung von Begrifflichkeiten im Bereich der Geschäftsmodelle sind für die vorliegende Arbeit insbesondere sieben Begriffsabgrenzungen wichtig: Definitionen von Geschäftsmodellen, Komponenten von Geschäftsmodellen, Verfahrenshinweise und Regeln zur Beschreibung von Geschäftsmodellen, Geschäftsmodellinstrumente, Geschäftsmodellgestaltung, eine Geschäftsmodelldefinition für die vorliegende Arbeit (eigene Definition) und eine Abgrenzung der Begriffe „Geschäftsmodell“ und „Strategie“ (vgl. Abb. 2.5).

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

67

Definitionen von Geschäftsmodellen Komponenten von Geschäftsmodellen

Geschäftsmodellinstrumente

Anwendung: Geschäftsmodellgestaltung

Verfahrenshinweise, Regeln zur Beschreibung von Geschäftsmodellen Eigene Definition von Geschäftsmodellen Abgrenzung der Begriffe Geschäftsmodell und Strategie Abbildung 2.5: Definitorische Grundlagen zu Geschäftsmodellen Quelle: Eigene Darstellung.

Definitionen von Geschäftsmodellen Eine Analyse der einschlägigen Veröffentlichungen macht deutlich, dass es keine allgemein akzeptierte Definition für Geschäftsmodelle gibt (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 197; Zott et al. 2011, S. 1020). Je nach Zielsetzung und Forschungsgebiet der Arbeiten werden unterschiedliche Definitionen verwendet (Zott et al. 2011, S. 1020). In ihrer Meta-Analyse der Literatur zeigen Zott et al. (2011, S. 1023) drei wesentliche Anwendungsgebiete von Geschäftsmodellarbeiten auf: „(1) e-businesses and the use of information technology in organizations; (2) strategic issues, such as value creation, competitive adantage, and firm performance; and (3) innovation and technology management.“ Übergreifend stellt sich eine große Bandbreite an Geschäftsmodelldefinitionen dar. Dabei wird das Geschäftsmodell in den Arbeiten als „statement“, „description“, „representation“, „architecture“, „conceptual tool or model“, „structural template“, „method“, „framework“, „pattern“ oder auch „set“ verstanden (Zott et al. 2011, S. 1022). Im Gegensatz zu den unterschiedlichen Definitionen besteht weitgehend Einigkeit zu vier Eigenschaften von Geschäftsmodellen. Geschäftsmodelle  stellen eine neue Analyseeinheit dar,  bieten eine systemische Perspektive,  umfassen firmenübergreifende Aktivitäten und

68

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

 beschreiben sowohl die „Value Creation“- als auch die „Value Capture“-Logik eines

Unternehmens (Zott et al. 2011, S. 1038; siehe auch Amit und Zott 2001, S. 511; Bieger et al. 2002, S. 3; Stähler 2002, S. 12; Zott et al. 2011, S. 1036). Im Vergleich einzelner Geschäftsmodelldefinitionen zeigt sich, dass es eher breite und eher konkrete Definitionen gibt (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 197). Breitere Definitionen beschreiben, was Geschäftsmodelle sind (bspw. „[…] storys that explain how enterprises work“ (Magretta 2002, S. 87) oder „[…] a reflection of the firm’s realized strategy“ (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 195)), während konkrete Definitionen auch auf deren Komponenten eingehen. Beispiele für diese konkreten Definitionen sind: „a business model depicts the content, structure, and governance of transactions designed so as to create value through the exploitation of business opportunities“ (Amit und Zott 2001, S. 511); oder: Geschäftsmodelle „consist of four interlocking elements [value proposition, profit formula, key resources, key processes; Anmerkung d. Verf.] that, taken together, create and deliver value” (Johnson et al. 2008, S. 52). Weitere Beispiele für Komponenten von Geschäftsmodellen sind „strategic elements – resources, capabilities, products, customers, technologies, markets and so forth“ (Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166). Komponenten von Geschäftsmodellen Komponenten beschreiben generische Bestandteile von Geschäftsmodellen (Afuah und Tucci 2001, S. 4; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166; Sabir et al. 2012, S. 163–164; Shafer et al. 2005, S. 200; Stähler 2002, S. 42). Baden-Fuller und Morgen (2010, S. 166) nutzen das Bild eines Rezepts, in dem die Komponenten die Zutaten sind. An dieser Stelle sei auf den Unterschied zwischen generischen Komponenten und der unternehmensspezifischen Ausprägung von Komponenten hingewiesen:10 Eine generische Komponente ist bspw. die „Value Proposition“, während die unternehmensspezifische Ausprägung bspw. vereinfacht das Produkt, also bspw. ein „FastFood Burger“, wäre (Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 167). Die beschriebenen Komponenten in Geschäftsmodellansätzen integrieren Aspekte aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen des strategischen Managements, bspw. aus der Resourcebased View, der Wertkettenanalyse, der Industrieökonomie, der Transaktionskostentheorie oder auch der Netzwerktheorie (siehe bspw. Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 172). Im Rahmen der Ausführungen zu Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im nächsten Kapitel 2.3.2 werden anhand ausgewählter Ansätze weitere Komponenten von Geschäftsmodellen vorgestellt. Eine abschließende Übersicht der Komponenten erscheint schwierig, da die existierende Literatur umfangreiche Listen für Geschäftsmodellkomponenten bietet (siehe für Meta-Analysen zu Geschäftsmodellkomponenten bspw. Morris et al. 2005; Sabir et al. 2012; Shafer et al. 2005; Zott et al. 2011). 10

In der Arbeit werden die unternehmensspezifischen Ausprägungen der Komponenten auch als Elemente des Geschäftsmodells bezeichnet.

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

69

Verfahrenshinweise und Regeln zur Beschreibung von Geschäftsmodellen Die Vorstellung von Instrumenten und Vorgehensweisen (Ansätzen) zur Geschäftsmodellgestaltung in Kapitel 2.3.2 zeigt, dass diese Ansätze über die Nennung von Komponenten von Geschäftsmodellen hinausgehen. Sie beinhalten auch Verfahrenshinweise und Regeln für die Geschäftsmodellgestaltung. Dabei beziehen sich Verfahrenshinweise bspw. auf eine Reihenfolge von Arbeitsschritten zur Beschreibung des Geschäftsmodells, während sich Regeln bspw. auf die Kategorisierung von Komponenten, deren Eigenschaften und deren Zusammenhänge beziehen. Geschäftsmodellinstrumente Die beiden Begriffe Geschäftsmodellinstrumente und Instrumente für Geschäftsmodelle werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. Für eine erste Annäherung an eine eigene Definition für Geschäftsmodellinstrumente werden zunächst die wenigen existierenden Definitionen für Strategieinstrumente herangezogen. So unterstellen viele Forscher offensichtlich ein allgemeingültiges Verständnis von Strategieinstrumenten, ohne diese selbst zu definieren oder sich auf eine Definition zu beziehen (bspw. Rigby 2001a; Rigby und Bilodeau 2011; Jarratt und Stiles 2010; Wright et al. 2013). Eine der wenigen Definitionen für Strategieinstrumente liefert Clark (1997, S. 417): „Numerous techniques, tools, methods, models, frameworks, approaches and methodologies which are available to support decision making within strategic management.“ Diese Definition verwenden bspw. auch Frost (2003, S. 49), Gunn und Williams (2007, S. 201), Hansen (2012, S. 772) und Spee (2009, S. 224). Trotz der häufigen Verwendung dieser Definition muss ihr tautologischer Charakter („Strategieinstrumente sind Instrumente“) doch kritisiert werden. Eine sehr ähnliche Definition für Strategieinstrumente liefert Rigby (2001b, S. 4): „[…] variety of concepts, processes, exercises, and analytic frameworks.“ Im Verständnis von Strategy-as-Practice sind aus der Theorie oder Praxis entwickelte Strategieinstrumente Bestandteile von Praktiken; sie dienen der Koordination von Aktivitäten in der Strategiearbeit (Jarzabkowski 2011, S. 133). Praktiken beschreiben Routinen bzw. Standardvorgehensweisen bei der Lösung von vergleichbaren Problemen (Reckwitz 2002, S. 249) und sind damit die Grundlage für Strategiearbeit, da sich Menschen ihrer zur Durchführung von Aktivitäten bedienen (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 282). Innerhalb der Activity-Theory verkörpern Instrumente das akkumulierte Erfahrungswissen von Menschen bei der Lösung von vergleichbaren Problemen (Kaptelinin et al. 1999, S. 31–32). Menschen bedienen sich der Instrumente zur Unterstützung der Interaktion zwischen Individuen (Vygotsky 1978, S. 24–26; Wertsch 1985, S. 79). Für die vorliegende Arbeit soll eine abgewandelte Form der Definition von Clark (1997, S. 417) für Geschäftsmodellinstrumente gelten, die gleichzeitig die aufgeführten Aspekte aus Strategy-as-Practice und der Activity-Theory zu Praktiken vereint:

70

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Geschäftsmodellinstrumente werden zur Vermittlung und Koordination von Aktivitäten zwischen Individuen in der Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell eingesetzt. Sie können aus der Theorie oder aus der Praxis entwickelt worden sein. Sie beinhalten akkumuliertes Erfahrungswissen für die Lösung vergleichbarer Problemstellungen in der Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell (bspw. über die zugrunde liegende Geschäftsmodelldefinition, die Beschreibung von Geschäftsmodellkomponenten, Verfahrenshinweise und Regeln zur Beschreibung von Geschäftsmodellen) und bieten damit Menschen Hilfestellungen. Geschäftsmodellgestaltung Werden Geschäftsmodellinstrumente auf ein Unternehmen angewendet, handelt es sich um Geschäftsmodellgestaltung. Dabei wird die Geschäftsmodellgestaltung definiert als die Konfiguration der Geschäftsmodellkomponenten.11 Die Konfiguration beinhaltet die Entscheidungen über Komponenten und deren Verbindung untereinander (Afuah und Tucci 2001, S. 4; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166; Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 533; Demil und Lecocq 2010, S. 227; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 172; Morris et al. 2005, S. 733). Auch die Beschreibung oder Bestätigung des bestehenden Geschäftsmodells wird als Grundlage für die Geschäftsmodellgestaltung betrachtet, da sie „helps to describe how an organization functions and generates revenues – more precisely, it assists managers to conceptualise the different activities their company employs to generate value and its mechanisms for value creation“ (Demil und Lecocq 2010, S. 228). Die Gestaltung beinhaltet die Veränderung von Geschäftsmodellkomponenten (Demil und Lecocq 2010, S. 228). Die Veränderung wiederum beinhaltet die Anpassung von Komponenten des Geschäftsmodells auf Marktveränderungen (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 196). Dabei können sowohl einzelne als auch mehrere Komponenten angepasst werden (Wirtz et al. 2010, S. 273). Neben der Anpassung des Geschäftsmodells an Marktveränderungen kann ein weiteres Ergebnis der Geschäftsmodellgestaltung die Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation sein. „Business-model innovation occurs when a firm adopts a novel approach to commercializing its underlying assets“ (Gambardella und McGahan 2010, S. 263) und „[…] business model innovation refers to the search for new logics of the firm and new ways to create and capture value for its stakeholders; it focuses primarily on finding new ways to generate revenues and define value propositions for customers, suppliers, and partners“ (Casadesus-Masanell und Zhu 2013, S. 464). Effekte von Geschäftsmodellinnovationen sind daher auch häufig in allen Bereichen des Unternehmens erkennbar (Casadesus-Masanell und Zhu 2013, S. 464). Als Festlegung für die vorliegende Arbeit sind alle Ergebnisse einer bewussten Auseiandersetzung mit dem Geschäftsmodell Gegenstand der Geschäftsmodellgestaltung. Dabei können Ergebnisse der Geschäftsmodellgestaltung sein:

11

Komponenten werden in der Literatur auch „Building-Blocks“ genannt (siehe bspw. Osterwalder und Pigneur 2010).

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

71

 eine Beschreibung bzw. Bestätigung des aktuellen Geschäftsmodells;  eine Veränderung bzw. Anpassung des Geschäftsmodells auf Marktveränderungen;  eine Geschäftsmodellinnovation.

Entwicklung einer eigenen Definition von Geschäftsmodellen Für die Wahl einer eigenen Definition für Geschäftsmodelle sollen die folgenden Überlegungen berücksichtigt werden. Fokus der Arbeit ist die Untersuchung von Praktiken in der Geschäftsmodellgestaltung.12 Dabei spielt insbesondere die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten eine Rolle, da diese zur Strukturierung von Strategiediskussionen eingesetzt werden können. Je detaillierter und konkreter eine Definition für Geschäftsmodelle ist, desto eher bietet sie bereits einen Rahmen für die Geschäftsmodellgestaltung im Sinne eines strukturierenden Rasters (Hilfestellung zur Problemlösung). Im Einklang mit der gewählten Definition für Geschäftsmodellinstrumente qualifizieren sich konkrete Definitionen für Geschäftsmodelle (siehe Einleitung in dieses Kapitel zur Unterscheidung breiter und konkreter Geschäftsmodelldefinitionen) damit bereits als Geschäftsmodellinstrumente. Zott und Amit (2010), Osterwalder und Pigneur (2004; 2005) oder Hacklin und Wallnöfer (2012) leisten über eine Geschäftsmodelldefinition auch eine weitergehende Ausdifferenzierung der Komponenten (vgl. Kapitel 2.3.2). Somit lässt sich ein fließender Übergang zwischen konkreten Definitionen und Instrumenten für Geschäftsmodelle konstatieren. Als weiterer Aspekt für die Wahl einer eigenen Geschäftsmodelldefinition ist der Einbezug weiterer Strategieinstrumente in die vorliegende Untersuchung zu berücksichtigen. Bislang existieren keine empirischen Erkenntnisse, für welche Komponenten eines Geschäftsmodells bspw. eine SWOT-Analyse und deren Ergebnisse als Informationsgrundlage dienen können. Auch wurde im Einleitungskapitel (vgl. Kap. 1.1 und Kap. 2) bereits aufgezeigt, dass es bislang keine abschließende Übersicht der Komponenten eines Geschäftsmodells gibt. Die zu formulierende Geschäftsmodelldefinition soll daher „ex ante“ (d. h. vor der empirischen Untersuchung) keine Komponente ausschließen und sollte so breit angelegt sein, dass sie den Komponenten von Geschäftsmodellen aus unterschiedlichen Instrumenten nicht widerspricht. Zur Festlegung einer Definition werden die Inhalte von ausgewählten Geschäftsmodelldefinitionen kurz verglichen13 (vgl. Tab. 2.1; für weitere Definitionen siehe auch Afuah 2004; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 158; Stähler 2002, S. 40–41; insbesondere für eine differenzierte Betrachtung des „Modell“-Begriffs siehe bspw. BadenFuller und Morgan 2010). Für den Vergleich wird zwischen drei Kategorien von Inhalten unterschieden: Inhalte, die (1) Ergebnisse von Geschäftsmodellen, (2) Meta-Eigen12

13

„Strategy practices are […] the social, symbolic, and material tools through which strategy work is done“ (Jarzabkowski und Whittington 2008a, S. 282); siehe auch Kapitel 2.2.2. Für den Vergleich wurden ausschließlich in den Arbeiten explizit formulierte Definitionen genutzt (vgl. Tab. 2.1).

72

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

schaften von Geschäftsmodellen und (3) Komponenten (im Sinne von generischen Dimensionen) von Geschäftsmodellen beschreiben. Beispiele für Ergebnisse von Geschäftsmodellen sind „Schaffung von Wert (für Kunden/Stakeholder)/Vorteile für unterschiedliche Businessakteure“, „Wertschöpfung (für das Unternehmen)“, „Ausnutzen von Geschäftsmöglichkeiten“ und/oder „Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile“. Beispiele für Meta-Eigenschaften sind Aussagen über Geschäftsmodelle als „Architektur“, „Beschreibung“, „gegenseitig abhängige unternehmensübergreifende Aktivitäten“, „business‘s characteristics“, „defines a kind or type of behavior“, „Logik einer Unternehmung/wie ein Unternehmen funktioniert“, „wechselseitig zusammenhängende Entscheidungsvariablen innerhalb einer ‚Venture Strategy‘“, „Abbildung der realisierten Unternehmensstrategie“, „heuristische Logik“ oder „Logik, Daten und andere Anhaltspunkte für die Entstehung eines Kundennutzen“. Die Komponenten eines Geschäftsmodells können „Value Proposition/Kundennutzen“, „Produkte/Services“, „Informationsflüsse“, „Businessakteure und ihre Rollen“, „Struktur der und Quellen für Umsätze“, „Inhalt, Struktur und Governance von Transaktionen“, „Kunden“, „Märkte“, „interne (Schlüssel-) Prozesse“, „Kompetenzen“, „Schlüssel-Ressourcen“, „externe Positionierung“, das „ökonomische Modell/Ertragsformel“ oder Kostenstrukturen“ umfassen. Die aufgezählten Komponenten können nur als Beispiele angesehen werden, da die analysierten Ansätze für Geschäftsmodelle (siehe oben und für weitere Ansätze siehe bspw. Casadesus-Masanell und Ricart 2011; Chesbrough 2010; Christensen et al. 2009; Demil und Lecocq 2010; Greiner und Wolf 2011; Hacklin und Wallnöfer 2012; Johnson 2010; Lindgren 2012; Morris et al. 2005; Osterwalder und Pigneur 2010; Richardson 2008; Sabir et al. 2012; Sahut et al. 2012; Wirtz et al. 2010; Zook und Allen 2011) weitere Komponenten beschreiben. Vor dem Hintergrund der ausgeführten Anforderungen an die Geschäftsmodelldefinition und die vergleichende Analyse bestehender Definitionen wird ein Geschäftsmodell innerhalb dieser Arbeit wie folgt definiert: Ein Geschäftsmodell beschreibt die Logik eines Unternehmens oder einer Unternehmenseinheit mittels Geschäftsmodellkomponenten, um dadurch Kundennutzen zu generieren (Value Creation) und für sich selbst Wert zu schaffen (Value Capture). Die Logik wird über die Komponenten und deren Wechselwirkungen beschrieben.

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

73

Quelle

Geschäftsmodelldefinition

Afuah und Tucci 2001

Ein Geschäftsmodell ist ein „system that is made up of components, linkages between components, and dynamics“.

Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 157; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 167.

Geschäftsmodelle „provide a set of generic level descriptors of how a firm organizes itself to create and distribute value in a profitable manner.“ „The concept ‘business model’ can be said to define the business’s characteristics and its activities in a remarkably concise way, in other words, in a way that matches the generic level that defines a kind or type of behavior (neither too general nor too particular in its detail) but that also suggests why it works, because it embodies the essential elements an how they are to be combined to make them work.“

Timmers 1998, S. 4

Ein Geschäftsmodell ist „an architecture for the product, service and information flows, including a description of the various business actors and their roles; and A description of the potential benefits for the various business actors; and a description of the sources of revenues“.

Magretta 2002, S. 87

„Business models (…) are, at heart, stories – stories that explain how enterprises work. A good business model answers Peter Drucker's age-old questions: Who is the customer? And what does the customer value? It also answers the fundamental questions every manager must ask: How do we make money in this business? What is the underlying economic logic that explains how we can deliver value to customers at an appropriate cost?“

Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 195; Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 196

„A business model […] is the reflection of the firms realized strategy.“

Amit und Zott 2001, S. 511; 2010, S. 216

„[A] business model depicts the content, structure, and governance of transactions designed so as to create value through the exploitation of business opportunities“.

Ein Geschäftsmodell „refers to the logic of the firm, the way it operates and how it crates value for its stakeholder [...]“

„[…] a system of interdependent activities that transcends the focal firm and spans its boundaries“ Itami und Nishino 2010, S. 364

„[A] business model is composed of two elements, a business system and a profit model [...]. A business system is the ‘system of works’ (the production/delivery system) that a firm designs – within and beyond its boundaries – to deliver its products or services to its target customers. A profit model is a pattern of the firm’s intention about how it will make a profit in its given business, i.e. how it plans to increase sales and/or reduce costs. [...] it is also a learning system.“

Johnson et al. 2008, S. 52

„consist of four interlocking elements [value proposition, profit formula, key resources, key processes; Anm. d. Verf.] that, taken together, create and deliver value“

Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 529

Das Geschäftsmodell ist „the heuristic logic that connects technical potential with the realization of economic value“.

74

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Quelle

Geschäftsmodelldefinition

Morris et al. 2005, S. 727

Ein Geschäftsmodell ist eine „concise representation of how an interrelated set of decision variables in the areas of venture strategy, architecture, and economics are adressed to create sustainable competitive advantage in defined markets. It has six fundamental components: Value proposition, customer, internal processes/competencies, external positioning, economic model, and personal/investor factors.“

Osterwalder und Pigneur 2005, S. 3

„A business model is a conceptual tool containing a set of objects, concepts and their relationships with the objective to express the business logic of a specific firm. Therefore we must consider which concepts and relationships allow a simplified description and representation of what value is provided to customers, how this is done and with which financial consequences.“

Rentmeister und Klein 2003, S. 19

„Ein Geschäftsmodell ist ein Modell, das bezogen auf eine Geschäftstätigkeit: 

die beteiligten Akteure, ihre Rollen und ihren Beitrag zur Wertschöpfung (Architektur der Wertschöpfung),



den Nutzen, den Kunden oder andere Akteure aus der Geschäftstätigkeit ziehen können (Value Propositions), und



die Einnahmequellen, die die Geschäftstätigkeit eröffnet (Ertragsmodell), abbildet.“

Teece 2009, S. 179

„A business model articulates the logic, the data and other evidence that support a value proposition for the customer, and a viable structure of revenues and costs for the enterprise delivering that value.“

Yunus et al. 2010, S. 311–312

„[A] business model has three components [...]. A value proposition, that is, the answer to the question: ‘Who are our customers and what do we offer to them that they value?’; a value constellation, that is, the answer to the question: ‘How do we deliver this offer to our customers?’ [...], a positive profit equation, which is the financial translation of the other two, and includes how value is captured from the revenues generated through the value proposition, and how costs are structured and capital employed in the value constellation.“

Tabelle 2.1:

Übersicht zu Geschäftsmodelldefinitionen Quelle: Eigene Darstellung.

Abgrenzung der Begriffe „Geschäftsmodell“ und „Strategie“ In einem klassischen Verständnis wird unter einer Strategie das Setzen von Zielen und das Festlegen von dazugehörigen Maßnahmen zu deren Erreichung verstanden (Andrews 1971, S. 28; Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 203; Chandler 1962, S. 13; Hofer und Schendel 1978, S. 25). Dabei hat das Management die Aufgabe, strategische Entscheidungen zu treffen (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 203; Caves 1984, S. 128; Ghemawat 1991, S. 10; Porter 1996, S. 69). Das Ergebnis dieser Entwicklung von Strategie (Treffen von Entscheidungen) ist das Aktivitätensystem des

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

75

Unternehmens. „Thus, while the resulting (created) activity system is a reflection of the firm’s strategy, strategy proper is not the activity system – that is the business model – but the creation of that system“ (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 203). Vergleichbar argumentiert Stähler (2002): „Das Geschäftsmodell ist keine Strategie.“ Vielmehr sei die Beschreibung des existierenden, erfolgreichen Geschäftsmodells eine Beschreibung der Strategie. Weiter werde über die Wahl der Strategie auch das Geschäftsmodell ausgewählt. Anders ausgedrückt ist die Wahl eines Geschäftsmodells oder die Kombination verschiedener Geschäftsmodelle Teil einer Strategie (Sabatier et al. 2010, S. 432; Stähler 2002, S. 48–49). In ähnlicher Logik argumentieren Rentmeister und Klein (2003), dass „eine Strategie [.] auf die Änderung eines Geschäftsmodells abzielen (Soll-Modell) [kann], oder das Geschäftsmodell kann die Rahmenbedingungen für eine Strategieformulierung darstellen (Ist-Modell). Und schließlich kann ein aktuell bestehendes Geschäftsmodell (Ist-Modell) Ergebnis einer Strategie sein.“ Als Instrument kann das Geschäftsmodell zur „Sichtbarmachung von Gestaltungsoptionen, -kontingenzen und -wirkungen“ dienen (Rentmeister und Klein 2003, S. 21). Das Geschäftsmodell erklärt, wie eine Unternehmensstrategie in Form von Aktivitäten umgesetzt werden soll. Damit übernimmt es als Teil der Strategie eine Brückenfunktion zwischen der Strategieformulierung und ihrer Umsetzung (Richardson 2008, S. 133). Das Geschäftsmodell ist somit ein Spiegelbild einer realisierten Strategie/von strategischen Entscheidungen (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 195; Shafer et al. 2005, S. 205). Teece (2007) sieht die Arbeit mit dem Geschäftsmodell stärker auf die Zukunft ausgerichtet, indem es „hypothesis about what customers want, and how an enterprise can best meet those needs, and get paid for doing so“ definiert (Teece 2007, S. 1329). Vergleicht man die inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunktsetzung, so erhält die kundenfokussierte Wertschöpfung im Geschäftsmodellkonzept eine größere Aufmerksamkeit als in der Strategieliteratur (Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 534; Mansfield et al. 2004, S. 41; Zott et al. 2011, S. 1031). Für die Wertschöpfung spielt die unternehmensübergreifende Perspektive in Form von Kooperationen und Partnerschaften eine wichtige Rolle innerhalb des Geschäftsmodellkonzeptes (Mansfield et al. 2004, S. 41). Demgegenüber ist der Fokus der klassischen Strategie auf die Schaffung und Verteidigung einer Position (Differenzierung) gegenüber dem Wettbewerb gerichtet (Magretta 2002, S. 91; Mansfield et al. 2004, S. 40; Zott et al. 2011, S. 1031). „A business model is more generic than a business strategy. Coupling strategy and business model analysis is needed to protect competitive advantage resulting from new business model design“ (Teece 2009, S. 180). Zusammenfassend differenzieren Casadesus-Masanell und Ricart (2011), „a Business Model refers to the logic of the firm, the way it operates and how it creates value for its stakeholder; and Strategy refers to the choice of business model through which the firm will compete […]“ (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 196). Sie bezeichnen „[...] strategy and business model as related, but different, concepts. A strategy is a content plan of action as to what business model to use. The firms's available actions for strat-

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

egy are choices [...] that constitute the raw material of business models. Thus, strategy entails designing business models (and redesigning them as contingencies occur) to allow the organization to reach its goals“ (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 204). Strategien können genutzt werden, um Geschäftsmodelle zu verändern (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 204). Diese bisher herausgearbeiteten Abgrenzungen sind eine Form der Herangehensweise. Eine zweite Herangehensweise zur Differenzierung zwischen Strategie und Geschäftsmodellen beschreiben Zott und Amit (2008; 2009; 2011) in ihren Arbeiten. Die Autoren verstehen Geschäftsmodelle als interdependente Aktivitätensysteme, die über die Grenzen des Unternehmens hinausgehen (Zott und Amit 2010). Unternehmen können dabei sowohl durch ihre Wettbewerbspositionierung in Form von Economies of Scale and Scope, durch Prozesse und durch Kompetenzen als auch durch ihr Geschäftsmodell Wettbewerbsvorteile erzielen (Christensen 2001, S. 109). Die Produkt-MarktStrategie (Positionierung) und das Geschäftsmodell sind aus der Sicht der Autoren unterschiedliche und komplementäre Konzepte, die beide einen Einfluss auf die Unternehmensperformance haben (Zott und Amit 2008, S. 1). Diese Abgrenzung liegt in dem Verständnis der Autoren begründet, die Geschäftsmodelle als „the structure, content, and governance of transactions betweeen the focal firm and ist exchange partners“ (Zott und Amit 2008, S. 3) definieren. Diese Verhältnisbestimmung kann in Teilen kritisch gesehen werden, da in vielen Konzepten gerade die Gestaltung der Value Proposition und damit die Frage „Welche Produkte/Leistungen sollen an welche Zielkunden angeboten werden sollen?“ Kernbestandteile des Geschäftsmodells sind (vgl. Einführung in dieses Kapitel). Die Abgrenzung von Strategie und Geschäftsmodell ist mit dem breiten Strategieverständnis innerhalb der Perspektive des Strategy-as-Practice-Ansatzes (vgl. Kap. 2.2.1) kaum möglich, das Verhältnis von Geschäftsmodellen und Strategie wurde darin bislang nicht bestimmt. Dennoch können Geschäftsmodelle in das Strategieverständnis von Strategy-as-Practice anhand einiger ausgewählter Merkmale von Strategien eingeordnet werden:  „Strategy praxis [are] various activities involved in the deliberate formulation and

implementation of strategy“ (Whittington 1996, S. 732; 2006, S. 619).  „[…] the planned relationship between markets and organizations [.] characterizes

the discourse of strategy” (Knights und Morgan 1991, S. 257).  „Successful strategic renewal […] closes the gap between its existing core compe-

tencies and the evolving basis of competitive advantage in the industry“ (Floyd und Lane 2000, S. 154).  „[…] strategy itself [is] [.] a technological and appropriative social practice“ (Hendry

2000, S. 955); „as in technology, the art is to turn knowledge and resources into utility. […] strategy applies a knowledge of economics and the social sciences, of

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

77

specific industries and markets, and of the organisations’s resource capabilities to the creation of economic value and wealth“ (Hendry 2000, S. 969).  Strategie beinhaltet „ideas/knowledge of competitive advantage through linking

perceptions of ‘markets’ to internal characteristics, growth, wining, etc.“ (SamraFredericks 2005, S. 811).  „[Strategies] determine what is produced, where it is sold and how it is marketed,

how resources are paid for and how they are allocated. […] Strategy, for practitioners as well as academics, is explicitly concerned with the future, and with how this might differ from the present: with what ‘should be’ rather than with what is“ (Hendry und Seidl 2003, S. 176–177).  „Strategy is ultimately about what is done and what is not done“ (Balogun et al.

2003, S. 199). Anhand der Ausführungen und Zitate wird deutlich, dass der Fokus von Strategyas-Practice die Aktivität, das „Tun“ von Strategie ist. Demnach lassen sich nur wenige inhaltliche Anhaltspunkte zur Begriffsabgrenzung zwischen Strategie und Geschäftsmodell finden, insbesondere zur Frage, was eine Strategie umfasst (bspw. Ziele, Maßnahmen, Taktiken, Vision, Mission). Es lässt sich festhalten, dass die Geschäftsmodellgestaltung als Aktivität in das Strategieverständnis von Strategy-as-Practice passt. Es existieren strategische Praktiken (bspw. Geschäftsmodellinstrumente), es können bewusste strategische Entscheidungen getroffen werden, die Anpassungen des Geschäftsmodells orientieren sich an Marktveränderungen und es werden auch Festlegungen zu bspw. den Produkten für die Zukunft getroffen. Für die Arbeit soll das Geschäftsmodell als Teil der Strategie verstanden werden. Dabei wird den Ausführungen der ersten Abgrenzung gefolgt.

2.3.2 Instrumente und Vorgehensweisen der Geschäftsmodellgestaltung Ziel dieses Kapitels ist es, ausgewählte Ansätze zur Geschäftsmodellgestaltung in Form von Instrumenten und damit verbundenen Vorgehensweisen vorzustellen. Die Auswahl soll sowohl wissenschaftliche Veröffentlichungen (in hoch gerankten Journals) als auch praxisorientierte Veröffentlichungen umfassen. Konkret werden die Ansätze von Casadesus-Masanell und Ricart (2010), Hacklin und Wallnöfer (2012), Johnson et al. (2008), Osterwalder und Pigneur (2009) und Zott und Amit (2010) vorgestellt. Weitere Ansätze finden sich bspw. in Bieger (2011), Bieger et al. (2002), Hamel (2002), Greiner und Wolf (2010, 2011) und Wirtz (2010).

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Zott und Amit (2010): „An activity system design framework” Grundlegend für die Vorgehensweise von Zott und Amit (2010) ist zunächst ein Geschäftsmodellverständnis als ein „Activity System“. Die Aktivitäten innerhalb dieses Systems bestehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit und können über die Unternehmensgrenzen hinausgehen (Zott und Amit 2010, S. 217). Der Fokus liegt auf dem zu beschreibenden Unternehmen (auch wenn das Aktivitätensystem darüber hinaus geht) und wie es diesem Unternehmen gelingt, Wert zu schaffen und einen Anteil an diesem Wert innerhalb des Unternehmens zu erhalten. Die Gestaltung des „Activity Systems“ erfolgt durch Entscheidungen von Führungskräften oder Unternehmern. Das „Revenue Model“ wird in dem Ansatz bewusst abgegrenzt vom Geschäftsmodell. Unter dem „Revenue Model“ verstehen die Autoren die Logik, durch die das Unternehmen Umsätze generiert. Über die Preissetzung hat das Unternehmen Einfluss darauf, welchen Anteil des geschaffenen Wertes des Activity-Systems das Unternehmen abschöpfen kann. Das bedeutet, dass das gesamte „Activity System“ zunächst einen Einfluss auf die Höhe des geschaffenen Wertes hat. Die Positionierung in Form der durch das Unternehmen durchgeführten Aktivitäten hat dann einen Einfluss auf die Verhandlungsposition und damit auf die mögliche Preissetzung (Zott und Amit 2010, S. 218). Eine Herausforderung innerhalb dieses Ansatzes liegt darin, eine geeignete Aggregationsebene von Aktivitäten zu identifizieren (Zott und Amit 2010, S. 219). Zur Gestaltung des „Activity Systems“ schlagen die Autoren zwei Parameter vor: „Design Elements“ und „Design Themes“. Zu den Design-Elementen zählen „Content“ (Inhalt), „Structure“ (Struktur) und „Governance“ (Governance):  Die Festlegung der Inhalte bestimmt die Aktivitäten, die durch das System (mit Fo-

kus auf das Unternehmen) geleistet werden.  Die Struktur beschreibt den Zusammenhang der Aktivitäten, zu dem die Reihenfol-

ge und die Bedeutung der Aktivitäten für das System gehören.  Über die Festlegung der Durchführungsverantwortung für die Aktivitäten wird die

Governance beschrieben. Die Gestaltung in den drei Dimensionen kann simultan erfolgen und interdependent sein (Zott und Amit 2010, S. 220). Als zweiter Parameter werden die „Design Themes“ vorgestellt, an denen eine Überarbeitung des Geschäftsmodells ausgerichtet werden kann. Man könnte diese auch als übergreifende Leitprinzipien oder Logiken zur Geschäftsmodell-/Aktivitätensystemgestaltung bezeichnen. Eine Ausrichtung kann ein „novelty-centered“ Geschäftsmodell sein, quasi eine Geschäftsmodellinnovation, die durch neue Inhalte und/oder neue Strukturen und/oder neue Governance erzielt wird. Eine zweite Ausrichtung ist das „Lock-in“. Dies sind Logiken innerhalb des „Activity System“, die dazu führen, dass dritte Parteien innerhalb des Systems bleiben (müssen), da sie bspw. ansonsten hohe Wechselkosten zu erwarten haben. Eine dritte Ausrichtung, „Complementaries“ ge-

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

79

nannt, zielt darauf ab, dass es sinnvoller sein kann, Aktivitäten innerhalb eines Systems als in getrennten Systemen durchzuführen (bspw. aufgrund von Ressourcenzugang, Marktwissen, Marktzugang). Ein viertes Thema (Design Theme) ist die „efficiency“. Die primäre Zielsetzung ist dabei die Senkung von Transaktionskosten (bspw. durch Integration von Aktivitäten oder Standardisierung von Schnittstellen oder das Outsourcing von Aktivitäten) (Zott und Amit 2010, S. 221). Die Autoren sehen den Vorteil des Ansatzes darin, dass er sowohl aus einer akademischen als auch einer praktischen Sicht eine gemeinsame Sprache und einen konzeptionellen Rahmen in Form eines Instruments bietet. Zudem betont der Ansatz eine ganzheitliche Perspektive, die es insbesondere Führungskräften und Unternehmern ermöglicht, nicht nur Partialprobleme zu bearbeiten, sondern das Geschäftsmodell in Summe zu gestalten (Zott und Amit 2010, S. 222–223). Der Ansatz bietet über die genannten Designparameter und die Ausgrenzung des „Revenue Models“ keine weitere Hilfestellung zu relevanten oder möglichen Komponenten eines Geschäftsmodells. Auch sagt der Ansatz nichts darüber aus, anhand welcher Vorgehensweise man zu den Aktivitäten (geeigneter Abstraktionsgrad, Auswahl, Bewertung) gelangt. Casadesus-Masanell und Ricart (2010): Geschäftsmodelle als „choices and consequences“ Vergleichbar mit dem zuvor beschriebenen Ansatz gehen Casadesus-Masanell und Ricart (2010) auch davon aus, dass Manager über Entscheidungen das Geschäftsmodell gestalten. Doch basiert ihr Ansatz auf einem Geschäftsmodellverständnis, das sowohl die „Value Creation“ als auch die „Value Capture“ beinhaltet. Dabei differenzieren die Autoren für die Gestaltung des Geschäftsmodells zwischen „(a) the concrete choices made by management about how the organization must operate, and (b) the consequences of these choices“ (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 198). Manager können demnach Entscheidungen zu „policies, assets and governance structures“ treffen. „Policies“ beziehen sich dabei auf alle Aktivitäten innerhalb des Geschäftsbetriebes. „Assets“ beziehen sich auf alle materiellen Ressourcen und „Governance“ auf die vertraglichen Regelungen zu Entscheidungsrechten für Policies und Assets (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 198). Die Konsequenzen von Entscheidungen können flexibel (flexible) oder starr (rigid) sein. Damit differenzieren die Autoren den Wirkungszusammenhang zwischen einer Entscheidung und ihrer Konsequenz. Eine flexible Konsequenz reagiert sensibel auf eine Entscheidung (bspw. der Zusammenhang von Preisen und Mengen), während sich starre Konsequenzen nur verhältnismäßig langsam verändern (bspw. Image eines Unternehmens) (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 199). Die Darstellung dieser Zusammenhänge basiert auf Annahmen der Ersteller über das Geschäftsmodell (d. h. bspw. auf den Einschätzungen (Annahmen) eines Strategen (Ersteller) in einem Unternehmen) (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 200).

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Aufgrund der Komplexität von Geschäftsmodellen schlagen die Autoren zur Vereinfachung der Arbeit mit Geschäftsmodellen zwei Wege vor: Aggregration und Dekomposition. Innerhalb der Aggregation erfolgt eine Auswahl der wesentlichen Entscheidungen (Key Choices) und Konsequenzen (Main Consequences). Um die ganzheitliche Perspektive auf das Geschäftsmodell zu ermöglichen, empfehlen die Autoren dann eine Zusammenführung anhand einer grafischen Darstellung in Form eines „causal loop diagram“, einer „map“. Die Dekomposition ist möglich, wenn Entscheidungsbündel isoliert betrachtet werden können (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 200). Der beschriebene Ansatz kann zunächst als Geschäftsmodellinstrument eingestuft werden, da er eine Struktur und eine gemeinsame Sprache für die Geschäftsmodellgestaltung bietet. Zudem vereinfacht die Visualisierung des Geschäftsmodells dessen Diskussion und Gestaltung. Der Ansatz bietet über die genannten Dimensionen keine weiteren Anhaltspunkte zu Komponenten der Geschäftsmodellgestaltung und auch keine detaillierte Vorgehensweise. Insbesondere für die Darstellung des Geschäftsmodells bieten die Autoren keine Definition, anhand derer man „Key Choices“ und „Main Consequences“ auswählen oder Regeln zur Erstellung der grafischen Darstellung nutzen kann. Osterwalder und Pigneur (2010): Business Model Canvas Der Ansatz der Business Model Canvas hat seinen Ursprung in der Dissertation von Osterwalder (2004) und darauf aufbauenden Arbeiten (bspw. Osterwalder und Pigneur 2005). Später wurde der Ansatz mit einer Vielzahl von praktischen Beispielen zur Gestaltung von Geschäftsmodellen für Unternehmen (Osterwalder und Pigneur 2010) und für Individuen (Clark et al. 2012) veröffentlicht. Der Ansatz basiert auf der Definition, dass „a business model describes the rationale of how an organization creates, delivers and captures value“ (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 14). So sollen das Verständnis und die Diskussion von Geschäftsmodellen sowie die deren Innovation auf eine intuitive und einfache Art und Weise in Workshops ermöglicht werden (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 15). Die Business Model Canvas setzen sich aus neun „Building Blocks“ (Komponenten) zusammen (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 20–41):  Kundensegmente: Welche Kundensegmente sollen angesprochen werden?  „Value Proposition“: Welches Bündel an Produkten/Services soll dem Kundenseg-

ment angeboten werden?  Kanäle: Wie kommuniziert das Unternehmen mit dem Kunden und wie gelangt die

„Value Proposition“ zum Kunden?  Kundenbeziehung: Welche Art von Kundenbeziehung soll bestehen?  Umsatzströme: Wie generiert das Unternehmen Umsatz?

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

81

 Schlüsselressourcen: Was sind die wichtigsten Ressourcen für das funktionierende

Geschäftsmodell?  Schlüsselaktivitäten: Was sind die wichtigsten Aktivitäten für das funktionierende

Geschäftsmodell?  Schlüsselpartnerschaften: Welche sind die wichtigsten Partnerschaften für das

funktionierende Geschäftsmodell?  Kostenstruktur: Mit welcher Kostenstruktur soll das Geschäftsmodell operieren?

Alle „Building Blocks“ enthalten eine weitere Konkretisierungsstufe, wie eine Ausgestaltung in dem jeweiligen „Building Block“ aussehen kann. Durch die Zusammenführung der neun Blöcke entsteht die Business Model Canvas, die sich grafisch darstellen lässt und die damit als Vorlage in einem Workshop dienen kann (vgl. Abb. 2.6). Der Ansatz hat im Vergleich zu den Beispielen von Zott und Amit (2010) und Casedesus-Masanell und Ricart (2010) einen normativeren Charakter, da er die Komponenten eines Geschäftsmodells in Form der neun „Building Blocks“ vorgibt. Er bietet damit eine gemeinsame Sprache und durch die Visualisierung eine Unterstützung für bspw. Workshops. Aufbauend auf dem zentralen Instrument der Business Model Canvas beschreiben Osterwalder und Pigneur (2010) ein Vorgehensmodell mit fünf Schritten zur Gestaltung von Geschäftsmodellen: „Mobilize, Understand, Design, Implement and Manage“ (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 244), das diverse weitere Ansätze und Instrumente aus dem strategischen Management integriert. Trotz des schrittweisen Aufbaus der Phasen muss die Geschäftsmodellgestaltung keiner linearen Arbeitsweise folgen (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 248). Daher wird die Nutzung diverser Instrumente auch in mehreren Phasen erwähnt. Die Phasen sowie die vorgeschlagenen Instrumente und ihre Anwendung werden kurz vorgestellt.

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Abbildung 2.6: Business Model Canvas Quelle: Osterwalder und Pigneur 2010, S. 42 (© Dr. Alexander Osterwalder, Yves Pigneur).

„Mobilize“ ist als Vorbereitungsphase zu verstehen, um die Grundlagen – eine gemeinsame Sprache und Motivation durch das Aufzeigen der Notwendigkeit zur Geschäftsmodellgestaltung – zu schaffen. Als Instrumente für diese Phase werden die Business Model Canvas sowie Storytelling vorgeschlagen (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 249). Durch Storytelling sollen die Inhalte der Business Model Canvas im Rahmen einer Geschichte erzählt werden, um die wesentlichen Botschaften auf eine einfache Art und Weise zu transportieren (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 170–179). „Understand“ beschreibt die erste inhaltliche Vorbereitungsarbeit für die Geschäftsmodellgestaltung. Hierfür sollen relevante Informationen bspw. zu Kunden, Technologien und der Umwelt gesammelt werden. Diverse Instrumente werden zur Unterstüt-

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

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zung dieser Phase aufgezählt: „Business Model Canvas, Business Model Patterns, Customer Insights, Visual Thinking, Scenarios, Business Model Environment, Evaluating Business Models“ (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 249). „Business Model Patterns“ sind Geschäftsmodelle mit „similar characteristics, similar arrangements of business model Building Blocks, or similar behaviors“ (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 55). Die Aufbereitung von „Patterns“ dient somit als Impuls oder Kreativitätstechnik für die eigene Geschäftsmodellgestaltung. „Customer Insights“ beschreibt das Einnehmen einer Kundenperspektive zur Analyse der Umwelt aus der Kundensicht (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 126–131). Unter „Visual Thinking“ wird die Visualisierung von Inhalten mit besonderem Fokus auf die Geschäftsmodellkomponenten verstanden. Insbesondere aufgrund der Wechselwirkungen der einzelnen Elemente und der Komplexität von Geschäftsmodellen empfehlen die Autoren den Einsatz von bspw. Postit™-Notizen zur Darstellung der Geschäftsmodellkomponenten innerhalb der Business Model Canvas (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 148). Die Nutzung von „Scenarios“ wird mit Bezug auf die beiden Schwerpunktfelder „Kunde“ und „Umwelt“ vorgestellt (für weiterführende Details zur Szenarioanalyse vgl. Kapitel 2.4.3 „Strategieinstrumente und deren Eignung in der Geschäftsmodellgestaltung“ und Anhang 3) (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 182). Die Analyse der „Business Model Environments“ beinhaltet die „Market Forces“, die „Industry Forces“, die „Key Trends“ und die „Macroeconomic Forces“. Dabei beziehen sich die Autoren auf klassische Instrumente der Strategiearbeit (bspw. PESTEL-Analyse, Porter’s Five-Forces) und bieten einen Fragenkatalog zu den Umweltdimensionen. Sie stellen nur einen beispielhaften Bezug zwischen dieser Analyse und den „Building Blocks“ her (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 200–209). Zur Bewertung des Geschäftsmodells „Evaluating Business Models“ beschreiben die Autoren eine Stärken/Schwächen-Analyse und eine angepasste SWOT-Analyse inklusive einer Checkliste für alle „Building Blocks“ des Geschäftsmodells (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 212–225). In der eigentlichen „Design“-Phase stehen die Entwicklung und das Testen von Geschäftsmodelloptionen im Fokus. Neben den bereits vorgestellten Instrumenten (Business Model Canvas, Business Model Pattern, Visual Thinking, Scenarios, Evaluating Business Models) nennen die Autoren zur Nutzung in dieser Phase zusätzlich „Ideation“, „Prototyping“, „Business Model Perspective on Blue Ocean Strategy“ und „Managing Multiple Business Models“ (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 249). Die Zielsetzung der „Ideation“ ist es, neue Ideen für Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dafür werden insbesondere vier Startpunkte innerhalb der Business Model Canvas vorgestellt: „Resource-driven“, „Offer-driven“, „Customer-driven“ und „Finance-driven“. Dabei wird jeweils ausgehend von der gewählten Dimension (also bspw. einer definierten Ressource für „Resource-driven“) eine Geschäftsmodellidee (mit allen Building Blocks) entwickelt (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 138–139). Damit kann „Ideation“ auch als Kreativitätstechnik bezeichnet werden. „Prototyping“ wird als „tools that serve the purpose of discussion, inquiry, or proof of concept“ für das zukünftige Geschäftsmodell verstanden. Diese können „a simple sketch, a fully thought-through concept described with the Business Model Canvas, or a spreadsheet that simulates the financial working

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

of a new business“ umfassen (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 162). Der „Blue Ocean“-Ansatz wurde von Kim und Mauborgne (2005) entwickelt. Als eines der zentralen Merkmale des Ansatzes beschreiben die Autoren das Prinzip der „Value Innovation“, das darauf abzielt, eine innovative Leistung zu entwickeln, die sowohl einen Wert für den Kunden als auch für das Unternehmen darstellt und über ihre Neuartigkeit einen bisher unbedienten Markt adressiert (Kim und Mauborgne 2005, S. 12). Osterwalder und Pigneur (2010) stellen den Bezug zur Geschäftsmodellgestaltung her, indem sie das „Four Action Framework“14 (Kim und Mauborgne 2005, S. 35) auf die Geschäftsmodellgestaltung anwenden. Zielsetzung ist dabei die Entwicklung einer neuen „Value Proposition“ bei gleichzeitiger Verbesserung der Kostenstruktur (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 228). Als Brücke zur Umsetzung von Geschäftsmodellinnovation dient die Betrachtung des „Managing Multiple Business Models“. Dabei steht die Frage der organisatorischen Einbettung im Mittelpunkt. Vor dem Hintergrund der Analyse der Ähnlichkeiten (Similarity), der Synergien (Synergies) und der Konfliktpotenziale (Potential Conflicts) zwischen unterschiedlichen Geschäftsmodellen kann die organisatorische Einbettung (bspw. Integration, weitestgehende Autonomie, bewusste Trennung) gestaltet werden (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 233). Für die Umsetzung des Geschäftsmodells „Implement“ nennen die Autoren keine neuen Ansätze. Sie sehen insbesondere die Business Model Canvas, Visual Thinking, Storytelling und Managing Multiple Business Models in dieser Phase als relevant an (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 249). Im Rahmen der „Manage“-Phase soll das Geschäftsmodell auf der Grundlage einer kontinuierlichen Beobachtung bei Bedarf an Marktveränderungen angepasst werden. Auch hier werden keine neuen Instrumente genannt, sondern die Business Model Canvas, Visual Thinking, Scenarios, Business Model Environment und Evaluating Business Models als Ansätze wiederholt (Osterwalder und Pigneur 2010, S. 249). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Autoren mit den Business Model Canvas und der Verbindung zu diversen Ansätzen und Instrumenten im strategischen Management einen umfangreichen und praxisorientierten Ansatz zur Geschäftsmodellgestaltung beschreiben. Eine Integration des Ansatzes in einen Strategieprozess findet nicht statt.

14

Der Ansatz ist eine Art Kreativitätstechnik, um eine „Value Innovation“ zu entwickeln. Die vier Actions (Aktionen) sind als Fragen zu verstehen, die dabei helfen sollen, Ideen für eine Veränderung des Leistungsangebotes zu entwickeln: Eliminate (Leistung eliminieren), Raise (Leistung erhöhen), Reduce (Leistung reduzieren), Create (neue Leistungen hinzufügen).

85

2.3 PRAKTIKEN IN DER GESCHÄFTSMODELLFORSCHUNG

Hacklin und Wallnöfer (2012): Business Model Taxonomy Ein Vorgehen zur Geschäftsmodellgestaltung findet sich in der empirischen Arbeit von Hacklin und Wallnöfer (2012). Die Ausführungen in Kapitel 2.2.2 werden an dieser Stelle durch die Systematik zur Beschreibung des Geschäftsmodells ergänzt. Für die Auswahl der Geschäftsmodellkomponenten kombinieren die Autoren „[…] five dimensions of general theory debates: value chain concept, resource-based view of the firm, industrial organization, the transaction cost theory, as well as the strategic network theory“ (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 176) als theoretische Grundlage (vgl. Abb. 2.7).

Inside

Interface

Outside

Value Chain

Internal structure for value creation

Value delivery to customer

Customer value

Resource-based view

Internal resources

Resource interaction

Industrial organization Transaction cost theory

External players and environment Internal financial structure

Strategic networks

Transaction interface Connection to strategic network

Structure of strategic network

Abbildung 2.7: Business Model Taxonomy Quelle: Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 177.

Ein wesentliches Auswahlkriterium für die Komponenten und für die Geschäftsmodelldarstellung war, dass diese auf einer Seite (DIN A4) darstellbar sein sollten. Die Darstellung zeigt auch, dass der Bezugsrahmen über die Grenzen des Unternehmens hinausgeht („Outside“). Die Autoren deuten an, dass unterhalb der dargestellten Komponenten (höchste Abstraktions-Ebene) jeweils weitere enthalten sind, nennen diese jedoch nicht (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 176). Über die Komponenten und die Vorgehensbeschreibung bietet der Ansatz eine Orientierung für die Praxis. Eine Integration in den Strategieprozess ist nicht Gegenstand der Arbeit. Bereits in Kap. 1.1 wurde darauf hingewiesen, dass die Integration unterschiedlicher Strömungen im strategischen Management in einen Ansatz für den Vorwurf des Eklektizismus und der Inkommensurabilität angreifbar ist.

86

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Johnson et al. (2008): „The Elements of a Successful Business Model“ Nach Johnson et al. (2008) besteht ein Geschäftsmodell aus „[…] four interlocking elements that, taken together, create and deliver value“ (Johnson et al. 2008, S. 52). Das übergeordnete Element15 ist demnach die Schaffung einer „Customer Value Proposition“, während die „Profit Formula“ erklärt, wie es dem Unternehmen gelingt, einen Teil der Wertschaffung für das Unternehmen abzuschöpfen. „Key Processes“ und „Key Resources“ sind notwendig, um die Wertschöpfung zu erbringen. Die Elemente werden jeweils weiter konkretisiert (vgl. Abb. 2.8) und stehen alle in einer wechselseitigen Beziehung zueinander (Johnson et al. 2008, S. 52–53).

Customer Value Proposition (CVP):  Target customer  Job to be done to solve an important problem or fulfill an important need for the target customer  Offering, which satisfies the problem or fulfills the need. This is defined not only by what is sold but also by how it‘s sold.

Profit Formula  Revenue model: How much money can be made: price x volume. Volume can be thought of in terms of market size, purchase frequency, ancillary sales, etc.  Cost structure: How costs are allocated, includes cost of key assets, direct costs, indirect costs, economies of scale.  Margin model: How much each transaction should net to achieve desired profit levels.  Resource velocity: How quickly resources need to be used to support target volume. Includes lead times, throughput, inventory turns, asset utilization, and so on.

Key Processes, as well as rules, metrics, and norms, that make the profitable delivery of the customer value proposition repeatable and scalable. Might include:  Processes: design, product development, sourcing, manufacturing, marketing, hiring and training, IT  Rules and metrics: margin requirements for investment, credit terms, lead times, supplier terms  Norms: opportunity size needed for investment, approach to customers and channels

Key Resources needed to deliver the customer value proposition profitably. Might include:  People  Technology, products  Equipment  Information  Channels  Partnerships, alliances  Brand

Abbildung 2.8: Business Model Framework Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Johnson et al. 2008, S. 54.

Aufbauend auf der Vorstellung des Ansatzes werden die Elemente anhand von Praxisbeispielen illustriert. Es wird keine Vorgehensweise vorgestellt, welche eine Schrittfolge von Aktivitäten zur Nutzung des Ansatzes beschreibt. Auch wird kein Bezug zu anderen Strategieinstrumenten hergestellt. Der Vorteil für die Praxis liegt in der, wenn auch teilweise nur beispielhaften, Konkretisierung der Geschäftsmodellkomponenten.

15

Für den Begriff „Element“ wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff „Komponente“ verwendet.

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

87

2.4 Praktiken in der Strategieprozessforschung 2.4.1 Definitionen und Grundlagen zu Strategieprozessen und -instrumenten „With the development of the field, strategic management research has become divided into two separate branches: content research seeking to answer the question of what underpins firms’ competitive advantage, and process research approaching strategic management from the standpoint of how firms’ strategies emerge over time“ (Mellahi und Sminia 2009, S. 1). Während sich die Inhaltsforschung mit den Strategieinhalten auseinandersetzt, fokussiert die Prozessforschung auf die Managementaspekte von Strategiearbeit (Mellahi und Sminia 2009, S. 1). Auch wenn die Trennung zwischen Strategieinhalten und Strategieprozess kritisiert wird (Huff und Reger 1987, S. 226; Johnson et al. 2003, S. 12; Pettigrew und A. M. 1992, S. 7) und aktuelle Forschungsansätze versuchen, die Prozess-Inhalts-Lücke zu schließen (Johnson et al. 2003, S. 14; Sminia 2009), so dominiert diese Unterscheidung doch die Literatur zu strategischem Management (Huff und Reger 1987, S. 211; Pettigrew und A. M. 1992, S. 6). Ein Rückblick zeigt, dass die Forschungsschwerpunkte bisher auf der Inhaltsforschung lagen (Gilbert und Behnam 2009, S. 70). Dabei betonte Hamel bereits 1998, dass eine Schwerpunktverlagerung zum besseren Verständnis der Strategieentstehung wünschenswert wäre. „We should spend less time working on strategy as a ‘thing’ and more time working to understand the preconditions that give rise to the ‘thing’“ (Hamel 1998, S. 13). Eine Definition der Strategieinhaltsforschung bieten Fahey und Christensen (1986): „[…] strategy content research is defined as research which examines the content of decisions regarding the goals, scope, and/or competitive strategies of corporations or of one or more of their business units“ (Fahey und Christensen 1986, S. 186). Dabei weisen die Autoren darauf hin, dass auch in der Strategieumsetzung Strategieinhalte enthalten sein können. Im Schwerpunkt werden Strategieinhalte mit der Strategieformulierung und mit strategischen Entscheidungen verbunden (Fahey und Christensen 1986, S. 168). Die Historie der Strategieinhaltsforschung ist aus zwei Gründen wichtig zu skizzieren. Zum einen, da das Grundverständnis des strategischen Managements der jeweiligen Denkschule (Mintzberg et al. 1998) Auswirkungen auf das Verständnis und die Rolle von Strategieprozessen hat (Mellahi und Sminia 2009, S. 2). Die Übersetzung der Grundverständnisse in Ansätze für Strategieprozessmodelle wird in Kapitel 2.4.2 weiter ausfgeführt. Zum anderen haben die am häufigsten genutzten Strategieinstrumente (vgl. Kapitel 2.4.3), wie bspw. Porter‘s Five-Forces oder das VRIO-Modell (Kernkompetenzen), ihren Ursprung in einer der Denkschulen.

88

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Die Ursprünge der Forschungsdisziplin „strategisches Management“ liegen in den 1960er-Jahren (Mellahi und Sminia 2009, S. 2). Zu den Pionieren zählen Ansoff (1965), Chandler (1962) und Andrews (1971). Einen ersten Entwicklungsabschnitt bildet die Industrieökonomik (IO oder auch „Market-based View“). Grundlegend für diese Schule war die Arbeit von Bain (1959), verbunden mit dem „Structure-Conduct-Performance“Paradigma. Das Grundverständnis beruht darauf, dass insbesondere Industriestrukturen und das Verhalten von Unternehmen innerhalb dieser Strukturen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung und das -wachstum haben. Darauf aufbauend entwickelte Porter, als einer der prominentesten Vertreter dieser Sichtweise, in den 1970er-Jahren Ansätze (und Strategieinstrumente wie bspw. die Branchenstrukturanalyse und das Wertschöpfungskettenmodell; vgl. auch Kapitel 2.4.3 und Anhang 3), wie sich Unternehmen innerhalb dieser Industriestrukturen über ihre Positionierung differenzieren können, um damit einen Wettbewerbsvorteil und schlussendlich eine überdurchschnittliche Rendite erzielen zu können (Mellahi und Sminia 2009). In den 1980er-Jahren wurde die Fokussierung auf Industriestrukturen als wesentliche Einflussfaktoren auf die Unternehmensrenditen zunehmend kritisiert. So zeigt bspw. Rumelt, dass die Renditeunterschiede innerhalb einer Branche größer sind als Renditeunterschiede zwischen Branchen (Rumelt 1991). Das Konzept der strategischen Gruppen (Strategic Group) (Hunt 1972; Porter 1980), das aus der Industrieökonomik stammt, aufgreifend zeigten Cool und Schendel, dass sich signifikante Renditeunterschiede innerhalb einer strategischen Gruppe nachweisen lassen (Cool und Schendel 1988). Aus dieser Kritik heraus entwickelte sich die Resource-based View (RBV) (Barney 1991; Penrose 1959; Wernerfelt 1984). Diese Schule stellt die Unternehmensressourcen und -fähigkeiten in den Mittelpunkt ihres Erklärungsansatzes für Renditeunterschiede zwischen Unternehmen (Mellahi und Sminia 2009, S. 2). „By a resource is meant anything which could be thought of as a strength or weakness of a given firm. More formally, a firm's resources at a given time could be defined as those (tangible and intangible) assets which are tied semipermanently to the firm [...]. Examples of resources are: brand names, in-house knowledge of technology, employment of skilled personnel, trade contacts, machinery, efficient procedures, capital, etc.“ (Wernerfelt 1984, S. 172). Vielleicht überraschend erscheint, dass Grundgedanken der Resourcebased View auf Arbeiten aus den 1960er-Jahren zurückgeführt werden können, diese jedoch über Jahrzehnte nicht weiterentwickelt wurden (Teece et al. 1997, S. 513). So verweisen bereits Learned et al. (1969) auf die Bedeutung von Kompetenzen für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Dieser hängt demnach davon ab, ob es einem Unternehmen gelingt, eine Kompetenz zu entwickeln oder zu finden, die „truly disctinctive“ ist (Christensen et al. 1978, S. 254–259; Learned et al. 1969). Prahalad und Hamel (1990) entwickelten als Teil dieser Schule das Konzept der Kernkompetenzen als Quelle eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils. „Core competencies are the collective learning in the organization, especially how to coordinate diverse production skills and integrate multiple streams of technologies“ (Prahalad und Hamel 1990, S. 82). Innerhalb der Schule der Resourced-based View hat sich des Weiteren der Ansatz der „Dynamic Capabilities“ (DC) entwickelt (Teece et al. 1997). Aufgrund der hohen Ge-

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

89

schwindigkeit von Veränderungen in Industrien fokussiert dieser Ansatz auf die Beschreibung von Kompetenzen, die es Unternehmen erlauben, auch in dynamischen Umfeldern einen Wettbewerbsvorteil aufrechtzuerhalten bzw. aufzubauen (Teece et al. 1997, S. 509; Winter 2003, S. 992). „The term ‘dynamic’ refers to the capacity to renew competences so as to achieve congruence with the changing business environment; certain innovative responses are required when time-to-market and timing are critical, the rate of technological change is rapid, and the nature of future competition and markets difficult to determine. The term ‘capabilities’ emphasizes the key role of strategic management in appropriately adapting, integrating, and reconfiguring internal and external organizational skills, resources, and functional competences to match the requirements of a changing environment“ (Teece et al. 1997, S. 515). In den Folgejahren entwickelte sich ein Diskurs darüber, inwieweit die Resource-based View als Forschungsrichtung im strategischen Management die Anforderungen einer Theorie erfüllt. Dabei besteht einer der Kernkritikpunkte in einem Tautologie-Vorwurf gegenüber dem Ansatz (Barney 2001; Priem und Butler 2001a; 2001b). Trotz dieser Diskussion und weiterführender Kritik an der Resource-based View (für eine Übersicht siehe Kraaijenbrink et al. 2010) bleibt sie eine dominierende Forschungsrichtung innerhalb des strategischen Managements (Mellahi und Sminia 2009, S. 3). Einen weiterführenden Überblick sowie eine kritische Auseinandersetzung zur Strategieinhaltsforschung bieten Fahey und Christensen (1986), Montgomery (1988), Montgomery et al. (1989) und Wit (2010). Neben den beiden dominierenden Ansätzen der Industrieökonomik und der Resource-based View erforschen auch weitere Ansätze im strategischen Management die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen bzw. die Gründe für die nachhaltige Existenz von Unternehmen. Aus dem Forschungsfeld der Organisationstheorien können bspw. die Transaktionskostentheorie (Coase 1937, Williamson 1985) und die Forschung zu strategischen Netzwerken (Jarillo 1988; Powell 1990; Thorelli 1986) aufgeführt werden. In den letzten Jahren gewinnt das Themenfeld der „Global Strategy“ vor dem Hintergrund weiter zunehmender Internationalisierung an Bedeutung (Mellahi und Sminia 2009, S. 3). Gegenüber den Strategieinhalten sind Kernbestandteile der Strategieprozessforschung die Aktivitäten, die zur Strategie führen und sie in der Umsetzung unter-stützen (Huff und Reger 1987, S. 212; Price und Newson 2003, S. 184). Die Strategieprozessforschung ist eine wesentliche und eigenständige Disziplin im strategischen Management (Azar und Brock 2010, S. 6; Johnson et al. 2003, S. 10). In einer ersten klassischen Unterscheidung kann im Strategieprozess zwischen zwei Phasen, der Strategieformulierung (wie Entscheidungen getroffen werden) und der -implementierung (wie Entscheidungen in Handlungen überführt werden), differenziert werden (Andrews 1971). Wenngleich sich der Grundgedanke der Strategieformulierung- und implementierung in unterschiedlichen Denkschulen des strategischen Managements wiederfindet (bspw. Designschule, Planungsschule, Positionierungsschule, unternehmerische Schule, Umweltschule), so sind die dahinterliegenden Annahmen und die damit verbundenen Strategieprozessvarianten doch grundlegend un-

90

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

terschiedlich. Ein zentraler Aspekt ist hierbei die Position der jeweiligen Schule gegenüber der Rationalität von Entscheidungen innerhalb des Strategieprozesses. So gehen bspw. die Design-, Planungs- und Positionierungsschule (vgl. ausführlicher Überblick über die Denkschulen in Anhang 2) von einem rationalen Entscheidungsprozess aus, der durch einen analytischen, sequenziell und linear verlaufenden Strategieprozess unterstützt wird (Huff und Reger 1987, S. 213; Sminia 2009, S. 98). Die Vertreter dieser Ansätze – wie Ansoff, Andrews, Bower, Christensen, Chandler oder Porter – lassen sich der Zeit der Industrieökonomik zurechnen. Die Annahme der handelnden Akteure als rationale Entscheider wurde zunehmend kritisiert und wird mittlerweile weitestgehend als ein theoretisches Ideal verstanden (Mellahi und Sminia 2009, S. 3; Sminia 2009, S. 98). Eine Vielzahl von fallstudienbasierten Arbeiten (Bower 1982; Burgelman 1983; Grinyer und Spender 1979; Hinings und Greenwood 1988; Johnson 1987; Lewis 1988; Mintzberg 1973; Pettigrew 1985; Quinn 1980; Sminia 1994; Whipp und Clark 1986) beschreiben in der Folge Strategieprozesse als komplex und durch interne Politik, Macht, Kultur und die eingeschränkte Rationalität (bounded rationality) des Managements beeinflusst (Huff und Reger 1987, S. 213; Mellahi und Sminia 2009, S. 3; Pettigrew und A. M. 1992, S. 6; Sminia 2009, S. 98). Wenngleich diese Prozesse auch das Treffen von Entscheidungen als eine Aktivität umfassen können (Sminia 2009, S. 98), veränderte sich damit das leitende Strategieprozessbild von Entscheidungs- zu Veränderungsprozessen (Pettigrew und A. M. 1992, S. 6). Eine der prägendsten Darstellungen für dieses Strategie- und Strategieprozessverständnis ist die Arbeit von Mintzberg und Waters (1985) (vgl. Abb. 2.9).

Deliberate Strategy

Intended Strategy

Unrealized Strategy

Realized Strategy

Emergent Strategy

Abbildung 2.9: Types of Strategies Quelle: Mintzberg und Waters 1985, S. 258.

Gegenüber der bis dato vorherrschenden Meinung beschrieben die Autoren auf der Grundlage empirischer Beobachtungen die tatsächliche Strategieentwicklungspraxis als einen Prozess, in dem die umgesetzte Strategie (Realized Strategy) nicht der beabsichtigten (Intended Strategy) entsprechen muss. Vielmehr können Teile der beabsichtigten Strategie im Zuge der Umsetzung verworfen werden (Unrealized Strategy) und neue, sich opportunistisch ergebende Elemente (Emergent Strategy) werden

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

91

Teil der tatsächlich realisierten Strategie (Realized Strategy) (Mintzberg und Waters 1985) (vgl. Abb. 2.9). „Comparing intended strategy with realized strategy […] has allowed us to distinguish deliberate strategies - realized as intended - from emergent strategies - patterns or consistencies realized despite, or in the absence of, intentions“ (Mintzberg und Waters 1985, S. 257). Handlungen können theoretischen Überlegungen und rationalen Entscheidungen vorausgehen und werden erst ex post Teil der Strategie. Auch werden nicht immer alle geplanten Strategien tatsächlich umgesetzt (Pettigrew et al. 2002, S. 12). Diese Darstellung kann auch deshalb als Revolution im strategischen Management angesehen werden, da sich damit der zeitliche Horizont eines Strategieprozesses fundamental verändert. Während im klassischen Verständnis die Strategie in einem bestimmten Zeitfenster erarbeitet und danach umgesetzt wird (siehe insbesondere Design- und Planungsschule), so findet die Strategieentstehung (insbesondere die emergente) in der Logik von Mintzberg und Waters de facto permanent statt. Es überrascht daher auch nicht, dass unterschiedliche Autoren in der Folge die strategische Planung kritisiert bzw. sogar deren Untergang prognostiziert haben (Hamel und Prahalad 1994; Mintzberg 1994b; 1994a; Pascale 1990). Im Gegenzug verdeutlichten bspw. Ansoff (1994) sowie Ocasio und Joseph (2008), dass sich das traditionelle Planungsverständnis auch innerhalb der Planungsschule überholt hat und die strategische Planung eine kontinuierliche Evolution an sich verändernde Rahmenbedingungen in Unternehmen durchlaufen muss (und dies auch getan hat). Gegenüber den Erkenntnisbeiträgen von Mintzberg und Waters haben sich weitere Strategieschulen entwickelt, zu denen die Unternehmerschule, die kognitive Schule, die Lernschule, die Machtschule, die Kulturschule, die Umweltschule und die Konfigurationsschule zählen (Mintzberg et al. 1998, S. 17). Gegenüber der Design-, Planungs-, und Positionierungsschule, die einen präskriptiven Anspruch haben, sind diese Schulen im Schwerpunkt deskriptiv (Mintzberg et al. 2003, S. 25). Somit existieren sehr unterschiedliche Ansätze, um Strategieprozesse in Unternehmen zu beschreiben (Sminia 2009, S. 98). Ein weiterer wichtiger Aspekt neben dem Strategieverständnis und dem Einfluss auf den Strategieprozess ist das Verständnis des Begriffs „Prozess“ per se (Sminia 2009, S. 99). Van de Ven und Andrew (1992; S. 169) beschreiben drei unterschiedliche Definitionen: Prozesse „(1) as logic used to explain a causal relationship in a variance theory, (2) as a category of concepts that refer to actions of individuals or organizations, and (3) as a sequence of events that describes how things change over time.“ In dieser Arbeit wird auf die zweite Definition zurückgegriffen, da sie zum gewählten Bezugsrahmen – Activity-Theory und Strategy-as-Practice – passt. Der Beitrag der Strategieprozessforschung innerhalb des strategischen Managements ist damit die Erweiterung der Sichtweise von einer Makro-Perspektive auf die unternehmensinternen Einflussfaktoren (siehe bspw. für Politik Pettigrew (1977) oder für organisatorische Aspekte Normann (1977)) auf Strategiearbeit und damit eine Annäherung an die „Blackbox“ der internen Unternehmensprozesse (Johnson et al. 2003, S. 11). Ein weiterer Beitrag der Strategieprozessforschung kann mit der „Vermenschlichung“ (humanized) des Forschungsfeldes umschrieben werden. Insbesondere durch die

92

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Arbeiten von Mintzberg (1973; 1977; 1987; 1994a; Mintzberg und Waters 1985) veränderte sich die Sichtweise, wer ein Stratege in einem Unternehmen sein kann. Nicht mehr nur der Vorstandsvorsitzende, sondern auch weitere Personen innerhalb und außerhalb des Vorstandes können Strategen sein. Mit der „Vermenschlichung“ war auch ein zweiter wesentlicher Aspekt verbunden: die Abkehr von einem Verständnis, das Strategie als Ergebnis von rein rationalen und bewussten Entscheidungsprozessen versteht (Pettigrew et al. 2002, S. 12). Vielmehr werden auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse Phänomene beschrieben, die zeigen, dass sich Strategien auch emergent, d. h. in Teilen unbeabsichtigt und opportunistisch, entwickeln können. „Deliberate and emergent strategies may be conceived as two ends of a continuum along which real-world strategies lie“ (Mintzberg und Waters 1985, S. 257). Ein dritter wichtiger Beitrag ist die Legitimierung qualitativer gegenüber quantitativen Forschungsansätzen für das strategische Management (Johnson et al. 2003, S. 11). Wesentliche Weiterentwicklungen wurden auf der Grundlage von Fallstudienanalysen erzielt (bspw. Mintzberg 1973; Pettigrew 1985). Als komplementärer Forschungsansatz liefern detaillierte Fallstudien wichtige Erkenntnisse, um die Komplexität von Strategiearbeit und strategischen Veränderungsprozessen ganzheitlicher zu analysieren (Melin 1986, S. 24–25). Einen weiterführenden Überblick über die Strategieprozessforschung bieten bspw. Azar und Brock (2010), Huff und Reger (1987), Hutzschenreuter und Kleindienst (2006), Mellahi und Sminia 2009, Pettigrew (1992), Schendel (1992), Sminia (2009), Van de Ven (1992). Für einen detaillierteren Einblick in die Denkschulen des strategischen Managements findet sich im Anhang eine Zusammenfassung (vgl. Anhang 2). Neben anderen Unterteilungen zu Strategieprozessen, bspw. „life cycle, teleology, dialectics, and evolution“ (Van de Ven 1992), „Rational-Decision-Perspective vs. Descriptive-Process-Perspective“ (Sminia 2009), „Nine major streams of strategic process research“ (Huff und Reger 1987), „strategic decision making school vs. strategic change school“ (Pettigrew 1992), „Rationalistic view“, „incremental view“, „interpretative view“ (Johnson 1987) bietet die Arbeit von Mintzberg et al. (1998) eine differenzierte Sicht und eine weitgehend akzeptierte Einteilung (Fréry 2006; Gilbert und Behnam 2009, S. 71; Mintzberg 1990; 1991; Mintzberg und Lampel 1999; Sminia 2009, S. 98). Die Ausführungen zur Entwicklung der Strategieprozess- und -inhaltsforschung sowie zu den Denkschulen des strategischen Managements haben gezeigt, dass Strategie und Strategieprozesse unterschiedlich definiert werden können. Für die Zielsetzung dieser Arbeit bauen die Definitionen zu Strategieprozessen und -instrumenten auf der Strategy-as-Practice-Perspektive auf. Demnach gilt, „strategy is conceptualized as a situated, socially accomplished activity, while strategizing comprise those actions, interactions and negotiations of multiple actors and the situated practices that they draw upon in accomplishing that activity“ (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8). Gleichzeitig beinhaltet die Strategy-as-Practice-Perspektive sowohl Elemente eines klassischen, hierarchischen Strategieverständnisses (bspw. Design School) als auch eines emergenten Strategieverständnisses (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Vaara und Whittington 2012, S. 3). Innerhalb dieses Verständnisses betont Strategy-as-Practice die Bedeutung und die Existenz einer formalen, analytischen und systematischen Strategiearbeit (Whitting-

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

93

ton 2003, S. 118). Alle Denkschulen beschreiben, dass es neben weiteren Einflussfaktoren auf die und Verständnissen der Strategiearbeit (wie bspw. Emergenz, Machteinflüsse, Lernprozesse) auch eine bewusste (deliberate) Auseinandersetzung mit der Strategie geben kann. Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Für die nähere Betrachtung von Praktiken in der Strategieprozessforschung wird grundsätzlich auf deren Definitionen in Kapitel 2.2.1 verwiesen. Demnach kann zwischen administrativen, diskursiven und episodischen Praktiken unterschieden werden (Jarzabkowski 2005, S. 9). Im Folgenden werden insbesondere administrative und diskursive Praktiken erörtert werden, da diese wie bereits skizziert in Form von Ansätzen für Strategieprozesse (administrative Praktik) und Strategieinstrumenten (diskursive Praktik) wesentliche Elemente der Strategieprozessforschung sind. Rationale, administrative Praktiken werden genutzt, um Strategiearbeit zu organisieren und zu koordinieren (Jarzabkowski 2011, S. 133). Dazu gehören bspw. Planungsmechanismen, Budgets, Forecasts, Kontrollsysteme, Leistungsindikatoren und Ziele (Jarzabkowski 2005, S. 9). Somit gehören auch definierte Vorgehensweisen – wie Routinen in der strategischen Planung – zu Praktiken (Vaara und Whittington 2012, S. 6; Jarzabkowski 2011, S. 133). Zu Diskurspraktiken zählen Strategieinstrumente und -techniken (Jarzabkowski 2005, S. 9). Aufbauend auf den Strategy-as-Practice-Grundlagen (vgl. insbesondere Kap. 2.2.2), gelten folgende Definitionen für einen Strategieprozess und für Strategieinstrumente16 für die vorliegende Arbeit: Ein Strategieprozess ist eine administrative Praktik, welche die formale, analytische und systematische Strategiearbeit organisiert und koordiniert, um sich bewusst mit der Strategie auseinanderzusetzen (siehe auch Jarzabkowski 2008, S. 629). Ein Strategieinstrument ist eine diskursive Praktik, die „numerous techniques, tools, methods, models, frameworks, approaches and methodologies which are available to support decision making within strategic management“ (Clark 1997, S. 417) umfasst.

2.4.2 Strategieprozessmodelle Ein Strategieprozess lässt sich als eine spezifische Praktik interpretieren (Jarzabkowski 2005, S. 9). Ziel dieses Kapitels ist es, eine Orientierung für die empirische Untersuchung in Bezug auf mögliche Eigenschaften von Strategieprozessen als Praktik zu bieten (im Sinne eines deduktiven Vorgehens).

16

Es sei darauf hingewiesen, dass auch administrative und episodische Eigenschaften von Strategieinstrumenten untersucht werden können, bspw. die Vorgehensweisen bei der Nutzung von Strategieinstrumenten und/oder deren Initiierungsfunktion für eine strategische Diskussion. Im Fokus der vorliegenden Untersuchung liegt der Einsatz von Strategieinstrumenten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung; demzufolge werden Strategieinstrumente als diskursive Praktiken betrachtet.

94

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Für die Auswahl relevanter Strategieprozessmodelle werden zwei Kriterien angewandt:  Das dem Modell zugrunde liegende Strategieverständnis widerspricht nicht dem

Strategieverständnis von Strategy-as-Practice: In Kapitel 2.2.1 wurde ausgeführt, dass Strategy-as-Practice sowohl ein klassisches hierarchisches (bspw. Design School) als auch ein emergentes Strategieverständnis17 einschließt (Jarzabkowski et al. 2007, S. 8; Vaara und Whittington 2012, S. 3).  Das Modell widerspricht nicht der gewählten Definition für Strategieprozesse

(vgl. Kap. 2.4.1): Ein Strategieprozess ist eine administrative Praktik, welche die formale, analytische und systematische Strategiearbeit organisiert und koordiniert, um sich bewusst mit der Strategie auseinanderzusetzen. Strategieprozessmodelle, die auf einem klassischen Strategieverständnis aufbauen, erfüllen beide Kriterien. Sie bilden zwar nur einen Teil des Strategieverständnisses ab, werden aber hier dennoch in Form einer Meta-Analyse vorgestelt, da die vorliegende Arbeit die bewusste Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell fokussiert (und nicht bspw. die emergente Entstehung von Geschäftsmodellen). Das Strategieprozessmodell von Farjoun (2002) erfüllt beide Kriterien vollständig und wird im Anschluss an die Meta-Analyse als Referenzpraktik für die empirische Untersuchung vorgestellt. Strategieprozessmodelle auf der Grundlage eines klassischen Strategieverständnisses Eine Meta-Analyse von Strategieprozessmodellen auf Basis eines klassischen Strategieverständnisses bietet die Übersicht von Gilbert und Behnam (2009, S. 72). Die Analyse unterteilt Strategieprozesse in die Phasen (1) strategische Analyse, (2) Strategieformulierung, (3) Strategieimplementierung und (4) strategische Kontrolle (Gilbert und Behnam 2009, S. 71) und führt folgende phasenbezogene Aktivitäten auf (Gilbert und Behnam 2009, S. 72): Für die Phase der strategischen Analyse:  Formulierung von Zielen (bspw. Unternehmenszweck, wesentliche Felder der Ge-

schäftstätigkeit),  Formulierung einer Mission und Vision,  Formulierung der Werte des Topmanagements (siehe auch Phase Strategieformu-

lierung),  Erarbeitung von Strategiealternativen (siehe auch Phase Strategieformulierung),  interne Analyse (Organisation, Ressourcen), 17

Vgl. für eine Ausführung zu unterschiedlichen Strategieverständnissen bspw. Kap. 2.2.1 und 2.3.1.

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

95

 externe Analyse (bspw. Umwelt, Märkte, Kunden, Produkte/Services, Wettbewerb),  SWOT-Analyse,  Trendanalyse,  Gap-Analyse,  Ermittlung von Entscheidungsbedarfen.

Für die Phase der Strategieformulierung:  Formulierung der Werte des Topmanagements (auch in der Phase der strategi-

schen Analyse genannt),  Erarbeitung von Strategiealternativen (auch in der Phase der strategischen Analyse

genannt),  Beschreibung der sozialen Verantwortung,  Gestaltung des Portfolios und Vorausschau der Zukunft,  Identifikation von Optionen zur Schließung möglicher strategischer Lücken,  Formulierung und/oder Anpassung langfristiger Ziele, (strategischer) Pläne,  Formulierung mittelfristiger Programme (Maßnahmen; bspw. auf der Ebene von Pro-

jekten, Mitarbeitern, Investitionsbedarfe),  Formulierung der Strategien: Netzwerk-Strategie, Corporate Strategie, Business

(SBU; Strategic Business Unit), themenbezogene und/oder funktionale Strategien,  Entwicklung von Entscheidungskriterien,  Durchführung einer Machbarkeitsstudie,  Bewertung strategischer Alternativen,  Treffen von Entscheidungen,  Durchsicht und Freigabe der Strategie.

96

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Für die Phase der Strategieimplementierung:  Entwicklung von strategischen Plänen,  Entwicklung von strategischen, kurzfristigen Programmen und taktischen Plänen,  Anpassung der Organisationsstrukturen,  Anpassung der Prozesse,  Anpassung der Führung,  Durchführung der Implementierung,  Erstellung strategischer und operativer Budgets.

Für die Phase der strategischen Kontrolle:  Durchführung von Lagebesprechungen (review),  Durchführung kontinuierlicher Machbarkeitstests zu den Plänen,  Überprüfung und Anpassung der Ziele und Strategien,  Beobachtung des Fortschritts der Strategieerreichung,  Etablierung von Anreizsystemen,  Einholen von Rückmeldungen und (operative) Kontrolle,  Lernen aus den Erfahrungen der Strategieumsetzung.

Strategieprozessmodell auf der Grundlage eines erweiterten Strategieverständnisses Farjoun (2002) stellt ein Strategieprozessmodell vor, das sowohl das Strategieverständnis der präskriptiven Schulen aufgreift (insbesondere das der Design-Schule) als auch Aspekte des Strategieverständnisses der deskriptiven Schulen (bspw. Emergenz) integriert (Farjoun 2002, S. 578). Auch wenn das Modell nicht der Strategy-as-PracticeForschung zuzuordnen ist, so steht sein Strategieverständnis im Einklang mit Strategyas-Practice und weist auch eine Passung zur gewählten Definition für Strategieprozesse auf. Daher dient das Modell als Referenzpraktik für Strategieprozesse in der hier vorliegenden empirischen Untersuchung. Grundlegend für das Modell ist zunächst die Differenzierung zwischen einer mechanistischen und einer organischen Perspektive im strategischen Management. Dabei entspricht die mechanistische Perspektive den präskriptiven (insbesondere der Design-

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

97

Schule), die organische den deskriptiven Denkschulen (Farjoun 2002, S. 561–562). Ziel des Modells ist, wesentliche Aspekte der mechanistischen Perspektive in ein Strategiemodell innerhalb der organischen Perspektive zu integrieren (Farjoun 2002, S. 563). Das Modell bildet sowohl die einmalige als auch die wiederkehrende Durchführung des Prozesses ab (Farjoun 2002, S. 580). Zur Konkretisierung der organischen Perspektive werden drei Säulen vorgestellt: (1) eine Definition für das Strategieverständnis, (2) das Organization-Environment-StrategyPerformance-Erklärungsmodell (OESP) und (3) das organische Modell des strategischen Managementprozesses (Farjoun 2002, S. 570). Das zugrunde liegende Strategieverständnis wird definiert als „planned or actual coordination of the firm’s major goals and actions, in time and space, that continuously co-align the firm with its environment“ (Farjoun 2002, S. 570–571). Damit beinhaltet das Strategiekonzept Elemente sowohl der mechanistischen Perspektive – wie Positionierung und Pläne – als auch der organischen Perspektive – wie emergente Strategie (Farjoun 2002, S. 572). Drei wesentliche Kriterien der organischen Perspektive werden erfüllt: „It emphasizes incessant adaptation and temporal and emergent coordination; it is interactive and emphasizes mutual and dialectic influences; and it integrates external and internal actions, multiple coordination modes and multiple strategy levels“ (Farjoun 2002, S. 572). Das Organization-Environment-Strategy-Performance- (OESP-) Modell dient als metatheoretischer Bezugsrahmen im Einklang mit wesentlichen Theorien der mechanistischen Perspektive (Farjoun 2002, S. 572). Es berücksichtigt das lineare Strategieverständnis der mechanistischen Denkschulen. Diese gehen davon aus, dass eine Strategie vor dem Hintergrund der Eigenschaften einer Organisation und ihres Umfelds formuliert wird und über die Umsetzung zu einer Performance führt (Farjoun 2002, S. 576). Durch die Betonung der „dynamic notions of constructs and relations, reciprocal causation and interaction, and integration across and within constructs. […] and the historical paths linking different constructs, self-loops, and causal relationships between several constructs […]“ (Farjoun 2002, S. 576) werden gleichzeitig auch wesentliche Aspekte einer organischen Perspektive in dem Modell berücksichtigt (Farjoun 2002, S. 576). Der für das Strategieprozessmodell als Referenzpraktik entscheidende Baustein ist das vorgestellte organische Modell für den strategischen Management-Prozess (vgl. Abb. 2.10. Dabei wird strategisches Management definiert als „[…] a process, a progression, which includes the sequence of events and activities over time. We view strategic management as consisting of a one-time mode – dealing with a particular strategy or a single strategic decision – and a recurrent mode – dealing with a continuous stream of strategies and decisions“ (Farjoun 2002, S. 578).

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2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Strategy (incl. goals, postures and moves) Formulation Firm Organization States, forces and developments in the firm‘s resources, relationships, work-flow technology, social structure, and organizational structure and processes (strategy making, organizing, strategic leadership, info processing, etc.)

Scanning, problem finding, interpretation, analysis & evaluation, choice & implementation planning, negotiation, persuasion, invention.

Strategy Realization/Implementation Managing reals-time change, complementing, refining, securing & sequencing strategy.

Firm Environment(s) Actors, their attributes and behaviors, strategies, relationships and performances,developments, forces and discontinuities.

Firm Performance Quality of short- and long-term co-alignment.

Primary direction

Secondary direction

Emergent strategy

Abbildung 2.10: An organic Model of the strategic Management Process: a Summary Form Quelle: Farjoun 2002, S. 579.

Innerhalb des Modells werden zunächst die beiden Subprozesse der Strategieformulierung und der Strategierealisierung/-umsetzung differenziert. Die Aktivitäten der Strategieformulierung entsprechen in weiten Teilen dem Strategieverständnis der präskriptiven Strategieschulen und enthalten daher das „Scanning“, die Problemidentifikation, die Analyse, die Bewertung, die Interpretation und die Auswahl. Die internen Eigenschaften des Unternehmens beeinflussen die Strategieformulierung und werden selbst durch die Ergebnisse der Strategie beeinflusst. Gleiches gilt für die Umweltfaktoren des Unternehmens. Die formulierte Strategie berücksichtigt damit sowohl die externen als auch die internen Einflussfaktoren. Als Erweiterung gegenüber den traditionellen Schulen beinhaltet das Modell die Erarbeitung von Strategieszenarien, die Integration der aktuellen Strategie bzw. die Erfahrungen aus der Historie sowie neue Strategiealternativen und die Formulierung von Implementierungsplänen. Die genannten Aktivitäten sind für alle Strategie-Ebenen relevant und müssen nicht unbedingt in einer vordefinierten Schrittfolge bearbeitet werden (Farjoun 2002, S. 579–581). Die Strategierealisierung/-umsetzung orientiert sich an den formulierten Zielen, Aktivitäten und Plänen und setzt diese um bzw. konkretisiert diese auf weiteren Ebenen des Unternehmens. Die Umsetzung der Strategie wird sowohl durch die Ergebnisse

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

99

der Strategieformulierung als auch durch die Entstehung von emergenten Strategien beeinflusst. Damit stellt die Phase einen strategischen Veränderungsprozess des Unternehmens dar, der sowohl nach innen (durch interne Kommunikation und Unterstützungsleistungen des Managements) als auch nach außen (durch das Management von externen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Organisation) wirkt. Dieser Veränderungsprozess findet auf der Grundlage von Interaktionen innerhalb des Unternehmens und Interaktionen des Unternehmens mit seiner Umwelt statt. Die Leistung und die Strategieumsetzung des Unternehmens werden durch die internen und externen Faktoren beeinflusst – et vice versa. Ergebnis der Wechselwirkungen ist die Unternehmensleistung. Sie lässt sich darin ausdrücken, in welcher Qualität es dem Unternehmen gelingt, sich an Veränderungen der Umweltfaktoren auszurichten. Die Beobachtung dieser Unternehmensleistung findet durch „Feedback, Revision, Learning, Control“ statt. Auch berücksichtigt das Modell die Kritik an der Design-Schule, dass ein Unternehmen ex ante im Rahmen eines Strategieprozesses seine Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (SWOT) nicht realistisch einschätzen kann, indem es die SWOT als ein Ergebnis der Strategierealisierung und -umsetzung positioniert (Farjoun 2002, S. 580–581). Mit Bezug zur vorliegenden Arbeit lässt sich festhalten, dass das Strategieprozessmodell von Farjoun (2002) unterschiedliche Aspekte der Activity-Theory und der Strategyas-Practice-Perspektive unbewusst berücksichtigt, auch wenn es einer anderen Forschungsrichtung zuzuordnen ist. Das Strategieverständnis lässt sich durch die Berücksichtigung der mechanistischen und organischen Sicht mit der gewählten Perspektive der Arbeit vereinbaren. Auch die Benennung von Aktivitäten, die Betonung der Interaktion und der Dynamik sowie die Integration menschlicher, sozialer Faktoren in das Modell bestätigen die Passung. Für die zu untersuchende Geschäftsmodellgestaltung als Teil der Strategieformulierung stehen insbesondere der Umgang mit internen und externen Einflussfaktoren (auch als strategische Analyse zu bezeichnen; siehe Beginn des Kapitels) sowie der Subprozess der Strategieformulierung im Fokus.

2.4.3 Strategieinstrumente und deren Eignung in der Geschäftsmodellgestaltung Definitionen für Strategieinstrumente wurden bei den Definitionen und Grundlagen zu Geschäftsmodellen (Kapitel 2.3.1) bereits vorgestellt und kritisch diskutiert. Vor dem Hintergrund der Kritik wurde eine eigene Definition für Geschäftsmodellinstrumente entwickelt. Diese Definition soll entsprechend angepasst auch für Strategieinstrumente gelten: Strategieinstrumente werden zur Vermittlung und Koordination von Aktivitäten zwischen Individuen in der Auseinandersetzung mit der Strategie eingesetzt. Sie können aus der Theorie oder aus der Praxis entwickelt worden sein. Sie beinhalten akkumuliertes Erfahrungswissen für die Lösung vergleichbarer Problemstellungen im strategischen Management und bieten damit Menschen Hilfestellungen.

100

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Strategieinstrumente bieten als Hauptfunktionen einen Rahmen für Strategizing und das Treffen von strategischen Entscheidungen (Chesley und Wenger 1999, S. 70; Gunn und Williams 2007, S. 201; Mintzberg et al. 1998, S. 41–42; Pickton und Wrigth 1998, S. 102; Wright et al. 2013, S. 94) sowie eine Struktur für Strategiediskussionen (Hodgkinson et al. 2006, S. 484; March 2006, S. 202). Durch den Einsatz von Instrumenten können neue Perspektiven eingenommen und so neue Ideen generiert (Knott 2006) sowie kognitive Limitationen (Bounded Rationality) teilweise überwunden werden (Gunn und Williams 2007, S. 203). Zudem bieten Instrumente eine gemeinsame Sprache für Strategiediskussionen (Barry und Elmes 1997, S. 433). Spee und Jarzabkowski weisen kritisch darauf hin, dass der Einsatz von Instrumenten eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Strategieverständnis sowohl fördern als auch behindern können – je nachdem, mit welcher Zielsetzung und Intention sie in den Strategieprozess integriert werden (Spee und Jarzabkowski 2009, S. 225). Grundsätzlich bieten Instrumente bei Strategiediskussionen den Bezugsrahmen, um Strategien in einer gemeinsamen Sprache zu konkretisieren und dadurch zu legitimieren (Hardy et al. 2000, S. 1227; Jarzabkowski 2005, S. 9; Hendry et al., 2010). Dabei helfen sie, komplexe Sachverhalte darzustellen und die Kommunikation zu verbessern (Frost 2003, S. 50). Instrumente werden in der Regel in einem spezifischen Kontext, zur Unterstützung einer spezifischen strategischen Aufgabe angewendet. Damit betrachten sie jeweils nur einen Teilaspekt des strategischen Managements (Frost 2003, S. 50). Instrumente werden unterschiedlich häufig in Unternehmen eingesetzt und unterliegen demnach einer Entwicklung: Sie gewinnen und verlieren an Bedeutung und werden durch neue ersetzt (Rigby 2001a, S. 142). Ihre Nutzung variiert von Unternehmen zu Unternehmen (Spee und Jarzabkowski 2009, S. 223). Dabei sind erfolgreiche Unternehmen tendenziell zufriedener mit deren Einsatz (Rigby 2001a, S. 150) und ihre Manager in der Lage, sie mit größerem Nutzen einzusetzen. (Rigby 2001a, S. 152). Doch der Einsatz von Instrumenten wird auch kritisch betrachtet, denn a priori können Akteure nicht beurteilen, welches Wissen oder welche Ideen in den darauffolgenden Schritten eines Strategieprozesses relevant sein werden. Erst durch die Konfrontation einer Idee mit den Marktkräften zeigt sich, ob sie eine „gute“ Idee war. Dieser Argumentation folgend ist es quasi unmöglich, a priori das „richtige“ Instrument auszuwählen, das die „richtigen“ Fragen stellt und die „richtigen“ Ideen liefert (Bharadwaj et al. 2005, S. 352). Jarrat und Stiles (2010) fassen die Kritik wie folgt zusammen: Instrumente beinhalten „dangers of oversimplification, the lack of explanatory or predictive value, inadequate definition and prioritization of factors identified for interrogation, frequent disagreement on which factors should be included, re-enforcing of entrenched mental models, and confining deliberations to ‘elaborations and extensions of what is already known’ “ (Jarratt und Stiles 2010, S. 29). Gerade deshalb ist es wichtig, die Vor- und Nachteile von Instrumenten, ihren jeweiligen Mehrwert sowie den geeigneten Einsatzzeitpunkt und dafür notwendige Fähigkeiten besser zu verstehen (Jarratt und Stiles 2010, S. 29; Rigby und Bilodeau 2011, S. 5; Stenfors 2007; Wright et al. 2013, S. 95). Der folgende Überblick zeigt, dass der Einsatz von Instrumenten (ob sinnvoll oder nicht) gängige Praxis von Strategen ist.

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

101

Eine abschließende Übersicht über Strategie- und Managementinstrumente ist aufgrund ihrer Vielfalt schwierig (Clark 1997, S. 418) – auch weil entsprechende Studien entweder ohne oder mit einer breiten Definition für Strategieinstrumente arbeiten (vgl. Kap. 2.3.1). Eine Meta-Analyse von Arbeiten über Strategie- und Managementinstrumente zeigt daher wenig überraschend deren große Bandbreite (Clark 1997; Frost 2003; Rigby 2001a; Rigby und Bilodeau 2011; Wright et al. 2013; für die Nutzung an Universitäten siehe Hansen 2012, in Stadtverwaltungen siehe Poister und Streib 2005). Die Studien enthalten dabei unterschiedliche Typen von Instrumenten: Instrumente mit hoher Konkretisierung und Standardisierung (bspw. SWOT-Analyse, Porters’s FiveForces, Boston-Consulting Group Matrix), zur Beschreibung genereller Vorgehensweisen (bspw. strategische Planung, Benchmarking, Kundensegmentierung, Brainstorming, Outsourcing, Befragungen, virtuelle Teams, Fokusgruppen), als Verkörperung einer Managementphilosophie (Total Quality Management, Shareholder Value Analysis, Business Process Reengineering) oder Instrumente, die konkrete Werkzeuge benennen (bspw. Excel-Spreadsheets). In einer anderen groben Kategorisierung differenziert Clark (1997) zwischen strategischen Ansätzen (bspw. SWOT), prozessorientierten Ansätzen (bspw. Fokusgruppen) und technischen Instrumenten (bspw. ExcelSpreadsheets) und weist gleichzeitig auf den Forschungsbedarf zur Kategorisierung von Instrumenten hin (Clark 1997, S. 425). Die bisherigen Untersuchungen zu Strategieinstrumenten können kritisiert werden, da sie mit einem breiten Verständnis von Instrumenten arbeiten (häufig ohne eine Definition von Instrumenten) und die genannten Instrumente nicht konkret beschreiben (vgl. Kap. 2.3.1); damit obliegt es schlussendlich dem Leser, die jeweilige Bezeichnung zu interpretieren. In den Studien wird die Häufigkeit der Anwendung der jeweils aufgeführten Instrumente (Rigby 2001a; Rigby und Bilodeau 2011) betrachtet bzw. der Kontext der strategischen Aufgaben, die damit unterstützt werden sollen, analysiert (Clark 1997; Frost 2003). Damit bleibt es bei einer großen Anzahl an Instrumenten unklar, was damit für eine praktische Anwendung genau gemeint sein soll bzw. welches/ob sich ein konkretes Instrument dahinter (wie bspw. eine SWOT-Analyse) verbirgt. Vielfach verkörpern die genannten Instrumente eher eine „Denkrichtung“ (z. B. Activity based Management, Budgeting/Budgets, Business Process Reengineering, Change Management Programs, Corporate Models, Decision Rights tools, Downsizing, Management Profiles, Reengineering, Social Media Programs) als konkrete Instrumente. Zu einem gewissen Grad ist die Arbeit von Wright et al. (2013) als Ausnahme einzustufen, da sie die Nutzung einer Auswahl von Instrumenten untersucht: Sie fokussiert insbesondere auf Instrumente mit hoch standardisierten Eigenschaften und Anwendungen (bspw. VRIO-Modell, Porter’s Five-Forces, Balanced Scorecard). In der folgenden Übersicht werden die häufig genutzten Instrumente auf Basis der Arbeiten von Clark (1997), Frost (2003), Rigby (2001a), Rigby und Bilodeau (2011) und Wright et al. (2013) gegenübergestellt (vgl. Tab. 2.2). Die am häufigsten genannten Instrumente werden in Tab. 2.3 kurz zusammengefasst (für eine detaillierte Beschreibung der Instrumente vgl. Anhang 3) bzw. detaillierter beschrieben, wenn sie in mindestens drei Studien erwähnt wurden.

102

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

Tabelle 2.2:

Übersicht häufig genutzter Strategieinstrumente

103

104

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

Tabelle 2.3: Gegenstand, Zielsetzung und Beispiele für gängige Strategieinstrumente

105

106

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Eignung der Strategieinstrumente in der Geschäftsmodellgestaltung Unter der Geschäftsmodellgestaltung werden die Konfiguration von Geschäftsmodellkomponenten und die damit verbundenen Entscheidungen verstanden (vgl. Kap. 2.3.1). Die Konfiguration von Geschäftsmodellkomponenten kann durch Impulse und/oder kreativitätsfördernde Aspekte unterstützt werden, die sich auf einzelne oder mehrere der Komponenten beziehen. Dabei können Entscheidungen durch alle Bewertungshilfsmittel unterstützt werden (siehe bspw. Vorgehensweise nach Osterwalder und Pigneur (2008) in Kap. 2.3.2). Die Abgrenzung der Begriffe „Strategie“ und „Geschäftsmodell“ hat auch deren enge Verbindung aufgezeigt (vgl. Kap. 2.3.1). Das Treffen von strategischen Entscheidungen ist Gegenstand der Phase der Strategieformulierung in Strategieprozessen (vgl. Kap. 2.4.2). Dieser Logik folgend ist die Geschäftsmodellgestaltung ebenso Teil der Strategieformulierungsphase. Entsprechend der gewählten Referenzpraktik für ein Strategieprozessmodell wird angenommen, dass es vor der Strategieformulierung bzw. der Geschäftsmodellgestaltung eine Vorbereitungs- oder Analysephase zur Sammlung und Aufbereitung von Informationen zu den externen und internen Rahmenbedingungen geben kann (vgl. bspw. Kap. 2.4.2; innerhalb des Kapitels 2.3.2 die Phase „Understand“ nach Osterwalder und Pigneur (2010); Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 183; Knott 2006). Dementsprechend ist ein weiteres Kriterium, inwieweit Strategieinstrumente der Informationssammlung als Vorbereitung der Geschäftsmodellgestaltung dienen können. Da jede Information auch potenziell einen Impuls liefern kann, soll ein Impuls als konkreter Ansatzpunkt für die Entwicklung einer Idee für eine oder mehrere Komponenten des Geschäftsmodells verstanden werden. Eine Aktivität der Referenzpraktik in der Phase der Strategieformulierung und Geschäftsmodellgestaltung ist auch die Bewertung der Strategie/des Geschäftsmodells. Auch hierfür können Strategieinstrumente genutzt werden (vgl. Kap. 2.4.2). Damit sind drei Kriterien für die Beurteilung der Eignung von Strategieinstrumenten bei der Geschäftsmodellgestaltung wichtig: die Lieferung von Informationen zu externen und/oder internen Rahmenbedingungen (Analysephase), die Lieferung von Impulsen (inkl. Kreativitätsförderung) (Geschäftsmodellgestaltungsphase) und die Lieferung von Bewertungshilfen zur Entscheidungsfindung (Geschäftsmodellgestaltungsphase). Die Bewertung (vgl. Tab. 2.4) der Instrumente erfolgt anhand einer Einschätzung, inwieweit das Kriterium – bei den gegebenen Eigenschaften der Instrumente (vgl. dieses Kapitel und Anhang 3) – erfüllt/nicht erfüllt ist.

107

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

Phase

Analysephase

Kriterium/ Strategieinstrument

Geschäftsmodellgestaltungsphase

Lieferung von Informationen zu externen und/oder internen Rahmenbedingungen

Lieferung von Impulsen (inkl. Kreativitätsförderung)

Lieferung von Bewertungshilfen zur Entscheidungsfindung

Benchmarking







Industrieanalyse/ Porter‘s Five-Forces







Kernkompetenzen







Kundenzufriedenheitsanalysen







Marktanalysen







Mission und Vision







Portfolioanalysen







Umfeld-/Trendanalyse







SWOT-Analyse







Szenarioanalyse







Wertkettenanalyse







Tabelle 2.4:

Erfüllt



Nicht erfüllt



Bewertung der Eignung von gängigen Strategieinstrumenten für Phasen der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung.

Als Instrument ist Benchmarking innerhalb des Strategieprozesses der strategischen Analyse zum Zweck der Informationsbeschaffung zuzuordnen. Wie dargestellt, können zu allen Dimensionen eines Geschäftsmodells Benchmarks erstellt werden. Das Benchmarking von Geschäftsmodellen wird nicht beschrieben, dennoch könnte man es zur Entscheidungsunterstützung zu einzelnen Komponenten des Geschäftsmodells nutzen.

108

2 BEGRIFFLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Die Industrie-/Branchenstrukturanalyse (Porter’s Five-Forces) ist innerhalb des Strategieprozesses der strategischen Analyse zuzuordnen. Im Rahmen der Strategieformulierung bzw. Geschäftsmodellgestaltung könnte es auch als Impulslieferant zur Positionierung des Geschäftsmodells und zur Spiegelung und Bewertung der gewählten Strategie bzw. des gewählten Geschäftsmodells gegenüber der Branchenstruktur genutzt werden. Die Identifikation von Kernkompetenzen ist innerhalb des Strategieprozesses zunächst der strategischen Analyse zuordnen. Auf Basis der Kernkompetenzen können Strategien in der Strategieformulierungsphase entwickelt werden. Innerhalb des Ansatzes von Osterwalder und Pigneur (2010) wurden als Instrument die „Ideation“ und innerhalb dieses Instruments bspw. die „Resource-driven“ Geschäftsmodellgestaltung beschrieben. Entsprechend können aus Kernkompetenzen konkrete Impulse für das Geschäftsmodell folgen und potenziell auch relevante Fähigkeiten bspw. mittels VRIOModell bewertet werden. Kundenzufriedenheitsanalysen im Allgemeinen und das Kano-Modell (vgl. Anhang 3) im Speziellen sind zunächst der strategischen Analyse zuzuordnen. Auf der Grundlage der Ergebnisse können das Produktportfolio, die Kundensegmentierung, die Kundenbindungsmaßnahmen oder auch die Preisgestaltung weiterentwickelt werden. Als Instrument sind Marktanalysen innerhalb des Strategieprozesses der strategischen Analyse zuzuordnen. Im Rahmen der Strategieformulierung bzw. Geschäftsmodellgestaltung können sie als Informationsgrundlage dienen und konkrete Impulse für die Festlegung von bspw. Kundensegmenten, Zielmärkten und/oder Technologien liefern. Die Aussagen einer Vision und Mission haben strategischen Charakter (Cady et al. 2011, S. 65; Grant und Nippa 2006, S. 88; Kaplan 2009, S. 53). Wie in Kapitel 2.4.2 zu „Strategieprozessmodellen“ gezeigt wurde, ordnen die meisten dieser Modelle die Entwicklung der Vision und Mission in die Phase der strategischen Analyse ein. Dennoch können die Inhalte sowohl einen übergeordneten Zielcharakter für das Geschäftsmodell haben als auch – in Form der Inhalte der Mission – Anhaltspunkte für die Ausgestaltung der Komponenten bieten. Portfolioanalysen können sowohl der Phase der strategischen Analyse als auch der Strategieformulierung innerhalb des Strategieprozesses zugeordnet werden. Viele der Portfoliologiken formulieren für die Felder der Matrix Normstrategien bzw. Empfehlungen für den Umgang mit dem Objekt in dem jeweiligen Feld (bspw. BCG-Portfolio, McKinsey-Matrix, Wertbeitragsportfolio, Value-Creation-Matrix, Performance-Matrix, marktbezogenes Kompetenzportfolio). Damit sind Portfoliologiken neben ihrer Analysefunktion auch ein Instrument zur Unterstützung von strategischen Entscheidungen im Rahmen der Strategieformulierung.

2.4 PRAKTIKEN IN DER STRATEGIEPROZESSFORSCHUNG

109

Die Instrumente der Umwelt- und Trendanalyse sind im Strategieprozess primär der strategischen Analyse zuzuordnen. Sie können aber auch Impulse für bspw. relevante Zukunftstechnologien, attraktive Märkte oder auch für zukünftige Kundenbedürfnisse und für passende Leistungsangebote geben. Die SWOT-Analyse kann sowohl der Phase der strategischen Analyse als auch der Strategieformulierung zugeordnet werden. Durch ihren konzeptionellen Rahmen bietet sie die Möglichkeit, strategische Handlungsempfehlungen zu entwickeln (Normstrategien). Zudem zeigt die angepasste Anwendung nach Osterwalder und Pigneur (2010) ihre Eignung für die Bewertung des Geschäftsmodells auf (vgl. Kap. 2.3.2). Das Instrument der Szenarioanalyse ist im Strategieprozess primär der strategischen Analyse zuzuordnen. Die Ergebnisse liefern konkrete Impulse in Form der Zukunftsbilder für bspw. die Gestaltung der Value Proposition. Die Wertkettenanalyse kann primär der Phase der strategischen Analyse zugeordnet werden. Gleichzeitig kann sie für die Gestaltung der Wertschöpfungskette oder der wichtigsten Prozesse Impulse liefern und auch zur Bewertung von alternativen Optionen beitragen.

110

3

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Entwicklung eines Activity-Theorybasierten Bezugsrahmens

3.1 Grundlagen des Bezugsrahmens Als Grundlage für den Bezugsrahmen dient das von Jarzabkowski (2011, S. 130) entwickelte „Activity-Framework for studying Strategy as Practice questions“, das in ähnlicher Form auch in anderen Arbeiten zu finden ist bzw. verwendet wird (bspw. Allen et al. 2011; Blackler et al. 2000; Engeström 1993; 2000a, b; 2001; Jarratt und Stiles 2010; Jarzabkowski 2003; Kaptelinin und Nardi 2006). Der Bezugsrahmen baut auf der Activity-Theory auf und verbindet diese mit der Strategy-as-Practice-Forschung (Jarzabkowski 2011, S. 127). Die Dimensionen des Bezugsrahmens sind: das Activity-System (A), Strategiepraktiken zur Mediation (B), das Kollektiv (C), die zielorientierte Aktivität (D) und die einzelnen Subjekte (E). Als weitere Dimension (F) ist das Activity-System kulturell und historisch eingebettet und entwickelt sich fortlaufend weiter (Jarzabkowski 2011, S. 130). Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Untersuchung der Praktiken (Dimension B) im Kontext der anderen Dimensionen des Bezugsrahmens (vgl. Abb. 3.1). Daher werden zunächst die Schwerpunktdimension „Mediation durch StrategiePraktiken“ detailliert dargestellt und die Propositionen entwickelt (Kapitel 3.2). Danach werden die weiteren Dimensionen als Kontextfaktoren mit ihren wechselseitigen Beziehungen erläutert und ebenfalls die Propositionen abgeleitet (Kapitel 3.3). Entsprechend den genannten Quellen für die Activity-Theory (insbesondere Engeström 2000a; 2000b; Jarzabkowski 2011) wird auch in der vorliegenden Arbeit von einer wechselseitigen Beeinflussung der Dimensionen des Bezugsrahmens ausgegangen (vgl. auch Kap. 2.1 und 2.2.1). Es ist nicht die Zielsetzung dieser Arbeit, die postulierten Verhältnisse der Dimensionen über die empirische Untersuchung in die Logik einer UrsacheWirkungs-Beziehung zu überführen. Dennoch führen auch in den genannten Ansätzen der Activity-Theory die Aktivitäten zu Ergebnissen. So beschreibt Engeström (2000, S. 962) die Resultate als eine Art abhängige Variable des Activity-Systems. Beispielsweise führt die Untersuchung eines Patienten durch einen Arzt unter Zuhilfenahme eines Stethoskops und dem Stellen von Fragen (beides Praktiken) zu einer vorläufigen Diagnose als Ergebnis (Engeström 2000, S. 962). Hier könnte man den Arzt fragen, inwieweit ihm das Stethoskop und die Fragen bei der Formulierung seiner Diagnose geholfen haben bzw. nützlich erschienen. Überträgt man dieses Beispiel auf die vorliegende Arbeit, so ist das Ergebnis der untersuchten Aktivitätensysteme ein weiterentwickeltes Geschäftsmodell. Mit den Fallbeschreibungen können die eingesetzten Praktiken zur Erzielung dieses Ergebnisses erörtert werden. Damit wird jedoch auch deutlich, dass neben den verwendeten Praktiken auch die anderen Dimensionen die Zufriedenheit mit dem erzielten Ergebnis beeinflussen können. Trotz dieser Einschränkungen soll die Zufriedenheit der beteiligten

111

3.2 MEDIATION DURCH PRAKTIKEN IM BEZUGSRAHMEN

Personen mit den verwendeten Praktiken als plausibler Indikator zur Einschätzung des Nutzens der Praktiken herangezogen werden. Die gesamthafte Beschreibung der Dimensionen B–E bildet schlussendlich das Activity-System (Dimension A) ab (siehe Pfeil zu Activity-System in Abb. 3.1), das in einen kulturellen und historischen Kontext eingebettet ist und sich kontinuierlich entwickelt (Dimension F). Theoretischer Bezugsrahmen Kontextfaktoren

(D) Zielorientierte Aktivität (Praxis)

Fokus der Untersuchung (A) Activity-System (B) Mediation: Praktiken

(C) Kollektiv

(E) Subjekt

(F) Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd

Abbildung 3.1: Grundlagen eines Bezugsrahmens zur Untersuchung von Strategy-as-Practice-Forschungsfragen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

3.2 Mediation durch Praktiken im Bezugsrahmen Die Mediation durch Praktiken (Dimension B, vgl. Abb. 3.1) ist ein wesentlicher konzeptioneller Bestandteil der Activity-Theory: „Mediation is a distinctive concept in activity theory that explains how individual actors, the community and their shared endeavours are integrated in the pursuit of activity“ (Jarzabkowski 2011, S. 130). Mit der Beschreibung der Dimension werden auch die Wechselbeziehungen zu den anderen Dimensionen (vgl. Pfeile und Verbindungslinien in Abb. 3.1) erörtert.18

18

Um eine Redundanz der Inhalte zu vermeiden, wird zusätzlich auf die geschilderten Wechselwirkungen in Kapitel 2.1.2 und 2.1.2 verwiesen.

112

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Die Interaktion zwischen Akteuren ist der Ausgangspunkt der Activity-Theorie (Vygotsky 1978, S. 79–80). Die Aktivität der Akteure hat dabei eine vermittelnde (Mediating) Funktion zwischen dem Subjekt bzw. dem Akteur, dem Objekt und dem verwendeten Artefakt (bspw. ein Instrument, eine Sprache) (Vygotsky 1978, S. 40). Die Instrumente unterstützen die Interaktion zwischen den Akteuren und beeinflussen die Art und Weise, wie Menschen mit der Realität interagieren und Objekte verändern (Vygotsky 1978, S. 24–26; Wertsch 1985, S. 79). Das heißt auch, dass Instrumente Einfluss auf ihre Umwelt haben. Gleichzeitig verkörpern sie das akkumulierte Wissen und die Erfahrung von Menschen bei der Lösung vergleichbarer Probleme (Kaptelinin et al. 1999, S. 31– 32). Diese akkumulierte Erfahrung drückt sich sowohl in den Eigenschaften des Instruments als auch in den Erfahrungen beim Umgang mit dem Instrument aus (Kaptelinin et al. 1999, S. 31–32). Da die Nutzung von Instrumenten Gegenstand praktischer, zielorientierter Aktivität ist, bietet gerade deren Studium einen Zugang, um die Interaktion in der gemeinsamen zielorientierten Aktivität innerhalb einer Gruppe zu erforschen (Jarzabkowski 2011, S. 128). Aufbauend auf der Activity-Theory werden u. a. Instrumente in der Begriffsdefinition der Strategy-as-Practice-Forschung als Praktiken angesehen: „Strategy practices are the social, symbolic, and material tools through which strategy work is done. These practices include those theoretically and practically derived tools that have become part of the everyday lexicon and activity of strategy, such as Porter’s five forces, decision modeling and budget systems, and material artifacts and technologies, such as PowerPoint, flipcharts, and spreadsheets“ (Jarzabkowski und Whittington 2008, S. 282). Praktiken sind somit koordinierende Mechanismen der Strategiearbeit (Jarzabkowski 2011, S. 133). Sie haben einen „Routine-Charakter“ und bestimmte Eigenschaften (Reckwitz 2002, S. 249). Definierte Vorgehensweisen in der Strategiearbeit, wie Routinen in der strategischen Planung oder in Strategie-Workshops, zählen zu Praktiken (Jarzabkowski 2011, S. 133; Vaara und Whittington 2012, S. 6). Wie in Kapitel 2.2.1 dargestellt wurde, können Praktiken in drei Kategorien unterschieden werden: administrative, diskursive und episodische Praktiken (Jarzabkowski 2005, S. 9). Diese Kategorien betonen jeweils unterschiedliche Eigenschaften von Praktiken (vgl. Kap. 2.2.1). Um eine sowohl differenzierte als auch ganzheitliche Sicht auf Praktiken in der Untersuchung zu ermöglichen, werden alle drei Kategorien betrachtet. Die Übersichten zum Stand der Forschung von Strategy-as-Practice (vgl. Kap. 2.2.3), zu Praktiken in der Geschäftsmodellforschung (vgl. Kap. 2.3) und zu Praktiken in der Strategieprozessforschung (vgl. Kap. 2.4) zeigen, dass alle drei Kategorien koexistieren. Bereits in der Einleitung wurde die Differenzierung von Geschäftsmodell- und Strategie-Praktiken für die vorliegende Arbeit eingeführt (vgl. Kap. 1.1). Daraus ergibt sich eine Matrix aus diesen Kategorien von Praktiken und deren Anwendung auf Geschäftsmodelle und Strategien. Der Bezugsrahmen wird wie folgt konkretisiert (vgl. Abb. 3.2); die Wechselbeziehungen werden in den folgenden Abschnitten erläutert.

113

3.2 MEDIATION DURCH PRAKTIKEN IM BEZUGSRAHMEN

(B) Mediation:

(B) Mediation: Praktiken

Geschäftsmodell-Praktiken

Strategie-Praktiken

Administrativ

Vorgehen in der Geschäftsmodellgestaltung

Vorgehen im Strategieprozess

Diskursiv

Geschäftsmodellinstrumente

Strategieinstrumente

Episodisch

GeschäftsmodellWorkshops

StrategieWorkshops

Abbildung 3.2: Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Mediation: Praktiken“ Quelle: Eigene Darstellung.

Mit dem Fokus der vorliegenden Untersuchung auf Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung wird folgende Proposition formuliert: Proposition B01: Wenn ein Geschäftsmodell gestaltet wird, dann werden hierzu administrative, diskursive und episodische Praktiken kombiniert. Unter den administrativen Praktiken sollen Vorgehensweisen zur Geschäftsmodellgestaltung sowie Strategieprozessmodelle und eine mögliche Integration beider Praktiken untersucht werden (vgl. Abb. 3.2). Die Strategy-as-Practice-Forschung betont die Existenz einer formalen, analytischen und systematischen Strategiearbeit (Whittington 2003, S. 118). Der Stand der Forschung zu Geschäftsmodellinstrumenten hat gezeigt, dass die in den vorgestellten Ansätzen beschriebenen Vorgehensweisen ebenfalls einem systematischen und analytischen Prozess folgen (vgl. Kap. 2.3.2). Auch das Strategieprozessmodell von Farjoun (2002) beschreibt eine derartig zu charakterisierende Vorgehensweise (vgl. Kap. 2.4.2). Diese Erkenntnisse führen zu Formulierung folgender Proposition: Proposition B02: Wenn ein Geschäftsmodell bewusst gestaltet wird, dann folgt diese Gestaltung einem systematischen und analytischen Prozess. Die beschriebenen Vorgehensweisen der Geschäftsmodellgestaltung (vgl. Kap. 2.3.2) und in Strategieprozessmodellen (vgl. Kap. 2.4.2) haben gezeigt, dass eine Integration von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung in Strategieprozessmodelle noch nicht existiert. Gleichzeitig weisen Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 183) auf diesen Bedarf der Integration hin. Auch im Strategieverständnis von Strategy-as-Practice kann die Gestaltung von Geschäftsmodellen als Bestandteil der Strategiearbeit (Strategizing) verstanden werden, sodass diese integrative Sicht opportun erscheint (vgl. Kap. 2.2.1). Aus diesen Erkenntnissen abgeleitet wird folgende Proposition formuliert:

114

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Proposition B03: Wenn Geschäftsmodelle gestaltet werden, dann ist die Vorgehensweise in den Strategieprozess integriert. Als diskursive Praktiken werden Geschäftsmodell- und Strategieinstrumenten untersucht (vgl. Abb 3.2). In Kapitel 2 wurde eine Vielzahl von Eigenschaften von Geschäftsmodell- und Strategieinstrumenten vorgestellt, die nun zusammengefasst werden (für ausführliche Beschreibungen siehe Kap. 2). Dabei beziehen sich die Charakteristika der Instrumente entweder direkt auf das Geschäftsmodell oder sie werden für die Formulierung der folgenden Propositionen als Analogien auf Geschäftsmodellinstrumente übertragen. Hauptfunktionen von Strategieinstrumenten sind, einen Rahmen für Strategizing und das Treffen von strategischen Entscheidungen (Chesley und Wenger 1999, S. 70; Gunn und Williams 2007, S. 201; Mintzberg et al. 1998, S. 41–42; Pickton und Wrigth 1998, S. 102; Wright et al. 2013, S. 94) und eine Struktur für Strategiediskussionen (Hodgkinson et al. 2006, S. 484; March 2006, S. 202) zu bieten. Dabei macht gerade diese Strukturierungsfunktion den Nutzen von Instrumenten aus (Wright et al. 2013, S. 114–115). Die Ausführungen in Kapitel 2.3.2 haben gezeigt, dass auch Geschäftsmodellinstrumente einen strukturierenden Rahmen für die Beschreibung des Geschäftsmodells und das Treffen von entsprechenden Entscheidungen bieten können (Afuah und Tucci 2001, S. 4; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166; Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 533; Demil und Lecocq 2010, S. 227; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 172; Morris et al. 2005, S. 733). Konkret lässt sich dies anhand der Ansätze – und der darin enthaltenen Geschäftsmodellkomponenten zur Gestaltungs- und Entscheidungsunterstützung – von Zott und Amit (2010), Casadesus-Masanell und Ricart (2010), Osterwalder und Pigneur (2010) und Johnson et al. (2008) nachvollziehen. Die Erkenntnisse zu Strategie- und Geschäftsmodellinstrumenten werden wie folgt als Proposition formuliert: Proposition B04: Wird ein Geschäftsmodellinstrument eingesetzt, dann a) bietet es eine Struktur (über die Komponenten) für Geschäftsmodelldiskussionen/-entscheidungen, Durch den Einsatz von Instrumenten können neue Perspektiven auf Strategieinhalte eingenommen werden (Knott 2006; Eppler und Platts 2009, S. 66). In dieser Funktion sehen Wright et al. (2013, S. 114–115) einen zentralen Mehrwert von Strategieinstrumenten. Die Darstellung des Geschäftsmodells in einer aggregrierten Form ist ein Beispiel für solch eine neue Perspektive. „[…] the formalization and synthesis of the business model into a ‘one-page’ document seemingly had forced them to objectively, yet analytically, reflect what they and their teams were actually doing“ (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179). Daher wird folgende Proposition formuliert:

3.2 MEDIATION DURCH PRAKTIKEN IM BEZUGSRAHMEN

115

b) bietet es eine neue Perspektive auf die Strategie, Durch den Einsatz von Instrumenten können neue Ideen generiert werden (Knott 2006). Auch Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 180) zeigen, dass in Verbindung mit einer betont offenen und unstrukturierten Diskussion bei gleichzeitiger Orientierung am Strukturierungsraster des Geschäftsmodellsinstruments neue Ideen entwickelt werden konnten. Demnach wird folgende Proposition formuliert: c) erhöht der Einsatz die Anzahl generierter Ideen für das Geschäftsmodell, Strategieinstrumente fördern den Dialog unter den beteiligten Akteuren (Moisander und Stenfors 2009, S. 227). Zudem unterstützen sie die Entstehung einer gemeinsamen Sprache für Strategiediskussionen (Barry und Elmes 1997, S. 433). Damit bieten Instrumente den Nährboden, um durch die geführten Strategiediskussionen anhand des gebotenen Bezugsrahmens die beabsichtigten Strategien in einer gemeinsamen Sprache zu konkretisieren und dadurch zu legitimieren (Hardy et al. 2000, S. 1227; Jarzabkowski 2005, S. 9; Hendry et al., 2010). Auch die geschäftsmodellspezifischen Terminologien (bspw. „Customer Value Proposition“) scheinen hilfreich, um eine gemeinsame Sprache zu entwickeln (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 179). Aus diesen Erkenntnissen wird folgende Proposition abgeleitet: d) unterstützt es die Entstehung einer gemeinsamen Sprache, eines gemeinsamen Verständnisses zu Inhalten und die Kommunikation unter den beteiligten Akteuren, Strategieinstrumente helfen bei der Darstellung komplexer Sachverhalte (Frost 2003, S. 50). Sie werden in der Regel in einem spezifischen Kontext zur Unterstützung einer spezifischen strategischen Aufgabe angewendet. Damit dienen sie jeweils nur der Beantwortung eines Teilaspektes des strategischen Managements (Frost 2003, S. 50). Durch die Fokussierung auf die Beantwortung partieller Fragestellungen kann eine Reduzierung der Komplexität für die beteiligten Personen gefolgert werden. e) macht es die Komplexität in der Strategiearbeit beherrschbarer, Die Bedeutung der Visualisierung in Strategieprozessen untersuchen Eppler und Platts (2009). Die Vorteile der Visualisierung liegen in der Dokumentation der Veränderungen, einer Orientierung im Strategieprozess und einer Verbesserung des Verständnisses der Zusammenhänge (Eppler und Platts 2009, S. 66). Auch in der Fallstudienuntersuchung von Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 179) hat die Visualisierung des Geschäftsmodells eine hervorgehobene Bedeutung. Sie steigerte die persönliche Identifikation und Zufriedenheit mit dem erzielten Ergebnis. Die Ansätze von Casadesus-Masanell und Ricart (2010), Osterwalder und Pigneur (2010), Hacklin und Wallnöfer (2012) und Johnson et al. (2008) umfassen ebenfalls Visualisierungsformen für das Geschäftsmodell. Aus diesen Erkenntnissen wird folgende Proposition abgeleitet:

116

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

f)

hat die Visualisierung19 eine hohe Bedeutung,

Im Verständnis von Strategy-as-Practice umfasst Strategizing sowohl die bewusste Strategieformulierung als auch andere Aktivitäten, die unbewusst zur Entstehung von Strategien führen (Vaara und Whittington 2012, S. 3). Im Rahmen einer bewussten Auseinandersetzung mit der Strategie bzw. dem Geschäftsmodell bieten Instrumente einen strukturierenden Rahmen für die Beschreibung und Weiterentwicklung des aktuellen Geschäftsmodells (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 166). Aus diesen Erkenntnissen wird folgende Proposition abgeleitet: g) sowohl zur Dokumentation bestehender Geschäftsmodelle als auch zur bewussten (Weiter-)Entwicklung von Geschäftsmodellen, Hauptfunktion von Strategieinstrumenten ist, wie bereits ausgeführt, einen Rahmen für das Treffen strategischer Entscheidungen zu bieten (Chesley und Wenger 1999, S. 70; Gunn und Williams 2007, S. 201; Mintzberg et al. 1998, S. 41–42; Pickton und Wrigth 1998, S. 102; Wright et al. 2013, S. 94). Die Geschäftsmodellgestaltung wurde bereits als Konfiguration der Geschäftsmodellkomponenten definiert (vgl. Kap. 2.3.1). Diese Konfiguration beinhaltet Entscheidungen über Komponenten und deren Verbindung untereinander (Afuah und Tucci 2001, S. 4; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166; Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 533; Demil und Lecocq 2010, S. 227; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 172; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 177–182; Morris et al. 2005, S. 733). Die Ansätze von Zott und Amit (2010), Casadesus-Masanell und Ricart (2010), Osterwalder und Pigneur (2010), Hacklin und Wallnöfer (2012) und Johnson et al. (2008) bieten jeweils eine Struktur zum Treffen von Geschäftsmodellentscheidungen. Aus diesen Erkenntnissen wird folgende Proposition abgeleitet: h) werden Entscheidungen zu den Elementen und deren Verbindungen bzw. Wechselwirkungen getroffen. Bei der Untersuchung der ausgewählten Strategieinstrumente (vgl. Kap. 2.4.3) steht der Bezug zur Geschäftsmodellgestaltung im Fokus (vgl. Abb 3.2). In Kapitel 2.4.3 wurden zu diesem Zweck drei Kriterien für die Eignung von Strategieinstrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung herausgearbeitet: Lieferung von Informationen zu externen und/oder internen Rahmenbedingungen (Analysephase), Lieferung von Impulsen (inkl. Kreativitätsförderung) (Geschäftsmodellgestaltungsphase), Lieferung von Bewertungshilfen zur Entscheidungsfindung (Geschäftsmodellgestaltungsphase). Aus diesen Erkenntnissen wird folgende Proposition abgeleitet:

19

Visualisierung meint die Erzeugung von Grafiken oder Bildern zur Veranschaulichung von Daten und Informationen und verfolgt u. a. die Zielsetzung der Präsentation und Kommunikation (Schumann und Müller 2000, S. 6). Zu den Gestaltungselementen einer Visualisierung gehören Text und grafische Elemente (Schumann und Müller 2000, S. 10). Die Darstellung von Text in einer PowerPoint-Präsentation wird daher auch als Visualisierung verstanden.

3.2 MEDIATION DURCH PRAKTIKEN IM BEZUGSRAHMEN

117

Proposition B05: Wenn gängige Strategieinstrumente eingesetzt werden, dann können diese Informationen, Impulse und/oder Bewertungshilfen für die Geschäftsmodellgestaltung liefern. Als episodische Praktiken sollen Geschäftsmodell- und Strategie-Workshops untersucht werden und inwieweit zwischen diesen ein Zusammenhang besteht (vgl. Abb. 3.2). Über die Untersuchung des Einsatzes von Geschäftsmodellinstrumenten in den Workshops wird der Bezug zu der Kategorie der diskursiven Praktiken hergestellt. Ein Ergebnis der Fallstudienarbeit von Johnson (2010, S. 1609) ist, dass die Verwendung von Strategieinstrumenten (bezeichnet als Liturgien) einen positiven Einfluss auf den Erfolg eines Veränderungs- bzw. Strategie-Workshops haben kann (Johnson et al. 2010, S. 1609). Dieses Ergebnis widerspricht teilweise der Arbeit von Jarzabkowski und Seidl (2008), nach der die Nutzung einer Liturgie zu einer „restricted-free discussion“ führt; die Diskussion ist demnach durch die Orientierung an der Liturgie automatisch nicht vollständig selbstorganisiert. Diese Form des Diskurses führt laut Jarzabkowski und Seidl (2008) jedoch eher zur Stabilisierung der bestehenden Strategie und eben nicht zu Veränderungen bzw. zur Entwicklung neuer Ideen. In einer anderen empirischen Untersuchung wurde kein Einfluss von Analysewerkzeugen auf den Erfolg von Workshops ermittelt (van Aaken et al. 2013, S. 590). Die widersprüchlichen Ergebnisse werden in Form der Propositionen B06a und b abgebildet: Proposition B06: Wenn Geschäftsmodellinstrumente in Workshops eingesetzt werden, dann a) haben diese einen positiven Einfluss auf den Erfolg des Workshops; b) haben diese keinen Einfluss auf den Erfolg des Workshops. Diskurs-Praktiken in Meetings scheinen einen Einfluss auf die Entstehung von Varianten für die Strategie zu haben. Je freier Diskussionen geführt werden, desto eher scheint dies zu einer Destabilisierung der bestehenden Strategie, zu einem Ausbrechen aus bestehenden Denkstrukturen und zu der Entwicklung neuer Strategien zu führen. Demgegenüber wird die bestehende Strategie eher stabilisiert, wenn die Workshops stärker strukturiert werden, d. h. wenn eine Planung und Vorbereitung von Agendapunkten und die aktive Steuerung von Redeanteilen stattfindet (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1404–1407). Überträgt man diese Beobachtung auf Geschäftsmodell-Workshops, so lässt sich folgende Proposition formulieren: Proposition B07: Wenn ein Geschäftsmodell-Workshop Möglichkeiten zur offenen Diskussion bietet (also weniger strukturiert gestaltet ist), dann entstehen eher neue Ideen für das Geschäftsmodell.

118

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Auch die Nachverfolgung von entstandenen Ideen in Form von weiteren Workshops unterstützt die Destabilisierung von Strategien (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1409– 1411). Daher sollten Strategieentwicklungs-Workshops in eine Workshop-Serie integriert werden (van Aaken et al. 2013, S. 590). Auf dieser Grundlage wird folgende Proposition formuliert: Proposition B08: Wenn Geschäftsmodell-Workshops genutzt werden, dann werden diese in eine Sequenz von Strategie-Workshops (bspw. zur Konkretisierung oder Weiterverfolgung der Themen) integriert. In der vorliegenden Arbeit wird auch untersucht, wie diskursive und episodische Praktiken in administrative Praktiken integriert werden, d. h. wie Instrumente und Workshops eingesetzt werden. Auch die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten zur Unterstützung von Workshops ist Gegenstand der Betrachtung. Die zuletzt genannten wechselseitigen Beziehungen zwischen den Kategorien von Praktiken sind in der Grafik nicht gesondert dargestellt (vgl. Abb. 3.2). Die Forschungsschwerpunkte aus der Sicht der Activity-Theory zu Praktiken im Sinne von Instrumenten können beispielhaft anhand von Fragestellungen konkretisiert werden (Jarzabkowski 2011, S. 132–134):  Welche Instrumente werden genutzt?  Welche Vorgehensweise wird genutzt?  Welche Rolle nehmen die Instrumente bei der gemeinsamen Durchführung der

strategischen Aktivität ein?  Wie verändern sich die Instrumente im Rahmen ihrer Anwendung?  Wie vermitteln Instrumente zwischen den beteiligten Personen?

Die beiden zuletzt genannten Fragen werden im Folgekapitel zum Bezugsrahmen aufgegriffen.

3.3 Kontextfaktoren im Bezugsrahmen Das Activity-System besteht aus dem kontinuierlichen Beitrag unterschiedlicher Akteure in Form ihrer zielorientierten Aktivität. Dadurch wird in dem Bezugsrahmen auch die zeitliche Dimension bzw. die kontinuierliche Entwicklung und Dynamik des ActivitySystems verdeutlicht. Dieses ist niemals statisch, sondern in einem permanenten Prozess der Entstehung und Entwicklung. Es ist das Abbild eines Aktivitätenflusses oder -stroms. Eine Studie des Activity-Systems kann somit immer nur eine Momentaufnahme seines aktuellen Zustandes sein, in dem Wissen, dass dieses sich kontinuierlich weiterentwickelt (Jarzabkowski 2011, S. 128-130). Die individuellen Akteure (bspw. Topmanagement, mittleres Management, Strategieleiter, Fachexperten) leisten durch

3.3 KONTEXTFAKTOREN IM BEZUGSRAHMEN

119

ihre Aktivität einen Beitrag zur Geschäftsmodellgestaltung (Engeström 2000a, S. 302; Jarratt und Stiles 2010, S. 30). Die Summe der individuellen Aktivitäten bildet sich im Activity-System ab (Engeström 2000a, S. 303; Jarzabkowski 2011, S. 129). Dabei sind die Aktivitäten auf eine übergeordnete Zielsetzung, bspw. die Geschäftsmodellgestaltung, ausgerichtet (Kaptelinin et al. 1999, S. 29; Leontiev 1978, S. 62) (vgl. Abb. 3.3). Jede Fallstudie untersucht das zuvor skizzierte Activity-System zur Geschäftsmodellgestaltung in dem jeweiligen Unternehmen. Der Bezugsrahmen wird dementsprechend wie in Abb. 3.3 gezeigt konkretisiert.

(A) Activity-System

(A) Activity-System: Aktivitäten und Praktiken der Individuen und der Gemeinschaft der Geschäftsmodellgestalter in einem Unternehmen mit der Zielsetzung der Gestaltung des Geschäftsmodells

Abbildung 3.3: Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Activity-System“ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

In Kapitel 2.3.1 wurden unterschiedliche Zielsetzungen einer Geschäftsmodellgestaltung vorgestellt. Zusammenfassend lauten diese: Beschreibung bzw. Bestätigung des aktuellen Geschäftsmodells (Demil und Lecocq 2010, S. 228), Veränderung bzw. Anpassung des Geschäftsmodells auf Marktveränderungen (Casadesus-Masanell und Ricart 2010, S. 196; Demil und Lecocq 2010, S. 228; Wirtz et al. 2010, S. 273) und/ oder Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation (Casadesus-Masanell und Zhu 2013, S. 464; Gambardella und McGahan 2010, S. 263). Es wird folgende Proposition formuliert: Proposition A01: Wenn Geschäftsmodelle gestaltet werden, dann ist die übergeordnete Zielsetzung für alle Beteiligten die Bestätigung des aktuellen Geschäftsmodells, die Anpassung des Geschäftsmodells an Marktveränderungen und/oder die Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation. Individuelles Verhalten findet im Verständnis der Activity-Theory in Form von Aktivität in einer weiteren gesellschaftlichen Gruppe statt. Diese wird auch als Kollektiv oder Gemeinschaft bezeichnet. Selbst wenn Akteure alleine bzw. isoliert agieren, ist diese Aktivität als „kollektiv“ zu bezeichnen, da sich das Individuum der Sprache, der Symbole und der Instrumente der Gemeinschaft bedient. Es ist unmöglich, eine Aktivität durchzuführen, ohne sich der kollektiven Praktiken zu bedienen (Jarzabkowski 2011, S. 131).

120

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Dieser Einsatz von Instrumenten in der Interaktion von Menschen wurde im Verständnis der Activity-Theory als Mediationsfunktion vorgestellt (Blackler 1993, S. 869; Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 966; Vygotsky 1978, S. 24–26; Wertsch 1985, S. 79). Dabei verkörpern Instrumente das akkumulierte Wissen und die Erfahrung von Menschen bei der Lösung vergleichbarer Probleme (Kaptelinin et al. 1999, S. 31–32). Sie beschreiben auch eine Routine oder ein Muster, nach denen bestimmte Tätigkeiten durchzuführen sind (Engeström 2000b, S. 968). Das Studium der Instrumente bietet einen Zugang, um die gemeinsame zielorientierte Aktivität in einer Gruppe zu erforschen (Jarzabkowski 2011, S. 128; vgl. auch weiterführende Ausführungen in Kap. 2.1.1) Daher wird folgende Proposition formuliert: Proposition C01: Wenn mehrere Akteure an einer Geschäftsmodellgestaltung beteiligt sind, dann a) nutzen sie dabei Geschäftsmodellinstrumente zur Mediation. Die Grenzen des Activity-Systems können frei definiert werden. Damit können die Akteure des Activity-Systems abhängig vom Untersuchungsobjekt festgelegt werden. Sowohl ganze Organisationen (Blackler 1993; 1995; Jarzabkowski 2003; 2005; Jarzabkowski und Balogun 2009) als auch Strategieentwicklungsgruppen (Blackler et al. 2000), virtuelle Lerngruppen (Walker 2004) und Arzt-Patienten-Interaktionen (Engeström 1993) wurden bereits als Aktivitätensysteme definiert. Damit bietet der Bezugsrahmen die Möglichkeit, Strategy-as-Practice-Forschung auf unterschiedlichen Analyseebenen zu betreiben (Jarzabkowski 2011, S. 130–131). Für die vorliegende Arbeit gibt die Weiterentwicklung der Activity-Theory in Form des Activity-Systems wichtige Impulse, da sie bspw. die Arbeitsteilung, unterschiedliche Rollen, die Nutzung von Instrumenten und Regeln als spezifische Elemente innerhalb des Activity-Systems identifiziert, durch die Individuen bei ihren Tätigkeiten interagieren (Engeström 2000a, S. 303; Jarzabkowski 2011, S. 129). Unter Berücksichtigung der Ausführungen zum Kollektiv und den Grenzen des ActivitySystems umfasst das Kollektiv oder die Fokus-Gemeinschaft alle Akteure, die bei der Geschäftsmodellgestaltung durch ihre Aktivität einen Beitrag leisten. Diese Gruppe oder Gemeinschaft wird als „Gruppe der Geschäftsmodellgestalter“ definiert. Entsprechend den Ausführungen zu möglichen Akteuren in Kapitel 2.2.2 lassen sich beispielhaft folgende Gruppen nennen: Topmanagement (bspw. Dalton 1959; Kotter 1982; Mintzberg 1973), mittleres und unteres Management (Dutton et al. 2001; Floyd und Wooldridge 2000; Jarzabkowski et al. 2007, S. 12), strategische Planer (Davids 1995; Vaara und Whittington 2012, S. 23–24), Strategieentwicklungsgruppen (Blackler et al. 2000), Strategieberatungen (Kipping 1999; Vaara und Whittington 2012, S. 24), Investment-Berater, Anwälte, Business-School-Gurus (Clark 2004) und Kunden (Lowendahl und Revang 1998).

3.3 KONTEXTFAKTOREN IM BEZUGSRAHMEN

121

Proposition C01a wird wie folgt ergänzt: Proposition C01: Wenn mehrere Akteure an einer Geschäftsmodellgestaltung beteiligt sind, dann a) nutzen sie dabei Geschäftsmodellinstrumente zur Mediation, b) übernehmen diese jeweils unterschiedliche Aufgaben und Rollen. Zusammenfassend wird Dimension C zum Kollektiv wie folgt erweitert (vgl. Abb. 3.4):

(C) Kollektiv: Gruppe der Geschäftsmodellgestalter

(C) Kollektiv: Schwerpunkt der Gemeinschaft, mit der das Subjekt interagiert

Beispiele für Mitglieder der Gruppe



Topmanagement



mittleres Management



Strategieleiter



Fachexperten

Abbildung 3.4: Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Kollektiv“ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

Praxis: Aktivität ist gemäß der Activity-Theory ausgerichtet auf ein Ziel mit einem praktischen Ergebnis (Kozulin 1999) und entsteht im Austausch mit der Gemeinschaft (Leontiev 1978). Der einzelne Akteur ist Teil dieser Gruppe und interagiert mit dieser. Dabei verfolgen die Akteure individuelle (potenziell auch unterschiedliche) Ziele, die auf die übergeordnete Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung ausgerichtet sind (Kaptelinin et al. 1999, S. 29; Leontiev 1978, S. 62). Die gemeinsame praktische Tätigkeit innerhalb des Activity-Systems zeichnet sich dadurch aus, dass die beteiligten Individuen eine gemeinsame Zielsetzung verfolgen und ein Ergebnis ihrer Aktivität erwarten (Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 964; Engeström et al. 2002, S. 212; Jarzabkowski 2003, S. 24). Die Unterscheidung in kurzfristige Ziele des Individuums und eine kollektiv geteilte langfristige Zielsetzung ist damit entscheidend (Engeström 2000b, S. 964; 2000a, S. 307). Übertragen auf den Bezugsrahmen bedeutet dies, dass das Subjekt (E) in der Interaktion mit dem Kollektiv (C) eine gemeinsame Aktivität ausübt, mit dem Ziel, ein Geschäftsmodell zu gestalten (D) (Jarzabkowski 2011, S. 129). Die Aktivität kann sich wiederum aus Einzelaktivitäten zusammensetzen (Jarzabkowski 2011, S. 129). „It is through this subject’s intention and actions that activity may be understood“ (Jarzabkowski 2011, S. 131). Diese Definition beschreibt den Zugang zur Analyse der praktischen Strategiearbeit. Wie in Kapitel 2.2.1 erläutert, kann diese Praxis auf den unterschiedlichen Ebenen „Makro“, „Meso“ und „Mikro“ erforscht werden. Die übergreifende Zielsetzung der zu untersuchenden Aktivitäten ist die Geschäftsmodellgestaltung. Die

122

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

Nutzung von Praktiken, zusammengefasst in der Form einer Vorgehensbeschreibung zur Geschäftsmodellgestaltung (Geschäftsmodellgestaltungsprozess), ist als MesoEbene der Praxis einzustufen. Aus der gewählten Praxis-Ebene für die Untersuchung folgt, dass die Aktivitäten der Akteure als Gegenstand dieses Vorgehens im Fokus der Untersuchung stehen. Entsprechend wird der Bezugsrahmen in der Dimension „Praxis“ erweitert (vgl. Abb. 3.5).

(D) Zielorientierte Aktivität (Praxis)

(D) Zielorientierte Aktivität: Aktivitäten mit der Zielsetzung, die Geschäftsmodellgestaltung zu unterstützen (Praxis)

Abbildung 3.5: Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Praxis“ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

Daraus lässt sich folgende Proposition ableiten: Proposition D01: Wenn Geschäftsmodelle von mehreren Akteuren gestaltet werden, dann verfolgen die einzelnen Subjekte individuelle Zielsetzungen unter einer übergeordneten Zielsetzung. Das Subjekt kann ein Individuum oder eine Gruppe von Akteuren sein. Die Auswahl der Akteure hängt davon ab, ob sie einen relevanten Beitrag zur Aktivität leisten, die Gegenstand der Forschung sein soll. Alle Beteiligten an der Strategiearbeit sind somit grundsätzlich als potenzielle Strategie-Praktiker einzustufen; Die Activity-Theory gibt keine Festlegung von Strategie-Praktikern vor; vielmehr bietet sie einen Rahmen, um aus der Perspektive des gewählten Praktikers Aktivität zu untersuchen (Jarzabkowski 2011, S. 129). In der Beschreibung der Untersuchungsdimension C des Bezugsrahmens (Kollektiv) wurden mögliche Strategie-Praktiker aufgezählt. Die leitende Aktivität innerhalb dieser Arbeit ist die Geschäftsmodellgestaltung. Damit sind relevante Strategie-Praktiker die an dieser Aktivität beteiligten Akteure, also sowohl Top- und mittleres Management als auch Strategieprozessleiter bzw. Strategieleiter und Fachexperten (bspw. Finanzen, Vertrieb, Produktion, Forschung und Entwicklung) (vgl. Kap. 2.2.1). Der Begriff „Praktiker“ hat zudem eine eigenständige Bedeutung, da er die PraxisPerspektive von Strategy-as-Practice durch die Analyse der praktischen Arbeit betont und diese Arbeit gleichzeitig, eingebettet in die Interaktion mit dem Kollektiv (anderen Akteuren), positioniert (Jarzabkowski 2011, S. 129). In Übereinstimmung mit dem beschriebenen Kollektiv wird der Bezugsrahmen in der Dimension des Subjekts wie in Abb. 3.6 dargestellt konkretisiert.

3.3 KONTEXTFAKTOREN IM BEZUGSRAHMEN

123

(E) Subjekt: Individuelle Akteure der Geschäftsmodellgestaltung •

(E) Subjekt: Strategie-Praktiker

Beispiele • für individuelle • Akteure •

Topmanagement mittleres Management Strategieleiter Fachexperten

Abbildung 3.6: Konkretisierung des Bezugsrahmens in der Dimension „Subjekt“ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

Das Treffen von strategischen Entscheidungen liegt in der Verantwortung des Topmanagements (Bowman und Kakabadse 1997, S. 197; Grant 2003; Papadakis et al. 1998, S. 116). Entsprechend fokussieren bisherige Untersuchungen zur Nutzung von Strategieinstrumenten häufig auf diesen Personenkreis (vgl. bspw. Hodkinson & Wright 2002 und Jarrat & Stiles 2010). Die Überarbeitung des Geschäftsmodells beinhaltet ebenfalls das Treffen von Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells (CasadesusMasanell und Ricart 2010, S. 198; Zott und Amit 2009, S. 218). Darüber hinaus richten sich die in Kapitel 2.3.2 vorgestellten Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung an die Zielgruppe Topmanagement. Damit kann vermutet werden, dass das Topmanagement eine dominierende Rolle in der Geschäftsmodellgestaltung einnimmt. Es wird folgende Proposition formuliert: Proposition E01: Wenn Geschäftsmodelle überarbeitet werden, dann nehmen Topmanager eine dominierende Rolle (bspw. Zielvorgaben, Treffen von Entscheidungen) ein. Das Activity-System als kontinuierlicher Beitrag unterschiedlicher Akteure ist niemals statisch, sondern Abbild eines Aktivitätenstroms. Seine Untersuchung kann somit immer nur eine Momentaufnahme des aktuellen Zustandes sein (Jarzabkowski 2011, S. 130; vgl. Kapitel 3.3). Dabei finden die Aktivitäten nicht losgelöst, sondern sowohl in einem intra-organisationalen (bspw. Vorstandssitzungen, informelle Gespräche, Kultur) als auch in einem extra-organisationalen Kontext (bspw. Standards zur strategischen Planung, strategische Instrumente, Technologien, Diskurs) statt (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Whittington 2006, S. 629). Das individuelle menschliche Bewusstsein und Handeln entsteht über soziale Interaktion mit dem kulturellen und historischen Umfeld (Vygotsky 1978, S. 131). Die sozio-politischen und rhetorischen Fähigkeiten, der kulturelle Hintergrund und das Geschlecht der Praktiker haben einen Einfluss auf die Strategiearbeit (Vaara und Whittington 2012, S. 20). So wird auch der Umgang mit einem Strategieinstrument im Austausch mit anderen Menschen erlernt (Vygotsky 1978, S. 55). Gleichzeitig kann das Instrument durch die gesammelten Erfahrungen der Individuen angepasst werden bzw. sich der effiziente Umgang mit diesem verändern. Die-

124

3 ENTWICKLUNG EINES ACTIVITY-THEORY-BASIERTEN BEZUGSRAHMENS

ser Aspekt verdeutlicht, dass die zuvor skizzierte Momentaufnahme des ActivitySystems (und der genutzten Instrumente) das bis dato akkumulierte Erfahrungswissen beschreibt. Die Beobachtung dieser Veränderungen im Zeitverlauf stellt einen eigenen Schwerpunkt der Forschung in der Activity-Theory dar (Kaptelinin et al. 1999, S. 32). Die kulturelle und historische Einbettung und Entwicklung des Activity-Systems stellt keinen Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung dar. Dennoch sollen Hinweise aus den Fallstudien erfasst und dokumentiert werden. Folgende Proposition wird dafür für die Dimension F formuliert: Proposition F01: Wenn Geschäftsmodellinstrumente wiederholt angewendet werden, dann verändert sich der Umgang mit den Praktiken vor dem Hintergrund der zunehmenden Erfahrung der Akteure. In der Zusammenfassung der einzelnen Dimensionen ergibt sich der Bezugsrahmen für die vorliegende Arbeit (vgl. Abb. 3.7). (D) Zielorientierte Aktivität (Praxis): Aktivitäten mit der Zielsetzung, die Geschäftsmodellgestaltung zu unterstützen

(B) Mediation:

Kontextfaktoren

GeschäftsmodellPraktiken

StrategiePraktiken

Vorgehen in der gestaltung

Vorgehen im Strategieprozess

Diskursiv

Geschäftsmodellinstrumente

Strategieinstrumente

Episodisch

GeschäftsmodellWorkshops

StrategieWorkshops

Administrativ Geschäftsmodell-

(C) Kollektiv: Gruppe der Geschäftsmodellgestalter

(A) ActivitySystem: Aktivitäten und Praktiken der Individuen und der Gemeinschaft der Geschäftsmodellgestalter in einem Unternehmen mit der Zielsetzung der Gestaltung des Geschäftsmodells

(E) Subjekt: Individuelle Akteure der Geschäftsmodellgestaltung

(F) Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd

Abbildung 3.7: Theoretischer Bezugsrahmen zur Untersuchung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jarzabkowski 2011, S. 130.

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

4

125

Empirische Untersuchung

4.1 Grundlagen der empirischen Untersuchung 4.1.1 Konzeption der empirischen Untersuchung Ausgangspunkt für die Wahl der Forschungsmethode sollte die Forschungsfrage sein (Yin 2003, S. 4 ff). Im vorliegenden Fall lauten die übergeordneten Forschungsfragen:  Welche Praktiken werden zur Geschäftsmodellgestaltung genutzt? Warum werden

diese genutzt? Wie hängen diese miteinander zusammen?  Wie ist das Verhältnis von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung und Praktiken

zur Strategieentwicklung? Ist es sinnvoll, diese zu kombinieren/integrieren? Wenn ja, wie?  Welche weiteren Kontextfaktoren gilt es für die Nutzung von Praktiken zu berück-

sichtigen (bspw. beteiligte Personen, Aufgaben und individuelle Zielsetzungen, Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung insgesamt)?  Wie sollte ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung aus-

sehen?  Wie könnte der Ansatz in ein Strategieprozessmodell integriert werden?  Wie sollten Kontextfaktoren berücksichtigt werden?

Da die Forschungsfragen komplex sind und bislang auf dem zu untersuchenden Gebiet kaum empirische Erkenntnisse gesammelt wurden, wird auf die Fallstudie als qualitative Methode zurückgegriffen (vgl. Kap. 1). Fallstudien eignen sich insbesondere für komplexe Fragestellungen, in denen bislang wenige empirische Erkenntnisse vorliegen (Eisenhardt 1989, S. 534). „Typically, the research question is tightly scoped within the context of an existing theory, and the justification rests heavily on the ability of qualitative data to offer insight into complex social processes that quantitative data cannot easily reveal“ (Eisenhardt und Graebner 2007, S. 26). Der besondere Wert der qualitativen Forschungsansätze ist gerade ihr Zugang sowohl zu beschreibenden als auch zu erklärenden Details, die dem besseren Verständnis von real existierenden Prozessen in Unternehmen dienen (Gephart Jr., 2004, S. 455). Als Forschungsansatz liefern detaillierte Fallstudien wichtige Erkenntnisse, um die Komplexität von Strategiearbeit und strategischen Veränderungsprozessen ganzheitlich zu analysieren (Melin 1986, S. 24–25). Multiple Fallstudien sind dabei gegenüber Einzelfallstudien zu bevorzugen (Yin 2003, S. 53), da der Erkenntnisgewinn gegenüber Einzelfallstudien robuster und damit besser für die Theorieentwicklung geeignet ist (Eisenhardt 1991, S. 620; Eisen-

126

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

hardt und Graebner 2007, S. 27; Yin 2003, S. 46). „[.], to use the analogy of laboratory experiments, the theory is better grounded, more accurate, and more generalizable (all else being equal) when it is based on multiple case experiments“ (Eisenhardt und Graebner 2007, S. 26). Fallstudienarbeiten wurden bereits vielfach in der Strategieprozessforschung eingesetzt (siehe bspw. Mintzberg 1973; Pettigrew 1985) und haben dieses Feld geprägt (Johnson et al. 2003, S. 11). Dennoch wird kritisiert, dass einige Fallstudienarbeiten in der Tradition der Strategieprozessforschung sich zwar mit den speziellen Gegebenheiten des Falls beschäftigen, jedoch zu wenig systematische, vergleichende Analysen zu Theorien durchführen (Johnson et al. 2003, S. 13). Um die Praxisrelevanz der Forschungsergebnisse und den kumulativen Erkenntnisgewinn zu steigern, sollten fallübergreifende Muster der jeweiligen Fragestellungen erkannt und auf dieser Grundlage Theorien entwickelt werden (Johnson et al. 2003, S. 13). Das hier gewählte Forschungsdesign mit mehreren Fällen berücksichtigt diese Kritik von Johnson et al. (2003) und ermöglicht die komparative Analyse der Ergebnisse. Auf dieser Grundlage werden die Resultate ausgewertet und die bestehenden Theorien weiterentwickelt. Dies geschieht in Form der identifizierten „Muster“, die in ein Vorgehensmodell zur Geschäftsmodellgestaltung integriert werden. Die Darstellung der Einzelfallstudien hat das Ziel, die bestehende Situation in den Unternehmen zu beschreiben und zu erklären (Kittel-Wegner und Meyer 2002, S. 20). Mittels fallübergreifender Analyse werden Muster (Gemeinsamkeiten und Unterschiede) identifiziert und ihr jeweiliger Nutzen betrachtet. Auf dieser Grundlage wird ein Ansatz für Geschäftsmodellpraktiken entwickelt (Kittel-Wegner und Meyer 2002, S. 22; Yin 2003, S. 50). Damit leistet diese Arbeit einen Beitrag zur Theorieentwicklung und dient der Orientierung bei der Problemlösung in der Praxis. Eine abschließende Gruppendiskussion mit Vertretern der Fallstudienunternehmen dient der kommunikativen Validierung der Ergebnisse und der Überprüfung des Praxisnutzens der integrierten Praktiken. Damit ist die Gruppendiskussion Teil der Methodentriangulation (Lamnek 2005a, S. 75–78).

127

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Überblick zur Konzeption der empirischen Untersuchung Problemdefinition und Fallstudiendesign

Formulierung Forschungsfrage

Entwicklung theoretischer Bezugsrahmen

Formulierung Propositionen

Auswahl Fälle

Erstellung Fallstudienprotokoll  Projektüberblick  Vorgehen im Feld  Fallstudienraster  Datenerhebungs-

und Auswertungsmethoden  Leitfaden für den Fallstudienbericht

Vorbereitung, Sammlung und Analyse

Analyse und Schlussfolgerung

Durchführung Fallstudie AirPlus

Erstellung Fallstudienbericht

Ableitung fallübergreifender Schlussfolgerungen

Durchführung Fallstudie ERGO Direkt

Erstellung Fallstudienbericht

Überprüfung und Neuformulierung von Propositionen

Durchführung Fallstudie Erne Fittings

Erstellung Fallstudienbericht

Weiterentwicklung Bezugsrahmen

Durchführung Fallstudie Fränkische Rohrwerke

Erstellung Fallstudienbericht

Durchführung Gruppendiskussion

Durchführung Fallstudie Horváth & Partners

Erstellung Fallstudienbericht

Finalisierung fallübergreifender Abschlussbericht

Beschreibender/erklärender Ansatz (Wie? Warum?)

Gestaltungsorientierter Ansatz

Ziel: Beschreibung und Erklärung der gewählten Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung

Ziel: Entwicklung eines integrativen Ansatzes für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung

Abbildung 4.1: Übersicht zur Konzeption der empirischen Untersuchung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Yin (2003, S. 50) sowie Kittel-Wegner und Meyer (2002, S. 23).

Die Elemente der Forschungskonzeption (vgl. Abb. 4.1) werden im Einzelnen kurz erörtert. Auf der Grundlage der leitenden Forschungsfragen (Kapitel 1) wurde die bestehende Literatur aufgearbeitet (Kapitel 2) und ein theoretischer Bezugsrahmen inklusive abgeleiteter Propositionen entwickelt (Kapitel 3) (Eisenhardt 1989, S. 536). Gemäß der Empfehlung von Yin erfolgt eine theoriegeleitete Vorgehensweise für die fallstudienbasierte Forschung, um eine zielgerichtete Sammlung und Auswertung von Daten zu ermöglichen (Yin 2003, S. 29). Für die Auswahl der Fälle muss der Zusammenhang zwischen dem Forschungsziel und den gewählten Fällen dargelegt und die Auswahl der Fälle begründet werden (Eisenhardt 1989, S. 537). Der Zusammenhang zwischen einem Unternehmen und der Forschungsfrage ist gegeben, sofern sich dessen Vertreter bewusst mit der Geschäftsmodellgestaltung auseinandergesetzt haben.20 20

Die Arbeit untersucht mit dem Fokus auf Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung methodische Aspekte – keine inhaltlichen – der Strategiearbeit. Die verfügbaren Praktiken für die Gestaltung der Strategieinstrumente, Strategieprozesse und Geschäftsmodellinstrumente (siehe Kapitel 2) wie die SWOT-Analyse, das Strategieprozessmodell von Farjoun oder die Business Model Canvas stehen allen Branchen zur Verfügung. Hier wird allerdings nicht bewertet, inwieweit deren branchenspezifische Ausprägung ggf. wünschenswert sein könnte. Und auch wenn die Inhalte der Strategie-/des

128

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Dabei wurden entsprechend der leitenden Forschungsfrage für die vorliegende Arbeit im Sinne der Gründungsforschung und nach dem Konzept des Unternehmenslebenszyklus nur etablierte Unternehmen21 betrachtet. Diese haben die erste Phase der Unternehmensgründung erfolgreich überstanden und sich am Markt etabliert (Klandt 2006, S. 54; Witte 2007, S. 21). Firmen in der ersten Phase werden in der Literatur auch häufig als Start-Up-Unternehmen bezeichnet.22 Die Auswahl der Fallstudienunternehmen beruht auf folgenden theoretischen Vorüberlegungen. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen dieser Arbeit (insbesondere Strategy-as-Practice und Activity-Theory) wird angenommen, dass Praktiken durch Akteure in Unternehmen genutzt und auch eingebracht werden. Die Erfahrung der Akteure mit Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung hat damit folglich einen Einfluss auf die verwendeten Praktiken. Dabei kann zwischen zwei Gruppen von Akteuren mit Einfluss auf die Strategiearbeit unterschieden werden: Mitarbeiter unternehmensinterner Strategiebereiche (vorhanden/nicht vorhanden) und unternehmensexterne Berater (genutzt/ nicht genutzt) (Kipping 1999; Vaara und Whittington 2012, S. 24); beide Gruppen weisen gemäß Definition (vgl. Kap. 4.1.3) Expertenwissen zu Strategiepraktiken auf. Aus der Kombination ergeben sich vier Fallkonstellationen (vgl. Abb. 4.2). Die Fälle innerhalb der vier Quadranten dienen der theoretischen Replikation (vgl. Kap. 4.1.2), wobei die beiden Fälle innerhalb eines Quadranten der Replikation im engeren Sinne („literal replication“) dienen (Yin 2003, S. 47). Als Richtgröße für eine multiple Fallstudienuntersuchung sind vier bis zehn Fälle zu empfehlen, da sich bei einer größeren Anzahl Umfang und Komplexität der Auswertung erheblich erhöhen (Eisenhardt 1989, S. 545). Der Empfehlung folgend wurden fünf Fallstudienbeispiele ausgewählt (vgl. Abb. 4.2).

21

22

Geschäftsmodells branchen- und unternehmensspezifisch sein können, so stellen die verfügbaren Praktiken eine Grundlage aller Unternehmen als Ausgangspunkt für die Gestaltung der eigenen Vorgehensweise dar. Eine Vielzahl der empirischen Forschungsarbeiten innerhalb von Strategy-asPractice ist daher branchenübergreifend angelegt. 16 der dargestellten 35 empirischen Arbeiten mit dem Fokus auf Strategiepraktiken untersuchen branchenübergreifend (vgl. Anhang 1). Die Bezeichnung „etablierte Unternehmen“ ist in der Regel gleichbedeutend mit „incumbent firms“ in der englischsprachigen Literatur. „Junge, noch nicht etablierte Unternehmen, die zur Verwirklichung einer innovativen Geschäftsidee (häufig in den Bereichen Electronic Business, Kommunikationstechnologie oder Life Sciences) mit geringem Startkapital gegründet werden und i.d.R. sehr früh zur Ausweitung ihrer Geschäfte und Stärkung ihrer Kapitalbasis entweder auf den Erhalt von Venture-Capital bzw. Seed Capital (evtl. auch durch Business Angels) oder auf einen Börsengang (IPO) angewiesen sind.“ (Springer Gabler Verlag (Herausgeber)).

129

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Erne Fittings

Ja

Fränkische Rohrwerke Ergo Direkt

Externe Unterstützung Nein

Horváth & Partners

AirPlus International

Nein

Ja

Interner Strategiebereich Abbildung 4.2: Einordnung der Fallstudien anhand theoretischer Vorüberlegungen Quelle: Eigene Darstellung.

Im nächsten Schritt wurde ein Fallstudienprotokoll erstellt, dessen Inhalte sich an dem Vorgehen nach Yin orientieren und im Folgenden kurz skizziert werden (Yin 2003, S. 67–77). Der Projektüberblick wurde in unterschiedlichen Formaten (Word, PowerPoint) erstellt, um den betrachteten Unternehmen im Vorfeld und den Interviewpartnern in der Interviewsituation einen Eindruck von Hintergrund und Zielsetzung der Studie zu vermitteln. Da die Primärdaten vom Autor alleine erhoben wurden, mussten diverse Aspekte, die der Koordination zwischen verschiedenen Forschern dienen können, zum Vorgehen im Feld nicht beschrieben werden (bspw. Zeitplanung der Interviews, Zugang zu Interviewpartnern, Hinweise zum Umgang mit Problemsituationen). Zu beachtende Hinweise im Rahmen der Datenerhebung (Datenschutz, Vertraulichkeit, Einverständniserklärung, Aufnahme der Interviews, Nicht-Beantwortung von Fragen, Rolle der Interviews, relevante Daten und Quellen) wurden innerhalb des Fallstudienrasters und des Interviewleitfadens (vgl. Anhang 4 und 5) als Erinnerungsstütze für den Autor aufgeführt. Der Aufbau des Fallstudienrasters (vgl. Anhang 4) orientiert sich am Aufbau des theoretischen Bezugsrahmens und an den abgeleiteten Propositionen (vgl. Kap. 3). Neben den für die Untersuchung relevanten Informationen beschreibt es die Datenquelle(n), die für die jeweilige Information genutzt wurden. Grundsätzlich wurden die meisten Informationen aus den 33 Experteninterviews gewonnen. Sofern verfügbar, wurden alle Angaben aus den Interviews mit weiteren Dokumenten (bspw. Workshop-Dokumentationen, Prozessbeschreibungen) abgeglichen und erweitert. Ergänzend besteht das Raster aus Unternehmensangaben, Fragen zum Strategiebereich und personenbezogenen Fragen, die über einen Standardfragebogen erhoben wurden (vgl. Anhang 6). Zusammenfassend bestehen die Datenerhebungsmethoden bzw. -quellen aus leitfa-

130

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

dengestützten Experteninterviews, einem standardisierten Kurzfragebogen und Dokumenten der Fallstudienunternehmen. Wann immer es möglich war, wurden Datenquellen konvergent zur Triangulation genutzt (Yin 2003, S. 100). Die Daten wurden mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) ausgewertet (vgl. Kap. 4.1.4). Ein Leitfaden für Fallstudienberichte dient der frühzeitigen Befassung mit einer zielgruppengerechten Darstellung der Fallstudienberichte. Auch wird dadurch die zielgerichtete und effiziente Sammlung relevanter Informationen mit dem Fallstudienpartner erleichtert (Yin 2003, S. 76–77). Der Fallstudienbericht selbst bietet in einer kurzen Einführung einen Überblick über die Ausgangssituation. Hierzu zählen der betrachtete Zeitraum, die Auswahl der Interviewpartner, deren Erfahrungshintergrund und Angaben zur Beteiligung eines internen Strategiebereichs bzw. externen Unternehmensberaters. Auch erfolgt eine Auswertung der Einschätzung der Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung für die Strategiearbeit und der Zufriedenheit der Interviewpartner mit dem Vorgehen der Geschäftsmodellgestaltung. Entlang der Dimensionen des Bezugsrahmens – in der Reihenfolge Activity-System, Mediation durch Praktiken, Kollektiv, zielorientierte Aktivität, Subjekt und kulturelle und historische Einbettung und Entwicklung der Praktiken – wird der Fall beschrieben. Zum besseren Verständnis und zur Illustration werden grafische Darstellungen an geeigneten Stellen eingesetzt. Auf der Grundlage der deskriptiven und erklärenden Einzelfallbeschreibungen wird in einem zweiten Schritt eine komparative, gestaltungsorientierte Fallstudienanalyse durchgeführt. Diese dient der Integration der Geschäftsmodellpraktiken in einen Ansatz. Zur Validierung des Integrationsansatzes werden die Ergebnisse im Rahmen einer Gruppendiskussion, deren Teilnehmer sich aus Vertretern der betrachteten Unternehmen zusammensetzen, vorgestellt und diskutiert. Durch die fallübergreifende Überprüfung der formulierten Propositionen und die Entwicklung von Mustern wird der theoretische Bezugsrahmen weiterentwickelt. Zudem werden die Ergebnisse gegenüber den theoretischen Grundlagen diskutiert und ihre Implikationen herausgearbeitet (Eisenhardt 1989, S. 541; Yin 2003, S. 32–33). Der Vergleich der Daten mit dem weiterentwickelten Bezugsrahmen kann als ein iterativer Prozess beschrieben werden (Eisenhardt 1989, S. 541).

4.1.2 Gütekriterien der Fallstudienforschung und deren Umsetzung Für die Beurteilung der Güte qualitativer Forschung besteht in der Literatur keine Einigkeit zu den Kriterien bzw. werden Anforderungen unterschiedlich unter den Kriterien der „Objektivität“, „Reliabilität“ und „Validität“ zusammengefasst (Bortz und Döring 2003, S. 326; Lamnek 2005b, S. 128). Da die vorliegende Untersuchung dem Fallstudienverständnis von Yin folgt, werden auch die von diesem Autor vorgeschlagenen Gütekriterien angewendet. Im Einzelnen sind dies die Konstruktvalidität, die interne Validität, die externe Validität und die Reliabilität (Yin 2003, S. 34). Die jeweiligen Gütekriterien können über diverse Forschungs-

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

131

taktiken abgesichert werden (Yin 2003, S. 34). Deren Umsetzung in der vorliegenden Arbeit wird im Folgenden erläutert. Die Konstruktvalidität beschreibt die Korrektheit der Datenerhebung für die im Fokus der Studie stehenden Konzepte (Ying 2003, S. 34–35). Diese wird erhöht:  durch die Triangulation der Datenquellen, indem unterschiedliche Perspektiven

einbezogen werden (Yin 2003, S. 97–98). Für die Fallstudien werden sowohl Primärdaten (Interviews, Gruppendiskussion) als auch Sekundärdaten (Dokumentationen, Archivdaten) verwendet.  durch die Einhaltung einer durchgängigen Argumentations- und Beweiskette (Yin

2003, S. 105). Das gewählte Studiendesign wird mit seinem Aufbau diesem Ziel gerecht. Die Gestaltung des Fallstudienrasters und des Interviewleitfadens sind von der Forschungsfrage über den theoretischen Bezugsrahmen bis hin zu den Propositionen nachvollziehbar. Auch die gewählte qualitative Inhaltsanalyse bietet eine strukturierte, theoriegeleitete Vorgehensweise zur Zusammenfassung der Ergebnisse (vgl. Kap. 4.1.4). Diese wird sowohl bei den Auswertungen der Einzelfallstudien und der multiplen Fallstudienanalyse als auch der Gruppendiskussion genutzt.  durch die kommunikative Validierung des Fallstudienberichts mit den Fallstudien-

partnern. Hierfür wurden die Berichte den Partnern zur Durchsicht zur Verfügung gestellt, um eine inhaltlich fehlerfreie Wiedergabe der Datenerhebung sicherzustellen (Bortz und Döring 2003, S. 328; Yin 2003, S. 159). Auch die Gruppendiskussion mit Vertretern der Fallstudienunternehmen bietet eine kommunikative Validierung der fallübergreifenden Ergebnisse. Die interne Validität adressiert die intersubjektive Nachvollziehbarkeit und Zuverlässigkeit von dargestellten Kausalzusammenhängen (Bortz und Döring 2003, S. 56–57; Yin 2003, S. 34). Damit ist dieses Kriterium für den präskriptiven und gestaltungsorientierten Abschnitt der Untersuchung relevant. Als Grundlage einer Empfehlung für ein Vorgehensmodell wird bspw. der jeweilige Nutzen (abhängige Variable) des beobachteten Phänomens (unabhängige Variable) in der Fallstudie berücksichtigt. Die interne Validität wird durch zwei Taktiken gefördert:  Entwicklung und Vergleich von Mustern: Im Rahmen der fallstudienübergreifenden

Analyse werden Muster identifiziert und miteinander zur Identifikation von Gemeinsamkeiten und Unterschieden verglichen. Dabei erhöht die Anzahl der Beispiele für ein Muster die Zuverlässigkeit (Eisenhardt 1989, S. 540–541; Yin 2003, S. 116–117).  Entwicklung von (alternativen) Erklärungen: Die Interpretation der Muster und de-

ren Diskussion im Kontext der vorab formulierten Propositionen bieten dem Leser Ansatzpunkte für eine eigene Urteilsbildung zum diskutierten Sachverhalt (Lamnek 2005b, S. 140; Yin 2003, S. 118–122). Auch über die Offenlegung der Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse im Anhang dieser Arbeit wird die intersubjektive

132

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Überprüfbarkeit der Ergebnisse gewährleistet (Lamnek 2005b, S. 140–141; Mayring 2002, S. 144–145). Die externe Validität adressiert die Generalisierbarkeit der Forschungsergebnisse (Yin 2003, S. 34). In der Fallstudienforschung wird sie vor dem Hintergrund einer kaum möglichen statistischen Generalisierbarkeit der Ergebnisse häufig als Schwäche beurteilt (Bortz und Döring 2003, S. 113, Marshall und Rossman 2006, S. 202; Yin 2003, S. 37). Die Zielsetzung der Fallstudienforschung liegt allerdings in der analytischen Generalisierbarkeit von theoretischen Propositionen durch die Forschungsergebnisse, welche insbesondere bei multiplen Fallstudien durch die Replikationslogik erreicht wird (Yin 2003, S. 37). Die Replikationslogik zielt dabei in zwei Richtungen: Entweder der Fall dient der Bestätigung erwarteter Forschungsergebnisse unter ähnlichen Bedingungen (literal replication) oder er dient einer erwarteten Erweiterung der Theorie durch abweichende Forschungsergebnisse unter bewusst ausgewählten anderen Rahmenbedingungen (theoretical replication) (Yin 2003, S. 47; Eisenhardt und Graebner 2007, S. 27). Die Auswahl der Fallstudien kann damit aufgrund von bewusst unterschiedlichen oder ähnlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Insbesondere bei unterschiedlichen Fällen erhöht sich die externe Validität der Forschungsergebnisse (Yin 2003, S. 54). Da in der Regel aufgrund des Aufwandes nur wenige Fälle studiert werden können, empfiehlt sich die Wahl von Extrembeispielen (Eisenhardt 1989, S. 537; Stake 1995, S. 4). Dieser Logik wurde bei der Auswahl der Fälle durch die theoretischen Vorüberlegungen und der Wahl von Fällen in den jeweiligen Quadranten (vgl. Abb. 4.2) gefolgt (vgl. Kap. 4.1.1). Die Reliabilität adressiert den Anspruch, dass ein dritter Forscher mittels derselben Forschungsmethodik bei denselben Fällen zu denselben Forschungsergebnissen gelangt (Yin 2003, S. 34). Dieses Kriterium ist in der Literatur im Zusammenhang mit Fallstudien strittig, da die Wiederholbarkeit der Fallsituationen infrage gestellt wird (Bortz und Döring 2003, S. 327; Lamnek 2005b, S. 149–151). Das Kriterium kann durch zwei Forschungstaktiken unterstützt werden:  das Erstellen eines Fallstudienprotokolls (Yin 2003, S. 34), das die Vorgehenswei-

se detailliert dokumentiert und damit für andere nachvollziehbar macht. Das Fallstudienprotokoll wurde im Rahmen des Forschungsdesigns vorgestellt.  durch den Aufbau einer Fallstudiendatenbank (Yin 2003, S. 34), die anderen For-

schern grundsätzlich die Möglichkeit bietet, auf die Erhebungsdaten zuzugreifen (Yin 2003, S. 38). Die erhobenen Primärdaten in Form der Interview- und Gruppendiskussionstranskripte wurden als Datenbank angelegt und können auf Anfrage eingesehen werden. In Form der zusammenfassenden Inhaltsanalyse sind die Interviewergebnisse und die Gruppendiskussion im Anhang dieser Arbeit dargestellt (vgl. Anhang 46 und 50). Alle verwendeten Sekundärdaten sind in den Anhängen 12, 19, 27, 34 und 42 aufgeführt.

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

133

4.1.3 Gestaltung der Primärdatenerhebung Die Primärdaten werden durch Experteninterviews und eine Gruppendiskussion erhoben. Beide Verfahren der Datenerhebung werden im Folgenden kurz beschrieben. Die Zielsetzung der Untersuchung mittels der Experteninterviews ist die Rekonstruktion des Expertenwissens (Pfadenhauer 2009, S. 452). Für die Auswahl der Experten werden zwei Aspekte berücksichtigt: (1) Qualifikation des Interviewpartners als Experte und (2) erforderliche Anzahl an Interviewpartnern. Das Wissen zum Untersuchungsfeld der Geschäftsmodellgestaltung kann als Sonderwissen im Vergleich zu Alltagswissen bezeichnet werden (Pfadenhauer 2009, S. 451). Eine Person, die über ein Sonderwissen einen partiellen oder vollen Überblick hat, wird Experte genannt. Dieser Wissensbestand grenzt ihn von einem Laien ab (Hitzler 1994, S. 23–25).23 Sofern eine Person innerhalb eines der Fallstudienunternehmen verantwortlich an der Geschäftsmodellgestaltung mitwirkte, qualifiziert sie dieses Erfahrungswissen als Experte für die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung (Pfadenhauer 2009, S. 452). Für die Festlegung der Anzahl an Interviewpartnern ist zunächst zu berücksichtigen, wer über die notwendigen Informationen verfügt (Gläser und Laudel 2010, S. 117). Innerhalb der Fallstudien sind dies grundsätzlich alle an der Geschäftsmodellgestaltung beteiligten Personen. Da in der Regel nicht ein Interviewpartner alle notwendigen Informationen abdecken kann, werden mehrere Interviewpartner benötigt (Gläser und Laudel 2010, S. 117). Zudem erscheint es aufgrund der Schilderungen der Interviewpartner aus ihrer persönlichen Perspektive ratsam, die gleichen Informationen von mehreren Interviewpartnern zu erfragen. Damit wird u. a. auch der Forderung nach Triangulation der Datenquellen nachgekommen (Gläser und Laudel 2010, S. 117). Damit wird aber auch deutlich, dass nicht jede Information anhand der Datenquellen trianguliert werden kann; bspw., wenn nur ein Akteur über eine spezifische Information verfügt. Weitere Einflussfaktoren auf die Auswahl der Interviewpartner sind deren Bereitschaft zur Teilnahme an einem Interview sowie deren Verfügbarkeit (Gläser und Laudel 2010, S. 117). Auf dieser Grundlage wurde, in Abstimmung mit den Fallstudienpartnern, eine Vorauswahl der Interviewpartner getroffen. Wurden im Rahmen der Interviews weitere notwendige Interviewpartner identifiziert, wurden diese zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen. Entscheidend für die Auswahl war, die zentralen Akteure für die Fallbeschreibung interviewt zu haben (Gläser und Laudel 2010, S. 104). Die Experteninterviews wurden anhand des bereits genannten Leitfadens geführt, um die für das Ziel der Untersuchung relevanten Themengebiete zu berücksichtigen und dabei die auf der Grundlage des theoretischen Bezugsrahmens bestimmten notwendigen Informationen für die Erstellung der Fallstudie zu erhalten (Gläser und Laudel 2010, S. 111). Dabei bietet das Leitfadeninterview die Möglichkeit, die Fragenformulie23

Alternativ findet man den Begriff des Spezialisten oder auch des Professionellen in der Literatur mit ähnlicher Bedeutung (Hitzler 1994, S. 25). Weiterführende Abgrenzungen zu Experten finden sich bspw. bei Hitzler (1994) oder Pfadenhauer (2009, S. 451–452).

134

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

rung und -reihenfolge zu variieren sowie neue Fragen, sofern situationsbedingt opportun, zu ergänzen. So kann ein mehr oder weniger natürlicher Gesprächsverlauf gewährleistet werden (Gläser und Laudel 2010, S. 42). Für die Entwicklung der Fragen des Leitfadens bestehen wenige allgemeine Regeln. Dieser Umstand wird zusätzlich erschwert durch die spontane Entwicklung von weiterführenden Fragen in der Interviewsituation. Um eine Nachvollziehbarkeit der gewählten Fragen zu ermöglichen, ist die Beschreibung der Arbeitsschritte in der Gestaltung des Fragebogens hilfreich (Gläser und Laudel 2010, S. 115). Der vorliegende Leitfaden (vgl. Anhang 5) wurde theoriegeleitet entwickelt. Anhand des theoretischen Bezugsrahmens und der beschriebenen Propositionen (Kap. 3) wurden die Untersuchungsdimensionen für die leitenden Forschungsfragen herausgearbeitet. Entsprechend orientiert sich der Aufbau des Leitfadens an dem Aufbau des Bezugsrahmens und den Propositionen. Wenn sich bspw. Praktiker/Subjekte als Dimension im Bezugsrahmen u. a. aufgrund ihrer Tätigkeiten bzw. Aufgaben von anderen Praktikern differenzieren lassen, so folgt daraus für den Leitfaden die Frage „Welche Aufgabe haben Sie in der Geschäftsmodellgestaltung?“. Da die vorliegende Arbeit sowohl Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung beschreibt als auch einen präskriptiven, gestaltungsorientierten Ansatz verfolgt, wurden nicht nur Fragen zur Beschreibung (bspw.: „Wie haben sie das Instrument eingesetzt?“), sondern auch Fragen für den Erklärungszusammenhang (bspw.: „Worin sehen sie den Nutzen/Mehrwert des Instruments?“) integriert. Dabei folgt der Leitfaden den Prinzipien von Reichweite, Spezifität, Tiefe und personalem Kontext (Hopf 1978, S. 99–101). Vor der Untersuchung wurde der Leitfaden in Probeinterviews getestet, um die Verständlichkeit der Fragen zu überprüfen und die Antworten mit den erwarteten Inhalten abzugleichen (Gläser und Laudel 2010, S. 150). Auf dieser Grundlage wurden leichte Formulierungsanpassungen im Fragebogen vorgenommen. Um dem Prinzip der informierten Einwilligung der Interviewpartner Rechnung zu tragen, wurden zu Beginn der Interviews die Zielsetzung der Untersuchung, die Rolle des Interviews sowie Fragen zum Datenschutz und zur Anonymität bei der Verwendung der Daten geklärt (Gläser und Laudel 2010, S. 144). Nach einem Interview wurde jeweils ein Interviewbericht erstellt, der das Zustandekommen des Interviews, die Rahmenbedingungen während des Interviews, den Gesprächsverlauf und die Nachinterviewphase dokumentiert (Gläser und Laudel 2010, S. 192) (vgl. Anhang 9). Die Interviews wurden mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet und vollständig verschriftlicht (Transkription) (Bortz und Döring 2003, S. 311). Da einerseits Transkriptionen die Basistexte bereits verändern können (Mayring 2010, S. 53) und andererseits die Inhalte der Interviews im Fokus stehen und nicht die phonetischen/phonologischen Eigenschaften der Texte, wurde ein relativ einfaches Regelwerk zur Transkription entwickelt und angewendet (vgl. Anhang 7).24 Dieses ist für rekonstruierende Untersuchungen ausreichend (Gläser und Laudel 2010, S. 193). 24

Einen Überblick über unterschiedliche Transkriptionssysteme bieten bspw. Ehlich und Switalla (1976).

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

135

Eine Gruppendiskussion kann der Klasse der Interviewverfahren zugeordnet werden (Bortz und Döring 2003, S. 307). Sie zeichnet sich dadurch aus, dass eine Gruppe von Personen in strukturierter Form ein vorgegebenes Thema diskutiert (Bortz und Döring 2003, S. 319; Lamnek 2005b, S. 372). Zielsetzung ist dabei, die Meinungen der Individuen und/oder der Gruppe zu untersuchen (Bortz und Döring 2003, S. 319; Dreher und Dreher 1995, S. 186; Lamnek 2005b, S. 376). Es können mithilfe dieses Verfahrens sowohl Theorien entwickelt als auch Hypothesen überprüft werden (Bortz und Döring 2003, S. 320). Die Vorteile der Gruppendiskussion liegen in der Dynamisierung der Situation, wodurch Meinungsvielfalt sowie deren Verteidigung gefördert werden (Dreher und Dreher 1995, S. 186), unterstützt durch die Realitätsnähe der Situation und die spontanen Beiträge der Diskussionsteilnehmer (Dreher und Dreher 1995, S. 186). Die Ausgestaltung der Gruppendiskussion (bspw. Teilnehmerauswahl und -anzahl, thematische Vorgaben, Strukturierungsgrad, Dauer sowie Dokumentation und Auswertung) kann nach Bedarf konzipiert werden (Bortz und Döring 2003, S. 320; Lamnek 2005a, S. 88–89). Im hier vorliegenden Fall setzten sich die Teilnehmer aus Vertretern der Fallstudienunternehmen (Interviewpartner)25 zusammen. Damit stellen die Teilnehmer hinsichtlich ihres Expertenstatus zur Geschäftsmodellgestaltung eine homogene Gruppe dar. Die notwendige Voraussetzung für einen ergiebigen Diskussionsprozess, nämlich eine Betroffenheit der Teilnehmer in Bezug auf die Diskussionsinhalte, besteht also (Lamnek 2005a, S. 105–106). Gegenstand der Diskussion war der auf der Grundlage der Fallstudienarbeit entwickelte Ansatz für Geschäftsmodellpraktiken. Dieser wurde als Stimulus jeweils in einzelnen Aspekten vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert (Lamnek 2005b, S. 378). Zielsetzung war dabei, den Nutzen der Ergebnisse im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung durch die Expertenmeinungen zu überprüfen. Die Diskussion wurde mit einem Tonband und einem Videogerät aufgenommen und vollständig transkribiert. Die Inhalte wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet (Lamnek 2005b, S. 378) (vgl. Anhang 50).

4.1.4 Vorgehen zur qualitativen Inhaltsanalyse Zur Auswertung von qualitativen Rohdaten in Form von Texten stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Diese reichen von der freien Interpretation bis zur regelgeleiteten Auswertung von Texten (Gläser und Laudel 2010, S. 45–46). Damit die Nachvollziehbarkeit der Forschungsergebnisse gewährleistet ist, sind regelgeleitete Verfahren vorzuziehen (Gläser und Laudel 2010, S. 45). Hierfür stehen bspw. die Narrationsanalyse nach Fritz Schütze (1983) und die objektive Hermeneutik nach Ulrich Oevermann et al. (1979) als „sequenzanalytische Methoden“ zur Verfügung. Diese sind als interpretationslastige Verfahren einzustufen und auch aufgrund ihres Aufwandes nicht sehr verbreitet (Gläser und Laudel 2010, S. 45).

25

Die Teilnehmer der Gruppendiskussion sind in Anhang 12, 19, 27, 34, 42 aufgeführt.

136

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Ein relativ weit verbreitetes Verfahren beschreibt der „Grounded Theory“-Ansatz (Glaser und Strauss 1967; Strauss 1987). Dabei steht eine induktive und zunächst eher theoriefreie Herangehensweise an die Textanalyse im Vordergrund (Bortz und Döring 2003, S. 333). Die Texte werden anhand von Kategorien kodiert, die aus der Textanalyse entstehen (Bortz und Döring 2003, S. 333). Die vorliegende Arbeit verfolgt einen deduktiv-induktiven Forschungsansatz. Dieser lässt sich mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) umsetzen. Diese eignet sich insbesondere für die Auswertung von großen Textumfängen und beinhaltet eine regelgeleitete, intersubjektiv nachvollziehbare Vorgehensweise (Bortz und Döring 2003, S. 332). Die Vorgehensweise wird im Folgenden anhand des inhaltsanalytischen Ablaufmodells (Mayring 2010, S. 60) erörtert. 1.

Festlegung des Materials: Alle Interviewtranskripte der 33 Experteninterviews (vgl. Anhänge 12, 19, 27, 34 und 42 für eine Übersicht über die Interviewpartner) aus den fünf Fallstudien sind Gegenstand der Analyse. Für die Einzelfallbeschreibung sind dies die Interviewtranskripte des jeweiligen Falls und für die fallübergreifende Analyse sind dies alle Interviewtranskripte. Die Auswahllogik der Fälle und der Interviewpartner wurden in den vorangegangen Abschnitten bereits erörtert.

2.

Analyse der Entstehungssituation: Die Teilnahme an den Interviews war freiwillig. Die originäre Ansprache der Interviewpartner erfolgte in der Regel über den Strategieleiter oder den Vorstand/Geschäftsführer des jeweiligen Unternehmens. Die Interviews wurden leitfadengestützt durchgeführt und fanden in der Regel in den Büroräumen des Unternehmens statt. Den Interviewteilnehmern war bekannt, dass die Interviews im Rahmen der Dissertation des Autors stattfinden, der diese auch alle durchgeführt hat. Eine genaue Übersicht zur Entstehungssituation pro Interview findet sich in Anhang 9.

3.

Formale Charakteristika des Materials: Das Material liegt in Form von Interviewtranskripten vor, die anhand von Transkriptionsregeln (vgl. Anhang 7) erstellt wurden.

4.

Richtung der Analyse: Die Interviews dienen dazu, die Erfahrungen der Teilnehmer in der Geschäftsmodellgestaltung zu rekonstruieren. Orientiert am Kommunikationsmodell nach Lagerberg (zitiert nach Mayring 2010, S. 56) steht damit die Analyse des Gegenstands, d. h. der Textinhalte der Interviewtranskripte, im Vordergrund.

5.

Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung: Im Rahmen der vorangestellten Kapitel wurden aufbauend auf den leitenden Forschungsfragen die theoretischen Grundlagen, ein theoretischer Bezugsrahmen und Propositionen beschrieben und entwickelt. Für die Differenzierung der Fragestellung wird auf diese Abschnitte verwiesen.

6.

Bestimmung der Analysetechnik, des Ablaufmodells und Festlegung der Analyseeinheiten: Für die Interpretation des Materials können drei Zielsetzungen und damit verbundene Vorgehensweisen differenziert werden: Zusammenfassung,

4.1 GRUNDLAGEN DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

137

Explikation und Strukturierung (Mayring 2010, S. 65). Die primäre Zielsetzung der Inhaltsanalyse ist, bestimmte Inhalte auf der Grundlage des theoretischen Bezugsrahmens aus dem Textmaterial zu extrahieren und zusammenzufassen. Damit sind das Vorgehen zur inhaltlichen Strukturierung und die deduktive Anwendung von Kategorien anzuwenden (Mayring 2010, S. 65–66), indem zunächst theoretisch begründete Strukturierungsdimensionen und Kategorien entwickelt werden (Mayring 2010, S. 98). Als Regelwerk für die Textanalyse dient ein Kodierleitfaden, der die Kategorien definiert, Ankerbeispiele nennt und Kodierregeln festlegt (Mayring 2010, S. 92) (vgl. Anhang 8). Kodierregeln dienen als zusätzliche Orientierung in Fällen, in denen Kategorien nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden können (Mayring 2010, S. 92). Die Anwendung der Kategoriedefinitionen und der Ankerbeispiele des Kodierleitfadens wurde an Textausschnitten von einer mit der qualitativen Inhaltsanalyse vertrauten Person getestet. Da sich der Kodierleitfaden als praktikabel erwies und keine Unklarheiten (bspw. zur Abgrenzung von Kategorien) bestanden, wurde auf die Formulierung von zusätzlichen Kodierregeln verzichtet. Nach einer ersten Pilotanwendung des Kategoriensystems an Auszügen des Materials wurden das Kategoriensystem und die Kategoriendefinition geringfügig überarbeitet (Mayring 2010, S. 94). Damit bietet die Vorgehensweise die Möglichkeiten, sowohl über ein deduktiv entwickeltes Kategoriensystem Textinhalte zur strukturieren als auch das Kategoriensystem über sich induktiv ergebende Kategorien im Verlauf der Auswertung zu erweitern. Diese Mischform der Kategorienbildung ist in der Forschungspraxis üblich (Bortz und Döring 2003, S. 330). Die paraphrasierten Textausschnitte werden dann nach den Regeln der zusammenfassenden Inhaltsanalyse generalisiert und so lange reduziert, bis das gewünschte Abstraktionsniveau erreicht ist (Mayring 2010, S. 67– 70). Mayring betont, dass die inhaltlichen Aspekte der Analyse immer Vorrang vor Verfahrensargumenten haben sollten (Mayring 2010, S. 51). So wurden Aussagen der Interviewpartner, die dem besseren Verständnis des Falls dienen, in der Zusammenfassung der Inhalte zu einer Kategorie ergänzt (bspw. als „zusätzliche Anmerkungen“). 7.

Definition der Analyseeinheit: Die Kontexteinheit umfasst für die Einzelfallanalyse alle Aussagen der Interviewpartner eines Falls und für die fallübergreifende Analyse alle Aussagen der Interviewpartner. Diese Aussagen können aus mehreren Sätzen bestehen. Die Kodiereinheit ergibt sich aus der Definition der Kategorien (vgl. Anhang 8) und umfasst generell jede Aussage der Interviewpartner zu einer Kategorie. Die Auswertungseinheit umfasst die Interviewtranskripte eines Falls, die ohne feste Reihenfolge nacheinander ausgewertet wurden.

8.

Analyse des Materials und Überprüfung des Kategoriensystems: Entsprechend dem skizzierten Ablaufmodell wurden alle Interviews kodiert und das Kategoriensystem bei Bedarf angepasst (vgl. Anhang 8).

138

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

9.

Zusammenstellung der Ergebnisse und Interpretation im Hinblick auf die Fragestellung: Die zusammengefassten Ergebnisse wurden entlang des theoretischen Bezugsrahmens beschrieben. In einem zweiten Schritt erfolgte die fallübergreifende Analyse zur Identifikation typischer Muster und zur Diskussion der Propositionen gegenüber diesen Mustern.

10.

Anwendung der inhaltsanalytischen Gütekriterien: Die sechs Gütekriterien nach Mayring – (1) Verfahrensdokumentation, (2) argumentative Interpretationsabsicherung, (3) regelgeleitetes Vorgehen, (4) Nähe zum Gegenstand, (5) kommunikative Validierung und (6) Triangulation – (Mayring 2002, S. 144–148) werden erfüllt: Die vorliegende ausführliche Dokumentation der Vorgehensweise in der qualitativen Inhaltsanalyse erfüllt das Kriterium der (1) Verfahrensdokumentation. Die Abbildung der zusammenfassenden Inhaltsanalyse auf der Grundlage der inhaltlichen Strukturierung im Anhang (46 und 50) dient der (2) argumentativen Interpretationsabsicherung. Die Anwendung der beschriebenen Vorgehensweise innerhalb der qualitativen Inhaltsanalyse erfüllt das Kriterium eines (3) regelgeleiteten Vorgehens. Die (4) Nähe zum Gegenstand lässt sich durch das Interesse der Betroffenen an der Forschungsarbeit begründen. Die freiwillige Teilnahme an den Interviews, der positive Verlauf der Interviews und die Ergebnisse der Gruppendiskussion sind Indikatoren dafür, dass das Kriterium eingehalten wurde. Die Ergebnisse der Fallstudienbeschreibung und die damit verbundenen Interpretationen im Rahmen der Inhaltsanalyse wurden den Fallstudienunternehmen zur (5) kommunikativen Validierung zur Verfügung gestellt. Die (6) Triangulation erfolgte über die Nutzung verschiedener Interviewpartner und Dokumente als Quellen.

Zusätzlich wurden zur Überprüfung der Reliabilität ausgewählte Ausschnitte des Materials durch eine zweite Person kodiert und die Ergebnisse wurden verglichen (Intercoderreliabilität). Ebenso wurde die Kodierung der ersten Interviews nach Abschluss der Kodierung der letzten Interviews überprüft und die Ergebnisse anschließend verglichen (Intracoderreliabilität) (Mayring 2010, S. 117). Das Vorgehen zielt mit den ausführlichen Regeln und Vorgehensschritten auf eine möglichst hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse ab. Gleichzeitig ist eine Konsequenz des Verfahrens – und insbesondere der angestrebten Transparenz – ein beachtlicher Aufwand bei der Auswertung. Die Transkription der Interviews (Basistexte) umfasst ca. 650 Seiten; es wurden über 2.100 Textstellen kodiert und ausgewertet; die zusammenfassende Inhaltsanalyse (vgl. Anhang 46) hat einen Umfang von ca. 250 Seiten. Der forschungsmethodische Vorteil ist, dass jedes Ergebnis, das in der Auswertung der Fallstudien aufgeführt ist, bis zu seinem Ursprung zurückverfolgbar ist. Zur Unterstützung der umfangreichen Auswertung wurde das Computerprogramm MAXQDA genutzt.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

139

4.2 Ergebnisse der empirischen Untersuchung 4.2.1 Ergebnisse der Einzelfallstudien 4.2.1.1

AirPlus International

Der betrachtete Zeitraum für die Gestaltung des Geschäftsmodells der AirPlus International26 ist Januar bis Oktober 2013 (vgl. Anhang 10). Die Interviewpartner stellen eine Auswahl der Beteiligten an der Geschäftsmodellgestaltung dar (vgl. Anhang 12 und Kap. 4.1.3 zur Auswahl der Interviewpartner). Die interviewten Prozessbeteiligten geben eine Erfahrung von durchschnittlich 11,8 Jahren in der Geschäftsmodellgestaltung an. Das Unternehmen verfügt über einen eigenen Strategiebereich, der sechs Vollzeitkräfte (Full-Time-Equivalents: FTEs) umfasst. In der Überarbeitung nutzte das Unternehmen keine externe Unterstützung einer Unternehmensberatung27 (vgl. Anhang 10). Die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung für die Strategiearbeit stufen die Interviewpartner auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ als „eher hoch“ bis „sehr hoch“ ein. Die Auswertung der Zufriedenheit mit der Vorgehensweise in der Geschäftsmodellgestaltung ergibt ein uneinheitliches Bild und ist in der Tendenz eher kritisch. Nur zwei Personen sind „eher zufrieden“, jeweils zwei Personen geben eine „neutrale“ Zufriedenheit bzw. „eher unzufrieden“ an (ebenfalls auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“; vgl. Anhang 11). Activity-System (Dimension A im Bezugsrahmen) Die übergreifende Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung war, die führende Marktposition in dem Nischenmarkt „Reisekostenmanagement“ in Europa einzunehmen. Der Strategieprozess sollte dazu dienen, Grundsatzfragen zum Produktportfolio und zu Geschäftsfeldern (bspw. Fokussierung versus Diversifikation) zu beantworten. Den zu klärenden Grundsatzfragen standen veränderte externe Rahmenbedingungen, insbesondere im Kontext einer möglichen Regulierung des Marktes, gegenüber, mit potenziellen Auswirkungen auf das Erlösmodell. Zudem sollten weitere Wachstumsmöglichkeiten außerhalb des gesättigten deutschen Kernmarktes geprüft werden. Mit der Beantwortung der Fragestellungen sollte ein gemeinsam geteiltes, transparentes und überzeugendes Bild des Unternehmens und des Geschäftsmodells für das Jahr 2020 als Motivation und Orientierung für die Mitarbeiter erreicht werden (vgl. Anhang 46 A-I4). Die Zielsetzung wurde innerhalb der ersten Workshops festgelegt und kommuniziert (vgl. Anhang 46 A-I5). Mehrheitlich sahen die Befragten die Geschäftsführung und den Vorsitzenden der Geschäftsführung für die Festlegung der Zielset26 27

Für weitere Details zum Unternehmen vgl. Anhang 10. Ein Unternehmensberater wurde als zusätzliche Kapazität in dem Prozess als Ersatz für einen nicht verfügbaren internen Mitarbeiter genutzt. Die Rolle wurde als ein „Body-Lease“ beschrieben (vgl. Anhang 46 A-I66).

140

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

zung verantwortlich, wobei sowohl der Lenkungsausschuss des Projektes als auch der Strategieleiter als weitere Beteiligte genannt wurden. Insbesondere die Geschäftsführung sah die Verantwortung beim Strategieleiter. Dieser entwickelte einen Vorschlag für die Zielsetzung, der durch den Lenkungsausschuss überprüft und final durch die Geschäftsführung verabschiedet wurde (vgl. Anhang 46 A-I6). Es lassen sich zwei unterschiedliche Verständnisse eines Geschäftsmodells der Prozessbeteiligten beschreiben. Mehrheitlich wird das Geschäftsmodell als eine ganzheitliche, einfache und plakative Beschreibung des Unternehmens anhand einer Kombination inhaltlicher Elemente verstanden, die dazu dienen, Umsatz- und Erlösströme bzw. einen finanziellen Mehrwert zu schaffen. Die Gesamtheit der Elemente ergibt ein unternehmensindividuelles Modell bzw. eine Funktionslogik. Zu den Elementen gehören in diesem Fall bspw. Festlegungen zu den Produkt-/Servicedienstleistungen (Value Proposition), den Kunden, der Finanzierung, der Kostenstruktur und den internen Prozessen. Das Geschäftsmodell dient in diesem Fall dazu, Unternehmensziele zu erreichen, und kann sowohl Endpunkt als auch Ausgangspunkt einer Strategie sein. Das andere Geschäftsmodellverständnis beschreibt das Geschäftsmodell als Festlegungen zur Preisstruktur und daraus entstehenden Erlösströmen pro Kundengruppe. Alle anderen Elemente (bspw. Kostenstruktur, Eigen- und Fremdleistungen) sind in diesem Fall Teil der Strategie, wobei Wechselwirkungen zwischen dem Geschäftsmodell und der Strategie bestehen. Da das letztere Geschäftsmodellverständnis von einem der Geschäftsführer genannt wurde, erscheint dies als eine mögliche Herausforderung für die Prozessgestaltung und Nutzung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung (vgl. Anhang 46 A-I1)28. Auf die Problematik für die Entwicklung eines eigenen Ansatzes zur Geschäftsmodellgestaltung wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen. Den Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive sehen die Befragten in der Orientierungskraft, die aus der komprimierten Darstellung der wichtigsten Elemente, einem greifbareren Zielbild als eine Strategie und – für die Kommunikation zwischen den Beteiligten – durch die Schaffung einer gemeinsamen Sprache und Struktur resultiert. Nach Ansicht der Interviewpartner bietet das Geschäftsmodell innerhalb der Strategieentwicklung ein ganzheitliches Bild der wesentlichen Herausforderungen, der Zusammenhänge der strategischen Entscheidungen (Elemente) sowie eine transparente Darstellung der Abhängigkeiten zwischen Elementen. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es eine Grundlage zur Plausibilisierung der Strategie (bspw. innere Logik, tatsächliche Erzielung angestrebter Nutzen aus Kundensicht, Plausibilisierung von erwarteten Umsatzströmen). Im Rahmen der Strategieumsetzung liegen die Vorteile wiederum in der Orientierungsfunktion für die Organisation, in der klareren Kommunikation der Strategie und in der verbesserten Steuerungsfähigkeit für ggf. notwendige Veränderungsprozesse.

28

Innerhalb des Unternehmens wird der Begriff „Picture of the Future“ stellvertretend für die Beschreibung des Geschäftsmodells in der Zukunft benutzt.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

141

Entscheidungen für die Strategieumsetzung können aus dem Geschäftsmodell abgeleitet werden. Je präziser es formuliert ist, desto effizienter und effektiver können Maßnahmen zur Erreichung des zukünftigen Geschäftsmodells definiert werden (vgl. Anhang 46 A-I2). Die Beteiligten äußerten gleichzeitig ähnlich viele Nachteile der Geschäftsmodellperspektive. Das Topmanagement ging grundsätzlich davon aus, dass das Geschäftsmodell im Unternehmen bekannt ist. Daher erachtete es eine Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells als nicht notwendig. Zudem sah es Diskussionen zum Geschäftsmodell generell als nie dringlich, wenngleich immer wichtig an. Aus dieser Sicht ergibt sich grundsätzlich die Herausforderung, Zeit für Geschäftsmodelldiskussionen zu reservieren. Innerhalb des beobachteten Prozesses empfanden einzelne Teilnehmer die Diskussionen zum Geschäftsmodell als Rückschritt im Strategieprozess, wenn bereits konkrete strategische Fragestellungen bekannt waren. Diese Diskussionen kosteten Zeit und führten zunächst von den bekannten Fragestellungen wieder weg. Die Beschreibung des Geschäftsmodells wurde als komplex und aufwendig empfunden. Aufgrund der Vielzahl der zu beschreibenden Komponenten, der unklaren Aggregationsebene („Flughöhe“) der Beschreibung, des intensiven und iterativen Prozesses der Formulierung und Reformulierung der Beschreibungen und der Gefahr, sich in Detailfragen zu verlieren, wurde die Perspektive als komplex wahrgenommen. Zudem erschien es den Beteiligten schwierig, eine gemeinsame Sicht für die Beschreibung des Geschäftsmodells zu erreichen, da es kaum möglich war, die unterschiedlichen Meinungen in einem demokratischen Diskussionsprozess zu vereinigen. Daher wurden die Entscheidungen meist durch Einzelne getroffen, mit dem Risiko, dass die Vertreter der anderen Sichten sich im Ergebnis nicht wiederfinden und nicht an die formulierten Elemente glauben. Ein weiteres Risiko wurde in einer zu starken Orientierung am bestehenden Geschäftsmodell im Diskussionsprozess gesehen, wodurch andere Aspekte vernachlässigt werden könnten. Für die Umsetzung sehen die Interviewpartner die Gefahr, dass Menschen im Unternehmen die Geschäftsmodelldarstellung für die Realität halten und sich zu stark an der vereinfachten Abbildung orientieren. Dadurch könnten Flexibilität und Kreativität verloren gehen. Gerade dieser letzte Aspekt zielt auf das Argument ab, dass die Zukunft nur bedingt planbar und vorhersehbar sei, was die Geschäftsmodellgestaltung jedoch suggeriere (vgl. Anhang 46 A-I3). Mediation/administrative Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Zu Beginn des Strategieprozesses wurde die Vorgehensweise aus vergangenen Prozessen überarbeitet; das gewählte Vorgehen wurde zusätzlich während des laufenden Prozesses an wichtige Diskussionsthemen und an die Bedürfnisse der Teilnehmer adaptiert (vgl. Abb. 4.3), indem bspw. eine breitere Gruppe des Managements als Inputgeber und Sparringspartner involviert wurde als ursprünglich geplant. Der Anspruch an den zentral geführten Prozess war, Antworten auf veränderte Rahmenbedingungen zu entwickeln. Dabei mussten nicht alle Antworten innerhalb des Prozesses gefunden

142

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

werden; adressierte Themen konnten auch in dezentral definierter Verantwortung nach dessen Beendigung weiterbearbeitet werden (vgl. Anhang 46 A-I7 und A-I16). Turnusmäßig findet diese Strategiediskussion alle zwei bis drei Jahre statt. Auslöser für diese ungeplante Durchführung waren Vordiskussionen und Workshops im Management, welche die Notwendigkeit zur Diskussion strategischer Themen aufzeigten (vgl. Anhang 46 A-I7). Auf Basis der definierten Vorgehensweise wurde zunächst der übergeordnete Anspruch in Form einer Festlegung finanzieller Zielwerte beschrieben. Im nächsten Arbeitsschritt wurden die „Fundamentals“ überprüft, d. h. Themen, die durchgehend für die Strategieentwicklung von Bedeutung sind. Angelehnt an die Balanced-ScorecardPerspektiven bestehen diese aus „Healthy Financials, Leading Products, Customer Focus, Top Team und Embracing Change“ (vgl. Anhang 46 A-I7 und A-I16 und A-Präsentation 2). In der nächsten Phase wurden innerhalb der Perspektiven der Fundamentals strategische Analysen durchgeführt, um alle Beteiligten einzubinden und auf einen Kenntnisstand zu bringen. Die einzelnen Ergebnisse wurden in Form einer SWOT-Analyse zusammengefasst. Die Analysen wurden primär vom Strategiebereich durchgeführt bzw. koordiniert, der in Teilen auf bereits bestehenden strategischen Analysen der Länderorganisationen aufsetzte. Zusätzlich konnten die Beteiligten ihre wichtigsten Themen einbringen. Das strukturierte Vorgehen in der Analyse wurde als notwendig, aber auch zeitintensiv beschrieben. Aus den Ergebnissen wurden erste Handlungsfelder abgeleitet (vgl. Anhang 46 A-I7 und A-I16). In einem nächsten Schritt wurde das angestrebte zukünftige Geschäftsmodell für das Jahr 2020 entwickelt. Auf der Grundlage der Analyseergebnisse wurden Komponenten des Geschäftsmodells beschrieben. Dabei enthielten die Beschreibungen anhand von stichpunktartigen Aufzählungen sowohl Ausprägungen des bestehenden Geschäftsmodells als auch veränderte Ausprägungen. Die gewählten Komponenten waren bspw. Märkte, Kunden, Produkte, Serviceleistungen, Infrastruktur, Prozesse und Organisation. Neben der komprimierten Beschreibung wurden Detailinformationen zu den einzelnen Komponenten als Hintergrundinformationen in Form von „Unterfolien“ in der Präsentation ergänzt. Die Beteiligten schildern die Formulierung der Beschreibung als einen iterativen Prozess, der auf der Grundlage von Entwürfen des Strategieteams innerhalb des Lenkungskreises stattgefunden hat. Für die Vorbereitung der Lenkungskreise wurden bilaterale Gespräche mit Experten und Stakeholdern der Organisation geführt, um einzelne Ausprägungen des Geschäftsmodells im Vorfeld zu diskutieren und abzustimmen (vgl. Anhang 46 A-I7 und A-I16). In der nächsten Phase wurden Business Principles entwickelt, die einen Anspruchsgrad gegenüber Bereichen im Unternehmen und Investitionen definieren (vgl. Anhang 46 A-I16). Als Grundlage für die Strategieumsetzung wurden strategische Stoßrichtungen als inhaltliche Brücke zwischen dem heutigen Zustand des Unternehmens und dem angestrebten Zielzustand im Jahr 2020, beschrieben durch das Geschäftsmodell, entwickelt. Hierfür wurden abgeleitete strategische Zielsetzungen gebündelt. Innerhalb jeder Zielsetzung wurden Maßnahmen definiert, die zur Erreichung des Zielzustandes führen

143

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

sollten. Zur Nachverfolgung der Zielerreichung wurden Kennzahlen je Zielsetzung definiert. Die geplanten Maßnahmen wurden in Form einer „Corporate Roadmap“ in eine zeitliche Abfolge gebracht. Für eine Nachverfolgung des Umsetzungstandes und zur Steuerung der Implementierung wurden eine Struktur und ein dreimonatiger Rhythmus zur Präsentation vor der Geschäftsführung definiert (vgl. Anhang 46 A-I16).

Phasen

Grundlagen, übergeordnete Zielsetzung und Fundamentals

Strategische Stoßrichtungen, Ziele, Kennzahlen und Maßnahmen

Business Principles

Geschäftsmodell

Grundlagen: Überar Ableitung von Implika Durchführung/ beitung der Methode/ tionen aus der Analyse Aktualisierung strateVorgehensweise für gischer Analysen un-  iterativer Prozess zur den Prozess Beschreibung des ter Berücksichtigung Geschäftsmodells durch  Festlegung einer der Perspektiven der Bullet Points entlang übergeordneten Fundamentals, bspw.: einzelner Dimensionen inhaltlichen  Wettbewerb (inkl. heutiger und Zielsetzung  Marktentzukünftiger Ausprägung) wicklungen  Fundamentals: Festlegung von Themen,  Positionierung in  Erstellung von Detaildie von übergreifender informationen als HinterKernmärkten Bedeutung sind grundinformationen zu  Kunden(angelehnt an die einzelnen Dimensionen anforderungen Balanced-Scorecard Diskussion und Abstim Historie der Perspektiven) mung der Ergebnisse im Investitionen Lenkungskreis auf der und deren Grundlage von Vor- und Entwicklung Nachbereitungen des  Zusammenfassung der Strategieteams Ergebnisse in eine SWOT-Analyse  BilateraleDiskussion zu einzelnen Aspekten des  Ableitung von Geschäftsmodells mit ExHandlungsfeldern perten/Führungskräften 

Inhalt

Analyse

Erarbeitung von Kriterien, anhand derer Business Units, Produkte, Serviceeinheiten überprüft werden  Formulierung eines Investitionsleifadens für Entscheidungsvorlagen  Formulierung der Mindestbedingungen, die für eine Investition erfüllt sein müssen 



   



Formulierung strategischer Stoßrichtungen als Bündelung von strategischen Zielen und Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten zukünftigen Geschäftsmodells (als inhaltliche Brücke zu dem heutigen Ist-Zustand) Formulierung strategischer Ziele Formulierung Kennzahlen Ableitung notwendiger Maßnahmen pro Division Zusammenfassung und Verteilung der Maßnahmen auf einer Corporate Roadmap Festlegung einer Struktur zum Controlling und zur Steuerung der Implementierung

Abbildung 4.3: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (AirPlus International) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I7, A-I16, A-Präsentation 2.

Im Strategieteam wurden umfangreiche externe und interne Analysen als Informationsgrundlage zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und der Strategie aufbereitet. Hierzu gehören bspw. Informationen zu Trends des Umfeldes, Szenarioanalysen zur Geschäfts- und Ergebnisentwicklung, Wettbewerbsanalysen, eine Branchenstrukturanalyse, Marktanalysen, die Analyse neuer Märkte und Produkte, Analyse bestehender Bereichsstrategien, Kostenanalysen, Umsetzungsstände von strategischen Maßnahmen, Benchmarking der Kernkompetenzen und die Analyse von Finanzdaten der Länderorganisationen. Die Ergebnisse wurden in Form einer SWOT-Analyse konsolidiert. Als Datengrundlage wurden Marktforschungsdaten/-studien, bestehende und aktualisierte strategische Analysen und Interviews mit Experten und der Geschäftsführung genutzt. Die dargestellten Informationen entsprechen in vielen Fällen den untersuchten Strategieinstrumenten, weshalb für das Strategieteam eine intensive Nutzung von Strategieinstrumenten bestätigt werden kann. Die Nutzung von Informationen im Lenkungskreis stellt sich anders dar. Hier wurden im Wesentlichen Zusammenfassungen in Form der SWOT- und der Finanzanalysen diskutiert und genutzt. Den Mitgliedern

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

des Lenkungskreises (ohne das Strategieteam) war nicht bekannt, welche Instrumente zur vorbereitenden Analyse der Informationen genutzt wurden (vgl. Anhang 46 A-I8). In der Phase der Geschäftsmodellgestaltung wurde keine gemeinsame Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells – eine Bewertung seiner Eigenschaften findet sich in der SWOT-Analyse – erarbeitet oder genutzt. Deren Bedeutung wurde vom Topmanagement (zu Beginn der Fallstudie bereits beschrieben) und anderen Beteiligten unterschiedlich beurteilt. Lediglich das Strategieteam startete mit der Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells als Arbeitsgrundlage. Der Schwerpunkt der Arbeit und der Fokus des Lenkungskreises lagen in der Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells im Sinne von Festlegungen entlang der bereits beschriebenen Komponenten. Dabei sollten Antworten auf vier strategische Herausforderungen (mögliche Regulierung, neue Geschäftsfelder, Bankprüfungsthemen, Risikomanagement) gefunden werden, die sowohl bestehende als auch neue Eigenschaften des Geschäftsmodells beinhalten konnten. Die Beteiligten merkten an, dass sich die Grundlogik des Geschäftsmodells nicht verändern werde. Diese Arbeitsweise wird von einzelnen Beteiligten kritisiert, da so das bestehende Geschäftsmodell nicht ausreichend hinterfragt worden sei und die Veränderungen nicht klar herausgearbeitet und in Bezug auf die finanziellen Zielsetzungen nicht ausreichend plausibilisiert worden seien (vgl. Anhang 46 A-I9). Über die Diskussion und die Formulierung der einzelnen stichpunktartigen Aufzählungen wurden Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells getroffen, so für Produkte (u. a. kundenspezifische Produktentwicklungen), Produktportfolio, Märkte, Kundensegmente (Zielgruppen), Positionierung, Serviceleistungen und Ressourcenverteilung. Die Entscheidungsfindung beurteilen die Beteiligten als schwierig, da unterschiedliche Sichten existierten, die Clusterung der Informationen (Komponenten des Geschäftsmodells) immer wieder geändert worden sei und man sich im Rahmen der Diskussion an Detailfragen aufgehalten habe. Es sei nicht gelungen, die wesentlichen Entscheidungen auf einer Seite darzustellen (vgl. Anhang 46 A-I10). Im Rahmen der Diskussion wurden Wechselwirkungen zwischen den Elementen besprochen und die wesentlichen festgelegt. Als Mehrwert wurde wahrgenommen, dass durch diese Betrachtung eine implizite Prüfung der Umsetzbarkeit stattgefunden habe, da Einzelentscheidungen auch Konsequenzen für benachbarte Bereiche haben könnten. Für die Betrachtung der Wechselwirkungen wurden, ausgehend von möglichen Festlegungen eines dominierenden Leitmotivs (Fokus auf Produkt, Delivery Excellence, Kunden), entsprechende Wechselwirkungen auf die Elemente des Geschäftsmodells analysiert. Das Strategieteam hatte als Vorbereitung der Lenkungskreise mögliche Konsequenzen tabellarisch aufbereitet. Nach Angaben der Beteiligten war das Vorgehen nicht fachmännisch und akribisch und es wurden folglich nur ausgewählte Wechselwirkungen betrachtet. Beispiele für Wechselwirkungen waren jeweils Leitmotiv und Organisationsstruktur, Produkte, Preisgestaltung, Kostenstruktur, IT sowie Kundensegmente und Produktportfolio (vgl. Anhang 46 A-I11 und A-Präsentation 1).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

145

Zusammenfassend beurteilen die Beteiligten das Vorgehen mehrheitlich als eher intuitiv denn analytisch. Als analytisch angesehen wurden die Marktanalysen, die Beschreibung der Ausgangslage, die Nutzung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung und die Arbeit des Strategiebereichs. Mehrheitlich als intuitiv wurden die Diskussionen zum Geschäftsmodell bezeichnet. Immer dann, wenn keine Zahlen, Daten, Fakten vorlagen, wurden Entscheidungen auf Basis der Intuition im Sinne eines „gesunden Menschenverstands“ getroffen. Aufgrund der Vielzahl möglicher Themen im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung konnten nicht alle Diskussionspunkte mit vertretbarem Aufwand analytisch vorbereitet werden. Zudem beeinflusste die Unternehmenskultur in Form der Arbeitsweise der Geschäftsführung die Möglichkeiten zum Einsatz strukturierter Instrumente und Vorgehensweisen. Die Interviewpartner gaben an, dass Strategieinstrumente generell in der Organisation keine Akzeptanz fänden, wenn sie als einschränkend oder behindernd für die Diskussion empfunden würden (vgl. Anhang 46 A-I12). Übergreifend beschrieben die Beteiligten das eigene Vorgehen als eher systematisch, kombiniert mit einem pragmatischen Agieren und Ändern der Vorgehensweise im Prozess. Während diese flexiblen Änderungen mehrheitlich als positiv bewertet wurden, äußerten einzelne Beteiligte Bedenken, dass dieses Vorgehen dadurch in Summe unsystematisch und durch den Aktionismus der Teilnehmer geprägt werde. Um dennoch eine möglichst systematische Vorgehensweise einzuhalten, wurde zu Beginn eine Struktur mit Abfolge von Arbeitsschritten definiert. Diese wurde dem Lenkungskreis immer wieder erläutert, einzelne Komponenten des Geschäftsmodells wurden für eine bessere Orientierung visualisiert (vgl. Anhang 46 A-I13). Das Vorgehen zur Geschäftsmodellgestaltung (vgl. auch Abb. 4.3) war als Arbeitsschritt Bestandteil eines Strategieprozesses. Die Beteiligten gaben als Gründe für eine Integration an, dass das Geschäftsmodell einen verlässlichen und gemeinsam geteilten langfristigen Orientierungspunkt für alle Unternehmensbereiche biete, sowohl für die generelle Ausrichtung als auch die unterjährige Anpassung der strategischen Maßnahmen. Durch die Integration können notwendige inhaltliche Veränderungen am Geschäftsmodell vorgenommen werden und durch die übrigen Elemente der Strategie (u. a. Ziele, Maßnahmen) umgesetzt werden. Dabei sehen die Beteiligten das Geschäftsmodell als Kern jeder Strategie: Wenn nur die Veränderungen des Geschäftsmodells beschrieben werden, so ist diese Veränderung die Strategie. Noch weitergehend sieht einer der Beteiligten keine Notwendigkeit, das Geschäftsmodell innerhalb des Strategieprozesses zu diskutieren, wenn keine Veränderungen erwartet würden (vgl. Anhang 46 A-I14). Für eine Betrachtung des Geschäftsmodells außerhalb des Strategieprozesses wird angeführt, dass ein eigener Prozess flexibler gestaltet werden könnte und sich damit nicht nach den festen Terminen und Strukturen eines Strategieprozesses richten müsste. Das Geschäftsmodell bekäme in einem eigenen Prozess mehr Aufmerksamkeit. Auch die Betrachtung spezifischer strategischer Fragestellungen, die Reaktion auf disruptive Marktentwicklungen und die Überprüfung der Auswirkungen von Ad-hoc-Informationen auf das Geschäftsmodell sowie eine grundsätzliche

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Hinterfragung des bestehenden Geschäftsmodells könnten außerhalb eines Strategieprozesses stattfinden (vgl. Anhang 46 A-I15). Weiterentwicklungspotenziale wurden für Teilaspekte im Prozess der Entwicklung und Umsetzung sowie zur Nutzung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung gesehen. Zunächst sollte die Beschreibung des aktuellen Geschäftsmodells als Ankerpunkt im Vorgehen ergänzt werden. Insbesondere der Strategiebereich bemängelt, dass es keine ihm bekannten Standardformate zur Analyse und Beschreibung des Geschäftsmodells bei gleichzeitiger Sicherung der Kreativität im Prozess gebe. Auch gebe es keine strukturierten Modelle zur Kommunikation des Geschäftsmodells. Weiter wurde angeführt, dass auch andere Unternehmensbereiche ihre Strategien anhand des definierten Standardprozesses beschreiben sollten. Für die Umsetzung sollte nach Angabe der Befragten eine kontinuierliche Überprüfung des gestalteten Geschäftsmodells an tatsächliche Entwicklungen vorgesehen werden. Das zukünftige Geschäftsmodell sollte demnach als langfristiger Orientierungspunkt positioniert werden, den es innerhalb der Umsetzung in operative Änderungen in den Bereichen zu übersetzen gelte. Es sollte Flexibilität bestehen, Elemente zu ändern, die in der Umsetzung nicht funktionieren (vgl. Anhang 46 A-I17). Mediation/diskursive Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Als Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung wurde ein selbst entwickelter Ansatz mit der Bezeichnung „Picture of the Future“ genutzt (vgl. Anhang 13). Dieser wurde auf der Grundlage von Instrumenten in der Literatur entwickelt. Dabei orientiert er sich in seinem Aufbau an den Komponenten des Canvas-Modells (vgl. Kap. 2.3.2). Anhand der Komponenten Kunden und Märkte, Produkte und Service, Produktion und Prozesse, Business Development und Innovation, Team und Führung, Finanzierung und Risiken, Governance und Compliance soll der gewünschte zukünftige Zustand des Geschäftsmodells festgelegt werden. Auslöser für die Eigenentwicklung waren verschiedene Gründe. Zu Beginn wurde das Canvas-Modell genutzt, das jedoch von den Beteiligten als zu kompliziert empfunden wurde. Mit dieser Erkenntnis wurde die Eigenentwicklung initiiert; dabei sollte das Modell die Ableitung funktionaler Strategien enthalten und innerhalb von drei Stunden durchsprechbar sein. Zunächst wurde ein einfaches Modell mit drei Komponenten vom Strategiebereich vorgeschlagen; auch dieses Instrument konnte sich in der Anwendung nicht durchsetzen. In der Folge wurde ein wieder etwas komplizierteres Modell entwickelt, das schlussendlich mehr Komponenten als das Canvas-Modell enthielt. Der Strategiebereich gibt an, dass alle drei Instrumente vergleichbare Informationen enthielten und sich jeweils nur die Clusterung der Informationen unterscheide. Das schlussendlich verwendete Instrument setzt auf bereits im Unternehmen bekannten Komponenten der Strategiearbeit aus einer alten Strategiedokumentation auf und führt damit zu einem tieferen Verständnis (vgl. Anhang 46 A-I18 und A-Präsentation 2 und 3). Anhand der einzelnen Komponenten wird die angestrebte Zukunftssituation des

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

147

Geschäftsmodells in einer Mischung aus qualitativen und quantitativen Angaben beschrieben. So wird bspw. ein qualitativer Anspruch wie „we offer best service in industry“ formuliert, der dann über quantitative Kennzahlen „first contact resolution rate“ von x Prozent spezifiziert wird (vgl. Anhang 46 A-I18). Für die Nutzung und Bearbeitung wurde eine PowerPoint-Vorlage erstellt. Das Instrument wird zur Strukturierung und Zusammenfassung der Geschäftsmodellbeschreibung und -diskussion und als Leitfaden in Workshops genutzt, ebenso wie in der Phase der strategischen Analyse und in der Kommunikation des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 A-I19). Der Mehrwert des Instruments wird in einem Orientierungsrahmen gesehen, um die wichtigsten Themen vollständig zu behandeln und damit eine Strukturierung des Prozesses zu erreichen. Gleichzeitig schafft es eine gemeinsame Sprache und Begriffsdefinitionen und initiiert die Strategiediskussion. Für den Strategiebereich war das Instrument ein Hilfsmittel, um die Prozessgeschwindigkeit zu steuern und gleichzeitig alle Beteiligten auf einen Stand zu bringen. Dadurch sollte einerseits ein möglichst gutes Ergebnis erzielt werden und andererseits pragmatisch vorgegangen werden (vgl. Anhang 46 A-I20). Einige Nachteile ergeben sich aus dem internen Entwicklungsprozess. Wie bereits deutlich wurde, beschäftigten sich das Strategieteam und der Lenkungskreis zu Beginn des Prozesses zunächst mit der Entwicklung des Instruments. Die Diskussionen zur Festlegung der Komponenten werden als schwieriger „trial and error“-Prozess beschrieben, der dazu führte, dass teilweise mehr über das Modell als über die Inhalte diskutiert wurde. Dies führte zu einer Verunsicherung der Beteiligten, die eine Fehlleitung der Diskussion aufgrund der Vorgaben des Instruments befürchteten. Zudem blieb unter den Beteiligten eine Restunsicherheit bestehen, inwieweit mit dem Instrument alle wichtigen Komponenten abgedeckt wurden. Auch blieb unklar, auf welcher Aggregationsebene die Informationen für eine Geschäftsmodellgestaltung dargestellt werden sollten (vgl. Anhang 46 A-I21). Als Grund für die Eigenentwicklung wird vor allem die Akzeptanz durch das Management und den Lenkungskreis durch das Gefühl der Eigenentwicklung genannt. Bei der Umsetzung sollte es eine den Mitarbeitern bekannte Struktur zur Darstellung der Strategie aufgreifen, einen positiven Beitrag zur Kommunikation der Strategie leisten und dazu führen, dass man die Organisation „vorantreiben“ und begeistern könne (vgl. Anhang 46 A-I22). Der Visualisierung des Geschäftsmodells wird eine sehr hohe Bedeutung zugemessen. Dabei sollte die Visualisierung einfache, plakative Bilder enthalten, gut memorierbar sein, den „Spaß-Faktor“ in der Arbeit erhöhen und einen Beitrag zur Kommunikationsfähigkeit des Geschäftsmodells leisten (vgl. Anhang 46 A-I23). Es wurden zwei Formen der Visualisierung genutzt: ein Bild pro Komponente des „Pictures of the Future“ und die Beschreibung des Geschäftsmodells in Form von stichpunktartigen Aufzählungen entlang der Komponenten. Die Zeichnungen enthielten inhaltlich die gleichen Aussagen wie die stichpunktartigen Beschreibungen (vgl. Anhang 46 A-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

I23-24 und A-Präsentation 3). Sie dienten der Vermittlung einer ersten Grundrichtung des Geschäftsmodells in der jeweiligen Komponente und als Leitfaden zur Gestaltung des Geschäftsmodells im Rahmen von Workshops. Dadurch sollten Inhalte schneller verstanden, die Diskussion stimuliert, eine Auflockerung der „trockenen“ Diskussion erreicht, ein Beitrag zum Perspektivwechsel geschaffen, eine erhöhte Akzeptanz des Instruments erzielt und eine intensivere Einbindung aller Beteiligten ermöglicht werden. Die Beschreibung des Geschäftsmodells anhand der stichpunktartigen Aufzählungen in den Komponenten des Geschäftsmodells wurde mittels einer PowerPoint Präsentation als Arbeitsinstrument in der Vorbereitung und Durchführung der Workshops eingesetzt (vgl. Anhang 46 A-I24). Einzelne Beteiligte geben an, dass für sie die Visualisierung des Geschäftsmodells eine Aufgabe sei, sobald der Prozess abgeschlossen sei bzw. man sich damit sogar noch gar nicht auseinander gesetzt habe (vgl. Anhang 46 A-I23-24). Dennoch sehen die Beteiligten mehrheitlich Mehrwerte in der Visualisierung. Sie unterstützt in der Diskussion Moderation und Leitung als Strukturierungsraster und Orientierung. Die bildliche Darstellung hilft, schneller zu den relevanten Inhalten zu kommen und ein gemeinsames Verständnis zu erreichen. Sie eröffnet und stimuliert die Diskussion und sorgt für einen Perspektivwechsel. In der Geschäftsmodellentwicklung lassen sich durch die Visualisierung Fortschritte in der Entwicklung erkennen und Veränderungen und Abhängigkeiten (Wechselwirkungen) werden leichter erkannt. Positiv wirkt die Visualisierung auch auf den „Spaßfaktor“ und die empfundene „Wertigkeit“ der Arbeit; das Lesen eines Dokuments mit Abbildungen wurde als angenehmer empfunden. Workshops – auch mehrstündige – wurden durch Visualisierungen aufgelockert und erhielten ein positiveres Feedback der Teilnehmer. In der Kommunikation steigerten bildliche Darstellungen das Verständnis für und die Akzeptanz des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 A-I25). Zusammenfassend kann interpretiert werden, dass die Beteiligten ein unterschiedliches Verständnis von der Visualisierung des Geschäftsmodells haben (vgl. Anhang 46 A-I23-24). Die Analyse der Nutzung gängiger Strategieinstrumente zeigt, dass die meisten Instrumente zur Strategieentwicklung auch im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung eingesetzt wurden (vgl. Anhang 14). Der Einsatz von Benchmarking, Industrieanalyse, Kernkompetenzanalyse, Kundenzufriedenheitsanalyse, Marktanalyse, Mission/Vision, Portfolioanalyse, Umfeld-/Trendanalyse, SWOT-Analyse, Szenarioanalyse und Leitmotivanalyse wurde bestätigt; von den abgefragten Strategieinstrumenten wurde nur die Wertkettenanalyse nicht genutzt. Die meisten Instrumente wurden ausschließlich vom Strategieteam eingesetzt, sodass dieses am ehesten Aussagen zum Einsatz machen konnte; die Vision/Mission wird von Teilen der Befragten eher als Konsequenz aus der Geschäftsmodellgestaltung gesehen. Im Rahmen der Value-Point-Analyse29 wurden auch die Kernkompetenzen des Unternehmens betrachtet. Auch wenn die SWOTAnalyse das führende Strategieinstrument in den Lenkungskreis-Workshops war, so 29

Die Value-Point-Analyse ist ein Instrument innerhalb des Blue-Ocean-Ansatzes (vgl. Kim und Mauborgne 2005).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

149

wurde das Geschäftsmodell nach der Festlegung nicht mehr mit den Ergebnissen der SWOT-Analyse abgeglichen. Die meisten Analysen wurden für die Gestaltung mehrerer Komponenten des Geschäftsmodells genutzt. Die Ergebnisse der Industrieanalyse und der Umfeld-/Trendanalyse hatten keinen Einfluss auf die Komponentengestaltung. Die Mission/Vision und die Portfolioanalyse hatten nur Einfluss auf die Festlegung der Geschäftsfelder. Die SWOT-Analyse hatte Einfluss auf alle Komponenten, da sie die Erkenntnisse aller übrigen Analysen zusammenfasst. Übergreifend betrachtet wurden die Dimensionen Geschäftsfelder, Value Proposition/Produkt- und Serviceleistungen, Kooperationspartner, Preise, Prozesse, Zielkunden/Kundensegmente und Zielmärkte auf Basis der Anwendungsergebnisse von Strategieinstrumenten gestaltet. Marktanalysen wurden zusätzlich genutzt, um die erwarteten Erlösströme zu validieren. Die Leitmotivanalyse wurde als zusätzliches Instrument genannt, das nicht explizit in den Interviews abgefragt wurde (vgl. Anhang 46 A-I26 - A-I37). Mediation/episodische Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Für die Gestaltung des Geschäftsmodells wurden Workshops im Strategieteam und im Lenkungskreis genutzt. Das Arbeitsformat wurde deshalb gewählt, weil es einen Austausch von Perspektiven und Meinungen innerhalb relativ kurzer Zeit ermöglicht. Inhalte des Geschäftsmodells konnten in einem Gesamtzusammenhang diskutiert werden. Durch die Teilnahme an der Diskussion waren für die Teilnehmer die Hintergründe und Annahmen der Entscheidungen transparent, zudem konnten Informationen von Beteiligten eingeholt werden. Da Workshops durch das Strategieteam vorbereitet und vorstrukturiert wurden, sparte das Format insbesondere den Mitgliedern des Lenkungskreises Zeit und sie konnten sich auf ihre Rolle als Informationslieferanten konzentrieren (vgl. Anhang 46 A-I39). Durchgeführt wurden drei Workshops mit dem Lenkungskreis (vgl. Anhang 46 A-I4041). Die Termine wurden jeweils vom Strategieteam vor- und nachbereitet (vgl. Anhang 46 A-I39). Der Strategiebereich entwickelte einen Vorschlag für die Beschreibung des Geschäftsmodells, der im Rahmen der Lenkungskreise durch die Beteiligten strukturiert nach den Komponenten diskutiert, validiert, geändert und ergänzt wurde (vgl. Anhang 46 A-I19 und A-I41). Zielsetzung war die schrittweise Erarbeitung und Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells, um so eine gemeinsame Ausrichtung unter den Beteiligten zu erzielen. Im Ablauf waren alle drei Workshops ähnlich (vgl. Anhang 46 AI41) (vgl. Tab. 4.1). Zusätzlich zu den beschriebenen Terminen wurde ein Workshop mit dem erweiterten Führungskreis (17 Personen) zur Einbindung der Führungskräfte und zur Vervollständigung und Plausibilisierung der Geschäftsmodellbeschreibung durchgeführt. Zu Beginn des Termins wurden das Vorgehen und das Instrument „Picture of the Future“ zur Vermeidung einer „Methodendiskussion“ intensiv erläutert. In zwei Arbeitsgruppen

150

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

wurde dann der Arbeitsstand zum Geschäftsmodell sukzessive durchgesprochen (vgl. Anhang 46 A-I41). Workshop I Vorbereitung

Workshop II

Workshop III

 Jeweils Vorbereitung durch das Strategieteam  Erstellung eines (überarbeiteten) Entwurfs für das Geschäftsmodell  Vorbereitung von Impulsreferaten zu einzelnen Aspekten des Geschäftsmodells

Beschreibung Ablauf

 Definition Vorgehensmodell und Komponenten des „Picture of the Future“  Festlegung Schwerpunkte für Termin  Diskussion und Verabschiedung Leitmotiv

 Präsentation Vorgehensmodell und „Picture of the Future“ und Einordnung Stand der Arbeiten  Festlegung Schwerpunkte für Termin

 Analyse Schwächen und Profitabilität

 Überarbeitung und Weiterführung der Geschäftsmodellbeschreibung

 Festlegung von Schwerpunkten für das Geschäftsmodell

 Vereinbarung von Aufgaben für die Nachbereitung

 Präsentation Vorgehensweise und „Picture of the Future“ und Einordnung Stand der Arbeiten  Festlegung Schwerpunkte für Termin  Überarbeitung und Weiterführung der Geschäftsmodellbeschreibung  Vereinbarung von Aufgaben für die Nachbereitung

 Erste Diskussion von Inhalten des Geschäftsmodells  Vereinbarung von Aufgaben für die Nachbereitung Teilnehmer

 Geschäftsführung  Ein Vertriebsleiter  Marketingleiter  Finanzleiter  Strategieleiter (und Team)

Tabelle 4.1:

Ablauf der Geschäftsmodellworkshops mit dem Lenkungskreis Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I41, A-I42 und A-Präsentationen 1, 2, 3.

Die Beteiligten beschreiben den Aufbau der Workshops als strukturiert, mit einer Orientierung an der Struktur des „Picture of the Future“. Die Struktur wurde über dieses Instrument, die Festlegung der Diskussionsthemen und die Agenda sowie Zeitplanung erreicht. Es fand eine freie Diskussion statt, sodass alle Inhalte hinterfragt wurden. Nach Wahrnehmung der Interviewpartner wurde sie teilweise zu offen gehalten, sodass über Detaildiskussionen die Struktur des Workshops temporär verloren ging und die Wiederherstellung herausfordernd war (vgl. Anhang 46 A-I43). Mehrheitlich geben die

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

151

Teilnehmer an, dass ergänzende, aber wenige neue Ideen für das Geschäftsmodell generiert wurden. Dies wird zum einen auf die starke Orientierung am bestehenden Geschäftsmodell und zum anderen auf die Vorgehensweise zurückgeführt. Die Zielsetzung war eher die Validierung und Ergänzung bestehender Vorschläge (vgl. Anhang 46 A-I44). In den Workshops wurde als Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung nur das „Picture of the Future“ eingesetzt (vgl. Anhang 46 A-I45). Dem Einsatz wird ein positiver Einfluss auf die Zielerreichung zugerechnet. Es ermöglichte eine strukturierte und systematische Diskussion, eine Abdeckung der wesentlichen Themen, eine effiziente Vorgehensweise, eine Orientierung über das Gesamtbild und eine Fokussierung der Teilnehmer auf die Inhalte (vgl. Anhang 46 A-I46). Den Workshops zum Geschäftsmodell folgten Workshops zur Formulierung bspw. der Business Principles und strategischen Stoßrichtungen (siehe Tab. 4.1; vgl. Anhang 46 A-I16 und A-Präsentation 2). Kollektiv (Dimension C im Bezugsrahmen) An der Geschäftsmodellgestaltung war primär ein kleiner Personenkreis beteiligt: die Geschäftsführer, ein Vertriebsleiter, der Marketingleiter, ein Vertreter des Finanzbereichs sowie der Strategieleiter und zwei seiner Mitarbeiter. Der erweiterte Führungskreis und ausgewählte Experten im Unternehmen fungierten als Inputgeber und Sparringspartner (vgl. Anhang 46 A-I48). Die Interviewpartner gaben an, dass während der Analyse- und Entwicklungsphase die gleichen Personen beteiligt gewesen seien, die Umsetzung aber auch in der Verantwortung anderer Personen liegen könne (vgl. Anhang 46 A-I47). Für die Auswahl der Personen, die an der Geschäftsmodellgestaltung mitwirken, können verschiedene Anforderungen formuliert werden: Es sollten unterschiedliche Disziplinen (im Sinne von Unternehmensfunktionen) involviert werden, um eine ganzheitliche Perspektive auf das Unternehmen zu erhalten. Die Personen sollten demnach „die klügsten Köpfe“ im Unternehmen, unabhängig von ihrer Hierarchie oder ihrer Funktion, sein; auch „Querdenker“ seien wertvoll für den Diskurs. Sie sollten in der Lage sein, die Umsetzung des Geschäftsmodells vorauszudenken und Konsequenzen aus der Gestaltung einzelner Elemente zu durchdringen. Die Diskussion des Geschäftsmodells erforderte viel Zeit und stellte damit eine zeitliche Investition dar. Die Beteiligten mussten Hintergrundwissen aufbauen und für die Teilnahme an der Diskussion befähigt werden. Daher sollte die Runde im Vergleich zur Diskussion anderer Strategiethemen eher klein gehalten werden. In der Gruppe sollte ein Konsens erzielt werden; nur im Ausnahmefall sollte der Vorsitzende der Geschäftsführung eine Entscheidung treffen (vgl. Anhang 46 A-I47).

152

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Zielorientierte Aktivität (Dimension D im Bezugsrahmen) Die Analyse der persönlichen Zielsetzung zeigt, dass alle Beteiligten die übergreifende Zielsetzung zur Entwicklung eines erfolgreichen Geschäftsmodells teilten (vgl. Anhang 46 A-I49-52). Für die Geschäftsführung stand zum einen die Bestimmung des Zeitpunktes, für den eine Veränderung des Geschäftsmodells zu erwarten ist, und zum anderen die Ausarbeitung eines Lösungsansatzes für die Veränderungen, ohne Gefährdung des bestehenden Geschäftsmodells, im Vordergrund (vgl. Anhang 46 A-I49). Für die Vertreter der Fachbereiche war es wichtig, sich eine Meinung zur zukünftigen Ausrichtung zu bilden und zu verstehen, wie ihre Kollegen die Zukunft sehen. Inhaltlich standen die Hinterfragung von Geschäftsfeldern, die Fokussierung der Strategie, die Diskussion strategischer Herausforderungen und die Abbildung der Ergebnisse in einem Maßnahmenplan im Vordergrund. Zudem machten die Beteiligten deutlich, dass für sie der Diskussionsprozess mit den Kollegen zur Entwicklung eines gemeinsam geteilten Bildes und die gemeinsame Ausrichtung auf emotionaler und inhaltlicher Ebene das Wichtigste ist (vgl. Anhang 46 A-I52). Neben den inhaltlichen Zielsetzungen betonte der Strategieleiter die mittel- bis langfristige Orientierungsfunktion der Strategie für die Mitarbeiter (vgl. Anhang 46 A-I50). Für die Mitarbeiter im Strategiebereich war es zusätzlich ein Lernprojekt, in dem die Methodenentwicklung einen Schwerpunkt bildete. Gleichermaßen von Bedeutung war die Entwicklung eines erfolgreichen Geschäftsmodells, das auch umsetzbar sein sollte (vgl. Anhang 46 A-I 51 und A-I 53). Subjekt (Dimension E im Bezugsrahmen) Die Aufgaben und Rollen der einzelnen Prozessbeteiligten sind in Anhang 15 zusammenfassend dargestellt. Die Geschäftsführung entwickelte eine übergreifende Zielsetzung für die Geschäftsmodellgestaltung, war aktiver Teilnehmer in der Diskussion, Sparringspartner für entstehende Ideen und traf nach Möglichkeit im Konsens mit der Gruppe die Entscheidungen. Sie leistete als Wissensträger einen wichtigen Beitrag in der Diskussion, aufgrund ihrer Erfahrung mit der Historie und den Details des Unternehmens und durch ihre Fähigkeit, die Machbarkeit von Ideen für das Geschäftsmodell zu beurteilen. Im Rahmen der Umsetzung ist die Geschäftsführung der „Verkäufer“ des Themas in die Organisation und unterstützt die Strategie- und Geschäftsmodellkommunikation. Die Rolle des Vorsitzenden der Geschäftsführung weicht davon nur geringfügig ab, insofern der Vorsitzende eine starke Rolle in der Entwicklung und im Hinterfragen von Ideen einnimmt (vgl. Anhang 46 A-I54). Die Leiter der Fachbereiche bzw. Mitarbeiter in den Fachbereichen lieferten fachbereichsspezifische Informationen und führten hierfür auch eigenständig strategische Analysen durch. Sie waren in die Ideenentwicklung involviert und nahmen in Vertretung der ausgewählten Fachbereichsleiter aktiv an der Diskussion und Entwicklung des Geschäftsmodells teil. Als Experten waren sie Gesprächspartner und Berater der Geschäftsführung und vertraten gleichzeitig die Interessen der Fachbereiche. Eine wichti-

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

153

ge Aufgabe war die Bewertung der Umsetzbarkeit von Geschäftsmodellideen. Sie sind für die Ableitung von planungsrelevanten Inhalten verantwortlich, wie auch für das Herunterbrechen der Strategie auf die jeweiligen Fachbereiche. Für die Umsetzung wird von ihnen erwartet, dass sie die Kommunikation unterstützen. Grundsätzlich galten diese Anforderungen für alle Fachbereichsleiter, auch wenn diese durch ausgewählte Personen im Lenkungskreis vertreten wurden (vgl. Anhang 46 A-I63). Der Strategieleiter war gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Initiator, Treiber, Organisator und Gestalter des Prozesses. Er war für das Ergebnis des Strategieprozesses verantwortlich. In einer vermittelnden Rolle stellte er das Bindeglied zwischen der Geschäftsführung und der ersten Führungsebene dar. Er moderierte die Geschäftsmodellentwicklung, informierte Führungsgremien zum Stand des Prozesses und bereitete Entscheidungsvorlagen, Zwischenstände und strategische Inhalte vor. Darüber hinaus leistete er auch einen aktiven Beitrag in der Entwicklung, Diskussion, Hinterfragung und Beurteilung der Machbarkeit von Ideen für das Geschäftsmodell. Er vermarktet das Geschäftsmodell in der Organisation und unterstützt die Strategiekommunikation (vgl. Anhang 46 A-I57 und A-I60). Der externe Berater ersetzte im Sinne eines „Body Lease“ einen nicht verfügbaren internen Mitarbeiter in dem Prozess. Daher werden die Aufgaben gemeinsam mit den Aufgaben des Mitarbeiters aus dem Strategiebereich beschrieben. Neben den bereits genannten Funktionen waren die Mitarbeiter für die Koordination und Steuerung des Prozesses und das Einbringen von Methodenwissen in die Prozessgestaltung verantwortlich. Die Rolle als Bindeglied zu den Fachbereichen nutzten sie vor allem in der Koordination der strategischen Analysen, der Validierung von Überlegungen zu einzelnen Geschäftsmodellideen und der Hinterfragung von Analysen aus den Fachbereichen. Sie waren Moderatoren in der Geschäftsmodellgestaltung und für die Analytik (bspw. Durchführung der strategischen Analyse und Bewertung von Geschäftsmodelloptionen) verantwortlich. Die Vorbereitung und die Dokumentation der Strategie- und Geschäftsmodell-Workshops sowie von Entscheidungsvorlagen lag in ihrem Verantwortungsbereich. Insbesondere bei der Vorbereitung der Termine konnten sie Ideen einbringen und hinterfragen. Auch nahmen sie an den Lenkungskreissitzungen aktiv teil. In der Umsetzung unterstützen sie vor allem die Strategiekommunikation (vgl. Anhang 46 A-I60). Bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells arbeitete die Geschäftsführung am intensivsten mit den Mitgliedern des Lenkungskreises zusammen, d. h. mit dem Strategieleiter, seinen Mitarbeitern und den Vertretern der Fachbereiche (vgl. Anhang 46 A-I55). Durch seine Funktion als Bindeglied in der Organisation tauschte sich der Strategieleiter in dem Prozess am intensivsten sowohl mit der Geschäftsführung und den Leitern aller Fachbereiche als auch mit seinen eigenen Mitarbeitern aus (vgl. Anhang 46 A-I58). Die Mitarbeiter im Strategiebereich arbeiteten primär mit dem Strategieleiter, mit dem Lenkungskreis im Projektmanagement der Geschäftsmodellgestaltung und mit Fachbereichen zu den oben beschriebenen Aufgaben zusammen (vgl. Anhang 46 A-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

I61 und A-I67), die Leiter der Fachbereiche am intensivsten mit den anderen Mitgliedern des Lenkungskreises (vgl. Anhang 46 A-I64). Instrumente nutzte die Geschäftsführung bei der Zusammenarbeit mit den genannten Personengruppen innerhalb der Geschäftsmodellgestaltung nur dann, wenn sie sich als praktisch erwiesen (vgl. Anhang 46 A-I56). Der Strategieleiter arbeitete mit Strategieinstrumenten insbesondere im Hintergrund, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern, um eine methodisch saubere Ableitung von Thesen oder eine Validierung von Erfahrungswerten vorzunehmen. Mit dem Topmanagement wurden üblicherweise nur die Ergebnisse aus den Analysen diskutiert. In Ausnahmefällen wurde ein Instrument auch bei der Diskussion strategischer Fragestellungen mit der Geschäftsführung genutzt (bspw. strategisches Leitmotiv) (vgl. Anhang 46 A-I59). Die Mitarbeiter aus dem Strategiebereich nutzten Strategieinstrumente am intensivsten, um die notwendigen Perspektiven und Informationen abzudecken sowie um die strategische Analyse durchzuführen. Der Einsatz der Instrumente führte in der Kooperation zu einer schnelleren Fokussierung der Arbeitsweise und der Inhalte und half bei der Leitung von Diskussionen. Dabei gaben die Interviewpartner aus dem Strategiebereich an, dass darauf zu achten sei, dass Instrumente nicht von den wichtigen Diskussionspunkten ablenken und nicht zu komplex sind (vgl. Anhang 46 A-I62 und A-I68). Die Leiter der Fachbereiche sahen sich als Lieferanten der notwendigen Informationen für die genutzten Strategieinstrumente. Dabei nahmen sie die Instrumente als gegeben an (vgl. Anhang 46 A-I65). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd (Dimension F im Bezugsrahmen) Der Einsatz von Instrumenten in der Strategiearbeit und insbesondere in der Geschäftsmodellgestaltung wurde in dem Fallbeispiel durch die gewohnte, typische Arbeitsweise der Geschäftsführung beeinflusst, d. h. die Führungs- und Entscheidungskultur der Geschäftsführer. Da diese durchaus spontan und intuitiv arbeiten, wurden Instrumente nur selektiv in der Zusammenarbeit genutzt. Nur wenn die Instrumente als hilfreich und nicht behindernd empfunden wurden, wurden sie auch von Führungskräften akzeptiert. Daher müssen Geschäftsführer von neuen Instrumenten zunächst überzeugt werden (vgl. Anhang 46 A-I12). Diese Ausgangssituation ist ein Ansatzpunkt, um die Eigenentwicklung des „Picture of the Future“-Instruments zu erklären: Instrumente müssen zu der etablierten Strategiesprache (bspw. bekannte Begriffe) passen, an unternehmensindividuelle Anforderungen angepasst werden und sich in bestehende Strategiedokumente einfügen. Bezogen auf das Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung bestätigen die Mitarbeiter des Strategiebereichs einen Lernprozess, der dazu geführt habe, dass das Instrument heute mit relevanteren und sinnvollen Inhalten befüllt werden könne. Da das Geschäftsmodell ein neues Instrument in der Strategiearbeit ist, konnten andere Beteiligte keine Aussagen zur Entwicklung des Instrumentes treffen (vgl. Anhang 46 A-I69). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich das Unternehmen in diesem Prozess

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

155

erstmalig bewusst mit der Geschäftsmodellgestaltung auseinandergesetzt hat, sodass eine historische Entwicklung nicht beschrieben werden kann. 4.2.1.1

ERGO Direkt Versicherungen

Die ERGO Direkt Versicherungen30 haben im Zeitraum zwischen Januar und September 2013 ihr Geschäftsmodell überarbeitet (vgl. Anhang 17). Die Interviewpartner stellen eine Auswahl aus den Beteiligten an der Geschäftsmodellgestaltung dar (vgl. Anhang 19 und Kap. 4.1.3 zur Auswahl der Interviewpartner). Dabei geben die interviewten Prozessbeteiligten eine Erfahrung von durchschnittlich 9,3 Jahren in der Geschäftsmodellgestaltung an. Das Unternehmen verfügt über einen eigenen Strategiebereich, der vier Vollzeitkräfte (FTEs) umfasst. Bei der Überarbeitung nutzte das Unternehmen die Unterstützung einer externen Unternehmensberatung (vgl. Anhang 17). Die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung für die Strategiearbeit stufen die Interviewpartner auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ mehrheitlich als „sehr hoch“ ein und sind gleichzeitig „eher zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ (ebenfalls auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“) mit ihrer methodischen Vorgehensweise zur Geschäftsmodellgestaltung (vgl. Anhang 18). Activity-System (Dimension A im Bezugsrahmen) Die übergreifende Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung war die Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftsmodells im Sinne einer Evolution vor dem Hintergrund externer Entwicklungen und Markttrends. Nach außen (für das Unternehmen im Markt) wurden dabei die Ziele „Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb“, „Positionierung innerhalb des Konzerns“ und „Steigerung des Erfolgs, verbunden mit Zukunftssicherung“, verfolgt. Nach innen (innerhalb des Unternehmens) sollte die bestehende Strategie systematisch durchdacht werden, um sie transparent dokumentieren und an die Mitarbeiter kommunizieren zu können. Dabei war die Erarbeitung einer möglichst konkreten Strategie wichtig, welche die Gesamtwirkungszusammenhänge klärt und beschreibt, Verantwortlichkeiten und Beiträge zuordnet und die Ableitung von Investitionsprioritäten enthält (vgl. BI-4). Die Zielsetzung wurde zu Projektbeginn im Kreis der Beteiligten besprochen und durch den Vorstand mit besonderer Betonung des Vorstandsvorsitzenden und unter Beteiligung der Unternehmensentwicklung festgelegt (vgl. Anhang 46 B-I5). Der Zielsetzung liegt ein weitgehend einheitliches Geschäftsmodellverständnis zugrunde: Das Geschäftsmodell ist ein konkretes Modell des Unternehmens und besteht aus der strategischen Festlegung von Elementen (bspw. zu Produkten, Zielgruppen, Positionierung, Märkten) sowie deren logische Verknüpfungen und Wechselwirkungen zur Erzielung eines marktorientierten Erfolges (vgl. Anhang 46 B-I1). 30

Für weitere Details zum Unternehmen vgl. Anhang 17.

156

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Der Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive für die Strategiearbeit wird darin gesehen, dass das Geschäftsmodell durch Komplexitätsreduzierung die Erfolgsfaktoren des Unternehmens übersichtlich und klar herausstellt. Dabei eröffnet es in Abgrenzung zu anderen Strategieinstrumenten auch die Möglichkeit, deskriptiv zu sein und bietet damit eine eigene Strukturierungsebene in der Strategiediskussion. Gleichzeitig erleichtert das Modell die Strategiekommunikation, erhöht die Überzeugungskraft der und das Vertrauen in die Strategie und verankert die wesentlichen strategischen Eckpunkte in den Köpfen der Mitarbeiter. Durch den Überblick kann ein Bezug zwischen dem Beitrag der einzelnen Mitarbeiter und dem Unternehmen hergestellt werden, wodurch die Sinnstiftung erhöht wird. Gegenüber der Formulierung einer Strategie wird der Mehrwert in der höheren Konkretisierung, dem Aufzeigen von Zusammenhängen, der Orientierungsfunktion und der Funktion als Strategieleitfaden für die Diskussion strategischer Optionen gesehen. Der Nachteil der Geschäftsmodellperspektive wird darin gesehen, dass ein Geschäftsmodell alleine noch keine Strategie umfasst, sondern auch noch weitere Strategieelemente formuliert werden müssen (bspw. strategische Ziele, Maßnahmen, Kennzahlen, Zielwerte). Dem Vorteil der klaren Orientierungsfunktion stehe der Nachteil gegenüber, dass sich Mitarbeiter gegebenenfalls zu stark an dem Modell orientieren und dadurch unternehmerisches Denken und Handeln sowie die Nutzung von Opportunitäten eingeschränkt werden könnten. Mediation/administrative Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Die Aktivitäten zur Geschäftsmodellgestaltung wurden koordiniert, indem zu Beginn des Projektes eine Vorgehensweise festgelegt und im Verlauf des Projektes flexibel angepasst wurde (vgl. Abb. 4.4). Der Prozess zeichnet sich dadurch aus, dass Inhalte jeweils durch das Kernteam, bestehend aus Mitarbeitern der Unternehmensentwicklung und externen Beratern, vorbereitet und anschließend in Vorstands-Workshops diskutiert, verändert und verabschiedet wurden. Dabei wurde auf eine konsistente Anwendung der Methodik wie in dem bereits durchlaufenen Prozess im Jahr 2008 geachtet (vgl. Anhang 46 B-I7, B-I40, B-Präsentation 1, B-Präsentation 9). Auf der Grundlage des Briefings der Strategieberater wurden die Projektziele und die Gesamtvorgehensweise im Projekt validiert. Im Kernteam wurden dann eine Markt- und Wettbewerbsanalyse sowie eine interne Analyse durchgeführt, um wesentliche Herausforderungen und Treiber für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zu identifizieren. Diese Erkenntnisse wurden im Rahmen von Vorstandsinterviews validiert und ergänzt sowie erste Konkretisierungen der Auswirkungen auf das Geschäftsmodell diskutiert. Dabei war der Aufsatzpunkt die existierende Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells. Die Auswirkungen wurden in strategische Stoßrichtungen für das Geschäftsmodell übersetzt. Innerhalb der strategischen Stoßrichtungen wurden die Optionen für das Geschäftsmodell ausgearbeitet.

157

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Insbesondere diese ersten beiden Phasen zeichnen sich durch eine iterative Arbeitsweise aus. Die identifizierten Herausforderungen und Treiber für die Geschäftsmodellveränderung wurden innerhalb des Vorstands-Workshops überarbeitet und wieder mit neuen Analysen ergänzt. Auf Basis der ausgearbeiteten Optionen wurde das SollGeschäftsmodell entwickelt. Hierfür wurden Elemente überarbeitet, ergänzt, repriorisiert, die Wechselwirkungen diskutiert und die gesamte Logik des Geschäftsmodells überprüft. Zusammenfassend wurden alle Aspekte in einer „Bubble-Darstellung“ (vgl. Anhang 21) dokumentiert. Zur Validierung des Modells wurde eine grobe finanzielle Bewertung der Effekte der Geschäftsmodellveränderungen vorgenommen und das Modell mit Wissensträgern im Unternehmen diskutiert. Der Prozess wurde mit einer Dokumentation des neuen Geschäftsmodells und der Veränderungen gegenüber dem alten Modell abgeschlossen. Als Folgeschritt soll das Geschäftsmodell vor dem Hintergrund einer sich entwickelnden Konzernstrategie überprüft werden. Zur Umsetzung soll das Modell in Form von strategischen Zielen und Maßnahmen pro Unternehmensbereich weiter konkretisiert werden. Auf dieser Grundlage sollen eine umfassende Kommunikation an die Mitarbeiter, die tatsächliche Umsetzung des Modells und das strategische Controlling der Umsetzung stattfinden (vgl. Anhang 46 B-I7, B-I40, B-Präsentation 1, B-Präsentation 9).

Phasen

Mehrere Iterationen







Inhalt

 

Briefing des Strategieberaters und Validierung der Projektziele (KT) Durchsicht und Aktualisierung bestehender Geschäftsmodellbeschreibung (KT) Durchführung der Markt- und Wettbewerbsanalyse (KT) Durchführung der internen Analyse (KT) Identifikation der größten Herausforderungen/Treiber für eine Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (KT/I)

Entwicklung und Verabschiedung Eckpfeiler SollGeschäftsmodell

Identifikation Geschäftsmodelloptionen

Vorbereitung/ Analysen

 







Überprüfung der Herausforderungen/Treiber (WS) Erarbeitung der Auswirkungen der Herausforderungen/ Treiber auf das Geschäftsmodell und Konkretisierung der Veränderungsbedarfe (KT/WS) Erarbeitung Cross Industries Impulse („Best-Practice“Beispiele ausgewählter Schlüsselindustrien z.B. Retail, Telekom, Touristik) (KT) Entwicklungvon Stoßrichtungen für das Geschäftsmodell (KT/WS) Entwicklung von Optionen für Soll-Geschäftsmodell (KT/WS)









Weiterentwicklung des Geschäftsmodells über die Integration der Stoßrichtungen/ Optionen in das Geschäftsmodell (KT/WS)  Überarbeitung der Elemente  Repriorisierung der Schwerpunkte  Betrachtung der Wechselwirkungen  Qualitätssicherung der Logik  Integration in BubbleDarstellung Grobe Bewertung: quantitative Auswirkungen der Geschäftsmodellveränderungen (KT/WS) Verprobung/Realitätscheck: überarbeitetes Geschäftsmodell mit Wissensträgern (KT) Dokumentation des Soll-Geschäftsmodells und der Veränderungen gegenüber dem alten Geschäftsmodell (KT/WS)

Folgeschritte





 

Abgleich des Geschäftsmodells mit der sich entwickelnden Konzernstrategie Konkretisierung des überarbeiteten Geschäftsmodells für alle Bereiche (Ziele, Maßnahmen) Kommunikation und Ausrollen des Geschäftsmodells Strategisches Controlling/ Begleitung der Umsetzung

KT = Vorbereitung/Workshop durch Kernteam (Unternehmensentwicklung/externe Berater); WS = Diskussion und Verabschiedung in Vorstandsworkshop

Abbildung 4.4: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (ERGO Direkt) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 B-I7, B-I40, B-Präsentation 1, B-Präsentation 9.

158

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Als Grundlage für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells wurden verschiedene Informationen aufbereitet, bspw. die Entwicklung des Unternehmens und der Produktsegmente am Markt, die Entwicklung der Vertriebskanäle, Veränderungen auf der Kundenseite und veränderte Rahmenbedingungen und Erwartungen des Konzerns. Zusätzlich wurden 15 Herausforderungen als Einflussfaktoren auf das Geschäftsmodell erarbeitet und analysiert (bspw. Kooperationen mit Partnern, Mitarbeiter, Serviceelemente, Governance bzw. Compliance). Als Datengrundlage diente primär das Expertenwissen in der Organisation, das bspw. durch Interviews mit den Vorständen verfügbar wurde. Zur Untermauerung der identifizierten Herausforderungen wurden Zahlen, Daten und Fakten aus externen Quellen (bspw. Studien) ergänzt. Aufgrund des Zeitdrucks im Prozess wurde auf bereits vorhandene strategische Analyseergebnisse zurückgegriffen. Für die Zusammenstellung der Informationen wurden keine zusätzlichen Strategieinstrumente eingesetzt, sondern Informationen pragmatisch zusammengetragen. Die genutzten, bereits verfügbaren Informationen entstanden in der Vergangenheit auch durch die Nutzung von Strategieinstrumenten (bspw. Wettbewerbsanalyse, Marktanalysen, Trendanalysen, SWOT). Grundsätzlich wurden Strategieinstrumente zur Strukturierung von Informationen eingesetzt, um diese in einer nachvollziehbaren und verargumentierbaren Logik darzustellen. Je komplexer eine Fragestellung war, desto eher wurde ein Strategieinstrument zur strukturierten Bearbeitung eingesetzt (vgl. Anhang 46 B-I8). In der Phase der Geschäftsmodellgestaltung diente die Beschreibung des aktuellen Geschäftsmodells als Ausgangspunkt. Auf dieser Grundlage wurden systematisch Chancen und Restriktionen analysiert und die einzelnen Elemente überprüft. Der Schwerpunkt lag damit auf der Ausgestaltung des zukünftigen Geschäftsmodells im Sinne von Grundsatzentscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 B-I9). Die Entscheidungen wurden auf einem hohen Aggregationsgrad getroffen, weshalb die weitere Konkretisierung der Konsequenzen für die jeweilige Fachabteilung wichtig war. Zu diesen Entscheidungen gehörten die Priorisierung von Ressourcen sowie die bewusste Entscheidung gegen Optionen für Elemente (Ausschluss von Geschäftsmodelloptionen). Für die Entscheidungsfindung wurden die Komponenten des Geschäftsmodells vor dem Hintergrund der Herausforderungen strukturiert analysiert und diskutiert. So wurden bspw. in den Komponenten Vertriebswege, Services/Produkte/Produktportfolio, Nutzung von Kooperationen, Zielgruppen, Mitarbeiter, Marke/Markenwahrnehmung, Marketingansatz und Prozesse Entscheidungen getroffen (vgl. Anhang 46 B-I10). Die Diskussion und ein gemeinsames Verständnis von Wechselwirkungen zwischen den Elementen waren wichtig für ein in sich stimmiges Modell. Hierfür wurde das 7-K Prinzip bzw. die Beschreibung des Geschäftsmodells (Bubble-Darstellung) als Leitfaden genutzt. Diese wurden durch das Kernteam vorbereitet und im Vorstandsworkshop diskutiert. Beispiele für Wechselwirkungen sind (vgl. Anhang 46 B-I11):  die Positionierung und Wertschöpfungskette;  die Positionierung und Auswahl der Kooperationspartner;

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

159

 die Positionierung und das Humankapital (bspw. notwendige Fähigkeiten);  Produkte/Preise und Prozesse, Wachstum und Ertrag;  Ertragseffekte und Entscheidungen im Geschäftsmodell;  Integration eines technologischen Trends in das Geschäftsmodell und Produktent-

wicklung, Marketing und Mitarbeiter. In Summe wurde das Vorgehen als überwiegend intuitiv mit analytischen Anteilen beschrieben. Die intuitiven Anteile sahen die Beteiligten in den getroffenen Entscheidungen, den Vorstellungen des Vorstandsvorsitzenden und in der Risikobereitschaft. Die Analytik wurde zur Überprüfung der Herausforderungen und Veränderungsbedarfe anhand von Daten, Fakten und über das Vorgehensmodell erreicht und hat eine unterstützende Funktion für die Intuition. Die externe Unternehmensberatung trug hauptsächlich die Verantwortung für die Analytik in dem Prozess (vgl. Anhang 46 B-I12). Zudem beschrieben die Prozessbeteiligten das Vorgehen als systematisch, mit der Möglichkeit, flexibel auf den Diskussionsprozess zu reagieren. Das systematische Vorgehen wurde als in etablierten Unternehmen notwendig erachtet. Die Nutzung des 7-K Prinzips, eine Sequenz von Einzelinterviews, die Workshop-Vorbereitung und ein Vorstandsworkshop zur Abstimmung von Ergebnissen sorgte für die Einhaltung einer Systematik (vgl. B-I13). Das Vorgehen zur Geschäftsmodellgestaltung war Teil eines Strategieprozesses. Als Begründung geben die Prozessbeteiligten an, dass die Betrachtung der Strategie und des Geschäftsmodells gemeinsam erfolgen sollte, um die Diskussionen nicht getrennt voneinander führen zu müssen. Das Geschäftsmodell sei ein zusätzliches Element der Strategiearbeit (neben bspw. strategischen Zielen und Maßnahmen) und schließe eine methodische Lücke zwischen einer Vision und einer Strategie (Strategie hier verstanden als strategische Ziele). Ein weiterer Grund für die Integration liegt in der angestrebten Umsetzung des Soll-Geschäftsmodells. Nur wenn das Geschäftsmodell über die nachfolgenden Schritte im Strategieprozess konkretisiert werde (bspw. in Ziele und Maßnahmen), kann nach Meinung der Unternehmensvertreter eine Verankerung der gewünschten Veränderungen im Unternehmen gelingen. Dabei sei die Integration unabhängig von der Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung (bspw. evolutive vs. radikale Weiterentwicklung) vorzunehmen. Vielmehr sollte die Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung die geplante Intensität der Überarbeitung beeinflussen und sich in der Gestaltung der Arbeitsschritte des Strategieprozesses wiederfinden (vgl. Anhang 46 B-I14). Eine Betrachtung des Geschäftsmodells außerhalb eines Strategieprozesses ist für die Prozessbeteiligten nur für deskriptive Zielsetzungen denkbar, bspw. wenn Investoren, Neu-Eigentümer oder ein neuer Vorstand das Geschäftsmodell und damit verbundene Erfolgsparameter verstehen möchten (vgl. Anhang 46 B-I15).

160

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Als Weiterentwicklungspotenziale für das Vorgehen sehen die Interviewpartner eine stärkere Nutzung der Analytik, eine stärkere Einbindung der zweiten Führungsebene, eine bessere Kommunikation der Veränderungen und eine nachhaltigere Umsetzung getroffener Entscheidungen. Aus Konzernsicht wäre die Formulierung von Top-downVorgaben vor Prozessbeginn als Orientierung für die Geschäftsmodellgestaltung hilfreich (vgl. Anhang 46 B-I16). Mediation/diskursive Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Als Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung wurden das 7-K Prinzip von Horváth & Partners (vgl. Anhang 22) sowie eine sogenannte „Bubble-Darstellung“ des ERGO Direkt Geschäftsmodells verwendet (vgl. Anhang 21). Das 7-K Prinzip beschreibt sieben Hauptkomponenten (und weitere Unterkomponenten), anhand derer ein Geschäftsmodell dargestellt werden kann. Bei jeder Komponente gilt es, die Ausprägung des eigenen Geschäftsmodells festzulegen. Zu den Komponenten gehören der strategische Kern mit Zielkunden/Produktportfolio/Zielländern, die Kundenwahrnehmung, die Kundenschnittstelle, die Wertkette, Kooperationen, Konzepte für die Zukunft und das Humankapital (vgl. Anhang 20; Anhang 46 B-I17). Die Bubble-Darstellung enthält im Zentrum die Kernelemente des Geschäftsmodells. Davon ausgehend werden Elemente beschrieben, die notwendig sind, damit das Geschäftsmodell funktioniert. In einer nach außen abnehmenden Priorität werden weitere Aspekte dargestellt, die das Geschäftsmodell beschreiben. Die Elemente sind mit Linien verbunden, um die wichtigsten Wechselwirkungen anzudeuten (vgl. Anhang 21; Anhang 46 B-I17). Die Instrumente wurden zur Beschreibung des alten und des neuen Geschäftsmodells, zur Strukturierung der Veränderungsbedarfe, zur Sicherstellung der Betrachtung der relevanten Komponenten und für die Ausprägung eines gemeinsamen Geschäftsmodellverständnisses genutzt. Dabei dienten sie insbesondere für die Arbeit des Kernteams als Checkliste. Der Vorstand arbeitete mit den Ergebnissen (bspw. BubbleDarstellung), weniger mit dem 7-K Prinzip selbst (vgl. Anhang 46 B-I18). Der Mehrwert der Nutzung des 7-K Prinzips wird in der systematischen, strukturierten und zeitsparenden Methodik gesehen, die alle relevanten Aspekte und Fragen zum Geschäftsmodell berücksichtigt. Als umfassende Checkliste inkludiert dieser Ansatz nach Einschätzungen der Interviewpartner die Erfahrungen aus anderen Branchen und Unternehmen. Gleichzeitig schafft er eine gemeinsame Sprache, wodurch sich die Beteiligten auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren können. Darüber hinaus kann das 7-K Prinzip auch als Marketing-Instrument in der Kommunikation des Geschäftsmodells genutzt werden. Seine besondere Stärke ist, dass es damit an unterschiedlichen Stellen im Strategieprozess eingesetzt werden kann.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

161

Der Mehrwert der Bubble-Darstellung wird darin gesehen, dass sie bereits zu Beginn ein Gefühl für das Ergebnis des Prozesses vermittelt, Transparenz zu den wichtigen Hebelwirkungen im Modell schafft und die Kommunikation des Geschäftsmodells gegenüber diversen Zielgruppen (bspw. Mitarbeiter, Anteilseigner, Kunden) unterstützt (vgl. Anhang 46 B-I19). Den Interviewpartnern fiel es schwer, einen Nachteil des Instruments zu benennen, da ihnen ein Vergleich mit anderen Instrumenten fehlte. Grundsätzlich sehen sie einen Nachteil, wenn man ein Instrument als „Dogma“ versteht und damit mehr Wert auf formale Aspekte der Anwendung als auf die Inhalte des Geschäftsmodells legt. Das 7-K Prinzip vereinfacht stark und suggeriert, alle Wechselwirkungen darzustellen, was aber nicht der Fall ist. Die Bubble-Darstellung sei in einer Breitenkommunikation gegenüber allen Mitarbeitern schwer vermittelbar und wurde daher noch weiter vereinfacht (vgl. Anhang 46 B-I20). Als Gründe für die Entscheidung für beide Instrumente nennen die Beteiligten die positiven Erfahrungen aus dem ersten Prozess (2008). Die Instrumente begegneten einem latenten Bedarf zur Beschreibung des Gesamtzusammenhangs der Strategie über eine Ebene zwischen der Vision und der Balanced Scorecard (vgl. Anhang 46 B-I21). Einheitlich messen die Beteiligten der Visualisierung des Geschäftsmodells eine sehr hohe Bedeutung bei. Dabei ist ihnen eine zielgruppenkonforme Darstellung besonders wichtig (vgl. Anhang 46 B-I22). Beim Vorgehen der ERGO Direkt wurde das Geschäftsmodell durch fünf Darstellungen visualisiert: die Bubble-Darstellung, eine aggregierte Fassung der Bubble-Darstellung, eine ausführlichere Beschreibung der Zielposition anhand von Stichpunkten entlang des 7-K Prinzips, eine Beschreibung der strategischen Stoßrichtungen über Stichpunkte und eine Darstellung des Geschäftsmodells als Baum. Die Visualisierung in Form der Bubble-Darstellung wurde in der Strukturierung der Diskussion und der Arbeit am Geschäftsmodell sowie zur Darstellung des Ist- und des Soll-Geschäftsmodells eingesetzt. Sie verdeutlichte auf einen Blick die Bedeutung der einzelnen Elemente und der Wechselwirkungen. Daneben diente sie als Moderationshilfe in Workshops, zur Kommunikation des Geschäftsmodells und als Motivationsfaktor im Sinne eines dokumentierten, gemeinsam getragenen Ergebnisses. Die aggregierte Bubble-Darstellung wurde zur Kommunikation des Geschäftsmodells gegenüber Mitarbeitern genutzt. Als ausführliches Dokumentationsmedium und als Moderationshilfe für die strategische Diskussion und zur Verdeutlichung der Veränderungsbedarfe wurde die Beschreibung der Zielposition anhand von Stichpunkten entlang der Komponenten des 7-K Prinzips verwendet sowie, in aggregierter Form, die Beschreibung der strategischen Stoßrichtungen. Die Darstellung der Strategie bzw. des Geschäftsmodells als Baum wurde primär zur Kommunikation und in Teilen auch im Rahmen der Diskussion zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells genutzt (vgl. Anhang 46 B-I23 und B-Präsentation 8). Zusammenfassend lässt sich für den Prozess eine Vielzahl von Mehrwerten durch die Visualisierung festhalten, sei es bei der Gestaltung des Geschäftsmodells, in der Kom-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

munikation oder in der Strategieumsetzung. Die Visualisierung unterstützt eine gemeinsame Sprache und stellt das gemeinsame Verständnis von Inhalten sicher. Die frühzeitige Vorstellung eines Zielbildes sorgt für Prozessstabilität und Sicherheit unter den Beteiligten. Durch die Visualisierung wird das Geschäftsmodell verständlicher und nachvollziehbarer und dient damit auch als Referenzpunkt sowohl für dessen Überprüfung als auch für zukünftige Projekte. Bei der Gestaltung des Geschäftsmodells erhöht sie die Freude an der gemeinsamen Arbeit und bringt die strategische Diskussion auf den Punkt, indem sie das Erkennen von Widersprüchen vereinfacht, die Diskussion objektiver und transparenter macht und zu einem erkennbaren Ergebnis führt. In der Kommunikation lässt sich das Geschäftsmodell einfacher vermitteln und über die Darstellung der Elemente und ihrer Zusammenhänge können die Beiträge und der Bezug des einzelnen Mitarbeiters zum Geschäftsmodell und Unternehmen einfach illustriert werden. Damit trägt die Visualisierung einerseits zur Sinnstiftung bei und ist andererseits ausreichend konkret, um im Rahmen der Strategieumsetzung aus dem Geschäftsmodell Maßnahmen ableiten zu können (vgl. Anhang 46 B-I24). Die Analyse der Nutzung gängiger Strategieinstrumente zeigt, dass die meisten Instrumente zur Strategieentwicklung auch bei der Geschäftsmodellgestaltung eingesetzt werden (vgl. Anhang 22). Genannt wurden Benchmarking, Industrieanalyse, Kernkompetenzanalyse, Kundenzufriedenheitsanalyse, Marktanalysen, Mission/Vision, Portfolioanalysen, Szenarioanalyse, Wertkettenanalyse und Risikoanalyse. Nicht alle Instrumente wurden im Prozess explizit neu angewendet; vielfach wurde auf bestehende Analyseergebnisse zurückgegriffen (z. B. Kundenzufriedenheitsanalysen). Nur eingeschränkt genutzt wurden Umfeld-/Trendanalysen in Form der Analyse eines technologischen Trends, der mittels Industrie- und Marktanalyse untersucht wurde. Die SWOTAnalyse kam nicht zum Einsatz. Eine Mission/Vision bestand bereits und hatte keinen Einfluss auf die Geschäftsmodellgestaltung; vielmehr sollten beide Elemente nach der Geschäftsmodellgestaltung überarbeitet werden. Die meisten Analysen wurden für die Gestaltung mehrerer Komponenten des Geschäftsmodells herangezogen. Lediglich die Industrieanalyse und die Wertkettenanalyse wurden jeweils nur für die Gestaltung einer Komponente herangezogen. Übergreifend wurden die Komponenten Kommunikation, Mitarbeiter, Kooperationen, Positionierung, Produktportfolio, Prozesse, Serviceleistungen, Technologien, Vertriebswege, Zielkunden und Zielmärkte auf Basis der Anwendungsergebnisse von Strategieinstrumenten gestaltet. Das Benchmarking wurde zudem zur Validierung des Geschäftsmodells genutzt. Die Risikoanalyse wurde als zusätzliches Instrument genannt, jedoch nicht explizit in den Interviews abgefragt (vgl. Anhang 46 B-I25–I26). Mediation/episodische Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Gemäß den Aussagen der Unternehmensvertreter haben Workshops für die Gestaltung des Geschäftsmodells wichtige Funktionen: Sie bieten einen strukturierten und gewohnten Arbeitsrahmen für strategische Diskussionen und führen zu einem Ergebnis. Für die Teilnehmer waren die Workshops mit verhältnismäßig wenig Arbeitsauf-

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4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

wand verbunden, um die verschiedenen Blickwinkel zu integrieren und die strategische Diskussion über eine Interaktion zwischen den Beteiligten zu bündeln. Durch eine kreative Komponente waren sie der Nährboden für die Ideenentwicklung (vgl. Anhang 46 B-I38). Insgesamt fanden drei Workshops mit dem Vorstand und ca. fünf Workshops des Kernteams statt (vgl. Anhang 46 B-I39). Die Workshops wurden jeweils von dem Kernteam auf der Grundlage der Interviews und Analysen vorbereitet. Zielsetzung war die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells unter Berücksichtigung der Aspekte der einzelnen Fachbereiche. Die Beteiligten betonen die Bedeutung des Diskussionsprozesses für die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses insbesondere des Vorstands von den Herausforderungen, Veränderungsbedarfen und dem Geschäftsmodell. Innerhalb der Workshops wurden die einzelnen Aufgaben (im Vorgehen beschrieben, s.o.) schrittweise und strukturiert diskutiert, weiterentwickelt und verabschiedet (vgl. Anhang 46 B-I40) (vgl. Tab. 4.2). Workshop I Vorbereitung

 Herausforderungen und Veränderungsbedarfe

Workshop II

Workshop III

 Zielposition des Geschäftsmodells

 Vollständige Dokumentation des Geschäftsmodells und der Veränderungen (inkl. Bubble-Darstellung)

 Diskussion und Verabschiedung der Herausforderungen und strategischen Stoßrichtungen

 Diskussion und Verabschiedung der Anpassungen des Geschäftsmodells in Form der BubbleDarstellung)

 Auswirkungen auf das Geschäftsmodell  Mögliche strategische Stoßrichtungen Beschreibung Ablauf

 Transparenz schaffen und Diskussion zu den Herausforderungen, Veränderungsbedarfen und Auswirkungen auf das Geschäftsmodell  Anreicherung und Ergänzung der Herausforderungen  Erste Diskussion strategischer Stoßrichtungen (auf abstrakter Ebene)

Teilnehmer

 Vorstand  Fachbereichskollegen (selektiv zu Fachthemen)  Strategieleiter  Unternehmensentwicklung: Leiter, Projektleiter, Mitarbeiter  Externe Unternehmensberatung: Projektleiter, Mitarbeiter

Tabelle 4.2:

Ablauf der Geschäftsmodellworkshops mit dem Vorstand Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 B-I20 und B-I41, B-Präsentationen 3, 5, 8.

164

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Zusätzlich zu den bereits genannten Workshops wurde ein Kreativitäts-Workshop im Kernteam zwischen Workshop I und II durchgeführt, um über Trendanalysen und Kreativitätstechniken neue Ideen für das Geschäftsmodell zu entwickeln. Die Ergebnisse flossen in die Vorbereitung des Workshops II ein. Zur Einbindung der zweiten Führungsebene wurde ein Arbeitsstand der Geschäftsmodellweiterentwicklung zwischen Workshop II und III präsentiert und diskutiert (vgl. Anhang 46 B-I40). Die Beteiligten beschreiben den Verlauf der Workshops als strukturiert, am 7-K Prinzip als Leitfaden orientiert und mit jeweils klarer Zielsetzung. Der erste Workshop war im Vergleich weniger deterministisch angelegt, sodass die bis dato einbezogenen Herausforderungen noch ergänzt werden konnten. Die Workshops waren ergebnisoffen gestaltet und boten Raum für kontrovers geführte Diskussionen, sodass auch im Prozess bereits getroffene Entscheidungen neu diskutiert wurden. Die strukturierte Vorgehensweise wurde als positiv bewertet, um sich auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren zu können (vgl. Anhang 46 B-I42). Die Anzahl im Rahmen der Workshops generierter Ideen wird von den Beteiligten uneinheitlich beurteilt. Während für einen Teil eher wenige neue Ideen entstanden und die Bestätigung und/oder Priorisierung von existierenden Ideen im Vordergrund stand, beurteilt ein anderer Teilnehmerkreis die Workshops als wesentliche Quelle für die Ideenentwicklung. Viele neue Ansätze entstanden während der Interviewphase zur Vorbereitung der Workshops (vgl. Anhang 46 B-I43). In den Workshops wurden als Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung das 7K Prinzip und die Bubble-Darstellung genutzt (vgl. Anhang 46 B-I44). Insgesamt wird der Einsatz der Instrumente positiv gesehen: Als Strukturierungshilfe führten sie zu einer ausgeglichenen Diskussion im gebotenen Rahmen und dienten der Vernetzung der Elemente, der Zeitersparnis und der Visualisierung bei Gewährleistung der Vollständigkeit (vgl. Anhang 46 B-I45). Den Workshops mit Fokus auf Weiterentwicklung des Geschäftsmodells folgten Vorstands-Workshops zur weiteren Konkretisierung strategischer Ziele und Maßnahmen (vgl. Anhang 46 B-I7; B-Präsentation 5). Kollektiv (Dimension C im Bezugsrahmen) In einer übergreifenden Betrachtung waren schwerpunktmäßig der Vorstand, der Leiter der Unternehmensentwicklung, der interne Projektleiter sowie ein Mitarbeiter und die externe Unternehmensberatung mit einem Projektleiter und Mitarbeitern an der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells beteiligt (vgl. Anhang 46 B-I46). Zielorientierte Aktivität (Dimension D im Bezugsrahmen) Die Analyse der persönlichen Zielsetzungen der Beteiligten zeigt, dass die übergreifende Zielsetzung zur erfolgreichen inhaltlichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells von allen geteilt wurde (vgl. Anhang 46 B-I47-51). Dabei betonte der Vorstand

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

165

sowohl inhaltliche Aspekte (zukunftsfähige Aufstellung, Ausschluss von Risiken, Weiterentwicklung von Stärken, Schaffung von Mehrwert für die Stakeholder) als auch die Begeisterung bei den Mitarbeitern (vgl. Anhang 46 B-I47). Für den Fachbereich stand die Vertretung der fachbereichsspezifischen Inhalte und Interessen im Vordergrund (vgl. Anhang 46 B-I50). Die Vertreter der Unternehmensentwicklung betonten neben der gemeinsamen Zielsetzung ihre Verantwortung für die Prozessgestaltung (vgl. Anhang 46 B-I48 und B-I59). Für den Leiter der Unternehmensentwicklung spielte die positive Positionierung des Bereichs im Unternehmen über den Prozess ebenfalls eine Rolle (vgl. Anhang 46 B-I48). Für den externen Unternehmensberater war die Kundenzufriedenheit eine zusätzliche Zielsetzung (vgl. Anhang 46 B-I51). Subjekt (Dimension E im Bezugsrahmen) Die Aufgaben und Rollen der einzelnen Prozessbeteiligten sind in Anhang 23 zusammenfassend dargestellt. Der Vorstandsvorsitzende hatte bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eine dominante Rolle. Er war übergreifend der Initiator und Treiber des Prozesses, entwickelte eine leitende Vision und Ideen für das Geschäftsmodell, war Querdenker und traf schlussendlich mit dem Vorstand die Entscheidungen zum Geschäftsmodell (vgl. Anhang 46 B-I52), die vom Aufsichtsrat und den Eigentümern freigegeben wurden (vgl. Anhang 46 B-I67). Der Vorstand in Summe übernahm die Entwicklung und Hinterfragung von Ideen, vertrat die jeweils von ihm verantworteten Fachbereiche und übernahm auch eine gewisse „Bewahrer-Rolle“. Als Initiator der Umsetzung trägt er das neue Geschäftsmodell in das Unternehmen, unterstützt die Strategiekommunikation und formuliert die Ableitung von Implikationen aus dem Geschäftsmodell für die Planung (vgl. Anhang 46 B-I52). Die Leiter der Fachbereiche standen als Sparringspartner für entwickelte Ideen zur Verfügung, brachten ihre Fachexpertise und -interessen ein, nahmen selektiv an der Diskussion des Geschäftsmodells teil und bewerteten einzelne Geschäftsmodelloptionen. In der Umsetzung unterstützen sie die Strategiekommunikation und interpretieren das Geschäftsmodell für ihren Fachbereich (vgl. B-I61). Der Leiter der Unternehmensentwicklung war gemeinsam mit seinen Mitarbeitern auch Initiator und Treiber des Strategieprozesses. In Abgrenzung zu seinen Mitarbeitern war er übergreifend für die Gestaltung, Organisation und die ergebnis- bzw. zielorientierte Ausrichtung des Prozesses verantwortlich. Er übernahm die Funktion eines Bindeglieds zwischen dem Vorstand und der zweiten Führungsebene. Bei der Gestaltung trat er als Moderator auf, bereitete Entscheidungsvorlagen, Zwischenstände und strategische Inhalte vor und war gleichzeitig an der Entwicklung und Hinterfragung von Ideen beteiligt. Als Kommunikator wirbt er bei der Umsetzung im Unternehmen für die Strategie und das Geschäftsmodell und unterstützt damit die Strategiekommunikation (vgl. Anhang 46 B-I55).

166

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die Mitarbeiter des Strategiebereichs übernahmen die operative Arbeit bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Sie koordinierten und steuerten den Prozess, bereiteten strategische Analysen, Workshops und Entscheidungsvorlagen vor und dokumentierten Arbeitsergebnisse. Damit brachten sie die Analytik in die Geschäftsmodellgestaltung ein. Bei der Vorbereitung waren sie in die Ideenentwicklung eingebunden, bewerteten Geschäftsmodelloptionen und nahmen an der Geschäftsmodelldiskussion aktiv teil. Während der Umsetzung unterstützen sie ebenfalls die Strategiekommunikation (vgl. Anhang 46 B-I58). Die externen Unternehmensberater waren für die Gestaltung, Organisation, Koordination und Steuerung des Prozesses verantwortlich und übernahmen damit gemeinsam mit dem Leiter der Unternehmensentwicklung eine „Treiberrolle“. Als Methodenexperten für den Prozess und die Instrumente berieten sie den Leiter der Unternehmensentwicklung und seine Mitarbeiter. Sie waren dafür verantwortlich, dass der Prozess im Sinne des Auftrags ergebnis- und zielorientiert ausgerichtet wurde. In der Geschäftsmodellgestaltung moderierten sie Workshops, brachten die Analytik in den Prozess ein, unterstützten die Mitarbeiter der Unternehmensentwicklung bei der strategischen Analyse, Vorbereitung und Dokumentation der Workshops sowie der Vorbereitung von Entscheidungsvorlagen, Zwischenständen und strategischen Inhalten. Als aktive Teilnehmer der Strategiediskussion wurde von ihnen erwartet, Ideen aus anderen Branchen und Unternehmen einzubringen sowie bestehende Ideen zu hinterfragen, auf ihre Umsetzbarkeit hin zu überprüfen und finanziell zu bewerten (vgl. Anhang 46 B-I64). Bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells arbeitete der Vorstand am intensivsten mit den anderen Vorstandsmitgliedern, dem Strategieleiter und seinen Mitarbeitern sowie den Leitern der Fachbereiche, die dem jeweiligen Vorstand zugeordnet sind, zusammen (vgl. Anhang 46 B-I53). Für den Strategieleiter waren der Vorstand, die Mitarbeiter aus seinem Bereich, die Fachbereichsleiter und die externen Berater die wichtigsten Ansprechpartner (vgl. Anhang 46 B-I56). Die Mitarbeiter aus der Unternehmensentwicklung kooperierten mit dem Strategieleiter, den anderen Mitarbeitern in der Unternehmensentwicklung und mit den Beratern (vgl. Anhang 46 B-I59). Die Leiter der Fachbereiche tauschten sich mit dem für sie jeweils verantwortlichen Vorstand, mit dem Strategieleiter und den anderen Leitern der Fachbereiche, sofern es inhaltliche Anknüpfungspunkte gab, aus (vgl. Anhang 46 B-I62). Für die Berater waren der Strategieleiter und seine Mitarbeiter die Hauptansprechpartner (vgl. Anhang 46 B-I65) (für eine gesamthafte Übersicht der Zusammenarbeit vgl. auch Anlage 16). Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung werden in unterschiedlicher Intensität bei der Zusammenarbeit mit anderen Personen genutzt. Der Vorstand verwendet die Darstellungen als Grundlage für Diskussionen zum Geschäftsmodell (vgl. Anhang 46 B-I54). Die Fachbereiche wenden fachbereichsspezifische Instrumente an, um ihre Themen zu entwickeln und zu vertreten (vgl. Anhang 46 B-I63). Am intensivsten werden Instrumente auf der operativen Arbeitsebene der Mitarbeiter in der Unternehmensentwicklung und externen Beratung sowie bei deren Zusammenarbeit für die Analyse von Fragestellungen eingesetzt (vgl. Anhang 46 B-I60 und B-I66). Der Strategieleiter

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

167

nutzt bewusst keine Instrumente in der Zusammenarbeit mit seinen Hauptansprechpartnern in der Organisation (vgl. Anhang 46 B-I57). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd (Dimension F im Bezugsrahmen) Der beschriebene Fall der ERGO Direkt im Jahr 2013 ist durch die Erfahrungen aus dem Vorgehen im Jahr 2008 beeinflusst. So gaben die Beteiligten einheitlich einen routinierteren Umgang mit dem 7-K Prinzip und dem Prozess an. Durch die Erfahrungen mit den Instrumenten sei man in der Lage gewesen, sich schneller auf die Inhalte der Diskussion zu konzentrieren. Nach Angaben der Interviewpartner hatte sich der Ansatz etabliert. Aufgrund der Ergebnisse des Prozesses im Jahr 2008 war der Startpunkt der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells die existierende Beschreibung des Geschäftsmodells der ERGO Direkt und nicht mehr das 7-K Prinzip. Da das Ergebnis des Prozesses im Sinne der Darstellungsform zu Beginn bereits klar gewesen sei, sei der Umgang mit dem Instrument leichtergefallen. Im Unterschied zu dem Prozess im Jahr 2008 wurde aufgrund der positiven Erfahrungen keine Methodendiskussion (zum Instrument bzw. zur Vorgehensweise) mehr geführt. Im Rahmen der ersten Anwendung wurde akribischer vorgegangen und es wurde mehr Aufwand in die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells investiert. Durch die wiederholte Anwendung hat der analytischsystematische Anteil der Arbeitsweise zugenommen. Bei der Erstanwendung des Ansatzes war der Anteil der Intuition höher (vgl. Anhang 46 B-I68). 4.2.1.2

Erne Fittings

Der betrachtete Zeitraum für die Gestaltung des Geschäftsmodells der Erne Fittings31 ist von Januar bis Juni 2010, ergänzt um die Vorgehensweise einer zweiten Überarbeitung von Mai bis Oktober 2013 (vgl. Anhang 25). Die Interviewpartner sind eine Auswahl aus den Beteiligten an der Geschäftsmodellgestaltung in beiden Prozessen (vgl. Anhang 27 und Kap. 4.1.3 zur Auswahl der Interviewpartner). Die interviewten Prozessbeteiligten geben eine Erfahrung von durchschnittlich 9,8 Jahren in der Geschäftsmodellgestaltung an. Das Unternehmen verfügt über einen eigenen Strategiebereich, der 1,5 Vollzeitkräfte (FTEs) umfasst. Bei der Überarbeitung des Geschäftsmodells nahm das Unternehmen die Unterstützung einer Unternehmensberatung in Anspruch (vgl. Anhang 25 und Anhang 46 C-I47). Die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung für die Strategiearbeit stufen die Interviewpartner auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ als „eher hoch“ bis „sehr hoch“ ein. Ihre Zufriedenheit mit der Vorgehensweise in der Geschäftsmodellgestaltung beurteilen sie auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“ mit „eher zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ (vgl. Anhang 26).

31

Für weitere Details zum Unternehmen vgl. Anhang 25.

168

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Activity-System (Dimension A im Bezugsrahmen) Die übergreifende Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung im Jahr 2013 war die Aktualisierung und Überarbeitung von Strategie und Geschäftsmodell, die im Jahr 2010 formuliert wurden. Vor dem Hintergrund veränderter interner und externer Rahmenbedingungen sollte die zukunftsorientierte Ausrichtung des Geschäftsmodells überprüft werden, um einen nachhaltigen Unternehmenserfolg zu sichern. In beiden Prozessen sollte die Beschreibung und Gestaltung des Geschäftsmodells Transparenz und Orientierung für alle Mitarbeiter zu den Entwicklungsschwerpunkten und Erfolgsfaktoren für das tägliche Arbeiten schaffen. Im Jahr 2010 galt es, das Geschäftsmodell als neues Element in den Strategieprozess zu integrieren und möglichst viele Mitarbeiter in den Prozess einzubinden, um dadurch deren Unterstützung zu erreichen (vgl. Anhang 46 C-I4). Die Zielsetzung wurde vorab festgelegt und sowohl innerhalb des Strategieteams32 als auch an die Workshop-Teilnehmer kommuniziert (vgl. Anhang 46 C-I5). Ausgehend von den Vorstellungen der Eigentümer wurde die Zielsetzung zu Prozessbeginn gemeinsam mit der Geschäftsführung, dem Strategieleiter und der Unternehmensberatung erarbeitet. Die schlussendliche Festlegung erfolgte durch die Geschäftsführung (vgl. Anhang 46 C-I6). Das dem Prozess und der Zielsetzung zugrunde liegende Geschäftsmodellverständnis der Beteiligten stimmt weitgehend überein. Demnach umfasst ein Geschäftsmodell nach außen (unternehmensextern) gerichtete Festlegungen wie bspw. Positionierung, Leistungsversprechen bzw. Kundennutzen und Lieferfähigkeit und nach innen (unternehmensintern) gerichtete Festlegungen bspw. zu Produktionskonzept, Logistikkonzept und Ressourcen. In Summe ist es eine komprimierte Darstellung der Funktionslogik des Unternehmens auf Basis strategischer Grundsatzentscheidungen, die zukunftsgerichtet ein finanzielles Ergebnis – bzw. allgemeiner: den Unternehmenserfolg – sicherstellen sollen (vgl. Anhang 46 C-I1). Der Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive wird in der kompakten, komprimierten und übersichtlichen Darstellung der wesentlichen Grundsatzentscheidungen und deren Zusammenhänge im Sinne der Erfolgseigenschaften (einer „DNA“) des Unternehmens gesehen. Als Orientierungspunkt habe das Geschäftsmodell geholfen, (operative) Entscheidungen zu treffen, zu erklären und zu begründen. Durch die Fokussierung auf wesentliche Grundsatzentscheidungen sei es visualisierbar und biete überdies den Vorteil, dass Nutzer sich nicht auf der Ziel- oder der Maßnahmenebene verlieren (vgl. Anhang 46 C-I2). Als Nachteile der Geschäftsmodellperspektive wurden genannt, dass sie aufgrund der Konkretisierung und Orientierungskraft gleichzeitig unternehmerisches Denken und Handeln sowie die Nutzung von Opportunitäten einschränken kann. Dies könne geschehen, wenn Mitarbeiter sich zu stark an dem Beschriebenen orientieren. Auch könne die Interpretation der Darstellung des zukünftigen Geschäftsmodells zu falschen Schlüssen führen, wenn Mitarbeiter die beschriebenen Elemente bereits ohne weiteres Expertenwissen oder zusätzliche Erläuterungen als 32

Das Strategieteam bestand aus dem Strategieleiter und der Unternehmensberatung.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

169

umgesetzt betrachten. Als weiteren Nachteil führen die Beteiligten den entstehenden Aufwand an, der bei einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell entsteht (vgl. Anhang 46 C-I3). Mediation/administrative Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Zu Beginn des Strategieprozesses wurde sowohl im Jahr 2010 als auch im Jahr 2013 zunächst die Vorgehensweise in grundsätzlich ähnlicher Weise festgelegt (vgl. Anhang 46 C-I17 und C-I16). 2013 konnten allerdings Ergebnisse aus dem Jahr 2010 genutzt werden, was zu einem effizienteren und strafferen Vorgehen führte (vgl. Anhang 46 C-I17). Im Jahr 2010 wurde nach der Festlegung der Vorgehensweise und der Prozessorganisation zunächst die Projektzielsetzung an alle Beteiligten kommuniziert. Da es sich um eine neue Vorgehensweise handelte und das Geschäftsmodell erstmals in die Strategiearbeit integriert werden sollte, wurden die Prozessbeteiligten im Rahmen einer Strategie- und Geschäftsmodellschulung auf den Prozess vorbereitet. In der zweiten Phase wurden zunächst diverse strategische Analysen auf der Grundlage bestehender Dokumente sowie Interviews mit Eigentümern und Führungskräften durchgeführt. Zur Entwicklung von strategischen Optionen wurde in der dritten Phase ein Kreativitätsworkshop zur Generierung neuer Ideen für das Geschäftsmodell durchgeführt. Im vierten Schritt wurden aus den Analyseergebnissen Handlungsbedarfe abgeleitet und Hypothesen für mögliche Reaktionen erarbeitet. Zur Untersuchung jeder Hypothese wurden die weiteren notwendigen Analysen definiert, weshalb der Prozess in den Phasen 2 und 3 als iterativ bezeichnet werden kann. Die ausgearbeiteten Hypothesen wurden genutzt, um strategische Optionen zu erarbeiten und zu priorisieren. Diese wurden in Arbeitsgruppen weiterentwickelt. Im Rahmen eines Workshops mit der Geschäftsführung und dem Strategieteam wurden die ausgearbeiteten strategischen Optionen vorgestellt und in die Geschäftsmodellbeschreibung integriert. Zur Umsetzung des Ergebnisses wurden strategische Ziele abgeleitet sowie Kennzahlen, Zielwerte und Maßnahmen definiert. Die Maßnahmen wurden durch die zweite Führungsebene weiter ausgearbeitet. Die Gesamtdokumentation der Strategie wird im Rahmen von mehrmals im Jahr durchgeführten „Strategie-Reviews“ als Referenzpunkt für die Überprüfung des Umsetzungsstandes genutzt. Das Vorgehen ist in Abb. 4.5 zusammengefasst (vgl. Anhang 46 CI-7).

170

Phasen

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Initialisierung Prozess

Festlegung der Vorgehensweise  Arbeitsschritte  Planung  Projektmanagement  Projektbeteiligte  Kommunikation der Projektzielsetzung  Schulung der zweiten Führungsebene zur Methode und Vorgehensweise

Inhalt



Durchführung/Aktualisierung strategischer Analysen auf der Grundlage bestehender Strategiedokumente und weiterführender Analysen, bspw.:  SWOT-Analyse  Trendanalysen  Umweltanalysen  Interviews mit  Mitarbeitern  Eigentümern  Führungskräften 

Geschäftsmodell, Vision/Mission, strategische Ziele und Maßnahmen

Entwicklung strategischer Optionen

Strategische Analyse













Durchführung des Kreativ-Workshops zu Geschäftsmodellideen Analyse von Handlungsbedarfen und Entwicklung von Hypothesen zu möglichen Reaktionen Festlegung und Durchführung von Analysen zu den Hypothesen Entwicklung und Priorisierung von kurz-, mittel-, und langfristigen strategischen Optionen Ausarbeitung priorisierter strategischer Optionen in Arbeitsgruppen Vorstellung der Arbeitsergebnisse vor der Geschäftsführung











Definition des Geschäftsmodells und der Vision/Mission auf der Grundlage der strategischen Optionen Ableitung strategischer Ziele und einer Balanced Scorecard aus dem Geschäftsmodell Festlegung von Ressourcen zur Erreichung der Ziele Ausplanung der Maßnahmen mit der zweiten Führungsebene Dokumentation der Ergebnisse in einer Strategiemappe

Umsetzung und Strategie-Reviews



Nutzung der Strategiedokumentation als Referenzpunkt für Strategiereviews zur Überprüfung des Umsetzungsstandes

Abbildung 4.5: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung im Jahr 2010 (Erne Fittings) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 C-I7, C-I16, C-Präsentationen 2, 4, 8-12.

Aufgrund der Ähnlichkeit der Prozesse werden im Folgenden nur die Unterschiede zwischen den beiden Vorgehensweisenhervorgehoben. Zunächst wurde die Strategie- und Geschäftsmodellschulung nicht mehr durchgeführt. Die Analysephase war weniger ausführlich und setzte auf der Feststellung des Umsetzungsstandes der verabschiedeten Strategie- und Geschäftsmodelldokumentation aus dem Jahr 2010 auf. Bei der Entwicklung strategischer Optionen wurde die veränderte Unternehmenssituation berücksichtigt. Die Optionen wurden vor dem Hintergrund von Finanzierungsbedarfen, Kapitalbindung und Risikoaspekten den Eigentümern vor der Überarbeitung des Geschäftsmodells vorgestellt. Der weitere Prozessverlauf entspricht dem Vorgehen aus dem Jahr 2010 (vgl. Anhang 46 C-I7) (vgl. Abb. 4.6).

171

Phasen

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Initialisierung Prozess

Festlegung der Vorgehensweise  Arbeitsschritte  Planung  Projektmanagement  Projektbeteiligte  Kommunikation der Projektzielsetzung

Inhalt



Strategische Analyse

Nutzung der Beschrei-  bung des bestehenden Geschäftsmodells als  Aufsatzpunkt  Bewertung des Umsetzungsstandes der defi nierten Strategieelemente (von 2010)  Elemente des  Geschäftsmodells  Strategische Ziele  Maßnahmen  Verkürzte Überprüfung/ Aktualisierung der strategischen Analysen,bspw.:  Interne Rahmenbedingungen  Trends  Marktbedingungen  Finanzierungsmöglichkeiten 

Geschäftsmodell, Vision/Mission, strategische und Maßnahmen

Entwicklung strategischer Optionen

Ableitung und Priorisierung strategischer Optionen Bearbeitung strategischer Optionen in Arbeitsgruppen Vorstellung der Ergebnisse der Geschäftsführung Vorstellung strategischer Optionen vor dem Aufsichtsrat vor dem Hintergrund von Finanzierungsbedarfen, Kapitalbindung und/oder Risiken











Überarbeitung des Geschäftsmodells und der Vision/Mission auf der Grundlage der strategischen Optionen Ableitung strategischer Ziele und einer Balanced Scorecard aus dem Geschäftsmodell Festlegung von Ressourcen zur Erreichung der Ziele Ausplanung der Maßnahmen mit der zweiten Führungsebene Dokumentation der Ergebnisse in einer Strategiemappe

Umsetzung und Strategie-Reviews



Nutzung der Strategiedokumentation als Referenzpunkt für Strategiereviews zur Überprüfung des Umsetzungsstandes

Abbildung 4.6: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung im Jahr 2013 (Erne Fittings) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 C-I7, C-I16.

Als Informationsgrundlage für die Geschäftsmodellweiterentwicklung wurden im Vorfeld Analysen durchgeführt und im Rahmen der Ausarbeitung der strategischen Optionen ergänzt. Die vorbereitenden Analysen beinhalteten unternehmensinterne Betrachtungen wie betriebswirtschaftliche Kennzahlen (bspw. Umsatz- und Margenentwicklung), Wertkettenanalysen je Produkt, eine Vertriebskanalanalyse sowie eine Standortbestimmung für die einzelnen Elemente des Geschäftsmodells und die 2010 initiierten Maßnahmen. Die unternehmensexternen Analysen umfassten Markt-, Umfeld- und Industrieanalysen, die Darstellung der regionalen Wirtschaftssituation, Megatrends und Wettbewerbsanalysen. Für die Ausarbeitung der strategischen Optionen wurden bspw. Analysen zur Entwicklung von Umsätzen und Ergebnissen nach Produkten, Kunden, Applikationen, Entscheidern im Verkaufsprozess, Wettbewerbern pro Produkt, Lücken im Produktportfolio, verlorenen Ausschreibungen, Produktpotenzialen und Allianzen mit Herstellern im Vergleich zu einer Eigenfertigung durchgeführt. Als Datengrundlage wurden interne Unternehmensdaten, die Expertenmeinung der Mitarbeiter, Marktdaten aus Fachmagazinen und statistischen Quellen sowie Daten des Beratungsunternehmens genutzt. Für die Analyse und Aufbereitung der Daten wurden diverse Strategieinstrumente eingesetzt, die im Folgenden noch näher dargestellt werden (vgl. Anhang 46 C-I8). Im Jahr 2010 wurde zunächst das bestehende Geschäftsmodell beschrieben, um auf dieser Grundlage die Veränderungen und das zukünftige Geschäftsmodell als Schwerpunkt der Arbeiten zu definieren. Für die Veränderungen wurde analysiert, welche Elemente wegfallen, sich wandeln oder neu hinzugefügt werden sollen. Im Prozess

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

2013 lag der Schwerpunkt noch deutlicher auf der Überarbeitung des zukünftigen Geschäftsmodells, da man auf die Ergebnisse des Projektes im Jahr 2010 und damit auf eine Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells zurückgreifen konnte. Während im ersten Prozess (2010) die deutliche Weiterentwicklung des Geschäftsmodells im Fokus stand, waren die Standortbestimmung und die Überarbeitung bezogen auf den Umsetzungsstand die Schwerpunkte im Jahr 2013 (vgl. Anhang 46 C-I9). Bei der Überarbeitung des Geschäftsmodells wurden Entscheidungen zu dessen Elementen getroffen, so z. B. für die Komponenten Leistungsspektrum bzw. Produktportfolio, Positionierung, Zielmärkte und -regionen, Marktbearbeitung und Vertriebswege, Leistungs- und Fertigungstiefe pro Produkt und Nutzung von Technologien (vgl. C-I10). Im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells wurden auch Wechselwirkungen zwischen den Elementen betrachtet. Die Beteiligten führen an, dass gerade dieser Schritt einen Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive ausmacht, weil nur zueinander konsistente Einzelentscheidungen überlebensfähig sind und Entscheidungen zu einem Element eine Sequenz an Folgeentscheidungen auslösen können. Die Betrachtung von Wechselwirkungen spielt auch bei der Investitionspriorisierung eine wichtige Rolle, da bei begrenzten Ressourcen eine Entscheidung für ein Element ggf. zur Ablehnung eines anderen Elementes führen kann. Für eine effiziente Diskussion der Wechselwirkungen wurden diese durch das Strategieteam vorbereitet. Dazu wurden Handlungsoptionen aggregiert, welche in einem Zusammenhang stehen. Als unterstützendes Instrument in der Vorbereitung der Beschreibung von Wechselwirkungen wurde das 7-K Prinzip (vgl. Anhang 20) eingesetzt. Hierfür wurden ausgehend von einem Element (bspw. die Positionierung) die Wechselwirkungen zu anderen Aspekten durchgespielt. Auch in der Bubble-Darstellung des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 28) wurden wesentliche Wechselwirkungen dokumentiert. Die Termine mit der Geschäftsführung wurden dann für die Konkretisierung und Ergänzung genutzt. Mit der Bubble-Darstellung des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 28) wurden wesentliche Wechselwirkungen dokumentiert. Der im Geschäftsführungsworkshop entstandene Diskussionsprozess wurde als intuitiv-geführt beschrieben. Eine ausführliche Dokumentation der Diskussion zu den Wechselwirkungen fand nicht statt, wird jedoch für die Phase der Strategieumsetzung als wertvoll angesehen. Beispiele für betrachtete Wechselwirkungen sind:  die Festlegung von Zielbranchen, Kompetenzen, Leistungsspektrum, Wertschöp-

fungskette, Vertriebsansatz und Präsenz in Regionen;  die Festlegung von Zielkunden, Zulassungen und Marketingstrategie;  die Ausweitung von Leistungsspektrum, Geschäftsvolumen und Einkaufsstrategie;

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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 die Standardisierung von Produktportfolio und Kostenstruktur;  die Ausweitung des Produktportfolios und die Nutzung von Kooperationen (gegen-

über einer Eigenfertigung) (vgl. Anhang 46 C-I11). Zusammenfassend beschreiben die Beteiligten das Vorgehen mehrheitlich als eine Kombination aus Analytik und Intuition. Der analytische Anteil wurde durch den gegebenen Rahmen, das Vorgehen des Beratungsunternehmens und die faktenbasierte Vorgehensweise in der Analyse und der Ausarbeitung der strategischen Optionen unterstützt. Einzelne Beteiligte beurteilen die Analytik im Prozess als dominant, wodurch ggf. auch Kreativität und Intuition im Vorgehen benachteiligt wurden (vgl. Anhang 46 C-I12). Die Priorisierung der strategischen Themen, die Ideenfindung und das Treffen der Entscheidungen zum Geschäftsmodell basierten primär auf der Intuition der Beteiligten. Wenn durch eine analytische, strukturierte Vorgehensweise keine zusätzlichen Ergebnisse aus der Untersuchung einzelner Fragestellungen zu erwarten war, dann wurden die Intuition und die Expertenmeinung der Beteiligten Basis der Ausarbeitung von Optionen (bspw. zur Nutzung von Technologien) (vgl. Anhang 46 C-I12). Einheitlich beurteilen die Beteiligten das Vorgehen als systematisch. Die Systematik wurde über die klare und vorab festgelegte Vorgehensweise, die regelmäßige Hinterfragung von Arbeitsstand und Projektfortschritt anhand der geplanten Vorgehensweise und die systematische Einbindung der zweiten Führungsebene erreicht (vgl. Anhang 46 C-I13). Das Vorgehen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells war Bestandteil eines Strategieprozesses. Mehrheitlich geben die Beteiligten an, dass die Betrachtung von Strategie und Geschäftsmodell gemeinsam erfolgen sollte, da die Grenzen fließend seien und die Strategie auf dem Geschäftsmodell aufbaue. Änderungen im Geschäftsmodell hätten unmittelbar Einfluss auf die Strategie und umgekehrt. Die Konstruktion eines einzigartigen, konsistenten und differenzierenden Geschäftsmodells sei Teil einer Strategie, weshalb die getrennte Bearbeitung nicht als sinnvoll betrachtet word. Das Geschäftsmodell biete durch die zusätzliche Visualisierung, die Schaffung von Transparenz und eine Unterstützung der Führungskräfte einen Mehrwert für den Strategieprozess. Mit der Betrachtung des Geschäftsmodells innerhalb des Strategieprozesses ist das Unternehmen der Empfehlung der Unternehmensberatung gefolgt (vgl. Anhang 46 C-I14). Bei einer vom Strategieprozess losgelösten Betrachtung des Geschäftsmodells sehen die Beteiligten den Vorteil, dass man in einem kleinen Kreis flexibler vorgehen könnte und dies die Diskussionen über Veränderungen von Elementen erleichtern würde. Für die Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes könnte es eine Möglichkeit sein, zunächst nur das Geschäftsmodell zu beschreiben und dann später über die Formulierung der Strategie den Weg zur Umsetzung zu beschreiben (vgl. Anhang 46 C-I15).

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Weiterentwicklungspotenziale für das Vorgehen wurde keine angegeben. Die im Vergleich zum Prozess im Jahr 2010 weniger intensive Vorgehensweise war für die Unternehmenssituation im Jahr 2013 passend. Für die Folgejahre ist wieder ein aufwendigerer Prozess geplant (vgl. C-I17). Mediation/diskursive Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Als Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung wurden das 7-K Prinzip (vgl. Anhang 20), die Bubble-Darstellung (vgl. Anhang 28) und eine Vorlage für die Ausarbeitung strategischer Optionen genutzt.33 Die Vorlage zur Ausarbeitung der strategischen Optionen wurde zur Strukturierung und Koordination der Arbeiten in den Arbeitsteams pro strategischer Option genutzt (vgl. Anhang 46 C-I18). Darin wurden folgende Aspekte berücksichtigt: Zielsetzung der Option, Kennzahl zur Messung des Erfolgs der Option, notwendige Mittel zur Umsetzung der Option, Bewertung der Option durch das Arbeitsteam, Auflistung von Herausforderungen und Risiken, abschließende Empfehlung des Arbeitsteams (vgl. Anhang 46 C-I18). Das 7-K Prinzip wurde als Strukturierungslogik und Leitfaden entlang des gesamten Vorgehens – zur Strukturierung der strategischen Analyse, als gedankliches Raster zur Hypothesenbildung, zur Beschreibung sowie Hinterfragung des Geschäftsmodells und zur Strukturierung der Entscheidungen zu den Elementen – eingesetzt. Die Bubble-Darstellung wurde zur Kommunikation mit Banken, Erläuterung des Geschäftsmodells, Strukturierung von Gesprächen sowie für die interne Kommunikation an die Mitarbeiter und zur Bewertung des Umsetzungsstandes in Strategiereviews eingesetzt. Die Befragten merken positiv an, dass die Darstellungsform damit sowohl für die Kommunikation gegenüber qualifizierten Laien (bspw. Banken) als auch gegenüber Experten (Mitarbeiter und Führungskräfte im Unternehmen) einsetzbar sei (vgl. Anhang 46 C-I19). Als Mehrwert des 7-K Prinzips werden die Strukturierungsfunktion, die Sicherung der Vollständigkeit relevanter Themen, die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses zum Geschäftsmodell und die Nutzung als Kommunikationsinstrument genannt. Den Mehrwert der Bubble-Darstellung sehen die Beteiligten darin, dass sie bei der Geschäftsmodellgestaltung zu Klarheit zwingt. In der Kommunikation liege der Vorteil in der verdichteten, einfachen und verständlichen Visualisierung eines komplexen Sachverhalts. So lasse sich das Geschäftsmodell deutlich besser memorieren als bspw. in reiner Textform. Gleichzeitig könne die Darstellung als Strukturierungsraster für Diskussionen genutzt werden, um anhand dieses roten Fadens in Details der einzelnen Elemente einzusteigen. Im Gegensatz zu vorherigen Strategiedokumentationen im Un33

Auf die Beschreibungen des 7-K-Prinzips und der Bubble-Darstellung soll an dieser Stelle verzichtet werden, da beide Instrumente bereits im Rahmen der Fallbeschreibung zu ERGO Direkt Versicherungen erläutert wurden.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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ternehmen bietet die Darstellung einen konkreten Überblick über die Aktivitäten und Geschäftsfelder des Unternehmens und darüber hinaus eine Erklärung, was durch diese Aktivitäten erreicht werden soll. Die Darstellung stellt auch ein Symbol für die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der einzelnen Elemente dar. Sie macht deutlich, dass Elemente unterschiedliche Prioritäten innerhalb des Geschäftsmodells haben. Wenn man die Darstellungsform kennt, erleichtert die Anwendung auch das Verständnis der Funktionslogik anderer Unternehmen. In der Strategieumsetzung bietet sie eine übersichtliche Orientierung für die Bewertung des Umsetzungsstandes und einen Orientierungspunkt für operative Entscheidungen und ist damit ein wichtiges Hilfsmittel. Da sich der Beitrag des einzelnen Mitarbeiters und der Unternehmensbereiche zu den Elementen und damit zum Geschäftsmodell einfach erläutern lässt, trägt die Darstellung zur Sinnstiftung und Motivation bei (vgl. Anhang 46 C-I20). Einen Nachteil sehen die Beteiligten bei den genannten Instrumenten nicht. Allerdings merken die Interviewpartner an, dass man bei der Anwendung Erfahrung benötige, um zu verstehen, welche Fragestellungen sich hinter welchen Komponenten verbergen. Zudem empfinden sie es als herausfordernd, jedes Element mit wenigen Worten treffend zu beschreiben. Grundsätzlich müssen den Prozessbeteiligten die Unterschiede zwischen dem Geschäftsmodell, strategischen Zielen und Maßnahmen bekannt sein. Dies gilt unabhängig von den gewählten Instrumenten (vgl. Anhang 46 C-I21). Als Grund für die Wahl der Instrumente wird angeführt, dass das Beratungsunternehmen diese im Jahr 2010 eingebracht und empfohlen habe. Es gab keine bewusste Diskussion zur Auswahl der Instrumente, da diese plausibel erschienen. Da sich die Instrumente bewährt und die Mitarbeiter sich daran gewöhnt haben, setzte man die Instrumente wieder ein (vgl. Anhang 46 C-I22). Der Visualisierung des Geschäftsmodells wird eine sehr hohe Bedeutung zugemessen (vgl. Anhang 46 C-I23). Die Formen der Visualisierung basieren direkt auf den bereits genannten Instrumenten Bubble-Darstellung und 7-K Prinzip. Die BubbleDarstellung wurde in PowerPoint-Präsentationen, in Form eines Booklets für die Führungskräfte sowie als überdimensionale Plakatdarstellung für die Mitarbeiterkommunikation genutzt. Um die Unterstützung der Prozessbeteiligten zu dem verabschiedeten Geschäftsmodell auch symbolisch zu untermalen, haben alle Beteiligten die grafische Darstellung unterschrieben. Die Visualisierung dient auch als Orientierung für tägliche Entscheidungen, für die weitere Konkretisierung der Strategie über bspw. die Balanced Scorecard und als Referenzpunkt und Leitlinie in Strategie-Reviews zur Bewertung des Umsetzungsstandes. Die Visualisierung des 7-K Prinzips wurde als Argumentationshilfe für die Erläuterung des Geschäftsmodells und für die Bewertung seiner Elemente eingesetzt (vgl. Anhang 46 C-I24). Der Mehrwert der Visualisierung liegt damit in der Kommunikation des Geschäftsmodells, da sie auf verständliche, einfache und kompakte Art und Weise das Geschäftsmodell mit seiner komplexen Funktionslogik, den Elementen und den Zusammenhängen darstellt.

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Dadurch werden sowohl die Präsenz des Geschäftsmodells im Unternehmen als auch sein Merkpotenzial erhöht. Die Visualisierung ist ein Hilfsmittel bei der Erarbeitung und zwingt dabei zur Prägnanz, bietet Symbolkraft für die Unterstützung der Mitarbeiter und erhöht die Motivation. Zusammenfassend verstärken die verschiedenen Formate der Visualisierung die teilweise bereits genannten Eigenschaften und Vorteile der Instrumente in der Geschäftsmodellgestaltung (vgl. Anhang 46 C-I25). Die Analyse der Nutzung gängiger Strategieinstrumente zeigt, dass alle untersuchten Instrumente zur Strategieentwicklung auch im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung eingesetzt werden (vgl. Anhang 29). Die Nutzung von Benchmarking, Industrieanalyse, Kernkompetenzanalyse, Kundenzufriedenheitsanalyse, Marktanalyse, Mission/Vision, Portfolioanalyse, Umfeld- und Trendanalyse, SWOT-Analyse, Szenarioanalyse und Wertkettenanalyse wurde bestätigt (vgl. Anhang 29). Eine Besonderheit zeigt sich bei der Reihenfolge der Entwicklung von Mission und Vision. Der überwiegende Teil der Interviewpartner gab an, dass Mission und Vision erst nach der Geschäftsmodellgestaltung formuliert worden seien. Ein anderer Teil gab an, dass beide vorher erarbeitet bzw. die aus dem Jahr 2010 übernommen worden seien. Die SWOTAnalyse wurde primär als Konsolidierungsinstrument der Ergebnisse anderer Analysen eingesetzt, wodurch die Inhalte Einfluss auf alle Komponenten des Geschäftsmodells haben. Benchmarking und Wertkettenanalyse wurden zusätzlich zur Überprüfung der Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsmodells genutzt. Die Szenarioanalyse wurde zusätzlich zur Validierung von Umsatz- und Ergebnisentwicklungen in Abhängigkeit der Ausgestaltung einzelner Komponenten des Geschäftsmodells eingesetzt. Die meisten Analysen wurden für die Gestaltung mehrerer Komponenten genutzt. Lediglich die Industrieanalyse wurde ausschließlich für die Gestaltung der Wertschöpfungskette genutzt. Übergreifend betrachtet wurden die Festlegungen in den Komponenten Humankapital und Fähigkeiten, Kostenstruktur, Leistungsspektrum und Produktportfolio, Logistik, Produktion (inkl. Eigen- und Fremdfertigung), Vertriebsstruktur und Marktbearbeitung, Wertschöpfungskette, Zielkunden und Zielmärkte durch die Nutzung der Strategieinstrumente beeinflusst. Mediation/episodische Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Bei der Gestaltung des Geschäftsmodells wurden auch Workshops durchgeführt. Die Interviewpartner geben an, dass das Arbeitsformat der Workshops Möglichkeiten geboten habe, das notwendige Wissen, Informationen, Erfahrungen und Perspektiven der Experten für die Ausarbeitung des Geschäftsmodells zusammenzubringen. Die Vielfalt der Perspektiven wurde als wertvoll betrachtet, um Inhalte des Geschäftsmodells zu hinterfragen. Gleichzeitig stelle die Zusammenführung der Personen die effizienteste Art der Kommunikation dar. Durch die Diskussionen könne ein Konsens unter den Beteiligten entstehen, der das Geschäftsmodell unterstütze.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Die gemeinsame Willensbildung des Topmanagements im Workshop sei ein wichtiger Wert und gleichzeitig entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie und des Geschäftsmodells. Als Vor- und Nachbereitung der Workshops wurden Arbeitsgruppensitzungen und Interviews genutzt, um Themen zu analysieren und aufzubereiten (vgl. Anhang 46 C-I38). Mit der Geschäftsführung wurden zwei Workshops zur Überarbeitung des Geschäftsmodells durchgeführt. In einem dritten Workshop wurde auf der Grundlage des Geschäftsmodells die Strategiekonkretisierung in Form von strategischen Zielen, Maßnahmen und Bewertung der finanziellen Auswirkungen auf die strategische Planung vorgenommen (vgl. Anhang 46 C-I39 und C-I40). Die Zielsetzung des ersten Workshops war die Erarbeitung einer weitgehend zufriedenstellenden Lösung (80–95Prozent-Lösung) für die Definition des Geschäftsmodells. Im zweiten Workshop sollten das Geschäftsmodell fertiggestellt und die Unterstützung der zweiten Führungsebene eingeholt werden. Die Workshops wurden jeweils durch das Strategieteam vor- und nachbereitet (vgl. Anhang 46 C-I40) (vgl. Tab. 4.3). Die Beteiligten beschreiben beide Workshops als strukturiert im Sinne der Vorgehensweise und weil die Arbeitsergebnisse in Form des Geschäftsmodells strukturiert verdichtet wurden. Innerhalb des ersten Workshops gab es mehr Raum für freie Diskussionen und Hinterfragung, sodass der Verlauf in Bezug auf die inhaltlichen Ergebnisse offen gehalten wurde und jeder seinen Beitrag einbringen konnte (vgl. Anhang 46 C-I42).

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Vorbereitung Vorbereitung

Beschreibung Ablauf

Workshop II

 Jeweils Vorbereitung durch das Strategieteam

 Erarbeitung einer SWOT-Analyse und Formulierung von Hypothesen, Handlungsfeldern/strategischen Optionen

 Beschreibung des Geschäftsmodells

 Präsentation des Geschäftsmodellentwurfs

 Integration der Ergebnisse der Ausarbeitungen zu den strategischen Optionen/Handlungsfeldern

 Diskussion und Schärfung des Entwurfs

 Ausarbeitung von Handlungsfeldern/ strategischen Optionen durch Arbeitsteams in drei Workshops  Präsentation der Ergebnisse vor der Geschäftsführung Teilnehmer

Workshop I

 Jeweils Vorbereitung durch das Strategieteam

 Erstellung eines (überarbeiteten) Entwurfs für das Geschäftsmodell

 Hinterfragung, Vervollständigung, Bestätigung des Geschäftsmodells im Rahmen einer Diskussion

 Bewertung des individuellen Beitrags der jeweiligen Mitarbeiter zu den jeweiligen Elementen im Geschäftsmodell  Visualisierung des Einflusses der Funktionen/ Bereiche im Unternehmen auf das Geschäftsmodell

 Arbeitsteams

 Geschäftsführung

 Geschäftsführung

 Strategieleiter

 Strategieleiter

 Zweite Führungsebene

 Unternehmensberatung

 Unternehmensberatung

 Ausgewählte Experten

 (Geschäftsführung)

 Vertreter der Eigentümer  Strategieleiter  Unternehmensberatung

Tabelle 4.3:

Ablauf der Geschäftsmodellworkshops mit der Geschäftsführung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 C-I40, C-I41 und C-Präsentationen 1, 2, 3.

Nach überwiegender Einschätzung der Teilnehmer wurden in den Workshops eher wenige bzw. im zweiten Workshop gar keine neuen Ideen entwickelt, sondern Ansätze aus der Vorbereitungsphase sowie bekannte Themen zusammengeführt. Die Beteiligten ergänzen, dass es auch nicht die Zielsetzung gewesen sei, neue Ideen für Aktivitäten außerhalb des Kerngeschäftes zu entwickeln. Ein Teilnehmer gibt an, dass dennoch mehr Ideen entstanden sind, als umsetzbar gewesen wären (vgl. Anhang 46 C-I43). In beiden Workshops wurden sowohl das 7-K Prinzip zur Annäherung an das Geschäftsmodell und zur Bewertung der einzelnen Komponenten als auch die BubbleDarstellung zur Beschreibung des Geschäftsmodells genutzt (vgl. Anhang C-I44). Die Wirkung der Instrumente auf die Zielerreichung der Workshops wird positiv beurteilt.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Durch den Einsatz des 7-K Prinzips sei eine Strukturierung, Disziplinierung, Sicherung der Vollständigkeit und eine Nachvollziehbarkeit der Vorgehensweise erzielt worden. Mittels Bubble-Darstellung sei eine Priorisierung, Klarheit und Verdichtung der Ergebnisse erreicht worden (vgl. Anhang 46 C-I45) Kollektiv (Dimension C im Bezugsrahmen) Bei der Erarbeitung des Geschäftsmodells waren die Geschäftsführung, der Strategieleiter in seiner Rolle als interner Projektleiter, die zweite Führungsebene, ausgewählte Experten aus dem Unternehmen, Vertreter der Eigentümer und die externe Unternehmensberatung beteiligt (vgl. Anhang 46 C-I47). Die Anforderung an alle Prozessbeteiligten war, die Sichtweise auf das Geschäftsmodell aus ihrem Bereich sowie inhaltliche Impulse und Ideen einzubringen. Die Aufgabe der Fachbereiche war es, insbesondere eine mehrdimensionale Betrachtungsweise zu gewährleisten (Perspektiven der unterschiedlichen Fachbereiche), um durch die fachlichen Impulse eine kontroverse Diskussion zu initiieren und die Umsetzbarkeit von Ideen zu überprüfen. Die Interviewpartner geben an, dass für eine erfolgreiche Geschäftsmodellgestaltung eine Projektorganisation benötigt werde, die Instrumente und Methoden kenne sowie den Prozess steuere und leite. Die Entscheidungen wurden dann in einer kleinen Gruppe, bestehend aus Geschäftsführung, Strategieleiter und externer Unternehmensberatung getroffen. Gleichzeitig war die Gruppe dafür verantwortlich, Ideen bzw. Optionen zusammenzuführen und zu priorisieren (vgl. Anhang 46 C-I46). Zielorientierte Aktivität (Dimension D im Bezugsrahmen) Die Analyse der persönlichen Zielsetzung bestätigt, dass alle Interviewpartner die erfolgreiche Weiterentwicklung des Geschäftsmodells verfolgten (vgl. Anhang 46 C-I4851). Für die Geschäftsführung gehörte dazu, eine nachvollziehbare und transparente Zukunftsperspektive für das Geschäftsmodell aufzuzeigen und dadurch eine effiziente und schnelle Weiterentwicklung des Unternehmens voranzutreiben. Gleichzeitig sollte eine umfassende Einbindung der Führungskräfte stattfinden. Im Prozess des Jahres 2013 beschreibt ein neuer Geschäftsführer das „Kennenlernen des Unternehmens“ als seine zusätzliche persönliche Zielsetzung (vgl. Anhang 46 C-I48). Neben der bereits genannten Weiterentwicklung des Geschäftsmodells stand für den Strategieleiter zusätzlich die Initiierung der Umsetzung des angestrebten Geschäftsmodells im Fokus. Diese Zielsetzung teilte er mit dem externen Unternehmensberater (vgl. Anhang 46 CI49 und C-I51). Für die Fachbereiche war es wichtig, ihren Bereich zu vertreten und einen Beitrag zur Wachstumsstrategie zu leisten, indem sie überzeugende Handlungsempfehlungen ausarbeiten und Ideen einbringen. Gleichzeitig war für sie die Priorisierung von Elementen des Geschäftsmodells wichtig (vgl. Anhang 46 C-I50).

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Subjekt (Dimension E im Bezugsrahmen) Die Aufgaben und Rollen der einzelnen Beteiligten an der Geschäftsmodellgestaltung sind in Anhang 30 dargestellt. Die Geschäftsführung war Initiator und Treiber des Prozesses und entwickelte eine übergreifende Zielsetzung und Leitplanken für die Geschäftsmodellgestaltung auf Grundlage ihrer Kenntnis der Eigentümererwartungen. Als aktiver Teilnehmer in der Diskussion brachte die Geschäftsführung Ideen ein, hinterfragte diese, bewertete Optionen und stellte die Qualität der Strategiearbeit sicher. Sie vertrat zudem die ihr jeweils zugeordneten Fachbereiche und entwickelte schlussendlich einen Vorschlag für die Strategie und das Geschäftsmodell, indem sie Entscheidungen, nach Möglichkeit im Konsens mit der Führungsmannschaft, den Eigentümern bzw. dem Aufsichtsrat vorschlug. Die Eigentümer trafen die finalen Entscheidungen. Zur Initiierung der Umsetzung kommunizieren die Geschäftsführer die neue Strategie und das Geschäftsmodell gegenüber dem Unternehmen und leiten Konsequenzen für die Planung ab. Für die Prozessunterstützung wählte die Geschäftsführung gemeinsam mit dem Strategieleiter das externe Beratungshaus aus. Die Interviewpartner sahen keine Unterschiede zwischen den Geschäftsführern hinsichtlich ihrer Rolle (vgl. C-52, C-64 und Anhang 8). Die Rollen der Geschäftsführer unterschieden sich nicht voneinander. Die Aufgaben und Rollen des Strategieleiters und des externen Beraters waren sehr ähnlich, weshalb zunächst die Gemeinsamkeiten und dann die Unterschiede beschrieben werden: Beide waren verantwortlich für die zielorientierte Organisation, Gestaltung und Steuerung des Prozesses. Als Bindeglied zwischen den Vorstellungen der Geschäftsführung und der Organisation koordinierten sie den Prozess und die notwendige Aufbereitung von Informationen und Analysen. Im Rahmen der Workshops traten sie als Moderatoren auf und erstatteten den Führungsgremien Bericht über den Fortschritt des Projektes. Sie stellten die analytischen Elemente wie bspw. die strategische Analyse und die Bewertung von Geschäftsmodelloptionen im Prozess sicher und übernahmen diverse operative Tätigkeiten wie die Vor- und Nachbereitung von Workshops sowie die Erstellung von Entscheidungsvorlagen. Im Rahmen der Diskussionen zum Geschäftsmodell beteiligten sie sich aktiv, brachten Ideen ein, standen als Sparringspartner für die Geschäftsführung und auch für die Fachbereiche zur Verfügung. Sowohl bei der Umsetzung als auch im Prozess selbst sind bzw. waren sie Promotoren der Strategiearbeit und der Kommunikation des Geschäftsmodells gegenüber dem Unternehmen mit dem Anspruch, über die Konkretisierung der Strategie auch die Initialisierung der Umsetzung sicherzustellen. Die Rolle des Strategieleiters unterschied sich insofern vom Berater, als er stärker in die Entscheidungsfindung im Unternehmen eingebunden war. Demgegenüber übernahm der Berater die Rolle des Methodenexperten und des Informationslieferanten für externe Marktdaten und -studien (vgl. Anhang 46 C-I55 und C-I61 und Anhang 30). Die Leiter der Fachbereiche waren in die Vorbereitung von Entscheidungsvorlagen eingebunden und teilweise dafür verantwortlich. Sie stellten Informationen zur Verfügung, brachten Ideen ein, bewerteten diese und standen als Vertreter ihrer Fachbereiche auch als Experten und Sparringspartner zur Verfügung. Im Rahmen der Umset-

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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zung sind sie Initiatoren und interpretieren die Strategie und das Geschäftsmodell für ihren jeweiligen Fachbereich. Die Zusammenarbeit zwischen den Personen und Personengruppen lässt sich in Summe als sehr intensiv beschreiben (vgl. Anhang 31). Es kann vermutet werden, dass dieses Bild auch auf die Unternehmensgröße zurückzuführen ist. Im Grunde arbeiteten alle Personen und Personengruppen mit allen Personen und Personengruppen im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung zusammen. Für die Geschäftsführung waren die primären Ansprechpartner der interne und externe Projektleiter, d. h. der Strategieleiter und der Berater. Die Fachbereichsleiter gaben an, dass sie am intensivsten mit den jeweiligen Vertretern der Teams zur Bearbeitung der Handlungsfelder zusammenarbeiteten. Diese können sich aus allen Personengruppen zusammensetzen (vgl. Anhang 31). Die Geschäftsführung nutzte diverse strategische Instrumente zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Hierzu gehören bspw. Portfolioanalysen, die Bubble-Darstellung des Geschäftsmodells, Stärken-/Schwächen-Analysen, Trend- und Kostenanalysen sowie andere Instrumente, die im Strategieprozess eingesetzt werden (vgl. Anhang 46 C-I54). Der Strategieleiter bestätigte auch eine intensive Nutzung von Strategieinstrumenten gemeinsam mit allen Prozessbeteiligten. Während im Austausch mit den Arbeitsteams eher das Verständnis der Funktionalität des Instruments im Vordergrund stand, wurden die Instrumente von der Geschäftsführung grundsätzlich hinterfragt (vgl. Anhang 46 C-I57). Den Fachbereichsleitern halfen Strategieinstrumente, die Bearbeitung gemeinsamer Fragestellungen zu strukturieren, dabei analytisch vorzugehen und die Handlungsempfehlungen auf den Punkt zu bringen (vgl. Anhang 46 C-I60). Der externe Berater brachte Strategieinstrumente in die Zusammenarbeit mit jeder Personengruppe im Prozess ein, um strukturiert und effizient zu arbeiten (vgl. Anhang 46 C-I63). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd (Dimension F im Bezugsrahmen) Ein Geschäftsführer führt an, dass ein Vorgehen innerhalb eines Industrieunternehmens eher analytisch ausgerichtet sein sollte, um sich im Einklang mit der Unternehmenskultur zu befinden. Es kann interpretiert werden, dass insbesondere die Prozessbeteiligten, also bspw. Ingenieure und Maschinenbauer, aufgrund ihres Ausbildungshintergrundes eine Routine und Affinität für analytische Vorgehensweisen mitbringen. Für die erfolgreiche Einbindung der Führungskräfte sollten daher kulturelle Rahmenbedingungen berücksichtigt werden (vgl. Anhang 46 C-I12). Im Vergleich der beiden Prozesse wurde die Vorgehensweise im Jahr 2013 gestrafft und es wurde effizienter vorgegangen (vgl. Anhang 46 C-I7). Einerseits ist dieser Umstand auf die veränderte Ausgangssituation des Unternehmens und die veränderte Zielsetzung für den Prozess zurückzuführen. So standen primär die Überprüfung des Umsetzungsstandes und die Aktualisierung der Strategie/des Geschäftsmodells (und keine grundlegende Erarbeitung wie im Jahr 2010) im Fokus. Die höhere Effizienz lässt

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

sich andererseits auch auf eine größere Routine und einen intuitiveren Umgang mit den Instrumenten und Vorgehensweisen zurückführen. Die Erfahrung trug dazu bei, dass die Prozessbeteiligten während des gesamten Prozesses bereits über die Konsequenzen für das Geschäftsmodell nachdachten. Das vorausschauende Denken ermöglichte ein zielgerichteteres Arbeiten. Die Interviewpartner gaben zudem an, dass sie heute in „Geschäftsmodellen denken“: Wenn sie den Umsetzungsstand der Strategie beurteilen sollen, dann bewerteten sie intuitiv auch die Elemente des Geschäftsmodells. Darüber hinaus wenden sie die erlernten Denkmuster zum Geschäftsmodell auch auf andere Unternehmen an, um sich deren Funktionslogik zu erschließen (vgl. Anhang 46 C-I65). 4.2.1.2

Fränkische Rohrwerke

Die Fränkischen Rohrwerke haben im Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 die Geschäftsmodelle ihrer Unternehmensbereiche überarbeitet. Gegenstand der Untersuchung ist die Überarbeitung des Geschäftsmodells im Unternehmensbereich Haustechnik34 (vgl. Anhang 32). Die Interviewpartner wurden aus den Beteiligten ausgewählt (vgl. Anhang 34 und Kap. 4.1.3 zur Auswahl der Interviewpartner) und gaben eine durchschnittliche Erfahrung von 12,5 Jahren in der Geschäftsmodellgestaltung an. Das Unternehmen hatte keinen eigenen Strategiebereich. Für die Überarbeitung des Geschäftsmodells nutzte das Unternehmen die Unterstützung einer externen Unternehmensberatung (vgl. Anhang 32). Die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung innerhalb der Strategiearbeit bewerteten die Interviewpartner auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ mehrheitlich mit „sehr hoch“. Die Zufriedenheit mit der Vorgehensweise wurde gleichverteilt auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“ mit „eher zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ angegeben (vgl. Anhang 33). Activity-System (Dimension A im Bezugsrahmen) Die übergreifende Zielsetzung war die Überarbeitung des Geschäftsmodells vor dem Hintergrund der definierten Wachstumsziele (Umsatz- und Ergebnisziele) bis ins Jahr 2020. Als Unterziele wurden „Sicherung der Auslastung der Produktionskapazitäten“, „Schaffung von Transparenz über die Dokumentation der Strategie“, „Festlegung der strategischen Ziele und der notwendigen Schritte zur Erreichung der Ziele“, „Ermittlung der Investitionsbedarfe“ und „Priorisierung der Projekte“ genannt. Zudem sollte ein Zielkorridor für die nächsten fünf Jahre erarbeitet werden (vgl. Anhang 46 D-I4). Die Zielsetzung wurde vor dem Projekt von der Geschäftsführung festgelegt und kommuniziert (vgl. Anhang 46 D-I5 und D-I6). Die externe Unternehmensberatung unterstützte die Zieldefinition (vgl. Anhang 46 D-I6).

34

Für weitere Details zum Unternehmen vgl. Anhang 32.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Dieser Zielsetzung liegt ein überwiegend geteiltes Geschäftsmodellverständnis zugrunde. Dabei wird das Geschäftsmodell als zusammenfassende, komprimierte Beschreibung der Geschäftsidee und Funktionslogik des Unternehmens bzw. in diesem Fall des Geschäftsbereichs verstanden. Es enthält strategische Grundsatzentscheidungen zu bspw. Zielmärkten, Zielkunden, Produkten, Preisen, dem Marketingansatz, der Vertriebsstruktur, der Produktion sowie der Logistik und dient dazu, ein wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen (vgl. Anhang 46 D-I1). Der Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive wird darin gesehen, die strategische Ausrichtung des Unternehmens so darzustellen, dass Führungskräfte und Vertreter der Fachbereiche ihr zustimmen und sie unterstützen können. Die Interviewpartner geben an, dass das Geschäftsmodell am besten beschreibe, was das Unternehmen auszeichne, und einen Überblick über die „Bestandteile“ der Strategie und die angestrebten Entwicklungsrichtungen biete. Es konkretisiere und plausibilisiere, wie die Strategie umgesetzt werden solle. Durch diesen Überblick biete es eine Orientierung für Entscheidungen der Geschäftsleitung und erfülle eine koordinierende Funktion (vgl. Anhang 46 D-I2). Die Interviewpartner äußerten keine Nachteile der Geschäftsmodellperspektive (vgl. Anhang 46 D-I3). Mediation/administrative Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Zu Beginn des Prozesses wurde die Vorgehensweise durch die Unternehmensberatung in Abstimmung mit der Geschäftsführung festgelegt und an die Beteiligten innerhalb des Bereichs Haustechnik kommuniziert. Der Prozess setzte in allen Phasen auf der bestehenden Strategie- und Geschäftsmodelldokumentation auf und diente zur Aktualisierung der Ergebnisse des 2008 zuletzt durchgeführten Strategieprozesses (vgl. Abb. 4.7). Zunächst wurden in einem Workshop mit der Geschäftsführung Zielvorgaben in Form von Umsatz- und Ergebniserwartungen bis zum Jahr 2020 für alle Unternehmensbereiche festgelegt. Die Zielvorgaben und die Projektvorgehensweise wurden dem Bereichsleiter Haustechnik daraufhin im Rahmen eines Interviews vorgestellt. In der nächsten Phase führte der Unternehmensbereich selbstständig eine Aktualisierung der strategischen Analysen durch, welche in analoger Weise zu dem letzten durchgeführten Strategieprozess im Jahr 2008 dokumentiert wurden. Bei der Analyse ausgewählter, schwieriger Fragestellungen wurde der Bereich durch die externe Unternehmensberatung unterstützt. Auf der Grundlage der Ergebnisse wurde im nächsten Schritt ein Workshop zur Überarbeitung des Geschäftsmodells durchgeführt. Auf der Basis der Analyseergebnisse und orientiert am 7-K Prinzip wurde die Geschäftsmodellbeschreibung für das bestehende Geschäftsmodell (Ist-Geschäftsmodell) und für das bis im Jahr 2020 angestrebte Geschäftsmodell (Soll-Geschäftsmodell) überarbeitet. Zur Plausibilisierung der Zielvorgaben wurde eine Umsatz- und Ergebnissimulation angefertigt. Eine aggregierte Darstellung des Geschäftsmodells (Bubble-Darstellung, vgl. Anhang 35) sowie eine Dokumentation der Veränderungen der einzelnen Elemente des Geschäftsmodells wurden im Nachgang zu dem Workshop mit dem Bereichsleiter, dem

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Phasen

Bereichscontroller und dem Unternehmensberater ergänzt. In einem zweiten Workshop wurde die Strategy Map, d. h. die strategischen Ziele des Bereiches, erarbeitet. Diese Ziele sollten verfolgt werden, um das Ist- in das Soll-Geschäftsmodell zu überführen. Zur Konkretisierung der Ziele wurden Maßnahmen abgeleitet und notwendige Investitionsbedarfe ermittelt. Zur Messung des Umsetzungserfolgs wurden Kennzahlen für die strategischen Ziele aktualisiert. In der nächsten Phase wurden die Ergebnisse der Workshops der Geschäftsführung präsentiert und Maßnahmen beschlossen. Im Rahmen einer abschließenden Führungskräfteveranstaltung mit Vertretern aus dem Gesamtunternehmen wurden wesentliche Eckpunkte aus dem Strategieprojekt vorgestellt. Für die kontinuierliche strategische Steuerung wurden halbjährliche Strategie-ReviewTermine mit der Geschäftsführung vereinbart, bei denen der Umsetzungsstand der Strategie vom Bereich vorgestellt und diskutiert wird (vgl. Anhang 46 D-I7, D-I15, DPräsentation 1–6).

Initialisierung Prozess

Top-down-Festlegung von Wachstumszielen/ Leitplanken durch die Geschäftsführung  Projektorganisation zur Festlegung von Terminen und Projektbeteiligten im Bereich Haustechnik

Inhalt



Strategische Analyse



Aktualisierung einer  Aktualisierung der Istbestehenden Markt- und und Soll-GeschäftsUmfeldanalyse sowie modellbeschreibungauf einer Analyse zu den der Grundlage der internen RahmenProjektergebnisse faktoren aus dem Jahr aus dem Jahr 2008  Bubble-Darstellung 2008; bspw.:  Umsatz- und  Stichpunktartige Ergebnisentwicklung Beschreibung des  SWOT-Analyse Geschäftsmodells  Technologie- und entlang der DimenMarktentwicklung sionen des 7-K  Kundenentwicklung Prinzips  Wettbewerbstrends  Überarbeitung des  Trendanalyse Produktportfolios  Innovationsportfolio  Validierung der  Vertriebsanalyse Zielvorgaben anhand  Kernkompetenzeiner Umsatz- und analyse Ergebnissimulation  Strategische Handlungsfelder

Beschluss und Übergang in Umsetzung

Strategische Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen

Geschäftsmodell

Aktualisierung der Strategy Map und darin enthaltener strategischer Ziele  Identifikation von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele  Grobe Bewertung der Investitionsbedarfe der Maßnahmen  Aktualisierung der Kennzahlen zur Messung des Umsetzungserfolgs 

Vorstellung der Ergebnisse vor der Geschäftsführung und Beschluss von Maßnahmen  Vorstellung der Ergebnisse im Führungskreis für das gesamte Unternehmen (auch andere Unternehmensbereiche)  Durchführung von halbjährlichen Strategie-Reviews zur Präsentation des Umsetzungsstandes der Strategie in der Geschäftsführung 

Abbildung 4.7: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Fränkische Rohrwerke) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 D-I7, D-I15, D-Präsentation 1–6.

Als Grundlage für die Aktualisierung der Geschäftsmodellbeschreibungen wurden verschiedene Informationen aufbereitet. Hierzu gehören Produktanalysen (bspw. Umsatz-, Kunden- und Marktentwicklungen, Trends in staatlichen Reglementierungen), Marktanalysen (bspw. durch Interviews mit Großkunden zu Markt- und Produkttrends), Kundenanalysen (bspw. Kundentrends, Umsatz- und Margenentwicklung bei Kunden) sowie zusammenfassende Informationen in Form einer SWOT-Analyse. (vgl. Anhang 46 D-I8). Als Datengrundlage wurden interne Informationssysteme, das Expertenwissen der Prozessbeteiligten und Interviews mit Kunden genutzt (vgl. Anhang 46 D-I8

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

185

und D-Präsentation 3). Für die Aufbereitung der Informationen wurden diverse Strategieinstrumente angewendet, die aus dem letzten Strategieprozess bereits zur Verfügung standen. Hierzu gehörten bspw. SWOT-Analyse, Trendanalyse, Wettbewerbsanalyse, Marktpotenzialanalyse, Wertschöpfungsanalyse und die Analyse des Innovationsportfolios. Die Instrumente wurden als Hilfsmittel zur Analyse und zur übersichtlichen Darstellung der Ergebnisse benötigt (vgl. D-Präsentation 3). In der Überarbeitungsphase wurde die Beschreibung sowohl des bestehenden als auch des zukünftigen Geschäftsmodells modifiziert. Das aktuelle Geschäftsmodell bildete dabei den Ausgangspunkt für die Analysen, das zukünftige den Schwerpunkt. Die Beteiligten hielten die Beschreibung des aktuellen Geschäftsmodells für hilfreich, um einen gemeinsamen Informationsstand und ein gemeinsames Verständnis über die wesentlichen Stellschrauben im Geschäftsmodell zu erreichen. Dies war insbesondere für die Vertreter der Funktionsbereiche wichtig, da diese im Rahmen ihrer Tätigkeit außerhalb des Strategieprozesses stark auf ihren Bereich fokussiert sind (vgl. Anhang 46 D-I9). Bei der Überarbeitung wurden Entscheidungen zu folgenden Elementen des Geschäftsmodells getroffen: Produktportfolio, Personal, Ressourcen, Zielkunden, Zielmärkte, Wertschöpfungskette und Eigen- bzw. Fremdproduktion von Artikeln. Dabei wurden auch Wechselwirkungen zwischen Elementen des Geschäftsmodells diskutiert, da bspw. Veränderungen im Leistungsspektrum zu Effekten bei der Kundenwahrnehmung und im gesamten Unternehmensbereich führen können oder die Festlegung von Zielmärkten von der lokalen Wettbewerbsfähigkeit und damit maßgeblich von den Produktionsmöglichkeiten vor Ort abhängt. Wechselwirkungen wurden in den Workshops diskutiert und auf Grundlage der Intuition und Erfahrung der Beteiligten beschrieben. Als weitere Beispiele für Wechselwirkungen wurden genannt:  Leistungsspektrum, Kundenbeziehung und Umsatz;  Leistungsspektrum, Preisgestaltung, Produktionsstandorte und Kundenbeziehung;  Zielkunden, Produktportfolio, Produktionstiefe, Konstruktions- und Produktionska-

pazitäten und Investitionsbedarfe (vgl. Anhang 46 D-I11). Daneben wurden Entscheidungsvorlagen zu Funktionen außerhalb des Geschäftsbereichs erarbeitet (bspw. Einkauf). Im Rahmen der Umsetzung können getroffene Entscheidungen auch revidiert werden, wenn sich diese als nicht erfolgreich herausstellen. Die Prozessbeteiligten schilderten, dass die wesentlichen Entscheidungen auf der Ebene des Geschäftsbereichs getroffen worden seien, auch wenn diese final durch die Geschäftsführung freigegeben werden mussten (vgl. Anhang 46 D-I10). Umsatz- und Ergebnisszenarien wurden im Nachgang der Workshops kalkuliert. Operative Konsequenzen aus den geplanten Veränderungen werden im Rahmen jährlich ablaufender Planungsrunden konkretisiert (vgl. Anhang 46 D-I11). In Summe wird das Vorgehen durch die Geschäftsführung als eher intuitiv bewertet. Dabei muss betont werden, dass die Geschäftsführung bei der Überarbeitung des Ge-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

schäftsmodells in den Workshops nicht involviert war und sich die Einstufung damit auf die Festlegung der Zielwerte für die Geschäftsbereiche bezieht. Die Prozessbeteiligten bewerten das Vorgehen mehrheitlich als eher analytisch, wobei Einzelne Analytik und Intuition in gleichen Anteilen sehen bzw. die Intuition sogar als dominierend beschreiben. Analytische Elemente waren die Analyse der Märkte, die Nutzung möglichst vieler Informationen und Daten, die Anwendung der Strategieinstrumente sowie die gesamte Vorgehensweise, die Darstellungsformen der Ergebnisse und die Art der geführten Diskussionen. Auch die Unternehmensberatung brachte analytische Arbeitsweisen ein. Die Nutzung der Experteneinschätzungen wird als intuitives Element betrachtet (vgl. Anhang 46 D-I12). Mehrheitlich stufen die Beteiligten das Vorgehen als systematisch ein. Die strukturierte Antizipation von Entwicklungen und die systematische Ableitung von Konsequenzen sind dabei Ansätze für ein systematisches Vorgehen (vgl. Anhang 46 D-I13). Das Vorgehen war integraler Bestandteil eines Strategieprozesses. Mehrere Interviewpartner betonen, dass ihnen die vom Strategieprozess losgelöste Betrachtung des Geschäftsmodells nicht sinnvoll erscheine. Als Mehrwert und Grund für die integrative Betrachtung wurde zunächst die größere Klarheit über den Ausgangspunkt und die zu erreichenden Zielzustände angeführt. Die Beteiligten hätten getroffene Entscheidungen durch ihr Mitwirken im Prozess nachvollziehen können und die Erwartungen gegenüber dem Geschäftsbereich und den Mitarbeitern seien transparent geworden. Als weiterer Grund wurde angegeben, dass ein Geschäftsmodell in einem grundsätzlich eher stabilen Umfeld eines Strategieprozesses weiterentwickelt werden sollte. Bei einer losgelösten Betrachtung müsse man bereit sein, ganze Strukturen im Unternehmen zu hinterfragen und zu verändern, was bspw. bei einem Restrukturierungsbedarf der Fall sein könnte. Außerdem biete die Integration eine „strukturelle und mentale Plattform“ für die Prozessbeteiligten: Einerseits würden die Rahmenbedingungen geschaffen, um sich zeitlich aus dem operativen Geschäft zu lösen und durch die Struktur sei es einfacher, das Geschäftsmodell und die Strategie zu diskutieren (strukturelle Plattform). Andererseits könne man sich gemeinsam mental auf die strategischen Diskussionen einstellen, gerade wenn dies kein Bestandteil des eigenen Tagesgeschäftes sei (mentale Plattform). Der Strategieprozess zwinge die Beteiligten über die Diskussion des Geschäftsmodells zu einem Perspektivwechsel. Als letzten Grund führen die Beteiligten an, dass ein Strategieprozess die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhe, wenn man Veränderungen am Geschäftsmodell vornehmen und diese im Unternehmen erfolgreich umsetzen wolle. Strategy Map, strategische Ziele und Maßnahmen werden in einer logischen Abfolge aus dem Geschäftsmodell abgeleitet und konkretisieren es. Dieser Schritt werde durch die vorangegangene Geschäftsmodellbetrachtung erleichtert und präzisiert. So entstehe ein konkretes Programm zur Erreichung des Soll-Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 D-I14). Eine noch strukturiertere Vorgehensweise und eine ausführlichere Dokumentation der Strategie werden als mögliche Weiterentwicklung des Prozesses angegeben. Gleichzeitig wird einschränkend darauf hingewiesen, dass beide Aspekte mit zusätzlichem

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Ressourcenaufwand verbunden wären, der von Mittelständlern nicht zu leisten sei. Darüber hinaus können sich einzelne Interviewpartner eine grundsätzliche Hinterfragung des Geschäftsmodells in jedem Strategieprozess sowie einen jährlichen Strategieprozess an Stelle eines bislang mehrjährigen Zyklus vorstellen. Abschließend wird der Wunsch geäußert, den Prozess zu einem Zeitpunkt im Jahr stattfinden zu lassen, der besser zur Belastung im operativen Geschäft passe (vgl. Anhang 46 D-I16). Mediation/diskursive Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Als Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung wurden das 7-K Prinzip und eine sogenannte Bubble-Darstellung genutzt35 (vgl. Anhang 46 D-I17). Eingesetzt wurden die Instrumente als strukturierende Vorlagen und zur Sicherung eines systematischen Vorgehens bei der Beschreibung des Geschäftsmodells im Rahmen der Workshops. Dabei wurde ausgehend von der abstrakteren Darstellung des Geschäftsmodells in der Bubble-Darstellung (vgl. Anhang 35), in einer aufeinander aufbauenden Logik und mit zunehmender Konkretisierung das Geschäftsmodell beschrieben. Aufbauend auf der aggregierten Bubble-Darstellung wurden entlang der Komponenten des 7-K Prinzips (vgl. Anhang 20) die Ausprägungen sowohl des bestehenden als auch des zukünftigen Geschäftsmodells gegenübergestellt und ausführlich in Form von Stichpunkten beschrieben. Für die weitere Konkretisierung wurden Umsetzungsmaßnahmen definiert, bewertet und priorisiert (vgl. Anhang 46 D-I18 und D-Präsentation 4). Der Mehrwert des 7-K Prinzips wird in der Funktion als Strukturierungshilfe, der Disziplinierung der Workshop-Diskussionen durch den Moderator, der Fokussierung auf das Wesentliche und der Sicherung der Vollständigkeit der für die Geschäftsmodellbeschreibung notwendigen Komponenten gesehen. Interviewpartner geben an, dass Gegenstand des 7-K Prinzips auch PowerPoint-Vorlagen entlang der Komponenten gewesen seien, welche im Rahmen der Workshops als Vorlagen zur gemeinsamen Erarbeitung der Inhalte und damit auch der Dokumentation dienten. Diese Vorlagen zerlegten das komplexe Geschäftsmodell in einfach zu bearbeitende Komponenten, sodass sich auch strategieunerfahrene Personen an der Diskussion und Beschreibung des Geschäftsmodells beteiligen konnten. Durch gemeinsame Erarbeitung und simultane Dokumentation konnte ein geteiltes Verständnis erreicht werden. Ein nachträgliches Protokoll war nicht erforderlich. Weiter gaben die Workshopteilnehmer an, dass die Bubble-Darstellung ein Hilfsmittel gewesen sei, um das Geschäftsmodell anhand einer einfachen, grafischen Darstellung zu visualisieren und zu erklären. Durch die Anordnung der Elemente (von innen nach außen) wurde implizit deren Wichtigkeit ausgedrückt. Die Darstellung sei selbsterklärend, benötige kein langes Einlesen und biete damit Transparenz über den Unternehmensbereich (vgl. Anhang 46 D-I19 und D-Präsentation 4). Als Nachteile der beiden Instrumente wird angegeben, dass die vereinfachende Bubble-Darstellung für weniger „grafikaffine“ Menschen ggf. nicht selbsterklärend sei und sie zusätzlich die 35

Auf die Beschreibungen des 7-K Prinzips und der Bubble-Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet, da beide Instrumente bereits im Rahmen der Fallbeschreibung zu ERGO Direkt Versicherungen erläutert wurden.

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

ausführliche Beschreibung des Geschäftsmodells benötigten. Dem Vorteil der Strukturierung und Disziplinierungsfunktion des 7-K Prinzips steht der Nachteil gegenüber, dass Diskussionen im Workshop abgebrochen werden mussten, auch wenn man diese in dem Moment weiterführen wollte. In einem Workshop sollten alle Komponenten des Geschäftsmodells diskutiert werden. Aufgrund der Zeitrestriktion sei man aber gezwungen gewesen, auf einer strategischen Ebene zu diskutieren. Sobald man einzelne Komponenten zu detailliert diskutierte (bspw. operative Problemstellungen), mussten diese Diskussionen unterbrochen werden. Im Sinne der Zielsetzung der Workshops war dies kein Nachteil (vgl. Anhang 46 D-I20). Die Interviewpartner geben als Begründung für die Wahl der Instrumente an, dass der Unternehmensberater diese eingebracht habe (vgl. Anhang 46 D-I21). Alle Interviewpartner gaben an, dass die Visualisierung des Geschäftsmodells eine sehr hohe Bedeutung habe (vgl. Anhang 46 D-I22). Dabei wurde das Geschäftsmodell in vier Visualisierungsformen dargestellt: Die Bubble-Darstellung (vgl. Anhang 35), die stichpunktartige Beschreibung entlang der Komponenten des 7-K Prinzips als Gegenüberstellung der heutigen und der angestrebten zukünftigen Ausprägung, die Visualisierung der wesentlichen Veränderungen des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 36) und die „Value Curve“36-Darstellung zur Visualisierung der Differenzierungsmerkmale des Leistungsangebotes. Die Bubble-Darstellung wurde im Rahmen der Erarbeitung und zur Erläuterung des Geschäftsmodells, zur Ableitung von strategischen Zielen und Maßnahmen sowie Konsequenzen für die Funktionen, als Argumentations- und Begründungsunterstützung von Entscheidungen und zum Abgleich der differenzierenden Eigenschaften des Unternehmensbereichs vom Wettbewerb genutzt. Die Beschreibung anhand von Stichpunkten wurde als Arbeitsinstrument in Workshops und zur Erläuterung von Details des Geschäftsmodells genutzt. Die Visualisierung der wesentlichen Veränderungen wurde insbesondere für die Kommunikation gegenüber Mitarbeitern, Führungskräften anderer Geschäftsbereiche und der Geschäftsführung zur Verdeutlichung der Veränderungen eingesetzt. Die „Value Curve“ wurde im Vertrieb zur Kommunikation der Veränderungsrichtung eingesetzt (vgl. Anhang 46 D-I23 und D-Präsentation 5). Der Mehrwert der Visualisierung wurde in der Kommunikation sowie in der Darstellung und Verankerung des Geschäftsmodells im täglichen Arbeiten gesehen. In der Kommunikation wurde sie als „Treiber des Erfolgs“ eingestuft, da durch die Visualisierung viele Menschen erreicht werden können und sie die Kommunikation erleichtert. Als Instrument zur Kommunikation der Strategie gegenüber den Mitarbeitern verdeutliche sie plakativ die Veränderungen des Geschäftsmodells und ermögliche ein schnelles Verständnis des Geschäftsmodells sowie einen Überblick zu den Hauptelementen und deren wechselseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten. Dadurch werde die Überprüfung dieser Beziehungen erleichtert. Für die Verankerung des Geschäftsmodells war die Visualisierung ein optischer Orientierungspunkt in der Diskussion mit den Mitarbeitern, wodurch zusätzlich die Memorierbarkeit erleichtert wurde (vgl. Anhang 46 D-I24).

36

Die „Value Curve“ ist ein Instrument des „Blue Ocean Ansatzes“ (Kim und Mauborgne 2005).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Die Analyse der Nutzung gängiger Strategieinstrumente zeigte, dass die meisten Instrumente zur Strategieentwicklung auch im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eingesetzt wurden (vgl. Anhang 37). Angewendet wurden Benchmarking, eine Kernkompetenzanalyse, Kundenzufriedenheitsanalysen, Marktanalysen, Mission/Vision, eine Portfolioanalyse, Umfeld-/Trendanalysen, eine SWOT-Analyse, Szenarioanalysen und eine Wertkettenanalyse; nur die Industrieanalyse wurde nicht genutzt. Die meisten Analysen hatten einen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Produktportfolios. Einzelne Analysen hatten darüber hinaus Auswirkungen auf mehrere oder sogar alle Elemente des Geschäftsmodells. Hierzu gehörten insbesondere die Kundenzufriedenheitsanalyse, Mission/Vision und die SWOT-Analyse. Andere Analysen wurden gezielt für die Weiterentwicklung einzelner Komponenten eingesetzt, bspw. Benchmarking für die Komponente Produktportfolio und die Wertkettenanalyse für die Produktionstiefe (vgl. Anhang 37). Die Kernkompetenzanalyse wurde als Grundlage für die Beschreibung und Weiterentwicklung des gesamten Geschäftsmodells angegeben (vgl. Anhang 46 D-I27). Kundenzufriedenheitsanalysen wurden auch zur Überprüfung der Funktionsweise des Geschäftsmodells eingesetzt (vgl. Anhang 46 D-I28). Die Nutzung der Mission/Vision wurde uneinheitlich beschrieben. Ein Teil der Interviewpartner bezeichnete diese als übergeordneten Anspruch, der damit Einfluss auf die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des gesamten Geschäftsmodells gehabt habe. Ein anderer Teil konnte sich nicht an die Nutzung einer Mission/Vision erinnern und sah darin auch keinen Mehrwert (vgl. Anhang 46 D-I30). Zur Anwendung der SWOT-Analyse geben die Beteiligten an, dass das Geschäftsmodell Antworten auf die daraus resultierenden Erkenntnisse liefern sollte. Kritisch wurde angemerkt, dass kein systematischer Bezug zwischen beiden Arbeitsergebnissen hergestellt worden sei und somit nur eine intuitive Überprüfung der Resultate der SWOT-Analyse und der Geschäftsmodellweiterentwicklung stattgefunden habe (vgl. Anhang 46 D-I33). Szenarioanalysen wurden insbesondere als Entscheidungsgrundlage für Markteintritte eingesetzt und hatten damit Einfluss auf mehrere Komponenten des Geschäftsmodells (bspw. Zielmärkte, Produktionsstandorte) (vgl. Anhang 46 D-I34). Übergreifend betrachtet wurde die Gestaltung der Komponenten Marketingansatz, Produktion, Positionierung, Preise, Produktportfolio, Services, Zielgruppen und Zielländer durch die genannten Strategieinstrumente unterstützt (vgl. Anhang 37). Mediation/episodische Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Die Überarbeitung des Geschäftsmodells fand in Workshops statt. Dieses Arbeitsformat wurde deshalb gewählt, weil es die Möglichkeit bot, Mitarbeiter einzubinden und einen Konsens entstehen zu lassen. Workshops ermöglichten eine effiziente Arbeitsweise, um Experten mit ihrem Wissen, ihren Perspektiven und Meinungen zu integrieren. Auch gaben die Interviewpartner an, dass ein Workshop durch einen Externen moderiert werden könne. Zudem habe die „Episode“ eines Workshops den zeitlichen und mentalen Rahmen geboten, um sich vom operativen Tagesgeschäft zu lösen und ohne Störungen auf die Strategiediskussion konzentrieren zu können. Durch die Möglichkeit der Diskussion erhielten die Teilnehmer eine direkte Rückmeldung von anderen

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Beteiligten. Dadurch entstand nach Angaben der Interviewpartner eine intensive Kommunikation, in der Vor- und Nachteile zu einem Aspekt schnell und effizient beleuchtet worden seien (vgl. Anhang 46 D-I37). Es wurden zwei Workshops zur Überarbeitung des Geschäftsmodells durchgeführt (vgl. Anhang 46 D-I38). Die Termine wurden jeweils durch den Unternehmensberater in Abstimmung mit dem Bereichsleiter vorbereitet, moderiert und dokumentiert (vgl. DPräsentationen 3 und 4). Ziel der beiden Workshops war die Überarbeitung und Aktualisierung der Strategie und des Geschäftsmodells zur Erreichung der finanziellen Zielwerte bis ins Jahr 2020 (vgl. Anhang 46 D-39). Der Ablauf der beiden Workshops ist in Tab. 4.4 dargestellt und wird im Folgenden kurz erläutert. Workshop I Vorbereitung

Workshop II

 Interview des Bereichsleiters durch die Unternehmensberatung zur zielorientierten Vorbereitung der Workshops

 Anpassung der Bubble-Darstellung im Nachgang durch Bereichsleiter, Controller und Unternehmensberater

 Aktualisierung der Markt- und Umfeldanalyse sowie interner Analysen durch den Bereichsleiter

 Vorbereitung des Workshops durch den externen Berater

 Vorbereitung des Workshops durch den externen Berater Beschreibung Ablauf

 Vorstellung der Erwartungen der Geschäftsführung an den Bereich  Ableitung von Implikationen aus der aktualisierten strategischen Analyse für die Strategie  Erarbeitung einer groben Finanzplanung bis 2020  Aktualisierung der Geschäftsmodellbeschreibung aus dem Jahr 2008

Teilnehmer

 Überprüfung der aktualisierten Bubble-Darstellung und Beschreibung wesentlicher Veränderungen  Überprüfung der ausführlichen Geschäftsmodellbeschreibung aus Workshop I  Überarbeitung der Strategy Map und der strategischen Ziele, abgeleitet aus Geschäftsmodellveränderungen  Beschreibung der strategischen Ziele, Erarbeitung strategischer Maßnahmen zu den strategischen Zielen und Aktualisierung der Kennzahlen

 Leiter Geschäftsbereich  Leiter Produktmanagement  Leiter Produktion  Leiter Inlandsvertrieb  Leiter Exportvertrieb  Controlling  Unternehmensberater

Tabelle 4.4:

Ablauf der Geschäftsmodell-Workshops im Geschäftsbereich Haustechnik Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 D-I39, D-I40 und D-Präsentation 3-4.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Im ersten Workshop wurden zunächst die Zielvorgaben der Geschäftsführung vorgestellt und erste Implikationen für die Strategie und das Geschäftsmodell der Haustechnik abgeleitet; die Diskussion der aktualisierten strategischen Analyse wurde analog vorbereitet. Auf dieser Basis wurde die Beschreibung des gegenwärtigen Geschäftsmodells aktualisiert und es wurde ein Entwurf des gewünschten Geschäftsmodells im Jahr 2020 erarbeitet. Beide Geschäftsmodelle (Ist und Soll) wurden anhand stichpunktartiger Beschreibungen entlang des 7-K Prinzips vorgenommen. Im Nachgang zum Workshop wurde die Bubble-Darstellung des Geschäftsmodells auf der Grundlage eines Vorschlags der externen Unternehmensberatung gemeinsam mit dem Bereichsleiter und dem Bereichscontroller in einer Arbeitssitzung überarbeitet. Die Ergebnisse dieser Überarbeitung wurden mit den übrigen Ergebnissen des ersten Workshops im zweiten Workshop durchgesprochen, ergänzt und bereichsintern verabschiedet. Die angestrebten Veränderungen im Geschäftsmodell bildeten dann die Grundlage für die Überarbeitung der strategischen Ziele des Bereichs; diese wurden in Form einer Strategy Map dargestellt. Zur Konkretisierung der Strategie wurden Maßnahmen zur Erreichung der strategischen Ziele ausgearbeitet und Kennzahlen für die Messung des Umsetzungserfolgs definiert (vgl. Anhang 46 D-I39, D-I40 und D-Präsentation 3-4). Zusätzlich zu den beiden Workshops wurden wesentliche Ergebnisse der überarbeiteten Strategie dem erweiterten Führungskreis des Gesamtunternehmens und der Geschäftsführung vorgestellt (vgl. Anhang 46 D-I39). Die Beteiligten beschreiben den Ablauf der beiden Workshops als strukturiert, da schrittweise und inhaltlich aufeinander aufbauend unter der disziplinierenden Führung der Berater gearbeitet worden sei. Gleichzeitig seien die Workshops offen in Bezug auf den Diskussionsverlauf gewesen und hätten damit ausreichend Raum für Diskussionen geboten (vgl. Anhang 46 D-I41). Die Interviewpartner schätzten die Anzahl generierter neuer Ideen für das Geschäftsmodell unterschiedlich ein. Nach Angaben der Mehrheit wurden wenige neue Ideen für das Geschäftsmodell entwickelt. Ein kleinerer Teil gibt an, dass viele neue Ideen erarbeitet worden seien. Ein Teilnehmer erklärt die Diskrepanz der Aussagen mit dem geringen Innovationsgrad der Ideen. Diese seien im Wesentlichen bereits im Vorfeld bekannt gewesen und im Workshop konsolidiert und in das Geschäftsmodell integriert worden. Die Geschäftsmodellbeschreibung sei dadurch ausdifferenziert und verbessert worden (vgl. Anhang 46 D-I42). Im Rahmen der Workshops wurden als Instrumente das 7-K Prinzip und die BubbleDarstellung eingesetzt (vgl. Anhang 46 D-I143). Den Einfluss der Instrumente auf die Zielerreichung der Workshops beurteilten die Teilnehmer als positiv: Die Methoden hätten der Strukturierung des komplexen Themas als Orientierung im Workshop gedient. Sie hätten die Arbeit durch das Zerlegen des Geschäftsmodells in handhabbare Arbeitspakete erleichtert, während sie gleichzeitig die Teilnehmer gefordert hätten. Der Einsatz der Instrumente habe sichergestellt, dass ein Ergebnis erzielt worden sei; sie hätten für Ausgewogenheit und Vollständigkeit der Inhalte gesorgt und die Anwendung habe automatisch eine simultane Dokumentation der Diskussion geboten (vgl. Anhang 46 D-I44).

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Kollektiv (Dimension C im Bezugsrahmen) An der Geschäftsmodellgestaltung waren folgende Personen beteiligt: Geschäftsbereichsleiter, Leiter der Produktion, Leiter Inlandsvertrieb, Leiter Exportvertrieb, Leiter Produktmanagement, Bereichscontroller und externe Unternehmensberatung. Der Bereichsleiter beteiligte darüber hinaus den Marketingbereich im Rahmen von bilateralen Abstimmungen. In den Workshops wurde die Geschäftsführung bewusst nicht beteiligt, um damit dem Geschäftsbereich auch symbolisch die Verantwortung und die Freiheit für die Strategieentwicklung zu übertragen. Der Geschäftsführung wurden die Ergebnisse abschließend zur Freigabe vorgestellt (vgl. Anhang 46 D-I40 und D-I46). Alle Prozessbeteiligten haben aktiv an einer offenen Diskussion des Geschäftsmodells teilgenommen. Als Anforderungen an die Zusammenstellung der Personen wurden genannt, dass diese jeweils die Perspektive ihrer Fachbereiche einbringen und diese vertreten sollten, um somit ein umfassendes Bild des Geschäftsmodells entstehen zu lassen. Dabei sollten die besten Personen des Geschäftsbereichs involviert sein und ihre jeweiligen Fähigkeiten einbringen. Ein Interviewpartner betont, dass die Diskussionen und der Umgang miteinander durch Respekt geprägt gewesen seien (vgl. Anhang 46 D-I45). Zielorientierte Aktivität (Dimension D im Bezugsrahmen) Die Analyse der persönlichen Zielsetzungen zeigt, dass alle Beteiligten die Ansicht einer Zukunftssicherung des Geschäftsbereichs über die Entwicklung der Strategie und des Geschäftsmodells teilten (vgl. Anhang 46 D-I47, D-I48, D-I49). Zusätzlich betonte der Bereichsleiter die nachhaltige Umsetzung der Strategie, um möglichst nah an den gesetzten Zielen der Geschäftsführung zu bleiben oder zumindest Abweichungen im Rahmen der Umsetzung erklären zu können (vgl. Anhang 46 D-I48). Diese Zielsetzung vertraten auch die Vertreter der Fachbereiche. Zusätzlich war ihnen wichtig und für sie motivierend, eigene Vorstellungen und Sichtweisen in die Überarbeitung des Geschäftsmodells einbringen zu können. Die daraus resultierende Strategie sowie das Zielgeschäftsmodell sollten im Unternehmen umfassend kommuniziert werden (vgl. Anhang 46 D-I49). Subjekt (Dimension E im Bezugsrahmen) Die Aufgaben und Rollen der einzelnen Prozessbeteiligten sind in Anhang 38 zusammenfassend dargestellt. Die Geschäftsführung entwickelte ein übergreifendes Ziel und setzte inhaltliche Leitplanken für die Überarbeitung der Strategie. Grundsätzlich delegierte sie die Geschäftsmodellentwicklung und die damit verbundene Entscheidungsbefugnis an den Bereichsleiter. Sie behielt sich jedoch das Veto-Recht und die Entscheidung über eine gesamthafte Freigabe der Strategie auf der Basis des Vorschlags des Bereichsleiters vor. Sie wählte auch den externen Berater für die Prozessunterstützung aus (vgl. Anhang 46 D-I50 und Anhang 38).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

193

Der Bereichsleiter hat generell die kaufmännische Gesamtverantwortung für den Geschäftsbereich. In diesem war er Initiator und Treiber des Strategieprozesses und hatte die Aufgabe, die ziel- und ergebnisorientierte Ausrichtung sowie die Koordination und Steuerung des Prozesses gemeinsam mit dem externen Unternehmensberater sicherzustellen. Er fungierte, ebenfalls gemeinsam mit dem Berater, als Vermittler zwischen der Geschäftsführung und der Organisation. Gleichzeitig war er Bindeglied zwischen dem Externen und seiner eigenen Organisation. Seine Hauptaufgabe in dem Prozess war die Entwicklung einer Entscheidungsvorlage zu Strategie und Geschäftsmodell für die Geschäftsführung. Hierfür lieferte er notwendige Informationen und führte strategische Analysen selbst durch. Innerhalb der Geschäftsmodellgestaltung war er Ideengeber, Sparringspartner für Ideen, hatte die Aufgabe, die Qualität sicherzustellen, brachte seine Expertise zu den Fachbereichen ein, beurteilte und bewertete Optionen und traf schlussendlich gemeinsam mit den Vertretern der Fachbereiche die einzelnen Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit diesem Personenkreis kommuniziert er die neue Strategie und das Geschäftsmodell in der Organisation, leitet Implikationen für die Planung ab und konkretisiert die Strategie und das Geschäftsmodell für den jeweiligen Fachbereich (vgl. Anhang 46 D-I53 und Anhang 38). Generell zeigte sich eine hohe Überschneidung der Aufgaben und Rollen zwischen dem Bereichsleiter und den Leitern der Fachbereiche bei der Geschäftsmodellgestaltung. Aufgaben der Leiter, bspw. Informationen zur Verfügung stellen, Entscheidungsvorlagen vorbereiten, Ideen und Expertise einbringen, bezogen sich im Wesentlichen auf die jeweils von ihnen vertretenen Fachbereiche. Ihre Rolle in der Umsetzung der Strategie und des Geschäftsmodells wurde stärker betont (vgl. Anhang D-I56 und Anhang 38). Der externe Unternehmensberater hatte zusätzlich zu den bereits genannten Aufgaben die Verantwortung für die Organisation und Gestaltung des Prozesses inne. Hierfür erwartete man von ihm Wissen als Methodenexperte. Er übernahm eine Vielzahl von operativen Aufgaben zur Entlastung der Organisation, bspw. die Vorbereitung, Moderation und Dokumentation von Workshops und Arbeitssitzungen sowie die Berichterstattung zum Stand des Projektes gegenüber der Geschäftsführung. Er unterstützte die Durchführung von strategischen Analysen und stellte bei Bedarf hierfür externe Informationen zur Verfügung. Für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells brachte er Ideen ein, hinterfragte Ideen aus der Organisation und nahm damit aktiv an der Strategiediskussion teil (vgl. Anhang 46 D-I59 und Anhang 38). In diesem Prozess arbeitete die Geschäftsführung primär mit dem Bereichsleiter (vgl. Anhang 46 D-I51 und Anhang 39), dieser wiederum hauptsächlich mit den Leitern der ihm zugeordneten Fachbereiche zusammen. Dabei hatten der Bereichscontroller und der Leiter des Produktmanagements eine besondere Bedeutung (vgl. Anhang 46 D-I54 und Anhang 39). Die Leiter der Fachbereiche tauschten sich am intensivsten mit dem Bereichsleiter und ihren Kollegen aus (vgl. Anhang 46 D-I57 und Anhang 39). Der externe Unternehmensberater coachte alle drei Gruppen gleichermaßen. Er war Bin-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

deglied zur Geschäftsführung und arbeitete eng mit dem Bereichsleiter und mit den Leitern der Fachbereiche im Rahmen der Workshops zusammen (vgl. Anhang 39 und D-Präsentation 6). Für die Präsentation der Ergebnisse nutzte die Geschäftsführung die Dokumentation des Geschäftsmodells und damit implizit die eingesetzten Geschäftsmodellinstrumente. Weitere Instrumente wurden bei der Zusammenarbeit nicht von ihr eingesetzt (vgl. Anhang D-I52). Der Bereichsleiter nutzte Strategieinstrumente für die eigene Vorbereitung auf die Strategieaktualisierung. Gleichzeitig nutzte er die Struktur der in der Strategiedokumentation abgebildeten Instrumente, um die Aktualisierung der Strategie und des Geschäftsmodells zu koordinieren, bspw. wenn einzelne Fachbereiche die Aufgabe hatten, Informationen, Analysen und Inhalte des Geschäftsmodells vorzubereiten. Bei der Zusammenarbeit mit anderen Personen dienten ihm die Instrumente dazu, Themen professionell, rational und sachlich zu diskutieren und die Personen einzubinden (vgl. Anhang 46 D-I55). Die Leiter der Fachbereiche nutzten Instrumente als Argumentationshilfen bei der Erstellung der Strategiedokumentation, um durch Analysen zur Objektivität und Fundierung beizutragen und um die Strategieumsetzung nachzuverfolgen sowie für die Präsentation gegenüber der Geschäftsführung (vgl. Anhang 46 D-I58). Der externe Berater setzte Instrumente zur Koordination und effizienten Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich zur Sammlung und Aufbereitung von Informationen ein. Innerhalb der Workshops wurden die Instrumente zur Strukturierung und als Hilfsmittel für die Moderation eingesetzt (vgl. D-Präsentationen 3-6). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd (Dimension F im Bezugsrahmen) Alle Interviewpartner waren an den Strategieprozessen 2008 und 2012/13 beteiligt. Während im ersten Prozess Sinn und Zweck der verwendeten Instrumente und die Vorgehensweise hinterfragt wurden, fand diese Diskussion wenig überraschend im zweiten Prozess nicht mehr statt. Das Ergebnis war eine schnellere, direktere und unvoreingenommene Herangehensweise und Fokussierung auf die notwendigen Inhalte von Beginn an. Die Beteiligten beschrieben auch eine größere Routine im Umgang mit den Instrumenten, wodurch sie intuitiver mit den Methoden arbeiten konnten. Die bestehende ausführliche Dokumentation von Strategie und Geschäftsmodell führte zu einer sachlicheren und rationaleren Diskussion, klareren Verantwortlichkeiten und einem professionelleren Umgang miteinander. Durch die eingeführten Instrumente und die Geschäftsmodellperspektive findet heute eine bewusstere Auseinandersetzung mit der Strategie- und Geschäftsmodellumsetzung statt (vgl. Anhang 46 D-I60).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

4.2.1.2

195

Horváth & Partners

Der betrachtete Zeitraum für die Gestaltung des Geschäftsmodells bei Horváth & Partners37 ist März 2011 bis März 2012 (vgl. Anhang 40). Die Interviewpartner waren jene Vorstände38, die direkt an der Überarbeitung des Geschäftsmodells beteiligt waren, sowie weitere ausgewählte Personen, die Informationen im Rahmen des Prozesses zur Verfügung stellten (vgl. Anhang 42 und Kap. 4.1.3 zur Auswahl der Interviewpartner). Die Vorstände geben eine durchschnittliche Erfahrung von 13,5 Jahren in der Geschäftsmodellgestaltung an. Das Unternehmen hat keinen eigenen Strategiebereich und nutzte auch keine externe Unterstützung zur Begleitung des Prozesses (vgl. Anhang 40). Die Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung stufen die Interviewpartner mehrheitlich auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr gering“ bis „sehr hoch“ mit „eher hoch“ ein. Die Auswertung der Zufriedenheit zeigt ein gemischtes Bild. Die direkt an der Geschäftsmodellgestaltung beteiligten Personen geben ihre Zufriedenheit auf einer fünfstufigen Ordinalskala (Likert-Skala) von „sehr unzufrieden“ bis „sehr zufrieden“ eher einheitlich mit „eher zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ an. Weitere indirekt beteiligte Personen haben entweder keine Angabe gemacht bzw. gaben „eher unzufrieden“ an (vgl. Anhang 41). Activity-System (Dimension A im Bezugsrahmen) Die übergreifende Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung war durch den Vorstandswechsel geprägt. Aus dem Wunsch des neuen Vorstands, Akzente zu setzen, leiteten sich die Ziele ab, neue Wachstumsimpulse zu generieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dafür sollte das bestehende Geschäftsmodell kritisch durchleuchtet und marktorientiert weiterentwickelt werden. Im Einzelnen sollten bekannte Handlungsbedarfe und Schwächen adressiert, potenzielle Bedrohungen für das Geschäftsmodell identifiziert und Reaktionen eingeleitet sowie einzelne Komponenten (bspw. Alleinstellungs- bzw. Differenzierungsmerkmal, Produktportfolio, Zielmärkte, Mitarbeiter) des Geschäftsmodells weiterentwickelt und verbessert werden (vgl. Anhang 46 E-I4). Die beschriebene Zielsetzung wurde gemeinschaftlich durch den Vorstand vor dem Projekt festgelegt und unter den direkt Beteiligten kommuniziert. Als Grundlage der Zielsetzung kann ein gemeinsam geteiltes Verständnis eines Geschäftsmodells beschrieben werden. Demnach ist ein Geschäftsmodell eine Beschreibung und Festlegung von Elementen in unterschiedlichen Komponenten eines Unternehmens. Zu diesen Komponenten gehören bspw. Kunden, Produkte, Nutzenversprechen, Vertriebswege, Vertriebskanäle, Regionen, Alleinstellungsmerkmale, Architektur der Wertschöpfung sowie das Umsatz- und Gewinnmodell. Das Modell be37 38

Für weitere Details zum Unternehmen vgl. Anhang 40. Die interviewten Vorstände wurden im Juni/Juli 2011 neu gewählt. Auch wenn ihre Amtszeit offiziell erst im Januar 2012 begonnen hat, waren sie als designierte Vorstände ab diesem Zeitpunkt die treibende Kraft in der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells.

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

schreibt die Leistung, d. h. Produkte und/oder Dienstleistungen eines Unternehmens in einem Markt, und dient dazu, wettbewerbsfähig und finanziell erfolgreich zu sein. Zudem sei das Geschäftsmodell eine abstrakte Darstellung des Unternehmens, die das Zusammenwirken der Elemente (individuell ausgestaltete Komponenten) beschreibt (vgl. Anhang 46 E-I1). Der Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive wird darin gesehen, dass sie ein stärkeres Bewusstsein für die wesentlichen Hebel schaffe, mit denen ein Unternehmen agiere und die es zu gestalten gelte. Dabei gehe die Perspektive über die klassischen Strategieelemente Produkt, Markt und Kunden hinaus und beschreibe auch die nachgelagerten Elemente, die notwendig sind, um erfolgreich zu sein. Anhand dieser Elemente könnten die Auswirkungen von Bedrohungen und externen Veränderungen auf das Unternehmen analysiert werden. Die Geschäftsmodellperspektive stellt nach Angabe der Interviewpartner sicher, dass man über alle relevanten Komponenten im Strategieprozess spricht und auch das Geschäftsmodell selbst hinterfragt. Das Geschäftsmodell sei Teil einer Strategie und stelle die Grundsatzentscheidungen (Entscheidung für oder gegen ein Element) dar; spräche man nur über die Strategie, unterstelle man implizit, dass das bestehende Geschäftsmodell weiterhin gültig sei. Außerdem biete diese Perspektive auch die Möglichkeit, an Geschäftsmodellinnovationen zu arbeiten (vgl. Anhang 46 E-I2). Es werden keine Nachteile werden mit der Perspektive verbunden. Ein Interviewpartner gab an, dass die Geschäftsmodellgestaltung im schlimmsten Fall eine „Zeitverschwendung“ wäre, wenn man keine neuen Ideen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells entdecke (vgl. Anhang 46 E-I3). Mediation/administrative Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Für ein besseres Verständnis der Vorgehensweise bei der Überarbeitung des Geschäftsmodells werden einige Hintergründe zu den Auslösern und Ausgangsbedingungen erörtert, die in Teilen auch außerhalb des fokussierten Zeitraums liegen. Hierbei gilt es zu verstehen, wer mit welchem Hintergrund an der Geschäftsmodellgestaltung beteiligt war und welche Informationen zu welchem Zeitpunkt bereits zur Verfügung standen. Horváth & Partners ist ein partnergeführtes Unternehmen, d. h. die Partner sind sowohl die oberste Führungsebene als auch Eigentümer des Unternehmens. Vor 2011 haben sich der Vorstand und die Partner kontinuierlich mit einzelnen Komponenten des Geschäftsmodells beschäftigt und diese in Form von Programmen weiterentwickelt (bspw. Wachstums- und Effizienzprogramm „Diamond“ bis ins Frühjahr 2011). Ferner wurde zuletzt im Jahr 2010 die Strategy Map, d. h. die strategischen Ziele des Unternehmens, überarbeitet. Bereits im Jahr 2008 wurde festgelegt, dass mit Blick auf die im Jahr 2011 anstehenden Vorstandswahlen zunächst die strategische Ausrichtung und die Führungsorganisation des Unternehmens überprüft werden sollten. Zu diesem Zweck wurde Ende 2010 ein Zeit- und Ablaufplan bis zum formalen Amtsantritt des neuen Vorstands im Januar 2012 erstellt. Zwischen Herbst 2010 und Frühjahr 2011 wurde diesem Plan folgend ein Strategie-Review durchgeführt. Hierfür wurden externe und

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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interne Analysen, bspw. Markt- und Umfeld-, Stärken- und Schwächen-Analysen, durchgeführt und Handlungs- bzw. Verbesserungsbedarfe sowie Zukunftsthemen identifiziert. Außerdem wurden Wachstumsszenarien und eine Geschäftsmodellanalyse im Partnerkreis diskutiert. Bei dieser Strategieüberarbeitung und Geschäftsmodellanalyse orientierte man sich am 7-K Prinzip. Die Ergebnisse dieses Prozesses wurden den Partnern zu Beginn des Jahres 2011 vorgestellt. Auf dieser Grundlage wurde die Führungsorganisation insbesondere hinsichtlich der Größe des neuen Vorstands festgelegt, sodass im Juni 2011 die Vorstandswahl durch die Partner stattfinden konnte. Von den vier Vorstandsposten mussten zwei neu besetzt werden; zwei Personen wurden als Vorstände wiedergewählt. Nachdem der Aufsichtsrat die Wahl bestätigt hatte, konnte in einer neuen Personenkonstellation ab Juli 2011 die Strategiediskussion weitergeführt werden. Bereits im September 2011 sollten auf einer Firmenveranstaltung mit allen Mitarbeitern der neue Vorstand vorgestellt und die strategische Neuausrichtung durch den neuen Vorstand kommuniziert werden. Die festen Termine der Vorstandswahl, der Partnertreffen, der Aufsichtsratssitzungen und der Firmenveranstaltung hatten starken Einfluss auf die Arbeitsweise, sodass kein klarer Strategieprozess nach einem festen Ablaufplan entwickelt wurde. Aufgrund des hohen Zeitdrucks zwischen Juli und September 2011 wurde kein Zeit-/Projektplan für die Weiterführung der Strategie- und Geschäftsmodelldiskussion festgelegt. Vielmehr wurden, initiiert und gesteuert durch den zukünftigen Sprecher des Vorstands, die Mitglieder des neuen Vorstandgremiums gebeten, ihre Vorschläge für Handlungsschwerpunkte, Topthemen und -maßnahmen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zu nennen. Hierfür nutzte jeder Vorstand ihm bekannte Ergebnisse von strategischen Analysen sowie seine Erfahrung und Intuition. Zudem gaben einzelne Vorstände an, dass sie sich bereits im Vorfeld, mit Blick auf die Vorstandswahl, mit Vorschlägen zu strategischen Schwerpunktthemen beschäftigt hätten. Im Rahmen einer ersten Vorstandssitzung in der neuen Personalkonstellation wurden diese Themen zusammengetragen, ergänzt, priorisiert und nach Zuständigkeiten in die Verantwortung einzelner Vorstände übergeben. Diese haben ihre Themen unter dem Leitthema der Entwicklung einer „Client-focused Company“ nach der Vorstandssitzung ausgearbeitet. Die Ausarbeitung erfolgte geheim mit zahlreichen bilateralen Abstimmungen zwischen den Vorständen. Die Themen wurden in einer weiteren Vorstandssitzung zusammengeführt, um sie den Mitarbeitern präsentieren zu können. Ein Entwurf der Inhalte des Programms „Client-focused Company“ wurde zuvor den Partnern und dem Aufsichtsrat zur Validierung, Ergänzung und Abnahme vorgestellt. Nach der Präsentation auf dem Camp 2011 wurden die einzelnen Themen des Programms in eine dezentrale Ausarbeitung übergeben. Damit einhergehend wurden die Fachbereiche (bspw. HR, IT, Controlling) in die konzeptionelle Konkretisierung der Programme eingebunden. Fortschritte wurden 14-täglich in Vorstandssitzungen überprüft. Gleichzeitig wurde sichergestellt, dass die dezentrale Ausarbeitung weiterhin in das Gesamtbild des Programms passte. Im Rahmen einer weiteren Firmenveranstaltung im April 2012 wurde der Umsetzungsstand des Programms den Mitarbeitern präsentiert. Das Vorgehen ist in Abb. 4.8 zusammenfassend beschrieben.

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Phasen

Die Beteiligten geben an, dass das Vorgehen nicht ihrer Vorstellung eines Idealprozesses entsprochen habe. So wurden bspw. keine Vision, Strategy Map/strategischen Ziele oder Kennzahlen erarbeitet. Aus der Geschäftsmodelldiskussion erfolgte der direkte Übergang in das Maßnahmenprogramm.

Initialisierung Prozess

Bestätigung des neuen Vorstands (offiziell ab Januar 2012)  Individuelle Vorbereitung von Vorschlägen durch jeden einzelnen Vorstand zu:  Handlungsschwerpunkten  Topthemen  Top-Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells

Inhalt



Weiterentwicklung des Geschäftsmodells

Strategische Analyse

Rückgriff auf existierende strategische Analysen (Beispiele)  Externe Analysen  Märkte und Marktsegmente  Makroökonomische Entwicklungen  Trends  Wettbewerber  Kunden  Benchmarks  Innovationen  Recruiting-Prozesse  Interne Analysen  Finanzanalysen  Interne Prozesse und Strukturen  Entwicklung von Geschäftsfeldern  Entwicklung von Kunden  SWOT-Analyse  Wachstumsszenarien 







 

Priorisierung und Fest-  legung der wichtigsten Themen Überprüfung und Weiterentwicklung des Geschäftsmodells unter  dem Leitbild einer „Client-focused Company“ entlang der Dimensionen des 7-K Prinzips, bspw.:  Produktportfolio   Positionierung  Zielkunden  Vertriebsprozesse  Humankapital Ausarbeitung der Themen durch einzelne Vorstandsmitglieder und Überset zung in Projekte Zusammenführung der Ergebnisse durch Vorstand Abstimmung der Inhalte mit Partnern und Aufsichtsrat

Kommunikation und Initialisierung Konkretisierung

Umsetzung und Status-Reporting

Kommunikation des „Client-  Präsentation des focused Company“-ProStatus der einzelnen gramms an die Mitarbeiter Maßnahmen auf einer im Rahmen einer PräsenFirmenveranstaltung tation auf einer Firmenverim April 2012 anstaltung („Camp 2011“) („University 2012“) Weiterführung der Kommu-  Weiterführung nikation über interne MaUmsetzung nagement-Newsletter an Mitarbeiter zu konkretisierten Inhalten des Programms Weiterführung der konzeptionellen Ausarbeitung der einzelnen Bestandteile des Programms unter Einbindung von Partnern und Fachbereichen; Übergabe in dezentrale Verantwortung Sicherung des Gesamtbildes und Projektfortschritts durch den Vorstand

Abbildung 4.8: Überblick über die Vorgehensweise und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Horváth & Partners) Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 E-I7, E-I15, E-Präsentationen 2-6.

Für die Überarbeitung des Geschäftsmodells standen bereits diverse Informationen aus den geschilderten vorangegangen Aktivitäten zur Verfügung und sind in den Prozess eingeflossen. Für die Festlegung der Handlungsbedarfe wurden keine neuen Analysen durchgeführt und Informationen zusammengetragen. Aufgrund des Zeitdrucks erschien den Beteiligten eine strukturierte, strategische Analyse nicht möglich. Als Informationen zum Markt- und Wettbewerbsumfeld standen Analysen zu Märkten und Marktsegmenten hinsichtlich makroökonomischer Entwicklungen, Preisen, Wachstumsmöglichkeiten, Trends, Wettbewerbern, Positionierungen der Wettbewerber, Marktvolumina, Kunden und regionalen Märkten zur Verfügung. Es existierten auch Benchmarks zu Wettbewerbern in Bezug auf Innovationsschwerpunkte, Recruiting-Prozesse und finanzielle Daten. Zu internen Faktoren lagen Analysen zu internen Prozessen und Strukturen sowie der Entwicklung von Geschäftsfeldern und der Entwicklung von Kunden vor, außerdem ausführliche Finanzanalysen aus dem Standardberichtswesen, eine SWOT-Analyse und Wachstumsszenarien aus dem vorangegangen Strategie-Review. Als Datengrundlage wurden interne Experteneinschätzungen aus den Fachbereichen und Daten aus dem Standardreporting genutzt. Als externe Quellen wurden Internet-

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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recherchen, Studien, Benchmarks und Experteneinschätzungen zu ausgewählten Themengebieten (bspw. HR, Marketing) sowie Kundeninterviews genutzt. Darstellung und Art der Informationen entsprechen in vielen Bereichen den Inhalten von Strategieinstrumenten (bspw. SWOT-Analyse, Benchmarks, Trendanalysen, Marktanalysen), sodass deren implizite Verwendung festgestellt werden kann (vgl. Anhang 46 E-I8). Bei der Geschäftsmodellgestaltung wurde ausschließlich am zukünftigen Geschäftsmodell gearbeitet. Die angestrebten Veränderungen wurden in Form des „Clientfocused Company“-Programms beschrieben. Die Beteiligten geben an, dass die Formulierung des bestehenden Geschäftsmodells nicht vorgenommen wurde, da man davon ausgegangen sei, diesbezüglich Konsens im Führungskreis zu haben (vgl. Anhang 46 E-I9). Zur Veränderung des Geschäftsmodells wurden Entscheidungen zu einzelnen Elementen des Modells getroffen, bspw. in den Komponenten Positionierung, Marke bzw. Markenauftritt, Zielkunden, Zielländer, Leistungsportfolio, Vertriebswege und Vertriebsansatz, interne Prozesse, Aufbau- und Ablauforganisation sowie Vergütungssystem. Die entschiedenen Maßnahmen zielen darauf ab, das Geschäftsmodell in den jeweiligen Komponenten zu verändern (vgl. Anhang 46 E-I10). Im Rahmen der Entscheidungsfindung wurden auch Wechselwirkungen von Elementen im Geschäftsmodell diskutiert und die wesentlichen entschieden. Dies war aus Sicht der Beteiligten zwingend erforderlich, da eine Festlegung zu einem Element zum Ausschluss oder einer geringeren Priorisierung einer Alternative führen konnte. In Summe galt es, ein Optimum zu finden. Im Führungskreis wurden Wechselwirkungen intensiv diskutiert. Dabei fand keine analytische, systematische Betrachtung der Wechselwirkungen statt, die Beteiligten folgten in der Auswahl der Wechselwirkungen ihrer Intuition und Erfahrung. Als Konsequenz geben einige der Beteiligten an, dass unklar geblieben sei, ob wirklich alle relevanten Wechselwirkungen betrachtet wurden. Ein Interviewpartner war dagegen davon überzeugt, dass keine wesentlichen Wechselwirkungen vergessen wurden. Als Beispiele für Wechselwirkungen wurden genannt:  Positionierung, Branding bzw. Markenauftritt, Leistungsportfolio und Aufbau-Orga-

nisation;  Positionierung, Zielmärkte und Umsatzpotenzial;  Vertrieb, Account Management und Marketingansatz;  Account Management und Vertriebsprozesse bzw. -ansatz;  Leistungstiefe, Zielmärkte und Umsatzpotenzial (vgl. Anhang 46 E-I11).

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die Interviewpartner beschreiben die Vorgehensweise uneinheitlich: Teilweise wird von einer eher analytische Vorgehensweise berichtet, teilweise von einer eher intuitiven. Aspekte, die eher ein analytisches Vorgehen unterstützt haben, waren die Orientierung am 7-K Prinzip, die Orientierung an einer Agenda in den Vorstandssitzungen und -workshops, die strukturierte Bearbeitung der Themen und die Nutzung der bestehenden strategischen Analysen. Intuitive Elemente waren die Festlegung der relevanten Handlungsbedarfe, die Entscheidungen zu den Inhalten des Geschäftsmodells und die dabei wenig methodengestützte Vorgehensweise (vgl. Anhang 46 E-I12). Mehrheitlich beschreiben die Beteiligten den Prozess als systematisch, wenngleich ein Interviewpartner das Vorgehen als eher unsystematisch beurteilt. Systematische Elemente waren die strukturierte Vorgehensweise sowie die Orientierung an und Einhaltung von festen Terminen im Prozess. Als Argumente für ein eher unsystematisches Vorgehen werden angeführt, dass die Themen vermutlich nicht vollständig seien und nur intuitiv festgelegt worden seien. Zudem seien Schritte eines typischen Strategieprozesses übersprungen worden (vgl. Anhang 46 E-I13). Das Vorgehen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells wird dennoch einstimmig als integrierter Bestandteil eines Strategieprozesses gesehen. Als Gründe für die Betrachtung des Geschäftsmodells im Strategieprozess werden angeführt, dass ein grundsätzlich funktionierendes Geschäftsmodell nicht in einem gesonderten Projekt betrachtet werden müsse. Zudem wird eine geschäftsmodellbasierte Strategieentwicklung in einem komplexen und kompetitiven Markt als zwingend notwendig erachtet. Durch die Integration in den Strategieprozess können Veränderungen am Geschäftsmodell über eine Konkretisierung bspw. in Form von Maßnahmen verankert werden. Ohne diese Umsetzungsorientierung blieben die angestrebten Veränderungen wirkungslos. Zudem sei das Geschäftsmodell Teil der Strategie, sodass es auch im Strategieprozess diskutiert werden müsse (vgl. Anhang 46 E-14). Als Weiterentwicklungspotenziale für das Vorgehen werden die Erhöhung der Transparenz des Strategieprozesses im Unternehmen, eine Optimierung der Einbindung der Mitarbeiter sowie eine kontinuierlichere Strategiearbeit genannt. Weiterhin besteht der Wunsch, zukünftig deutlich systematischer und gründlicher vorzugehen und noch unklare Elemente des Geschäftsmodells zu bearbeiten. Für die Umsetzung besteht eine Herausforderung in einer kontinuierlichen Priorisierung der Ressourcen, um auf der einen Seite das Unternehmen „voranzutreiben“ und gleichzeitig die Organisation mit der Vielzahl von Veränderungsprojekten nicht zu überlasten. Ein Interviewpartner gab an, dass er keinen Weiterentwicklungsbedarf sehe (vgl. Anhang 46 E-I16). Mediation/diskursive Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Als Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung wurde das 7-K Prinzip verwendet. Anhand dieses Prinzips werden die wesentlichen strategischen Grundsatzentscheidungen definiert und in eine konsistente Logik zusammengesetzt. In seinem Mittelpunkt steht der strategische Kern, der sämtliche Basisentscheidungen eines Unternehmens wie Produkte bzw. Leistungen, Zielkunden und Zielländer umfasst. Um diese Entschei-

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4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

dungen sind alle weiteren Geschäftsmodellkomponenten angeordnet. Die grafische Darstellung macht deutlich, dass die Elemente mit dem strategischen Kern und auch untereinander wechselwirken. Die weiteren Komponenten des 7-K Prinzips sind die Kundenwahrnehmung, die Kundenschnittstelle, die Wertkette, die Nutzung von Kooperationen, Konzepte für die Zukunft und das Humankapital. Die einzelnen Komponenten ergeben das Geschäftsmodell, das mittels 7-K Prinzips strukturiert bearbeitet werden kann (vgl. Anhang 46 E-I17 und Abb. 4.9). Kundenwahrnehmung Kundenschnittstelle

Humankapital

Strategischer Kern

Wertkette

Konzepte für die Zukunft Kooperationspartner Kosten

Wirtschaftlichkeit

Umsätze

Abbildung 4.9: 7-K Prinzip von Horváth & Partners Quelle: Vgl. Anhang 46 E-I17, E-Präsentationen 7.

Das Instrument wurde als Strukturierungslogik genutzt: in Workshops mit sowohl dem Vorstand als auch den Partnern, allgemein in Strategiediskussionen, zur Identifikation der Handlungsbedarfe, in der Kommunikation der wesentlichen Veränderungen des Geschäftsmodells an die Mitarbeiter, zur Aufteilung der Themen zwischen den Vorständen und als Orientierung im gesamten Prozess. Als Eigenentwicklung ist das Instrument derart im Unternehmen verankert, dass es nicht nur explizit als Strukturierungshilfe eingesetzt, sondern auch implizit als gedankliches Strukturierungsraster angewendet worden ist (vgl. Anhang 46 E-I18). Der Mehrwert des 7-K Prinzips wurde zunächst in der Sicherstellung der Diskussion aller strategierelevanten Themen gesehen. Die Interviewpartner gaben außerdem die Orientierungsfunktion an, die Vorgabe eines systematischen Wegs zur Geschäftsmodelldiskussion ohne redundante Themendiskussion und damit eine allgemeine Strukturierungsfunktion. Ferner bilde es die primären und sekun-

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

dären Erfolgsfaktoren eines Unternehmens ab und zeige mögliche Wechselwirkungen zwischen den Elementen des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 E-I19). Nachteile des Instruments werden darin gesehen, dass es herausfordernd sei, alle Elemente des Geschäftsmodells auf einer DIN-A4-Seite darzustellen und dass ein enges Festhalten am Instrument dazu führen könne, für das einzelne Unternehmen wenig relevante Komponenten im Detail zu bearbeiten. Zudem suggeriere das Instrument die Vollständigkeit der Komponenten, obwohl auch weitere für ein Unternehmen relevant sein könnten (vgl. Anhang 46 E-I 20). Die Interviewpartner geben an, dass für sie der ausschlaggebende Grund für die Wahl des Instrumentes gewesen sei, dass es eine Eigenentwicklung darstelle, der sie vertrauten und von der sie überzeugt seien (vgl. Anhang 46 E-I21). Der Visualisierung des Geschäftsmodells sowie einzelner Elemente ordnen die Beteiligten mehrheitlich eine große Bedeutung zu, auch wenn ein Interviewpartner keine große Bedeutung für den beschriebenen Prozess darin sieht (vgl. Anhang 46 E-I22). Als Visualisierungsform wurde erstens eine grafische Darstellung der Veränderungen einzelner Elemente des Geschäftsmodells und zweitens eine zusammenfassende, einseitige PowerPoint-Darstellung der wesentlichen Geschäftsmodellveränderungen sowie deren ausformulierte Beschreibung (beides strukturiert nach den Komponenten des 7-K Prinzips) genutzt. Erstere wurde für die Kommunikation an die Mitarbeiter im Rahmen von zwei Firmenveranstaltungen im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 genutzt. Gleichzeitig war sie Diskussionsgrundlage für die Erarbeitungs- und Entwicklungsphase des Geschäftsmodells im Vorstand und für den Diskussionsprozess mit den Partnern. Anhand der Darstellung wurde auch der Umsetzungsstand der Veränderungsmaßnahmen verdeutlicht. Die zweite Grafik wurde nur im Rahmen der Präsentation vor den Mitarbeitern eingesetzt. Die Beschreibung des Geschäftsmodells wurde in einem Management-Newsletter an die Mitarbeiter verwendet. Es wurde weder zum bestehenden Geschäftsmodell noch für das zukünftige Geschäftsmodell eine Darstellung des Geschäftsmodells und seiner Funktionslogik auf einer Seite erstellt (vgl. Anhang 46 EI23). Den Mehrwert der Visualisierung sehen die Befragten darin, Gedanken kommunikationsfähig darzustellen und dadurch das Verständnis zu erleichtern. Gleichzeitig habe die Visualisierung dabei geholfen, die eigenen Gedanken auf das Wesentliche zu fokussieren und Zusammenhänge zwischen Einzelthemen aufzuzeigen. Sie habe das Werben für die Strategie und damit verbundene Veränderungen unterstützt. Die Beteiligten gehen davon aus, dass sich durch die Visualisierung die Merkfähigkeit für eine Strategie erhöht (vgl. Anhang 46 E-I24). Die Analyse der Nutzung gängiger Strategieinstrumente zeigt, dass die meisten Instrumente zur Strategieentwicklung auch im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eingesetzt werden (vgl. Anhang 43). Die Nutzung von Benchmarking, Kernkompetenzanalyse, Marktanalyse, Portfolioanalyse, Umfeld-/Trendanalyse, SWOTAnalyse, Szenarioanalyse und Wertkettenanalyse wurde bestätigt. Eindeutig nicht genutzt wurde die Industrieanalyse. Erkenntnisse zur Kundenzufriedenheit wurden in

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

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Form ausgewählter Projektbeurteilungen eingesetzt, jedoch existierte bis dato keine strukturierte Kundenzufriedenheitsanalyse. Vorhanden war eine gültige Mission/Vision, die als Orientierung zur Festlegung der Zielmärkte genutzt wurde, jedoch zukünftig überprüft werden sollte. Die Szenarioanalyse wurde bei Finanzsimulationen eingesetzt; es konnte kein Bezug zur Gestaltung einzelner Elemente des Geschäftsmodells hergestellt werden. Insbesondere das Benchmarking wurde für die Gestaltung vieler, die Kernkompetenzanalyse, die Portfolioanalyse und die SWOT-Analyse für die Gestaltung mehrerer und die Marktanalyse, Mission/Vision, Umfeld- bzw. Trendanalysen und die Wertkettenanalysen jeweils nur für die Konzeption einer Komponente genutzt. Übergreifend betrachtet wurde die Gestaltung der Komponenten Aufbau- und Ablauforganisation, HR-Prozesse, Kundenwahrnehmung bzw. Positionierung, Produkt-und Leistungsportfolio, Vertriebsprozesse, Wertschöpfungskette und Zielmärkte durch die Nutzung von Strategieinstrumenten unterstützt (vgl. Anhang 43 und Anhang 46 E-I25 bis E-I35). Mediation/episodische Praktiken (Dimension B im Bezugsrahmen) Für die Arbeit am Geschäftsmodell wurden auch Workshops genutzt. Nach Angabe der Interviewpartner bieten Workshops die Möglichkeit einer Diskussionsplattform, um unterschiedliche Sichten, Erfahrungen, Fähigkeiten, die Kreativität und Marktkenntnisse der Personen einzubringen, um ein Gesamtbild zu erarbeiten. Durch den gemeinsamen Diskussionsprozess könne ein gemeinsam getragenes Ergebnis entstehen und Inhalte abgestimmt werden. Workshops böten ein effizientes und strukturiertes Format. Daneben wurden einzelne Themen vor und nach den Workshops durch Einzelpersonen ausgearbeitet. Insbesondere aufgrund des hohen Zeitdrucks wurden Inhalte bilateral und informell im Rahmen der täglichen Arbeit (bspw. per E-Mail-Kommunikation) zwischen den Vorständen besprochen und abgestimmt (vgl. Anhang 46 E-I37). In der Phase zwischen Juli und September 2011 wurden zwei Vorstands-Workshops durchgeführt. In Summe wurden ca. 3-4 zusätzliche Workshops im Managementteam und in etwa zehn Treffen (mit unterschiedlicher Beteiligung der Vorstände) genutzt. Nach der Präsentation auf der Firmenveranstaltung war die Konkretisierung und Umsetzung des „Clientfocused Company“-Programms Thema jeder Vorstandssitzung bis zum April 2012. Zusätzlich fand ein Vorstands-Workshop im März 2012 statt (vgl. Anhang 46 E-I38). Die beiden Vorstands-Workshops zwischen Juli und September werden im Folgenden näher betrachtet. Zielsetzung war, kontinuierlich an der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zu arbeiten (vgl. Tab. 4.5). Dabei gab es für beide Termine eine Agenda, um die relevanten Themen und Zeitfenster für deren Bearbeitung und Diskussion zu definieren. Zwischen beiden Workshops fand ein Managementteam-Workshop mit den Partnern des Unternehmens zur Diskussion, Änderung und Verfeinerung der Themen statt (vgl. Anhang 46 E-I39). Die Inhalte der Präsentation für die Firmenveranstaltung wurden mit dem Aufsichtsrat besprochen und abgestimmt (vgl. Anhang 46 E-I7).

204

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Workshop I Vorbereitung

 Entwicklung von Vorschlägen zu relevanten Themen und Handlungsschwerpunkten durch die einzelnen Vorstände  Vorbereitung einer Agenda und Workshop-Unterlage durch den designierten Sprecher des Vorstands

Beschreibung Ablauf

 Schaffung eines Gesamtbildes zu den relevanten Themen (Stoßrichtungen) für die Geschäftsmodellveränderung  Ergänzung und Priorisierung der Themen

Workshop II  Ausarbeitung der Themen durch den jeweiligen Vorstand  Zusammenführung der Themen, Vorbereitung einer Agenda und Workshop-Unterlage durch den designierten Sprecher des Vorstands  Zusammenführung der Ergebnisse und Sicherstellung der Konsistenz  Abstimmung einer Präsentation für die Mitarbeiterkommunikation auf der Firmenveranstaltung („Camp 2011“)

 Aufteilung der Themen für die weitere Bearbeitung auf die Vorstände Teilnehmer Tabelle 4.5:

 Aktueller und designierter neuer Vorstand (sechs Personen) Ablauf der Geschäftsmodell-Workshops im Vorstand Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 E-I7, E-I39, E-I40 und E-Präsentation 2.

Die Teilnehmer beschreiben die Vorstands-Workshops als strukturiert, begründet durch eine klare Agenda und vorbereitete Diskussionspunkte. Zu Beginn seien die Workshops eher offen gestaltet gewesen, um Ideen zu generieren und die Themen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zu entwickeln. Jedem Thema sei die benötigte Zeit eingeräumt, auch wenn dafür von der vorher definierte Agenda abgewichen werden musste. Dabei habe die Entwicklung der Ideen einem Methodengerüst gefolgt (bspw. SWOT-Analyse). Je weiter der Prozess fortgeschritten sei, desto strukturierter sei in den Workshops gearbeitet worden (vgl. Anhang 46 E-I41). Die Vorstände geben mehrheitlich an, dass im Rahmen der Workshops eher wenige Ideen entwickelt worden seien; sie seien im Vorfeld entstanden und in den Workshops präsentiert, diskutiert, ergänzt und priorisiert worden. Dabei deuten die Beteiligten an, dass eine offener geführte Diskussion vermutlich mehr Ideen hervorgebracht hätte. Ein Vorstand beschreibt, dass eher viele Ideen, wenngleich wenig Alternativideen (bspw. Varianten für die Ausprägung eines Geschäftsmodellelements), entwickelt worden seien. Ein anderer Vorstand beschreibt, dass in den Workshops die grundlegenden Ideen entwickelt worden und bei der Ausarbeitung der einzelnen Themen viele Detailideen entstanden seien (vgl. Anhang 46 E-I42). In den Workshops wurde das 7-K Prinzip als Instrument zur Geschäftsmodellgestaltung eingesetzt (vgl. Anhang 46 E-I43). So wurden Themen strukturiert, eine methodische Leitlinie gegeben, Zusammenhänge aufgezeigt, die Vollständigkeit der Themen gesichert und ein effizientes Vorgehen ohne Redundanzen und Schleifen ermöglicht. Der Einfluss auf die Zielerreichung der Workshops wurde positiv bewertet (vgl. Anhang 46 E-I44).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

205

Kollektiv (Dimension C im Bezugsrahmen) An der Geschäftsmodellgestaltung war primär der designierte neue Vorstand beteiligt. Der aktuelle Vorstand, die Partner und der Aufsichtsrat waren ebenso involviert. Die Fachbereiche wurden nicht direkt in die Geschäftsmodellgestaltung eingebunden. Sie lieferten Daten und Analysen, ohne den konkreten Bezug zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zu kennen (vgl. Anhang 46 E-I46). Als Anforderungen an die Gruppe wurde formuliert, dass durch den Prozess eine hohe Unterstützung des Geschäftsmodells, sowohl unter den Vorständen als auch den Partnern, erreicht werden sollte. Zudem sollte die Geschäftsmodellgestaltung geheim gehalten werden. Die Partner und Leiter der Business Units waren als Diskussionspartner in Entscheidungen eingebunden. Gleichzeitig traf der Vorstand mit dem Einverständnis der Partner viele Entscheidungen (vgl. Anhang 46 E-I45). Zielorientierte Aktivität (Dimension D im Bezugsrahmen) Die persönlichen Zielsetzungen von Vorstand und den nur indirekt eingebundenen Leitern der Fachbereiche unterscheiden sich deutlich. Für den Vorstand stehen die Zukunftssicherung und der Erfolg des Unternehmens an oberster Stelle. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells sollen die richtigen Entscheidungen getroffen und eine stimmige und konsistente Strategie entwickelt werden, um das Wachstum und die Profitabilität des Unternehmens sicherzustellen. Aufgrund der neuen Vorstandskonstellation war es den Beteiligten auch wichtig, als Gremium erfolgreich und einheitlich aufzutreten und zu verdeutlichen, dass die neue Strategie von allen Vorständen getragen und unterstützt wird. Gleichzeitig war es den einzelnen Vorständen auch wichtig, ihre Interessen in die Strategieentwicklung einzubringen und sich im neuen Vorstandsgremium zu positionieren (vgl. Anhang 46 E-I47). Da die Fachbereiche nur indirekt in die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eingebunden waren, bestand ihre Zielsetzung darin, die Hintergründe der Datenverwendung bei einer Anfrage zu verstehen, um dadurch eine optimale und valide Datenlieferung mit bestmöglichen Ergebnissen sicherstellen zu können. Ein Vertreter eines Fachbereichs gab die persönliche Zielsetzung an, auch in die Überlegungen des Vorstands miteinbezogen zu werden (vgl. Anhang 46 E-I48). Subjekt (Dimension E im Bezugsrahmen) Die Analyse der Aufgaben und Rollen der Beteiligten zeigt, dass der Vorstand fast alle Aufgaben im Prozess übernommen hat (vgl. Anhang 44). Der Vorstandssprecher übernahm eine treibende Rolle als Initiator, Gestalter, Koordinator und Steuerer des Prozesses. Er war für die ergebnis- und zielorientierte Ausrichtung des Vorgehens verantwortlich und führend in der Entwicklung einer übergreifenden Zielsetzung (vgl. Anhang 46 E-I49 und Anhang 44). Seine Vorstandskollegen unterstützten ihn in der Koordination und Steuerung der Strategie- und Geschäftsmodellentwicklung und

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

übernahmen auch operative Aufgaben. Gemeinsam war das Gremium Moderator im Prozess, koordinierte die Aufbereitung von Informationen, führte strategische Analysen durch, arbeitete Konzepte und Entscheidungsvorlagen aus, bereitete GeschäftsmodellWorkshops vor und dokumentierte diese auch. Gegenüber dem Aufsichtsrat vertrat der Vorstand gemeinsam den Strategie- und Geschäftsmodellvorschlag. Im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung waren alle Vorstände und die Partner gefragt, Ideen einzubringen, diese zu hinterfragen und auf ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen. Das Partnergremium war das formale Gremium, um Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitg war der Vorstand autorisiert, im Namen der Partner eine Vielzahl an Entscheidungen eigenständig zu treffen. Während der Umsetzung im Unternehmen waren primär die Vorstände die Promotoren der Strategie. Sie kommunizierten diese, initiierten die Umsetzung und leiteten Konsequenzen für die Planung ab. Eine besondere Aufgabe hatte der Chief Financial Officer (CFO), der für die Bewertung von Optionen für das Geschäftsmodell verantwortlich war (vgl. Anhang 46 E-I49 und E-I52). Die Partner und Leiter der Geschäftsbereiche waren für die Übersetzung der strategischen Ausrichtung des Gesamtunternehmens in die strategische Ausrichtung ihres Bereichs verantwortlich (vgl. Anhang 46 E-I152). Sie vertraten ihre Geschäftsbereiche, nahmen in Managementteam-Workshops aktiv an der Diskussion des Geschäftsmodells teil, übernahmen Analyseaufgaben im Prozess und unterstützten die Entwicklung von Entscheidungsvorlagen bei der Ausarbeitung einzelner Themen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Die Leiter der Fachbereiche lieferten primär Informationen und Analysen. Bei Bedarf standen sie dem Vorstand als Fachexperten zur Verfügung. Bei der Umsetzung verwirklichen sie die strategische Ausrichtung innerhalb ihrer Fachbereiche (vgl. Anhang 46 E-I53). Der Aufsichtsrat gab die Strategie frei, stand zuvor als Rat- und Ideengeber zur Seite und war ein kritischer Begleiter im Prozess (vgl. Anhang 46 E-I56). Übergreifend lässt sich festhalten, dass der Vorstand eine dominierende Rolle einnahm, indem er den Prozess sowohl auf der Ebene der Gestaltung und Steuerung als auch in der operativen Durchführung selbst übernahm. Zudem war er die initiierende Kraft für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und die Sicherstellung der Umsetzung (vgl. Anhang 44). Bei Betrachtung der Zusammenarbeit zwischen Personengruppen zeigt sich, dass die einzelnen Vorstände jeweils mit den Vorstandskollegen, den Partnern und dem Aufsichtsrat zusammenarbeiteten. Die Aufbereitung von Informationen und Analysen führte der Vorstand mit den Fachbereichen durch. Die Partner und der Aufsichtsrat arbeiteten primär mit dem Vorstand zusammen (vgl. Anhang 46 E-I50). Die Leiter der Fachbereiche unterstützten den Vorstand und die Partner (vgl. Anhang 46 E-I54). Aufgrund ihrer Erfahrungen als Berater nutzen die Vorstände implizit Strategieinstrumente als Strukturierungshilfe bzw. zur Aufbereitung von Informationen. Für die Verfolgung der Umsetzung wurden Projektmanagementinstrumente wie Protokolle und Aufgabenlisten eingesetzt (vgl. Anhang 46 E-I51). Die Leiter der Fachbereiche wendeten keine Strategieinstrumente in der Zusammenarbeit mit dem Vorstand und den Partnern an.

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4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Als Medien wurden Excel und PowerPoint für den Informationsaustausch genutzt. Die Informationen wurden nach eigener Einschätzung selektiert, strukturiert und analysiert (vgl. Anhang 46 E-I55). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd (Dimension F im Bezugsrahmen) Bei der Betrachtung der Entwicklung und Veränderung im Umgang mit Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung beobachteten die Vorstände, dass das 7-K Prinzip über die Jahre inhaltlich an Reife gewonnen hatte. Zudem hatten sie selbst mehr Routine im Umgang mit dem Ansatz entwickelt, sodass sie sich stärker auf die Inhalte konzentrieren konnten. Durch das Verinnerlichen der Grundstruktur und der Komponenten erhöhte sich der intuitive und souveräne Umgang. Zudem schaffte die Methode eine gemeinsame Sprache unter den Beteiligten sowie einen gemeinsamen Aufsatzpunkt im Rahmen der Strategiediskussionen. Die Akzeptanz des 7-K Prinzips führte zu wenig Diskussionen der Methode, wodurch der Prozess effizienter wurde (vgl. Anhang 46 E-I57).

4.2.2 Ergebnisse der fallübergreifenden Analysen In einer fallübergreifenden Betrachtung weisen die Interviewpartner in Summe eine große, mehrjährige Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung auf. Nur zwei Personen haben weniger als vier Jahre Erfahrung und verteilen sich zudem auf zwei unterschiedliche Fallstudien (vgl. Abb. 4.10).

9

4

3 1 1

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1

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1

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Anzahl Jahre an Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung Abbildung 4.10: Verteilung der Interviewpartner nach Jahren an Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Angaben der Interviewpartner 1-28 und 30-33, n=32, davon 4 „keine Angabe“.

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4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die Analyse der Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung innerhalb der Strategiearbeit verdeutlicht, dass die Interviewpartner der Fallstudienunternehmen diese auf einer fünfstufigen Ordinalskala im Durchschnitt zwischen „eher hoch“ bis „sehr hoch“ bewertet haben (vgl. Abb. 4.11). Dieses Ergebnis ist ein Indikator für die Praxisrelevanz der vorliegenden Arbeit. Dagegen sind die Befragten je nach Unternehmenszugehörigkeit unterschiedlich zufrieden mit dem Ergebnis der Gestaltung: Die Vertreter dreier Unternehmen (Ergo Direkt Versicherungen (Fall 2), Erne Fittings (Fall 3) und Fränkische Rohrwerke (Fall 4)) sind eher zufriedener – hier waren externe Unternehmensberatungen involviert –, die beiden anderen (AirPlus International (Fall 1) und Horváth & Partners (Fall 5)) neutral bis eher zufrieden. Diese grundsätzliche Zufriedenheit mit der Vorgehensweise bei der Geschäftsmodellgestaltung ist als positiv für die vorliegende Arbeit zu werten, da auf der Grundlage der identifizierten Muster in der fallübergreifenden Betrachtung ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung entwickelt wird.

Zufriedenheit mit der methodischen Vorgehensweise in der Geschäftsmodellgestaltung

Sehr zufrieden

Unterscheidungen der Fälle

3

Eher zufrieden

42

5 1

Neutral

Strategiebereich/ keine externe Unterstützung Strategiebereich/ externe Unterstützung Kein Strategiebereich/ externe Unterstützung Kein Strategiebereich/ keine externe Unterstützung

Eher unzufrieden

Sehr unzufrieden Sehr gering

Eher gering

Neutral

Eher hoch

Sehr hoch

Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung innerhalb der Strategiearbeit

Abbildung 4.11: Durchschnittliche Zufriedenheit mit und Bedeutung der Geschäftsmodellgestaltung der Fallstudienunternehmen Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Angaben der Interviewpartner 1-28 und 30-33; Zufriedenheit n= 32, davon 2 „keine Angabe“ und Bedeutung n= 32.

Muster beschreiben Gemeinsamkeiten innerhalb einer Gruppe und Unterschiede zwischen Gruppen anhand zu wählender Untersuchungsaspekte (Eisenhardt 1989, S. 540). Beschrieben werden können aber auch Einzelfälle, sofern sich deren Muster deutlich von anderen Mustern abgrenzen lassen bzw. sie einzigartig erscheinen (Ei-

209

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

senhardt 1989, S. 540; Yin 2003, S. 119). Die vergleichende Analyse der Fälle dient der fallübergreifenden Identifikation von Mustern, der Darstellung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen diesen Fällen bzw. Mustern und einer Nutzenbetrachtung des jeweiligen Musters (Johnson et al. 2003, S. 13; Kittel-Wegner und Meyer 2002, S. 22; Yin 2003, S. 50). Dabei erhöht die Anzahl der Beispiele bzw. Fälle für ein Muster dessen Zuverlässigkeit (Eisenhardt 1989, S. 540–541; Yin 2003, S. 116–117). Die Auswahl der Fälle nach der Replikationslogik (vgl. Kap. 4.1) hat sich als robust erwiesen. Es lassen sich insbesondere zwischen den Fällen 1–3, 4 und 5 Unterschiede (Theoretical Replication) erkennen. Die Fälle 2 und 3 (Literal Replication) weisen, übergeordnet betrachtet, viele Gemeinsamkeiten auf (vgl. die Ausführungen in diesem Kapitel). Um die Nachvollziehbarkeit der identifzierten Muster innerhalb der Einzelfallstudien zu vereinfachen, basiert die Reihenfolge (Nummerierung) der Muster auf dem Aufbau der Einzelfallstudien (vgl. Kap. 4.2.2.3 Meta-Muster- und Nutzenanalyse für eine Übersicht der identifizierten Muster). Dieser Logik folgend beschreiben die Muster 1–4 fallübergreifende Beobachtungen zum Activity-System. Diese werden in Kapitel 4.2.2.2 (Muster der Kontextfaktoren) ausgeführt. 4.2.1.2

Muster der Praktiken

Mediation/administrative Praktiken In vier von fünf Fällen wurde zu Beginn der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells die Vorgehensweise festgelegt (Muster 5a) (vgl. Anhang 46 A-I7, B-I7, C-I7, D-I7, D-Präsentation 6 und Tab. 4.6). Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Vorgehensweise 1. Festlegung vor Beginn 2. Flexible Anpassung im Prozess

Ja = Tabelle 4.6:

Einordnung der Vorgehensweise zur Geschäftsmodellgestaltung der Fallbeispiele

39

Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I7, B-I7, B-I40, C-I7, D-I7, D-Präsentation 6, E-I7 und E-I16. 39

Anmerkung: Zeitliche Verschiebungen bzw. Veränderungen wurden nicht als Anpassung der Vorgehensweise betrachtet, sofern diese nicht den Ablauf der Arbeitsschritte (Aktivitäten) verändert haben.

210

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

In zwei Fällen wurde zusätzlich eine Anpassung des Vorgehens während des Prozesses vorgenommen. Dabei wurde das Vorgehen an wichtige aufkommende Themen aus der Diskussion und die Bedürfnisse der Beteiligten, insbesondere des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, angepasst (vgl. Anhang 46 A-I7, B-I7 und B-I40) (Muster 5b)40. Die flexible Vorgehensweise ohne vorherige Planung in Fall 5 soll nicht als eigenes Muster gewählt werden, da die Beteiligten darauf verweisen, dass sie „keinem Idealprozess entspricht“, man sich eine „systematischere Vorgehensweise wünscht“ und das Vorgehen insbesondere auch aufgrund des Zeitdrucks entstanden ist (vgl. Anhang 46 E-I7 und E-I16). Beim Vergleich der in den Einzelfallstudien beschriebenen Vorgehensweisen und der darin enthaltenen Aktivitäten zeigen sich große Ähnlichkeiten (vgl. Tab. 4.7). In einer Initialisierungsphase werden die übergreifende Zielsetzung und die Vorgehensweise festgelegt und kommuniziert (Kombination aus Muster 1 zur Festlegung der übergreifenden Zielsetzung, vgl. Kap. 4.2.2.2 und 5a). Sofern ein externer Unternehmensberater involviert ist, wird dieser zuvor über den aktuellen Kenntnisstand informiert. Diese Vorgehensweise lässt sich in den Fällen 1–4 beobachten (Muster 6). Zusätzlich wurde in Fall 3 eine Strategie- und Geschäftsmodellschulung mit den Prozessbeteiligten durchgeführt. Alle Unternehmen führten eine interne und eine externe strategische Analyse durch bzw. nutzten bestehende Analyseergebnisse und leiteten daraus Herausforderungen bzw. Handlungsfelder ab (Muster 7). In der Phase der Geschäftsmodellgestaltung lassen sich drei in ihrer Intensität unterschiedliche Vorgehensweisen unterscheiden: 1.

Es werden strategische Optionen entwickelt und qualitativ bewertet; die Veränderungen werden dokumentiert (Fall 5).

2.

Es werden strategische Optionen entwickelt, in ein angestrebtes Soll-Geschäftsmodell integriert und qualitativ bewertet; die Veränderungen werden dokumentiert (Fall 1).

3.

Die Beschreibung des Ist-Geschäftsmodells wird aktualisiert und es werden strategische Optionen entwickelt; bei Bedarf wird ein Kreativitätsworkshop für die weitere Ideen-/Optionenentwicklung durchgeführt. Die Optionen werden in ein SollGeschäftsmodell integriert und sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet; die Veränderungen werden dokumentiert41 (Fälle 2–4).

Die Fälle 2–4 weisen die gleichen Arbeitsschritte auf und die Unternehmen gaben eine hohe Zufriedenheit mit der Vorgehensweise an; dies wird als Muster 8a betrachtet. Die anderen Varianten werden als „selektive Wahl von Arbeitsschritten“ zusammengefasst (Muster 8b).

40

41

In den Fallbeschreibungen 3 und 4 lassen sich keine Anhaltspunkte finden, dass eine flexible Anpassung des Vorgehens gewünscht worden wäre (vgl. Anhang 46 C-I7, C-I17, D-I7 und D-I16). In Fall 4 wurde im Prozess 2012/2013 kein Kreativitätsworkshop genutzt, allerdings in dem zuvor durchgeführten Prozess im Jahr 2008.

211

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Inhalte Initialisierung Briefing externer Berater Festlegung/Kommunikation der übergreifenden Zielsetzung Festlegung Vorgehensweise Strategie- und Geschäftsmodellschulung für am Prozess beteiligte Mitarbeiter Strategische Analyse Externe Analyse Interne Analyse Ableitung von Herausforderungen/ Handlungsfeldern Geschäftsmodellgestaltung Aktualisierung Ist-Geschäftsmodellbeschreibung Entwicklung strategischer Optionen Kreativitätsworkshop Integration von Optionen in ein angestrebtes Soll-Geschäftsmodell Qualitative Bewertung Quantitative Bewertung Dokumentation der Veränderungen Konkretisierung Geschäftsmodell Ableitung strategische Stoßrichtungen/Ziele

*

Fall 5

212

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

n/a

n/a

n/a

Inhalte Ableitung Maßnahmen Ableitung Kennzahlen (KPIs42) Ableitung und Priorisierung Investitionen Umsetzung Erstellung Geschäftsmodell- und Strategiedokumentation Kontinuierlicher Abgleich mit Konzernstrategie Kommunikation an die Mitarbeiter Strategisches Controlling *Nicht im Prozess 2012/2012, jedoch im Prozess 2008 Ja = Tabelle 4.7:

n/a = nicht anwendbar

Übersicht über die Vorgehensweisen der Fallbeispiele Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Fallbeschreibungen in Kap. 4.2.1.

Für die nächste Phase der Konkretisierung des Geschäftsmodells kann als überwiegendes Muster 9a die Ableitung von strategischen Stoßrichtungen und Zielen, Maßnahmen, Kennzahlen und Investitionen beschrieben werden (Fälle 1, 3, 4 und in Teilen Fall 2). Dem steht die Fokussierung auf Maßnahmen und eine dazugehörige Investitionspriorisierung in Fall 5 gegenüber (Muster 9b). In der Umsetzungsphase kann als Muster 10 die Erstellung einer Strategiedokumentation, die Kommunikation an die Mitarbeiter und die Durchführung eines kontinuierlichen, strategischen Controllings zur Prüfung des Umsetzungsstandes definiert werden (Fälle 1-5) (vgl. Tab. 4.7). Welche Informationen als Grundlage für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells verwendet wurden, wurde branchen- und unternehmensspezifisch festgelegt (vgl. Tab. 4.8). Die fallübergreifende Analyse zeigt, dass bestimmte Arten von Informationen in allen betrachteten Unternehmen genutzt wurden. Hierzu gehören in der externen Analyse Informationen zu Produkten, Märkten, Wettbewerbern und Kunden, in der internen Analyse Informationen zu Produkten bzw. Leistungen, Kunden, 42

Key Performance Indicators.

213

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Kernkompetenzen, Stärken und Schwächen und Finanzanalysen. Aufgrund der überwiegenden Nutzung werden diese externen und internen Informationen als Muster 11 betrachtet (vgl. Tab 4.8). Fälle Fall 1 Inhalte Externe Analyse Produkte (bspw. Trends, Regulierung, Märkte) Märkte (bspw. Volumina, Trends, Kunden) Technologien (bspw. Entwicklungen) Wettbewerber (bspw. Trends, Benchmarks) Vertriebskanäle (bspw. Entwicklungen) Kunden (bspw. Kundenpräferenzen) Megatrends Makroökonomische Entwicklungen Interne Analyse Produkte/Leistungen (bspw. Umsätze, Margen, Kunden, Positionierung) Kunden (Umsätze, Margen, Trends) Innovationsportfolio Kernkompetenzen Stärken/Schwächen Finanzanalysen (bspw. Kosten, Finanzierungsmöglichkeiten)

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

214

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Inhalte Umsetzungsstände Maßnahmen Vertriebskanäle (bspw. Umsatzentwicklung) Interne Prozesse und Strukturen

Ja = Tabelle 4.8:

Übersicht über die genutzten Informationen als Grundlage der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I8, B-I8, C-I8, D-I8, E-I8; Anhang 19 - B-Präsentation 1, B-Präsentation 3-4; Anhang 27 - C-Präsentation 6, Anhang 34 D-Präsentation 1.

Als Datenquellen werden von allen Unternehmen sowohl interne als auch externe Expertenmeinungen, interne Berichte sowie Informationen aus Studien und Fachmagazinen genutzt (Muster 12) (vgl. Tab. 4.9). Dabei werden Strategieinstrumente zur Analyse, Strukturierung und Aufbereitung der Daten eingesetzt (vgl. Anhang 46 A-I8, C-I8, E-I8; Anhang 34 D-Präsentation 3).

Fälle Fall 1 Datenquelle Experten (intern) Experten (extern) Interne Berichte Internet Studien bzw. Fachliteratur Offizielle Statistiken

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

215

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Datenquelle Datenbanken Kundeninterviews

Ja = Tabelle 4.9:

Übersicht über die genutzten Datenquellen für die Informationsaufbereitung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I8, C-I8, B-I8, D-I8, E-I8; Anhang 34 D-Präsentation 3.

Der Schwerpunkt der Geschäftsmodellarbeit lag in allen Fällen auf dem zukünftigen Geschäftsmodell (vgl. Anhang 46 A-I9, B-I9, C-I9, D-I9, E-I9). Dabei wurde in den Fällen 2–4 zunächst das bestehende Geschäftsmodell beschrieben (vgl. Anhang 46 B-I9, C-I9, D-I9); in den Fällen 1 und 5 wurde es nicht dokumentiert (vgl. Anhang 46 A-I9, E-I9). Daraus ergeben sich die Muster 13a, Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells als Startpunkt und Fokussierung auf das zukünftige Geschäftsmodell, und Muster 13b, reine Fokussierung auf das zukünftige Geschäftsmodell. Die Vertreter des Musters 13a führen an, dass sie die Beschreibung als hilfreich erachten, um alle Beteiligten auf den gleichen Informationsstand zu bringen, ein gemeinsames Verständnis zu den wesentlichen Stellhebeln zu entwickeln, den Umsetzungsstand zu beurteilen und systematisch Chancen und Restriktionen zu analysieren (vgl. Anhang 46 B-I9, C-I9, D-I9). Die Vertreter des Musters 13b führen an, dass die Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells als nicht notwendig eingeschätzt wurde, da man davon ausging, im Führungskreis bestehe Konsens bezüglich des Modells (vgl. Anhang 46 A-I9, E-I9). In allen Fällen wurden im Rahmen der Weiterentwicklung Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells getroffen (vgl. Anhang 46 A-I10, B-I10, C-I10, D-I10, E-I10), weshalb diese Beobachtung zu Muster 14 zusammengefasst wird. Dabei sind die Komponenten, in denen Entscheidungen getroffen wurden, eher unternehmensindividuell. In allen Fällen wurden Entscheidungen zu der Marke, der Markenwahrnehmung bzw. Positionierung, dem Produkt- und Leistungsportfolio, den Zielkunden bzw. -gruppen und den Zielmärkten getroffen (Muster 15) (vgl. Tab. 4.10).

216

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Komponente, in der Entscheidungen getroffen wurden

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Aufbau- und Ablauforganisation Kooperationen Kostenstruktur Logistik Marke, Markenwahrnehmung bzw. Positionierung Marketingansatz Personal/Mitarbeiter/Fähigkeiten Preise Produkt- und Leistungsportfolio Ressourcen Services Technologien Vergütungssystem Vertriebswege bzw. Marktbearbeitung Wertschöpfungskette bzw. -tiefe (auch Fertigungstiefe sowie Eigen- und Fremdfertigung) Zielkunden bzw. -gruppen Zielmärkte Ja = Tabelle 4.10:

Übersicht über die durch Entscheidungen gestalteten Komponenten des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I10, A-I26-A-I37, B-I10, B-I25-B-I36, C-I10, C-I26-C-I36, D-I10, D-I25-D-35, E-I10, E-I25-E-35.

Fall 5

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

217

Als Aspekt in der Entscheidungsfindung zu den Geschäftsmodellelementen wurden in allen Fällen auch Wechselwirkungen zwischen den Elementen diskutiert und entschieden (vgl. Anhang 46 A-I11, B-I11, C-I11, D-I11, E-I11) (Muster 16). Diese Diskussion wurde als notwendig beschrieben (vgl. Anhang 46 A-EI11), da sich die einzelnen Elemente gegenseitig beeinflussen (vgl. Anhang 46 A-I11, C-I11, D-I11, E-I11) und zusammenpassen sollten (vgl. Anhang 46 B-I11) bzw. weil konsistente Einzelentscheidungen in Summe zu einem überlebensfähigen Geschäftsmodell führen (vgl. Anhang 46 C-I11). Die Betrachtung der Interdependenzen führt zu einer impliziten Prüfung der Umsetzbarkeit von Elementen, da Konsequenzen für andere Elemente berücksichtigt werden (vgl. Anhang 46 A-I11). Zudem kann die Entscheidung für ein Element zum Ausschluss oder zu einer niedrigeren Priorisierung einer Alternative führen, weshalb ein Optimum gefunden werden muss (vgl. Anhang 46 E-I11). Dies ist auch für die Investitionspriorisierung wichtig, da bei begrenzten Ressourcen die Entscheidung für ein Element zum Ausschluss eines anderen Elements führen kann (vgl. Anhang 46 C-I11). Die Gestaltung eines Geschäftsmodells ohne Betrachtung der Wechselwirkungen sei nicht zielführend, da gerade darin ein Mehrwert der Geschäftsmodellperspektive liege (vgl. Anhang 46 C-I11). Zur Betrachtung von Wechselwirkugnen bestehen zwei unterschiedliche Ansätze: In der ersten Variante erfolgen Diskussion und die Festlegung wesentlicher Wechselwirkungen ausschließlich auf der Grundlage der Intuition und Erfahrung der Beteiligten (vgl. Anhang 46 D-I11 und E-I11). Dieses Vorgehen beinhaltet keine Systematik und ist mit dem Risiko verbunden, nicht alle Abhängigkeiten zu berücksichtigen (vgl. Anhang 46 E-I11) (Muster 16a). In der zweiten Variante wird die Beschreibung der Wechselwirkungen für eine effiziente Diskussion durch ein Arbeitsteam zunächst vorbereitet. Dabei werden ausgehend von einzelnen Elementen im Modell die Wechselwirkungen auf andere Elemente betrachtet. Die Geschäftsmodellbeschreibung oder das 7-K Prinzip können dabei bspw. als Leitfaden zur Unterstützung genutzt werden. Die vorbereiteten Wechselwirkungen werden dann im Entscheidungsgremium (bspw. Lenkungskreis, Vorstandsworkshop) systematisch und gleichzeitig auf der Grundlage der Intuition der Beteiligten diskutiert und festgelegt (vgl. Anhang 46 A-I11, B-I11, C-I11) (Muster 16b). Die Analyse der einzelnen Fallbeispiele zeigt, dass unternehmensindividuell vielfältige Wechselwirkungen bestehen können (vgl. Anhang 48) und daher kein übergreifendes Muster identifiziert werden kann. Alle Fallstudienunternehmen stufen ihr Vorgehen als ein eher systematisches ein (vgl. Abb. 4.12). Mögliche Elemente zur Erzielung eines systematischen Vorgehens sind klare, vorab festgelegte und/oder strukturierte Vorgehensweisen, das regelmäßige Hinterfragen des Arbeitsstandes und Projektfortschritts anhand der Vorgehensplanung, die Einhaltung fester Termine im Prozess, die systematische Einbindung von Personen im Prozess, die Nutzung eines Instrumentes zur Geschäftsmodellgestaltung, die strukturierte Antizipation von Entwicklungen und die systematische Ableitung von Konsequenzen (vgl. Anhang 46 A-EI13). In Bezug auf die Anteile von Intuition und Analytik ergibt sich fallübergreifend ein uneinheitliches Bild. Einerseits verteilen sich die Fälle 1– 4 auf die drei Kategorien „eher intuitiv“, „intuitiv/analytisch“ und „eher analytisch“, ande-

218

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

rerseits stuften die Interviewpartner in Fall 5 das Vorgehen unterschiedlich anhand der drei Kategorien ein (vgl. Abb. 4.12). Da auch kein Zusammenhang zur Zufriedenheit mit dem Gesamtvorgehen hergestellt werden kann, scheinen grundsätzlich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in Bezug auf die Analytik bzw. Intuition möglich zu sein. Als Elemente zur Förderung der Analytik im Prozess wurden die strategische Analyse in Verbindung mit der Nutzung möglichst vieler Informationen, Daten und Fakten, die Beschreibung der Ausgangslage, die Anwendung von Strategie- bzw. Geschäftsmodellinstrumenten, die strukturierte Vorgehensweise, die Orientierung an einer Agenda in Geschäftsmodell-Workshops, die strukturierte Ausarbeitung von Elementen des Geschäftsmodells, die Darstellung der Ergebnisse, die Diskussionskultur und die Arbeitsweise des Strategiebereichs bzw. der Unternehmensberatung genannt (vgl. Anhang 46 A-I12, B-I12, C-I12, D-I12, E-I12). Als intuitive Elemente wurden erfahrungsgeleitete Experteneinschätzungen, Diskussionskultur und Entscheidungsfindung, die praxisbasierte Identifikation und Priorisierung von Handlungsschwerpunkten, eine wenig methodengestützte Vorgehensweise und die Einschätzung von Risiken sowie die Risikobereitschaft genannt (vgl. Anhang 46 A-I12, B-I12, C-I12, D-I12, E-I12). Aus der Kombination einer systematischen Vorgehensweise mit jeweils einer der drei Varianten „eher intuitiv“, „intuitiv/analytisch“, „eher analytisch“ werden drei Muster abgeleitet: Muster 17a: Dominiert die Intuition, wirkt die Analytik unterstützend (vgl. Anhang 46 BI12). Wenn keine Zahlen, Daten, Fakten verfügbar sind, ersetzt die Intuition im Sinne von Erfahrung, individueller Einschätzung und „gesundem Menschenverstand“ die Analytik. Die Interviewpartner der jeweiligen Fallstudienunternehmen plädieren für diese Vorgehensweise, da aufgrund der Vielzahl zu diskutierender Themen die analytische Vorbereitung aller Themen kaum möglich sei. Zudem beeinflusst die Unternehmensund Führungskultur die Arbeitsweise und kann damit die Nutzung von analytischen Elementen (bspw. Instrumente) einschränken (vgl. Anhang 46 A-I12). Muster 17b: In diesem Fall werden Elemente kombiniert, die entweder die Analytik oder die Intuition fördern. In Fall 2 erläutern einzelne Interviewpartner, dass eine Überbetonung der Analytik die Intuition und Kreativität einschränken könne. Zudem würden intuitive Ansätze (bspw. Experteneinschätzung) genutzt, wenn aus einer analytischen Vorgehensweise kein Mehrwert erwartet werde (vgl. Anhang 46 C-I12). Muster 17c: Dominiert die Analytik, überwiegen die analytischen Elemente, was auch auf die treibende Kraft und Arbeitsweise der Unternehmensberatung zurückgeführt wird (vgl. D-I12).

219

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Fall 2 eher systematisch

1

3

4

5

eher unsystematisch

eher intuitiv

intuitiv/analytisch

eher analytisch

Abbildung 4.12: Einschätzung des Vorgehens durch die Fallstudienunternehmen Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I12-13, B-I12-13, C-I12-13, D-I12-13, E-I12-13.

In allen Fallbeispielen war die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells integraler Bestandteil des Strategieprozesses (vgl. Anhang 46 A-EI14), weshalb die Integration als Muster 18 festgehalten wird. Als Argumente für die Behandlung des Geschäftsmodells innerhalb des Strategieprozesses werden genannt:  Für eine erfolgreiche Umsetzung und nachhaltige Verankerung der angestrebten

Geschäftsmodellveränderungen sind die konkretisierenden Folgeschritte im Strategieprozess (bspw. strategische Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen) notwendig (vgl. Anhang 46 A-I14, B-I14, C-I14, D-I14, E-I14).  Das Geschäftsmodell ist Teil der Strategie (vgl. Anhang 46 E-I14) und seine Ver-

änderungen beschreiben die Strategie (vgl. Anhang 46 A-I14). Dadurch sind die Grenzen zwischen Strategie und Geschäftsmodell fließend; die Strategie baut gleichzeitig auf dem Geschäftsmodell auf. Insgesamt ist die Erzielung eines einzigartigen, konsistenten und differenzierenden Geschäftsmodells Teil einer Strategie (vgl. Anhang 46 C-I14).  Das Geschäftsmodell schafft Klarheit über die zu erreichenden Zielzustände (vgl.

Anhang 46 D-I14). Durch Visualisierung, Schaffung von Transparenz und Unterstützung der Führungskräfte bietet es einen Mehrwert für den Strategieprozess (vgl. Anhang 46 C-I14).

220

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

 Das Geschäftsmodell ist ein langfristiger, verlässlicher, gemeinsam geteilter Orien-

tierungspunkt für alle Unternehmensbereiche für die generelle Ausrichtung und die unterjährige Anpassung von Maßnahmen (vgl. Anhang 46 A-I14). Auf dieser Grundlage können Entscheidungen im Unternehmen fundierter und einfacher getroffen werden (vgl. Anhang 46 C-I14).  Der Strategieprozess bietet eine „strukturelle und mentale Plattform“ zum Führen

von strategischen Diskussionen (vgl. Anhang 46 D-I14).  Das Geschäftsmodell schließt eine „Lücke“ in der Strategiearbeit zwischen einer

Vision/Mission und den strategischen Zielen (vgl. Anhang 46 B-I14).  Geschäftsmodellbasierte Strategieentwicklung ist in einem komplexen und kompe-

titiven Markt notwendig (vgl. Anhang 46 E-I14). Gleichzeitig äußern einzelne Interviewpartner in den Fallbeispielen auch Gründe bzw. Anlässe für eine vom Strategieprozess losgelöste Betrachtung des Geschäftsmodells, auch wenn sie dieses Vorgehen selbst nicht angewendet haben. Außerhalb eines Strategieprozesses könnte man in einem kleineren Kreis das Geschäftsmodell weiterentwickeln und wäre dadurch flexibler im Vorgehen. Dies erleichterte gleichzeitig die Diskussion (vgl. Anhang 46 A-I15, C-I15). Das Geschäftsmodell erhielte in einem eigenen Projekt mehr Aufmerksamkeit (vgl. Anhang 46 A-I15). So könnte bspw. das Geschäftsmodell für die Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes außerhalb eines Strategieprozesses entwickelt werden, auch wenn die Ergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt in den Strategieprozess integriert werden müssten (vgl. Anhang 46 C-I15). Auch die Reaktion auf disruptive Marktentwicklungen, die Überprüfung von Auswirkungen von Ad-hoc-Informationen oder Veränderungen sowie grundsätzliches Hinterfragen des Geschäftsmodells könnten außerhalb eines Strategieprozesses erfolgen (vgl. Anhang 46 A-I15). Denkbar wäre ein eigenes Projekt auch für eine deskriptive Geschäftsmodellbetrachtung, wenn bspw. Investoren, Neu-Eigentümer oder ein neuer Vorstand das Geschäftsmodell und damit verbundene Erfolgsparameter verstehen möchten (vgl. Anhang 46 B-I15). Mediation/diskursive Praktiken Bei der Vorstellung der Einzelfallstudien wurden die jeweils verwendeten Instrumente zur Unterstützung der Geschäftsmodellgestaltung ausführlich erläutert (vgl. Kapitel 4.2.1 zu Einzelfallstudien). Übergreifend betrachtet werden zwei Instrumente in mehreren Fällen eingesetzt: das 7-K Prinzip und die sogenannte Bubble-Darstellung (vgl. Tab. 4.11). Ein Instrument zur Unterstützung der Geschäftsmodellgestaltung wurde In allen Fällen eingesetzt (Muster 19).

221

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Fälle Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Verwendete Instrumente Picture of the Future (Eigenentwicklung auf Basis Business Model Canvas) 7-K Prinzip von Horváth & Partners Bubble-Darstellung

Ja = Tabelle 4.11:

Verwendete Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I18, B-I17, C-I18, D-I17, E-I17.

Während des gesamten Vorgehens wurden Instrumente eingesetzt, um die strategische Analyse zu strukturieren, Handlungsbedarfe zu identifizieren, das Geschäftsmodell zu beschreiben und zu diskutieren, dazu Themen auszuarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Die Instrumente stellten die vollständige Behandlung der zu diskutierenden Themen sicher und trugen zur Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und Begriffsdefinition bei. Die Methoden wurden sowohl zur Unterstützung von Individualarbeit und Arbeitssitzungen zur Vor- und Nachbereitung von Workshops als auch in Workshops selbst angewendet (vgl. Anhang 46 A-I19, B-I18, C-I19, D-I18, E-I18). Während das 7-K Prinzip eher auf der Arbeitsebene im Rahmen der Vor- und Nachbereitung und der Strukturierung von Workshops eingesetzt wurde, war die Bubble-Darstellung auch Gegenstand der Diskussionen im Workshop. Zudem wird die Beschreibung des eigenen Geschäftsmodells mittels Bubble-Darstellung auch zur Kommunikation mit Banken, zur Erläuterung des Geschäftsmodells, zur Strukturierung von Gesprächen und als Grundlage für das Treffen von (operativen) Entscheidungen sowie zur Bewertung des Umsetzungsstandes der Implementierung eingesetzt (vgl. Anhang 46 B-I18, C-I19, D-I18, E-I18). Die Gegenüberstellung der Mehrwerte für die Wahl des jeweiligen Instrumentes (vgl. Anhang 47) verdeutlicht, dass die Instrumente „Picture of the Future“ und „7-K Prinzip“ vor allem zur Strukturierung und Orientierung, zur Sicherung der Vollständigkeit der betrachteten Themen oder Komponenten eines Geschäftsmodells, zur Schaffung einer gemeinsamen Sprache und Begriffsdefinition, zur Betrachtung der primären und sekundären Erfolgsfaktoren und als Marketinginstrument in der Strategiekommunikation eingesetzt wurden. Als hypothetischer Nachteil wurde mehrfach die Verwendung des Instruments als „Dogma“ genannt, also die Anwendung in einer Situation, in der die formalen Aspekte des Ansatzes (bspw. vollständige Beschreibung des Geschäftsmodells) wichtiger als die inhaltlichen werden (vgl. Anhang 47).

222

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die Bubble-Darstellung beschreibt das unternehmensindividuelle Geschäftsmodell und macht die wichtigen Elemente und Hebelwirkungen im Modell transparent (vgl. Anhang 47). Als Mehrwert wird auch die verdichtete, vereinfachte und leicht verständliche Visualisierung des komplexen Sachverhalts „Geschäftsmodell“ empfunden (vgl. Anhang 47). Neben weiteren Mehrwerten und Nachteilen (vgl. Anhang 47) wurden die hier aufgeführten jeweils mehrfach in unterschiedlichen Fallbeispielen genannt. Die Bubble-Darstellung dient als Instrument auch der Visualisierung des Geschäftsmodells, der alle Beteiligten eine hohe Bedeutung zumessen (vgl. Anhang 46 A-I23, B-I22, C-I23, D-I22, E-I22). Bei der Visualisierung kann zwischen dem Aggregationsgrad der Informationen – Darstellung kurz auf einer oder ausführlicher auf mehreren Seiten – und dem inhaltlichen Schwerpunkt – Fokussierung auf das gesamte Geschäftsmodell oder nur auf dessen Veränderungen – unterschieden werden. Als Muster lässt sich für die Darstellung des gesamten Geschäftsmodells die Kombination einer aggregierten, eher grafischen und textlichen Visualisierung mit einer ausführlicheren, eher textlichen Visualisierung erkennen (Muster 20). Die Darstellung der Veränderungen im Geschäftsmodell lässt als Muster die Kombination aus der eher grafischen und textlichen Darstellung auf einer Seite, auf mehreren Seiten sowie die eher textliche Darstellung auf mehreren Seiten erkennen (Muster 21) (vgl. Tab. 4.12). Fälle

Fall 1

Visualisierungsform Soll-Geschäftsmodell Eher grafische und textliche Visualisierung des Geschäftsmodells auf einer Seite (bspw. Bubble-Darstellung) Eher grafische und textliche Visualisierung der einzelnen Komponenten des Geschäftsmodells Eher textliche Visualisierung der Komponenten des Geschäftsmodells anhand von Stichpunkten Nur Veränderungen von Ist- zu Soll-Geschäftsmodell Eher grafische und textliche Visualisierung der Veränderungen im Geschäftsmodell auf einer Seite

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

223

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Visualisierungsform Eher grafische und textliche Visualisierung der Veränderungen der einzelnen Komponenten des Geschäftsmodells Eher textliche Visualisierung der Veränderungen der einzelnen Komponenten des Geschäftsmodells

Ja = Tabelle 4.12:

Visualisierungsformen des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I23-24, B-I23, C-I23, D-I23, E-I23.

Die Visualisierung bietet sowohl in der Phase der Gestaltung als auch in der Phase der Umsetzung Vorteile (vgl. Abb. 4.13). Die am häufigsten genannten Mehrwerte sind die Erleichterung des Verständnisses der Elemente und der Funktionslogik des Geschäftsmodells. Dies beinhaltet auch Zusammenhänge, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten der Elemente. Dieser Vorteil ist sowohl in der Erarbeitungs- als auch in der Kommunikationsphase bei der Erklärung hilfreich. Die Visualisierung zwingt dazu, Inhalte auf das Wesentliche zu reduzieren. Die einfache und kompakte Darstellung des Geschäftsmodells erleichtert es den Mitarbeitern, sich das Geschäftsmodell einzuprägen, und erhöht dadurch dessen Verankerung im Unternehmen (vgl. Abb. 4.13).

224

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Erleichtert Verständnis der Funktionslogik* Hilft, Inhalte „auf den Punkt“ zu bringen Unterstützt, erleichtert Kommunikation Erhöht Merkpotenzial/Verankerung Ermöglicht „schnelles Verständnis“ (der Elemente) Erleichtert „Verkaufen der Strategie“ Erleichtert „Veränderungen“ zu erkennen Bietet Orientierungspunkt im täglichen Arbeiten Stärkt Motivation der Mitarbeiter (Symbolkraft) Unterstützt gemeinsames Verständnis der Inhalte** Erleichtert/stimuliert Diskussionsprozess Hilft, Gedanken kommunikationsfähig darzustellen Erhöht Prozesstabilität/schafft Sicherheit Unterstützt Perspektivwechsel Erhöht die empfundene Wertigkeit der Ergebnisse

1 1 1 1

2

3 3 3 3 3

4 4 4 4

5

* Dazu gehören Zusammenhänge/Wechselwirkungen/Abhängigkeiten ** U. a. durch die Unterstützung der Entstehung einer gemeinsamen Sprache/geteilter Begriffsdefinitionen

Abbildung 4.13: Anzahl Nennungen der genannten Mehrwerte der Visualisierung des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I25, B-I24, C-I25, D-I24, E-I24.

Die fallübergreifende Analyse der gängigen Strategieinstrumente bestätigt die Erkenntnis aus den Einzelfallstudien, dass grundsätzlich alle untersuchten Instrumente auch im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells eingesetzt wurden. Die Ergebnisse aus Benchmarkings, Kernkompetenzanalysen, Kundenzufriedenheitsanalysen, Marktanalysen, Mission/Vision, Portfolioanalysen und Szenarioanalysen wurden in allen Fällen genutzt, die Erkenntnisse von SWOT-Analysen, Umfeld- bzw. Trendanalysen und Wertkettenanalysen in vier von fünf Fällen. Am seltensten wurde die Industrieanalyse eingesetzt, allerdings immer noch in drei Fällen (vgl. Tab. 4.13). Übergreifend betrachtet zeigen die Einzelaussagen zur Nutzung der Instrumente ein leicht anderes Bild. Durch die Bildung eines Indexes aus Aussagen einer bestätigten Nutzung „ja“ und der Verneinung der Nutzung „nein“ (bspw. 4 Mal „ja“ / 2 Mal „nein“ = 2,0) kann eine Tendenzaussage zur Nutzungsintensität formuliert werden. So zeigt sich, dass relativ viele Personen mit Marktanalysen, Benchmarking, Portfolioanalysen und auch der SWOT-Analyse in Berührung gekommen sind. Mit abnehmender Intensität wurden die Kernkompetenzanalyse, die Umfeld- bzw. Trendanalyse, die Mission/Vision, die Kundenzufriedenheitsanalyse und die Szenarioanalyse durch Einzelpersonen genutzt. Für die Wertkettenanalyse und die Industrieanalyse fällt der Index unter 1,0; damit gibt es zur Nutzung weniger bestätigende Aussagen als verneinende.

225

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Daraus kann gefolgert werden, dass diese Analysen nur von wenigen Personen genutzt wurden (vgl. Tab. 4.13). Zusammenfassend wird der Einsatz der untersuchten gängigen Strategieinstrumente zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells als Muster 22 formuliert. Bei der übergreifenden Analyse der gestalteten Komponenten fällt auf, dass Erkenntnisse aus Benchmarkings und SWOT-Analysen für die Gestaltung vieler Komponenten genutzt werden. Gleichzeitig werden diverse Strategieinstrumente zur Gestaltung der Value Proposition bzw. des Produkt- bzw. Leistungsportfolios sowie der Prozesse und der Wertkette genutzt.43 Die Kombination der beiden Erkenntnisse, d. h. Nutzung von Benchmarking und SWOT-Analyse sowie diverser Instrumente zur Gestaltung der Value Proposition, wird daher als Muster 23 formuliert (vgl. Tab. 4.14). Ranking nach Nutzung in Fallbeispiel (ja/nein)

Ranking nach Einzelaussagen zur Nutzung Index (ja/nein)

Benchmarking

5/0

Marktanalyse

26,0 (26/0)

Kernkompetenzanalyse

5/0

Benchmarking

8,3 (25/3)

Kundenzufriedenheitsanalyse

5/0

Portfolioanalyse

5,0 (20/4)

Marktanalyse

5/0

SWOT-Analyse

5,0 (20/6)

Mission/Vision

5/0

Kernkompetenzanalyse

3,3 (17/7)

Portfolioanalyse

5/0

Umfeld-/Trendanalyse

3,0 (18/8)

Szenarioanalyse

5/0

Mission/Vision

2,4 (15/7)

SWOT-Analyse

4/1

Kundenzufriedenheitsanalyse

2,3 (20/4)

Umfeld-/Trendanalyse

4/1

Szenarioanalyse

2,1 (18/6)

Wertkettenanalyse

4/1

Wertkettenanalyse

0,8 (9/11)

Industrieanalyse (Five-Forces)

3/2

Industrieanalyse (Five-Forces)

0,3 (7/22)

Tabelle 4.13:

Ranking der Nutzung von Strategieinstrumenten nach Anwendung in den Fallbeispielen und Nutzung durch Einzelpersonen Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I26-37, B-I25-36, C-I26-36, D-I25-35, E-I25-35.

43

Grundlage für die Interpretation sind jeweils mehr als drei Nennungen.

226

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 4.14: Überblick zur Nutzung von Strategieinstrumenten in der gestaltung von Geschäftsmodellkomponenten

227

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Mediation/episodische Praktiken Alle Unternehmen der Fallbeispiele haben Workshops zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells genutzt (vgl. Anhang 46 A-I39, B-I38, C-I38, D-I37, E-I37). Dabei sind die am häufigsten genannten Nutzenaspekte der Austausch von unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen über die Interaktion der Teilnehmer, die Diskussion von Themen in einem Gesamtzusammenhang, die Bündelung des Wissens und der Erfahrungen der Teilnehmer sowie der gemeinsame Willensbildungsprozess und die Entstehung eines Konsens. Zudem geben die Beteiligten an, dass Workshops vorbereitet werden könnten, den Teilnehmern Zeit sparten und damit ein effizientes Arbeitsformat für eine Diskussion seien (vgl. Tab. 4.15). Es wurden jeweils zwei (vgl. Anhang 46 CI39-40, D-I38, E-I38) bzw. drei Workshops (vgl. Anhang 46 A-I40-41, B-I39) genutzt. Fälle

Fall 1

Mehrwert

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Austausch von unterschiedlichen Perspektiven, Meinungen (Interaktion) Effizientes Arbeitsformat für Diskussion mit einem Ergebnis Diskussion von Themen im Gesamtzusammenhang Durch die Teilnahme an der Diskussion sind Hintergründe und Annahmen bekannt Workshops können vorbereitet werden, das spart Teilnehmern Zeit Gewohnter Arbeitsrahmen Nährboden für Ideenentwicklung Bündelung von Wissen der Beteiligten und Möglichkeit, Informationen einzuholen Rahmen zur Einbindung der Mitarbeiter und Entstehung eines Konsens Möglichkeit der Moderation durch einen Externen Zeitlicher und gedanklicher Rahmen, um sich vom Tagesgeschäft zu lösen (ohne Störung) Ja = Tabelle 4.15:

Mehrwerte von Workshops Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I39, B-I38, C-I38, D-I37, E-I37.

Fall 5

228

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Als weitere Arbeitsformate im Rahmen der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells wurden Arbeitssitzungen in einem Team (A-I39, B-I40, C-I40, D-Präsentation 3-4, E-I7) und Interviews (beide Formate zur Vorbereitung der Workshops) (vgl. Anhang 46 B-I40, D-Präsentation 3-4) genannt. Vor diesem Hintergrund wird die Nutzung von 2–3 Workshops als Muster 24 formuliert. Den Workshops zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells folgten in den Fällen 1 und 2 weitere Workshops zur Konkretisierung des Geschäftsmodells in Form von strategischen Zielen, Maßnahmen und Kennzahlen (vgl. Anhang 46 A-I16, A-Präsentation 2, B-I7, B-Präsentation 5) (Muster 25a). In den Fallbeispielen 3–5 war die Konkretisierung des Geschäftsmodells in Form von strategischen Zielen, Maßnahmen bzw. Kennzahlen bereits als Element in den Ablauf der Workshops integriert (vgl. Anhang 46 CI39-40, D-I39, D-I40, D-Präsentation 3-4, E-I7, E-I39, E-I40 und E-Präsentation 2) (Muster 25b). In allen Fallstudien wird der Ablauf der bzw. die Vorgehensweise in den Workshops als eher strukturiert eingestuft (vgl. Abb 4.14). Die Interviewpartner in allen Fallbeispielen betonen, dass ausreichend Raum für freie, kontroverse und ergebnisoffene Diskussionen geboten worden sei bzw. diese bei Bedarf spontan ermöglicht worden seien, und beschreiben gleichzeitig die Diskussionen zu Beginn als relativ offener im Vergleich zum weiteren Verlauf (vgl. Anhang 46 A-I43, B-I42, C-I42, D-I41, E-I41). Die Anzahl generierter neuer Ideen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells in den Workshops beurteilen die Fälle 1 und 3–5 eher als gering (vgl. Abb. 4.14).44 Die entwickelten Ideen entstanden im Vorfeld der Workshops und wurden in deren Rahmen präsentiert, diskutiert, ergänzt und priorisiert (vgl. Anhang 46 A-I44, B-I43, C-I43, D-I42, E-I42). Abweichend beurteilen einige Interviewpartner in Fall 2 die Workshops als wesentliche Quelle für die Entwicklung von Ideen (vgl. Anhang 46 B-I43). Zusammenfassend wird die eher strukturierte Gestaltung von GeschäftsmodellWorkshops mit Fokus auf Präsentation, Diskussion, Ergänzung und Priorisierung von bestehenden Ideen als Muster 26 festgehalten.

44

Die Aussagen gelten für die Geschäftsmodell-Workshops. Durchgeführte Kreativitäts-Workshops wurden in der Betrachtung ausgeklammert.

229

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG



1

Fallstudie

2 eher strukturiert

3 4

Einschätzung zum Ablauf/ zur Vorgehensweise im Workshop

5

eher unstrukturiert

eher wenige

eher viele

Einschätzung zur Anzahl generierter neuer Ideen im Workshop

Abbildung 4.14: Einschätzung zum Ablauf der Workshops und der Anzahl generierter neuer Ideen für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I43-44, B-I42-43, C-I42-43, D-I41-42, E-I41-42.

In allen Fallbeispielen wurden Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung, wie das „Picture of the Future“, das „7-K Prinzip“ und/oder die „Bubble-Darstellung“, im Rahmen der Geschäftsmodell-Workshops genutzt (vgl. Anhang 46 A-I45, B-I44, C-I44, D-I43, E-I43). Die Beteiligten beurteilen den Einsatz positiv für die jeweilige Zielsetzung der Workshops, da die Instrumente Themen strukturierten, komplexe Themen in bearbeitbare Arbeitspakete zerlegten, methodische und nachvollziehbare Leitlinien vorgaben, Zusammenhänge und Vernetzungen aufzeigten, die Vollständigkeit und Ausgewogenheit der diskutierten Themen sicherten, Teilnehmer forderten und Inhalte fokussierten. Gleichzeitig unterstützte der Einsatz eine Priorisierung, Klarheit, Verdichtung und Visualisierung der Ergebnisse, ein effizientes Vorgehen und die simultane Dokumentation der Ergebnisse (vgl. Anhang 46 A-I16, B-I45, C-I45, D-I44, E-I44). Der Einsatz von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung in Workshops wird als Muster 27 festgehalten. 4.2.2.2

Muster der Kontextfaktoren

Activity-System In allen Fallbeispielen wurde zu Projektbeginn eine Zielsetzung festgelegt und den Beteiligten kommuniziert (Muster 1) (vgl. Anhang 46 A-I5, B-I5, C-I5, D-I5, E-I5). In allen Fällen legte der Vorstand bzw. die Geschäftsführung die Zielsetzung fest oder war maßgeblich daran beteiligt (Muster 2) (vgl. Tab. 4.16). Weiter konnten an der Entscheidung ein Lenkungskreis, der Strategieleiter, die externe Unternehmensberatung – diese

230

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

drei eher beratend – und/oder der/die Eigentümer des Unternehmens als Personen oder Gruppen beteiligt sein (vgl. Tab. 4.16, Anhang 46 A-I6, B-I6, C-I6, D-I6, E-I6). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Festlegung der Ziele durch Vorstand/Geschäftsführung Lenkungskreis/GeschäftsmodellWorkshopteam

n/a n/a

Strategieleiter

n/a

Externe Unternehmensberater Eigentümer

Ja = Tabelle 4.16:

n/a = nicht anwendbar

An der Festlegung der Zielsetzung der Geschäftsmodellgestaltung beteiligte Personen/Gruppen Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I6, B-I6, C-I6, D-I6, E-I6.

Unter den explizit genannten Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung finden sich unterschiedliche Typen von Zielen. Die erste Zielsetzung ist die marktorientierte Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftsmodells. Hierzu gehört die kritische Hinterfragung des bestehenden Geschäftsmodells und der enthaltenen Elemente vor dem Hintergrund von Veränderungen externer Markt- und Wettbewerbsbedingungen sowie interner Rahmenbedingungen. Die Weiterentwicklung dient der langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs durch bspw. den Ausbau des Alleinstellungsmerkmals, die Generierung von Wachstumsimpulsen oder auch die Sicherung der Profitabilität (vgl. Anhang 46 A-I4, A-I69, B-I4, C-I4, D-I4, E-I4, E-I45). Zweite Zielsetzung ist die Positionierung des Unternehmens innerhalb eines Konzerns (vgl. Anhang 46 B-I4), eine dritte die Erarbeitung einer konkreten, transparenten, Orientierung stiftenden, strategischen Ausrichtung für die Organisation. Die nachvollziehbare Dokumentation dient als Orientierungspunkt bei der Umsetzung von Strategie und Geschäftsmodell für bspw. Mitarbeiter, Führungskräfte und Fachbereiche. Dadurch soll ein gemeinsames Bild zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens entstehen. Durch die Darstellung der Zusammenhänge und über die Ableitung von Maßnahmen und Projekten bei Veränderungsbedarf wird die strategische Ausrichtung konkretisiert (vgl. Anhang 46 A-I4, B-I4, C-I4, D-I4, E-I4, E-I45). Vierte Zielsetzung ist, Führungskräfte und Mitarbeiter zur Unterstützung zu motivieren – durch Einbindung der Mitarbeiter an der Gestaltung

231

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

der Unternehmenszukunft oder auch durch transparente Darstellung des Beitrags jedes einzelnen Mitarbeiters zum Unternehmenserfolg. Diese Zielsetzung trägt somit auch zur Sinnstiftung für den einzelnen Mitarbeiter bei (vgl. Anhang 46 A-I4, A-I69, B-I4, C-I4, D-I4, E-I4, E-I45). Eine fünfte Zielsetzung ist, als neuer Vorstand bzw. neue Geschäftsführung Akzente zu setzen (vgl. Anhang 46 E-I4, E-I45), die sechste ist die methodische Integration der Geschäftsmodellperspektive in den Strategieprozess sofern das Unternehmen bislang noch nicht explizit über das Geschäftsmodell in seinem Strategieprozess gesprochen hat (vgl. Anhang 46 A-I69, C-I4). Die Analyse der fünf Fallbeispiele zeigt, dass sich die Zielsetzungen 1, 3 und 4 als Muster (Muster 3) erkennen lassen. Die Zielsetzung 6 (Integration) ist für jene Fallbeispiele relevant, in denen die Betrachtung des Geschäftsmodells ein neues Element innerhalb des Strategieprozesses ist. Die Zielsetzung 2 (Positionierung im Konzern) ist anwendbar für Unternehmen, die Bestandteil eines Konzerns sind. Die Zielsetzung 5 (Akzente setzen) ist anwendbar, wenn sich ein neues Vorstandsgremium bzw. eine neue Geschäftsführung konstituiert (vgl. Tab. 4.17). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Ziele 1. Marktorientierte Weiterentwicklung des Geschäftsmodells/Zukunftssicherung 2. Positionierung des Unternehmens im Konzern 3. Konkrete, transparente, Orientierung stiftende, strategische Ausrichtung 4. Unterstützung und Motivation 5. Akzente als neuer Vorstand bzw. neue Geschäftsführung setzen 6. Integration der Geschäftsmodellperspektive in den Strategieprozess Ja = Tabelle 4.17:

Übersicht über die explizit genannten Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung in den Fallbeispielen Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I4, A-I69, B-I4, C-I4, D-I4, E-I4, E-I45.

Den individuellen Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung liegt in den Fallbeispielen meist ein einheitliches Geschäftsmodellverständnis zugrunde (Muster 4a). Als konträres Muster wird das eher uneinheitliche Geschäftsmodellverständnis aus Fall 1 er-

232

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

gänzt (Muster 4b). Vor dem Hintergrund der im Prozess verwendeten Instrumente und Vorgehensweisen scheint ein einheitliches Verständnis empfehlenswert, da die Wahl bzw. Ausgestaltung der Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung ansonsten zur Unzufriedenheit bei den Beteiligten führen kann. Ein Indiz hierfür ist die bei eher uneinheitlichem Geschäftsmodellverständnis leicht unterdurchschnittliche Zufriedenheit mit der methodischen Vorgehensweise in Fall 1 (vgl. Tab. 4.18). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Geschäftsmodellverständnis 1. Eher einheitlich 2. Eher uneinheitlich

Ja = Tabelle 4.18:

Einordnung des Geschäftsmodellverständnisses der Fallbeispiele Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I1, B-I1, C-I1, D-I1, E-I1.

Kollektiv In den Fällen 1–3 und 5 ist an der Geschäftsmodellgestaltung der Vorstand bzw. die Geschäftsführung beteiligt. In Fall 4 übernimmt der Bereichsleiter, der eine kaufmännische Gesamtverantwortung für den Geschäftsbereich hat, in weiten Teilen die Aufgaben und Rollen der Geschäftsführung; dabei umfasst die Geschäftsmodellgestaltung jedoch nur einen Geschäftsbereich des Unternehmens. In den Fällen 4 und 5 haben die Unternehmen keinen eigenen Strategiebereich, sodass die Möglichkeit der Beteiligung entfällt. Die Fachbereiche wurden in den Fällen 1, 3 und 4 beteiligt. In Fall 2 wurden die Vertreter der Fachbereiche 2008 im erstmalig durchlaufenen Prozess intensiver eingebunden als im schwerpunktmäßig betrachteten Prozess 2013, der sich für sie auf eine Präsentation zur Hinterfragung des aktuellen Arbeitsstandes beschränkte (vgl. Anhang 46 B-I7). Die Unterstützung einer externen Unternehmensberatung wurde in den Fällen 2–4 in Anspruch genommen. In den Fällen 3 und 5 wurden auch die Vertreter der Eigentümer bzw. der Aufsichtsrat in den Prozess eingebunden; beide Unternehmen befinden sich ausschließlich in Privatbesitz. In Fall 5 ist die Einbindung der Geschäftsbereiche bzw. Partner ein Sonderfall, da die Leiter in Personalunion auch Partner und damit Eigentümer des Unternehmens sind. Als Muster 28a in den Fällen 1–3 lässt sich erkennen, dass der Vorstand, Vertreter der Fachbereiche und der Strategiebereich an der Geschäftsmodellgestaltung beteiligt sind. Zwei dieser drei Fälle nutzen die Unterstützung einer externen Unternehmensberatung. In Fall 1 wurde auch ein externer Unternehmensberater eingesetzt, allerdings in Form eines „Body-Lease“ als Ersatz für einen internen Mitarbeiter im Strategiebereich.

233

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

In den Fällen 1 und 2 befindet sich das Unternehmen nicht in Privatbesitz, ein möglicher Erklärungsansatz für die Nicht-Einbindung der Eigentümer bzw. des Aufsichtsrats. In Fall 4 findet eine Verschiebung wesentlicher Aufgaben von der Geschäftsführung auf den Bereichsleiter statt. Da kein interner Strategiebereich existiert, unterstützt ein externer Berater den Prozess. Diese Konstellation gilt als Muster 28b. In Fall 5 findet die Geschäftsmodellgestaltung im Kern durch einen kleinen Kreis an Personen, den Vorstand, statt. Auch aufgrund der Eigentumsverhältnisse werden die Partner und Bereichsleiter des Unternehmens eingebunden. Wie im Abschnitt zu den Aufgaben und Rollen ersichtlich wird, übernimmt der Vorstand im Prozess die Aufgaben eines Strategiebereichs bzw. eines externen Unternehmensberaters. Daher wird diese Konstellation als Muster 28c beschrieben (vgl. Tab. 4.19). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5

Beteiligte Personen Vorstand/Geschäftsführung Bereichsleiter/Partner Vertreter der Fachbereiche Strategieleiter/Mitarbeiter Strategiebereich Externer Unternehmensberater Vertreter der Eigentümer n/a

Aufsichtsrat

Ja = Tabelle 4.19:

n/a = nicht anwendbar

Beteiligte Personen/-gruppen an der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I48, B-I46, C-I47, D-I40, D-I46, E-I46.

Als Anforderungen an das Kollektiv der Geschäftsmodellgestalter werden die Abdeckung einer ganzheitlichen Perspektive auf das Unternehmen durch Einbindung unterschiedlicher Disziplinen bzw. Vertretung der Fachbereichsperspektiven, die Fähigkeit der ausgewählten Gruppe zum Führen von kontroversen Diskussionen und die Auswahl einer eher kleinen Gruppe an Beteiligten genannt (vgl. Tab. 4.20). Der Anforderungskatalog wird als Muster 29 beschrieben.

234

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Fälle

Fall 1

Fall 2*

Fall 3

Fall 4

Anforderungen an Kollektiv Abdeckung einer ganzheitlichen Perspektive auf das Unternehmen (Involvierung unterschiedlicher Disziplinen)

Fall 5 45

Beteiligung der „klügsten Köpfe“ im Unternehmen Einbindung der „Querdenker“/Fähigkeit, kontroverse Diskussionen zu führen Personen müssen die Umsetzung (d. h. Konsequenzen, Schritte) vorausdenken können

Beteiligte müssen Hintergrundwissen aufbauen

In der Gruppe sollten Konsens und Unterstützung des Geschäftsmodells entstehen 46

Eher kleine Gruppe

Führung des Prozesses (bspw. Projektorganisation) In der Gruppe müssen Entscheidungen getroffen werden können Geheimhaltung der Inhalte während des Diskussionsprozesses

Ja = Tabelle 4.20:

Anforderungen an das Kollektiv der Geschäftsmodellgestalter Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I47, C-I46, D-I45, E-I45; *keine Angaben in Fall 2.

45

46

Da alle Vorstände beteiligt waren, kann implizit von der Vertretung einer ganzheitlichen Perspektive auf das Unternehmen ausgegangen werden (vgl. auch E-I39). Es waren nur wenige Personen in den Prozess involviert (vgl. Anhang 46 E-I46).

235

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Zielorientierte Aktivität Alle Beteiligten in den jeweiligen Fallstudien teilen bei der Erläuterung ihrer persönlichen die übergreifende Zielsetzung zur erfolgreichen inhaltlichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells bzw. der Strategie (vgl. Anhang 46 A-I49-52, B-I47-51, C-I48-51, D-I47-49, E-I47). Daher wird diese inhaltliche Motivation in den folgenden Übersichten nicht noch einmal explizit dargestellt. Vorstände bzw. Geschäftsführer betonen zusätzlich die Zukunftssicherung des Unternehmens und das Treffen der „richtigen“ Entscheidungen (Muster 30) (vgl. Tab. 4.21). Fälle Ziele Vorstand/ Geschäftsführung Zukunftssicherung/Erfolg des Unternehmens (bspw. Wachstum/Profitabilität)

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Richtige Entscheidungen treffen Stimmige(s)/konsistente(s) Strategie bzw. Geschäftsmodell Einheitliches, erfolgreiches Vorstandsgremium darstellen Commitment und Überzeugung der Führungskräfte für die Strategie/das Geschäftsmodell Individuelle Interessen durchsetzen Nachvollziehbare, transparente Zukunftsperspektive aufzeigen Vorantreiben des Unternehmens Kennenlernen des Unternehmens Begeisterung der Mitarbeiter für die Strategie/ das Geschäftsmodell erzeugen

Ja = Tabelle 4.21:

Persönliche Ziele der Vorstände/Geschäftsführer Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I49, B-I47, C-I48, D-I47, E-I47.

Fall 5

236

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Nur in Fall 4 wurde die Zielsetzung eines Bereichsleiters aufgrund der Fallkonstellation erfasst. Dabei betont dieser die nachhaltige Umsetzung der Strategie, um möglichst nah an den Zielvorgaben der Geschäftsführung zu bleiben oder zumindest die Abweichungen im Rahmen der Umsetzung erklären zu können (vgl. Anhang 46 D-148). In der fallübergreifenden Betrachtung formulierten die Leiter der Fachbereiche als vergleichbare Ziele vor allem das Einbringen der eigenen Vorstellung und Perspektive des Fachbereichs in den Prozess (vgl. Tab. 4.22) (Muster 31). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Ziele Leiter Fachbereiche Umsetzungsorientierte Ausarbeitung der Strategie bzw. des Geschäftsmodells Einbringen der eigenen Vorstellungen und Perspektive des Fachbereichs Motivation durch die Beteiligung an der Zukunftsgestaltung des Unternehmens Nutzung möglichst vieler Informationen Formulierung einer anspruchsvollen Zielsetzung Breite Streuung der Ergebnisse (Strategie, Geschäftsmodell) im Unternehmen Optimale, qualitativ hochwertige, belastbare Informationen zur Verfügung stellen Beitrag zur Strategie bzw. zum Geschäfts-modell leisten Priorisierung der Elemente im Geschäftsmodell Transparenz und Meinungsbildung zur zukünftigen Ausrichtung mit den Kollegen Beantwortung strategischer Fragestellungen im Prozess Gemeinsame Ausrichtung auf emotionaler und inhaltlicher Ebene mit den Kollegen

Ja = Tabelle 4.22:

Persönliche Ziele der Leiter der Fachbereiche Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I52, B-I50, C-I50, D-I49, E-I48.

Fall 5

237

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Strategieleiter teilen in der fallübergreifenden Analyse die Zielsetzung zur erfolgreichen Durchführung des Strategieprozesses (vgl. Tab. 4.23). Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4*

Fall 5*

n/a

n/a

n/a

n/a

Positive Positionierung des Bereichs über den Strategieprozess im Unternehmen

n/a

n/a

Initiierung der Umsetzung des angestrebten Geschäftsmodells

n/a

n/a

Ziele Leiter Strategiebereich Schaffung einer mittel- bis langfristigen Orientierungsfunktion der Strategie für die Mitarbeiter 47

Erfolgreichen Strategieprozess durchführen

Ja = Tabelle 4.23:

48

n/a = nicht anwendbar

Persönliche Ziele der Strategieleiter Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I50, B-I48, C-I49; *kein Strategieleiter.

Die Strategieleiter und Mitarbeiter der Strategiebereiche teilen die Ambition, einen erfolgreichen Strategieprozess zu gestalten und durchzuführen (vgl. Tab. 4.23 und 4.24) (Muster 32).

47

48

Die Zielsetzung in Fall 1 wurde durch den Strategieleiter des Unternehmens im Rahmen der Gruppendiskussion bestätigt. Die Zielsetzung in Fall 3 wurde durch den Strategieleiter des Unternehmens im Rahmen der Gruppendiskussion bestätigt.

238

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Fälle

Fall 1

Fall 2

Fall 3*

Fall 4*

Fall 5*

n/a

n/a

n/a

Erfolgreichen Strategieprozess gestalten und durchführen

n/a

n/a

n/a

Lernprozess zur Methodenentwicklung

n/a

n/a

n/a

Ziele Mitarbeiter Strategiebereich Formulierung einer Strategie, die auch in der Umsetzung Bestand hat

Ja = Tabelle 4.24:

n/a = nicht anwendbar

Persönliche Ziele der Mitarbeiter im Strategiebereich Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I51, A-I53, B-I48, C-I49; *kein Strategiebereich/keine Mitarbeiter aus einem Strategiebereich beteiligt.

Der Vergleich der beiden Aussagen zur persönlichen Zielsetzung der externen Unternehmensberater zeigt, dass das Ziel einer erfolgreichen Entwicklung eines Geschäftsmodells, um den Kunden (noch) erfolgreicher zu machen, geteilt wird (vgl. Tab. 4.25) (Muster 33). Fälle

Fall 1*

Fall 2

Fall 3

Fall 4*

Fall 5*

Ziele externe Unternehmensberater Zufriedenheit des Kunden Kommunizierbares, funktionierendes, akzeptiertes Geschäftsmodell als Ergebnis, welches das Unternehmen noch erfolgreicher macht Initiierung der Umsetzung der Strategie/ des Geschäftsmodells

Ja = Tabelle 4.25:

n/a

n/a

n/a

n/a

n/a

n/a

n/a = nicht anwendbar

Persönliche Ziele der externen Unternehmensberater Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 B-I51, C-I51; *kein externer Unternehmensberater involviert bzw. in Fall 4 befragt.

239

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Subjekt

Strategieprozess Initiator/Treiber des Strategieprozesses

3

n/a

Organisator/Gestalter des Prozesses (Vorgehensweise/Methoden)

n/a

Koordination und Steuerung des Prozesses

n/a

Methodenexperte (Instrumente, Prozess)

n/a

Ergebnis- und zielorientierte Ausrichtung des Prozesses

n/a

Bindeglied zwischen Vorstand/Geschäftsführung und Organisation (insbesondere zu erster Führungsebene)

n/a

3

2

3

2

3

2

1

2

3

2

3

1

3

2

Operativ Moderator der Geschäftsmodellentwicklung

n/a

Aufsichtsrat/ Eigentümer

Berater*

Leiter Fachbereich

Strategiebereich (inkl. Strategieleiter)

Aufgabe und Rollen

Bereichsleiter

Personen/-gruppe

Vorstand/ Geschäftsführung

Für die fallübergreifende Analyse der Aufgaben und Rollen sowie die Betrachtung der Zusammenarbeit zwischen Personen/-gruppen werden als Fokus die in Muster 28a (Kollektiv bestehend aus Vorstand bzw. Geschäftsführung, Vertretern der Fachbereiche, der Strategiebereiche und/oder externer Unternehmensberatung) enthaltenen Fälle 1–3 herangezogen, da sich die Personenkonstellation von Muster 28b (Bereichsleiter übernimmt die Rolle des Vorstand bzw. der Geschäftsführung) und 28c (Vorstand übernimmt alle Aufgaben im Prozess) unterscheidet. Hierfür wurden die Aufgaben und Rollen aus den Einzelfallbeschreibungen 1–3 in einer Tabelle konsolidiert (vgl. Tab. 4.26). Die Einzelrollen des Strategieleiters und der Mitarbeiter des Strategiebereichs wurden in der Gruppe „Strategiebereich“ vereint, um die Fälle vergleichen zu können. Die Möglichkeit der Aufgabenverteilung zwischen den Mitarbeitern hängt von der Größe des Strategiebereichs ab (vgl. Tab. 4.26). Für die Aufgaben- und Rollenverteilung sowie die Darstellung der Zusammenarbeit der Muster 28b und 28c wird auf die Einzelfallbeschreibungen 4 bzw. 5 in den Kapiteln 4.2.1.4 und 4.2.1.5 verwiesen. Am Ende dieses Abschnitts folgt eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Aufgabenunterschiede der beiden Fälle/Muster 28b und c gegenüber Muster 28a.

240

Reporting gegenüber Führungsgremien

n/a

Einbringen der Analytik in der Geschäftsmodellgestaltung

n/a

Vorbereitung und Dokumentation von Geschäftsmodell-/Strategie-Workshops

n/a

Vorbereitung von Entscheidungsvorlagen/ Zwischenständen/strategischen Inhalten

n/a

Diverse operative Aufgaben im Prozess

n/a

3

2

3

2

3

2

3

1

3

Aufsichtsrat/ Eigentümer

Berater*

Leiter Fachbereich

Strategiebereich (inkl. Strategieleiter)

Aufgabe und Rollen

Bereichsleiter

Personen/-gruppe

Vorstand/ Geschäftsführung

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

2 2

Analyse Informationslieferant für die Geschäftsmodellentwicklung (bspw. strategische Analyse)

1

Durchführung der strategischen Analyse (Interviews, Abstimmung mit Fachbereichen)

n/a n/a

2

2

2

3

2

2

Geschäftsmodellgestaltung Entwicklung einer Vision/übergreifenden Zielsetzung/Leitplanken

3

n/a

Ideenentwicklung

3

n/a

3

2

2

Challenger/Sparringspartner für Ideen/Qualitätssicherung

3

n/a

3

3

2

Jeweils Vertretung der direkt berichtenden Fachbereiche

2

n/a 3

n/a

Einbringen der „Fachbereichsbrille“ Strategische Diskutanten/ Teilnahme an Strategiediskussion

3

n/a

3

3

2

Beurteilung von Optionen/Ideen hinsichtlich ihrer Machbarkeit/Umsetzbarkeit

3

n/a

3

3

2

Finanzielle Bewertung Geschäftsmodell/-optionen

2

n/a

3

3

2

Entscheidung treffen

3

n/a

2

Bereichsleiter

Strategiebereich (inkl. Strategieleiter)

Leiter Fachbereich

3

n/a

3

1

Unterstützung der Kommunikation der Strategie (insbesondere interne Kommunikation)

3

n/a

3

2

Initiator für die Umsetzung

1

n/a

1

2

Ableitung von Implikationen aus dem Geschäftsmodell für die Planung

2

n/a

1

n/a

3

Aufgabe und Rollen

Berater*

Vorstand/ Geschäftsführung

Verkäufer für das Thema im Unternehmen

Personen/-gruppe

Aufsichtsrat/ Eigentümer

241

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Umsetzung

Interpretation, Herunterbrechen und Umsetzung der Strategie für den jeweiligen Fachbereich

Schwerpunktaufgabe für Person/Personengruppe

3**

1

1

n/a = nicht anwendbar

*Nur in zwei von drei Fällen wurde eine externe Unternehmensberatung eingesetzt **Die Zahl nennt die Anzahl der zutreffenden Fälle. Die Farbgebung deutet den Grad der Übereinstimmung an (schwarz entspricht der höchsten Übereinstimmung, grau einer mittleren Übereinstimmung und hellgrau einer geringen Übereinstimmung). Sofern nur zwei Fälle herangezogen werden konnten (für Berater), entspricht die höchstmögliche Übereinstimmung zwei von zwei Fällen. Tabelle 4.26:

Übersicht über die Aufgaben und Rollen in der Geschäftsmodellgestaltung für Fälle 1–3 Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 4 A-I54, A-I57, A-I60, A-I63, A-I66, B-I52, B-I55, B-I58, B-I61, B-I64, B-I67, C-I7, C-I8, C-I12, C-I24, C-I40, C-I41, C-I49, C-I51, C-I52, C-I55, C-I58, C-I61.

In der Gesamtbetrachtung zeigt sich für die Aufgabengruppen „Strategieprozess“, „Operativ“ und „Geschäftsmodellgestaltung“ eine große Gemeinsamkeit der Aufgaben- und Rollenverteilung der drei Fälle (1–3). In den Aufgabenfeldern „Strategische Analyse“ und „Umsetzung“ zeigt sich auch eine hohe Übereinstimmung mit einzelnen Abweichungen. Aufgrund der überwiegenden Gemeinsamkeiten bei der typischen Aufgabenbzw. Rollenverteilung werden nur die Unterschiede zwischen diesen drei Fällen beschrieben.

242

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

In der Aufgabengruppe „Strategieprozess“ hat nur in einem Fall der Strategiebereich die Rolle als Methodenexperte inne. In den anderen beiden Fällen wird diese Rolle jeweils von der externen Unternehmensberatung übernommen. In einem Fall übernimmt die externe Unternehmensberatung keine Funktion als Bindeglied zwischen Vorstand bzw. Geschäftsführung und der ersten Führungsebene; diese Rolle wird primär vom internen Strategiebereich übernommen. In der Aufgabengruppe „Operativ“ unterscheiden sich die drei Fälle dadurch, dass in einem Fall die Fachbereiche an der Vorbereitung von Entscheidungsvorlagen, Zwischenständen und strategischen Inhalten beteiligt waren. In der Aufgabengruppe „Analyse“ wurde nur in einem Fall auch der Vorstand explizit als Informationslieferant genannt, in zwei Fällen waren es der Strategiebereich und die Leiter der Fachbereiche. Die Leiter der Fachbereiche sind in nur zwei Fällen selbstständig für eine Durchführung von strategischen Analysen verantwortlich. In der „Geschäftsmodellgestaltung“ unterscheiden sich die Fälle in den Aufgaben Ideenentwicklung, Vertretung der direkt berichtenden Fachbereiche, finanzielle Bewertung des Geschäftsmodells bzw. von Geschäftsmodelloptionen und der genannten Rolle des Aufsichtsrats im Treffen von Entscheidungen. In jeweils nur zwei Fällen wurden eine oder mehrere der genannten Rollen beim Vorstand bzw. der Geschäftsführung, den Leitern der Fachbereiche oder dem Aufsichtsrat und den Eigentümer verortet. In der Aufgabengruppe „Umsetzung“ unterscheiden sich die drei Fälle deutlicher. Als Promotoren des Themas im Unternehmen werden die Leiter der Fachbereiche und der Berater jeweils nur einmal genannt. Die Unterstützung der Strategiekommunikation durch die Leiter der Fachbereiche wird in zwei Fällen beschrieben. Der Vorstand bzw. die Geschäftsführung, der Strategiebereich und der externe Berater werden jeweils nur in einem Fall als Initiator der Umsetzung genannt, die Leiter der Fachbereiche in zwei Fällen. Für die Ableitung der Implikationen für die Planung sind in zwei Fällen der Vorstand bzw. die Geschäftsführung verantwortlich und in einem Fall die Leiter der Fachbereiche. In Fall 4 (Muster 28b) erfüllt der Bereichsleiter schwerpunktmäßig die Aufgaben des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und in Teilen des Strategieleiters in Muster 28a. Gleichzeitig übernimmt die externe Unternehmensberatung weite Teile der Aufgaben eines internen Strategiebereichs kombiniert mit der aus Muster 2a „typischen“ Rolle des externen Beraters (vgl. Anhang 38). In Fall 5 (Muster 28c) erfüllt der Vorstand die Aufgaben eines internen Strategiebereichs und eines externen Unternehmensberaters. Die Leiter der Fachbereiche sind nicht aktiv in die Geschäftsmodellgestaltung eingebunden worden. Die Bereichsleiter und Partner hatten in ihrer Rolle als Miteigentümer eine hohe Beteiligung und Mitsprache (vgl. Anhang 44). Die Zusammenarbeit in den Fällen des Musters 28a zwischen den Mitgliedern des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und dem Strategieleiter ist intensiv. Darüber hinaus bestätigt sich die Funktion des Strategieleiters aus der Aufgaben- und Rollenanalyse

243

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

als Bindeglied zwischen dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung und der ersten Führungsebene, also den Fachbereichsleitern. Er tauscht sich auch intensiv mit seinen Mitarbeitern aus, was diese bestätigen. Die Analyse bestätigt ebenfalls die enge Zusammenarbeit der Mitarbeiter und des externen Beraters, die sich in der Aufgaben- und Rollenanalyse bspw. in den Aufgabengruppen „Strategieprozess“, „Operativ“ und „Strategische Analyse“ bereits angedeutet hat. Eine intensive Zusammenarbeit besteht fallübergreifend aus der Sicht der Fachbereichsleiter mit dem für den Fachbereich zuständigen Mitglied des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, mit dem Strategieleiter und mit Fachbereichen, bei denen sich zu behandelnde Themen überschneiden. Aus der Sicht des Beraters besteht der engste Austausch mit dem Strategiebereich (Leiter und Mitarbeiter) sowie innerhalb des Beratungsteams (vgl. Tab. 4.27).

Strategieleiter

3

Mitarbeiter Strategiebereich

1

2

Leiter Fachbereich

3

3

Berater*

1

2

3

Berater

3

Leiter Fachbereich

Vorstand/Geschäftsführung

1

2

1

2

3

2

1

1

1

3

1

1

2

Mitarbeiter Strategiebereich

Strategieleiter

Personengruppe (farbliche Markierung nach Häufigkeit der Nennungen unter Berücksichtigung der maximal möglichen Nennungen)

Vorstand/ Geschäftsführung

Intensivste Zusammenarbeit mit**

2

*Einschätzung der intensivsten Zusammenarbeit des Beraters auf Grundlage der Angaben der übrigen Interviewpartner in einem Fall. **Die Farbgebung deutet den Grad der Übereinstimmung an. Sofern nur zwei Fälle herangezogen werden konnten (für Berater), entspricht die höchstmögliche Übereinstimmung zwei von zwei Fällen. Tabelle 4.27:

Analyse der Zusammenarbeit beteiligter Personen/-gruppen in der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I55, A-I58, A-I61, A-I64, A-I67, B- I53, B-I56, B-I59, B-I62, B-I65.

Die fallübergreifende Analyse der Bedeutung und der Nutzung von Strategieinstrumenten führt zu nachfolgend beschriebenen Ergebnissen. Bei der Nutzung von Strategieinstrumenten durch Vorstände/Geschäftsführer zeichnen sich zwei unterschiedliche Muster ab. Im ersten zeigt sich eine eher zurückhaltende Offenheit gegenüber Instrumenten. Nur wenn Instrumente besonders überzeugend er-

244

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

scheinen und sich in der praktischen Anwendung als nützlich erweisen, werden sie weiter eingesetzt. Diese kritische Grundhaltung führt zu einer eingeschränkten Nutzung von Strategieinstrumenten (vgl. Anhang 46 A-I56, D-I52) (Muster 37a). Im zweiten Muster (Muster 37b) stehen Vorstände bzw. Geschäftsführer der Nutzung von Strategieinstrumenten offener gegenüber. Dabei werden die Instrumente bspw. als Diskussionsgrundlage (vgl. Anhang 46 B-I54, C-I54), in aktiv durchgeführten Analysen (vgl. Anhang 46 C-I54), zur Präsentation von Ergebnissen (vgl. Anhang 46, D-I52, E-I51) oder implizit als Strukturierungshilfe (vgl. Anhang 46 E-I51) angewendet. Tendenziell zeigt sich, dass Vorstände/Geschäftsführer häufiger mit den Ergebnissen der Instrumente arbeiten, als diese selbst aktiv zu nutzen.49 Strategieleiter setzen Strategieinstrumente unterschiedlich ein, je nachdem, mit welchen Ansprechpartnern sie in der Organisation zusammenarbeiten. Im Arbeitsteam bzw. mit den Mitarbeitern des Strategiebereichs werden Instrumente intensiv genutzt, um bspw. eine saubere Ableitung von Thesen oder die Validierung von Erfahrungswerten vorzunehmen (vgl. Anhang 46 A-I59, B-Präsentation 2, 4, 6, C-I57). Bei der Zusammenarbeit mit Führungskräften, Vorstand oder Geschäftsführung werden häufig Ergebnisse sowie Inhalte diskutiert und Instrumente nicht bewusst oder nur selten eingesetzt (vgl. Anhang 46 A-I59, B-I47) – es sei denn, Vorstand oder Geschäftsführung weisen eine höhere Affinität zur Nutzung von Strategieinstrumenten auf. Dann werden diese bewusst diskutiert und genutzt (vgl. Anhang 46 C-I57). Mitarbeiter in Strategiebereichen nutzen Strategieinstrumente intensiv als Arbeitsinstrument zur Analyse von Fragestellungen (vgl. Anhang 46 A-I62, B-I60). Dabei sichert dieses Vorgehen die Berücksichtigung aller Perspektiven, die Vollständigkeit der Informationen und die Strukturierung von Diskussionen (vgl. Anhang 46 A-I62, A-I68). Bei der Zusammenarbeit mit Personengruppen außerhalb des Strategiebereichs treten Instrumente eher in den Hintergrund. Für die Abfrage notwendiger Angaben bspw. aus Fachbereichen werden Informationen benannt, ohne zwingend einen Bezug zu den danach angewendeten Instrumenten herzustellen. Die gewonnenen Informationen werden anschließend durch den Strategiebereich in die Methoden eingearbeitet (vgl. Anhang 46 A-I62). Für externe Unternehmensberater sind Strategieinstrumente Werkzeuge, mittels derer die Zusammenarbeit mit allen Personengruppen strukturiert und effizient gestaltet werden kann (vgl. Anhang 46 C-I63). Besondere Bedeutung haben die Instrumente bei der Zusammenarbeit mit dem Strategiebereich (vgl. Anhang 46 B-I66). Die Rolle von Strategieinstrumenten für Mitarbeiter des Strategiebereichs, externe Unternehmensberater und bei deren Zusammenarbeit wird als Muster 34 beschrieben. Der Bereichsleiter in Fall 4 nutzt Strategieinstrumente intensiv bei der Zusammenarbeit mit anderen Personen. Beispiele für die Nutzung sind die Vorbereitung und der Ein49

Da das Verhalten der Topführungskräfte als prägend für die Führungskultur eingeschätzt wird (vgl. Anhang 50 zur Gruppendiskussion), werden die Muster 37a und b als Muster innerhalb der Dimension „Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd“ des theoretischen Bezugsrahmens aufgegriffen.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

245

stieg in die Überarbeitung der Strategie, die Organisation der Aktualisierung der Strategie bzw. des Geschäftsmodells und die professionelle, rationale, sachliche Diskussion von Themen. Über diesen Weg sollen alle Beteiligten in den Prozess involviert werden (vgl. Anhang 46 D-I55) (Muster 35). Die Vertreter der Fachbereiche verwenden Strategieinstrumente in den Fällen 2–4 zur Erhöhung der Objektivität der dargestellten Informationen sowie für strukturierte und fundierte Analysen. Auch bei der Präsentation und Begründung/Verteidigung der Strategie vor bspw. der Geschäftsführung werden sie als hilfreich angesehen. In der Strategieumsetzung helfen sie, eine gemeinsame Struktur für die Verfolgung des Umsetzungsstandes zu schaffen (vgl. Anhang 46 B-I63, C-I60, D-I58) (Muster 36a). Im Unterschied zu der eher aktiven Nutzung von Strategieinstrumenten in den Fällen 2–4 liefern Fachbereiche in Fall 1 und 5 Informationen oder setzen die Instrumente ein, ohne diese hinterfragen zu können (vgl. Anhang 46 A-I65, E-I55) (Muster 36b). Wenn die Vertreter der Fachbereiche nicht direkt in die Überarbeitung der Strategie bzw. des Geschäftsmodells eingebunden sind, stellen sie Informationen auch in eigens gewählten Strukturen zur Verfügung. Dabei spielen klassische Strategieinstrumente in Fall 5 keine Rolle (vgl. Anhang 46 E-I55). Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd Die Nutzung von Strategieinstrumenten wird als eher analytische Aktivität eingestuft (vgl. Anhang 46 A-I12, D-I12, E-I12). Diese Handhabung entspricht nicht immer der bevorzugten Arbeitsweise der Topführungskräfte (bspw. wenn eher intuitiv geführte Strategiediskussionen bevorzugt werden). Es kann geschlussfolgert werden, dass dadurch die Möglichkeiten der Nutzung bzw. die Nutzungsintensität von Strategieinstrumenten durch die Kultur eines Unternehmens beeinflusst wird. Offensichtlich können Strategieinstrumente als „störend“ für die Intuition der Führungskräfte empfunden werden (vgl. Anhang 46 A-I12). Allerdings beschreibt ein Geschäftsführer, dass Strategiearbeit in Industrieunternehmen, wenn sie im Einklang mit der Unternehmenskultur stehen soll, analytisch sein sollte (vgl. Anhang 46 C-I12). Damit beschreibt, wie im vorhergehenden Kapitel bereits ausgeführt, das Muster 37a eine eher averse und das Muster 37b eine eher affine Kultur in Bezug auf Strategieinstrumente. In einem Fall wird zusätzlich die Anpassung von Instrumenten an die Sprache und Begrifflichkeiten im Unternehmen sowie das Gefühl der Eigenentwicklung als notwendig für die Akzeptanz der Instrumente erachtet (vgl. Anhang 46 A-I69). Zur Betrachtung der „historischen“ Einbettung wurde nur die Geschichte der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und bspw. damit verbundene Erfahrungen in Bezug auf Vorgehensweisen und Instrumente untersucht. Ein mögliches weitergefasstes Verständnis einer Unternehmenshistorie, bspw. im Sinne einer Unternehmensentwicklung in Form von Geschäftsfeldern, Umsatz, Ergebnis oder eine Entwicklung der Führungsstruktur, wurde nicht einbezogen.

246

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Strategiebereich Fall 1

Fall 1

4 5

Fall 2

Fall 2 6

Fall 3

Interviewpartner

Fall 3

Fall 4

n/a

Fall 4

Fall 5

n/a

Fall 5

11,8 9,3 9,8 12,5 13,5

n/a = nicht anwendbar Abbildung 4.15: Erfahrung in der Geschäftsmodellgestaltung im Strategiebereich und bei den Interviewpartnern nach Fallbeispielen in Jahren Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 10, 17, 25, 32, 40.

Der Vergleich der Erfahrungen in der Geschäftsmodellgestaltung zeigt keine deutlichen Unterschiede zwischen den gewählten Fallstudienbeispielen, weder innerhalb der Strategiebereiche noch auf der Ebene der durchschnittlichen Erfahrung der Interviewpartner (vgl. Abb. 4.15). Aus der Wiederholung des Prozesses zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells ergeben sich diverse Einflüsse auf Praktiken, das Subjekt und das Kollektiv (aufgeführt nach Häufigkeit der Nennung durch die Fallstudienunternehmen). Folgende Effekte konnten beobachtet werden: Effekte für Geschäftsmodellinstrumente, Methode und Vorgehensweise  Keine Diskussionen mehr zur Vorgehensweise/Methode (vgl. Anhang 46 B-I68,

C-I65, D-I60, E-I57);  mehr Routine und Souveränität bei Wiederholung (effizienter, intuitiver) (vgl. An-

hang 46 A-I69, B-I68, E-I57); intuitivere Arbeitsweise mit dem Instrument (vgl. Anhang 46 B-I68, C-I65, D-I60, E-I57); weniger aufwendig, fällt leichter, ist effizienter bei Wiederholung (vgl. Anhang 46 B-I68, E-I57);  analytisch-systematischer Teil nimmt zu (vgl. Anhang 46 B-I68);  schnellere und stärkere Fokussierung auf Inhalte (vgl. Anhang 46 A-I69, B-I68,

D-I60, E-I57);  Weiterentwicklung des Instruments (zunehmende Reife) (vgl. Anhang 46 E-I57).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

247

Anpassungen der Vorgehensweise  (Leichte) Anpassung der Vorgehensweise an die Zielsetzung des Prozesses/an die

Situation des Unternehmens (bspw. erste Erarbeitung vs. Aktualisierung; Ideengenerierung vs. Ideenergänzung) (vgl. Anhang 46 B-I68, C-I65, D-I60);  kann eine Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells genutzt werden, ver-

ändert sich die Vorgehensweise und wird stärker auf das zukünftige Geschäftsmodells ausgerichtet (vgl. Anhang 46 B-I68, D-I60). Weiterführende Effekte für Arbeitsweisen  Wenn die Form der Ergebnisse zu Prozessbeginn bekannt ist, bietet dies den Be-

teiligten Sicherheit (vgl. Anhang 46 B-I68, C-I65);  wenn sich die Instrumente etabliert haben, werden sie auch zur Beurteilung des

Umsetzungsstandes genutzt (vgl. Anhang 46 B-I68, C-I65);  es entsteht eine gemeinsame Sprache (vgl. Anhang 46 E-I57);  durch die Etablierung der Geschäftsmodellperspektive beginnen Mitarbeiter bei der

Betrachtung von Optionen bereits die Konsequenzen für das Geschäftsmodell zu durchdenken. Auch andere Unternehmen werden anhand der Geschäftsmodelllogik analysiert (vgl. Anhang 46 C-I65);  die ausführliche Dokumentation der Strategie bzw. des Geschäftsmodells führt zu

einer sachlicheren, rationaleren Diskussion untereinander. Die Verantwortlichkeiten können klarer definiert werden, der Umgang miteinander wird professioneller (vgl. Anhang 46 D-I60);  die Auseinandersetzung mit dem Umsetzungsstand der Strategie bzw. des Ge-

schäftsmodells wird durch Instrumente bewusster (vgl. Anhang 46 D-I60). Zusammenfassend lässt sich eine Pfadabhängigkeit beschreiben: Unternehmen, die bereits einen Prozess zur (Weiter-)Entwicklung des Geschäftsmodells durchlaufen haben, greifen auf einen anderen Erfahrungsschatz zurück. Aus dieser Wiederholung ergeben sich diverse Effekte bei der Anwendung von Praktiken im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Muster 38). 4.2.2.3

Meta-Muster- und Nutzenanalyse

In einem letzten Analyseschritt wird die Relevanz der identifizierten Muster für den jeweiligen Fall in einer Übersicht dargestellt, um musterübergreifende Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fälle aufzuzeigen (vgl. Tab. 4.28).

248

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

50

50

5050 50

51

50 51

Für eine ausführliche Beschreibung siehe jeweils Abschnitt in fallübergreifender Analyse. Ohne Ableitung und Priorisierung von Investitionen.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

52535455

52 53 54 55

Keine eher grafische Visualisierung des Geschäftsmodells auf einer Seite. Keine eher textliche Visualisierung des Geschäftsmodells entlang der Komponenten. Keine Nutzung SWOT-Analyse. Ohne Hinweise auf Prozess-/Wertkettengestaltung.

249

250

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

565758

56 57 58

Keine Angaben zu Anforderungen an das Kollektiv in Fall 2. Die Zielsetzung wurde im Rahmen der Gruppendiskussion durch den Strategieleiter bestätigt. Externe Unternehmensberatung nicht befragt.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

596061

Tabelle 4.28: Übersicht über die beobachteten Muster nach Fallstudien

59 60 61

Nicht untersucht. Auf Ebene „Geschäftsführung“. Auf Ebene „Geschäftsbereich“.

251

252

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die fallübergreifende Analyse der Muster zeigt viele Gemeinsamkeiten zwischen den fünf Fällen (d. h. Muster, die in allen fünf Fällen zu beobachten bzw. anwendbar waren, abzüglich n/a):  Festlegung einer Zielsetzung vor dem Projekt (Muster 1);  Festlegung der Zielsetzung durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung

(Muster 2);  Zielsetzungen: Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, Orientierung für die Or-

ganisation, Unterstützung und Motivation der Führungskräfte (Muster 3);  Durchführung strategischer Analysen (intern, extern) und Ableitung von Hand-

lungsbedarfen (Muster 7);  Nutzung von externen Informationen zu Produkten, Märkten, Wettbewerbern und

Kunden sowie internen Informationen zu Produkten/Leistungen, Kunden, Kernkompetenzen, Stärken/Schwächen und Finanzen (Muster 11);  Verwendung von Expertenmeinungen, internen Berichten und Studien bzw. Fachli-

teratur als Datenquellen (Muster 12);  Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells, insbesondere in den Kom-

ponenten Marke/Markenwahrnehmung/Positionierung, Produkt-/Leistungsportfolio, Zielkunden/-gruppen und Zielmärkte (Muster 14 und 15);  Erarbeitung einer Strategiedokumentation, Kommunikation des Geschäftsmodells/

der Strategie und Durchführung eines strategischen Controllings zur Umsetzungskontrolle (Muster 10);  Integration der Geschäftsmodellgestaltung in den Strategieprozess (Muster 18);  Nutzung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung (Muster 19);  Nutzung gängiger Strategieinstrumente (bspw. SWOT-Analyse) im Rahmen der

Geschäftsmodellgestaltung (Muster 22);  Nutzung der Instrumente Benchmarking, SWOT-Analyse sowie multipler Instrumen-

te zur Gestaltung der Value Proposition/der Prozesse bzw. Wertkette (Muster 23);  Durchführung von zwei bis drei Geschäftsmodell-Workshops (Muster 24);  Durchführung von Geschäftsmodell-Workshops eher zur Präsentation, Diskussion,

Ergänzung und Priorisierung von Ideen als zur Ideengenerierung (Muster 26);  Einsatz von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung in den Workshops

(Muster 27);

253

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

 überwiegend gemeinsame Anforderungen an das Kollektiv bestehend aus der Ab-

bildung einer ganzheitlichen Perspektive auf das Unternehmen, der Fähigkeit zum Führen kontroverser Diskussionen und der Auswahl einer kleinen Gruppe an Geschäftsmodellgestaltern (Muster 29);  gemeinsam geteilte Zielsetzung der Vorstände bzw. Geschäftsführer zur Zu-

kunftssicherung des Unternehmens und Treffen der „richtigen Entscheidungen“ (Muster 30)62;  gemeinsam geteilte Zielsetzung der Vertreter der Fachbereiche: Einbringen ihrer

eigenen Vorstellungen und der Perspektive der Fachbereiche (Muster 31);  gemeinsam geteilte Zielsetzung des Strategiebereichs: Durchführung eines erfolg-

reichen Strategieprozesses (Muster 32);  gemeinsam geteilte Zielsetzung der externen Unternehmensberater: Entwicklung

eines funktionierenden Geschäftsmodells, um den Kunden erfolgreicher zu machen (Muster 33);  Nutzung von Strategieinstrumenten als Arbeitsinstrument der Strategiebereiche

und/oder der externen Unternehmensberatung (Muster 34); 63

 intensive Nutzung von Strategieinstrumenten durch Bereichsleiter (Muster 35) ;  pfadabhängige Veränderung bei der Nutzung von Praktiken zur Geschäftsmodell-

gestaltung aufgrund von Wiederholungen bzw. Erfahrung (Muster 38). Für die weitere Analyse der Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden, ausgehend von der Konstellation der involvierten Personen, (Muster 28a-c), jeweils die Unterschiede zwischen den Fällen 1–3 (Muster 28a) und die Unterschiede zwischen allen fünf Fällen (Muster 28a–c) anhand der übergreifenden Musterbetrachtung beschrieben.

62

63

Die unterschiedlichen Nennungen zur gemeinsam geteilten inhaltlichen Zielsetzung der Vorstände/Geschäftsführung in Form der Zukunftssicherung des Unternehmens und dem Treffen der richtigen Entscheidungen können an der ungestützten Befragungsform liegen. Grundsätzlich zeigte sich in allen Fälle die „Zukunftssicherung“ als Zielsetzung. Das Treffen der „richtigen“ Entscheidungen wird in den Fällen 1,2 und 5 explizit im Rahmen der Interviews genannt, in Fall 3 und 4 nicht. Insbesondere in Fall 3 kann das Ergebnis auf die Befragungsform zurückgeführt werden. In Fall 4 kann eine Begründung für die Nicht-Nennung der Zielsetzung auch die Verlagerung der Entscheidungsfindung auf den Bereichsleiter sein. Dennoch zeigt die Aufgaben- und Rollenanalyse für alle Vorstände/Geschäftsführer das Treffen von Entscheidungen als Aufgabe auf (vgl. Tab. 4.28, Anhang 39 und Anhang 45 Horváth & Partners). Die Motivation zum Treffen der „richtigen“ Entscheidungen wird unterstellt. Nur der Bereichsleiter in Fall 4 war Gegenstand der Untersuchung.

254

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

In den Fällen 2–5 ist meist ein einheitliches Geschäftsmodellverständnis zu beobachten (Muster 4a). Nur in Fall 1 zeigt sich ein uneinheitliches Geschäftsmodellverständnis (Muster 4b). Den Fällen 1–3 (Muster 28a) ist gemeinsam, dass in ihnen eine Vorgehensweise festgelegt (Muster 5a), das Geschäftsmodell in Form von Zielen, Maßnahmen, Kennzahlen und einer Investitionspriorisierung umfangreich konkretisiert (Muster 9a) und die Wechselwirkungen analytisch diskutiert wurden (Muster 16b). Es unterscheidet sie, dass in zwei von drei Fällen die Vorgehensweise im Prozess flexibel angepasst (Muster 5b) und nur in Fall 1 Arbeitsschritte selektiert wurden (Muster 8b). Zudem fokussieren die Fälle 2 und 3 die Gestaltung des zukünftigen Geschäftsmodells inklusive einer Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells (Muster 13a). In Fall 1 wurde nur an der Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells gearbeitet (Muster 13b). Während in den Fällen 1 und 2 systematisch-intuitiv vorgegangen wurde (Muster 17a), war es in Fall 3 eine Kombiniation aus Systematik, Analytik und Intuition (Muster 17b). Der Fall 4 (Muster 28b) ähnelt in vielen Aspekten der Vorgehensweise in den Fällen 1–3 (Muster 28a). Hierzu gehören die Festlegung der Vorgehensweise (Muster 5a), das vollständige Durchlaufen aller Arbeitsschritte (Muster 8a), die umfangreiche Konkretisierung des Geschäftsmodells (Muster 9a) und der Fokus auf die zukünftige Geschäftsmodellgestaltung inklusive einer Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells (Muster 13a). Anders als in den Fällen 1–3 (Muster 28a) wird die Diskussion der Wechselwirkungen von Elementen im Geschäftsmodell eher intuitiv geführt (Muster 16a) und die gesamte Vorgehensweise wird als systematisch und analytisch (Muster 17c) eingestuft. Fall 5 (Muster 28c) hat mit den Fällen 1 und 2 (Muster 28a) nur gemeinsam, dass eine flexible Anpassung der Vorgehensweise im Prozess vorgenommen wurde (Muster 5b). Fall 4 (Muster 28b) hat mit Fall 5 (Muster 28c) gemeinsam, dass eine eher intuitive Diskussion der Wechselwirkungen der Elemente des Geschäftsmodells geführt wurde (Muster 16a). Fall 5 (Muster 28c) zeichnet sich durch eine selektive Durchführung von Arbeitsschritten in der Gestaltung (Muster 8b) und Konkretisierung (Muster 9b) des Geschäftsmodells aus. Dabei wurde das zukünftige Geschäftsmodell fokussiert (Muster 13b) und Wechselwirkungen der Elemente wurden eher intuitiv diskutiert (Muster 16a). Die Vorgehensweise wird uneinheitlich eingeordnet, sodass vermutet werden kann, dass die Einordnung eher die individuelle Arbeitsweise beschreibt (Muster 17a–c). Übergreifend kann für die Dimension der administrativen Praktiken festgehalten werden, dass sich die Fälle 1–3 (Muster 28a) und Fall 4 (Muster 28b) ähnlicher sind als Fall 5 (Muster 28c). Fall 5 zeichnet sich durch eine fokussierte und eher intuitive Arbeitsweise aus, was auch auf den erhöhten Zeitdruck, unter dem die Geschäftsmodellgestaltung durchgeführt wurde, zurückzuführen ist (vgl. Tab. 4.28). Im fallübergreifenden Vergleich der Visualisierungspraktiken liegt ein Schwerpunkt auf der Visualisierung von Veränderungen des Geschäftsmodells (von Ist zu Soll) (Fälle 3– 5) (Muster 21). Außerdem scheinen die Visualisierungspraktiken unabhängig von der Personenkonstellation (Muster 28a–c) zu sein.

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

255

Die Konkretisierung des Geschäftsmodells fand in den Fällen 1 und 2 in eigenen Workshops statt (Muster 25a), während sie in den Fällen 3–5 Teil der GeschäftsmodellWorkshops war (Muster 25b). Diese Festlegung ist auch eine Frage des Ressourcenaufwands, der in die Erarbei-tung des Geschäftsmodells bzw. der Strategie investiert wird. Über die Anzahl an Workshops kann dieser Aufwand (u. a. Opportunitätskosten der Workshop-Teilnehmer) bewusst entschieden werden. Für die Betrachtung der fünf Fälle wird daher die Unternehmensgröße als Erklärungsfaktor herangezogen. Die Fälle 1 und 2 sind mit einem Issuing-Umsatz64 von 11,3 Mrd. EUR (vgl. Anhang 10) bzw. einem Beitragsvolumen65 von 1,2 Mrd. EUR (vgl. Anhang 17) gegenüber den Fällen 3– 5 mit einem Umsatz zwischen 90 und 105 Mio. EUR (vgl. Anhang 25, 32, 40) deutlich größere Organisationen. Die Unterschiede in den Personenkonstellationen zwischen den Mustern 28a-c wurden bereits in den vorherigen Abschnitten (Kollektiv) beschrieben. Die Fälle 2–4 zeigen eine eher intensive Nutzung von Strategieinstrumenten durch die Vertreter der Fachbereiche (Muster 36a), während in den Fällen 1 und 5 die Fachbereichsleiter Strategieinstrumente passiv oder gar nicht nutzen (Muster 36b) (passive Nutzung: Fachbereiche liefern nur auf Anforderung bspw. Informationen für Strategieinstrumente). Zur Unterscheidung der Muster 28a–c kann hier die nur indirekte Einbindung der Fachbereichsleiter in Muster 28c als Erklärungsansatz für die passive Nutzung der Strategieinstrumente herangezogen werden. Die Fälle 1, 2 und 4 (Geschäftsführung) zeigen eine tendenziell averse Einstellung der Topführungskräfte gegenüber Strategieinstrumenten (Muster 37a), während in den Fällen 3, 4 (Bereichsleitung) und 5 eine affine Einstellung gegenüber Strategieinstrumenten zu beobachten ist (Muster 37b). Ein Bezug zu den Mustern 28a–c kann nicht hergestellt werden. Daraus kann geschlossen werden, dass die Nutzung von Praktiken nicht über die beschriebenen Personenkonstellationen (Muster 28a–c) erklärt werden kann, sondern eher von der Führungskultur des Topmanagements geprägt wird (vgl. Tab. 4.28). Im Rahmen der Interviews wurden die Beteiligten ungestützt gefragt, welche Aspekte des gesamten Vorgehens66 für sie den größten Nutzen stifteten bzw. welche sie anderen Unternehmen als „Best-Practice“ empfehlen würden (vgl. Abb. 4.16). Die nutzenstiftenden Aspekte sind Grundlage für die Entwicklung eines Vorschlags zur Integration von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung (vgl. Kap. 5.3 und 5.4).

64 65 66

Nicht vergleichbar mit Umsatz, jedoch als Orientierung für die Unternehmensgröße hilfreich. Vergleichbar mit Umsatz. Damit können sich die genannten Aspekte auf alle Dimensionen des theoretischen Bezugsrahmens beziehen.

256

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

1

2

3

4

Geschäftsmodell als Instrument in der Strategiearbeit Nutzung von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung Geschäftsmodellbetrachtung integriert in Strategieprozess Systematische, strukturierte Vorgehensweise Konsens unter Führungskräften/Mitarbeitern erzielen Visualisierung Geschäftsmodell Hoher Konkretisierungsgrad und Konsequenz in Umsetzung Berücksichtigung Unternehmenssituation für Fokus Freiraum für Ideenentwicklung/Kreativität Kommunikation der Ergebnisse Einbindung Vorstand/Geschäftsführung Mischung aus Analytik/Intuition Abbildung verschiedener Perspektiven durch Beteiligte Mutige Führungskultur Externe Unterstützung

Abbildung 4.16: Nennungen der größten Nutzenstifter im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung; vgl. Anhang 46 A-I38, B-I37, C-I37, D-I36, E-I36; n = 5.

Das Geschäftsmodell bietet nach Meinung der Interviewpartner einen Nutzen als Instrument in der Strategiearbeit (Anhang 46 B-I37, C-I37, D-I36, E-I36). Es schließe eine methodische Lücke zwischen Vision und Zielen (B-I37) und sollte das führende Instrument in der Strategiearbeit sein (Anhang 46 E-I36). Es vermittle einen verständlichen Überblick bspw. über einen Geschäftsbereich (Anhang 46 D-I36) sowie über die Zusammenhänge von Elementen, Veränderungen und dem Beitrag des Einzelnen (D-I36). Insbesondere um Veränderungen nachvollziehen zu können, sollte sowohl das Ist- als auch das Soll-Geschäftsmodell beschrieben werden (Anhang 46 C-I37, D-I36). Bei der Geschäftsmodellgestaltung sollten Geschäftsmodellinstrumente genutzt werden (Anhang 46 A-I38, B-I37, C-I37, D-I36). Sie sichern eine systematische Vorgehensweise und sind hilfreich in der Kommunikation (Anhang 46 B-I37). Durch eine wiederholte Anwendung entsteht Methoden- und Prozesssicherheit, da bspw. die Form der Ergebnisse bekannt ist (Anhang 46 B-I37). Die Instrumente sollten an die unternehmensspezifischen Bedürfnisse angepasst werden (Anhang 46 A-I38). Ein Beispiel für ein Instrument ist das 7-K Prinzip (Anhang 46 B-I37). Die Betrachtung des Geschäftsmodells sollte in den Strategieprozess integriert sein (Anhang 46 A-I38, B-I37, C-I37, D-I36), da dies eine regelmäßige Betrachtung sicherstellt (Anhang 46 B-I37). Aufbauend auf der Vision und der strategischen Analyse sollte das Geschäftsmodell überprüft und in Form von strategischen Zielen, Maßnahmen und KPIs in einen Umsetzungsplan überführt werden (Anhang 46 A-I38, D-I36). Das Setzen von Leitplanken für die Geschäftsmodellgestaltung zu Prozessbeginn wird als hilfreich erachtet (Anhang 46 C-I37).

4.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

257

Das Vorgehen sollte systematisch und strukturiert erfolgen (Anhang 46 A-I38, C-I37, D-I36, E-I36). Auch ein knapper Zeitplan sollte dies berücksichtigen (Anhang 46 E-I36). Der Prozess sollte zudem den beteiligten Personen die Möglichkeit bieten, sich einzubringen (Anhang 46 D-I36). Durch das Vorgehen sollte ein Konsens unter Führungskräften bzw. Mitarbeitern zu den wichtigsten Themen des Geschäftsmodells entstehen (Anhang 46 B-I37, C-I37, D-I36, E-I36). Dies kann über eine breite Einbindung der Führungskräfte, Mitarbeiter und Eigentümer erreicht werden (Anhang 46 B-I37, C-I37, D-I36, E-I36). Die Visualisierung des Geschäftsmodells ist im gesamten Prozess von Nutzen. Sie ist wichtig, um ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln (Anhang 46 B-I37, C-I37, DI36), und hilft, die wesentlichen Veränderungen zu kommunizieren (Anhang 46 B-I37). Die Bubble-Darstellung wird explizit genannt, da sie die Elemente, deren Wechselwirkungen und eine strukturierte, kurze und knappe Beschreibung des Geschäftsmodells enthält. Zudem kann sie als Kommunikationsinstrument und zur Orientierung genutzt werden (Anhang 46 B-I37, C-I37). Für eine erfolgreiche Umsetzung wird ein hoher Konkretisierungsgrad und Konsequenz in der Implementierung als nutzenstiftend erachtet (Anhang 46 C-I37, E-I36). Dabei hilft die Darstellung des Ist- und des Soll-Geschäftsmodells, um Veränderungsbedarfe möglichst konkret beschreiben zu können (Anhang 46 C-I37). Auch sollten Kennzahlen noch vor Beginn der Umsetzung festgelegt werden (Anhang 46 C-I37). Gleichzeitig wird die Durchführung eines strategischen Controllings bzw. Strategy Reviews (drei Mal jährlich) empfohlen (Anhang 46 C-I37). Die Unternehmenssituation sollte in der Schwerpunktsetzung für die Geschäftsmodellgestaltung berücksichtigt werden (Anhang 46 C-I37, E-I36). So ist es für ein Unternehmen mit Umsetzungsschwäche wichtiger, die richtigen Entscheidungen zu treffen und Umsetzungserfolge zu erzielen, als die Strategie „perfekt“ zu dokumentieren (Anhang 46 E-I36). Je nach Überarbeitungsbedarf der Strategie/des Geschäftsmodells kann ein mehr oder weniger intensiver Prozess genutzt werden (Anhang 46 C-I37). Der Prozess sollte Freiraum für Ideenentwicklung und Kreativität bieten (Anhang 46 C-I37, D-I36). Gerade zu Beginn des Prozesses wird dieser Freiraum als besonders wichtig für die Ideenentwicklung eingestuft (Anhang 46 C-I37). Auch die Durchführung der Workshops außerhalb der eigenen Geschäftsräume (Anhang 46 D-I36), sowie die Schaffung zeitlicher Freiräume vom Tagesgeschäft werden als kreativitätsfördernd empfunden (Anhang 46 D-I36). Die Kommunikation der Ergebnisse (Anhang 46 B-I37, C-I37) an alle Mitarbeiter wird als wichtig erachtet (Anhang 46 C-I37). Durch die Einbindung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung (in den Prozess, die Diskussion und die Kommunikation) (Anhang 46 B-I37) steigt die empfundene Wertigkeit der Ergebnisse in der Organisation. Gleichzeitig wird die Zustimmung der Führungskräfte gesichert (Anhang 46 B-I37).

258

4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Die Mischung aus Analytik und Intuition im Vorgehen wird als positiv bewertet (Anhang 46 B-I37). Gerade in einem kleineren Personenkreis kann eher intuitiv (d. h. mit weniger Struktur und Analytik) gearbeitet werden (Anhang 46 B-I37). Je größer der Kreis der Beteiligten, desto analytischer sollten die Arbeitsschritte ablaufen, um alle Personen einzubinden und zu beteiligen (Anhang 46 B-I37). Veränderungsbedarfe sollten eher analytisch identifiziert werden (Anhang 46 B-I37). Als wichtig wird auch die Abbildung unterschiedlicher Perspektiven im Unternehmen (bspw. Fachbereiche) durch die Personenkonstellation eingeschätzt (Anhang 46 C-I37). Durch eine Diversifikation der Gruppenzusammensetzung (funktional, hierarchisch, Erfahrungshintergrund) kann die Kreativität gefördert werden (Anhang 46 C-I37). Das grundsätzliche Hinterfragen des Geschäftsmodells und eine dabei mutige Führungskultur werden auch als förderlich beurteilt (Anhang 46 E-I36). Je weiter sich ein Unternehmen von den gesetzten finanziellen Zielen entfernt, desto grundlegender sollte das Hinterfragen ausfallen (Anhang 46 E-I36). Schlussendlich kann eine externe Unterstützung ein strukturiertes Vorgehen mit passenden Instrumenten, Moderation und Entlastung der internen Mitarbeiter gewährleisten (Anhang 46 D-I36).

5.1 ERGEBNISSE ZU PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

5

259

Entwicklung eines integrativen Ansatzes für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung

5.1 Diskussion der Ergebnisse zu Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung In diesem Kapitel werden die Propositionen zur Untersuchungsdimension (B) Mediation durch Geschäftsmodell- und Strategie-Praktiken aufgegriffen und vor dem Hintergrund der empirischen Ergebnisse diskutiert. Proposition B01: Wenn ein Geschäftsmodell gestaltet wird, dann werden hierzu administrative, diskursive und episodische Praktiken kombiniert. Die Fallstudienunternehmen haben sowohl administrative (Muster 5–17) und diskursive (Muster 19–23) als auch episodische Praktiken (Muster 24–26) genutzt. Zu den administrativen Praktiken zählt primär die Festlegung der Vorgehensweise zur Geschäftsmodellgestaltung mit einzelnen Arbeitsschritten (Muster 5). Als Aktivitäten im Rahmen dieses Vorgehens konnten die Initialisierung (bspw. Festlegung der Zielsetzung) (Muster 6), die Durchführung der strategischen Analyse (bspw. interne und externe Analyse) (Muster 7, 11 und 12), einzelne Arbeitsschritte der Geschäftsmodellgestaltung (Muster 8, 13–16), die Konkretisierung des Geschäftsmodells durch Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen (Muster 9) und vorgesehene Aktivitäten zur Umsetzung des Geschäftsmodells (Muster 10) beobachtet werden. In einer Meta-Analyse der administrativen Praktiken deuten die Muster 17a–c an, dass die einzelnen Fallbeispiele unterschiedliche Schwerpunkte in der Nutzung von Analytik und Intuition gelegt haben. Muster 18 zeigt, dass die administrativen Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und des Strategieprozesses miteinander kombiniert wurden. Die Nutzung von Geschäftsmodell- und Strategieinstrumenten als Diskurspraktiken wurde anhand der Muster 19–23 beschrieben. Dazu gehören die Bestätigung des Einsatzes beider Instrumentengruppen sowie unterschiedliche Visualisierungspraktiken. Insbesondere Muster 22 und 23 zeigen, dass Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung und Strategiearbeit in die administrativen Praktiken integriert werden, Die Nutzung von episodischen Praktiken in Form von Workshops wird über Muster 24 beschrieben. Die Integration von Geschäftsmodell- und weiteren Strategie-Workshops wird in Muster 25 ausgeführt. Die Funktion der Workshops wird mit Muster 26 beschrieben. Über Muster 27 lässt sich darüber hinaus eine Verbindung zwischen diskursiven Praktiken (Geschäftsmodellinstrumente) und episodischen Praktiken (GeschäftsmodellWorkshops) zeigen. Zusammenfassend lassen sich alle drei Arten von Praktiken erkennen; gleichzeitig stehen diese in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Damit wird die Proposition bestätigt (vgl. Kap. 4.2.2.3).

260

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Proposition B02: Wenn ein Geschäftsmodell bewusst gestaltet wird, dann folgt diese Gestaltung einem systematischen und analytischen Prozess. Die systematische Vorgehensweise mit den Schwerpunkten auf Intuition (a), Intuition und Analytik (b) oder Analytik (c) (Muster 17a–c) bestätigt die Proposition nur zum Teil. Alle Muster weisen darauf hin, dass Unternehmen eine eher systematische Vorgehensweise nutzen. Auch wenn Analytik Bestandteil in allen Mustern ist, so beschreiben Muster 17a und b eine Mischung aus einem analytischen und intuitiven Vorgehen oder sogar ein eher intuitives Vorgehen. Gegenüber der Betonung der Existenz einer analytischen und formalen Strategiearbeit innerhalb von Strategy-as-Practice (Whittington 2003, S. 118) sollte daher der Rolle der Intuition größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Untersuchung eines optimalen Verhältnisses zwischen Analytik und Intuition wird als weiterer Forschungsbedarf identifiziert. Damit wird die Proposition B02 neu formuliert: Wenn ein Geschäftsmodell bewusst gestaltet wird, dann folgt diese Gestaltung einem systematischen Prozess. Proposition B03: Wenn Geschäftsmodelle gestaltet werden, dann ist die Vorgehensweise in den Strategieprozess integriert. Mit Muster 18 (Integration in den Strategieprozess) haben alle Fallbeispiele bestätigt, dass die Gestaltung des Geschäftsmodells als Aktivität in den Strategieprozess integriert wurde. Dennoch weisen die Interviewpartner in den Fallbeispielen darauf hin, dass auch Gründe oder Anlässe denkbar seien, das Geschäftsmodell zusätzlich außerhalb eines Strategieprozesses zu betrachten (vgl. Kap. 4.2.2.1). Zu diesen zählt die Möglichkeit, einen kleineren Personenkreis zu involvieren (im Vergleich zum Strategieprozess), um dadurch den Diskussionsprozess zu erleichtern und flexibler vorgehen zu können (vgl. Anhang 46 A-I15, C-I15). Auch erhielte das Geschäftsmodell in einem eigenen Projekt mehr Aufmerksamkeit (vgl. Anhang 46 A-I15). So könnte bspw. das Geschäftsmodell für die Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes außerhalb eines Strategieprozesses entwickelt werden, auch wenn die Ergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt in den Strategieprozess integriert werden müssten (vgl. Anhang 46 C-I15). Auch die Entwicklung einer Reaktion auf disruptive Marktentwicklungen, die Überprüfung von Auswirkungen von Ad-hoc-Informationen oder Veränderungen auf das Geschäftsmodell sowie ein grundsätzliches Hinterfragen des Geschäftsmodells könnten außerhalb eines Strategieprozesses erfolgen (vgl. Anhang 46 A-I15). Ebenso denkbar wäre ein eigenes Projekt für eine deskriptive Geschäftsmodellbetrachtung, wenn bspw. Investoren, Neu-Eigentümer oder ein neuer Vorstand das Geschäftsmodell und damit verbundene Erfolgsparameter verstehen möchten (vgl. Anhang 46 B-I15). Als Begründung für die integrative Betrachtung des Geschäftsmodells im Strategieprozess nennen die Fallunternehmen einerseits unterschiedliche Vorteile für den Strategieprozess durch das Instrument Geschäftsmodell, andererseits entstehen auch positive Effekte für das Geschäftsmodell (vgl. weitere Ausführungen in Kap. 4.2.2.1).

5.1 ERGEBNISSE ZU PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

261

Die Ergebnisse decken sich mit dem Aufruf zur Integration des Geschäftsmodells in den Strategieprozess (Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 183) und helfen, eine bestehende Forschungslücke zu schließen. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird die Proposition B03 in Form von zwei Propositionen erweitert: Proposition B03a: Wenn Geschäftsmodelle als Instrument in den Strategieprozess integriert werden, dann erhöht sich die Zufriedenheit mit dem Strategieprozess. Proposition B03b: Wenn Geschäftsmodelle in einem Strategieprozess gestaltet werden, dann erhöht sich der Umsetzungserfolg des angestrebten Geschäftsmodells. Proposition B04: Wird ein Geschäftsmodellinstrument eingesetzt, dann a) bietet es eine Struktur (über die Komponenten) für Geschäftsmodelldiskussionen/-entscheidungen, In allen Fallstudien konnte die Nutzung der Geschäftsmodellinstrumente als Strukturierungshilfe für die Diskussion und die Entscheidung zu Elementen (unternehmensindividuelle Ausprägung einer Komponente) des Geschäftsmodells gezeigt werden (vgl. Anhang 46 A-I19, B-I18, C-I19, D-I18, E-I18). Damit stimmen die Ergebnisse mit den bestehenden Erkenntnissen zu Strategieinstrumenten als Unterstützung der Strukturierung von strategischen Entscheidungen überein (Hodgkinson et al. 2006, S. 484; March 2006, S. 202). Die Proposition wird bestätigt. b) bietet es eine neue Perspektive auf die Strategie, Die Begründungen für eine Integration der Geschäftsmodellgestaltung in den Strategieprozess (Muster 18) und die Einzelaussagen zu den Vorteilen der Geschäftsmodellperspektive bieten Anhaltspunkte für die Eigenschaften dieser neuen Perspektive auf die Strategie. Das Geschäftsmodell schließt eine „Lücke“ in der Strategiearbeit zwischen der Vision/Mission und den strategischen Zielen (vgl. Anhang 46 B-I14, C-I2), indem es die Grundsatzentscheidungen einer Strategie verkörpert (vgl. Anhang 46 C-I2, B-I2, E-I2). Es stellt über die aggregierte Form der Inhalte eine eigene Ebene in der Strategiediskussion dar (vgl. Anhang 46 A-I2, B-I2) und vermittelt einen verständlichen Überblick bspw. über einen Geschäftsbereich (vgl. Anhang 46 A-I2, B-I2, C-I2, D-I2, D-I36, E-I2) sowie über die Zusammenhänge von Elementen und Veränderungen des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 A-I2, B-I2, C-I2, C-I37, D-I36). Durch die Reduktion auf wesentliche Aspekte beschreibt es die Erfolgseigenschaften eines Unternehmens (vgl. Anhang 46 B-I2, C-I2, D-I2, E-I2) und konkretisiert strategische Entscheidungen (vgl. Anhang 46 B-I2, C-I2, D-I2). Dadurch hat das Geschäftsmodell im Vergleich zur Strategie eine höhere Orientierungsfunktion (vgl. Anhang 46 A-I2, B-I2).

262

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Die Beispiele zeigen, dass auch Geschäftsmodellinstrumente neue Perspektiven auf Strategie- bzw. Geschäftsmodellinhalte bieten können, und erweitern damit bestehende Erkenntnisse zu Strategieinstrumenten (vgl. Knott 2006; Eppler und Platts 2009, S. 66). Die Proposition wird bestätigt. c) erhöht der Einsatz die Anzahl generierter Ideen für das Geschäftsmodell, Indizien für eine Erhöhung der Anzahl generierter Ideen für das Geschäftsmodell durch den Einsatz von Geschäftsmodellinstrumenten konnten nicht gefunden werden. Auch der Einsatz der Instrumente in Geschäftsmodell-Workshops (Muster 27) führte überwiegend zu wenigen neuen Ideen für das Geschäftsmodell (vgl. Kap. 4.2.2.1). Im Gegensatz zu anderen Instrumenten, die die Ideengenerierung fördern (Knott 2006), scheint dies für Geschäftsmodellinstrumente nicht zuzutreffen. Die Proposition wird verworfen. d) unterstützt es die Entstehung einer gemeinsamen Sprache, eines gemeinsamen Verständnisses zu Inhalten und die Kommunikation unter den beteiligten Akteuren, In allen fünf Fallstudien wurde die formulierte Proposition gestützt. Insbesondere im Kontext der Arbeit in Workshops ließen sich die Vorteile zeigen (vgl. Anhang 46 A-I2, A-I20, B-I2, B-I19, C-I20, D-I19, E-I57). Damit bestätigt das Ergebnis die These, dass die Entstehung einer gemeinsamen Sprache durch Strategieinstrumente gefördert wird (Barry und Elmes 1997, S. 433; Hardy et al. 2000, S. 1227; Hendry et al., 2010; Jarzabkowski 2005, S. 9), ebenso wie die Ergebnisse zu den Vorteilen der geschäftsmodellspezifischen Terminologien von Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 179). Die Proposition wird bestätigt. e) macht es die Komplexität in der Strategiearbeit beherrschbarer, Zu den von den Interviewpartnern beschriebenen Eigenschaften des Instruments zählen die Strukturierung und Sicherung der Vollständigkeit relevanter Themen (vgl. Anhang 46 A-I20, B-I2, B-I19, C-I2, C-I20, D-I2, D-I19, E-I19). Auch bieten Regelwerke zur Beschreibung des Geschäftsmodells (vgl. Anhang 46 B-I2) und die Zerlegung des komplexen Themas in auch für strategieunerfahrene Personen bearbeitbare Aufgabenpakete (vgl. Anhang 46 D-I19) Ansatzpunkte, um die Strategiearbeit beherrschbarer zu machen. Damit erweitern die Ergebnisse die bestehenden Erkenntnisse zu Strategieinstrumenten (Frost 2003, S. 50) auch auf Geschäftsmodellinstrumente. Folglich wird die Proposition bestätigt. f)

hat die Visualisierung eine hohe Bedeutung,

Fallübergreifend wurde der Visualisierung des Geschäftsmodells eine hohe Bedeutung zugemessen (vgl. Kap. 4.2.2.1 und 4.2.2.3). Die Formen der Visualisierung mit dem jeweiligen Fokus auf das Soll-Geschäftsmodell (angestrebtes zukünftiges Geschäftsmodell) oder auf Veränderungen vom Ist- zum Soll-Geschäftsmodell wurden durch die Muster 20 und 21 ausgeführt. Die Vorteile der Visualisierung in Strategieprozessen

5.1 ERGEBNISSE ZU PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

263

(Eppler und Platts 2009, S. 66) konnten damit auch für Geschäftsmodellinstrumente gezeigt werden. Die Ergebnisse von Hacklin und Wallnöfer (2012, S. 179) zur hohen Bedeutung der Visualisierung des Geschäftsmodells werden bestätigt und durch konkrete Visualisierungsformen erweitert. Entsprechend wird die Proposition bestätigt. g) sowohl zur Dokumentation bestehender Geschäftsmodelle als auch zur bewussten (Weiter-) Entwicklung von Geschäftsmodellen, In den Fallbeispielen wurden unterschiedliche Nutzungsformen von Geschäftsmodellinstrumenten bei der Beschreibung des bestehenden und/oder zukünftigen Geschäftsmodells beobachtet (Muster 13a und 13b). Während die Fälle mit der Beschreibung des bestehenden und zukünftigen Geschäftsmodells (Muster 13a) die Proposition bestätigen, fokussieren zwei Fallbeispiele ausschließlich auf die Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells (Muster 13b). Als Begründung wird für Muster 13b der unterstellte Konsens zum Ist-Geschäftsmodell unter den Führungskräften angegeben. Daraus wird gefolgert, dass Geschäftsmodellinstrumente für beide Varianten genutzt werden können. Das Geschäftsmodellinstrument hat bei der Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells nicht nur eine rein symbolische Bedeutung (Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 180) und wird nicht nur für die Ist-, sondern auch für die SollGeschäftsmodellbeschreibung – in vergleichbarer oder sogar intensiverer Form – eingesetzt. Dieses Ergebnis bietet im Vergleich zu bestehenden Erkenntnissen eine differenziertere Sicht. Diese Resultate führen zur Umformulierung der Proposition B04: Wenn ein Geschäftsmodellinstrument eingesetzt wird, dann zur Dokumentation bestehender Geschäftsmodelle (sofern hierzu kein Konsens im Topmanagement erwartet wird) und zur bewussten (Weiter-)Entwicklung von Geschäftsmodellen (zukünftige Geschäftsmodelle). h) werden Entscheidungen zu den Elementen und deren Verbindungen bzw. Wechselwirkungen getroffen. Das Treffen von Entscheidungen zu Elementen (Muster 14 und 15) und deren Verbindungen bzw. Wechselwirkungen im Geschäftsmodell (Muster 16a und b) konnte bestätigt werden. In der Vorgehensweise zur Berücksichtigung von Wechselwirkungen zeigten sich Unterschiede. In den Fallbeispielen wurde teils eine eher intuitive (Muster 16a), teils eine eher analytische (Muster 16b) Vorgehensweise genutzt. Die Ergebnisse bestätigen die bestehenden Erkenntnisse zum Treffen von Entscheidungen zu Elementen und deren Verbindungen untereinander (Afuah und Tucci 2001, S. 4; Baden-Fuller und Morgan 2010, S. 166; Chesbrough und Rosenbloom 2002, S. 533; Demil und Lecocq 2010, S. 227; Hacklin und Wallnöfer 2012, S. 172, 177–182; Morris et al. 2005, S. 733). Mit den beiden unterschiedlichen Herangehensweisen zur Berücksichtigung von Wechselwirkungen erweitern die Ergebnisse bestehende Ansätze. Die Proposition wird bestätigt.

264

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Proposition B05: Wenn gängige Strategieinstrumente eingesetzt werden, dann können diese Informationen, Impulse und/oder Bewertungshilfen für die Geschäftsmodellgestaltung liefern. Die Nutzung gängiger Strategieinstrumente im Rahmen der Geschäftsmodellgestaltung (Muster 22), insbesondere Benchmarking und SWOT-Analyse, sowie multipler Instrumente zur Festlegung der Value Proposition und der Prozesse bzw. Wertkette (Muster 23) konnte gezeigt werden. Beide Muster demonstrieren, dass die Ergebnisse gängiger Strategieinstrumente als Informations- und Impulsgrundlage für die Gestaltung von Komponenten des Geschäftsmodells genutzt wurden. Hinweise auf die Anwendung von Strategieinstrumenten zur Bewertung des Geschäftsmodells konnten nur in wenigen Beispielen für einzelne Strategieinstrumente gefunden werden, bspw. für Marktanalysen in Fall 1, Benchmarking in den Fällen 2 und 4 sowie für die Szenarioanalyse und die Wertkettenanalyse in Fall 3. Die Ergebnisse bieten somit gegenüber den bislang geringen Erkenntnissen zur Nutzung von Strategieinstrumenten für die Geschäftsmodellgestaltung differenzierte Angaben. Trotz der Einzelfälle zur Bewertungsfunktion wird die Proposition bestätigt. Proposition B06: Wenn Geschäftsmodellinstrumente in Workshops eingesetzt werden, dann a) haben diese einen positiven Einfluss auf den Erfolg des Workshops; b) haben diese keinen Einfluss auf den Erfolg des Workshops. Geschäftsmodellinstrumente wurden in Workshops der Fallbeispiele eingesetzt (Muster 27). Entgegen einzelnen bisherigen Forschungsergebnissen, die keinen Einfluss auf den Erfolg von Workshops bei Nutzung von Strategieinstrumenten zeigen konnten (van Aaken et al. 2013, S. 590), wurde in den Fallstudien für die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten ein positiver Einfluss auf die Zielerreichung der Workshops aufgezeigt (vgl. Kap. 4.2.2.1). Daher wird Proposition B06a bestätigt und B06b verworfen. Proposition B07: Wenn ein Geschäftsmodell-Workshop Möglichkeiten zur offenen Diskussion bietet (also weniger strukturiert gestaltet ist), dann entstehen eher neue Ideen für das Geschäftsmodell. In den Fallbeispielen konnten strukturierte Workshops beobachtet werden (Muster 26), die zu der Entwicklung von wenigen neuen Ideen geführt haben. Dennoch gaben die Interviewpartner mehrheitlich an, dass die Workshops trotz ihrer Struktur Raum für offene und kontroverse Diskussionen boten. Schlussendlich können auf der Grundlage der Forschungsergebnisse keine Aussagen zur Proposition getroffen werden. Der Grad der „Offenheit“ versus „Strukturiertheit“ von Workshops mag einen Einfluss auf die Ideengenerierung haben (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1404–1407).

5.2 ERGEBNISSE ZU KONTEXTFAKTOREN

265

Es kann jedoch auch sein, dass andere Instrumente wie bspw. Kreativitätstechniken, die auch in strukturiert ablaufenden Workshops eingesetzt werden können, die Ideengenerierung deutlicher beeinflussen. Die bereits bei bestehenden Forschungsarbeiten widersprüchlichen Erkenntnisse konnten auch hier nicht aufgelöst werden. Daher wird die Proposition verworfen. Proposition B08: Wenn Geschäftsmodell-Workshops genutzt werden, dann werden diese in eine Sequenz von Strategie-Workshops (bspw. zur Konkretisierung, Weiterverfolgung der Themen) integriert. Die Fallbeispiele zeigen, dass jeweils 2 bis 3 Geschäftsmodell-Workshops durchgeführt wurden (Muster 24). Damit stellen sie bereits eine Sequenz dar. Die Konkretisierung des Geschäftsmodells erfolgte entweder im Rahmen dieser Workshop-Reihe (Muster 25b), oder es wurden dafür zusätzliche Strategie-Workshops durchgeführt (Muster 25a). Auch die Begründungen zur Integration der Geschäftsmodellgestaltung (bspw. zur Erhöhung des Umsetzungserfolges) in den Strategieprozess (Muster 18) und die identifizierten Arbeitsschritte zur Konkretisierung von Geschäftsmodellen (Muster 9a/b) im Strategieprozess stützen die Proposition. Die Erkenntnisse zu Strategie-Workshops (Jarzabkowski und Seidl 2008, S. 1409–1411; van Aaken et al. 2013, S. 590) gelten somit auch für Geschäftsmodell-Workshops. Zusammenfassend wird die Proposition damit bestätigt.

5.2 Diskussion der Ergebnisse zu Kontextfaktoren In diesem Kapitel werden die Propositionen zu den Komponenten Activity-System (A), Kollektiv (C), zielorientierte Aktivität (D), Subjekte (E) und „kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd“ (F) aufgegriffen und vor dem Hintergrund der empirischen Ergebnisse diskutiert. Proposition A01: Wenn Geschäftsmodelle gestaltet werden, dann ist die übergeordnete Zielsetzung für alle Beteiligten die Bestätigung des aktuellen Geschäftsmodells, die Anpassung des Geschäftsmodells an Marktveränderungen und/oder die Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation. Die Untersuchung hat ergeben, dass alle Unternehmen folgende Zielsetzungen teilen: Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zur Zukunftssicherung, Schaffung einer Orientierung für die Organisation sowie Erzielung einer Unterstützung und Motivation der Führungskräfte und Mitarbeiter (Muster 3). Die Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation – ein Schwerpunkt in der Literatur zu Geschäftsmodellen –, wurde von keinem Unternehmen explizit genannt, jedoch auch nicht ausgeschlossen. Dieser weniger ambitionierte Praxisbedarf kann auch in der Fallauswahl begründet liegen. Für die Fallstudienunternehmen steht die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells im Fokus. Dabei ist die Bestätigung von bestehenden Elementen des Geschäftsmodells möglich. Die Unternehmen verfolgen mit der Weiterentwick-

266

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

lung nicht nur eine inhaltliche Zielsetzung, auch der Prozess als solches zur Schaffung von Orientierung, Motivation und Unterstützung ist wichtig. Es ist denkbar, dass Praktiken zur Entwicklung von Geschäftsmodellinnovationen von den beschriebenen Praktiken abweichen, auch wenn diese Frage nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit war. Für die Auswahl und die Gestaltung der Praktiken ist nicht nur die inhaltliche Zielsetzung wichtig, auch die weiteren genannten Zielsetzungen (bspw. Motivation der Führungskräfte) sollten bei der Selektion der Instrumente und dem Aufbau des Prozesses berücksichtigt werden. Mit diesen Erkenntnissen zu den Zielsetzungen erweitern die Ergebnisse die bisherige Forschung zu Geschäftsmodellen. Die Proposition wird bestätigt. Proposition C01: Wenn mehrere Akteure an einer Geschäftsmodellgestaltung beteiligt sind, dann a) nutzen sie dabei Geschäftsmodellinstrumente zur Mediation, Die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten durch die beteiligten Akteure wurde bereits bestätigt (Muster 19 und 27). Insbesondere an den Geschäftsmodell-Workshops waren jeweils alle untersuchten Personengruppen beteiligt (außer in Fall 5)67. Da in allen Workshops Geschäftsmodellinstrumente eingesetzt wurden, kann geschlussfolgert werden, dass alle Personengruppen bewusst oder unbewusst mit Geschäftsmodellinstrumenten gearbeitet haben. Die Vorteile des jeweiligen Instruments (siehe Proposition B04) können als „Mediationsfunktion“ bezeichnet werden, da sie die Interaktion zwischen den Akteuren beeinflussen und prägen. Damit wird die Proposition bestätigt. Strategiebereiche und externe Unternehmensberatung nutzen Instrumente intensiv als Arbeitsmittel zur Koordination ihrer Aktivitäten (Muster 34), ebenso der Bereichsleiter in Fall 4 (Muster 35). Darüber hinaus wenden die Fachbereiche in den Fällen 2–4 (Muster 36a) Strategieinstrumente aktiv an. Vorstände bzw. Geschäftsführer nutzen Strategieinstrumente seltener und arbeiten vorzugsweise mit den Ergebnissen der Instrumente (die durch andere Personen erarbeitet wurden) bzw. unbewusst mit den Instrumenten (Muster 37a, b). Die Mediationsfunktion von Instrumenten (Blackler 1993, S. 869; Engeström 2000a, S. 303; 2000b, S. 966; Vygotsky 1978, S. 24–26; Wertsch 1985, S. 79) konnte damit auch für Geschäftsmodellinstrumente gezeigt werden. Die Proposition wird bestätigt. b) übernehmen diese jeweils unterschiedliche Aufgaben und Rollen. In den Mustern 28a–c (jeweils Varianten des Kollektivs der beteiligten Personen an der Geschäftsmodellgestaltung) wurden die Aufgaben und Rollen der einzelnen Beteiligten ausführlich beschrieben. Für Muster 28a (Kollektiv: Vorstand bzw. Geschäftsführung, Vertreter Fachbereiche, Strategiebereich und/oder externe Unternehmensberatung) zeigen sich fallübergreifend Gemeinsamkeiten bei der jeweiligen Personengruppe 67

In Fall 5 waren die Leiter der Fachbereiche nicht direkt in die Gestaltung des Geschäftsmodells eingebunden. Sie stellten nur Informationen zur Verfügung.

5.2 ERGEBNISSE ZU KONTEXTFAKTOREN

267

(bspw. Vorstände bzw. Geschäftsführer als Personengruppe). Zwischen den Personengruppen bestehen deutliche Unterschiede in den Aufgaben- und Rollenverteilungen. Zwischen Muster 28a, b und c verschieben sich die Aufgaben zwischen Personengruppen; bspw. übernimmt der Vorstand in Muster 28c (Kollektiv: Vorstand bzw. Geschäftsführung und Geschäftsbereichsleiter bzw. Partner) die Aufgaben des Strategiebereichs und des externen Unternehmensberaters, da diese Personengruppen nicht beteiligt waren. Die Personenkonstellation in Muster 28b (Kollektiv: Bereichsleiter, Vertreter Fachbereiche, Strategiebereich und/oder externe Unternehmensberatung) ist anders als in 28a und c, wodurch sich auch hier die Aufgaben- und Rollenverteilung veränderten. Die Ergebnisse erweitern die bisherigen Erkenntnisse zu involvierten Personengruppen in der Strategiearbeit (bspw. Blackler et al. 2000; Clark 2004; Dalton 1959; Davids 1995; Dutton et al. 2001; Floyd und Lane 2000; Jarzabkowski et al. 2007, S. 12; Kipping 1999; Kotter 1982; Lowendahl und Revang 1998; Mintzberg 1973; Vaara und Whittington 2012, S. 23–24) für die Geschäftsmodellgestaltung und bieten darüber hinausgehend detaillierte Beschreibungen der Aufgaben und Rollen der einzelnen Personengruppen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wird die Proposition C01 wie folgt präzisiert: Wenn mehrere Akteure an einer Geschäftsmodellgestaltung beteiligt sind, dann b) ist die Aufgaben- und Rollenverteilung abhängig von der Personenkonstellation, c) übernehmen ähnliche Personengruppen ähnliche Aufgaben, d) unterscheiden sich die Aufgaben zwischen den Personengruppen. Proposition D01: Wenn Geschäftsmodelle von mehreren Akteuren gestaltet werden, dann verfolgen die einzelnen Subjekte individuelle Zielsetzungen unter einer übergeordneten Zielsetzung. Fallübergreifend wurde die übergeordnete Zielsetzung der erfolgreichen inhaltlichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells geteilt (vgl. Kap. 4.2.2.2). Auch konnte über die Muster 30–33 gezeigt werden, dass die jeweiligen Personengruppen (bspw. Leiter Fachbereich, Strategiebereich) eine gemeinsame Zielsetzung hatten, sich diese Zielsetzungen aber zwischen den Personengruppen unterschieden. Zusätzlich zu den gemeinsamen Zielsetzungen ließen sich auch zusätzliche individuelle Zielsetzungen der Akteure nachweisen (vgl. Kap. 4.2.2.2). Damit stehen die Ergebnisse im Einklang mit den Annahmen der Activity-Theory (vgl. Kap. 3.3). Folglich wird die Proposition bestätigt. Proposition E01: Wenn Geschäftsmodelle überarbeitet werden, dann nehmen Topmanager eine dominierende Rolle (bspw. Zielvorgaben, Treffen von Entscheidungen) ein. In den Kapiteln 4.2.1.4, 4.2.1.5 und 4.2.2.2 wurde auf die Aufgaben- und Rollenverteilung in den Fallstudien bzw. fallübergreifend für Muster 28a eingegangen. In allen fünf Fallbeispielen zeigt sich, dass Topmanager in Form der Vorstände bzw. Geschäftsführer die Initiatoren und Steuerer des Strategieprozesses sind, die inhaltlichen Leitplan-

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5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

ken für die Geschäftsmodellgestaltung vorgeben, aktiv an dieser Gestaltung teilnehmen und am Ende die Entscheidungen treffen. Fall 4 stellt insofern eine Ausnahme dar, als es sich hierbei um die Gestaltung des Geschäftsmodells eines Geschäftsfeldes handelte und der Bereichsleiter eine stärkere Rolle einnahm. Die genannten Aufgaben sind prägend für die Geschäftsmodellgestaltung, sodass die Proposition bestätigt wird. Bisherige Forschungsergebnisse zu Topmanagern fokussieren auf das Treffen von strategischen Entscheidungen (Bowman und Kakabadse 1997, S. 197; Grant 2003; Papadakis et al. 1998, S. 116). Die vorliegende Arbeit erweitert das Verständnis der Rolle von Topmanagern in der Geschäftsmodellgestaltung. Proposition F01: Wenn Geschäftsmodellinstrumente wiederholt angewendet werden, dann verändert sich der Umgang mit den Praktiken vor dem Hintergrund der zunehmenden Erfahrung der Akteure. Eine pfadabhängige Veränderung der Nutzung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung aufgrund der Wiederholung bzw. wachsenden Erfahrung der beteiligten Personen (Muster 38) konnte bestätigt werden. In Kapitel 4.2.2.2 wurden die beobachteten Veränderungen und Effekte ausführlich dargelegt. Damit konnte gezeigt werden, dass auch Aktivitäten und Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung historisch und kulturell eingebettet sind und sich in Aktivitätensystemen entwickeln (Jarzabkowski et al. 2007, S. 6; Kaptelinin et al. 1999, S. 32; Whittington 2006, S. 629). Die Proposition wird bestätigt.

5.3 Ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung Im Folgenden wird ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung entwickelt. Dabei werden Aspekte des Activity-Systems bereits hier – zur Verbesserung der Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit des Ansatzes – berücksichtigt. Dieser Ansatz wird im nächsten Kapitel durch die Beschreibung weiterer Kontextfaktoren erweitert. Einleitend sei darauf hingewiesen, dass die fünf Fallbeispiele keine generalisierenden, repräsentativen Aussagen im Sinne einer quantitativen Forschung zulassen. Die auf diesen fünf Fallstudien basierenden ausgesprochenen Empfehlungen sind daher als Vorschläge zu verstehen (zur Forschungsmethodik der Fallstudienarbeit vgl. auch Kap. 4.1). Der Vorschlag zur Integration der beschriebenen Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung wurde in einem dreistufigen Verfahren entwickelt. Im ersten Schritt wurden die Muster integriert, die in allen Fallbeispielen identifiziert werden konnten. Da dies auf 23 der 38 Muster zutrifft, waren damit bereits wesentliche Eckpunkte für den Ansatz gegeben (vgl. Kap. 4.2.1). Für jene Muster, in denen keine eindeutige Übereinstimmung in allen fünf Fällen bestand, wurden die fallübergreifenden Nutzenangaben (übergreifende Nutzenanalyse und musterspezifische Nutzenangaben) in einem zweiten Schritt berücksichtigt (vgl. Kap. 4.2.1 und insbesondere 4.2.2.3). In einem dritten Schritt wurde

5.3 INTEGRATIVER ANSATZ

269

der Ansatz im Rahmen einer Gruppendiskussion mit Vertretern der Fallstudienunternehmen präsentiert und diskutiert. Im Zentrum der Diskussion standen die Kriterien der Nützlichkeit und der praktischen Problemlösungskraft des Ansatzes (vgl. Kapitel 1.2 zur wissenschaftstheoretischen Einordnung). Die Aussagen und Hinweise der Teilnehmer wurden zur Überprüfung des Ansatzes aufgenommen. Die Teilnehmer der Gruppendiskussion bestätigten die Praxisrelevanz, die Nützlichkeit und die praktische Problemlösungskraft des vorgestellten Ansatzes. Er wurde als hilfreich erachtet, um die eigene Vorgehensweise zu hinterfragen, zu vergleichen und weiterzuentwickeln. Nach Angaben der Diskussionsteilnehmer wird der Nutzen durch die Einzelfallbeschreibungen verstärkt, da diese Details der Fälle beschreiben und zusätzlich konkrete Hinweise bspw. zur Gestaltung von Workshops oder der Visualisierung des Geschäftsmodells enthalten. Wichtig war der Hinweis der Teilnehmer, zur besseren Orientierung eine Gesamtansicht des Ansatzes (vgl. Abb. 5.1) zu erstellen (vgl. Anhang 50).

270

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Abbildung 5.1: Übersicht zum Vorschlag für die Integration von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung

5.3 INTEGRATIVER ANSATZ

271

Um die Begründung der Wahl der jeweiligen Praktik innerhalb des Ansatzes transparent zu machen, wird in der folgenden Beschreibung der einzelnen Aspekte jeweils ein Verweis zum Ursprung in der empirischen Untersuchung angegeben. Der Ansatz integriert die untersuchten administrativen, diskursiven und episodischen Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und des Strategieprozesses (vgl. Abb. 5.1). Die Geschäftsmodellgestaltung wird als Arbeitsschritt in den Strategieprozess integriert (Muster 18, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3). Das Vorgehen im gesamten Prozess ist systematisch, der Schwerpunkt kann aber unternehmensindividuell auf eine eher analytische oder intuitive Vorgehensweise gelegt werden (Muster 17a–c, 4.2.2.3; siehe auch 5.4 zu kulturellen Kontextfaktoren). In einer Initialisierungsphase wird zunächst die Vorgehensweise im Prozess festgelegt (Muster 5a, vgl. Kap. 4.2.2.1). Falls notwendig, kann die Vorgehensweise auch während des Prozesses an die Bedürfnisse der Beteiligten und an aufkommende strategische Diskussionsthemen angepasst werden (Muster 5b, vgl. Kap. 4.2.2.1). Die Prozessbeteiligten werden in einem nächsten Schritt festgelegt (vgl. hierzu auch Kap. 5.4 zu Varianten in der Gestaltung des Kollektivs der Geschäftsmodellgestalter). Sofern eine externe Unternehmensberatung als Prozessbegleitung einbezogen wird, erfolgt ein Briefing der Berater (Muster 6, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Festlegung und Kommunikation der Zielsetzung des Prozesses erfolgt primär durch den Vorstand/die Geschäftsführung, beraten durch bspw. einen verantwortlichen Lenkungskreis für die Geschäftsmodellgestaltung, den Strategieleiter und/oder die externe Unternehmensberatung (Muster 1 und 2, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Einbindung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung über den gesamten Prozess wird als Mehrwert für die Unterstützung der Ergebnisse durch die Topführungskräfte und für die wahrgenommene Bedeutung des Gesamtprozesses empfohlen (vgl. Kap. 4.2.2.2). Auslöser und inhaltliche Zielsetzung des Prozesses ist die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Flankierend sollte als Zielsetzung formuliert werden: eine konkrete, transparente, Orientierung stiftende strategische Ausrichtung sowie die Unterstützung und Motivation der Führungskräfte und Mitarbeiter (Muster 3, vgl. Kap. 4.2.2.2). Als methodische Grundlage und für einen reibungslosen Ablauf des Prozesses sollte ein einheitliches Geschäftsmodellverständnis sichergestellt werden. Hierfür kann bspw. eine Strategie- und Geschäftsmodellschulung genutzt werden (Muster 4a; für Nachteile bei Vernachlässigung siehe auch 4b; vgl. Kap. 4.2.2.1). Als episodische Praktiken können in dieser Phase bspw. Arbeitssitzungen genutzt werden (vgl. Kap. 4.2.2.1). In der Phase der strategischen Analyse werden externe und interne Analysen durchgeführt, um daraus Handlungsbedarfe für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells abzuleiten (Muster 7, vgl. Kap. 4.2.2.1). Als „Pflicht-Bestandteile“ dieser Analyse sind externe Informationen zu Produkten, Märkten, Wettbewerbern sowie interne Informationen zu Produkten bzw. Leistungen, Kunden, Kernkompetenzen, Stärken bzw. Schwächen und Finanzanalysen anzusehen. Weitere notwendige Informationen sind unternehmensindividuell festzulegen (Muster 11, vgl. Kap. 4.2.2.1). Als Datenquellen sollten insbesondere externe und interne Expertenmeinungen, interne Berichte und Studien

272

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

sowie Fachliteratur herangezogen werden. Auch weitere Datenquellen sind, abhängig vom Informationsbedarf, möglich (Muster 12, vgl. Kap. 4.2.2.1). In der Analysephase können alle gängigen Instrumente (vgl. Kap. 2.4.3) der Strategiearbeit, also Benchmarking, Kernkompetenzanalyse, Kundenzufriedenheitsanalyse, Marktanalyse, Mission/ Vision, Portfolioanalyse, SWOT-Analyse, Umfeld- bzw. Trendanalyse, Wertkettenanalyse und Industrieanalyse („Five-Forces“), genutzt werden (Muster 22, vgl. Kap. 4.2.2.1). Insbesondere sollten Benchmarking, SWOT-Analyse sowie multiple Instrumente für die Gestaltung der Value Proposition bzw. des Produkt- und Leistungsportfolios und der Prozesse inkl. der Wertkette eingesetzt werden (Muster 23, vgl. Kap. 4.2.2.1). Auch sollte auf Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung bspw. zur Strukturierung zurückgegriffen werden (Muster 19, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.2). Wichtig ist in dieser Phase, ausreichend Freiraum für die Entwicklung von Ideen zu bieten (vgl. Kap. 4.2.2.1). Als episodische Praktiken können Arbeitssitzungen und Interviews genutzt werden (vgl. Kap. 4.2.2.1). In der Phase der Geschäftsmodellgestaltung sollte der Fokus auf das angestrebte zukünftige Geschäftsmodell gelegt werden (Muster 13a/b, vgl. Kap. 4.2.2.1), wobei es nützlich (vgl. Kap. 4.2.2.1) und daher empfehlenswert ist, zunächst das bestehende Geschäftsmodell (Muster 13a) zu beschreiben, anstatt nur das zukünftige Geschäftsmodell zu betrachten (Muster 13b). Der Empfehlung folgen die Arbeitsschritte „Beschreibung des Ist-Geschäftsmodells“, „Entwicklung strategischer Optionen“, „Integration der Optionen in ein Soll-Geschäftsmodell“, „qualitative und quantitative Bewertung“ und „Dokumentation der Veränderungen“ (Muster 8a, vgl. Kap. 4.2.2.1). Sofern Unternehmen das zukünftige Geschäftsmodell ohne Beschreibung des bestehenden (Muster 13b) gestalten möchten, können einzelne Arbeitsschritte weggelassen werden (Muster 8b, vgl. Kap. 4.2.2.1). Dies ist aber nur in Ausnahmefällen zu empfehlen, bspw. unter enormem Zeitdruck. Im Rahmen der Integration strategischer Optionen in das SollGeschäftsmodell werden Entscheidungen zu Elementen des Geschäftsmodells getroffen (Muster 14, vgl. Kap. 4.2.2.1). Die relevanten Komponenten des Geschäftsmodells, zu denen Entscheidungen getroffen werden, sind aufgrund des unternehmensspezifischen Geschäftsmodells individuell festzulegen. In jedem Fall sollten aber Entscheidungen zu der Marke, der Markenwahrnehmung bzw. Positionierung, dem Produktund Leistungsportfolio, zu Zielkunden und -gruppen sowie zu Zielmärkten getroffen werden (Muster 15, vgl. Kap. 4.2.2.1). Als Orientierung und zur Sicherung der Vollständigkeit ist die Ausrichtung an den Komponenten eines Geschäftsmodellinstrumentes vorteilhaft. Gleichzeitig sollten die beteiligten Personen für das Treffen der Entscheidungen die relevanten Wechselwirkungen zwischen den Elementen des Geschäftsmodells diskutieren und sich auf die wesentlichen Verhältnisse der Elemente zueinander einigen (Muster 16a/b, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3). Für die Diskussion und Festlegung der Wechselwirkungen ist das Muster 16b aufgrund der Nutzenargumente hilfreich: Hierzu gehört eine analytische Vorbereitung der Wechselwirkungen, um diese effizient im Rahmen eines Workshops diskutieren zu können (vgl. Kap. 4.2.2.1).

5.3 INTEGRATIVER ANSATZ

273

Als diskursive Praktiken werden der Einsatz von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung (Muster 18, vgl. Kap. 4.2.2.1 und 4.2.2.3) und die Visualisierung des Geschäftsmodells (Muster 20 und 21, vgl. Kap. 4.2.2.1 und 4.2.2.3) empfohlen. Für die Visualisierung stehen zwei Varianten zur Verfügung: Bei der ersten liegt der Fokus auf der Darstellung des Soll-Geschäftsmodells in Form einer aggregierten, eher grafisch orientierten Darstellung und einer detaillierteren Beschreibung des Soll-Geschäftsmodells entlang der Komponenten (Muster 20, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3). Bei der zweiten steht die Visualisierung der Veränderungen des Ist- zum Soll-Geschäftsmodell im Vordergrund. Die Veränderungen werden in Form einer aggregierten und einer eher detaillierten grafischen Darstellung sowie einer detaillierten Beschreibung aufgezeigt (Muster 22, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3). Für die effiziente Arbeit am Geschäftsmodell innerhalb der Gruppe der Geschäftsmodellgestalter wurden mehrheitlich 2 bis 3 Workshops empfohlen (episodische Praktik; Muster 24, vgl. Kap. 4.2.2.1). In einer Variante wird die Konkretisierung des Geschäftsmodells in Form von strategischen Zielen, Maßnahmen und Kennzahlen bereits in diese 2 bis 3 Workshops integriert (Muster 25b, vgl. Kap. 4.2.2.1). Eine andere Variante ist die Durchführung von zusätzlichen Workshops zur Konkretisierung des Geschäftsmodells (Muster 25b, vgl. Kap. 4.2.2.1). Die Entscheidung hängt von der Kosten- bzw. Nutzenbetrachtung des Einzelunternehmens ab (vgl. Kap. 4.2.2.2). In den Workshops sollte die Präsentation, Diskussion, Ergänzung und Priorisierung der Geschäftsmodellideen die Zielsetzung sein. Die eigentliche Ideengenerierung sollte im Vorfeld stattfinden (Muster 26, vgl. Kap. 4.2.2.1). Sofern das Generieren vieler neuer Ideen eine Zielsetzung des Prozesses ist, kann auch die Nutzung von KreativitätsWorkshops eingeplant werden (vgl. Kap. 4.2.2.1). Ein Einsatz von Instrumenten zur Geschäftsmodellgestaltung wird aufgrund der genannten Mehrwerte und positiven Effekte auf die Zielerreichung der Workshops empfohlen (Muster 27, vgl. 4.2.2.1, 4.2.2.3). In der nächsten Phase folgt die Konkretisierung des Geschäftsmodells (vgl. Kap. 4.2.2.1). Diese kann über zwei Wege erfolgen: Entweder werden strategische Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen (KPIs) abgeleitet, Investitionsbedarfe identifiziert und priorisiert (Muster 9a, vgl. Kap. 4.2.2.1), oder es wird auf die Ableitung von Maßnahmen und eine Investitionspriorisierung fokussiert (Muster 9b, vgl. Kap. 4.2.2.1). In vier von fünf Fällen wurde Muster 9a genutzt (vgl. Kap. 4.2.2.1). Zudem wird der hohe Konkretisierungsgrad mehrheitlich als Nutzen genannt (vgl. Kap. 4.2.2.3). Dennoch kann eine Fokussierung (Muster 9b) sinnvoll sein, wenn es die Unternehmenssituation erfordert (bspw. zeitlicher Druck, hoher Umsetzungsdruck) (vgl. Kap. 4.2.2.3). Im letzten Schritt wird eine Strategie- und Geschäftsmodelldokumentation erstellt. Diese sollte die Instrumente zur Geschäftsmodellgestaltung und Visualisierungen enthalten (Muster 10, vgl. Kap. 4.2.2.1).

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5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Damit folgt in der Phase der Umsetzung und des strategischen Controllings zunächst die Kommunikation der Strategie bzw. des Geschäftsmodells an die Mitarbeiter (ebenso Teil von Muster 10, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3). Zur Sicherung der konsequenten Umsetzung wird ein regelmäßiges (bspw. drei Mal im Jahr) strategisches Controlling zum Umsetzungsstand der beschlossenen Strategie und des Geschäftsmodells empfohlen (noch Teil Muster 10, vgl. Kap. 4.2.2.1, 4.2.2.3).

5.4 Berücksichtigung von Kontextfaktoren im integrativen Ansatz Kontextfaktoren bei der Anwendung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung wurden in den Dimensionen C, D, E und F des theoretischen Bezugsrahmens untersucht (vgl. Abb. 5.2). Die Inhalte des Activity-Systems (bspw. übergreifende Zielsetzungen) wurden als Dimension A des Bezugsrahmens in Kap. 5.3 bereits erläutert. D: Zielorientierte Aktivität (Praxis): Aktivitäten mit der Zielsetzung, die Geschäftsmodellgestaltung zu unterstützen

B: Praktiken/Mediation:

Kontextfaktoren

Initialisierung Prozess

Strategische Analyse

GeschäftsUmsetmodellzung und gestaltung strateKonkreti(Fokus zugisches sierung künftiges ConGeschäftstrolling modell) Administrativ Diskursiv

A: Activity-System: Aktivitäten und Praktiken der Individuen und der Gruppe der Geschäftsmodellgestalter in einem Unternehmen mit der Zielsetzung der Gestaltung des Geschäftsmodells

Episodisch

C: Kollektiv: Gruppe der Geschäftsmodellgestalter

E: Subjekt: Individuelle Akteure der Geschäftsmodellgestaltung

F: Kulturell und historisch eingebettet und sich entwickelnd

Abbildung 5.2: Übersicht zu Kontextfaktoren für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung Quelle: Eigene Darstellung.

5.4 KONTEXTFAKTOREN IM INTEGRATIVEN ANSATZ

275

Bei der Betrachtung der an der Geschäftsmodellgestaltung Beteiligten (Kollektiv: Gruppe der Geschäftsmodellgestalter) lassen sich die drei Muster 28a–c differenzieren. Dabei besteht der aufgrund der Fallstudien identifizierte mögliche Personenkreis in Summe aus dem Aufsichtsrat bzw. den Vertretern der Eigentümer, dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung, den Bereichsleitern, den Leitern der Fachbereiche, dem Strategieleiter und seinen Mitarbeitern und externen Unternehmensberatern (vgl. Kap. 4.2.2.2).68 Die einzelnen Aufgaben und Rollen der Personen/-gruppen in den Mustern wurden ausführlich in den Einzelfallbeschreibungen (vgl. Kap. 4.2.1) und in der fallübergreifenden Analyse (vgl. Kap. 4.2.2.2) beschrieben. Wichtig erscheint, dass sich die gewählte Personenkonstellation auf die Verteilung der Aufgaben auf die Subjekte (individuelle Akteure) auswirkt und dies bei der Personenauswahl berücksichtigt werden sollte. Zudem ergeben sich aus den identifizierten Anforderungen an das Kollektiv Rückwirkungen auf die Personenkonstellation, die unternehmensindividuell auszugestalten sind. Zu diesen Anforderungen gehören die „Zusammenstellung von Personen, die eine ganzheitliche Perspektive auf das Unternehmen abbilden“, die „Fähigkeit zum Führen von kontroversen Diskussionen“ und die Einschränkung auf eine „eher kleine Gruppe an Personen“. Auch zu berücksichtigen ist, dass über die Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern ein Konsens zur Strategie bzw. zum Geschäftsmodell sowie Motivation und Unterstützung entstehen sollte (Muster 29, vgl. Kap. 4.2.2.2 und 4.2.2.3). Die Betrachtung der Zielsetzungen der individuellen Akteure (zielorientierte Aktivität) zeigt, dass alle Subjekte die übergreifende Zielsetzung einer erfolgreichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells teilen (vgl. Kap. 4.2.2.2). Wichtig erscheint für die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und für die Zuteilung der jeweiligen Aufgaben- und Rollenpakete, die „typischen“ Zielsetzungen der jeweiligen Gruppe von Akteuren, bspw. der Vorstände bzw. Geschäftsführer als Gruppe, zu kennen. Für die Vorstände bzw. Geschäftsführer waren die Zukunftssicherung des Unternehmens und das Treffen der richtigen Entscheidungen prioritär (Muster 30, vgl. Kap. 4.2.2.2). Für den Bereichsleiter war die nachhaltige Umsetzung der Strategie, um möglichst nah an den Zielvorgaben der Geschäftsführung zu bleiben, die leitende Zielsetzung (vgl. Kap. 4.2.2.2). Für die Leiter der Fachbereiche war das Einbringen der eigenen Vorstellungen und der Perspektive des Fachbereichs von hoher Bedeutung (Muster 31, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Gestaltung und Durchführung eines erfolgreichen Prozesses war für den Strategiebereich die primäre Zielsetzung (Muster 32, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Unternehmensberater teilten die Ambition, ein kommunizierbares, akzeptiertes, funktionierendes Geschäftsmodell zu entwickeln, um den Kunden (noch) erfolgreicher zu machen (Muster 33, vgl. Kap. 4.2.2.2).

68

An dieser Stelle kann bzw. soll keine Empfehlung für eine Personenkonstellation formuliert werden, da eine Nutzenbetrachtung der jeweiligen Personenkonstellation nicht im Fokus der Untersuchung stand.

276

5 INTEGRATIVER ANSATZ FÜR PRAKTIKEN DER GESCHÄFTSMODELLGESTALTUNG

Die Nutzung von Praktiken bei der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren wird durch die Arbeitsweise der Akteure und die Intensität der Zusammenarbeit beeinflusst (vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Topführungskräfte prägen mit ihrer Arbeitsweise und ihren Präferenzen eine Führungskultur, die sich auf den Einsatz von Praktiken im gesamten Activity-System auswirkt (Muster 37a/b, vgl. Kap. 4.2.2.2). Dabei konnten Vorstände bzw. Geschäftsführer sowohl mit einer eher aversen (Muster 37a) als auch mit einer eher affinen Einstellung gegenüber der Nutzung von Strategieinstrumenten (Muster 37b) beobachtet werden. Bei der Zusammenarbeit mit den Vorständen bzw. Geschäftsführern gilt es, dafür ein Bewusstsein zu entwickeln, um diese erfolgreich gestalten zu können. Tendenziell arbeiten Vorstände bzw. Geschäftsführer mit den Ergebnissen der Instrumente. Seltener setzen sie diese bewusst selber ein. Je intensiver die Zusammenarbeit mit dem Topmanagement ausfällt, desto wichtiger erscheint die Berücksichtigung dieses kulturellen Faktors (vgl. Kap. 4.2.2.2). Erwähnt wird auch eine „mutige Führungskultur“ als vorteilhaft für die grundsätzliche Hinterfragung des Geschäftsmodells und die Bereitschaft zum Treffen couragierter Entscheidungen (vgl. Kap. 4.2.2.3). Den Strategiebereichen und der externen Unternehmensberatung dienen Strategieinstrumente als zentrales Arbeitsmittel zur Erfüllung der eigenen Aufgaben und zur Koordination von Tätigkeiten untereinander (Muster 34, vgl. Kap. 4.2.2.2). Auch auf der Ebene der Bereichsleitung wurde eine intensive Nutzung von Strategieinstrumenten bei der Zusammenarbeit mit dem Kollektiv beobachtet (Muster 35, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die Fachbereiche setzten Strategieinstrumente sowohl aktiv in der Zusammenarbeit (Muster 36a, vgl. Kap. 4.2.2.2) als auch eher passiv in Form einer reinen „Lieferung von Informationen für Strategieinstrumente“ ein (Muster 36b, Kap. 4.2.2.2). Neben der bereits diskutierten Beeinflussung durch die Führungskultur zeigt sich auch eine Pfadabhängigkeit der Nutzung von Praktiken. Für die Gestaltung einer Vorgehensweise gilt es, sich diese zu vergegenwärtigen und zu berücksichtigen (Muster 38, vgl. Kap. 4.2.2.2). Die einzelnen Effekte, die sich durch die wiederholte Anwendung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung einstellen, sind im Detail in Kapitel 4.2.2.2 dargestellt. Übergreifend kann zusammengefasst werden, dass Organisationen bei einer erstmaligen Anwendung gegenüber neuen Praktiken zurückhaltend sind, diese intensiv infrage stellen und der Prozess und die Zusammenarbeit dadurch gehemmt werden. Dieses Phänomen beschreiben die Fallbeispiele mehrheitlich, sodass sich die Verantwortlichen für die Prozessgestaltung bei einem erstmaligen Durchlaufen des Prozesses darauf vorbereiten und einstellen können. Eine erfolgreiche Anwendung der Praktiken in einem durchlaufenen Prozess wirkt sich deutlich positiv auf deren erneute Anwendung aus. Gründe dafür können die positive Erfahrung einerseits und andererseits die souveränere Beherrschung und das entwickelte Methodenverständnis sein (vgl. Kap. 4.2.2.2 und auch Anhang 50).

6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

6

277

Zusammenfassung und Ausblick für weitere Forschung

Im Einleitungskapitel wurde herausgearbeitet, dass sich das Geschäftsmodell zu einem bedeutenden neuen Bestandteil der Strategiearbeit entwickelt hat. Aufgrund seiner Neuartigkeit stellt das Geschäftsmodell Strategen vor große Herausforderungen bei der praktischen Arbeit: Wie kann die Betrachtung des Geschäftsmodells in die praktische Strategiearbeit integriert werden? Ausgangspunkt der Arbeit war somit die Fragestellung, wie Unternehmen ihr Geschäftsmodell vor diesem Hintergrund konfigurieren können. Im Fokus der Untersuchung stand die Beantwortung der Frage, wie Instrumente und Vorgehensweisen effizient und effektiv genutzt werden können, um ein Geschäftsmodell zu gestalten. Mit der Einordnung der vorliegenden Arbeit in die angewandten Wissenschaften (vgl. Kap. 1.2) waren für die Entwicklung von Lösungsansätzen die praktische Problemlösungskraft und Nützlichkeit leitende Kriterien. In Kapitel 2 wurden die theoretischen und begrifflichen Grundlagen der Arbeit dargestellt. Mit der Wahl der Activity-Theory und der Einordnung der vorliegenden Arbeit in die Strategy-as-Practice-Perspektive wurde ein Ansatz verfolgt, der einen neuen Zugang zur Forschung im strategischen Management bietet. Mit der umfangreichen Fallstudienarbeit leistet die Arbeit einen Beitrag zu Strategy-as-Practice, indem sie Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und der Strategiearbeit auf der Mikro-Ebene untersucht. In Kapitel 3 wurde der theoretische Bezugsrahmen der Arbeit vorgestellt. Zudem wurden die Propositionen für die Untersuchung entwickelt und in die Dimensionen des Bezugsrahmens eingeordnet. Kapitel 4 stellte mit der empirischen Untersuchung den Schwerpunkt der Arbeit dar. Die Betrachtung multipler Fallstudien und die Untersuchung der Fälle auf der MikroEbene der Strategiearbeit bieten einen umfangreichen Einblick und Orientierungspunkte zu Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung. Die Arbeit leistet damit auch einen Beitrag, die „Black-Box“ der Arbeit von Strategen besser zu verstehen. Die Aktivitäten der Geschäftsmodellgestaltung werden als Teilaktivität des Strategizings betrachtet. Durch den Nachweis der Geschäftsmodellgestaltung als strategische Aktivität wird der Strategiebegriff in der Strategy-as-Practice-Forschung präzisiert. Auf der Grundlage der Einzelfallstudien wurden Muster von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung sowie Muster von Kontextfaktoren für Praktiken identifiziert. Die Muster und der daraus entstandene Nutzen aus Sicht der Interviewpartner bildeten den Ausgangspunkt für die Entwicklung eines integrativen Ansatzes für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung in Kapitel 5. Dabei wurden administrative, diskursive und episodische Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung und der Strategiearbeit eingegliedert. Dieser integrative Ansatz wurde auf Basis der Diskussion der Propositionen

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6 ZUSAMMENFASSUNG UNS AUSBLICK

anhand der identifizierten Muster entwickelt. Er bietet Strategen einen praxisnahen Orientierungsrahmen für die Gestaltung einer eigenen Vorgehensweise zur Geschäftsmodellgestaltung. Der Nutzen dieses Ansatzes wurde im Rahmen einer Gruppendiskussion mit Vertretern der Fallstudienunternehmen diskutiert. Die vorliegende Arbeit lässt sich mit der Betonung der Praxisperspektive in die Forschungsrichtung Strategy-as-Practice einordnen. Gemäß der in Kapitel 1 proklamierten Forderungen nach einer höheren Praxisrelevanz der Strategieforschung bieten die Erkenntnisse dieser Arbeit Managern praktische Hilfestellungen in dem von ihnen jeweils beeinflussbaren Handlungsspielraum, d. h. auf der Aktivitätenebene. Als Ergebnisse der Arbeit lassen sich folgende Erkenntnise zusammenfassen: Geschäftsmodellverständnis und Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung  Ein einheitliches Geschäftsmodellverständnis unter den Beteiligten ist förderlich für

eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und sollte zu Beginn des Prozesses sichergestellt werden.  Unternehmen sollten im Überarbeitungsprozess nicht nur die inhaltliche Weiterent-

wicklung des Geschäftsmodells fokussieren, sondern auch die Orientierung für die Organisation und die Unterstützung und Motivation der Mitarbeiter und Führungskräfte im Auge haben.  Die Zielsetzung des Projektes sollte an alle Beteiligten vor Projektbeginn kommuni-

ziert werden. Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung  Ein integrativer Ansatz für Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung kombiniert ad-

ministrative, diskursive und episodische Praktiken.  Für die Gestaltung des Geschäftsmodells sollte eine systematische Vorgehenswei-

se vorab festgelegt werden. Diese kann bei Bedarf im laufenden Prozess angepasst werden.  Die Betrachtung des Geschäftsmodells sollte als Arbeitsschritt in den Strategiepro-

zess integriert werden.  Bei der Erarbeitung des zukünftigen Geschäftsmodells spielt die Kombination aus

Intuition und Analytik in der Arbeitsweise eine wichtige Rolle.  Die Visualisierung des Geschäftsmodells ist von entscheidender Bedeutung in der

Entwicklung, Kommunikation und Umsetzung des Geschäftsmodells.

6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

279

 Geschäftsmodell-Workshops sollten Teil einer Workshop-Sequenz sein, insbeson-

dere mit umsetzungsorientierten Folge-Workshops.  Geschäftsmodellinstrumente sind hilfreich entlang des gesamten Strategieprozes-

ses. Sie bieten eine ausgeprägte Mediationsfunktion für die Beteiligten, d. h. die Strategiearbeit lässt sich anhand der Instrumente koordinieren sowie strukturieren. Sie schaffen zudem eine gemeinsame Sprache.  Es gilt, die Nutzung von weiteren Strategieinstrumenten mit der Gestaltung des Ge-

schäftsmodells zu verzahnen. Sie bieten hilfreiche Impulse, Ideen und Bewertungsmöglichkeiten.  Im Gegensatz zu anderen Strategieinstrumenten haben Geschäftsmodellinstru-

mente einen positiven Einfluss auf die Zielerreichung in Strategie-Workshops. Aufgaben und Rollen der Geschäftsmodellgestalter  Arbeitsteilung bei der Geschäftsmodellgestaltung ist möglich (aber nicht zwingend

notwendig). Das Geschäftsmodell kann in unterschiedlichen Personenkonstellationen überarbeitet werden; je nach Personenkonstellation werden Aufgaben unterschiedlich verteilt.  Akteure verfolgen in der Geschäftsmodellgestaltung unterschiedliche Zielsetzun-

gen, auch wenn alle eine übergeordnete Zielsetzung teilen. Es scheint hilfreich, diese Zielsetzungen zu kennen und in der eigenen Arbeitsweise zu berücksichtigen.  Topmanager haben eine dominante Rolle in dem Prozess; Vorstände und Geschäfts-

führer verantworten die Ergebnisse der Geschäftsmodellgestaltung. Daher sollten sie von Beginn an in den Prozess eingebunden sein, ihn initiieren und steuern. Pfadabhängigkeit für die Nutzung von Praktiken zur Geschäftsmodellgestaltung  Der Umgang mit Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung erweist sich für Unter-

nehmen als gewöhnungsbedürftig. Eine Erstanwendung führt häufig zu Diskussionen der eingesetzten Methoden und resultiert in nicht immer reibungslosen Prozessen. Auf der Grundlage einer positiven Erfahrung lernen Unternehmen schnell die Vorteile der Praktiken kennen. Folglich läuft eine zweite Wiederholung mit deutlich geringer oder sogar ohne Kritik und Diskussion der Methodik ab. Die Gestalter des Prozesses sollten sich darauf einstellen.

280

6 ZUSAMMENFASSUNG UNS AUSBLICK

Jede empirische Studie ist mit Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse verbunden. Eine erste Limitation der Arbeit liegt in den klassischen Kritikpunkten gegenüber der fallstudienbasierten Forschung. Hierzu gehören vor allem die Interpretationsspielräume bei der Auswertung der Daten und das Hinterfragen der Generalisierbarkeit der Ergebnisse. Diesen Kritikpunkten wird zunächst mit der Erfüllung der Gütekriterien (vgl. Kap. 4.2.1) begegnet. Darüber hinaus ist generell anzumerken, dass Einzelfallstudien und auch multiple Fallstudien keine repräsentativen Aussagen über eine Grundgesamtheit zulassen (Yin 2003, S. 10). Die Zielsetzung der Fallstudienforschung liegt in der analytischen Generalisierbarkeit von theoretischen Propositionen durch die Forschungsergebnisse, die bei multiplen Fallstudien durch die Replikationslogik erreicht wird; die Ergebnisse können in anderen Fallstudien überprüft werden (Yin 2003, S. 37). Durch die Untersuchung multipler Fallstudien und die Auswahllogik der Replikation können die Ergebnisse als robust angesehen werden (Yin 2003, S. 46). Die Robustheit der Ergebnisse wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass nur Fälle aus dem deutschsprachigen Raum betrachtet wurden. Eine weitere Einschränkung liegt in der Befragungsmethode der Interviews. Einerseits sollen Interviews dem Prinzip der Offenheit folgen; andererseits sollen die Fragen in einer begrenzten Zeit Informationen zu spezifischen Aspekten hervorbringen. Für den Umgang mit dem zentralen Problem von Interviews wurde ein ausgewogener Grad an Offenheit in den Fragestellungen gewährleistet (Gläser und Laudel 2010, S. 131; vgl. Anhang 5). Auch sozial erwünschte Antworten auf heikle, d. h. unangenehme Fragen können die Interpretation erschweren. Dieser Eindruck ist in einem der Interviews bei der Frage nach einer persönlichen Zielsetzung entstanden. In diesem Einzelfall wurden zur Neutralisierung Beispiele aus anderen Interviewsituationen genannt (Gläser und Laudel 2010, S. 138–139). Die Auswertung wurde mit der qualitativen Inhaltsanalyse und der Erfüllung der beschriebenen Gütekriterien durchgeführt (vgl. Kap. 4.1.4). Aus den Limitierungen der Arbeit ergeben sich erste Ansatzpunkte für die weitere Forschung. Die Ergebnisse der Arbeit sollten mittels anderer Methoden verifiziert werden. Beispielsweise können zukünftig quantitative Befragungen zu den identifizierten Nutzenaspekten von Geschäftsmodellinstrumenten durchgeführt werden. Workshops könnten durch Beobachtungsverfahren begleitet werden, um ausgewählte Forschungsergebnisse (bspw. die Entstehung einer gemeinsamen Sprache) zu überprüfen. Durch die Anwendung des Bezugsrahmens auf weitere Fallbeispiele können die Ergebnisse überprüft werden. Unabhängig von der gewählten Methode lassen sich weitere Ansatzpunkte formulieren. So wurde einerseits deutlich, dass die unternehmerische Intuition eine wichtige Rolle in der Gestaltung von Geschäftsmodellen spielt. Andererseits unterstützen Strategieinstrumente naturgemäß die Analytik. Sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht wäre daher eine Untersuchung interessant, inwieweit ein optimales Verhältnis zwischen Analytik und Intuition, ggf. auch im Verlauf des Prozesses, erreicht werden kann. Ein weiterer Aspekt wäre ein Vergleich der Praktiken bei deutlich unterschiedli-

6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

281

chen Zielsetzungen. Wie verändern sich Praktiken zur Entwicklung einer Geschäftsmodellinnovation im Vergleich zu Praktiken zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells? Die branchenübergreifende Untersuchung hat gezeigt, dass sich die Praktiken in den Fallbeispielen in vielen Aspekten sehr ähnlich sind. Weiterführend wären die Abhängigkeit der Praktiken von der Dynamik einer Branche und die daraus resultierenden Auswirkungen auf Geschäftsmodellpraktiken zu untersuchen. Im entwickelten theoretischen Bezugsrahmen sollten auch andere Untersuchungsschwerpunkte gelegt werden. So könnten bspw. die notwendigen Kompetenzen einzelner Personengruppen in Abhängigkeit von ihrem identifizierten Aufgabengebiet fokussiert werden. Auch der Einfluss der Unternehmenskultur auf die Nutzung von Praktiken bietet weiteren Forschungsbedarf. Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung lag zwar auf der Gestaltung von Geschäftsmodellen, doch stellten viele Interviewpartner die Frage, ob auch die Umsetzung des Ziel-Geschäftsmodells Gegenstand der Untersuchung sei. Auch diese Umsetzung von weiterentwickelten, zukünftig angestrebten Geschäftsmodellen könnte daher wie folgt Schwerpunkt einer Untersuchung sein: Der große Mehrwert des Geschäftsmodells in seiner ganzheitlichen Perspektive sorgt dafür, dass für das Erreichen des zukünftigen Geschäftsmodells in vielen Elementen Veränderungsbedarfe identifiziert und Maßnahmen definiert werden. Die Ausgangssituation ist für jedes Element eine andere. Manche Elemente werden grundlegend verändert (bspw. von einem Push-Marketingansatz zu einem Pull-Marketingansatz), andere werden erweitert und müssen in bestehende Rahmenbedingungen integriert werden (zusätzliche Nutzung des Online-Vertriebskanals), wieder andere werden gänzlich neu aufgebaut (bspw. neues Produkt mit eigenem Zielmarkt). Es stellt sich also die Frage, welche Praktiken dabei unterstützen können, alle notwendigen Maßnahmen voranzutreiben und dabei permanent ein funktionierendes Geschäftsmodell – im Sinne einer „Operation am offenen Herzen“ – zu gewährleisten. Die Vorschläge verdeutlichen, dass sowohl explorative als auch konfirmative Studien noch wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Forschung zu Geschäftsmodellen und der Strategy-as-Practice-Perspektive leisten können.

LITERATURVERZEICHNIS

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KURZFASSUNG DER ERGEBNISSE

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Kurzfassung der Ergebnisse In deutscher Sprache Die Auseinandersetzung mit Geschäftsmodellen erfährt große Aufmerksamkeit sowohl in der Theorie als auch in der Praxis des strategischen Managements, da Geschäftsmodelle eine wichtige Rolle als Instrumente in der Strategiearbeit spielen. Dennoch wurde die Nutzung von Geschäftsmodellinstrumenten durch Strategen bislang wenig untersucht. Diese Lücke füllt die vorliegende Dissertation. Erforscht werden die Anwendung und Kombination von administrativen, diskursiven und episodischen Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung aus der Strategy-as-Practice-Perspektive. Zunächst werden fünf Fallstudien entlang der Dimensionen eines Activity-Theorybasierten Bezugsrahmens deskriptiv dargestellt. Berücksichtigt werden dabei Kontextfaktoren wie übergreifende Zielsetzungen der Geschäftsmodellgestaltung, Ziele der Akteure, Personenkonstellationen, Verteilung von Aufgaben, oder Pfadabhängigkeiten bei der Nutzung von Praktiken. Gezeigt werden kann, dass Geschäftsmodelle als Instrumente in Strategieprozesse integriert werden können. Diese Integration fördert einerseits die Geschäftsmodellentwicklung sowie -umsetzung und bietet andererseits Vorteile für den Strategieprozess. Diese liegen insbesondere in der Mediationsfunktion des Instruments durch die Möglichkeiten der Visualisierung, Strukturierung und Koordination der Strategiearbeit. Die Untersuchung zeigt auch, dass klassische Strategieinstrumente wie die SWOT-Analyse für die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen geeignet sind. Eine komparative Analyse der Fallstudien ist Grundlage für einen Ansatz, in dem Praktiken unter Berücksichtigung der Kontextfaktoren in die Geschäftsmodellgestaltung integriert werden. Abschließend werden Möglichkeiten der praktischen Anwendung vorgestellt.

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KURZFASSUNG DER ERGEBNISSE

In englischer Sprache The business model debate is garnering significant attention in both theory and practice within the field of strategic management as business models play an important role as instruments for strategy work. Nevertheless, only a few empirical studies exist on the practical work of strategists using business models as instruments. This dissertation closes this research gap. The scope of the dissertation is to research the application and combination of administrative, discursive and episodic practices to design business models from a strategy-as-practice perspective. Based on the dimensions of an activity theory framework, five descriptive case studies are conducted. The research framework considers context factors for the utilization of practices, such as the overall objectives of the business model design, the goals of the individual actors, the constellation of the strategists involved and the distribution of activities and tasks, as well as path dependencies for the utilization of practices. The insights show that business models may be integrated as instruments into strategy processes. On the one hand, this integration fosters an in-depth design and implementation of business models while, on the other hand, it creates added value for the strategy process. In particular, the advantage lies in the mediating function of the instrument due to its potential to visualize, structure and coordinate strategy work. The results also reveal that classical strategy instruments, like the SWOT-analysis, provide a suitable means of supporting the further development of business models. Based on a comparative case study analysis, a major contribution to research is the development of an integrative approach for business model practices which considers the context factors. Finally, opportunities for the application of the approach in practice are presented.

Schriftenreihe Management und Ethik Herausgeber: Prof. Dr. Dirk Ulrich Gilbert Band 1:

Iris Hofmann: Deliberative Stakeholder Dialoge multinationaler Unternehmen. Ein Ansatz zur Legitimation politischer Verantwortung, 2012.

Band 2:

Tim Wolf: Praktiken der Geschäftsmodellgestaltung im strategischen Management ─ Eine Activity-Theory-basierte Fallstudienuntersuchung, 2015.