Physik: II Elektrodynamik - relativistische Physik 9783110806014, 9783110157772

257 89 25MB

German Pages [448] Year 1997

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Physik: II Elektrodynamik - relativistische Physik
 9783110806014, 9783110157772

Citation preview

Daniel, Physik II

Η. Daniel

Physik II Elektrodynamik — Relativistische Physik

W DE G

Walter de Gruyter Berlin · New York 1997

Prof. Dr. Η. Daniel Physik-Department, Ε 18 Fakultät für Physik Technische Universität München James-Franck-Straße 85748 Garching Das Buch enthält 372 Abbildungen und 29 Tabellen

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme

Daniel, Herbert: Physik / H. Daniel. — Berlin : de Gruyter 2. Elektrodynamik — relativistische Physik. — 1997 ISBN 3-11-010232-3 brosch. ISBN 3-11-015777-2 Gb.

© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren und Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Satz, Druck und buchbinderische Verarbeitung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza — Reproduktion der Abbildungen: druckpunkt, Berlin — Umschlagentwurf: Hansbernd Lindemann, Berlin Printed in Germany

Vorwort

Dieses Buch ist der zweite Band eines insgesamt auf vier Bände angelegten Lehrbuchs über Physik. Das Lehrbuch sollte in etwa den Stoff des Grundkurses Physik überdecken, wie er an den meisten Hochschulen im deutschsprachigen Raum gehalten wird. Darüberhinaus behandelt es einige Themen, die erst im Hauptstudium zur Sprache kommen werden; ferner enthält es Tabellenmaterial, das in der Vorlesung abschreckend wirken würde, aber zum Nachschlagen bei der praktischen Arbeit vielleicht von Nutzen ist. Es wendet sich vor allem an Studierende mit dem Studienziel Diplom in Physik, aber auch an Lehramtskandidaten; wenn es sich im späteren Beruf als Einführung in ein neues Gebiet, als Erinnerungshilfe und auch als Nachschlagewerk brauchbar erweisen sollte, würde mir das eine besondere Freude bereiten. Über die „Philosophie" dieser Buchreihe habe ich einiges im Vorwort des ersten Bandes gesagt, das hier nicht wiederholt zu werden braucht. Ähnliches gilt für die Danksagungen an meine Frau G. Daniel, Prof. Dr. F. Heckelt, Herrn P. Stoeckel, Frau J. Winzer, Dr. E. Hechtl, Herrn J. Kressierer, meine Studenten, meine Münchner Kollegen, Dr. R. Weber, Frau G. £aglayan und Frau I. Ullrich vom de GruyterVerlag sowie Frau Dipl.-Phys. D. Streubel. Wie im ersten Band weisen römische Ziffern vor der Nummer von Gleichungen, Abschnitten usw. auf den Band hin, in dem das Betreffende steht; Angaben ohne römische Ziffern beziehen sich auf denselben Band. Garching, im Januar 1997

H. Daniel

Inhaltsübersicht der Bände I—IV

Band I 1 1.1 1.2 1.3

Einführung Physikalische Naturbeschreibung Die Welt, in der wir leben Wechselwirkungen, Symmetrieprinzipien und Erhaltungssätze

2 2.1 2.2 2.3

Kinematik Bahn und Bahnbeschreibung Geschwindigkeit Beschleunigung

3 3.1 3.2 3.3

Kraft, Arbeit und Potential Die Newtonschen Axiome Träge und schwere Masse Energie

4 4.1 4.2 4.3 4.4

Impuls und Drehimpuls Impuls Drehmoment, Drehimpuls und Rotationsenergie bei einem Massenpunkt Drehmoment, Drehimpuls und Rotationsenergie bei einem System Eindeutigkeit von Messung und Vorhersage

5 5.1 5.2

Bewegte Bezugssysteme Unbeschleunigte Systeme Beschleunigte Systeme

6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6

Mechanik nichtstarrer Materie Elastische und nichtelastische Verformungen fester Materie Reibung Ruhende Flüssigkeiten und Gase Intermolekulare Kräfte in Flüssigkeiten Bewegte Flüssigkeiten und Gase Viskose Flüssigkeiten

7 7.1 7.2 7.3

Mechanische Schwingungen und Wellen Mechanische Schwingungen Grundlagen der Wellenlehre Stehende Wellen und Eigenschwingungen

VIII

Inhaltsübersicht

7.4 7.5

Wellenarten und Wellenausbreitung Interferenz und Huyghenssches Prinzip

7.6

Spezielles über Schall und Ultraschall und über Schallwellen in der Geophysik

8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5

Wärmelehre Temperatur, Wärme und ideales Gas Thermische Zustandsänderungen idealer Gase Barometrische Höhenformel Mehrphasige Systeme und reale Gase Die drei Hauptsätze

Band II 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Elektrostatik Elektrische Ladung Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld Gaußscher Satz Kapazität Leiter im elektrischen Feld Energie des elektrischen Feldes Isolatoren im elektrischen Feld

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13

Elektrischer Strom und Magnetismus Strom als Ladungstransport Elektrochemie Austrittsarbeit und resultierende Spannung Grundtatsachen des Magnetismus Magnetische Kräfte und Felder bei stromführenden Leitern Induktion Materie im Magnetfeld Ferrimagnetismus und Antiferromagnetismus Magnetfeld mit Materie Supraleitung Analyse von Netzwerken Wechselstrom und elektrische Schwingungen Verstärkung von Wechselspannungen und Wechselströmen

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8

Maxwellsche Gleichungen und elektromagnetische Wellen Maxwellsche Gleichungen Elektromagnetische Wellen Telegraphengleichung Dämpfung elektromagnetischer Wellen in Leitern Poynting-Vektor und Energie- und Impulsfluß Hertzscher Dipol und Bremsstrahlung Streuung elektromagnetischer Strahlung an Atomen Ableitung einfacher wichtiger Gesetze aus den Maxwellschen Gleichungen

Inhaltsübersicht 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8

Relativistische Physik Nichtrelativistische Erwartungen und Michelson-Versuch Unmittelbare Folgerungen aus dem Michelson-Versuch Eigenzeit, Masse und Energie Die Relativitätstheorien und ihre experimentelle Überprüfung Lorentz-Transformationen des elektromagnetischen Feldes und Lorentz-Kraft Relativistische Mechanik in elektromagnetischen Feldern Beschleuniger und Speicherringe Relativistische Effekte bei elektromagnetischen Wellen

Band III 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8

Geometrische Optik Wellennatur des Lichts und geometrische Optik Einige Grundtatsachen der Lichtausbreitung Fermatsches Prinzip Brechende und spiegelnde Kugelflächen Abbildungsfehler und Abbildungsbegrenzung Zonenlinsen, Zylinderlinsen und Zylinderspiegel Abbildende optische Instrumente Visuelle optische Instrumente

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10

Wellenoptik Intensität und Kohärenz Interferometer Beugung von Licht Beugung von Röntgenstrahlen Auflösung Holographie Polarisation und Doppelbrechung Erzeugung und Nachweis polarisierten Lichts Brechzahl und Dispersion Photometrie und Kolorimetrie

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6

Thermodynamik Gas in statistischer Beschreibung Mehrstoffsysteme Direkte Konsequenzen der drei Hauptsätze Maschinen und Apparaturen zur Umwandlung von Arbeit und Wärme Entropie und Wahrscheinlichkeit Transportphänomene

4 4.1 4.2 4.3

Einführung in die Quantenphysik Quantencharakter elektromagnetischer Strahlung Wellencharakter von Materie Grundzüge der Quantenmechanik

IX

X

Inhaltsübersicht

Band IV 1 1.1 1.2 1.3 1.4

Atome Einfache gebundene Zustände Bahndrehimpuls, Spin und magnetisches Moment Mehrteilchensysteme Wechselwirkung zwischen Atomen und elektromagnetischen Feldern

2 2.1 2.2

Zusammengesetzte Moleküle und chemische Bindung Zweiatomige Moleküle Mehratomige Moleküle

3 3.1 3.2 3.3 3.4

Festkörperphysik Aufbau des Festkörpers Gitterschwingungen Bandstruktur Modellmäßige Betrachtung der Supraleitung

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Kernphysik Aufbau der Atomkerne Radioaktivität Streuung von Teilchen- und Quantenstrahlung an Atomkernen Kernkräfte und Kernmodelle Kernreaktionen Durchgang ionisierender Strahlung durch Materie

5 5.1 5.2 5.3

Teilchenphysik Teilchenzerfall infolge schwacher Wechselwirkung Starke Wechselwirkung: Innere Parität des π-Mesons, Hyperkerne und Teilchenresonanzen Quarks und Quarkstruktur von Teilchen

6 6.1 6.2

Altersbestimmungen und Kosmologie Altersbestimmungen Kosmologie

Inhalt

1

Elektrostatik

1.1 1.1.1 1.1.2

Elektrische Ladung Natur der elektrischen Ladung Millikan-Versuch

1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5

Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld Coulombsches Gesetz Vakuumpolarisation Elektrisches Feld Elektrische Spannung und elektrisches Potential Elektrischer Dipol und elektrischer Quadrupol

7 7 8 9 14 18

1.3 1.3.1 1.3.2

Gaußscher Satz Veranschaulichung des Gaußschen Satzes Beweis des Gaußschen Satzes

26 26 26

1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6

Kapazität Leiter und Nichtleiter Definition der Kapazität Plattenkondensator Kugel und Kugelschale, Zylinder und Zylindermantel Weitere Beispiele für Kapazitäten Parallel- und Serienschaltung von Kapazitäten

28 28 29 30 34 37 39

1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5

Leiter im elektrischen Feld Leiter Feldstärke in und auf Leitern Feldstärke auf Kugeloberfläche und Spitzenwirkung Faradayscher Käfig Influenz

40 40 41 43 47 52

1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3

Energie des elektrischen Feldes Allgemeine Rechnung mit Potential Allgemeine Rechnung mit Energiedichte Feldenergie eines Elektrons und klassischer Elektronenradius

57 57 58 59

1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3

Isolatoren im elektrischen Feld Isolatoren ohne permanentes elektrisches Dipolmoment Isolatoren mit permanentem elektrischen Dipolmoment Polarisation und Suszeptibilität

60 60 62 65

3 3 6

XII

1.7.4 1.7.5

Inhalt

1.7.6 1.7.7 1.7.8

Permittivität und dielektrische Verschiebung Elektrische Feldstärke und dielektrische Verschiebung an Grenzflächen und in dichten Medien Elektret und Piezoelektrizität Kraft auf Dipol Van-der-Waals-Kräfte

66

2

Elektrischer Strom und Magnetismus

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.7 2.1.8

Strom als Ladungstransport Allgemeines zum Strom Stationärer Strom und Kontinuitätsgleichung Ohmsches Gesetz Elektrolytische Leitung Metallische Leitung Leitung in Halbleitern Gasentladungen Elektrische Arbeit und Leistung

91 91 93 93 96 101 104 107 110

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Elektrochemie Elektrochemische Spannungen Elektrochemische Prozesse an den Elektroden Galvanische Elemente Akkumulatoren

111 111 114 116 118

2.3 2.3.1 2.3.2

Austrittsarbeit und resultierende Spannung Austrittsarbeit Thermospannung

120 120 121

2.4 2.4.1 2.4.2

Grundtatsachen des Magnetismus Quellenfreiheit Magnetfeld eines unendlich langen stromführenden Drahts

127 127 130

2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.5.7

Magnetische Kräfte und Felder bei stromführenden Leitungen Kraft eines Magnetfeldes auf elektrischen Strom Lorentz-Kraft Ableitung des Ampereschen Gesetzes Solenoid und Toroid Biot-Savartsches Gesetz Magnetischer Dipol Hall-Effekt

132 132 138 140 141 143 144 146

2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.6.5

Induktion Induktion durch räumliche Änderung Induktion durch zeitliche Änderung des Magnetfeldes Selbstinduktion Gegenseitige Induktion Energie des magnetischen Feldes

150 150 152 154 160 165

73 80 84 87

Inhalt

XIII

2.7 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.7.5

Materie im Magnetfeld Magnetisches Moment und Magnetismus Paramagnetismus und Magnetisierung Diamagnetismus Zustandekommen von Ferromagnetismus Experimentelle und technische Tatsachen über Ferromagnetismus

166 166 170 174 174 178

2.8 2.8.1 2.8.2

Ferrimagnetismus und Antiferromagnetismus Ferrimagnetismus Antiferromagnetismus

186 186 187

2.9 2.9.1 2.9.2 2.9.3

Magnetfeld mit Materie Gesetze der Magnetostatik mit Materie Anwendung von Materie im Magnetfeld zur Flußverstärkung Anwendung von Materie im Magnetfeld zur Flußabschwächung

189 189 190 197

2.10 2.10.1 2.10.2 2.10.3

Supraleitung Phänomenologische Beschreibung der Supraleitung Supraleiter und Magnetfeld Anwendung der Supraleitung

199 199 200 204

2.11 2.11.1 2.11.2 2.11.3 2.11.4 2.11.5 2.11.6 2.11.7

Analyse von Netzwerken Schaltsymbole und Netzwerke Erstes Kirchhoffsches Gesetz (Knotengesetz) Zweites Kirchhoffsches Gesetz (Schleifengesetz) Ersatzschaltbild Einfache Anwendungen der Kirchhoffschen Gesetze Ein- und Ausschaltvorgänge bei einer Kapazität Ausschalten einer Induktivität über einen Widerstand

208 208 210 211 212 213 216 218

2.12 2.12.1 2.12.2 2.12.3 2.12.4 2.12.5 2.12.6 2.12.7 2.12.8

Wechselstrom und elektrische Schwingungen Wechselstrom Wechselstromleistung Drehstrom Gleichrichtung Freie elektrische Schwingungen Erzwungene elektrische Schwingungen Komplexe Rechenmethode Modulation von Wechselspannungen und Wechselströmen

222 222 224 225 228 232 233 236 245

2.13 2.13.1 2.13.2 2.13.3 2.13.4 2.13.5 2.13.6

Verstärkung von Wechselspannungen und Wechselströmen Begriff der Verstärkung Transistoren als Verstärkerelemente Elektronenröhren als Verstärkerelemente Transistor- und Röhrendaten Verstärkerschaltungen Erregung elektrischer Schwingungen

247 247 248 254 257 258 260

XIV

Inhalt

3

Maxwellsche Gleichungen und elektromagnetische Wellen

3.1 3.1.1 3.1.2

Verschiebungsstrom und Maxwellsche Gleichungen Verschiebungsstrom Maxwellsche Gleichungen

267 267 268

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6

Elektromagnetische Wellen Transversaler Charakter der Wellen im Vakuum Ebene Wellen im Vakuum Elektromagnetische Wellen in Materie Reflexion elektromagnetischer Wellen an Dielektika Elektromagnetische Wellen in Hohlleitern Eigenschwingungen von Hohlraumresonatoren und Doppelleitungen....

270 270 271 276 280 283 286

3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5

Telegraphengleichung Allgemeine Form der Telegraphengleichung Ideales Kabel Unverzerrte Signalübertragung Wellen widerstand des idealen Kabels und des Vakuums Reflexionen an den Kabelenden

292 292 293 294 295 297

3.4 3.4.1 3.4.2

Dämpfung elektromagnetischer Wellen in Leitern Dämpfung in Fortpflanzungsrichtung Dämpfung senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung

302 302 307

3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3

Poynting-Vektor und Energie- und Impulsfluß Energieflußdichte und Poynting-Vektor Impulsflußdichte und Poynting-Vektor Strahlungsdruck

310 310 312 314

3.6 3.6.1 3.6.2

Hertzscher Dipol und Bremsstrahlung Hertzscher Dipol Bremsstrahlung

317 317 323

3.7 3.7.1 3.7.2

Streuung elektromagnetischer Strahlung an Atomen 325 Streuquerschnitt allgemein 325 Streuprozeß und Querschnitt für Streuung elektromagnetischer Strahlung 328

3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.8.5

Ableitung einfacher wichtiger Gesetze aus den Maxwellschen Gleichungen 331 Coulombsches Gesetz 331 Amperesches Gesetz 332 Faradaysches Induktionsgesetz 332 Erstes Kirchhoffsches Gesetz 333 Zweites Kirchhoffsches Gesetz 333

4

Relativistische Physik

4.1 4.1.1

Nichtrelativistische Erwartungen und Michelson-Versuch Galilei-Transformation

337 337

Inhalt

XV

4.1.2 4.1.3

Ätherhypothese Michelson-Versuch

339 339

4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

Unmittelbare Folgerungen aus dem Michelson-Versuch Zeitdilatation Lorentz-Kontraktion Relativistische Addition von Geschwindigkeiten Vierdimensionales Raum-Zeit-Kontinuum

342 342 346 348 349

4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4

Eigenzeit, Masse und Energie Eigenzeit und Masse Energie Beziehungen zwischen Masse, Energie und Impuls Lorentz-Transformationen in der Mechanik

350 350 352 353 355

4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3

Die Relativitätstheorien und ihre experimentelle Überprüfung Spezielle und allgemeine Relativitätstheorie Experimentelle Überprüfung der speziellen Relativitätstheorie Experimentelle Überprüfung der allgemeinen Relativitätstheorie

357 357 358 358

4.5 4.5.1 4.5.2

Lorentz-Transformationen des elektromagnetischen Feldes und LorentzKraft 360 Lorentz-Transformationen des elektromagnetischen Feldes 360 Lorentz-Kraft aus Sicht der Lorentz-Transformationen 362

4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.6.6 4.6.7 4.6.8

Relativistische Mechanik in elektromagnetischen Feldern Teilchenbewegung in statischen rein elektrischen Feldern Rein magnetische Felder Teilchenbahnen in transversalen azimutunabhängigen Magnetfeldern.... Anschauliche Deutung der axialen Fokussierung Linsen für Teilchen Quadrupollinsen Magnetische Spektrometer Kombinierte elektrische und magnetische Felder

363 363 364 365 369 369 372 375 377

4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.2 4.7.5 4.7.6 4.7.7

Beschleuniger und Speicherringe Allgemeines Potentialbeschleuniger Zyklotrons Synchrotron Linearbeschleuniger Andere Beschleuniger Speicherringe

379 379 380 382 385 385 387 388

4.8 4.8.1 4.8.2

Relativistische Effekte bei elektromagnetischen Wellen Mitführung des Lichts Aberration der Sterne

390 390 390

XVI

Inhalt

Anhang A 1 Anhang zu Kapitel 1 A 1.1 Isolationsmaterial für Kondensatoren

393 393

A A A A A

394 394 395 396 396

2 2.1 2.2 2.3 2.4

Anhang zu Kapitel 2 Elektrischer Durchschlag Thermospannungen gebräuchlicher Thermoelemente Magnetische Flüssigkeit Elektrische Schaltsymbole

A 3 Anhang zu Kapitel 3 A 3.1 Daten von Typen gebräuchlicher Kabel

402 402

A 4 Anhang zu Kapitel 4 403 A 4.1 Steifigkeit (βρ-Wert) und kinetische Energie von Elektronen und schweren geladenen Teilchen 403 A 4.2 Matrixmethode 404 Quellennachweis für Abbildungen

405

Häufig benutzte Symbole

407

Häufig gebrauchte Formeln

409

Konstanten hauptsächlich der Elektrodynamik

412

Wichtige Symbole und Einheiten

414

Verzeichnis der Tabellen

416

Register

417

Eine der frühesten Anwendungen der Elektrizität für medizinische Zwecke. Zylinder-Maschine zur Erzeugung von Elektrizität; drei wassergefüllte Gefäße zur „ElektrizitätsVerstärkung"; Patientin, die vom Arzt elektrisiert wird. Aus: J. G. Schäffer, Die elektrische Medizin . . . , Regensburg 1766. — Nach Angaben des Deutschen Museums München.

1

Elektrostatik

1.1

Elektrische Ladung

1.1.1

Natur der elektrischen Ladung

Die Mechanik, mit der wir uns in dem ersten Band dieses Werkes vorzugsweise beschäftigt haben, bedarf nicht der elektrischen Ladung. Die beiden wirklich wesentlichen Begriffe sind Masse und Kraft. Mit der elektrischen Ladung führen wir etwas grundsätzlich Neues ein. Die Existenz elektrischer Ladungen und ihr Verhalten sind nicht aus den Newtonschen Axiomen deduzierbar. Umgekehrt gilt selbstredend aber: Soweit elektrische Ladungen zu Kräften und Beschleunigungen führen, müssen diese Kräfte und Beschleunigungen im Einklang mit der Newtonschen Mechanik stehen (oder, bei großen Geschwindigkeiten, im Einklang mit der relativistischen Mechanik). Im Gegensatz zur Mechanik ist die Elektrizitätslehre keine alte Wissenschaft. Zwar kannten schon die alten Griechen die Anziehungskraft von, wie wir heute gelegentlich sagen, Reibungselektrizität, die sich etwa in dem in Abb. 1.1 gezeigten Versuch manifestiert: Beim Reiben zweier Isolatoren gegeneinander werden beide elektrisch geladen und können dann kleine Teilchen anziehen. Das tut z. B. der Bernstein, griech. elektron, das Wort, das den Namen für alle elektrischen Erscheinungen gab. Die Elektrizitätslehre nennt man auch Elektrodynamik. Als Elektrostatik bezeichnet man speziell die Lehre von den statischen, also sich ohne Ortsveränderung abspielenden elektrischen Erscheinungen. Im Gegensatz zur Masse, die uns im täglichen Leben nur in einer Form gegenübertritt, nämlich der (positiven) „Masse", manifestiert sich die elektrische Ladung in zwei Formen: positive Ladung und negative Ladung. Ohne uns auf das Problem einzulassen, ob es für einen Physiker legitim ist zu fragen, warum es zwei verschiedene Ladungen gibt, können wir sagen: Wir wissen nicht den Grund. Als Symbol der elektrischen Ladung nehmen wir (meist) Q oder q. Eine positive Ladung werden wir dann auch als q+ und eine negative als q- schreiben. Neben dem Auftreten von zwei Ladungsarten sind uns aus der Schulphysik auch zwei Kraftwirkungen bekannt: Anziehung und Abstoßung. q+ und ziehen sich an, q+ und q+ und ebenso q- und q- stoßen sich ab: • Ungleichnamige Ladungen ziehen sich an, gleichnamige Ladungen stoßen sich ab. Bei der Masse gibt es nichts Vergleichbares: fh und in sowie m und m ziehen sich ebenso an wie m und m (vgl. Abschnitte I, 1.2.2 und I, 1.3.1). Daß sich gleichnamige Ladungen abstoßen, kann man mit einem einfachen Versuch demonstrieren (Abb. 1.2): Wir vermitteln zwei ursprünglich neutralen Kugeln gleichnamige Ladungen (ohne uns zu fragen, ob diese Ladungen nun positiv oder negativ sind). Nach

4

1.1 Elektrische Ladung

Abb. 1.1 Reibungselektrizität. Nachweis der Aufladung mit einem auf Abstoßung gleichnamiger Ladungen beruhenden Elektrometer. Links oben: Aufladen mit einem an einem Wolllappen geriebenen Plexiglasstab. Rechts o b e n : Entladen mit einem am selben Wollappen geriebenen Hartgummistab; der Hartgummistab ist also entgegengesetzt geladen wie der Plexiglasstab. Links unten: Aufladen mit einem Hartgummistab. Rechts unten: Kontrollversuch. Streifen des nicht vorher am Wollappen geriebenen Hartgummistabs am Elektrometerkopf; es ergibt sich kein Effekt.

der Aufladung beobachten wir Abstoßung. Entsprechend beobachten wir bei ungleichnamigen Ladungen Anziehung (ohne zu fragen, welche von beiden Kugeln die positiv geladene ist). Wenn wir es nicht schon aus der Schulphysik wüßten, würden wir noch mehr als durch das Auftreten zweier Ladungsarten durch die Quantelung der elektrischen Ladung überrascht sein: Alle Ladungen, die wir frei beobachten können, lassen sich als ganzzahliges Vielfaches einer Elementarladung e darstellen: q = ne,

(1.1)

wobei η eine ganze Zahl ist. Insonderheit finden wir für alle freien Elementarteilchen entweder q — +e oder q=-e

1.1.1 N a t u r der elektrischen L a d u n g

Abb. 1.2 (rechts).

Abstoßung gleichnamiger Ladungen (links) und Anziehung

5

ungleichnamiger

oder 9

=

0.

Ein Zusatz für „Experten": „Elementarteilchen" in diesem Sinne zerfallen nicht durch starke Wechselwirkung. Ebenfalls für „Experten": Quarks mit ihren gebrochenen Ladungen sind nach allem, was wir wissen, nie freie Teilchen, vgl. Abschn. I, 1.2.2.

Elektrische Ladung kann, nach einem Axiom der Physik, in der Gesamtbilanz nicht geändert werden: • Die elektrische Ladung bleibt erhalten. Wenn wir, wie in dem Experiment Abb. 1.1, Aufladung bewirken, erzeugen wir keine Ladung, sondern führen realiter nur eine Ladungstrennung durch. Wie bei unserem Experiment zur Reibungselektrizität findet auch bei Gewittern Ladungstrennung statt. Durch schnellen Austritt eines Gas-Tröpfchen-Gemisches, in der Alltagssprache häufig „Dampf' genannt, aus einer engen Düse findet eine recht wirkungsvolle Ladungstrennung statt, so wirkungsvoll, daß nach diesem Prinzip im 19. Jahrhundert leistungsfähige Hochspannungsgeneratoren gebaut und in größerer Stückzahl verkauft wurden! Bisher haben wir uns noch nicht darauf festgelegt, welche Elektrizität positiv und welche negativ sein soll, also etwa in dem Experiment Abb. 1.1 die Plexiglas- oder die Hartgummielektrizität. Unhistorisch vorgehend wollen wir als negative Ladung die Ladung des in normaler Materie vorkommenden Elektrons definieren. Als Ele-

6

1.1 Elektrische L a d u n g

mentarladung definieren wir diejenige Ladung e, die denselben Betrag, aber umgekehrtes Vorzeichen wie die Ladung dieses Elektrons hat. Die Einheit der Ladung wird aber nicht über die Elementarladung festgelegt. Das hat historische und praktische Gründe. Damit wird die Bestimmung der Größe der Elementarladung eine experimentelle Aufgabe.

1.1.2

Millikan-Versuch

Um die Frage zu entscheiden, ob die elektrische Ladung gequantelt ist, führte der amerikanische Physiker Robert Andrews Millikan (1868—1953) den nach ihm benannten berühmten Versuch durch (1910). Millikans Grundgedanke war folgender: Wenn die elektrische Ladung gequantelt ist, dann ist es auch die elektrische Kraft auf einen geladenen Körper. Als Körper wählte er Tröpfchen, die durch Zerstäuben von Flüssigkeit entstanden waren und dabei elektrische Ladung annahmen. Die elektrische Kraft nahm er aus der Wechselwirkung des Tröpfchens mit geladenen Metallplatten. Das Prinzip der Anordnung ist in Abb. 1.3 dargestellt. Wie wir in den Abschnitten 1.2.3 und 1.4.3 genauer sehen werden, wird auf einen Körper der Ladung q, der sich zwischen den Platten eines solchen Plattenkondensators befindet, die Kraft

ausgeübt, wobei U die Spannung zwischen den Platten und d der Plattenabstand ist. Außerdem wirkt auf das Tröpfchen die Schwerkraft 4π , Fg = mg = — r Qg, wobei r der Tröpfchenradius und ρ die Dichte im Tröpfchen (Öl) ist. Man macht nun zwei verschiedene Messungen: Einmal mißt man ohne Spannung die Sinkgeschwindigkeit des Tröpfchens in Luft. Dann ist in Gl. (I, 6.46) F — Fq zu setzen, und man kann aus der Geschwindigkeit ν den Radius r bestimmen. Zum andern legt man eine solche Spannung U an, daß das ins Auge gefaßte Tröpfchen gerade schwebt. Dann ist mit FE — Fq nach Gl. (1.2) q = Fcd/U. Das Resultat des Experimentes ist stets das Auftreten einer Ladung, die das ganze Vielfache einer konstanten Ladung, eben der Elementarladung ist; es gilt Gl. (1.1).

Ee Υ / / / / / / / / / '/ / / / / / / / / / / / / / / / / / / λ

\

d 1 k

Abb. 1.3 Millikan-Versuch (Prinzip). Dargestellt ist der Versuch im zweiten Schritt: Schweben des Tröpfchens, wobei die elektrische Kraft Fe die Gewichtskraft Fq genau kompensiert. Beobachtung der Tröpfchen mit dem Mikroskop (nicht dargestellt).

7

1.2.1 C o u l o m b s c h e s Gesetz

1.2

Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

1.2.1

Coulombsches Gesetz

Wie man aus der Erfahrung abstrahiert, kann die Kraft zwischen zwei ruhenden Punktladungen (Ladungen ohne Ausdehnung) q\ und 0 ausführt, resultiert (1.11) ν

ν

Der Ortsvektor r ist dabei, anders als in Gl. (1.8), von demjenigen Punkt aus genommen, in dem Ε berechnet werden soll, und ρ = g(r) ist dabei die Raumladung an der Stelle r im Raum. Befindet sich der Punkt, an dem man Ε berechnen will, im Gebiet ρ φ 0, so kann man bei Vorliegen gewisser Stetigkeitsbedingungen, was in praxi fast immer der Fall ist, um den betreffenden Punkt eine kleine Kugel schlagen und braucht dann nur diejenige Raumladung zu berücksichtigen, die außerhalb der Kugel ist; denn eine homogen geladene Kugel erzeugt im Mittelpunkt kein elektrisches Feld (analog zum Fall des Schwerefeldes in einer homogenen Vollkugel, vgl. Abschn. I, 3.3.3). In praxi werden wir die Gleichung (1.11) selten anwenden. Innerhalb der Elektrostatik, in der wir uns ja jetzt bewegen, gibt es eine wesentlich elegantere Methode, nämlich mit Hilfe des elektrischen Potentials (vgl. nächsten Abschnitt).

1.2.4

Elektrische Spannung und elektrisches Potential

Im vorigen Abschnitt haben wir die elektrische Feldstärke durch Gl. (1.10) definiert. Diese Definition soll allgemein gelten, also nicht nur in der Elektrostatik. Jetzt wollen wir, ebenfalls allgemeingültig, die elektrische Spannung oder kurz Spannung definieren. Zwischen zwei Punkten 1 und 2 im Raum soll zu einer gewissen Zeit t die Spannung υ = υ2Λ

= - } Ε · ds

(1.12)

herrschen, wobei das Wegintegral längs der Raumkurve C zur Zeit t zu nehmen ist. Insonderheit werden wir „U" statt „f/2,1" schreiben, wenn der Punkt 1 ein allgemeiner Bezugspunkt ist, ζ. B. die „Erde" oder die „Masse" (Chassis) der Elektriker und Elektroniker. Abb. 1.11 stellt die Verhältnisse dar. In Abschn. I, 3.3.2 haben wir eine potentielle Energie Wp und ein mechanisches Potential, das wir U nannten, eingeführt. Wir hatten gesehen, daß das mechanische Potential U = Wp/m, wobei m eine Probemasse ist, genau dann existiert, wenn die Arbeit W auf dem Wege zwischen zwei Punkten 1 uns 2 unter dem Einfluß einer Kraft F, 2 W = jF-ds,

(1.13)

Abb. 1.11 Spannung C/2,1 zwischen den Punkten 1 und 2 im Raum längs der Kurve C.

1.2.4 Elektrische Spannung und elektrisches Potential

15

unabhängig vom Weg ist. Nehmen wir als F die elektrische Kraft Gl. (1.7) und setzen voraus, daß W unabhängig vom Weg ist, so ist für nichtverschwindende Probeladung q auch die Spannung Gl. (1.12) zwischen den beiden Punkten unabhängig vom Weg. So wie wir aus der mechanischen potentiellen Energie Wp durch Division mit m auf das mechanische Potential gekommen sind, wollen wir die elektrische potentielle Energie, dividiert durch die elektrische Ladung, elektrisches Potential Φ nennen. Sofern Φ existiert, setzen wir also φ2 - φ, = u2 X und mit der speziellen Normierung Φ\ — 0 und Punkt 1 als „allgemeinem Bezugspunkt" Φ = υ.

(1.14)

Wie die mechanische Kraft durch Gradientenbildung aus dem mechanischen Potential hervorgeht, so geht die elektrische Feldstärke durch Gradientenbildung aus dem elektrischen Potential hervor: Ε = —grad Φ .

(1.15)

Wir bringen als Beispiele das Potential einer Punktladung und die Spannung längs einer geschlossenen Kurve. 1. Potential einer Punktladung Die Feldstärke um eine Punktladung ist durch Gl. (1.8) gegeben. Die Potentialdifferenz ist dann ζ Edr =

Φ:

1

1

4 π ε \Γ2

r\

Mit der speziellen Normierung r\ — oo, also Verschwinden des Potentials im Unendlichen, resultiert Φ

>

4πε r

ι .

(1.16)

2. Spannung längs geschlossener Kurve Sei Φ existent und falle = Φ2- Φι = 0, also auch §Eds

= 0.

Punkt 1 mit

Punkt 2

zusammen,

dann

ist

t/2,1 (1.17)

Erinnern wir uns an die gemachte Voraussetzung: Es existiert ein Potential Φ. Umgekehrt trifft zu: Wenn Gl. (1.17) gilt, gibt es ein Potential Φ. Um das einzusehen, braucht man nur die Abbildung I, 3.18 auf die jetzt vorliegenden Verhältnisse zu übertragen. Da die Wege I und II beliebig sind, muß das Integral Gl. (1.13) ζ. B. auf dem Weg II bei festgehaltenem Weg I unabhängig vom Weg sein. Bisher haben wir nur Feldstärken Ε kennengelernt, bei denen Gl. (1.17) gilt. Wir werden bei weiterem Vordringen in die Elektrodynamik sehen, daß das nur ein Son-

16

1.2 Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

derfall ist. Jedoch gilt Gl. (1.17) und existiert damit ein Potential immer in der Elektrostatik:, also wenn sich keine elektrische Ladungen bewegen: • Ruhende elektrische Ladungen erzeugen immer ein elektrisches

Potential.

Das erkennt man folgendermaßen. Wie wir oben in Gl. (1.16) gesehen haben, gibt es im Fall des Coulomb-Feldes um eine Punktladung ein Potential Φ. Nach Konstruktion des Potentials überlagern sich die Potentiale ebenso additiv wie die Felder. Also muß es ein Gesamtpotential auch für dasjenige Feld Ε geben, das aus der Überlagerung der Felder von Punktladungen plus dem Feld aus Raumladung, Gl. (1.11), entsteht. Alles bisher Gesagte gilt nicht nur für Felder im Vakuum, sondern für irgendwelche elektrostatischen Felder, gleichgültig, welche Materie wie im Räume verteilt ist. Die elektrostatischen Kräfte, die Ladungen aufeinander ausüben, können zur Messung der elektrischen Spannung benutzt werden. Solche Geräte werden häufig Elektrometer genannt. Abb. 1.12 zeigt ein Elektrometer mit Skalenablesung, wie es für Demonstrationsexperimente gern verwendet wird. Das Innere besteht aus Metall. Der drehbar gelagerte Zeiger ist geerdet, sein feststehendes Gegenstück wird aufgeladen. Die resultierende elektrostatische Anziehung dreht den Zeiger. Statt eines drehbaren Zeigers kann man auch ein biegsames dünnes Blättchen nehmen, das gehoben wird. Abb. 1.13 stellt ein Blättchenelektrometer und Abb. 1.14 ein Fadenelektrometer dar.

Abb. 1.12 Zeigerelektrometer, Rückansicht. Die Vorderansicht, die den Mechanismus allerdings nicht erkennen läßt, ist in Abb. 1.32 zu sehen. Das Gehäuse befindet sich auf Erdpotential (Erdung mit schwarzem Kabel). Die zu messende Spannung wird in einem isolierten Leiter (Mitte oben) zugeführt. Sie wird auf die etwas links von der Instrumentenmitte unten zu sehenden beiden „bananenförmigen" feststehenden Elektroden geführt. Die etwas rechts von der Mitte unten zu sehende „bananenförmige" Elektrode ist geerdet. Sie sitzt mit dem Zeiger (auf „2,1" stehend) auf einer Achse. Das Rückdrehmoment wird durch die unten zu sehende Feder ausgeübt. Bei höherer Spannung wird die geerdete Elektrode weiter zwischen die beiden spannungsführenden Elektroden hineingezogen.

1.2.4 Elektrische Spannung und elektrisches Potential

17

Abb. 1.13 Blättchenelektrometer, mit Plexiglasstab aufgeladen.

Die beiden links und rechts im Innern des Fadenelektrometers befindlichen Platten werden auf die Spannung +U und —U verglichen mit der „Erde" oder „Masse" aufgeladen. Zwischen ihnen entsteht ein elektrisches Feld. Ist der Faden geladen, so wirkt auf ihn eine Kraft und lenkt ihn seitlich ab. Beim in Abb. 1.15 gezeigten Experiment wird ein leitend gemachter Ping-PongBall zwischen ungleichnamig geladenen Platten hin- und hergetrieben. Die Umkehr der Bewegung an einer Platte wird dabei durch Umladung bewirkt: Durch die Umladung kehrt sich die Richtung der Kraft um.

Abb. 1.14 meter.

Fadenelektro-

18

1.2 Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

Abb. 1.15 Ping-Pong-Ball zwischen gleichnamig aufgeladenen Platten.

1.2.5

un-

Elektrischer Dipol und elektrischer Quadrupol

Was passiert, wenn man zwei gleich starke punktförmige elektrische Ladungen +q und —q immer näher aneinanderrücken läßt? Man wird vielleicht vermuten, daß dann das elektrische Feld, jedenfalls in größerem Abstand r vom Mittelpunkt zwischen beiden Ladungen, in dem Maße verschwindet, in dem der Abstand d zwischen den beiden Ladungen verschwindet. Das ist auch richtig, und zwar einfach, weil die beiden Ladungen sich gegenseitig kompensieren. Man kann sich jedoch einen Prozeß denken, bei dem q genau in dem Maße wächst, in dem d schrumpft, das Produkt qd also konstant bleibt. Was dann im Grenzübergang q —> oo, d —> 0 passiert, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Es soll uns im folgenden beschäftigen. Das oben geschilderte Gebilde ist etwas Artifizielles. In der Natur hat man jedoch häufiger zwei Ladungen verschiedenen Vorzeichens, q\ = q > 0 und q2 = —q, bei denen die Ladung q endlich und der Abstand d klein, aber nicht null ist. Sowohl diese in der Natur vorkommenden Gebilde als auch das oben beschriebene artifizielle Gebilde nennt man einen elektrischen Dipol (weil er zwei „Pole", +q und -q, hat; eine einzelne Ladung nennt man auch manchmal einen elektrischen Monopol). Wir wollen uns zunächst mit dem Feld des aritifiziellen, punktförmigen Dipols befassen, der durch den oben beschriebenen Grenzübergang entsteht. Dazu betrachten wir zunächst das Potential zweier Punktladungen; für die gewählte Geometrie siehe

1.2.5 Elektrischer Dipol und elektrischer Q u a d r u p o l

ß

19

ζ

ζ

X

Abb. 1.16 Elektrischer Dipol (links) und gewählte Geometrie (rechts).

Abb. 1.16. Dieses Potential ist

Wir fuhren für das Produkt

p = qd

(1.18)

oder dem Betrage nach ρ = qd den Ausdruck Dipolmoment oder elektrisches Dipolmoment ein. Damit erhalten wir aus Gl. (1.18), wenn wir die Wurzel entwickeln, mit r als Abstand und ρ — const im Grenzübergang d 0 A/

\

1

Pz

(1.19)

Mit z — r cos Θ kann man auch schreiben, wenn r den Ortsvektor vom Dipol (oder Dipolmittelpunkt) aus bedeutet, , φ = φ r =

1 ρ cos Θ (1.20) — 4πε 4πε r3 4πε r2 Die Dimension des Dipolmoments ist Ladung mal Länge, die SI-Einheit Coulomb mal Meter (C m). Das Feld für einen physikalischen Dipol, bei dem die beiden Ladungen einen kleinen, aber endlichen Abstand voneinander haben, ist in Abb. 1.17 dargestellt. Nach Abb. 1.16 ist das Dipolmoment so definiert, daß es vom Mittelpunkt beider Ladungen in Richtung der positiven Ladung zeigt. In unserer Geometrie zeigt das Feld in einiger Entfernung vom Dipol (r » d) in der Ebene z = 0 entgegengesetzt zum Dipolmoment; auf der z-Achse zeigt es „außerhalb" des Dipols, jedenfalls für r » d, in Richtung des Moments und „innerhalb", also zwischen den beiden Ladungen (|jc| -C d, |>>| C d, |z| < d/2), entgegengesetzt zum Dipolmoment. Man rechnet allerdings am liebsten mit punktförmigen Dipolen, bei denen es „zwischen den Ladungen" gar nicht gibt. Wie man Gl. (1.20) entnimmt, fällt das Potential eines Dipols wie \/r2 ab, das dazugehörige elektrische Feld Ε — — grad Φ also wie 1/r 3 . Speziell auf der z-Achse ist für r ^ - d , wie man aus Gl. (1.19) sofort errechnet, (1.21)

20

1.2 Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

Abb. 1.17 Feld eines „physikalischen" Dipols. Positive Ladung voller Kreis, negative Ladung offener Kreis. Einige Äquipotentiallinien gestrichelt eingezeichnet.

Aus der Paritätserhaltung folgt, daß Elementarteilchen, Kerne und Atome kein elektrisches Dipolmoment haben. Bei der Paritätsoperation, vgl. Abschn. I, 1.3.2, müßte das Dipolmoment im Raum umgedreht werden, während wegen Paritätserhaltung das Teilchen in sich übergehen müßte. Das ist nur bei verschwindendem Dipolmoment möglich. Ist jedoch das Prinzip der Paritätserhaltung schwach verletzt, so können Teilchen und Kerne ein kleines Dipolmoment haben. Diese Fragen sind experimentell und theoretisch in der letzten Zeit vielfach untersucht worden. Besonders intensiv wurde nach einem elektrischen Dipolmoment des Neutrons gesucht. Bisher brachten alle Experimente kein positives Resultat. Die experimentelle obere Grenze ist durch ρ < 5 χ 10 _ 2 7 e m gegeben (hier sei als Ladungseinheit ausnahmsweise die Elementarladung gewählt). Moleküle hingegen können sehr wohl ein elektrisches Dipolmoment haben. Ein Beispiel für solche polaren Moleküle ist das HCL-Molekül. Es entsteht formal aus einem Η-Atom und einem Cl-Atom, wobei, simplifiziert ausgedrückt, das Elektron des Wasserstoffatoms auf das Chloratom überwechselt (Abb. 1.18). Aus der Abbildung ist auch zu entnehmen, warum das für Elementarteilchen gegebene Argument mit der Spiegelinvarianz für polare Moleküle nicht zutrifft: Durch Spiegelung an der „Mittellinie" geht das HCl-Molekül nicht in sich über. Bei genauerer Analyse stellt sich heraus, daß das Elektron nicht vollständig überwechselt, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit immer noch in der Nähe des Η-Kerns anzutreffen ist. Das so entstehende Dipolmoment ist ungefähr 3 χ 1CT30 C m groß. Vollständiger Ladungsübergang findet dagegen bei räumlicher Trennung in wäßriger Lösung statt (vgl. Abschn. 1.5.1). Tab. 1.1 gibt einige Di-

H

Cl

Abb. 1.18

Polares Molekül: HCl.

1.2.5 Elektrischer Dipol und elektrischer Quadrupol

Tab. 1.1

21

Dipolmomente einiger Moleküle

Stoff

Formel

Γ in Κ

ρ in 10~3° C m

ρ in 10" 9 ecm*

Cesiumchlorid Kohlenstoffmonoxid Kaliumchlorid

CsCl CO KCl



Wasserstoffbromid Wasserstoffchlorid Wasserstofffluorid Wasserstoff] odid

HBr HCl HF HJ

90--373 949 1023 218--599 291--517 296--374 245--346

35 0,3 36 27 2,7 3,6 6,4 1,4

22 0,2 22 17 1,7 2,2 4,0 0,9

274--423 298 194--360 298--483 364--473

4,9 0 1,7 6,2 6,2

3,1 0

Zweiatomige Gase:

Mehratomige Gase: Ammoniak Kohlenstoffdioxid Ozon Wasser Schweres Wasser

NH3 C0 2

03

H20

D2O

1,1

3,9 3,9

In Benzol gelöste Stoffe: Aluminiumbromid Aluminiumjodid Zinntetrachlorid Zinntetrajodid

AlBr3 AIJ3 SnCl4 SnJ4

«293 «293 «293 «293

1,7 8,3 3,2 0

1,1 5,2 2,0 0

* e ist die Elementarladung

polmomente an. Zum Vergleich: Zwei Ladungen der Größe der Elementarladung, q\ = e = 1.6 x 10~19 C und qi = — e, im Abstand des Durchmessers der BohrBahn des Wasserstoffatoms d = 2ao = 10"10 m, haben ein Dipolmoment ρ = 16 χ ΙΟ"30 C m. Hat man η Dipole, so addieren sich die η Einzelpotentiale. Also addieren sich auch die η Dipolmoment selbst: η Ρ = ΣΡΙ1 Ein wichtiger Spezialfall sind zwei antiparallele Dipole. Abb. 1.19 zeigt als Beispiel das Kohlenstoffdioxid-Molekül CO2. Man kann es als aus zwei auf gerader Linie liegenden, entgegengesetzt gerichteten Dipolen bestehend auffassen. Wegen der Symmetrie ist natürlich das Gesamtdipolmoment null. Es verbleibt jedoch ein elektrisches Quadrupolmoment. Abb. 1.20 zeigt eine Ladungsanordnung aus ebenfalls vier elektrischen Ladungen, also ebenfalls einen elektrischen Quadrupol. Man kann sie als zwei nebeneinanderliegende antiparallele elektrische Dipole makroskopischen Ausmaßes ansehen. Sie stellt, wenn in makroskopischem Ausmaß realisiert, in Zentrumsnähe eine elektrische Quadrupollinse dar. Abb. 1.21 veranschaulicht das Feld. Elektrische Quadrupollinsen werden in der Physik hin und wieder verwendet. Die

22

1.2 Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

P1

Abb. 1.19 Nichtpolares Molekül mit elektrischem Quadrupolmoment (zwei antiparallele Dipole hintereinander):

co2.

praktisch verwendeten Linsen sind jedoch meist anders konstruiert als die Anordnung Abb. 1.20, vgl. Abschn. 4.2.6. Ähnlich wie CO2 aus einem C-Atom und zwei O-Atomen besteht, besteht Wasser, H2O, aus einem O-Atom und zwei Η-Atomen. Wasser hat jedoch nicht eine Form wie die in Abb. 1.19 gezeigte, sondern weist die in Abb. 1.22 dargestellte Geometrie auf. Die beiden Dipole kompensieren sich nicht in erster Näherung, wie es bei CO2 der Fall ist, sondern es verbleibt eine großes Dipolmoment ρ = 6 χ 10~30 C m. So wie ein C02-Molekül durch Spiegelung am Mittelpunkt des C-Atoms in sich übergeht, also gegenüber der Paritätsoperation invariant ist, und trotzdem ein Quadrupolmoment hat, können auch Atomkerne elektrische Quadrupolmomente haben. Tab. 1.2 gibt Beispiele für Quadrupolmomente. Zum Vergleich: Zwei Elementarladungen q\ — q2 — e, im Abstand d — 2öq auseinander, erzeugen ein elektrisches Quadrupolmoment von Q = 16 χ ΙΟ" 40 C m 2 . Wir haben im obigen öfter von der Form von Molekülen gesprochen. Woher kennen wir sie, da doch niemand diese Form direkt gesehen hat? In der Tat stammt ein großer Teil unseres Wissens über die Gestalt von Molekülen aus der Messung ihrer elektrischen Dipolmomente. In den Beispielen des HCl- und des H 2 0-Moleküls war das elektrische Dipolmoment durch den inneren Aufbau der Moleküle bedingt. Wir sprechen von einem permanenten Dipolmoment. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, ein Dipolmoment künstlich zu erzeugen oder, wie man sagt, zu induzieren. Wir sprechen dann von einem induzierten Dipolmoment. Befindet sich das Molekül, das auch ein einzelnes Atom sein kann, vgl. Abschn. I, 1.2.2, in einem nicht zu starken elektrischen Feld E, so können wir Proportionalität zwischen ρ und Ε erwarten. Ist das Molekül isotrop, so sind ρ und Ε gleichgerichtet, und wir schreiben ρ = ε0αΕ.

(1.22)

Ε ist dabei das am Molekül wirkende äußere elektrische Feld; zur Verdeutlichung werden wir, wenn nötig, statt „£"' auch „E A " schreiben. Der Faktor α wird Polarisierbarkeit genannt. Die oben angesprochene Proportionalität äußert sich nun darin,

P11

>P2 Abb. 1.20 Zwei antiparallele Dipole nebeneinander, ein elektrisches Quadrupolmoment bildend.

1.2.5 Elektrischer Dipol und elektrischer Quadrupol

23

Abb. 1.21 Ladungsanordnung für elektrisches Quadrupolfeld im Zentrum, experimentell; zur Technik vgl. Abb. 1.9.

daß α konstant ist. Bei sehr starken Feldern Ε hingegen, wie wir sie mit einem Hochleistungslaser erzeugen können, ist α nicht mehr konstant, sondern eine Funktion von Ε, a = a(E). Das führt zu den interessanten Phänomenen der nichtlinearen Optik, vgl. Abschn. IV, 1.4.10. Bei isotropen Molekülen gilt Gl. (1.22). Es gibt jedoch viele Arten anisotroper Moleküle. Im allgemeinen Fall ist dann die Polarisierbarkeit nicht, wie oben, ein Skalar, sondern ein Tensor. Wir schreiben ρ = εο(α^ ν ) Ε oder in kartesischen Koordinaten ausgeschrieben

Μ Η

Λ

105° \

(-) 0

Η

©

Abb. 1.22 ment p .

H20-Molekül mit resultierendem Dipolmo-

24

1.2 Coulombsches Gesetz und elektrisches Feld

Tab. 1.2

Beispiele für elektrische Quadrupolmomente Q

Name

Moleküle: Acetylfluorid

Methylfluorid

Achse(n)

F-C=C-H

^ a

(Qaa)

^ b

(Qbb) = (Qcc)

-0,67x10

-> a

(Qaa)

- 0 , 4 7 χ ΙΟ" 40

a c ^ b

(Qbb) = (Qcc)

FCH 3

Ο Ameisensäure

Η—C

OH Atomkerne: Deuteron α-Teilchen

{Qzz)* in C m 2

Formel oder Symbol

« ^ b

{Qaa)

(Qbb)

(Qcc)

D, 2 H He 57 Fe* (14keV) 176 LU 208 Pb 235 U 253 ES

4

1,3

Q in C m 2

χ 10" 4 0 40

0 - 1 , 7 7 χ ΙΟ" 40 1,73 x l O " 4 0

0 0,448 χ 10" 5 0 0

0

1,795 0 1,2 5,0 0 2,84 4,2

χ ΙΟ" 50 χ 10" 4 8 χ 10" 4 7 χ 10" 4 7 χ 10" 4 7

* Qzz z-Komponente von Q, (Q7Z) = (3 cos 2 Θ — 1) Q/2 mit Θ als kleinstmöglichem Winkel zwischen Figuren- und z-Achse: z-Achse: a-, b- oder c-Achse bei Molekülen, Achse der Rotationssymmetrie bei Kernen, a-, b- und c-Achse Hauptachsen (senkrecht aufeinander) (für Details s. Lehrbücher der Kristallographie).

also Px = ε0 αχχΕχ + ε0α„Ε}· + ε 0 αχζΕζ usw. Solche Verhältnisse findet man häufig in Kristallen. Bringt man Moleküle mit permanentem elektrischen Dipolmoment in ein elektrisches Feld, so werden sie ebenfalls polarisiert. In den „normalen" Fällen, also bei nicht sehr kleinem permanenten Moment und nicht sehr starkem Feld, überwiegt das permanente Moment bei weitem. Um die Frage der Polarisierbarkeit etwas zu quantifizieren, wollen wir das einfachste Atom, Wasserstoff, mit einem einfachen Modell rechnerisch behandeln. Unser Modell besteht in der Annahme eines punktförmigen Kerns und eines Elektrons um den Kern in Form einer Elektronenwolke, die eine Kugel vom Radius homogen ausfüllt. Innerhalb dieser Kugel haben wir also eine homogene Elektronenraumladung. Dieses Atom, das als Ganzes ja elektrisch neutral ist, wollen wir einem schwachen homogenen elektrischen Feld aussetzen. Wir machen die weitere Voraussetzung, daß sich die Form der Ladungswolke dabei nicht ändert. Ihr Schwerpunkt, der ohne äußeres Feld natürlich mit dem Wasserstoffkern zusammenfällt, wird jedoch verschoben (Abb. 1.23). Dadurch entsteht zwischen Kern und Wolke eine Anziehung, die sich gerade so einstellt, daß sie der Kraft des äußeren Feldes die Waage

1.2.5 Elektrischer Dipol und elektrischer Quadrupol

25

Ea Abb. 1.23 Einfaches Modell des Wasserstoffatoms; links ohne, rechts mit am Atom wirkenden elektrischen Feld £ A .

hält. Zur Berechnung schlagen wir um den Mittelpunkt der Elektronenwolke eine Kugel mit dem Radius d, auf deren Rand der Kern liegt. Die Raumladung bei Radien r > d erzeugt kein Feld am Ort des Kerns. Das Feld am Ort des Kerns wird erzeugt durch die Ladung q = — e(d/ao)3, die sich bei r < ÜQ befindet. Dieses Feld ergibt sich mit Gl. (1.9) zu 1

oo. Wir variieren den Radius und halten dabei die Spannung U konstant (und nicht etwa die Ladung). Wie wir aus Abschn. 1.4.3 wissen, ist das Feld einer homogen geladenen Kugelschale des Radius R für Radien r > R durch Gl. (1.9) gegeben. Aus Stetigkeitsgründen gilt das dann auch auf der Kugeloberfläche r = R. Wir drücken die in Gl. (1.9) vorkommende Ladung q durch Spannung U und Kapazität C aus und setzen in Gl. (1.26) für C den Wert aus Gl. (1.33) ein. Dann erhalten wir aus Gl. (1.9) Ε = γ ·

(1-35)

Hierbei gilt verabredungsgemäß U = 0. Die Erde ist gegenüber der umgebenden Luft negativ aufgeladen. Man findet in der Nähe der Erdoberfläche im zeitlichen Mittel ein Feld von Ε = 130 V/m. Es ist atmosphärischen Ursprungs, was sich schon daran zeigt, daß es mit der Höhe stark abnimmt. Spitzenwirkung Spitzen im mathematischen Sinne gibt es in der Physik nicht. Betrachten wir ζ. B. eine Stecknadel in stärkerer Vergrößerung, so erkennen wir, daß ihre „Spitze" „abgerundet" ist. Es ist eine in vielen Fällen hinreichende Näherung, eine „Spitze" durch eine Kalotte (Oberfläche eines Kugelabschnitts) mit kleinem Krümmungsradius R zu beschreiben. Wir wollen das im folgenden tun und als eine weitere Näherung, die aber desto besser ist, je näher wir der Kalotte sind, die für eine vollständige Kugel gültige Gl. (1.35) anwenden. Wir können dann bei hinreichend kleinem R schon mit mäßigen Spannungen U sehr große Feldstärken Ε auf der Oberfläche der „Spitze" erzeugen (Spitzenwirkung). Da das elektrische Feld in der Nähe der Oberfläche wegen der 1 /r2-Abhängigkcit des Coulombgesetzes im wesentlichen von Ladungen in der Nähe erzeugt wird, muß auf „Spitzen" die Flächenladungsdichte oder Ladungsbelegung der Fläche def d q

wobei dq eine differentielle Ladung und dA eine differentielle Fläche bedeuten, sehr groß sein. Indem wir voraussetzen, daß die Aufladung einer an diese Oberfläche gebrachten kleinen metallischen „Kelle" proportional der Oberflächenladungsdichte ist (was eine gute Näherung ist), weisen wir die Spitzenwirkung mit dem in Abb. 1.43 gezeigten Versuch nach: Wir schöpfen einmal von der stark gekrümmten Oberfläche links und einmal von der schwach gekrümmten Oberfläche rechts Ladung ab und vergleichen die Elektrometerausschläge. Im ersteren Fall ist der Ausschlag wesentlich größer.

44

1.5 Leiter i m e l e k t r i s c h e n Feld

Abb. 1.43 Abschöpfen von Ladung mit einer als Metallkugel auf einem Isolatorstab ausgebildeten „Kelle" von einem aufgeladenen Metallkörper. Die Spitzenwirkung hat eine Reihe lehrreicher Folgen. Wie näher in Abschn. 2.1.7 ausgeführt werden wird, führt die große Feldstärke in der Nähe einer geladenen „Spitze" zur Ionisation der umgebenden Luft. Dadurch werden die gleichnamig geladenen Ionen abgestoßen. Der entstehende Rückstoß treibt ein „Elektrorad" ähnlich an, wie der austretende Wasserstrahl einen rotierenden Rasensprenger antreibt (Abb. 1.44) (die ungleichnamigen Ionen, die, an der Ladung gemessen, in gleicher Zahl erzeugt werden, werden angezogen und treffen überwiegend auf die „Spitze", bewirken also wenig „negativen Rückstoß"). Mit Spitzenwirkung arbeitet auch der Blitzableiter. Sein Hauptzweck besteht darin, über Ionen im Bereich der „Spitze" einen Ladungsausgleich zu ermöglichen und damit die Entstehung eines Blitzes in seiner Nähe zu ver-

1.5.3 Feldstärke auf Kugeloberfläche und Spitzenwirkung

45

Abb. 1.45 Prinzip des Feldelektronenmikroskops. Eckeinsatz: Skizze zur Berechnung der Vergrößerung. hindern. Natürlich soll er einen Blitz, wenn der nun doch unvermeidlich ist, auch „an sich ziehen" und ableiten.

Eine Anwendung der Spitzenwirkung, die unser physikalisches Wissen sehr bereichert hat, ist das Feldelektronenmikroskop, als Variante auch das Feldionenmikroskop. Abb. 1.45 zeigt das Prinzip. Eine „Spitze" befindet sich in etwa im Zentrum einer evakuierten Kugel. Beim Feldelektronenmikroskop wird diese Kugel auf Erdpotential (Spannung null) gehalten, während an die Spitze eine hohe negative Spannung gelegt wird. Aus der „Spitze" treten wegen der dort außerordentlich hohen Feldstärke Elektronen aus. Der Austritt wird durch den Tunneleffekt, vgl. Abschn. III, 4.3.9, ermöglicht. Nehmen wir vereinfachend an, daß zwischen „Spitze" und umgebender Kugel

Abb. 1.46

Feldelektronenmikroskop. Aufbau (links) und Bildröhre (rechts).

46

1.5 Leiter im elektrischen Feld

das Feld eines Kugelkondensators herrscht und daß die Elektronen die „Spitze" mit der Geschwindigkeit null verlassen, so bewegen sich die Elektronen radial nach außen. Die kalottenförmige „Spitze" wird also auf die äußere Kugel direkt „abgebildet" (es handelt sich allerdings nicht um eine Abbildung im strengen Sinn der geometrischen Optik, vgl. Abschn. III, 1.5.1, aber das soll uns hier nicht weiter stören). Es entsteht auf der Innenseite der umgebenden Kugel also ein „Bild" der „Spitze". Wegen der radialen Elektronenbewegung ist die Vergrößerung ^ def d/ß _ Ra

Abb. 1.47 Aufnahmen einer Wolframspitze mit dem Feldelektronenmikroskop der vorigen Abbildung. Links oben: reine W-Spitze. Rechts oben: W-Spitze, mit etwas Ba bedeckt (aus erhitztem Ba-Reservoir abgedampft). Die einzelnen Ba-Atome geben sich als helle Punkte (vermehrte Elektronenemission) zu erkennen. Links unten: W-Spitze. zusätzlich erhitzt. Die Ba-Atome wandern, und die Gesamtemission nimmt stark zu. Rechts unten: Spitze wieder kalt, Ba wieder im Reservoir; Zustand wie links oben.

1.5.4 Faradayscher Käfig

47

wobei d/ß ein Längenelement im „Bildraum", also auf der Innenfläche der äußeren Kugel ist, d/c ein Längenelement im „Gegenstandsraum", also auf der (als Kugel gedachten) Oberfläche der „Spitze", Ra der Innenradius der umgebenden Kugel und Ri der Radius der die „Spitze" repräsentierenden kleinen Kugel. Man macht das Bild sichtbar, indem man die Innenfläche der äußeren Kugel mit einem Stoff umgibt, der bei Auftreffen von Elektronen leuchtet (Lumineszenz, vgl. Abschn. IV, 6.1.4). Ähnlich arbeitet das Feldionenmikroskop. Von einer „Spitze" werden z. B. positiv geladene Metallionen emittiert. Entsprechend wird man eine positive Spannung an die „Spitze" legen. Die Emission gestaltet sich besonders einfach, wenn man in der Kälte aufgedampfte Alkaliionen durch Erhitzen wieder abdampft. Mit dem Feldionenmikroskop werden noch etwas stärkere Vergrößerungen erzielt als mit dem Feldelektronenmikroskop. Mat hat Μ — 106 erreicht, so daß es möglich war, einzelne Atome zu sehen. Man sieht allerdings nicht die Gestalt des einzelnen Atoms, sondern erhält ein Bild der Kristallstruktur, von der die Ionen kommen. Abb. 1.46 stellt ein Photo eines für Demonstrationszwecke geeigneten Feldelektronenmikroskops dar, Abb. 1.47 damit erhaltene Aufnahmen einer Wolfram-„Spitze". Bisher haben wir uns nur mit nützlichen oder „neutralen" Folgen der Spitzenwirkung befaßt. Es gibt jedoch eine Reihe höchst unerwünschter und schädlicher Folgen! Häufig möchte man an Leiter, die sich in der Luft oder auch im Vakuum befinden, möglichst hohe Spannungen anlegen, so in der Hochspannungs- und der Beschleunigertechnik. Es treten dann naturnotwendig hohe Feldstärken auf. Diese hohen Feldstärken können, wie oben besprochen, zur Ionisation der Luft oder zu Feldemission führen. Um die Feldstärken so klein wie mit der (makroskopischen) Geometrie der Anlage verträglich zu halten, muß man punktuelle Feldstärkenerhöhungen durch Spitzenwirkung vermeiden. Deswegen wird man Hochspannung führende Teile polieren und, sollten sich Entladungsreste ζ. B. in Form von Kohlenstoffbäumchen angesetzt haben, vor Wiederinbetriebnahme sorgfältig reinigen. Diese Maßnahmen empfehlen sich nicht nur zur Vermeidung der Spitzenwirkung, sondern auch zur Vermeidung von Stellen mit verringerter Austrittsarbeit, vgl. Abschn. 2.3.1, wie sie ζ. B. bei Oxidation auftreten.

1.5.4

Faradayscher Käfig

Im vorigen Abschnitt hatten wir gesehen, daß innerhalb eines Leiters die elektrische Feldstärke verschwindet. Wir gehen jetzt einen großen Schritt weiter und behaupten, daß auch innerhalb eines ganz von einem Leiter umschlossenen Raumes die elektrostatisch erzeugte elektrische Feldstärke überall verschwindet, vorausgesetzt dieser Raum enthält keine elektrischen Ladungen. Ein solcher Raum (zusammen mit der ihn umgebenden Wand) heißt nach seinem Entdecker Faradayscher Käfig. Wir lassen dabei sehr wohl zu, daß der Raum mit (neutraler) Materie gefüllt ist. Wir lassen ebenfalls zu, daß sich auf den Oberflächen der Käfigwand Oberflächenladungen befinden; man erschließt übrigens ähnlich wie in Abschn. 1.5.2, daß Ladungen nur auf der Außenfläche sitzen können. Der ganze Käfig kann in ein äußeres elektrisches Feld gestellt werden, und in der Tat ist das die häufigste Anwendung: Man schützt einen Innenraum gegen äußere Felder, ein Effekt, den man Abschirmung nennt.

48

1.5 Leiter im elektrischen Feld

Abb. 1.48 Querschnitt durch Faradayschen Käfig „beliebiger" Gestalt und (angenommene) geschlossene Feldlinie (links); abgeschirmter Hohlraum mit Rohr als Zugang (rechts). Abb. 1.48 zeigt links einen „beliebigen" Faradayschen Käfig und rechts einen Kasten mit „abgeschirmtem Loch". Wir können nicht einfach schließen, daß das Feld im Innenraum verschwinden muß, weil es auch im Leiter verschwindet und in der Elektrostatik Gl. (1.17) gilt, etwa indem wir auf einer (angenommenen) Feldlinie im Innern entlanggehen und den Kreis schließen, wie in Abb. 1.48 gestrichelt eingezeichnet. Es könnte ja sein, daß die angenommene Feldlinie im Innern endet, vgl. Abschn. 1.2.3. Wir bedienen uns hier des so mächtigen Gaußschen Satzes, den wir für unsere Zwecke umformen wollen. Dazu lassen wir, um größere Allgemeinheit zu erreichen, zunächst eine Raumladung ρ zu, jedoch keine „singulären" Ladungen, also Punktladungen. Indem wir wie in Abschn. I, 6.5.2 argumentieren, wobei wir uns ρ ν durch εΕ ersetzt denken, erhalten wir, wenn wir den Gaußschen Satz Gl. (1.24) auf ein kleines Volumen dV anwenden. div (εΕ) = ρ , in unserem Fall mit Verschwinden der Raumladung ρ also div (εΕ) = 0. Kombinieren wir das mit Gl. (1.15), so resultiert für den Innenraum Δ Φ = div grad Φ = 0 .

(1.36)

Auf der Wand des Innenraums herrscht aber wie überall auf einem Leiter konstantes Potential Φ. Die Differentialgleichung für den Innenraum, Gl. (1.36), wird also einschließlich ihrer Randbedingung mit Φ = const befriedigt. Das ist dann eine und die einzige Lösung. Sie hat Ε = 0 im Innenraum zur Folge: • Im Innern eines Faradayschen

Käfigs verschwindet

das elektrische

Feld.

Wie oben schon erwähnt, wird der Faradaykäfig gern zum Abschirmen verwendet. Häufig ist es zu kostspielig oder, ζ. B. wegen Leitungsdurchführungen etc., aus praktischen Gründen unmöglich, einen Käfig mit massiven Wänden zu benutzen. Aber auch durchbrochene Wände, ζ. B. ein Drahtgitter, können als wirksame Abschirmung dienen. Abb. 1.49 zeigt das mit einem kleinen Versuch. Natürlich erreicht man so keine vollständige Abschirmung. Es sei an dieser Stelle unter Vorgriff auf später zu Behandelndes (Abschnitte 2.6.2 und 3.4.1) mitgeteilt, daß

1.5.4 Faradayscher Käfig

49

Abb. 1.49 Versuch zum Faradayschen Käfig. Links oben: Kabriolett mit Fahrerin auf Spannung Null (Elektrisiermaschinenpol geerdet). Rechts oben: offenes Kabriolett mit Fahrerin auf Hochspannung; Haare gesträubt. Links unten: Kabriolett, Dach aufgesetzt, mit Fahrerin auf Hochspannung; trotzdem Haare herunterfallend. leitende Wände, massiv oder auch als Gitter, ebenfalls gegen elektrische und magnetische Wechselfelder abschirmen. Gegen magnetische Gleichfelder muß man magnetisches Material nehmen (Abschn. 2.9.3). Abb. 1.50 demonstriert die Abschirmung mit einem Feldlinienbild. Von der Feldfreiheit innerhalb eines von Metall umgebenden Hohlraumes macht auch der Bandgenerator Gebrauch, nach seinem Erfinder (1933), dem amerikanischen Physiker R. J. van de Graaff (1901 — 1967), Van de Graaff oder Van-de-Graaff-Generator genannt. Das Prinzip

Abb. 1.50 Feldlinienbild zwischen aufgeladenen Platten mit Abschirmring; innerhalb des Rings existiert kein Feld; zur Technik vgl. Abb. 1.9.

50

1.5 Leiter im elektrischen Feld

ist in Abb. 1.51 dargestellt. Ein umlaufendes Isolatorband wird „unten", d. h. praktisch auf Erdpotential, mit Ladung besprüht (in unserem Beispiel mit positiver Ladung). Die Ladung wird im Innern eines Terminals, im wesentlichen ein Metallballon, mit Spitzen vom Band abgenommen. Sie fließt dann auf die äußere Oberfläche der Metallkugel. Die erreichbare Spannung des Terminals wird nur durch sekundäre, in der Praxis aber sehr wichtige Faktoren begrenzt: Überschläge vom Terminal zur Umgebung, z. B. der Hallen wand, und Entladungen längs der (in Abb. 1.51 fortgelassenen) Röhre, in der das Band läuft, u. ä. Um die Spannung, bei der Überschläge erfolgen, zu reduzieren, kann man das Terminal mit geeignetem Gas, z. B. SFÖ, unter hohem Druck umgeben. Zur besseren Ausnutzung des Bandes kann man auch Ladung umgekehrten Vorzeichens, in unserem Beispiel also negative Ladung, auf dem Band aus dem Terminal herausbefördern. Unter großem technischen Aufwand lassen sich Spannungen von 20 MV und mehr erzeugen; Bandgeneratoren, die bei geringerer Terminalspannung auf große Stromstärke ausgelegt sind, lassen Nutzströme vom Terminal auf Masse in einer Entladungsröhre, die in Abb. 1.51 nicht gezeichnet ist, von mehr als 1 mA zu. Die Arbeit zur Aufrechterhaltung eines Stromes bei Hochspannung wird im Falle des Bandgenerators als mechanische Arbeit am Band geleistet. Das positiv geladene Band wird vom Terminal abgestoßen, und gegen diese abstoßende Kraft muß vom Motor, der das Band bewegt, Arbeit geleistet werden. Abb. 1.52 zeigt einen kleinen Bandgenerator in Funktion. Die Hochspannung wird durch Funkenüberschlag demonstriert. Mit so einem Bandgenerator können wir alle die „elektrostatische Elektrizität erzeugen", die wir für Aufladungs- und Spannungsexperimente brauchen.

1.5.4 Faradayscher Käfig

51

Abb. 1.52 Kleiner Demonstrations-Bandgenerator in Funktion (Funkenüberschlag!). Zur Gaudi machen wir noch einen Versuch, bei dem die Haare zu Berge stehen: Wir stellen eine Versuchsperson auf einen isolierenden Block und laden sie mit einem Bandgenerator auf, ähnlich wie beim Elektrometer Abschn. 1.2.4. Der Versuch geht am besten mit weichem, frisch gewaschenem, aber trockenem Haar. Ebenso können wir Papierschlangen elektrostatisch aufsteigen lassen (Abb. 1.53).

Abb. 1.53 Aufladen einer auf Glasplatten stehenden Versuchsperson mit dem Bandgenerator aus der vorigen Abbildung.

52

1.5.5

1.5 Leiter im elektrischen Feld

Influenz

Wir behandeln in diesem Abschnitt nochmals das Problem Leiter im elektrostatischen Feld. Wir wollen uns genauer ansehen, welche Ladungsverschiebungen dabei auftreten. Das allgemeine Prinzip läßt sich sehr einfach formulieren: Im Leiter muß das resultierende Feld verschwinden. Das ist uns seit langem bekannt. Wenn wir die Ladungsverschiebungen wirklich ausrechnen wollen, werden wir häufig großen Schwierigkeiten begegnen. Wir wollen das Problem an einem Beispiel klarmachen. In Abb. 1.54 sehen wir links einen Plattenkondensator, dessen Randfelder wir vernachlässigen wollen; genauer gesagt, müßte es sich um das Innere eines nach oben und unten sowie vorne und hinten unendlich ausgedehnten Plattenkondensators handeln. Das Feld ist dann im Innern streng homogen. Im mittleren Teil von Abb. 1.54 ist ein Plattenkondensator mit insgesamt neutralem Leiter zwischen den Platten eingezeichnet, so, wie man es sich naiv vorstellen mag: Im Leiter findet zu einem gewissen Grade Ladungstrennung statt, so daß negative Ladung im Feld des Plattenkondensators nach links und positive Ladung nach rechts verschoben wird. Diese verschobenen Ladungen machen ihrerseits wieder ein Feld. Das Feld im Leiter ist dann die Superposition von Kondensatorfeld und Feld, hervorgerufen durch Ladungstrennung im dazwischengebrachten Leiter. Diesen Vorgang der (teilweisen) Ladungstrennung oder, besser, Ladungsverschiebung nennt man Influenz, von lat. influere = hineinfließen. Leider ist das Bild noch nicht richtig. In Wirklichkeit sind die Verhältnisse komplizierter: Das im dazwischengebrachten Leiter influenzierte Feld wirkt wieder auf die ja auch frei verschiebbaren Ladungen im Plattenkondensator zurück. So kommt es zu einer Anhäufung positiver Ladung in der Mitte der linken Platte und einer Anhäufung negativer Ladung in der Mitte der rechten Platte, wie im rechten Teil von Abb. 1.54 dargestellt. Die Verschiebungen gehen so lange vonstatten oder, besser gesagt, sind dergestalt, daß überall, also auch in den Kondensatorplatten, das resultierende elektrische Feld verschwindet. Die Ladungsverteilung ist dann selbstkonsistent. Der mittlere Teil von Abb. 1.54 ist nicht selbstkonsistent: Das Feld des zwischengebrachten Leiters hat z. B. eine Tangentialkomponente in einigen Regionen auf den Kondensatorplatten, der keine entsprechende kompensierende Komponente durch •

-

m



-



+

-



-



-

>

-

i$

+ •

I 1

-

+

-

+

-



-

+

-



* < * bj

Abb. 1.54 Plattenkondensator, Einfluß eines Leiters zwischen den Platten. Links: Kondensator ohne Leiter zwischen den Platten. Mitte: Leiter im Feld des Kondensators ohne Berücksichtigung der Rückwirkung des Leiters auf die Ladungsverteilung auf den Kondensatorplatten. Rechts: Selbstkonsistente Ladungsverteilung im Leiter und auf den Kondensatorplatten.

1.5.5 Influenz

53

Abb. 1.55 Experimentelles Feldlinienbild für einen Leiter im Feld eines Plattenkondensators; zur Technik vgl. Abb. 8.9. Man beachte die Feldlinienhäufung an den Platten in der Nähe des Leiters. die Ladungsverteilung auf den Kondensatorplatten gegenübersteht. Wie man dem Vergleich zwischen mittlerem und rechtem Teil von Abb. 1.54 entnimmt, führt die Ladungsverschiebung auf den Kondensatorplatten zu einer Verstärkung der Ladungsverschiebung im zwischen die Platten gebrachten Leiter. Einen entsprechenden Versuch gibt Abb. 1.55 wieder. Der Versuch Abb. 1.56 zeigt die Erhöhung der Ladungsdichte (auf der planen Kondensatorplatte!) im Gebiet stärkeren elektrischen Feldes. Wir wollen uns von der Ladungstrennung im elektrischen Feld durch den folgenden Versuch überzeugen (Abb. 1.57). Wir bringen zwei „Schöpfkellen" in Form von isoliert aufgestellten Metallscheiben in das Feld eines Plattenkondensators, halten sie im Feld aneinander und trennen sie im Feld. Nach unseren oben entwickelten Vorstellungen muß dann auf der linken Kelle in Abb. 1.57 ein Überschuß von negativer Ladung und auf der rechten ein ebenso großer Überschuß an positiver Ladung vorhanden sein; die Gesamtladung beider Kellen ist ja nach wie vor null! Das bestätigen wir leicht mit einem Elektrometer. Bringen wir die Kellen dagegen innerhalb des Feldes nicht in Berührung oder, genauso falsch, entfernen sie unter Berührung miteinander aus dem Feld, so resultiert keine Aufladung; im ersten Fall gibt es keine Ladungstrennung zwischen den beiden Kellen im Feld, im zweiten gleichen sich die im Feld getrennten Ladungen beim Verlassen des Feldes wieder aus. Die Influenz läßt sich zur Messung elektrischer Spannungen und elektrischer Feldstärken benutzen, ohne daß man dem Feld Energie entnehmen muß (leistungslose Messung). In Abb. 1.58 wird der Kondensator im äußeren Feld mit der Ladung q aufgeladen. Dreht man den Kondensator jetzt um 180°, so ist die Ladung zwischen denselben Platten jetzt —q. Es ist also bei Drehung um 180° die Ladung 2q durch den Verbindungsdraht geflossen. Wird der Kondensator mit konstanter Winkelgeschwindigkeit gedreht, so entsteht eine Wechselspannung, die auf übliche Art und Weise, vgl. Abschn. 2.9.2, gemessen werden kann. Nach dieser Methode läßt sich das elektrostatische Erdfeld Abschn. 1.5.3 bestimmen.

54

1.5 Leiter im elektrischen Feld

Abb. 1.56 Abschöpfen von Ladung von einer Platte eines Plattenkondensators (der linken) mit einem Leiter im Feld [der (zentrierte) Leiter berührt die rechte Platte; gegenüber den Verhältnissen des Textes und in den Abbildungen 1.54 und 1.55 ändert sich qualitativ nichts]. Oben: Abschöpfen der Ladung an einem vom Leiter weit entfernten Ort. Unten: Abschöpfen der Ladung an einem Ort gegenüber dem Leiter (größerer Elektrometerausschlag). In einigen Fällen ist die Berechnung der influenzierten Ladungsverteilung einfach. Befindet sich z. B„ Abb. 1.59, eine Punktladung q vor einer unendlich ausgedehnten Ebene aus leitendem Material (oder einem unendlichen leitenden Halbraum), so kann man sich eine Spiegelladung —q denken, die das Spiegelbild der ursprünglichen Ladung +q ist, wobei als Spiegel die +q zugewandte Oberfläche zu gelten hat. Daß unsere Konstruktion richtig ist, erkennen wir an den Feldlinien Abb. 1.7 zwischen zwei wirklichen Punktladungen. Zwischen diesen beiden Ladungen wollen wir eine unendlich dünne leitende Platte tun, und zwar an der Stelle, an der die linke Oberfläche der Platte in Abb. 1.59 ist. Die Feldlinien stehen auf dieser Platte senkrecht, und die Platte hat keinerlei Einfluß auf die Feldgestaltung. Jetzt können wir die rechte wirkliche Punktladung auch fortnehmen, ohne daß sich das Feld im linken Halbraum ändert. Wir beschreiben also im Versuch Abb. 1.59 die Verhältnisse im linken Halbraum vollkommen korrekt durch die Annahme der Spiegelladung —q im rechten Halbraum. Wir erinnern uns übrigens, daß wir das Prinzip der Spiegellösung schon früher in Abschn. I, 7.2.2 bei der Reflexion von Wellen benutzt haben. Spiegellösungen spielen in vielen Bereichen der Physik, namentlich der theoretischen, eine große Rolle. Wir bemerken noch, daß wir das Prinzip der Spiegelladung für j e d e feste Ladungsverteilung vor einer ebenen leitenden Wand anwenden können. Ist die LadungsVerteilung hingegen nicht fest, haben wir es also z. B. mit einer insge-

1.5.5 Influenz

55

Abb. 1.57 Ladungstrennung im elektrischen Feld. Feld Ε von links nach rechts. Eine der Leiterscheiben (Schöpfkellen), die im Feld voneinander getrennt wurden (links oben), ist imstande, das Elektrometer aufzuladen (rechts oben); die andere kompensiert dann wieder die Ladung (links unten).

samt aufgeladenen ausgedehnten Leiterverteilung vor einer leitenden Wand zu tun, so können wir das Prinzip der Spiegelladung oder, besser, Spiegelladungsverteilung zwar immer noch anwenden, müssen das jedoch selbstkonsistent tun: Die „zunächst" konstruierte Spiegelladungsverteilung influenziert eine Ladungsverschiebung auf dem ursprünglichen Leitergebilde, was wieder zu einer „neuen" Spiegelladungsverteilung führt, usw., bis das Ganze selbstkonsistent geworden ist. Es ist mehrfach betont worden, daß in einem Leiter kein (makroskopisches) elektrostatisches Feld existieren kann. Im Mikroskopischen ist das nicht ganz so. Befindet sich innerhalb eines Leiters ein Ladungsträger, so wird er um sich herum sein Coulombfeld verbreiten. Denken wir uns den Ladungsträger sehr klein und lokalisiert, d. h. an einem bestimmten Ort befindlich, so wird das Feld sogar sehr stark werden. Ist ζ. B. eine Ladung +q vorhanden, so wird sie in ihrer Nähe mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit negative Ladungen konzentrieren. Wir erhalten eine Abschirmwirkung. Eine positive Ladung in einem Elektrolyten wird also von einer Wolke negativer Ladungsträger umgeben sein und umgekehrt. Man darf sich die Verhältnisse im Elektrolyten nicht so vorstellen, daß die positive Ladung und die sie umgebenden abschirmenden negativen Ladungen ein festes Ganzes bilden würden; sonst würden wir ja eine geringere oder sogar überhaupt keine Gesamtladung messen. Ähnliches gilt für positive Ladungen, ζ. B. ein Proton, in einem Metall. Das Proton wird eine Wolke von negativ geladenen Elektronen um sich versammeln. Die Verhältnisse können sehr kompliziert sein und sollen uns hier nicht im Detail beschäftigen. Es sei nur soviel gesagt: Statt Gl. (1.16) kann man ein abgeschirmtes Coulomb-Potential der Form Λ /

\ 3 durchführen. Je näher n0a an 3 heranrückt, desto kleiner muß das Feld Ε sein, um ein vorgegebenes χ zu bewirken. Im Grenzfall lim n0a = 3 ist das nötige Feld Ε „unendlich klein", d. h. null. Für noa > 3 haben wir dann eine Polarisation trotz Fehlens eines äußeren elektrischen Feldes. Diese permanente Polarisation ist analog zu dem permanenten Magnetismus eines Magneten, vgl. Abschn. 2.7.4. In Anlehnung an den schon früher bekannt gewesenen permanenten Magnetismus eines Magneten hat man ein Gebilde mit permanenter elektrischer Polarisation einen Elektret genannt. Magnete sind uns aus dem täglichen Leben vertraut, Elektrete nicht, obgleich sie doch ein ungefähr ebenso gutes Spielzeug abgeben würden. Der Grund ist rein physikalisch und einfach: In der Umgebung, z.B. in der Luft, gibt es immer eine gewisse Anzahl freier Ionen, vgl. Abschn. 1.5.1. Diese Ionen werden von dem elektrischen Feld, das der Elektret im Außenraum, ζ. B. in der Luft, macht, angezogen und bleiben dann auf der Oberfläche des Elektrets haften (bei Permanentmagneten passiert Analoges nicht, weil es keine magnetischen Monopole gibt). Es werden sich genau so viele Ionen ansammeln und eine (echte) Oberflächenladung bilden, daß die Polarisations-Oberflächenladung gerade kompensiert ist. Jedoch lassen sich bei sorgfältiger Arbeitsweise Elektrete lange Zeit sauberhalten. Wir wollen nun nach einer Temperaturabhängigkeit der permanenten Polarisation fragen. Wir entnehmen dem Experiment: Wenn wir einen Elektret erwärmen, schwächt sich die permanente Polarisation mehr und mehr ab und verschwindet schließlich. Man hat eine kritische Temperatur Tc, oberhalb der keine permanente Polarisation Ρ vorhanden ist; unterhalb Tc gibt es dagegen permanente Polarisation. Bei Τ = Tc ist die permanente Polarisation null. Auch diese Phänomene sind analog zu denen im Permanentmagneten. Da die meisten (aber nicht alle) Permanentmagnete, zumindesten zum größeren Teil, aus Eisen oder anderen Metallen der Eisengruppe (Co, Ni) bestehen, spricht man von ferromagnetischem Verhalten; analog dazu hat man das Wort ferroelektrisch geprägt. Wir wollen uns noch das Verhalten von χ in der Nähe von Tc anschauen (T > Tc). Dazu schreiben wir als Näherung noa — 3 — ß(T — Tc) mit β als einer Konstanten. Hiermit gehen wir in Gl. (1.73) hinein und erhalten 3

-ß{T-Tc)

X= 1 - y

[3 — ß(T — Tc)]

9 ß(T-Tc)



(1.75)

Trägt man für Τ > Tc, also im nichtferroelektrischen Bereich, χ gegen den Kehrwert der Temperatur, die reziproke Temperatur auf, Abb. 1.77, so ergibt sich in der Nä-

1.7.6 Elektret und Piezoelektrizität

,

I oo

I 1

Τ - Tc in Κ

I 0.5

I 0.33

I 0.25

I 0.2

I 0.17

81

Abb. 1.77 Elektrische Suszeptibilität χ ferroelektrischen Materials oberhalb der kritischen Temperatur Tc als Funktion der reziproken Temperatur 1/(7" — Tc).

herung Gl. (1.75) rechts eine Gerade, die durch den Koordinatenursprung geht. Da man (von oben) Τ beliebig nahe an Tc heranbringen kann, kann man theoretisch ein beliebig großes χ erzielen. Ein nach diesem Prinzip konstruierter Kondensator hätte zwar eine sehr große Kapazität, wäre aber schon gegen kleinste Temperaturschwankungen sehr empfindlich. Die kritische Temperatur nennt man auch Übergangstemperatur oder Curie-Temperatur, nach dem französischen Physiker und Chemiker Pierre Curie (1859—1906); P. Curie hatte ein entsprechendes Verhalten an magnetischen Substanzen untersucht. Bei Tc geht der Stoff von ferroelektrischem Verhalten (T < Tc) zu parelektrischem (T > Tc) über, was einen Phasenübergang darstellt. Das Gesetz Gl. (1.75) heißt Curie-Weisssches Gesetz, mitbenannt nach dem französischen Physiker P.-E. Weiss (1865—1940), in Analogie zu dem entsprechenden Gesetz für Magnetismus.

Piezoelektrizität Eine sehr große Anzahl von Kristallen ist aus Ionen aufgebaut. Häufig besitzen die Kristallmoleküle ein permanentes elektrisches Dipolmoment und der Kristall eine Polarisation, die eben durch den Kristallaufbau bedingt sind und so lange vorhanden sind, wie der Kristall überhaupt existiert. Dipolmoment und Polarisation sind natürlich nicht vom Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes abhängig, und es gibt auch keine kritische Temperatur Tc. Der Nachweis von Dipolmomenten und Polarisation ist allerdings nicht ohne weiteres möglich, weil ja, wie oben in diesem Abschnitt beschrieben, Kompensationsladungen vorhanden sein werden. In gewissen Fällen wird jedoch das Dipolmoment des einzelnen Moleküls oder, besser gesagt, der Einheitszelle durch mechanische Spannungen (vgl. Kap. 1,6.1) verändert. Dadurch entstehen Änderungen der influenzierten Oberflächenladungen. Diesen Effekt nennt man Piezoeffekt oder piezoelektrischen Effekt, von griech. piezein = drücken. Abb. 1.78 zeigt schematisch das Zustandekommen des piezoelektrischen Effekts, genauer des

82

1.7 I s o l a t o r e n i m e l e k t r i s c h e n F e l d

(I)

It) Abb. 1.78 Zustandekommen des (longitudinalen) piezoelektrischen Effekts bei Quarz (S1O2). Positiv: Si-Ionen ( + + ) , negativ: O-Ionen (—). Der Quarzkristall befindet sich zwischen Metallplatten. Drückt man die Platten zusammen (symbolisiert durch die eingeklammerten einlinig gezeichneten Pfeile oben und unten), so werden die Ionen in Richtung der kurzen (einlinig gezeichneten) Pfeile verschoben, und das ohne Druck unpolarisierte Medium wird durch mechanische Ladungsverschiebung polarisiert; auf den Platten werden die eingezeichneten Ladungen influenziert. Bringt man andererseits (ohne Druck) die eingezeichneten Ladungen auf den Platten an, so werden die Ionen in Richtung der kurzen (einlinig gezeichneten) Pfeile durch das elektrische Feld verschoben, und es entsteht insgesamt die durch die Doppelpfeile gekennzeichnete Verschiebung.

„longitudinalen piezoelektrischen Effekts". Daneben gibt es Piezoelektrizität transversal zur Stauchkraft, bei Scherung und bei Torsion. Mit dem piezoelektrischen Effekt lassen sich auf einfache Weise beträchtliche elektrische Spannungen erzeugen; die damit erreichbaren Ströme sind allerdings begrenzt. So gibt es Gasanzünder, bei denen der piezoelektrische Effekt die für den Zündfunken notwendige Spannung liefert. Bedeutsamer als die Anwendung beim Feuerzeug ist jedoch die Anwendung beim elektrischen Schwingkreis, vgl. Abschn. 2.13.7. Dazu verwendet man hauptsächlich Quarz, auf neudeutsch „Quartz" geschrieben. Das Prinzip ist dabei folgendes: Quarzkriställchen, mit Metallisierung (als Elektrode) auf gegenüberliegenden Oberflächen versehen, haben eine scharfe Resonanzkurve für mechanische Eigenschwingungen, s. Abschnitte I, 7.1.2 und 1,7.3.2. Man unterhält die mechanischen Schwingungen, indem man dem Quarz phasenrichtig elektrische Energie zuführt. So entsteht ein ungedämpfter harmonischer Oszillator hoher Frequenzgenauigkeit, der zudem noch billig herzustellen ist, wie man an Quarzuhren sieht; die ungefähr richtige Eigenfrequenz erzielt man durch genaue Massenbelegung (Bedampfen). Mit einer geeigneten elektrischen Zusatzschaltung läßt sich die Frequenz dieses Oszillators etwas variieren, so daß man Zeitnormale herstellen kann, deren Frequenz ein ganzzahliges Vielfaches von 1 s _ 1 ist (ζ. Β. ν — 65536 s '). Nach elektronischer Untersetzung, in unserem Beispiel durch 16malige Untersetzung 1:2 erreichbar, resultiert ein Signal mit der gewünschten Frequenz von ν = 1 s" 1 . Neben der eben beschriebenen Verwendung als Oszillaor finden Quarzkristalle auch als (passive) Schwingkreise Verwendung. Auf die Verwendung als Schwingquarz vor allem zur Erzeugung von Ultraschall-

1.7.6 Elektret und Piezoelektrizität

83

Ο

; ο

Abb. 1.79 Piezoelektrischer Effekt im Versuch (Skizze). Bei Drehung der Schraube in Pfeilrichtung (rechtsherum) wird der Kristall (Blei-Zirkonat-Titanat) gepreßt, und die influenzierte Ladung macht sich als Spannung durch Ausschlag des Elektrometers bemerkbar. Schwingungen wurde in Abschn. I, 7.3.2 bereits hingewiesen. Daneben ist die Verwendung piezoelektrischer Materialien als mechanischer Feinst-Trieb (Anlegen einer Spannung zur Positionsänderung) wichtig geworden. Als Experimentalphysiker schauen wir uns den piezoelektrischen Effekt bei der Deformation eines Bleizirkonat-Titanat-Kristalls, Abb. 1.79, qualitativ an. Wir tragen die Meßergebnisse eines quantitativen Experiments, elektrische Spannung als Funktion des Negativen der mechanischen Normalkraft auf (Abb. 1.80) und entnehmen den Versuchsergebnissen grob eine piezoelektrische Konstante von 8 Volt durch Newton (V/N); eine Materialkonstante wird daraus durch Division mit der Länge und Multiplikation mit dem Querschnitt: (V/Nm) m2 = Vm/N, vgl. den analogen Fall beim Hookeschen Gesetz in Abschn. I, 6.1.1. Typische Größenordnungen bei piezoelektrischen Kristallen sind für Ladung durch Kraft 10"11 C/N, für elektrische Spannung durch (mechanische) Normalspannung und Länge 0,1 Vm/N und für Kraft durch elektrische Spannung und Länge 0,1 N/Vm. Eng verwandt mit dem piezoelektrischen Effekt ist der pyroelektrische Effekt, von griech. pyr = Feuer. Beim pyroelektrischen Effekt wird die mechanische Änderung des elektrischen Dipolmoments der Einheitszelle und damit der Polarisation nicht durch Anlegen einer mechanischen Spannung, sondern durch Temperaturänderung hervorgerufen. In Abb. 1.81 ist ein entU/VfQ/pC 2000-200

-2000---200

Abb. 1.80 Spannung U und Ladung Q für den in der vorigen Abbildung skizzierten Versuch als Funktion der Kraft F.

84

1.7 I s o l a t o r e n i m e l e k t r i s c h e n F e l d

Abb. 1.81 Skizze eines Demonstrationsversuchs über Pyroelektrizität; Abkühlung des Kristalls (Turmalin) in flüssiger Luft.

Ν," -_

sprechender Versuch dargestellt: Ein Turmalinkristall wird zur Temperaturänderung in flüssige Luft getaucht. Es werden elektrische Ladungen influenziert, wie mit dem Elektometer nachge-

1.7.7

Kraft auf Dipol

Bisher haben wir uns bei der Behandlung der Wechselwirkung zwischen elektrischem Dipol und elektrischem Feld mit dem Drehmoment beschäftigt, das das Feld auf den Dipol ausübt. In diesem Abschnitt wollen wir uns mit der Kraft des elektrischen Feldes auf einen elektrischen Dipol befassen. Homogenes Feld Die Kräfte, die auf die Ladungen eines Dipols im elektrischen Feld angreifen, sind in Abb. 1.82 dargestellt. Auf die positive Ladung wirkt F+ = q+E+, auf die negative F = q E = —q+E_. Ist das Feld homogen, E+ = Εso ist offenbar die Gesamtkraft F = F++F_ = 0: • Die Kraft eines homogenen elektrischen Feldes auf einen elektrischen Dipol ist null. Inhomogenes Feld Beim inhomogenen Feld machen wir denselben Ansatz wie beim homogenen, berücksichtigen aber die Inhomogenität des Feldes Im einzelnen haben wir, s.Abb. 1.82: £+ = £_+

,

— dbt = αχ

dE

Λ

+ — d cos Θ = dx

+

dΕ d Ε αχ Ε

und mit q = q+

dE qd- Ε

dE ρ Ε

Nun ist bei unserer Wahl des Koordinatensystems, x-Richtung in £-Richtung,

dE Ε

1.7.7 Kraft auf Dipol

85

Ix

Abb. 1.82 Kraft auf Dipol p, Verbindungsvektor der beiden Ladungen d, im inhomogenen elektrischen Feld Ε (£_ am Ort der negativen und Ε . am Ort der positiven Ladung); Ε als zwischen zwei Kugelschalen bestehend dargestellt. und also die Gesamtkraft F = q+E+ + q-E-

= qE_ + ρ • grad Ε — qE- = ρ • grad Ε.

(1.76)

Bei allgemeiner Orientierung des Koordinatensystems, also mit den Feldkomponenten Ex in ^-Richtung, Ey in v-Richtung und Ez in z-Richtung, wirkt offensichtlich in ^-Richtung nur Ex, usw. Wir haben also statt Gl. (1.76) im allgemeinen Fall Fx =p

• grad Ex ,

Fy = p · grad Ey

(1-77)

Fz = ρ • grad Ez. D a f ü r schreibt man zusammengefaßt auch F = (grad-E) p ,

(1.78)

der in Klammern stehende Ausdruck gelesen als „Vektorgradient £ " . Wir haben die Reihenfolge von ρ und grad · Ε umgekehrt, weil der Vektorgradient seiner Natur nach ein zweistufiger Tensor ist, während p , ebenso wie F , als Spaltenvektor auftritt.

Abb. 1.83 Dipol mit permanentem Moment im stark inhomogenen elektrischen Feld E. Dipol vom Versuch Abb. 1.63, ρ Φ 0. Links: Ε = 0; Dipol im Feld der durch ihn auf den Metallkörper influenzierten Ladungen schon ausgerichtet, aber praktisch nicht verschoben. Rechts: Ε φ 0; Dipol (etwas) in Richtung des Feldgradienten (nach rechts) veschoben.

86

1.7 I s o l a t o r e n i m e l e k t r i s c h e n F e l d

Abb. 1.84 Dipol mit influenziertem Moment ρ (Material: Bernstein) im stark inhomogenen elektrischen Feld E. Links: Ε = 0. Rechts: £ φ 0; Dipol in Richtung des Feldgradienten (nach links) verschoben.

Abb. 1.85 Dielektrische Flüssigkeit im inhomogenen elektrischen Feld E. Rechts die Küvette in Großaufnahme. Oben: Ε — 0; die Flüssigkeit ist zwischen den Platten in etwa auf dem allgemeinen Flüssigkeitsniveau (ein kleiner Adhäsionseffekt, vgl. Abschn. I, 6.4.2, ist unverkennbar). Unten: £ φ 0: Flüssigkeit in das Feld „hineingesaugt".

1.7.8 Van-der-Waals-Kräfte

87

Wir schauen uns nun das Verhalten eines permanenten elektrischen Dipols in elektrischen Feldern im Versuch an. Im homogenen Feld wird der drehbar aufgehängte Dipol ausgerichtet, erfährt jedoch keine Gesamtkraft. Im inhomogenen Feld wird er zunächst auch ausgerichtet, bei Erhöhung der Feldstärke wird jedoch die Kraft durch seitliche Verschiebung des Dipols sichtbar (Abb. 1.83). Kräfte auf elektrische Dipole gibt es nicht nur im Falle von einem permanenten Moment, sondern auch von einem induzierten. In der Tat ist es ja in den Formeln Gin. (1.77) und (1.78) egal, auf welche Weise ρ zustandegekommen ist. In vielen Fällen wird ρ in Richtung von Ε sein, ζ. B. bei Atomen mit Kugelsymmetrie. In anisotropem Material oder auch bei länglichen Proben muß das aber keineswegs der Fall sein. In jedem Fall tritt jedoch, wenn ein Dipolmoment ρ induziert wird, eine Kraft gemäß den Gleichungen (1.77) und (1.78) auf. Abb. 1.84 zeigt einen entsprechenden Versuch. Im Versuch Abb. 1.85 wird eine Flüssigkeit (Rizinusöl) im (inhomogenen!) Feld (vgl. Abschn. 1.5.5) an der Oberfläche zwischen den Kondensatorplatten hinaufgezogen, wobei das Feld ebenfalls auf induzierte Momente in den Flüssigkeitsmolekülen wirkt. Die Kraft eines starken inhomogenen elektrischen Feldes auf kleine Dipole, seien ihre Momente nun permanent oder induziert, hat in neuerer Zeit große praktische Bedeutung bei der Entstaubung von Gasen erlangt. Staub, ζ. B. von Zementwerken, wird durch elektrische Entstaubung aus den Abgasen entfernt. Wir haben diesen Effekt mit einem Bernsteinstück als allerdings großes Staubkörnchen demonstriert (Abb. 1.84). Im täglichen Leben zeigt sich dasselbe Phänomen als Verschmutzung längs elektrischer Leistungen an Zimmerwänden etc.

1.7.8

Van-der-Waals-Kräfte

In diesem Abschnitt wollen wir die relativ schwachen Kräfte besprechen, die zwischen zwei Molekülen ohne permanentes Dipolmoment bestehen. Diese Kräfte nennt man Van-der-Waals-Kräfte (1881), nach J. van der Waals. Wir können das Zustandekommen der Van-der-Waals-Kräfte halb quantitativ folgendermaßen beschreiben. In einem herausgegriffenen Molekül entsteht „zufällig" durch statistische Schwankungen kurzzeitig ein elektrisches Dipolmoment. Dieses Dipolmoment p x erzeugt ein elektrisches Feld E, das mit 1/r 3 mit wachsendem Abstand r abfallt. Es induziert in einem Nachbarmolekül ein elektrisches Dipolmoment p2. Die Kraft zwischen den Molekülen ist nach Gl. (1.78) proportional p2 und damit proportional 1/r 3 und noch einmal proportional zu Vektorgradient Ε und daraus proportional zu 1/r 4 , insgesamt also proportional zu 1/r 7 . Diese Kraft hat ein mechanisches Potential, ein sogenanntes Polarisationspotential, aus dem die Kraft durch Differentiation hervorgeht. Also fällt das Potential wie 1/r 6 ab. Ein solches Potential kann jedoch nicht für alle r-Werte gelten: Es würde zum Kollaps führen. Deswegen muß zur Kompensation der anziehenden Kraft bei kleinen Abständen r eine abstoßende Kraft vorhanden sein. Man schreibt also das gesamte Potential, wenn man die Kraftrichtung von einem Molekül auf das andere hin als positiv zählt, als Summe von einem anziehenden und einem abstoßenden Term zu Α A

Β ,12 '

(1.79)

wobei Α und Β positive Konstanten sind. Die zwölfte Potenz im abstoßenden Term ist etwas willkürlich; man hätte auch eine andere hohe Potenz von r wählen können. Physikalisch ist die abstoßende Komponente nicht nur heuristisch, also zum Vermei-

88

1.7 Isolatoren im elektrischen Feld

den des Kollapses, der ja nicht eintritt, begründet, sondern auch vom Molekülaufbau her. Bei zu großer Annäherung müßten sich die Elektronenschalen der beiden Moleküle durchdringen, und das ist nur zu einem gewissen Grade möglich; stärkeres Durchdringen wird durch die Quantenmechanik verboten [Pauli-Prinzip (1925), benannt nach dem großen Physiker Wolfgang Pauli (1900—1958)]. Ein Potential vom Typ der Gleichung (1.79) heißt Lennard-Jones-Potential, zu Ehren des englischen Chemikers und Physikers (Sir) J. E. Lennard-Jones (1894—1954). Wie schon erwähnt, sind die Van-der-Waals-Kräfte schwach. Dennoch spielen sie sowohl in der Thermodynamik von Gasen als auch in kondensierter Phase eine wichtige Rolle. Von Bedeutung sind sie vor allem dann, wenn andere Kräfte fehlen. So spielt die Van-der-Waals-Bindung so lange keine Rolle, wie es eine andere Bindung gibt. Ist jedoch keine andere Bindung vorhanden, etwa bei Edelgasen, so führt die van-der-Waalssche Bindung nicht nur zu Kondensation (flüssige, ja sogar kristalline Edelgase!), sondern auch zu chemischer Verbindung. Wegen der Schwäche der Vander-Waals-Kraft treten Kondensate und chemische Verbindungen nur bei tiefen Temperaturen auf.

2

Elektrischer Strom und Magnetismus

2.1

Strom als Ladungstransport

2.1.1

Allgemeines zum Strom

Nachdem wir den Begriff Leiter für ein Material, in dem Transport frei beweglicher elektrischer Ladung möglich ist, schon mehrfach verwendet haben und in Abschn. 1.5.1 die verschiedenen Arten elektrischer Ladungsträger und damit elektrischer Leitung charakterisiert haben, möchten wir in diesem Kapitel den elektrischen Strom, vor allem den zeitlich konstanten Gleichstrom systematisch behandeln; vieles von dem, was wir hier sagen, trifft auch auf Wechselstrom niederer und oft sogar hoher Frequenzen zu. Häufig werden jedoch Zusatzeffekte vernachlässigt, die umso wichtiger sind, je höher die Frequenz ist. Zunächst denken wir also an Gleichstrom. Damit haben wir auch, außer in pathologischen Fällen, Gleichspannung vorliegen. Wir nennen allgemein Vorgänge, bei denen Strömungen vorhanden sind, die sich zeitlich aber nicht ändern, stationär. Früher haben wir uns in der Elektrostatik mit zeitlich unveränderlichen Ladungsverteilungen befaßt; jetzt lassen wir Ströme, also Ladungsänderungen zu, haben es aber bei stationären Prozessen mit zeitlich unveränderlichen Strömen zu tun. Abb. 2.1 zeigt einen Leiter, der homogen von Strom durchflössen sein möge, η sei die Ladungsträgerdichte (präzis: Ladungsträgerzahldichte), also die Zahl Ν der Ladungsträger im Volumen V, dividiert durch V. Die Ladungsträger sollen eine mittlere Geschwindigkeit (υ) aufweisen. Jeder einzelne Ladungsträger trage die Ladung q. Indem wir zunächst annehmen, daß alle Ladungsträger dieselbe Geschwindigkeit υ (in Stromrichtung) haben, erhalten wir die Ladung, die in der Zeit di durch die Querschnittsfläche Α tritt, als dQ — q dN = qnAv di

(2.1)

wobei cIN = η dV die Anzahl der Ladungsträger ist, die in der Zeit di die Fläche A durchtreten. Da die Geschwindigkeit ν in Gl. (2.1) linear auftritt, können wir sie

Abb. 2.1 Stromdurchflossener Leiter. Querschnittsfläche A, Ladung des einzelnen Ladungsträgers q, seine mittlere Geschwindigkeit {v).

92

2.1 S t r o m als Ladungstransport

ebenso gut durch (v) ersetzen und haben nach Division durch dt eine physikalisch korrekte Beschreibung des elektrischen Stroms / durch Ladungstransport: I

^

= A q n(v).

(2.2)

Mit demselben Symbol I bezeichnen wir auch die elektrische Stromstärke (s. u.). Wollen wir die Stromrichtung betonen, schreiben wir Gl. (2.2) vektoriell um in I = Aqn(v).

(2.3)

Die Vorstellung, der Strom bestehe im Transport diskreter Ladungen, ist durch die Entdeckung der Elementarladung (Millikan-Versuch) sehr plausibel gemacht worden. In Wirklichkeit handelt es sich auch bei dem oben behandelten Gleichstrom, der durch Anlegen einer Gleichspannung an einen unter konstanten Bedingungen gehaltenen Leiter hervorgerufen wird, um einen Vorgang, der statistischen Schwankungen unterworfen ist. Im einzelnen zeigen Strom und Spannung Schwankungen, die, dem zeitlichen Mittelwert überlagert, beobachtet werden können (Rauschen). Sie werden vor allem durch Wärme hervorgerufen und sind deshalb bei tiefen Temperaturen klein. Abb. 2.2 zeigt einen Demonstrationsversuch. Häufig interessiert man sich nicht für den Strom, sondern für die Stromdichte. Wir nennen sie j und definieren . def

I

Zusammen mit Gl. (2.3) ergibt das j = qn{v).

(2.4)

Die Einheit der elektrischen Stromstärke, letztere eine Größe, die zunächst ebenfalls durch Gl. (2.2) definiert sei, ist das Ampere, benannt zu Ehren des großen französischen Physikers und Mathematikers Andre Marie Ampere (1775—1836). Die

Abb. 2.2 Thermisches Rauschen an einem Widerstand. Spannung als Funktion der Zeit. Links und Mitte: Widerstand in Luft (Zimmertemperatur); rechts: Widerstand in flüssigen Stickstoff getaucht (—196 °C). Links: Einmaliges Durchlaufen der Bildbreite in 0,05 s; Mitte und rechts: zehnmaliges Durchlaufen in insgesamt 0,5 s.

2.1.3 Ohmsches Gesetz

93

SI-Definition des Amperes, Symbol Α, werden wir erst später in Abschn. 2.5.2 kennenlernen. Im Augenblick begnügen wir uns damit, gemäß Gl. (2.2) ein Ampere gleich ein Coulomb durch eine Sekunde festzuhalten: (2.5)

2.1.2

Stationärer Strom und Kontinuitätsgleichung

Unter stationärem Strom wollen wir einen Strom verstehen, der sich zeitlich nicht ändert: 1 - 0

(2.6)

(nicht etwa dQ/dt = 0). Für den stationären Strom Gl. (2.6) gilt eine Kontinuitätsgleichung, wie wir sie schon in Abschn. I, 6.5.2 für Flüssigkeiten kennengelernt haben. Beim elektrischen Strom können wir genauso vorgehen; wir müssen ihn nur als Bewegung von Ladungsträgern verstehen. Ebenso sind die Betrachtungen in Abschn. I, 6.6.4 gültig und insbesondere die Gleichung (I, 6.51), div ν = 0. Um zu erfahren, wie die eingeschlossene Ladung sich ändert, legen wir eine geschlossene Oberfläche um ein bestimmtes Volumenelement, das ζ. B. im Innern eines stromführenden Drahtes liegen möge. Mit Anwendung des Gaußschen Satzes haben wir dann . ,, d