»Politikbewertung« als Handlungsform internationaler Institutionen: Das Beispiel der Korruptionsbekämpfung der OECD [1 ed.] 9783428537648, 9783428137640

Gefion Schuler arbeitet den öffentlich-rechtlichen Zugang zum Recht internationaler Organisationen am Beispiel des Beric

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»Politikbewertung« als Handlungsform internationaler Institutionen: Das Beispiel der Korruptionsbekämpfung der OECD [1 ed.]
 9783428537648, 9783428137640

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Schriften zum Völkerrecht Band 194

„Politikbewertung“ als Handlungsform internationaler Institutionen Das Beispiel der Korruptionsbekämpfung der OECD

Von

Gefion Schuler

Duncker & Humblot · Berlin

GEFION SCHULER

„Politikbewertung“ als Handlungsform internationaler Institutionen

Schriften zum Völkerrecht Band 194

„Politikbewertung“ als Handlungsform internationaler Institutionen Das Beispiel der Korruptionsbekämpfung der OECD

Von

Gefion Schuler

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D30 Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 978-3-428-13764-0 (Print) ISBN 978-3-428-53764-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-83764-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 2010 von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Ganz herzlich danke ich meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Armin von Bogdandy für die Möglichkeit, diese Arbeit am Max-Planck-Institut für ausländisches Recht und Völkerrecht in Heidelberg verfassen zu dürfen sowie für die anhaltende Unterstützung. Herrn Professor Dr. Klaus Günther danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gilt der „Dienstagsrunde“ am Max-Planck-Institut für ihre hilfreichen Anmerkungen und Anregungen. Vor allem danke ich meiner Familie und Freunden für ihre unaufhörliche Unterstützung und Ermutigung. .

Heidelberg, im November 2011

Gefion Schuler

Inhaltsîbersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Forschungsinteresse und Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Methodik und Verlauf der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 C. Der Forschungskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

1. Teil Das Berichtsverfahren der OECD zur Korruptionsbekämpfung

36

1. Kapitel Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

36

A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . 37 B. Die Korruptionsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 C. Der Fokus der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 D. Die Problematik der Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Kapitel Governance by Information: Der Governance-Modus von Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

61

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . 62 B. Der Governance-Modus von Governance by Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3. Kapitel Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens und seine Anwendung

84

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 B. Akteure im OECD-Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8

Inhaltsîbersicht C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren: das Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 D. Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 133 F. Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Teil Die Grundlagen einer rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens

159

4. Kapitel Die öffentlich-rechtliche Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung der Global Governance 159 A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung von Global Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt . . 174 5. Kapitel Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte der öffentlich-rechtlichen Perspektive

180

A. Leistungspotential von Handlungsformen zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 B. Entwicklung neuer Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Teil Rechtsdogmatische Fassung des OECD-Berichtsverfahrens mittels einer Handlungsform

193

6. Kapitel Das OECD-Berichtsverfahren im Licht der Handlungsform „Politikbewertung“ 193 A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Inhaltsîbersicht

9

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 C. Kritische Würdigung von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 D. Rechtswirkung von Politikbewertungen auf andere internationale Institutionen . . . 219 Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Dokumentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Forschungsinteresse und Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Methodik und Verlauf der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 C. Der Forschungskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Teil Das Berichtsverfahren der OECD zur Korruptionsbekämpfung

36

1. Kapitel Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

36

A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . 37 I. Ursprung der internationalen Korruptionsbekämpfung in der OECD . . . . . . . . . 37 II. Die internationale Korruptionsbekämpfung nach Verabschiedung der OECD Anti-Bestechungskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 B. Die Korruptionsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Korruptionsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Juristischer Korruptionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Politikwissenschaftlicher Korruptionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Soziologischer Korruptionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4. Ökonomischer Korruptionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Ausprägungen von Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Kleine und große Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Korruption im privaten und im öffentlichen Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Aktive und passive Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 III. Herangehensweisen internationaler Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 C. Der Fokus der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Das Anti-Korruptionsprogramm der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

12

Inhaltsverzeichnis II. Die zentralen Instrumente der OECD zur Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . 53 III. Erfolge und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 D. Die Problematik der Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Kapitel Governance by Information: Der Governance-Modus von Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

61

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Das Berichtsverfahren der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Das durch die OECD selbst durchgeführte Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . 63 2. Das durch das Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia durchgeführte Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Das an Staaten gerichtete Berichtsverfahren versus das an multinationale Unternehmen gerichtete Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 II. Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Die Organization of American States . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Die African Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Das United Nations Office on Drugs and Crimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Die Group of States against Corruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 III. Begründung der Auswahl des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 B. Der Governance-Modus von Governance by Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Abgrenzung und Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Informationsverbreitung über Politikziele und Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Ratschläge und Warnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Fact-Finding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4. Datenkollektion und Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 5. Non-Compliance-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Governance by Information – Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 IV. Einzelne Aspekte des OECD-Berichtsverfahrens an ausgesuchten Beispielen . 80 1. Das Fortschrittsverfahren am Beispiel Frankreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Das bis-Verfahren der Phasen 1 und 2 am Beispiel Großbritanniens . . . . . . . 81

Inhaltsverzeichnis

13

3. Das bis-Verfahren der Phase 2 am Beispiel Japans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3. Kapitel Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens und seine Anwendung

84

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 I. Die OECD – eine internationale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 II. Internationale Institutionen als autonome internationale Akteure . . . . . . . . . . . 88 1. Die Autonomie internationaler Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Die autonome Aktivität internationaler Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Interne strukturelle Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Ressourcen der Autonomie internationaler Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Dynamische Entwicklung der übertragenen Kompetenzen . . . . . . . . . . . . 94 b) Autorität aufgrund von Rationalität und Legalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Die OECD – eine internationale Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Hierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Sekretariat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Expertengremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Geltende Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Verfahrensregeln der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Unabhängige Expertise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Internationale Beamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Externe Experten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 IV. Ressourcen der Autonomie der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 V. Die Autonomie internationaler Institutionen als Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 B. Akteure im OECD-Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 I. OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions . . . . 107 II. Prüfungsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Staaten und OECD-Rat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

14

Inhaltsverzeichnis C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren: das Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 I. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Kooperation als Prinzip im Recht der internationalen Institutionen . . . . . . . . 111 2. Kooperation in der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Externe und interne Kooperation im OECD-Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . 115 II. Das OECD-Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Das Konzept der Verbundverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Das OECD-Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Kooperation zwischen der OECD und dem bewerteten Staat . . . . . . . . . . 121 b) Kooperation zwischen der OECD und anderen internationalen Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Kooperation zwischen der OECD und Nichtmitgliedstaaten . . . . . . . . . . . 124 D. Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 I. Die Kompetenzen der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Das Prinzip der übertragenen Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Mission-Creep: Implied powers versus ultra vires . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Korruptionsbekämpfung als Ziel der OECD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Das Prinzip der angemessenen Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Resolutionen, Entscheidungen und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Die Rechtsgrundlagen des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Problemartikulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Zieldefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Konzeption und Ausarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Konzeption des OECD-Berichtsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Ausarbeitung der Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Inhalt und Aufbau der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Die Berichte der Phase 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Die Berichte der Phase 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 c) Die Fortschrittsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Die Berichte der außerordentlichen bis-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Inhaltsverzeichnis

15

IV. Die rechtlichen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 V. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Datenbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Fragebögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Staatenbesuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Datenauswertung: Das Verfahren in der OECD Working Group on Bribery . 148 a) Rechtlicher Maßstab der Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Drei Lesungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Beteiligung des bewerteten Staates und der Zivilgesellschaft . . . . . . . . . . 149 3. Annahme und Veröffentlichung der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 VI. Rechenschaftspflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Interne Rechenschaftspflichtigkeit durch Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Externe Rechenschaftspflichtigkeit durch Peer-Institutionen und die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 F. Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Teil Die Grundlagen einer rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens

159

4. Kapitel Die öffentlich-rechtliche Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung der Global Governance 159 A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung von Global Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Öffentliche Gewalt legitimierende und deren Effektivität fördernde Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Öffentliches Recht zur Sicherung individueller Freiheit und Gewährleistung staatlicher Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Öffentlich-rechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Öffentlich-rechtliche Vorgaben und Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 II. Vergleichbare Interessenlage und Regelungsdefizit im internationalen Bereich . 164 1. Internationale Institutionen zwischen erfolgreicher Bearbeitung globaler Probleme und Legitimitätsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

16

Inhaltsverzeichnis 2. Erfordernis öffentlich-rechtlicher Fassung zur Sicherung der Legitimität und gleichzeitiger Gewährleistung effektiver Problembearbeitung . . . . . . . . . . . . 167 B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Anforderungen an ein leistungsfähiges Konzept internationaler öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Notwendigkeit eines spezifisch internationalen Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Notwendigkeit eines spezifisch rechtlichen Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Rechtsverbindliche und rechtlich unverbindliche Aktivitäten . . . . . . . . . . . . 171 2. Mindestmaß der Beeinträchtigung individueller oder kollektiver Freiheit . . . 172 III. Der Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Definition über die Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Definition von Ausnahmen durch einen Typenkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt . . 174 I. Einer öffentlichen Einrichtung zurechenbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 III. Notwendigkeit der Fassung des OECD-Berichtsverfahrens aus öffentlich-rechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5. Kapitel Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte der öffentlich-rechtlichen Perspektive

180

A. Leistungspotential von Handlungsformen zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Flexible dogmatische Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Rechtsschutz und Bewirkungsermöglichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Systematisierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Speicherfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 B. Entwicklung neuer Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Inhaltsverzeichnis

17

3. Teil Rechtsdogmatische Fassung des OECD-Berichtsverfahrens mittels einer Handlungsform

193

6. Kapitel Das OECD-Berichtsverfahren im Licht der Handlungsform „Politikbewertung“ 193 A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 I. Produktion von Informationen über staatliche Politiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 II. Bewertung der staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs . . . . . . 196 III. Vorliegen internationaler Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 IV. Anspruch auf Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 V. Vorhandensein einer Herrschaftskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) Verfahrensmäßig vorgesehene Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Außerordentliche Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 2. Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Direkt: Formulierung staatenspezifischer Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . 201 b) Indirekt: Ranking von Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Veröffentlichung der Informationsdokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VI. Zurechenbarkeit zu einer internationalen Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 I. Definition des Rechtsregimes von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2. Partizipationsrechte und Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Wahrung der internationalen Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4. Beachtung wissenschaftlicher Standards und repräsentative Expertise . . . . . 209 5. Zugänglichkeit der Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 6. National Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 II. Die Verbindlichkeit des Rechtsregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 C. Kritische Würdigung von Politikbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Stärkung der Exekutive im nationalen Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 II. Effektivität durch Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

18

Inhaltsverzeichnis III. Effektivität durch staatenspezifische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 IV. Effektivität durch Experten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 V. National Ownership und Effektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 D. Rechtswirkung von Politikbewertungen auf andere internationale Institutionen . . . 219

Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Dokumentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Abkürzungsverzeichnis ACN AdV AJIL ASIL AU BaköV BGBl BIAC BVerfGE CIME CITES CoP DAF DCD-DAC DVBl EFTA EG EJIL EPIL EU EuGH EuR FAO FATF FCPA GA GLJ GOVNET GRECO HdbStR IACAC ICANN ICJ, IGH ICSID ILA ILC I.L.M. IMF INPOL JZ

Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia Archiv des Völkerrechts American Journal of International Law American Society International Law African Union Bundesakademie für öffentliche Verwaltung Bundesgesetzblatt Business and Industry Advisory Committee Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Committee on International Investment and Multinational Enterprises Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora Conference of the Parties Directorate for Financial and Enterprise Affairs Development Co-operation Directorate Deutsches Verwaltungsblatt European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft European Journal of International Law Encyclopedia of Public International Law Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europarecht Food and Agriculture Organization Financial Action Task Force Against Money Laundering Foreign Corrupt Practices Act General Assembly German Law Journal Network on Governance Group of States against Corruption Handbuch des Staatsrechts Inter-American Convention against Corruption Internet Corporation for Assigned Names and Numbers International Court of Justice, Internationaler Gerichtshof International Centre for Settlement of Investment Disputes, Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten International Law Association International Law Commission International Legal Materials International Monetary Fond Polizeiliches Informationssystem Juristenzeitung

20 LJIL MOP NGO NJW OAS OECD OEEC PCIJ PISA SEC SFO StPO TUAC UNCAC UNDP UNODC U.N.T.S. US U.S.C. VN WTO ZaöRV

Abkürzungsverzeichnis Leiden Journal of International Law Meeting of the Parties Non-Governmental Organization Neue Juristische Wochenschrift Organization of American States Organisation for Economic Co-operation and Development, Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Organisation of European Economic Cooperation Permanent Court of International Justice Programme for International Student Assessment Securities and Exchange Commission, Amerikanische Börsenaufsichtsbehörde United Kingdom Serious Fraud Office Strafprozessordnung Trade Union Advisory Committee United Nations Convention Against Corruption United Nations Development Programme United Nations Office on Drugs and Crime United Nations Treaty Series United States United States Code Vereinte Nationen World Trade Organization Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Einleitung A. Forschungsinteresse und Thesen Das Berichtsverfahren ist ein zentrales Instrument der Korruptionsbekämpfung der OECD. Dieses Berichtsverfahren ist – entsprechend dem Fokus der OECD – auf die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr gerichtet.1 Die zur Korruptionsbekämpfung eingesetzten Berichtsverfahren haben sich in vielen Staaten als effektiv erwiesen. Sie waren Auslöser zukunftsgerichteter und tiefgreifender Veränderungen der staatlichen rechtlichen und tatsächlichen Korruptionsbekämpfung. Ziel des Berichtsverfahrens der OECD im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung (im Folgenden bezeichnet als (OECD-)Berichtsverfahren) ist es, Druck auf die teilnehmenden Staaten dahingehend auszuüben, dass diese ihre Gesetze und Politik in Übereinstimmung mit internationalen Vorgaben2 ausgestalten. Im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens werden Informationen über den Stand der rechtlichen und tatsächlichen Korruptionsbekämpfung der am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten erhoben und anhand internationaler Vorgaben aus dem Bereich der Korruptionsbekämpfung bewertet. Der zur Durchführung des Berichtsverfahrens zuständige internationale Akteur3 fertigt einen Bericht an, der anschließend veröffentlicht wird. Die Berichte enthalten neben den Informationen Empfehlungen an den bewerteten Staat, die auf die Verbesserung der staatlichen Korruptionsbekämpfung gerichtet sind. Neben den regelmäßig vorgesehenen Bewertungen sind von den Verfahrensregeln des OECD-Berichtsverfahrens außerordentliche Bewertungen vorgesehen, die durchgeführt werden, wenn ein Staat die Empfehlungen dauerhaft nicht beachtet. Das OECD-Berichtsverfahren hat sich als wirkungsvoll erwiesen.4 Die am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten haben Gesetzesänderungen vorgenommen, 1 Zur OECD im Einzelnen siehe unten 3. Kap., A. I. Zu den unterschiedlichen Herangehensweisen der internationalen Institutionen an die Korruptionsbekämpfung siehe unten 1. Kap., B. III. 2 Internationale Vorgaben bezeichnen nicht nur rechtsverbindliches Völkerrecht, sondern auch soft law. 3 Internationale Akteure sind neben den Staaten die internationalen Institutionen, d. h. internationale zwischenstaatliche Organisationen, transnationale Zusammenschlüsse substaatlicher Einheiten sowie internationale Zusammenschlüsse. 4 Siehe z. B. Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A

22

Einleitung

die strafrechtliche Korruptionstatbestände einführen. Darüber hinaus haben sie infolge des OECD-Berichtsverfahrens Gesetze verabschiedet, die sogar über die in dem OECD Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (im Folgenden bezeichnet als OECD Anti-Bestechungskonvention/OECD Anti-Bribery Convention)5 getroffene Pönalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinausgehen. Ein Beispiel einer solchen Gesetzesänderung ist das in Deutschland zur Verbesserung der Kooperation von Staatsanwaltschaft und Polizei im Bereich der Strafverfolgung eingeführte Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften vom 10. September 2004.6 Neben gesetzlichen Veränderungen hat das OECD-Berichtsverfahren in den teilnehmenden Staaten zu zahlreichen tatsächlichen Veränderungen geführt. Am Berichtsverfahren teilnehmende Staaten haben z. B. die Struktur und Organisation staatlicher Institutionen modifiziert sowie die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Korruptionsbekämpfung verbessert. Daneben wurden in den Staaten Institutionen zur Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von Bestechungshandlungen eingerichtet.7 Das OECD-Berichtsverfahren zeichnet sich durch typische Merkmale von Global Governance8 aus. Die nach außen gerichteten Berichte sind keine völkerrechtlich Commentary, 2007, S. 509 – 552, 514; OECD, OECD Working Group on Bribery, Annual Report 2007, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/21/15/40896091.pdf (30. April 2009), S. 18 ff. 5 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998). 6 Ausführlich zu den von Deutschland und anderen Staaten zur Umsetzung der staatenspezifischen Empfehlungen ergriffenen Maßnahmen siehe unten 4. Kap., C. II. 7 Ausführlich zu den tatsächlichen Veränderungen aufgrund des OECD-Berichtsverfahrens siehe unten 4. Kap., C. II. 8 Der Begriff der Global Governance beinhaltet einerseits den Aspekt von Governance und bezeichnet andererseits die überstaatliche Ebene. Governance wird verstanden als Aktivitäten, „[which are] backed by shared goals that may or may not derive from legal and formally prescribed responsibilities and that do not necessarily rely on police powers to overcome defiance and attain compliance.“ Rosenau, Governance, Order, and Change in World Politics, in: Rosenau/Czempiel (Hrsg.), Governance without Government: Order and Change in World Politics, 1992, S. 1 – 29, 4. Zu Governance siehe Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, insbesondere Mayntz, Governance Theory als fortentwickelte Steuerungstheorie?, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, S. 11 – 20; Benz, Governance in Mehrebenensystemen, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, S. 95 – 120 und Kooiman, Governing as Governance, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, S. 149 – 172. Zu Begriff und Konzept der Global Governance siehe Zürn, Global Governance, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, S. 121 – 146; Barnett/Duval, Power in Global Governance, in: Barnett/Duval (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 1 – 32, 5. Häufig zitiert ist die Definition der Commission on Global Governance, Our Global Neighbourhood: The Report of the Commission on Global Governance, 1995, S. 2: „[Global Governance is] the sum of the many ways individuals and institutions, public and private, manage their common affairs. It is a continuing process through which conflicting or diverse interests may be accommodated and co-operative action may be

A. Forschungsinteresse und Thesen

23

verbindlichen Instrumente, sondern nicht-rechtsförmige Dokumente.9 Im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens kooperieren Akteure der nationalen und der internationalen Ebene. Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten der OECD, internationale Institutionen,10 nationale und internationale Experten, sowie nationale öffentliche und private Institutionen arbeiten zusammen.11 Das OECD-Berichtsverfahren lässt sich als „Governance by Information“12, eine spezifische Ausprägung von Global Governance, verstehen.13 Rechtlich lässt sich das OECD-Berichtsverfahren bislang weder durch kodifizierte noch durch in der Praxis generierte Handlungsformen fassen. Gleichwohl basiert das OECD-Berichtsverfahren auf einem rechtlichen Rahmen, der die Zusammensetzung der teilnehmenden Akteure festlegt, Verfahrensabläufe im Detail regelt und Musterdokumente zur Verfügung stellt. Die Ausdifferenziertheit des rechtlichen Rahmens ist auffallend, da es sich bei dem Berichtsverfahren um eine Aktivität handelt, deren abschließendes, nach außen gerichtetes Dokument rechtlich unverbindlich ist und deren Governance-Modus nicht auf rechtlichem Befehl basiert, sondern durch die „bloße“ Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen gekennzeichnet ist.14 Der rechtliche Rahmen erfasst trotz seiner Ausdifferenziertheit aber nur einzelne Aspekte des Berichtsverfahrens. Er vermag es nicht, den spezifischen, nicht auf rechtlichem Befehl beruhenden – als „Governance by Information“ bezeichneten – taken.“ Kritisch siehe Koskenniemi, Global Governance and Public International Law, 37 Kritische Justiz (2004), S. 241 – 254. 9 Zu den Rechtswirkungen siehe unten 3. Kap., F. 10 Der Begriff der internationalen Institutionen ist weiter gefasst als derjenige der juristisch definierten internationalen Organisationen. Internationale Institutionen erfassen auch solche Zusammenschlüsse, die nicht auf einem völkerrechtlichen Vertrag beruhen, die sich nicht aus Staaten zusammensetzen oder die keine Völkerrechtssubjektivität besitzen. Erfasst sind neben den zwischenstaatlichen Organisationen auch Zusammenschlüsse zwischen substaatlichen Einheiten sowie internationale Zusammenschlüsse, z. B. zwischen internationalen Institutionen. Zu den internationalen Institutionen siehe von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1385 f. 11 Zur Kooperation im OECD-Berichtsverfahren siehe unten 3. Kap., C. 12 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 53; Goldmann, The Accountability of Private vs. Public Governance „by Information“: A Comparison of the Assessment Activities of the OECD and the IEA in the Field of Education, 58(1) Rivista Trimestrale di Diritto Pubblico (2008), S. 41 – 69, 46. 13 Zur Begründung dieses Aspekts der ersten These dieser Arbeit siehe unten 2. Kap., B. 14 In der Praxis internationaler Expertengremien, sich feste Verfahrensregeln zu geben, kann die Überzeugung der internationalen Institutionen gesehen werden, dass auf die legitimierende Funktion von Recht nicht verzichtet werden kann. Dazu siehe Schmidt-Aßmann, Die Herausforderung der Verwaltungsrechtswissenschaft durch die Internationalisierung der Verwaltungsbeziehungen, 45 Der Staat (2006), S. 315 – 338, 326. Zur legitimen Herrschaft, deren Legitimität auf der Legalität beruht siehe Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, Kap. III, § 2 f.

24

Einleitung

Governance-Modus von Berichtsverfahren zu erfassen.15 Die Abwesenheit rechtlicher Standards ruft hinsichtlich der Legitimitätsbedürftigkeit von Berichtsverfahren Bedenken hervor.16 Gleichzeitig haben Berichtsverfahren Auswirkungen auf die nationale Gesetzeslage und Politikgestaltung der teilnehmenden Staaten. Die OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions (im Folgenden bezeichnet als (OECD) Working Group on Bribery) formuliert in den Berichten des OECD-Berichtsverfahrens staatenspezifische Handlungsempfehlungen an die nationale Exekutive, die über die in der OECD Anti-Bestechungskonvention beschlossene und parlamentarisch ratifizierte Pönalisierung der aktiven Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinausreichen. Diese Empfehlungen sowie die Berichte können von den zuständigen nationalen Entscheidungsträgern kaum ignoriert werden. Der Druck zur Beachtung der Berichte und Empfehlungen wird durch Wiederholungen der Bewertung erhöht. Für den Fall der anhaltenden Nichtbeachtung der Handlungsempfehlungen ist die Durchführung außerordentlicher Bewertungen vorgesehen. Druck auf die nationalen Entscheidungsträger zur Beachtung der Empfehlungen wird weiterhin durch die direkte Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen durch die OECD Working Group on Bribery ausgeübt sowie durch die Veröffentlichung der Berichte. Dieser „kommunikative Druck“17 wird außerdem dadurch erhöht, dass Korruption ein öffentlichkeitssensibles Thema ist. Sowohl Organisationen der Zivilgesellschaft als auch die Medien verfolgen die Ergebnisse des OECD-Berichtsverfahrens interessiert und verstärken den Druck auf die nationale Politik, Maßnahmen zu ergreifen.18 Die nationalen Entscheidungsträger können die an sie gerichteten Empfehlungen daher nur unter Inkaufnahme erheblicher Einbußen politischer Art sowie nationalen und internationalen Ansehensverlusts ignorieren. Die Möglichkeit der Nichtbeachtung der OECD-Berichte und der Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery besteht daher weitgehend rein formal aufgrund der rechtlichen Unverbindlichkeit der Empfehlungen.19 Aufgrund der dargestellten Charakteristika beeinflusst das OECD-Berichtsverfahren die nationale Politik- und Rechtsgestaltung jedoch beträchtlich. Dies ist auch beabsichtigt, denn das OECDBerichtsverfahren ist darauf gerichtet, politisch und rechtlich relevante Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig berührt das Berichtsverfahren politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung. Indem es die Entscheidungsmacht der nationalen Entscheidungsträger einschränkt, verringert es die Möglichkeit des Einzelnen, durch 15

So ein Aspekt der ersten These dieser Arbeit. Zu deren Begründung siehe unten 3. Kap. Zur Doppelfunktion des öffentlichen Rechts, einerseits die Legitimität und andererseits die Effektivität öffentlicher Gewalt zu gewährleisten siehe ausführlich unten 4. Kap., A. 17 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 69. Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6 ff. spricht hinsichtlich der Berichtsverfahren enger gefasst von „peer pressure“. 18 Das OECD-Berichtsverfahren wird in den Medien häufig behandelt. Dazu siehe unten 6. Kap., A. V. 3. 19 Zu den Rechtswirkungen siehe unten 3. Kap., F. 16

A. Forschungsinteresse und Thesen

25

demokratische Strukturen auf die nationale Rechts- und Politikgestaltung einzuwirken. Die nationalen Entscheidungsträger werden durch politischen Druck sowie durch antizipierte Auswirkungen auf das Ansehen der Staaten beeinflusst, die Handlungsaufforderungen der OECD Working Group on Bribery umzusetzen. Ihre Entscheidungen im betreffenden Handlungsfeld sind durch das internationale Gremium wesentlich geprägt. Die Einflussmöglichkeiten der Bürger sind daher beeinträchtigt und politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung eingeschränkt. Rechtliche Institute zu deren Schutz existieren nicht.20 Ziel dieser Arbeit ist es, einen öffentlich-rechtlichen Rahmen für das OECDBerichtsverfahren zu entwerfen und dieses als Handlungsform rechtsdogmatisch zu konzipieren. Legitimitätsbedenken soll entgegengewirkt werden, indem das Rechtsregime der Handlungsform Anforderungen an Legitimität und Effektivität stellt. Legitimitätsbedenken werden so als Legalitätsfragen problematisiert und die Beurteilung der Legitimität anhand rechtlicher Standards ermöglicht. Die Effektivität des Verfahrens und der internationalen Problembearbeitung durch die handelnde Institution wird durch die Konzipierung einer am Doppelauftrag des öffentlichen Rechts orientierten Handlungsform gefördert.21 Dieses Ziel wird mithilfe von drei Thesen verfolgt: 1. Dem OECD-Berichtsverfahren liegt der Governance-Modus Governance by Information zugrunde. Dieser Governance-Modus ist durch überkommene rechtliche Konzepte nicht fassbar. 2. Die Berichte können als Akte internationaler öffentlicher Gewalt konzipiert werden. Das OECD-Berichtsverfahren muss deswegen aus öffentlich-rechtlicher Perspektive konzipiert werden. Zur dogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens dienen Handlungsformen. 3. Das OECD-Berichtsverfahren lässt sich als Handlungsform „Politikbewertung“ („National Policy Assessment“) rechtsdogmatisch konzipieren. Aus den Thesen leiten sich folgende Fragen ab, deren Behandlung zur Begründung der Thesen erforderlich ist: 1. Wie wird der Governance-Modus Governance by Information in Abgrenzung zu anderen Formen öffentlicher Informationspolitik definiert? 2. Welche Merkmale weist der rechtliche Rahmen der spezifischen Governance by Information in Form des OECD-Berichtsverfahrens auf? 3. Wie lassen sich internationale Institutionen (am Beispiel der OECD) konzeptionell erfassen? Durch welche Kompetenzen, Verfahren und Prinzipien sind sie gekennzeichnet? 4. Welches Potential zeichnet eine spezifisch öffentlich-rechtliche Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung der Global Governance aus? 5. Wie wird internationale öffentliche Gewalt definiert? 6. Welche Leistungen erbringen Handlungsformen als theoretische Konstrukte zur Konzipierung der öffentlichrechtlichen Perspektive? 7. Welche Merkmale beinhaltet die Definition und welche 20

Zu den Auswirkungen des OECD-Berichtsverfahrens im Detail und der Beeinträchtigung politischer Freiheiten und der Selbstbestimmung des Einzelnen durch das OECD-Berichtsverfahren siehe unten 4. Kap., C. II. 21 Zum Doppelauftrag des öffentlichen Rechts siehe unten 4. Kap., A.

26

Einleitung

Elemente das Rechtsregime einer internationalen Handlungsform, die das OECDBerichtsverfahren erfasst?

B. Methodik und Verlauf der Arbeit Das OECD-Berichtsverfahren ist ein Beispiel von Governance-Aktivitäten, die durch rechtliche Standards nur inadäquat erfasst und in Schranken gehalten werden, die aber gleichzeitig Auswirkungen erzielen, die die individuelle Freiheit22 der Adressaten beeinträchtigen. Die Legitimitätsbedenken gegenüber Global Governance begründen das Erfordernis der Durchdringung der Global Governance aus öffentlich-rechtlicher Perspektive und der Entwicklung neuer Handlungsformen.23 Von der ersten Idee bis zur institutionenübergreifenden Etablierung durchläuft die Entwicklung einer neuen Handlungsform einen langwierigen Prozess.24 Eine neue Handlungsform wird nicht auf der Grundlage nur einer einzelnen empirischen Beobachtung konzipiert. Die Merkmale der Definition der Handlungsform und des Rechtsregimes werden anhand unterschiedlicher empirischer Aktivitäten internationaler Institutionen definiert und abgegrenzt, bis eine klare Definition und ein taugliches Rechtsregime herausgearbeitet sind. Diese Arbeit nimmt die erste Idee zur Entwicklung einer neuen Handlungsform internationaler Institutionen mit der Bezeichnung „Politikbewertung“ anhand der OECD PISA-Studie von von Bogdandy/

22 Die individuelle Freiheit ist Grundnorm und Basis der bürgerlichen Gesellschaft. Siehe Kant, Idee zur allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: Vorländer (Hrsg.), Immanuel Kant – Sämtliche Werke, 1922, S. 3 – 20. In dieser Konzeption enthält die individuelle Freiheit politische Freiheiten und demokratische Regierung. In der Tradition des politisch-philosophischen Konzepts des Liberalismus ist die politische und wirtschaftliche Ordnung auf die Gewährleistung optimaler individueller Freiheitsausübung auszurichten. Die Grenzen der individuellen Freiheit sind zu diesem Zweck in der liberalen Gesellschaft möglichst präzise und allgemeingültig abzustecken. Das Rechtsstaatsprinzip ist zentral, indem es das positive Recht im Hinblick auf die Optimierung individueller Freiheit organisiert. Kunz/ Mona, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie, Rechtssoziologie, 2006, Kap. 6, Rn. 84 ff. Zum Konzept der Freiheit im 17. und 18. Jahrhundert siehe Bluhm, Politische Normen. Freiheit und Gleichheit, in: Llanque/Münkler (Hrsg.), Politische Theorie und Ideengeschichte, 2007, S. 372 – 425, 388 ff. Zum Liberalismus siehe Döhn, Liberalismus – Spannungsverhältnis von Freiheit, Gleichheit und Eigentum, in: Neumann (Hrsg.), Handbuch – Politische Theorien und Ideologien, Bd. I, 1995, S. 107 – 178; Schiller, Liberalismus, in: Nohlen/Schultze (Hrsg.), Politische Theorien, 1995, S. 198 – 305. 23 Zu Legitimitätsbedenken gegenüber Global Governance siehe Weiler, The Geology of International Law – Governance, Democracy and Legitimacy, 64 ZaöRV (2004), S. 547 – 562; Zürn, Global Governance and Legitimacy Problems, 39(2) Government and Opposition (2004), S. 260 – 287. 24 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 36; Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33, Rn. 15.

B. Methodik und Verlauf der Arbeit

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Goldmann auf.25 Die einzelnen Elemente der Definition sowie des Rechtsregimes der Handlungsform werden anhand des Berichtsverfahrens der OECD sowie anderer internationaler Institutionen im Detail ausdifferenziert und fortentwickelt. Die Entwicklung einer neuen Handlungsform anhand einer spezifischen Aktivität einer internationalen Institution erfolgt in drei Schritten.26 Im ersten Schritt muss die Aktivität untersucht werden, um ein umfassendes Verständnis ihres GovernanceModus und ihrer rechtlichen Merkmale zu erhalten. Die Governance-Perspektive bietet sich als Ausgangspunkt zum Verständnis von Aktivitäten internationaler Institutionen an, weil sie eine umfassende Perspektive eröffnet und daher geeignet ist, die Spezifika der Aktivitäten internationaler Institutionen zu erfassen und darzustellen.27 Die spezifische Aktivität muss anschließend mithilfe rechtlicher Prinzipien und Standards untersucht werden, um die rechtlichen Elemente der Aktivität hervorzuheben und um einzelne Aspekte des Governance-Modus aus rechtlicher Perspektive zu analysieren. Der zweite Schritt der Entwicklung einer Handlungsform erfordert die Definition von Identifikationsmerkmalen der spezifischen Aktivität. Auf der Isolation von Definitionsmerkmalen „aus der flutenden Masse der Verwaltungstätigkeit“28 beruht die ordnende Kraft der Handlungsformenlehre. Einzelne Elemente müssen isoliert und ihre Bedeutung im Handlungszusammenhang untersucht werden.29 Die Definitionsmerkmale müssen konkret genug sein, um nicht willkürlich zu sein und um Aktivitäten, die auf anderen Wirkungsmechanismen beruhen und durch andere Merkmale gekennzeichnet sind, auszuschließen. Gleichzeitig müssen die Identi-

25 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102; von Bogdandy/Goldmann, The Exercise of International Public Authority through National Policy Assessment, 5 International Organizations Law Review (2008), S. 241 – 298. 26 Siehe dazu Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 35 f., der die Analyse der Aktivität nicht als eigenen Schritt herausstellt. Ausführlich zur Zulässigkeit und Methodik der Entwicklung neuer Handlungsformen siehe unten 5. Kap., B. 27 Der Erkenntnisgewinn der Governance-Perspektive begründet sich in ihrer Inklusivität. Die wachsende Informalität von Institutionen, Verfahren und Instrumenten, die sich dem rechtlichen Zugriff entziehen, wird durch das Konzept der Global Governance zum Vorschein gebracht. Der Mehrebenencharakter wird betont und der Blick auf die kooperativen internationalen und globalen Aktivitäten gelenkt. Mayntz, Governance Theory als fortentwickelte Steuerungstheorie?, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, 2. Aufl., 2006, S. 11 – 20; von Bogdandy, Auswertung der rechtswissenschaftlichen Projekte, in: Mayntz/von Bogdandy/ Genschel/Lütz (Hrsg.), Globale Strukturen und deren Steuerung, 2005, S. 19 – 62. Zu Governance-Aktivitäten und zu Global Governance siehe auch oben Einleitung A. (Fn. 8). 28 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, 3. Aufl., 1924, S. 92 f. 29 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 35; Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533.

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Einleitung

fikationsmerkmale abstrakt genug sein, um gleichartige Aktivitäten einzubeziehen.30 Im dritten Schritt muss das Rechtsregime der Handlungsform definiert werden, d. h. dem im ersten Schritt gewonnenen Handlungsausschnitt müssen bestimmte Rechtsanforderungen und Rechtsfolgen zugeordnet werden.31 Das Rechtsregime muss gemäß dem Adäquanzgebot auf die Definition der Handlungsform ausgerichtet sein. Danach muss das Verhältnis zwischen Wirkungsziel, Wirkungsmodus und rechtlicher Absicherung ausgewogen sein.32 Die Rechtsanforderungen müssen so definiert werden, dass sie die Legitimität und Effektivität der Handlungsform begründen.33 Der Verlauf dieser Arbeit spiegelt die drei Schritte zur Entwicklung einer Handlungsform wider. Zwischen der empirischen Analyse des ersten Schritts und der rechtsdogmatischen Konzipierung der Handlungsform in den Schritten zwei und drei, werden die rechtsdogmatischen Grundlagen herausgearbeitet und begründet. Eine Untersuchung des Phänomens der Korruption wird der Entwicklung der Handlungsform vorangestellt. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile und sechs Kapitel. Der erste Teil führt im ersten Kapitel in die Korruptionsproblematik ein und untersucht anschließend das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung aus zwei Perspektiven. Die Untersuchung erfolgt im zweiten Kapitel aus der Governance-Perspektive und im dritten Kapitel aus rechtlicher Perspektive. Ziel des ersten Teils ist es, ein umfassendes Verständnis des OECD-Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung herauszuarbeiten. Im ersten Kapitel wird zunächst die Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung aufgearbeitet, in der die OECD eine zentrale Rolle gespielt hat. Da bislang keine einheitliche Definition für Korruption gefunden wurde, wird der Korruptionsbegriff unterschiedlicher wissenschaftlicher Perspektiven diskutiert. Zur Abgrenzung werden Ausprägungen korrupter Handlungen herausgearbeitet. Um die Zielsetzung der internationalen Korruptionsbekämpfung zu verdeutlichen, werden die unterschiedlichen Herangehensweisen internationaler Institutionen an die Korruptionsproblematik aufgezeigt. Der spezifische Fokus der OECD und deren Instrumente zur Korruptionsbekämpfung werden umfassend erörtert und kritisch ge30 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 534. 31 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 36; Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533 f. Durch die Verknüpfung der begrifflichen Ebene mit formtypischen Rechtsfolgen resultiert die rechtspraktische Relevanz der Handlungsformen. Dazu siehe von Alemann, Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung, 2006, S. 177. 32 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 36. 33 Zur Doppelfunktion des öffentlichen Rechts, an der die Handlungsformen ausgerichtet sind siehe ibid., Kap. 1, Rn. 30 ff. Ausführlich siehe unten 4. Kap., A. I.

B. Methodik und Verlauf der Arbeit

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würdigt. Das erste Kapitel schließt mit einer Diskussion der Problematik der Korruptionsbekämpfung. Im zweiten Kapitel wird gezeigt, dass der Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens aus der Governance-Perspektive als Governance by Information definiert werden kann. Um die Merkmale von Berichtsverfahren präzise herauszuarbeiten, werden neben dem Berichtsverfahren der OECD auch Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen aus dem Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung dargestellt und im Vergleich mit dem Berichtsverfahren der OECD erörtert. Im Anschluss werden die Abgrenzungsmerkmale von Governance by Information geschärft, indem Governance by Information gegen andere Formen öffentlicher Informationspolitik sowie gegen internationale Streitschlichtungsverfahren abgegrenzt wird. Einzelne Aspekte des OECD-Berichtsverfahrens werden abschließend anhand von Beispielen herausgearbeitet. Im dritten Kapitel wird der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens sowie dessen Anwendung mithilfe rechtswissenschaftlicher Parameter, Standards und Prinzipien analysiert. Zu diesem Zweck werden zunächst die internationalen Institutionen untersucht. Zuerst wird die Autonomie internationaler Institutionen erörtert. In diesem Zusammenhang werden der Einfluss der internationalen Institutionen auf die Gestaltung der Global Governance sowie ihre interne strukturelle Autonomie herausgearbeitet. Die Ressourcen der Autonomie internationaler Institutionen werden im Einzelnen analysiert. Aufgezeigt wird, dass die Autonomie der internationalen Institutionen einerseits auf der dynamischen Entwicklung der von den Staaten übertragenen Kompetenzen beruht, andererseits wird den internationalen Institutionen aufgrund ihrer Konstitution als Bürokratien sowie aufgrund ihrer liberalen Ausrichtung Autorität zuerkannt. Die Konzeption der internationalen Institutionen als autonom handelnde internationale Bürokratien wird am Beispiel der OECD im Detail veranschaulicht. Aufgrund der vorangegangenen Untersuchung wird die Autonomie internationaler Institutionen als Prinzip begründet. Im nächsten Schritt werden die zuständigen Akteure des OECD-Berichtsverfahrens dargestellt. Anschließend wird die Kooperation unterschiedlicher Akteure im OECD-Berichtsverfahren beleuchtet und das Kooperationsprinzip herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang wird das Konzept der Verbundverwaltung erörtert, wobei im Einzelnen aufgezeigt wird, dass das OECD-Berichtsverfahren die Merkmale einer Verbundverwaltung nicht erfüllt. Im Folgenden werden die Kompetenz der OECD zur Korruptionsbekämpfung und die Rechtsgrundlagen des OECD-Berichtsverfahrens analysiert. Dabei wird auf das Prinzip der übertragenen Kompetenz eingegangen und ein mögliches Prinzip der angemessenen Konkretisierung diskutiert. Dann werden die Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens im Detail herausgearbeitet. Die Artikulation des Erfordernisses eines Instruments zur internationalen Korruptionsbekämpfung und die Definition des Ziels eines solchen Instruments werden erörtert. Anschließend werden die Konzeption und Ausarbeitung, die rechtlichen Grundlagen und der Verlauf des OECD-Berichtsverfahren dargestellt sowie die Rechenschaftspflichtigkeit der beteiligten Akteure erörtert. Als letzter

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Einleitung

Aspekt des dritten Kapitels werden die Rechtswirkungen der Teilnahme am OECDBerichtsverfahren, der Verfahrensvorgaben und der abschließenden Berichte analysiert. Der erste Teil schließt mit dem Ergebnis, dass die einzelnen rechtlichen Elemente den Governance-Modus von Berichtsverfahren – Governance by Information – nur punktuell, aber nicht im Ganzen fassen können. Da das OECD-Berichtsverfahren effektive Auswirkungen auf die adressierten Staaten hat und geeignet ist, politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, führt das Ergebnis des ersten Teils dieser Arbeit zu dem Erfordernis einer rechtsdogmatischen Konzipierung des OECD-Berichtsverfahrens. Der zweite Teil arbeitet in den Kapiteln vier und fünf die dogmatischen Grundlagen zur Fassung des OECD-Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung heraus. Das vierte Kapitel begründet und entfaltet die in dieser Arbeit eingenommene öffentlich-rechtliche Perspektive auf Global Governance. Die Begründung der öffentlich-rechtlichen Perspektive als Ausgangspunkt der rechtsdogmatischen Durchdringung von Global Governance setzt bei der Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich zur Sicherung individueller Freiheit gegenüber öffentlicher Gewalt sowie der Gewährleistung der staatlichen Leistungsfähigkeit an. Dabei wird die zentrale Stellung des Erfordernisses einer öffentlich-rechtlichen Grundlage für jede Ausübung öffentlicher Gewalt sowie der Zweck öffentlichrechtlicher Vorgaben und Institute erörtert. Aufgezeigt wird, dass internationale Institutionen zwischen der erfolgreichen Bearbeitung globaler Probleme und einem Legitimitätsdefizit agieren und daher eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Gleichzeitig wird ein Regelungsdefizit hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Institute im Bereich der Global Governance festgestellt. Vergleichbare Interessenlage und Regelungsdefizit begründen das Erfordernis und die Chance der Durchdringung von Global Governance aus öffentlich-rechtlicher Perspektive. Der Gewaltaspekt und der Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt werden daraufhin definiert. Das vierte Kapitel schließt mit der Subsumtion des OECD-Berichtsverfahrens unter dieses Konzept internationaler öffentlicher Gewalt. Im Ergebnis wird begründet, dass das OECD-Berichtsverfahren als Akt internationaler öffentlicher Gewalt verstanden werden kann. Das OECD-Berichtsverfahren ist der OECD zurechenbar und die durch dieses Instrument hervorgerufenen Auswirkungen überschreiten die Erheblichkeitsschwelle, d. h. sie beeinträchtigen politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung. Das fünfte Kapitel zeigt das Potential von Handlungsformen als theoretische Konstrukte zur rechtsdogmatischen Fassung von Global Governance. Die Zulässigkeit neuer Handlungsformen wird begründet und die Methodik im Einzelnen dargelegt. Ergebnis des zweiten Teils dieser Arbeit ist, dass das OECD-Berichtsverfahren aus öffentlich-rechtlicher Perspektive rechtsdogmatisch als Handlungsform konzipiert werden muss.

C. Der Forschungskontext

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Der dritte Teil wendet die herausgearbeiteten dogmatischen Grundlagen an und konzipiert das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung aus öffentlichrechtlicher Perspektive als Handlungsform mit der Bezeichnung „Politikbewertung“. Im sechsten Kapitel werden die Elemente der Definition von Politikbewertungen sowie diejenigen des Rechtsregimes ausdifferenziert und anhand des OECD-Berichtsverfahrens im Einzelnen herausgestellt und ausgearbeitet. Im Anschluss wird die Verbindlichkeit des Rechtsregimes aus der internen Konstitutionalisierung internationaler Institutionen abgeleitet. Um einer reinen Verteidigung bestehender Machtverhältnisse entgegenzuwirken und um Defizite im Hinblick auf die zukünftige Optimierung von Politikbewertungen aufzuzeigen, wird die Handlungsform kritisch gewürdigt. Abschließend werden die Rechtswirkungen von Politikbewertungen auf andere internationale Institutionen untersucht. Im Ergebnis zeigt der dritte Teil, dass die Handlungsform „Politikbewertung“ ein stabiles rechtsdogmatisches Gerüst aufweist, das internationalen Institutionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht und gleichzeitig die Legitimität ihrer Aktivitäten fördert.

C. Der Forschungskontext Diese Arbeit knüpft an ein Forschungsprojekt des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg an, das die Herausforderungen an das Völkerrecht durch die Ausübung öffentlicher Gewalt durch internationale Institutionen untersucht.34 Der Fokus des Projekts ist auf GovernanceAktivitäten internationaler Institutionen gerichtet, die rechtliche und faktische Auswirkungen auf nationale Fragestellungen haben und die geeignet sind, die individuelle oder kollektive Freiheit zu beeinträchtigen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, für diese Aktivitäten eine rechtliche Grundlage zu konzipieren und rechtliche Standards zu entwickeln, die gegenwärtigen Legitimitätserwartungen gerecht werden. Das Forschungsprojekt untersucht zu diesem Zweck die Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen aus öffentlich-rechtlicher Perspektive.35 Diese Arbeit schließt sich an dieses Projekt an, indem sie die öffentlich-rechtliche Perspektive auf Global Governance aufnimmt und auf eine verbreitete GovernanceAktivität internationaler Institutionen – die Berichtsverfahren – richtet. . 34 Die Beiträge zu diesem Projekt sind veröffentlicht in 9(11) German Law Journal, 2008. Zur Zielsetzung, Konzeption und Methodik des Projekts siehe von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400. 35 Zur öffentlich-rechtlichen Perspektive auf Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen siehe von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1390 ff.

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Einleitung

Die öffentlich-rechtliche Perspektive auf Governance-Aktivitäten ist inspiriert durch drei Forschungsansätze, deren Ziel es ist, die Global Governance rechtsdogmatisch zu durchdringen. Erstens ist dies der Ansatz der Konstitutionalisierung des Völkerrechts. Zweitens ist die öffentlich-rechtliche Perspektive auf Ansätze gestützt, die auf die Konzipierung eines Global (oder International) Administrative Law gerichtet sind. Drittens ist die Forschung zum Recht internationaler Institutionen Inspirationsquelle für die öffentlich-rechtliche Perspektive. Diese drei Ansätze verfolgen aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlicher Methodik das gemeinsame Ziel, die Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen rechtlich zu fassen.36 Unter der Forschung zur Konstitutionalisierung des Völkerrechts sind die Ansätze zusammengefasst, die Prinzipien der Weltordnung, basierend auf Rechtsstaatlichkeit, aufstellen.37 Im Fokus der Konstitutionalisierung des Völkerrechts stehen die Förderung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit zum Schutz des Einzelnen.38 Zum Teil wird die Existenz einer internationalen Verfassung im formalen Sinn anerkannt.39 Andere sprechen grundlegenden Normen der internationalen Ordnung konstitutionelle Funktionen zu und sehen die Herausbildung eines transnationalen konstitutionellen Netzwerks.40 Eine rudimentäre normative Hierarchie wird anerkannt. Einerseits wird sie völkerrechtsintern in der Existenz von ius cogens Normen sowie von Art. 103 VN Charta gesehen, andererseits extern im Verhältnis von internationalen Normen und nationalem Recht.41 Die Stellung des Staates in dieser Konzeption bleibt weiterhin eine zentrale, gleichwohl erfüllen die Staaten ihre 36

Ibid., 1390 ff. Frowein, Konstitutionalisierung des Völkerrechts, in: Dicke/Hummer/Girsberger/BoeleWoelki/Engel/Frowein (Hrsg.), Völkerrecht und Internationales Privatrecht in einem sich globalisierenden internationalen System – Auswirkungen der Entstaatlichung transnationaler Rechtsbeziehungen, 2000, S. 427 – 447; Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438; Bryde, Konstitutionlisierung des Völkerrechts und Internationalisierung des Verfassungsrechts, 42(1) Der Staat (2003), S. 61 – 75; Peters, Compensatory Constitutionalism: The Function and Potential of Fundamental International Norms and Structures, 19 LJIL (2006), S. 579 – 610. Siehe auch Habermas, Hat die Konstitutionalisierung des Völkerrechts noch eine Chance?, in: Habermas, Der gespaltene Westen, 2004, S. 113 – 193; Koskenniemi, Constitutionalism as Mindset: Reflections on Kantian Themes About International Law and Globalization, 8 Theoretical Inquiries in Law (2007), S. 9 – 36; von Bogdandy, Constitutionalism in International Law: Comment on a Proposal from Germany, 47(1) Harvard International Law Journal (2006), S. 223 – 242. 38 Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438, 23. 39 Z.B. Fassbender, The United Nations Charter as Constitution of the International Community, 36 Columbia Journal of Transnational Law (1998), S. 529 – 620. 40 Z.B. Peters, Compensatory Constitutionalism: The Function and Potential of Fundamental International Norms and Structures, 19 LJIL (2006), S. 579 – 610, 601. 41 Ibid., S. 598 f. 37

C. Der Forschungskontext

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Aufgaben in enger Kooperation mit den internationalen Institutionen.42 Den internationalen Institutionen werden exekutive, legislative und judikative Aufgaben zugesprochen.43 Die Erforschung von Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen ist durch die Forschung zur Konstitutionalisierung des Völkerrechts zum einen dadurch angeregt, dass diese Perspektive die Aufmerksamkeit auf die im Zentrum des Konstitutionalismus stehenden Konzepte, wie den Schutz der individuellen Freiheit und der kollektiven Selbstbestimmung sowie das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit lenkt.44 Zum anderen weist diese Perspektive den Blick auf die interne Konstitutionalisierung der verschiedenen internationalen Institutionen und bietet dadurch einen Anhaltspunkt für die Entwicklung rechtlicher Verfahren, Instrumente und Beschränkungen.45 Die Forschung zum Global (International) Administrative Law nimmt eine verwaltungsrechtliche Perspektive ein, um das auf Governance-Aktivitäten anwendbare Recht zu erforschen.46 Den Unterschieden zwischen den nationalen und den internationalen Strukturen wird dadurch Rechnung getragen, dass die nationalen Konzepte zur Analyse internationaler Strukturen herangezogen, jedoch nicht analog übertragen werden.47 Die hier eingenommene Forschungsperspektive unterscheidet sich von diesem Forschungsansatz darin, als sie nicht zum Ziel hat, ein neues Rechtsgebiet zu begründen. 42

Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438, S. 436. 43 Ibid., S. 305, 358, 390. 44 Koskenniemi, Constitutionalism as Mindset: Reflections on Kantian Themes About International Law and Globalization, 8 Theoretical Inquiries in Law (2007), S. 9 – 36, 22 ff. 45 Die Konstitutionalisierung des Völkerrechts steht insofern der funktionalistischen Perspektive auf internationale Institutionen entgegen und fordert die Kontrolle ihrer zunehmenden Aktivität. Peters, Global Constitutionalism Revisited, 11 International Legal Theory (2005), S. 39 – 67, 44, 64 ff. 46 Einen globalen Ansatz verfolgen Krisch/Kingsbury, Introduction: Global Governance and Global Administrative Law in the International Legal Order, 17(1) EJIL (2006), S. 1 – 13; Kingsbury/Krisch/Stewart, The Emergence of Global Administrative Law, 68(3) Law and Contemporary Problems (2005), S. 15 – 61; Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694; Esty, Good Governance at the Supranational Scale: Globalizing Administrative Law, 115 Yale Law Journal (2006), S. 1490 – 1562. Schmidt-Aßmann, Die Herausforderung der Verwaltungsrechtswissenschaft durch die Internationalisierung der Verwaltungsbeziehungen, 45 Der Staat (2006), S. 315 – 338 richtet das Interesse dagegen auf internationalisierte Verwaltungsbeziehungen und auf ein im Entstehen begriffenes internationales Verwaltungsrecht. Zu Letzterem siehe auch Ruffert, Perspektiven des Internationalen Verwaltungsrechts, in: Möllers/Voßkuhle/Walter (Hrsg.), Internationales Verwaltungsrecht, 2007, S. 395 – 419. 47 Die Unterschiede herausgearbeitet hat Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 668 f.

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Einleitung

Für die öffentlich-rechtliche Perspektive ist die Forschung zum Global (International) Administrative Law insofern grundlegend, als sie nationale verwaltungsrechtliche Konzepte zur Erforschung von Strukturen der Global Governance zugrunde legt. Diese Forschung wird insbesondere genutzt, um den Fokus auf verwaltungsrechtliche Strukturen von Aktivitäten mit Außenwirkung der internationalen Institutionen zu lenken. Zur Analyse aus verwaltungsrechtlicher Perspektive wird in dieser Arbeit insbesondere auf die Erkenntnisse der Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft zurückgegriffen.48 Das Recht internationaler Institutionen befasst sich in der Hauptsache mit denjenigen Aktivitäten internationaler Institutionen, die an externe Akteure gerichtet sind. Der Fokus des Interesses wurde in den letzten Jahren von der Erforschung einzelner Institutionen auf die Herausarbeitung allgemeiner Prinzipien verschoben.49 Heute nimmt die Erforschung neuer Instrumente, Verfahren und Kompetenzen einen zentralen Platz in diesem Forschungsgebiet ein.50 Die Wahrnehmung von internationalen Institutionen hat sich in den letzten Jahren gewandelt von einer überaus positiven zu einer vermehrt kritischen Perspektive.51 Die Forschung zum Recht der internationalen Institutionen ist zentraler Pfeiler und Grundlage der in dieser Arbeit eingenommenen öffentlich-rechtlichen Perspektive. Die internationalen Institutionen sind die zentralen Akteure der Global Governance und sie sind die wesentlichen Akteure, die internationale öffentliche Gewalt ausüben.52 48

Zur Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft siehe Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006. 49 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003; Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002; White, The Law of International Organizations, 2. Aufl., 2005. 50 Aston, Sekundärgesetzgebung internationaler Organisationen zwischen mitgliedstaatlicher Souveränität und Gemeinschaftsdisziplin, 2005; Sarooshi, International Organizations and their Exercise of Sovereign Powers, 2005. 51 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347. Mit der Beschränkung der in ihrer Zahl zunehmenden autonomen Aktivitäten internationaler Institutionen beschäftigen sich auch die internationalen Institutionen selbst. Siehe die Arbeit der International Law Commission (ILC) zur „responsibility“ internationaler Organisationen, z. B. International Law Commission, First Report on Responsibility of International Organizations, by Mr. Giorgio Gaja, Special Rapporteur, UN Doc. A/CN.4/532, 26. März 2003, den Bericht der International Law Association (ILA) zur „accountability“ internationaler Organisationen: International Law Association, Accountability of International Organisations, reprinted in: 1 International Organizations Law Review, 2004, S. 221 – 293 sowie zur Ausrichtung internationaler Institutionen auf Aspekte der „good governance“ im Überblick Wouters/Ryngaert, Good Governance: Lessons from International Organizations, Institute for International Law, Working Paper No. 54, 2004, abrufbar unter: http://www.law.kuleuven.ac.be/iir/nl/onderzoek/ wp/WP54e.pdf (30. April 2009). 52 Zur zentralen Stellung der internationalen Institutionen in der Global Governance siehe Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004.

C. Der Forschungskontext

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Das OECD-Berichtsverfahren wurde rechtswissenschaftlich bislang nicht untersucht.53 Diese Arbeit nimmt die spezifisch öffentlich-rechtliche Perspektive auf Aktivitäten internationaler Institutionen auf, um das OECD-Berichtsverfahren als Handlungsform „Politikbewertung“ zu konzipieren. Die öffentlich-rechtliche Perspektive wird zudem genutzt, um den institutionellen Rahmen, die Kompetenzen und das Verfahren des OECD-Berichtsverfahrens zu durchleuchten. Da das untersuchte Instrument von der OECD zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt wird, werden auch die zentralen Aspekte der internationalen Korruptionsbekämpfung veranschaulicht.

53 Es liegen Studien zu dem Wirkungsmechanismus „peer review“ vor, der eine Möglichkeit eröffnet, auf den Wirkungsmodus des OECD-Berichtsverfahrens zuzugreifen. Siehe zu peer review in der OECD Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Cooperation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002. Zu peer review-Verfahren in anderen Institutionen siehe Dann, Accountability in Development Aid Law: The World Bank, UNDP and Emerging Structures of Transnational Oversight, 44 Archiv des Völkerrechts (2006), S. 381 – 404.

1. Teil

Das Berichtsverfahren der OECD zur Korruptionsbekämpfung Der erste Teil dieser Arbeit führt in die Korruptionsproblematik ein und stellt Entwicklung und Fokus der internationalen Korruptionsbekämpfung vor. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Rolle der OECD und deren Anti-Korruptionsprogramm gelegt. Anschließend wird das OECD-Berichtsverfahren aus der Governance- und aus rechtswissenschaftlicher Perspektive untersucht. Ziel des ersten Teils ist es, das OECD-Berichtsverfahren gegenüber Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen zu verorten, seinen Governance-Modus herauszuarbeiten und es umfassend mithilfe rechtlicher Parameter zu untersuchen. Geleitet ist diese Untersuchung durch die Frage, ob sich der spezifische Governance-Modus des OECDBerichtsverfahrens durch überkommene rechtliche Parameter adäquat erfassen lässt, oder ob eine neue rechtsdogmatische Fassung dieses Governance-Instruments der OECD erforderlich ist. Diese Arbeit stellt die These auf, dass dem OECD-Berichtsverfahren der Governance-Modus Governance by Information zugrunde liegt, der durch herkömmliche rechtliche Konzepte nicht fassbar ist. 1. Kapitel

Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD Das erste Kapitel zeichnet unter (A.) die Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung – in deren Zentrum die OECD steht – nach. Unter (B.) werden die zentralen Aspekte der Korruptionsproblematik erörtert. Diskutiert wird zunächst der Korruptionsbegriff aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven, dann werden verschiedene Ausprägungen von Korruption vorgestellt. Um einen umfassenden Überblick über die internationale Korruptionsbekämpfung zu erhalten, werden die Herangehensweisen der in diesem Handlungsbereich aktiven internationalen Institutionen an die Korruptionsbekämpfung herausgearbeitet. (C.) erörtert den Fokus der OECD zur Korruptionsbekämpfung und würdigt diesen kritisch. Abschließend wird unter (D.) die Problematik der Korruptionsbekämpfung diskutiert.

A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung

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A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung Die Korruptionsbekämpfung hat sich Mitte der 1990er Jahre zu einem internationalen Handlungsgebiet entwickelt.54 I. Ursprung der internationalen Korruptionsbekämpfung in der OECD Der Beginn der Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung war geprägt durch das Bestreben der USA, einen internationalen Vertrag zur Korruptionsbekämpfung zu schließen.55 Dieses Bestreben hat seinen Ursprung in der Verabschiedung des United States Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) im Jahr 1977.56 Die Gründe, die in den USA dazu geführt hatten, den FCPA 1977 zu verabschieden waren innenpolitischer Art. Das Problem der Korruption, insbesondere der Bestechung, war in den 1970er Jahren in Zusammenhang mit der Watergate Affäre in das Bewusstsein der US-amerikanischen Bevölkerung und Politik getreten.57 Die Watergate Affäre hatte 1972 zu einer Vielzahl von Enthüllungen geführt. Unter anderem wurde ein großer illegaler Wahlbeitrag der Luftfahrtgesellschaft American Airlines aufgedeckt. Der daraufhin eingesetzte Sonderermittler Archibald Cox entdeckte zahlreiche Bestechungsgeldkassen, die eingerichtet worden waren, um Zahlungen an nationale und ausländische Regierungsbeamte zu tätigen. Im Jahr 1973 wurde die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde (SEC, Securities and Exchange Commission) involviert und initiierte eigene Untersuchungen in Unternehmen, hinsichtlich von Geschäftspraktiken und Zahlungen, die der Korruption verdächtig erschienen. Angesichts der Schwierigkeit, 9.000 Unternehmen im Detail zu untersuchen, forderte die SEC die Unternehmen auf, ihre Unterlagen selbst zu prüfen. Die Unter54 Die Internationalisierung der Korruptionsbekämpfung wird im Folgenden mithilfe der ersten beiden Stufen eines Modells zur transnationalen Ausbreitung von Normen von Finnemore/Sikkink, International Norm Dynamics and Political Change, 52(4) International Organization (1998), S. 887 – 917 dargestellt. Das Modell erklärt die Entwicklung transnationaler Normen durch drei aufeinander aufbauende Stufen, die den „Lebenszyklus“ einer Norm abstrahieren. Die erste Stufe bezeichnet die Entwicklung der Norm, die zweite Stufe den Prozess der Verbreitung der Norm mithilfe breit angelegter Öffentlichkeit und die dritte Stufe die Akzeptanz der Norm. Dieser dritte Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit im 4. Kap., C. II. behandelt. 55 Finnemore/Sikkink bezeichnen den Akteur, der das Hauptinteresse an der Entwicklung der Norm hat, als „norm entrepreneur“. Dieser versucht auf der ersten Stufe der Entwicklung der Norm, eine ausreichende Menge an Staaten davon zu überzeugen, sich die neuen Normen zu Eigen zu machen. Ibid., S. 895. 56 United States, Foreign Corrupt Practices Act of 1977, Pub. L. 95 – 213, 91 Stat. 1494, kodifiziert in der durch 15 U.S.C. §§ 78a, m, 78dd-1, 78dd-2, 78 ff. geänderten Fassung. 57 Windsor/Getz, Multilateral Cooperation to Combat Corruption: Normative Regimes Despite Mixed Motives and Diverse Values, 33 Cornell International Law Journal (2000), S. 731 – 772, 742 ff.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

nehmen sollten im Lauf einer umfassenden Buchführungsprüfung alle Aktivitäten, die ihnen der Korruption verdächtig erschienen, wie beispielsweise fragwürdige Auslandszahlungen, offenlegen und sich offiziell dazu verpflichten, zukünftig von solchen Zahlungen abzusehen. Im Gegenzug wurde den Unternehmen zugesichert, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt würden. In einem am 12. Mai 1976 von der SEC veröffentlichten Bericht hatten bis April 1976 95 US-amerikanische Unternehmen – von denen die meisten auf der „Fortune 500“-Liste der führenden Industriekonzerne standen – illegale Zahlungen offengelegt.58 Bis Dezember 1977 hatten etwa 370 Unternehmen Zahlungen in Höhe von insgesamt rund 300 Millionen US $ bekannt gegeben.59 Zur gleichen Zeit sorgten Millionenzahlungen der Lockheed-Fluggesellschaft an ausländische Politiker, unter anderem an den japanischen Premierminister Tanaka, für Aufsehen. Die US-amerikanische Öffentlichkeit und die Regierung reagierten schockiert auf diese Vorkommnisse und das Ausmaß der Korruption. Ohne große Debatte wurde im Jahr 1977 der FCPA verabschiedet.60 Er kriminalisiert die Bestechung von ausländischen Beamten und ist anwendbar auf US-amerikanische Unternehmen sowie auf ausländische Unternehmen, die Aktien an der amerikanischen Börse besitzen.61 Nach der Verabschiedung des FCPA waren die USA der einzige Staat, der Korruption in Form von Bestechung fremder Amtsträger gesetzlich verbot. Die restlichen OECD-Staaten hatten keine entsprechende Gesetzgebung. Vielmehr waren in den restlichen OECD-Staaten Anreize für Bestechungshandlungen in der Weise gesetzt, dass Bestechungszahlungen gegen-

58 SEC, Report on Questionable and Illegal Corporate Payments and Practices, dem Senate Banking, Housing and Urban Affairs Committee, 94th Congress, 2nd Session am 12. Mai 1976 vorgelegt. 59 Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 121 ff.; Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 273. 60 Unzicker, From Corruption to Cooperation: Globalization Brings a Multilateral Agreement Against Foreign Bribery, 7 Indiana Journal of Global Legal Studies (1999 – 2000), S. 655 – 686, 661 f. 61 Zum FCPA und seiner Bedeutung für die Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung siehe Windsor/Getz, Multilateral Cooperation to Combat Corruption: Normative Regimes Despite Mixed Motives and Diverse Values, 33 Cornell International Law Journal (2000), S. 731 – 772, 742 ff.; Unzicker, From Corruption to Cooperation: Globalization Brings a Multilateral Agreement Against Foreign Bribery, 7 Indiana Journal of Global Legal Studies (1999 – 2000), S. 655 – 686, 661 ff.; Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 149 ff.; Salbu, Bribery in the Global Market: A Critical Analysis of the Foreign Corrupt Practices Act, 54 Washington & Lee Law Review (1997), S. 229 – 189, 239 ff.; Baistrocchi, International Anti-Corruption Instruments: Recent Developments in the Americas and the United States, 11 Public Procurement Law Review (2002), NA65-NA70, NA67; Bantekas, Corruption as an International Crime Against Humanity, 4 Journal of International Criminal Justice (2006), S. 466 – 484, 468; Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 273.

A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung

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über ausländischen Beamten steuerlich absetzbar waren.62 Die USA befanden sich dadurch in einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil. Das Bestreben der USAwar daher darauf gerichtet, ihren durch die Verabschiedung des FCPA erlangten wirtschaftlichen Nachteil möglichst schnell entweder durch nationale oder durch internationale Maßnahmen auszugleichen.63 1988 verabschiedete der US-Kongress ein Amendment zum FCPA, in dem er die US-Regierung dazu aufforderte, auf internationaler Ebene Verhandlungen im Hinblick auf ein dem FCPA inhaltlich ähnliches internationales Übereinkommen zur Kriminalisierung von Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr anzustreben.64 Das Amendment sah die OECD als Institution vor, in deren Rahmen der anvisierte Vertrag verabschiedet werden sollte.65 Das Amendment verlangte von dem amerikanischen Präsidenten, innerhalb eines Jahres einen Bericht über den Verlauf der Verhandlungen in der OECD vorzulegen.66 62 Unzicker, From Corruption to Cooperation: Globalization Brings a Multilateral Agreement Against Foreign Bribery, 7 Indiana Journal of Global Legal Studies (1999 – 2000), S. 655 – 686, 664. 63 Innenpolitische Bemühungen, den FCPAwieder aufzuheben oder abzuschwächen, hatten wenig Erfolg. Die US-Regierung hatte als Gründe zur Verabschiedung des FCPA die ethische Verwerflichkeit von Bestechungspraktiken, die Vermeidung außenpolitischer Probleme, das Ansehen der amerikanischen Demokratie, das Vertrauen in die eigenen finanziellen Institutionen sowie den Schutz des freien Marktsystems und der langfristigen Interessen von USUnternehmen angeführt. Die Wähler waren nicht von der Nachteiligkeit dieser Gesetzgebung zu überzeugen und erwiesen sich als unüberbrückbares Hindernis. Abbott/Snidal, Values and Interests: International Legalization in the Fight Against Corruption, 31 The Journal of Legal Studies (2002), S. 141 – 178, 162; Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 178 ff. 64 United States, Omnibus Trade and Competitiveness Act of 1988, Pub. L. No. 100 – 418, 102 Stat. 1415, kodifiziert in der durch U.S.C. §§ 78 m(b)(2), 78 m(b)(3), 78dd-1, 78dd-2, 78 ff. geänderten Fassung. Zum Amendment siehe Salbu, Bribery in the Global Market: A Critical Analysis of the Foreign Corrupt Practices Act, 54 Washington & Lee Law Review (1997), S. 229 – 189, 243 ff.; Baistrocchi, International Anti-Corruption Instruments: Recent Developments in the Americas and the United States, 11 Public Procurement Law Review (2002), NA65-NA70, NA67; Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156, 153; White, U.S. Efforts to Combat Foreign Corrupt Practices, 92 ASIL Journal Proceedings (1998), S. 162 – 165, 163. 65 In der Entwicklung neuer Normen spielen neben den norm entrepreneurs die organizational platforms eine ausschlaggebende Rolle. Eine Norm durch eine internationale Institution zu internationalisieren bringt den Vorteil mit sich, dass die internationale Institution zur Konturierung und Verbreitung der Norm beiträgt. Finnemore/Sikkink, International Norm Dynamics and Political Change, 52(4) International Organization (1998), S. 887 – 917, 896, 900. 66 White, U.S. Efforts to Combat Foreign Corrupt Practices, 92 ASIL Journal Proceedings (1998), S. 162 – 165, 163; Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156, 153; Crutchfield George/Lacey, A Coalition of Industrialized Nations, Developing Nations, Multilateral Development Banks, and Non-Governmental Organizations: A Pivotal Complement to Current Anti-Corruption Initiatives, 33 (2000), S. 547 – 592, 562.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

In der Folgezeit strebten die USA in der OECD zunächst unverbindliche Instrumente zur Bekämpfung von Korruption, insbesondere in Form von Bestechung, an.67 Das OECD-Sekretariat arbeitete daraufhin ein Anti-Korruptionsprogramm aus,68 und der OECD-Rat verabschiedete Empfehlungen zur Korruptionsbekämpfung.69 Den anderen Mitgliedstaaten der OECD fehlte zunächst der Anreiz, ihre wirtschaftliche Vormachtstellung durch rechtsverbindliche Instrumente aufzugeben. Der ausschlaggebende Impuls erfolgte, als die US-Regierung unter Präsident Bill Clinton amerikanische Wirtschaftsinteressen mit den Anliegen von NGO-Aktivisten und der Zivilgesellschaft, die mit ethischen Aspekten der Korruptionsbekämpfung beschäftigt waren, verband. Eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne folgte. Am 17. Dezember 1997 wurde das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr verabschiedet. Am 15. Februar 1999 trat das Übereinkommen als völkerrechtlicher Vertrag in Kraft.70 Ratifiziert haben die Anti-Bestechungskonvention heute die 30 OECD-Mitgliedstaaten71 sowie acht Nichtmitgliedstaaten.72 Da die Vertragsstaaten 67 Überzeugung ist der vorherrschende Mechanismus der ersten Stufe der Normentwicklung. Finnemore/Sikkink, International Norm Dynamics and Political Change, 52(4) International Organization (1998), S. 887 – 917, 898. Zu den Anstrengungen der USA in der OECD siehe Abbott, Rule-Making in the WTO: Lessons from the Case of Bribery and Corruption, Journal of International Economic Law (2001), S. 275 – 296, 280. 68 Siehe OECD, The OECD Fights Corruption, 2006, abrufbar unter http://www.oecd.org/ dataoecd/36/51/37418910.pdf (30. April 2009). Zu den Entwicklungen in der OECD siehe Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 6 f.; AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932, 922 f. 69 OECD Council, Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials, C(96)27/FINAL, 17. April 1996; OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97) 123/FINAL, 23. Mai 1997. 70 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998). Gleichzeitig mit der AntiBestechungskonvention wurde ein offizieller Kommentar verabschiedet: OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/1/ 0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Dieser Kommentar vermittelt eine authentische Interpretation und hat den rechtlichen Wert von traveaux pr¦paratoires i.S. von Art. 32 des United Nations, Vienna Convention on the Law of Treaties of 1969, 1155 U.N.T.S. 331, 23. Mai 1969. Dazu Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 15. 71 Siehe unten 3. Kap., A. I. (Fn. 301). Zum gegenwärtigen Ratifikationsstatus siehe OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, Ratification Status as of 12 March 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/ dataoecd/59/13/40272933.pdf (30. April 2009).

A. Die OECD als Zentrum der internationalen Korruptionsbekämpfung

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der OECD Anti-Bestechungskonvention diejenigen Staaten sind, die den überwiegenden Teil der Weltexporte und der ausländischen Direktinvestitionen aufbringen und in denen ein Großteil der multinationalen Unternehmen ihren Sitz hat, ist die Anti-Bestechungskonvention der OECD ein zentrales Instrument der multilateralen Bekämpfung der aktiven Bestechung ausländischer Beamter im internationalen Geschäftsverkehr.73 II. Die internationale Korruptionsbekämpfung nach Verabschiedung der OECD Anti-Bestechungskonvention Die Verabschiedung der OECD Anti-Bestechungskonvention markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung.74 Die Folgezeit war geprägt durch eine schnelle Ausbreitung rechtlicher sowie nichtrechtsförmiger Instrumente zur Korruptionsbekämpfung auf nationaler, internationaler, supranationaler und transnationaler Ebene.75 Ihren Höhepunkt fand die inter72

Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Estland, Israel, Slowenien und Südafrika. Zur OECD Anti-Bestechungskonvention siehe Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007; Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap.; Tarullo, The Limits of Institutional Design: Implementing the OECD Anti-Bribery Convention, 44 Virginia Journal of International Law (2004), S. 665 – 710. Ausführlich siehe unten in diesem Kap., C. II. und III. Zur aktiven Bestechung siehe unten in diesem Kap., B. II. 3. 74 Der „tipping or threshold point“ stellt den Punkt dar, an dem die Hauptinteressenten der Entstehung der Norm eine ausreichende Anzahl an Akteuren überzeugt haben, sich die Norm zu Eigen zu machen. Von diesem Punkt an erfolgt die weitere Entwicklung schnell und flächendeckend. Dies wird als „norm cascade“ bezeichnet. Finnemore/Sikkink, International Norm Dynamics and Political Change, 52(4) International Organization (1998), S. 887 – 917, 901. 75 Zu den Herangehensweisen der internationalen Institutionen an die internationale Korruptionsbekämpfung siehe unten in diesem Kap., B. III. Zur Ausbreitung der Anti-Korruptionsaktivitäten siehe Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007; Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007; AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932; Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156; Windsor/Getz, Multilateral Cooperation to Combat Corruption: Normative Regimes Despite Mixed Motives and Diverse Values, 33 Cornell International Law Journal (2000), S. 731 – 772. Zu den Anti-Korruptionsaktivitäten von Weltbank und IMF siehe Shihata, Corruption – A General Review with an Emphasis on the Role of the World Bank, 15(3) Dickinson Journal of International Law (1996), S. 451 – 485; World Bank, Helping Countries Combat Corruption, 1997, abrufbar unter: http://www1.worldbank.org/publicsector/anticorrupt/corruptn/corrptn.pdf (30. April 2009); IMF/World Bank – Development Committee, Strengthening Bank Group Engagement on Governance and Anticorruption, DC 2006 – 0017, 8. September 2006, abrufbar unter: http://www.worldbank.org/html/extdr/comments/governancefeedback/gacpaper.pdf (30. April 2009); Eldar, Reform of IMF Conditionality: A Proposal for Self-Imposed 73

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

nationale Korruptionsbekämpfung mit der Annahme der United Nations Convention against Corruption (UNCAC) im Jahr 2003, dem ersten und bislang einzigen globalen und materiell umfassenden Anti-Korruptionsvertrag.76

B. Die Korruptionsproblematik Dieser Abschnitt erörtert zunächst den Korruptionsbegriff aus unterschiedlichen Perspektiven und stellt Ausprägungen von Korruption dar. Die Herangehensweisen der unterschiedlichen internationalen Institutionen an die Korruptionsbekämpfung werden vorgestellt, um einen umfassenden Überblick über die internationale Korruptionsbekämpfung zu erhalten.

Conditionality, IILJ Working Paper 2005/10, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.10Eldar.pdf (30. April 2009). Zu den Anti-Korruptionsarbeiten in der WTO, die letztendlich keine spezifischen AntiKorruptionsmaßnahmen getroffen hat siehe Abbott, Rule-Making in the WTO: Lessons from the Case of Bribery and Corruption, Journal of International Economic Law (2001), S. 275 – 296. Zur Korruptionsprävention in (multinationalen) Unternehmen/im privaten Sektor siehe Maschmann, Vermeidung von Korruptionsrisiken aus Unternehmenssicht – Arbeits- und Zivilrecht, Corporate Governance –, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 3. Kap.; Dieners, Vermeidung von Korruptionsrisiken aus Unternehmenssicht – Rechtliche Geschäftsbeziehungen, Behörden und Lobbying, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 4. Kap.; Scherer, Korruptionsbekämpfung durch Selbstregulierung, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 79 – 104. 76 Zum materiellen Fokus der UNCAC siehe unten in diesem Kap., B. III. Die United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997) wurde am 31. Oktober 2003 von der UN-Generalversammlung verabschiedet (A/RES/ 58/4) und trat am 14. Dezember 2005 in Kraft. Derzeit durchläuft sie Ratifikationsprozesse in den nationalen Parlamenten. Zur UNCAC siehe van Aaken, Die VN-Konvention gegen Korruption: Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 9 – 39; Pieth, Der Beitrag der UN Konvention zur Bekämpfung der transnationalen Korruption, in: Balmelli/Jaggy (Hrsg.), Les trait¦s internationaux contre la corruption, 2004, S. 7 – 18; Dzikowski, Die UN-Konvention zur Bekämpfung der Korruption – Einschätzung und Forderungen von Transparency International e.V., in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 41 – 53. Zur Umsetzung der UNCAC in Deutschland siehe van Aaken, Genügt das deutsche Recht den Anforderungen der VN-Konvention gegen Korruption? – Eine rechtsvergleichende Studie zur politischen Korruption unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, 65 ZaöRV (2005), S. 407 – 446.

B. Die Korruptionsproblematik

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I. Korruptionsbegriffe Eine allseits akzeptierte präzise Definition von Korruption existiert in der wissenschaftlichen Diskussion weder international noch national.77 Je nach wissenschaftlicher Perspektive werden unterschiedlicher Korruptionsbegriffe angewandt.78 1. Juristischer Korruptionsbegriff Konstitutiv für den juristischen Korruptionsbegriff ist die Gesetzeslage. Im internationalen Bereich definieren die internationalen Institutionen Korruption mit jeweils spezifischem Fokus.79 Für den nationalen Bereich kann das geltende deutsche Recht beispielhaft betrachtet werden. Dieses enthält keine Legaldefinition der Korruption, sondern sanktioniert in verschiedenen Vorschriften Formen korrupten Verhaltens, insbesondere Korruption in Form von Bestechung und Bestechlichkeit.80 2. Politikwissenschaftlicher Korruptionsbegriff Aus politikwissenschaftlicher Perspektive wird Korruption als Symptom von tief liegenden Problemen in der Struktur einer Gesellschaft gesehen, die mit Machtgewinn und -erhalt verbunden sind.81 Einen wesentlichen Beitrag für die internationale 77 Dölling, Grundlagen der Korruptionsprävention, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 1. Kap., Rn. 1. Shihata, Corruption – A General Review with an Emphasis on the Role of the World Bank, 15(3) Dickinson Journal of International Law (1996), S. 451 – 485, 453 ff. Siehe dazu von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, in dem fast jeder Beitrag mit einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Begriff „Korruption“ beginnt. Die extrem weite klassische Konzeption von Korruption als das „Verderben des Staates, der Sitten und Moral“ wird heute kaum mehr erwogen. Siehe aber zu genetischen Theorien, die Korruption als Verfall bzw. Verderben sehen von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 27 f. 78 Ein Überblick findet sich bei von Arnim/Heiny/Ittner, Korruption, Deutsches Forschungszentrum für Öffentliche Verwaltung Speyer, Discussion Papers, Nr. 33, 2. Aufl., 2006, S. 2 ff.; von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 22 ff.; Shihata, Complementary Reform, 1997, S. 203 ff. 79 Zu den unterschiedlichen Herangehensweisen der internationalen Institutionen siehe unten in diesem Kap., B. III. 80 Ausführlich zu den Korruptionstatbeständen des StGB Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 1 – 270. Siehe grundlegend zur Korruption in der deutschen Rechtswissenschaft Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, 2002. Die deutsche Praxis der strafrechtlichen Bekämpfung wird regelmäßig aus kriminologischer Sicht in der Zeitschrift „Kriminalistik“ aufgearbeitet. 81 Dazu siehe Peters/Welch, Political Corruption in America: A Search for Definitions and a Theory, or if Political Corruption is in the Mainstream of American Politics why is it not in the Mainstream of American Politics Research?, 72(3) The American Political Science Review

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

Diskussion leistete 1973 Carl J. Friedrich. Ein Korruptionsfall liegt ihm zufolge dann vor, „wenn ein mit bestimmten Aufgaben bevollmächtigter, d. h. verantwortlicher Funktionär oder Amtsträger durch Geldzuwendungen oder andere Belohnungen wie die Zusage eines hohen Postens veranlasst wird, etwas zu unternehmen, was dem nützt, der ihn belohnt, und damit der Gruppe oder Organisation schadet, zu welcher der Funktionär gehört, insbesondere der Regierung.“82 Auf die Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Interesse fokussierte schon die viel zitierte Definition von Joseph S. Nye aus dem Jahr 1967: „Corruption is behaviour which deviates from the formal duties of a public role because of private-regarding (personal, close family, private clique) pecuniary or status gains; or violates rules against the exercise of certain types of private-regarding influence.“83 Heute wird Korruption häufig als „the misuse of public office for private gain“ definiert.84 Die NGO Transparency International legt diesen Korruptionsbegriff ihrer Arbeitsdefinition zugrunde, gemäß der Korruption der „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“ ist.85 3. Soziologischer Korruptionsbegriff Aus soziologischer Perspektive wird Korruption als Verhaltensweise analysiert, die von der Norm abweicht, die in einem gegebenen Zusammenhang, wie etwa in der Politik gilt.86 Korruption als abweichendes Verhalten verweist auf eine Störung der sozialen Beziehungen in einem politischen System. In der soziologischen Korruptionsanalyse wird z. B. die Entstehung von Subsystemen untersucht, die den Erhalt des Gesamtsystems ignorieren und deren Fortbestehen zum Selbstzweck wird und die sich – wie die Mafia – zu einem Staat im Staat entwickeln können.87

(1978), 974 – 984, 974 ff. Anschaulich Noack, Korruption – Die andere Seite der Macht, 1985, S. 23 ff. 82 Friedrich, Pathologie der Politik, 1973, S. 103. 83 Nye, Corruption and Political Development: A Cost-Benefit Analysis, 61(2) American Political Science Review (1967), S. 417 – 427, 419. 84 Z.B. Rose-Ackerman, Corruption and Government, 1999, S. 91. Ebenso Graf Lambsdorff, The Institutional Economics of Corruption and Reform, 2007, S. 1. 85 Transparency International, Was versteht Transparency International unter Korruption?, abrufbar unter: http://www.transparency.de/FAQ-haeufige-Fragen.1088.0.html (30. April 2009). Diese Definition von Transparency International umfasste ursprünglich nur Korruption im öffentlichen Sektor, nicht solche im privaten Sektor. Inzwischen befasst sich Transparency International auch mit der Korruption im privaten Sektor, z. B. mit der Korruption zwischen Unternehmen. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor richtet sich Transparency International sowohl gegen passive als auch gegen aktive Bestechung. 86 Grundlegend Fleck/Kuzmics (Hrsg.), Korruption – Zur Soziologie nicht immer abweichenden Verhaltens, 1985. 87 Dazu von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 28 f.

B. Die Korruptionsproblematik

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4. Ökonomischer Korruptionsbegriff Korruption wird als Nutzenmaximierung zwischen rational vorgehenden Vertragspartnern verstanden.88 Sie bietet die Chance einer Win-Win-Situation, ohne dass ein spezifischer Nachteil klar identifizierbar wird.89 Zum Teil wurde Korruption als begrüßenswertes Phänomen angesehen, um starre Staatsbürokratien durch materielle Leistungen zu umgehen und wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.90 Die renommierte Erforscherin der politischen Ökonomie der Korruption Rose-Ackerman hat sich gegen diese Rechtfertigungen gestellt.91 Viele Einzelanalysen sind ihr darin gefolgt.92 Diese Studien haben durch die Entpolitisierung der Korruptionsproblematik einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass insbesondere die Weltbank und der IMF, aber auch die OECD, die Korruptionsproblematik auf ihre Agenda gesetzt haben.93 II. Ausprägungen von Korruption Unterschieden werden kleine und große Korruption, Korruption im privaten und im öffentlichen Sektor sowie aktive und passive Korruption. 1. Kleine und große Korruption Erstens stehen sich kleine und große (petty/grand) Korruption gegenüber.94 In der kriminologischen Literatur wird diesbezüglich zwischen situativer und struktureller Korruption unterschieden.95 Kleine oder situative Korruption sind aus der Alltagssituation heraus entstehende, spontane Bestechungshandlungen. Diese Fälle haben keinen andauernden Charakter und sind insofern meist Fälle der sog. Gelegen88

Grundlegend Klitgaard, Controlling Corruption, 1988, S. 21 ff. Zur Korruption als Problem der politischen Ökonomie siehe von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 29 ff. 90 Dazu Nye, Corruption and Political Development: A Cost-Benefit Analysis, 61(2) American Political Science Review (1967), S. 417 – 427, 419 ff. 91 Rose-Ackerman, Corruption and Government, 1999, S. 1 ff.; Rose-Ackerman, „Grand“ Corruption and the Ethics of Global Business, 26(9) Journal of Banking & Finance (2002), S. 1889 – 1918, 1892 ff. 92 Statt vieler Graf Lambsdorff, The Institutional Economics of Corruption and Reform, 2007, S. 58 ff. 93 Siehe eindrucksvoll die Rede von dem damaligen Weltbankpräsidenten Wolfensohn, People and Development, Annual Meeting Address, 1. Oktober 1996, abrufbar unter: http:// go.worldbank.org/1NQRAFLP50 (30. April 2009), A. 94 Siehe von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 32 ff. 95 Bundeskriminalamt, Lagebild Korruption, Bundesrepublik Deutschland, 2002, abrufbar unter: http://www.bka.de/lageberichte/ko/blkorruption2002.pdf (30. April 2009), S. 5. Dazu siehe Claussen/Ostendorf, Korruption im öffentlichen Dienst, 2. Aufl., 2002, S. 10 ff. 89

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

heitskorruption.96 Große oder strukturelle Korruption ist dagegen in der Regel auf hoher politischer und gesellschaftlicher Ebene bei den führenden Eliten eines Landes anzutreffen.97 Sie ist langfristig angelegt und bewusst geplant, sie schadet dem Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Institutionen und in Good Governance und damit in die wirtschaftliche und politische Stabilität eines Landes und sie untergräbt das Vertrauen in rechtsstaatliche Maßstäbe.98 2. Korruption im privaten und im öffentlichen Sektor Zweitens wird Korruption im privaten und im öffentlichen Sektor unterschieden.99 Während sich private Korruption auf Korruption zwischen privaten Akteuren bezieht, wird Korruption im öffentlichen Sektor auch als „politische Korruption“ bezeichnet. Darunter ist z. B. der Ankauf von Wählerstimmen zu verstehen sowie die bürokratische Korruption, d. h. die Beamtenbestechung.100 Das Hauptaugenmerk der internationalen Korruptionsbekämpfung liegt auf der Korruption im öffentlichen Sektor, genauer auf der bürokratischen Korruption.101

96 Das Bundeskriminalamt definiert situative Korruption als Korruptionshandlungen, „denen ein spontaner Willensentschluss zugrunde liegt, d. h. die Tatbestandsverwirklichung erfolgt als unmittelbare Reaktion auf eine dienstliche Handlung und unterliegt keiner gezielten Planung oder Vorbereitung.“ Bundeskriminalamt, Lagebild Korruption, Bundesrepublik Deutschland, 2002, abrufbar unter: http://www.bka.de/lageberichte/ko/blkorruption2002.pdf (30. April 2009), S. 5. 97 Rose-Ackerman, Corruption and Government, 1999, S. 27 ff. Siehe auch Rose-Ackerman, „Grand“ Corruption and the Ethics of Global Business, 26(9) Journal of Banking & Finance (2002), S. 1889 – 1918, 1890 ff. 98 Strukturelle Korruption definiert das Bundeskriminalamt als „Fälle, bei denen die Korruptionshandlung auf der Grundlage längerfristig angelegter korruptiver Beziehungen bereits im Vorfeld der Tatbegehung bewusst geplant wurde. Es liegen demnach konkrete bzw. geistige Vorbereitungshandlungen vor, die eine Spontaneität der Handlung ausschließen.“ Bundeskriminalamt, Lagebild Korruption, Bundesrepublik Deutschland, 2002, abrufbar unter: http:// www.bka.de/lageberichte/ko/blkorruption2002.pdf (30. April 2009), S. 5. 99 Siehe von Alemann, Politische Dimension: Ein Wegweiser zum Stand der Forschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 13 – 49, 20. 100 Dazu Rose-Ackerman, Political Corruption and Democracy, 14(2) Connecticut Journal of International Law (1999), 363 – 378. Johnston, From Thucydides to Mayor Daley: Bad Politics, and a Culture of Corruption?, XXXIX(4) Political Science and Politics (2006), S. 797 – 802; McCann/Redlawsk, As Voters Head to the Polls, Will They Perceive a „Culture of Corruption?“, XXXIX(4) Political Science and Politics (2006), S. 797 – 802, 798; Warren, Political Corruption as Duplicitous Exclusion, XXXIX(4) Political Science and Politics (2006), S. 797 – 802, 830. 101 Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 284. Zur Analyse der internationalen Anti-Korruptionsverträge siehe sogleich in diesem Kap., B. III.

B. Die Korruptionsproblematik

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3. Aktive und passive Korruption Die bürokratische Korruption, d. h. die Korruption von und durch Amtsträger tritt in zwei Formen auf, in aktiver und in passiver Bestechung von Amtsträgern.102 Aktive Bestechung, die Angebotsseite (supply side) des Korruptionsproblems, bezeichnet den Vorgang, wenn einem Amtsträger ein diesem nicht gebührender Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt wird, damit dieser eine pflichtwidrige Handlung vornimmt, die in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit steht. Der Vorteil kann materieller oder immaterieller Natur sein und richtet sich an den Amtsträger oder an eine dritte Person. Voraussetzung ist, dass sich die Gegenleistung des Amtsträgers auf eine konkrete Handlung bezieht, die pflichtwidrig ist oder in seinem Ermessen steht. Es kann sich dabei auch um eine Unterlassung handeln.103 Passive Bestechung oder Bestechlichkeit, die Empfänger- bzw. Nachfrageseite (demand side) des Korruptionsproblems, meint das Entgegennehmen von Zahlungen. Die passive Bestechung bildet das Gegenstück zur aktiven Bestechung und bezieht sich auf den Amtsträger, der einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.104 III. Herangehensweisen internationaler Institutionen Die Herangehensweise internationaler Institutionen an die Kriminalisierung korrupter Handlungen erfolgt mit unterschiedlichen Zielrichtungen. Der Fokus der internationalen Korruptionsbekämpfung ist auf die Kriminalisierung der aktiven und passiven Bestechung ausländischer Amtsträger gerichtet.105 Zu Beginn der internationalen Korruptionsbekämpfung war das Augenmerk auf die aktive Bestechung – die Geberseite der Korruption – gerichtet. Einer der ersten Anti-Korruptionsverträge war die OECD Anti-Bestechungskonvention.106 Sie beschränkt sich, dem US FCPA folgend, auf die aktive Bestechung von ausländischen Amtsträgern im internationalen Geschäftsverkehr107 und ist damit der materiell am 102 Siehe Rose-Ackerman, Corruption and Democracy, 90 American Society International Law Journal Proceedings (1996), S. 83 – 90, 85; Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156, 151. 103 Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 298. 104 Ibid., Rn. 298. 105 Siehe dazu Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 238 f.; Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 284 ff. 106 Im Einzelnen zur Korruptionsbekämpfung der OECD siehe unten in diesem Kapitel C. 107 Art. 1 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998). Dazu Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156, 155.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

engsten gefasste Anti-Korruptionsvertrag. Die Herangehensweise der OECD AntiBestechungskonvention spiegelt die wirtschaftspolitischen Ziele der OECD wider.108 Im Wesentlichen geht es der OECD Anti-Bestechungskonvention darum, Handelsverzerrungen im internationalen Geschäftsverkehr zu vermeiden und gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen.109 Später führten die internationalen Institutionen die passive Bestechung – die Empfänger- bzw. Nachfrageseite – in den Diskurs und die internationalen Korruptionsbekämpfungsinstrumente ein. Heute erfassen neben der OECD Anti-Bestechungskonvention alle völkerrechtlichen Verträge, die sich mit Korruption befassen, sowohl aktive als auch passive Bestechung.110 Die Inter-American Convention against Corruption der Organization of American States (im Folgenden bezeichnet als OAS Anti-Korruptionskonvention) kriminalisiert wie die OECD Anti-Bestechungskonvention Korruption in Form von Bestechung im öffentlichen Sektor.111 Ihr Fokus liegt hingegen anders als derjenige der OECD Anti-Bestechungskonvention nicht im Wesentlichen auf der Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr, sondern insbesondere auch auf dem Erhalt und der Stärkung demokratischer Einrichtungen.112 Ein Ziel der Initiatoren der OAS Anti-Korruptionskonvention war zudem die Ermöglichung der Rechtshilfe zwischen Staaten des amerikanischen Kontinents.113 Die OAS Anti-Korruptionskonvention pönalisiert sowohl aktive als auch passive Be108 Zum Wortlauf von Art. 1 OECD, Convention on the Organisation of Economic Cooperation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, der die Ziele der OECD festlegt siehe unten 3. Kap., A. I. 109 In der Präambel der OECD Anti-Bestechungskonvention bringen die Vertragsstaaten darüber hinaus zum Ausdruck, „that bribery is a widespread phenomenon in international business transactions, including trade and investment, which raises serious moral and political concerns, undermines good governance and economic development, and distorts international competitive conditions“. OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Präambel, 1. Erwägungsgrund. Dazu siehe auch unten 3. Kap., D. I. 3. 110 Dazu Pieth, Der Beitrag der UN Konvention zur Bekämpfung der transnationalen Korruption, in: Balmelli/Jaggy (Hrsg.), Les trait¦s internationaux contre la corruption, 2004, S. 7 – 18, 11; Möhrenschlager, Der strafrechtliche Schutz gegen Korruption, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 8. Kap., Rn. 285. 111 Präambel und Art. II Organization of American States, Inter-American Convention against Corruption, 29. März 1996, 35 I.L.M. 724 (1996). Dazu Low, Transnational Corruption: New Rules for Old Temptations, New Players to Combat a Perennial Evil, 92 American Society International Law Journal Proceedings (1998), S. 151 – 156, 154. 112 Präambel Organization of American States, Inter-American Convention against Corruption, 29. März 1996, 35 I.L.M. 724 (1996). 113 Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 5. Regelungen zur Auslieferung sind in Art. XIII Organization of American States, Inter-American Convention against Corruption, 29. März 1996, 35 I.L.M. 724 (1996) getroffen.

B. Die Korruptionsproblematik

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stechung von Amtsträgern.114 Darüber hinaus kriminalisiert sie ungerechtfertigte Bereicherung von Amtsträgern.115 Der Europarat hat eine strafrechtlich und eine zivilrechtlich ausgerichtete Konvention gegen Korruption verabschiedet.116 Die zwei Konventionen wurden im Hinblick auf die Rechtsharmonisierung und die Integration der (ost-)europäischen Staaten ausgearbeitet.117 Die strafrechtlich ausgerichtete Konvention gegen Korruption hat einen umfassenden Ansatz. Sie zielt auf Korruption als Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie, als Gefahr für Menschenrechte, Good Governance, Fairness und soziale Gerechtigkeit. Des Weiteren wendet sie sich gegen Korruption als Gefahr für den Wettbewerb und die wirtschaftliche Entwicklung sowie für demokratische Einrichtungen und die moralischen Grundlagen der Gesellschaft.118 Die strafrechtlich ausgerichtete Konvention des Europarats kriminalisiert neben der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern nationaler und internationaler Institutionen die aktive und passive Bestechung im privaten Sektor sowie Geldwäsche, „Handel mit Einfluss“ (trading in influence) und Verstöße gegen eine ordnungsgemäße Buchführung.119 Die zivilrechtlich ausgerichtete Konvention gegen Korruption des Europarats nimmt in ähnlicher Weise wie ihr strafrechtliches Pendant einen umfassenden Ansatz ein.120 Zweck der zivilrechtlich ausgerichteten Konvention ist, dass die Vertragsstaaten effektive nationale Rechtsmittel für Personen zur Verfügung stellen, die einen Schaden durch eine Korruptionshandlung erlitten haben. Die Staaten sollen den durch Korruptionshandlungen Geschädigten die Möglichkeit einräumen, Schadensersatz zu erhalten.121 Außerdem enthält die zivilrechtlich ausgerichtete Konvention die Vorgabe, dass Verträge, die Klauseln über korrupte Handlungen enthalten oder die aufgrund korrupter Handlungen geschlossen wurden, nichtig sind.122 Weiterhin wurden Regelungen über adäquate Schutzvorrichtungen für 114 Art. VI Abs. 1 Organization of American States, Inter-American Convention against Corruption, 29. März 1996, 35 I.L.M. 724 (1996). 115 Art. IX ibid. 116 Council of Europe, Criminal Law Convention on Corruption, ETS 173, 27. Januar 1999; Council of Europe, Civil Law Convention on Corruption, ETS 174, 4. November 1999. 117 Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 3. 118 Präambel Council of Europe, Criminal Law Convention on Corruption, ETS 173, 27. Januar 1999. 119 Art. 2 – 14 ibid. 120 Präambel Council of Europe, Civil Law Convention on Corruption, ETS 174, 4. November 1999. 121 Art. 1 ibid. Korruption wird für diesen Zweck in Art. 2 der zivilrechtlich ausgerichteten Konvention definiert als „requesting, offering, giving or accepting, directly or indirectly, a bribe or any other undue advantage or prospect thereof, which distorts the proper performance of any duty or behaviour required of the recipient of the bribe, the undue advantage or the prospect thereof.“ 122 Art. 8 ibid.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

Arbeitnehmer, die korrupte Handlungen melden, getroffen.123 Schließlich enthält diese Konvention Maßgaben hinsichtlich der Überprüfung der Buchführung von Unternehmen.124 Verbindungen der internationalen Korruptionsbekämpfung mit parallel laufenden Kampagnen gegen andere Straftaten mit internationalem Einschlag wie Drogenhandel, Umweltdelikte, organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Insider-Handel, Geldfälscherei, Internetkriminalität und Terrorismus wurden hergestellt.125 So ist die United Nations Convention against Corruption (UNCAC) darauf gerichtet, das Problem der Korruption in Verbindung mit verwandten Tatbeständen des organisierten Verbrechens zu behandeln.126 Die UNCAC zielt auf den Schutz der staatlichen Institutionen, der Stabilität und Rechtsstaatlichkeit sowie auf denjenigen der Demokratie und grundlegender Werte wie der Gerechtigkeit.127 Insofern ist die UNCAC dem Ansatz der OAS und des Europarats ähnlich. Sie ist – sowohl materiell als auch territorial – das umfassendste Instrument zur Korruptionsbekämpfung.128 Die UNCAC enthält Regelungen zur Korruptionsprävention im öffentlichen und im privaten Sektor129 und zur Kriminalisierung der aktiven und passiven Bestechung nationaler und internationaler Amtsträger sowie zur Kriminalisierung der aktiven und passiven Bestechung im privaten Sektor.130 Die UNCAC enthält außerdem Vorgaben zur Kriminalisierung des Handels mit Einfluss (trading in influence), der missbräuchlichen Wahrnehmung von Funktionen, der ungerechtfertigten Bereicherung, der Veruntreuung und Unterschlagung, der Wäsche von Erträgen (laundering of

123

Art. 9 ibid. Art. 10 ibid. 125 Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 239. 126 Präambel 2. Erwägungsgrund, United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997). Damit wird auch der Bezug zu ihrer Vorgängerkonvention, der United Nations Convention against Transnational Organized Crime (CATOC) hergestellt, die im Jahr 2000 ebenfalls im Rahmen des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) ausgearbeitet wurde und die mit ihren drei Protokollen die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, vier Typen des organisierten Verbrechens zu kriminalisieren, eines davon ist die aktive und passive Bestechung von Amtsträgern. United Nations, United Nations Convention against Transnational Organized Crime, 29. September 2003, 40 I.L.M. 334 (2001), Art. 8 f. 127 Präambel 1. Erwägungsgrund, United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997). 128 Präambel 5. Erwägungsgrund, ibid. Dazu van Aaken, Die VN-Konvention gegen Korruption: Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 9 – 39, 10. 129 Art. 7 ff., Art. 12 United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997). Dazu siehe Scherer, Korruptionsbekämpfung durch Selbstregulierung, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 79 – 104, 79. 130 Art. 15 f., 21 United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997). 124

B. Die Korruptionsproblematik

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proceeds of crime), der Verschleierung sowie der Rechtsbehinderung.131 Ferner regelt die Konvention, dass die Staaten gewährleisten müssen, dass Personen, die einen Schaden durch korrupte Handlungen erlitten haben, den Schädiger rechtlich belangen können.132 Im Mittelpunkt der Korruptionsbekämpfung von Weltbank und IMF steht die Einführung von Konditionalitäten in der Kreditvergabe der Finanzinstitutionen.133 Korruptionsbekämpfung wird – regelmäßig im Rahmen von Strukturanpassungen im Hinblick auf Good Governance – als Bedingung für den Erhalt und das Fortbestehen von Krediten gefordert.134 Die Effektivität der Korruptionsbekämpfung durch Konditionalitäten ist beachtlich. Bis 2006 wurden mehr als 330 Firmen und Individuen von Weltbankprojekten ausgeschlossen.135 Mehrheitlich in afrikanischen Ländern wurden große Infrastrukturprojekte wegen Korruptionsvorkommen suspendiert, beispielsweise in Ghana im Jahre 2000.136 Im August 1997 stoppten IMF und Weltbank ihre Kreditvergabe an Kenia, weil von Kenia keine effektiven Anti-Korruptionsmaßnahmen vorgenommen wurden. Ein 71 Millionen US Dollar Kredit wurde an Kenia nicht ausbezahlt, bis das Problem der Korruption ausreichend effektiv bekämpft würde.137 Kreditsperrungen für Kambodscha, Nigeria, Sudan und Afghanistan folgten aus denselben Gründen.138

131

Art. 18 ff. ibid. Ibid., Art. 35; Kap. V UNCAC ist der Wiedererlangung von Vermögenswerten („asset recovery“) gewidmet. 133 Zu den Konditionalitäten siehe Eldar, Reform of IMF Conditionality: A Proposal for Self-Imposed Conditionality, IILJ Working Paper 2005/10, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.10Eldar.pdf (30. April 2009), S. 7. 134 Den Beispielen von Weltbank und IMF folgten bald die regionalen Entwicklungsorganisationen, die ihre Verfahrensregeln und Beschaffungsfinanzierungsrichtlinien an die der Weltbank anglichen. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) annulierte bis Ende 2003 80 % ihrer Projekte in Nigeria. Auch die älteste und größte regionale Entwicklungsorganisation, die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB) schloss sich der Konditionalitätenpolitik an, ebenso die im Rahmen des North American Free Trade Agreement (NAFTA) errichtete North American Development Bank (NADB) und die 1991 gegründete Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Schließlich werden Konditionalitäten vom United Nations Development Programme (UNDP) und der EU, sowie vom „Paris Club“ zur Korruptionsbekämpfung im Rahmen der Entwicklungshilfe eingesetzt. Siehe Berg-Schlosser, Korruption und Entwicklungsforschung, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 311 – 327, 324. 135 Androulakis, Die Globalisierung der Korruptionsbekämpfung, 2007, S. 247. 136 Transparency International, Ghana: World Bank turns off the taps on water project, TI Newsletter, September 2000, Corruption Reports, abrufbar unter: www.transparency.org/content/download/8851/58615/file/tiq-september_2000.pdf (30. April 2009). 137 IMF/World Bank – Development Committee, Strengthening Bank Group Engagement on Governance and Anticorruption, DC 2006 – 0017, 8. September 2006, abrufbar unter: http:// www.worldbank.org/html/extdr/comments/governancefeedback/gacpaper.pdf (30. April 2009), S. v. 132

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

C. Der Fokus der OECD Die OECD ist die im Mittelpunkt der internationalen Korruptionsbekämpfung stehende Organisation. Sie hat ein umfassendes Anti-Korruptionsprogramm aufgestellt. Die zentralen Instrumente der OECD zur Korruptionsbekämpfung werden in diesem Abschnitt im Einzelnen beleuchtet. Erfolge und Kritik werden diskutiert. I. Das Anti-Korruptionsprogramm der OECD Die OECD hat ein umfassendes, multidisziplinäres Programm zur Korruptionsbekämpfung entwickelt.139 Im Zentrum der Korruptionsbekämpfung der OECD steht die von dem Directorate for Financial and Enterprise Affairs (DAF) ausgearbeitete OECD Anti-Bestechungskonvention mit den beiden begleitenden Empfehlungen gegen Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr und gegen steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern.140 Außerdem fordert das DAF multinationale Unternehmen im Rahmen der OECD Guidelines for Multinational Enterprises auf, Bestechungszahlungen weder anzubieten oder zu geben noch zu fordern.141 Das Centre for Tax Policy and Administration hat zur effektiven Weiterverfolgung der Ziele der Empfehlung des OECD-Rats gegen die steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern das OECD Bribery Awareness Handbook for Tax Examiners verfasst.142 Das Trade and Agriculture Directorate befasst sich mit Bestechungshandlungen im Rahmen von Exportkrediten.143 Mit der Nehmerseite von Bestechungshandlungen ist das Directorate for Public Governance and Territorial Development befasst.144 Korruption ist außerdem ein zentrales Thema des Network on 138 Moroff, Internationalisierung von Anti-Korruptionsregimen, in: von Alemann (Hrsg.), Dimensionen politischer Korruption, 2005, S. 444 – 477, 453. 139 Im OECD Sekretariat sind das Directorate for Financial and Enterprise Affairs, das Centre for Tax Policy and Administration, das Trade and Agriculture Directorate, das Directorate for Public Governance and Territorial Development und das Development Co-operation Directorate mit der Korruptionsbekämpfung befasst. Siehe zum Anti-Korruptionsprogramm der OECD, The OECD Fights Corruption, 2006, abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/ 36/51/37418910.pdf (30. April 2009). Siehe die OECD Anti-Korruptions-Homepage: OECD, Fighting Corruption, abrufbar unter: www.oecd.org/corruption/overview (30. April 2009). 140 Zu diesen drei zentralen Anti-Korruptionsinstrumenten der OECD siehe sogleich in diesem Kap., C. II. 141 OECD, Working Party on the OECD Guidelines for Multinational Enterprises, The OECD Guidelines for Multinational Enterprises: Review 2000, DAFFE/IME/WPG(2000)9, 11. September 2000, Part 1, VI. 142 OECD, OECD Bribery Awareness Handbook for Tax Examiners, 2003, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/20/20/37131825.pdf (30. April 2009). 143 OECD, 2006 Action Statement on Bribery and Officially Supported Export Credits, TD/ ECG(2006)11, 11. Mai 2006; OECD, OECD Council Recommendation on Bribery and Officially Supported Export Credits, TD/ECG(2006)24, 18. Dezember 2006. 144 OECD, Principles for Managing Ethics in the Public Service, OECD Recommendation, PUMA Policy Brief No. 4, Mai 1998, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/60/13/

C. Der Fokus der OECD

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Governance (GOVNET) des Development Co-operation Directorate (DCD-DAC). Im GOVNET kommen Institutionen und Experten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zusammen.145 Das DCD-DAC ist die zentrale Einrichtung zur Kooperation der OECD mit Entwicklungsländern. Schließlich kooperiert die OECD umfänglich mit Nichtmitgliedstaaten und anderen internationalen Institutionen zur Durchführung von Anti-Korruptionsprogrammen.146 II. Die zentralen Instrumente der OECD zur Korruptionsbekämpfung Die zentralen Korruptionsbekämpfungsinstrumente der OECD sind die OECD Anti-Bestechungskonvention und die diese begleitenden Empfehlungen des OECDRats gegen Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr und gegen steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern sowie das OECD-Berichtsverfahren.147 Der spezifische Zugang der OECD Anti-Bestechungskonvention entspricht bis heute im Grundsatz dem Zugang des US FCPA.148 Dieser Ansatz ist einerseits besonders eng, andererseits aber erheblich weiter als jener anderer Instrumente. Der Ansatz ist eng, weil sich die OECD Anti-Bestechungskonvention auf die aktive Bestechung – das Anbieten, Versprechen oder Geben – von ausländischen Amtsträgern im interna1899138.pdf (30. April 2009); OECD, Recommendation of the Council on Guidelines for Managing Conflict of Interest in the Public Service, Juni 2003, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/13/22/2957360.pdf (30. April 2009); OECD, Recommendation of the Council on Enhancing Integrity in Public Procurement, C(2008)105, Oktober 2008. 145 Das DAC GOVNET hat z. B. die OECD, Principles for Donor Funded Action in AntiCorruption, DCD/DAC(2006)40/REV1, 8. Dezember 2006 und die OECD, Policy Paper and Principles on Anti-Corruption, Setting an Agenda for Collective Action, 2007, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/2/42/39618679.pdf (30. April 2009) angenommen. Es war außerdem Schirmherr eines im Juli 2005 in Kamerun eingeleiteten Anti-Korruptionprojekts. Dazu siehe OECD, Multi-Donor Governance and Anti-Corruption Mission to Cameroon, Final Report, 2005, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/40/51/37687235.pdf (30. April 2009). 146 Das OECD Sekretariat beherbergt das Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia (ACN). Zum ACN-Berichtsverfahren siehe unten 2. Kap., A. I. 2. Weitere regionale Anti-Korruptionsinitiativen sind derzeit aktiv: Die Asian Development Bank (ADB)/ OECD Anti-Corruption Initiative for Asia and the Pacific, der Stability Pact Anti-Corruption Initiative for South-Eastern Europe (SPAI) und die Initiative on Governance and Investment for Development in the Middle East and North Africa (MENA). Zur Kooperation der OECD im Rahmen des Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung siehe unten 3. Kap., C. 147 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998); OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C (97)123/FINAL, 23. Mai 1997; OECD Council, Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials, C(96)27/FINAL, 17. April 1996. 148 Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 22 ff.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

tionalen Geschäftsverkehr beschränkt.149 Bestechender kann „any person“ sein – sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person.150 Der Bestochene, der „foreign public official“, wird – im Unterschied zu den übrigen völkerrechtlichen Verträgen – anhand einer autonomen Definition bestimmt.151 Die Bestechungshandlung muss darauf gerichtet sein, dass der ausländische Amtsträger seine Funktion missbraucht und sie muss in Zusammenhang mit einem internationalen Geschäft erfolgen.152 Zumindest dolus eventualis ist erforderlich.153 Der Ansatz der OECD Anti-Bestechungskonvention ist weit, denn die OECD Anti-Bestechungskonvention wirkt nicht nur inter partes, sondern – in Anlehnung an den US FCPA kollektiv-unilateral. Sie bezieht sich auf die Bestechung von Amtsträgern weltweit – auch von Amtsträgern von Nichtvertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention.154 Schließlich folgt die OECD Anti-Bestechungskonvention einer Methode, die sie als „functional equivalence“ bezeichnet. Functional equivalence bedeutet, 149 Art. 1 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998). 150 Zur Verantwortlichkeit juristischer Personen, siehe Art. 2 ibid. Siehe dazu Nr. 1) i) der Agreed Common Elements of Criminal Legislation and Related Action. Die Agreed Common Elements wurden als Annex der Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions angenommen. Sie sind Leitprinzipien zur Kriminalisierung korrupter Handlungen. Sie beinhalten Definitionen von „bribery“, des „foreign public official“ und des „offeror“ sowie u. a. Nebenelemente und -delikte. Der OECD-Rat empfahl den Mitgliedstaaten in Abschnitt III der Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions Vorlagen an ihre gesetzgebenden Organe zu übergeben, die mit den Agreed Common Elements konform sind sowie einen internationalen Vertrag auf der Grundlage der Agreed Common Elements auszuarbeiten. Dazu Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 15 f. 151 Gemäß Art. 1 Abs. 4 a) OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998) ist darunter „any person holding a legislative, adminstrative or judicial office of a foreign country, whether appointed or elected; any person exercising a public function for a foreign country, including for a public agency or public enterprise; and any official or agent of a public international organisation“ zu verstehen. Dazu ausführlich Zerbes, Article 1. The Offence of Bribery of Foreign Public Officials, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 45 – 172, 57 ff. 152 Zerbes, Article 1. The Offence of Bribery of Foreign Public Officials, in: Pieth/Low/ Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 45 – 172, 136 ff., 150 ff. 153 Art. 1 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998): „intentionally“. Dazu Zerbes, Article 1. The Offence of Bribery of Foreign Public Officials, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 45 – 172, 157. 154 Dazu Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 24 f. Kritisch zu diesem Ansatz Zieschang, Das EUBestechungsgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung, 2 NJW (1999), 105 – 107, 107, der anmerkt, dass das jeweilige nationale „Strafrecht bezüglich der NichtUnterzeichnerstaaten einseitig jedenfalls auch auf den Schutz der Lauterkeit der Amtsführung in diesem Staat ausgedehnt wird.“ (Hervorhebung im Original).

C. Der Fokus der OECD

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dass die Konvention keine einheitliche Umsetzung der Vorgaben verlangt. Insbesondere müssen die Vertragsstaaten grundlegende Prinzipien ihrer Rechtssysteme nicht ändern.155 Die OECD Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions (im Folgenden bezeichnet als (OECD) Revised Recommendation) enthält Empfehlungen in einer Reihe von Sachfragen in Zusammenhang mit Korruption. Im Einzelnen sind dies Empfehlungen bezüglich der Bekämpfung der aktiven Bestechung von ausländischen Amtsträgern im internationalen Geschäftsverkehr sowie der steuerlichen Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern, der Einführung von Buchführungs- und -prüfungsauflagen und der Bekämpfung der Bestechung im öffentlichen Vergabewesen. Wichtiger Beitrag der Revised Recommendation ist die Beifügung des Annex der Agreed Common Elements of Criminal Legislation and Related Action.156 Seit ihrer Überführung in die OECD Anti-Bestechungskonvention haben die Agreed Common Elements ihre unmittelbare Bedeutung verloren. Die Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials war 1996, zur Zeit ihrer Annahme durch den Rat, von Bedeutung. Bis zu diesem Zeitpunkt war die steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern (außer in den USA) erlaubt.157 Ein zentraler Pfeiler in der Korruptionsbekämpfungsstrategie der OECD ist schließlich das OECD-Berichtsverfahren. Die drei vorgenannten Instrumente bilden den internationalen Bewertungsmaßstab dieses Verfahrens.158 III. Erfolge und Kritik Die OECD Anti-Bestechungskonvention wird als zentrales Instrument im Kampf gegen aktive Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr überwiegend positiv bewertet.159 Die Signifikanz der OECD Anti-Bestechungskonvention wird in der 155

OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 2. Siehe auch Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 26 ff. 156 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Annex. Siehe zu den Agreed Common Elements oben in diesem Abschnitt (Fn. 150). 157 OECD Council, Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials, C(96)27/FINAL, 17. April 1996. 158 Zum rechtlichen Bewertungsmaßstab siehe im Einzelnen unten 3. Kap., E. V. 2. a). 159 Z.B. Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, 195; Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007,

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

wirtschaftlichen Stärke ihrer Vertragsstaaten im internationalen Geschäftsverkehr gesehen. Diese bringen 70 % der Weltexporte sowie 90 % der ausländischen Direktinvestitionen auf und über 75 % der multinationalen Unternehmen haben in ihnen ihren Sitz. Dass diejenigen Staaten, die die weltweiten Investitionen und den Handel wesentlich bestimmen, sich zur Kriminalisierung der Geberseite von Bestechung verpflichtet haben, wird als ein wesentlicher Erfolg der OECD Anti-Bestechungskonvention gewürdigt.160 Positiv hervorgehoben wird insbesondere die globale Reichweite der Konvention, die aus dem kollektiv-unilateralen Ansatz der AntiBestechungskonvention resultiert.161 Als weiterer positiver Faktor wird die relative Homogenität der Vertragsstaaten herausgestellt, die eine weitgehend einheitliche Umsetzung der Vorgaben erlaubt. Dies wird als Vorteil für die Effektivität der OECD Anti-Bestechungskonvention bewertet.162 Ein Vorteil wird darüber hinaus in dem engen Fokus der OECD Anti-Bestechungskonvention gesehen, da er die Überwachung und Durchsetzung der Vorgaben anhand eines präzisen Rasters erlaubt.163 Gleichzeitig wird jedoch in dem engen Zuschnitt und der Homogenität der Vertragsstaaten ein Risiko gesehen, da die Vertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention als Handelskonkurrenten darauf bedacht sein könnten, die Vorgaben der Konvention so spät wie möglich umzusetzen, um Handelsnachteile zu vermeiden.164 Positiv wird beurteilt, dass die Definition des ausländischen Beamten in der OECD Anti-Bestechungskonvention selbst bereitgestellt wird.165 Ausgangspunkt

S. 509 – 552, 514; Unzicker, From Corruption to Cooperation: Globalization Brings a Multilateral Agreement Against Foreign Bribery, 7 Indiana Journal of Global Legal Studies (1999 – 2000), S. 655 – 686, 638. Anders Tarullo, The Limits of Institutional Design: Implementing the OECD Anti-Bribery Convention, 44 Virginia Journal of International Law (2004), S. 665 – 710, 680 ff., der die OECD Anti-Bestechungskonvention am Maßstab des US FCPA bewertet und als nicht effektiv genug einstuft. Tarullo sieht einen fortgesetzten Handelsnachteil der USA aufgrund defizitärer Umsetzung der OECD Anti-Bestechungskonvention in anderen Staaten als den USA. 160 Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, 195; Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 511; Unzicker, From Corruption to Cooperation: Globalization Brings a Multilateral Agreement Against Foreign Bribery, 7 Indiana Journal of Global Legal Studies (1999 – 2000), S. 655 – 686, 638. 161 Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, 195. 162 Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 513. 163 Ibid., S. 513. 164 Ibid., S. 513. 165 Gemäß Art. 1 Abs. 4 a OECD Anti-Bestechungskonvention ist „,foreign public officialÐ […] any person holding a legislative, administrative or judicial office of a foreign country, whether appointed or elected; any person exercising a public function for a foreign country,

C. Der Fokus der OECD

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der positiven Bewertung ist die Annahme, dass unterschiedliche nationale Definitionen des ausländischen Beamten die Erfüllung der Vorgaben durch die internationalen Unternehmen erschweren. Zudem wird davon ausgegangen, dass auch die Überwachung und Durchsetzung der Vorgaben erschwert ist, wenn jeder Staat eine eigene staatliche Definition des ausländischen Beamten formuliert. Andere internationale Anti-Korruptionsverträge, z. B. die strafrechtlich ausgerichtete Konvention gegen Korruption des Europarats, geben im Unterschied zur OECD Anti-Bestechungskonvention keine autonome Definition vor.166 Schließlich wird die breit angelegte Kooperation der OECD im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung mit Nichtmitgliedsstaaten, internationalen Institutionen und der Zivilgesellschaft herausgestellt.167 Um eine umfassende Kooperation mit Nichtmitgliedstaaten zu gewährleisten hat die OECD mit Partnerorganisationen vor Ort regionale AntiKorruptionsprogramme entwickelt. Mit den jeweils teilnehmenden Staaten unterhält die OECD enge Beziehungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung.168 Die Harmonisierung der internationalen Anti-Korruptionsinstrumente wird als wegweisend für die Effektivität der internationalen Korruptionsbekämpfung und insbesondere auch der Effektivität der OECD Anti-Bestechungskonvention gewürdigt.169 Das OECD-Berichtsverfahren nimmt in der positiven Bewertung der Effektivität der Anti-Bestechungspolitik der OECD einen wesentlichen Stellenwert ein.170 Es wird jedoch in der begleitenden Wissenschaft auf das Risiko der ungesicherten Finanzierung des OECD-Berichtsverfahrens verwiesen.171

including for a public enterprise; and any official or agent of a public international organisation“. 166 Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 546 f. 167 Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, 195. 168 Siehe zu den regionalen Anti-Korruptionsprogrammen im Einzelnen oben in diesem Kap., C. I. (Fn. 146). 169 Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 546 f. 170 Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 45; Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, S. 197; Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 514. 171 Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 55; Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 513.

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

Die OECD selbst bewertet die Anti-Bestechungskonvention als Erfolg.172 Als zentralen Pfeiler ihrer Stärke sieht sie das OECD-Berichtsverfahren, das die Umsetzung der in der Konvention enthaltenen Vorgaben fördert und außerdem über diese Vorgaben hinaus Maßnahmen von den Staaten zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung fordert.173 Die OECD sieht die Ausweitung der Vertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention als grundlegend für den zukünftigen Erfolg der Korruptionsbekämpfung der OECD.174 In der externen Praxis wird die Arbeit der OECD zur Korruptionsbekämpfung ebenfalls positiv bewertet. Zum 10-jährigen Bestehen der OECD Anti-Bestechungskonvention 2007 wurden der OECD Working Group on Bribery zwei prestigeträchtige Preise verliehen. Zum einen ehrte die führende NGO im Bereich der Korruptionsbekämpfung Transpareny International Professor Dr. Mark Pieth, den Vorsitzenden der OECD Working Group on Bribery, als Empfänger des jährlich verliehenen Integrity Awards. Zum anderen wurde die Anti-Korruptionsabteilung im OECD Sekretariat durch den Africa Investors Award für ihre Zusammenarbeit mit Südafrika im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung ausgezeichnet.175

D. Die Problematik der Korruptionsbekämpfung Der internationalen Korruptionsbekämpfung wohnte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts aufgrund der als „geographical morality“ verurteilten Argumentation ein problematisches Potential inne. Geographical morality bezeichnet aus dem historischen Kontext heraus eine an unterschiedlichen moralisch-sittlichen Maßstäben gemessene Beurteilung von Handlungen in Staaten der südlichen Hemisphäre und in westlich orientierten Industriestaaten.176 Das Argument der unterschiedlichen ethischen Standards wurde in der Kolonialzeit verwendet, um korrupte Handlungen 172 OECD, OECD Working Group on Bribery, Annual Report 2007, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/21/15/40896091.pdf (30. April 2009), S. 8, 18 ff. 173 Ibid., S. 8, 18 ff. 174 Ibid., S. 3. Die OECD Working Group on Bribery führt Aufnahmegespräche mit Russland. Israel ist der OECD Working Group on Bribery am 09. Dezember 2008 offiziell beigetreten und seit dem 11. März 2009 Vertragsstaat der OECD Anti-Bestechungskonvention. Der Beitritt in die OECD Working Group on Bribery ist notwendige Voraussetzung zu einem Beitritt zur OECD Anti-Bestechungskonvention, Art. 13 Abs. 2 OECD Anti-Bestechungskonvention. Dazu im Einzelnen unten 3. Kap., E. IV. Auch in der begleitenden Wissenschaft wird kritisch beurteilt, dass beispielsweise China nicht Vertragsstaat ist. Low, The OECD Convention: A US Perspective on Combating Bribery in International Business, in: Pieth/Low/ Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 509 – 552, 513. 175 OECD, OECD Working Group on Bribery, Annual Report 2007, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/21/15/40896091.pdf (30. April 2009), S. 2. 176 AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932, 877.

D. Die Problematik der Korruptionsbekämpfung

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der Kolonialherren in den Kolonien mit dem Verweis auf die Bräuche vor Ort zu rechtfertigen.177 Ein prominentes Beispiel ist das Amtsenthebungsverfahren gegen Warren Hastings, den ersten Gouverneur des britischen Kolonialreichs in Bengalen zwischen 1772 und 1785.178 Er wurde 1788 von dem britischen House of Lords u. a. deswegen angeklagt, seine Herrschaft auf Korruption gegründet zu haben. Die Verteidigung von Warren Hastings stritt bezüglich der Anklage der Korruption nie ab, dass Hastings Zahlungen erhalten und getätigt habe. Sie berief sich vielmehr auf die unterschiedlichen Sitten in den unterschiedlichen Kulturkreisen. Seine Verteidigung argumentierte, Hastings habe in Indien kein korruptes Regierungssystem aufgebaut, er habe dieses vielmehr bei seinem Amtsantritt vorgefunden. Willkürliche Machtausübung liege in der „constitution of Asia“179 verankert. Ferner sei festzustellen, dass „actions in Asia do not bear the same moral qualities which the same actions would bear in Europe“.180 Es sei daher nicht gerecht, Hastings Handlungen anhand der gleichen ethischen Standards zu bewerten, wie diejenigen öffentlicher Beamter in Großbritannien.181 Edmund Burke, der die Anklage leitete, bezeichnete die Argumentation von Hastings Verteidigung, als geographical morality:182 „[Y]our Lordships know that these gentlemen have formed a plan of geographical morality, by which the duties of men, in public and private situations, are not to be governed by their relation to the great Governor of the Universe, or by their relation to mankind, but by climates […] latitudes: as if, when you crossed the equinoctial, all the virtues die […] by which they unbaptize themselves of all that they learned in Europe […]. This geographical morality we do protest against; Mr. Hastings shall not screen himself under it […]“.183 Das Gericht wies jedoch Burkes Appel an naturrechtliche Prinzipien zurück und sprach Hastings 1795 von allen Vorwürfen frei.184 Die als geographical morality bezeichnete Argumentation wurde bis in die späten 1990er Jahre herangezogen, um Korruptionshandlungen zu verteidigen. Noch 1994 177

Ibid., 929 f. Ibid., S. 883 ff.; Murkherjee, Justice, War, and the Imperium: India and Britain in Edmund BurkeÏs Prosecutorial Speeches in the Impeachment Trial of Warren Hastings, 23(3) Law and History Review (2005), 589 – 630. 179 Edmund Burke, Speech in Opening, in: 9 The Works of the Right and Honorable Edmund Burke 453 – 54, zitiert nach: AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932, 887. 180 Ibid., S. 881. 181 Ibid., S. 887. 182 Murkherjee, Justice, War, and the Imperium: India and Britain in Edmund BurkeÏs Prosecutorial Speeches in the Impeachment Trial of Warren Hastings, 23(3) Law and History Review (2005), 589 – 630, 609 f. 183 Edmund Burke, Speech in Opening, in: 9 The Works of the Right and Honorable Edmund Burke 447 – 448, zitiert nach: AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932, 888. 184 Ibid., S. 889. 178

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1. Teil, 1. Kap.: Korruption – das Phänomen in der Analyse der OECD

argumentierte Lord Young, ehemaliger Secretary of State for Trade and Industry of the United Kingdom und zu dieser Zeit Chairman von Cable & Wireless PLC, dass in Teilen der Welt Korruption nicht verwerflich sei und dass die westlich orientierte Welt ihre Kultur diesen Staaten nicht aufzwingen dürfe.185 Auch Wissenschaft und Medien befassten sich bis in die 1990er Jahre mit dieser Problematik.186 Seit der Jahrhundertwende ändert sich die Bewertung einer auf geographical morality basierenden Argumentation schrittweise. Die Argumentation der unterschiedlichen Kultur und Bräuche wird zwar auch heute noch angeführt, allerdings von den zuständigen Streitentscheidungsorganen anders beurteilt. Ein Beispiel ist ein Fall vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID, International Centre for Settlement of Investment Disputes), der im Oktober 2006 abgeschlossen wurde. In diesem Fall klagte World Duty Free Ltd. gegen die Republik Kenia wegen behaupteten Vertragsbruchs. Dagegen brachte Kenia vor, World Duty Free habe den in Frage stehenden Vertrag mithilfe einer Bestechungszahlung in Höhe von US $ 2 Millionen abgeschlossen.187 World Duty Free Ltd. argumentierte daraufhin, dass korrupte Handlungen in der Kultur Kenias verankert seien. Das Zahlen von Bestechungsgeldern sei daher nicht strafbar, sondern zum einverständlichen Geschäftsverkehr erforderlich.188 Weiter brachte World Duty Free Ldt. vor, dass der Tatbestand der Bestechung nicht erfüllt sei, weil Bestechung ein Vergehen sei, für das ein subjektives Element, mens rea, benötigt werde.189 Herr Nasir Ibrahim Ali, Geschäftsführer und Gesellschafter von World Duty Free habe hingegen eine Zahlung getätigt, die er für rechtmäßig hielt. Es sei verbreiteter Brauch in Kenia, solche Art Zahlungen vor der Tätigung von Geschäften zu machen. Dieser Brauch habe seine kulturellen Wurzeln im „Harambee“ System, in dem die Ressourcen für öffentliche Zwecke durch private Zuwendungen bereitgestellt wurden.190 Das ICSID befand, dass die „Zuwendung“ eine Bestechungszahlung war und dass World Duty Free Ltd. durch die Zahlung von US $ 2 Millionen sowohl gegen kenianisches Recht 185 Dazu siehe Salbu, Extraterritorial Restriction of Bribery: A Premature Evocation of the Normative Global Village, 24 Yale Journal of International Law (1999), S. 223 – 255, 232 ff.; AlaÏi, The Legacy of Geographical Morality and Colonialism: A Historical Assessment of the Current Crusade Against Corruption, 33 Vanderbilt Journal of Transnational Law (2000), S. 877 – 932, 930. 186 Z.B. Kennedy, The International Anti-Corruption Campaign, 14 Connecticut Journal of International Law (1999), S. 455 – 465; Blustein, Pssst. HereÏs a Little Something That Seems to Slow Growth, The Washington Post, 17. Juli 1996, S. D01. 187 International Centre for Settlement of Investment Disputes, World Duty Free Company Limited v. Republic of Kenya (ARB/00/7), 46 I.L.M. 2007, 4. Oktober 2006, 339. Es stand die Frage im Vordergrund, ob die Zahlungen als aktive Bestechung durch World Duty Free zu qualifizieren waren, oder als passive Bestechung durch die Republik Kenia. Problem war zudem die Abgrenzung zwischen der versuchten Anstiftung zur aktiven Bestechung und der passiven Bestechung. 188 Ibid., Nr. 120. 189 Ibid., Nr. 110. 190 Ibid., Rn. 403.

D. Die Problematik der Korruptionsbekämpfung

61

und internationale Verträge als auch gegen „transnational public policy“ verstoßen habe.191 Das ICSID wies damit die Verteidigung als geographical morality zurück. Auch Transparency International tritt der Argumentation der „Kultur des Geschenk-Gebens“ vehement entgegen.192 Ein entscheidender Schritt zur Überwindung von geographical morality wurde mit dem Inkrafttreten der UNCAC im Dezember 2005 erreicht. 140 Signatarstaaten stehen heute für einen globalen Konsens zumindest über die Notwendigkeit der Korruptionsbekämpfung. Durch ihre Unterzeichnung und Ratifikation haben sich sowohl Staaten der nördlichen als auch der südlichen Hemisphäre verpflichtet, die Angebots- und die Nachfrageseite der Korruption zu bekämpfen.193 2. Kapitel

Governance by Information: Der Governance-Modus von Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung Das zweite Kapitel stellt unter (A.) das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung vor und arbeitet dessen Merkmale heraus. Zu diesem Zweck wird das OECD-Berichtsverfahren zunächst dargestellt. Um die Merkmale zu schärfen und Besonderheiten des OECD-Berichtsverfahrens hervorzuheben, werden Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen vorgestellt und das OECD-Berichtsverfahren gegenüber diesen positioniert. Im Anschluss an diese Darstellung wird die Auswahl des Berichtsverfahrens der OECD für den Zweck dieser Arbeit begründet. Unter (B.) wird der Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens untersucht. Hierzu wird die Perspektive der Governance-Forschung eingenommen. Diese ermöglicht einen umfassenden Blick auf Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen.194 Zunächst wird der Governance-Modus Governance by Information definiert. Unterschiedliche Formen öffentlicher Informationspolitik werden auf den 191 „In light of domestic laws and international conventions relating to corruption, and in light of the decisions taken in this matter by courts and arbitral tribunals, this Tribunal is convinced that bribery is contrary to international public policy of most, if not all, States or, to use another formula, to transnational public policy. Thus, claims based on contracts of corruption or on contracts obtained by corruption cannot be upheld by this Arbitral Tribunal.“ Ibid., Rn. 136, 157. 192 Transparency International, FAQÏs for Journalists – Facts and Figures on Corruption, abrufbar unter: http://www.transparency.org/news_room/faq/journalists_faq#two (30. April 2009), Nr. 2: Q: „IsnÏt Transparency International trying to inflict a ,first worldÐ view of corruption on the rest of the world? Surely things are done differently in different parts of the world […]?“ TI: „This view, prevalent until recently, has been completely discredited.“ 193 Dazu van Aaken, Die VN-Konvention gegen Korruption: Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 9 – 39, 35 f. 194 Zum Erkenntnisgewinn der Governance-Perspektive siehe oben Einleitung B (Fn. 27).

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Governance-Modus Governance by Information hin untersucht. Dann wird das OECD-Berichtsverfahren unter die Merkmale von Governance by Information subsumiert. Um ein vollständiges Bild des Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens zu erhalten, werden abschließend einzelne Aspekte des OECDBerichtsverfahrens an ausgewählten Beispielen dargestellt.

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung Berichtsverfahren werden im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung von einer Vielzahl internationaler Institutionen eingesetzt.195 Die Berichtsverfahren werden als „Implementation“, „Enforcement“ oder „Monitoring“ bezeichnet.196 In diesem Abschnitt werden die Berichtsverfahren im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung der OECD sowie anderer Institutionen vorgestellt und die Auswahl des OECD-Berichtsverfahrens für den Zweck dieser Arbeit als repräsentativ begründet. I. Das Berichtsverfahren der OECD Das im Rahmen der OECD entwickelte Berichtsverfahren wird von der OECD selbst sowie dem Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia (ACN) durchgeführt. Dieses staatengerichtete Berichtsverfahren wird gegen ein an multinationale Unternehmen gerichtetes Verfahren der OECD abgegrenzt, um die definierenden Merkmale des OECD-Berichtsverfahrens zu schärfen.

195 Ein Überblick findet sich bei Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 31 ff. Zu den Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung der OECD, des Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia, der Organization of American States, der African Union, des United Nations Office on Drugs and Crimes und der Group of States against Corruption siehe unten in diesem Kap. A. I. und II. Berichtsverfahren werden auch in anderen Handlungsbereichen eingesetzt, beispielsweise zur Bekämpfung der Geldwäsche durch die Financial Action Task Force Against Money Laundering (FATF). Die Berichte der FATF sind auf der Homepage der FATF veröffentlicht: Financial Action Task Force, Summaries, Reports and Annexes, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/document/32/ 0,3343,en_32250379_32236982_35128416_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 196 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 12 verweist auf die Einrichtung eines Verfahrens zum „systematic follow-up to promote and monitor the full implementation“. Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen siehe Handl, Compliance Control Mechanisms and International Environmental Obligations, 5 Tulane Journal of International and Comparative Law (1997), S. 29 – 49, 30.

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

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1. Das durch die OECD selbst durchgeführte Berichtsverfahren Das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung wurde von der OECD Working Group on Bribery entwickelt und wird von dieser durchgeführt.197 Die Working Group on Bribery hat für das Berichtsverfahren zwei Zielrichtungen festgesetzt, die in den zwei konsekutiv durchgeführten Phasen des Berichtsverfahrens verfolgt werden.198 In der ersten Phase wird die Rechtslage hinsichtlich der Korruptionsbekämpfung eines Staates recherchiert und bewertet.199 Als Bewertungsmaßstab dienen die Vorgaben der OECD Anti-Bestechungskonvention sowie der Empfehlungen des OECDRats aus dem Bereich der Korruptionsbekämpfung.200 Staatenspezifische, spezielle Probleme, die sich die Working Group on Bribery zur weiteren Bearbeitung vorbehält, werden als „specific issues“ am Schluss der Berichte vermerkt.201 Die Durchführung der ersten Phase begann im April 1999 und ist heute für alle teilnehmenden Staaten abgeschlossen.202 Das Verfahren befindet sich derzeit in der zweiten Phase. Diese ist darauf gerichtet, Informationen über die tatsächliche Korruptionsbekämpfung der Staaten zu erheben und zu bewerten.203 Die OECD Working Group on Bribery formuliert in den Berichten der zweiten Phase konkrete, staatenspezifische Empfehlungen im Hinblick auf gesetzgeberische und tatsächliche Maßnahmen, die an die nationalen Entscheidungsträger gerichtet sind.

197 Zum OECD-Berichtsverfahren ausführlich siehe unten 3. Kap.; Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 445 ff. 198 Derzeit arbeitet die OECD Working Group on Bribery an der Konzeption einer dritten Phase. OECD, Consultation Paper – Review of the OECD Instruments on Combating Bribery of Foreign Public Official in International Business Transactions Ten Years after Adoption, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/18/25/39882963.pdf (30. April 2009), Nr. 78. Dazu siehe unten 3. Kap., E. III. 1. 199 OECD, Mid-Term Study of Phase 2 Reports, 22. Mai 2006, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/19/39/36872226.pdf (30. April 2009), Nr. 2. 200 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997. OECD Council, Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials, C (96)27/FINAL, 17. April 1996. 201 Ein specific issue beinhaltet zum Beispiel ein gerade abgeschlossenes nationales Gesetzgebungsverfahren, bei dem die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes noch nicht vorliegen. 202 Zum gegenwärtigen Stand des Berichtsverfahrens siehe OECD, Consultation Paper – Review of the OECD Instruments on Combating Bribery of Foreign Public Official in International Business Transactions Ten Years after Adoption, 2008, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/18/25/39882963.pdf (30. April 2009). 203 OECD, Mid-Term Study of Phase 2 Reports, 22. Mai 2006, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/19/39/36872226.pdf (30. April 2009), Nr. 2.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Druck auf die nationalen Entscheidungsträger, den internationalen Forderungen durch Modifikation der nationalen Rechtslage sowie durch Politikgestaltung nachzukommen, wird von der OECD Working Group on Bribery neben den regelmäßig vorgesehenen Verfahren durch nicht in allen Staaten durchzuführende – außerordentliche – mündliche und schriftliche Verfahren aufgebaut.204 Die einzelnen Verfahrensschritte zur Durchführung des Berichtsverfahrens wurden von der OECD Working Group on Bribery im Detail festgelegt.205 Demnach wird zu Beginn beider Phasen an den zu bewertenden Staat ein Fragebogen ausgegeben. In der zweiten Phase wird zusätzlich von der für die Datenbeschaffung und -auswertung berufenen Prüfungsgruppe ein Staatenbesuch durchgeführt.206 Die Prüfungsgruppe verfasst einen Berichtsentwurf, den sie der Working Group on Bribery vorlegt. Die Berichte werden in der Working Group on Bribery in drei Diskussionsrunden diskutiert. Im Verlauf jeder der drei Runden hat der bewertete Staat Beteiligungsrechte, die in den Verfahrensregeln festgelegt sind. Die Berichte werden durch Konsens aller in der Working Group on Bribery durch Experten repräsentierten Staaten mit Ausnahme des bewerteten Staates angenommen. Hinsichtlich des bewerteten Staates sehen die Verfahrensregeln vor, dass dieser sich enthält (consensus minus one).207 Nach der Annahme werden die Berichte auf der Homepage der OECD veröffentlicht.208 Die Adressaten der Berichte sind die Vertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention.209 2. Das durch das Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia durchgeführte Berichtsverfahren Das Berichtsverfahren der OECD Korruptionsbekämpfung wird unter geringfügigen Änderungen des Ablaufs durch das Anti-Corruption Network for Eastern 204 Zu den verfahrensmäßig vorgesehenen sog. Fortschrittsverfahren sowie den zwei stärksten außerordentlichen Verfahren, den bis-Verfahren siehe unten in diesem Kap., B. IV. und im 3. Kap., E. III. 3. c) und d). 205 OECD, Phase 1 Questionnaire: First Self-Evaluation and Mutual Review of Implementation of the Convention and 1997 Recommendation, DAFFE/IME/BR(98)8/ADD1/ FINAL, 30. Oktober 1998; OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/ WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006; OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/ BR(99)33/FINAL, 1. März 2001; OECD, Phase 2 Questionnaire, DAFFE/IME/BR/WD(2000) 36/FINAL, 24. Januar 2001. 206 Zu den Beteiligten am Staatenbesuch in Frankreich siehe unten 3. Kap., E. V. 1. b). 207 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI C. 208 OECD, Country Reports on the Implementation of the OECD Anti-Bribery Convention and the 1997 Revised Recommendation, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/24/ 0,3343,en_2649_34859_1933144_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 209 Die Vertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention sind die 30 OECD-Mitgliedstaaten (zu diesen siehe unten 3. Kap., A. I. (Fn. 301)) sowie acht Nichtmitgliedstaaten (Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Estland, Israel, Slowenien und Südafrika).

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

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Europe and Central Asia (ACN) in Osteuropa und Zentralasien durchgeführt, also für Staaten, die nicht Mitglied der OECD sind.210 Spezifische Verfahrensregeln hat das ACN nicht veröffentlicht. Das ACN umfasst osteuropäische Länder und die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Es wurde 1998 initiiert und hat sein Sekretariat in der AntiKorruptionsabteilung des OECD Directorate for Financial and Enterprise Affairs im OECD Hauptquartier in Paris.211 Das ACN beruht auf dem Istanbul Anti-Corruption Action Plan, einem soft law Instrument und ist keine internationale Organisation.212 Das ACN führt gleichwohl Aktivitäten durch, die denjenigen von internationalen Organisationen in ihrer Konzeption und Wirkkraft ähnlich sind und die ebenso geeignet sind, die Politik- und Rechtsgestaltung der teilnehmenden Staaten ohne deren Einwilligung zu beeinflussen. Die Aktivitäten von internationalen Institutionen wie dem ACN können daher ebenso wie Aktivitäten internationaler Organisationen Legitimitätsbedenken hervorrufen und müssen rechtsdogmatisch konzipieren werden. 3. Das an Staaten gerichtete Berichtsverfahren versus das an multinationale Unternehmen gerichtete Berichtsverfahren Das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung muss gegen ein anderes Verfahren der OECD abgegrenzt werden, das den Zweck verfolgt, multinationale Unternehmen dahingehend zu bestimmen, dass diese ihre Aktivität an internationalen Standards ausrichten.213 Das letztere Verfahren ist an diejenigen Un210

Die Berichte des ACN sind im Internet veröffentlicht: Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia, Country Reports for the Anti-Corruption Network, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/17/0,3343,en_36595778_36595861_37187921_1_1_1 _1,00.html (30. April 2009). 211 Siehe dazu die Homepage des ACN: Ibid. 212 Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia, Anti-Corruption Action Plan, 10. September 2003, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/60/59/12593443.pdf (30. April 2009). 213 Zu dem an multinationale Unternehmen gerichteten OECD-Berichtsverfahren siehe Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777; Klinkenberg, Die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen – ein Vorbild für die neue Welthandelsrunde, 101 Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft (2002), S. 421 – 433; Franciose, A Critical Assessment of the United StatesÏ Implementation of the OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 30 Boston College International & Comparative Law Review (2007), S. 223 – 236; Heydenreich, Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen – Ein wirksames Instrument zur Unternehmensregulierung?, Mai 2005, abrufbar unter: http://www.germanwatch.org/tw/kw05ls.pdf (30. April 2009); Morgera, An Environmental Outlook on the OECD Guidelines for Multinational Enterprises: Comparative Advantage, Legitimacy, and Outstanding Questions in the Lead up to the 2006 Review, 18 The Georgetown International Environmental Law Review (2006), S. 751 – 777.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

ternehmen gerichtet, deren Hauptniederlassung sich im Hoheitsbereich eines Staates befindet, der die OECD Guidelines for Multinational Enterprises anerkannt hat.214 Ausgearbeitet und durchgeführt wird dieses Verfahren durch das OECD Investment Committee mit Unterstützung der OECD Working Party of the Investment Committee. Das unternehmensgerichtete Verfahren der OECD unterscheidet sich vom staatengerichteten OECD-Berichtsverfahren in wesentlichen Punkten. So wird das unternehmensgerichtete Verfahren im Unterschied zum OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung dezentral durchgeführt. Weiterhin werden die Berichte nicht durch das zuständige Gremium der OECD ausgearbeitet und veröffentlicht, sondern durch nationale Kontaktstellen, die in den Regierungen der Staaten, die die OECD Guidelines for Multinational Enterprises anerkannt haben, eingerichtet sind. Anders als die Berichte des OECD-Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung, sind die von den nationalen Kontaktstellen ausgearbeiteten Berichte schließlich nicht der OECD zurechenbar. Auch ist die Durchführung des Verfahrens unterschiedlich ausgestaltet. Den detaillierten, durch die OECD Working Party of the Investment Committee ausgearbeiteten Verfahrensvorgaben zufolge wird das unternehmensgerichtete Verfahren dadurch eingeleitet, dass ein externer Akteur ein Unternehmen beschuldigt, in einem Investitionsfall mit Auslandsbezug nicht den OECD Guidelines for Multinational Enterprises entsprechend gehandelt zu haben. Die zuständige nationale Kontaktstelle stellt einen Mediator, der in Verhandlungen mit dem angeschuldigten Unternehmen und dem externen Akteur, der den sog. „specific instance“ eingebracht hat, eintritt. Ziel der Verhandlungen ist es, den Vorgang zu klären und zukunftsgerichtete Anforderungen an das weitere Handeln der multinationalen Unternehmen in diesem Zusammenhang in den abschließenden Berichten zu formulieren.215 Schließlich ist der zu bewertende Gegenstand der beiden Verfahren nicht der gleiche. Während die Berichte im staatengerichteten Berichtsverfahren eine umfassende Bewertung der Resultate staatlicher Politiken beinhalten, konzentrieren sich die Berichte im unternehmensgerichteten Verfahren auf das Verhalten eines Unternehmens in einem spezifischen Fall. Unterschiedlich ist daher zum einen der Umfang 214 Die OECD Guidelines for Multinational Enterprises sind ein an Unternehmen adressierter soft law Verhaltenskodex. Sie sind ein Annex an die OECD Declaration on International and Multinational Enterprises, die 1976 angenomen wurde. Die OECD Guidelines for Multinational Enterprises, die OECD Declaration on International and Multinational Enterprises und ihre jeweiligen vom Sekretariat der OECD verfassten Kommentare sind in einem Dokument veröffentlicht: OECD, Working Party on the OECD Guidelines for Multinational Enterprises, The OECD Guidelines for Multinational Enterprises: Review 2000, DAFFE/IME/WPG(2000) 9, 11. September 2000. 215 Die Verfahrensvorgaben sind veröffentlicht in ibid., Part 2. Berichte des Verfahrens werden auf der Homepage der OECD veröffentlicht: OECD, Directorate for Financial and Enterprise Affairs, Guidelines for Multinational Enterprises, Statements by National Contact Points, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/59/0,3343,en_2649_34889_2489211 _1_1_1_1,00.html (30. April 2009).

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

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der zu recherchierenden und zu bewertenden Informationen und zum anderen der Rechtscharakter des zu bewertenden Akteurs, als öffentlich-rechtlicher oder als privat-rechtlicher Akteur.216 II. Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen Die Organization of American States (OAS), die African Union (AU), das United Nations Office on Drugs and Crimes (UNODC) und die Group of States against Corruption (GRECO) haben jeweils Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung entwickelt. 1. Die Organization of American States Das OECD-Berichtsverfahren diente als Vorlage für die Entwicklung des Berichtsverfahrens der OAS zur Korruptionsbekämpfung (im Folgenden bezeichnet als OAS-Berichtsverfahren).217 Das Berichtsverfahren der OAS wird wie dasjenige der OECD in mehreren Phasen durchgeführt. Zu Beginn jeder Phase wird die Umsetzung der Empfehlungen der vorherigen Runde geprüft. Derzeit befindet sich das OASBerichtsverfahren in der zweiten Phase. Durchführender Akteur des OAS-Berichtsverfahrens ist ein hierfür eingesetztes Expertenkomitee.218 Dieses erstellt die Berichte, die im Aufbau denjenigen des OECD-Berichtsverfahrens entsprechen und wie diese sowohl Empfehlungen als auch specific issues beinhalten. Die Berichte werden dem jeweils bewerteten Staat zur Durchsicht vorgelegt und anschließend durch das Expertenkomitee angenommen. Sie werden auf der Website des OAS Secretariat for Legal Affairs veröffentlicht.219 Die Berichte des OAS-Berichtsverfahrens sind an die Vertragsstaaten der InterAmerican Convention against Corruption (IACAC) gerichtet.220

216

Zu staatengerichteten Non-Compliance-Verfahren siehe unten in diesem Kap., B. II. 5. de Michele, The Follow-up Mechanism of the Inter-American Convention against Corruption: A Preliminary Assessment: Is the Glass Half Empty?, X(2) Southwestern Journal of Law and Trade in the Americas (2004), S. 295 – 318, 300. 218 Organization of American States, Permanent Council, Recommendation of the Permanent Council to States Parties on the Mechanism for Follow-up of Implementation of the InterAmerican Convention against Corruption, OEA/Ser.G, CP/RES. 783 (1260/01), 18. Januar 2001, Nr. 4 und 5; Organization of American States, Committee of Experts, Mechanism for Follow-up on Implementation of the Inter-American Convention against Corruption, Rules of Procedure and other Provisions, OEA/Ser.L, SG/MESICIC/doc.9/04 rev. 4, 29. Juni 2007. 219 Organization of American States, Follow-up Mechanism for the Implementation of the Inter-American Convention Against Corruption, abrufbar unter: http://www.oas.org/juridico/ english/followup.htm (30. April 2009). 220 Am 29. März 1996 unterzeichneten Antigua & Barbuda, Argentinien, die Bahamas, Barbados, Belize, Bolivien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Dominica, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Grenada, Guatemala, Gyana, Haiti, Honduras, Jamaica, Mexiko, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, St. Kitts & Nevis, St. Lucia, 217

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Im Unterschied zum Berichtsverfahren der OECD werden die Informationen im Berichtsverfahren der OAS ausschließlich aufgrund von Fragebögen recherchiert. Dies liegt darin begründet, dass eine Einigung hinsichtlich der Durchführung von Staatenbesuchen scheiterte.221 Die Verfahrensregeln der OAS statten den verantwortlichen Akteur zudem nicht mit der Möglichkeit aus, außerordentliche Verfahren bei anhaltender Nicht-Umsetzung der Empfehlungen durchzuführen. Über die Umsetzung der Empfehlungen erstellt das Expertenkomitee einen jährlichen Bericht. 2. Die African Union Das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung diente auch als Vorlage für die Entwicklung des Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung der AU (im Folgenden bezeichnet als AU-Berichtsverfahren).222 Die Entwicklung im Detail blieb in der AU aber weit hinter dem OECD-Berichtsverfahren zurück. Das AU-Berichtsverfahren wird in der AU durch das Advisory Board on Corruption durchgeführt.223 Das Advisory Board on Corruption ist mit dem Mandat ausgestattet, die Mitgliedstaaten der AU im Bereich der Korruptionsbekämpfung zu beraten und zu unterstützen.224 Mindestens einmal jährlich sollen die Staaten dem Advisory Board on Corruption einen Selbsteinschätzungsbericht über ihre AntiKorruptionsmaßnahmen überreichen.225 Staatenbesuche sind nicht vorgesehen. Das AU Advisory Board on Corruption reicht gemäß den Vorgaben des AU-Berichtsverfahrens beim Exekutivrat der AU regelmäßig einen Bericht über den Fortschritt der Staaten ein.226 Die Berichte werden nicht veröffentlicht.227

St. Vincent & die Grenadinen, Surinam, Trinidad & Tobago, die Vereinigten Staaten von Amerika, Uruguay und Venezuela die IACAC. Ibid. 221 van Aaken, Die VN-Konvention gegen Korruption: Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 9 – 39, 20. 222 Udombana, Fighting Corruption Seriously? AfricaÏs Anti-Corruption Convention, 7 Singapore Journal of International & Comparable Law (2003), S. 447 – 488. 223 African Union, Convention on Preventing and Combating Corruption, Juli 2003, abrufbar unter: http://www.africa-union.org/Official_documents/Treaties_%20Conventions_ %20Protocols/Convention%20on%20Combating%20Corruption.pdf (30. April 2009), Art. 22 (1) und (2). 224 Ibid., Art. 22 (5)(d). 225 Ibid., Art. 22(7). 226 Ibid., Art. 22(5)(h). 227 Ausführlich siehe Udombana, Fighting Corruption Seriously? AfricaÏs Anti-Corruption Convention, 7 Singapore Journal of International & Comparable Law (2003), S. 447 – 488, 474 ff.

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

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3. Das United Nations Office on Drugs and Crimes Das UNODC konzipiert derzeit ein Berichtsverfahren nach dem Vorbild des OECD-Berichtsverfahrens.228 Die am Verfahren des UNODC beteiligten Staaten sind die Vertragsstaaten der United Nations Convention Against Corruption (UNCAC).229 Als durchführender Akteur des Berichtsverfahrens des UNODC (im Folgenden bezeichnet als UNODC-Berichtsverfahren) ist von der UNCAC die Conference of the States Parties vorgesehen.230 Dieser Conference of the States Parties gibt die UNCAC ein Mandat, das dem der OECD Working Group on Bribery vergleichbar ist. Gemäß dem Mandat sollen im Verlauf des Verfahrens Informationen über die Korruptionsbekämpfung der am Verfahren teilnehmenden Staaten recherchiert und von der Conference of the States Parties bewertet werden. Die Conference of the States Parties soll staatenspezifische Empfehlungen ausarbeiten und an den jeweils bewerteten Staat richten.231 Die Durchführung des Berichtsverfahrens des UNODC ist bis heute allerdings noch nicht aufgenommen worden. Zwar sollten die konkreten Verfahrensregeln für das Berichtsverfahren des UNODC ein Jahr nach in Kraft treten der UNCAC – die UNCAC trat am 14. Dezember 2005 in Kraft – durch die Conference of the States Parties festgelegt werden,232 eine diesbezügliche Einigung wurde jedoch bis heute nicht erzielt.233 Die nächste Sitzung der Conference of the States Parties ist für Ende 2009 geplant.234 228 van Aaken, Die VN-Konvention gegen Korruption: Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Hofmann/Pfaff (Hrsg.), Die Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Korruption, 2006, S. 9 – 39; Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229. 229 United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997), Abschnitt VII. Die UNCAC wurde von der UN Generalversammlung durch die Resolution A/Res/58/4 am 31. Oktober 2003 angenommen. Im Dezember 2003 wurde die UNCAC in Mexiko von über 113 Staaten unterzeichnet. Am 14. Dezember 2005 trat sie in Kraft. Mittlerweile wurde die Konvention von 140 Staaten unterzeichnet und von 136 ratifiziert (Stand April 2009). Dazu siehe UNODC, United Nations Convention against Corruption, Status of Signatories and Parties, abrufbar unter: http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CAC/signa tories.html (30. April 2009). 230 United Nations, United Nations Convention against Corruption, 31. Oktober 2003, 36 I.L.M. 1043 (1997), Art. 63. 231 Ibid., Art. 63, insbesondere Abs. 4 (e) und (f). 232 Ibid., Abschnitt VII; insbesondere Art. 63(2) und (3). 233 Es wurde eine Working Group eingerichtet und ein Pilotprogramm in 16 Staaten initiiert. UNODC, Report of the Conference of the States Parties to the United Nations Convention against Corruption, 27. Dezember 2006, CAC/COSP/2006/12. 234 Transparency International, Die Koalition gegen Korruption, Pressemitteilung, Internationaler Anti-Korruptionskampf tritt auf der Stelle – Enttäuschung nach magerem Ergebnis bei der UNCAC-Vertragsstaaten-Konferenz in Bali, 6. Februar 2008, abrufbar unter: http:// www.transparency.de/2008 – 02 – 06-UNCAC.1127.0.html (30. April 2009); Transparency In-

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

4. Die Group of States against Corruption Die Group of States against Corruption (GRECO) ist eine internationale Institution, die vom Europarat eingerichtet und mit einem auf die Korruptionsbekämpfung gerichteten Mandat ausgestattet wurde.235 Die Mitglieder von Europarat und GRECO stimmen nicht notwendigerweise überein.236 Derzeit sind 44 Staaten beteiligt (43 Europäische Staaten und die USA) sowie fünf Beobachterorganisationen. Jeder Mitgliedstaat ist durch einen (max. zwei) Vertreter repräsentiert.237 Die GRECO hat zur Durchführung eines Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung detaillierte Verfahrensregeln festgesetzt.238 Der Verfahrensablauf des Berichtsverfahrens der GRECO (im Folgenden bezeichnet als GRECO-Berichtsverfahren) ist dem Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens sehr ähnlich. Das GRECOBerichtsverfahren wird in drei konsekutiven Phasen durchgeführt.239 Die einzelnen Phasen gliedern sich in mehrere Verfahrensschritte, die von der GRECO in den Verfahrensregeln im Detail schriftlich festgelegt wurden.240 Eine Bewertungsgruppe, deren Mitglieder durch die Mitgliedstaaten der GRECO bestimmt werden, ist für die Recherche der Informationen verantwortlich.241 Die Bewertungsgruppe verteilt Fragebögen und wertet diese aus. Vorgesehen sind zudem Staatenbesuche, die ebenfalls von der Bewertungsgruppe durchgeführt werden. Die Informationen werden anhand aller Korruptionsbekämpfungsinstrumente des Eu-

ternational, UN Corruption Conference: Failure to Act on Critical Issue a ,Major SetbackÐ for the Fight Against Corruption 1. Februar 2008, abrufbar unter: http://www.transparency.org/ news_room/latest_news/press_releases/2008/2008_02_01_uncac_final (30. April 2009). 235 Internationale Institutionen gestalten die Global Governance unter anderem dadurch autonom, indem sie andere Akteure kreieren. Ausführlich zu den autonomen Aktivitäten internationaler Institutionen siehe unten 3. Kap., A. II. 1. a). Zur Einrichtung von GRECO siehe Council of Europe, Statute of the GRECO, Appendix to Resolution (99) 5, 1. Mai 1999, Art. 1. 236 GRECO beruht auf einem „enlarged and partial agreement“. Council of Europe, The Agreement Establishing the Group of States against Corruption (GRECO), GRECO (99)5, 12. Mai 1999. 237 Council of Europe, Statute of the GRECO, Appendix to Resolution (99) 5, 1. Mai 1999, Art. 6(1). 238 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005. 239 Die erste Phase wurde 2000 – 2002 und die zweite Phase 2003 – 2006 durchgeführt. Die dritte Phase wurde im Januar 2007 initiiert. Die Phasen haben unterschiedliche thematische Schwerpunkte. Im Einzelnen siehe GRECO, How does GRECO work?, abrufbar unter: http:// www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/general/4.%20How%20does%20GRECO%20work_en. asp (30. April 2009). 240 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005. 241 Zum GRECO-Berichtsverfahren siehe auch Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 38.

A. Berichtsverfahren der internationalen Korruptionsbekämpfung

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roparats bewertet.242 Die Bewertungsgruppe arbeitet einen Berichtsentwurf aus, der nach mehreren Diskussionsrunden in der Vollversammlung der GRECO mit 2/3 Mehrheit angenommen wird. Jeder Staat hat eine Stimme und es muss die Mehrheit der Berechtigten eine Stimme abgeben haben.243 Im Unterschied zum OECD-Berichtsverfahren werden die Berichte nicht automatisch mit Annahme veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfordert die explizite Zustimmung des bewerteten Staates.244 Der Aufbau der Berichte ähnelt dem der Berichte des OECD-Berichtsverfahrens. Die recherchierten und bewerteten Informationen werden umfassend dargestellt. Daran schließen sich Empfehlungen an den bewerteten Staat zur Verbesserung von dessen rechtlicher und tatsächlicher Korruptionsbekämpfung an. Die Umsetzung der Empfehlungen wird zwei Jahre später durch einen weiteren Staatenbesuch der Bewertungsgruppe überprüft.245 Die Ergebnisse werden wiederum in einem Bericht zusammengefasst, der durch die Plenarversammlung der GRECO angenommen und bei Einverständnis des Staates veröffentlicht wird. Diejenigen Empfehlungen, deren Umsetzung nicht als „satisfactorily“ klassifiziert wird, unterliegen zwei Jahre später einer erneuten Überprüfung einschließlich der Informationsermittlung durch einen Staatenbesuch. Wie in den beiden vorangegangenen Verfahrensschritten wird bei Einverständnis des bewerteten Staates ein Bericht veröffentlicht. III. Begründung der Auswahl des OECD-Berichtsverfahrens Die Darstellung der Berichtsverfahren der unterschiedlichen internationalen Institutionen hat die Vorreiterrolle der OECD, durch die Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Information normative und tatsächliche Veränderungen zu bewirken, demonstriert. Veranschaulicht wurde zudem, dass das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung anderen internationalen Institutionen 242 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005, Regel 23, Nr, 2. Die zwei prominentesten Europaratsinstrumente zur Korruptionsbekämpfung sind die Council of Europe, Criminal Law Convention on Corruption, ETS 173, 27. Januar 1999 und die Council of Europe, Civil Law Convention on Corruption, ETS 174, 4. November 1999. Zu diesen siehe oben 1. Kap., B. III. 243 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005, Regel 16 i.V.m. Council of Europe, Statute of the GRECO, Appendix to Resolution (99) 5, 1. Mai 1999, Art. 8 (6) und (7). 244 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005; Council of Europe, Statute of the GRECO, Appendix to Resolution (99) 5, 1. Mai 1999, Art. 15 Abs. 5. Bis heute sind alle Berichte auf der Homepage von GRECO veröffentlicht worden: GRECO, GRECO Evaluations, abrufbar unter: http:// www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/index_en.asp (30. April 2009). 245 GRECO, Rules of Procedure, Greco (2005) 6E, angenommen am 4.–6. Oktober 1999, zuletzt geändert am 14.–18. März 2005, Title II.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

als Vorlage dient bzw. von anderen Institutionen im Ganzen übernommen wird. Die Darstellung hat auch gezeigt, dass das Berichtsverfahren der OECD am umfangreichsten und im Detail am ausdifferenziertesten ist. Aus diesen Gründen wird für den Zweck dieser Arbeit das OECD-Berichtsverfahren herangezogen und die Handlungsform „Politikbewertung“ auf der Grundlage dieses Berichtsverfahrens konzipiert.

B. Der Governance-Modus von Governance by Information In diesem Abschnitt wird Governance by Information zunächst definiert. Im Anschluss daran werden unterschiedliche Formen öffentlicher Informationspolitik dahingehend untersucht, ob sie auf dem Governance-Modus Governance by Information beruhen. Abschließend werden die Berichtsverfahren unter Governance by Information subsumiert. I. Definition Internationale Institutionen gestalten die Global Governance und bestimmen das Verhalten anderer Akteure, indem sie Informationen zusammenstellen, verarbeiten und verbreiten.246 Der Governance-Modus, der durch die Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen Auswirkungen erzielt, wird als „Governance by Information“ bezeichnet.247 Governance by Information erfolgt nicht durch rechtsverbindliche Vorgaben. Der Governance-Modus beruht darauf, dass er „den kognitiven Rahmen eines ausgesuchten Politikfeldes durch die Zu246 Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 6 f. Im Einzelnen zur autonomen Gestaltung der Global Governance durch internationale Institutionen siehe unten 3. Kap., A. II. 1. a). 247 Dieser Begriff wurde von von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 53; Goldmann, The Accountability of Private vs. Public Governance „by Information“: A Comparison of the Assessment Activities of the OECD and the IEA in the Field of Education, 58(1) Rivista Trimestrale di Diritto Pubblico (2008), S. 41 – 69, 46 geprägt. Siehe auch Bumke, Publikumsinformation. Erscheinungsformen, Funktionen und verfassungsrechtlicher Rahmen einer Handlungsform des Gewährleitungsstaats, 37(1) Die Verwaltung (2004), S. 3 – 33 (Steuerung durch Information). Andere Bezeichnungen für das gleiche Phänomen finden sich bei Noaksson/ Jacobsson, The Production of Idea and Expert Knowledge in OECD – The OECD Jobs Strategy in Contrats with the EU Employment Strategy, Score Rapportserie 2003(7), abrufbar unter: http://www.score.su.se/pdfs/2003 – 7.pdf (30. April 2009), S. 32 – 34 (governance by persuasion); Martens/Balzer/Sackmann/Weymann, Comparing Governance of International Organisations – The EU, the OECD and Educational Policy, 2004, TranState Working Papers, No. 7 (governance by opinion formation); und bei Kloepfer, Staatliche Information als Lenkungsmittel, 1998, S. 14 – 18 (informational steering). Siehe auch Gusy, Verwaltung durch Information – Empfehlungen und Warnungen als Mittel des Verwaltungshandelns, 14 NJW (2000), S. 977 – 986 (Verwaltung durch Information).

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

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sammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung einschlägiger Informationen prägt“ und dadurch ein Politikfeld bestimmt oder jedenfalls beeinflusst wird.248 Governance by Information wird in vielen Handlungsfeldern als GovernanceModus angewandt. So konzipieren die jeweils zuständigen Akteure im Umweltsektor249, im Wirtschaftssektor250, in der Korruptionsbekämpfung251 und der Bekämpfung von Geldwäsche252 sowie im Bildungssektor253 Aktivitäten, die auf Governance by Information beruhen. Im Einzelnen können die jeweiligen Verfahren unterschiedlich konzipiert sein. Gleichwohl beruhen sie auf dem Governance-Modus Governance by Information. Die einzelnen Merkmale von Governance by Information können dabei unterschiedlich akzentuiert sein. II. Abgrenzung und Zuordnung Dieser Abschnitt untersucht verschiedene Formen öffentlicher Informationspolitik auf den Governance-Modus Governance by Information hin. Aufgezeigt wird zum einen, welche Formen öffentlicher Informationspolitik auf Governance by Information beruhen und daher in ähnlicher Form wie die Berichtsverfahren rechtsdogmatisch konzipiert werden müssen. Formen öffentlicher Informationspolitik, die nicht auf dem Governance-Modus Governance by Information beruhen und daher rechtsdogmatisch in anderer Weise konzipiert werden müssen, werden abgegrenzt. 248

von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 53; Goldmann, The Accountability of Private vs. Public Governance „by Information“: A Comparison of the Assessment Activities of the OECD and the IEA in the Field of Education, 58(1) Rivista Trimestrale di Diritto Pubblico (2008), S. 41 – 69, 46. 249 Z.B. das OECD Environmental Performance Review. Siehe OECD, Environment Directorate, Environmental Country Reviews, abrufbar unter: http://www.oecd.org/department/ 0,3355,en_2649_34307_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Zu dem Berichtsverfahren des OECD-Umweltprogramms siehe auch Chayes/Chayes, The New Sovereignty, 1995, S. 243 f.; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, S. 32 ff. 250 Z.B. die OECD Economic Surveys. Siehe OECD, Economics Department, Economic Surveys and Country Surveillance, abrufbar unter: http://www.oecd.org/department/ 0,3355,en_2649_34111_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Dazu siehe Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG (2002)1, 11. September 2002, S. 22 ff. 251 Zur Subsumtion des OECD-Berichtsverfahrens unter den Governance-Modus Governance by Information siehe unten in diesem Kap., B. III. 252 Z.B. durch die Financial Action Task Force (FATF), deren Berichte auf der Homepage dieser Institution veröffentlicht sind: Financial Action Task Force, Summaries, Reports and Annexes, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/document/32/0,3343,en_32250379_ 32236982_35128416_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 253 Z.B. OECD, Programme for International Student Assessment (PISA), abrufbar unter: http://www.pisa.oecd.org/pages/0,2987,en_32252351_32235731_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 53.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Zum anderen verdeutlicht dieses Vorgehen die Merkmale von Governance by Information. 1. Informationsverbreitung über Politikziele und Aktivitäten Öffentliche nationale und internationale Institutionen verbreiten Informationen über ihre Politikziele und Aktivitäten. Zweck dieser öffentlichen Informationspolitik ist es, die Öffentlichkeit für die Aktivitäten der Institution zu sensibilisieren und dadurch die Akzeptanz der jeweiligen Aktivität zu vergrößern. Die Institutionen bezwecken daher durch die Verbreitung der Informationen und die dadurch gesteigerte Akzeptanz ihre eigene Handlungskapazität zu vergrößern sowie Aufwand und Kosten zu minimieren.254 Im Unterschied zu Verfahren, die auf Governance by Information basieren, hat die Informationsverbreitung über Politikziele und Aktivitäten selbst nicht das Ziel, außenstehende Akteure dahingehend zu beeinflussen, in einer bestimmten Weise zu agieren und bestimmte Aktivitäten durchzuführen. Die Informationsverbreitung über Politikziele und Aktivitäten hat nicht den Zweck, selbst Auswirkungen zu erzielen. Es handelt sich bei dieser vielmehr um eine Annexaufgabe zur Ausübung öffentlicher Gewalt.255 Governance by Information verfolgt hingegen immer den Zweck, Außenwirkung zu verursachen. Die Informationsverbreitung über Politikziele und Aktivitäten ist daher kein Verfahren, das auf dem Governance-Modus Governance by Information basiert. 2. Ratschläge und Warnungen Informationen werden von öffentlichen nationalen und internationalen Institutionen auch mit dem Zweck verbreitet, Ratschläge zu formulieren und Warnungen vor gefährlichen Produkten auszusprechen.256 Diese Form der Informationspolitik ist dem Governance-Modus Governance by Information insofern ähnlich, als sie durch die Verbreitung von Information Auswirkungen auf das Verhalten externer Akteure anstrebt.257 254 Gusy, Die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 23, Rn. 95. 255 Ibid., Rn. 98. 256 Bumke, Publikumsinformation. Erscheinungsformen, Funktionen und verfassungsrechtlicher Rahmen einer Handlungsform des Gewährleitungsstaats, 37(1) Die Verwaltung (2004), S. 3 – 33; Gusy, Die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 23, Rn. 100 ff. Zu Warnungen als Grundrechtseingriff siehe Gusy, Verwaltung durch Information – Empfehlungen und Warnungen als Mittel des Verwaltungshandelns, 14 NJW (2000), S. 977 – 986; siehe repräsentativ Bundesverfassungsgericht, „Glykol“, 1 BvR 558, 1428/91, 26. Juni 2002, 105 BVerfGE, S. 252 ff. 257 Gusy, Die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 23, Rn. 101.

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

75

Anders als ein auf Governance by Information beruhendes Verfahren richten sich die Ratschläge und Warnungen jedoch nicht an eine öffentliche Institution, sondern sind an die Allgemeinheit adressiert. Öffentlich-rechtliche Aktivitäten werden durch Ratschläge und Warnungen daher nicht angestrebt.258 Hingegen werden durch Governance by Information bestimmte legislative sowie politische Aktivitäten bezweckt. Ratschläge und Warnungen sind daher von Governance by Information abzugrenzen. 3. Fact-Finding Auch Fact-Finding muss von Governance by Information abgegrenzt werden. Fact-Finding ist eine Form der Streitschlichtung, die in der Hauptsache darauf gerichtet ist, Informationen über ein spezielles Ereignis offen zu legen und Daten zu ermitteln. Der Schwerpunkt liegt bei Fact-Finding in der unabhängigen Ermittlung und Aufarbeitung eines Ereignisses, ausgehend von der Annahme, dass ein kontroverses Verständnis des Ereignisses den Streit bedingt und verschärft.259 Fact-Finding wird teilweise von einer ausgewählten Kommission bestehend aus Vertretern der beteiligten Parteien durchgeführt, meist aber von unabhängigen, neutralen Kommissionen, häufig von Expertenkommissionen internationaler Institutionen.260 Auch im Rahmen von Governance by Information recherchieren Expertenteams Informationen vor Ort. Fact-Finding kann daher einen Teil eines Verfahrens, das auf Governance by Information beruht, ausmachen.261 Während Fact-Finding jedoch ausschließlich vor Ort durchgeführt wird, findet ein Großteil des Verfahrens von Governance by Information in den Räumlichkeiten der internationalen Institution statt. Darüber hinaus geht Governance by Information weiter als das Akquirieren von Daten und beinhaltet eine Bewertung der Leistung des Staates durch die internationale Institution. Schließlich ist es nicht das Ziel von FactFinding, konditionierend auf die Adressaten einzuwirken und bestimmte Auswirkungen hervorzurufen. Fact-Finding verfolgt vielmehr das Ziel, Aufklärungsarbeit über ein Ereignis zu leisten. 4. Datenkollektion und Berichterstattung Verfahren der Berichterstattung und Datenkollektion beruhen auf einer formalen Berichterstattung durch die teilnehmenden Staaten.262 Diese Verfahren sind dadurch 258

Ibid., Rn. 101 ff. Jachec´-Neale, Fact-Finding, in: Wolfrum (Hrsg.), Max Planck EPIL, Online Edition, 2006, abrufbar unter: http://www.mpepil.com/home (30. April 2009), Rn. 1. 260 Ibid., Rn. 2. 261 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 5. 262 Eine allgemeine Untersuchung dieser Verfahren ist zu finden bei Chayes/Chayes, The New Sovereignty, 1995, S. 154 ff. 259

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

gekennzeichnet, dass die Staaten in regelmäßigen Abständen über ihre Aktivitäten in einem spezifischen Handlungsbereich einen Bericht verfassen und diesen an eine internationale Institution übergeben.263 Im Unterschied zu Verfahren, die auf Governance by Information beruhen, verfassen die Staaten die Berichte selbst und veröffentlichen diese unter eigenem Namen. Nicht gewährleistet ist die Objektivität dieser Informationen.264 Insoweit handelt es sich bei diesen Verfahren um die reine Datenkollektion und Berichterstattung durch die Staaten und damit um einen einseitigen Prozess der Informationserstattung. Dieser einseitige Prozess ist von Governance by Information abzugrenzen.265 Gleichwohl können die Berichte dieser Verfahren ein auf Governance by Information beruhendes Verfahren vorbereiten. Governance by Information setzt dann weiterhin voraus, dass die in den Staatenberichten übermittelten Informationen von der internationalen Institution auf ihre Objektivität hin überprüft und ausgewertet werden. Die Institution müsste die Berichte mit dem Ziel veröffentlichen, Außenwirkung zu erzielen. Darüber hinaus könnte die internationale Institution erwägen, zukunftsgerichtete Empfehlungen an den jeweils bewerteten Staat zur Verbesserung von dessen staatlicher Politik zu formulieren und diese in die Berichte aufnehmen. 5. Non-Compliance-Verfahren Non-Compliance-Verfahren sind zukunftsgerichtete Verfahren.266 Repräsentativ für Non-Compliance-Verfahren wird das Montreal Protocol on Substances That

263

Die Pflicht, regelmäßig (alle zwei, vier oder fünf Jahre) über die nationalen Aktivitäten Bericht zu erstatten, ist im menschenrechtlichen Bereich weit verbreitet. Die Mehrzahl der Menschenrechtsinstrumente der Vereinten Nationen verpflichten die Staaten über ihre Aktivitäten einen Bericht zu verfassen und beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einzureichen. Buergenthal, Human Rights, in: Wolfrum (Hrsg.), Max Planck EPIL, Online Edition, 2007, abrufbar unter: http://www.mpepil.com/home (30. April 2009), Rn. 19 ff. 264 Zu dem Problem der Glaubwürdigkeit siehe Chayes/Chayes, The New Sovereignty, 1995, S. 162 ff. 265 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 5. 266 Zum Verhältnis zwischen allgemeinem Völkerrecht und dem Non-Compliance-Verfahren des Montreal Protocol siehe Koskenniemi, Breach of Treaty or Non-Compliance? Reflections on the Enforcement of the Montreal Protocol, 3 Yearbook of International Environmental Law (1992), S. 123 – 162; Fitzmaurice/Redgwell, Environmental Non-Compliance Procedures and International Law, XXXI Netherlands Yearbook of International Law (2000), S. 35 – 65. Zur Rechtsqualität von Non-Compliance-Verfahren umfänglich Brunn¦e, Enforcement Mechanisms in International Law and International Environmental Law, in: Beyerlin/ Stoll/Wolfrum (Hrsg.), Ensuring Compliance with Multilateral Environmental Agreements, 2006, S. 1 – 23. Allgemein zu Non-Compliance-Verfahren im Völkerumweltrecht siehe die Beiträge in Beyerlin/Stoll/Wolfrum (Hrsg.), Ensuring Compliance with Multilateral Environmental Agreements, 2006; Handl, Compliance Control Mechanisms and International Envi-

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

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Deplete the Ozone Layer (im Folgenden bezeichnet als Montreal Protocol) dargestellt.267 Das Non-Compliance-Verfahren des Montreal Protocol ist eines der ersten und aufwendigsten dieser Verfahren. Es wird dadurch initiiert, dass ein anderer Vertragsstaat, der Staat selbst oder das Sekretariat, das das Montreal Protocol verwaltet, Beschwerde in Bezug auf eine bestimmte staatliche Politik einreicht. In der Beschwerde äußert der Beschwerdeführer Bedenken hinsichtlich der Konformität einer staatlichen Aktivität des Beschwerdegegners mit den Vorgaben des Montreal Protocol. Ein speziell eingerichtetes Implementation Committee recherchiert Informationen in Bezug auf die in Frage stehende staatliche Politik und unterbreitet dem Meeting of the Parties (MOP) einen Berichtsentwurf.268 Das MOP nimmt den Entwurf gewöhnlich durch Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit aller Parteien, die anwesend sind und wählen, an.269 Die Entscheidung des MOP beinhaltet zukunftsgerichtete Empfehlungen an den betroffenen Staat. Sanktionen sind nicht ausgeschlossen, falls der Staat die MOP-Entscheidung nicht beachtet.270 Die staatenspezifischen Berichte werden auf Nachfrage jeder Person zur Verfügung gestellt.271 Im Unterschied zu Governance by Information spielen sich Non-ComplianceVerfahren allein zwischen den streitenden Parteien und dem Streitschlichter ab.272 Informationen werden nur in Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt recherchiert, verarbeitet und verbreitet. Die Non-Compliance-Verfahren werden nur auf explizite Initiierung hin durchgeführt und die Informationen werden nur auf konkrete Nachfrage hin zur Verfügung gestellt.273 ronmental Obligations, 5 Tulane Journal of International and Comparative Law (1997), S. 29 – 49. 267 Das Non-Compliance-Verfahren wurde während des 10. Meeting of the Parties (MOP) 1998 in Kairo angenommen: 10. Meeting of the Parties to the Montreal Protocol on Substances that deplete the Ozone Layer (MOP), Doc. UNEP/Oz.L.Pro.10/9, Annex II, 3. Dezember 1998. 268 Ibid., Nr. 7 d. 269 United Nations Environment Programme (UNEP) Ozone Secretariat, Handbook for the Montreal Protocol on Substances that Deplete the Ozone Layer, 7. Aufl., 2006, Section 4, Rules of Procedure for Meetings of the Conference of the Parties to the Vienna Convention and Meetings of the Parties to the Montreal Protocol, Rule 40. 270 Zum Ganzen Klabbers, Compliance Procedures, in: Bodansky/Brunn¦e/Hey (Hrsg.), The Oxford Handbook of International Environmental Law, 2007, S. 995 – 1009, 997 ff. 271 10. Meeting of the Parties to the Montreal Protocol on Substances that deplete the Ozone Layer (MOP), Doc. UNEP/Oz.L.Pro.10/9, Annex II, 3. Dezember 1998, Nr. 16. 272 Röben, The Enforcement Authority of International Institutions, 9(11) GLJ (2008), S. 1965 – 1985, 1970 f. 273 Das Non-Compliance-Verfahren des Montreal Protocol unterscheidet sich in zwei grundlegenden Aspekten von dem an multinationale Unternehmen gerichteten OECD-Verfahren: Adressaten sind Staaten und nicht private Akteure und die Berichte sind der internationalen Institution zurechenbar und nicht den Staaten. Zum OECD-Verfahren, das an multinationale Unternehmen gerichtet ist siehe oben in diesem Kap., A. I. 3. Zu staatenspezifischen Anforderungen im Rahmen des Non-Compliance-Verfahrens des Kyoto Protocol siehe L‚ncos,

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Festzustellen ist gleichwohl, dass die Ausarbeitung der Berichte im Rahmen von Non-Compliance-Verfahren durch das MOP wie bei Governance by Information darauf gerichtet ist, Außenwirkung bei den Adressaten zu erzielen. Die Berichte sollen bewirken, dass die betroffenen Staaten ihre Politik – gemessen an internationalen Standards – verbessern. Die Informationen über die Politik eines Staates werden von dem jeweiligen MOP umfassend recherchiert, bewertet und in einem Dokument zusammengestellt. Non-Compliance-Verfahren wenden sich schließlich – wie auch Verfahren, die auf Governance bei Information beruhen – mit zukunftsgerichteten Handlungsanforderungen an die betroffenen Staaten. Im Ergebnis beruhen Non-Compliance-Verfahren jedoch nicht auf dem Governance-Modus Governance by Information, weil die Verbreitung der Informationen nur auf Nachfrage erfolgt. Die Informationen sind der Allgemeinheit und den Medien nicht ohne weiteres zugänglich. Ein grundlegendes Element des Governance-Modus Governance by Information – die breit angelegte Veröffentlichung staatenspezifischer Daten und der daraus resultierende Druck zur Beachtung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen – liegt daher bei den Non-ComplianceVerfahren nicht vor. III. Governance by Information – Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens Im Folgenden wird gezeigt, dass das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung die Charakteristika des Governance-Modus Governance by Information aufweist. Zunächst wird das OECD-Berichtsverfahren gegen die anderen Formen öffentlicher Informationspolitik abgegrenzt, die die Elemente von Governance by Information nicht aufweisen. Dann wird eine positive Subsumtion vorgenommen. Anders als bei der reinen Informationsverbreitung ist es nicht das Ziel des OECDBerichtsverfahrens, Informationen über die Politikziele und Aktivitäten der OECD zu verbreiten oder Akzeptanz für eine bestimmte Aktivität zu erwerben. Das Berichtsverfahren ist keine mit einer anderen Aktivität der OECD verbundene Informationspolitik, wie es bei der Informationsverbreitung über Politikziele der Fall ist. Im Unterschied zu öffentlicher Informationspolitik, im Rahmen derer Ratschläge und Warnungen verbreitet werden, enthalten die Berichte Handlungsanforderungen gerichtet auf spezifische rechtliche und tatsächliche Verbesserungen. Während Ratschläge und Warnungen an die Allgemeinheit gerichtet sind, sind die Berichte an die Staaten adressiert. Von den am OECD-Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten werden rechtliche und tatsächliche Aktivitäten zur Umsetzung der in den Berichten formulierten Empfehlungen erwartet.

Flexibility and Legitimacy – The Emissions Trading System under the Kyoto Protocol, 9(11) GLJ (2008), S. 1625 – 1651, 1646.

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

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Der angestrebte Zweck des Berichtsverfahrens ist ein anderer als der Zweck eines Fact-Finding Verfahrens. Es ist nicht das Ziel von Berichtsverfahren, durch die Aufdeckung von Informationen ein streitiges Ereignis zu klären und auf diese Art einen Sachverhalt abzuschließen. Zwar wird im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens auch eine umfassende Datenrecherche vorgenommen und die Berichte spiegeln den Stand der Rechtslage und der tatsächlichen Aktivitäten eines Staates im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung wider, die Aufgabe der OECD Working Group on Bribery erschöpft sich jedoch nicht darin, Informationen über ein bestimmtes Ereignis zu sammeln. Es ist darüber hinaus die Aufgabe der Working Group in Bribery, eine Bewertung der recherchierten Informationen anhand des internationalen Bewertungsmaßstabs vorzunehmen und konkrete staatenspezifische Anleitungen zur Verbesserung der staatlichen Politiken auszuarbeiten. Die Reichweite des OECD-Berichtsverfahrens geht daher über ein reines Fact-Finding hinaus. Das OECD-Berichtsverfahren reicht auch über die reine Datenkollektion und Berichterstattung hinaus. Die Recherche der Informationen in den Berichten obliegt nicht allein dem betroffenen Staat. Die Berichte werden von den Prüfungsgruppen erarbeitet und von der OECD Working Group on Bribery diskutiert und angenommen. Zwar hat der Staat ein gewisses Maß an Kontrolle über das ihn betreffende Verfahren, letztendlich verbleibt die Kontrolle jedoch in den Händen der OECD Working Group on Bribery. Von den Non-Compliance-Verfahren unterscheidet sich das OECD-Berichtsverfahren dadurch, dass alle von der OECD Working Group on Bribery ausgearbeiteten Berichte im Internet veröffentlicht werden. Die Allgemeinheit sowie die Medien haben daher uneingeschränkten Zugriff auf die staatenspezifischen Informationen und Handlungsanforderungen. Ziel des OECD-Berichtsverfahrens ist es, dass der jeweils bewertete Staat seine Politik in einem spezifischen Handlungsgebiet gemäß den in den Berichten enthaltenen Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery verbessert.274 Das OECD-Berichtsverfahren verfolgt dieses Ziel, indem die OECD Working Group on Bribery umfassend Informationen über die Korruptionsbekämpfung der teilnehmenden Staaten recherchiert und bewertet und anschließend in Form von Berichten veröffentlicht. Die Veröffentlichung der Berichte ist grundlegend für die Effektivität des Berichtsverfahrens, da durch die öffentliche Zugänglichkeit der Informationen Druck hinsichtlich der Beachtung und Umsetzungen der Empfehlungen auf die Entscheidungsträger ausgeübt wird. Spezifische Anforderungen an die nationalen Entscheidungsträger hinsichtlich der Einführung verbesserter Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung fügt die Working Group on Bribery in Form zukunftsgerichteter, konkreter, staatenspezifischer Empfehlungen in die Berichte ein. 274 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 3. Zur Zielsetzung des OECD-Berichtsverfahrens im Einzelnen siehe auch unten 3. Kap., E. II.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

Das OECD-Berichtsverfahren weist daher die Elemente des Governance-Modus Governance by Information auf. IV. Einzelne Aspekte des OECD-Berichtsverfahrens an ausgesuchten Beispielen Dieser Abschnitt stellt einzelne Aspekte des OECD-Berichtsverfahrens an ausgewählten Beispielen vor. Zweck dieser Darstellung ist es zum einen, ein konkretes Bild des OECD-Berichtsverfahrens zu erhalten. Zum anderen wird durch die Darstellung einzelner Aspekte des Berichtsverfahrens dessen Wirkungskraft demonstriert. Am Beispiel Frankreichs wird das sog. Fortschrittsverfahren dargestellt. Die sog. bis-Verfahren werden an den Beispielen Großbritanniens und Japans dargestellt. 1. Das Fortschrittsverfahren am Beispiel Frankreichs Das Fortschrittsverfahren schließt sich an die Bewertungen der Phasen 1 und 2 an.275 Es wird ein Bericht über den Fortschritt seit der Annahme und Veröffentlichung des Berichts der Phase 2 (im Folgenden bezeichnet als Fortschrittsbericht) für jeden am OECD-Berichtsverfahren teilnehmenden Staat ausgearbeitet. In einem Fortschrittsbericht wird die Umsetzung der im Phase 2-Bericht formulierten Empfehlungen überprüft und bewertet. Die Informationen werden von der OECD Working Group on Bribery einerseits mittels Fragebogen recherchiert. Zu diesem Zweck arbeitet die OECD Working Group on Bribery auf der Basis der Berichte der Phasen 1 und 2 staatenspezifische Fragebögen aus. Andererseits werden die Staaten in der Working Group on Bribery von den Experten der jeweiligen Prüfungsgruppe des betreffenden Staates zu den von ihnen getroffenen Maßnahmen infolge des Phase 2Berichts befragt. Die Informationen werden in der OECD Working Group on Bribery diskutiert und ausgewertet.276 Der Fortschrittsbericht für Frankreich wurde von der OECD Working Group on Bribery im April 2006 angenommen.277 Die Bewertung der Maßnahmen, die Frankreich infolge des Phase 2-Berichts getroffen hatte, fiel wie folgt aus: „Recommendations 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12 and 13 have been implemented or dealt

275

OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VII. 276 Zum Aufbau des Fortschrittsberichts ausführlich siehe unten 3. Kap., E. III. 3. c). 277 OECD, France: Phase 2 Follow-up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 30. März 2006. Frankreich durchlief die erste Phase des OECD-Berichtsverfahrens im Jahr 2000, der Bericht der Phase 1 wurde im Dezember 2000 von der Working Group on Bribery angenommen und anschließend veröffentlicht. OECD, France: Phase 1 Country Report, Dezember 2000. Die zweite Phase wurde für Frankreich 2003 durchgeführt, der Bericht der zweiten Phase wurde im Januar 2004 von der Working Group on Bribery angenommen und veröffentlicht. OECD, France: Phase 2 Report, 22. Januar 2004.

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

81

with in a satisfactory manner. Recommendation 9 has been partially implemented.“278 Die französischen Verantwortlichen verpflichteten sich, innerhalb eines Jahres der OECD Working Group on Bribery mündlich über die Umsetzung der neunten Empfehlung zu berichten.279 2. Das bis-Verfahren der Phasen 1 und 2 am Beispiel Großbritanniens Die OECD Working Group on Bribery hat neben dem regelmäßig durchzuführenden Fortschrittsverfahren die Möglichkeit, sog. bis-Verfahren durchzuführen. Das bis-Verfahren ist ein außerordentliches Verfahren, das die Working Group on Bribery in Fällen der fortgesetzten Nichtumsetzung der Empfehlungen anordnen kann.280 Das bis-Verfahren kann sowohl in der Phase 1 als auch in der Phase 2 von der OECD Working Group on Bribery angekündigt und durchgeführt werden.281 Die Zustimmung des Staates zur Durchführung eines bis-Verfahrens ist weder in der Phase 1 noch in der Phase 2 erforderlich. Die Entscheidung über die Durchführung eines bisVerfahrens liegt allein bei der OECD Working Group on Bribery.282 Ein bis-Verfahren beinhaltet die wiederholte Durchführung aller vorangegangenen Verfahrensschritte derjenigen Phase, in der es angeordnet wird. In der Phase 1 beinhaltet ein bis-Verfahren eine weitere Prüfung der rechtlichen Situation des bewerteten Staates. In dieser Papierprüfung wird untersucht, ob der Staat seine Rechtslage – gemessen an dem internationalen Bewertungsmaßstab – verbessert hat. Die in der Phase 2 durchgeführten bis-Verfahren beinhalten einen weiteren Staatenbesuch der Prüfungsgruppe.283 Die Gesetzeslage Großbritanniens wurde von der OECD Working Group on Bribery im Bericht der Phase 1 als unzureichend bewertet. Die Working Group on Bribery kündigte daher ein bis-Verfahren für Großbritannien an.284 Zur Durchführung dieses Verfahrens wurde die Zustimmung Großbritanniens nicht eingeholt. Die OECD Working Group verband mit der Ankündigung des bis-Verfahrens eine konkrete Empfehlung an Großbritannien, deren Umsetzung im bis-Verfahren überprüft werden sollte. Die Working Group forderte von Großbritannien den Erlass eines 278

OECD, France: Phase 2 Follow-up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 30. März 2006, Nr. 7f. 279 Ibid., Nr. 8. 280 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VII C und VIII. 281 Ibid., Annex 3: Box on the linkage between the Phase 2 Review, the Follow-up Reports, and the Phase 2bis. 282 Dazu siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 456 f. 283 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VIII A. 284 OECD, United Kingdom: Phase 1 Country Report, Dezember 1999, S. 24.

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1. Teil, 2. Kap.: Governance by Information

spezifischen Gesetzes zur Korruptionsbekämpfung sowie die Modifikation des Fallrechts.285 In dem Phase 1bis-Bericht konnte die OECD Working Group on Bribery feststellen, dass Großbritannien diesen Forderungen nachgekommen war und ein Gesetz verabschiedet hatte, das unter anderem den Korruptionstatbestand des britischen Rechts auf den internationalen Bereich ausweitet.286 In Großbritannien wurde auch ein Phase 2bis-Verfahren durchgeführt. Dieses wurde von der OECD Working Group on Bribery angekündigt u. a. mit dem Hinweis auf eine eingehende Prüfung der Maßnahmen Großbritanniens hinsichtlich der Aufklärung von Bestechungshandlungen von BAE Systems plc. gegenüber Amtsträgern Saudi Arabiens.287 Es ging bei den Untersuchungen bei BAE Systems um Bestechungshandlungen im Rahmen eines zwischen BAE Systems und Saudi Arabien geschlossenen Vertrags über den Verkauf von Waffen, der als Al-Yamamah Contract bekannt wurde. Das United Kingdom Serious Fraud Office (SFO) führte von Juli 2004 bis Dezember 2006 Untersuchungen zur Aufklärung der Bestechungshandlungen durch. Aufgrund massiver Drohungen Saudi Arabiens gegenüber Großbritannien ordnete der Direktor des SFO Robert Wardle im Dezember 2006 an, die Untersuchungen des SFO zu beenden. Sowohl der britische High Court als auch das House of Lords beschäftigten sich mit diesem Sachverhalt.288 Das Urteil des High Court, die Entscheidung des Direktors sei rechtswidrig gewesen, wurde vom House of Lords wieder aufgehoben. Der High Court nahm in seinen Entscheidungsgründen auch auf das OECD-Berichtsverfahren Bezug und führte Äußerungen des zuständigen Foreign and Commonwealth Beamten aus. Dieser zeigte sich hinsichtlich der Entscheidung des High Court besorgt und erklärte zu hoffen, dass die Verteidigung der britischen Regierung gegenüber der OECD Working Group on Bribery in der Sache BAE Systems durch die Entscheidung des High Court nicht beeinträchtigt würde. Die britische Regierung musste zu dieser Zeit hinsichtlich der Handlungen von BAE Systems der Working Group on Bribery im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens Rede und Antwort stehen.289 Im Phase 2bis-Bericht Großbritanniens erörterte die OECD Working Group on Bribery den Fall und die Entscheidungen der Gerichte ausführlich.290 Sie schloss ihre Ausführungen mit der Bemerkung, dass sie 285

Ibid., S. 24 ff. OECD, United Kingdom: Phase 1bis Report, 3. März 2003. 287 OECD, United Kingdom: Phase 2 Report, 21. Juni 2007, Rn. 24. 288 Administrative Court of the QueenÏs Bench, The Queen on the Application of Corner House Research and Campain Against Arms Trade v The Director of the Serious Fraud Office and BAE Systems PLC [2008] EWHC 714 (Admin) aus April 2008; House of Lords (R (on the Application of Corner House Research and Others) (Respondents) v Director of the Serious Fraud Office (Appelant) (Criminal Appeal from Her MajestyÏs High Court of Justice) [2008] UKHL 60 vom 30. Juli 2008. 289 Administrative Court of the QueenÏs Bench, The Queen on the Application of Corner House Research and Campain Against Arms Trade v The Director of the Serious Fraud Office and BAE Systems PLC [2008] EWHC 714 (Admin) aus April 2008, Rn. 151. Zu den Entscheidungsgründen im Einzelnen siehe unten 3. Kap., A. II. 1. a). 290 OECD, United Kingdom: Phase 2bis Report, 16. Oktober 2008, Rn. 130 ff. 286

B. Der Governance-Modus von Governance by Information

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erhebliche Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Entscheidung des SFO Direktors mit der OECD Anti-Bestechungskonvention habe.291 Die OECD Working Group on Bribery empfahl Großbritannien die Untersuchungen wieder zu eröffnen, sobald sich die Umstände, aufgrund derer die Untersuchungen ausgesetzt wurden, wieder änderten.292 3. Das bis-Verfahren der Phase 2 am Beispiel Japans Die Korruptionsbekämpfung Japans wurde von der OECD Working Group on Bribery in deren Bericht der Phase 2 als unzureichend bewertet. Die Working Group on Bribery stellte fest, dass Japan keine ausreichenden Anstrengungen unternommen hatte, Anti-Bestechungsrecht effektiv durchzusetzen und Bestechungshandlungen gegenüber ausländischen öffentlichen Beamten strafrechtlich zu ahnden.293 Darüber hinaus bemängelte sie den unzureichenden Umfang der von Japan zur Verfügung gestellten Informationen.294 Die Working Group on Bribery ordnete daher einen erneuten Staatenbesuch im Rahmen eines Phase 2bis-Verfahrens an. Diese Anordnung war mit der Ankündigung verbunden, dass die Working Group on Bribery insbesondere überprüfen werde, welche Aktivitäten Japan in der Zwischenzeit zur Verbesserung der Ermittlung und Verfolgung von Bestechungsfällen mit Auslandsbezug unternehmen werde.295 Die Zustimmung Japans zur Durchführung eines erneuten Staatenbesuchs im Rahmen eines bis-Verfahrens holte die Working Group on Bribery nicht ein. In dem bis-Verfahren kam die Working Group on Bribery erneut zu dem Ergebnis, dass Japans Anti-Korruptionsrecht mangelhaft durchgesetzt wurde und ordnete an, dass Japan zu jedem Treffen der Working Group on Bribery mündlich über diesbezügliche Fortschritte berichten müsse.296 Japan kam bis zu dem im Anschluss an das Phase 2bis-Verfahren durchgeführten Fortschrittsverfahren nicht allen Anforderungen der OECD Working Group on Bribery aus dem Phase 2- und dem Phase 2bis-Bericht nach. Die Bewertung der Working Group on Bribery im Fortschrittsbericht fiel daher kritisch aus.

291

Ibid., Rn. 167 Ibid., Rn. 168. 293 OECD, Japan: Phase 2 Report, 7. März 2005, D Nr. 3 (S. 56). 294 Ibid., D Nr. 2 (S. 56). 295 Ibid., D Nr. 4 (S. 56). 296 OECD, Japan: Phase 2bis Report, 15. Juni 2006, S. 3 und S. 31 ff. Diese Verpflichtung Japans, regelmäßig bei den Treffen der Working Group on Bribery zu berichten, ist zu trennen von den verfahrensmäßig durchgeführten Tour de Table-Exercises. Zu diesen siehe unten 3. Kap., E. III. 1. 292

84

1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Aufgrund der beharrlichen Nichtbeachtung der Berichte durch Japan ordnete die Working Group on Bribery informelle Treffen zwischen japanischen Verantwortlichen und der OECD Working Group on Bribery an.297

3. Kapitel

Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens und seine Anwendung Das dritte Kapitel arbeitet die Merkmale des rechtlichen Rahmens der spezifischen Governance by Information heraus. Das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung wird mithilfe überkommener rechtswissenschaftlicher Parameter untersucht. Abschnitt (A.) befasst sich mit dem institutionellen Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens. Nachgegangen wird der Frage, wie internationale Institutionen konzeptionell fassbar sind und welche Verfahren, Kompetenzen und Prinzipien sie kennzeichnen. Die Autonomie der internationalen Institutionen wird ausführlich analysiert. Daraufhin werden die internationalen Institutionen als internationale Bürokratien konzipiert. Die Erarbeitung und Darstellung erfolgt am Beispiel der OECD. Abschnitt (B.) untersucht die für das OECD-Berichtsverfahren zuständigen Akteure. Die Kooperation der verschiedenen Akteure der unterschiedlichen Ebenen wird unter (C.) herausgearbeitet. Untersucht wird, ob das OECDBerichtsverfahren eine Verbundverwaltung darstellt. Unter (D.) werden die Kompetenzen der am Verfahren beteiligten Akteure untersucht. Abschnitt (E.) zeichnet die Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung im Einzelnen nach und stellt rechtliche Merkmale des Verfahrensverlaufs heraus. Abschnitt (F.) diskutiert Rechtswirkungen in Zusammenhang mit dem OECD-Berichtsverfahren. Erörtert wird in diesem Zusammenhang die Pflicht zur Teilnahme am Berichtsverfahren, die Rechtswirkungen der Verfahrensvorgaben sowie diejenigen der abschließenden Berichte.

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens Dieser Abschnitt untersucht die OECD als institutionelle Struktur des OECDBerichtsverfahrens. Die institutionelle Struktur bezeichnet die Gesamtheit der determinierend, kontrollierend oder unmittelbar durchführend mit der Planung, Ausarbeitung und Durchführung von Aktivitäten befassten Einheiten.298 Zunächst wird 297 OECD, Japan: Phase 2 Follow-up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 10. Oktober 2007, I. 298 Mayntz, Die Implementation politischer Programme: Theoretische Überlegungen zu einem neuen Forschungsgebiet, 10(1) Die Verwaltung (1977), S. 51 – 66, 62 spricht von „Implementationsstruktur“.

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

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die OECD vorgestellt. Anschließend werden die internationalen Institutionen als autonome internationale Akteure dargestellt, deren Autonomie sich sowohl an ihrer nach außen gerichteten autonomen Aktivität zeigt, als auch in ihrer internen strukturellen Autonomie. Neben der dynamischen Entwicklung der übertragenen Kompetenzen stellt die Konstitution der internationalen Institutionen als Bürokratien mit liberaler Ausrichtung299 eine Ressource für deren autonome Aktivität dar. I. Die OECD – eine internationale Organisation Die OECD wurde 1961 als Nachfolger der Organisation of European Economic Cooperation (OEEC) gegründet.300 Die 30 Mitgliedstaaten der OECD setzen sich aus westlich orientierten, europäischen und außereuropäischen Industriestaaten zusammen.301 Diese arbeiten in der OECD in einem weitgehend informellen Rahmen in den Aufgabengebieten der Wirtschaftspolitik, des Welthandels und der Entwicklungshilfe zusammen.302 Die Mitgliedstaaten der OECD erzeugten 2007 78 % des weltweiten Bruttonationaleinkommens und 68 % des Welthandels.303 Um ihre Aufgaben zu erfüllen wird der OECD von ihren Mitgliedstaaten ein Budget gewährt, das sich 2008 auf EUR 342,9 Millionen belief.304 Die OECD hat ihr Hauptsekretariat in 299 Zum politisch-philosophischen Konzept des an der Gewährleistung individueller Freiheit ausgerichteten Liberalismus siehe oben Einleitung B. (Fn. 22). 300 Die OEEC wurde 1948 zur Durchführung des European Recovery Program (Marshall Plan) gegründet. OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 15. 301 Australien seit 7. Juni 1971, Belgien seit 13. September 1961, Dänemark seit 30. Mai 1961, Deutschland seit 27. September 1961, Finnland seit 28. Januar 1969, Frankreich seit 7. August 1961, Griechenland seit 27. September 1961, Irland seit 17. August 1961, Island seit 5. Juni 1961, Italien seit 29. März 1962, Japan seit 28. April 1964, Kanada seit 10. April 1961, Luxemburg seit 7. Dezember 1961, Mexiko seit 18. Mai 1994, Neuseeland seit 29. Mai 1973, Niederlande seit 13. November 1961, Norwegen seit 4. Juli 1961, Österreich seit 29. September 1961, Polen seit 22. November 1996, Portugal seit 4. August 1961, Schweden seit 28. September 1961, Schweiz seit 28. September 1961, Slowakei seit 14. Dezember 2000, Spanien seit 3. August 1961, Südkorea seit 12. Dezember 1996, Tschechien seit 21. Dezember 1995, Türkei seit 2. August 1961, Ungarn seit 7. Mai 1996, Vereinigtes Königreich seit 2. Mai 1961, Vereinigte Staaten von Amerika seit 12. April 1961. 302 Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. I, 1983, S. 184; Kirchhof, Der deutsche Staat im Prozess der europäischen Integration, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VII, 1992, § 183, Rn. 44. 303 OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/ 19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 9. 304 Die OECD wird hauptsächlich durch ihre Mitgliedstaaten finanziert. Die Größe des Budgets der OECD sowie das Arbeitsprogramm der OECD werden alle zwei Jahre auf einem Ratstreffen der Minister festgelegt. Die Beiträge der einzelnen Staaten sind proportional zu deren Wirtschaftskraft. Eine unabhängige, externe Prüfung der Geschäftsbücher und des Finanzmanagements wird durch das Board of Auditors durchgeführt. Das Board setzt sich aus vier Mitgliedern aus nationalen Prüfungsbüros zusammen, die durch den Rat ernannt werden. Ibid., S. 10 f.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Paris.305 Dort arbeiten ca. 2.500 Mitarbeiter, die aus allen Mitgliedstaaten rekrutiert werden.306 In ca. 200 Gremien kommen zudem ca. 40.000 Experten aus den Mitgliedstaaten zusammen, um die materielle Arbeit der OECD im Einzelnen zu konzipieren und durchzuführen. Die Ziele der OECD gemäß Art. 1 der Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development (im Folgenden bezeichnet als OECD-Gründungsvertrag) fügen sich in die liberale Tradition: „The aims of the Organisation for Economic Co-operation and Development shall be to promote policies designed: (a) to achieve the highest sustainable economic growth and employment and a rising standard of living in Member countries, while maintaining financial stability, and thus to contribute to the development of the world economy; (b) to contribute to sound economic expansion in Member as well as non-member countries in the process of economic development; and (c) to contribute to the expansion of world trade on a multilateral, non-discriminatory basis in accordance with international obligations.“307 Im Jahr 2008 lagen die Schwerpunkte der Arbeit der OECD in den Bereichen wirtschaftliches Wachstum, Stabilität und Innovation, Beschäftigung, soziale Verträglichkeit und Umwelt, internationaler Handel und Besteuerung, Governance sowie Entwicklung und globale Beziehungen.308 Die OECD ist der Prototyp einer Organisation, die ihre Aktivitäten im Wirtschafts-, Finanz- und Politikbereich hauptsächlich in Form von rechtlich unverbindlichen Instrumenten verfasst, wenngleich sie auch das Mandat besitzt, ihre Aktivitäten rechtlich verbindlich auszugestalten. Art. 5 des OECD-Gründungsvertrags legt fest, dass „[the OECD] may (a) take decisions which, except as otherwise provided, shall be binding on all the members;309 (b) make recommendations to members;310 and (c) enter into agreements with members, non-member states and 305 Andere permanente OECD Zentren befinden sich in Berlin, Mexico Stadt, Tokyo und Washington D.C. 306 OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/ 19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 10. 307 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 1. 308 OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/ 19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 21 – 75. 309 Entscheidungen sind für die Mitgliedstaaten, die sich während der Annahme nicht enthalten haben, bindend und ihre Umsetzung wird erwartet. Gleichwohl enthalten Entscheidungen selten Sanktionen für den Fall ihrer Nicht-Befolgung. OECD, OECD Legal Instruments – „The Acts“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/46/0,3343,en_21571361_ 38481278_40899182_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Dazu siehe Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www. iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 6. 310 Empfehlungen sind nicht bindende Vereinbarungen, die gewöhnlich eine Strategieempfehlung hinsichtlich einer bestimmten Politik beinhalten, die eine starke Unterstützung durch die Mitgliedstaaten erfährt. Empfehlungen werden von Mitgliedstaaten dazu verwendet, die nationale Politikentwicklung zu beeinflussen, indem sie gegenüber ihren jeweiligen

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international organisations.“311 Gemäß Art. 7 des OECD-Gründungsvertrags gehen alle Handlungen der OECD vom OECD-Rat aus.312 Über die in Art. 5 des OECD-Gründungsvertrags schriftlich fixierten Handlungsformen hinaus wurden durch die OECD-Praxis weitere Handlungsformen entwickelt, im Einzelnen sind dies Deklarationen,313 Arrangements und Understandings.314 Die Beachtung von Aktivitäten, die in Form dieser nicht schriftlich festgesetzten Handlungsformen verfasst wurden, ist meist nicht rechtlich erforderlich, aber in der Praxis zählen sie zu den erfolgreichen Aktivitäten der OECD.315 Internationale Agreements, die für die Parteien bindend sind, werden außerdem in Form von völkerrechtlichen Verträgen verabschiedet, die aber nur einen geringfügigen Teil der Aktivitäten der OECD ausmachen.316 Die organisationsinternen Instrumente der OECD heißen Resolutionen.317 Regierungen argumentieren, dass die OECD einen bestimmten Politikansatz befürwortet. Empfehlungen werden auch als Ausgangsbasis für eine Entscheidung verwendet. OECD, OECD Legal Instruments – „The Acts“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/46/ 0,3343,en_21571361_38481278_40899182_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Dazu siehe Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 5. 311 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 5. 312 Ibid., Art. 7. 313 Deklarationen sind feierliche Erklärungen, die präzise Politikbekenntnisse festlegen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten unterzeichnet. Deklarationen sind keine formalen Akte der OECD und sie sind nicht als rechtsverbindliche Instrumente vorgesehen. Sie werden jedoch vom OECD-Rat zur Kenntnis genommen und ihre Durchführung wird durch das zuständige OECD-Gremium überwacht. OECD, OECD Legal Instruments – „The Acts“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/46/0,3343,en_21571361_38481278_40899182 _1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 314 Arrangements und Understandings werden im Rahmen der OECD von einigen Mitgliedstaaten ausgehandelt und angenommen. Sie sind keine Akte der OECD und sie sind meist nicht rechtlich verbindlich. Sie werden gleichwohl vom OECD-Rat zur Kenntnis genommen und ihre Durchführung wird überwacht. Ibid. 315 Viele Staaten haben die OECD-Instrumente in ihre nationalen Rechtsordnungen übernommen und nationale Gerichte wenden sie an, ohne dass sie in nationales Recht überführt worden wären. Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 211. 316 Internationale Agreements werden im Rahmen der OECD geschlossen. Sie sind für die Parteien rechtlich verbindlich. Zu den schriftlich fixierten und den durch die OECD-Praxis etablierten Handlungsformen siehe OECD, OECD Legal Instruments – „The Acts“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/46/0,3343,en_21571361_38481278_40899182_1_1_ 1_1,00.html (30. April 2009). Die OECD hat alle geltenden OECD-Entscheidungen und Empfehlungen sowie alle anderen Instrumente in einer online einsehbaren Datenbank zusammengefasst. OECD, Decisions, Recommendations, and other Instruments in Force, abrufbar unter: http://www.olis.oecd.org/horizontal/oecdacts.nsf (30. April 2009). 317 Resolutionen werden durch den Rat in einem Verfahren angenommen, in dem jedes Mitglied eine Stimme hat und Konsens aller Mitglieder erforderlich ist. OECD, Rules of Pro-

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II. Internationale Institutionen als autonome internationale Akteure Internationale Institutionen sind heute wichtige Akteure der Global Governance.318 Wissenschaftlich werden sie erst in jüngerer Vergangenheit als einflussreiche Akteure wahrgenommen. Das wissenschaftliche Interesse an internationalen Institutionen war lange Zeit darauf fokussiert zu untersuchen, ob sie überhaupt relevant sind, während ihre Aktivitäten und ihre Organisationsform lange Zeit nicht im wissenschaftlichen Interesse standen.319 Internationale Institutionen führen jedoch in vielen Handlungsbereichen unabhängig von staatlichem Einfluss – autonome – Aktivitäten durch. Ihre interne Struktur verstärkt ihre Autonomie gegenüber den Staaten. Ermöglicht werden den internationalen Institutionen ihre autonomen Aktivitäten durch ihren Aufbau und ihre Organisationsform als Bürokratien. Daneben stellt die dynamische Entwicklung der von den Staaten übertragenen Kompetenzen eine Ressource für die Autonomie der internationalen Institutionen dar, durch die sich die Aktivitäten der internationalen Institutionen häufig weit von ihren ursprünglichen Mandaten entfernen. . 1. Die Autonomie internationaler Institutionen Die Autonomie der internationalen Institutionen zeigt sich einerseits in ihrem Einfluss auf die Gestaltung der Global Governance und andererseits in ihrer internen strukturellen Autonomie. . a) Die autonome Aktivität internationaler Institutionen Internationale Institutionen sind mehr als nur ausführende Institutionen, die zur vereinfachten internationalen Kooperation und der Lösung internationaler Probleme in Einklang mit ihrem Mandat von ihren Mitgliedstaaten eingesetzt werden.320 Internationale Institutionen sind heute darüber hinaus autonom handelnde Akteure, die in einem von ihren Mitgliedstaaten unabhängigen Handlungsspielraum Aktivitäten

cedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115(Final)) und 1970 (C(70)133 (Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Art. 18 a) iii). 318 Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 1. 319 Venzke, International Bureaucracies from a Political Science Perspective – Agency, Authority and International Institutional Law, 9(11) GLJ (2008), S. 1401 – 1428, 1401 f. 320 So noch im Jahr 1998 Abbott/Snidal, Why States Act through Formal International Organizations, 42 Journal of Conflict Resolution (1998), S. 3 – 32. Siehe z. B. Alvarez, International Organizations as Law-makers, 2005, S. 585 ff.

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mit Außenwirkung durchführen und Struktur und Wirkungsweisen der Global Governance definieren und gestalten.321 Ein unabhängiger Entscheidungsspielraum wird den internationalen Institutionen auch von nationalen Gerichten zuerkannt. Der britische High Court sowie das House of Lords befassten sich in ihren Entscheidungen im Fall „Corner House Research and Others v Director of the Serious Fraud Office and BAE Systems plc.“ mit der Entscheidungsmacht der OECD Working Group on Bribery.322 Der High Court nahm in den Entscheidungsgründen auf Art. 5 OECD Anti-Bestechungskonvention Bezug und führte aus, dass Art. 5 einheitlich ausgelegt werden müsse, um die Effektivität der Anti-Bestechungskonvention zu gewährleisten.323 Um die Einheitlichkeit der Auslegung von Art. 5 OECD Anti-Bestechungskonvention zu sichern, dürfe nicht jeder Staat eine eigene Auslegung vornehmen. Vielmehr sei durch Art. 12 OECD AntiBestechungskonvention die Auslegungsbefugnis auf die OECD Working Group on Bribery übertragen worden.324 Aufgrund dieser Befugnis und „absent any further ruling of the Working Group on Bribery“325 entschied der High Court, dass er zu der Frage, ob die Entscheidung des SFO Direktors gegen Art. 5 OECD Anti-Bestechungskonvention verstoßen habe, nicht abschließend urteilen könne.326 Das House of Lords bestätigte diese Ausführungen des High Court insoweit er erklärte, dass „a national court should hesitate before undertaking a task of unilateral interpretation.“327 Internationale Institutionen gestalten zunächst die Global Governance, indem sie verbindliches Völkerrecht gestalten und durchführen. Die Mechanismen zur Ent321 Klabbers, Two Concepts of International Organizations, 2 International Organizations Law Review (2005), S. 277 – 293, 280; Klabbers, The Changing Image of International Organizations, in: Coicaud/Heiskanen (Hrsg.), in: The Legitimacy of International Organisations, 2001, S. 221 – 255, 224. Zu einer Konzipierung von „power“ in der Global Governance siehe Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 8 ff. 322 Administrative Court of the QueenÏs Bench „The Queen on the Application of Corner House Research and Campain Against Arms Trade v The Director of the Serious Fraud Office and BAE Systems PLC [2008] EWHC 714 (Admin)“ von April 2008 und die entsprechende Entscheidung des House of Lords (R (on the Application of Corner House Research and Others) (Respondents) v Director of the Serious Fraud Office (Appelant) (Criminal Appeal from Her MajestyÏs High Court of Justice) [2008] UKHL 60 vom 30. Juli 2008. Die zugrunde liegenden Tatsachen dieser Entscheidung sind oben 2. Kap., B. IV. 2. dargestellt. 323 The Queen on the Application of Corner House Research and Campain Against Arms Trade v The Director of the Serious Fraud Office and BAE Systems PLC [2008] EWHC 714 (Admin), April 2008, Rn. 103 ff., 141 f. 324 Ibid., Rn. 150 ff., 153: „The Contracting Parties have invested the authority […] not on the domestic courts of those Parties but on the Working Group on Bribery.“ 325 Ibid., Rn. 157. 326 Ibid., Rn. 157. 327 House of Lords (R (on the Application of Corner House Research and Others) (Respondents) v Director of the Serious Fraud Office (Appelant) (Criminal Appeal from Her MajestyÏs High Court of Justice) [2008] UKHL 60 vom 30. Juli 2008, Rn. 45.

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wicklung internationaler Verträge haben sich grundlegend verändert, sodass die internationalen Institutionen die im Mittelpunkt stehenden Akteure der Entwicklung und vielfach auch der Durchführung von internationalen rechtsverbindlichen Instrumenten sind.328 Beispielsweise werden internationale Verträge auf internationalen Konferenzen, die durch die internationalen Institutionen organisiert werden, ausgehandelt. Die Vertragsverhandlungen basieren auf Materialien und Entwürfen, die die Experten der internationalen Institution recherchiert und ausgearbeitet haben und die die internationalen Institutionen im Verlauf der Verhandlungen überarbeiten.329 Ein anderes Beispiel ist die Verabschiedung von Rahmenverträgen, die den internationalen Institutionen die Ausgestaltung im Einzelnen übertragen. Auch die Durchführung dieser Rahmenverträge obliegt den internationalen Institutionen.330 Diese Entwicklungen höhlen die Staatensouveränität aus und stellen die internationalen Institutionen in den Mittelpunkt der Entwicklung und der Durchführung internationaler Verträge.331 Auswirkungen rufen die internationalen Institutionen zudem durch soft law hervor.332 Die tatsächliche Wirksamkeit von soft law ist in vielen Fällen dem Effekt von verbindlichem Recht gleichzusetzen.333 Es macht letztlich keinen Unterschied, ob eine Regelung rechtlich verbindlich ist oder nicht, wenn sie von den Entscheidungsträgern befolgt wird.334 328

Alvarez, The new Treaty Makers, 25 Boston College International and Comparative Law Review (2002), S. 213 – 234. 329 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 329 ff. 330 Shelton, Normative Hierarchy in International Law, 100(2) AJIL (2006), S. 291 – 323, 321. Ein Beispiel ist die Convention on International Trade in Endangered Species on Fauna and Flora (CITES). Dazu Fuchs, Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES) – Conservation Efforts Undermine The Legality Principle, 9(11) GLJ (2008), S. 1565 – 1596. 331 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 330. 332 Siehe Nanda, The Role of International Organizations in Non-Contractual Lawmaking, in: Wolfrum/Röben (Hrsg.), Developments in International Law in Treaty Making, 2005, S. 157 – 170; dazu von Bogdandy, Lawmaking by International Organizations. Some Thoughts on Non-Binding Instruments and Democratic Legitimacy, in: Wolfrum/Röben (Hrsg.), Developments in International Law in Treaty Making, 2005, S. 171 – 182. Siehe auch Shelton, Normative Hierarchy in International Law, 100(2) AJIL (2006), S. 291 – 323, 319 ff.; Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 328 f.; Slaughter, International Law and International Relations, in: 285 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 2000, 2001, S. 13 – 249, 211 ff. 333 Abbott/Snidal, Hard and Soft Law in International Governance, 54(3) International Organization (2000), S. 421 – 456; Shelton, Normative Hierarchy in International Law, 100(2) AJIL (2006), S. 291 – 323, 320 f.; Brown Weiss, Introduction, in: Brown Weiss (Hrsg.), International Compliance with Nonbinding Accords, 1997, S. 1 – 20, 1 ff. 334 Zaring, International Law and Justice Working Papers, IILJ Working Paper 2004/6, Global Administrative Law Series, 2004, abrufbar unter: http://iilj.org/publications/documents/ 2004.6 %20Zaring.pdf (30. April 2009), S. 38; Cassese, Regulation, Adjudication and Dispute

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Voraussetzung der Wirksamkeit von soft law ist, dass die Aktivität in einem Kontext steht, der geeignet ist, Druck auf die Adressaten auszuüben, sich den Vorgaben der Aktivität zu beugen. Die internationalen Institutionen setzen soft law durch, indem sie sozialen und/oder politischen Druck erzeugen.335 Faktoren wie Ansehen, Prestige und die Stellung des betroffenen Akteurs in der internationalen Gemeinschaft spielen neben den zu befürchtenden wirtschaftlichen Einbußen eine Rolle.336 Das Bestreben, ein akzeptiertes Mitglied der internationalen Gemeinschaft zu bleiben, ist eine zentrale Überlegung in der Befolgung von internationalem soft law.337 Soft law kann gegenüber hard law sogar vorzugswürdig sein. Es erfordert keine innerstaatliche Ratifikation, es ist flexibel und es kann schnell und ohne großen politischen oder finanziellen Aufwand technischen Neuerungen angepasst werden. Außerdem erreicht soft law einen breiteren Akteurs- und Adressatenkreis.338 Die Entwicklung von soft law ist nicht unwesentlich den internationalen Institutionen zuzuschreiben.339 Internationale Institutionen gestalten die Global Governance schließlich durch nicht-normative Mittel, indem sie Definitionsmacht für sich in Anspruch nehmen.340 Sie führen Kategorien und Definitionen durch die Veröffentlichung von Studien ein. Dadurch prägen sie das allgemeine Verständnis in einem spezifischen Handlungsgebiet und rufen Außenwirkung hervor.341 Die internationalen Institutionen gestalten Resolution beyond the State, Accompanying Paper to the Seminar on Global Administrative Law at the Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, Herbst 2008, abrufbar unter: http://www.mpil.de/shared/data/pdf/regulation_adjudication_and_dispute_resolution.pdf (15. Januar 2009), S. 19. 335 Zu „shaming“ als Machtressource siehe Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 176. Siehe auch von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1382, die dies „communicative power“ nennen; und Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/ LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6ff., der den Begriff „peer pressure“ verwendet, wenn der Druck zur Beeinflussung durch die Peer-Staaten des bewerteten Staates erzielt wird. 336 Guzman, How International Law Works, 2008, S. 71 ff. Siehe auch Grant/Keohane, Accountability and Abuses of Power in World Politics, 99(1) American Political Science Review (2005), S. 29 – 43, 36 f., die diese Faktoren als Accountability-Mechanismen untersuchen. 337 Chayes/Chayes, The New Sovereignty, 1995, S. 27. 338 Shelton, Normative Hierarchy in International Law, 100(2) AJIL (2006), S. 291 – 323, 322. Ausführlich Abbott/Snidal, Hard and Soft Law in International Governance, 54(3) International Organization (2000), S. 421 – 456. 339 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 328 ff. 340 Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 7 bezeichnen das als „social construction power“. Zur Bedeutung von Ansehen der internationalen Institution in diesem Zusammenhang am Beispiel der OECD siehe Sharman, Rationalist and Constructivist Perspectives on Reputation, 55(1) Political Studies (2007), S. 20 – 37, 31 f. 341 Haas, Introduction: Epistemic Communities and International Policy Coordination, 46 (1) International Organization (1992), S. 1 – 35, 2 f.

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die Global Governance in diesem Sinn auch, indem sie neue Probleme auf der internationalen Agenda definieren und gleichzeitig neue Mechanismen zu deren Lösung entwickeln.342 Darüber hinaus gestalten internationale Institutionen die Global Governance, indem sie neue Akteure kreieren.343 b) Interne strukturelle Autonomie Die interne Autonomie der internationalen Institutionen spiegelt sich in ihren Verfahrensregeln wieder, wenn diese die Annahme von Beschlüssen per Mehrheitsentscheid ermöglichen.344 Die internationalen Institutionen lösen sich dadurch von herkömmlichen grundlegenden völkerrechtlichen Prinzipien, wie dem Konsensprinzip und dem Grundsatz einer horizontalen Koordinationsordnung unter Gleichen.345 Durch Mehrheitsentscheide entfernen sie sich vom Willen der Mitgliedstaaten und bringen einen eigenen Willen zum Ausdruck. Bemerkenswert im Hinblick auf die Autonomie internationaler Institutionen ist darüber hinaus der Einfluss von Experten. Die internationalen Beamten und die externen Experten sind nicht an ein nationales Mandat gebunden.346 Die Experten 342

Die OECD hat beispielsweise das Thema der Korruption auf die internationale Agenda gehoben und anschließend eine Reihe von Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung konzipiert. Zum Anti-Korruptionsprogramm der OECD siehe oben 1. Kap., C. I. Zu den Mechanismen siehe auch OECD, The OECD Fights Corruption, 2006, abrufbar unter http:// www.oecd.org/dataoecd/36/51/37418910.pdf (30. April 2009). Dazu siehe Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 29 ff.; Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 175 ff. Allgemein siehe Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 334. Zu weiteren von internationalen Institutionen geschaffenen Mechanismen zur internationalen Problembearbeitung siehe die Thematic Studies in 9(11) German Law Journal, 2008. 343 Die GRECO beispielsweise wurde durch den Europarat eigens zur Korruptionsbekämpfung geschaffen. Zur GRECO siehe oben 2. Kap., A. II. 4. 344 Dazu von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1953; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1904. 345 Zum Konsensprinzip und Reziprozitätsprinzip siehe Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 11. Aufl., 2005, S. 3 ff.; Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 1, Rn. 42 ff. 346 Ihre normative Grundlage findet die Unabhängigkeit der internationalen Beamten und externen Experten in vielen internationalen Institutionen im Gründungsvertrag, der häufig eine Art. 100 VN-Charta vergleichbare Regelung enthält: „(1) In the performance of their duties the Secretary-General and the staff shall not seek or receive instructions from any government or from any other authority external to the Organization. They shall refrain from any action which might reflect on their position as international officials responsible only to the Organization. (2) Each Member of the United Nations undertakes to respect the exclusively international character of the responsibilities of the Secretary-General and the staff and not to seek to influence them in the discharge of their responsibilities.“ United Nations, Charter of the United Nations, 24. Oktober 1945, 15 U.N.T.S. 143. Zur praktischen Umsetzung von Art. 100 VN-Charta siehe Paschke, UNO von Innen – die Besonderheiten einer Multinationalen Bürokratie, in: von

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tragen daher zur Eigendynamik von Handlungsbereichen, die auf die Agenda der internationalen Institution aufgenommen wurden, bei. Sie bewirken durch ihr rein technisches Mandat die unabhängige Entwicklung sowohl solcher Handlungsbereiche, die einer internationalen Institution ausdrücklich übertragen wurden, als auch solcher Bereiche, die die Institution als implied powers ausübt. Schließlich bewirken die Experten eine unabhängige Entwicklung auch von Handlungsbereichen, deren Rückführung auf den Gründungsvertrag aufgrund der extensiven Auslegung zweifelhaft ist.347 Die Eigendynamik von Handlungsbereichen, die von einer internationalen Institution auf die Agenda genommenen wurden, verstärkt sich dadurch, dass neue Strategien im Wesentlichen von Experten und nicht in den Plenarversammlungen entwickelt werden. Die Plenarversammlungen werden häufig als zu unflexibel angesehen, in denen Fortschritte – wenn überhaupt – nur langsam erreicht werden können. Zudem sind Plenarversammlungen durch Vertreter entgegengesetzter Interessen, die sich gegenseitig blockieren, ständig der Gefahr von Stillstand ausgesetzt. Solche Blockaden können u. a. daraus resultieren, dass die armen Länder häufig eine Mehrheit der Stimmen besitzen, während die reichen Länder über die finanziellen Ressourcen verfügen.348 Die Aufgaben werden aus diesen Gründen meist spezialisierten Gremien zugewiesen, die im kleinen Kreis und hinter verschlossenen Türen arbeiten. Das aus internationalen Beamten rekrutierte Sekretariat der Institution und die in der Institution tätigen Experten bestimmen daher vorrangig die Arbeit der internationalen Institution. Sie formen das Verständnis eines globalen Anliegens und entwickeln Lösungsstrategien sowie konkrete Aktivitäten.349

Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, S. 553 – 567, 565 f. Eine ähnliche Bestimmung findet sich in Art. 11 (2) OECD, Convention on the Organisation of Economic Cooperation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179. Ausführlich zu dieser Vorschrift des OECD-Gründungsvertrags siehe unten in diesem Kap., A. III. 3. a); Art. 8(2) Food and Agriculture Organization, Constitution of the Food and Agriculture Organization of the United Nations, Report of the Conference of FAO – First Session, X5584/E, 1945; Art. 6(4) Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization, 15. April 1994, 33 I.L.M. 1144 (1994); Art. 4 Section V International Bank for Reconstruction and Development, Articles of Agreement, in der Fassung vom 16. Februar 1989, abrufbar unter: http://go.worldbank.org/0FICOZQLQ0 (30. April 2009). 347 von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1946 f. 348 Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 8. 349 Haas, Introduction: Epistemic Communities and International Policy Coordination, 46 (1) International Organization (1992), S. 1 – 35, 2 f.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

2. Ressourcen der Autonomie internationaler Institutionen Die Autonomie internationaler Institutionen ergibt sich einerseits aus der dynamischen Entwicklung der übertragenen Kompetenzen, andererseits aus der Autorität, die den internationalen Institutionen aufgrund von deren Rationalität und Legalität zugesprochen wird. Eine weitere Eigenschaft, die die Adressaten dazu veranlasst, anderen Akteuren Autorität zuzuerkennen, ist die Verfolgung liberaler Ziele.350 a) Dynamische Entwicklung der übertragenen Kompetenzen Die Kompetenzübertragung durch die Staaten ermächtigt die internationalen Institutionen, Aktivitäten in denjenigen Handlungsfeldern durchzuführen, die in ihrem Mandat festgesetzt sind.351 Die übertragenen Kompetenzen sind Ausgangspunkt der Autonomie der internationalen Institutionen, indem diese dynamisch ausgelegt werden. Die Handlungsbereiche, die von den internationalen Institutionen auf die Agenda gesetzt werden, entwickeln sich oftmals weit von dem ursprünglichen Mandat der internationalen Institutionen weg.352 b) Autorität aufgrund von Rationalität und Legalität Die Akzeptanz der staatenunabhängig entwickelten und durchgeführten Aktivitäten der internationalen Institutionen stützt sich auf Autorität, die ihnen aufgrund ihrer Konstitution als Bürokratie und ihrer liberalen Ausrichtung zugesprochen wird.353 Eine Analyse dieser Autorität sowie der Gründe, aus denen sie ihnen zuerkannt wird, gewährt Einblicke in die Struktur und die Verfahrensweisen der internationalen Institutionen. Dargelegt werden zu diesem Zweck zunächst der zugrunde gelegte Autoritätsbegriff und anschließend Charakteristika der internationalen Institutionen, aufgrund derer ihnen Autorität zugesprochen wird. Als Autoritätsbegriff wird das soziologische Konzept Webers zugrunde gelegt.354 Weber definiert Autorität im Sinn von Herrschaft als die „Chance, für einen Befehl 350 Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 172 f. 351 Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 60 ff. Der Ständige Internationale Gerichtshof hat im Lotus-Fall 1927 klargestellt, dass Beschränkungen der Souveränität der Staaten nicht leichthin angenommen werden können, sondern dass internationales Recht durch den freien Willen der Staaten entsteht. PCIJ, The Case of the S.S. Lotus, Ser. A., No. 10, (1927). 352 Siehe zur Eigendynamik, die durch die Experten bewirkt wird oben in diesem Kap., A. II. 1. b). 353 Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 162. 354 Webers Definition beruht auf einer Analogie von soziologischer und rechtlicher Ordnung. Zenkert, Die Konstitution der Macht, 2004, S. 208.

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

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bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“.355 Autorität ist nicht jede Form der Machtausübung auf andere Menschen.356 So kann das Konzept der Autorität nicht auf bloße Überlegenheit im Sinn von Stärke reduziert werden.357 Wird die bloße Überlegenheit, andere Akteure zu bestimmen, ausgespielt, ist dies eine Form der Machtausübung, aber keine Ausübung von Autorität. Macht wird von Weber definiert als die „Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf die Chance beruht“.358 In Abgrenzung zur Macht erfordert Autorität ein gewisses Maß an Zustimmung von anderen Akteuren. Ein Akteur kann unabhängig von anderen Akteuren Macht ausüben, er kann aber keine Autorität für sich in Anspruch nehmen, wenn andere Akteure ihm diese nicht zuerkennen.359 Im Gegensatz zur bloßen Machtausübung beruhen Autoritätsbeziehungen daher auf einem übergreifenden Minimalkonsens, der den Autorität Ausübenden und den Adressaten der Autorität verbindet.360 Der Autorität ausübende Akteur muss durch die Ausschöpfung diskursiver und institutioneller Ressourcen andere Akteure dazu bewegen, ihm Autorität zuzusprechen und seinem Urteil zu folgen.361 Bei den Adressaten muss ein Interesse am Befolgen der Entscheidungen des Autorität Ausübenden vorliegen.362 Autorität bewirkt Glaubwürdigkeit und das Recht, für andere zu sprechen. Autorität beinhaltet insofern ein legitimierendes Element.363 Eine Grundlage, auf der die Bereitschaft der Adressaten beruhen kann, einem anderen Akteur Autorität zuzuerkennen und sich seinem Urteil zu unterwerfen, ist die rational-legale Konstitution und Verfahrensweise des Akteurs.364 Rationalität und Legalität sind konstituierend für Webers Idealtypus der bürokratischen Herrschaft.365 Bürokratien sind erstens hierarchisch strukturiert. In der Hierarchie hat jeder Beamte eine klare Kompetenzsphäre in einer arbeitsteiligen Organisation. Jeder Beamte ist zudem gegenüber seinem Übergeordneten verantwortlich. Bürokratien sind zweitens grundsätzlich durch eine rational-legale Arbeitsweise gekennzeichnet. Diese beruht auf Unpersönlichkeit sowie der Durchführung der Arbeit gemäß fest355

Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, Kap. I, § 16. Ibid., Kap. III, § 1. Zum Unterschied zwischen öffentlicher Gewalt und Macht siehe unten 4. Kap., A. I. 2. 357 Zenkert, Die Konstitution der Macht, 2004, S. 208. 358 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, 1. Kap. I, § 16. 359 Siehe dazu Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 162. 360 Zenkert, Die Konstitution der Macht, 2004, S. 208. 361 Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 169. 362 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, Kap. III, § 1. 363 Ibid., Kap. III, § 1; Zenkert, Die Konstitution der Macht, 2004, S. 207. 364 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, Kap. III, § 2. 365 Ibid., Kap. III, § 2 ff. 356

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

gesetzter Regeln. Die Arbeitsvorgänge sollen willkürliche und politisch motivierte Einflüsse eliminieren. Die einzelnen Beamten werden in einer Bürokratie ernannt und nicht von den Adressaten gewählt. Die Beamten eines bürokratischen Verwaltungsstabs sind durch fachliche Qualifikation ausgezeichnet, und sie sind nur sachlichen Erwägungen verpflichtet.366 Die rational-legale, unpersönliche Arbeitsweise von Bürokratien fördert den Glauben an die Richtigkeit der von Bürokratien ausgeübten Autorität.367 Drittens ist eine Bürokratie durch Expertise geprägt. Beamte sollen gemäß ihrer Leistung ausgewählt und nach ihrer spezifischen Ausbildung und fachlichen Kompetenz in dem relevanten Sachbereich eingesetzt werden. Die objektive Expertise fördert die Rationalität der Aktivitäten der Bürokratie. Die fachliche Kompetenz der Beamten trägt zur Glaubwürdigkeit der Richtigkeit der Handlungen der Bürokratie bei.368 Die kennzeichnenden Merkmale von Bürokratien – Hierarchie, rational-legale Arbeitsweise und Expertise – fördern die Autorität des Akteurs und stellen eine Ressource für dessen autonome Aktivität dar. III. Die OECD – eine internationale Bürokratie Internationale Institutionen sind als Bürokratien strukturiert und organisiert.369 Ihre Wahrnehmung als Bürokratien ermöglicht den Blick auf drei Aspekte internationaler Institutionen, auf ihre Autonomie, ihre Autorität und ihren Wandel.370 Die OECD ist ein Paradebeispiel einer internationalen Bürokratie. 1. Hierarchie Die OECD ist hierarchisch strukturiert. An der Spitze steht der Rat der OECD als höchstes politisches Organ. Darunter steht das Sekretariat, das die Aktivitäten der OECD koordiniert. Im Einzelnen werden die Aktivitäten von einer Vielzahl von 366

Ibid., Kap. III, § 4. Ibid., Kap. III, § 2. 368 Ibid., Kap. III, § 2 ff.; Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. II, 2. Aufl., 1925, Kap. VI. Dazu siehe Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 164; Kennedy, A New World Order: Yesterday, Today, Tomorrow, 4 Transnational Law and Contemporary Problems (1994), S. 329 – 376, 366 f. 369 Ebenso Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 163 – 169; Keohane, International Institutions and State Power, 1989, S. 4; Venzke, International Bureaucracies from a Political Science Perspective – Agency, Authority and International Institutional Law, 9(11) GLJ (2008), S. 1401 – 1428. 370 Dazu siehe Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, Kap. 2; Barnett/Finnemore, The Politics, Power, and Pathologies of International Organizations, 53(4) International Organization (1999), S. 699 – 732, 715 ff. 367

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

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Expertengremien geplant und durchgeführt, die den einzelnen Abteilungen des Sekretariats zugeordnet sind.371 Die Hierarchie der OECD wird dadurch untermauert, dass die untergeordneten den jeweils höherrangigen Gremien über ihre Arbeit Rechenschaft ablegen müssen.372 Das jeweils übergeordnete Gremium kann auf die Arbeit des untergeordneten Gremiums einwirken.373 Die Rechenschaftspflichtigkeit des Niederrangigen gegenüber dem Höherrangigen ist charakteristisch für Bürokratien.374 a) Rat Das höchste Entscheidungsorgan der OECD ist der Rat. Dieser ist der Ort, an dem die Staaten in der OECD repräsentiert sind. Einmal jährlich kommen die Minister der 30 Mitgliedstaaten im Rat zusammen.375 Ein politisch höheres Organ als das Treffen der Minister gibt es in der OECD nicht. Bei den Treffen der Minister werden Schlüsselprobleme diskutiert und Prioritäten für die Arbeit der OECD gesetzt. Der Rat nimmt die Aktivitäten der OECD in Form von Entscheidungen und Empfehlungen sowie durch Handlungsformen, die durch die Praxis generiert wurden, an.376 Zwischen den jährlichen ministeriellen Ratstreffen tagen im Rat die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten einschließlich des Ständigen Vertreters der EU(EG).377

371

Der Begriff „Expertengremium“ wird als Oberbegriff für Ausschüsse und Arbeitsgruppen verwendet. 372 Die Rechenschaftsberichte gehen vor Vorlage an den Rat zunächst beim Exekutivausschuss der OECD ein. Dieser legt den Bericht nach Prüfung und gegebenenfalls Rückverweisung an das ausstellende Gremium dem Rat vor. OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115(Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 23 i.V.m. Regel 25. Zwischen den Sitzungen des Rats nimmt der Exekutivausschuss die Stellung des Rats ein und überwacht die Aktivitäten der untergeordneten Gremien und wirkt, wenn nötig, auf deren Aktivitäten ein. Ibid., Regel 25 c. 373 Ibid., Regel 23. 374 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. II, 2. Aufl., 1925, S. 650. 375 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 7 Satz 2; OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115(Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 11. 376 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 5, 7. Zu den durch die Praxis generierten Handlungsformen siehe oben in diesem Kap., A. I. 377 Ibid., Art. 7 Satz 2; OECD, Supplementary Protocol No. 1 to the Convention on the OECD, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 192; OECD, European Community, abrufbar unter: http://www.oecd.org/about/0,3347,en_33873108_33873325_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009).

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

b) Sekretariat Die Aktivitäten der OECD werden durch das Sekretariat geplant und koordiniert. Das Sekretariat gliedert sich in das Generalsekretariat, die einzelnen Abteilungen und die Sondereinrichtungen.378 Die ca. 2.500 Mitarbeiter des Sekretariats in Paris werden aus den Mitgliedstaaten rekrutiert. Während ihrer Arbeit in der OECD arbeiten sie als internationale Beamte und sind ihrem Heimatstaat gegenüber während dieser Zeit nicht verantwortlich.379 Für die nationale Besetzung der Stellen existiert, so die OECD, kein Quotensystem.380 Das Generalsekretariat steht an der Spitze der OECD und leitet die Aufgaben des Sekretariats. Das Generalsekretariat wird von dem Generalsekretär geführt, der von vier stellvertretenden Generalsekretären unterstützt wird.381 Der Generalsekretär hat den Vorsitz im Rat und stellt dadurch die Verbindung zwischen den nationalen Vertretern und dem Sekretariat dar.382 In den Abteilungen wird die substantielle Arbeit der OECD organisiert. Für jeden Handlungsbereich, in dem die OECD aktiv ist, ist eine Abteilung eingerichtet.383 Die konkrete thematische Arbeit wird im Einzelnen von Ausschüssen durchgeführt.384 Jede Abteilung des Sekretariats wird von mehreren Ausschüssen unterstützt. Die Ausschüsse setzen meist ein oder mehrere Arbeitsgruppen ein, die in der Mehrzahl 378 Eine graphische Übersicht über die interne Organisation findet sich im OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 110 f. 379 Siehe zum Mandat der internationalen Beamten oben in diesem Kap., A. II. 1. b). 380 OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/ 19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 10; OECD, The OECD – Organisation for Economic Cooperation and Development, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/15/33/ 34011915.pdf (30. April 2009), S. 12. 381 Seit Juni 2006 ist Angel Gurr†a (Mexiko) Generalsekretär der OECD. Die vier stellvertretenden Generalsekretäre sind Aart de Geus (Niederlande), Thelma Askey (USA), Pier Carlo Padoan (Italien) und Mario Amano (Japan). 382 Neben dem Büro des Generalsekretärs sind im Generalsekretariat die Advisory Unit on Multidisciplinary Issues, das Centre for Co-operation with Non-Members, das Council and Executive Committee Secretariat, das Directorate for Legal Affairs und das Office of the Auditor-General eingerichtet. OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/39/19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 110 f. 383 Im Jahr 2008 waren neben der Exekutivabteilung dreizehn weitere Abteilungen eingerichtet: das Development Co-operation Directorate, das Economics Department, das Directorate for Education, das Directorate for Employment, Labour and Social Affairs, das Centre for Entrepreneurship, Small Multinational Enterprises and Local Development, das Environment Directorate, das Directorate for Financial and Enterprise Affairs, das Public Affairs and Communications Directorate, das Public Governance and Territorial Development Directorate, das Directorate for Science and Technology and Industry, das Statistics Directorate, das Centre for Tax Policy and Administration und das Directorate for Trade and Agriculture. Ibid., S. 110 f. 384 Dazu siehe unten in diesem Kap., A. III. 1. c).

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

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der Fälle wiederum durch spezialisierte Arbeitsgruppen unterstützt werden.385 Die Ausschüsse geben die thematischen Schwerpunkte der einzelnen Abteilungen des Sekretariats vor, arbeiten die Aktivitäten im Einzelnen aus und führen diese durch.386 Die Kooperation zwischen den Abteilungen des Sekretariats wird derzeit ausgebaut.387 Die Sondereinrichtungen – special bodies – sind spezielle Einrichtungen, die institutionell bei der OECD angegliedert sind und zur „OECD Familie“ gehören.388 Sie haben ihr Sekretariat im OECD-Hauptgebäude in Paris. Das Development Centre, die International Energy Agency, der Sahel and West Africa Club und das International Transport Forum wurden von der OECD gegründet. Im jeweiligen Themenbereich arbeiten die Sondereinrichtungen eng mit der OECD zusammen. Die Mitgliedstaaten der OECD und diejenigen der Sondereinrichtungen weichen im Einzelnen voneinander ab.389 .

c) Expertengremien An dritter Stelle in der Hierarchie der OECD stehen die Expertengremien – die Ausschüsse und Arbeitsgruppen. Die rund 200 Ausschüsse und Arbeitsgruppen konzipieren die materielle Arbeit der OECD und führen diese durch. Rund 40.000 Experten aus den Mitgliedstaaten arbeiten in den Gremien der OECD.390 385 Alle derzeit tätigen Ausschüsse und Arbeitsgruppen und ihre jeweiligen Mandate sind auf der Homepage der OECD veröffentlicht: OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009). 386 Zu den Ausschüssen und den Arbeitsgruppen im Einzelnen siehe sogleich in diesem Kap., A. III. 1. c). 387 Als Zukunftsvision der OECD wird eine interdisziplinär arbeitende Institution gezeichnet. OECD, The OECD – Organisation for Economic Co-operation and Development, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/15/33/34011915.pdf (30. April 2009), S. 14. 388 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 1701. Sondereinrichtungen waren im Jahr 2008 das Africa Partnership Forum, das Development Centre, die International Energy Agency, die Financial Action Task Force, die Heiligendamm Dialogue Process Support Unit, die Nuclear Energy Agency, die Partnership for Democratic Governance Advisory Unit, der Sahel and West Africa Club und das International Transport Forum. OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 110 f. Mit Ausnahme des Heiligendamm Dialogue Process sind alle Sondereinrichtungen längerfristig der OECD angeliedert. 389 Die Homepages der Sondereinrichtungen sind abrufbar unter OECD, Organisation Chart, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/60/0,3343,en_36734052_36734103 _37241660_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 390 OECD, Who does what?, abrufbar unter: http://www.oecd.org/pages/0,3417,en _36734052_36761791_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Dazu siehe Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http:// www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 7.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Die Ausschüsse werden vom OECD-Rat durch Resolutionen eingesetzt und mit einem Mandat versehen.391 Die Ausschüsse setzen zur konkreten Durchführung Arbeitsgruppen ein. Die Arbeitsgruppen werden durch den Exekutivausschuss und durch den Ausschuss, dessen Arbeit sie unterstützen sollen, durch eine Resolution eingesetzt und mit einem Arbeitsmandat versehen.392 Die Ernennung durch das jeweils übergeordnete Gremium ist, im Gegensatz zur Wahl durch die Adressaten der Aktivitäten, eine konstituierende Eigenschaft von Bürokratien.393 . 2. Verfahrensregeln Die OECD führt ihre Aktivitäten gemäß intern festgesetzter Verfahrensregeln durch. Die Verfahrensregeln werden für die einzelnen Aktivitäten von dem zuständigen Gremium aufgestellt. OECD-weit geltende oder allgemeine völkerrechtliche Verfahrensregeln gibt es nicht. . a) Geltende Verfahrensregeln Es gibt keinen geltenden, völkerrechtlichen Grundstock an Verfahrensregeln für die Entscheidungsfindung und Beschlussfassung in internationalen Institutionen.394 Darüber hinaus regeln die Gründungsverträge das Verfahren der internationalen Institutionen nur generell, während die Durchführung der Aktivitäten im Einzelnen spezifische Regeln erfordert. Gleichwohl operieren die internationalen Institutionen nicht im rechtsfreien Raum. Die Verfahrensregeln des Gründungsvertrags werden von den internationalen Institutionen durch interne Regelungen – Geschäftsordnungen, Finanz- und Arbeitsvorschriften, etc. – konkretisiert.395 Die Geschäftsordnungen regeln die interne

391 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regeln 21, 18 a) iii). Über die Einrichtung und Mandatsdefinition hinaus gibt der Rat durch Resolutionen weitere Anweisungen an die Ausschüsse. Zwischen den Treffen des Rats gibt der Exekutivausschuss Anweisungen an die Ausschüsse. Ibid., Regeln 22a) und 25 c). 392 Ibid., Regel 21 b). 393 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. II, 2. Aufl., 1925, S. 653. 394 von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1932 f. sieht die Möglichkeit, Verfahrensrechte von Staaten aus dem Prinzip der Kooperation im Hinblick auf Verbundverwaltung abzuleiten. Siehe zum Ganzen von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964. 395 von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, S. 1939 f.; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 1196. Zu den Verfahrensregeln der OECD siehe sogleich in diesem Kap., A. III. 2. b).

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Struktur der Institution.396 Regeln für das Verfahren in den Expertengremien im Hinblick auf die Ausarbeitung und Annahme der Aktivitäten der Institution enthalten die Geschäftsordnungen hingegen nicht. Die Expertengremien erhalten Verfahrensregeln durch das Dokument, durch das sie eingesetzt wurden. Zusätzlich geben sich die Expertengremien in vielen Fällen selbst Verfahrensregeln zur Durchführung einer spezifischen Aktivität.397 Diese von den Expertengremien festgesetzten Verfahrensregeln geben die Durchführung einer bestimmten Aktivität vor. Sie strukturieren die Verfahrensabläufe und regeln, wer an den Verfahren in welcher Position, mit welchen Befugnissen und zu welchem Zeitpunkt teilnimmt.398 Die Komplexität der Verfahrensregeln variiert zwischen den unterschiedlichen internationalen Institutionen. Allgemeine öffentlich-rechtliche Prinzipien – Recht auf ein faires Verfahren, Recht auf Anhörung, Recht auf Information sowie Begründungspflichten – werden von den einzelnen Gremien in vielen Fällen, aber jeweils unabhängig voneinander festgesetzt und in den Verfahren der internationalen Institutionen gefordert.399 Ex post Kontrollmechanismen werden zum Teil eingeführt. Entweder entwirft ein Gremium für eine spezifische Aktivität einen Kontrollme396

Die Geschäftsordnung der OECD beispielsweise regelt in neun Abschnitten die Zusammensetzung, Häufigkeit und Ort der Treffen des OECD-Rats und der Expertengremien der OECD, die Zirkulation der Agenda, die Amtszeiten der OECD-Beamten, die verschiedenen Arten von Instrumenten der OECD, die Einsetzung der Expertengremien sowie die Art und Weise ihrer Aufgabenbestimmung, die Sprachenregelung in der OECD, die Protokolle von Sitzungen der Gremien, sowie die Anwendbarkeit der Geschäftsordnung. Der Annex zählt die derzeit eingerichteten Ausschüsse auf. Ein Appendix gibt die Texte von Ratsresolutionen über Veröffentlichungspflichten wieder. OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115(Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962. 397 Die OECD Working Group on Bribery hat sich die Verfahrensregeln im Hinblick auf die Durchführung des Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung selbst gegeben. Zu diesen Verfahrensregeln siehe unten in diesem Kap., E. III. 2. 398 von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1956. 399 Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 689 ff.; Schmidt-Aßmann, Die Herausforderung der Verwaltungsrechtswissenschaft durch die Internationalisierung der Verwaltungsbeziehungen, 45 Der Staat (2006), S. 315 – 338, 326. Beispiele sind zu finden bei Cassese, Regulation, Adjudication and Dispute Resolution beyond the State – Cases, Seminar on Global Administrative Law at the Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, Herbst 2008, Kopie liegt Autorin vor. Dazu siehe auch Cassese, Regulation, Adjudication and Dispute Resolution beyond the State, Accompanying Paper to the Seminar on Global Administrative Law at the Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, Herbst 2008, abrufbar unter: http://www.mpil.de/shared/data/pdf/regulation_adjudication_and_dispute_resolution.pdf (15. Januar 2009), S. 20 ff. Ebenfalls mit Fallbeispielen von Bernstorff, Procedures of Decisionmaking and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1957 ff.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

chanismus400 oder in der Institution wurde ein Mechanismus zur Kontrolle aller ihrer Aktivitäten eingerichtet.401 b) Verfahrensregeln der OECD Die Gremien der OECD führen ihre Aktivitäten gemäß detaillierter Verfahrensregeln durch.402 Gleichzeitig ist die OECD ein Beispiel der Diversität hinsichtlich der Verfahrensregeln innerhalb einer internationalen Institution. In der OECD hat sich keine organisationsweit geltende Menge an Prinzipien und Verfahrensregeln herausgebildet, gemäß derer die Verfahren der OECD durchgeführt werden. Die einzelnen Gremien gestalten die Verfahrensregeln jeweils neu je nach Projekt und Sachbereich.403 3. Unabhängige Expertise Die materielle Arbeit der OECD wird von Experten – den im OECD-Sekretariat tätigen internationalen Beamten und den externen Experten – durchgeführt. Treffen von Politikern finden lediglich einmal jährlich statt, wenn der Rat in der Zusammensetzung der Minister tagt, um die Leitlinien der Aktivität der OECD vorzugeben und um von den Expertengremien ausgearbeitete Dokumente anzunehmen. Weder die internationalen Beamten noch die externen Experten sind an ein nationales Mandat gebunden, sondern unabhängig und der bestmöglichen und effizientesten Problembearbeitung verpflichtet.

400

Z.B. agiert das OECD Investment Committee als ein Kontrollgremium über die Durchführung von „specific instances“ durch die nationalen Kontaktstellen im Rahmen des an multinationale Unternehmen gerichteten Verfahrens der OECD. Zu diesem Kontrollmechanismus siehe Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1772 f. 401 Z.B. das World Bank Inspection Panel. Zu ex post Kontrollmechanismen siehe von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1959 f. Weitere Beispiele finden sich bei Cassese, Regulation, Adjudication and Dispute Resolution beyond the State – Cases, Seminar on Global Administrative Law at the Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, Herbst 2008, Kopie liegt Autorin vor. 402 Siehe z. B. zu den Verfahrensregeln des an multinationale Unternehmen gerichteten OECD-Verfahrens Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1766 ff. Zu den Verfahrensregeln des OECD-Berichtsverfahrens siehe unten in diesem Kap., E. III. 2. 403 Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 39.

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

103

a) Internationale Beamte Im OECD-Sekretariat in Paris sind ca. 2.500 festangestellte internationale Beamte tätig. Art. 11 Abs. 2 des OECD-Gründungsvertrags bestimmt die Unabhängigkeit dieser OECD-Beamten: „Having regard to the international character of the Organisation, the Secretary-General, the Deputy or Assistant Secretaries-General and the staff shall neither seek nor receive instructions from any of the Members or from any Government or authority external to the Organisation.“404 Über die normative Bestimmung der Unabhängigkeit hinaus finden sich Belege, dass die Loyalität durch die Funktion bestimmt wird, die der Einzelne einnimmt, und dass mit der Übernahme einer internationalen Funktion eine Verschiebung der Loyalität eintritt.405 Neben der rechtlichen Verpflichtung zur Unabhängigkeit ist aufgrund dieser Studien davon auszugehen, dass sich die internationalen Beamten in der Regel weniger der Politik ihrer nationalen Regierungen verpflichtet fühlen, als der internationalen Institution, für die sie arbeiten und der spezifischen Funktion und Aufgabe, die ihnen zugewiesen wurde.406 b) Externe Experten In den rund 200 Ausschüssen, Arbeits- und Expertengruppen der OECD kommen ca. 40.000 Sachverständige und Experten zusammen.407 Die Experten sind ranghohe Regierungsbeamte der Mitgliedstaaten oder Sachverständige aus der Wissenschaft, der Industrie oder der Zivilgesellschaft. Die internationalen Institutionen ziehen Experten heran, um die Objektivität und Effektivität ihrer Aktivitäten zu sichern. Die Objektivität soll durch die Experten gesteigert werden, indem diese durch Expertise geleitete Entscheidungen treffen. Die Effektivität soll durch die kleinen und durch Expertise verbundenen homogenen 404 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 11 Abs. 2. Siehe zu ähnlichen Bestimmungen in anderen Institutionen sowie deren praktischer Umsetzung oben in diesem Kap., A. II. 1. b) (Fn. 346). Siehe auch OECD, Staff Regulations, Rules and Instructions Applicable to Officials of the Organisation, Januar 2009, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/22/37/ 41447312.pdf (30. April 2009), Titel II „Independence and International Character“; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 524. 405 Haas, Beyond the Nation-State, 1964, S. 22. M.w.N. Venzke, International Bureaucracies from a Political Science Perspective – Agency, Authority and International Institutional Law, 9(11) GLJ (2008), S. 1401 – 1428, 1412 f. 406 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 524 sprechen vom „principle of independence“ der internationalen Beamten gegenüber ihren Herkunftsregierungen. Sie sehen dieses Prinzip der Unabhängigkeit neben den Prinzipien der Unparteilichkeit und der Loyalität gegenüber der internationalen Institution als grundlegend für die Funktionsfähigkeit der internationalen Institution an. 407 OECD, Annual Report 2008, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/39/ 19/40556222.pdf (30. April 2009), S. 100.

104

1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Expertengruppen erhöht werden, da diese meist schneller zu einem Ergebnis kommen als die Plenarversammlungen.408 Die Aufgabe von Experten in den internationalen Gremien ist es daher, den bestmöglichen und effektivsten Lösungsweg für die Bearbeitung von internationalen Problemen im spezifischen Handlungsgebiet zu finden und auszuarbeiten.409 Spannungen können dabei auftreten, da es im Interesse der Heimatregierungen der Experten liegt, dass diese die Positionen ihres Heimatstaates in die internationalen Gremien einbringen. Die Unabhängigkeit von den Heimatregierungen der Experten lässt sich normativ in Art. 11 Abs. 2 des OECD-Gründungsvertrags festmachen.410 Art. 11 Abs. 2 OECD-Gründungsvertrag ist dem Wortlaut nach zwar auf „staff“ der OECD anwendbar. Seinem Sinn und Zweck nach ist er aber erst recht auf die externen Experten anzuwenden, die ja gerade wegen ihrer Expertise im jeweiligen Sachbereich herangezogen werden. Die Unabhängigkeit der externen Experten von der Politik ihres Heimatstaates ist daher wie diejenige der fest angestellten internationalen Beamten im Gründungsvertrag der OECD verankert. IV. Ressourcen der Autonomie der OECD Im Hinblick auf die OECD treffen die in diesem Abschnitt (A.) herausgearbeiteten Charakteristika internationaler Institutionen in dem wie folgt dargestellten Umfang zu. Ein Schwerpunkt der Arbeit der OECD liegt in der Gestaltung und Prägung von Handlungsgebieten durch die Ausarbeitung und Verbreitung von detaillierten Studien und Analysen. Die überwiegende Zahl ihrer rechtlichen Aktivitäten verfasst die OECD in Form von soft law.411 Einen wesentlichen Einfluss auf die Ausarbeitung und Durchführung der Aktivitäten der OECD haben die Expertengremien. Die Mitgliedstaaten kontrollieren deren Arbeit durch den Rat. Eine Grundlage, auf die die OECD ihre Aktivitäten stützt, sind die Ziele in Art. 1 OECD-Gründungsvertrag. Diese Ziele der OECD sind vage formuliert und werden 408 Zu diesem Punkt siehe auch oben in diesem Kap., A. II. 1. b). Zum Ganzen siehe von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1954 f. 409 Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 8. Siehe dazu die Mandate der OECD-Gremien auf der OECD Homepage: OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecd groups/ (30. April 2009). 410 Siehe zum Wortlauf von Art. 11 Abs. 2 OECD-Gründungsvertrag oben in diesem Kap., A. III. 3. a). 411 Dazu siehe oben in diesem Kap., A. I.

A. Der institutionelle Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

105

daher vom Sekretariat und den Expertengremien der OECD in vielen Fällen extensiv ausgelegt. Es ist durch Argumentation möglich, grundsätzlich hinsichtlich aller Themenfelder einen wirtschaftlichen Bezug herzustellen, der mehr oder weniger direkt besteht. Die Aktivitäten der OECD sind daher teilweise weit von ihrem wirtschaftlichen Mandat entfernt. Darüber hinaus entwickeln die auf die Agenda der OECD gesetzten Aktivitäten in den Expertengremien eine Eigendynamik. Die Ziele der OECD werden von Experten, die primär der bestmöglichen und effizientesten Aufgabendurchführung verpflichtet sind, weit ausgelegt.412 Eine Ressource für die Akzeptanz ihrer autonomen Aktivitäten durch die Adressaten stellt für die OECD ihre Konstitution als Bürokratie dar. Die OECD ist hierarchisch organisiert, ihre Aktivitäten werden von den zuständigen Gremien anhand detaillierter Verfahrensvorgaben ausgeführt und liegen darüber hinaus im Wesentlichen in den Händen unabhängiger Experten.413 Diese Elemente veranlassen die Adressaten dazu, der OECD Autorität zuzusprechen.414 Autorität und Akzeptanz ihrer autonomen Aktivitäten wird der OECD zudem aufgrund ihrer liberalen Ausrichtung zuerkannt.415 Internationale Institutionen werden meist mit dem Ziel gegründet, weithin akzeptierte Prinzipien zu vertreten, zu fördern und zu schützen. Beispielsweise verweist der UN Generalsekretär vielfach auf das Statut der VN, das diese als Einrichtung für den internationalen Frieden und die Menschenrechte darstellt, um so den Respekt der Regierungen zu erhalten und um die Akzeptanz der Aktivitäten der VN zu vergrößern. Darüber hinaus betonen internationale Institutionen ihre Neutralität, Unparteilichkeit und Objektivität. Sie demonstrieren stets, dass sie nicht von einflussreichen, im Eigeninteresse handelnden Staaten gelenkt werden, sondern dass sie im Interesse der Staatengemeinschaft handeln.416 Diese Elemente führen dazu, dass die Adressaten den internationalen Institutionen Autorität zuerkennen. V. Die Autonomie internationaler Institutionen als Prinzip Sowohl ihre Aktivitäten als auch die Struktur der internationalen Institutionen sind durch Autonomie geprägt.417 Man kann die Autonomie daher als ein grundlegendes Prinzip418 im Recht der internationalen Institutionen verstehen.419 412 413

A. III. 414

Dazu siehe oben in diesem Kap., A. III. 3. b). Ausführlich zu Aufbau und Verfahrensweise der OECD siehe oben in diesem Kap.,

Dazu siehe oben in diesem Kap., A. II. 2. b). Zur Zuerkennung von Autorität aufgrund von liberaler Ausrichtung siehe Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 172 f. Zu den Zielen der OECD siehe oben in diesem Kap., A. I. 416 Ibid., S. 172 f. 417 Ausführlich siehe oben in diesem Kap., A. II. 1. 415

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Erstens zeigt sich die Autonomie internationaler Institutionen in ihren Aktivitäten. Internationale Institutionen sind nicht nur ausführende Akteure. Sie haben einen staatenunabhängigen Handlungsspielraum, der es ihnen ermöglicht, einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Entwicklung und Durchführung ihrer Aktivitäten zu nehmen. Sie gestalten und prägen die Global Governance als unabhängige Akteure durch verbindliches Völkerrecht, soft law sowie durch nicht-normative Mittel.420 Zweitens betrifft die Autonomie der internationalen Institutionen die rechtliche Autonomie der Rechtsakte der Institutionen gegenüber nationalem Recht. Aufgrund ihrer Rechtsgrundlage in einer internationalen Rechtsquelle ist die Gültigkeit dieser Akte unabhängig von nationalen Quellen.421 Drittens ist die interne Struktur internationaler Institutionen durch Autonomie geprägt.422 Die Experten tragen dazu bei, dass die Handlungsfelder und Aktivitäten, die die internationalen Institutionen auf die Agenda gesetzt haben, eine eigene Dynamik entfalten und von den Experten autonom entwickelt und durchgeführt werden.423 Darüber hinaus zeigt sich die strukturelle Autonomie internationaler Institutionen darin, dass sie bisweilen Dokumente, die Außenwirkung erzielen sollen, per Mehrheitsentscheid annehmen.424 Schließlich ist bei den internationalen Organisationen die Fähigkeit, einen eigenen Willen zu bilden, Definitionsmerkmal. Diese Organisationen haben daher per definitionem Autonomie gegenüber ihren Mitgliedstaaten.

B. Akteure im OECD-Berichtsverfahren Hauptakteur des OECD-Berichtsverfahrens im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung ist die OECD Working Group on Bribery. Eine zentrale Rolle während des OECD-Berichtsverfahrens spielen die Prüfungsgruppen, die die Datenermittlung vor Ort durchführen und einen ersten Berichtsentwurf verfassen. Die 418

von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1910 ff. unterscheidet drei unterschiedliche Verwendungen des Terminus „Prinzip“ und differenziert zwischen drei korrespondierenden unterschiedlichen Konzepten von Prinzipien: Ordnungsprinzipien, Leitprinzipien und Rechtsprinzipien. 419 Zum Prinzip der Autonomie im Recht internationaler Instutionen siehe auch ibid., S. 1929 ff. 420 Ausführlich siehe oben in diesem Kap., A. II. 1. a). 421 Dazu von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1929 f. 422 Ibid., 1930. 423 Siehe dazu oben in diesem Kap., A. II. 1. b) und A. III. 3. 424 In der OECD werden Dokumente mit Außenwirkung grundsätzlich im Konsensverfahren angenommen. Art. 6 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179.

B. Akteure im OECD-Berichtsverfahren

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Entwicklung und Durchführung des Berichtsverfahrens liegt daher in der Hauptsache in den Händen von Experten. Die Staaten haben im Berichtsverfahren Kooperationsrechte und -pflichten. Als Adressaten haben die Staaten Beteiligungsrechte. Dem OECD-Rat kommen Kontrollrechte zu. I. OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions Verantwortlicher Akteur zur Entwicklung, Ausarbeitung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens ist die OECD Working Group on Bribery.425 Die Working Group on Bribery ist eine von fünf Arbeitsgruppen des Investment Committee.426 Das Investment Committee ist einer der fünf leitenden Ausschüsse des Directorate for Financial and Enterprise Affairs. Es wurde am 1. März 1994 aus einem Zusammenschluss des Committee on Capital Movements and Invisible Transactions und des Committee on International Investment and Multinational Enterprises (CIME) eingerichtet.427 Das Investment Committee ist für alle Mitgliedstaaten der OECD offen.428 In ihm kommen Experten des Finanz-, Wirtschafts-, Handels- und Industriewesens sowie Sachverständige aus den Außenministerien und den Zentralbanken zusammen.429 Offizielle Treffen des Investment Committee finden viermal jährlich statt.430 Im OECD-Sekretariat ist das Investment Committee dem Directorate for Financial and Enterprise Affairs (DAF) zugeordnet.431

425 Ausführlich zu den Aufgaben der Working Group on Bribery im OECD-Berichtsverfahren siehe unten in diesem Kap., E. 426 Neben der Working Group on Bribery unterstützen die Working Party of the Investment Committee, die Advisory Group on Co-operation with Non-Members, die Working Group on International Investment Statistics und das Annual Meeting of the National Contact Points for the OECD Guidelines for Multinational Enterprises das Investment Committee. OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009). Zu den Aufgaben und Tätigkeiten des Investment Committee siehe OECD, Supporting Investment for Growth and Sustainable Development Worldwide, http:// www.oecd.org/dataoecd/63/10/35250560.pdf (30. April 2009). 427 OECD Council, Resolution of the Council on the Terms of Reference of the Investment Committee, [C(2004)3 and CORR1], 22. April 2004, Art. 1 und 2. 428 OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http:// www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), DAF, Investment Committee. 429 OECD, Supporting Investment for Growth and Sustainable Development Worldwide, http://www.oecd.org/dataoecd/63/10/35250560.pdf (30. April 2009), S. int3 (5 von 15). 430 Heydenreich, Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen – Ein wirksames Instrument zur Unternehmensregulierung?, Mai 2005, abrufbar unter: http://www.germa nwatch.org/tw/kw05ls.pdf (30. April 2009). 431 Weitere Ausschüsse des Directorate for Financial Affairs sind das Insurance and Private Pensions Committee, das Committee on Financial Markets, das Competition Committee und die Steering Group on Corporate Governance. OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), DAF.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Die Working Group on Bribery wurde 1994 von dem Investment Committee eingerichtet.432 Das Investment Committee wurde vom OECD-Rat in der Recommendation on Bribery in International Business Transactions ermächtigt, eine Arbeitsgruppe zu seiner Unterstützung im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung einzurichten.433 Das Mandat der Working Group on Bribery betrifft im Kern die Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung und ist im Wesentlichen bestimmt durch die Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions.434 Die Working Group on Bribery ist offen für alle 30 Mitgliedstaaten der OECD. Jeder Staat entsendet einen Experten. Der Vorsitzende der Working Group on Bribery ist seit 1990 der Schweizer Strafrechtsprofessor Dr. Mark Pieth. Stellvertretende Vorsitzende ist Frau Dr. Maria Gavouneli aus Griechenland.435 Neben den Mitgliedstaaten der OECD haben acht Nicht-OECD-Mitgliedstaaten Experten in die OECD Working Group on Bribery entsandt.436 Diese haben die OECD Anti-Bestechungskonvention ratifiziert, ohne Mitgliedstaaten der OECD zu sein. Ihre Rechte in der OECD Working Group on Bribery bestimmen sich durch ihre Einladungsvereinbarung. Aufgrund dieser können einem Teilnehmer, der nicht Mitgliedstaat der OECD ist, die vollen Partizipationsrechte an der Arbeit der OECD in dem betreffenden Handlungsgebiet zugestanden werden.437 Die acht Nichtmit432 OECD, Working Group on Bribery in International Business Transactions, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/5/0,3343,en_2649_34859_35430021_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). Details finden sich unter OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), DAF, Investment Committee, Working Group on Bribery in International Business Transactions. 433 Die Recommendation on Bribery in International Business Transactions wurde durch die Revised Recommendation überarbeitet. Sie ist in den relevanten Teilen auf der Homepage der OECD einzusehen. OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http:// www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), DAF, Investment Committee, Working Group on Bribery in International Business Transactions. 434 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII, XII, XIII. Das Mandat der Working Group wird außerdem bestimmt durch OECD, Investment Committee, Minutes of the meeting held 5 October 1994 of the IME Committee, [IME/M(94)2/ ANN], 5. Oktober 1994 und durch die OECD Council, Decision of the Council concerning further Work on Combating Bribery in International Business Transactions, [C(97)240/ FINAL], 11. Dezember 1997. 435 OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http:// www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), DAF, Investment Committee, Working Group on Bribery in Business Transactions. 436 Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Estland, Israel, Slowenien und Südafrika. 437 OECD Council, Resolution of the Council Concerning the Participation of Non-Members in the Work of Subsidiary Bodies of the Organisation, C(2004)132/FINAL, 5. August 2004, Annex II, 5b, 6. Zu den Rechten von „Non-Member Participants“ im Einzelnen siehe unten in diesem Kap., C. I. 1.

B. Akteure im OECD-Berichtsverfahren

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gliedstaaten haben in der Working Group on Bribery in Bezug auf die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens die gleichen Rechte wie die OECD-Mitgliedstaaten.438 Schließlich haben sechs internationale Institutionen, die im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung tätig sind, Beobachter in die Working Group on Bribery entsandt.439 Die Working Group on Bribery trifft sich fünf Mal pro Jahr offiziell im Sekretariat der OECD in Paris. Zur Unterstützung der Working Group on Bribery wurden zwei Arbeitsgruppen eingerichtet. Diese sind erstens die Ad hoc Group 1 on Review of the Anti-Bribery Instruments – Criminalisation und zweitens die Ad hoc Group 2 on Review of the Anti-Bribery Instruments – Prevention.440 II. Prüfungsgruppen Die Prüfungsgruppen führen die Staatenbesuche durch und verfassen einen ersten Berichtsentwurf, den sie der Working Group on Bribery überreichen.441 Die Prüfungsgruppen spielen in der Zusammenstellung und Verarbeitung der Informationen eine grundlegende Rolle. Die Prüfungsgruppen setzen sich aus ein bis zwei Mitgliedern des Directorate for Financial and Enterprise Affairs des OECD-Sekretariats zusammen sowie aus insgesamt bis zu drei Experten aus den am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten.442 Die (in der Praxis meist zwei) Staaten, die die Experten für die jeweilige Prüfungsgruppe stellen, werden in Absprache mit dem Staat ausgewählt, dessen nationale Rechtslage und Politikgestaltung im Bereich der Korruptionsbekämpfung untersucht und bewertet werden soll. Die Zusammensetzung der Prüfungsgruppen soll dergestalt sein, dass die erforderliche Expertise gewährleistet ist.443 Die Zusam438

Ausführlich dazu siehe unten in diesem Kap., C. II. 2. c). Dies sind der Europarat, der IMF, die OAS, das UNODC, die Weltbank und die WTO. OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/ oecdgroups/ (30. April 2009), DAF, Investment Committee, Working Group on Bribery in Business Transactions. 440 Ibid., DAF, Investment Committee, Working Group on International Business Transactions, Ad hoc Group 1 on Review of the Anti-Bribery Instruments – Criminalisation; Ad hoc Group 2 on Review of the Anti-Bribery Instruments – Prevention. Das Mandat der Ad hoc Gruppen bestimmt sich aus OECD, [DAF/INV/BR/WD(2007)5 und DAF/INV/BR/M(2007)2], 14. März 2007 und der OECD, Confirmation by the Executive Committee registered in the Summary Records of its 778th session, [CE/M(2007)6, Item 50 and CE(2007)3 bzw. Item 51 and CE(2007)4], 14. März 2007. 441 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 7. 442 Ibid., Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 6.1. 443 Zu den Voraussetzungen der Zusammensetzung der Prüfungsgruppen im Einzelnen siehe OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, III, D; OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation 439

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

mensetzung der spezifischen Prüfungsgruppe ist in dem abschließenden Bericht meist vermerkt.444 Die Prüfungsgruppen führen die Staatenbesuche gemäß den von der Working Group on Bribery ausgearbeiteten und angenommenen detaillierten Verfahrensregeln durch.445 III. Staaten und OECD-Rat Die Staaten haben im OECD-Berichtsverfahren Kooperationsrechte und -pflichten. Während der Staatenbesuche sollen die Staaten der Prüfungsgruppe Einblicke in die wesentlichen nationalen Strukturen und Dokumente gewähren. Die in den Berichten enthaltenen Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery sollen die Staaten beachten und ihre nationale Rechtslage und Politikgestaltung entsprechend verbessern. Die OECD Working Group on Bribery hat zwar Mittel, Druck auf die Staaten zur Befolgung der Empfehlungen auszuüben, gleichzeitig ist sie auf die Kooperation der Staaten angewiesen.446 Als Adressaten haben die Staaten Partizipationsrechte. Dazu werden ihnen die vorläufigen Berichte vorgelegt, und sie können verlangen, dass ihre Anmerkungen in den endgültigen Bericht aufgenommen werden.447 Der OECD-Rat wird durch die Berichtspflichten der Expertengremien über das Berichtsverfahren informiert.448 Er kann auf die Arbeit der Working Group on Bribery einwirken.449

C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren: das Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? Dieser Abschnitt untersucht die Kooperation im OECD-Berichtsverfahren. Dazu wird zunächst Kooperation als grundlegendes Prinzip im Recht internationaler Inof the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/ FINAL, 1. März 2001, Nr. 24 und Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 6.1. 444 Siehe z. B. OECD, Finland: Phase 2 Report, Mai 2002. 445 Alle relevanten Verfahrensvorgaben sind zusammengefasst und öffentlich zugänglich gemacht worden in OECD, Anti-Bribery Convention, Phase 2 Monitoring Information Resources, http://www.oecd.org/dataoecd/6/21/37916829.pdf (30. April 2009). Zu den Verfahrensvorgaben des OECD-Berichtsverfahrens im Einzelnen siehe unten in diesem Kap., E. III. 2. 446 Siehe zum Prinzip des National Ownership unten 6. Kap., B. I. 6. 447 Zum Beteiligungsrecht des bewerteten Staates siehe unten in diesem Kap., E. V. 2. c). 448 Die Berichtspflichten der Working Group on Bribery an den OECD-Rat sind festgesetzt in OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 20. Zu den Berichtspflichten im Einzelnen siehe unten in diesem Kap., E. VI. 1. 449 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 23, 22b.

C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren

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stitutionen vorgestellt. Am Beispiel der OECD werden die umfassenden Kooperationsbeziehungen demonstriert. Abschließend wird die Kooperation im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens zur Korruptionsbekämpfung herausgearbeitet. Die Idee der Verbundverwaltung konzeptualisiert das Kooperationsprinzip aus öffentlich-rechtlicher Perspektive. Verbundverwaltung liegt dann vor, wenn die Kooperation zwischen zwei institutionell getrennten Trägern öffentlicher Gewalt stattfindet, deren Kooperation darauf gerichtet ist, gemeinsam öffentliche Gewalt auszuüben. Die Kooperation muss von gewisser Dauer sein und ein Instrument mit Außenwirkung beinhalten. I. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren Im Folgenden wird zunächst Kooperation als Prinzip im Recht der internationalen Institutionen begründet und dargestellt. Dann werden die Kooperationsbeziehungen der OECD repräsentativ für die umfassende Kooperation der internationalen Institutionen herausgearbeitet. Abschließend wird die Kooperation im Verlauf des OECDBerichtsverfahrens untersucht. Am OECD-Berichtsverfahren sind unterschiedliche Akteure beteiligt. Die am Verfahren beteiligten OECD-Experten arbeiten mit OECDexternen Akteuren zusammen. Innerhalb der OECD tauschen sich die mit unterschiedlichen Handlungsbereichen befassten OECD-Gremien im Hinblick auf eine effektive Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens aus. Die OECD Working Group on Bribery stellt den institutionellen Rahmen der Kooperation. 1. Kooperation als Prinzip im Recht der internationalen Institutionen Kooperation, um gemeinsame Ziele zu erreichen, hat sich zu einem wesentlichen Bestandteil des Völkerrechts entwickelt.450 Im Recht der internationalen Institutionen ist Kooperation ein grundlegendes Prinzip. Es bezeichnet im Recht der internationalen Institutionen das ebenenübergreifende Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure, das auf die effektive Bearbeitung internationaler Probleme gerichtet ist.451 450

Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438, 565 ff. und 60. Siehe auch Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 677 f.; Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, 1998, Kap. 3 und 4. Tietje, Global Governance and InterAgency Co-operation in International Economic Law, 36(3) Journal of World Trade (2002), S. 501 – 515 bezeichnet interinstitutionelle Kooperation als „central element of global economic governance“. Siehe grundlegend schon Friedmann, The Changing Structure of International Law, 1964, S. 60 ff. Dazu siehe auch Koskenniemi, The Gentle Civilizer of Nations, 2001, S. 477. 451 von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1931 ff.; Keohane, International Institutions: Two Approaches, 32(4) International Studies Quarterly (1988), S. 379 – 369, 380.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Normativ verankert ist Kooperation in den Gründungsverträgen der internationalen Institutionen.452 Die Kooperation internationaler Akteure wird vielfach als horizontal bzw. vertikal verlaufend erfasst.453 Die vertikale Dimension der Kooperation wird im Sinn eines Mehrebenensystems verstanden und bezeichnet die Kooperation zwischen einer höher und einer tiefer gelegenen Ebene.454 Unterschieden werden anhand territorialer Weite die internationale, supranationale, nationale und regionale Ebene.455 Horizontale Kooperation meint Beziehungen zwischen Akteuren auf einer Ebene, also z. B. zwischen mehreren internationalen Institutionen.456 Die Terminologie der vertikalen versus der horizontalen Kooperation täuscht jedoch über die Vernetzung unterschiedlicher Akteure und Ebenen in der Global Governance hinweg.457 Sie impliziert eine strenge Trennung der Ebenen, die Dominanz der höheren über die untere Ebene sowie die Organisation der Hierarchie durch formale Instrumente. Diese Elemente sind heute aber keinesfalls kennzeichnend für die Beziehungen und Wechselwirkungen unterschiedlicher Akteure und Ebenen der Global Governance. Die Unterscheidung zwischen vertikaler und horizontaler Kooperation ermöglicht daher eine rudimentäre Analyse der Kooperation internationaler Akteure. Sie bildet jedoch kein tragfähiges Gerüst zu deren Konzeption. In die Kooperation internationaler Institutionen kann ein weiter Kreis von Akteuren einbezogen sein. So können neben nichtstaatlichen internationalen Akteuren Sub-Einheiten von Staaten an der Kooperation teilnehmen.458 Vielfach verläuft die 452 Z.B. in den Zielen der Vereinten Nationen in Art. 1 der VN-Charta. Die Vereinten Nationen sind gemäß Art. 1(3) United Nations, Charter of the United Nations, 24. Oktober 1945, 15 U.N.T.S. 143 darauf gerichtet, „[to] achieve international co-operation in solving international problems of an economic, social, cultural, or humanitarian character“. Ebenso war es Ziel der League of Nations, „to promote international cooperation […]“, League of Nations, The Covenant of the League of Nations (einschließlich der im Dezember 1924 angenommenen Änderungen), abrufbar unter: http://avalon.law.yale.edu/20th_century/leagcov.asp (30. April 2009), Preamble. Siehe dazu Abi-Saab, Whither the International Community?, 9(2) EJIL (1998), S. 248 – 265, 256 ff. 453 Schmidt-Aßmann, The Internationalization of Administrative Relations as a Challenge for Administrative Law Scholarship, GLJ (2008), S. 2061 – 2079, 2078. 454 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2017 f. m.w.N. zum Konzept des Mehrebenensystems aus politikwissenschaftlicher und rechtswissenschaftlicher Perspektive. 455 Siehe zum Stufenbau der Rechtsordnung Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl., 1960, S. 228 ff. 456 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2017. 457 Dazu ausführlich ibid., 2017 f. 458 Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438, 60; Abi-Saab, Whither the International Community?, 9(2) EJIL

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Kooperation der Akteure weiterhin nicht allein mittels rechtsverbindlicher Handlungen, sondern durch rechtsunverbindliche Aktivitäten.459 Die Kooperation internationaler Institutionen spiegelt schließlich kein einheitliches Design wider. Sie setzt sich vielmehr stückweise aus ebenenübergreifenden Verbindungen zusammen, sie entwickelt sich nicht gemäß einem ordnenden Plan und sie ist nicht um ein Zentrum organisiert.460 Kooperation internationaler Institutionen findet in unterschiedlichen Formen statt.461 Sie kann erstens institutioneller Art sein, indem hochrangige Funktionäre einer Organisation regelmäßig zur Teilnahme an den Treffen des Exekutivorgans einer anderen Institution eingeladen werden oder indem die Institutionen ihren Experten gegenseitige Teilnahmerechte in den Expertengremien zusprechen. Kooperation kann zweitens auch instrumenteller Art sein, wenn eine Institution rechtliche Vorgaben einer anderen Institution anwendet. Eine wesentliche Funktion der Kooperation internationaler Institutionen ist es, den beteiligten Akteuren die erforderlichen Informationen zu erschließen. Eine zweite Funktion von Kooperation ist es, die gegenseitige Unterrichtung, Abstimmung und koordinierte Verfahrensführung zu gewährleisten. Aus dem Kooperationsprinzip können öffentlich-rechtliche Institute abgeleitet werden. Bleckmann beispielsweise stellt der in einem Kooperationsvölkerrecht existierenden Kooperationspflicht Kooperationsrechte als Rechtsinstrumente gegenüber, die die Interessen der Beteiligten schützen sollen.462 2. Kooperation in der OECD Die OECD bearbeitet internationale Probleme nicht nur in Kooperation mit Mitgliedern, sondern auch mit Nichtmitgliedstaaten, anderen internationalen Institutionen sowie nicht-staatlichen Akteuren.463 In ihrer täglichen Arbeit kooperiert die OECD mit anderen internationalen Institutionen und Nichtmitgliedstaaten, indem sie diese einlädt, an den Sitzungen der Ausschüsse und Arbeitsgruppen als ad hoc Beobachter oder als reguläre Beobachter (1998), S. 248 – 265, 251. Dazu siehe Slaughter, The Real New World Order, 76 Foreign Affairs (1997), S. 183 – 197. 459 Abi-Saab, Whither the International Community?, 9(2) EJIL (1998), S. 248 – 265, 253. 460 Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 676. 461 Dazu siehe ibid., S. 675 f. 462 Bleckmann, Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, 1995, S. 698. 463 Dazu siehe Slaughter, The Real New World Order, 76 Foreign Affairs (1997), S. 183 – 197, 196; Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 34.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

teilzunehmen. Die Einladung erfolgt durch eine Vereinbarung oder eine Ratsresolution. Die Vertreter von Nicht-Mitgliedstaaten oder von internationalen Institutionen können an den Sitzungen der OECD-Gremien gemäß den in der Vereinbarung oder der Resolution festgesetzten Vorgaben teilnehmen.464 Der Rat ist sowohl frei in seiner Entscheidung, welche natürlichen und juristischen Personen an den Aktivitäten der OECD teilnehmen dürfen, als auch in seiner Entscheidung hinsichtlich der Bedingungen, unter denen diese teilnehmen dürfen.465 Die OECD unterhält formale Beziehungen zur EU(EG) und der European Free Trade Association (EFTA). Die Kommissionen der EU und die EFTA haben einen speziellen Status in der OECD. Die Teilnahme der EU(EG), repräsentiert durch die Kommission, basiert auf einem Zusatzprotokoll zum OECD-Übereinkommen.466 Wie die Mitgliedstaaten unterhält die Europäische Kommission eine Ständige Vertretung bei der OECD. Der Ständige Vertreter nimmt an den Ratstreffen teil. An den Abstimmungen über die Annahmen von OECD-Aktivitäten im Rat darf er nicht teilnehmen.467 Vertreter der EU(EG) dürfen an den Sitzungen der Ausschüsse vollumfänglich teilnehmen. Sie dürfen unter anderem Vorschläge über die Formulierung von Rechtsakten und anderen Aktivitäten der OECD einbringen sowie Änderungen beantragen.468 Zum Budget der OECD trägt die EU(EG) nicht bei.469 Die Kooperation der OECD mit der EFTA wurde 1960 offiziell durch eine Resolution des OECD-Ministerrats etabliert. Der Generalsekretär der EFTA oder seine Repräsentanten sind ermächtigt, an den Treffen der Gremien der OECD teilzunehmen und an der Arbeit der OECD mitzuwirken.470 Die OECD unterhält außerdem formale Beziehungen mit Abgeordneten von Gewerkschaften und von Unternehmen und Industrie. Diese sind durch die Bera464

OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Artikel 12; OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115(Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regeln 8 a) und 9 a); OECD Council, Resolution of the Council Concerning the Participation of Non-Members in the Work of Subsidiary Bodies of the Organisation, C(2004)132/FINAL, 5. August 2004; OECD Council, Participation of NonMembers in the Activities of the Organisation: Legal Aspects of the Issue, C(98)211, 2. Dezember 1998, Nr. 3. 465 OECD Council, Participation of Non-Members in the Activities of the Organisation: Legal Aspects of the Issue, C(98)211, 2. Dezember 1998, Nr. 8. 466 OECD, Supplementary Protocol No. 1 to the Convention on the OECD, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 192. 467 OECD, European Community abrufbar unter: http://www.oecd.org/about/0,3347, en_33873108_33873325_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 468 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 7 a). 469 OECD, European Community abrufbar unter: http://www.oecd.org/about/0,3347, en_33873108_33873325_1_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 470 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 7 b).

C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren

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tungsausschüsse Business and Industry Advisory Committee (BIAC) und Trade Union Advisory Committee (TUAC) institutionalisiert. BIAC und TUAC sind in Frankreich registrierte Organisationen. Sie sind durch den OECD-Rat offiziell als Beratungsausschüsse der OECD anerkannt.471 BIAC und TUAC repräsentieren in der OECD die beiden Seiten des Verhandlungstischs.472 Durch ihr Outreach Programme unterhält die OECD-Beziehungen zu ca. 70 Nichtmitgliedsstaaten und einer Vielzahl anderer internationaler Akteure. Eine Reihe von internationalen Institutionen sind zudem als Sondereinrichtungen („special bodies“) institutionell bei der OECD angegliedert, d. h. sie haben ihr Sekretariat im OECD-Hauptgebäude in Paris und arbeiten in den spezifischen Handlungsbereichen eng mit der OECD zusammen.473 3. Externe und interne Kooperation im OECD-Berichtsverfahren Die OECD Working Group on Bribery als Hauptakteur des OECD-Berichtsverfahrens stellt den institutionellen Rahmen für die Kooperation im Verlauf der Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens.474 An den Sitzungen der OECD Working Group on Bribery nehmen andere internationale Institutionen teil.475 Ziel dieser institutionell verankerten Kooperation in der Working Group on Bribery ist die Koordination der Anti-Korruptionsaktivitäten der 471 Blanpain, The OECD Guidelines for Multinational Enterprises and Labour Relations, 1976 – 1979 – Experience and Review, 1979, S. 36 ff., 40 ff.; OECD, Relations with Business and Labour, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/53/0,3343,en_2649_34495_ 1910965_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 472 An der Ausarbeitung und Durchführung der OECD Guidelines for Multinational Enterprises und der damit verbundenen Mechanismen waren und sind beide Gremien wesentlich beteiligt. Dazu siehe Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1760 f. 473 Zu den Sondereinrichtungen ausführlich siehe oben in diesem Kap., A. III. 1. b). 474 Die Kooperation der OECD Working Group on Bribery beruht auf einer spezifischen Rechtsgrundlage des OECD-Rats, enthalten in der OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt XII [the Council] „instructs the Committee on International Investment and Multinational Enterprises through its Working Group on Bribery, to provide a forum for consultations with countries which have not yet adhered, in order to promote wider participation in the Recommendation and its followup“ und Abschnitt XIII [the Council] „instructs the Committee on International Investment and Multinational Enterprises through its Working Group on Bribery, to consult and co-operate with the international organisations and international financial institutions active in the combat against bribery in international business transactions and consult regularly with the non-governmental organisations and representatives of the business community active in this field.“ 475 Siehe dazu oben in diesem Kap., B. I. und C. I. 1.

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in diesem Handlungsbereich tätigen internationalen Institutionen. Koordiniert werden sollen sowohl die materiell-rechtlichen Anforderungen als auch die Aktivitäten der verschiedenen internationalen Institutionen. Hinsichtlich der Berichtsverfahren der unterschiedlichen internationalen Institutionen sollen Mehrfachbewertungen der nationalen Anti-Korruptionsmaßnahmen vermieden werden um auszuschließen, dass für einen Staat mehrere Berichte unterschiedlichen Inhalts erstellt werden.476 Mit den Regierungen der OECD-Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten, die am OECD-Berichtsverfahren teilnehmen, kooperiert die OECD Working Group on Bribery zur Beschaffung der relevanten Informationen. Die Regierungen müssen die Fragebögen ausfüllen, mit den Prüfungsgruppen kooperieren und während der Staatenbesuche Dokumente offenlegen und Informationen preisgeben. In der Bewertungsphase haben die Staaten vor Annahme des endgültigen Berichts das Recht, Stellungnahmen zu den Berichten abzugeben. Sie können fordern, dass ihre Stellungnahmen in den Berichten berücksichtigt werden.477 Schließlich ist die Working Group on Bribery zur Umsetzung der Empfehlungen in nationale Vorschriften und der entsprechenden Anpassung der nationalen Politikgestaltung auf die Kooperation der Regierungen der am OECD-Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten angewiesen. Kooperation mit der Zivilgesellschaft ist im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens nur begrenzt vorgesehen mit der Begründung, dass bei Berichtsverfahren die Gegenseitigkeit der Akteure im Vordergrund steht.478 Aus diesem Grund sind Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft nicht eingeladen, an dem formalen Bewertungsverfahren und insbesondere nicht an den Beratungen in der OECD Working Group on Bribery teilzunehmen. Gleichwohl sollen die Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft die Möglichkeit erhalten, Stellungnahmen im Verlauf der Informationsbeschaffung abzugeben. Zu diesem Zweck wird der Zeitplan für die Staatenbesuche im Internet veröffentlicht.479 Zusätzlich werden für Gruppen der Zivilgesellschaft eigene Foren während der Staatenbesuche eingerichtet, um den Austausch mit den Prüfungsgruppen zu gewährleisten. Gruppen der Zivilgesellschaft haben zudem die Möglichkeit, Stellungnahmen und Informationen in Schriftform einzureichen.

476 Die Kooperation hat darüber hinaus das Ziel, den Staaten nicht mehrfach die Last von Staatenbesuchen durch Bewertungsgruppen unterschiedlicher Institutionen aufzuerlegen. OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, II General Issue 6, III Nr. 27. 477 Im Einzelnen siehe unten in diesem Kap., E. V. 2. c). 478 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 28. 479 Ibid., Nr. 29.

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OECD-intern hat die Working Group on Bribery die Möglichkeit, auf die im Rahmen anderer Ausschüsse erarbeiteten Informationen zurückzugreifen.480 II. Das OECD-Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? Die Kooperation der am OECD-Berichtsverfahren beteiligten Akteure könnte die Form einer Verbundverwaltung annehmen. Das Konzept der Verbundverwaltung ist durch spezifische Merkmale gekennzeichnet, die im Folgenden dargestellt werden. Im Anschluss wird gezeigt, dass die unterschiedlichen Kooperationskonstellationen des OECD-Berichtsverfahrens die qualifizierenden Merkmale der Verbundverwaltung nicht aufweisen. 1. Das Konzept der Verbundverwaltung Die Verbundverwaltung konzeptualisiert das Kooperationsprinzip aus öffentlichrechtlicher Perspektive. Das Konzept der Verbundverwaltung bezieht sich auf den Teil der ebenenübergreifenden Kooperation, der zu dem Zweck der gemeinsamen Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. Es verarbeitet die Entwicklung, dass öffentliche Gewalt nicht mehr allein durch Staaten ausgeübt wird, sondern auch durch internationale Institutionen,481 und es trägt der Interdependenz der Akteure in der Ausübung öffentlicher Gewalt Rechnung.482 Verbundverwaltung ist kein Rechtsbegriff, sondern ein Konzept, um die Kooperation mehrerer institutionell getrennter Einheiten analytisch zu durchdringen. Das Konzept wurde für die europäische Verwaltungskooperation entworfen483 und für den internationalen Bereich weiterentwickelt.484 480 Kooperation mit dem Investment Committee, der Working Group on Export Credits and Credit Guarantees sowie dem Development Assistance Committee bietet sich im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung an und wird vom OECD-Rat propagiert. OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII. 481 Zu einem Konzept internationaler öffentlicher Gewalt siehe unten 4. Kap., B. 482 Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 673, 677 und 682 ff. 483 von Bogdandy, Supranationaler Föderalismus als Wirklichkeit und Idee einer neuen Herrschaftsform, 1999, S. 11 ff.; Cassese, Der Einfluß des gemeinschaftsrechtlichen Verwaltungsrechts auf die nationalen Verwaltungsrechtssysteme, 33(1) Der Staat (1994), S. 25 – 38, 25 ff.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungskooperation und Verwaltungskooperationsrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 31(3) EuR (1996), S. 270 – 301; Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23. Zur Weiterentwicklung des Konzepts siehe Britz, Vom Verwaltungsverbund zum Regulierungsverbund?, 41 EuR (2006), S. 46 – 77. 484 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2015.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Ziel des Konzepts der Verbundverwaltung im internationalen Bereich ist es, die erforderliche Handlungseinheit separater Träger öffentlicher Gewalt, deren Aktivität sowohl durch Kooperation als auch durch Hierarchie geprägt ist, zu einem kohärenten System zu verbinden.485 Das Konzept der Verbundverwaltung integriert die „Eigenständigkeit, Rücksichtnahme und Fähigkeit zu gemeinsamem Handeln“ von Trägern öffentlicher Gewalt.486 Eckpfeiler des Konzepts des Verwaltungsverbunds im europäischen Bereich sind Art. 5 und Art. 10 EG.487 Im internationalen Bereich lässt sich das Konzept der Verbundverwaltung an den Grundsätzen pacta sunt servanda und Treu und Glauben festmachen488 und im Einzelnen als Grundlage entsprechender Klauseln in völkerrechtlichen Instrumenten begreifen.489 Verbundverwaltung im internationalen Bereich setzt voraus, dass die beteiligten Akteure Träger öffentlicher Gewalt sind. Diese müssen institutionell voneinander getrennt sein. Die Kooperation muss eine funktionale sein, deren Zweck auf die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt gerichtet ist. Die Aktivität muss Instrumente mit Außenwirkung beinhalten und die Kooperation muss von gewisser Dauer sein.490 Verbundverwaltung ist gekennzeichnet durch Arbeitsteilung und Interdependenz der beteiligten Akteure.491 Bezeichnend für eine Verbundverwaltung im internatio-

485

Ibid., S. 2014. Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23, 7. 487 Europäische Union, Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union, Nr. C 321E, 29. Dezember 2006. Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/ Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23, 2. 488 Art. 26 und 31 United Nations, Vienna Convention on the Law of Treaties of 1969, 1155 U.N.T.S. 331, 23. Mai 1969. 489 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2020 f. Verpflichtungen zur Kooperation in einzelnen Veträgen finden sich z. B. in Art. 3 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179; Art. 2 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 5 United Nations, Charter of the United Nations, 24. Oktober 1945, 15 U.N.T.S. 143. 490 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2015 f. Zu den Elementen des europäischen Verwaltungsverbunds siehe Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23, 1, 5. 491 Dazu siehe Britz, Vom Verwaltungsverbund zum Regulierungsverbund?, 41 EuR (2006), S. 46 – 77, 49. 486

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nalen Bereich ist, dass die beteiligten Akteure einen unterschiedlichen territorialen Handlungsbereich haben.492 Kennzeichnend für das Konzept der Verbundverwaltung ist schließlich ebenenübergreifende Kooperation.493 Diese kann institutionell stattfinden, d. h. Akteure unterschiedlicher Ebenen arbeiten in einem institutionellen Rahmen zusammen. Ebenenübergreifende Kooperation kann aber auch instrumentell stattfinden, indem sich Vorgaben einer Institution auf Vorgaben einer anderen Institution beziehen. Ein rechtsstaatliches Problem, zu dessen Lösung das Konzept des internationalen Verwaltungsverbunds keine Hilfe zu leisten vermag, ist dasjenige der eindeutigen Zurechenbarkeit einer Aktivität zu einem Akteur. Während das Konzept des Verwaltungsverbunds im europäischen Bereich das Gebot der Verantwortungsklarheit postuliert,494 vermag es das für den internationalen Bereich entwickelte Konzept der Verbundverwaltung nicht, Klarheit zu verschaffen und die Zurechenbarkeit eindeutig zu gewährleisten.495 Das Konzept der Verbundverwaltung könnte gleichwohl anderen rechtsstaatlichen Problemen im Recht der internationalen Institutionen Abhilfe leisten. Möglich erscheint die Ableitung von Informations-, Teilnahme- und Widerspruchsrechten aus dem Konzept der Verbundverwaltung.496 Die Beteiligten der Verbundverwaltung sind nationale und internationale Träger öffentlicher Gewalt. Verbundverwaltung bezeichnet die Kooperation zwischen internationalen Institutionen und nationalen Institutionen, zwischen unterschiedlichen sub-staatlichen Einrichtungen sowie zwischen unterschiedlichen internationalen Institutionen.497 Im Einzelnen sind drei Konstellationen zu beobachten, in denen Verbundverwaltung im internationalen Bereich stattfindet. Erstens kann eine internationale Institution mit ihren Mitgliedern kooperieren. Voraussetzung ist, dass die Mitglieder der Institution dabei nicht im Namen der Institution handeln, sondern als 492 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2016 f. 493 Ibid. S. 2031 ff. 494 Schmidt-Aßmann, Verwaltungskooperation und Verwaltungskooperationsrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 31(3) EuR (1996), S. 270 – 301, 296 f. 495 von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing MultiLevel and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2035. 496 von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1932 f.; Britz, Vom Verwaltungsverbund zum Regulierungsverbund?, 41 EuR (2006), S. 46 – 77, 52. 497 Während gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt im europäischen Bereich häufig zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen sub-staatlichen Einheiten stattfindet, ist im internationalen Bereich die horizontale Kooperation von einzelnen Staaten oder zwischen deren SubEinheiten zur gemeinsamen Ausübung öffentlicher Gewalt nicht verbreitet. Zu diesem Punkt und zu anderen Unterschieden zwischen dem Konzept des europäischen Verwaltungsverbunds und dem Konzept der internationalen Verbundverwaltung siehe von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing Multi-Level and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2035 ff., 2037.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

unabhängige Partner. Zweitens kann eine internationale Institution mit externen Partnern kooperieren, namentlich mit anderen internationalen Institutionen und Nichtmitgliedstaaten. Drittens kann auch die Kooperation von Mitgliedstaaten einer Institution eine Verbundverwaltung darstellen, unter der Voraussetzung, dass sie als institutionell unabhängige Partner kooperieren.498 Verbundverwaltung kann bilateral, trilateral oder multilateral sein.499 Einige spezifische Kooperationsformen sind kennzeichnend für das Konzept der Verbundverwaltung. Erstens besteht eine Vielzahl an Kooperationspflichten zwischen Trägern öffentlicher Gewalt zum Informationsaustausch. In der Praxis nehmen gegenseitige Unterrichtungs- und Mitteilungspflichten einen großen Raum ein. Zweitens werden unabhängige Expertengremien zur Recherche bestimmter Sachverhalte eingesetzt, in denen Sachverständige aus zwei oder mehr Institutionen zusammenkommen. Drittens kooperieren separate Träger öffentlicher Gewalt häufig, um internationale Anforderungen bei den Adressaten durchzusetzen.500 2. Das OECD-Berichtsverfahren als Verbundverwaltung? Im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens treten drei Konstellationen auf, die das Verfahren als Verbundverwaltung qualifizieren könnten. Erstens könnte die Kooperation zwischen der OECD Working Group on Bribery mit dem jeweils bewerteten und durch den abschließenden Bericht adressierten Staat das Verfahren als Verbundverwaltung qualifizieren. Zweitens könnte die Entsendung von Beobachtern anderer internationaler Institutionen in die OECD Working Group on Bribery das OECD-Berichtsverfahren als Verbundverwaltung qualifizieren. Drittens könnte das Berichtsverfahren eine Verbundverwaltung sein, weil Nichtmitgliedstaaten in der OECD Working Group on Bribery vertreten sind und am Berichtsverfahren teilnehmen. Die einzelnen Konstellationen werden im Folgenden auf die Voraussetzungen der Verbundverwaltung hin untersucht.

498

Ibid., S. 2019 ff. Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23, 5. 500 Dazu siehe von Bogdandy/Dann, International Composite Administration: Conceptualizing Multi-Level and Network Aspects in the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 2013 – 2039, 2021 ff. Zu „Bauformen“ des europäischen Verwaltungsverbunds siehe Schmidt-Aßmann, Einleitung: Der Europäische Verwaltungsverbund und die Rolle des Europäischen Verwaltungsrechts, in: Schmidt-Aßmann/Schöndorf-Haubold (Hrsg.), Der Europäische Verwaltungsverbund, 2005, S. 1 – 23, 15 ff.; Britz, Vom Verwaltungsverbund zum Regulierungsverbund?, 41 EuR (2006), S. 46 – 77, 52. 499

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a) Kooperation zwischen der OECD und dem bewerteten Staat Die Kooperation zwischen der OECD Working Group on Bribery und dem Staat, dessen nationale Rechtslage und Politikgestaltung untersucht und bewertet wird, könnte das Berichtsverfahren als Verbundverwaltung qualifizieren. Der untersuchte Staat stellt im Verlauf des Verfahrens Informationen aufgrund eines Fragebogens zur Verfügung. Der Austausch von Informationen ist ein typisches Element einer Verbundverwaltung.501 Die Tatsache allein, dass ein Staat einer internationalen Institution Informationen zur Verfügung stellt, ist aber nicht ausreichend, um eine Verbundverwaltung anzunehmen. Informationsaufbereitung und gezielte Verbreitung ist eine häufige Aktivität internationaler Institutionen.502 Den Sekretariaten der internationalen Institutionen fehlen aber häufig die Ressourcen, sodass die Institutionen auf externe Akteure – Staaten, NGOs, andere Institutionen und Expertengremien – zur Datenallokation angewiesen sind. Würden alle diese Kooperationskonstellationen als Verbundverwaltung qualifiziert, würde das Konzept der Verbundverwaltung grenzenlos und damit wenig brauchbar. Erforderlich ist daher das Vorliegen der restlichen Definitionsmerkmale einer Verbundverwaltung in der spezifischen Konstellation, in der Informationen ausgetauscht werden. Erstens müsste es sich bei den beteiligten Akteuren um Träger öffentlicher Gewalt handeln. Die OECD Working Group on Bribery ist in der OECD eingegliedert, die Aktivitäten der Working Group on Bribery sind daher der OECD zurechenbar.503 Internationale Institutionen sind Träger öffentlicher Gewalt, wenn sie ihre Aktivitäten basierend auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage durchführen und die Aktivitäten ein gewisses Maß an Außenwirkung erzielen.504 Sowohl die OECD als auch der Staat, mit dem kooperiert wird, sind daher Träger öffentlicher Gewalt. Zweitens müsste eine institutionelle Trennung zwischen der OECD und dem bewerteten Staat vorliegen. Der bewertete Staat ist Mitglied der OECD Working 501

Siehe oben in diesem Kap., C. II. 1. Siehe dazu die Formen autonomer Aktivität internationaler Institutionen oben in diesem Kap., A. II. 1. a). Zum Informationsaustausch als wesentliche Funktion von Kooperation siehe oben in diesem Kap., C. I. 1. 503 Die Working Group on Bribery hat hinsichtlich des OECD-Berichtsverfahrens eine duale Funktion. Sie ist einerseits ein integriertes Organ der OECD, andererseits agiert sie wie eine Conference of the Parties (CoP) für das OECD-Berichtsverfahren. Die duale Funktion begündet sich darin, dass die OECD Anti-Bestechungskonvention ein freistehender völkerrechtlicher Vertrag ist und neben den OECD-Mitgliedstaaten auch Nichtmitgliedstaaten offen steht. Letztendlich ist die Working Group on Bribery jedoch auch in Bezug auf das OECDBerichtsverfahren als vollständig integriertes Gremium der OECD zu sehen, da sie von der OECD finanziert wird, die Berichte im Namen der OECD annimmt, in der Hierarchie der OECD durch Berichtspflichten und Weisungsrechte eingegliedert ist und dem OECD-Rat Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen muss. Zum Ganzen siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 449, 486. 504 Siehe zum Konzept internationaler öffentlicher Gewalt unten 4. Kap., B. 502

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Group on Bribery. Insofern liegt grundsätzlich keine institutionelle Trennung vor.505 Dies ist aber für den Fall anders zu beurteilen, in dem der Staat der OECD als Adressat gegenübersteht. In dieser Situation handelt er nicht als Mitglied der OECD Working Group on Bribery, sondern als Adressat. Es liegt daher eine institutionelle Trennung vor. Drittens müsste ein Instrument mit Außenwirkung vorliegen. Der abschließende Bericht müsste für den bewerteten Staat ein externes Instrument sein, um die Kooperation zwischen dem bewerteten Staat und der OECD als Verbundverwaltung zu qualifizieren. Der Inhalt des Berichts beruht zwar in wesentlichen Teilen auf den durch den Staat bereit gestellten Informationen, jedoch werden die Informationen von der Prüfungsgruppe und der Working Group on Bribery umfassend ausgewertet und als Bericht verfasst. Dieser wird schließlich von der OECD Working Group on Bribery angenommen. Der Bericht ist daher der OECD zurechenbar und stellt für den Staat ein externes Instrument dar. Die dritte Voraussetzung einer Verbundverwaltung liegt vor. Viertens müsste der Zweck der Kooperation die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt sein. Da das OECD-Berichtsverfahren eine Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt darstellt,506 kommt es entscheidend auf die Gemeinsamkeit der Ausübung an. Der bewertete Staat müsste zur gemeinsamen Ausübung von öffentlicher Gewalt Informationen bereit stellen. Zur Preisgabe von Informationen sind die Staaten rechtlich verpflichtet.507 Darüber hinaus hält das OECD-Berichtsverfahren Mechanismen bereit, durch die die OECD Working Group on Bribery Druck im Hinblick auf die Offenlegung von Informationen auf den jeweiligen Staat ausüben kann. Beispielsweise kann bei einem Staat im Fall der nicht ausreichenden Offenlegung von Informationen der Bewertungsvorgang wiederholt und ein weiterer Bericht veröffentlicht werden.508 Solche Wiederholungen verursachen für die Staaten negative Auswirkungen in der Öffentlichkeit und können zu nachteiligen politischen und wirtschaftlichen Folgen führen. Die Staaten stellen die Informationen daher nicht zur Ausübung gemeinsamer öffentlicher Gewalt bereit, sondern weil sie rechtlich dazu verpflichtet sind, und um negative Folgen abzuwehren. 505 Siehe dazu in Bezug auf Nichtmitgliedstaaten der OECD sogleich unten in diesem Kap., C. II. 2. c). 506 Zum OECD-Berichtsverfahren als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt siehe unten 4. Kap., C. 507 Rechtsverbindlich ist die Teilnahme am Berichtsverfahren, die auf Art. 12 OECD AntiBestechungskonvention beruht. Einer Verweigerung der Teilnahme am Verfahren kommt es gleich, wenn die Staaten die Preisgabe von Informationen verweigern. Ausführlich zu den Rechtswirkungen der Teilnahme am Verfahren, der Verfahrensregeln und der abschließenden Berichte unten in diesem Kap. F. 508 Japan stellte nicht ausreichend Informationen zur Verfügung und wurde unter anderem deswegen von der Working Group on Bribery zu einem bis-Verfahren verpflichtet. Siehe oben 2. Kap., B. IV. 3.

C. Kooperation im OECD-Berichtsverfahren

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Außerdem ist der jeweils in Frage stehende Staat Adressat des jeweiligen Berichts. Als Adressaten verfolgen die Staaten durch die Bereitstellung der Informationen nicht den Zweck, gegen sich selbst öffentliche Gewalt auszuüben. Die Voraussetzung, dass der Zweck der Kooperation die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt ist, liegt daher nicht vor. Die Kooperation zwischen der OECD Working Group on Bribery und dem untersuchten Staat zum Zweck des Informationsaustauschs qualifiziert das OECDBerichtsverfahren nicht zu einer Verbundverwaltung, da die Kooperation nicht auf die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt gerichtet ist. b) Kooperation zwischen der OECD und anderen internationalen Institutionen Eine Verbundverwaltung könnte vorliegen, weil in der OECD Working Group on Bribery andere internationale Institutionen als regelmäßige Beobachter vertreten sind.509 Die anderen internationalen Institutionen sind wie die OECD Träger internationaler öffentlicher Gewalt. Eine institutionelle Trennung zwischen der OECD Working Group on Bribery und den anderen internationalen Institutionen liegt vor.510 Weiterhin müsste der Zweck der Kooperation auf die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt gerichtet sein, d. h. auf die gemeinsame Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens. Die anderen internationalen Institutionen sind in der OECD Working Group on Bribery vertreten, um sich gegenseitig über die jeweiligen Anti-Korruptionsaktivitäten zu informieren. Überschneidungen der rechtlichen Vorgaben und der Aktivitäten sollen vermieden werden. Zweck der Kooperation in der OECD Working Group on Bribery ist die materielle und institutionelle Koordination zur Vorbeugung und Verhinderung von Fragmentierung im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung.511 Zweck der Kooperation ist daher nicht die gemeinsame Durchführung des OECDBerichtsverfahrens. Daher ist durch die Kooperation auch eine gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt nicht beabsichtigt. Die Kooperation zwischen der OECD und den anderen internationalen Institutionen stellt in Bezug auf die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens keine Verbundverwaltung dar.

509 Zu solchen organisatorischen Einrichtungen als Element einer Verbundverwaltung siehe Britz, Vom Verwaltungsverbund zum Regulierungsverbund?, 41 EuR (2006), S. 46 – 77, 51 f. Zu den regelmäßigen Beobachtern in der OECD Working Group on Bribery siehe oben in diesem Kap., B. I. 510 Die anderen internationalen Institutionen sind als reguläre Beobachter in der Working Group on Bribery vertreten, anders als die teilnehmenden Nichtmitgliedstaaten der OECD, die den Status von vollwertigen Mitgliedern haben. Dazu siehe sogleich unten in diesem Kap., C. II. 2. c). 511 Dazu siehe oben in diesem Kap., C. I. 3.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

c) Kooperation zwischen der OECD und Nichtmitgliedstaaten Das Berichtsverfahren könnte eine Verbundverwaltung sein, weil in der OECD Working Group on Bribery Nichtmitgliedstaaten vertreten sind. Sowohl die Nichtmitgliedstaaten als auch die OECD sind Träger öffentlicher Gewalt. Es müsste eine institutionelle Trennung zwischen der OECD Working Group on Bribery und den Nichtmitgliedstaaten der OECD vorliegen. In Bezug auf die Durchführung des Berichtsverfahrens sind die Nichtmitgliedstaaten den Mitgliedstaaten der OECD jedoch gleichgestellt:512 Die Nichtmitgliedstaaten sind vollwertige Mitglieder in der OECD Working Group on Bribery und haben den gleichen Status wie die OECD-Mitgliedstaaten. Sie genießen im Hinblick auf die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens in der Working Group on Bribery die gleichen Rechte und haben die gleichen Pflichten wie ein Mitgliedstaat.513 Eine institutionelle Trennung zwischen der OECD und den Nichtmitgliedstaaten liegt daher nicht vor.514 Aus diesem Grund liegt eine Verbundverwaltung zwischen den Trägern öffentlicher Gewalt nicht vor. Im Ergebnis erfüllt keine der untersuchten Kooperationskonstellationen des OECD-Berichtsverfahrens die qualifizierenden Merkmale einer Verbundverwaltung. Das OECD-Berichtsverfahren wird daher nicht im Verbund von zwei oder mehr Trägern öffentlicher Gewalt durchgeführt.

D. Kompetenzen Die rechtliche Stärke der internationalen Institutionen beruht auf ihren Kompetenzen. Die Kompetenzen der internationalen Institutionen sind in dem jeweiligen Gründungsdokument festgelegt und durch Auslegung zu ermitteln. Darüber hinaus konkretisieren die Organe und Gremien der internationalen Institutionen ihre im 512 Siehe auch OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 27, Satz 1: „The Convention will be open to non-members which become full participants in the OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions.“ Dazu siehe Bonucci, Articles 13 – 17. Final Provisions, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 476 – 505, 482 ff. 513 OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http:// www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), Directorate for Financial and Enterprise Affairs, Investment Committee, Working Group on Bribery in International Business Transactions i.V.m. OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 8.6. 514 Dies ist anders zu beurteilen für den Fall, dass der Nicht-Mitgliedstaat der OECD als Adressat gegenübersteht. Dann fehlt es aber an dem Zweck der Kooperation als gemeinsamer Ausübung öffentlicher Gewalt. Siehe oben in diesem Kap., C. II. 2. a).

D. Kompetenzen

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Gründungsvertrag enthaltenen Kompetenzen und schaffen detaillierte Rechtsgrundlagen für ihre Aktivitäten. Nach der Begründung der Kompetenz der OECD, Aktivitäten zur Korruptionsbekämpfung zu unternehmen, wird untersucht, ob die OECD das Berichtsverfahren auf konkrete Rechtsgrundlagen stützt. Dies wäre nach nationalem öffentlichen Recht erforderlich, weil das OECD-Berichtsverfahren auf außerhalb der OECD stehende Akteure Auswirkungen hat.515 Die Untersuchung über das Vorliegen konkreter Rechtsgrundlagen gewährt Einblicke in die Organisation und über die Ausprägung rechtsstaatlicher Institute im Recht internationaler Institutionen. I. Die Kompetenzen der OECD Ein Kompetenzkatalog ist im OECD-Gründungsvertrag nicht enthalten. Es gibt nur eine Bestimmung über die Handlungsformen der OECD,516 deren Anwendungsbereich durch eine Bezugnahme auf die Ziele der Organisation bestimmt wird.517 Die in Art. 1 des OECD-Gründungsvertrags festgesetzten Ziele sind sehr allgemein formuliert. Die Korruptionsbekämpfung ist nicht als explizites Ziel der OECD festgesetzt. Im Folgenden wird zunächst das Prinzip der übertragenen Kompetenz im Recht der internationalen Institutionen dargestellt. Anschließend werden die implied powers-Doktrin und die ultra vires-Regel vorgestellt, die zur Abgrenzung der Kompetenzen der internationalen Institutionen entwickelt wurden. Die Abgrenzung bleibt im Einzelnen unscharf und bedarf der Auslegung. Abschließend wird die Korruptionsbekämpfung als Kompetenz518 der OECD begründet. 1. Das Prinzip der übertragenen Kompetenz Das Prinzip der übertragenen Kompetenz ist grundlegend im Recht internationaler Institutionen.519 Es bringt zum Ausdruck, dass internationale Institutionen keine originären rechtlichen Kompetenzen haben, sondern diese durch ihre Mitgliedstaaten erhalten.520 Sie handeln nur dann rechtmäßig, wenn sie ihre Aktivität auf Kompetenzen stützen können, die in ihrem Gründungsdokument festgesetzt sind.521 515

Zu den Auswirkungen des OECD-Berichtsverfahrens siehe unten 4. Kap., C. II. OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 5. 517 Ibid., Art. 1. Zum Wortlaut von Art. 1 des OECD-Gründungsvertrags siehe oben in diesem Kap., A. I. 518 Ibid., Art. 5 i.V.m. Art. 1. 519 von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1933. 520 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 209 f.; Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 63 ff. PCIJ, The Case of the 516

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Das Prinzip der übertragenen Kompetenz gilt zunächst für rechtsverbindliche Akte internationaler Institutionen. Vieles spricht zudem dafür, dass das Prinzip der übertragenen Kompetenz auch auf soft law Aktivitäten internationaler Institutionen anwendbar ist.522 Dies beruht auf der Annahme, dass alle Aktivitäten öffentlicher Institutionen, die ein gewisses Maß an Außenwirkung erzielen, auf eine Rechtsgrundlage gestützt werden müssen.523 Die Effektivität der Aktivitäten der internationalen Institutionen hängt jedoch nicht von ihrer Rechtsverbindlichkeit ab. Soft law Aktivitäten können ebenso wie rechtlich verbindliche Akte internationaler Institutionen relevante Außenwirkung erzielen.524 Die soft law Aktivitäten der internationalen Institutionen müssen daher wie deren rechtsverbindliche Akte von Rechtsgrundlagen getragen sein. Dies entspricht auch der Praxis der internationalen Institutionen, die nicht nur ihre rechtsverbindlichen Aktivitäten, sondern auch ihr soft law auf übertragene Kompetenzen stützen.525 2. Mission-Creep: Implied powers versus ultra vires Internationale Institutionen führen auch Aktivitäten aus, die in der ursprünglichen Fassung ihrer Mandate nicht vorgesehen sind.526 Aufgrund dieser Aktivitäten, mithilfe derer sie die Global Governance gestalten, haben sie sich zu zentralen Akteuren der internationalen Normproduktion und -verbreitung entwickelt.527 Der Begriff „mission-creep“ drückt das wachsende Unwohlsein um die Ausweitung der Handlungsgebiete der internationalen Institutionen und das daraus folgende LegitimatiS.S. Lotus, Ser. A., No. 10, (1927), S.18: „The rules of law binding upon States therefore emanate from their own free will.“ Siehe aber zur Begründung von inhärenten Kompetenzen Seyersted, Common Law of International Organizations, 2008, S. 65 ff., 359 ff.; Seyersted, United Nations Forces, 1966, S. 155; White, The UN Charter and Peacekeeping Forces: Constitutional Issues, in: Pugh (Hrsg.), The UN, Peace and Force, 1997, S. 43 – 63; White, The Law of International Organizations, 2. Aufl., 2005, S. ff. 521 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 209; Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 64. 522 Siehe dazu auch von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1933. 523 Siehe zur Voraussetzung der öffentlich-rechtlichen Grundlage für jede Ausübung öffentlicher Gewalt unten 4. Kap., A. I. 2. 524 Siehe oben in diesem Kap., A. II. 1. a). Siehe dazu auch die Skala von rechtlich verbindlichen bis nicht-rechtsförmigen Aktivitäten internationaler Institutionen bei Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1865 ff. Die Position einer Aktivität auf dieser Skala beinhaltet keine Aussage hinsichtlich ihrer Effektivität. 525 Z.B. Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1769 f. 526 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 328; Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 41 ff., 158 ff. 527 Siehe oben in diesem Kap., A. II. 1. a).

D. Kompetenzen

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onsdefizit aus.528 Er bringt die Spannung im Recht internationaler Institutionen zwischen dem Prinzip der Autonomie und dem Prinzip der übertragenen Kompetenz zum Ausdruck.529 Zwischen den Aktivitäten, die als implied powers auf die explizit festgesetzten Kompetenzen zurückgeführt werden können, und solchen, die ultra vires sind, liegt die Grenze der rechtmäßigen Aktivität internationaler Institutionen.530 Implied powers sind alle diejenigen Aktivitäten, die eine Institution notwendigerweise durchführen muss, um ihre Ziele zu erfüllen.531 Die potentielle Weite der implied powers ist durch die Bezugnahme auf die Ziele im Gegensatz zur Bezugnahme auf die explizit festgesetzten Kompetenzen der Institution verdeutlicht.532 Neue Kompetenzen werden durch die implied powers-Doktrin nicht geschaffen.533 Die Abgrenzung zwischen ultra vires-Aktivitäten und solchen, die im Rahmen der implied powers-Doktrin von den Kompetenzen der internationalen Institution getragen sind, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall, für die wenige konkrete Abgrenzungsmerkmale zur Verfügung stehen.534 Zur Unbestimmtheit trägt bei, dass 528 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 328 m.w.N.; von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1945 f. 529 Siehe dazu Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 39 ff.; von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1933; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1902. 530 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, §§ 106 – 108. 531 ICJ, Certain Expenses of the United Nations, ICJ Reports 1962, Advisory Opinion vom 20. Juli 1962, S. 150, 168; Klabbers, An Introduction to International Institutional Law, 2002, S. 67 ff.; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 233. 532 ICJ, Reparation for Injuries Suffered in the Service of the United Nations, ICJ Reports 1949, Advisory Opinion vom 11. April 1949, S. 174, 182: „Under international law, the Organisation must be deemed to have those powers, which, though not expressly provided in the Charter, are conferred upon it by necessary implication as being essential to the performance of its duties.“ In seinem Sondervotum kritisierte Judge Hackworth die Mehrheitsmeinung: „Powers not expressed cannot freely be implied. Implied powers flow from a grant of express powers, and are limited to those that are ,necessaryÐ to the exercise of powers expressly granted.“ ICJ, Reparation for Injuries Suffered in the Service of the United Nations, ICJ Reports 1949, Advisory Opinion vom 11. April 1949, S. 174, 198 (Dissenting Opinion of Judge Hackworth). 533 ICJ, Certain Expenses of the United Nations, ICJ Reports 1962, Advisory Opinion vom 20. Juli 1962, S. 150, 168; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 232. 534 Der IGH hat keine klaren Abgrenzungskriterien geformt, als er in seinem Gutachten „Certain Expenses“ feststellte: „[W]hen the Organization takes action which warrants the assertion that it was appropriate for the fulfillment of one of the stated purposes of the United Nations, the assumption is that such an action is not ultra vires the Organisation.“ ICJ, Certain Expenses of the United Nations, ICJ Reports 1962, Advisory Opinion vom 20. Juli 1962, S. 150, 168. In seinem Gutachten „Nuclear Weapons“ befürwortete der IGH eine restriktive Auslegung.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

die konkrete Anwendung der implied powers-Doktrin der Auslegung der jeweils handelnden internationalen Institution überlassen bleibt.535 3. Korruptionsbekämpfung als Ziel der OECD Im Folgenden wird mittels Auslegung des OECD-Gründungsvertrags dargelegt, dass die Korruptionsbekämpfung von den Zielen der OECD umfasst ist. Konkret ist die Korruptionsbekämpfung durch das Ziel der OECD, „to achieve the highest sustainable economic growth“ getragen.536 Belegt ist, dass Korruption wettbewerbshemmend und -verzerrend wirkt.537 Der Zugang der OECD zur Korruptionsbekämpfung ist darauf gerichtet, die negativen Auswirkungen von Korruption auf Good Governance, wirtschaftliche Entwicklung und gleiche Wettbewerbsbedingungen im internationalen Wettbewerb offen zu legen und zu unterbinden.538 Neben der Sorge um die die wirtschaftliche Entwicklung hemmende Wirkung von Korruption stand in der Wirtschaftsorganisation vorab die künstliche Erhöhung der Transaktionskosten durch Korruption im Mittelpunkt.539 Der Ansatz der Korruptionsbekämpfung in der OECD erfolgt daher in Übereinstimmung mit ihrer Ausrichtung als Wirtschaftsinstitution, mit einer stark wirtschaftsgeleiteten Zielsetzung. ICJ, Legality of the Use by a State of nuclear Weapons in armed Conflict, ICJ Reports 1996, Advisory Opinion vom 8. Juli 1996, S. 66, 80 f. Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 233 haben zur Abgrenzung vier Merkmale definiert, die aber im Einzelfall vage bleiben: Erstens muss der Rückgriff auf implied powers für die Durchführung der Aufgaben der internationalen Institution notwendig und erforderlich sein. Zweitens darf die internationale Institution auf implied powers nur dann zurückgreifen, wenn der in Frage stehende Sachbereich nicht durch explizite Kompetenzen festgelegt ist. Drittens dürfen auf implied powers gestützte Aktivitäten nicht gegen grundlegende völkerrechtliche Normen und Prinzipien verstoßen. Und viertens dürfen implied powers nicht die im Gründungsdokument festgesetzten Organkompetenzen unterlaufen. 535 Die Rechtskontrolle internationaler Institutionen ist seit dem EuGH, Urteil vom 3. 9. 2008, verb. Rs. C-402/05 P und C-415/05 P, Slg. 2008, I (Kadi und Al Barakaat) Gegenstand breiter Diskussion. Mit Vorschlägen siehe von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1936. 536 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 1(a). 537 Siehe oben 1. Kap., B. I. 4. Siehe grundlegend Rose-Ackerman, Corruption and Government, 1999; Rose-Ackerman, „Grand“ Corruption and the Ethics of Global Business, 26 (9) Journal of Banking & Finance (2002), S. 1889 – 1918, 1898 ff.; Graf Lambsdorff, The Institutional Economics of Corruption and Reform, 2007, S. 58 ff.; Mauro, Corruption and Growth, 110(3) The Quarterly Journal of Economics (1995), S. 681 – 712. 538 OECD, Consultation Paper – Review of the OECD Instruments on Combating Bribery of Foreign Public Official in International Business Transactions Ten Years after Adoption, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/18/25/39882963.pdf (30. April 2009), S. 4. 539 Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 7.

D. Kompetenzen

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Die OECD selbst begründet ihre Kompetenz zur Korruptionsbekämpfung damit, dass „bribery (…) undermines good governance and economic development, and distorts international competitive conditions.“540 Angel Gurr†a, Generalsekretär der OECD, stellt bezüglich der Korruption heraus, dass „[a]ddressing this problem is at the heart of the OECDÏs work.“541 Die Aktivitäten der OECD im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung tragen dazu bei, das in Art. 1 des Gründungsvertrags festgesetzte Ziel zu erreichen. Die OECD führt diese Aktivitäten auch ausdrücklich dazu durch, das in Art. 1 ihres Gründungvertrags festgeschriebene Ziel zu fördern. Korruptionsbekämpfung ist daher von den Zielen der OECD getragen. Zweifel an der Kompetenz der OECD zur Korruptionsbekämpfung wurden weder in der externen Praxis noch in der begleitenden Wissenschaft geäußert. Die Wissenschaft hat die Kompetenz der OECD zur Korruptionsbekämpfung vielmehr in einschlägigen Beiträgen bekräftigt.542 Die externe Praxis setzt die OECD Anti-Bestechungskonvention mit Verweis auf die wirtschaftlichen Schäden durch Korruption um und bewirbt die breite Umsetzung der Konvention.543 II. Das Prinzip der angemessenen Konkretisierung Im Recht internationaler Institutionen besteht keine Pflicht, vergleichbar dem nationalen öffentlichen Recht, eine Ausübung öffentlicher Gewalt auf eine konkrete Rechtsgrundlage zu stützen.544 Gleichwohl konkretisieren die Organe und Gremien der internationalen Institutionen ihre im Gründungsvertrag enthaltenen Kompeten-

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OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Erwägungsgrund 1; OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Erwägungsgrund 2. 541 OECD, The OECD Fights Corruption, 2006, abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/36/51/37418910.pdf (30. April 2009), S. 2. 542 Z.B. Webb, The United Nations Convention against Corruption – Global Achievement or Missed Opportunity, 8(1) Journal of International Economic Law (2005), S. 191 – 229, 195: „The OECD Convention reflects the organizationÏs interest in democratic government and the market economy as well as its specific objective of fighting corruption in international business to help level the playing field of companies.“ 543 Z.B. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie/Bundesministerium der Justiz, Korruption vermeiden – Hinweise für deutsche Unternehmen, die im Ausland tätig sind, 2006, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/korruption-vermei den,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (30. April 2009). 544 Ebensowenig existiert ein Grundsatz vergleichbar dem Wesentlichkeitsgrundsatz aufgrund dessen die Plenarorgane die wesentlichen Merkmale für eine grundlegende Regelung festlegen müssen. Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1903 f.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

zen, um eine detaillierte Ermächtigung für eine konkrete Aktivität zu schaffen.545 Dies gilt nicht nur für die rechtsverbindlichen, sondern oft auch für unverbindliche Akte internationaler Institutionen.546 Dies könnte ein Prinzip der angemessenen Konkretisierung begründen.547 Die Gremien internationaler Institutionen könnten verpflichtet sein, ihre Aktivitäten zum Schutz der individuellen Freiheit und der demokratischen Legitimation auf konkrete Rechtsgrundlagen zu stützen.548 Im Folgenden wird die Praxis zunächst anhand der OECD dargestellt. Anschließend werden die konkreten Rechtsgrundlagen des OECD-Berichtsverfahrens herausgearbeitet. 1. Resolutionen, Entscheidungen und Empfehlungen Die in Art. 1 des OECD-Gründungsvertrags definierten Ziele sind zu allgemein formuliert, als dass eine konkrete Aktivität daraus abgeleitet werden könnte. Für konkrete Aktivitäten der OECD konkretisieren daher der OECD-Rat und die OECDGremien die Ziele des Gründungsvertrags. Dies erfolgt einerseits durch institutionsinterne Resolutionen der OECD, wenn beispielsweise ein neues Gremium, ein Ausschuss oder eine Arbeitsgruppe, eingerichtet wird.549 Konkrete Rechtsgrundlagen, auf die eine OECD-Aktivität gestützt

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Siehe die institutionsinternen Konkretisierungen, um eine konkrete Rechtsgrundlage zu schaffen am Beispiel der OECD Guidelines for Multinational Enterprises bei Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1769 f. Siehe allgemein Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1903. 546 Zur Rechtsgrundlage von unverbindlichen Richtlinien der OECD siehe z. B. Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1769 f. 547 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, S. 1904. 548 Dazu ibid., S. 1904. Siehe zum Prinzip der positiven Legalität im Recht der EU von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9 (11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1935. 549 Zur Einsetzung von Expertengremien siehe oben in diesem Kap., A. III. 1. c). Die konkrete Rechtsgrundlage definiert dann im Einzelnen den Aufgabenbereich des Gremiums. Die Ratsresolution, die das Investment Committee eingesetzt hat, definiert den Aufgabenbereich des Investment Committee in OECD Council, Resolution of the Council on the Terms of Reference of the Investment Committee, [C(2004)3 and CORR1], 22. April 2004, Art. 3: „In carrying out its responsibilities, the Committee shall: 1. Have the task of further developing and strengthening co-operation among Member countries and with non-members in the fields of international investment and multinational enterprises, capital movements and international financial and other services. 2. Serve as a policy forum to examine issues in these fields and their role in globalisation and sustainable development, and to encourage best practices.

D. Kompetenzen

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wird, sind zudem in Entscheidungen und Empfehlungen enthalten, die der OECD-Rat verabschiedet und die Außenwirkung haben.550 Einmal konkretisierte Rechtsgrundlagen können im Verlauf der Durchführung der Aktivität durch das zuständige OECD-Gremium durch Resolutionen, Entscheidungen und Empfehlungen modifiziert werden. 2. Die Rechtsgrundlagen des OECD-Berichtsverfahrens Das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung ist auf mehrere, bis ins Detail ausdifferenzierte Rechtsgrundlagen gestützt. Die zentrale Rechtsgrundlage zur Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens liegt in einer Empfehlung des OECD-Rats: der Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions. Darin sind präzise Angaben hinsichtlich der Konzeption des Berichtsverfahrens festgelegt. Durch die Revised Recommendation wird das Investment Committee beauftragt, ein Verfahren zur effektiven Korruptionsbekämpfung durch die OECD Working Group on Bribery in Kooperation mit anderen OECD-Gremien durchzuführen. In Bezug auf dieses Verfahren gibt die Revised Recommendation im Einzelnen vor, regelmäßige Prüfungen der Umsetzung der zentralen Anti-Korruptionsinstrumente der OECD durch die Mitgliedstaaten durchzuführen. Den Mitgliedstaaten sollen, soweit angemessen, Vorschläge zur Verbesserung ihrer Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen unterbreitet werden. Die Revised Recommendation konkretisiert darüber hinaus den Rahmen des Verfahrens. Sie legt fest, dass sich zum einen die Staaten mithilfe von Fragebögen selbst bewerten. Zum anderen sollen Bewertungen durch die OECD Working Group on Bribery durchgeführt werden. Weiterhin sollen specific issues bezüglich der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr formuliert und überprüft werden.551 Diese 3. Carry out the tasks assigned to it by virtue of the OECD Declaration on International Investment and Multinational Enterprises and related Council Decisions and of the OECD Codes of Liberalisation of Capital Movements and of Current Invisible Operations, as amended by this Council Decision C(2004)3, and shall carry out such other tasks as the Council may assign to it. 4. Promote dialogue with the business community, labour representatives and nongovernmental organisations. 5. Engage in and support activities with non-member economies to strengthen co-operation and best practices, in co-operation with other international organisations. 6. Be responsible for monitoring and promoting co-ordination of all work carried out within the Organisation in the field of international investment and multinational enterprises, and for presenting proposals for this purpose to the Council or to other committees.“ 550 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 15. 551 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII: [The Council] „instructs the Committee on International Investment and Multinational Enterprises through its Working Group on Bribery in International Business Transactions, to carry out a programme

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Rechtsgrundlage des OECD-Berichtsverfahrens wurde ergänzt durch institutionsinterne OECD-Instrumente552 und durch die Decision of the Council concerning further Work on Combating Bribery in International Business Transactions. Diese Entscheidung legt fest, dass die Working Group on Bribery im Verlauf des OECDBerichtsverfahrens spezifische Aspekte von Bestechungspraktiken im Detail untersuchen und dem OECD-Rat anschließend darüber berichten soll. Zu diesem Zweck soll die Working Group on Bribery mit anderen OECD-Gremien sowie anderen internationalen Institutionen kooperieren. Im Detail untersucht werden sollen beispielsweise Bestechungspraktiken in Verbindung mit ausländischen politischen Parteien sowie aktive Bestechung gegenüber Personen, die Aussicht auf einen Posten als ausländischer Amtsträger haben.553 Eine allgemein gehaltene Rechtsgrundlage zur Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens ist schließlich in der OECD Antiof systematic follow-up to monitor and promote the full implementation of this Recommendation, in co-operation with the Committee for Fiscal Affairs, the Development Assistance Committee and other OECD bodies, as appropriate. This follow-up will include, in particular: i) receipt of notifications and other information submitted to it by the Member countries; ii) regular reviews of steps taken by Member countries to implement the Recommendation and to make proposals, as appropriate, to assist Member countries in its implementation; these reviews will be based on the following complementary systems: – a system of self-evaluation, where Member countriesÏ responses on the basis of a questionnaire will provide a basis for assessing the implementation of the Recommendation; – a system of mutual evaluation, where each Member country will be examined in turn by the Working Group on Bribery, on the basis of a report which will provide an objective assessment of the progress of the Member country in implementing the Recommendation. iii) examination of specific issues relating to bribery in international business transactions; iv) examination of the feasibility of broadening the scope of the work of the OECD to combat international bribery to include private sector bribery and bribery of foreign officials for reasons other than to obtain or retain business; v) provision of regular information to the public on its work and activities and on implementation of the Recommendation.“ Zu konkreten Rechtsgrundlagen der OECD Working Group on Bribery betreffend die externe und interne Kooperation siehe oben in diesem Kap., C. I. 3. 552 OECD, Investment Committee, Minutes of the meeting held 5 October 1994 of the IME Committee, [IME/M(94)2/ANN], 5. Oktober 1994. 553 OECD Council, Decision of the Council concerning further Work on Combating Bribery in International Business Transactions, [C(97)240/FINAL], 11. Dezember 1997: [The Council] „decides that the Committee on International Investment and Multinational Enterprises, through its Working Group on Bribery in International Business Transactions, in the context of its work pursuant to the 1997 Revised Recommendation as well as, where appropriate, the monitoring and follow-up which will be carried out under article 12 of the Convention, and in co-operation with other OECD bodies and international organisations, shall examine on a priority basis the following issues with a view to reporting conclusions to the 1999 OECD Council meeting at Ministerial level: – bribery acts in relation with foreign political parties; – advantages promised or given to any person in anticipation of that person becoming a foreign public official; – bribery of foreign public officials as a predicate offence for money laundering legislation; – the role of foreign subsidiaries and of offshore centres in bribery transactions.“

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

133

Bestechungskonvention enthalten. Darin werden alle Mitgliedstaaten zur Kooperation im Hinblick auf die Durchführung eines Verfahrens zur Überwachung und Förderung der Umsetzung der Anti-Bestechungskonvention verpflichtet.554

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens Dieser Abschnitt stellt die Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens vor. Entwicklung und Durchführung dieser Governance by Information lassen sich in sechs Abschnitte unterteilen.555 Der erste Abschnitt betrifft die Problemartikulation. Dargestellt wird, welche Impulse zur Entwicklung des OECDBerichtsverfahrens führten. Der zweite Abschnitt stellt die Ziele des OECD-Berichtsverfahrens vor.556 Der dritte Abschnitt stellt die Konzeption und Ausarbeitung des OECD-Berichtsverfahrens in der OECD dar. Viertens werden die rechtlichen Grundlagen des Berichtsverfahrens sowie die Regeln zu deren Annahme herausgearbeitet.557 Der fünfte Abschnitt zeigt die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens. Sechstens wird die Rechenschaftspflichtigkeit der verantwortlichen Akteure analysiert und die Mechanismen zur Kontrolle des OECD-Berichtsverfahrens werden herausgearbeitet. Die Rechenschaftspflichtigkeit und Kontrolle sind zwar kein Bestandteil der Entwicklung und Durchführung des Berichtsverfahrens, vor dem Hintergrund, eine öffentlich-rechtliche Fassung der Governance-Aktivität vorzunehmen, ist die Kenntnis der zur Verfügung stehenden Kontrollmechanismen jedoch erforderlich.

554

OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 12: „The Parties shall cooperate in carrying out a programme of systematic follow-up to monitor and promote the full implementation of this Convention.“ 555 Die Einteilung des Verfahrens ist angelehnt an ein verwaltungsrechtliches Modell zur Erfassung politischer Verfahren von Mayntz, Die Implementation politischer Programme: Theoretische Überlegungen zu einem neuen Forschungsgebiet, 10(1) Die Verwaltung (1977), S. 51 – 66. Das Modell von Mayntz identifiziert fünf Stufen. Diese sind Problemartikulation, Zieldefinition, Programmentwicklung, Implementation und Auswirkungen. Die Auswirkungen sind an dieser Stelle, der rechtlichen Untersuchung der Governance-Aktivität, nicht relevant. Sie werden ausführlich untersucht unten 4. Kap., C. II. 556 Für die rechtliche Analyse sowie für die rechtsdogmatische Fassung sind die Ziele einer Aktivität von grundlegender Bedeutung, weil die politischen Ziele die Konzeption der Aktivität wesentlich bestimmen. Ibid., S. 60. 557 Neben den von Mayntz aufgestellten Parametern werden die rechtlichen Grundlagen sowie deren Regeln zur Annahme aus zwei Gründen untersucht. Erstens bestehen bezüglich der Annahme keine verbindlichen Regeln, und zweitens ist bei soft law-Aktivitäten die Bereitschaft der Akteure an der aktiven Beteiligung – ausgedrückt durch die Annahme – ausschlaggebend für die Effektivität der Aktivität.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

I. Problemartikulation Die Problemartikulation ist für die rechtliche Erfassung einer Governance-Aktivität erforderlich, da sie Auswirkungen auf die übrigen Verfahrensabschnitte und insbesondere auf die Konzeption des spezifischen Verfahrens hat.558 In diesem Abschnitt wird die zentrale Rolle, die Berichtsverfahren im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung spielen, aufgezeigt. Während der Verhandlungen zur OECD Anti-Bestechungskonvention559 wurde die Schwierigkeit einer effektiven, auf die jeweiligen staatlichen Bedürfnisse angepassten Korruptionsbekämpfung erörtert. Es herrschte Einigkeit darüber, dass ein Verfahren entwickelt werden sollte, das die Effektivität der Korruptionsbekämpfung staatenspezifisch sicherstellen und nachdrücklich auf die Verbesserung der jeweiligen Rechtslage und Politikgestaltung der teilnehmenden Staaten hinwirken sollte.560 Infolge dieser Übereinkunft wurde Art. 12 in die OECD Anti-Bestechungskonvention eingefügt, der die rechtliche Grundlage für die Entwicklung eines entsprechenden Verfahrens festsetzt.561 Begleitende Empfehlungen des OECD-Rats wiesen die Verantwortung für die Entwicklung und Durchführung eines Verfahrens im Sinn von Art. 12 OECD Anti-Bestechungskonvention der OECD Working Group on Bribery zu.562 II. Zieldefinition Ziel des Verfahrens im Sinn von Art. 12 OECD-Anti-Bestechungskonvention ist es, die nationalen Anti-Korruptionsmaßnahmen zu verbessern.563 Im Einzelnen soll das Verfahren erstens die Korruptionsbekämpfung der teilnehmenden Staaten gemäß dem Prinzip der funktionalen Äquivalenz sichern.564 Es sollen staatenspezifische Anforderungen formuliert werden, um so die Staaten zur Durchführung derjenigen staatlichen Politiken zu veranlassen, die die Korruptions558 Mayntz, Die Implementation politischer Programme: Theoretische Überlegungen zu einem neuen Forschungsgebiet, 10(1) Die Verwaltung (1977), S. 51 – 66, 60. 559 Zur Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung und der zentralen Rolle der OECD Anti-Bestechungskonvention siehe oben 1. Kap., A. 560 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 448. 561 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 12: „The Parties shall cooperate in carrying out a programme of systematic follow-up to monitor and promote the full implementation of this Convention.“ 562 Dazu siehe oben in diesem Kap., D. II. 2. 563 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 448 f. 564 Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 27 f. Zum Prinzip der functional equivalence siehe oben 1. Kap., C. II.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

135

bekämpfung im jeweiligen Staat am effektivsten verbessern.565 Die Staaten sollen dahingehend beeinflusst werden, ihre rechtliche und tatsächliche Korruptionsbekämpfung gemäß den durch das zuständige OECD-Gremium – der OECD Working Group on Bribery – staatenspezifisch formulierten Vorgaben auszugestalten.566 Das Verfahren soll zweitens die Transparenz der staatlichen Aktivitäten gewährleisten.567 Die Transparenz soll in mehrere Richtungen zielen. Zunächst sollen die am Berichtsverfahren teilnehmenden Akteure über die jeweiligen Politiken der anderen Staaten informiert werden. Die Allgemeinheit soll die Gelegenheit erhalten, sich über die Politikgestaltung ihrer Staaten, im Vergleich zu anderen Staaten zu informieren. Außerdem soll die Transparenz die Effektivität der nationalen Korruptionsbekämpfung fördern.568 Drittens soll das Verfahren den Dialog zwischen den verantwortlichen Akteuren im Handlungsfeld der Korruptionsbekämpfung fördern.569 Der transnational geführte Meinungsbildungsprozess soll eine gemeinsame Wertauffassung schaffen.570 Außerdem soll den beteiligten Akteuren die Gelegenheit gegeben werden, ihre Standpunkte hinsichtlich einzelner Aspekte der Korruptionsbekämpfung sowie Einzel565

OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Präambel Abs. 7 i.V.m. OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http://www.oecd.org/ document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 2: „This Convention seeks to assure a functional equivalence among the measures taken by the Parties to sanction bribery of foreign public officials, without requiring uniformity or changes in fundamental principles of a PartyÏs legal system.“ Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47, 37. 566 Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 3. 567 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII, v); Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 449 f.; Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47, 37. 568 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 22. 569 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII, ii). 570 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 22. Dazu Haas, Introduction: Epistemic Communities and International Policy Coordination, 46(1) International Organization (1992), S. 1 – 35.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

heiten ihres nationalen Rechts und dessen Anwendung zu diskutieren. Durch Dialog und Transparenz soll der gegenseitige Lernprozess und Leistungsaufbau gefördert werden.571 III. Konzeption und Ausarbeitung Ausgehend von der Problemartikulation und der Zieldefinition hat die OECD Working Group on Bribery das Verfahren im Detail konzipiert und ausgearbeitet.572 Der folgende Abschnitt arbeitet zunächst die Konzeption und anschließend die von der Working Group on Bribery definierten Verfahrensregeln des OECD-Berichtsverfahrens heraus. Dann werden die Dokumente, die die Außenwirkung hervorrufen sollen – die Berichte, vorgestellt. 1. Konzeption des OECD-Berichtsverfahrens Die OECD Working Group on Bribery hat das Berichtsverfahren in zwei Phasen konzipiert. Diese sind mit dem Ziel ausgestaltet, die Staaten mittels systematischer Informationsbeschaffung, -bewertung und -verbreitung zu beeinflussen.573 Derzeit arbeitet die Working Group on Bribery an der Konzeption eines post-Phase 2 Verfahrens.574 Darin erwägt sie eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen.575 In der ersten Phase werden Informationen bezüglich der Rechtslage der teilnehmenden Staaten gesammelt. Diese werden anhand der OECD Anti-Bestechungskonvention und OECD-Empfehlungen aus dem Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung bewertet. In Form eines Berichts werden die erarbeiteten Informationen veröffentlicht. Ziel der ersten Phase ist es, die teilnehmenden Staaten zu veranlassen, ihre Rechtslage an den internationalen Bewertungsmaßstab – die OECD 571 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 22. 572 Zur Verfahrensstufe der Entwicklung siehe Mayntz, Die Implementation politischer Programme: Theoretische Überlegungen zu einem neuen Forschungsgebiet, 10(1) Die Verwaltung (1977), S. 51 – 66, 54. 573 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, Abschnitt VIII ii). 574 OECD, Consultation Paper – Review of the OECD Instruments on Combating Bribery of Foreign Public Official in International Business Transactions Ten Years after Adoption, 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/18/25/39882963.pdf (30. April 2009), Nr. 78. 575 Zu Optionen, das OECD-Berichtsverfahren mit Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen zu verbinden und zu weiteren post-Phase 2 Vorschlägen siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 433 f., 473 f.; Tarullo, The Limits of Institutional Design: Implementing the OECD Anti-Bribery Convention, 44 Virginia Journal of International Law (2004), S. 665 – 710, 701.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

137

Anti-Bestechungskonvention und die OECD-Empfehlungen zur Korruptionsbekämpfung – anzupassen.576 In der zweiten Phase werden Informationen über die Anwendung der rechtlichen Anti-Korruptionsvorschriften sowie über institutionelle Einrichtungen, die der Korruptionsbekämpfung dienen, gesammelt. Diese Informationen werden ebenfalls am Maßstab der Anti-Korruptionsvorgaben der OECD bewertet und anschließend in einem Bericht veröffentlicht. Diese Phase ist darauf gerichtet, die Staaten dahingehend zu bestimmen, Strukturanpassungen vorzunehmen und ihre Institutionen entsprechend den Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery im Hinblick auf eine effektive Korruptionsbekämpfung zu organisieren.577 Für die zweite Phase hat die Working Group on Bribery das Fortschrittsverfahren konzipiert, durch das die Modifikationen des jeweils bewerteten Staates seit dem Phase 2-Bericht bewertet werden. Im Rahmen des Fortschrittsverfahrens berichtet der bewertete Staat ein Jahr nach Veröffentlichung des Phase 2-Berichts mündlich über die von ihm infolge des Phase 2-Berichts getroffenen Maßnahmen. Einen schriftlichen Bericht muss der Staat zwei Jahre nach Veröffentlichung des Phase 2Berichts bei der Working Group on Bribery einreichen.578 Diese Informationen werden in der Working Group on Bribery bewertet, in einem Bericht zusammengefasst und nach Annahme veröffentlicht.579 Als verfahrensmäßigen Bestandteil des OECD-Berichtsverfahrens hat die OECD Working Group on Bribery die Tour de Table-Exercises konzipiert.580 Das Tour de Table-Verfahren findet regelmäßig statt. Beim Tour de Table berichtet jedes Land fünf Mal jährlich über aktuelle Gesetzgebungsprojekte sowie über Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen. Festgestellt werden soll, ob die Empfehlungen beachtet werden und wie sich die Anti-Korruptionspolitik der Staaten weiterentwickelt, insbesondere im Hinblick auf diejenigen Sachverhalte, deren weitere Überwachung sich die Working Group on Bribery in den specific issues in den Berichten vorgemerkt 576 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 452 ff.; Pieth, Das OECDÜbereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 19. 577 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 457 ff.; Pieth, Das OECDÜbereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 21. 578 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, IV E. 579 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 469 ff. Zum Fortschrittsverfahren am Beispiel Frankreichs siehe oben 2. Kap., B. IV. 1. 580 Ibid., 450 f.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

hat.581 Während der Tour de Table berichtet darüber hinaus jedes Land von neuen Fällen und gegebenenfalls Verurteilungen sowie bekannt gewordenen Strafuntersuchungen. Die anderen Staaten haben das Recht, den betreffenden Staat zu konkreten Fällen zu befragen.582 Die OECD Working Group on Bribery hat neben den regelmäßig durchzuführenden Verfahren außerordentliche Verfahren konzipiert, die sie bei Staaten durchführen kann, deren Bewertungen durchgehend negativ ausfallen.583 Zweck der Verfahren ist, die Effektivität des OECD-Berichtsverfahrens zu gewährleisten. Die Working Group on Bribery hat einen weiten Ermessensspielraum hinsichtlich der Anordnung und Durchführung dieser außerordentlichen Verfahren.584 Sie hat eine Reihe von Maßnahmen ausgearbeitet, die sie anordnet und durchführt, wenn die Staaten ihre Empfehlungen nicht angemessen umsetzen.585 Diese Maßnahmen zur Gewährleistung der Effektivität des OECD-Berichtsverfahrens auch gegen den Willen des betroffenen Staates durchzuführen, liegt im Ermessen der OECD Working Group on Bribery.586 Die wichtigsten dieser außerordentlichen Verfahren sind die bis-Verfahren, die von der Working Group on Bribery sowohl in der ersten Phase, als auch in der zweiten Phase angeordnet und durchgeführt werden können. Das bis-Verfahren der Phase 2 beinhaltet einen weiteren Staatenbesuch der Prüfungsgruppe.587 Weder in der Phase 1 noch in der Phase 2 ist die Zustimmung des Staates zur Durchführung eines bisVerfahrens erforderlich.588 Neben den bis-Verfahren kann ein Staat bei jedem Treffen der Working Group on Bribery auch gegen seinen Willen verpflichtet werden, außerhalb der regelmäßigen

581

Zu den specific issues siehe unten in diesem Kap., E. III. 3. a). Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 18. 583 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 456 f.; Pieth, Das OECDÜbereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 20. 584 Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 36. 585 Zu den Maßnahmen ausführlich siehe OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VIII. 586 Pieth, Introduction, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 3 – 41, 36. Siehe auch OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VIII C Satz 1: „In cases where there is continued failure to implement […] further steps might be considered by the Working Group“. 587 Siehe zu den bis-Verfahren an den Beispielen Großbritanniens und Japans oben 2. Kap., B. IV. 2. und 3. 588 Siehe oben 2. Kap., B. IV. 2. 582

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

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Tour de Table-Verfahren über Fortschritte zu berichten.589 Bei anhaltender Nichtumsetzung der Empfehlungen durch einen Staat kann die Working Group on Bribery darüber hinaus selbst weitere Nachforschungen anstellen. Diese können Interviews mit Vertretern des betroffenen Staates auf höchster politischer Ebene beinhalten.590 Öffentliche Bekanntmachungen über die Nichtumsetzung der Empfehlungen sind in diesem Fall auch ohne Einverständnis des betroffenen Staates zusätzlich vorgesehen.591 2. Ausarbeitung der Verfahrensregeln Die OECD Working Group on Bribery hat für die Durchführung des OECDBerichtsverfahrens Verfahrensregeln schriftlich festgesetzt, im Konsensverfahren angenommen und veröffentlicht.592 Sie werden von der OECD Working Group on Bribery regelmäßig überarbeitet.593 Die Verfahrensregeln legen die einzelnen Verfahrensschritte des Berichtsverfahrens im Detail fest. Für das Verfahren der Phase 1 hat die Working Group on Bribery einen zwölf-seitigen Fragebogen ausgearbeitet. Der Fragebogen wurde von der Working Group on Bribery in einer vorläufigen Fassung ins Internet gestellt, um den am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten die Möglichkeit zu geben, sich im Hinblick auf die weitere Überarbeitung des Fragebogens zu äußern. Die endgültige Fassung des Fragebogens wurde von der Working Group on Bribery angenommen und ebenfalls im Internet veröffentlicht.594 Die Verfahrensregeln für das Verfahren der Phase 2 sind umfangreich und detailliert. Die Working Group on Bribery entwickelte auf 30 Seiten die „Revised

589 „In the event that a country has failed to take action to implement effectively the recommendations of a Phase 2 report (…), it will be required to provide additional reports on its progress in implementing these recommendations within a fixed timeframe.“ OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VII C Satz 1. 590 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VII C and VIII C. Siehe dazu das Beispiel Japans oben 2. Kap., B. IV. 3. 591 Ibid., VIII C (v). 592 Die überarbeiteten Verfahrensregeln der Phase 2 wurden von der OECD Working Group on Bribery in einem Dokument zusammengefasst. OECD, Anti-Bribery Convention, Phase 2 Monitoring Information Resources, http://www.oecd.org/dataoecd/6/21/37916829.pdf (30. April 2009). Zur Annahme der Verfahrensvorgaben in der OECD Working Group on Bribery siehe OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/ REV3, 27. Februar 2006, Introduction; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 771. 593 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, Introduction. 594 OECD, Phase 1 Questionnaire: First Self-Evaluation and Mutual Review of Implementation of the Convention and 1997 Recommendation, DAFFE/IME/BR(98)8/ADD1/ FINAL, 30. Oktober 1998.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Guidelines for Phase 2 Reviews“.595 Diese beinhalten neben detaillierten Verfahrensregeln genaue Zeitvorgaben für die Durchführung des Verfahrens, eine Dokumentvorlage für die schriftliche Selbstbewertung der Staaten, eine graphische Darstellung des gesamten Verfahrensverlaufs, eine Formvorlage für die Executive Summary der Berichte sowie genaue Vorgaben für das Verfahren in der Working Group on Bribery. Außerdem arbeitete die OECD Working Group on Bribery die 12seitigen „Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2“ sowie einen 15-seitigen Fragebogen für die Phase 2 aus.596 Der Ablauf der Staatenbesuche ist im Detail festgelegt. Unter anderem sind die Zuständigkeiten und Aufgaben der Experten in den Prüfungsgruppen bestimmt und ein präziser Zeitplan für die Durchführung der Staatenbesuche festgesetzt.597 Hinsichtlich der Kosten des OECD-Berichtsverfahrens sehen die Verfahrensregeln vor, dass die Heimatstaaten der Experten, die in einer Prüfungsgruppe einen Staatenbesuch durchführen, deren Reisekosten und Ausgaben begleichen. Vorgesehen ist, dass jeder Staat jeweils ein bis drei Experten zu Staatenbesuchen von zwei anderen Staaten entsendet.598 Die Kosten der Experten in den Prüfungsgruppen, die das OECD Sekretariat stellt, trägt die OECD.599 Der untersuchte und bewertete Staat zahlt die Beantwortung des Fragebogens, einschließlich gegebenenfalls anfallender Übersetzungskosten sowie die Vorbereitungen für die Staatenbesuche.600

595 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006. 596 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001; OECD, Phase 2 Questionnaire, DAFFE/IME/BR/WD(2000)36/FINAL, 24. Januar 2001. Zum Fragebogen siehe auch Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 458 f. 597 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, insbesondere Annex 1: Phase 2 Review Template Schedule; OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, relevant ist speziell der Annex: Terms of Reference for On-Site Visits. 598 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 22. 599 Ibid., Nr. 21 ff. Die GRECO hat im Gegensatz zu dieser Regelung des OECD-Berichtsverfahrens ein eigenes Budget für ihr Berichtsverfahren. Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 55. 600 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 23.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

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3. Inhalt und Aufbau der Berichte Die zentralen Dokumente des OECD-Berichtsverfahrens sind die an die Adressaten des Verfahrens – die Staaten – gerichteten Berichte.601 Ein Bericht ist zwischen 50 und 80 Seiten lang. Aufbau und Form der einzelnen Berichtstypen werden im Folgenden vorgestellt. a) Die Berichte der Phase 1 Die Berichte der Phase 1 enthalten detaillierte Analysen der Rechtslage des betroffenen Staates im Bereich der Korruptionsbekämpfung. Einleitend werden der Verlauf des Ratifizierungsverfahrens und die Gesetzgebung zur Umsetzung der OECD Anti-Bestechungskonvention ausführlich dargestellt. Im Hauptteil der Phase 1-Berichte werden die Tatbestandsmerkmale der internationalen Instrumente, die den Bewertungsmaßstab ausmachen, nacheinander aufgeführt und die nationalen Gesetze daran gemessen. Im Anschluss wird die Bewertung der nationalen Gesetzeslage durch die Working Group on Bribery dargestellt. Der Bericht endet mit der Festlegung der specific issues.602 b) Die Berichte der Phase 2 Im Phase 2-Bericht wird nach einer Executive Summary der Ablauf des Staatenbesuchs im Einzelnen dargestellt. Es werden Ausführungen zur Zusammensetzung der Prüfungsgruppe gemacht sowie detaillierte Angaben zu den öffentlichen und privaten Institutionen, die Interviewpartner entsandt haben.603 Die Kooperation des bewerteten Staates vor und im Verlauf des Staatenbesuchs hinsichtlich der Offenlegung von Informationen wird dargestellt und bewertet. Schließlich wird die Organisation des Staatenbesuchs durch den bewerteten Staat zusammengefasst und beurteilt.604 Anschließend wird ein Überblick über das Rechtssystem und die wirtschaftliche Situation des bewerteten Staates ausgearbeitet. In diesem Zusammenhang wird die Entwicklung bezüglich der als specific issues im Phase 1-Bericht vorgemerkten kritischen Aspekte dargestellt und bewertet.605 Schließlich werden der Zweck und die Methodik der Informationsbeschaffung und -auswertung sowie der Gang der Untersuchung offen gelegt.606 601

Alle Berichte sind öffentlich zugänglich und von der Homepage der OECD abrufbar. OECD, Country Reports on the Implementation of the OECD Anti-Bribery Convention and the 1997 Revised Recommendation, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/24/ 0,3343,en_2649_34859_1933144_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 602 Zu den specific issues siehe oben 2. Kap., A. I. 1. Siehe z. B. die specific issues am Ende des Phase 1 Berichts Belgiens in OECD, Belgium: Phase 1 Country Report, Oktober 1999, S. 20 ff. 603 Details zu den befragten Institutionen werden in Anhängen zu den Berichten ausgeführt. 604 OECD, Netherlands: Phase 2 Report, 15. Juni 2006, Nr. 6 – 11. 605 Siehe OECD, Belgium: Phase 2 Report, 21. Juli 2005, Nr. 1f. 606 Z.B. OECD, Germany: Phase 2 Report, 4. Juni 2003, Nr. 4ff.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Die mittels Fragebogen und Staatenbesuch ermittelten Informationen bilden den Hauptteil des Berichts. Einzelne Aspekte werden durch hervorgehobene Kommentare der Prüfungsgruppe bewertet und gegebenenfalls der weiteren Überprüfung durch die Working Group on Bribery anempfohlen.607 Abschließend sind die staatenspezifischen Empfehlungen der Working Group on Bribery an die nationalen Entscheidungsträger, sowie die specific issues aufgeführt. c) Die Fortschrittsberichte Die Veröffentlichung der Fortschrittsberichte ist auf zwei Jahre nach Veröffentlichung der Berichte der Phase 2 festgelegt.608 Die Daten, die die OECD Working Group on Bribery der Bewertung im Fortschrittsbericht zugrunde legt, werden erstens durch einen mündlichen Bericht des betroffenen Staates während eines Treffens der Working Group on Bribery und einer in diesem Rahmen stattfindenden Befragung des Staates durch die Mitglieder der Prüfungsgruppe sowie anderer Experten gewonnen. Den Bericht muss der Staat ein Jahr nach Veröffentlichung des Phase 2-Berichts ablegen.609 Zweitens werden Daten zwei Jahre nach Veröffentlichung des Phase 2Berichts mittels eines Fragebogens ermittelt.610 Der Fragebogen wird von der Working Group on Bribery jeweils staatenspezifisch, basierend auf den Empfehlungen an den betroffenen Staat im Phase 2-Bericht ausgearbeitet.611 Der bewertete Staat soll seine Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen umfassend darstellen.612 Bei Unzulänglichkeiten in der Berichterstattung kann die Working Group on Bribery zusätzliche Informationen einfordern.613 Vielfach reichen die Staaten über den Fragebogen hinaus Zusatzinformationen ein.614 Zum Teil wird von der OECD Working Group on Bribery verlangt, dass regierungsunabhängige Experten eigene Bewertungen vornehmen und ebenfalls einreichen.615 607 In Anhängen zu den Berichten werden darüber hinaus Einzelheiten zur Korruptionsbekämpfung des bewerteten Staates vermerkt, wie beispielsweise Statistiken über Anklagen und Verurteilungen in Zusammenhang mit Korruption. Außerdem werden die befragten Institutionen im Detail aufgelistet. 608 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, IV E 2. 609 Ibid., IV E 3, VII A. Zu den von den mündlichen Fortschrittsberichten zu trennenden Tour de Table-Exercises siehe oben 2. Kap., B. IV. 3. 610 Ibid., Annex 4: Standard Structure for Executive Summary. 611 Ibid., Annex 2: Proposed Template for Written Follow-up to Phase 2 Reports. 612 Ibid., IV E 1, 4. 613 Siehe diesbezüglich die Gründe des Phase 2bis-Verfahrens gegenüber Japan oben 2. Kap., B. IV. 3. 614 Siehe z. B. OECD, Australia: Phase 2 Follow-up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 29. August 2008, Supplementary Information, S. 28 ff., Attachments, S. 36 ff. 615 So z. B. in Japan. Siehe OECD, Japan: Phase 2 Follow-up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 10. Oktober 2007, S. 7 – 44.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

143

Die Informationen der Staatenberichte werden von der Working Group on Bribery zusammengefasst und ausführlich bewertet. Die Working Group on Bribery bewertet in diesem Zusammenhang auch die Umsetzung der im Phase 2-Bericht enthaltenen Empfehlungen und stuft diese als „satisfactorily implemented“, „partially implemented“ und „not implemented“ ein. Diejenigen Empfehlungen, die nicht als „satisfactorily implemented“ bewertet werden, werden in den bis-Verfahren sowie in den Tour de Table-Exercises weiterverfolgt. d) Die Berichte der außerordentlichen bis-Verfahren Berichte des Phase 1bis-Verfahrens stellen zunächst das Defizit der staatlichen Korruptionsbekämpfung dar, das die OECD Working Group on Bribery veranlasst hat, ein bis-Verfahren durchzuführen. Anschließend werden die Methodik der Informationsbeschaffung und -auswertung sowie der Gang der Untersuchung und der Aufbau des Phase 1bis-Berichts offen gelegt.616 Dann werden die Gesetze vorgestellt, die als Folge des Phase 1-Berichts erlassen wurden. Die Gesetze werden bewertet und Empfehlungen hinsichtlich der weiteren Verbesserung im bis-Bericht niedergelegt. War mit der Ankündigung eines bisVerfahrens eine konkrete Anforderung an den betroffenen Staat verbunden, wird deren Umsetzung im Einzelnen überprüft und bewertet.617 Ein Bericht eines Phase 2bis-Verfahrens fasst nach einer Executive Summary zunächst die nationale tatsächliche Korruptionsbekämpfung zusammen und zeigt die Defizite auf. Darauffolgend wird wie im Phase 1bis-Bericht die Methodik der Informationsbeschaffung und -auswertung, der Ablauf des erneut durchgeführten Staatenbesuchs sowie der Gang der Untersuchung dargestellt.618 Anschließend werden die zusammengetragenen Informationen von der OECD Working Group on Bribery bewertet. Kommentare der Prüfungsgruppe werden im Bericht hervorgehoben. Zuletzt setzt die Working Group on Bribery erneut Empfehlungen zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung fest und stellt specific issues zur weiteren Nachverfolgung auf.619

616 617

IV. 2. 618 619

Siehe z. B. OECD, United Kingdom: Phase 1bis Report, 3. März 2003, S. 2. Siehe zur Anforderung an Großbritannien in diesem Zusammenhang oben 2. Kap., B. Siehe z. B. OECD, Japan: Phase 2bis Report, 15. Juni 2006, S. 4, 7 f. Siehe zum Phase 2bis-Verfahren gegenüber Japan oben 2. Kap., B. IV. 3.

144

1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

IV. Die rechtlichen Grundlagen Die Rechtsgrundlagen zum OECD-Berichtsverfahren sind in einer Empfehlung, einer Entscheidung sowie in einem völkerrechtlichen Vertrag niedergelegt.620 Die Verfahrensregeln sind in einem Dokument der OECD Working Group on Bribery enthalten. Die Annahme der rechtlichen Grundlagen, die die OECD Working Group on Bribery zur Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens ermächtigen, ist von Bedeutung, da die Effektivität von Aktivitäten, die (auch) auf soft law beruhen, in erheblichem Ausmaß von der Zustimmung der teilnehmenden Akteure abhängt. Die Annahme von Empfehlungen und Entscheidungen erfolgt in der OECD gemäß Art. 6 des OECD-Gründungsvertrags durch Einstimmigkeit.621 Jeder Staat hat eine Stimme.622 Enthaltungen stehen der Gültigkeit einer Entscheidung oder Empfehlung nicht entgegen. Die Entscheidung oder Empfehlung ist dann auf alle Staaten, die eine positive Stimme abgegeben haben, anwendbar, nicht aber auf den Staat, der sich enthalten hat.623 Dieses Verfahren erleichtert die Entscheidungsfindung unter dem Erfordernis der Einstimmigkeit. Gleichzeitig bewirkt es, dass eine angenommene Entscheidung oder Empfehlung nicht notwendig auf alle Mitgliedstaaten der OECD anwendbar ist.624 Entscheidungen sind nicht per se verbindlich für die Mitgliedstaaten. Sie ähneln völkerrechtlichen Verträgen, die von einer internationalen Institution ausgearbeitet und den Staaten zur Ratifikation vorgelegt werden.625 Die Mitgliedstaaten können sich darauf verständigen, dass die Entscheidung für sie vorläufig gültig ist.626

620

Zu den rechtlichen Grundlagen des OECD-Berichtsverfahrens siehe oben in diesem Kap., D. II. 2. 621 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 6 Abs. 1: „Unless the Organisation otherwise agrees unanimously for special cases, decisions shall be taken and recommendations shall be made by mutual agreement of all the Members.“ Siehe dazu Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 788. 622 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 6 Abs. 2 Satz 1: „Each Member shall have one vote.“ 623 Ibid., Art. 6 Abs. 2 Satz 2: „If a Member abstains from voting on a decision or recommendation, such abstention shall not invalidate the decision or recommendation, which shall be applicable to the other Members but not to the abstaining Member.“ 624 Dazu Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 827. 625 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 6 Abs. 3 Satz 1: „No decision shall be binding on any Member until it has complied with the requirements of its own constitutional procedures.“ Dazu Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 827, der kritisiert, dass diese Regelung der Schaffung eines einheitlichen Aquis entgegenstehen kann. 626 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179, Art. 6 Abs. 3 Satz 2: „The other Members may agree that such a decision shall apply provisionally to them.“.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

145

Einer gesonderten Betrachtung bedürfen die acht Nichtmitgliedstaaten der OECD, die am OECD-Berichtsverfahren teilnehmen.627 Im OECD-Rat sind diese acht Staaten nicht teilnahme- oder stimmberechtigt und hatten daher nicht die Möglichkeit, über die im Rat angenommenen Rechtsgrundlagen mit abzustimmen. Der in der OECD Anti-Bestechungskonvention enthaltenen Rechtsgrundlage stimmten sie im Rahmen ihres Beitritts zur Anti-Bestechungskonvention zu. Für diese acht am Verfahren beteiligten Nichtmitgliedstaaten der OECD gilt Art. 13 der OECD Anti-Bestechungskonvention.628 Relevant ist insbesondere Art. 13 Abs. 2 Satz 1 OECD Anti-Bestechungskonvention, demzufolge Nichtmitgliedstaaten dann am Berichtsverfahren teilnehmen können, wenn sie volle Mitglieder der OECD Working Group on Bribery sind.629 In dem offiziellen Kommentar zur OECD Anti-Bestechungskonvention wird die Teilnahme von Nichtmitgliedstaaten in der OECD Working Group on Bribery ausdrücklich willkommen geheißen.630 Die OECD Working Group on Bribery selbst fordert, dass die Nichtmitgliedstaaten besondere Anforderungen erfüllen, die eine Teilnahme mit den vollen Rechten, gleichwertig denen der Mitgliedstaaten in der OECD Working Group on Bribery, begründen und rechtfertigen.631 627 Zu den Vertragsstaaten der OECD Anti-Bestechungskonvention siehe oben in diesem Kap., E. I. 1. a). 628 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 13: Signature and Accession 1. Until its entry into force, this Convention shall be open for signature by OECD members and by non-members which have been invited to become full participants in its Working Group on Bribery in International Business Transactions. 2. Subsequent to its entry into force, this Convention shall be open to accession by any nonsignatory which is a member of the OECD or has become a full participant in the Working Group on Bribery in International Business Transactions or any successor to its functions. For each such non-signatory, the Convention shall enter into force on the sixtieth day following the date of deposit of its instrument of accession. Zu Art. 13 der OECD Anti-Bestechungskonvention siehe OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/1/ 0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 37. 629 Zur dualen Funktion der OECD Working Group on Bribery siehe oben in diesem Kap., C. II. 2. a) (Fn. 503). 630 OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 37 Satz 2: „Full participation by non-members in this Working Group is encouraged and arranged under simple procedures.“ Zum offiziellen Kommentar zur OECD Anti-Bestechungskonvention siehe oben 1. Kap., A. I. (Fn. 70). 631 Zu den Anforderungen an Staaten, die sich um die Teilnahme in der Working Group on Bribery bewerben, siehe den von der OECD Working Group on Bribery dazu ausgearbeiten Fragebogen: OECD, Questionnaire to Countries Seeking to Participate in the Working Group on Bribery in International Business Transactions and Accession to the OECD Convention on

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Mit ihrem Eintritt in die Working Group on Bribery nehmen die Nichtmitgliedstaaten der OECD bestehende rechtliche Grundlagen des OECD-Berichtsverfahren sowie die Rechtsinstrumente, die den rechtlichen Bewertungsmaßstab des Berichtsverfahrens ausmachen, an.632 Von dem Zeitpunkt ihres Eintritts an sind die Nichtmitgliedstaaten der OECD mit den gleichen Rechten ausgestattet wie die Mitgliedstaaten und können unter anderem über Überarbeitungen der in der OECD Working Group on Bribery angenommenen Verfahrensregeln mit abstimmen.633 V. Durchführung Die Durchführung des Berichtsverfahrens kann in drei Schritte eingeteilt werden. Diese sind erstens Datenbeschaffung, zweitens Datenauswertung und Ausarbeitung der Berichte und drittens Annahme der Berichte in der OECD Working Group on Bribery und Veröffentlichung im Internet.634 Die drei Verfahrensschritte finden auf beide für das Berichtsverfahren konzipierte Phasen einschließlich des Fortschrittsverfahrens Anwendung. Sie finden entsprechend Anwendung auf die außerordentlichen bis-Verfahren. 1. Datenbeschaffung Im ersten Verfahrensschritt werden die Informationen gesammelt. Die Datenbeschaffung erfolgt mithilfe von Fragebögen und – in der Phase 2 – durch Interviews und vor-Ort-Recherche im Rahmen von Staatenbesuchen.

Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, DAFFE/ IME/BRWD(2004)9, 3. November 2004. Siehe auch Bonucci, Articles 13 – 17. Final Provisions, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 476 – 505, 483 ff. Zu den allgemeinen Vorgaben der OECD in Bezug auf die Teilnahme von Nichtmitgliedstaaten siehe oben in diesem Kap., C. I. 2. 632 Zum rechtlichen Maßstab der Bewertung siehe unten in diesem Kap., E. V. 2. a). 633 Als volle Mitglieder der OECD Working Group on Bribery stimmen die Nichtmitgliedstaaten auch über die Annahme der abschließenden Berichte des OECD-Berichtsverfahrens ab. Zur Kooperation der OECD mit Nichtmitgliedstaaten im Hinblick auf das OECDBerichtsverfahren siehe auch oben in diesem Kap., C. II. 2. c). Siehe auch OECD, On-line Guide to Intergovernmental Activity, abrufbar unter: http://www2.oecd.org/oecdgroups/ (30. April 2009), Directorate for Financial and Enterprise Affairs, Investment Committee, Working Group on Bribery in International Business Transactions i.V.m. OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 8.6. 634 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 21.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

147

a) Fragebögen Fragebögen werden zur Recherche sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase des Berichtsverfahrens eingesetzt.635 Neben dem Standardfragebogen werden in der Phase 2 staatenspezifische Fragebögen eingesetzt. Die staatenspezifischen Fragebögen werden von der Working Group on Bribery und der jeweiligen Prüfungsgruppe beruhend auf den Ergebnissen des jeweiligen Staates in der Phase 1 des Berichtsverfahrens entwickelt.636 b) Staatenbesuche In der Phase 2 werden neben den Fragebögen Informationen mittels eines ca. einwöchigen Staatenbesuchs von einer Prüfungsgruppe gesammelt.637 Während des Staatenbesuchs werden Interviews mit Entscheidungsträgern aus öffentlichen Institutionen sowie aus privaten Institutionen und der Zivilgesellschaft geführt.638 Die Prüfungsgruppe verfasst aufgrund der gesammelten Informationen einen vorläufigen Bericht, den sie der OECD Working Group on Bribery vorlegt.639

635

OECD, Phase 1 Questionnaire: First Self-Evaluation and Mutual Review of Implementation of the Convention and 1997 Recommendation, DAFFE/IME/BR(98)8/ADD1/ FINAL, 30. Oktober 1998. OECD, Phase 2 Questionnaire, DAFFE/IME/BR/WD(2000)36/ FINAL, 24. Januar 2001. Dazu siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/ Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 453. 636 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 459. 637 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Annex: Terms of Reference for On-Site Visits, Nr. 5.1. Zu den Prüfungsgruppen ausführlich siehe oben in diesem Kap., B. II. Zur Vorbereitung und Durchführung der Staatenbesuche siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 459 ff. 638 Während des Staatenbesuchs in Frankreich vom 23.–27. Juni 2003 wurden Verantwortliche öffentlicher Institutionen und Dienstleistungsinstitutionen, unter anderem Verantwortliche verschiedener Ministerien, Repräsentanten von Gewerkschaften sowie von Organisationen des privaten Sektors befragt. Außerdem wurden Repräsentanten von Berufsvereinigungen interviewt sowie von Rechts- und Rechnungswesensinstitutionen. Befragt wurden ebenfalls Repräsentanten des Bankensektors und von Unternehmen. Schließlich waren Organisationen der Zivilgesellschaft vertreten und wurden gehört. Eine Liste der besuchten und interviewten Institutionen ist enthalten in OECD, France: Phase 2 Report, 22. Januar 2004, Annex 3. 639 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 462 ff.

148

1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

2. Datenauswertung: Das Verfahren in der OECD Working Group on Bribery Im zweiten Verfahrensschritt werden die Informationen ausgewertet.640 Die Datenauswertung erfolgt durch die OECD Working Group on Bribery gemäß den Verfahrensregeln.641 .

a) Rechtlicher Maßstab der Bewertung Die recherchierten Informationen werden anhand von drei Rechtsinstrumenten bewertet. Diese sind die OECD Anti-Bestechungskonvention, die 1997 vom OECDRat angenommene Revised Recommendation on Combating Bribery in International Business Transactions und die vom OECD-Rat angenommene Recommendation on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials.642 Diese Instrumente müssen von allen am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten unterzeichnet und ratifiziert bzw. angenommen worden sein.643 b) Drei Lesungen Die Verfahrensregeln sehen in der Working Group on Bribery drei Lesungen vor.644 In der ersten Lesung wird der Inhalt des vorläufigen – von der Prüfungsgruppe ausgearbeiteten – Berichts besprochen.645 In der zweiten Lesung stellen die Experten der Prüfungsgruppe die von ihnen ausgearbeiteten vorläufigen Empfehlungen vor.646

640 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 21. 641 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI B und Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group. Dazu siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 462 ff. 642 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998); OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C (97)123/FINAL, 23. Mai 1997; OECD Council, Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials, C(96)27/FINAL, 17. April 1996. 643 OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Rn. 36. Im Hinblick auf die Annahme der relevanten Rechtsinstrumente durch Nichtmitgliedstaaten siehe oben in diesem Kap., E. IV. 644 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI B und Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group, II. 645 Ibid., Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group, II. A. 646 Ibid., Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group, II. C.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

149

In der dritten Lesung werden alle größeren Veränderungen vorgestellt, die in den Bericht eingearbeitet wurden. Am Ende der dritten Lesung schlägt der Vorsitzende der Working Group on Bribery die Annahme des Berichts vor.647 c) Beteiligung des bewerteten Staates und der Zivilgesellschaft Der bewertete Staat hat während der Beratungen in der Working Group on Bribery im Verlauf jeder der drei Lesungen das Recht, zu Inhalt und Formulierungen des Berichts, einschließlich der Empfehlungen, Stellung zu nehmen.648 Er kann zu diesem Zweck Experten in die Working Group on Bribery entsenden.649 Der bewertete Staat hat außerdem das Recht, schriftliche Stellungnahmen zu den Berichtsentwürfen abzugeben. Sobald die Prüfungsgruppe einen Berichtsentwurf fertiggestellt hat, wird der Berichtsentwurf dem Staat zugesandt, sodass dieser den Bericht einsehen und Verbesserungen und Klarstellungen anbringen kann.650 Den Verfahrensregeln gemäß hat der Staat das Recht zu fordern, dass sich seine Darlegungen sowie seine Kommentare und Erklärungen in den Berichten widerspiegeln.651 Die Zivilgesellschaft hat während des Verfahrens der Datenauswertung in der Working Group on Bribery keine Beteiligungsrechte.652 Um ihr eine Möglichkeit zu geben, Informationen beizusteuern und sich zu äußern, ist die öffentliche Bekanntmachung der genauen Zeitpunkte der Staatenbesuche vorgesehen.653 Die genauen

647 648

13, 18.

Ibid., Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group, II. E. Ibid., Annex 5: Guidance Note of Phase 2 Examinations in the Working Group, Rn. 8b,

649 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 16. 650 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, IV D 1. Für diese Durchsicht durch den bewerteten Staat ist ein detaillierter Zeitplan vorgesehen. Ibid., IV D 2 and VI A and Annex 1: Phase 2 Review – Template Schedule, Nr. 7. 651 Ibid., insbesondere Annex 5: Guidance Note on Phase 2 Examinations in the Working Group, Nr. 14 und OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 15, 17. 652 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 28 f. Dazu siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 466 ff. 653 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 29.

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Zeitpunkte sind im Internet veröffentlicht.654 Die Zivilgesellschaft hat während der Staatenbesuche ihr eigenes Forum.655 Während des Staatenbesuchs in Frankreich wurde, um ein Beispiel zu geben, die Zivilgesellschaft vom Centre National de Recherches (CNRS), der Êcole Sup¦rieure de Commerce de Paris (ESCP-EAP), der Zeitung Le Point sowie Transparency International France vertreten.656 3. Annahme und Veröffentlichung der Berichte Im dritten Verfahrensschritt wird der Bericht in der OECD Working Group on Bribery im Konsensverfahren angenommen, während der bewertete Staat sich enthält.657 Nach der Annahme werden die Berichte im Internet auf der Homepage der OECD veröffentlicht.658 Das Erfordernis der Veröffentlichung der Berichte ist in den Verfahrensregeln festgesetzt.659 Die Veröffentlichung bedarf anders als bei dem Berichtsverfahren der GRECO keiner Zustimmung des bewerteten Staates.660 Die Annahme der OECD-Berichte wird durch eine OECD-Pressenotiz bekannt gegeben.661

654 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, Phase 2 Country Examinations, 2007, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/31/48/35395907.pdf (30. April 2009). 655 Die Zusammensetzung des Forums soll die Vielfalt der Zivilgesellschaft abdecken. Für die Zusammensetzung gibt es detaillierte Anforderungen in den Verfahrensvorgaben. OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, V B. 656 OECD, France: Phase 2 Report, 22. Januar 2004, Annex 3. Siehe zu allen Interviewpartnern während des Staatenbesuchs in Frankreich oben in diesem Kap., E. V. 1. b) (Fn. 638). 657 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI C: „consensus minus one“. Dazu Pieth, Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007, 9. Kap., Rn. 19. 658 OECD, Country Reports on the Implementation of the OECD Anti-Bribery Convention and the 1997 Revised Recommendation, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/24/ 0,3343,en_2649_34859_1933144_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 659 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI C. 660 Es wurden jedoch auch im Rahmen von der GRECO alle bisher verfassten Berichte veröffentlicht. GRECO, GRECO Evaluations, abrufbar unter: http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/index_en.asp (30. April 2009). Dazu Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 56. 661 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VI C.

E. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens

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VI. Rechenschaftspflichtigkeit Es ist ein grundlegendes öffentlich-rechtliches Prinzip, dass alle Institutionen für die Ausübung öffentlicher Gewalt Rechenschaft ablegen müssen.662 Rechenschaftspflichtigkeit setzt immer eine Beziehung zwischen zwei Akteuren voraus, bei denen der eine Akteur oder eine Gruppe von Akteuren Rechenschaft von dem anderen Akteur für dessen Handlungen einfordert.663 Der Akteur oder die Gruppe von Akteuren besitzt dabei die Ressourcen, negative Konsequenzen gegenüber dem Rechenschaftspflichtigen durchzusetzen.664 Rechenschaftspflichtigkeit bezieht sich im Folgenden auf die Verpflichtung einer internationalen Institution, begründete Rechenschaft für die Art und Weise abzulegen, in der sie öffentliche Gewalt ausübt.665 Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang nicht, ob die Handlung der internationalen Institution rechtlich verbindlich im formalen Sinn ist, sondern ob sie Einfluss auf die Rechte und Interessen von staatlichen oder nicht-staatlichen Akteuren hat und die individuelle Freiheit beeinträchtigt.666 Eine juristische Kontrolle des OECD-Berichtsverfahrens existiert nicht. Politisch wird die OECD Working Group on Bribery intern durch den OECD-Rat zur Verantwortung gezogen. Darüber hinaus kann von der OECD Working Group on Bribery extern durch Peer-Institutionen sowie durch die Öffentlichkeit ebenfalls politisch Rechenschaft über die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens eingefordert werden. 1. Interne Rechenschaftspflichtigkeit durch Berichtspflichten Ein spezielles Verfahren, das Rechenschaft von der Working Group on Bribery für die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens einfordert, wurde für das Berichtsverfahren nicht eingerichtet.667 OECD-weit existiert jedoch für alle OECD662 Die ILA hat drei Ebenen der Rechenschaftspflichtigkeit internationaler Organisationen herausgearbeitet. Die erste Ebene betrifft Formen von interner und externer Beobachtung sowie Prüfung der Durchführung der Aktivitäten. Die zweite Ebene bezieht sich auf Deliktshaftung für Schäden, die nicht auf einer Völkerrechtsverletzung beruhen. Auf der dritten Ebene steht die Verantwortlichkeit für Völkerrechtsverletzungen. International Law Association, Accountability of International Organisations, reprinted in: 1 International Organizations Law Review, 2004, S. 221 – 293, 225 f. 663 Zu verschiedenen Accountability-Mechanismen siehe Grant/Keohane, Accountability and Abuses of Power in World Politics, 99(1) American Political Science Review (2005), S. 29 – 43, 35 ff. 664 Ibid., S. 29. 665 de Wet, Holding International Institutions Accountable: The Complementary Role of Non-Judicial Oversight Mechanisms and Judicial Review, 9(11) GLJ (2008), S. 1987 – 2011, 1988. 666 Ibid., S. 1988. 667 Ein spezielles Verfahren, durch das Rechenschaft eingefordert werden kann, wurde beispielsweise für das an multinationale Unternehmen gerichtete OECD-Verfahren einge-

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1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Gremien die Pflicht, an das nächsthöhere Gremium über ihre Arbeit zu berichten.668 Die OECD Working Group on Bribery hat die Pflicht, an das Investment Committee zu berichten.669 Das Investment Committee wiederum erstattet dem OECD-Rat Bericht.670 Die Working Group on Bribery ist zudem verpflichtet, einmal jährlich gegenüber dem OECD-Rat über den Fortschritt des Berichtsverfahrens Rechenschaft abzulegen.671 Der Rat hat durch diese Vorgaben die Möglichkeit, das von der OECD Working Group on Bribery eingebrachte Arbeitsprogramm zu kontrollieren und Weisungen zu erteilen.672 2. Externe Rechenschaftspflichtigkeit durch Peer-Institutionen und die Öffentlichkeit Eine politische Rechenschaftspflichtigkeit besteht gegenüber Peer-Institutionen und der Öffentlichkeit. Peer-Institutionen – andere internationale Institutionen und NGOs – nehmen an den Sitzungen der OECD-Gremien teil und haben dadurch Einblick in die internen Beratungen und in die Arbeitsweise und die Verfahrensabläufe der OECD-Gremien. Die externen Institutionen sind zwar je nach Einladungsvereinbarung meist nicht ermächtigt, an den Abstimmungen der OECD-Grerichtet. Ausführlich zu diesem Verfahren siehe Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1772 f. 668 Zu hierarchical accountability siehe Grant/Keohane, Accountability and Abuses of Power in World Politics, 99(1) American Political Science Review (2005), S. 29 – 43, 36. Die Kontrolle durch das jeweils übergeordnete Gremium ist eine Charakteristik von Bürokratien. Zur Amtshierarchie siehe Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. II, 2. Aufl., 1925, S. 650. Siehe oben in diesem Kap., A. III. 1. Die internen Hierarchien der internationalen Institutionen laufen jedoch Gefahr, aufgrund der mit Experten besetzten, oft horizontal angelegten Gremien ausgehöhlt zu werden. von Bernstorff, Procedures of Decision-making and the Role of Law in International Organizations, 9(11) GLJ (2008), S. 1939 – 1964, 1947. Dieser ex post Kontrollmechanismus ist durch die Vielzahl der Expertengremien daher gefährdet. 669 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 23 b. 670 Ibid., Regel 23 a. 671 OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, X; OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 20. 672 OECD, Rules of Procedure of the Organisation, (C(61)21), in der durch 1962 (C(62)115 (Final)) und 1970 (C(70)133(Final) geänderten Fassung vom 30. September 1962, Regel 23. Der Rat hat neben der Möglichkeit, direkt auf das Programm der Ausschüsse und Arbeitsgruppen einzuwirken, auch die Möglichkeit, durch die Festsetzung des Budgets Einfluss zu nehmen. Das Budget wird von den Mitgliedstaaten gestellt, die dadurch die finanzielle Kontrolle haben sowie die Möglichkeit, auf das Arbeitsprogramm der OECD einzuwirken. Zu fiscal accountability siehe Grant/Keohane, Accountability and Abuses of Power in World Politics, 99 (1) American Political Science Review (2005), S. 29 – 43, 36. Zum Ganzen siehe Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/ LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 15.

F. Rechtswirkungen

153

mien teilzunehmen,673 das erlangte Wissen ermöglicht es ihnen gleichwohl, politisch Rechenschaft von dem handelnden OECD-Gremium einzufordern.674 Dringen Informationen über gegebenenfalls vorliegende Missstände in der OECD an die Öffentlichkeit, eröffnet dies der Öffentlichkeit die Möglichkeit, politisch Rechenschaft von dem betreffenden OECD-Gremium einzufordern.675

F. Rechtswirkungen Fragen der Rechtswirkungen676 in Zusammenhang mit Berichtsverfahren sind nicht abschließend geklärt.677 Es ist zwischen der Pflicht zur Teilnahme am Verfahren, den Verfahrensregeln und den abschließenden Berichten zu unterscheiden. Die Pflicht zur Teilnahme am OECD-Berichtsverfahren beruht auf Art. 12 der OECD Anti-Bestechungskonvention.678 Die Teilnahme am Berichtsverfahren ist daher rechtlich verbindlich. 673 Zu den Regeln, gemäß derer eine andere internationale Institution in ein OECD-Gremium eingeladen wird und zu den Rechten der Institution in dem Gremium siehe oben in diesem Kap., C. I. 1. 674 Zu peer accountability siehe Grant/Keohane, Accountability and Abuses of Power in World Politics, 99(1) American Political Science Review (2005), S. 29 – 43, 37. Peer accountability beruht auf der möglichen Einflussnahme auf das Ansehen des handelnden Akteurs durch seine Partnerinstanzen. 675 Zu public reputational accountability siehe ibid., S. 37. 676 Dieser Arbeit wird ein weiter Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nach dem auch unverbindliche Wirkungen eines Rechtsakts stets Rechtswirkungen sind. Verbindlichkeit zeichnet eine Handlung im Folgenden dann aus, wenn die normativen Sätze eines Rechtsakts strikte Beachtung verlangen können. Dazu Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 181 ff. Zur Problematik des Konzepts der Rechtsverbindlichkeit siehe Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1906 f., der dieses als kein aussagekräftiges Kriterium betrachtet, das eine theoretisch fundierte Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Arten von Instrumenten, die unterschiedliche Arten von Verpflichtungen zum Ausdruck bringen, ermöglicht. Siehe auch zum multivariablen Wirkungsmodus von Handlungsformen im Europarecht Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 179 ff. 677 Klabbers, Compliance Procedures, in: Bodansky/Brunn¦e/Hey (Hrsg.), The Oxford Handbook of International Environmental Law, 2007, S. 995 – 1009, 999. Zur Frage der „Verhärtung“, wenn der rechtliche Bewertungsmaßstab ein soft law Instrument ist, während das Verfahren für die teilnehmenden Staaten verbindlich ist siehe Schuler, Effective Governance through Decentralized Soft Implementation: The OECD Guidelines for Multinational Enterprises, 9(11) GLJ (2008), S. 1753 – 1777, 1771. Siehe dazu auch Röben, The Enforcement Authority of International Institutions, 9(11) GLJ (2008), S. 1965 – 1985, 1982. 678 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 12 Satz 1: „The Parties shall co-operate in carrying out a programme of systematic follow-up to monitor and promote the full implementation of this Convention.“ Siehe dazu Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 449.

154

1. Teil, 3. Kap.: Der rechtliche Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens

Die Rechtswirkungen der von der OECD Working Group on Bribery ausgearbeiteten und angenommenen Verfahrensregeln müssen differenzierter betrachtet werden. Akte von Gremien einer internationalen Institution können für die Mitgliedstaaten mangels weiter reichender Befugnisse nur einen empfehlenden Charakter haben, jedoch im internen Organisationsbereich verbindliche Rechtswirkung erzeugen.679 Zu unterscheiden ist daher die Bindungswirkung der Verfahrensregeln des OECD-Berichtsverfahrens institutionsintern sowie gegenüber den Staaten als externen Adressaten der Verfahrensregeln. Organisationsintern richten sich die Verfahrensvorgaben vornehmlich an die Working Group on Bribery. Jede Entscheidung eines zuständigen Gremiums schafft organisationsintern bindendes Recht, vorausgesetzt, der Wille ist ersichtlich.680 In den Verfahrensregeln sind deontische Indikatoren angelegt. Durch das Einfügen deontischer Indikatoren bringt das ausstellende Gremium die Intention zum Ausdruck, ein Rechtsinstrument zu schaffen.681 Die OECD Working Group on Bribery verwendet in den Verfahrensregeln die Unverbindlichkeit indizierenden Vokabeln „should“ und „may“, während sie das Verbindlichkeit indizierende „shall“ nicht gebraucht. Dies deutet auf den Willen der OECD Working Group on Bribery hin, ein unverbindliches Rechtsinstrument zu schaffen. Auch der in der Einleitung explizit gemachte Wille der OECD Working Group on Bribery bringt nicht zum Ausdruck, dass sie sich mit den Verfahrensregeln selbst binden will. Dort heißt es lediglich, dass „on the basis of its experience […] the Working Group adopted guidance and best practices for future lead examiners, countries to be reviewed, the Secretariat, and the Working Group as a whole.“682 Auch der Einleitungstext der Verfahrensregeln deutet daher auf den Willen der OECD Working Group hin, ein unverbindliches Dokument zu schaffen und sich durch die Verfahrensregeln nicht selbst zu binden. Die Verfahrensvorgaben könnten die Working Group on Bribery jedoch binden, weil legitime Erwartungen in den Fortbestand einer einmal geschaffenen Rechtslage bestehen könnten, und die Working Group on Bribery deswegen nicht ohne weiteres von dieser abweichen könnte.683 Legitime Erwartungen sind aber nicht geweckt worden, da die OECD Working Group on Bribery in den Verfahrensregeln ihren Willen, ein unverbindliches Instrument zu schaffen durch die Wahl von Unverbindlichkeit indizierenden deontischen Indikatoren sowie durch die Formulierung des Einleitungstextes deutlich gemacht hat. Die 679 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 1206, 1241ff; Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 188. 680 Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 1202. 681 Zur Unterscheidung zwischen rechtlichen und nicht-rechtsförmigen Instrumenten siehe m.w.N. Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1866; Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 212 f. 682 OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, Introduction. 683 Dazu im Europarecht siehe Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 306 ff.

F. Rechtswirkungen

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Verfahrensvorgaben binden daher die OECD Working Group on Bribery nicht, sondern sind OECD-intern unverbindliche Richtlinien zur Durchführung des OECDBerichtsverfahrens. Die Verfahrensvorgaben richten sich außerdem an die am OECD-Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten. Hinsichtlich der Staaten ist zu unterscheiden, ob sie am Verfahren als konstituierende Teile der Organe der Organisation auftreten oder als Adressaten.684 Sind die Staaten in ihrer Funktion als konstituierende Teile der OECD Working Group on Bribery betroffen, gilt das zur internen Bindungswirkung der Verfahrensregeln Gesagte.685 Sind die Staaten als Adressaten der Verfahrensvorgaben betroffen, scheitert die Bindungswirkung der Verfahrensvorgaben schon an der fehlenden Kompetenz der OECD Working Group on Bribery, Dokumente anzunehmen, die organisationsextern Bindungswirkung entfalten.686 Die Verfahrensvorgaben sind daher auch für die Mitgliedstaaten als Adressaten nicht bindend. Um die Rechtswirkungen zu bestimmen, von denen die Mitgliedstaaten als Adressaten des OECD-Berichtsverfahrens betroffen sind, müssen solche Merkmale des Berichtsverfahrens unterschieden werden, die aufgrund von Art. 12 der OECD Anti-Bestechungskonvention rechtlich verbindlich sind von solchen, die allein auf den Verfahrensregeln der OECD Working Group on Bribery beruhen und daher für die Mitgliedstaaten als Adressaten keine Verpflichtungswirkung entfalten. Entscheidend ist, ob die Nichtbeachtung einer Vorgabe einer Verweigerung an der Teilnahme des Berichtsverfahrens gleichkommt. Das Berichtsverfahren beruht auf der Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen.687 Einer Verweigerung der Teilnahme am Verfahren kommt es gleich, wenn ein Staat die Preisgabe von Informationen verweigert. Die Offenlegung von Informationen fällt daher unter Art. 12 OECD Anti-Bestechungskonvention. Die am Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten sind daher rechtlich dazu verpflichtet, Informationen offen zu legen. Die abschließenden, auf die Erzeugung von Außenwirkung gerichteten Berichte werden wie die Verfahrensregeln durch die OECD Working Group on Bribery angenommen. In der in den Berichten enthaltenen Analyse der Politik- und Rechtslage der Staaten finden sich keine deontischen Indikatoren. Es handelt sich daher insoweit um Dokumente, bei deren Annahme die Working Group on Bribery nicht die Intention verfolgt, ein Rechtsinstrument zu schaffen. Von der Analyse der Politik- und Rechtslage zu unterscheiden sind die staatenspezifischen Erwartungen an die nationalen Entscheidungsträger. Diese fügt die Working Group on Bribery in Form von Empfehlungen in die Berichte der Phase 2 ein. Die Erwartungen sind als normative 684

Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 66 f. Dazu ibid., § 1204. 686 Gemäß Art. 5 i.V.m. Art. 7 Satz 1 OECD, Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development, 14. Dezember 1960, 888 U.N.T.S. 179 kann nur der Rat für die OECD-Mitgliedstaaten rechtlich verbindliche Entscheidungen annehmen. 687 Zu Governance by Information siehe oben 2. Kap., B. 685

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Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils

Schlussfolgerungen formuliert. Aufgrund der fehlenden Befugnis der OECD Working Group on Bribery, rechtlich verbindliche Entscheidungen anzunehmen, entfalten die Empfehlungen aber keine Bindungswirkung gegenüber den Staaten.688

Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils Im ersten Teil wurden zunächst die zentralen Aspekte der Korruptionsproblematik beleuchtet. Das OECD-Berichtsverfahren im Handlungsgebiet der Korruptionsbekämpfung wurde dann aus zwei Perspektiven untersucht, zunächst aus der Governance- und anschließend aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. Ziel der Untersuchung der ersten drei Kapitel war erstens, das OECD-Berichtsverfahren thematisch zu verorten, zweitens den Governance-Modus des OECD-Berichtsverfahrens herauszuarbeiten und drittens, das OECD-Berichtsverfahren aus rechtswissenschaftlicher Perspektive zu durchdringen. Die Untersuchung des ersten Teils hat ein umfassendes Bild des OECD-Berichtsverfahrens herausgearbeitet. Zusammenfassend lassen sich die im Folgenden dargestellten Punkte festhalten. Es wurde erörtert, dass die OECD in der internationalen Korruptionsbekämpfung eine zentrale Stellung einnimmt. Dabei spielt das OECD-Berichtsverfahren eine wichtige Rolle. Es wurde eingeführt, um die Effektivität der Korruptionsbekämpfung staatenspezifisch sicherzustellen und nachdrücklich auf die Verbesserung der jeweiligen Rechtslage und Politikgestaltung der teilnehmenden Staaten hinzuwirken. Das OECD-Berichtsverfahren wird sowohl in der externen Praxis als auch in der begleitenden Wissenschaft positiv bewertet. Es ist repräsentativ für Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung, da es diesen als Grundlage zur Konzeption eigener Berichtsverfahren diente. Darüber hinaus nimmt es in der Konzeption und Durchführung eine Vorreiterrolle ein, da es das ausdifferenzierteste Verfahren dieser Art ist. Wirkung erzeugen Berichtsverfahren aufgrund von Governance by Information. Dies bezeichnet einen Governance-Modus, der durch Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen Auswirkungen erzeugt. Internationale Institutionen entwickeln und führen Aktivitäten durch, mit denen sie die Global Governance gestalten. Dabei steht ihnen ein weiter staatenunabhängiger Handlungsspielraum zu. Die Autonomie lässt sich aufgrund des staatenunabhängigen Handlungsspielraums sowie der internen strukturellen Autonomie internationaler Institutionen als ein Prinzip im Recht der internationalen Institutionen verstehen. Eine Ressource für die staatenunabhängigen Aktivitäten internationaler Institutionen liegt in der dynamischen Entwicklung der von den Staaten übertragenen Kompetenzen begründet. Den internationalen Institutionen wird zudem aufgrund 688 Zur Wirkungskraft der Empfehlungen in den Berichten siehe auch Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG (2002)1, 11. September 2002, Nr. 5.

Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils

157

ihrer Konstitution als Bürokratien sowie aufgrund ihrer liberalen Ausrichtung Autorität zuerkannt. Die OECD ist ein herausragendes Beispiel einer internationalen Bürokratie. Sie nimmt Aktivitäten vor und gestaltet die Global Governance z. B. durch die Verbreitung von Studien und Analysen. Der OECD wird Autorität aufgrund ihrer Organisation und Verfahrensweise zuerkannt – sie ist durch Hierarchie, ihre rationallegale Arbeitsweise und unabhängige Expertise gekennzeichnet. Autorität wird ihr zudem aufgrund ihrer liberalen Ausrichtung zugesprochen. Die zuständigen Akteure des OECD-Berichtsverfahrens sind vornehmlich Experten, die in der OECD Working Group on Bribery und den Prüfungsgruppen organisiert sind. Gewählte Staatenvertreter haben hingegen nur geringen Einfluss auf die Ausarbeitung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens. Kooperation ist ein grundlegendes Prinzip im Recht der internationalen Institutionen. Während im OECD-Berichtsverfahren unterschiedliche Akteure – internationale Institutionen sowie Regierungen von OECD-Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten – im Wesentlichen in der OECD Working Group on Bribery kooperieren, qualifiziert diese Kooperation das OECD-Berichtsverfahren nicht als Verbundverwaltung. Das OECD-Berichtsverfahren ist auf ein ausdifferenziertes Gefüge von Rechtsgrundlagen gestützt, das die Zuständigkeit der einzelnen am Verfahren beteiligten Akteure und den Verfahrensablauf im Detail vorgibt. Das OECD-Berichtsverfahren beruht auf Rechtsgrundlagen, die die Organe und Gremien der OECD durch Konkretisierung ihrer im Gründungsvertrag enthaltenen Kompetenzen geschaffen haben. Man kann in diesem Zusammenhang – neben dem Prinzip der übertragenen Kompetenz – ein Prinzip der angemessenen Konkretisierung im Recht der internationalen Institutionen begründen. Entwicklung und Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens wurden in fünf Schritte gegliedert. Im ersten Schritt wurde das Bedürfnis eines Verfahrens zur Verbesserung der staatlichen Korruptionsbekämpfung artikuliert. Zweitens wurden die Ziele eines solchen Verfahrens definiert. Im dritten Schritt wurde das Verfahren im Einzelnen konzipiert und die Verfahrensregeln wurden durch die OECD Working Group on Bribery ausgearbeitet. Der vierte Schritt betrifft die Annahme der rechtlichen Grundlagen. Schließlich bezieht sich der fünfte Schritt auf die Durchführung des Verfahrens, d. h. auf die Datenbeschaffung, Datenauswertung sowie Annahme und Veröffentlichung der Berichte. Eine juristische Kontrolle des OECD-Berichtsverfahrens existiert nicht. Politische Kontrolle wird intern mittels Berichtspflichten ausgeübt. Extern erfolgt politische Kontrolle durch andere internationale Institutionen, die Einblick in die Verfahrensweisen der OECD Working Group on Bribery haben, sowie gegebenenfalls durch die Öffentlichkeit.

158

Zusammenfassung und Ergebnis des 1. Teils

Die Teilnahme am Verfahren ist rechtsverbindlich. Die Verfahrensregeln entfalten hingegen weder OECD-intern noch gegenüber den Staaten als Adressaten Bindungswirkung. Die Preisgabe von Informationen ist rechtsverbindlich, da die Verweigerung der Offenlegung von Informationen einer Verweigerung der Teilnahme am Verfahren gleichkommt. Die Analysen in den Berichten sind aufgrund fehlender deontischer Indikatoren nicht-rechtsförmiger Art. Die in den Berichten enthaltenen Empfehlungen sind als normative Schlussfolgerungen formuliert, sie entfalten jedoch keine Bindungswirkung gegenüber den Staaten. Das Ergebnis der Untersuchung des ersten Teils begründet die erste dieser Arbeit zugrunde liegende These: Dem OECD-Berichtsverfahren liegt der GovernanceModus Governance by Information zugrunde. Die Untersuchung des ersten Teils hat gezeigt, dass einzelne rechtliche Aspekte des OECD-Berichtsverfahrens mittels überkommener rechtlicher Parameter herausgearbeitet werden können. Offenbar wird aber, dass der Governance-Modus Governance by Information, der dem OECDBerichtsverfahren zugrunde liegt, durch die angelegten rechtlichen Parameter nicht erfasst ist. Gleichzeitig bewirkt Governance by Information Auswirkungen bei den adressierten Staaten, die über die in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffene Pönalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinausgehen.689 Die autonome Entscheidungsmacht der nationalen Entscheidungsträger ist durch die spezifische Governance by Information eingeschränkt, da die Entscheidungsträger aufgrund des erzeugten politischen und/oder wirtschaftlichen Drucks sowie antizipierter Ansehensverluste ihres Staates die Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery nicht übergehen können. Die Möglichkeit des Einzelnen, durch demokratische Strukturen Einfluss auf die nationalen Entscheidungsträger zu nehmen, ist dadurch beeinträchtigt. Politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung sind eingeschränkt. Diese Auswirkungen in Abwesenheit rechtlicher Standards rufen Legitimitätsbedenken hervor. Die Untersuchung des ersten Teils begründet daher die Notwendigkeit einer neuen rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens.

689 Zu den Auswirkungen von Governance by Information als Wirkungsmodus des OECDBerichtsverfahrens im Einzelnen siehe unten 4. Kap., C. II.

2. Teil

Die Grundlagen einer rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens Der zweite Teil dieser Arbeit erörtert die Grundlagen zur rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens. Geleitet ist diese Untersuchung durch die Frage, welche rechtlichen Konzepte verwendet werden können, um Legitimitätsbedenken von Governance-Aktivitäten entgegenzuwirken. Diese Arbeit stellt die These auf, dass das OECD-Berichtsverfahren eine Aktivität einer internationalen Institutionen ist, die einen Akt internationaler öffentlicher Gewalt darstellt und deswegen aus öffentlich-rechtlicher Perspektive als Handlungsform konzipiert werden muss. . 4. Kapitel

Die öffentlich-rechtliche Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung der Global Governance Das Potential einer spezifisch öffentlich-rechtlichen Perspektive zur dogmatischen Durchdringung der Global Governance wird unter (A.) herausgearbeitet. Hierzu wird – ausgehend von der Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich – eine vergleichbare Interessenlage und Regelungslücke im internationalen Bereich dargelegt. Diese begründet das Erfordernis und die Chance öffentlichrechtlicher Durchdringung der Global Governance zur Sicherung der Legitimität von Governance-Aktivitäten, bei gleichzeitiger Gewährleistung effektiver Problembearbeitung. Unter (B.) wird das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt ausgeführt. (C.) demonstriert, dass die Berichte Akte internationaler öffentlicher Gewalt sind und es daher erforderlich ist, Berichtsverfahren mit Hilfe öffentlich-rechtlicher Konzepte rechtsdogmatisch zu konzipieren.

160

2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive zur rechtsdogmatischen Durchdringung von Global Governance Dieser Abschnitt arbeitet das Potential des öffentlichen Rechts zur Bearbeitung der spezifischen Probleme der Global Governance heraus. Ausgangspunkt ist die legitimierende Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich bei gleichzeitiger Gewährleistung der Leistungsfähigkeit öffentlicher Institutionen. Das nationale öffentliche Recht erfüllt dies, indem es einerseits rechtliche Grundlagen zur Ausübung öffentlicher Gewalt zur Verfügung stellt und als Grundlage jeder Ausübung öffentlicher Gewalt fordert und andererseits zur Kontrolle der öffentlichen Gewalt öffentlich-rechtliche Vorgaben und Institute bereit hält. Anschließend wird eine vergleichbare Interessenlage im internationalen Bereich herausgearbeitet. Internationale Institutionen sind einerseits notwendige Akteure zur erfolgreichen Bearbeitung globaler Probleme, gleichzeitig verfolgen sie den Anspruch, die Legitimität der eigenen Aktivitäten zu wahren. Dies entspricht den Funktionen des öffentlichen Rechts. Während im nationalen Bereich das öffentliche Recht die Funktion der Sicherung individueller Freiheit und Gewährleistung staatlicher Leistungsfähigkeit erfüllt, fehlt derzeit noch ein entwickeltes funktionales Äquivalent auf internationaler Ebene. Es besteht daher im internationalen Bereich ein Bedarf an öffentlich-rechtlichen Vorgaben und Instituten und das Erfordernis öffentlich-rechtlicher Fassung der Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen. . I. Öffentliche Gewalt legitimierende und deren Effektivität fördernde Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich Das nationale öffentliche Recht erfüllt einen Doppelauftrag. Es hat den Auftrag, öffentliche Gewalt zu disziplinieren und gleichzeitig deren Effektivität zu gewährleisten. Es soll die individuelle Freiheit schützen und gleichzeitig die Handlungs- und Leistungsfähigkeit des Staats und seiner Organe sichern.690 Das öffentliche Recht

690 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 30 ff. Ähnlich Schoch, Der Verfahrensgedanke im allgemeinen Verwaltungsrecht, 25(1) Die Verwaltung (1992), S. 21 – 53, 23 ff., 25; Schulze-Fielitz, Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, 109(12) DVBl (1994), S. 657 – 667, 661 f. Siehe auch Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/ Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82. Siehe zudem die Struktur der Beiträge in von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, die die Grundzüge des nationalen Verwaltungsrechts aus Steuerungs-, Demokratie- und Rechtsschutzperspektive analysieren.

A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive

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kommt dieser Aufgabe nach, indem es öffentliche Gewalt konstituiert und kontrolliert.691 1. Öffentliches Recht zur Sicherung individueller Freiheit und Gewährleistung staatlicher Leistungsfähigkeit Öffentliche Gewalt beinhaltet das auf Rechtsnormen basierende Potential, andere zu bestimmen und ihre individuelle Freiheit einzuschränken, d. h. eine rechtliche oder faktische Situation unilateral zu gestalten.692 Öffentliche Gewalt kollidiert daher mit der individuellen Freiheit.693 Daraus folgt der Schutzauftrag des öffentlichen Rechts zur Sicherung der individuellen Freiheit gegenüber der öffentlichen Gewalt. Um diesen Schutzauftrag zu erfüllen, verfolgt das öffentliche Recht das Ziel, öffentliche Gewalt zu limitieren. Eine eindimensionale Betrachtung der Ziele des öffentlichen Rechts, die diese auf das des Schutzes der individuellen Freiheit beschränkt, ist jedoch verfehlt. Konstellationen treten auf, in denen die Freiheit unterschiedlicher Interessenträger konkurriert. Auch in der Verfassung ist nicht unabänderlich festgelegt, für welche Interessen das öffentliche Recht eintreten soll und wessen Freiheit schützenswert ist.694 Einer Reduktion des öffentlichen Rechts auf die Funktion des Schutzes für die Freiheit des Einzelnen steht zudem die Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums entgegen.695 Die Erfüllung von Interessen, die im Allgemeinwohl stehen, ist ebenso Aufgabe des öffentlichen Rechts wie der Schutz individueller Freiheit.696 Das öf691 von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1380. 692 Ibid., 1381 f.; siehe auch Sommermann, in: von Mangold/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. II: Art. 20 – 82, 2005, Art. 20 Abs. 2, Rn. 145 ff.; Isensee, Staat und Verfassung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. II, Verfassungsstaat, 3. Aufl., 2004, § 15, Rn. 87 ff., m.w.N.; sowie Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83; Gonod, Frankreich, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 76; Loughlin, Großbritannien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/ Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 4, Rn. 26. 693 Zur individuellen Freiheit als zentraler Idee des Liberalismus siehe oben Einleitung B (Fn. 22). Die individuelle Freiheit steht auch im Zentrum des Konstitutionalismus, dem es um die Begrenzung der Staatsgewalt zugunsten der individuellen Freiheit geht. Zum Forschungsansatz der Konstitutionalisierung des Völkerrechts als Inspirationsquelle der öffentlich-rechtlichen Perspektive siehe oben Einleitung C. 694 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 32; Wiederin, Österreich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 7, Rn. 114 ff. 695 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 32; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Gonod, Frankreich, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 76. 696 von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 45; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82.

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

fentliche Recht darf daher nicht ausschließlich im Sinn eines staatsabwehrenden Konzepts verstanden und verfasst sein.697 Neben der Schutzfunktion des öffentlichen Rechts und des Auftrags, die öffentliche Gewalt zu limitieren, steht daher der Bewirkungsauftrag. Das öffentliche Recht verfolgt darin den Zweck, öffentliches Handeln zu ermöglichen und dessen Wirksamkeit sichern.698 Diese Doppelaufgabe des öffentlichen Rechts ist die elementare Grundbedingung für die dogmatische Entwicklung des öffentlichen Rechts. Der Ausgleich zwischen den beiden Polen der Freiheitssicherung und der Sicherung des Bewirkungsauftrags vollzieht sich in einem fortwährenden Prozess der Aktualisierung und Neubestimmung.699 Die Feinabstimmung zwischen den konfligierenden Zielvorgaben ist ständig neu vorzunehmen. Sie entzieht sich der starren Festlegung.700 2. Öffentlich-rechtliche Grundlage Das öffentliche Recht fordert für jede Ausübung öffentlicher Gewalt eine öffentlich-rechtliche Grundlage.701 In dem Erfordernis einer rechtlichen Grundlage liegt der Unterschied zwischen öffentlicher Gewalt und der schlichten Ausübung von Macht.702 697 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 32; Gonod, Frankreich, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 76. 698 Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1, Rn. 17 ff.; Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83. 699 von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 45 ff. Ebenso Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., 1973, S. 368. Siehe Besselink, Niederlande, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 6, Rn. 38 ff.; Koutnatzis, Griechenland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/ Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 3, Rn. 32 ff.; Dogliani/Pinelli, Italien, in: von Bogdandy/ Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 5, Rn. 26 ff. 700 von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 46 f.; Dreier, Deutschland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 1, Rn. 67 ff.; Guerrero, Spanien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 11, Rn. 34. 701 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz – Kommentar Bd. II, Art. 20 – 82, 2. Aufl., 2006, Art. 20, Rn. 105; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl., 2007, Art. 20, Rn. 113 f.; Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, 3. Aufl., 1924, S. 97; Wiederin, Österreich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 7, Rn. 91; Cruz Villalýn, Vergleich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 13, Rn. 73; Efstratiou, Griechenland, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 77; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82; de Pretis, Italien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 79; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 702 Zum Machtbegriff bei Weber und zum Unterschied zwischen Autorität und Macht siehe oben 3. Kap., A. II. 2. b).

A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive

163

Das Erfordernis der rechtlichen Grundlage dient einerseits der Legitimierung der öffentlichen Gewalt und der Sicherung der individuellen Freiheit.703 Eine Ausübung von öffentlicher Gewalt kann als solche wahrgenommen werden und der Betroffene kann entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen.704 Andererseits dient das Erfordernis der rechtlichen Grundlage der Gewährleistung staatlicher Aufgabenerfüllung, da es durch die Bereitstellung von Rechtsgrundlagen der Exekutive ermöglicht wird, öffentliche Gewalt auszuüben.705 3. Öffentlich-rechtliche Vorgaben und Institute Das öffentliche Recht hält organisationsrechtliche, verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Vorgaben sowie gerichtliche und andere Kontrollformen bereit.706 Diese Vorgaben dienen dem Schutz der individuellen Freiheit, indem sie die öffentliche Gewalt kontrollieren und limitieren und sie auf Kriterien der Gerechtigkeit verpflichten.707 Sie vermitteln Legitimität, indem sie Legitimitätsbedenken in rechtliche Argumente übersetzen. Legitimitätsbedenken können dann als Legalitätsfragen geprüft werden.708 Über die kontrollierende und limitierende Funktion hinaus haben die öffentlichrechtlichen Vorgaben den Zweck, zu steuern und die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Gewalt zu gewährleisten.709 703

Roellecke, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, 2002, Art. 20, Rn. 73. Siehe Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85. 704 Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 2007, Art. 20, Rn. 44. Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Dreier, Deutschland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 1, Rn. 127 ff. 705 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 33 ff. Zum Rechtsstaatsprinzip in den europäischen Rechtssystemen siehe unten 5. Kap., A. II. 2. (Fn. 803). 706 Zu den Grundzügen des Verwaltungsrechts in den europäischen Rechtssystemen siehe die Beiträge in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010. 707 Dabei müssen die Anforderungen des materiellen Rechtsstaats aus der Verfassung abgeleitet werden, da diese sonst zum Einfallstor beliebiger Vorstellungen würden. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl., 2007, Art. 20, Rn. 74 ff.; Jarass, in: Jarass/ Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 2007, Art. 20, Rn. 30; Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85; siehe hinsichtlich des Rechts auf Gehör da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82. 708 Zur legitimatorischen Kraft des Rechtsstaats siehe Roellecke, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, 2002, Art. 20, Rn. 47. Zum Legalitätsprinzip siehe z. B. Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 709 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 1, Rn. 33 ff.; Kap. 5, Rn. 1 ff.; Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoff-

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

II. Vergleichbare Interessenlage und Regelungsdefizit im internationalen Bereich Internationale Institutionen sind wichtige Akteure in der Bearbeitung globaler Probleme. Gleichzeitig werfen die Aktivitäten der internationalen Institutionen im Hinblick auf ihre Legitimität Probleme auf.710 Die Aktivitäten der internationalen Institutionen müssen daher aus den gleichen Erwägungen wie die nationale öffentliche Gewalt limitiert und ihre Effektivität gewährleistet werden. Im internationalen Bereich stehen aber anders als im nationalen Bereich noch keine entwickelten öffentlich-rechtlichen Vorgaben und Institute zur Verfügung, die diese Doppelaufgabe erfüllen könnten. Öffentlich-rechtliche Vorgaben und Institute können etabliert werden, indem man die Global Governance aus öffentlich-rechtlicher Perspektive konzipiert. 1. Internationale Institutionen zwischen erfolgreicher Bearbeitung globaler Probleme und Legitimitätsdefizit Internationale Institutionen sind wichtige Akteure der internationalen Problembearbeitung.711 In internationalen und internationalisierten Handlungsfeldern entwickeln sie weitgehend autonom neue Mechanismen, um gegenwärtige Probleme aufzugreifen und Lösungen zuzuführen.712 Um eine effektive Problembearbeitung durch die internationalen Institutionen zu gewährleisten, wurden diese gestärkt. Ihre Kompetenzen wurden mittels der implied powers-Doktrin ausgedehnt,713 und ihre informalen Handlungen und die damit einhergehende Intransparenz wurden als notwendige Mittel zur effektiven Aufgabenbewältigung in Kauf genommen.714 Den internationalen Institutionen wurde schließlich Autorität zur Problembearbeitung zugesprochen.715

mann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1, Rn. 17 ff.; Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85; hinsichtlich des Rechts auf Gehör siehe da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82. 710 Grundlegend siehe Weiler, The Geology of International Law – Governance, Democracy and Legitimacy, 64 ZaöRV (2004), S. 547 – 562. 711 Barnett/Finnemore, Rules for the World, 2004, S. 1; dazu auch Alvarez, International Organizations as Law-makers, 2005, S. 585 ff.; Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 334. 712 Siehe dazu die Aktivitäten internationaler Institutionen in unterschiedlichen Handlungsfeldern in den Thematic Studies in 9(11) German Law Journal, 2008. Zur autonomen Aktivität internationaler Institutionen siehe oben 3. Kap., A. II. 1. a). 713 Zur implied powers-Doktrin siehe oben 3. Kap., D. I. 2. 714 Klabbers, Two Concepts of International Organizations, 2 International Organizations Law Review (2005), S. 277 – 293, 282.

A. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive

165

Gleichzeitig hat der wachsende Erfolg der internationalen Institutionen besorgniserregende Implikationen, die Legitimitätsdefizite hervorrufen und Unbehagen auslösen.716 Indem die internationalen Institutionen globale Probleme aufgreifen und bearbeiten, haben sie verstärkt Auswirkungen auf staatliche Interessen. Die kollektive Selbstbestimmung wird dadurch eingeschränkt.717 Mechanismen, die die Aktivitäten der internationalen Institutionen kontrollieren könnten, sind schwach ausgeprägt. Eine Limitierung der Aktivitäten durch das Mandat der internationalen Institution ist aufgrund der implied powers-Doktrin aufgeweicht. Die Ausdehnung der Kompetenzen der internationalen Institutionen durch die implied powers-Doktrin löst die internationalen Institutionen in vielen 715 Dabei wurden internationale Institutionen häufig als per se positiv angesehen. Abbott/ Snidal, Why States Act through Formal International Organizations, 42 Journal of Conflict Resolution (1998), S. 3 – 32, 29. Kennedy, A New World Order: Yesterday, Today, Tomorrow, 4 Transnational Law and Contemporary Problems (1994), S. 329 – 376, 330 ff.; Kennedy, The Move to Institutions, 8 Cardozo Law Review (1987), S. 841 – 988. Siehe auch Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, in: 281 Receuil des Cours. Collected Courses of the Hague Academy of International Law 1999, 2001, S. 9 – 438, 166 f., der gleichzeitig das Bedürfnis öffentlicher Kontrolle internationaler Institutionen herausstellt. Zur Zuerkennung von Autorität zur Problembearbeitung durch die internationalen Institutionen siehe oben 3. Kap., A. II. 2. b). 716 Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 341 ff.; Barnett/Finnemore, The Power of Liberal International Organizations, in: Barnett/ Duvall (Hrsg.), Power in Global Governance, 2005, S. 161 – 184, 184; Klabbers, The Changing Image of International Organizations, in: Coicaud/Heiskanen (Hrsg.), in: The Legitimacy of International Organisations, 2001, S. 221 – 255. 717 Die internationalen Institutionen führen Aktivitäten durch, die Auswirkungen auf die Entscheidungen der nationalen Verantwortlichen haben. Sie üben aufgrund dieser verbindlichen und soft law Aktivitäten sowie aufgrund von Aktivitäten ohne deontische Indikatoren Bestimmungsmacht auf die nationalen Entscheidungsträger aus. Die Staaten können sich dieser Bestimmungsmacht selten entziehen und modifizieren ihre Politik- und Rechtsgestaltung entsprechend den Forderungen der internationalen Institutionen. Nationale demokratische Strukturen und die Selbstbestimmung des Einzelnen werden dadurch beeinträchtigt. Zu einem Konzept der individuellen Freiheit, das politische Freiheiten und demokratische Regierung umfasst siehe oben Einleitung B. (Fn. 22). Zu Auswirkungen des OECDBerichtsverfahrens auf politische Freiheiten und die Selbstbestimmung der Bürger siehe unten 4. Kap., C. II. Die Aktivitäten der internationalen Institutionen wirken auch auf die nationale Kompetenzverteilung ein. Dies kann einerseits zu einer vertikalen Machtverschiebung führen, wenn in föderal organisierten Staaten die Exekutive von einer internationalen Institution zu Handlungen aufgefordert wird, die im Sub-staatlichen Kompetenzbereich liegen. Die Machtverschiebung kann zudem horizontal erfolgen, wenn die internationalen Institutionen die nationale Exekutive auffordern, Aktivitäten durchzuführen. Die Parlamente sind an der Entwicklung dieser Aktivitäten – außer an den parlamentarisch zu ratifizierenden Verträgen – nicht beteiligt. Zum Ganzen siehe Alvarez, International Organizations: Then and Now, 100 AJIL (2006), S. 324 – 347, 335 f. Zur Gefahr der Beeinträchtigung der staatlichen Kompetenzverteilung am Beispiel siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 97. Siehe zur Stärkung der Exekutive im nationalen Kompetenzgefüge aufgrund des OECD-Berichtsverfahrens unten 6. Kap., C. I.

166

2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

Bereichen faktisch von ihren ursprünglichen, im Gründungsvertrag definierten Kompetenzen und dadurch auch von ihren Mitgliedstaaten.718 Themenbereiche, die die internationalen Institutionen auf die Agenda genommen haben, entwickeln zudem in den internationalen Institutionen eine eigene Dynamik, unter anderem aufgrund der zentralen Rolle, die Experten in den internationalen Institutionen spielen.719 Soft law und nicht-rechtsförmigen Aktivitäten der internationalen Institutionen fehlen darüber hinaus die limitierenden Rechtsinstitute, denen völkerrechtliche Verträge unterliegen. Die nationalen Parlamente haben kaum die Möglichkeit, auf soft law oder rechtlich unverbindliche Aktivitäten einzuwirken: Eine parlamentarische Ratifikation ist nicht erforderlich. An den Verhandlungen in den internationalen Institutionen nehmen Vertreter der Exekutive teil.720 Zudem greifen internationale Institutionen zum Teil gerade auch deshalb zu soft law und nicht-rechtsförmigen Instrumenten, weil sie keine Kompetenz zur Verabschiedung völkerrechtlicher Verträge oder anderer bindender Rechtsakte haben. Unverbindliche Aktivitäten und nicht-rechtsförmige Maßnahmen erfreuen sich daher gerade aus denjenigen Gründen hoher Beliebtheit, die Zweifel an ihrer Legitimität erregen.721 Die Kontrolle der Aktivitäten der internationalen Institutionen ist dadurch erschwert, dass die Ausarbeitung der Aktivitäten in den internationalen Institutionen häufig hinter geschlossenen Türen stattfindet und nach außen nicht kommuniziert wird.722 Schließlich steht die extensive Kooperation von internationalen Institutionen mit anderen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren sowohl horizontal als auch vertikal der Transparenz und damit der Kontrollierbarkeit entgegen, da eine genaue

718 Dazu siehe oben 3. Kap., D. I. 2. Siehe auch Venzke, International Bureaucracies from a Political Science Perspective – Agency, Authority and International Institutional Law, 9(11) GLJ (2008), S. 1401 – 1428, 1417 ff. 719 Zur Rolle von Experten in internationalen Institutionen siehe oben 3. Kap., A. II. 1. b). 720 Alvarez, International Organizations as Law-makers, 2005, S. 627; Shelton, Normative Hierarchy in International Law, 100(2) AJIL (2006), S. 291 – 323, 322. Zur Autonomie der internationalen Institutionen in der Entwicklung und Durchführung von soft law siehe oben 3. Kap., A. II. 1. a). Zur Problematik nicht-rechtsförmiger Aktivitäten internationaler Institutionen siehe auch Klabbers, The Changing Image of International Organizations, in: Coicaud/ Heiskanen (Hrsg.), in: The Legitimacy of International Organisations, 2001, S. 221 – 255, 236 ff.; Klabbers, Two Concepts of International Organizations, 2 International Organizations Law Review (2005), S. 277 – 293, 292. 721 Ausführlich Alvarez, International Organizations as Law-makers, 2005, S. 630 ff. 722 Zur Intransparenz der OECD siehe Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/ documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 8. Zur Ambivalenz transparenter Verfahren siehe Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 321.

B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt

167

Zurechnung einer Aktivität zu einer bestimmten Institution in vielen Fällen kaum möglich ist.723 . 2. Erfordernis öffentlich-rechtlicher Fassung zur Sicherung der Legitimität und gleichzeitiger Gewährleistung effektiver Problembearbeitung Internationale Institutionen arbeiten in einem Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis erfolgreicher Bearbeitung globaler Probleme und dem Anspruch, die Legitimität der eigenen Aktivität zu wahren. Dies entspricht der elementaren Grundsituation des öffentlichen Rechts.724 Das öffentliche Recht kann daher zum Schutz individueller Freiheit und gleichzeitiger Gewährleistung der effektiven Aufgabenerfüllung nicht nur für den nationalen, sondern auch für den internationalen Bereich nutzbar gemacht werden. Die Global Governance muss deswegen aus öffentlichrechtlicher Perspektive rechtsdogmatisch konzipiert werden.725 Im Ergebnis besteht ein Bedarf an mehr internationalem öffentlichen Recht.

B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt Das öffentliche Recht entfaltet seine Wirkungsmechanismen bezogen auf die Ausübung von öffentlicher Gewalt.726 Erforderlich ist daher zur rechtsdogmatischen Fassung der Global Governance aus öffentlich-rechtlicher Perspektive ein Konzept von internationaler öffentlicher Gewalt, das die Spezifika der Aktivitäten im internationalen Bereich erfasst. Dieser Abschnitt erörtert zuerst die Anforderungen an ein leistungsfähiges Konzept internationaler öffentlicher Gewalt. Dadurch wird sichergestellt, dass das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt die Spezifika der Global Governance einbezieht und diesen gerecht wird. Anschließend werden der Gewaltaspekt und der Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt definiert.727

723

Zur Schwierigkeit der Zurechnung im Rahmen einer Verbundverwaltung siehe oben 3. Kap., C. II. 1. 724 Siehe oben in diesem Kap., A. I. 1. 725 Hafner, The Rule of Law and International Organizations, in: Dicke/Hobe/Meyn/Peters/ Riedel/Schütz/Tietje (Hrsg.), Weltinnenrecht, 2005, S. 307 – 314. 314 bewertet die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien durch internationale Institutionen als grundlegend für die Effektivität ihrer Aktivität, da nur so die Akzeptanz und das Vertrauen der Staaten in die internationalen Institutionen aufrecht erhalten werden können. 726 Siehe oben in diesem Kap., A. I. 1. 727 Siehe dazu schon grundlegend von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1381 ff.

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

I. Anforderungen an ein leistungsfähiges Konzept internationaler öffentlicher Gewalt Erforderlich ist ein spezifisch internationales und ein spezifisch rechtliches Konzept internationaler öffentlicher Gewalt. 1. Notwendigkeit eines spezifisch internationalen Konzepts Internationale Institutionen ähneln in ihrer Konstitution als Bürokratien den nationalen öffentlichen Institutionen. Es liegt daher nahe, ein Konzept internationaler öffentlicher Gewalt in ähnlicher Weise zu konzipieren wie das Konzept der öffentlichen Gewalt im nationalen Bereich. Eine parallele Konzeption ist gleichwohl nicht zielführend.728 Zwischen der internationalen und der nationalen Ebene bestehen Unterschiede, die beachtet werden müssen.729 Erstens sind die Machtbeziehungen auf internationaler Ebene viel ausgeprägter und unvermittelter als auf nationaler Ebene. Die Strukturen der internationalen Institutionen spiegeln dies wider. Sie sind weniger darauf angelegt, Legitimität zu vermitteln, als dass sie das Resultat machtpolitischer Verhandlungen sind.730 Auf internationaler Ebene stehen zudem die Möglichkeiten, die Zivilgesellschaft einzubeziehen, in viel geringerem Ausmaß zur Verfügung als auf nationaler Ebene. Zweitens ist die Gewaltentrennung den internationalen Institutionen weitgehend fremd. Eine dem staatlichen Parlament vergleichbare Legislative fehlt entweder ganz oder ist in ihrer Bedeutung erheblich geringer. Eine Judikative fehlt in den meisten Fällen ebenfalls.731 Würde das Konzept staatlicher öffentlicher Gewalt eins zu eins auf die Governance-Aktivität internationaler Institutionen angewandt, würden diese Unterschiede zwischen der staatlichen und der internationalen Ebene ausgeblendet. Erforderlich ist daher ein spezifisch internationales Konzept öffentlicher Gewalt.

728

von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 68 ff. 729 Zu Unterschieden zwischen staatlichen und internationalen Strukturen, in denen verwaltungsrechtliche Mechanismen wirken siehe Cassese, Administrative Law Without a State? The Challenge of Global Regulation, 37 New York University Journal of International Law and Politics (2005), S. 663 – 694, 668 f. 730 Benvenisti, The Interplay between Actors as a Determination of the Evolution of Administrative Law in International Institutions, 68 Law and Contemporary Problems (2005), S. 319 – 340, 320 f. 731 von Bogdandy, Law and Politics in the WTO – Strategies to Cope with a Deficient Relationship, 5 Max Planck Yearbook of United Nations Law (2001), S. 609 – 674, 625 ff.; Benvenisti, The Interplay between Actors as a Determination of the Evolution of Administrative Law in International Institutions, 68 Law and Contemporary Problems (2005), S. 319 – 340, 320.

B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt

169

2. Notwendigkeit eines spezifisch rechtlichen Konzepts Dem Konzept staatlicher öffentlicher Gewalt liegt ein soziologisches Konzept zugrunde.732 Weber definiert die legale Herrschaft dadurch, dass Recht „gesatzt werden könne mit dem Anspruch auf Nachahmung mindestens durch die Genossen des Verbandes, regelmäßig aber auch: durch Personen, die innerhalb des Machtbereichs […] des Gebiets […] sozial handeln.“733 Der – in Webers Worten – „legale Herr“734 ordnet an und befiehlt durch Recht.735 Öffentliche Gewalt ist nach diesem Verständnis gleichgesetzt mit der Befugnis, rechtliche Befehle zu erteilen.736 Ein Großteil der Aktivitäten der internationalen Institutionen ist durch dieses soziologische Konzept nicht erfasst, da die internationalen Institutionen neben ihren rechtsverbindlichen Aktivitäten auch mittels soft law und Aktivitäten nicht-rechtsförmiger Art Außenwirkung erzielen, die geeignet ist, eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung individueller oder kollektiver Freiheit hervorzurufen.737 Aufgrund der Funktion des öffentlichen Rechts, die individuelle Freiheit bei gleichzeitiger Gewährleistung der kollektiven Handlungsfähigkeit zu sichern, bedürfen nicht nur rechtsförmige oder sogar nur rechtsverbindliche Befehle der Umhegung durch das öffentliche Recht, sondern jede Aktivität, die die individuelle oder kollektive Freiheit nicht nur unwesentlich berührt. Soft law und nicht-rechtsförmige Aktivitäten bedürfen daher wie die rechtsverbindlichen Aktivitäten internationaler Institutionen der öffentlich-rechtlichen Einbettung.738 Erforderlich ist daher ein weit gefasstes Konzept internationaler öffentlicher Gewalt, das auch die rechtlich unverbindlichen und die nicht-rechtsförmigen Instrumente einbezieht.739

732

Siehe z. B. Dahl, The Concept of Power, 2(3) Behavioral Studies (1957), S. 201 – 215. Weber, Grundriss der Sozialökonomik, Halbbd. I, 2. Aufl., 1925, Kap. III, § 3. 734 Ibid., Kap. III, § 3. 735 Ibid., Kap. III, § 3. 736 Siehe auch Dahrendorf, Über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen, 1961, S. 20: „Menschliche Gesellschaft heißt immer, dass das Verhalten von Menschen der Willkür des Zufalls entrückt und durch unüberhörbare, d. h. verfestigte Erwartungen geregelt wird. Die Verbindlichkeit dieser Erwartungen oder Normen beruht auf der Wirkung von Sanktionen, d. h. von Belohnungen oder Bestrafungen für konformes oder abweichendes Verhalten.“ 737 Siehe oben 3. Kap., A. II. 1. a). Zur Ausübung öffentlicher Gewalt außerhalb rechtlicher Befehle siehe zudem Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 125 f. 738 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 69 f. 739 Auch die Neue Verwaltungsrechtswissenschaft beschränkt öffentliche Gewalt nicht auf rechtsverbindliche Akte. Siehe z. B. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 125 f.; Fehling, Informelles Verwaltungshandeln, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 28. Siehe am Beispiel von Empfehlungen und Warnungen Gusy, Verwaltung durch Information – Empfehlungen und Warnungen als Mittel des Verwaltungshandelns, 14 NJW (2000), S. 977 – 986, 982 ff. 733

170

2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

Ein weit gefasstes Konzept internationaler öffentlicher Gewalt könnte aufbauend auf der Grundlage des Konzepts der Global Governance entwickelt werden.740 Die Governance-Forschung nimmt eine umfassende und integrierende Perspektive auf die Aktivität internationaler Institutionen ein, die insbesondere auch rechtlich unverbindliche und nicht-rechtsförmige Instrumente in die Analyse einbezieht.741 Die Governance-Perspektive vermag es jedoch nicht, Differenzierungen herauszuarbeiten und Abgrenzungen in der notwendigen Schärfe zu definieren, die ein rechtliches Konzept von öffentlicher Gewalt gewährleisten muss. Nur Aktivitäten, die es vermögen, effektive Bestimmungsmacht auf die Adressaten auszuüben, erfordern es, durch das öffentliche Recht als solche bezeichnet und kontrolliert zu werden. Es ist zudem erforderlich, die Akteure eindeutig zu bestimmen, die öffentliche Gewalt ausüben und die daher die Adressaten der Legitimität vermittelnden Institute und Vorgaben des öffentlichen Rechts sein sollen.742 Das Konzept der Global Governance kann daher nicht als Grundlage für die Entwicklung eines Konzepts internationaler öffentlicher Gewalt herangezogen werden. Im Ergebnis stellt sich das Konzept öffentlicher Gewalt soziologischen Ursprungs als zu eng dar, da es nicht alle Aktivitäten internationaler Institutionen einbezieht, die Legitimitätsbedenken hervorrufen. Das Konzept der Global Governance ist dagegen zu weit gefasst und vermag es nicht, erforderliche Differenzierungen zu gewährleisten. Erforderlich ist daher ein spezifisch rechtliches Konzept internationaler öffentlicher Gewalt. II. Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt umfasst neben rechtsverbindlichen Aktivitäten internationaler Institutionen auch rechtsunverbindliche – soft law und nicht-rechtsförmige – rechtsbasierte Aktivitäten. Voraussetzung ist, dass die Aktivität ein Mindestmaß effektiver Beeinträchtigung bei den Adressaten hervorruft, d. h. die individuelle oder kollektive Freiheit der Adressaten beeinträchtigt.

740 Zu Begriff und Konzept der Global Governance siehe oben Einleitung A. Zur Governance-Perspektive auf die Aktivitäten internationaler Institutionen siehe oben Einleitung B (Fn. 8, 27). 741 Die Governance-Perspektive stellt daher einen leistungsfähigen Ansatz dar, um den Wirkungsmodus von Aktivitäten internationaler Institutionen zu erfassen. Dazu siehe oben 2. Kap., B. 742 von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1380 f.

B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt

171

1. Rechtsverbindliche und rechtlich unverbindliche Aktivitäten Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt muss so konzipiert sein, dass alle Aktivitäten, die Legitimitätsbedenken hervorrufen, vom Konzept internationaler öffentlicher Gewalt erfasst sind. Er umfasst diejenigen rechtsbasierten Aktivitäten, die es vermögen, andere zu bestimmen, d. h. ihre Freiheit zu beeinträchtigen.743 Rechtsverbindliche Aktivitäten internationaler Institutionen vermögen es, die Situation eines Rechtssubjekts unilateral zu gestalten. Sie sind dann eine Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt, wenn sie – insbesondere durch Handlungsformen – „die rechtliche Situation eines Rechtssubjekts ohne dessen Einwilligung modifizieren“.744 Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt muss jedoch weiter gefasst sein. Internationale Institutionen bestimmen andere Akteure nicht nur durch rechtsverbindliches Völkerrecht, sondern auch durch soft law und nicht-rechtsförmige Aktivitäten.745 Die rechtsunverbindlichen sowie die nicht-rechtsförmigen Aktivitäten vermögen es ebenso wie die rechtsverbindlichen Aktivitäten, die individuelle Freiheit zu beeinträchtigen.746 Soft law und nicht-rechtsförmige Aktivitäten bestimmen andere Akteure, indem sie die Adressaten durch „kommunikative Macht“ veranlassen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Die Adressaten werden durch den Aufbau „kommunikativen Drucks“ in eine Situation versetzt, in der sie die Vorgaben nur unter ökonomischen und/oder politischen Kosten sowie ggf. Ansehensverlusten ignorieren können.747 Die Möglichkeit des betroffenen Akteurs, eine nicht rechtsverbindliche oder nicht-rechtsförmige Aktivität nicht zu beachten, besteht daher in vielen Fällen fiktiv. Aufgrund der Funktion des öffentlichen Rechts, die individuelle Freiheit – bei gleichzeitiger Gewährleistung der kollektiven Handlungsfähigkeit – vor allen Aktivitäten zu schützen, die die individuelle Freiheit nicht nur unerheblich tangieren, müssen nicht nur rechtsverbindliche Aktivitäten, sondern auch soft law 743 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 69 f. 744 von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1382; von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 70. 745 Siehe oben 3. Kap., A. II. 1. a). 746 Zur Effektivität von soft law und nicht-rechtsförmigen Aktivitäten siehe oben 3. Kap., A. II. 1. a). Die Effektivität von soft law und nicht-rechtsförmigen Aktivitäten wird von den internationalen Institutionen bestätigt, indem diese das Bedürfnis rechtlicher Fassung anerkennen und neben ihren rechtsverbindlichen Aktivitäten auch ihre soft law und nicht-rechtsförmigen Aktivitäten auf konkrete Rechtsgrundlagen stützen und mit detaillierten rechtlichen Rahmen versehen. Siehe die Rechtsgrundlagen und den detaillierten rechtlichen Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens oben 3. Kap. 747 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 69; von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1382.

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

sowie nicht-rechtsförmige Aktivitäten durch das öffentliche Recht eingebunden werden.748 Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt bezieht daher neben rechtsverbindlichen Aktivitäten auch rechtsunverbindliche – soft law sowie nichtrechtsförmige – Aktivitäten ein.749 2. Mindestmaß der Beeinträchtigung individueller oder kollektiver Freiheit Das Konzept der internationalen öffentlichen Gewalt bezieht neben den rechtsverbindlichen Aktivitäten auch soft law und nicht-rechtsförmige Aktivitäten ein, um einen umfassenden Schutz individueller Freiheit gegenüber allen relevanten Aktivitäten internationaler Institutionen zu gewährleisten. Gleichzeitig ist es erforderlich, solche Aktivitäten aus der Definition der internationalen öffentlichen Gewalt auszuschließen, die die individuelle Freiheit nicht tangieren. Es bedürfen nur solche Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Fassung, die die individuelle oder kollektive Freiheit beeinträchtigen. Die rechtsunverbindlichen und nicht-rechtsförmigen Aktivitäten müssen daher die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, d. h. zu effektiven Auswirkungen bei den Adressaten führen und ein Mindestmaß an Beeinträchtigung der individuellen oder kollektiven Freiheit aufweisen.750 III. Der Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt Der Öffentlichkeitsaspekt sowie der Aspekt der Internationalität internationaler öffentlicher Gewalt definieren sich über die Rechtsgrundlage der in Frage stehenden Aktivität. 1. Definition über die Rechtsgrundlage Um eine Aktivität als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt zu definieren, ist es nicht ausreichend, dass diese Aktivität die individuelle oder kollektive Freiheit beeinträchtigt. Erforderlich ist darüber hinaus, dass es sich um eine Aktivität eines Trägers internationaler öffentlicher Gewalt handelt. Die Internationalität und die Öffentlichkeit der Aktivität werden durch die Rechtsgrundlage definiert. Eine Aktivität ist dann ein internationaler öffentlicher Akt, wenn sie auf einer internationalen Rechtsgrundlage basiert, die von dazu legi748

Siehe dazu oben in diesem Kap., B. I. 2. von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1381 ff. 750 Ibid., S. 1381 ff. 749

B. Das Konzept internationaler öffentlicher Gewalt

173

timierten Trägern öffentlicher Gewalt mit einem gemeinwohlbezogenen Ziel verabschiedet wurde.751 Meist sind diese Träger öffentlicher Gewalt, die die internationale Rechtsgrundlage einrichten, Staaten. Eine Rechtsgrundlage für Akte internationaler öffentlicher Gewalt sind beispielsweise die Gründungsverträge internationaler Organisationen. Aber auch die weiter gefassten internationalen Institutionen müssen als potentielle Träger internationaler öffentlicher Gewalt in Betracht gezogen werden, da sie es wie die internationalen Organisationen vermögen, die Politik- und Rechtsgestaltung der teilnehmenden Staaten ohne deren Einwilligung zu beeinflussen und daher Auswirkungen auf externe Akteure herbeiführen, die geeignet sind, Legitimitätsbedenken hervorzurufen. Die Rechtsgrundlage für Akte internationaler öffentlicher Gewalt kann daher auch als unverbindlicher Akt angenommen worden sein.752 2. Definition von Ausnahmen durch einen Typenkatalog Das Kriterium der internationalen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage als konstituierendes Element eines Akts internationaler öffentlicher Gewalt gilt im Grundsatz. Die Governance-Perspektive hat jedoch den Blick auch auf solche Aktivitäten gelenkt, die zwar nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruhen, deren Ziel gleichwohl als allgemeinwohlbezogen einzustufen ist.753 Solche allgemeinwohlbezogenen Aktivitäten müssen als funktionales Äquivalent internationaler öffentlicher Gewalt qualifiziert werden.754 Die funktionale Äquivalenz könnte anhand funktionaler Kriterien festgestellt werden, beispielsweise indem bestimmt wird, ob die in Frage stehende Aktivität allgemeinwohlbezogen ist.755 Die Bestimmung der funktionalen Äquivalenz einer 751

Ibid., S. 1383. Ibid., 1383. 753 Z.B. die Aktivitäten der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Siehe Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1900. 754 Eine grundsätzliche Trennung internationaler öffentlicher und internationaler privater Aktivität ist gleichwohl strikt aufrecht zu erhalten. von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1384. Dazu Cassese, Regulation, Adjudication and Dispute Resolution beyond the State, Accompanying Paper to the Seminar on Global Administrative Law at the Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, Herbst 2008, abrufbar unter: http://www.mpil.de/shared/data/pdf/ regulation_adjudication_and_dispute_resolution.pdf (15. Januar 2009), S. 42 f. Siehe auch Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1, Rn. 58 ff. 755 Fischer-Lescano, Transnationales Verwaltungsrecht, 63(8) JZ (2008), S. 373 – 383, 376. Siehe zur funktionalen Auslegung von public official im Rahmen der OECD Anti-Beste752

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

privaten rechtsbasierten Aktivität zu einer öffentlichen rechtsbasierten Aktivität anhand der Auslegung eines derart weiten Begriffs wie „Allgemeinwohl“ ist jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen. Die funktionale Äquivalenz von Aktivitäten muss vielmehr – um gleichzeitig Rechtssicherheit und Flexibilität zu gewährleisten – anhand eines vordefinierten Typenkatalogs bestimmt werden. Der vordefinierte Typenkatalog enthält erstens Aktivitäten, die öffentliche Güter direkt betreffen, zweitens Aktivitäten, die die globale Infrastruktur organisieren756 und drittens Aktivitäten, die zum Ausgleich grundlegender Interessen unterschiedlicher sozialer Gruppen entwickelt werden.757

C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt Internationale öffentliche Gewalt wird den vorangegangenen Ausführungen zufolge definiert als eine – rechtsverbindliche, soft law oder nicht-rechtsförmige – Aktivität, die eine Beeinträchtigung der individuellen oder kollektiven Freiheit bewirkt und die grundsätzlich auf einer internationalen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage basiert, die mit dem Ziel der Allgemeinwohlförderung verabschiedet wurde. Im folgenden Abschnitt wird ausgeführt, dass die im OECD-Berichtsverfahren ausgearbeiteten Berichte die Merkmale dieser Definition aufweisen, das OECD-Berichtsverfahren daher aus öffentlich-rechtlicher Perspektive konzipiert werden muss. I. Einer öffentlichen Einrichtung zurechenbar Das OECD-Berichtsverfahren erfüllt das Merkmal des Öffentlichkeitsaspekts, da es der OECD als Trägerin internationaler öffentlicher Gewalt zurechenbar ist und auf Konkretisierungen des OECD-Gründungsvertrags beruht. Das OECD-Berichtsverfahren wird von der OECD Working Group on Bribery durchgeführt.758 Die OECD Working Group on Bribery ist ein Gremium der OECD und in die Hierarchie der OECD eingegliedert.759 Die OECD Working Group on Bribery führt das OECDBerichtsverfahren basierend auf Art. 1 OECD-Gründungsvertrag in Verbindung mit chungskonvention Zerbes, Article 1. The Offence of Bribery of Foreign Public Officials, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 45 – 172, 59 f. 756 Z.B. die Aktivitäten der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). 757 von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness of Public International Law: Towards a Legal Framework for Global Governance Activities, 9(11) GLJ (2008), S. 1375 – 1400, 1384. 758 Dazu siehe oben 3. Kap., B. I. 759 Zur dualen Funktion der OECD Working Group on Bribery in Bezug auf das OECDBerichtsverfahren siehe oben 3. Kap., C. II. 2. a) (Fn. 503).

C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung öffentlicher Gewalt

175

den spezifischen Rechtsgrundlagen durch.760 Die OECD ist eine internationale Organisation, die gemeinwohlbezogene Ziele verfolgt, die in ihrem Gründungsvertrag festgelegt sind.761 Trotz der Durchführung im Rahmen der OECD könnte es sich bei dem Berichtsverfahren um die Erstellung unabhängiger Sachverständigengutachten handeln, bei denen die Zurechnung zur OECD zweifelhaft wäre. Die hohe Anzahl der an der Durchführung des Berichtsverfahrens beteiligten Experten könnte ein Indiz in diese Richtung sein. Es ist aber ein Kennzeichen vieler internationaler Institutionen, dass eine Vielzahl von unabhängigen Experten beteiligt ist.762 Der OECD sind die dort arbeitenden Experten durch Art. 11 Abs. 2 des OECD-Gründungsvertrags verpflichtet.763 Die Teilnahme der Experten steht daher einer Zurechnung des Berichtsverfahrens zur OECD nicht entgegen. Ein weiteres Indiz für die Erstellung unabhängiger Sachverständigengutachten wäre, wenn die einzelnen Berichte nicht als OECD-Dokumente veröffentlicht würden. Die Berichte werden jedoch alle als OECD-Dokumente veröffentlicht, sodass eine Charakterisierung der Berichte als unabhängige Sachverständigengutachten nicht zutrifft. II. Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle Das zweite Merkmal internationaler öffentlicher Gewalt erfordert die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle, d. h. ein Mindestmaß der Beeinträchtigung der individuellen oder kollektiven Freiheit.764 Die Pönalisierung der Bestechung internationaler öffentlicher Amtsträger ist in einem völkerrechtlich und parlamentarisch ratifizierten Vertrag getroffen. Die Aufforderung an den nationalen Gesetzgeber, Anti-Bestechungsgesetze einzuführen, wurde durch die nationalen Parlamente ratifiziert. Diejenigen der im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen, die auf die Einführung von Gesetzen gerichtet sind, die die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr kriminalisieren, sind von dem völkerrechtlichen Vertrag getragen. Es handelt sich insoweit nicht um Anforderungen an die nationalen Entscheidungsträger, die darauf gerichtet sind, die rechtliche Situation der adressierten Staaten ohne deren Einwilligung zu modifizieren. Es liegen insoweit keine an die Staaten adressierten Handlungsaufforderungen vor, die staatenunabhängig von der OECD formuliert wurden und die als internationale öffentliche Gewalt zu qualifizieren sind.

760 761 762 763 764

Siehe oben 3. Kap., D. I. 3. i.V.m. D. II. 2. Siehe oben 3. Kap. A. I. Siehe oben 3. Kap., A. III. 3. Siehe oben 3. Kap., A. III. 3. Siehe oben in diesem Kap., B. II. 2.

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

Die OECD Working Group on Bribery stellt aber im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens erheblich weiter reichende Handlungsanforderungen an die teilnehmenden Staaten als allein die durch die OECD Anti-Bestechungskonvention geforderte Kriminalisierung internationaler Bestechung. Die staatenspezifischen Empfehlungen konkretisieren die relevanten Artikel der OECD Anti-Bestechungskonvention und stellen Anforderungen, die über die Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinausgehen. Die OECD Working Group on Bribery fordert im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens nicht nur die Einführung von Gesetzen zur Kriminalisierung internationaler Bestechung, sondern darüber hinaus u. a. die Einführung von Compliance Programmen und Ombudsmen,765 die Annahme von Richtlinien, die Steuerprüfer verpflichten, mit den Strafverfolgungsbehörden zur Ermittlung und Aufklärung von Steuerbetrugsfällen und Bestechungsfällen zusammenzuarbeiten,766 die Einrichtung einer Institution, die die Anti-Bestechungsmaßnahmen – insbesondere die Ermittlung und Verfolgung – koordiniert,767 die Änderung spezifischer Gesetze, wie z. B. in Kanada den Canada Business Corporations Act,768 oder die Bereitstellung adäquater finanzieller Mittel, um ausreichend Arbeitskräfte sowie Ausbildungsprogramme zur effektiven Ermittlung und Verfolgung von Bestechungsfällen sicherzustellen.769 All diese Forderungen gehen über die in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffene Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinaus. Die OECD Working Group on Bribery baut durch spezifische Charakteristika des OECD-Berichtsverfahrens – Wiederholungen der Bewertung, Formulierung der Handlungsanforderungen an die nationalen Entscheidungsträger und Veröffentlichung der Berichte – „kommunikativen Druck“ auf, sodass die Staaten die an sie gestellten Anforderungen kaum ignorieren können. Sie gestalten ihre nationale Rechts- und Politikgestaltung vielmehr häufig entsprechend dieser Vorgaben um.770 Das OECD-Berichtsverfahren hat daher in den teilnehmenden Staaten über die in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffene Pönalisierung internationaler Bestechung hinaus zu zahlreichen Veränderungen der nationalen Rechts- und Politikgestaltung geführt. Im Folgenden werden die von der OECD Working Group on Bribery an Deutschland gerichteten Erwartungen dargestellt sowie einzelne Maßnahmen in 765 OECD, Germany: Phase 2 Report, 4. Juni 2003, Nr. 156 ff. Zu den Anforderungen der OECD Working Group on Bribery an Deutschland im Einzelnen siehe sogleich. 766 OECD, Finland: Phase 2 Report, Mai 2002, S. 29. 767 OECD, Canada: Phase 2 Report, 25. März 2004, S. 38. 768 Ibid., S. 38. 769 OECD, Luxembourg: Phase 2 Report, 28. Mai 2004, S. 44 f. 770 Siehe die Angaben in den Fortschrittsberichten OECD, Country Reports on the Implementation of the OECD Anti-Bribery Convention and the 1997 Revised Recommendation, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/24/0,3343,en_2649_34859_1933144_1_1_1 _1,00.html (30. April 2009).

C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung öffentlicher Gewalt

177

Deutschland zur Umsetzung der Handlungsanforderungen beispielhaft für solche anderer am OECD-Berichtsverfahren teilnehmender Staaten aufgeführt. Die OECD Working Group on Bribery formulierte acht Anforderungen an Deutschland. Sie empfahl erstens, den privaten Sektor dazu anzuhalten, Corporate Compliance Programme zu entwickeln sowie in der Öffentlichkeit weitergehende Anstrengungen zur Aufklärung über die Kriminalisierung der internationalen Bestechung zu unternehmen. Zweitens empfahl sie, Trainingsprogramme für die Polizei und Staatsanwaltschaften mit dem Schwerpunkt auf Bestechungshandlungen einzuführen sowie zu überprüfen, ob ausreichende Ressourcen zur Ermittlung und Aufklärung internationaler Bestechungsfälle zur Verfügung stehen. Drittens wurde Deutschland angehalten, Steuerprüfungen in großen Unternehmen ohne zeitliche Verzögerungen durchzuführen. Viertens sollten existierende Mechanismen zur Kommunikation und Kooperation hinsichtlich der Ermittlung und Verfolgung von Straftaten zwischen den Ländern überprüft werden. Fünftens empfahl die OECD Working Group on Bribery, Richtlinien hinsichtlich der Aufdeckung verdächtiger Transaktionen anzunehmen sowie Ombudsmen und Anti-Bestechungseinheiten sowie -hotlines einzuführen. Sechstens wurde Deutschland angehalten, auf Bundesebene Informationen für die zukünftige Strafverfolgung internationaler Bestechungshandlungen zu sammeln. Schließlich empfahl die OECD Working Group on Bribery siebtens Maßnahmen – einschließlich der Annahme von Richtlinien – zur effektiven Durchsetzung der Haftbarkeit juristischer Personen einzuführen sowie achtens Richtlinien hinsichtlich der einheitlichen Anwendbarkeit von § 153a und § 153c StPO anzunehmen.771 Diese Empfehlungen gehen über die in der OECD AntiBestechungskonvention angelegte Pönalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im Geschäftsverkehr hinaus. Die in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffene Kriminalisierung wird konkretisiert und darüber hinausgehende Anforderungen werden formuliert. Zur Umsetzung dieser Empfehlungen hat Deutschland zahlreiche Maßnahmen durchgeführt. Als Beispiel sei zunächst die Gesetzgebung zur Umsetzung der vierten Empfehlung angeführt. Die OECD Working Group on Bribery empfahl, „that Germany continue to keep under review whether the existing mechanisms for the interLand communication and co-operation for criminal investigations and prosecutions are effective, including the sharing of experience in prosecuting foreign bribery cases.“772 Die OECD Anti-Bestechungskonvention beinhaltet keine Vorgaben hinsichtlich der Ermittlung und Verfolgung.773 Die Handlungsaufforderung der OECD Working Group on Bribery ist daher nicht von der Einwilligung in Form der parlamentarischen Ratifikation der OECD Anti-Bestechungskonvention getragen. Auf 771

OECD, Germany: Phase 2 Report, 4. Juni 2003, Nr. 156 ff. Ibid., Nr. 159. 773 OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 17. Dezember 1997, 37 I.L.M. 1 (1998), Art. 5: „Investigation and prosecution of the bribery of a foreign public official shall be subject to the applicable rules and principles of each Party.“ 772

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2. Teil, 4. Kap.: Rechtsdogmatische Durchdringung der Global Governance

diese an Deutschland gerichtete Empfehlung hin verabschiedete der Bundestag das „Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften“.774 Die Bundesregierung gibt an, dass dieses Gesetz zur Umsetzung der vierten Empfehlung der OECD Working Group on Bribery verabschiedet wurde.775 Das Gesetz geht daher nicht primär auf den Willen des Volkes zurück, sondern auf denjenigen der OECD Working Group on Bribery. Durch die Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung einer Empfehlung, auf deren Inhalt Deutschland keinen Einfluss hatte und in die die deutschen Entscheidungsträger nicht eingewilligt haben, werden demokratische Strukturen berührt. Aufgrund des durch das OECD-Berichtsverfahren aufgebauten internationalen Drucks wird die Entscheidungsfreiheit der deutschen Entscheidungsträger hinsichtlich der Prüfung der Kommunikation in der Ermittlung und Verfolgung von Korruptionshandlungen zwischen den Bundesländern eingeschränkt. Sie werden dahingehend beeinflusst, die Kommunikation zu überprüfen und bei negativem Ergebnis Abhilfemaßnahmen zu schaffen. Der Einfluss des Einzelnen, durch demokratische Verfahren die Entscheidungsträger im Hinblick darauf zu beeinflussen, ob Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation der Länder im Bereich der Ermittlung und Verfolgung erforderlich sind oder nicht, ist dadurch vermindert. Die Entscheidung der Verantwortlichen zur Ergreifung von Maßnahmen ist durch die OECD Working Group on Bribery beeinflusst. Die Möglichkeiten des Einzelnen, den politischen Prozess hinsichtlich der Erforderlichkeit von Maßnahmen zur verbesserten Kommunikation zu beeinflussen, sind herabgesetzt. Politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung sind dadurch beeinträchtigt. Über dieses Gesetz hinaus haben die autonom ausgearbeiteten Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery, die nicht von der parlamentarischen Ratifikation getragen sind, zu zahlreichen tatsächlichen Maßnahmen geführt. Das OECD-Berichtsverfahren hat in Deutschland u. a. zu Veränderungen in der Struktur und Organisation der Bundes- und Landesbehörden geführt. Es wurden die existierenden Strukturen zur Kooperation und Kommunikation zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer ausgebaut und die technischen Voraussetzungen des zentralen Strafverfahrensregisters (ZStV) deutschlandweit eingeführt. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene wurden Maßnahmen eingeführt, um die Aufdeckung und Anzeige von Bestechungshandlungen zu ermöglichen und zu vereinfa774

Gesetz zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften vom 10. September 2004, BGBl. I Nr. 49, 21. September 2004, S. 2318 ff. Dieses Gesetz legt fest, dass bestimmte Daten von den Staatsanwaltschaften im automatisierten Verfahren aus dem polizeilichen Informationssystem (INPOL) abgerufen werden können. Durch das Gesetz wird es den Staatsanwaltschaften gestattet, online auf Datenbestände des INPOL zuzugreifen. Ebenso erhalten Polizei und Strafgerichte Zugriff auf Daten aus dem zentralen staatsanwaltlichen Verfahrensregister. Das Gesetz verbessert den Austausch von Informationen zwischen der Staatsanwaltschaft und den Polizeibehörden wesentlich. Heute haben beispielsweise auch die Polizeibehörden Zugriff auf das zentrale Strafverfahrensregister. 775 OECD, Germany: Phase 2, Follow-Up Report on the Implementation of the Phase 2 Recommendations, 8. Dezember 2005, S. 17 f.

C. Das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung öffentlicher Gewalt

179

chen. Zudem wurden Mechanismen zur Kooperation zwischen Bund und Ländern sowie zu Botschaften zur Ermittlung und Verfolgung von Bestechungshandlungen eingeführt. Die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Korruptionsbekämpfung wurde ausgebaut. Beispielsweise wurde die Korruptionsbekämpfung in das Schulungsprogramm der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BaköV) eingeführt. Die Deutsche Richterakademie organisiert in Folge des OECD-Berichtsverfahrens jährlich mehrere mehrtätige Konferenzen, die speziell für Richter und Staatsanwälte Schulungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung im internationalen Geschäftsverkehr anbieten. Auf Länderebene werden seither Schulungen für Polizei und Staatsanwälte durchgeführt. Zudem wurden halbjährliche Treffen von Experten aus dem Bereich der Korruptionsbekämpfung in den Bundesbehörden eingeführt, um den Austausch von Erfahrungen und Ideen zu gewährleisten. Eine infolge des OECD-Berichtsverfahrens eingesetzte Arbeitsgruppe hat ein „Handbuch für Steuerprüfer – Bestechung“ ausgearbeitet. Zur Verbesserung der Ermittlung von Bestechungsfällen wurden Kontaktpersonen in den Ministerien auf Bundes- sowie auf Landesebene eingeführt. Es wurden spezielle Anti-Bestechungseinheiten und -hotlines sowie Ombudsmen eingeführt und der Schutz von Whistleblowers wurde ausgebaut. Die Öffentlichkeitsarbeit durch öffentliche sowie private Institutionen wurde verstärkt.776 Die von der OECD Working Group on Bribery ausgearbeiteten Handlungsanforderungen führten in Deutschland zu einer Vielzahl legislativer sowie tatsächlicher Maßnahmen. Diese wurden aufgrund von Empfehlungen getroffen, die von der OECD Working Group on Bribery formuliert wurden und die nicht auf die Umsetzung der in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffenen Kriminalisierung der internationalen Bestechung gerichtet waren. In den Inhalt dieser Empfehlungen haben die deutschen Entscheidungsträger nicht eingewilligt. Gleichzeitig sind sie in ihrer Entscheidungsfindung durch die internationalen Vorgaben und den Druck zur Umsetzung stark geprägt. Die Möglichkeiten des Einzelnen, durch demokratische Strukturen auf die Gestaltung der Politik einzuwirken, sind dadurch gemindert. Politische Beteiligungsrechte sowie politische Freiheiten sind betroffen. Im Ergebnis hat das OECD-Berichtsverfahren in den teilnehmenden Staaten legislative und tatsächliche Veränderungen herbeigeführt. Die von der Working Group on Bribery formulierten Anforderungen gehen vielfach über die in der OECD AntiBestechungskonvention getroffene Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinaus. Die staatenspezifischen Anforderungen sind in diesen Fällen nicht durch die parlamentarische Ratifikation der OECD Anti-Bestechungskonvention getragen. Die betroffenen Staaten willigen nicht in den Inhalt der an sie gestellten Anforderungen ein. Der durch das OECDBerichtsverfahren aufgebaute wirtschaftliche und/oder politische Druck sowie mögliche Auswirkungen auf das Ansehen der Staaten bewirken, dass die Staaten häufig nur eine rein formale Möglichkeit haben, ihre nationale Politik- und Rechtsgestaltung nicht an den Forderungen der OECD Working Group on Bribery 776

Ibid., S. 5 ff.

180

2. Teil, 5. Kap.: Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte

auszurichten. Diese Forderungen bewirken daher eine Vielzahl an rechtlichen sowie tatsächlichen Auswirkungen in den betroffenen Staaten. Die Entscheidungsmacht der nationalen Verantwortlichen wird dadurch geschmälert, dass ein internationales Gremium Vorgaben an die nationale Rechts- und Politikgestaltung stellt und mit effektivem Druck verbindet. Die Entscheidungsträger richten ihre Entscheidungen an den Vorgaben eines internationalen Gremiums aus, auf deren Inhalt sie wenig Einfluss haben und in die sie nicht eingewilligt haben. Die Möglichkeit des Einzelnen durch nationale demokratische Prozesse auf die Politik- und Rechtsgestaltung einzuwirken wird dadurch geschmälert. Der Einzelne kann die nationalen Entscheidungen in verringertem Maß beeinflussen, während ein aus Experten zusammengesetztes internationales Gremium die nationale Rechts- und Politikgestaltung mitbestimmt. Politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung sind beeinträchtigt.777 Das OECD-Berichtsverfahren war auch mit dem Ziel konzipiert worden, die Rechtslage und Politikgestaltung der teilnehmenden Staaten – über die reine Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr hinaus – zu beeinflussen.778 Die Erheblichkeitsschwelle wird daher durch das OECD-Berichtsverfahren überschritten. III. Notwendigkeit der Fassung des OECD-Berichtsverfahrens aus öffentlich-rechtlicher Perspektive Das OECD-Berichtsverfahren basiert auf einer internationalen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage und hat Auswirkungen auf politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung. Die Berichte können daher als Akte internationaler öffentlicher Gewalt verstanden werden. Jede Ausübung öffentlicher Gewalt muss durch das öffentliche Recht eingebunden sein.779 Das OECD-Berichtsverfahren muss daher aus öffentlich-rechtlicher Perspektive rechtsdogmatisch konzipiert werden. 5. Kapitel

Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte der öffentlich-rechtlichen Perspektive Die öffentlich-rechtliche Perspektive wird mithilfe von Handlungsformen konzipiert.780 Handlungsformen spielten in den europäischen Rechtssystemen eine 777 Zur Konzeption individueller Freiheit, die politische Freiheiten und demokratische Regierung enthält siehe oben Einleitung B (Fn. 22). 778 Siehe oben 3. Kap., E. II. 779 Siehe oben in diesem Kap., A. I. 780 Grundlegend zur Konzeptualisierung von Aktivitäten internationaler Institutionen als Handlungsformen siehe Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 –

A. Leistungspotential von Handlungsformen

181

zentrale Rolle in der Entwicklung des Verwaltungsrechts. Sie wurden zur Gewährleistung von Legitimität und Effektivität entwickelt und waren zentral in der Geltendmachung von Rechtsschutz gegen Handlungen der Verwaltung.781 Handlungsformen bilden den zentralen Baustein zur rechtsdogmatischen Erfassung der Ausübung nationaler782 und supranationaler783 öffentlicher Gewalt. Dieses Kapitel zeigt Handlungsformen als geeignete Konstrukte zur rechtsdogmatischen Erfassung von Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen. Unter (A.) wird das Leistungspotential von Handlungsformen zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten herausgearbeitet. Unter (B.) wird die Zulässigkeit der Entwicklung neuer Handlungsformen dargestellt sowie die Methodik offen gelegt.

A. Leistungspotential von Handlungsformen zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten Handlungsformen haben das Potential, die rechtsdogmatische Fassung von Governance-Aktivitäten zum Schutz individueller Freiheit und zur Gewährleistung effektiver Problemlösung internationaler Institutionen zu leisten. Erstens stellen Handlungsformen eine flexible dogmatische Matrix bereit. Diese stellt sich zur rechtsdogmatischen Erfassung rechtsverbindlicher, soft law und nicht-rechtsförmiger rechtsbasierter Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen gegenüber einer Ausweitung der Rechtsquellentrias aus Art. 38 IGH-Statut als vorteilhaft dar. Zweitens führen Handlungsformen durch ihre Funktionen – der Systematisierungsfunktion und der Speicherfunktion – das zentrale Anliegen des öffentlichen 1908. Zu bisherigen Ansätzen der Standardisierung im Völkerrecht im Überblick siehe z. B. Riedel, Standards and Sources. Farewell to the Exclusivity of the Sources Triad in International Law, 2 EJIL (1991), 58 – 84; Schermers/Blokker, International Institutional Law, 4. Aufl., 2003, § 1196 ff. Handlungsformen schließen sowohl solche Formen ein, die der Rechtsetzung dienen, als auch solche, die der Rechtsanwendung dienen. von Bogdandy, Gubernative Rechtsetzung, 2000, S. 156 ff. 781 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1880. 782 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 32 ff.; Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85; de Pretis, Italien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 79. 783 von Bogdandy/Bast/Arndt, Handlungsformen im Unionsrecht, 62 ZaöRV (2002), S. 77 – 161; Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006; Bast, Handlungsformen und Rechtsschutz, in: von Bogdandy (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, 2009, im Erscheinen; von Alemann, Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung, 2006.

182

2. Teil, 5. Kap.: Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte

Rechts fort. Sie sind auf den Schutz der individuellen Freiheit und die gleichzeitige Gewährleistung effektiver Problemlösungskapazität gerichtet. I. Flexible dogmatische Matrix Handlungsformen haben eine „flexible dogmatische Matrix“784 und bieten sich daher als geeignete Konstrukte zur Fassung von Governance-Aktivitäten an. Eine Möglichkeit zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten ist die Ausweitung der etablierten Rechtsquellentrias aus Art. 38 IGH-Statut.785 Einer Ausweitung der Rechtsquellentrias steht jedoch die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Governance-Aktivitäten der internationalen Institutionen entgegen. Erforderlich ist eine rechtstheoretische Konstruktion, die es vermag, die rechtsverbindlichen, soft law sowie nicht-rechtsförmigen, rechtsbasierten Aktivitäten rechtsdogmatisch zu fassen. Nicht-rechtsförmige Aktivitäten können jedoch nicht als Rechtsquellen begriffen werden. Eine Ausweitung der Rechtsquellentrias aus Art. 38 IGH-Statut vermag es daher nicht, alle Governance-Aktivitäten zu fassen, die die individuelle Freiheit tangieren.786 Handlungsformen vermögen es hingegen, rechtlich verbindliche, soft law sowie nicht-rechtsförmige Aktivitäten öffentlicher Gewalt zu fassen.787 Gegenüber der Ausweitung der Rechtsquellentrias erweisen sich Handlungsformen daher als flexiblere und daher besser geeignete Alternative zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten.788

784 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 85. 785 Statute of the International Court of Justice, 26. Juni 1945, 39 AJIL Supp. 215 (1945), Art. 38. 786 Dazu ausführlich Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1869, 1871 ff. Zu den Rechtsquellen gemäß Art. 38 IGH-Statut siehe Brownlie, Principles of Public International Law, 7. Aufl., 2008, S. 1 ff. 787 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1869; SchmidtAßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 541. Siehe z. B. die Entwicklung einer Handlungsform für nicht-rechtsförmige Aktivitäten öffentlicher Gewalt bei Bumke, Publikumsinformation. Erscheinungsformen, Funktionen und verfassungsrechtlicher Rahmen einer Handlungsform des Gewährleitungsstaats, 37(1) Die Verwaltung (2004), S. 3 – 33. 788 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 85 f.

A. Leistungspotential von Handlungsformen

183

II. Rechtsschutz und Bewirkungsermöglichung Handlungsformen verfügen über das Potential, aus der Fülle der rechtsverbindlichen, soft law und nicht-rechtsförmigen, rechtsbasierten Aktivitäten internationaler Institutionen den Blick auf den einzelnen Akt internationaler öffentlicher Gewalt zu richten. Sie vermögen es, gleichartigen Akten internationaler öffentlicher Gewalt einheitliche rechtsförmige Konturen zu geben, die darauf angelegt sind, die Legitimität internationaler öffentlicher Gewalt zu gewährleisten und gleichzeitig den Bewirkungsauftrag der internationalen Institution zu sichern. Es geht bei den Handlungsformen darum, die individuelle Freiheit zu schützen und zugleich die Träger öffentlicher Gewalt in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben effektiv und effizient zu erfüllen.789 Handlungsformen sichern die individuelle Freiheit, indem sie durch ein vordefiniertes Rechtsregime Anforderungen an die Ausübung öffentlicher Gewalt stellen und diese dadurch rechtsstaatlich disziplinieren.790 Die Adressaten der öffentlichen Gewalt werden durch Handlungsformen vor vorhersehbare Folgen gestellt. Mit der Auswahl einer Handlungsform durch den Träger der öffentlichen Gewalt geht eine weitreichende Entscheidung über die einzuhaltenden Verfahrensanforderungen sowie über Art und Umfang bestehenden Rechtsschutzes einher.791 Handlungsformen ermöglichen dadurch dem Adressaten, einen Akt öffentlicher Gewalt als solchen zu identifizieren und gegebenenfalls Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Handlungsformen können zu einer effektiven und effizienten Problemlösung beitragen, indem das Rechtsregime der Handlungsform die Durchführung von öf789 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. I, 2. Aufl., 1995, § 24, Rn. 75; Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 535; Schulze-Fielitz, Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, 109(12) DVBl (1994), S. 657 – 667, 661; von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 45; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85; Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83. 790 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 535. Zu den Verwaltungsinstrumenten in den europäischen Rechtssystemen siehe Gonod, Frankreich, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 76; Efstratiou, Griechenland, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 77; Craig, Großbritannien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 78; de Pretis, Italien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 79; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82; Marcusson, Schweden, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 83; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85. 791 von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 46; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84; Efstratiou, Griechenland, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 77.

184

2. Teil, 5. Kap.: Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte

fentlicher Gewalt rationalisiert und standardisiert.792 Handlungsformen stellen Instrumente zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zur Verfügung, unter denen der Träger öffentlicher Gewalt in der konkreten Situation die Form auswählen kann, die ihm im Hinblick auf Effizienz und Effektivität besonders geeignet erscheint.793 Das Potential von Handlungsformen, diesen Doppelauftrag des öffentlichen Rechts – Sicherungsfunktion und Bewirkungsfunktion – zu erfüllen, liegt in ihrer Entstehung begründet. In Deutschland und Italien wurden Handlungsformen in Reaktion auf das Legitimitätsdefizit der nationalen Herrschaftsformen des 19. Jahrhunderts entwickelt.794 Dieses Legitimitätsdefizit der damaligen Herrschaftsformen findet sein Äquivalent im Legitimitätsdefizit der Aktivitäten der internationalen Institutionen. Handlungsformen stellen sich daher als geeignete rechtstheoretische Konstrukte zur Fassung von Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen dar. Den Doppelauftrag des öffentlichen Rechts erfüllen Handlungsformen aufgrund von zwei Funktionen: der Systematisierungsfunktion und der Speicherfunktion.795 1. Systematisierungsfunktion Handlungsformen bündeln die Aufmerksamkeit und systematisieren und ordnen die Aktivität öffentlicher Gewalt.796 Die Systematisierungsfunktion der Handlungsformen begründet sich in ihrem Ursprung. Handlungsformen entstanden aus dem Bedürfnis, aus einem Kontinuum von Aktivitäten der öffentlichen Gewalt 792 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533 f.; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 85. 793 von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 45 f.; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 794 Eine Darstellung der historischen Entwicklung und Funktion des Verwaltungsakts und des provvedimento amministrativo findet sich bei von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 76 ff. 795 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 34; Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533. Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33, Rn. 3. 796 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, 3. Aufl., 1924, S. 92 f.; Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533 f.; von Bogdandy, Gubernative Rechtsetzung, 2000, S. 158; Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 6 ff.; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, S. 1879 f. Zu den Verwaltungsinstrumenten in den europäischen Rechtssystemen siehe die Beiträge in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010 oben in diesem Kap., A. II. (Fn. 790).

A. Leistungspotential von Handlungsformen

185

einzelne Elemente zu isolieren und diese durch abstrakte Begriffsbildung zu systematisieren und in eine sinnvolle Ordnung zu bringen.797 Otto Mayer hat diesen Grundgedanken für den nationalen Kontext formuliert: „Im Gegensatz zur vorausgehenden Entwicklungsstufe hat unser Rechtsstaat nicht bloß die flutende Masse der Verwaltungstätigkeit eingedämmt durch das Gesetz, sondern er lässt auch noch mittendrin fort und fort feste Punkte auftauchen, welche dem Einzelnen Halt gewähren und ihn darüber sicherstellen, wohin es geht.“798 Die Systematisierungsfunktion fördert daher die Rechtsstaatlichkeit der Ausübung öffentlicher Gewalt, indem sowohl der Einzelne als auch der Träger öffentlicher Gewalt die Folgen der Ausübung öffentlicher Gewalt abschätzen können. Der Einzelne kann Schutzmaßnahmen ergreifen. Der Träger öffentlicher Gewalt kann die zur Auswahl stehenden Instrumente überblicken und im Hinblick auf Effizienz und Effektivität eine geeignete Wahl treffen.799 2. Speicherfunktion Handlungsformen wirken als Speicher von Anforderungen an Legitimität und Effektivität von öffentlicher Gewalt.800 Die Speicherfunktion erstreckt sich auf alle Aspekte der in Frage stehenden Aktivität – auf das Verfahren, die Rechte und Pflichten der beteiligten Akteure und auf die Rechtsfolgen und Rechtsbehelfe.801 Die Speicherkraft von Handlungsformen fördert daher die Rechtsstaatlichkeit, indem sie die Ausübung öffentlicher Gewalt an ein vordefiniertes Rechtsregime bindet und dem Adressaten Rechtsschutz zur Verfügung stellt. Die Speicherkraft schafft außerdem Distanz und Überblick und erleichtert dem Träger öffentlicher

797 von Bogdandy, Gubernative Rechtsetzung, 2000, S. 158. Siehe zur Entwicklung auch oben in diesem Kap., A. II. 798 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, 3. Aufl., 1924, S. 92 f. 799 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 35. Zur Rechtssicherheit als Element des Rechtsstaats siehe z. B. Guerrero, Spanien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 11, Rn. 6; Halmai, Ungarn, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 12, Rn. 43; Dreier, Deutschland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 1, Rn. 127. 800 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533 ff. Siehe auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33, Rn. 3, der mit der Speicherfunktion von Handlungsformen deren Ordnungsfunktion und Entlastungsfunktion verbindet. Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1880. 801 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533; Schulze-Fielitz, Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, 109(12) DVBl (1994), S. 657 – 667, 661; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82.

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2. Teil, 5. Kap.: Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte

Gewalt dadurch das Auffinden konkreter Lösungen und gewährleistet eine effiziente und effektive Ausübung öffentlicher Gewalt.802 Die Rechtsqualität der im Rechtsregime der Handlungsform gespeicherten Elemente ist im nationalen Bereich im Rechtsstaatsprinzip verankert.803

B. Entwicklung neuer Handlungsformen Ziel dieser Arbeit ist es, eine rechtsdogmatisch nicht gefasste Governance-Aktivität einer internationalen Institution – das OECD-Berichtsverfahren – als Handlungsform zu konzipieren. Das OECD-Berichtsverfahren soll keiner schon bestehenden Handlungsform zugeordnet werden, sondern es soll eine Handlungsform basierend auf dem OECD-Berichtsverfahren entwickelt werden. Die Zulässigkeit der Entwicklung neuer Handlungsformen im internationalen Bereich begründet sich in der isolierten Betrachtung der Kompetenz des handelnden Organs einerseits und der zur Verfolgung seiner Aufgaben zur Verfügung stehenden Handlungsformen andererseits. Methodisch erfolgt die Entwicklung neuer Handlungsformen in drei Schritten. Erstens muss die Governance-Aktivität umfassend untersucht werden, zweitens müssen die Definitionsmerkmale der Handlungsform aufgrund der anvisierten Aktivität herausgearbeitet werden und drittens muss das Rechtsregime der Handlungsform definiert werden.

802

Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 533. Zu den einzelnen Verwaltungsinstrumenten und dem damit verbundenen Rechtsschutzsystem siehe z. B. für die Schweiz Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/ Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 803 Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. I, 2. Aufl., 1995, § 24, Rn. 75. Zum Rechtsstaatsprinzip in den europäischen Rechtsordnungen siehe Jouanjan, Frankreich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 2, Rn. 104 ff.; Koutnatzis, Griechenland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 3, Rn. 97 ff.; Loughlin, Großbritannien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 4, Rn. 80 ff.; Dogliani/Pinelli, Italien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 5, Rn. 112; Besselink, Niederlande, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 6, Rn. 136 ff.; Wiederin, Österreich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 7, Rn. 90 ff.; Tuleja, Polen, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 8, Rn. 68ff; Biaggini, Schweiz, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 10, Rn. 45ff; Guerrero, Spanien, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 11, Rn. 56; Halmai, Ungarn, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 12, Rn. 42 ff.; Dreier, Deutschland, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. I, 2007, § 1, Rn. 116 ff. Siehe dazu auch unten 6. Kap., B. II.

B. Entwicklung neuer Handlungsformen

187

I. Zulässigkeit Internationale Institutionen stützen ihre Aktivitäten teils auf im Gründungsvertrag festgeschriebene Handlungsformen und teils auf institutionelle Gewohnheit. Vor der Entwicklung neuer Handlungsformen muss daher die Frage gestellt werden, ob es zulässig ist, neben dem im Gründungsvertrag schriftlich festgelegten Handlungsformenkatalog einer Institution weitere Handlungsformen aus der Praxis zu generieren. Diese Frage ist von der Kompetenz der Organe zu trennen. Es geht bei der Entwicklung neuer Handlungsformen nicht um die Bestimmung von Kompetenzgrenzen, sondern darum, den handelnden Organen – eine ausreichende Kompetenz vorausgesetzt – zur Verfolgung ihrer Gestaltungsaufträge ein ausreichend differenziertes Tableau an Handlungsinstrumenten zur Verfügung zu stellen.804 Durch die Fassung neuer Handlungsformen werden ausschließlich die Handlungsmöglichkeiten erweitert, nicht aber die Kompetenzen der internationalen Institution. Daher ist eine Aktivität einer internationalen Institution, die gemäß einer Handlungsform ausgeübt wurde, bei fehlender Kompetenz stets rechtswidrig. Dies entspricht der allgemeinen Eigenschaft des öffentlichen Rechts, zwischen Können und Dürfen von Trägern öffentlicher Gewalt zu trennen.805 Das Konzept der Handlungsformen steht auch in Einklang mit dem allgemeinen Völkerrecht. Wenn das Rechtsregime der Handlungsform keine spezifischen Vorgaben enthält, wird auf das allgemeine Völkerrecht zurückgegriffen. Es verhält sich daher mit Handlungsformen wie mit self-contained regimes, die sich nicht außerhalb des allgemeinen Völkerrechts befinden.806 Die Konzeption neuer Handlungsformen könnte die Umgehung der Rechtsform durch die internationalen Institutionen herausfordern, indem diese jeweils neue Governance-Aktivitäten entwerfen, um den Anforderungen einer rechtsdogmatisch konzipierten Handlungsform, die die Ausübung öffentlicher Gewalt kontrollieren und limitieren will, zu entgehen.807 Dies gilt umso mehr, als ein genereller Formzwang nicht besteht.808 Die Entwicklung immer neuer Aktivitäten durch die internationalen Institutionen würde zur Unsicherheit der Adressaten dieser Aktivitäten 804

von Bogdandy/Bast/Arndt, Handlungsformen im Unionsrecht, 62 ZaöRV (2002), S. 77 – 161, 81 805 von Alemann, Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung, 2006, S. 181. 806 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1881. 807 Benvenisti, The Interplay between Actors as a Determination of the Evolution of Administrative Law in International Institutions, 68 Law and Contemporary Problems (2005), S. 319 – 340, 319. Dazu siehe Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1900. 808 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 535.

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2. Teil, 5. Kap.: Handlungsformen als rechtstheoretische Konstrukte

beitragen, da diese sich dann nicht mehr auf eine bestehende Praxis einstellen und verlassen könnten. Diese Argumentation steht jedoch jeder Art rechtlicher Fassung der Global Governance entgegen. Es erscheint aber in Anbetracht der Gründe für eine öffentlichrechtliche Fassung von Aktivitäten der internationalen Institutionen – der Sicherung individueller Freiheit bei gleichzeitiger Gewährleistung effektiver Problemlösungskapazität – erforderlich, neue Handlungsformen zu konzipieren.809 Zudem bringt die Fassung neuer Handlungsformen aufgrund der Bewirkungsfunktion für die internationalen Institutionen auch Vorteile mit sich. Handlungsformen dienen nicht nur dem Zweck, die Aktivitäten des Hoheitsträgers zu kontrollieren und zu limitieren. Sie dienen darüber hinaus der Effizienz und Effektivität der Ausübung öffentlicher Gewalt.810 Es ist daher durchaus im Interesse der internationalen Institutionen, ihre Aktivitäten gemäß öffentlich-rechtlicher Vorgaben auszugestalten. Der Entwicklung neuer Handlungsformen könnte außerdem entgegengestellt werden, dass die Fassung von Handlungsformen zur bürokratischen Unbeweglichkeit der internationalen Institutionen beiträgt. Das informale Handeln ist aber nicht per se flexibel. Darüber hinaus steht die rechtsdogmatische Strukturierung der Flexibilität nicht entgegen.811 Während eine durchgängige Formalisierung nicht-rechtsförmig gefasster Governance-Aktivitäten im Ergebnis nicht geboten und nicht sinnvoll ist, ist es erforderlich, diejenigen Aktivitäten internationaler Institutionen rechtsdogmatisch zu konzipieren, die Auswirkungen auf die individuelle Freiheit hervorrufen.812 Es ist daher zulässig und erforderlich, aus der Empirie neue Handlungsformen für internationale Institutionen rechtsdogmatisch zu konzipieren, wenn die anvisierte Governance-Aktivität die individuelle Freiheit beeinträchtigt. II. Methodik Der Entwicklung einer Handlungsform wohnen mit der Abstraktion der Definitionsmerkmale und der Definition der Elemente des Rechtsregimes813 zwei Momente des dogmatischen Konstruktivismus inne.814 Es ist in der Fassung neuer Hand809

Dazu siehe oben 4. Kap., A. II. und in diesem Kap., A. II. Siehe oben in diesem Kap., A. II. 811 Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 11 DVBl (1989), S. 533 – 541, 540 f. 812 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 127 ff. 813 Dazu im Einzelnen oben Einleitung B. 814 Ausführlich zum Potential des dogmatischen Konstruktivismus für Global Governance von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 83 ff.; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ 810

B. Entwicklung neuer Handlungsformen

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lungsformen daher immer ein intuitives Moment angelegt, inspiriert durch Praxis und Prinzipien. In der Praxis begründet sich die Fassung einer Handlungsform zunächst in der Abstraktion und Definition ihrer Definitionsmerkmale. Die Definitionsmerkmale beruhen auf einer breiten empirischen Untersuchung – sowohl des GovernanceMechanismus der spezifischen internationalen Aktivität als auch ihres rechtlichen Rahmens. Sie werden aufgrund der empirischen Analyse des ersten Schritts gewonnen, um so eine enge Verbindung der Konzeption der Handlungsform mit der Empirie zu gewährleisten.815 Die Definitionsmerkmale einer Handlungsform beruhen ausschließlich auf formalen, nicht auf substantiellen Kriterien. Es können drei Gruppen von Parametern identifiziert werden, die für die Konzipierung des Definitionsrahmens einer Handlungsform zur Auswahl stehen: genetische Parameter, textbezogene Parameter und Parameter, die die Durchsetzung/Nachverfolgung der Handlungsform betreffen.816 Die Gruppe der genetischen Parameter umfasst u. a. den Autor der Handlungsform, Spezifika des Verfahrens und die Form der Verabschiedung. Die textbezogenen Parameter betreffen z. B. erstens die Bezeichnung der Aktivität durch die internationale Institution, zweitens die direkt sowie die indirekt betroffenen Adressaten, drittens die Unterscheidung, ob die Aktivität deontische Indikatoren enthält oder nicht, ob sie also als Recht angesehen werden kann oder nicht sowie viertens die Unterscheidung, ob die Aktivität an Einzelne gerichtet ist oder ob sie eine allgemeine Regel aufstellt. Die Parameter der dritten Gruppe, die in Zusammenhang mit der Durchsetzung und Nachverfolgung der Handlungsform stehen, spezifizieren z. B., ob die Aktivität unmittelbar anwendbar ist oder ob Strafen oder Repressalien zu ihrer Durchsetzung eingesetzt werden, ob die Aktivität zu Verfahren vor internationalen Gerichten oder anderen Foren führen kann, oder ob die Aktivität zur effektiven Durchsetzung mit Mechanismen verbunden ist, die negative Auswirkungen auf das Ansehen hervorrufen oder die zu politischen und/oder ökonomischen Nachteilen führen können.817 Durch Prinzipien ist die Fassung der Handlungsform inspiriert, da die Definition des Rechtsregimes der Handlungsform diejenigen Elemente herausarbeitet, die grundlegend für ihre spezifische Legitimität und Effektivität sind.818 Mögliche Elemente des Rechtsregimes sind solche, die die Kompetenz des handelnden Organs betreffen sowie Regeln hinsichtlich des Verfahrens.819 (2008), S. 1865 – 1908, 1881 f. Zur juristischen Methode eingehend von Bogdandy, Vergleich, in: von Bogdandy/Cruz Villalýn/Huber (Hrsg.), IPE, Bd. II, 2008, § 39, Rn. 14 ff. 815 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1882. 816 Ibid., S. 1884 ff. 817 Ibid., S. 1884 ff. 818 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 88. 819 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1901 ff.

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Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils

Ausbildung und Entwicklung von Handlungsformen sind rechtskonstruktive Optimierungsaufgaben. Sie werden durch gemeinschaftliches Arbeiten von Justiz, Rechtswissenschaft und Gesetzgebung entwickelt.820 Ihre Konturen werden im Verlauf der Durchsetzung geschärft.821 Die Merkmale des Rechtsregimes werden verbessert, indem sie im Rahmen umfassender Kritik wiederholt an Legitimitätskriterien unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen gemessen werden.822

Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils Der zweite Teil dieser Arbeit hat die Grundlagen der öffentlich-rechtlichen Perspektive herausgearbeitet, die der rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens im anschließenden dritten Teil zugrunde gelegt werden. Ziel der Untersuchung der Kapitel vier und fünf war erstens, das Potential der öffentlichrechtlichen Perspektive zur rechtsdogmatischen Fassung der Global Governance zu demonstrieren und zweitens, die öffentlich-rechtliche Perspektive im Einzelnen zu konzipieren. Die Untersuchung hat die im Folgenden dargestellten Punkte herausgearbeitet. Erörtert wurde, dass die Funktion des öffentlichen Rechts im nationalen Bereich als Ausgangspunkt der Zugrundelegung öffentlich-rechtlicher Vorgaben und Institute zur rechtsdogmatischen Fassung der Global Governance dient. Das öffentliche Recht hat im nationalen Bereich die Doppelfunktion, die individuelle Freiheit zu sichern und gleichzeitig die staatliche Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Diese Funktionen erfüllt das öffentliche Recht, indem es öffentliche Gewalt durch das Erfordernis öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlagen konstituiert und durch öffentlich-rechtliche Vorgaben und Institute limitiert. Wie die nationalen Träger öffentlicher Gewalt operieren die internationalen Institutionen zwischen erfolgreicher Bearbeitung globaler Probleme und dem Anspruch, die Legitimität der eigenen Aktivitäten zu wahren. Dies entspricht der Grundsituation des öffentlichen Rechts. Das öffentliche Recht kann daher sowohl für den nationalen Bereich zum Schutz individueller Freiheit und gleichzeitiger Gewährleistung der effektiven Aufgabenerfüllung eingesetzt werden, als auch für den internationalen Bereich. Während im nationalen Bereich das öffentliche Recht die Funktion der Sicherung individueller Freiheit und Gewährleistung staatlicher Leistungsfähigkeit erfüllt, fehlt derzeit noch ein entwickeltes funktionales Äquivalent auf 820 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 6, Rn. 36. 821 Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33, Rn. 15. 822 Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1900 f.

Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils

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internationaler Ebene. Die Global Governance muss daher aus öffentlich-rechtlicher Perspektive rechtsdogmatisch konzipiert werden. Ein Konzept internationaler öffentlicher Gewalt muss bedingt durch die Unterschiede zwischen der nationalen und der internationalen Ebene spezifisch international und spezifisch rechtlich sein. Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt wird neben rechtsverbindlichen Aktivitäten auch durch soft law und nichtrechtsförmige rechtsbasierte Aktivitäten erfüllt, soweit diese ein Mindestmaß der Beeinträchtigung überschreiten, d. h. die individuelle oder kollektive Freiheit berühren. Der Aspekt der Öffentlichkeit und der Internationalität bestimmt sich grundsätzlich über die Rechtsgrundlage. Dies bedeutet, dass die Aktivität auf einer internationalen Rechtsgrundlage basieren muss, die von dazu legitimierten Trägern öffentlicher Gewalt mit einem gemeinwohlbezogenem Ziel verabschiedet wurde. Im Ausnahmefall bestimmt sich der Aspekt der Öffentlichkeit und der Internationalität über einen vordefinierten Typenkatalog. Die Berichte des OECD-Berichtsverfahrens können als Akte internationaler öffentlicher Gewalt verstanden werden. Der Aspekt der Internationalität und der Öffentlichkeit liegt vor, da das Berichtsverfahren der OECD zurechenbar ist. Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt ist ebenfalls gegeben, da die OECD Working Group on Bribery in den Berichten Anforderungen an die Staaten stellt, die über die völkerrechtlich und parlamentarisch ratifizierte Pönalisierung der Bestechung ausländischer Beamter im internationalen Geschäftsverkehr hinausgehen. Diese Anforderungen sind nicht durch die Ratifikation der OECD AntiBestechungskonvention gedeckt und die Staaten haben nicht in ihren Inhalt eingewilligt. Durch die Wiederholung der Bewertung, die Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen und durch die Veröffentlichung der Berichte wird ökonomischer und politischer Druck aufgebaut, sodass die Staaten die Handlungsanforderungen kaum ignorieren können und diese weitgehend umsetzen. Die OECD Working Group on Bribery hat daher einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der nationalen Entscheidungsträger im Handlungsfeld der Korruptionsbekämpfung, der über die Durchsetzung der in der OECD Anti-Bestechungskonvention getroffenen Bestimmungen hinausgeht. Die Möglichkeit des Einzelnen, durch demokratische Strukturen auf die nationale Rechts- und Politikgestaltung einzuwirken, ist dadurch erheblich eingeschränkt, denn die nationalen Entscheidungen sind durch das internationale Gremium stark geprägt. Der Einzelne kann die nationalen Entscheidungen nur noch bedingt beeinflussen, während ein aus Experten zusammengesetztes internationales Gremium die nationale Rechts- und Politikgestaltung mitbestimmt. Politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung sind beeinträchtigt. Die Auswirkungen des OECDBerichtverfahrens überschreiten daher die Erheblichkeitsschwelle. Das OECDBerichtsverfahren muss daher aus öffentlich-rechtlicher Perspektive rechtsdogmatisch konzipiert werden.

192

Zusammenfassung und Ergebnis des 2. Teils

Handlungsformen sind geeignete Konstrukte, um die öffentlich-rechtliche Perspektive im Einzelnen zu konzipieren. Erstens sind Handlungsformen aufgrund ihrer flexiblen dogmatischen Matrix gegenüber einer Ausweitung der Rechtsquellentrias aus Art. 38 IGH-Statut vorzuziehen. Zweitens eignen sich Handlungsformen aufgrund ihrer Systematisierungs- und Speicherfunktion, die spezifische Problemlage internationaler Institutionen zu fassen. Sie sind darauf gerichtet, die Sicherung der individuellen Freiheit und gleichzeitig die effiziente und effektive Aufgabenerfüllung durch die internationalen Institutionen zu gewährleisten. Die Entwicklung neuer Handlungsformen für internationale Institutionen ist zulässig, da zwischen Können und Dürfen der Träger öffentlicher Gewalt zu trennen ist. Methodisch erfolgt die Entwicklung von Handlungsformen in drei Schritten. Im ersten Schritt wird die Governance-Aktivität untersucht. Dann werden die Definitionsmerkmale der Handlungsform abstrahiert. Im dritten Schritt werden die Elemente der Definition mit den spezifischen Elementen des Rechtsregimes der Handlungsform verknüpft. Das Ergebnis der Untersuchung des zweiten Teils begründet die zweite These dieser Arbeit: Die im OECD-Berichtsverfahren ausgearbeiteten Berichte können als Akte internationaler öffentlicher Gewalt konzipiert werden. Das OECD-Berichtsverfahren muss deswegen aus öffentlich-rechtlicher Perspektive konzipiert werden. Zur dogmatischen Fassung dienen Handlungsformen.

3. Teil

Rechtsdogmatische Fassung des OECD-Berichtsverfahrens mittels einer Handlungsform Der dritte Teil dieser Arbeit führt die ersten beiden Teile zusammen. Der erste Teil untersuchte das OECD-Berichtsverfahren aus der Governance-Perspektive und aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. Im Ergebnis wurde gezeigt, dass die überkommenen rechtlichen Parameter den Governance-Modus von Berichtsverfahren nicht angemessen zu fassen vermögen und dass das OECD-Berichtsverfahren deswegen rechtsdogmatisch konzipiert werden muss. Der zweite Teil arbeitete die Grundlagen zur rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens heraus. Die im OECD-Berichtsverfahren ausgearbeiteten Berichte wurden als Akte internationaler öffentlicher Gewalt qualifiziert. Infolgedessen wurde die Notwendigkeit festgestellt, das OECD-Berichtsverfahren aus öffentlich-rechtlicher Perspektive als Handlungsform zu konzipieren. Diese Arbeit stellt die These auf, dass das OECD-Berichtsverfahren als Handlungsform mit der Bezeichnung „Politikbewertung“ rechtsdogmatisch konzipiert werden kann. 6. Kapitel

Das OECD-Berichtsverfahren im Licht der Handlungsform „Politikbewertung“ Dieses Kapitel arbeitet unter (A.) die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen heraus. Unter (B.) werden die Merkmale des Rechtsregimes definiert.823 Eine erste Konzeption der Handlungsform „Politikbewertung“ wurde von von Bogdandy/ Goldmann anhand des OECD Programme for International Student Assessment (PISA) entworfen.824 Die Definitionsmerkmale und die Elemente des Rechtsregimes werden anhand des OECD-Berichtsverfahrens weiterentwickelt und ausdifferen823

Zur Methodik siehe oben 5. Kap., B. II. von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102; von Bogdandy/Goldmann, The Exercise of International Public Authority through National Policy Assessment, 5 International Organizations Law Review (2008), S. 241 – 298. 824

194 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

ziert; neue Merkmale und Elemente werden hinzugefügt.825 Um nicht reine Apologetik der bestehenden Praxis zu betreiben, wird die Handlungsform unter (C.) kritisch gewürdigt. Die Kritik ist essentiell für die stetige Verbesserung des Rechtsregimes von Handlungsformen. Abschließend werden unter (D.) Rechtswirkungen von Politikbewertungen auf andere internationale Institutionen diskutiert. Die rechtsdogmatische Fassung des OECD-Berichtsverfahrens mittels der Weiterentwicklung der Handlungsform „Politikbewertung“ begründet sich darin, dass PISA und die Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung auf dem gleichen Governance-Modus – Governance by Information – basieren. Der ausschlaggebende Impuls, der die Adressaten der jeweiligen internationalen Aktivität dazu veranlasst, ihre nationale Politik und Rechtslage zu modifizieren, ist bei beiden der gleiche. Sowohl PISA als auch das OECD-Berichtsverfahren rufen Wirksamkeit durch die Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen hervor. Aktivitäten, die auf dem gleichen Governance-Modus beruhen, müssen durch eine Handlungsform erfasst werden. Für die Konzipierung von zwei eigenständigen Handlungsformen für PISA und für Berichtsverfahren könnte sprechen, dass diese Aktivitäten von dem jeweils zuständigen OECD-Gremium nicht deckungsgleich konzipiert wurden und sich in einigen Punkten unterscheiden. Beachtet werden muss daher die Überlegung, dass unterschiedliche Aktivitäten als getrennte Handlungsformen entwickelt werden müssen, um eine spezifische Handlungsform nicht zu einer beliebigen Kategorie werden zu lassen. Allerdings ist es ebenso notwendig, gleichartige Aktivitäten unter einer Handlungsform zusammenzufassen, um zu gewährleisten, dass nicht eine unüberschaubare Anzahl an Handlungsformen konzipiert und damit der Zweck der Fassung von Governance-Aktivitäten internationaler Institutionen als Handlungsformen unterlaufen wird. Der Zweck – die Aktivitäten internationaler öffentlicher Gewalt zu systematisieren und zu ordnen und dadurch Legitimität und Effektivität zu sichern – erfordert eine übersichtliche Zahl an Handlungsformen.826 Die Unterschiede zwischen PISA und den Berichtsverfahren beziehen sich auf die Form und den Zeitpunkt der Ausarbeitung des internationalen Bewertungsmaßstabs und auf die Art und Weise der Formulierung staatenspezifischer Anforderungen. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass für beide Instrumente ein internationaler Maßstab entwickelt wurde, anhand dessen die nationalen Politiken bewertet werden. Ebenso stellen beide Instrumente Handlungsanforderungen an die nationalen Entscheidungsträger. Die Unterschiede zwischen den beiden Instrumenten liegen daher ausschließlich in einzelnen Punkten der Umsetzung der spezifischen Governance by Information. In ihrem Governance-Modus unterscheiden sich die Instrumente hingegen nicht.827 Die 825

B. II. 826

Zur Entwicklung von Handlungsformen als andauernden Prozess siehe oben 5. Kap.,

Zu den Funktionen von Handlungsformen siehe oben 5. Kap., A. II. Siehe dazu die beispielhafte Darstellung möglicher Handlungsformen internationaler Institutionen bei Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instru827

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen

195

Berichtsverfahren und PISAwerden daher nicht als zwei getrennte Handlungsformen konzipiert, sondern aufgrund ihrer Gleichartigkeit unter eine Handlungsform gefasst.828 In der folgenden Darstellung werden jeweils zuerst die Merkmale der Definition und des Rechtsregimes von Politikbewertungen aufzeigt. Anschließend werden diese Merkmale jeweils anhand des OECD-Berichtsverfahrens praktisch ausgestaltet und zum Teil mithilfe von Berichtsverfahren anderer internationaler Institutionen weiter geschärft.

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen Dieser Abschnitt definiert die Handlungsform „Politikbewertung“. Die definierenden Merkmale einer Handlungsform sind solche, die konstitutiv für die Ausübung öffentlicher Gewalt sind. Die Definition muss abstrakt genug sein, um alle ähnlichen Aktivitäten zu erfassen. Sie muss konkret genug sein, um andersartige Aktivitäten, die nicht dem Rechtsregime von Politikbewertungen unterliegen sollen, auszugrenzen.829 Sind die Definitionsmerkmale durch eine Aktivität erfüllt, entspricht die Aktivität der definierten Handlungsform. I. Produktion von Informationen über staatliche Politiken Erstes Definitionsmerkmal von Politikbewertungen ist, dass Informationen über staatliche Politiken produziert werden.830 Die Informationen werden in umfassenden Analysen der staatlichen Politiken gewonnen und in Informationsdokumenten zusammengefasst. Den Informationen in den Informationsdokumenten selber kommt keine normative Wirkungskraft zu,831 die Informationen sind aber geeignet, normative Auswirkungen in dem adressierten Staat zu bewirken.832 Sprachliche Indikatoren, die anzeigen, dass autoritative, verbindliche Verhaltensweisungen erteilt werden („sollen“, „können“ etc.), sind in den Informationsdokumenten nicht angelegt. ments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1890 ff. 828 Ebenso ibid., S. 1899; von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 54. 829 Ibid., S. 90; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1884. 830 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 90. 831 Zu den Rechtswirkungen in Zusammenhang mit Berichtsverfahren siehe oben 3. Kap., F. 832 Zu normativen Auswirkungen der Informationsdokumente am Beispiel des OECDBerichtsverfahrens siehe oben 4. Kap., C. II.

196 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Alle im ersten Kapitel dargestellten Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung produzieren Informationen über die staatliche Korruptionsbekämpfung. Die Informationen werden im Rahmen aller aufgeführten Berichtsverfahren in Informationsdokumenten verfasst.833 II. Bewertung der staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs Das zweite Definitionsmerkmal von Politikbewertungen erfordert, dass sich die Bewertung auf die staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs bezieht. Die reine Selbstbewertung ist keine Politikbewertung. Mit Blick auf Berichtsverfahren erfordert dieses Merkmal, dass die internationale Institution eine eigene Bewertung der Informationen vornimmt und sich die Informationsdokumente zu Eigen macht.834 Erforderlich ist nicht, dass die internationale Institution die Informationen vollständig durch ihr verpflichtete Experten recherchiert. Im Rahmen der Berichtsverfahren der OECD und der GRECO werden die Politiken der teilnehmenden Staaten von Experten dieser Institutionen mittels Fragebögen und Staatenbesuchen recherchiert und anschließend bewertet. Die Informationsdokumente sind der OECD bzw. der GRECO zurechenbar. Das Merkmal der Bewertung der staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs liegt bei diesen beiden Berichtsverfahren vor.835 Auch bei dem Berichtsverfahren der OAS liegt das Merkmal der Bewertung der staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs vor. Zwar werden die Informationen ausschließlich mittels Fragebögen und nicht durch Staatenbesuche von Experten der OAS recherchiert, die Informationen werden jedoch anschließend von einem hierfür von der OAS eingesetzten Expertenkomitee ausgewertet und zu Informationsdokumenten verfasst. Die Informationsdokumente sind der OAS zurechenbar.836 Beim Berichtsverfahren der AU liegt dieses Definitionsmerkmal ebenfalls vor. Die Informationen werden wie beim Berichtsverfahren der OAS ausschließlich von dem jeweiligen Staat selbst erstellt und beim AU Advisory Board eingereicht. Das AU Advisory Board verfasst aufgrund der von den Staaten eingereichten Informationen ein Informationsdokument hinsichtlich des Fortschritts der teilnehmenden Staaten im Bereich der Korruptionsbekämpfung und legt diesen dem Exekutivrat der AU vor. 833

Siehe oben 2. Kap., A. I. und II. Zur Abgrenzung des Wirkungsmodus Governance by Information gegenüber der reinen Berichterstattung und Datenkollektion siehe oben 2. Kap., B. II. 4. 835 Zu den Berichtsverfahren der OECD und der GRECO siehe oben 2. Kap., A. I. 1. und A. II. 4. 836 Zum OAS-Berichtsverfahren siehe oben 2. Kap., A. II. 1. 834

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen

197

Das Advisory Board nimmt daher eine eigene Bewertung vor und macht sich die Informationen zu Eigen.837 III. Vorliegen internationaler Standards Drittens setzen Politikbewertungen das Vorliegen internationaler Standards voraus, die als Bezugspunkt für die Produktion – der Erhebung und Bewertung – der Informationen dienen.838 Die Standards können aus einem hard law Instrument oder aus soft law sowie aus nicht-rechtsförmigen Dokumenten bestehen, möglich ist auch eine Kombination. Die im ersten Kapitel dargestellten Berichtsverfahren sind alle mit internationalen Standards verbunden. Die Berichtsverfahren der OAS und der AU sind mit einem völkerrechtlichen Vertrag verbunden. Besonderheiten liegen bei den Berichtsverfahren der OECD und der GRECO vor. Das von der GRECO durchgeführte Berichtsverfahren bezieht sich auf alle vom Europarat zur Korruptionsbekämpfung verabschiedeten völkerrechtlichen Instrumente. Das OECD-Berichtsverfahren bezieht sich auf einen internationalen Vertrag und auf zwei unverbindliche Empfehlungen des OECD-Rats.839 Die internationalen Standards dienen als Bezugspunkt für die Produktion der Informationen. Die Fragebögen werden so ausgearbeitet, dass alle im Hinblick auf die Standards relevanten rechtlichen, institutionellen und tatsächlichen Informationen abgefragt werden. Während der Staatenbesuche werden in den Interviews etc. die hinsichtlich der Standards relevanten Informationen erhoben. Die Informationen werden anschließend am Maßstab der internationalen Standards ausgewertet. IV. Anspruch auf Objektivität Viertes konstituierendes Definitionsmerkmal von Politikbewertungen ist der Anspruch auf Objektivität der Informationen.840 Der Anspruch auf Objektivität zeigt sich daran, dass die Informationen auf empirischen Daten gründen. Die Informationsdokumente der vorgestellten Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung gründen alle auf empirischen Daten, die mittels Fragebögen und Staatenbesuchen recherchiert werden.841 837

Zum AU-Berichtsverfahren siehe oben 2. Kap., A. II. 2. Siehe dazu Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Cooperation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 14. 839 Siehe oben 2. Kap., A. I. und II. Zum Bewertungsmaßstab des OECD-Berichtsverfahrens im Einzelnen siehe oben 3. Kap., E. V. 2. a). 840 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 90. 841 Siehe oben 2. Kap., A. I. und II. 838

198 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

V. Vorhandensein einer Herrschaftskomponente Fünftes konstituierendes Definitionsmerkmal von Politikbewertungen ist das Vorliegen einer Herrschaftskomponente.842 Diese soll Druck auf die Staaten ausüben, ihre nationale Rechtslage und Politikgestaltung gemäß den Vorgaben des internationalen Gremiums zu verbessern bzw. zu gestalten. Ziel der Herrschaftskomponente ist es mithin, die Effektivität der Handlungsform zu gewährleisten. Zudem wird gerade aufgrund der Herrschaftskomponente ein Mindestmaß der Beeinträchtigung individueller oder kollektiver Freiheit – Merkmal des Gewaltaspekts internationaler öffentlicher Gewalt – überschritten.843 Merkmal der Herrschaftskomponente von Politikbewertungen ist, dass sie nicht durch die Verabschiedung rechtsverbindlicher Befehle erzeugt wird. Druck auf die Staaten zur Beachtung der Vorgaben der internationalen Institutionen in den Informationsdokumenten wird durch rechtsunverbindliche Mechanismen bewirkt. Die Herrschaftskomponente muss die nationalen Entscheidungsträger durch ihre „kommunikative Macht“844 in eine Position bringen, die es ihnen nur unter erheblichen politischen und/oder wirtschaftlichen Nachteilen sowie Ansehensverlust erlaubt, die Bewertung durch die internationale Institution zu ignorieren. Dieser Überzeugungsmechanismus ist eine wichtige treibende Kraft, indem er für einen Staat Anreize schafft, die nationale Rechts- und Politikgestaltung entsprechend den Vorgaben der Informationsdokumente zu modifizieren.845 Die Herrschaftskomponente kann auf verschiedenen Elementen beruhen, die in einer Politikbewertung entweder einzeln oder in Kombination angewandt werden. Diese Elemente sind die Wiederholung des Verfahrens, die Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen und die Veröffentlichung der Informationsdokumente.846 Wird nur eines dieser Elemente verwandt, ist erforderlich, dass dieses eine hinreichend effektive „kommunikative Macht“ erzeugt. 1. Wiederholung Die Wiederholung kann verfahrensmäßig vorgesehen sein oder sie wird in Fällen anhaltender Nichtbeachtung außerverfahrensmäßig angeordnet.

842

von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 90. 843 Zum Gewaltspekt internationaler öffentlicher Gewalt siehe oben 4. Kap., B. II. 844 Dazu siehe oben Einleitung A (Fn. 17). 845 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 7. 846 Ibid., Nr. 6.

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen

199

a) Verfahrensmäßig vorgesehene Wiederholung Die verfahrensmäßig vorgesehene Wiederholung erzeugt dadurch Druck auf die nationalen Entscheidungsträger, dass sie diesen einen zeitlichen Rahmen gibt, innerhalb dessen sie die Leistungen ihres Landes verbessern müssen. Druck zur Beachtung der Anforderungen wird durch die verfahrensmäßige Wiederholung außerdem dadurch erzeugt, dass die potentielle Nichtbeachtung staatenspezifischer Anforderungen durch die Wiederholung des Verfahrens aufgedeckt, schriftlich fixiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die staatlichen Verantwortlichen werden dadurch bei Nichtbeachtung der internationalen Vorgaben von der internationalen Öffentlichkeit sowie ihren Wählern zur Verantwortung gezogen. Wird hingegen in einem Informationsdokument die Politik eines Staates im entsprechenden Handlungsbereich als effektiv und mit den internationalen Vorgaben konform dargestellt und positiv bewertet, fördert dies das Ansehen der betreffenden Regierung. Bei Aktivitäten wie dem OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung ist dieser Mechanismus der Herrschaftskomponente von Politikbewertungen umso wirkungsvoller, da es sich bei der Korruptionsbekämpfung um einen politisch sensiblen Bereich handelt. Von den Medien werden die Ergebnisse des OECD-Berichtsverfahrens häufig aufgegriffen.847 In politisch sensiblen Handlungsfeldern eignet sich die wiederholte Bewertung und Veröffentlichung der Ergebnisse der staatlichen Politiken daher insbesondere dazu, die öffentliche Meinung und die Politik einer Regierung zu beeinflussen. Die verfahrensmäßig vorgesehenen Wiederholungen erzeugen effektiven Druck auf die nationalen Entscheidungsträger, sich die Vorgaben der internationalen Institution zu Eigen zu machen und die nationale Politik- und Rechtslage entsprechend auszugestalten. b) Außerordentliche Wiederholung Außerordentliche Wiederholungen können bei anhaltender Nichtbeachtung der in den Informationsdokumenten enthaltenen Vorgaben von dem international zuständigen Gremium angeordnet und durchgeführt werden. Rechtsgrundlage ist die Revised Recommendation in Verbindung mit den Revised Guidelines for Phase 2 Reviews.848 Der durch die Androhung und Durchführung einer außerordentlichen Wiederholung erzeugte Druck geht über den durch verfahrensmäßig vorgesehene Wiederholungen erzeugten Druck hinaus. Dies liegt daran, dass außerordentliche Wiederholungen nur bei anhaltend negativer Bewertung durchgeführt werden. Schon 847

Siehe dazu unten in diesem Kap., A. V. 3. OECD Council, Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions, C(97)123/FINAL, 23. Mai 1997, VIII i.V.m. OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD(2005)12/REV3, 27. Februar 2006, VII C, VIII A und B. 848

200 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

die Durchführung eines außerordentlichen Verfahrens zieht daher einen Ansehensverlust nach sich. Das Definitionsmerkmal – sowohl der verfahrensmäßigen als auch der außerordentlichen – Wiederholung liegt bei dem OECD-Berichtsverfahren vor. Wiederholungen der Informationsproduktion werden im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens verfahrensmäßig durchgeführt. In den Phasen 1 und 2 des OECD-Berichtsverfahrens werden zwar Informationen mit einem unterschiedlichen Fokus auf die staatlichen Politiken produziert, in den specific issues merkt sich die OECD Working Group on Bribery aber kritische Aspekte zur wiederholten Recherche und Bewertung in der nächsten Phase vor.849 Die staatlichen Aktivitäten, die in den Informationsdokumenten der Phase 2 gefordert werden, werden darüber hinaus in den Fortschrittsberichten überprüft und bewertet. Diese infolge der Phase 2 produzierten Informationsdokumente beinhalten eine detaillierte Analyse und Bewertung der Umsetzung der einzelnen Handlungsanforderungen der zweiten Phase als „satisfactorily implemented“, „partially implemented“ oder „not implemented“. Zusätzlicher Druck auf die adressierten Staaten wird dadurch erzeugt, dass eine Bewertung der nationalen Umsetzung einer Handlungsanforderung der OECD Working Group on Bribery als „not implemented“ die wiederholte Bewertung und weitere Verfahren nach sich zieht.850 Neben den verfahrensmäßig vorgesehenen Wiederholungen kann die OECD Working Group on Bribery außerordentliche Wiederholungsverfahren anordnen. Die bis-Verfahren sind die wirkungsvollsten der außerordentlichen Verfahren des OECDBerichtsverfahrens.851 Sie haben die ausgeprägteste Öffentlichkeitswirkung aufgrund der Veröffentlichung der bis-Berichte im Rahmen der für alle Staaten verfahrensmäßig veröffentlichten Berichte. Da die bis-Verfahren nur bei Staaten mit anhaltend unzureichender Umsetzung der Vorgaben der OECD Working Group on Bribery durchgeführt werden, fallen die Staaten, für die auf der OECD Homepage ein bisBericht veröffentlicht ist, ohne weitere Recherche für ihre mangelhafte Korruptionsbekämpfung auf. Die anderen außerordentlichen Verfahren des OECD-Berichtsverfahrens sind weniger öffentlichkeitswirksam. Ihre Durchführung zeigt sich erst bei Durchsicht der Berichte. Auch im Rahmen der von der OAS und der GRECO entwickelten und durchgeführten Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung werden ein oder mehrere Wiederholungen des Verfahrens vorgenommen. Ebenso sieht das AU-Berichtsverfahren die jährliche Wiederholung der Bewertung der staatlichen Politiken vor. Wiederholt wird in den Berichtsverfahren der OAS, der GRECO und der AU jeweils sowohl die Datenrecherche als auch die Bewertung.852 849

Siehe am Beispiel Belgiens oben 3. Kap., E. III. 3. a) und b). Siehe oben 3. Kap., E. III. 1. 851 Zum bis-Verfahren und anderen außerordentlichen Wiederholungsverfahren des OECDBerichtsverfahrens siehe oben 3. Kap., E. III. 3. d) und E. II. 852 Siehe oben 2. Kap., A. I. und II. 850

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen

201

2. Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen Die Erwartungen der internationalen Institution an die nationalen Entscheidungsträger können sowohl direkt als auch indirekt formuliert werden. a) Direkt: Formulierung staatenspezifischer Empfehlungen Die staatenspezifischen Empfehlungen können direkt formuliert werden, indem Empfehlungen an die nationalen Entscheidungsträger ausgearbeitet und in die Informationsdokumente eingefügt werden.853 Die Formulierung staatenspezifischer Empfehlungen stellt ein Element der Herrschaftskomponente dar, indem durch die Formulierung spezifischer Empfehlungen und der Überprüfung und Bewertung von deren Umsetzung ein direkter Vergleich der jeweiligen staatlichen Politiken vor und nach der Durchführung des internationalen Verfahrens ermöglicht wird. Die Formulierung direkter Empfehlungen ist daher in Verbindung mit der Wiederholung ein starkes Element der Herrschaftskomponente. b) Indirekt: Ranking von Staaten Die Erwartungen können auch indirekt formuliert werden, beispielsweise in Form von Rankings der Staaten.854 Das Ranking erzeugt Druck auf die Staaten, indem es den Staaten im unteren Bereich der Liste nahelegt, sich an den Staaten auf den Spitzenplätzen zu orientieren. Das Merkmal der Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen, um Druck auf die Staaten zur Beachtung der Informationsdokumente zu erzeugen, liegt bei dem OECD-Berichtsverfahren vor. Im OECDBerichtsverfahren werden Empfehlungen an die Staaten direkt formuliert. Die Empfehlungen sind in den Informationsdokumenten der zweiten Phase enthalten.855 Die Umsetzung der Empfehlungen wird in den wiederholten Bewertungen überprüft und bewertet.856 Im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens werden die Staaten nicht in einem Ranking aufgeführt.857 Auch in den Berichtsverfahren der OAS und der GRECO werden die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen direkt in den Informations853 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6. 854 Ibid., Nr. 6. 855 Siehe oben 3. Kap. E. III. 3. b). 856 Siehe oben 3. Kap. E. V. 3. c) und d). 857 Druck auf die adressierten Staaten durch ein Ranking wird bei PISA erzeugt. Siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 90.

202 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

dokumenten als Handlungsempfehlungen an die staatlichen Verantwortlichen formuliert.858 3. Veröffentlichung der Informationsdokumente Drittens wird durch die Veröffentlichung der Informationsdokumente Druck auf die nationalen Entscheidungsträger zur Beachtung von Politikbewertungen ausgeübt.859 Durch die Veröffentlichung der Informationsdokumente besteht für die Medien die Möglichkeit, sich des Themas anzunehmen. Die Medien spielen zur Erzeugung von Druck eine wesentliche Rolle.860 Auf der Homepage der OECD werden die Informationsdokumente, die im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens ausgearbeitet und angenommen werden, veröffentlicht und allgemein zugänglich gemacht.861 Die Veröffentlichung der Informationsdokumente ist in den Verfahrensregeln des OECD-Berichtsverfahrens festgelegt.862 Die veröffentlichten Dokumente des OECD-Verfahrens werden in der Öffentlichkeit durchaus wahrgenommen. So genießt das OECD-Berichtsverfahren weithin großes Interesse in den Medien.863 In Deutschland hat darüber hinaus die Aussage des Vorsitzenden der OECD Working Group on Bribery, Professor Dr. Mark Pieth, in der Financial Times Deutschland zu einer kleinen Anfrage im Bundestag geführt.864 Ebenso werden die Informationsdokumente, die im Verlauf des Berichtsverfahrens der OAS produziert werden, im Internet veröffentlicht.865 Hingegen werden die Berichte des Advisory Board on Corruption der AU nicht veröffentlicht, sondern ausschließlich dem Exekutivrat überstellt.866 Auch die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen werden nicht formuliert. 858 Siehe oben 2. Kap., A. I. und II. Zur Herrschaftskomponente des AU-Berichtsverfahrens siehe sogleich in diesem Kap., A. V. 3. 859 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 90; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6. 860 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6. 861 Im Einzelnen siehe oben 3. Kap., E. V. 3. 862 Siehe dazu oben 3. Kap., E. V. 3. 863 Zur Medienpräsenz des OECD-Berichtsverfahrens siehe Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 468. Siehe z. B. Bawden, OECD Hits Failure to Crack Down on Corrupt Business, The Times, 19. März 2005, S. 60. 864 Zur Antwort der Regierung auf die kleine Anfrage siehe Deutscher Bundestag, Praktische Umsetzung der Strafvorschriften zur Bekämpfung der Auslandskorruption, Drucksache 16/8463, 10. März 2008. Dazu siehe von Tiesenhausen, OECD rügt deutsche Justiz als zu zaghaft, Financial Times Deutschland, 27. Dezember 2007, Ausg. 249, S. 1. 865 Siehe dazu oben 2. Kap., A. II. 1. 866 Siehe oben 2. Kap., A. II. 2.

A. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen

203

Das AU Advisory Board on Corruption nimmt zwar gemäß den Vorgaben des AUBerichtsverfahrens jährlich Wiederholungen der Bewertung vor, aber dieses Element erzeugt für sich allein genommen keinen hinreichend effektiven Druck, der die nationalen Entscheidungsträger zu Modifikationen entsprechend den Vorgaben der internationalen Institution veranlassen würde. Das Berichtsverfahren der AU weist das Merkmal des Vorhandenseins einer Herrschaftskomponente daher nicht auf. Das AU-Berichtsverfahren ist daher keine Politikbewertung. Die von der GRECO produzierten Informationsdokumente sind alle im Internet veröffentlicht. Die Verfahrensvorgaben des Berichtsverfahrens der GRECO legen zwar fest, dass die Informationsdokumente grundsätzlich vertraulich sind und dass eine Veröffentlichung nur mit vorheriger Einwilligung des bewerteten Staates erfolgt,867 ungeachtet dieser Regelung ist es aber einhellige Praxis der Mitglieder der GRECO, der Veröffentlichung zuzustimmen.868 Durch diese Praxis der Veröffentlichung wird ungeachtet der Freiwilligkeit der Veröffentlichung „kommunikative Macht“ hinsichtlich der Umsetzung der von der GRECO an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen erzeugt. Für das Vorliegen der Herrschaftskomponente ist die tatsächliche Veröffentlichung der Informationsdokumente ausreichend. VI. Zurechenbarkeit zu einer internationalen Institution Sechstes konstituierendes Definitionsmerkmal von Politikbewertungen ist, dass die in Frage stehende Aktivität einer internationalen Institution zurechenbar ist.869 Dieses Definitionsmerkmal stellt sicher, dass der Öffentlichkeitsaspekt und der Aspekt der Internationalität internationaler öffentlicher Gewalt erfüllt sind.870 Das OECD-Berichtsverfahren stellt eine Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt dar, da es die Erheblichkeitsschwelle überschreitet und einer internationalen Institution zurechenbar ist.871 Auch die Berichtsverfahren der OAS und der GRECO sind den jeweiligen Institutionen zurechenbar.872

867 Zum GRECO-Berichtsverfahren und den Veröffentlichungspflichten hinsichtlich der von der GRECO produzierten Informationsdokumente siehe oben 2. Kap. A. II. 4. 868 Zu Veröffentlichungspflichten im Rahmen der Berichtsverfahren der verschiedenen internationalen Institutionen im Vergleich siehe Wolf, Der Beitrag Internationaler und Supranationaler Organisationen zur Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten, Speyerer Forschungsbericht 253, 2007, S. 56. 869 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 91. 870 Zum Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt siehe oben 4. Kap., B. III. 871 Siehe oben 4. Kap., C. II. 872 Ebenso ist das AU-Berichtsverfahren der AU zurechenbar. Dieses stellt allerdings aufgrund des fehlenden Merkmals des Vorhandenseins einer Herrschaftskomponente keine Politikbewertung dar. Siehe dazu oben in diesem Kap., A. V. 3.

204 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Im Ergebnis erfüllen die Berichtsverfahren der OECD, der OAS und der GRECO die herausgearbeiteten Definitionsmerkmale und sind daher Politikbewertungen.

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen Dieser Abschnitt konzipiert unter (I.) das Rechtsregime von Politikbewertungen. Die Merkmale des Rechtsregimes einer Handlungsform sind diejenigen, die für die Legitimität, Effizienz und Effektivität ausschlaggebend sind.873 Die Merkmale des Rechtsregimes werden – anders als die Definitionsmerkmale – nicht anhand der Praxis bestimmt, sondern aus der Theorie gewonnen.874 Im Nationalstaat ist die Rechtsverbindlichkeit der Merkmale und Prinzipien des Rechtsregimes von Handlungsformen im Rechtsstaatsprinzip verankert. Normen und Prinzipien, die im internationalen Bereich als Anknüpfungspunkt für die Anforderungen an Legitimität und Effektivität dienen können, werden unter (II.) untersucht und die Rechtsverbindlichkeit des Rechtsregimes von Politikbewertungen in der internen Konstitutionalisierung internationaler Institutionen verankert. I. Definition des Rechtsregimes von Politikbewertungen Die prozeduralen und materiellen Elemente des Rechtsregimes, die grundlegend für die Legitimität und die Effektivität von Politikbewertungen sind, werden in diesem Abschnitt definiert. Liegen diese Merkmale bei einer Aktivität vor, die die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen aufweist, sind die Voraussetzungen der Handlungsform erfüllt. 1. Mandat Das erste Merkmal des Rechtsregimes von Politikbewertungen ist das Vorliegen eines Mandats.875 Das Erfordernis einer Rechtsgrundlage ist einer der grundlegendsten Mechanismen des öffentlichen Rechts, die Legitimität der Exekutive herzustellen.876 Der vollziehenden Gewalt ist es im Rechtsstaat untersagt, ohne gesetzliche Grundlage tätig zu werden.877 Auch die internationalen Institutionen stützen 873

Dazu siehe oben 5. Kap., A. II. Im Einzelnen zur Methodik siehe oben 5. Kap., B. II. 875 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 91 f.; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 14. 876 Zur historischen Entwicklung siehe Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, 2007, Art. 20, VI, Rn. 77 f. Für eine rechtsvergleichende Studie siehe von Bogdandy, Gubernative Rechtsetzung, 2000, S. 167 ff. Zur zentralen Stellung der Rechtsgrundlage in den europäischen Rechtsordnungen siehe oben 4. Kap., A. I. 2. (Fn. 701). 877 Siehe oben 4. Kap., A. I. 2. (Fn. 701). 874

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

205

ihre Aktivitäten auf konkrete Rechtsgrundlagen.878 Dies zeigt sich auch an der konkreten Rechtsgrundlage, auf die das OECD-Berichtsverfahren gestützt ist.879 Im Recht der internationalen Institutionen fordert das Prinzip der übertragenen Kompetenz, dass jede Aktivität auf eine von den Staaten übertragene Rechtsgrundlage gestützt ist.880 Darüber hinaus kann das Prinzip der angemessenen Konkretisierung begründet werden.881 Das Prinzip der angemessenen Konkretisierung muss im Einzelnen noch entwickelt werden, schon jetzt ist aber festzustellen, dass es keine neuen Kompetenzen schafft, sondern ausschließlich im Gründungsdokument niedergelegte, von den Staaten übertragene Kompetenzen konkretisiert.882 Das OECD-Berichtsverfahren ist auf konkrete Rechtsgrundlagen gestützt. Diese ergeben sich nicht aus den vage formulierten Zielbestimmungen aus Art. 1 OECDGründungsvertrag, sondern aus der OECD Anti-Bestechungskonvention sowie nachfolgenden Rechtsakten der OECD. Im Einzelnen sind dies eine Empfehlung und eine Entscheidung des OECD-Rats sowie OECD-interne Instrumente.883 2. Partizipationsrechte und Begründungspflicht Den Betroffenen von Politikbewertungen müssen zweitens Partizipationsrechte gewährt werden, und die internationalen Institutionen müssen die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen begründen. Partizipationsrechte der Betroffenen sowie Begründungspflichten hinsichtlich der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen sind grundlegende Elemente der Legitimität öffentlicher Gewalt. Die Partizipationsrechte der Betroffenen sind ausschlaggebend für die Möglichkeit dieser Akteure, sich frühzeitig zu informieren und den Verfahrensverlauf zu beeinflussen.884 Im Rechtsstaat darf die Entscheidung deshalb grundsätzlich nur auf solche Umstände gestützt werden, zu denen der Beteiligte – der in einer spezifischen Weise von einer Entscheidung Betroffene – sich äußern konnte.885 878

Siehe zur Begründung des Prinzip der angemessenen Konkretisierung oben 3. Kap., D. II. Zu den Rechtsgrundlagen des OECD-Berichtsverfahrens siehe oben 3. Kap., D. II. 2. 880 Siehe oben 3. Kap., D. I. 881 Siehe oben 3. Kap., D. II. Siehe ausführlich zum Prinzip der negativen und der positiven Legalität im Recht der EU von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1934 f. 882 Siehe dazu oben 3. Kap., D. II. 883 Siehe oben 3. Kap., D. II. 2. 884 International Law Association, Accountability of International Organisations, reprinted in: 1 International Organizations Law Review, 2004, S. 221 – 293, 230; Rossen-Stadtfeld, Beteiligung, Partizipation und Öffentlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 29, Rn. 22; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 885 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl., 2006, Kap. 2, Rn. 106; Mir Puigpelat, Spanien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im 879

206 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Für eine effektive Inanspruchnahme von Partizipationsrechten sowie für einen effektiven Rechtsschutz ist ein transparentes Verfahren grundlegende Voraussetzung.886 Die Begründungspflicht gewährleistet Transparenz und eröffnet damit den Betroffenen die Möglichkeit, die Gründe der Entscheidung nachzuvollziehen und gegebenenfalls Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.887 Partizipationsrechte und Begründungspflichten werden auch von den internationalen Institutionen als grundlegende Elemente der Legitimität öffentlicher Gewalt anerkannt.888 Gleichzeitig fördern Partizipationsrechte sowie Begründungspflichten die Effektivität öffentlicher Gewalt, indem sie die Betroffenen über den Verfahrenshergang informieren und dadurch erstens ein effizientes Verfahren durch größtmögliche Information aller Beteiligten gewährleisten sowie zweitens die Akzeptanz der Adressaten erhöhen.889 Partizipationsrechte werden im OECD-Berichtsverfahren den Betroffenen gewährt und die OECD begründet die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen. Betroffen durch das OECD-Berichtsverfahren sind der bewertete Staat, an den das Informationsdokument gerichtet ist, sowie mittelbar die nationale Zivilgesellschaft.890 Der betroffene Staat hat im Verlauf jeder der drei Lesungen in der OECD Working Group on Bribery das Recht, zu Inhalt und Formulierungen des Informationsdokuments, einschließlich der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen, Stellung zu nehmen. Darüber hinaus wird dem betroffenen Staat das vorläufige Informationsdokument zur Durchsicht übergeben. Der Staat kann innerhalb der ihm gesetzten Frist Kommentare und Erklärungen zu dem Informationsdokument Erscheinen 2010, § 85; Efstratiou, Griechenland, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 77. 886 Pitschas, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 42, Rn. 219 f. Zur Transparenz der Verwaltung in den europäischen Rechtssystemen siehe z. B. Craig, Großbritannien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 78; Jaag, Schweiz, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 84. 887 Gusy, Die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 23, Rn. 60; Pitschas, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 42, Rn. 219 f.; Efstratiou, Griechenland, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 77; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82. 888 Siehe oben 3. Kap., A. III. 2. a). 889 Rossen-Stadtfeld, Beteiligung, Partizipation und Öffentlichkeit, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 29, Rn. 22; da Silva/de Matos, Portugal, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 82; Craig, Großbritannien, in: von Bogdandy/Cassese/Huber, IPE, Bd. IV, im Erscheinen 2010, § 78. 890 Zu den Auswirkungen des Berichtsverfahrens auf politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung siehe oben 4. Kap., C. II.

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

207

abgeben. Er kann fordern, dass diese in das endgültige Informationsdokument aufgenommen werden.891 Vertreter der Zivilgesellschaft haben das Recht, im Rahmen der Staatenbesuche ein Forum zu beantragen, um dort ihre Meinung zu äußern oder Stellungnahmen in Schriftform einzureichen.892 Partizipationsrechte sind daher im Verlauf des OECDBerichtsverfahrens sowohl dem bewerteten Staat als auch der nationalen Zivilgesellschaft gewährt. Der Begründungspflicht der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen kommt die OECD Working Group on Bribery durch die Ausführlichkeit der Informationsdokumente nach. In den Informationsdokumenten des OECD-Berichtsverfahrens werden die Rechtslage und die tatsächlichen Maßnahmen der untersuchten Staaten umfassend dargestellt. Defizite der nationalen Korruptionsbekämpfung, gemessen an den internationalen Standards, werden ausführlich begründet. Die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen basieren auf diesen Darstellungen.893 Obwohl im Verlauf des OECD-Berichtsverfahrens Partizipationsrechte gewährt werden und die OECD die an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen begründet, sind Verbesserungen hinsichtlich der Transparenz des OECDBerichtsverfahrens möglich. So ist das OECD-Berichtsverfahren in weiten Teilen intransparent. In den Verfahrensregeln ist das Erfordernis der Vertraulichkeit des Berichtsverfahrens festgelegt,894 und die Sitzungen der OECD Working Group on Bribery finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.895 Die Informationsbeschaffung durch Staatenbesuche wird ebenfalls weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt. Die von den Staaten preisgegebenen Informationen werden vertraulich behandelt und die Entwürfe der Informationsdokumente sind für die Öffentlichkeit nicht einsehbar.896

891

Zu den Beteiligungsrechten der Staaten während der Informationsauswertung siehe oben 3. Kap., E. V. 2. c). 892 Siehe oben 3. Kap., E. V. 1. b). 893 Zu Inhalt und Aufbau der Berichte siehe oben 3. Kap., E. III. 3. 894 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, Nr. 30. 895 Die OECD zeichnet sich grundsätzlich nicht durch Transparenz ihrer Aktivitäten aus. Gleichwohl wird argumentiert, dass die geschlossenen Treffen in der OECD eine willkommene Alternative zu dem hoch politisierten System der Vereinten Nationen darstellen, das oft als von Entwicklungsländern dominiert angesehen wird. Salzman, Decentralized Administrative Law in the Organization for Economic Cooperation and Development, IILJ Working Paper 2005/17, Global Administrative Law Series, 2005, abrufbar unter: http://www.iilj.org/publications/ documents/2005.17Salzman.pdf (30. April 2009), S. 8. 896 Bonucci, Article 12. Monitoring and Follow-up, in: Pieth/Low/Cullen (Hrsg.), The OECD Convention on Bribery – A Commentary, 2007, S. 445 – 475, 466.

208 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Auch hinsichtlich der Partizipationsmöglichkeit der Zivilgesellschaft könnte das Berichtsverfahren verbessert werden. Vertreter der Zivilgesellschaft können zwar im Verlauf der Staatenbesuche ein Forum beantragen und dort ihre Meinung äußern und Stellungnahmen abgeben, sie haben jedoch keinen Einblick in die vorläufigen Informationsdokumente.897 Auch von den Beratungen der OECD Working Group on Bribery sind Vertreter der Zivilgesellschaft durch die Verfahrensvorgaben des OECD-Berichtsverfahrens vollständig ausgeschlossen.898 3. Wahrung der internationalen Standards Das dritte Merkmal des Rechtsregimes von Politikbewertungen fordert, dass die internationalen Standards, die als Bezugspunkt für die Erhebung und Bewertung der Informationen dienen,899 allgemein, mindestens aber von den von der Politikbewertung betroffenen Staaten als Standards respektiert sein müssen.900 Die Wahrung dieser internationalen Standards ist grundlegend für die Legitimität von Politikbewertungen. Durch die internationalen Standards wird das materielle Ziel von Politikbewertungen zur Disposition gestellt und einer willkürlichen Bewertung vorgebeugt. Bewertungen von Informationen müssen daher anhand respektierter internationaler Standards erfolgen. Indem die internationalen Standards von den teilnehmenden Staaten respektiert werden, wird die Akzeptanz und dadurch die Effektivität von Politikbewertungen gefördert. Zudem wird Unstimmigkeiten in der Bewertung der Informationen vorgebeugt. Dies trägt zu einem effizienten Verfahren bei.901 Im Rahmen des OECD-Berichtsverfahrens werden nur solche materiellen Regelungen als Bewertungsgrundlage der staatlichen Politiken herangezogen, die von allen am OECD-Berichtsverfahren teilnehmenden Staaten respektiert sind.902 Die internationalen Instrumente, die den Bewertungsmaßstab des OECD-Berichtsver897

Eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft am Bewertungsprozess wird gefordert. Tarullo, The Limits of Institutional Design: Implementing the OECD Anti-Bribery Convention, 44 Virginia Journal of International Law (2004), S. 665 – 710, 698 ff.; Tronnes, Ensuring Uniformity in the Implementation of the 1997 OECD Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 33(1) The George Washington International Law Review (2000), S. 97 – 130, 125 f. 898 Siehe oben 3. Kap., E. V. 2. c). 899 Zu dem Definitionsmerkmal von Politikbewertungen „Vorliegen internationaler Standards“ siehe oben in diesem Kap., A. III. 900 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 23. 901 Ibid., Nr. 23. 902 Siehe dazu auch OECD, Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, 21. November 1997, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/1/0,3343,en_2649_34859_2048129_1_1_1_1,00.html (30. April 2009), Nr. 36.

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

209

fahrens ausmachen, sind die OECD Anti-Bestechungskonvention sowie zwei Empfehlungen des OECD-Rats.903 Alle am Verfahren teilnehmenden Staaten haben die OECD Anti-Bestechungskonvention unterzeichnet und ratifiziert und respektieren die soft law Instrumente.904 4. Beachtung wissenschaftlicher Standards und repräsentative Expertise Das vierte Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen ist, dass die Informationen unter Beachtung wissenschaftlicher Standards und durch repräsentative Expertise, d. h. von einer Auswahl an Experten, die die unterschiedlichen Kulturen der teilnehmenden Staaten repräsentieren, erhoben und bewertet werden.905 Die Beachtung wissenschaftlicher Standards und die Durchführung von Politikbewertungen durch Experten fördern die Legitimität dieser Handlungsform, da dadurch gewährleistet ist, dass die Informationen objektiv erhoben und bewertet werden. Objektivität ist ein grundlegendes Erfordernis der Legitimität von Politikbewertungen. Die Verbreitung von Informationen, die nicht gemäß wissenschaftlicher Standards und mit Hilfe von Expertenwissen erhoben und bewertet werden, ist willkürlich.906 Die Richtigkeit und Objektivität der ausgewerteten Informationen trägt nicht nur zur Legitimität bei, sondern auch zur Effektivität.907 Richtig und objektiv ausgewertete Informationen, die klar und präzise dargestellt sind, ermöglichen den nationalen Entscheidungsträgern, anhand der Informationsdokumente Defizite der nationalen Politiken ausfindig zu machen und nationale Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Aufgrund des Wissens um die Kulturabhängigkeit von Expertenwissen ist erforderlich, dass die Experten repräsentativ für die am Verfahren teilnehmenden

903

Siehe oben 3. Kap., E. V. 2. a) und in diesem Kap., A. III. OECD, Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions, Ratification Status as of 12 March 2008, abrufbar unter: http:// www.oecd.org/dataoecd/59/13/40272933.pdf (30. April 2009). 905 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 92 f.; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 8, 14, 23. Siehe auch in Bezug auf Standardisierung als Governance-Modus Schuppert, Governance durch Wissen – Überlegungen zum Verhältnis von Macht und Wissen aus governancetheoretischer Perspektive, in: Schuppert/Voßkuhle (Hrsg.), Governance von und durch Wissen, 2008, S. 259 – 303, 277 f. 906 Zum Anspruch auf Objektivität als Definitionsmerkmal von Politikbewertungen siehe oben in diesem Kap., A. IV. 907 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 23. 904

210 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Staaten ernannt werden. Die unterschiedlichen involvierten – kulturellen und politischen – Interessen müssen durch die Experten repräsentiert sein.908 Das OECD-Berichtsverfahren erfüllt dieses Merkmal des Rechtsregimes von Politikbewertungen. Die Durchführung des OECD-Berichtsverfahrens liegt in den Händen von Experten. Die OECD Working Group on Bribery hat das Verfahren konzipiert und die Verfahrensvorgaben ausgearbeitet.909 Die Prüfungsgruppen führen die Staatenbesuche durch und verfassen einen ersten Entwurf des Informationsdokuments.910 Die Informationsdokumente werden von der OECD Working Group on Bribery diskutiert und angenommen.911 Gekennzeichnet sind sowohl die OECD Working Group on Bribery als auch die Prüfungsgruppen durch repräsentative Expertise. Die OECD Working Group on Bribery setzt sich aus jeweils einem Experten aus den am Verfahren teilnehmenden Staaten zusammen.912 Die Prüfungsgruppen setzen sich aus ein bis zwei internationalen Beamten aus dem OECD-Sekretariat und aus bis zu drei Experten aus ausgewählten teilnehmenden Staaten zusammen.913 Das OECD-Berichtsverfahren wird auch unter Beachtung wissenschaftlicher Standards durchgeführt. Die Methodik der Informationsbeschaffung und -auswertung sowie der Gang der Untersuchung werden am Anfang der Informationsdokumente offen gelegt.914 5. Zugänglichkeit der Bewertung Fünftes Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen ist die Zugänglichkeit der Bewertungen.915 Die allgemeine und kostenlose Zugänglichkeit der Bewertungen fördert die Legitimität von Politikbewertungen, indem der Allgemeinheit die Möglichkeit eröffnet wird, Einsicht in die Informationsdokumente zu nehmen, diese zu kontrollieren und Kritik zu üben. Die Rechenschaftspflichtigkeit der internationalen Institution wird dadurch erhöht und die Legitimität der internationalen öffentlichen Gewalt gefördert.

908

Dazu siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 93. 909 Siehe oben 3. Kap., E. III. 1. und 2. 910 Siehe oben 3. Kap., E. V. 1. b). 911 Siehe oben 3. Kap., E. V. 2. b) und 3. 912 Siehe oben 3. Kap., B. I. 913 Siehe oben 3. Kap., B. II. Zur unabhängigen Expertise der internationalen Beamten siehe oben 3. Kap., A. III. 3. a). 914 Siehe oben 3. Kap., E. III. 3. 915 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 93; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6.

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

211

Die allgemeine Zugänglichkeit der Bewertung ist außerdem grundlegend für die Effektivität von Politikbewertungen. Die Veröffentlichung der Informationsdokumente ist das maßgebliche Element der Herrschaftskomponente von Politikbewertungen, das bewirkt, dass die Staaten nationale Maßnahmen ergreifen, die sich aufgrund der Bewertungen als erforderlich erweisen.916 Die allgemeine Zugänglichkeit der Bewertungen ermöglicht es unter anderem der Presse, das durch die Politikbewertung verfolgte Anliegen aufzunehmen, Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erzeugen und durch die Wählerschaft auf die nationalen Entscheidungsträger Druck auszuüben.917 Die Zugänglichkeit der Bewertungen des OECD-Berichtsverfahrens ist gewährleistet. Alle im Verlauf des Berichtsverfahrens verfassten und angenommenen Informationsdokumente werden auf der Homepage der OECD veröffentlicht.918 Die Veröffentlichung der Informationsdokumente ist in den Verfahrensregeln des OECDBerichtsverfahrens festgesetzt.919 Die abschließenden Informationsdokumente des Berichtsverfahrens der GRECO sind grundsätzlich vertraulich, außer der betroffene Staat stimmt der Veröffentlichung ausdrücklich zu. Bis heute wurden alle im Verlauf des Berichtsverfahrens der GRECO produzierten Informationsdokumente auf der Homepage der GRECO veröffentlicht.920 Das Berichtsverfahren der GRECO wirft daher die Frage auf, ob das Element der Zugänglichkeit der Bewertung beinhaltet, dass die Informationsdokumente nicht nur veröffentlicht sein müssen, sondern dass zudem die Verfahrensvorgaben der internationalen Aktivität festlegen müssen, dass die Veröffentlichung der Informationsdokumente automatisch mit Annahme des Dokuments erfolgt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, ob der Zweck dieses Elements des Rechtsregimes, die Bewertung allgemein zugänglich zu machen, erfüllt ist. Zweck der Zugänglichkeit der Bewertung ist es zum einen, der interessierten Öffentlichkeit eine Möglichkeit zu gewähren, die Bewertung der Resultate der staatlichen Politiken nachzuprüfen und zu kritisieren. Zum anderen ist es Zweck der Zugänglichkeit der Bewertung, die Verbreitung sensibler Informationen zu erreichen, um Druck auf die Staaten dahingehend auszuüben, nationale Maßnahmen gemäß den Anforderungen des internationalen Akteurs zu ergreifen. 916 Zur Veröffentlichung der Informationsdokumente als ein Element der Herrschaftskomponente von Politikbewertungen siehe oben in diesem Kap., A. V. 3. 917 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 6. Zur Medienpräsenz des OECD-Berichtsverfahrens siehe oben in diesem Kap., A. V. III. 918 OECD, Country Reports on the Implementation of the OECD Anti-Bribery Convention and the 1997 Revised Recommendation, abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/24/ 0,3343,en_2649_34859_1933144_1_1_1_1,00.html (30. April 2009). 919 Dazu siehe oben 3. Kap., E. V. 3. 920 Zum Berichtsverfahren der GRECO siehe oben 2. Kap. A. II. 4. Siehe auch oben in diesem Kap., A. V. 3.

212 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Dieser Zweck ist bei dem Berichtsverfahren der GRECO erfüllt, da alle Staaten die Veröffentlichung der an sie gerichteten Informationsdokumente gefordert haben. Der interessierten Öffentlichkeit wurde dadurch die Einsichtnahme in die Informationsdokumente ermöglicht. Ebenso wurde die Verbreitung der Daten mit dem Zweck, Druck aufzubauen ermöglicht. Das Element der Zugänglichkeit der Bewertung liegt daher auch bei dem Berichtsverfahren der GRECO vor. Es ist in einem solchen Fall als eine starke Ausprägung von National Ownership zu werten, dass die Entscheidungsmacht über die Zugänglichkeit der Bewertung bei den bewerteten Staaten liegt.921 . 6. National Ownership Dem Rechtsregime von Politikbewertungen liegt schließlich das Prinzip des National Ownership zugrunde.922 National Ownership besagt, dass die Staaten die Inhaberschaft über Teile der Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen in den Händen behalten.923 National Ownership gewährleistet zum einen, dass die Besonderheiten und nationalen Bedürfnisse so früh wie möglich in die Bewertung einbezogen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die verantwortlichen internationalen Gremien der Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen die spezifische nationale Situation zugrunde legen und staatenspezifisch effektive, zukunftsgerichtete Anforderungen formulieren können.924 National Ownership gewährleistet zum anderen die Legitimität von Politikbewertungen, da der betroffene Staat an der Durchführung der Politikbewertung beteiligt wird. .

921

Zu National Ownership siehe sogleich in diesem Kap., B. I. 6. von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 93 f.; Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: A Tool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 23. 923 In der OECD wird National Ownership definiert als „The effective exercise of a governmentÏs authority over development policies and activities, including those that rely – entirely or partially – on external resources.“ OECD, DAC Guidelines and Reference Series, Applying Strategic Environmental Assessment: Good Practice Guidance for Development Cooperation, 2006, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/4/21/37353858.pdf (30. April 2009), S. 147. Auch in anderen internationalen Institutionen wird National Ownership der Durchführung internationaler Politiken zugrunde gelegt, z. B. bei den UN Millennium Development Goals siehe: UNDP, Millennium Development Goals, Country Reports, abrufbar unter: http://www.undp.org/mdg/countryreports2.shtml (30. April 2009). 924 Zum Prinzip der funktionalen Äquivalenz als Zielvorstellung des OECD-Berichtsverfahrens siehe oben 3. Kap., E. II. 922

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

213

Eine Konkretisierung des Prinzips National Ownership ist das Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen, den Betroffenen Partizipationsrechte zu gewähren.925 Das Prinzip des National Ownership ist über das Partizipationsrecht hinaus weit zu verstehen, es kommt an unterschiedlichen Elementen von Politikbewertungen zum Ausdruck. Ein Beispiel für ein hohes Maß an National Ownership ist die Entscheidungsmacht der am Berichtsverfahren der GRECO teilnehmenden Staaten, über die Veröffentlichung der Informationsdokumente zu entscheiden. Ein anderes Beispiel betrifft die Form der Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen. Werden die Erwartungen – wie bei PISA – als Ranking übermittelt und nicht explizit als Empfehlungen formuliert, zeigt sich darin ein hohes Maß an National Ownership.926 Ungeachtet der Relevanz von National Ownership im Rechtsregime von Politikbewertungen ist zu beachten, dass internationale Institutionen gleichzeitig durch das Prinzip der Autonomie geprägt sind, das sich neben dem Prinzip des National Ownership in der Ausgestaltung und Durchführung von Politikbewertungen niederschlägt.927 Eine angemessene Gewichtung von National Ownership einerseits und institutioneller Autonomie andererseits muss in der Konzeption der Politikbewertung gefunden werden.928 Ebenso muss bei der Ausprägung von National Ownership die Beachtung wissenschaftlicher Standards und repräsentative Expertise als Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen gewährleistet sein.929 Im OECD-Berichtsverfahren sind National Ownership und institutionelle Autonomie mit Blick auf die bestmögliche Verwirklichung wissenschaftlicher Standards sowie der Zugrundelegung repräsentativen Expertenwissens in Einklang gebracht worden:930 Erstens haben die teilnehmenden Staaten über das Ausmaß der Informationspreisgabe ein beachtliches Maß an Entscheidungsfreiheit. Gleichzeitig ist das „ob“ der Informationspreisgabe aber rechtsverbindlich gefordert.931 Die OECD Working 925 Zu diesem Element des Rechtsregimes von Politikverbesserungen siehe oben in diesem Kap., B. I. 2. 926 Dazu von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 93. 927 Zur Autonomie internationaler Institutionen als Prinzip siehe oben 3. Kap., A. V. 928 Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47, 38 ff. 929 Zu diesem Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen siehe oben in diesem Kap., B. I. 4. 930 Dazu siehe Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47, 38 ff. 931 Zu Rechtswirkungen siehe oben 3. Kap., F.

214 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

Group on Bribery kann zudem Maßnahmen, z. B. die Anordnung eines bis-Verfahrens, ergreifen, um weitere Informationen zu erhalten.932 Zweitens nehmen die Staaten Einsicht in die Entwürfe der Informationsdokumente und haben das Recht, Stellungnahmen zu diesen Entwürfen abzugeben und zu fordern, dass ihre Stellungnahmen in die Informationsdokumente aufgenommen werden.933 Die OECD Working Group on Bribery bleibt gleichwohl Autor und behält die Letztentscheidung über den Inhalt der Informationsdokumente.934 Dies spiegelt sich auch in der sprachlichen Formulierung der Informationsdokumente. Die Formulierungen in den Informationsdokumenten des OECD-Berichtsverfahrens sind weitgehend direkt und kritisch gegenüber den Staaten. Aus den Bewertungen leitet die OECD Working Group on Bribery außerdem staatenspezifische Anforderungen ab. Schließlich haben die betroffenen Staaten des OECD-Berichtsverfahrens einen weiten Entscheidungsspielraum über die Beachtung der Informationsdokumente. Die Effektivität des OECD-Berichtsverfahrens beruht nicht zuletzt darauf, dass die nationalen Entscheidungsträger sich die Bewertungen des OECD-Berichtsverfahrens zu Eigen machen und ihre nationale Politik- und Rechtsgestaltung daran ausrichten.935 Die Beachtung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen kann nicht mit rechtlichen Mitteln durchgesetzt werden. Um Druck auf die Staaten zur Beachtung der Informationsdokumente auszuüben, hat die OECD Working Group on Bribery gleichwohl die Möglichkeit, außerordentliche Verfahren anzuordnen. Zu diesem Zweck stehen der OECD Working Group on Bribery die bis-Verfahren sowie weitere außerordentliche Verfahrensmöglichkeiten zur Verfügung.936 II. Die Verbindlichkeit des Rechtsregimes Die herausgearbeiteten Elemente des Rechtsregimes müssen auf eine Rechtsgrundlage zurückzuführen sein, um als Rechtserfordernisse begriffen werden zu 932 Die Working Group on Bribery ordnete für Japan ein Phase 2bis Verfahren an, u. a. weil Japan während des Staatenbesuchs der Prüfungsgruppe keine ausreichenden Informationen zur Verfügung gestellt hatte. Siehe dazu oben 2. Kap., B. IV. 3. 933 Zu Partizipationsrechten der Betroffenen als Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen siehe oben in diesem Kap., B. I. 2. 934 Siehe dazu auch OECD, Revised Guidelines for Phase 2 Reviews, DAF/INV/BR/WD (2005)12/REV3, 27. Februar 2006, IV D 1: „This should not be viewed as an opportunity to rewrite the report.“ 935 Siehe oben 2. Kap., B. I. 936 Siehe oben 3. Kap., E. III. 3. c) und d). Dazu siehe auch Conzelmann, Beyond the Carrot and the Stick, State Reporting Procedures in the World Trade Organization and the Organization for Economic Cooperation and Development, in: Joachim/Reinalda/Verbeek (Hrsg.), International Organizations and Implementation, 2008, S. 35 – 47, 38 ff.

B. Das Rechtsregime von Politikbewertungen

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können. Kann die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes von Politikbewertungen begründet werden, hat dies zur Folge, dass die Aktivitäten internationaler Institutionen, die die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen aufweisen und die die Elemente des Rechtsregimes erfüllen, rechtmäßig sind.937 Im Nationalstaat stellt der Rechtsstaat Anforderungen an Organisation und Verfahren der Träger öffentlicher Gewalt.938 Auf internationaler Ebene gestaltet sich die Verankerung der Elemente des Rechtsregimes einer Handlungsform schwieriger. Im Folgenden werden verschiedene Ansätze diskutiert. Im Ergebnis wird die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes in der internen Konstitutionalisierung internationaler Institutionen verankert. Die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes von Politikbewertungen könnte darin begründet sein, dass Politikbewertungen sich zu Völkergewohnheitsrecht verdichtet haben.939 Aktivitäten, die die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen erfüllen, werden zwar von mehreren Institutionen durchgeführt,940 die Entwicklung dieser Handlungsform steht jedoch erst am Anfang.941 Eine diesbezügliche allgemeine Übung, getragen von der Überzeugung der rechtlichen Verbindlichkeit, liegt nicht vor. Einen vielversprechenden Ansatz bietet die interne Konstitutionalisierung internationaler Institutionen.942 Diese basiert auf dem Gründungsinstrument der jeweiligen internationalen Institution. Sie zielt darauf ab, die Organisation und Handlungsweisen der internationalen Institution im Licht der Werte des Konstitutionalismus zu entwickeln, indem die oft rudimentär ausgeprägten Anforderungen des Gründungsinstruments im Licht fundamentaler internationaler Normen, aber auch im Licht nationaler Anforderungen an Akte internationaler Institutionen ausgelegt werden.943 Das Statut der internationalen Institution, in deren institutioneller Struktur die Handlungsform entwickelt und durchgeführt wird, könnte daher einen Ansatz für 937

Eine Unterscheidung zwischen solchen Elementen des Rechtsregimes, die die Gültigkeit und solchen, die die Rechtmäßigkeit betreffen, kann derzeit nicht getroffen werden. Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1905. Zu dieser Unterscheidung im Recht der EU ausführlich Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, 2006, S. 329 ff. 938 Siehe oben 5. Kap., A. II. 2. Zum Rechtsstaatsprinzip in den europäischen Rechtsordnungen siehe insbesondere die Nachweise in Fn. 803. 939 Dazu siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 95. 940 Siehe oben in diesem Kap., A. 941 Zur Entwicklung von Handlungsformen siehe oben 5. Kap., B. II. 942 Siehe zur internen Konstitutionalisierung von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1925 ff.; International Law Association, Accountability of International Organisations, reprinted in: 1 International Organizations Law Review, 2004, S. 221 – 293. 943 von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1925.

216 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes bereithalten. Das Rechtsregime der Handlungsform wäre dann als eine durch die institutionelle Praxis entwickelte Konkretisierung von Prinzipien des Gründungsvertrags zu verstehen. Für diesen Ansatz spricht erstens, dass die Handlungsform auf das Gründungsinstrument der internationalen Institution und damit auf eine stabile rechtliche Grundlage gestützt ist. Zweitens zeichnet sich dieser Ansatz durch Flexibilität aus. Er lässt der Entfaltung der Spezifika der verschiedenen internationalen Institutionen Raum. Drittens passt dieser Ansatz in das derzeitig weitgehend fragmentierte Bild des Völkerrechts, ohne dass die Bestrebungen, die auf einen öffentlich-rechtlichen Rahmen zielen, fallen gelassen werden müssten.944 Gleichzeitig bedingt diese Ausrichtung auf jeweils eine Institution, dass die generelle Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes mit diesem Ansatz kaum begründbar ist. Gegenwärtig erscheint es aber in Anbetracht der Vielfältigkeit der internationalen Institutionen ein aussichtsloses Unterfangen zu sein, einen institutionenübergreifenden Ansatz für die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes einer Handlungsform anzustreben.945 Der pluralistische Ansatz hingegen ermöglicht es, eine Vielzahl von Handlungsformen zu konzipieren, die die Spezifika der verschiedenen internationalen Institutionen einbeziehen. So wird ein institutionenübergreifendes System von Handlungsformen geschaffen, das einen einheitlichen Ansatz zur Konzeptualisierung der Aktivitäten internationaler Institutionen ermöglicht.946 Die interne Konstitutionalisierung bietet daher einen geeigneten Ansatz zur Verankerung der Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes von Politikbewertungen.

C. Kritische Würdigung von Politikbewertungen Kritik ist ein grundlegender Bestandteil der rechtsdogmatischen Fassung einer Handlungsform.947 Sie dient dazu, Defizite des Rechtsregimes zur Entfaltung von Legitimität und Effektivität aufzuzeigen und das Rechtsregime der Handlungsform, gemessen am Auftrag des öffentlichen Rechts, zu verbessern. Sie soll zudem positive Aspekte der Handlungsform verdeutlichen, um diese daraufhin weiter ausbauen zu können.

944

Dazu ibid., S. 1926. Ibid., S. 1926; Goldmann, Inside Relative Normativity: From Sources to Standard Instruments for the Exercise of International Public Authority, 9(11) GLJ (2008), S. 1865 – 1908, 1901. 946 Dazu von Bogdandy, General Principles of International Public Authority: Sketching a Research Field, 9(11) GLJ (2008), S. 1909 – 1938, 1926. 947 Siehe oben 5. Kap., B. II. 945

C. Kritische Würdigung von Politikbewertungen

217

Die Kritik kann aus unterschiedlichen wissenschaftlichen – juristischen und außerjuristischen – Perspektiven erfolgen. Sie stellt die Handlungsform in den größeren Zusammenhang und betrachtet die Auswirkungen auf externe Strukturen. Sie kann sowohl die in ihm enthaltenen als auch die fehlenden Elemente betreffen. Im Folgenden werden zunächst kritische Folgen von Politikbewertungen auf das nationale Kompetenzgefüge diskutiert (I.). Anschließend werden Aspekte von Politikbewertungen hervorgehoben, die die Effektivität dieser Handlungsform steigern (II., III., IV.). Abschließend wird die Ambivalenz von National Ownership diskutiert (V.). I. Stärkung der Exekutive im nationalen Kompetenzgefüge Die Durchführung von Politikbewertungen birgt die Gefahr, nicht genügend Sensibilität für das nationale Kompetenzgefüge aufzuweisen. Beispielsweise richten sich die Informationsdokumente an die nationale Exekutive und fordern diese auf, geeignete Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu ergreifen. Ebenso werden die Berichtsentwürfe vor der Annahme der nationalen Exekutive zur Durchsicht überreicht. Schließlich ist es auch die Exekutive – in Deutschland das Bundesministerium für Justiz –, die die Fragebögen zur Datenbeschaffung im OECD-Berichtsverfahren ausfüllt.948 Die Legislative oder Judikative sind mit Politikbewertungen hingegen selten befasst. Darüber hinaus richten sich Politikbewertungen ungeachtet der föderalen Kompetenzordnung eines Staates an die gesamtstaatliche Ebene. Politikbewertungen könnten daher – je nach Handlungsgebiet – die nationale föderale Organisation eines Staates beeinträchtigen.949 II. Effektivität durch Öffentlichkeit Die Veröffentlichung der Informationsdokumente ist ein wesentlicher Faktor für die Effektivität der Politikbewertung. Die Informationsdokumente werden der breiten Öffentlichkeit frei und einfach zugänglich gemacht, indem sie auf der Homepage der OECD veröffentlicht werden. Es ist dem Einzelnen und den Medien nicht nur möglich, Einsicht in die seinen Heimatstaat betreffenden Dokumente zu nehmen und sich über die Politiken seines Staates zu informieren, sondern auch über 948 Dazu siehe Deutscher Bundestag, Praktische Umsetzung der Strafvorschriften zur Bekämpfung der Auslandskorruption, Drucksache 16/8463, 10. März 2008, S. 2. 949 Die Korruptionsbekämpfung unterliegt in Deutschland der konkurrierenden Kompetenz. Art. 74 I Nr. 1 (Strafrecht) GG, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, BGBl. I 1949, S. 1, 23. Mai 1949. Politikbewertungen zur Korruptionsbekämpfung führen in Deutschland daher nicht zu einer vertikalen Machtverschiebung. Im Hinblick auf PISA hat Deutschland präventiv reagiert und einen Vertreter der Länder in das das zuständige OECDGremium entsand. Dazu siehe von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 97. Zu dieser Problematik siehe auch oben 4. Kap., A. II. 1. (Fn. 717).

218 3. Teil, 6. Kap.: OECD-Berichtsverfahren der Handlungsform „Politikbewertung“

das Abschneiden aller anderen am Verfahren teilnehmenden Staaten. Sowohl innerstaatlich als auch auf internationaler Ebene wird so ein erheblicher Druck aufgebaut, der die Entscheidungsträger der Staaten dahingehend beeinflusst, die Informationsdokumente und insbesondere die an sie gerichteten Empfehlungen zu beachten und umzusetzen. Verstärkt wird der Öffentlichkeitsdruck, wenn sich die Medien des Themas annehmen und Bezug auf die Bewertungen durch die internationale Institution nehmen.950 III. Effektivität durch staatenspezifische Anforderungen Ein weiterer wesentlicher Faktor für die Effektivität von Politikbewertungen sind die von dem zuständigen internationalen Gremium ausgearbeiteten und an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Empfehlungen. Diese werden für jeden Staat entsprechend seines Handlungsbedarfs ausgearbeitet. Jedem Staat können so seine Defizite im betreffenden Handlungsbereich aufgezeigt und von ihm die geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung gefordert werden. Darüber hinaus ermöglichen die staatenspezifischen Anforderungen die Beurteilung, ob der Staat seine Politik im bewerteten Handlungsbereich infolge der Politikbewertung modifiziert hat. Die staatenspezifischen Empfehlungen üben daher in Verbindung mit der Veröffentlichung der Informationsdokumente Druck auf die nationalen Entscheidungsträger zur Verbesserung der Politik- und Rechtsgestaltung im betreffenden Handlungsgebiet aus. IV. Effektivität durch Experten Schließlich spielt die Beteiligung von Experten eine wesentliche Rolle sowohl für die Legitimität als auch für die Effektivität von Politikbewertungen. Experten steigern die Legitimität, weil sie die Richtigkeit der Analysen und der Empfehlungen weitgehend gewährleisten. Darüber hinaus sind Experten grundlegend für die Effektivität. Sie sollen die Empfehlungen so ausarbeiten, dass diese von den Staaten die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der staatlichen Politikund Rechtsgestaltung fordern. V. National Ownership und Effektivität National Ownership liegt als Prinzip dem Rechtsregime von Politikbewertungen zugrunde. Grundsätzlich fördert National Ownership Legitimität und Effektivität von Politikbewertungen.951 Dies setzt jedoch voraus, dass National Ownership und institutionelle Autonomie im Hinblick auf die bestmögliche Beachtung wissenschaftlicher Standards und repräsentativer Expertise in Einklang gebracht wurden. 950 Zu dem OECD-Berichtsverfahren in den internationalen Medien siehe oben 6. Kap., A. V. 3. 951 Siehe oben in diesem Kap., B. I. 6.

D. Rechtswirkung auf andere internationale Institutionen

219

Hingegen wirkt sich ein Missklang dieser Elemente negativ auf die Glaubwürdigkeit und die Effektivität der Politikbewertung aus.952 Ein zu starkes Element von National Ownership in der Konzeption des Rechtsregimes der Politikbewertung kann beispielsweise zu einer unangemessenen Einflussnahme des Staates auf die Informationsbeschaffung und -auswertung sowie auf die Ausarbeitung des Informationsdokuments führen. Auch die Gefahr der Zurückhaltung von Informationen oder internen Absprachen zur gegenseitigen wohlwollenden Bewertung ist bei zu starker Einflussnahme des Staates gegeben. Die Effektivität und die Legitimität der Politikbewertung wäre in so einem Fall erheblich beeinträchtigt. Es muss bei dem Prinzip des National Ownership daher immer auf die ausgewogene Gewichtung zwischen dem Grad an National Ownership und dem Grad der Kontrolle des internationalen Gremiums geachtet werden.

D. Rechtswirkung von Politikbewertungen auf andere internationale Institutionen Der folgende Abschnitt zeigt, dass der Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung durch eine weitreichende Kooperation gekennzeichnet ist. Die Kooperation soll vermeiden, dass ein Staat durch Informationsdokumente mit unterschiedlichem Inhalt konfrontiert wird. Sie könnte auf das Kooperationsprinzip im Recht der internationalen Institutionen gestützt werden. Berichtsverfahren werden seit den 1990er Jahren von unterschiedlichen internationalen Institutionen zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt.953 Da die Informationsdokumente von Politikbewertungen selbst keine normative Wirkung haben, ist eine Normenkollision ausgeschlossen. Möglich ist gleichwohl eine „Informations-Kollision“, d. h. eine Situation, in der ein Staat mit voneinander abweichenden Informationen über die Resultate seiner staatlichen Politiken konfrontiert wird.954 Im Extremfall würde sich ein Staat gegenläufigen Empfehlungen ausgesetzt sehen. Dieser Problematik wird im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung durch eine weitgehende Kooperation entgegengewirkt. Die OECD Working Group on Bribery legt in ihren Verfahrensvorgaben für das OECD-Berichtsverfahren fest, dass sie ihre in Zusammenhang mit dem Berichtsverfahren stehenden Aktivitäten mit

952 Pagani, OECD, Directorate for Legal Affairs, Peer Review: ATool for Co-operation and Change, SG/LEG(2002)1, 11. September 2002, Nr. 23. 953 Zur Entwicklung der Korruptionsbekämpfung siehe oben 1. Kap., A. I. Zu den Berichtverfahren der unterschiedlichen internationalen Institutionen siehe oben 2. Kap., A. I. und II. 954 von Bogdandy/Goldmann, Die Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt durch Politikbewertung, 69 ZaöRV (2009), S. 51 – 102, 98.

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Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils

ähnlichen Aktivitäten anderer Institutionen koordiniert.955 Sie legt fest, dass sich das OECD-Sekretariat mit den Sekretariaten der anderen Institutionen, die ein Berichtsverfahren im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung durchführen, in Verbindung setzt und seine Tätigkeiten mit diesen abstimmt.956 Darüber hinaus nehmen Vertreter der Institutionen wechselseitig an den Sitzungen der mit den Berichtsverfahren befassten Gremien teil.957 Ziel dieser gegenseitigen Informationspolitik ist es, Mehrfachbewertungen zu vermeiden. Die Berichtsverfahren der unterschiedlichen Institutionen sollen sich gegenseitig nicht behindern und von dem jeweils anderen Verfahren unberührt bleiben.958 Die Kooperation soll die eingangs beschriebene Situation vermeiden, in der an einen Staat Informationsdokumente mit voneinander abweichenden Informationen gerichtet sind.959 Der Grund der Kooperation und der Vermeidung einer „Informations-Kollision“ sollte ein rechtlicher sein. Eine rechtliche Grundlage hierfür bietet das Kooperationsprinzip im Recht der internationalen Institutionen.960

Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils Der dritte Teil hat das OECD-Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung als Handlungsform mit der Bezeichnung „Politikbewertung“ rechtsdogmatisch konzipiert. Ziel war zunächst, die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen aus der empirischen Analyse von Berichtsverfahren der Korruptionsbekämpfung zu abstrahieren. Dann sollten die Elemente des Rechtsregimes der internationalen Handlungsform aus der Theorie gewonnen werden. Die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen und die Elemente des Rechtsregimes wurden wie folgt erarbeitet. Politikbewertungen setzen voraus, dass Informationen über die Politik- und Rechtsgestaltung eines anderen öffentlichen Akteurs recherchiert und ausgewertet und anschließend in einem Dokument zusammengefasst werden. Sowohl die Recherche als auch die Bewertung müssen anhand objektiver Kriterien erfolgen. Voraussetzung ist darüber hinaus das Vorliegen 955

OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, III Nr. 27. 956 Ibid., III Nr. 27. 957 Die OECD kooperiert auf diese Weise mit dem Europarat, dem IMF, der OAS, dem UNODC, der Weltbank und der WTO. Siehe oben 3. Kap., B. I. und C. I. 1. 958 OECD, Procedure for Self- and Mutual Evaluation of Implementation of the Convention and the Revised Recommendation – Phase 2, DAFFE/IME/BR(99)33/FINAL, 1. März 2001, II General Issue 6, III Nr. 27. 959 Dazu siehe auch oben 3. Kap., C. I. 3. 960 Zum Kooperationsprinzip siehe oben 3. Kap., C. I. 1.

Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils

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internationaler Standards, die als Bewertungsmaßstab dienen. Politikbewertungen müssen zudem mit einer Herrschaftskomponente ausgestattet sein. Elemente der Herrschaftskomponente können die Wiederholung der Bewertung sowie die Formulierung spezifischer Empfehlungen an die nationalen Entscheidungsträger sein. Ein wichtiges Element der Herrschaftskomponente ist daneben die Veröffentlichung der Informationsdokumente. Die Qualifikation einer Aktivität als Politikbewertung setzt zudem voraus, dass die Aktivität einem Träger internationaler öffentlicher Gewalt, meist einer internationalen Institution, zurechenbar ist. Das OECD-Berichtsverfahren erfüllt die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen. Über die OECD hinaus wenden auch die Organization of American States (OAS) und die Group of States against Corruption (GRECO) Politikbewertungen zur Korruptionsbekämpfung an. Die African Union (AU), das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) und das Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia (ACN) haben ebenfalls Berichtsverfahren entworfen, die aber die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen nicht erfüllen. Das Rechtsregime von Politikbewertungen enthält sechs Elemente, die für die Legitimität und Effektivität wesentlich sind. Erstes Element des Rechtsregimes der Handlungsform „Politikbewertung“ ist das Vorliegen eines Mandats, auf dem die Politikbewertung basiert. Den betroffenen Akteuren müssen zweitens Partizipationsrechte gewährt werden und die handelnde internationale Institution muss Begründungspflichten erfüllen. Drittens müssen die internationalen Standards, anhand derer die Informationen bewertet werden, von den am Verfahren teilnehmenden Staaten respektiert werden. Viertes Merkmal des Rechtsregimes ist, dass im Verlauf der Datenbeschaffung und -auswertung wissenschaftliche Standards Beachtung finden. Dies bedeutet, dass die Erhebung und Bewertung der Informationen durch repräsentative Expertise, d. h. von einer Auswahl an Experten, die die unterschiedlichen Kulturen der teilnehmenden Staaten repräsentieren, durchgeführt werden muss. Fünftes Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen ist die Zugänglichkeit der Bewertungen durch die Öffentlichkeit einschließlich der Medien. Schließlich liegt Politikbewertungen das Prinzip des National Ownership zugrunde. National Ownership besagt, dass die Staaten die Kontrolle über Teile der Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen in den Händen behalten. Die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes von Politikbewertungen kann in der internen Konstitutionalisierung der internationalen Institutionen verankert werden. Politikbewertungen bedürfen der Weiterentwicklung und Verbesserung gemessen am Auftrag des öffentlichen Rechts. Festzustellen ist aber schon heute, dass Politikbewertungen es vermögen, ein Handlungsfeld effektiv zu gestalten. Die Effektivität von Politikbewertungen beruht weitgehend auf der Veröffentlichung der Informationsdokumente, der Ausarbeitung staatenspezifischer Empfehlungen sowie der Beteiligung von Experten.

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Zusammenfassung und Ergebnis des 3. Teils

Die im Handlungsbereich der Korruptionsbekämpfung tätigen internationalen Institutionen kooperieren umfassend in der Durchführung ihrer Politikbewertungen. Diese Kooperation dient unter anderem der Vermeidung von „Informations-Kollisionen“, d. h. von Situationen, in denen ein Staat mit Informationsdokumenten unterschiedlicher internationaler Institutionen konfrontiert wird. Eine rechtliche Grundlage für diese Kooperation bietet das Kooperationsprinzip im Recht internationaler Institutionen. Im Ergebnis hat der dritte Teil die ersten beiden Teile dieser Arbeit zusammengeführt. Der erste Teil hat das OECD-Berichtsverfahren untersucht und das Bedürfnis einer rechtsdogmatischen Fassung des OECD-Berichtsverfahrens festgestellt. Der zweite Teil zeigte auf, dass das OECD-Berichtsverfahren als Ausübung internationaler öffentlicher Gewalt aus öffentlich-rechtlicher Perspektive als Handlungsform konzipiert werden muss. Die Untersuchung des dritten Teils hat die dritte These dieser Arbeit belegt: Das OECD-Berichtsverfahren lässt sich als Handlungsform „Politikbewertung“ rechtsdogmatisch konzipieren.

Schluss Dieser Arbeit liegt die Überzeugung zugrunde, dass die internationale Korruptionsbekämpfung ein wichtiges Handlungsgebiet darstellt, dem heute und in Zukunft eine große Bedeutung zukommt. Korruption zeigt sich auf jeder gesellschaftlichen Ebene und ist ein allgegenwärtiges Phänomen. Sie beeinträchtigt das politische Handeln und gefährdet Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Darüber hinaus hemmt sie die Wirtschaft und deren Entwicklung und verzerrt Wettbewerbsbedingungen im internationalen Geschäftsverkehr. Korruption kann schließlich zur Verletzung von Menschenrechten und zu sozialer Ungerechtigkeit führen. Die internationale Korruptionsbekämpfung hat seit den 1990er Jahren ihren Fokus auf die Bekämpfung der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern im internationalen Geschäftsverkehr gerichtet und verfolgt damit das Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und diese zu sichern. Als geeignete und wirkungsvolle Instrumente zur Korruptionsbekämpfung haben sich die Berichtsverfahren erwiesen und bewährt. Sie ermöglichen eine flexible, den jeweiligen Bedürfnissen der einzelnen Staaten angepasste Korruptionsbekämpfung. Ziel dieser Arbeit war es, einen öffentlich-rechtlichen Rahmen für diese Berichtsverfahren der Korruptionsbekämpfung zu entwerfen und sie als Handlungsform rechtsdogmatisch zu konzipieren. Durch die Fassung von Berichtsverfahren als Handlungsform soll zum einen die Gewährleistung effektiver Korruptionsbekämpfung gefördert werden. Zum anderen soll Legitimitätsbedenken entgegengewirkt und der Schutz politischer Freiheiten sowie der individuellen und kollektiven Selbstbestimmung gesichert werden. Die Fassung als Handlungsform begegnet Legitimitätsbedenken, indem das Rechtsregime der Handlungsform Anforderungen an Legitimität und Effektivität stellt. So werden Legitimitätsbedenken als Legalitätsfragen problematisiert und die Beurteilung der Legitimität von Berichtsverfahren anhand rechtlicher Standards ermöglicht. Die Fassung von Berichtsverfahren als internationale Handlungsform erfolgte am Beispiel der Korruptionsbekämpfung der OECD, die von Anfang an eine zentrale Rolle in der internationalen Korruptionsbekämpfung spielte. Insbesondere die OECD Anti-Bestechungskonvention war und ist ausschlaggebend für die Entwicklung der internationalen Korruptionsbekämpfung. Auch hinsichtlich der Entwicklung und Durchführung von Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung nahm die OECD eine Vorreiterrolle ein. So war sie die erste Organisation, die ein effektives Berichtsverfahren zur Korruptionsbekämpfung einsetzte, das anderen internationalen Institutionen als Vorlage für deren Berichtsverfahren diente und dient. Bis heute ist das OECD-Berichtsverfahren das um-

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Schluss

fangreichste und im Detail ausdifferenzierteste Berichtsverfahren internationaler Institutionen zur Korruptionsbekämpfung. Die Fassung der Berichtsverfahren aus öffentlich-rechtlicher Perspektive beruht auf der Feststellung, dass den Berichtsverfahren der Governance-Modus Governance by Information zugrunde liegt. Dieser Governance-Modus erzielt Auswirkungen durch die Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen. Die Untersuchung des rechtlichen Rahmens von Berichtsverfahren – am Beispiel des Berichtsverfahrens der OECD – hat gezeigt, dass Governance by Information durch überkommene rechtliche Parameter nicht fassbar ist. In diesem Zusammenhang wurde auch herausgearbeitet, dass internationale Institutionen die Global Governance mittels verbindlichem Recht und soft law sowie durch nicht-rechtsförmige Aktivitäten gestalten. Sie sind nicht nur ausführende Akteure, sie haben vielmehr einen staatenunabhängigen Handlungsspielraum, der es ihnen ermöglicht, erheblichen Einfluss auf die Entwicklung und Durchführung internationaler Aktivitäten zu nehmen. Die Autonomie der internationalen Institutionen zeigt sich auch in ihrer internen Organisation. Beispielsweise lassen es die Verfahrensregeln der Institutionen zum Teil zu, Beschlüsse per Mehrheitsentscheid anzunehmen. Auch die Vielzahl der in den internationalen Institutionen tätigen Experten trägt zur Eigendynamik von Handlungsbereichen bei, die auf die Agenda der internationalen Institution aufgenommen wurden. Die Autonomie wurde im Recht der internationalen Institutionen als Prinzip begründet. Sie beruht neben der dynamischen Entwicklung der von den Staaten übertragenen Kompetenzen auf der Organisationsform der internationalen Institutionen als Bürokratien. Internationale Institutionen lassen sich als Bürokratien verstehen, da sie hierarchisch organisiert sind, ihre Aktivitäten in rational-legaler Weise ausführen und durch Expertise gekennzeichnet sind. Aufgrund dieser Eigenschaften – die am Beispiel der OECD verdeutlicht wurden – wird den internationalen Institutionen Autorität zugesprochen. Außerdem wird internationalen Institutionen aufgrund ihrer liberalen Ausrichtung Autorität zuerkannt. Im Recht der internationalen Institutionen wurde weiterhin das Prinzip der Kooperation begründet. So kooperiert beispielsweise im OECD-Berichtsverfahren eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure. Die Kooperation im OECD-Berichtsverfahren lässt sich jedoch nicht als Verbundverwaltung verstehen. Als Verbundverwaltung lässt sich die Kooperation internationaler Institutionen nur dann erfassen, wenn es sich um eine Kooperation mit einem anderen – institutionell unabhängigen – Träger öffentlicher Gewalt handelt, der Zweck der Kooperation die gemeinsame Ausübung öffentlicher Gewalt ist, die Aktivität ein Instrument mit Außenwirkung beinhaltet und die Kooperation von gewisser Dauer ist. Den unterschiedlichen Konstellationen der Kooperation im OECD-Berichtsverfahren fehlt es jeweils entweder am Vorliegen von zwei unabhängigen Trägern öffentlicher Gewalt oder am Zweck der Kooperation als gemeinsamer Ausübung öffentlicher Gewalt. Im Hinblick auf die Kompetenzen des OECD-Berichtsverfahrens wurde hervorgehoben, dass das OECD-Berichtsverfahren auf ein ausdifferenziertes Gefüge von Rechtsgrundlagen gestützt ist, das die Zuständigkeit der einzelnen am Verfahren beteiligten Akteure und den Verfahrensablauf

Schluss

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vorgibt. Dies ist auffallend, da zwar die Teilnahme am OECD-Berichtsverfahren rechtlich verbindlich ist, darüber hinaus sind aber weder die Verfahrensregeln, noch die in den Berichten enthaltenen Empfehlungen an die nationalen Entscheidungsträger rechtlich verbindlich. Die Berichte selbst sind mangels deontischer Indikatoren keine rechtsförmigen Instrumente. In Zusammenhang mit den Kompetenzen internationaler Institutionen ließ sich daher – neben dem Prinzip der übertragenen Kompetenz – ein Prinzip der angemessenen Konkretisierung im Recht der internationalen Institutionen begründen. Der Fassung des OECD-Berichtsverfahrens als Handlungsform liegt weiterhin zugrunde, dass die Berichte des OECD-Berichtsverfahrens als Akte internationaler öffentlicher Gewalt verstanden werden können. Ein spezifisch internationales und spezifisch rechtliches Konzept internationaler öffentlicher Gewalt wurde erörtert. Der Gewaltaspekt internationaler öffentlicher Gewalt umfasst neben rechtsverbindlichen Aktivitäten internationaler Institutionen auch rechtsunverbindliche – soft law und nicht-rechtsförmige – rechtsbasierte Aktivitäten. Voraussetzung ist, dass die Aktivität ein Mindestmaß an effektiver Beeinträchtigung bei den Adressaten hervorruft, d. h. die individuelle oder kollektive Freiheit der Adressaten beeinträchtigt. Der Aspekt der Öffentlichkeit und der Internationalität bestimmt sich grundsätzlich über die Rechtsgrundlage. Dies bedeutet, dass die Aktivität auf einer internationalen Rechtsgrundlage basieren muss, die von dazu legitimierten Trägern öffentlicher Gewalt mit einem gemeinwohlbezogenem Ziel verabschiedet wurde. Im Ausnahmefall bestimmt sich der Aspekt der Öffentlichkeit und der Internationalität über einen vordefinierten Typenkatalog. Gezeigt wurde, dass das OECD-Berichtsverfahren diese Merkmale aufweist. Das OECD-Berichtsverfahren ist zum einen der OECD zurechenbar, zum anderen hat es Auswirkungen auf politische Freiheiten und die kollektive Selbstbestimmung. Letzteres begründet sich darin, dass die staatlichen Entscheidungsträger in der Gestaltung der nationalen Korruptionsbekämpfung wesentlich durch die Empfehlungen der OECD Working Group on Bribery beeinflusst werden. Diese Empfehlungen gehen jedoch über die völkerrechtlich und parlamentarisch ratifizierte Pönalisierung der Bestechung ausländischer Beamter im internationalen Geschäftsverkehr hinaus. In den Inhalt der Empfehlungen haben die Staaten weitgehend nicht eingewilligt. Gleichwohl wird durch die Wiederholung der Bewertung, die Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen und durch die Veröffentlichung der Berichte ökonomischer und politischer Druck aufgebaut, sodass die Staaten die Empfehlungen kaum ignorieren können und diese weitgehend umsetzen. Die nationalen Entscheidungen sind daher durch die OECD Working Group on Bribery stark geprägt. Dadurch werden jedoch die Möglichkeiten des Einzelnen, durch demokratische Strukturen auf die nationale Rechts- und Politikgestaltung einzuwirken, geschmälert. Der Einzelne kann die nationalen Entscheidungen nur noch bedingt beeinflussen, während ein aus Experten zusammengesetztes internationales Gremium die nationale Rechts- und Politikgestaltung mitbestimmt. Politische Freiheiten und die individuelle und kollektive Selbstbestimmung sind dadurch beeinträchtigt. Aus diesen Gründen weist das

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Schluss

OECD-Berichtsverfahren sowohl den Gewalt- als auch den Öffentlichkeitsaspekt internationaler öffentlicher Gewalt auf. Die Berichte können daher als Akte internationaler öffentlicher Gewalt verstanden werden. Da jede Ausübung öffentlicher Gewalt der Einhegung durch das öffentliche Recht bedarf, folgt daraus die Notwendigkeit der Fassung des OECD-Berichtsverfahrens aus öffentlich-rechtlicher Perspektive. Das Potential der öffentlich-rechtlichen Perspektive zur rechtsdogmatischen Fassung von Governance-Aktivitäten liegt in der Doppelfunktion des öffentlichen Rechts begründet. Dieses ist einerseits darauf gerichtet, die individuelle und kollektive Freiheit zu sichern und andererseits die staatliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Wie die nationalen Träger öffentlicher Gewalt operieren die internationalen Institutionen zwischen erfolgreicher Bearbeitung globaler Probleme und dem Anspruch, die Legitimität der eigenen Aktivitäten zu wahren. Das öffentliche Recht kann daher sowohl für den nationalen Bereich zum Schutz individueller und kollektiver Freiheit bei gleichzeitiger Gewährleistung der effektiven Aufgabenerfüllung eingesetzt werden, als auch für den internationalen Bereich. Im Einzelnen sind Handlungsformen geeignete Konstrukte zur Fassung von Governance-Aktivitäten. Sie führen den Doppelauftrag des öffentlichen Rechts fort, indem sie das Ziel verfolgen, die individuelle und kollektive Freiheit zu schützen und zugleich die Träger öffentlicher Gewalt in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben effektiv und effizient zu erfüllen. Das OECD-Berichtsverfahren wurde als Handlungsform mit der Bezeichnung „Politikbewertung“ rechtsdogmatisch konzipiert. Die Definition von Politikbewertungen enthält sechs Merkmale. Politikbewertungen setzen voraus, dass Informationen über die Politik- und Rechtsgestaltung eines anderen öffentlichen Akteurs erhoben und bewertet werden. Sowohl die Recherche als auch die Auswertung der Informationen müssen anhand objektiver Kriterien erfolgen. Die Informationen müssen in einem Informationsdokument zusammengefasst werden, das einer internationalen Institution zurechenbar ist. Politikbewertungen müssen zudem mit einer Herrschaftskomponente ausgestattet sein. Elemente dieser Komponente können die Wiederholung der Bewertung, die Formulierung der an die nationalen Entscheidungsträger gerichteten Erwartungen sowie die Veröffentlichung der Informationsdokumente sein. Voraussetzung ist zudem das Vorliegen internationaler Standards, anhand derer die Informationen bewertet werden. Das Rechtsregime von Politikbewertungen umfasst sechs Elemente, die für die Legitimität und Effektivität von Politikbewertungen unbedingt erforderlich sind. Erstes Element ist das Vorliegen eines Mandats. Zweitens müssen den betroffenen Akteuren Partizipationsrechte gewährt werden und die Begründungspflicht muss beachtet werden. Die internationalen Standards – anhand derer die Informationen bewertet werden – müssen drittens zumindest von den Adressaten der Politikbewertung respektiert werden. Viertes Element ist, dass die Informationen unter Beachtung wissenschaftlicher Standards und mittels repräsentativer Expertise erhoben

Schluss

227

und bewertet werden. Schließlich fordert das fünfte Element des Rechtsregimes von Politikbewertungen, dass die Bewertungen allgemein zugänglich sind. Darüber hinaus liegt Politikbewertungen das Prinzip des National Ownership zugrunde, das besagt, dass die Staaten die Kontrolle über Teile der Zusammenstellung, Verarbeitung und Verbreitung der Informationen in den Händen behalten. Die Rechtsverbindlichkeit der Elemente des Rechtsregimes kann in der internen Konstitutionalisierung internationaler Institutionen verankert werden. Obwohl Politikbewertungen noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen, verheißen sie schon jetzt die ordentliche Verwaltung im staatlichen Bereich zu fördern sowie wertvolle Dienste zur Korruptionsbekämpfung zu leisten. Sie werden von mehreren internationalen Institutionen zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt. Über die OECD hinaus wenden auch die Organization of American States (OAS) und die Group of States against Corruption (GRECO) Politikbewertungen zur Korruptionsbekämpfung an. Die African Union (AU), das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) und das Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia (ACN) haben ebenfalls Berichtsverfahren entworfen, die aber noch nicht alle Definitionsmerkmale von Politikbewertungen erfüllen. Politikbewertungen tragen zur Verbesserung von Legitimität und Effektivität der Korruptionsbekämpfung internationaler Institutionen bei. Die OECD beispielsweise richtet ihr Berichtsverfahren, da es die Definitionsmerkmale von Politikbewertungen erfüllt, an Elementen aus, die dessen Legitimität und Effektivität fördern. Die auf die nationalen Entscheidungsträger einwirkende Aktivität der OECD zur Korruptionsbekämpfung ist dadurch an öffentlich-rechtlichen Prinzipien ausgerichtet, die den Doppelauftrag des öffentlichen Rechts fortführen und darauf zielen, zum Schutz der individuellen und kollektiven Freiheit beizutragen und gleichzeitig eine effektive Aufgabenerfüllung zu sichern. Politikbewertungen stellen zudem spezifische Anforderungen an die effektive Gestaltung der Korruptionsbekämpfung und fordern Rechenschaft von den Regierungen über ihre Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ein. Sie sind daher geeignete Handlungsformen internationaler Institutionen, um einheitliche, zukunftsgerichtete und tiefgreifende Verbesserungen der Korruptionsbekämpfung zu bewirken.

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Stichwortverzeichnis African Union 68 African Union-Berichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, African Union African Union Convention on Preventing and Combating Corruption 68 Afrikanische Entwicklungsbank 51 Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia 53, 64 – 65 Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia Anti-Corruption Action Plan 65 Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia-Berichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia Asian Development Bank/OECD AntiCorruption Initiative for Asia and the Pacific 53 Autonomie 34, 88, 92, 94, 104 – 106, 127, 164, 178, 213, 218 Autorität 94 – 96, 105, 164 Bericht 141 – 143 – Empfehlungen 67 – 69, 71, 76 – 79, 80 – 81, 110, 116, 137 – 139, 142 – 143, 148 – 149, 155 – 156, 176 – 179, 201 – 202, 218 – 219 – Executive Summary 140 – 141, 143 Berichtsverfahren – African Union 68, 196 – 197, 200, 202 – 203 – Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia 64 – 65 – Group of States against Corruption 70 – 71, 140, 150, 196 – 197, 200 – 201, 203 – 204, 211 – 213 – OECD 21 – 25, 53, 55, 57 – 58, 63 – 66, 71 – 72, 78 – 80, 80 – 84, 106 – 110, 115 – 116, 120 – 124, 131 – 132, 134 – 140, 141, 144 – 155, 174 – 180, 196 – 197, 199 – 211, 213 – 214, 217, 219 – 220

– Organization of American States 67 – 68, 196 – 197, 200 – 204 – United Nations Office on Drugs and Crime 69 Bestechung – aktiv 41, 44, 47 – 50, 53, 55, 60, 132 – passiv 44, 47 – 50, 60 bis-Verfahren 81 – 83, 138, 143, 146, 200, 214 Burke, Edmund 59 Bürokratie 88, 94 – 97, 100, 105, 168 Business and Industry Advisory Committee 115 Commission on Global Governance 22 Consensus minus one 64, 150 Convention on International Trade and Endangered Species of Wild Fauna and Flora 90 Definitionsmacht 91 Deontische Indikatoren 154 – 155, 165, 189 Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung 51 Europäische Union 51, 97, 114 Europarat 49 – 50, 57, 70 – 71, 92, 109, 197, 220 Europarat Civil Law Convention on Corruption 49, 71 Europarat Criminal Law Convention on Corruption 49, 71 European Free Trade Association 114 Expertise 23, 53, 64, 67 – 68, 75, 80, 86, 90, 92 – 93, 96 – 97, 99, 101 – 111, 113, 120 – 121, 140, 142, 148 – 149, 152, 166, 175, 179 – 180, 196, 209 – 210, 213, 218 Fact-Finding 75, 79 Financial Action Task Force Against Money Laundering 62, 73

250

Stichwortverzeichnis

Flexible dogmatische Matrix 181 – 182 Food and Agriculture Organization 93 Fortschrittsverfahren 80 – 81, 83, 137, 146 Fragebogen 64, 68, 70, 80, 116, 121, 131, 139 – 140, 142, 146 – 147, 196 – 197, 217 Freiheit 24 – 26, 31, 33, 130, 151, 160 – 161, 163, 167, 169 – 172, 174 – 175, 178 – 183, 188 Friedrich, Carl J. 44 Funktionale Äquivalenz 143, 173 – 174 Geographical Morality 58 – 61 Global Governance 22 – 23, 26 – 27, 31 – 32, 34, 72, 88 – 89, 91 – 92, 106, 112, 126, 159 – 160, 164, 167, 170, 188 Global (International) Administrative Law 32 – 34 Governance by Information 23, 72 – 78, 80, 133, 194 Governance-Perspektive 27, 170, 173 Group of States against Corruption 70, 92 Group of States against Corruption-Berichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, Group of States against Corruption Gründungsvertrag 92 – 93, 100, 112, 125, 129, 166, 173, 187, 216 – OECD siehe OECD Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development Handlungsform 26 – 28, 87, 97, 125, 171, 180 – 190, 193 – 195, 204, 215 – 217 – Definitionsmerkmale 26 – 28, 186, 188 – 189, 195 – 198, 200, 203 – 204, 215 – Elemente des Rechtsregimes 25, 183, 185 – 190, 195, 204, 208 – 216, 218 – 219 – Speicherfunktion 181, 184 – 185 – Systematisierungsfunktion 181, 184 – 185 Harambee System 60 Hastings, Warren 59 Implied Powers 93, 126 – 128, 164 – 165 Informationsdokument 195 – 203, 206 – 214, 217 – 220 Informations-Kollision 219 – 220 Informationspolitik 72 – 74, 78, 220

Initiative on Governance and Investment for Development in the Middle East and North Africa 53 Inter-Amerikanische Entwicklungsbank 51 International Centre for Settlement of Investment Disputes 60 – 61 International Law Association 34, 151 International Law Commission 34 International Monetary Fond 41, 45, 51, 109, 220 Internationale Bürokratie siehe Bürokratie Internationale Institution 23, 31 – 34, 65, 88 – 96, 100 – 102, 105 – 106, 111 – 113, 117 – 120, 124 – 128, 151, 164 – 167 Internationale öffentliche Gewalt 167 – 175, 180, 194, 198, 203, 210 – Aspekt der Internationalität 172, 203 – Erheblichkeitsschwelle 172, 175, 180, 203 – Gewaltaspekt 170 – 172, 198 – Öffentlichkeitsaspekt 172, 174, 203 Internationale Organisation siehe Internationale Institution Internet Corporation for Assigned Names and Numbers 173 – 174 Istanbul Anti-Corruption Action Plan siehe Anti-Corruption Network for Eastern Europe and Central Asia Anti-Corruption Action Plan Kommunikativer Druck 24, 171, 176, 198, 203 Kompetenz 94, 124 – 127, 129, 155, 164 – 166, 187, 189, 205, 217 Konditionalität 51 Konstitutionalisierung 32 – 33, 215 – 216 Kooperation 33, 53, 57, 88, 99, 110 – 124, 131, 133, 141, 166, 219 – 220 Korruption 42 – 47 – aktiv siehe Bestechung, aktiv – groß 45 – 46 – klein 45 – öffentlicher Sektor 44, 46 – passiv siehe Bestechung, passiv – privater Sektor 44, 46 Korruptionsbegriff – juristischer 43

Stichwortverzeichnis – ökonomischer 45 – politikwissenschaftlicher 43 – soziologischer 44 Korruptionsbekämpfung 37, 40 – 42, 46 – 48, 50 – 53, 55, 57 – 58, 61 League of Nations The Covenant of the League of Nations 112 Liberalismus 26 Macht 95, 162 Mayer, Otto 185 Mehrheitsentscheid 92, 106 Mission-Creep 126 Montreal Protocol on Substances That Deplete the Ozone Layer 76 – 77 National Ownership 212 – 213, 218 – 219 National Policy Assessment siehe Politikbewertung Nationale Kontaktstelle 66, 102 Network on Governance 53 Non-Compliance-Verfahren 76 – 79 North American Development Bank 51 North American Free Trade Agreement 51 Nye, Joseph S. 44 OECD 37 – 41, 52 – 58, 85 – 87, 96 – 100, 102 – 105, 113 – 115, 125, 128 – 131 – Arrangement 87 – Deklaration 87 – Empfehlung 40, 52 – 53, 63, 86 – 87, 97, 130 – 131, 134, 136 – 137, 144, 197, 205, 209 – Entscheidung 86 – 87, 97, 130 – 131, 144, 155 – 156, 205 – Resolution 87, 100 – 101, 114, 130 – 131 – Understanding 87 OECD Action Statement on Bribery and Officially Supported Export Credits 52 OECD Agreed Common Elements of Criminal Legislation and Related Action 54 – 55 OECD Anti-Bestechungskonvention siehe OECD Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions

251

OECD-Berichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, OECD OECD Bribery Awareness Handbook for Tax Examiners 52 OECD Centre for Tax Policy and Administration 52, 98 OECD Commentaries on the Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions 40 OECD Committee on International Investment and Multinational Enterprises 107, 115, 131 – 132 OECD Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions 40 – 41, 47 – 48, 52 – 58, 63 – 64, 83, 89, 108, 121, 129, 133 – 134, 136 – 137, 141, 145, 148, 153, 155, 176 – 177, 179, 205, 209 OECD Convention on the Organisation of Economic Co-operation and Development 86 – 87, 103 – 104, 125, 128 – 130, 144, 174 – 175, 205 OECD Decision of the Council Concerning further Work on Combating Bribery in International Business Transactions 108, 132 OECD Development Co-operation Directorate 52 – 53, 98 OECD Directorate for Financial and Enterprise Affairs 52, 107 OECD Directorate for Public Governance and Territorial Development 52, 98 OECD Guidelines for Multinational Enterprises 52, 66, 107, 115, 130 OECD Investment Committee 66, 102, 107 – 108, 117, 130 – 131, 152 OECD Policy Paper and Principles on AntiCorruption 53 OECD Principles for Donor Funded Action in Anti-Corruption 53 OECD Principles for Managing Ethics in the Public Service 52 OECD Programme for International Student Assessment 26, 73, 193 – 195, 201, 213, 217 OECD-Rat 40, 87, 96 – 98, 100, 102, 104, 107, 110, 114, 130, 145, 151 – 152

252

Stichwortverzeichnis

OECD Recommendation of the Council on Bribery and Officially Supported Export Credits 52 OECD Recommendation of the Council on Enhancing Integrity in Public Procurement 53 OECD Recommendation of the Council on Guidelines for Managing Conflict of Interest in the Public Service 53 OECD Recommendation of the Council on the Tax Deductibility of Bribes to Foreign Public Officials 40, 53, 55, 63, 148 OECD Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions 40, 53 – 55, 63, 108, 115, 117, 129, 131 – 132, 135 – 136, 148, 152, 199 OECD Rules of Procedure of the Organisation 97, 100 – 101, 110, 114, 152 OECD-Sekretariat 40, 52 – 53, 58, 85, 96 – 99, 102 – 103, 105, 220 OECD-Sondereinrichtungen 98 – 99, 115 OECD Trade and Agriculture Directorate 52, 98 OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions 58, 63 – 64, 79 – 84, 89, 107 – 111, 115 – 117, 120 – 124, 131 – 132, 134 – 152, 154 – 156, 174, 176 – 179, 200, 202, 206 – 208, 210, 214, 219 Öffentliche Gewalt 111, 117 – 124, 129, 151, 160 – 164, 169, 180 – 188, 195, 205 – 206, 215 Öffentliches Recht 160 – 163, 167, 169 – 170, 184 Öffentlich-rechtliche Perspektive 31 – 34, 117, 159 – 160, 164, 167, 174, 180, 193 Ombudsmen 176 – 177, 179 Organisation of European Economic Cooperation 85 Organization of American States 48, 50, 109, 220 Organization of American States-Berichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, Organization of American States Organization of American States InterAmerican Convention against Corruption 48 – 50, 67

Paris Club 51 Peer pressure 24, 91 PISA siehe OECD Programme for International Student Assessment Politikbewertung 26, 193 – 199, 202 – 205, 208 – 213, 215 – 219 – Anspruch auf Objektivität 197 – Beachtung wissenschaftlicher Standards und repräsentative Expertise 209, 213, 218 – Bewertung der staatlichen Politiken eines anderen öffentlichen Akteurs 196 – Mandat 204 – National Ownership 212 – 213, 218 – 219 – Partizipationsrechte und Begründungspflicht 205 – 208, 213 – Produktion von Informationen über staatliche Politiken 195 – Rechtsverbindlichkeit 214 – 216 – Vorhandensein einer Herrschaftskomponente 198 – 199, 201, 203, 211 – Vorliegen internationaler Standards 197 – Wahrung der internationalen Standards 208 – Zugänglichkeit der Bewertung 210 – 212 – Zurechenbarkeit zu einer internationalen Institution 203 Polizeiliches Informationssystem 178 Prinzip – angemessene Konkretisierung 129 – 130, 205 – Autonomie internationaler Institutionen 105, 127, 213 – Kooperation 111, 113, 117 – übertragene Kompetenz 125 – 127, 205 Prüfungsgruppen 64, 79 – 81, 109 – 110, 116, 122, 138, 140 – 143, 147 – 149, 210 Ranking 201, 213 Rechenschaftspflichtigkeit 97, 151 – 152, 210 Rechtsquellentrias 181 – 182 Rechtswirkungen 153 – 155, 219

Stichwortverzeichnis Securities and Exchange Commission 37 – 38 Selbstbestimmung 24 – 25, 33, 165, 178, 180 Self-contained regime 187 Soft law 90 – 91, 104, 106, 126, 133, 144, 153, 165 – 166, 169 – 172, 181 – 183, 197, 209 Specific instance 66, 102 Specific issues 63, 67, 131 – 132, 137, 141 – 143, 200 Staatenbesuch 64, 68, 70 – 71, 81, 83, 109 – 110, 116, 138, 140 – 143, 146 – 147, 149 – 150, 196 – 197, 207 – 208, 210 Stability Pact Anti-Corruption Initiative for South-Eastern Europe 53 Tour de Table-Exercise 137 – 139, 143 Trade Union Advisory Committee 115 Transparency International 44, 61, 150 Ultra vires 125 – 127 United Kingdom Serious Fraud Office 82 United Nations Charter of the United Nations 92, 112, 118 United Nations Convention against Corruption 42, 50, 61, 69

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United Nations Convention against Transnational Organized Crime 50 United Nations Development Programme 51 United Nations Office on Drugs and Crime 50, 69, 109, 220 United Nations Office on Drugs and CrimeBerichtsverfahren siehe Berichtsverfahren, United Nations Office on Drugs and Crime United States Foreign Corrupt Practices Act 37 – 39, 47, 53 – 54 Verbundverwaltung 117 – 124 Verfahrensregeln 64 – 65, 68 – 70, 92, 100 – 102, 110, 139 – 140, 144, 146, 148 – 150, 153 – 155, 202, 207, 211 Vienna Convention on the Law of Treaties 40, 118 Weber, Max 94 – 96, 169 Weltbank 41, 45, 51, 109, 220 Whistleblower 179 World Trade Organization 42, 109, 220 Zivilgesellschaft 40, 57, 103, 116, 147, 149 – 150, 168, 206 – 208