Patentverletzungen: Eine Analyse der reichsgerichtlichen Rechtsprechung von 1879 bis 1918 zu § 4 und § 35 (§ 34 a.F.) des Patentgesetzes vom 7. April 1891 [1 ed.] 9783428522187, 9783428122189

Das deutsche Patentrecht fand 1877 eine erste einheitliche Regelung. Das im selben Jahr gegründete Reichsgericht war let

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Patentverletzungen: Eine Analyse der reichsgerichtlichen Rechtsprechung von 1879 bis 1918 zu § 4 und § 35 (§ 34 a.F.) des Patentgesetzes vom 7. April 1891 [1 ed.]
 9783428522187, 9783428122189

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Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 135

Patentverletzungen Eine Analyse der reichsgerichtlichen Rechtsprechung von 1879 bis 1918 zu § 4 und § 35 (§ 34 a.F.) des Patentgesetzes vom 7. April 1891

Von

Rafael von Heppe

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

RAFAEL VON HEPPE

Patentverletzungen

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 135

Patentverletzungen Eine Analyse der reichsgerichtlichen Rechtsprechung von 1879 bis 1918 zu § 4 und § 35 (§ 34 a.F.) des Patentgesetzes vom 7. April 1891

Von

Rafael von Heppe

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 978-3-428-12218-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde am 25. November 2005 von der Juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Sie beruht auf einer Anregung meines Doktorvaters, Herrn Professor Dr. Werner Schubert. Ihm danke ich sehr herzlich für seine stets hilfsbereite Betreuung meiner Arbeit, die vielen wertvollen Hinweise und die zügige Begutachtung. Mein weiterer Dank gebührt Herrn Professor Dr. Joachim Jickeli für die Bereitschaft, das Zweitgutachten zu erstellen. Ausgangspunkt meiner Untersuchung waren umfangreiche Recherchen in der Bibliothek des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Mein Dank gilt dem Leitenden Direktor der Bibliothek des BGH, Herrn Pannier, und seinen Mitarbeiterinnen, insbesondere Frau Habersetzer. Sie haben mich freundlich unterstützt und mir das Auffinden der Urteile erleichtert. Sehr verbunden bin ich Herrn Professor Dr. Heribert Hirte und Herrn Professor Dr. Claus Ott sowie ihren Mitarbeitern, insbesondere Herrn Ertan Cepni, für das mir so freundlich gewährte Refugium im Seminar für Handels-, Schiffahrts- und Wirtschaftsrecht und in der Zentralbibliothek Recht der Universität Hamburg. Am herzlichsten danke ich meinen Eltern, Herrn und Frau Michael und Armgart v. Heppe, die mir diese Arbeit ermöglichten. Sie haben mich mit unendlicher Geduld unterstützt. Das gleiche gilt für meine Schwester, Frau Dr. Julia Zeeck, und meinen Schwager, Herrn Dr. Sebastian Zeeck. Ihm bin ich außerordentlich dankbar für das Korrekturlesen des gesamten Werkes und seine ermutigenden und ermunternden Anmerkungen. Ich danke weiter Frau Katharina Heine von ganzem Herzen für ihre liebevolle Begleitung. Mein persönlicher Dank gilt schließlich meinen Freunden, insbesondere Herrn und Frau Dres. Olaf und Inken v. Gadow, Herrn Dr. Sebastian v. Schweinitz, Herrn Dr. Clemens Holtmann und Herrn Dr. Hubertus Nölting sowie der ganzen Hamburger Mensarunde für ihre wertvollen Anregungen, Hilfen und manch kritische Diskussion. Hamburg, im April 2006

Rafael v. Heppe

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

1. Abschnitt Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

34

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

I. Die europäischen Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

II. Das deutsche Patentwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

I. Das geistige Eigentum an der Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

II. Die Rechtfertigung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

III. Die wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

IV. Der Erfindungsschutz in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Abschnitt Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

87

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

I. Die Patentverletzung als allgemeine Anspruchsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

II. Die Ansprüche nach PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

III. Die Ansprüche nach dem allgemeinen Recht und ihre Anwendbarkeit . . . . . . . . . . 103 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

10

Inhaltsübersicht

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Die Verfahren vor dem Patentamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Das Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Die Zuständigkeit des RG für die Feststellung der patentrechtlichen Abhängigkeit im Verletzungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Der Rechtsweg für Klagen gegen das Reich oder einen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO und die objektive Klagehäufung . . . . . 149 III. Die Beweisvermutung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

3. Abschnitt Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

161

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 I. Das wirksame Patent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Die Patentauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 B. Der Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Die Benutzung der Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II. Die Gewerbsmäßigkeit der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 III. Der Territorialitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 IV. Die Begehungsformen der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 C. Materielle Einreden und Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 I. Die Erschöpfung des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 II. Das Vorbenutzungsrecht aus § 5 Abs. 1 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 III. Der internationale Fahrzeugverkehr gemäß § 5 Abs. 3 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Inhaltsübersicht

11

IV. Das ältere Recht zur Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 V. Die Verjährung nach § 39 (§ 38 a.F.): die Entscheidung vom 8. 5. 1886 . . . . . . . . . 357 VI. Die arglistige Geltendmachung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 D. Das Verschulden und die Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 I. Die Formen des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 II. Die Methoden der Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 A. Der Wortlaut der Patentgesetze im Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 B. Die Besetzung des für Patentsachen zuständigen I. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Urteilsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A. Archivalische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 B. Gedruckte Quellen und Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 I. Parlamentaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 II. Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 III. Sonstige gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

1. Abschnitt Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

34

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

I. Die europäischen Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

1. Das spätmittelalterliche und neuzeitliche Privilegienwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

2. Die frühen Patentgesetzgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

a) Das Patentdekret Venedigs von 1474 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

b) Das englische Statute of Monopolies von 1624 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

c) Das Patentgesetz der USA von 1790 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

d) Das französische Patentgesetz von 1791 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

II. Das deutsche Patentwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

1. Der Patentschutz in den Deutschen Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

2. Auf dem Weg zu einem einheitlichen Patentschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

a) Die Zollvereinsübereinkunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

b) Der Volkswirtschaftliche Kongress und die Antipatentbewegung . . . . . . . . .

48

c) Der Verein deutscher Ingenieure und die Propatentbewegung . . . . . . . . . . . . .

49

3. Das erste deutsche Patentgesetz von 1877 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

a) Die Entstehung des Patentgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

b) Das Gesetz von 1877 und seine Unzulänglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

4. Das überarbeitete Patentgesetz von 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

a) Die Entstehung der Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

b) Die Veränderungen im Gesetz von 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

14

Inhaltsverzeichnis 5. Weitere das Patentrecht berührende Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

I. Das geistige Eigentum an der Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

1. Der absolute Schutz des Immaterialgüterrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

2. Die Unterschiede zwischen geistigem und körperlichem Eigentum . . . . . . . . . .

65

II. Die Rechtfertigung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

1. Die Eigentumstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2. Die Belohnungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

3. Die Anspornungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

4. Die Offenbarungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

5. Die Bedeutung der Theorien für die Ausgestaltung des Patentrechts . . . . . . . . .

72

III. Die wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

IV. Der Erfindungsschutz in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

1. Der Schutz des Erfinders vor der Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

2. Der patentrechtliche Schutz des Anmelders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

3. Die ausschließliche Wirkung des erteilten Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Abschnitt Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

87

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

I. Die Patentverletzung als allgemeine Anspruchsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

II. Die Ansprüche nach PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

1. Der dingliche Unterlassungsanspruch aus § 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

2. Der Schadenersatzanspruch aus § 35 (§ 34 a.F.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

3. Der Vergütungsanspruch aus § 5 Abs. 2 und der aufopferungsrechtliche Entschädigungsanspruch gegen Reich und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Inhaltsverzeichnis

15

III. Die Ansprüche nach dem allgemeinen Recht und ihre Anwendbarkeit . . . . . . . . . . 103 1. Die Haftung für unerlaubte Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Die Haftung auf Gewinnherausgabe nach Geschäftsführungsgrundsätzen . . . . 107 3. Der Anspruch auf Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4. Die Haftung nach Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Die Entscheidungen vom 9. 6. 1888 und vom 30. 6. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Die weiteren Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5. Die verschuldensunabhängige Haftung nach Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . 117 a) Der Vorschlag Bolzes und die Reaktionen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Die Entscheidungen vom 9. 6. 1888, vom 30. 6. 1888 und vom 31. 12. 1898

119

c) Die Entscheidung vom 24. 1. 1906 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Die Verfahren vor dem Patentamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Das Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Die Feststellungsklage und das Feststellungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Die Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Der vorläufige Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Die Zuständigkeit des RG für die Feststellung der patentrechtlichen Abhängigkeit im Verletzungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Die Abhängigkeit von einem älteren Patent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Die Praxis des PA und die Auffassung des RG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Die frühen Entscheidungen bis 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Die Entscheidungen von 1884 und der Streit um die Zuständigkeiten . . . . . 138 c) Die Begründung des PA, die Motive des Gesetzgebers und die Änderung von 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Die nachfolgenden Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Der Rechtsweg für Klagen gegen das Reich oder einen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO und die objektive Klagehäufung . . . . . 149

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Inhaltsverzeichnis III. Die Beweisvermutung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Die Methylenblau-Entscheidung vom 14. 3. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Die Entscheidung vom 19. 10. 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 3. Die gesetzliche Regelung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Die Entscheidung vom 5. 7. 1893 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

3. Abschnitt Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

161

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 I. Das wirksame Patent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Die Entstehung des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Die Entscheidungen vom 11. 7. 1900 und vom 12. 2. 1902 . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Die Entscheidung vom 5. 11. 1910 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Die vorläufige Schutzwirkung durch Anmeldung und Bekanntmachung . . 168 2. Das Reichspatent contra Landes- und ausländische Patente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Die Entscheidung vom 2. 10. 1886 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Die Entscheidung vom 18. 6. 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 c) Die weiteren Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Die Wirksamkeit des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Der Wegfall der Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Das Erlöschen kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Die Nichtigerklärung des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Die Folge des Erlöschens für die Patentverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 c) Die formale Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Die grundlegenden Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 bb) Die Entscheidung vom 13. 7. 1885 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 cc) Die Aussetzung des Verletzungsprozesses zwecks Nichtigerklärung . . 185 (1) Die Aussetzung des Strafprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Die Aussetzung des Zivilprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Inhaltsverzeichnis

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II. Die Patentauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Die Erscheinungsformen der Erfindung: der „Gegenstand der Erfindung“ . . . 195 a) Die Gegenstände des § 4 Abs. 2 PatG 1877 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Die stofflichen Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 d) Die Abgrenzung von Erzeugnis, Einrichtung und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 200 e) Das Zusammentreffen verschiedener Gegenstände und ihr Verhältnis . . . . . 201 2. Die Grundsätze der Auslegung im Wandel der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Die anfängliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Die frühen Nichtigkeitsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Die frühen Verletzungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 cc) Die Edisonlampen-Entscheidung vom 15. 12. 1890 und die Folgeentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Die Auslegung ab 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Die Ariston-Entscheidung vom 4. 5. 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 bb) Die Daverio-Entscheidung vom 15. 5. 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 cc) Die Carpenter-Bremsen-Entscheidung vom 21. 9. 1892 . . . . . . . . . . . . . . 220 dd) Die weiteren Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Die Auslegung nach der zentralen Entscheidung von 1910 . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Die Ausgangslage für die Februar-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) Die Koks-Löschrinnen-Entscheidung vom 9. 2. 1910 . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 cc) Die Kritik an der Koks-Löschrinnen-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 dd) Die Reaktion des RG: die Entscheidungen vom 28. 6. 1911, vom 2. 12. 1912 und vom 3. 2. 1915 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Die ausdehnende Auslegung: der Schutzbereich des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Die Lehre von der Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 aa) Die grundlegende Entscheidung vom 9. 4. 1884 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 bb) Die verschlechterte Ausführung: die Ausziehtisch-Entscheidung vom 24. 4. 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Die verbesserte Ausführung: die Entscheidung vom 19. 12. 1892 . . . . 240 dd) Die Abweichung von Zahlenangaben: die Seidenglanz I-Entscheidung vom 10. 1. 1906 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Die Lehre von der Übertragung eines generellen Erfindungsgedankens: die Entscheidung vom 23. 5. 1914 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 c) Die Kombinationserfindung und der Schutz ihrer Einzelteile . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Der Schutz der Gesamtkombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

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Inhaltsverzeichnis bb) Der Schutz von Teilen einer Kombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Patenterteilungspraxis nach der Hartigschen Lehre bis 1912 (2) Die Entscheidung vom 13. 4. 1885 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die grundlegende Entscheidung vom 18. 1. 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die weiteren Entscheidungen und die Grenzen des Teileschutzes

249 250 253 254 256

d) Der Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 aa) Die Methylenblau-Entscheidung vom 14. 3. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 bb) Der Erzeugnisschutz nach § 4 Satz 2 PatG 1891 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (1) Die Entscheidung vom 31. 3. 1897 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 (2) Die Entscheidung vom 24. 5. 1909 und die Folgeentscheidungen 267 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 B. Der Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Die Benutzung der Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Das Herstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Der Beginn und die Vollendung der Herstellung: die Entscheidung vom 18. 9. 1897 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 b) Der Zweck der Herstellung: die Entscheidung vom 27. 12. 1902 . . . . . . . . . . 278 c) Das Reparieren: die Entscheidungen vom 5. 11. 1891 und vom 25. 2. 1903 278 2. Das Inverkehrbringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt: die Entscheidung vom 23. 5. 1887 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 b) Muster und Proben: die Entscheidung vom 25. 10. 1911 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 3. Das Feilhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Das Vorhandensein des feilgehaltenen Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 b) Die Absicht entgeltlicher Veräußerung: die Entscheidung vom 13. 1. 1887 285 c) Das Inverkehrbringen und Feilhalten von Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 4. Das Gebrauchen und das Anwenden eines Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 II. Die Gewerbsmäßigkeit der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Die Entscheidung vom 5. 11. 1886 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Die Entscheidung vom 13. 1. 1887 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Die Entscheidungen von 1895, 1897 und 1907 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Inhaltsverzeichnis

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III. Der Territorialitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 1. Die Entscheidungen vom 3. 4. 1884 und vom 23. 5. 1887 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 2. Die Entscheidung vom 25. 10. 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 3. Die Entscheidung vom 15. 10. 1892 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 4. Die Entscheidung vom 2. 12. 1899 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 IV. Die Begehungsformen der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Die Abgrenzung zu Versuchs- und Vorbereitungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 298 2. Die Benutzung durch mehrere Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 a) Die Bremsklotz-Entscheidungen vom 5. 5. 1888 und vom 15. 11. 1890 . . . 301 b) Die Soxhlet-Entscheidungen vom 15. 11. 1893 und vom 17. 1. 1895 . . . . . . 306 c) Die Holzmehl-Entscheidung vom 23. 12. 1905 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 C. Materielle Einreden und Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 I. Die Erschöpfung des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 1. Die frühen Entscheidungen bis 1902 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 2. Die Entscheidung vom 26. 3. 1902 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Die Entscheidung vom 18. 9. 1909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 II. Das Vorbenutzungsrecht aus § 5 Abs. 1 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 1. Die Aufgabe des Vorbenutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 2. Die Entstehung des § 5 Abs. 1 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 3. Exkurs: die Abgrenzung zu § 2 und zu § 44 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 4. Die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts in der Rechtsprechung . . . . . . . 324 a) Der rechtmäßige Erfindungsbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 aa) Die Gleichheit von vorbenutzter und patentierter Erfindung . . . . . . . . . 324 bb) Die Rechtmäßigkeit des Erfindungsbesitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 cc) Die fertige Erfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 b) Die Vorbenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 aa) Das Inbenutzungnehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 (1) Die Entscheidungen vom 25. 2. 1895, vom 24. 1. 1900 und vom 14. 12. 1903 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 (2) Die Entscheidung vom 24. 6. 1912 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

20

Inhaltsverzeichnis (3) Die Gewerbsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die frühen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Entscheidung vom 20. 9. 1902 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die eigene Vorbenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

333 333 334 334

bb) Das Treffen der zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen . . . . . . . (1) Die Entscheidung vom 17. 10. 1887 und die Folgeentscheidungen (2) Die Entscheidung vom 14. 1. 1893 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Entscheidung vom 24. 1. 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Entscheidung vom 25. 1. 1908 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Entscheidung vom 4. 3. 1912 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 336 337 338 339 340

cc) Die nicht wieder aufgegebene, bis zur Anmeldung andauernde Vorbenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 5. Der Inhalt und Umfang des Vorbenutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 III. Der internationale Fahrzeugverkehr gemäß § 5 Abs. 3 PatG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 IV. Das ältere Recht zur Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 1. Das ältere Patentrecht und die Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 a) Die Entscheidung vom 21. 5. 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 b) Die Entscheidungen vom 22. 9. 1894 und vom 19. 5. 1897 . . . . . . . . . . . . . . . 352 2. Das ältere identische Patent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 a) Die Entscheidung vom 28. 4. 1882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 b) Die Entscheidung vom 24. 11. 1884 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 c) Die Entscheidung vom 27. 3. 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 3. Das ältere Gebrauchsmusterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 V. Die Verjährung nach § 39 (§ 38 a.F.): die Entscheidung vom 8. 5. 1886 . . . . . . . . . 357 VI. Die arglistige Geltendmachung des Patentschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 1. Die widerrechtliche Entnahme: die Entscheidung vom 24. 1. 1900 . . . . . . . . . . 361 2. Der Erschleichungseinwand: die Entscheidungen von 1902, 1905 und 1911 362 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 D. Das Verschulden und die Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 I. Die Formen des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 1. Die Wissentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 a) Der bedingte Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 aa) Die Entscheidung vom 18. 4. 1882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

Inhaltsverzeichnis

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bb) Die Entscheidung vom 5. 11. 1886 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 cc) Die Entscheidung vom 9. 6. 1888 und die Folgeentscheidungen . . . . . . 372 dd) Die Entscheidung vom 19. 12. 1910 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 b) Tatsächliche Anzeichen für das Vorliegen der Wissentlichkeit . . . . . . . . . . . . 374 aa) Die Warnung: die Entscheidungen vom 31. 1. 1890 und vom 5. 11. 1891 375 bb) Die Klageerhebung: die Entscheidung vom 9. 6. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . 377 c) Der unbeachtliche Rechtsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 aa) Der Irrtum über die formale Legitimation: die Entscheidung vom 20. 4. 1882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 bb) Der Irrtum über die Bedeutung der Priorität: die Entscheidung vom 12. 4. 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 cc) Die Entscheidung vom 19. 10. 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 d) Der die Wissentlichkeit ausschließende Tatbestandsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . 381 aa) Die frühen Entscheidungen bis 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 bb) Die Entscheidung vom 12. 4. 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 cc) Die Entscheidung vom 9. 6. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 dd) Die Entscheidung vom 30. 6. 1888 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 ee) Die Entscheidung vom 30. 6. 1894 und die Folgeentscheidungen . . . . . 386 2. Die Grobe Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 a) Die Sorgfaltspflicht und ihre Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 aa) Die Entscheidung vom 22. 1. 1894 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 bb) Die Entscheidungen vom 30. 6. 1894 und vom 9. 12. 1899 . . . . . . . . . . . 390 cc) Die Entscheidung vom 10. 4. 1911 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 b) Der Grad der Fahrlässigkeit: die Grobheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 aa) Die Entscheidung vom 30. 6. 1894 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 bb) Die Entscheidungen vom 21. 10. 1896, vom 9. 12. 1899 und vom 11. 12. 1901 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 cc) Die Entscheidung vom 13. 6. 1902 und die Folgeentscheidungen . . . . . 395 dd) Die Entscheidung vom 17. 11. 1913 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 II. Die Methoden der Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 1. Die Entscheidung vom 8. 3. 1890 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 2. Die Entscheidung vom 8. 6. 1895 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 3. Die Entscheidung vom 31. 12. 1898 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 4. Die Entscheidungen vom 21. 4. 1902, vom 29. 3. 1919 und vom 23. 2. 1920 403 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406

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Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 A. Der Wortlaut der Patentgesetze im Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 B. Die Besetzung des für Patentsachen zuständigen I. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Urteilsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A. Archivalische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 B. Gedruckte Quellen und Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 I. Parlamentaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 II. Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 III. Sonstige gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479

Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492

Abkürzungsverzeichnis Das Verzeichnis enthält keine Abkürzungen aus zitierten Originalquellen. a.A. a.E. a.F. AbR Abs. AcP AGFA ALR Alt. Anm. AöR ARSP Art. AZ BASF Bd. bearb. begr. betr. BGB BGBl. BGH BGHZ Bolze BR BT bzw. ca. CC CPO d. d. h. D.R.P.

andere(n / r) Ansicht am Ende alte(n / r) Fassung Archiv für Bürgerliches Recht Absatz(es) Archiv für civilistische Praxis Actiengesellschaft für Anilin-Fabrikation Preußische(n / s) Allgemeine(n / s) Landrecht(s) Alternative(n) Anmerkung(en) Archiv für Öffentliches Recht Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Artikel Aktenzeichen Badische Anilin- & Soda-Fabrik Band bearbeitet begründet betreffend Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof(s) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Die Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen, bearb. v. A. Bolze Bundesrath(s) Bundestag(s) beziehungsweise circa Code Civil des Français, Édition originale et seule officielle, Paris, 1804 Zivilprozessordnung v. 30. 1. 1877 der / die / das / des das heißt Deutsches Reichs-Patent

24 DDR ders. DJZ Drucks. Drucks-BR Drucks-RT DVSgE EGBGB EGGVG EGZPO Einl. etc. EU f. / ff. FGG Fn. G Gareis GebrMG ggf. GmbH GoA Gruchot GRUR hrsg. / Hrsg. i.d.R. i.d.S. i.e.S. i.R.d. i.S.d. i.Ü. i.V.m. i.w.S. Jahrg. Jhdt. JW JZ KG Leg. LG

Abkürzungsverzeichnis Deutsche(n) Demokratische(n) Republik derselbe Deutsche Juristenzeitung Drucksache(n) Drucksachen des Bundesraths Drucksachen des Reichstags Deutscher Verein für den Schutz des gewerblichen Eigent(h)ums Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung Einleitung et cetera Europäische Union folgende (Seite(n), Nummer(n) etc.) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote(n) Gesetz(es / e) Die patentrechtlichen und gerichtlichen Entscheidungen in Patentsachen, bearb. v. Carl Gareis Gebrauchsmustergesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsführung ohne Auftrag Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von J. A. Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschrift des Deutschen Vereins zum Schutz des gewerblichen Eigentums herausgegeben / Herausgeber in der Regel in diesem Sinne im engeren Sinne im Rahmen des / der im Sinne des / der im Übrigen in Verbindung mit im weiteren Sinne Jahrgang(s) Jahrhundert(s) Juristische Wochenschrift – Organ des Deutschen Anwalt-Vereins Juristenzeitung Kammergericht Legislaturperiode Landgericht(s)

Abkürzungsverzeichnis LZ m. w. N. Mitt. MuW n.F. Nr. OLG PA PatG Pbl. PMZBl. Prot. Recht RG RGBl. RGSt RGZ Rn. ROHG RT RV S. SächsArch. Schubert Erkenntnisse scil. Sess. SeuffArch. sog. Sp. StenBer-RT StGB str. u. a. USA usw. v. v. / n. Chr.

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Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Mitteilungen vom Verband Deutscher Patentanwälte, hrsg. v. Vorstand Markenschutz und Wettbewerb, Monatsschrift für Marken-, Patent-, Muster-, Urheber- und Verlagsrecht neue(n / r) Fassung Nummer(n) Oberlandesgericht(s) Patentamt(s) Patentgesetz(es) Patentblatt Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen, hrsg. vom Kaiserlichen Patentamt Protokoll(e / s) Das Recht, Rundschau für den Deutschen Juristenstand Reichsgericht(s) Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer(n) Reichs-Oberhandelsgericht(s) Reichstag(s) Reichsverfassung v. 16. April 1871 Seite(n) / Satz(es) Sächsisches Archiv für Rechtspflege Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Zivilsachen scilicet (es ist erlaubt zu wissen – mit nachfolgender Erklärung) Session Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten sogenannte(n / r / s) Spalte(n) Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages Strafgesetzbuch strittig unter anderem / und andere Vereinigte(n) Staaten von Amerika und so weiter von / vom / vor vor / nach Christi Geburt

26 v.A.w. VcID VdI VdIZ vgl. Vorbem. Warneyer

z. B. z. T. ZAC ZfI ZgR ZHR Ziff. zit. ZPO ZVglRWiss

Abkürzungsverzeichnis von Amts wegen Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands Verein deutscher Ingenieure Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure vergleiche Vorbemerkung Die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts abgedruckt ist, hrsg. v. Dr. Otto Warneyer zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für angewandte Chemie Zeitschrift für Industrierecht Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz Zeitschrift für das Gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Ziffer(n) zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

Einleitung Das 19. Jahrhundert war wirtschaftlich geprägt von der Industrialisierung der europäischen Staaten und Nordamerikas. Technische Erfindungen riefen weitgreifende Erneuerungen in Wirtschaft und Gesellschaft hervor. Das zeigte eindrucksvoll die der industriellen Revolution vorausgegangene Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt im Jahr 1769. Was vorher nur mit natürlichen Kräften von Mensch, Tier, Wind oder Wasser erreicht werden konnte, bewältigten nunmehr Maschinen. Gegenüber der bislang vorherrschenden Handwerkskunst ermöglichten sie eine Herstellung in größerem Umfang und weniger Zeit, die Massenproduktion. Schnell erkannte man den Nutzen des technischen Fortschritts, nicht ohne ihn immer wieder zu verdammen.1 Unbestritten bereicherte er nicht nur Theorie und Wissenschaft. Seine Anwendung, z. B. in Form der erleichterten Mobilität, steigerte den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand.2 Die Förderung des Erfindungswesens rückte in das allgemeine Interesse. Deutschland hatte sich erst 1871 als Nationalstaat formiert. Als solcher strebte es danach, auch auf dem Gebiet der Technik mit den führenden Großmächten der Zeit auf einer Stufe zu stehen. Ein nationaler Patentschutz, wie ihn England, Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika kannten, war den deutschen Erfindern versagt. Dieser Nachteil veranlasste sie oftmals auszuwandern. Wie ein Magnet zogen die USA Pioniere auf allen Gebieten des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens an. Mit ihrer langjährigen Patentrechtstradition waren England und die USA Deutschland nicht nur gesetzgeberisch, sondern auch in der technischen Entwicklung und wirtschaftlich überlegen. England hatte große Erfinder wie James Watt und Isaac Newton hervorgebracht. Amerikaner wie Alexander Graham Bell oder Thomas Alva Edison sorgten mit ihrem Erfindungsreichtum für eine stets sprudelnde Quelle neuer Technik. Frankreich konnte seit der französischen Revolution auf eine moderne Patentrechtsgeschichte zurückblicken. Es hatte das Eigentum des Erfinders an seiner Erfindung anerkannt und für eines der Menschenrechte erklärt. In die Reihe großer Erfinder gesellte sich Louis Jacques Mandé Daguerre.3 1 Theodor Fontane, Die Brück’ am Tay, v. 28. 12. 1879: „Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand!“ 2 v. Gadow, S. 53. 3 Eine Auswahl bedeutender technischer Erfindungen stellt Conrad, S. 319 ff., in einer Zeittafel zusammen. Ders. berichtet: Watt (1736 – 1819) erfand die seit 1545 angedachte, aber nie funktionstüchtig verwirklichte Dampfmaschine und erhielt das Patent am 29. 4. 1769, S. 42 ff.; Newton (1643 – 1727) hatte bereits 1673 einen Dampfwagen skizziert, S. 110; Bell

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Einleitung

Vor dem Jahr 1877 bot das deutsche Zivilrecht Erfindern nur einen lückenhaften rechtlichen Schutz. Die bestehenden sachenrechtlichen Vorschriften ließen sich nicht ohne weiteres auf dem Wege der Analogie auf Erfindungen übertragen. Zu verschieden waren das geistige und das körperliche Eigentum. Spezialgesetzliche Regelungen hatten nicht alle Staaten getroffen. Die Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg und Hannover, sowie Hessen und einige der kleineren Staaten hatten Patentgesetze, die Hansestädte und Mecklenburg hingegen gewährten keine Patente. Für eine Erfindung musste der Patentsuchende in jedem Staat, soweit es dort Patente gab, nach der jeweiligen Rechtsordnung Schutz beantragen. Zu einem wirkungsvollen Verletzungsschutz in einer entstehenden Industrienation reichte das nicht. Der Einführung eines einheitlichen Patentrechts ging ein jahrelanger Streit voraus. Vertreter von Politik und Wirtschaft führten ihn bisweilen leidenschaftlich, und schoben ihn zu anderen Zeiten stiefmütterlich beiseite. Eigene Erfahrungen und ausländische Vorbilder begründeten ein gespaltenes Verhältnis zum Erfindungsschutz. Es war umstritten, ob ein Patentrecht die Interessen der Beteiligten in Einklang bringen konnte. Der Erfinder zunächst suchte Anerkennung für seine Schöpfung, vor allem aber Ersatz seiner Aufwendungen an Kapital, Mühe und Zeit. Den konnte er nur erlangen, wenn er die Erfindung verwertete. Hierfür musste er gegenüber Nachahmern, die entsprechende Kosten gespart hatten, einen eigenen Vorteil, einen Schutz, erlangen. Wenn er selbst mittellos war, erstrebte er die Anwendung durch andere und erwartete eine Gegenleistung. Der Anwender lief ebenfalls Gefahr, dass Konkurrenten eine durchschaubare Erfindung nachahmten. Er befürwortete einen übertragbaren Nachahmungsschutz. Die Konkurrenz hingegen wollte eine besondere Neuerung möglichst schnell und günstig nutzen. Sie lehnte den Nachahmungsschutz ab, oder akzeptierte ihn nur zeitlich begrenzt. Die Allgemeinheit schließlich strebte zur Verbesserung ihrer Bedürfnisbefriedigung nach technischem Fortschritt.4 Sie drängte auf die Offenbarung der Erfindung, wollte die technische Idee verstehen und damit so schnell wie möglich das allgemeine Wissen mehren. Die Veröffentlichung ersparte der Gesellschaft ausserdem andernfalls fast zwangsläufige doppelte Forschungsaufwendungen. Gleichzeitig sollten die Märkte dem Spiel des freien Wettbewerbs unterliegen. Dazu gehörte die Gewerbefreiheit und, soweit möglich, die Verhinderung schädlicher Monopole. Einschränkungen der Gewerbefreiheit waren durch Vorteile auszugleichen. (1847 – 1922) entwickelte das von Phillip Reis erfundene Telefon zum Fernsprechgerät fort und erhielt 1876 das Patent, S. 229 ff.; Edison (1847 – 1931) brachte die 1854 von Heinrich Goebel erfundene Glühlampe zur Reife und gilt als Erfinder von Phonograph (1878) und Generator, S. 71 ff.; Daguerre (1787 – 1851) erfand 1839 das fotographische Verfahren, S. 293. Vgl. van Dulken. 4 Welche Bedeutung der technische Fortschritt bis heute hat, bekundet der Vertrag über die neue Europäische Verfassung: Teil I Titel I Art. I-3 Abs. 3, Unterabsatz 1 S. 2 erklärt ihn zu einem „Ziel der Union“.

Einleitung

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Bei dieser Interessenverteilung sprach einiges für die Schaffung eines Patentrechts. Der technische Vorsprung der Staaten, die ein Patentrecht hatten, war nicht zu verkennen. Die wirtschaftlichen Kreise drängten auf die Einführung, allen voran der Verein deutscher Ingenieure mit Werner v. Siemens5 an der Spitze. Als die Schaffung eines deutschen Patentrechts beschlossen war, begann die Auseinandersetzung um dessen Ausgestaltung. Die bestehenden einzelstaatlichen Patentrechte lehnten sich meist an die ausländischen Vorbilder an. Die Entwürfe wiesen deswegen Einflüsse des französischen, englischen und amerikanischen Rechts auf. Das erschwerte die Arbeit in den gesetzesberatenden Kommissionen. Das erste deutsche Patentgesetz vom 25. Mai 1877 (PatG 1877)6 trat am 1. Juli desselben Jahres in Kraft. Eine Novelle (PatG 1891)7 folgte 14 Jahre darauf am 7. April 1891. Es bedarf an dieser Stelle der Bestimmung einiger grundlegender Begriffe: Das Rechtsgebiet des geistigen Eigentums, das sich mit den Rechtsbeziehungen zu technischen Erfindungen beschäftigt, verwendet als Oberbegriff den „Erfindungsschutz“. Dieser umfasst den Schutz der nicht patentierten Erfindung, das „Erfinderrecht“,8 und den Schutz der patentierten Erfindung, das „Patentrecht“. Beide Ausdrücke sind für das jeweilige Rechtsgebiet wie auch für die individuellen subjektiven Rechte gebräuchlich. Im Unterschied zum Erfinderrecht erfordert das Patentrecht ein staatliches Erteilungsverfahren, durch das es sich auszeichnet. Dessen urkundliche Dokumentation wird als „Patent“ bezeichnet. Synonym steht Patent für das subjektive Recht, wie es in „Patentinhaber“ zum Ausdruck kommt. Endlich ist die Patentverletzung die rechtswidrige Beeinträchtigung des subjektiven Rechts. Die privatrechtlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Patentverletzung regelte das PatG 1877 in § 4 und § 34, die Novelle von 1891 in § 4 und § 35. Die Normen enthielten materielle Bestimmungen zum Schutz des Patentinhabers. Prozessrechtlich fand seit 1879 die ebenfalls 1877 erlassene ZPO Anwendung.9 Mit 5 Werner v. Siemens (1816 – 1892), Unternehmer und Industrieller, zusammen mit J. G. Halske Gründer der späteren Siemens AG, u. a. Erfinder des dynamo-elektrischen Prinzips, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender des Patentschutz-Vereins, Feldenkirchen, in: Hoffmann / Schreier, S. 1 ff. In seinen Memoiren bemerkte er: „Als das Reichspatentgesetz im wesentlichen meinen Vorschlägen entsprechend ins Leben trat, ( . . . )“, v. Siemens, Lebenserinnerungen, S. 279. 6 RGBl. 1877, S. 501. 7 RGBl. 1891, S. 79. In dieser Arbeit sind §§ ohne Gesetzesangabe solche des PatG in der aus dem Kontext ersichtlichen oder durch Zusatz („a.F.“ für PatG 1877; „n.F.“ für PatG 1891) kenntlich gemachten Fassung; bei Gleichheit der Bestimmungen sind ggf. beide Fassungen gemeint. 8 Daraus folgt z. B. das Recht des Arbeitnehmers auf das Patent an seiner Erfindung. Sog. Etablissementerfindungen werden nicht behandelt, der erfindende Arbeitnehmer wurde erst lang nach Ende des Kaiserreichs gesetzlich geschützt, Gispen, New profession, old order, S. 264 ff. Vgl. RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11). 9 Civilprozeßordnung v. 30. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 83, in Kraft seit dem 1. 10. 1879 gemäß § 1 EGZPO v. 30. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 244, i.V.m. § 1 EGGVG v. 27. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 77.

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der gesetzlichen Verankerung von Patenten im deutschen Recht wurden auch neue gerichtliche Zuständigkeiten begründet. In Patentverletzungssachen war nach § 37 PatG in letzter Instanz das Reichs-Oberhandelsgericht (ROHG)10 zuständig. Bereits 1879 übernahm das durch das Gerichtsverfassungsgesetz11 neu gegründete Reichsgericht (RG)12 die Aufgaben des Reichs-Oberhandelsgerichts.13 Gegenstand der Untersuchung sind die Entscheidungen des Reichsgerichts in Patentverletzungssachen von 1879 bis 1918.14 Das Gericht hatte Gelegenheit, sich in einer Fülle von Urteilen und Beschlüssen zu Fragen der Patentverletzung zu äußern. Die Arbeit beschränkt sich auf die zivilrechtlichen Ansprüche,15 Entscheidungen in Strafsachen werden nur zur Verdeutlichung herangezogen.16 Mit Rücksicht auf eine Stoffbegrenzung17 und die tiefgreifenden Veränderungen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft ist eine zeitliche Grenze nach dem Ersten Weltkrieg gezogen. Die rechtswissenschaftliche Literatur der Zeit ist nur teilweise behandelt,18 der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Untersuchung der Gerichtsent10 Das ROHG ersetzte 1871 das Bundes-Oberhandelsgericht v. 1869 / 70 als obersten Gerichtshof, Lobe, S. 4. ROHG-Entscheidungen zum PatG betrafen nicht hier behandelte Themen, Vgl. Calm / Grünewald, S. 321. 11 GVG v. 27. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 41, gleichzeitig mit der ZPO in Kraft getreten, siehe Fn. 9 der Einleitung. 12 Das RG wurde am 1. 10. 1879 mit Sitz in Leipzig eröffnet, § 2 des G über den Sitz des Reichsgerichts v. 11. 4. 1877, RGBl. 1877, S. 415; Schubert Erkenntnisse 1900 – 1901, S. 6, 21 ff., 44, 63 f. 13 Das RG erkannte zugleich über Berufungen gegen Entscheidungen des Patentamts im Nichtigkeitsverfahren. Zur Zuständigkeit des I. Zivilsenats siehe S. 425. 14 Außergerichtliche Rechtsbehelfe werden nicht behandelt. Allein die „Warnung“ bleibt wegen ihrer Auswirkung auf die subjektive Patentverletzung nicht gänzlich unbeleuchtet, siehe S. 375 ff. 15 Zu den zivilrechtlichen Ansprüchen gehörte nicht die Geltendmachung der Buße im Strafverfahren nach § 37 (§ 36 a.F.). Sie war nicht mit dem Entschädigungsanspruch identisch, RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86). Sie wurde nach Ermessen des Strafrichters gewährt, war gesetzlich in der Höhe begrenzt und verdrängte nach § 37 Abs. 2 (§ 36 Abs. 2 a.F.) alle Entschädigungsansprüche. Der Verletzte sollte nicht sich mit Hilfe des Amtsermittlungsgrundsatzes im Strafprozess einen Teil seines Schadens als Buße zusprechen lassen und den Rest später im Zivilprozess liquidieren können, in dem erst er darlegungs- und beweispflichtig war. Gleichwohl hatte die Zahlung an den Beschädigten auch Entschädigungscharakter, Klostermann, S. 263. 16 Viele frühe Entscheidungen zum PatG stammen von den Strafsenaten, da die Strafverfahren schneller in die Revisionsinstanz gelangten. 17 Von einer Darstellung des internationalen Patentschutzes wurde abgesehen. Der (1900 revidierten) Pariser Verbandsübereinkunft trat Deutschland am 1. 5. 1903 bei, RGBl. 1903, S. 147. 18 Neben Paul Kent, Albert Osterrieth, Heinrich Robolski, Oscar Schanze, Arnold Seligsohn und Richard Wirth waren große Patentrechtler, auf deren verdienstvolle Arbeiten die Schrift zugreift: Felix Damme (geb. 1854), seit 1894 Mitglied des Kaiserlichen Patentamts, Autor des 1906 veröffentlichten, später von Lutter fortgeführten Kommentars (Damme bzw. Damme / Lutter), Herausgeber des PMZBl., Damme, Frühzeit des Amtes, S. 10, 14. Hermann Isay (1873 – 1938), bekannt als Spezialist des Patentrechts durch seinen ab 1903 erschienenen

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scheidungen. In der amtlichen Sammlung und den juristischen Zeitschriften wurden die Urteile und Beschlüsse des Reichsgerichts, wenn überhaupt, nur unvollständig veröffentlicht.19 Eine „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts“ gelangte nach 1949 von der Reichsgerichtsbibliothek in die des Obersten Gerichts der DDR.20 Mit Inkrafttreten des Einigungsvertrags ging sie 1991 in den Besitz der Bibliothek des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe über. Neuere Vorarbeiten, die sich mit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung in Patentverletzungssachen befassen, liegen nicht vor.21 Die Analyse der Entscheidungen wird nunmehr nachgeholt.22 Ziel der Bearbeitung ist es zu erklären, wie die Strukturen des Patentverletzungsschutzes entstanden sind und wie das Reichsgericht sie geformt und geprägt hat. Zu diesem Zweck schildert die Arbeit die zugrundeliegenden Vorstellungen des Patentgesetzgebers, die Entwicklung des Patentrechts in der Rechtsprechung und seine Veränderungen. Die Normen des PatG 1877, die der Gesetzgeber in mühsamen und langen Beratungen beschlossen hatte, waren sehr umstritten. Das Reichsgericht empfand die technische Materie zunächst als sehr kompliziert und bat die Regierung um Entlastung. Nicht zuletzt dank der Mitwirkung Albert Bolzes23 fühlte es sich jedoch bald der Aufgabe gewachsen. Es wird gezeigt, wie das Gericht die gesetzlichen Vorgaben fortentwickelte und wie sich die Praxis des PaKommentar zum Patent- und Gebrauchsmustergesetz, Rechtsanwalt, Sachverständiger und Lehrer an der Technischen Hochschule Berlin, Roßmanith, S. 12 ff. Eduard Hermann Rudolf Klostermann (1828 – 1886), Ehrenmitglied des VDI und beteiligt an den Verhandlungen zur Schaffung des PatG, Arndt, S. 240 f. Josef Kohler (1849 – 1919), Verfasser einer 1878 erschienenen Kommentierung des deutschen Patentrechts (Kohler, Patentrecht), als praxisorientiert und wirtschaftsnah geltend, Gast, ZVglRWiss 85 (1986), S. 1 – 10; Gängel / Schaumburg, Vol. 1989 LXXV / Heft 4, S. 289, 304 ff.; Stolleis, S. 361 f. 19 Die amtliche Sammlung (RGZ) gibt nur ca. 10% aller Entscheidungen des RG wieder, häufig mit gekürztem Tatbestand und unter Auslassung von Urteilspassagen; die JW enthält ca. 20 – 30% der Entscheidungen, meist stärker als die RGZ gekürzt, der Tatbestand fehlt fast immer, Schubert Erkenntnisse 1900 – 1901, S. 1. 20 Sie umfasst Entscheidungen von Oktober 1879 bis Anfang 1945, bis 1912 / 13 hauptsächlich in Sütterlin-Handschrift. Pro Jahr existieren für jeden der 7 Senate 3 Bände (I., II. / III. und IV. Quartal), Schubert Erkenntnisse 1900 – 1901, S. 1. 21 Die Arbeit von Seckelmann beabsichtigt keine Detailanalyse, sie behandelt die reichsgerichtliche Rechtsprechung allenfalls am Rande; Feldmann geht auf die Rechtsprechung nicht ein. 22 Zitate sind wiedergegebenen entsprechend der nicht immer einheitlichen, bisweilen unrichtigen Schreibweise aus der „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts“, z. B. „§. 4“ mit Abkürzungspunkt. 23 Dr. Friedrich Wilhelm Albert Bolze, geb. am 13. 1. 1834 im anhaltinischen Bernburg, arbeitete seit 1857 zunächst als Rechtsanwalt. 1873 ging er an das OLG Dessau und trat am 1. 10. 1879 in das neugegründete RG als Rat ein. Seit dem 1. 3. 1881 gehörte er dem I. Zivilsenat an, dessen Präsident er v. 1. 12. 1897 – 16. 9. 1906 war. Bolze veröffentlichte die nach ihm zitierte Sammlung, 1885 – 1901, sowie Bolze, Entwurf. Er war u. a. Mitglied der Enquete-Kommission des Reichsamts des Innern über die Lage des Patentgesetzes (1886). Bolze starb am 28. 6. 1912, Lobe, S. 342; Schubert Erkenntnisse 1900 – 1901, S. 10, 77.

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tentrechts bisweilen merklich vom Text des PatG entfernte. Das Reichsgericht konnte auch auf die gesetzliche Überarbeitung Einfluss nehmen. Die Zivil- und Strafsenate verhalfen dem PatG zur vollen Entfaltung. Heinrich Robolski, langjähriges Mitglied des Kaiserlichen Patentamts, lobte 1927 die „großen Entscheidungen des Reichsgerichts“ als sichere „Grundlage“ des Patentrechts.24 Die Bearbeitung geht nur begrenzt auf Vorschriften ein, die nicht unmittelbar Voraussetzungen oder Rechtsfolgen der Patentverletzung betreffen. Besonderes Augenmerk ist darauf gelegt zu untersuchen, auf welchen grundsätzlichen Anschauungen die Rechtsprechung beruhte, welche große Linie ihr zugrunde lag, ob sie z. B. als patentinhaberfreundlich oder als den praktischen Erfordernissen angepasst beurteilt werden kann. Die Arbeit gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste befasst sich mit den geschichtlichen Wurzeln und wirtschaftlich bedeutsamen Grundzügen des Patentrechts. Ausgehend von den europäischen Vorbildern der Renaissance und des 17. und 18. Jhdt. stellt ein erster Teil die Entstehung des Patentschutzes in Deutschland bis hin zum ersten Patentgesetz von 1877 und dessen Überarbeitung von 1891 dar. Ein zweiter Teil erläutert Ziele und Wesen des Patentschutzes. Die Erfindung wird beschrieben als geistiges Eigentum und wirtschaftliches Gut. Da ihr Schutz fühlbar in die Handlungsfreiheit des gewerblichen Verkehrs eingriff, werden unterschiedliche Theorien zur Rechtfertigung des Patentrechts erörtert und die nutzbringende wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts belegt. Ferner wird in die Strukturen des Schutzes eingeführt und die ausschließliche Wirkung des Patents erklärt. Der erste Abschnitt fusst nicht nur auf Erkenntnissen der neueren Literatur, sondern berücksichtigt überdies Darstellungen aus den Anfängen des Patentrechts und reichsgerichtliche Entscheidungen. Der zweite Abschnitt behandelt die aus der Patentverletzung folgenden Ansprüche und die gerichtlichen Verfahren zu ihrer Durchsetzung. Ein erster Teil führt in das System der Verletzungsansprüche nach PatG und nach allgemeinem Zivilrecht ein. Im zweiten Teil werden die patentrechtlichen Verfahren, Klagearten und Zuständigkeiten des Reichsgerichts vorgestellt. Eine Analyse der Urteile zur Abhängigkeitserklärung verdeutlicht die Zuständigkeitsverteilung zwischen Reichsgericht und Patentamt. Ein dritter Teil widmet sich ausgesuchten prozessualen Eigenheiten der Patentverletzungsklage: Zuständigkeiten und Beweislasten werden der näheren Prüfung unterzogen. Im zweiten Abschnitt steht die Untersuchung der reichsgerichtlichen Rechtsprechung im Vordergrund. Den Kern der Arbeit bildet der dritte Abschnitt. Er beschäftigt sich mit den materiellrechtlichen Voraussetzungen der Patentverletzung. Grundlage dafür ist die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Patentverletzungssachen von 1879 bis 1918. Die Urteile der Zivil- und Strafsenate sind einzelnen Tatbestandsmerkmalen der Patentverletzungsansprüche und Fallgruppen zugeordnet und gesammelt zitiert. In24

amts.

Robolski, Vor 40 Jahren, S. 69, 72 f. Robolski war von 1912 – 1921 Präsident des Patent-

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nerhalb dieser Ordnung ist die zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen berücksichtigt. Zum besseren Verständnis finden sich z. T. Sachverhaltsangaben und tragende Entscheidungsgründe. Entscheidungen von maßgeblicher Bedeutung und solche, die Wendepunkte in der Rechtsprechung bedeuteten, sind zudem ausschnittsweise im Wortlaut wiedergegeben. Die Bearbeitung setzt Schwerpunkte bei den Urteilen zur Patentauslegung, zur Äquivalenzlehre, zu Kombinationserfindungen und zum Schutz von Verfahrenserzeugnissen, zu den verschiedenen Benutzungsarten und Begehungsformen, zu den materiellen Einreden und zum subjektiven Tatbestand samt Schadensberechnungsmethoden. Zudem wird die gegenseitige Beeinflussung von Gesetzgebung und Rechtsprechung erhellt, insbesondere in Punkten, in denen die Rechtsprechung spätere Gesetzesänderungen nach sich zog. In einer Schlussbetrachtung werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengetragen und die Errungenschaften der reichsgerichtlichen Rechtsprechung in Patentverletzungssachen herausgestellt und beurteilt. Die Bewertung stützt sich zunächst auf das Gesamtbild der untersuchten Entscheidungen; ergänzend wird die damals vorherrschende, in der volkswirtschaftlichen und rechtswissenschaftlichen Literatur der Zeit zum Ausdruck kommende wirtschaftstheoretischen Anschauung und ihre Entstehungsgründe miteinbezogen und mit den Untersuchungsergebnissen verglichen, um die Einstellung des Reichsgerichts und die anfängliche Entwicklung des deutschen Patentschutzes zu erklären.

1. Abschnitt

Geschichte und Grundzüge des Patentrechts In diesem Abschnitt sind gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Hintergründe dargelegt, die allgemein und in Deutschland zur Entstehung von Patenten geführt haben. Ihre Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung zu kennen, ist für das Verständnis des Patentrechts unerlässlich. Ein erster Teil stellt die geschichtlichen Ereignisse zusammen. Patent- und andere Immaterialgüterrechte entstanden in unterschiedlichen Gesellschaftsformen, Nationen, Zeiten und Gegenden. Das gibt Aufschluss über ihre vielfach empfundene Notwendigkeit. Mit Zielen und Wesen der Patente beschäftigt sich der zweite Teil. In der Rechtswissenschaft entwickelte sich durch die Anerkennung eines Rechts an der Erfindungsidee die Lehre vom geistigen Eigentum. Das Immaterialgüterrecht berücksichtigte die Eigenheiten der unkörperlichen Erfindung, welche teilweise andere Regelungen als das Sacheigentum verlangte. Ursächlich für die Entstehung eines Erfindungsschutzes waren zunächst personenbezogene und wirtschaftliche Gesichtspunkte. Die individuelle Beziehung des Erfinders zu seiner Erfindung und der wirtschaftliche Nutzen, den die Technik versprach, erforderten eine besondere rechtliche Beachtung. Die ökonomische Komponente verdrängte in zunehmendem Maße die persönlichkeitsrechtliche. Das kam in den Theorien zur Rechtfertigung des Patentrechts zum Ausdruck. Die Zuordnung von Rechten an der Erfindung war für die nationale Wirtschaft und den internationalen Wettbewerb von größter Bedeutung. Die Rechte vom Erfindungsschutz bis zum Patentschutz waren gestaffelt. Das schuf Anreize für technische Neuerungen und gewährte Rechtssicherheit bei der Offenlegung und im Umgang mit neuen Technologien.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes Am Anfang der Patentrechtsgeschichte stand das Privilegienwesen des Mittelalters. Es hatte mit den später entwickelten patentrechtlichen Grundsätzen noch nicht viel gemein, kann aber als Vorläufer bezeichnet werden. Das moderne Patentrecht fand seine Ursprünge in der spätmittelalterlichen Renaissance. Die Republik Venedig hatte bereits im Jahr 1474 ein Patentdekret erlassen, welches im wesentlichen das System eines Patentgesetzes neuerer Prägung aufwies. Da dieses Dekret erst 1936 von Giulio Mandich in den Staatsarchiven von Venedig wiederentdeckt

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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wurde,1 konnte es sich auf die Entwicklung des europäischen Patentrechts nicht unmittelbar auswirken. Als Wiege des Patentrechts galt daher lange Zeit England.2 Das Statute of Monopolies aus dem Jahr 1624 war Vorbild für Patentgesetze vieler Staaten. 14 Jahre nach ihrer Unabhängigkeitserklärung von England verfassten die Vereinigten Staaten von Amerika 1790 ein eigenes Patentgesetz. Nur ein Jahr später brachte die französische Revolution das Patentgesetz von 1791 hervor. Bei der Schaffung des ersten deutschen Patentgesetzes standen diese Gesetze Pate.3

I. Die europäischen Ursprünge Die antike Rechtsordnung kannte keinen Erfindungsschutz, obwohl die klassische Zeit große Erfindungen hervorbrachte.4 Eine Vielzahl von Gründen mag dazu geführt haben, dass der Schutz von Erfindungen, überhaupt der gewerbliche Rechtsschutz der Antike fremd war. Verächtlich blickte der Zeitgeist auf diejenigen herab, die sich mit technischen Künsten oder dem ausübenden Gewerbe befassten. Hohes Ansehen genoss nur die Beschäftigung mit Philosophie, Politik und schönen Künsten, und, was die körperliche Tätigkeit betraf, die Arbeit auf dem Feld.5 Der Sklavenhaltergesellschaft fehlte das Bedürfnis, die Naturkräfte mit tech1 Mandich, S. 511 ff., fand heraus, dass die Behörden der Republik schon seit Mitte des 15. Jhdt., seit 1483 regelmäßig, Erfindungspatente erteilt haben. Die Grundzüge formulierte das Dekret von 1474. 2 Damme / Lutter, S. 2 ff.; Kohler, Handbuch, S. 16 ff. 3 Damme, S. 2 ff.; Osterrieth, Lehrbuch, S. 27; Wadle, Bd. I, S. 36. 4 Bis in die heutige Zeit beeindrucken die Techniken zum Bau von Straßen, Tempeln, Aquädukten und sogar Tunneln; auch militärisch spielten Erfindungen eine bedeutende Rolle, Kurz, S. 6 f. Gleichwohl ist ein Erfinderrecht nicht erwähnt, Osterrieth, Lehrbuch, S. 26. Erfinder von Maschinen und Wasserleitungen waren ab 344 n. Chr. von Gemeindeämtern befreit und durften Schüler annehmen, Klostermann, S. 10 f. Kurz, S. 12, und Zimmermann, GRUR 1967, S. 173, berichten unter Zweifelsvorbehalt von einem überlieferten Beispiel für ein gewerbliches Schutzrecht in Sybaris: in der in Unteritalien gelegenen griechischen Kolonie, deren Einwohner für ihren luxuriösen Lebensstil bekannt waren, soll der Erfinder einer besonders köstlichen Speise ein zeitlich begrenztes Exklusivrecht erhalten haben: „Wenn ein Konditor oder Koch ein besonderes und ausgezeichnetes Gericht erfand, wurde keinem anderen erlaubt, dieses innerhalb eines Jahres herzustellen; allein der Erfinder war in dieser Zeit berechtigt, aus der Herstellung des Gerichts Nutzen zu ziehen, um anderen einen Anreiz zu bieten, sich mit ähnlichen Bestrebungen hervorzutun.“ 5 Bernhardt / Kraßer, S. 41; Klostermann, S. 8. Ders., S. 10, berichtete von einem eingeschränkten Schutz für Urheber literarischer Werke: ihnen sei das Ob und Wie der Veröffentlichung überlassen gewesen, nach einer Veröffentlichung sei jedes ausschließliche Recht erloschen. Von Seiten der Dichter, z. B. Vergil, seien Forderungen nach weitergehendem Schutz überliefert. Sachenrechtliche Aufzeichnungen mit Bezug zum Urheberrecht des Künstlers finden sich bei Justinian, § 34 Inst. de rer. divis. (II.1.): „Das Gemälde, welches auf fremder Tafel gemalt ist, ist Eigentum des Malers, nicht des Eigentümers der Tafel, weil der Vermögenswert der Tafel durch die Arbeit des Meisters höher ist als der des verwendeten Materials.“

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

nischer Hilfe besser auszunutzen. Sie bediente sich großzügig der billigen menschlichen und tierischen Arbeitskräfte. Die ganze Wirtschaftsordnung war nicht auf gewerbliche Arbeit bedacht.6 Ohne Massenproduktion waren die Vorteile, dass eine technische Neuerung im Gegensatz zu einer körperlichen Sache von mehreren gleichzeitig genutzt werden konnte, jedoch unbedeutend.7 Zudem spielte die geringe Kaufkraft der Bevölkerung eine wenn auch nur untergeordnete Rolle.8 Insgesamt fehlten Anreize für die gewerbliche Verwertung technischer Neuerungen. Für die Entstehung des Patentschutzes waren erst die späteren geschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen maßgebend.

1. Das spätmittelalterliche und neuzeitliche Privilegienwesen Die Vorgeschichte des Patentrechts beginnt im späten Mittelalter. Das staatlich kontrollierte Zunft- und Innungswesen bestimmte die soziale Ordnung der Zeit. Den Zünften waren ausschließliche Rechte gewährt, bestimmte Gewerbe zu betreiben.9 Bis ins Detail legten sie Regeln fest, nach denen jedes Handwerk und Gewerbe auszuüben war. Für Neuerungen blieb wenig Raum. Obendrein ging ein neues Herstellungsverfahren oder eine verbesserte Vorrichtung in das Gemeingut der Zunft über, bisweilen verweigerte sie Erfindungen die Anerkennung.10 Ein Schutz bestand nur in der Abgrenzung gegenüber Nichtmitgliedern der Zunft.11 Die bei ihr vereinigten Kenntnisse über den technischen Fortschritt hütete sie wie ein Geheimnis. Ging eine Zunft unter, war das gesammelte technische Wissen verloren. Infolge der erneuerungsfeindlichen Regelungen erlahmte im 17. Jahrhundert jede Erfindungstätigkeit. Erfinder genossen nicht mehr den Schutz der Zunft, sondern suchten Schutz gegen sie.12 In der Renaissance stand die Gesellschaft unter dem Einfluss antiker Vorstellungen und klassischer Autoritäten. Hingegen wandelte sich die Einstellung zur Arbeit. Handarbeit erfuhr große Wertschätzung, künstlerische und technische Aspekte verschmolzen miteinander.13 In diesem Umfeld entstand ein erster Erfindungsschutz.14 Anerkennung erfuhr die schöpferische Persönlichkeit, deren ökono6 Osterrieth, Lehrbuch, S. 26. Gewerbebeschränkungen zugunsten einzelner gab es nur aus polizeilichen Gründen. Roms Nahrungsmittelversorgung z. B. war monopolisiert, Klostermann, S. 11, Fn. 2. 7 Kohler, Handbuch, S. 2. 8 Kurz, S. 8. 9 Klostermann, S. 12; Osterrieth, Lehrbuch, S. 26. 10 Bernhardt / Kraßer, S. 41. 11 Nach außen schützte sie ihre Mitglieder, z. B. in Prozessen, Kohler, Handbuch, S. 20; Gombrich, S. 248. 12 Isay (1920), S. 19. 13 Die Baumeister der Renaissance waren vielseitig begabte Künstler und Ingenieure, Gombrich, S. 223 ff.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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mische Interessen zu sichern nach damaligem Rechtsempfinden gut und billig erschien.15 Ebenso bedeutend war, das allgemeine Wohl durch Schaffung von Erfindungsanreizen zu fördern. Grundsätzlich herrschte, entgegen weit verbreiteter Meinung, das Prinzip der Gewerbefreiheit, so dass jeder Tätigkeit frei nachgegangen werden konnte.16 Die Landesherren nutzten Gewerbeprivilegien, um Handel und Gewerbe zu fördern und neues Gewerbe in ihr Land zu holen.17 Sie fassten es als eine obrigkeitliche, polizeiliche Aufgabe auf, für einen blühenden Handel zu sorgen.18 Die Einräumung eines Gewerbeprivilegs befreite von den strengen Zunftregeln oder eröffnete den Zugang zu einer Betätigung, die dem Landesherrn oder dem Staat vorbehalten war.19 Schützenswert erschien, wer als erster ein neues Gewerbe ansiedelte oder eine neue Technik einführte. So entstand der Prioritätsschutz. Unerheblich war, ob er selbst erfunden oder eine andernorts erprobte Technik nachgeahmt hatte. Ihm kam das Verdienst zu, der Allgemeinheit etwas Neues eröffnet zu haben. Hieraus entstanden sog. Einführungsprivilegien.20 Die Vorläufer der späteren Patente waren die Erfindungsprivilegien.21 Sie führten dazu, die bestehenden Zunftmonopole zu verringern und den Wettbewerb zu vergrößern.22 Neben Einführungs- und Erfindungsprivilegien wurden Vorrechte für ganze Gewerbezweige erteilt.23 Da ebensogut wie Erfinder auch Importeure neuer Technologien 14 Kurz, S. 6, sieht den Ursprung eher in Gesellschaftsformen und Zeitperioden, die in technischer Hinsicht vom Handwerk dominiert waren, als in der Industrialisierung Westeuropas und der USA. 15 Der Erfinder hatte andere Einkunftsarten aufgegeben, Aufwendungen für Experimente gemacht und das Risiko des Misslingens getragen. Hier entwickelte sich der Belohnungsgedanke, Damme, S. 4. 16 Individuelle Monopole stellten Eingriffe in die Wirtschaftsverfassung dar. Nur unter der Voraussetzung der konkreten Nützlichkeit konnten Ausnahmen gewährt werden, Silberstein, S. 17 f. 17 Die Tudors riefen Handwerker aus Italien, den Niederlanden und Flandern nach England, um das Gewerbe zu beleben, und verliehen ab 1331 Schutzrechte, Osterrieth, Lehrbuch, S. 27; Beier, GRUR 1978, S. 123. 18 Dölemeyer / Klippel in: Festschrift GRUR, S. 185, 191 ff. 19 Isay (1920), S. 19; Osterrieth, Lehrbuch, S. 27. Zu den vorbehaltenen Rechten gehörten in den deutschen Territorien z. B. der Bergbau, in Venedig die Erhaltung der Kanäle. In diesen Gewerben tauchten besonders viele Privilegien auf, Beier, GRUR 1978, S. 124; Bernhardt / Kraßer, S. 44; Silberstein, S. 14, 30 ff., 41 ff. 20 Sie gewährten das Recht, die Technik selbst anzuwenden oder herzustellen, und verboten Dritten die unerlaubte Nachahmung, auch wenn der Dritte die gleiche Technik selbst erfunden hatte. Diese Monopole waren auf 10 Jahre befristet, schützten ihre Inhaber vor Konkurrenz und sicherten Einnahmen, Kohler, Handbuch, S. 16 ff., Silberstein, Vorwort S. VI. 21 Anfangs umfassten sie nur ein meist 50jähriges Nutzungsrecht, das von den Reglementierungen der Zunft befreite. Das Monopol kam erst später als kürzeres Ausschließungsrecht hinzu, Silberstein, Vorwort S. VI. 22 Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 374. Privilegien enthielten Gewerbemonopol und Gewerbeerlaubnis zugleich, Beier, GRUR 1978, S. 125. 23 Kohler, Handbuch, S. 20 ff.; für Entdecker und Pioniere des Außenhandels gab es zeitlich beschränkte Handelsmonopole, die ebenfalls auf den Prinzipien der Neuheit und Priorität beruhten.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

ein Privileg erlangen konnten, war Zweck der Privilegierung nicht unmittelbar, das Erfindungswesen zu beleben.24 Die Erteilung erfolgte in Form von Urkunden, den litterae patentes, denen das Patent seine Bezeichnung verdankt.25 Ein Rechtsanspruch mit normierten Voraussetzungen bestand nicht. Privilegien begründeten sich auf der gewillkürten staatlichen Macht, ihre Erteilung war Gnadensache.26 Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts hatte sich in allen Ländern Westeuropas eine blühende Privilegienpraxis entwickelt, die eine Herausbildung von Erteilungsvoraussetzungen nicht vermissen ließ.27 Über den 30jährigen Krieg geriet diese Praxis in Vergessenheit. Die Interessen der Unternehmer und des fiskalischen Staates sorgten dafür, dass die anfänglichen Erteilungsprinzipien abgestumpft und vermengt wurden.28 Die sich bildenenden absolutistischen Staaten erkannten die Gebühren als bedeutende Geldquelle. Willkür und Mißbrauch waren Tür und Tor geöffnet.29 Besonders in England und Frankreich nahm die Erteilungpraxis entartete Formen an. Die merkantilistische Wirtschaftspolitik schuf Handels- und Gewerbebarrieren, um im nächsten Zug geldbringende Privilegien erteilen zu können.30 Als Ursprünge des Erfinderschutzes lassen sich zwei Komponenten erkennen. Die persönlichkeitsrechtliche besagte, dass der Erfinder Schutz verdiene, weil er mit seiner geistigen Arbeit etwas besonderes geschaffen habe. Bedeutender war die ökonomische Komponente. Ein Schutzrecht war geeignet, die Wirtschaft auf 24 „Erfinder“ stand für den Schöpfer der technischen Idee und den Importeur zugleich. Ursprünglich bestand zwischen Einführungs- und Erfindungspatenten keine Trennung. Das Interesse an der Ansiedlung neuer Gewerbe hob den, der neu einführte, auf eine Stufe mit dem geistig schöpfenden Erfinder. Die Bedeutung seiner Leistung trat hinter der beabsichtigten wirtschaftlichen Erneuerung zurück, Kurz, S. 578. Gefährlichkeit und Kosten von Reisen rechtfertigten, Erfinder und Importeur gleichzustellen, Damme, S. 6. 25 Die offenen Briefe stellten, anders als versiegelte Briefe, Verlautbarungen an die Allgemeinheit dar, z. B. Erfindungsprivilegien, aber auch Ernennungen von Beamten – noch heute spricht man vom „Kapitänspatent“, Kurz, S. 15. Da noch keine vollständige Offenlegung der Erfindung vorausgesetzt war, enthielten die Urkunden nur eine allgemeine Bezeichnung der Neuerung, Bernhardt / Kraßer, S. 44. 26 Kennzeichnend für das Privileg war der Erwerb durch individuelle Verfügung, Kohler, Handbuch, S. 16 f. Pohlmann, GRUR 1960, S. 272, 274 f., wies darauf hin, dass die Erteilung im 16. Jhdt. Gnadensache war, ein Erteilungsanspruch aber bei Erfindungspatenten gewohnheitsrechtlich begründet war. Das RG sah den Landesherrn als Träger der Privilegienhoheit und das Patent als von Seiten der Staatsgewalt verliehenes Privileg, RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). Noch heute werden in England Patente von der Krone verliehen. 27 Die Neuheit des Schutzgegenstands, die Priorität des Antragstellers, die Ausführbarkeit und die Nützlichkeit hatten sich als Kriterien entwickelt, Bernhardt / Kraßer, S. 44; Silberstein, S. 91 ff. 28 Neuheit und Priorität wichen der Nützlichkeit, Einführungs- und Erfindungsprivileg verschmolzen. 29 Privilegien eigneten sich zur Bevorzugung von Günstlingen der Höfe, Bernhardt / Kraßer, S. 45. 30 Monopole auf Gebrauchsartikel wie Salz übersteigerten die Preise, Bernhardt / Kraßer, S. 45; Damme, S. 4.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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vielfältige Weise zu fördern. Mit zunehmender Internationalisierung, vor allem im Industriezeitalter, verloren Einführungsprivilegien ihre Grundlage. Persönlichkeitsrechtlich ließen sie sich kaum noch begründen, da dem Einführenden ein geringes eigenes Verdienst zukam. Als die Kenntnis vom Stand der Technik anderer Länder zunahm, entfiel ihre wirtschaftliche Rechtfertigung. Hingegen wuchs die Bedeutung der Erfindungsprivilegien. Bis ins Industriezeitalter bevorzugten Unternehmen, Lizenzen zu erwerben, anstatt eigene Entwicklungsabteilungen zu unterhalten.

2. Die frühen Patentgesetzgebungen Einige europäische und außereuropäische Staaten hatten lange vor Deutschland patentrechtliche Regelungen erlassen. Insbesondere das Patentdekret Venedigs von 1474, das englische Statute of Monopolies von 1624, das Patentgesetz der Vereinigten Staaten von Amerika von 1790 und das französische Patentgesetz von 1791 waren von grundsätzlicher Bedeutung für die weitere Entwicklung des Patentrechts. Sie werden im Folgenden vorgestellt.

a) Das Patentdekret Venedigs von 1474 In der Mitte des 15. Jahrhunderts wurden in Venedig vermehrt Privilegien erteilt.31 Die Lage und Abhängigkeit vom Seehandel machten es früh auf die Erfindungsfreudigkeit seiner Einwohner angewiesen. In der Serenissima herrschte Gewerbefreiheit. Zwar gab es eine große Anzahl von Zünften, jedoch besaßen diese keine nennenswerte politische Macht, da sie staatlichen Organen untergeordnet waren. Eine monopolartige Abschottung der Gewerbetätigkeit war ihnen nicht möglich. Dieses führte zu einem allgemeinen Klima geistiger Freiheit.32 Mit dem Erlass des Patentdekrets vom 19. März 1474 schuf der Senat der Stadt das wohl älteste Patentgesetz der Welt. Das Dekret nahm Bezug auf Erfindungen und Entdeckungen „genialer Männer“, die von überall her nach Venedig kamen. Mit der Anerkennung der Gefahr, dass ihre Erfindungen nachgebaut würden, honorierte es nicht nur die Erfinderehre, sondern schuf zugleich eine moderne Begründung für den Schutz. Ein Nachahmungsverbot sollte für weitere Erfinder Anreize setzen, selbst etwas Gemeinwohlnützliches zu erfinden. Hiermit war neben der Neuheit und der Ausführbarkeit das Nützlichkeitserfordernis ausgesprochen.33 Es 31 1469 für die Einführung des 1455 von Johannes Gutenberg erfundenen Buchdrucks, Klostermann, S. 15. 32 Galileo Galilei z. B. führte seine Studien lange Zeit in dem von Venedig abhängigen Padua durch, da er in seiner Heimatstadt Florenz angegriffen und einem Inquisitionsprozess ausgesetzt war. 33 Berkenfeld, GRUR 1949, S. 139, 141 f.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

verpflichtete den Erfinder34 zur Anmeldung seiner Erfindung und gewährte im Gegenzug einen zehnjährigen Schutz gegen Nachahmungen. Es regelte einen legalen Anspruch des ersten Erfinders auf Schutz.35 Die Verletzung, die auch in einem ähnlichen Nachbau gesehen wurde, war mit Geldstrafe und Zerstörung der nachgebauten Vorrichtung bedroht. In der Folgezeit wurden Patentgesuche gleichwohl nicht auf das Gesetz gestützt, sondern weiter gewohnheitsrechtlich begründet.36 So geriet das Dekret in Vergessenheit.37

b) Das englische Statute of Monopolies von 1624 In England vermied Elisabeth I. (1558 – 1603), das Parlament um Geldbewilligungen anzugehen. Vermehrt verkaufte die Krone stattdessen Monopole.38 Als das Parlament deren Abschaffung forderte, widerrief sie die erdrückendsten unter ihnen.39 Gerichte vernichteten Monopole, sofern sie sich nicht mit dem Nutzen für die Allgemeinheit vereinbaren ließen.40 Bis 1623 hatte die Handhabung der Privilegienerteilung einen solchen Umfang angenommen, dass das Parlament einschritt. Elisabeths Nachfolger James I. (1603 – 1625) musste sich einer Parlamentsakte fügen, die als Statute of Monopolies von 1624 in die Geschichte einging.41 Dieses Antimonopolstatut erklärte jede Art von Monopolen für ungültig und machte eine zeitlich begrenzte Ausnahme nur für den, der ein Gewerbe neu erfunden oder neu eingeführt hatte.42 Die Ausnahme begründete es damit, dass sie niemanden in der Ausübung einer ihm früher zustehenden Befugnis beschränke. Das Statute of Mo34 Das Dekret unterschied wie die Privilegienpraxis nicht zwischen Einführungs- und Erfindungspatenten. 35 In Gebrauch nehmen durfte nur der Staat, der Erfinder durfte die Einrichtung betreiben, Silberstein, S. 16. 36 Die Bewilligung orientierte sich an der bekannten Privilegienpraxis, Berkenfeld, GRUR 1949, S. 139, 141. 37 Berkenfeld, GRUR 1949, S. 139 ff., zitierte eine Übersetzung des Wortlauts; Silberstein, S. 16 ff., S. 25. 38 Beier, Gewerbefreiheit und Patentschutz, S. 189. 39 So z. B. auf Salz, Essig, Branntwein, Liköre, Proklamation v. 28. 11. 1601, Osterrieth, Lehrbuch, S. 29. 40 Berühmt wurde der Patentverletzungsfall Darcy v. Allin (1602) als „Case of Monopolies“, auf den noch heute zurückgegriffen wird, Silberstein, S. 1. Das Gericht vernichtete ein Spielkartenpatent, weil die Gewerbefreiheit ohne gesetzliche Grundlage nicht beschränkt werden könne. Eine solche bestehe nur für den, der eine Erfindung neu einführe, und nur für eine gewisse Zeit. 41 Isay (1920), S. 19; Silberstein, S. 202 ff. Zitiert wird häufig der Beginn der Parlamentssitzungen 1623; die Parlamentsakte ist v. 22. und 25. 5. 1624, Allfeld, Einleitung S. XIV. Eine deutsche Übersetzung des wichtigen Abschnitts VI findet sich bei v. Kleinschrod, S. 92. 42 Abschnitt VI: Für den wahren und ersten Erfinder neuer Erfindungen bestand max. 14 Jahre ein Monopol auf Herstellung und Ausführung. Es durfte nicht gemeinwohlschädlich sein oder heimische Preise erhöhen.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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nopolies schuf kein neues Recht, sondern legte das von den Gerichten gebildete Recht in Form von Richtlinien fest.43 Einen Anspruch auf Erteilung eines Patents regelte es nicht, gleichwohl wurde in der Praxis jedes nachgesuchte Patent, welches die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllte, erteilt.44 Die Bedeutung des Statute of Monopolies lag darin, dass es die Ziele des Patentschutzes mit Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit rechtspolitisch vereinbarte. Durch die Belohnung des Erfinders mit einem zeitlich begrenzten Monopol sollte der technische und wirtschaftliche Fortschritt gefördert werden. Grundlegend war Francis Bacons Erkenntnis, dass zwar mancher Zufall, vielmehr aber der zielgerichtete und methodische Einsatz des Verstands Erfindungen hervorbringe.45 Damit war die Trennung zwischen wettbewerbsfeindlichen Monopolen und wirtschaftsfördernden Patentrechten vollzogen.46 Das englische System wies eine eindrucksvolle Kontinuität47 auf, während zu dieser Zeit auf dem Kontinent bei der Privilegienerteilung Willkür vorherrschte. Es behielt beinahe unverändert Geltung.48

c) Das Patentgesetz der USA von 1790 Bis zur Trennung von England am 4. Juli 1776 galten in den amerikanischen Kolonien die Gesetze des englischen Mutterlandes.49 In der Folgezeit wollten sich die unabhängigen Vereinigten Staaten dem Einfluss der traditionsgefestigten englischen Rechtsordnung auf die neue Gesetzgebung gleichwohl nicht entzie43 Damme / Lutter, S. 14. Die Monopolakte war kein G, sondern beschränkte die Krone konstitutionell, zeitliche Monopole zu gewähren, Heß, S. 17; Silberstein, S. 2. 44 Heß, S. 16; Klostermann, S. 24. Das englische Patentamt gab 1854 als erstes ein vollständiges Register englischer Erfindungsprivilegien von 1617 an heraus. Von 1623 bis Ende des 18. Jhdt. wurden nicht mehr Patente (2344) als in anderen Staaten erteilt, über die Hälfte ging auf die industrielle Revolution zwischen 1781 und 1800 zurück, Silberstein, S. 3. 45 Zimmermann, S. 97. 46 Beier, Gewerbefreiheit und Patentschutz, S. 189. Patente waren nützliche Monopole. Ihr Inhaber konnte Preise nicht zulasten des Markts frei bestimmen. Der für die Erfindung relevante Markt war in der Regel größer als ihr Anwendungsbereich und ließ Umgehungen durch Fortentwicklungen oder substituierende Erfindungen zu, Bernhardt / Kraßer, S. 35. 47 Silberstein, Vorwort S. IV. 48 Ein anfänglicher Ausführungszwang entfiel, geändert wurden Patentdauer, Verlängerungsmöglichkeiten und Verfahrensregelungen. Das materielle Recht bildete sich in der Gerichtsbarkeit heraus, Klostermann, S. 25. Erst seit 1852 waren verständliche Beschreibungen, Antragsteller, Titel und Tag der Anmeldung beizufügen. Ein Vorprüfungssystem lag hierin nicht, der Anmelder sicherte sich die Priorität und einen einstweiligen Schutz. Die Festlegung einer Einspruchsfrist bedeutete den Ursprung des Einspruchsverfahrens. Mit zunehmender Internationalisierung erstreckte sich der Patentschutz nicht mehr auf Vorrichtungen, die auf fremden Schiffen in englischen Häfen benutzt wurden, vgl. später § 5 Abs. 3 PatG 1877. 49 Einzelne Kolonien hatten dem Statute of Monopolies gleichlautende Patentgesetze, Klostermann, S. 37.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

hen.50 Die Verfassung der USA vom 17. September 1787 wies den Schutz des geistigen Eigentums der Schriftsteller und Erfinder der Bundesgesetzgebung zu.51 Unter naturrechtlichen Vorstellungen und dem Einfluss der sich gleichzeitig in Frankreich vollziehenden Revolution entstand am 10. April 1790 ein erstes eigenes Patentgesetz, das am 27. Juni in Kraft trat.52 Dieses erkannte das geistige Eigentum des Erfinders an seinem Werk an und rückte den Patentschutz vom Privileg zum gewerblichen Eigentumsrecht.53 Ein Patent erhielt nur der wahre und erste Erfinder für die Dauer von 14 Jahren. Das Gesetz wurde bereits am 21. Februar 1793 durch ein neues ersetzt, das die Vorprüfung aufhob.54 Von da an bestand ein reines Anmeldesystem nach französischem Vorbild, welches eine Fülle lästiger Prozesse nach sich zog.55 Abhilfe schaffte ein weiteres Gesetz von 1836, welches die Vorprüfung wiedereinführte, nun durch Sachverständige eines „Patent Office“.56 Einzelne Änderungen bis 1870 fassten die Revised Statutes vom 22. Juni 1874 zusammen.57

d) Das französische Patentgesetz von 1791 Im französischen Absolutismus Ludwigs XIV. (1643 – 1715) gipfelte die Politik der willkürlichen Privilegienerteilung in der Förderung der Luxusgewerbe. Die Finanzpolitik Colberts suchte immer neue Quellen, um die Neigungen seines prachtliebenden Sonnenkönigs zu befriedigen. Wenig Erfinderprivilegien und mehr vom Ausführungszwang gekennzeichnete Fabrikprivilegien kennzeichneten die Erteilungspraxis. Als 1685 das Edikt von Nantes (1598) aufgehoben wurde, welches den Reformierten die gleichen Rechte wie den Katholiken zugesichert hatte, verließ ein Großteil der Handwerker und Gewerbetreibenden Frankreich. Die Wirtschaft stand unter strenger polizeilicher Aufsicht.58 Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241. Art. I, c. 8 § 8 der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. 52 Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 244. 53 Zwecks einer Vorprüfung waren alle Anmeldungen an eine Kommission aus Außen-, Kriegs- und Justizminister zu richten. Sie stellten hohe Anforderungen an Beschreibung und Zeichnung. Patentierbar waren Erfindungen von Handwerksmethoden, Maschinen, Vorrichtungen und Verbesserungen derselben. Sie mussten neu, nützlich und „wichtig genug“ sein. 54 Damme / Lutter, S. 33 f. 55 Patente wurden mißbräuchlich und auf nicht patentfähige Gegenstände erteilt, Damme, S. 34. In Frankreich wies seit 1800 eine Erklärung zur Patenturkunde darauf hin, dass für Neuheit, Nutzen und Erfolg der Erfindung keine Bürgschaft übernommen werde, die in den USA fehlte. Seit 1812 fasste ein kurzer Satz am Schluss der Beschreibung den wesentlichen Inhalt zusammen. Das war der Anfang des Patentanspruchs. 56 G v. 4. 7. 1836, abgedruckt in: Schuller, S. 1 ff.; Damme, S. 52. 57 Osterrieth, Lehrbuch, S. 38. Für Ausländer galten erhöhte Gebühren. Die Dauer stieg 1861 auf 17 Jahre. Zur weiteren Entwicklung des US-amerikanischen Patentrechts Vgl. Mayer / Avery, S. 1 ff. 50 51

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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Im Jahr 1762 beschrieb Rousseau59 die Gesellschaft als einen freien vertraglichen Zusammenschluss der Individuen im Staat und brachte damit seine Abneigung gegen die bestehenden Verhältnisse zum Ausdruck.60 Die Mißwirtschaft setzte sich dennoch fort.61 1787 empfahl die Handelskammer der Normandie, die mit England einen Handelsvertrag abgeschlossen hatte, die Einführung des englischen Patentsystems in Frankreich.62 Erst die beginnende Revolution führte zu tiefgreifenden Änderungen. Am 4. August 1789 erklärten die Etats généraux die Abschaffung aller Privilegien.63 Hiermit war die Gewerbefreiheit als Grundsatz ausgesprochen. Eine Kommission wurde mit der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs beauftragt. Die Grundannahme war, dass der Mensch ein natürliches Eigentum an seinen Gedanken habe. Aufgabe des Staates sei es, ihm dieses zu garantieren.64 Mit der Aufstellung gesetzlicher Vorschriften sollte die französiche Industrie gefördert werden, die von der englischen Wirtschaft durchdrungen war. Auch das naturrechtlich geprägte französische PatG wies Anreizgedanken auf, im Vordergrund stand aber die Anerkennung des Erfinderrechts.65 Am 7. Januar 1791 trat das französische Patentgesetz in Kraft.66 Das Gesetz regelte als Grundprinzip, dass jede Erfindung Eigentum ihres Urhebers sei, und räumte ihm ein unbeschränktes Benutzungsrecht ein.67 Neben technischen Erfindungen waren Verbesserungserfindungen und die Einführung ausländischer Techniken patentfähig.68 Eine materielle Vorprüfung der angemeldeten Erfindung fand nicht statt,69 es galt ein reines Anmeldungssystem.70 Der Versuch, Damme, S. 18; Osterrieth, Lehrbuch, S. 35. Rousseau, Du contrat social. 60 Die Entwicklung der Vertragstheorie, siehe S. 70, lag da nahe, Damme, S. 14 ff. Im gleichen Jahr, am 24.12., versuchte ein königliches Edikt, Grundsätze über die Rechte der Inhaber von Erfindungsprivilegien aufzustellen. Es regelte u. a. eine 15jährige Dauer, einen Anwendungszwang, die Erteilung nach Ermessen, Klostermann, S. 18 ; Rénouard, S. 107. 61 Osterrieth, Lehrbuch, S. 35. Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 249, beschrieb häufige Doppelerteilungen von Patenten als weitere Einflüsse, die die betriebene Praxis unhaltbar machten. 62 Schuller, S. 103. 63 Osterrieth, Lehrbuch, S. 36. 64 Zuvor waren Menschenrechte und Freiheiten anerkannt worden, Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 250. 65 Art. 1 des PatG v. 1791: „Toute découverte ou nouvelle invention dans tous les genres d’industrie est la proprieté de son auteur.“ Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 3 66 Klostermann, S. 47. Der Gesetzestext ist abgedruckt in: Schuller, S. 105 ff. Zu Entstehung, Vorbildern und Inhalt des französischen PatG siehe Feldmann, S. 35 ff. 67 Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 251. 68 Hier wurde das G seinem naturrechtlichen Anspruch nicht gerecht, Bernhardt / Kraßer, S. 47. In Anbetracht der französischen Wirtschaft war die Entscheidung zur Patentierung von eingeführten Techniken aber richtig, Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 251. 69 Die Zünfte, die vormals prüften, hatte die Nationalversammlung gerade abgeschafft. Im Übrigen traute man einem unabhängigen Beamtengremium nach den Erfahrungen der Vergangenheit nicht, Damme, S. 24; Feldmann, S. 67. 58 59

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

1798 eine mehrinstanzliche Vorprüfung einzuführen, war unvereinbar mit dem Gedanken des Eigentumsrechts, das durch die Vorprüfung noch vor Entstehung vernichtet würde.71 Das Gesetz von 1791 fand, wahrscheinlich wegen der unsicheren Umbruchszeiten, kaum Anwendung; seit der Jahrhundertwende zog es viel Kritik von Erfindern und Industrie auf sich, die sich unzureichend geschützt fühlten.72 Am 5. Juli 1844 nahm ein neues Patentgesetz Reformbestrebungen auf, ohne die Grundzüge des alten wesentlich zu ändern.73 Bedeutung erlangte das französische PatG aufgrund seiner Anerkennung des Erfindereigentums, sowie der daraus sich ergebenden Regelung des Anmeldungssystems ohne Vorprüfung. Es knüpfte die Erteilung des zeitlich und territorial begrenzten Ausschlussrechts an formelle Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Erfinder das Patent beanspruchen konnte. Mit der Abwendung von der Willkür der Privilegien, welche ihrer Rechtsnatur zufolge dem öffentlichen Gewohnheitsrecht angehörten,74 und der Anerkennung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf das Patent legte das Gesetz von 1791 über die Grenzen Frankreichs hinaus den Grundstein für eine moderne Patentgesetzgebung.

II. Das deutsche Patentwesen In Deutschland lassen sich Patente bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen.75 Der 30jährige Krieg lähmte das Privilegienwesen.76 Ein gesetzlicher Anspruch auf das Patent oder eine geregelte Erteilungspraxis bestand nicht. 1776 verfasste Adam Smith seine antimonopolistischen Lehren. Obwohl er sich darin keineswegs gegen 70 Mit Anmeldung war eine genaue Beschreibung zu hinterlegen. Erteilt wurden verkehrsgängige Patente auf 5, 10 oder 15 Jahre. Danach gehörte die Erfindung der Allgemeinheit. Inhaber konnten patentverletzende Gegenstände beschlagnahmen lassen und Schadenersatz fordern. Ein Teil der Ersatzsumme war zur Strafe an die Armenkasse zu zahlen, Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 251. Im Fall zweier identischer Patente entschied die Priorität. Wie in England war der wahre Erfinder geschützt, allerdings nur, wenn er die Erfindung offenbarte und ausführte. Der Ausführungszwang ging auf Colbert zurück, er sollte nationale Produkte fördern und ausländische Importe behindern. Der Erfinder verlor sein französisches Patent, wenn er im Ausland ein Patent beantragte oder wesentliche Angaben verschwiegen hatte, Damme, S. 26 ff. 71 Damme, S. 25. 72 Feldmann, S. 70 f. 73 Eine Übersetzung des Gesetzestexts findet sich bei v. Kleinschrod, S. 116 ff. Damme, S. 53 f. Zum Inhalt des Gesetzes siehe Feldmann, S. 77 ff., 98. Zur weiteren Entwicklung des französischen Patentrechts Vgl. Feldmann, S. 102 ff.; Stauder, S. 88 f.; Chavanne / Azéma, S. 1 ff. 74 Silberstein, S. 8, beschrieb das Privileg als administrativen Akt aufgrund eines Gesetzes. Freies Ermessen der Behörde wich dem Rechtsanspruch des Erfinders. 75 Pohlmann, GRUR 1960, S. 272 ff. 76 Bernhardt / Kraßer, S. 48 f.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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Erfindungspatente aussprach, verallgemeinerte die Freihandelsschule die übernommenen Grundsätze und mißbilligte die Patentidee.77 Deutschland war technologisch und industriell gegenüber England und Frankreich ein Entwicklungsland. Nach allgemeiner Anschauung haftete der gewerblichen Nachahmung ausländischer Erfindungen kein sittlicher Makel an. Ein Bedürfnis nach einem modernen Patentrecht entstand erst mit eigenen Erfindungen, um sie vor Dritten zu verteidigen. Von da an gewannen wirtschaftliche Argumente an Bedeutung.78 Nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen 1806 entsprach es der politischen Absicht, die Einzelstaaten nicht gänzlich auseinanderfallen zu lassen. Mit dem Wiener Kongress wurde 1815 der Deutsche Bund geschaffen. Ein einheitliches Recht lag jedoch in weiter Ferne. Die süddeutschen Staaten unterlagen dem Einfluss Österreichs, das im Deutschen Bund eine führende Rolle einnahm. Die linksrheinischen Staaten übernahmen in der besetzten Zeit das französische Patentrecht. 1. Der Patentschutz in den Deutschen Einzelstaaten Preußen regelte das Patentwesen 1815 durch einfache Bekanntmachung.79 Dem Publicandum fehlte eine gesetzliche Grundlage, unbehelligt dessen fand es über Jahrzehnte Anwendung.80 Die Patenterteilung blieb Gnadensache der Könige. Kennzeichnend war eine der Erteilung vorausgehende Vorprüfung der Erfindung auf ihre Neuheit.81 Die Technische Deputation, eine Kommission von nur sechs Fachleuten, prüfte die Anmeldung. Sie war bald der Flut von Anträgen nicht mehr gewachsen, was zu einer sehr restriktiven, das preußische Patentrecht prägenden Erteilungspraxis führte.82 In Bayern galten zwei unterschiedliche Regelungen. In der Pfalz blieb das französische Patentgesetz von 1791 aus der Zeit der französischen Herrschaft in Geltung.83 Eine eigene Gesetzgebung erging für den übrigen Teil 1825 mit dem BayeSilberstein, S. 299. Beier, GRUR 1978, S. 128. 79 Publicandum v. 14. 10. 1815, abgedruckt in: v. Kleinschrod, S. 167 f. 80 Gesetzliche Anerkennung erhielt es erst durch § 9 der Preußischen Allgemeinen Gewerbeordnung v. 17. 1. 1845, Preußische Gesetzessammlung 1845 (Nr. 5), Nr. 2541, S. 41 ff., Klostermann, S. 234. 81 Bernhardt / Kraßer, S. 49; Silberstein, S. 267. Inländische Erfinder und Ersteinführer, später auch ausländische, konnten für 6 Monaten bis 15 Jahre Schutz erlangen. Führten sie die Erfindung nicht binnen einer Frist aus, ließ eine Regelung über den Ausführungszwang das Patent erlöschen, Kohler, Handbuch, S. 22 f. 82 v. Kleinschrod, S. 162 ff. 1820 – 1830 wurden nur ca. 15 Patente jährlich erteilt, in den 30er Jahren nur ca. 25, in den 40ern nur 50 – 70, danach sogar 90% abgelehnt, Heggen, GRUR 1977, S. 322 ff. Unter dem Einfluss der Freihandelsschule sank ab 1850 die Zahl der erteilten Patente und stieg erst wieder 1873, Kohler, Handbuch, S. 23. 83 Klostermann, S. 103 f. 77 78

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

rischen Gewerbegesetz.84 Eine Vorprüfung kannte es nicht, es galt nach französischem Vorbild das Anmeldesystem.85 Es berücksichtigte den Anspruch auf das Patent, führte aber zu zahlreichen Patentstreitigkeiten. Erteilte Patente mussten nachträglich oft wieder vernichtet oder zurückgenommen werden.86 Als sehr erfinderfreundlich erwies sich die Württembergische Gesetzgebung, die seit 1828 Patente ohne Vorprüfung erteilte.87 Baden regelte die Materie 1845 durch Ministerial-Rescript88 und sah einen strafrechtlichen Schutz im Polizeistrafgesetzbuch von 1863 vor.89 Ähnlich verhielt sich Hannover seit 1847.90 Sachsens Regelung eines Anmeldesystems ohne Vorprüfung, dafür mit der Möglichkeit, Patente zurückzunehmen, galt als erfinderfreundlich.91 Hessen erteilte wie Preußen Patente sehr zurückhaltend.92 In den Hansestädten Hamburg, Bremen und Lübeck und in 84 G, betr. die Grundbestimmungen für das Gewerbewesen, v. 11. 9. 1825, Bayerisches GBl. 1825, S. 136, Königlich Allerhöchste Verordnung, den Vollzug des Art. 9 der gesetzlichen Grundbestimmungen für das Gewerbswesen betr., v. 15. 8. 1834, Bayerisches RegBl. 1834, S. 992 f., Königlich Allerhöchste Verordnung, den Vollzug der Grundbestimmungen des Gewerbsgesetzes vom 11. September 1825 über die Gewerbs-Privilegien betr., v. 10. 2. 1842, Bayerisches RegBl. 1842, S. 469 ff., Königlich Allerhöchste Verordnung, den Vollzug der gesetzlichen Grundbestimmungen für das Gewerbswesen in den sieben älteren Kreisen des Königreichs betr., v. 17. 12. 1853, Bayerisches RegBl. 1853, S. 1867 ff., Königlich Allerhöchste Verordnung, den Vollzug der gesetzlichen Grundbestimmungen für das Gewerbswesen in den sieben älteren Kreisen des Königreichs betr., v. 21. 4. 1862, Bayerisches RegBl. 1862, S. 717 ff.; Schuller, S. 60 ff. 85 Der Gegenstand musste neu, eigentümlich und gemeinnützig sein. Die Erteilung erfolgte auf höchstens 15 Jahre. Vorgesehen waren steigende Gebühren und ein Register, das Vorbild der späteren Patentrolle, Heggen, GRUR 1977, S. 322, 323 f. 86 Anders als beim Vorprüfungssystem blieb der neue Besitzstand unsicher, solange seine Gültigkeit nicht anerkannt oder festgestellt war. Ungültige Patente verringerten den allgemeinen Verkehrswert des Rechts, VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 370, 371. 87 Allgemeine Gewerbeordnung v. 22. 4. 1828, Württembergisches RegBl. 1828, S. 237 ff., Art. 141 ff. der Revidierten allgemeinen Gewerbeordnung v. 5. 8. 1836, Württembergisches RegBl. 1836, S. 385 ff., modifiziert im G, betr. die Erfindungs- und Einführungs-Patente v. 29. 6. 1842, Württembergisches RegBl. 1842, S. 349 ff.; Schuller, S. 106 ff.; Heggen, GRUR 1977, S. 322; Osterrieth, Lehrbuch, S. 42. 88 Ministerial-Rescript v. 23. 5. 1845, abgedruckt in: Stolle, S. 16 f. 89 § 34 Nr. 3, § 135 Polizeistrafgesetzbuch für das Großherzogthum Baden v. 31. 10. 1863, Badisches RegBl. 1863, S. 439 ff. 90 Heß, S. 19. §§ 269 ff. der Gewerbeordnung v. 1. 8. 1847, Gesetzessammlung Hannover 1847, No. 46. 91 Heggen, GRUR 1977, S. 322. Sachsen publizierte zunächst die Zollvereinsübereinkunft, siehe dazu Fn. 98 dieses 1. Abschnitts, später erließ es die Verordnung, die Ertheilung von Erfindungsprivilegien (Patenten) betreffend, v. 20. 1. 1853, Sächsisches GuVOBl. 1853, S. 8 ff. (No. 7); Schuller, S. 166 f.; Allfeld, Einleitung S. XIV. 92 Heggen, GRUR 1977, S. 322. Art. 104 des Titels IX. der Verfassungs-Urkunde für das Großherzogtum Hessen; § 36 der Verfassungs-Urkunde v. 5. 1. 1831, Gesetzessammlung Hessen 1831 (Nr. I.-Januar), S. 1 ff., § 25 der Verfassungs-Urkunde für das Kurfürstenthum Hessen v. 13. 4. 1852, Gesetzessammlung Hessen 1852 (Nr. II.-April), S. 4 ff.; auszugsweise abgedruckt in: Stolle, S. 17.

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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Mecklenburg wurden keine Patente erteilt. In patentrechtlicher Hinsicht glich Deutschland einem Flickenteppich oder einem Land ohne Infrastruktur.93

2. Auf dem Weg zu einem einheitlichen Patentschutz Der Mangel an Einheitlichkeit war für die wirtschaftliche Entwicklung hinderlich.94 Für einen weitreichenden Schutz waren überall nach den örtlich ungleich ausgeprägten Regeln Anträge zu stellen und Gebühren zu zahlen. Ein in ganz Deutschland wirkender Schutz war dennoch nicht zu erlangen. Das veranlasste die Erfinder, ihre Erfindungen lieber geheim zu halten oder auszuwandern.95 Es bestand das dringende Bedürfnis, die geschichtlich bedingte rechtliche Zersplitterung zu überwinden.96

a) Die Zollvereinsübereinkunft Am 1. Januar 1834 wurde der deutsche Zollverein von 18 teilnehmenden Staaten gegründet, dem in der Folge alle reichsdeutschen Staaten beitraten. Schon die Angleichung der Erteilungsprinzipien und des Nachahmungsschutzes erwiesen sich als unausführbar. Die ungleiche Wirtschaftspolitik und der Widerstand Preußens ließen die Konferenz nahezu ergebnislos97 am 21. September 1842 mit der Übereinkunft der zum Zoll- und Handelsverein verbundenen Regierungen wegen Erteilung von Erfindungspatenten und Privilegien enden.98 Das RG beschrieb später treffend, dass ( . . . ) die Uebereinkunft vom 21. September 1842 es bei dem in den einzelnen Zollvereinsstaaten bestehenden Patentgesetzgebungen beließ, indem sie nur anordnete, daß das Recht des Patentinhabers die Einfuhr patentirter Erzeugnisse aus einem anderen Zollvereinsstaate nicht zu hindern vermöge, daß die Angehörigen der Vereinsstaaten in jedem Zollvereinsstaate bei der Patentirung den Inländern gleich zu behandeln seien, und daß für die in einem Vereinsstaate bereits patentirte Erfindung keinem Dritten ein Patent in einem andeKlostermann, S. 1. Ausführlicher zu den einzelnen Regelungen Heggen, S. 43 ff. Gispen, Poems in Steel, S. 26. 95 Heggen, GRUR 1977, S. 322; Heß, S. 22 ff. 96 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 1. 97 Heggen, GRUR 1977, S. 322, 323. Vereinheitlichungen der Patentierungsverfahren in der EU gelten noch heute als fast aussichtslose Themen, George Parker in: Financial Times Deutschland v. 2. 9. 2004, S. 10. 98 Preußische Gesetzessammlung 1843 (Nr. 23), Nr. 2359, S. 265 ff.; ebenfalls abgedruckt in: v. Kleinschrod, S. 196 ff.; Stolle, S. 17 ff. Die Patenterteilung blieb Sache der Einzelstaaten. Außer bei Maschinen und Werkzeugen konnte der Patentinhaber Einfuhr, Absatz und Gebrauch des patentierten Gegenstands nicht verbieten, und gar nicht den Verkauf in einem anderen Vereinsstaat, Rosenthal, Einleitung S. 6. Die Übereinkunft garantierte allein ein ausschließliches Herstellungsrecht, Kohler, Handbuch, S. 25. 93 94

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts ren Vereinsstaate ertheilt werden solle. Rechtlich wie thatsächlich wurden dadurch die verschiedenen in den einzelnen Bundesstaaten geltenden Patentgesetzgebungen nicht alterirt. Auch ist an der durch jenen Staatsvertrag geschaffenen Grundlage nicht überall festgehalten worden und es fehlte in Wirklichkeit bis zum Erlasse des Reichspatentgesetzes an jeder Gemeinsamkeit des Patentschutzes.99

b) Der Volkswirtschaftliche Kongress und die Antipatentbewegung Seit 1850 bildete sich unter dem Einfluss der englischen Freihandelslehre Adam Smiths in Deutschland eine Antipatentbewegung, die besonders in der deutschen Wirtschaftspolitik schnell Fuss fasste.100 Danach sollte das freie Spiel der Kräfte nicht durch hemmende individuelle Monopole beeinträchtigt werden.101 Übersehen wurde, dass Smith zwar Monopole als gemeinschädlich verdammte, das Patentrecht aber als notwendiges Instrument der Erfindungsförderung ausnahm.102 Die ablehnende Einstellung schlug sich besonders in der Strenge der preußischen Erteilungsprüfung nieder. In diesem patentfeindlichen Klima entstand 1858 der Volkswirtschaftliche Kongress als Plattform des deutschen Wirtschaftsliberalismus. Sein bekanntester Vertreter war John Prince-Smith. Er bezeichnete die Erfindung als mühelosen Einfall und stellte sich damit gegen die Theorie des geistigen Eigentums: Erfindungen seien als Ausfluss der Zivilisation Gemeingut.103 Die Freihändler hielten deswegen Erfindungspatente für gemeinwohlschädlich.104 Unter ihrem Einfluss lehnte Preußen eine Rechtsvereinheitlichung im Deutschen Bund ab, obwohl eine von der Bundesversammlung berufene Kommission 1863 ein Patentrecht nach dem Anmeldesystem ohne Vorprüfung empfahl.105 Die Mehrheit der Handelskammern stimmte 1863 für die Aufhebung des Patentschutzes.106 Im Ausland schafften die Niederlande – als einziger Staat mit dieser bedingungslosen Konsequenz – 1869 ihr Patentgesetz ab. Bis in die 60er Jahre schien die Antipatentbewegung die Oberhand im Streit um ein Patentrecht zu gewinnen.107 Noch RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). 1776, im Jahr der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, veröffentlichte Adam Smith seine Arbeit „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“. Es ging um die Wichtigkeit wirtschaftlicher Freiheiten, freier Märkte, fairen Wettbewerbs und um die Rolle des Staats in der nationalen Wirtschaft. 101 Nach Smith war z. B. die Arbeit eines Musikers nicht schutzwürdig, sobald der letzte Ton verklungen war, da ihr kein verkaufbarer Wert verblieb. 102 Gleiches galt für Jeremy Bentham und John Stuart Mill, Beier, GRUR 1978, S. 129; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 376. 103 Silberstein, S. 277, Fn. 105. 104 Tatsächlich hatten viele Länder im Vergleich zu ihrer technischen und wirtschaftlichen Entwicklung veraltete Patentgesetze, die sich als unzureichend oder sogar hinderlich erwiesen, Heggen, GRUR 1977, S. 322, 324; ders., S. 72 ff. 105 Heggen, GRUR 1977, S. 322, 324; Osterrieth, Lehrbuch, S. 44 f. 106 Treue in: Coing / Wilhelm, S. 171. 99

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1872 beantragte die preußische Regierung beim Bundesrat, den bestehenden partikularen Patentschutz abzuschaffen.108 Gegen den Patentschutz wurde angeführt, dass die aus den Einzelstaaten bekannten Systeme – das Fehlen jeglichen Patentschutzes, das Vorprüfungs- und das reine Anmeldungssystem – zu großen Unzuträglichkeiten führten. Ihre positiven Zwecke, den Erfinder zu belohnen und das Erfinden zu fördern, erfüllten Patente nicht. Die Sicherung der Investitionen sei nicht gewährleistet, weil für Verbesserungen eigene Patente vergeben würden. Hohe Patentgebühren und Prozesskosten zur Durchsetzung der Rechte belasteten die Erfinder vielmehr. Sie seien sogar zur Anmeldung ihrer Erfindungen gezwungen, um nicht selbst von der Benutzung ausgeschlossen zu werden, wenn ihnen ein anderer zuvorkam. Ein externer Anreiz sei überflüssig, da der Erfinder aus eigenem Erfindungsdrang, oftmals zufällig erfinde. Gerade gute Erfindungen fänden die zur Ausführung erforderlichen Mittel auf dem freien Markt. Weiter werde das Allgemeininteresse, die Fortentwicklung der Technik und die Belebung der Wirtschaft, nicht gefördert. Um die Erfindung für sich zu sichern, arbeite der Erfinder allein. Dagegen könne bei einer Freigabe durch die Beteiligung vieler ein größerer Nutzen gezogen werden. Die Offenlegung – ein zentraler Punkt der Befürworter – finde ohnehin meistens durch die Verwertung statt, welche der Erfinder aus eigenem Interesse betreibe. Erfindungen verbreiteten sich langsam wegen des Mißtrauens gegenüber Neuem, und noch langsamer, wenn es nur einen Verwerter gab. Mit Patenten ließen sich Industrien gezielt behindern, um aus dem Verkauf der Rechte Gewinn zu schlagen. Als Monopolist könne der Patentinhaber allein die Preise bestimmen, ohne Konkurrenten zu fürchten. Meist erwarte der Erfinder beliebige Gewinne. Wirtschaftlich schafften nicht Monopole Gewinn, sondern durch Konkurrenz belebte Märkte. Wenn der Absatz steige, senkten sich die Herstellungskosten, was wiederum höhere Gewinne mit sich bringe. Als praktischer Grund gegen den Patentschutz wurde angeführt, dass die zunehmende Spezialisierung die Vorprüfung auf Neuheit erschwere.109 c) Der Verein deutscher Ingenieure und die Propatentbewegung Auf der anderen Seite sprach sich in Deutschland die „Propatentbewegung“ verstärkt für einen Schutz aus, als ihre Gegner sich durchzusetzen drohten.110 1856 107 Beier, GRUR 1978, S. 130; die erfinderfeindliche Politik und der fehlende Schutz trieben deutsche Erfinder ins Ausland, wo leichter Kapital für die Erfindertätigkeit aufzutreiben und zu forschen war. Ausländer importierten oftmals ihre patentierten Gegenstände aus Angst vor Nachahmung nicht nach Deutschland. 108 Klostermann, S. 109. Vorausgegangen war die Plenarsitzung des RT mit einer berühmten Rede Prince-Smiths, StenBer-RT 1. Leg., III. Sess. 1872, Erster Bd., 1872, 19. Sitzung v. 10. 5. 1872, S. 303, 304 ff. 109 StenBer-RT 1. Leg., III. Sess. 1872, Erster Bd., 1872, 19. Sitzung v. 10. 5. 1872, S. 303, 304 ff. 110 Beier, GRUR 1978, S. 130.

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gründete sich der Verein deutscher Ingenieure, zu dem sich Techniker, Ingenieure und Unternehmer zur Wahrung von Erfinder- und Anwenderinteressen zusammengeschlossen hatten. Bereits 1863 lag auf der Hauptversammlung ein ausgearbeiteter Entwurf eines Patentgesetzes nebst Motiven vor.111 Größere Aufmerksamkeit fand im selben Jahr Siemens mit einem bekannt gewordenen Gutachten zur Patentfrage.112 Er argumentierte volkswirtschaftlich, dass ein Patentschutz die innovationsbezogene Investitionstätigkeit fördere und Fabrikgeheimnisse verhindere. Kapitallose Erfinder und kapitalkräftige Unternehmen fänden zueinander. Die Befürworter des Patentschutzes betonten, dass die Erfindertätigkeit durch den in Aussicht gestellten Schutz angeregt werde, und dass er der schädlichen Geheimhaltung entgegenwirke.113 Für den Patentschutz sprach, dass ohne ihn der Erfinder kaum einen Grund hatte, die technische Funktionsweise seiner Erfindung offenzulegen. Anders als das Urheberrecht entstand das Patent nicht mit dem Erfinden, sondern erst durch staatliche Verleihung, und diese setzte die Offenbarung voraus. Das Patent belohnte den Erfinder für die Erfindung und ihre Offenlegung. Auf mehrfache Weise regte es zu neuen Erfindungen an: Die Aussicht auf einen Gewinn ermutigte dazu, in die Erfindertätigkeit zu investieren; Wettbewerber wurden durch das Ausschlussrecht genötigt, eigene Lösungen für technische Aufgaben zu entwickeln; schließlich luden Patente zur Verbesserung und Fortentwicklung der Technik ein. Durch die dem Patent immanente Zeitbegrenzung114 waren Erfindungen für die Gesellschaft zugänglich, die Gebühren wirkten hier beschleunigend. Die Übertragbarkeit der Ausschlussrechte ermöglichte es, beinahe jede Erfindung zu verwerten. Die Befürworter verkannten nicht, dass der Anwender ohne unmittelbare Konkurrenz zu überhöhten Preisen herstellen und veräußern und damit den freien Handel behindern konnte, der bereits nach damaligem Verständnis eine Voraussetzung für wirtschaftlichen Aufschwung war. Zuspruch fand diese Begründung wegen der vorbildlichen Entwicklung der Industrie in England und den USA. Deutschland, Dänemark und Holland, die keine oder nur mangelhafte Patentgesetze hätten, fielen dagegen weit ab. Das Bestehen des Patentschutzes in anderen Ländern führe zum Abwandern deutscher Erfinder, Osterrieth, Lehrbuch, S. 44. Abgedruckt in: v. Siemens, Wissenschaftliche und technische Arbeiten: Unter Hinweis auf den Vorsprung Frankreichs und Englands warb Siemens dafür, das Patent so zu formulieren, dass es die Investitionsbereitschaft des Unternehmers förderte. Heggen, S. 91 ff.; ders., GRUR 1977, S. 322, 324. 113 Der VdI gab mit Petitionen, Veröffentlichungen und eigenen Gesetzesentwürfen, siehe Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage A, wichtige Anstöße zur Entstehung des PatG 1877, König in: Ludwig, S. 262. 114 Die zeitliche Begrenzung des Ausschlussrechts trug wesentlich zur Lösung des Interessenkonflikts zwischen individuellem Schutz und Gewerbefreiheit bei. Daneben begegneten die Befürworter den Bedenken mit dem Vorschlag eines Lizenzzwangs für den Fall, dass der Patentinhaber die Erfindung nicht ausführte oder sich trotz angemessener Vergütung weigerte, Lizenzen zu erteilen, Vgl. Pahlow in: Pahlow, S. 243 ff. 111 112

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so dass besonders englische und amerikanische Erfindungen oftmals von Deutschen herrührten.115 Die Patentlosigkeit sei allenfalls für Nachahmer fremder Industrien vorteilhaft, diene aber nicht der Weiterentwicklung und Schaffung von neuem. Im Allgemeinen bringe die Definition von Rechten für eine Seite Schutz, für eine andere Beschränkungen mit sich.116 Der Erfinder benötige einen Antrieb, er wolle die Früchte seiner geistigen Arbeit und seine materiellen Opfer gesichert sehen. Schließlich ließen sich bei ausreichendem Schutz ausländische Erfindungen nach Deutschland holen. Besonders deutlich wurde der Rückstand Deutschlands gegenüber dem Ausland durch die Weltausstellung von 1876 in Philadelphia. Hier zeigte sich der Vorsprung Amerikas infolge des dortigen Patentwesens, während die von der deutschen Industrie vorgestellten Produkte Nachahmungen waren und als qualitativ „billig und schlecht“ gebrandmarkt wurden.117

3. Das erste deutsche Patentgesetz von 1877 In den 60er und 70er Jahren lag die deutsche Wirtschaft weit hinter der amerikanischen und englischen zurück. Als Kanzler des Norddeutschen Bundes stellte Bismarck 1868 im Bundesrat den Antrag zu prüfen, ob an dem Patentschutz festgehalten werden solle.118 Mit der Gewerbeordnung von 1869, die erstmals vollständige Gewerbe-, Handels- und Wettbewerbsfreiheit vorsah, war ein Grundstein für die Erarbeitung eines Patentrechts gelegt.119 Der deutsch-französische Krieg von 1870 / 71 und die Reichsgründung drängten jedoch die Schaffung des Patentrechts zunächst in den Hintergrund. Überdies war die Ausgestaltung noch nicht ausführlich genug erörtert. Der politische Wind drehte sich, als schon Anfang der 70er Jahre eine Wirtschafts- und Agrarkrise die Bismarcksche Freihandelspolitik zu Fall brachte.120 Für die wirtschaftliche Entwicklung waren die Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes besonders wichtig.121 Die Motive zum PatG brachten Rosenthal, S. 14; v. Siemens, Lebenserinnerungen, S. 259. Klostermann ging davon aus, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Patentschutzes die geringfügigen Einschränkungen bei weitem ausglichen, Drucks-BR 1876 Nr. 70. 117 Die Bewertung ging zurück auf einen Brief von Franz Reuleaux aus Philadelphia, Heggen, GRUR 1977, S. 322, 325; Isay (1920), S. 20; v. Siemens, Lebenserinnerungen, S. 261. 118 Erwähnt in: Dritter Bericht der Kommission für Petitionen, StenBer-RT 1. Leg., III. Sess. 1872, Dritter Bd., 1872, Aktenstück Nr. 48, S. 198; Wadle in: Festschrift GRUR, S. 93, 174. 119 Beier, Gewerbefreiheit und Patentschutz, S. 202. 120 Zu beobachten ist die Umkehr vom Liberalismus zum Protektionismus auch anhand der Erteilungszahlen: 1871 wurden nur 5% (36 von 713) der beantragten Patente erteilt, 1873 14% und 1876 27,6% (463 von 1679), Heggen, GRUR 1977, S. 322, 325. 121 Erste reichsgesetzliche Regelungen waren für den Markenschutz das G über Markenschutz v. 30. 11. 1874, RGBl. 1874, S. 143, in Kraft seit 1. 5. 1875, und für Geschmacksmuster das G, betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen v. 11. 1. 1876, RGBl. 1876, 115 116

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einen mindestens ebenso entscheidenden Beweggrund, sich der Regelung des Patentschutzes anzunehmen, zum Ausdruck: Die Frage, ob der Patentschutz für die Entwicklung des Gewerbefleißes in der That von so erheblicher Bedeutung ist, wie es heutzutage vielfach angenommen wird, kann zur Zeit auf sich beruhen bleiben. ( . . . ) Ob es gerathen, ob es überhaupt möglich wäre, einen solchen Schritt zu thun (scil. den Patentschutz zu beseitigen), wenn die Gewißheit dauernder Isolirung für Deutschland gegeben ist, erscheint mehr als fraglich.122

Der zögerliche Gesetzgeber befürchtete, Deutschland auf dem internationalen Parkett dauerhaft zu isolieren, was er in Anbetracht der damals stark zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen als nachteilig erkannte. Die Grundlage für ein gemeinsames Patentgesetz lieferte die Reichsverfassung vom 16. April 1871. Art. 4 Nr. 5 RV wies die Gesetzgebung für Erfindungspatente dem Reich zu.123 Die Initiative ergriffen gewerbliche Kreise mit Eingaben an die Gesetzgeber.124 Den Bestrebungen der Wirtschaft konnte sich die Politik trotz aller Gegenargumente nicht länger widersetzen. 1872 beschloss der Reichstag mit großer Mehrheit, den Reichskanzler zu ersuchen, auf eine einheitliche Regelung des Patentwesens durch die Reichsgesetzgebung hinzuwirken.125 Anlässlich der Wiener Weltausstellung fand 1873 ein internationaler Patentkongress statt. Er verschaffte der Propatentbewegung weitere Rückendeckung, indem er abschließend die Gründung von Patentschutzvereinen vorschlug.126 Der 1874 von Siemens ins S. 11, in Kraft seit 1. 4. 1876. Im Gegensatz dazu schützte das Patentrecht nicht die ästhetischen Gestaltung, sondern den verkörperten technischen Gedanken, RG v. 1. 11. 1905 (I 397 / 04). Urheberrechtlich ergingen ferner das G betr. den Schutz an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken v. 11. 6. 1870, BGBl. 1870, S. 339, das G, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste v. 9. 1. 1876, RGBl. 1876, S. 4, und das G, betr. den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung v. 10. 1. 1876, RGBl. 1876, S. 8. 122 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 15. 123 RGBl. 1871, S. 63 ff. (noch überschrieben mit BGBl. des Deutschen Bundes, Nr. 16): Art. 4: „Der Beaufsichtigung Seitens des Reiches und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten ( . . . ) Nr. 5) die Erfindungspatente“. Die Gesetzgebungskompetenz für den Schutz des geistigen Eigentums lag ebenfalls beim Reich, Art. 4 Nr. 6 RV. 124 Eingaben des Kaufmanns C.F. Wappenhans v. 27. 4. 1871 und 25. 3. 1872; Eingabe des Vorstands des VdI zu Karlsruhe und Eschweiler v. 3. 5. 1872; Eingaben des VdI v. 22. 7. 1873 und 4. 3. 1874 (Osnabrück und Karlsruhe); Eingabe des Verwaltungsrats des sächsischen Ingenieur- und Architekten-Vereins v. 7. 10. 1875; Eingaben von Franz Wirth v. 2. 2. 1877 und Carl Pieper v. 11. und 13. 2. 1877. 125 Gegner wie Befürworter hielten eine Regelung nur für nützlich, wenn sie einheitlich und in einem großen wirtschaftlichen Gebiet galt, Drucks-RT 1877 Nr. 8, Motive, S. 13; Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 1. 126 Vertreter der Wissenschaft und Industrie hielten im Ergebnis das Patent für das einzige Mittel, den technischen Fortschritt und die Offenbarung zu sichern. Für die vollständige Veröffentlichung neuer technischer Gedanken erhalte der Erfinder zur Belohnung ein Schutzrecht, gleichsam als Anreiz für neue erfinderische Tätigkeit. Die Veröffentlichung vermindere

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Leben gerufene Patentschutz-Verein127 arbeitete schon im folgenden Jahr den Entwurf eines Patentgesetzes aus.128 Nach einer Überarbeitung wurde er 1876 als „revidirter Entwurf“ dem Bundesrat in einer Petition übergeben und veröffentlicht.129 a) Die Entstehung des Patentgesetzes Im Bundesrat wies die preußische Regierung 1875 auf die Dringlichkeit einer Regelung hin und beantragte eine Enquete, um die Verhältnisse zu erörtern, welche bei der gesetzlichen Regelung des Patentwesens in Betracht zu ziehen waren.130 Der Bundesrat beschloss die Enquete am 27. April 1876. In der daraufhin einberufenen Kommission waren 22 Sachverständige aus Wissenschaft, Industrie und Gewerbeverbänden versammelt. Außerdem wohnten den Verhandlungen Vertreter des Bundesratsausschusses und des Reichskanzleramts bei. Nach Tagungen vom 29. August bis zum 2. September 1876 sprach sich die Enquete fast einstimmig für einen Patentschutz aus. Entgegen den Erwartungen waren sich die Mitglieder bei grundlegenden Regelungen einig und stellten ähnliche Anforderungen an das neue Recht.131 Im November 1876 wurde der Entwurf zu einem Patentgesetz im Reichskanzleramt ausgearbeitet, im Reichsanzeiger veröffentlicht132 und nach weiteren Ändeden volkswirtschaftlichen Gesamtaufwand, der Schutz verhindere die Abwanderung talentvoller Kräfte in Länder mit Patentschutz, Rosenthal, Einleitung S. 8 f. 127 v. Siemens, Lebenserinnerungen, S. 260. Gegründet am 28. 5. 1874, hatte er Erfinder, Industrielle, Wissenschaftler und Vereinen (z. B. VdI) zu Mitgliedern. 128 Patentschutz-Verein, Entwurf. Der Entwurf basierte auf dem des VdI, den Kongressverhandlungen und einem Bericht des Englischen Unterhauses („A Bill intitulated an Act for consolitdating, with Amendements the Acts relating to Letter Patents for Inventions“), Patentschutz-Verein, Revidirter Entwurf, S. 7. 129 Patentschutz-Verein, Revidirter Entwurf; VdIZ 1876, S. 412 ff. Um die Nachteile des reinen Vorprüfungs- oder Anmeldesystems zu verhindern, schlug der Verein, wie schon 1872 der VdI, die Einführung eines Aufgebotsverfahrens vor, Patentschutz-Verein, Revidirter Entwurf, S. 7 f. 130 Sie sprach sich in der Sitzung v. 22.6. für die Beteiligung sämtlicher Bundesstaaten aus. Das Ergebnis sollte den gesamtdeutschen Interessen entsprechen und nicht das System eines Einzelstaats wiederspiegeln. Der IV. Ausschuss erstellte einen Fragenkatalog für die Enquete, Drucks-BR 1876 Nr. 44: Empfahl sich ein gesetzlicher Schutz für Erfindungen überhaupt? Was sollte patentfähig, was vom Schutz ausgenommen sein? Weitere Fragen betrafen den Schutz von chemischen Erfindungen, Verfahren, Erzeugnissen, Anforderungen an Bekanntheit, die Vorbenutzung, Kombinations-, Abhängigkeits-, Verbesserungs- und Doppelerfindungen, den Schutzrechtsinhaber, die Übertragbarkeit und Dauer des Patents, die Vorprüfung, Verfahren, Institutionen und Zuständigkeiten, Gebühren, die Wirkung des Schutzes und vieles mehr. 131 Drucks-BR 1876 Nr. 70. 132 Reichsanzeiger v. 21. / 22. 11. 1876, Nr. 3 als Separat-Abdruck; Entwurf eines Patentgesetzes, ausgearbeitet von dem Reichskanzler-Amt, VdIZ 1876, S. 757 ff.

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rungen am 6. Februar 1877 im Bundesrat eingebracht.133 Dieser nahm den Entwurf mit geringen Änderungen134 an. Der Reichskanzler legte den Entwurf mit Motiven am 24. Februar 1877 dem Reichstag vor.135 Nach der 1. Lesung am 2. März wurde er der „VII. Commission“ überwiesen. Sie bestand aus 21 Mitgliedern; an ihren Beratungen nahmen drei Vertreter des Bundesrats und des Reichskanzleramts teil. In elf Sitzungen und zwei Lesungen beschloss sie weitere Änderungen und erstattete am 22. April Bericht.136 Die 2. und 3. Lesung im Reichstag auf Grundlage des Kommissionsentwurfs fanden am 1. und 3. Mai statt. Sie führten nur noch zu unwesentlichen Änderungen. Nach der Annahme durch den Reichstag stimmte auch der Bundesrat am 9. Mai zu. Das erste einheitliche deutsche Patentgesetz wurde am 25. Mai 1877 verkündet und trat am 1. Juli 1877 in Kraft.137

b) Das Gesetz von 1877 und seine Unzulänglichkeiten In fünf Abschnitten enthielt das PatG 1877 Vorschriften zum materiellen Patentrecht und zu den neuen patentrechtlichen Verfahren. Der erste Abschnitt war mit „Patentrecht“ überschrieben und regelte die Entstehung und den Untergang des Patents.138 Im Zweiten Abschnitt waren Aufgaben und organisatorischer Aufbau des PA beschrieben. Ihm folgten Abschnitte über die „Verfahren in Patentsachen“139 sowie über die straf- und zivilrechtlichen Folgen der Patentverletzung140. Der Fünfte Abschnitt beschäftigte sich mit „Uebergangsbestimmungen“ für die Umwandlung bestehender Landespatente in Reichspatente141 und den gesetzlichen Schlussbestimmungen zum Inkrafttreten des PatG.

Drucks-BR 1877 Nr. 14. Drucks-BR 1877 Nr. 14 und 25. 135 Drucks-RT 1877 Nr. 8. 136 Drucks-RT 1877 Nr. 144. 137 § 45 PatG 1877, RGBl. 1877, S. 501. Zur Zitierweise in dieser Arbeit siehe Fn. 7 der Einleitung. Der Gesetzestext ist auszugsweise im Anhang der Arbeit, S. 417 ff. abgedruckt. 138 §§ 1 und 2 betrafen die Patentfähigkeit als Erteilungsvoraussetzung, über die das PA in der Vorprüfung entschied; § 3 gewährte den Anspruch auf das Patent. Die Kernvorschrift des § 4 beschrieb die Wirkung des Patents und § 5 deren Schranken. § 6 regelte die Übertragbarkeit, § 7 die 15jährige Patentdauer, § 8 das Gebührenwesen und §§ 9 ff. das Erlöschen, die Nichtigerklärung und die Zurücknahme. 139 Siehe S. 122 ff. Durchgesetzt hatte sich das preußische Anmeldesystem mit Vorprüfung, §§ 20 ff. a.F. 140 § 34 Abs. 1 enthielt sowohl eine Strafbestimmung als auch einen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch. Nach verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Zuständigkeit und freien Beweiswürdigung sowie einer eigenen Verjährungsvorschrift stellte § 40 die Patentanmaßung unter Strafe. 141 Die Umwandlungsvorschriften verloren spätestens am 30. 6. 1892 mit Erlöschen der am 1. 7. 1877 bestehenden, in Reichspatente umgewandelten ursprünglichen Landespatente ihre Bedeutung. 133 134

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Das Gesetz war in erster Linie bestrebt, eine einheitliche Regelung des deutschen Patentwesens herbeizuführen und die anfangs widerstreitenden Meinungen zu berücksichtigen. Es sollte zur Entwicklung der heimischen Industrie beitragen und die Wirtschaft fördern.142 In den Grundzügen bewährte sich das PatG.143 Es brachte sowohl in seinen sachlich-rechtlichen Bestimmungen als auch in seinen organisatorischen und verfahrensrechtlichen Regelungen eine im wesentlichen noch heute erhalten gebliebene Ordnung des deutschen Patentwesens.144 Die Erfindertätigkeit nahm, wie die Anmeldungen in den Folgejahren belegen, stetig zu.145 Der „Geniekult“ des 18. Jhdt. wich dem planmäßigen Forschen in Laboratorien und Universitäten.146 Es folgte ein „technologischer Wasserfall“ neuer Erfindungen, begleitet vom euphorischen Glauben an die technische Lösbarkeit sämtlicher Probleme.147 Das PatG sicherte dem Erfinder die Frucht seiner Arbeit und schuf Anreize zu weiterer Erfindertätigkeit. Der Gesetzgeber hatte sein Ziel erreicht.148 Das Gesetz versuchte, unnötige Einschränkungen des gewerblichen Verkehrs zu verhindern. Die Abwägung zwischen erhofften Vorteilen und befürchteten Gefahren eines Patentrechts führte dazu, dass an vielen Stellen Kompromisse eingegangen wurden,149 die dem Schutz der Erfindung enge Grenzen setzten.150 Mängel zeigten sich bei der Organisation des PA und der Handhabung des Gesetzes.151 InBerger, S. XIII. Gierke, S. 853; Robolski (1893), S. 1. 144 Benkard, Einleitung Rn. 3. Das gilt ungeachtet aller seither erlassenen Änderungen und Neubekanntmachungen und des neu erlassenen PatG von 1936. 145 Siehe S. 76, Tabelle 1; Wadle, Bd. II, S. 69. Feldenkirchen, in: Hoffmann / Schreier, S. 1, spricht von einer zweiten Industrialisierung. 146 Insbesondere Chemie-Unternehmen unterhielten neben Forschungsabteilungen auch Patentabteilungen, welche die eigenen Patente pflegten, Anmeldungen der Konkurrenz überwachten und versuchten, Verbesserungserfindungen anzuregen, Zimmermann, S. 26 f., 34; Wilhelm, S. 103, 106. 147 Seckelmann, S. 3 ff. 148 Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 10. Er konnte sich auf zahlreiche Entwürfe und Vorschläge der an der Ausarbeitung beteiligten Vereine stützen, Bluhm, GRUR 1952, S. 341, 346. 149 VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 370. Seckelmann, S. 336 ff. und S. 414, sieht das PatG – allerdings mit Blick auf Erfindungen von Angestellten und das Anmeldeprinzip – als „rechtliche Rahmenordnung“. Es seien mit Absicht Fragen offen gelassen, um die liberale Reichstagsmehrheit vom Patentschutz zu überzeugen, S. 41. Das Erteilungsverfahren war eine Mischung aus Anmeldeprinzip und Vorprüfungssystem. Zwar hatte der Gesetzgeber die Vorprüfung im wesentlichen als ein provisorisches Verfahren gedacht, während die eigentliche Prüfung dem Nichtigkeitsverfahren vorbehalten sein sollte. Das PA hat dieses Verhältnis umgedreht, Robolski, Vor 40 Jahren, S. 69, 72. 150 Die Entscheidung für das Vorprüfungssystem entsprang der Furcht vor formell bestehenden Patenten, die mit der Nichtigkeitsklage wieder beseitigt werden mussten, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 9. 151 Osterrieth, Lehrbuch, S. 47; Robolski (1893), S. 2; Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage A, S. 47 ff.; Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 13; Kraßer, S. 64. Das PatG 1891 trug dem Rechnung, Wilhelm, S. 103. 142 143

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haltlich stellte es sich als unternehmerfreundlich, aber erfinderfeindlich heraus.152 Mitursächlich dafür war die maßgebliche Beteiligung Großindustrieller an den Gesetzgebungsarbeiten.153 Das Anmelderprinzip ermöglichte Nichterfindern die Anmeldung, so dass Arbeitgeber ihre Angestellten nötigten, ihre Erfindungen den Unternehmen zu überlassen. Letztere konnten die hohen Gebühren, das lange und komplizierte Erteilungsverfahren und die Einsprüche und Nichtigkeitsanträge ohnehin leichter ertragen.154 Dennoch erloschen über drei Viertel der Patente im fünften Jahr wegen Nichtzahlung der Gebühren. Bis 1900 sank die Zahl der Einzelerfinderpatente gegenüber den wirtschaftlich meist bedeutenderen Firmenpatenten erheblich.155 Ausführungs- und Lizenzzwänge nach § 11 entsprachen bald nicht mehr der deutschen Realität.156 Keine mustergültige Regelung hatten die Ansprüche aus dem Patent erfahren. Die Wirkung des Schutzes war leicht zu umgehen, indem in Deutschland patentierte Gegenstände aus dem Ausland bezogen oder in Einzelteilen hergestellt und zusammengesetzt wurden. Häufig zog das Prozesse nach sich.157 Weiter traf das Gesetz keine klare Aussage zum Erzeugnisschutz. Die deutsche chemische Industrie gewann in dieser Zeit an Bedeutung und genoss bald weltweit einen hervorragenden Ruf.158 Da nach § 1 chemische Stoffe nicht patentierbar waren, bestand sie auf einem Erzeugnisschutz. Gemeint war, dass ein nach einem bestimmten Verfahren hergestelltes Produkt vom Verfahrenspatentschutz mitumfasst sein sollte.159 Überhaupt wollte der Wortlaut des Gesetzes nicht immer auf den Verfahrensschutz passen.160 152 Beier / Moufang in: Festschrift GRUR, S. 241, 247; Gispen in: Boch, S. 85; Heggen, GRUR 1977, S. 322, 326; Pahlow in: Pahlow, S. 265 ff.; Treue in: Coing / Wilhelm, S. 179; Wadle in: Festschrift GRUR, S. 93, 176. Ursprünglich hatte der VdI ein erfinderfreundlicheres Gesetz beabsichtigt, sich letztlich aber der Kritik an den Entwürfen zum PatG enthalten, um dessen Verabschiedung nicht zu gefährden, Scholl in: Ludwig, S. 48. 153 Allgemeiner Erfinderverband, S. 78 ff. Nur die chemische Industrie glaubte anfangs, sich zurückhalten und weiterhin auf Fabrikgeheimnisse vertrauen zu können, Wilhelm, S. 103, 106. Erst als das Wissen um chemisch-technische Methoden zunahm, wuchs ihr Interesse am Patentschutz. Dem ersten Präsidenten der Deutschen Chemischen Gesellschaft, August Wilhelm Hofmann, gelang es wiederholt, geheimgehaltene Zusammensetzungen vermarkteter BASF-Produkte aufzuklären und zu veröffentlichen, Zimmermann, S. 20 f., 36 f. Auf die Chemie-Industrie war der Ausschluss chemischer Stoffe von der Patentfähigkeit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 zurückzuführen. 154 Der Anmelder bedurfte meistens der Hilfe eines Patentanwalts, das Gesetz gewährte keine Verfahrenskostenhilfe. Arbeitnehmererfindungen erhielten erst 1957 eine gesetzliche Regelung, Benkard, Einleitung Rn. 5; erste Ansätze fanden sich in den Diskussionen um die Überarbeitung des PatG vor dem Ersten Weltkrieg, Gispen, Poems in Steel, S. 33. Ein Eingehen auf dieses große Feld und den originären Erwerb des Erfinderrechts durch Beauftragte würde den Umfang der Arbeit sprengen; siehe i.Ü. Fn. 8 der Einleitung. 155 Treue in: Coing / Wilhelm, S. 180; Heggen, GRUR 1977, S. 322, 327. 156 Heggen, GRUR 1977, S. 322, 326 f. Länder ohne nennenswerte schutzbedürftige Eigenentwicklungen förderten typischerweise Elemente wie Einführungspatente, Ausübungsund Lizenzzwänge, Kurz, S. 578. 157 Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 16 ff. 158 Kohler, Handbuch, S. 29.

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Der Entschädigungsanspruch erforderte eine wissentliche Patentverletzung, die fahrlässige reichte nicht aus. Häufig entfiel wegens eines schwer zu umgrenzenden Schutzumfangs die nötige Kenntnis, in anderen Fällen war sie nicht nachweisbar.161 Die Erfolgsaussichten eines Verletzungsprozesses waren gering, der materielle Schutz verlor in der Anwendung an Wirksamkeit. Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Schutzbereichs von Patenten führten zu Vorwürfen mangelnder Rechtssicherheit.162 Die Gerichte traf zudem der Vorwurf, sie würden die wirtschaftliche Bedeutung der Patente verkennen.163 Die Erfinderrechte bedurften einer gesteigerten Garantie. Divergierende Vorstellungen in Praxis,164 Literatur165 und Wirtschaft über die Auslegung des Gesetzes machten dessen Überarbeitung unumgänglich.166 Ferner nahmen die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse Einfluss auf die Gesetzgebung.167 Zweck eines neuen PatG sollte ein verstärkter Schutz für patentierte Erfindungen sein.168

159 Der VcID befürwortete grundsätzlich die Regel des § 1, verlangte aber den Schutz des Erzeugnisses gegen Inverkehrbringen und Feilhalten. Für neue Verfahrensprodukte sah er die widerlegliche Vermutung vor, dass sie nach dem patentierten Verfahren hergestellt waren, siehe Beschlüsse des Vereins, Drucks-BR 1886 Nr. 83, zu Anlage A; VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 370, 404. 160 Fragen für eine Enquete, betr. die Revision des Patentgesetzes, Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage B. 161 Vorgeschlagen wurde eine Ausdehnung auf die grobe Fahrlässigkeit in Angleichung an andere Gesetze, die den Schutz wirksamer gestalteten: § 18 des G v. 11. 6. 1870, § 16 des G v. 9. 1. 1876, § 9 des G v. 10. 1. 1876, § 14 des G v. 11. 1. 1876 (siehe Fn. 121 dieses 1. Abschnitts), Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 43 ff. Die Kommission von 1891 beschäftigte sich darüber hinaus mit dem Antrag, die Haftung auf die einfache Fahrlässigkeit auszudehnen, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 28 f. 162 Die Industrie bemängelte, dass der Ausgang von Patentverletzungsprozessen häufig unberechenbar sei, Seckelmann, S. 20. 163 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 29. Nach allgemeiner Auffassung hatte der Verletzte seinen Schaden zu tragen: Klagen erschienen den Gerichten oftmals als ungehörig, zumal die richterliche Besoldung für deren geistige Arbeit unrichtige Maßstäbe für die Summen des wirtschaftlichen Lebens setzte, Damme, S. 407 f. 164 Erfinder hielten das PatG noch 1908 für „durch und durch antisozial“, Allgemeiner Erfinderverband, S. 79. 165 Jürgensohn, GRUR 1905, S. 281 ff. 166 Anträge des VdI zur Abänderung des Patentgesetzes v. 25. 5. 1877, Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage A; siehe DVSgE (1903), Einleitung S. IX, zur Abhängigkeit S. 15 f.; Wiegand, ZAC 1927, S. 609. Zu den unterschiedlichen Anschauungen zwischen VdI und VcID siehe VdIZ 1886, S. 685. 167 Auf die wechselseitige Beeinflussung von Recht, Wirtschaft und Technik weist Seckelmann, S. 20 ff., hin. 168 Kent, Einleitung I 1, S. 17.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

4. Das überarbeitete Patentgesetz von 1891 Einige Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes waren seit kurzem sondergesetzlich geregelt.169 Anfängliche Erfahrungen und Erkenntnisse lösten eine lebhafte Reformbewegung und neue Gesetzesvorhaben aus.170 Auch das PatG 1877 gab Anlass zu Verbesserungen. Die bestehenden Einrichtungen des Patentwesens waren überlastet. In materieller Hinsicht verschaffte die Wirtschaft ihren Forderungen unter Federführung der chemischen Industrie171 und des VdI Gehör. a) Die Entstehung der Novelle Wieder leiteten Eingaben von Privaten, Unternehmen und Vereinen die Gesetzgebungsarbeiten ein.172 1886 beschloss der Bundesrat eine Enquete zur Verbesserung des PatG. An den Verhandlungen vom 22. bis zum 27. November nahmen 33 Sachverständige aller Berufszweige teil.173 Auf Grundlage ihrer Berichterstattung174 wurde ein Entwurf zur Abänderung des Patentgesetzes veröffentlicht.175 Der Bundesrat nahm ihn mit einigen Änderungen176 an. Als Entwurf mit Motiven wurde er am 26. November 1890 dem Reichstag vorgelegt,177 der ihn nach der 1. Lesung am 4. Dezember der XI. Kommission überwies. Sie überarbeitete nicht nur den Entwurf, sondern beriet auch über alle übrigen, bislang beibehaltenen Vorschriften des PatG und erstattete am 26. Februar 1891 Bericht.178 Nach 2. und Siehe Fn. 51 dieses 1. Abschnitts. Osterrieth, C., Patentrecht, S. 14. Neben dem neuen PatG entstanden das Gebrauchsmustergesetz v. 1. 6. 1891, RGBl. 1891, S. 290, in Kraft seit 1. 10. 1891, und weitere gewerbliche Sondergesetze. 171 Fleischer, S. 98 ff. 172 Eingabe von Möller & Schreiber in Berlin, betr. die Abänderung des Patentgesetzes zur Herbeiführung der Übereinstimmung der bezüglichen Bestimmungen mit dem englischen Patentgesetze; Eingabe des VdI, betr. die Revision des Patentgesetzes; Eingabe des IndustrieVereins zu Uchte v. 21. 6. 1890; Eingabe des Mittelrheinischen Fabrikanten-Vereins zu Mainz und der Gewerbevereine zu Saalfeld und Buttstädt v. 8. 11. 1890. Der VdI schlug Verbesserungen und die Prüfung durch eine Sachverständigenversammlung vor, Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage A. Weitere Vorschläge unterbreitete der VcID. 173 Eine Kommission aus einem Mitglied des BR, dem Präsidenten und zwei ständigen Mitgliedern des PA sowie Repräsentanten der mechanischen und chemischen Technik unterbreitete dem Reichskanzler Vorschläge über die Wahl der zu vernehmenden Sachverständigen, Drucks-BR 1886 Nr. 83. 174 Drucks-BR 1887 Nr. 56. 175 Reichsanzeiger v. 17. 3. 1890; Drucks-BR 1890 Nr. 110. 176 U.a. betrafen sie Einfügungen in § 3 Abs. 1 S. 2 – „Eine spätere Anmeldung kann nur insoweit den Anspruch auf ein Patent begründen, als die Erfindung nicht Gegenstand des Patentes des früheren Anmelders ist.“ – und § 10 Abs. 1 Nr. 2 – „daß die Erfindung Gegenstand des Patentes eines früheren Anmelders ist“. 177 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152. 178 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322. 169 170

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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3. Lesung am 12. und 16. März 1891 nahm der Reichstag den Kommissionsentwurf mit Änderungen in einer Schlussabstimmung am 17. März einstimmig an.179 Der Bundesrat stimmte am 24. März 1891 zu. Das neue PatG wurde am 7. April 1891 verkündet und trat am 1. Oktober 1891 in Kraft.180

b) Die Veränderungen im Gesetz von 1891 Die Änderungen betrafen zunächst die §§ 3 und 10, die §§ 4 und 5 sowie § 34 PatG 1877. Nach den neuen §§ 3 und 10 sollte die Priorität einer früheren Anmeldung gegenüber einer späteren bereits im Erteilungsverfahren zur Geltung kommen. Schon das PA sollte das Verhältnis zu früheren Anmeldungen verbindlich berücksichtigen können, und nicht erst die Gerichte im Rechtsweg.181 Die Wirkung des Patents erfuhr in § 4 Abs. 1 eine klarstellende Angleichung an andere Reichsgesetze.182 Um die Ausbeutung der Erfindung zu sichern, gewährte das Patent nicht nur ein Ausschließungsrecht, sondern auch ein positives Benutzungsrecht. Um die aufgetretenen Umgehungen zu verhindern, wurde ferner der Gebrauch des patentierten Gegenstandes miteinbezogen und insofern der frühere Schutz erweitert. Den Bedürfnissen der chemischen Industrie entsprach der neue § 4 Satz 2 mit einem Erzeugnisschutz. Der neue § 5 sicherte dem Vorbenutzer auch die erweiterte eigene Ausnutzung seiner Erfindung. Schließlich dehnte § 35 die Haftung des Verletzers auf die grobe Fahrlässigkeit aus. Das Gesetz von 1877 hatte eine Fahrlässigkeitshaftung abgelehnt, um den gewerblichen Verkehr nicht noch weiter einzuengen. Praktische Gesichtspunkte und Beweisschwierigkeiten verschafften der Fahrlässigkeit nunmehr Einlass ins Gesetz. Im ganzen reagierte das PatG von 1891 auf einen Großteil der Änderungswünsche. Nicht selten formulierte es Regeln, die bereits in der Rechtsprechung des RG entwickelt und Praxis geworden waren. Änderungen des formellen Patentrechts erfolgten im Zweiten und Dritten Abschnitt. Ausgebessert wurden die kritisierten Schwächen in der Einrichtung des PA und bei den patentamtlichen Verfahren.183

179 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 377. Gleichzeitig sollten die Gebühren herabgesetzt werden, wenn die Einnahmen daraus die unmittelbaren und mittelbaren Ausgaben der Verwaltung dauernd und erheblich überstiegen. 180 Art. III PatG 1891, RGBl. 1891, S. 79. Zur Zitierweise in dieser Arbeit siehe Fn. 7 der Einleitung. Der Gesetzestext ist auszugsweise im Anhang der Arbeit, S. 417 ff. abgedruckt. 181 Hauptsächlich ging es um die Frage der Abhängigkeit. Zur Behandlung durch das RG siehe S. 147 ff. 182 S. § 1 UrhG v. 1870, § 8 MarkenG v. 1874 u. a. 183 Überarbeitet wurden Gebührenwesen, Beschwerde- und Nichtigkeitsverfahren. Gemäß § 17 erging die VO zur Ausführung des Patentgesetzes und des Gebrauchsmustergesetzes v. 11. 7. 1891, RGBl. 1891, S. 349.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

5. Weitere das Patentrecht berührende Gesetze Die Bedeutung des gewerblichen Rechtsschutzes für das wirtschaftliche Leben unterstrichen zahlreiche weitere Gesetze. Am gleichen Tag wie das PatG 1891 trat das Gebrauchsmustergesetz in Kraft.184 Es schützte die dem Gebrauchszweck dienende äußere Formgestaltung von Gebrauchsgegenständen, nicht die zugrundeliegende Idee.185 Bislang waren „kleinere“ Erfindungen und technische Gestaltungen, für die der Zeitaufwand des Patenterteilungsverfahrens und die hohen Gebühren nicht lohnten, nur unzureichend durch das Geschmacksmustergesetz geschützt, welches jedoch nur ästhetisch bedingte Gestaltungen schützte.186 Gebrauchsmuster waren, für weniger weittragende Neuerungen, leichter als Patente zu erlangen. An Stelle einer Vorprüfung galten formale Anmeldeerfordernisse, die das PA entlasteten.187 1894 löste das Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen das Markenschutzgesetz ab.188 Hinzu kam 1896 das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs.189 Berufliche Regelungen für Patentanwälte ergingen zur Jahrhundertwende.190 Das PatG selbst blieb trotz vielseitiger Änderungsbestrebungen lange unverändert, erst 1911 wurde der Ausführungszwang abgeschafft.191 Im Jahre 1913 unterbreitete die Reichsregierung der Öffentlichkeit den Entwurf eines neuen Patentgesetzes, der kriegsbedingt zurückgestellt werden musste.192 Mit Ausnahme von vereinzelten Umstellungen verzögerte sich eine Reform bis 1936.193 Siehe Fn. 170 dieses 1. Abschnitts. RG v. 7. 3. 1898 (1 D 371 / 98). 186 Benkard, Einleitung Rn. 3. 187 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 12. 188 G v. 12. 5. 1894, RGBl. 1894, S. 441, in Kraft seit 1. 10. 1894. Es schützte Zeichen und Marken, die Gewerbetreibende an Waren, Erzeugnissen und Verpackungen zur Kennzeichnung anbrachten; ergänzt durch das G, betr. den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf Ausstellungen v. 18. 3. 1904, RGBl. 1904, S. 141. 189 UWG v. 27. 5. 1896, RGBl. 1896, S. 145, in Kraft seit 1. 7. 1896. Es schützte vor häufig auftretenden Verletzungsarten, unlautere Machenschaften, im Wettbewerb. 190 G betr. die Patentanwälte v. 21. 5. 1900, RGBl. 1900, S. 233. 191 G betr. den Patentausführungszwang v. 6. 6. 1911, RGBl. 1911, S. 243; es rechtfertigte die Erteilung von Zwangslizenzen bei allgemein nützlichen Abhängigkeitspatenten, Verhandlungen des RT 1909 / 11 Nr. 793, S. 4038 Sp. 2; Osterrieth, C., Patentrecht, S. 14. Die Änderungsvorschläge betrafen hauptsächlich den angestellten Erfinder: der Bund der technisch-industriellen Beamten und der Deutsche Juristentag von 1906 und 1908 traten für die Stärkung seiner Rechte ein, Gispen, New profession, old order, S. 268; Brückmann, JW 1906, S. 618, 622; ders., JW 1908, S. 617, 620; der RT beschäftigte sich ab 1905 mit der Fragestellung. 192 Damit einher gingen Entwürfe für Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetze. Der Erste Weltkrieg veranlasste verfahrens- und gebührenrechtliche Maßnahmen; eingeführt wurde z. B. der Einzelprüfer durch die VO über Vereinfachungen im Patentamt v. 9. 3. 1917, RGBl. 1917, S. 221, Gispen, Poems in Steel, S. 40. 193 1923 erhöhte sich die Patentdauer auf 18 Jahre, Hubmann / Götting, S. 29. Eine Übersicht zur weiteren Entwicklung des deutschen und internationalen Patentrechts verschaffen Benkard, Einleitung Rn. 4 ff., und Osterrieth, C., Patentrecht, S. 15 ff. 184 185

A. Die geschichtliche Entstehung des Patentschutzes

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Viel bedeutender war seit 1900 das Verhältnis des Patentrechts zum neuen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).194 Die Haftungsnormen von PatG und BGB hatten unterschiedliche Voraussetzungen, so dass sich die Frage nach der Anwendbarkeit stellte. Das Deliktsrecht des BGB ließ in § 823 Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit zur Entstehung des Schadenersatzanspruchs genügen. Hinzu kamen die gesetzlichen Ansprüche aus der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts, die ebenfalls geringere Anforderungen an das Verschulden stellten. Das RG stellte frühzeitig fest, dass die Wertungen der Sondergesetze vorrangig waren. Auf dem Gebiet des Urheberrechts führte es zum Verhältnis der Sondergesetzgebung zum allgemeinen bürgerlichen Recht aus:195 Allerdings ergibt sich aus dem Wesen der Sondergesetzgebung, daß die darin festgelegten Tatbestände rechtswidrigen Handelns nicht unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten anders betrachtet werden können und daß da, wo die Urheberrechtsschutzgesetzgebung ausdrücklich und absichtlich einen Schutz für einen gewissen Tatbestand ausschließt, ein solcher auch nicht aus allgemeinen Gesichtspunkten des B.G.B. hergeleitet werden kann.196

Dieser Standpunkt ließ sich ohne weiteres auf das sondergesetzlich geregelte Patentrecht ausdehnen. Eine weitergehende Haftung als im PatG vorgesehen, die sich auf das bürgerliche Recht stützte, lehnte das RG ab.197 Im Übrigen waren die allgemeinen und schuldrechtlichen Bestimmungen des BGB ergänzend anwendbar. Vor allem im Bereich des Rechtsverkehrs begnügte sich das PatG damit, das Patent als übertragbar und vererblich hinzustellen.

III. Zusammenfassung Das erste einheitliche deutsche Patentgesetz vom 25. Mai 1877 war das Ergebnis eines langjährigen Prozesses und legte den Grundstein für die erfolgreiche und bedeutende Entfaltung der deutschen Technik. Die Ursprünge des Patentrechts reichten bis in das Privilegienwesen des Spätmittelalters zurück. Obwohl die zum Ende des 18. Jhdt. in Westeuropa und Amerika einsetzende Industrialisierung Patentgesetze hervorgebracht hatte, unterblieb in Deutschland eine einheitliche gesetzliche Regelung bis in die 70er Jahre des 19. Jhdt. Erst die Reichsgründung schuf die Voraussetzungen für eine Wirtschaftspolitik auf nationaler Ebene. Verantwortlich für die späte Kodifizierung war u. a. der in Deutschland hartnäckiger als in anderen europäischen Staaten ausgetragene Streit zwischen Befürwor194 BGB v. 18. 8. 1896, RGBl. 1896, S. 195, in Kraft seit 1. 1. 1900 gemäß Art. 1 EGBGB, RGBl. 1896, S. 604. 195 RG v. 7. 4. 1910 (VI 344 / 09). 196 RG v. 7. 4. 1910 (VI 344 / 09). 197 Die Rechtsprechung des RG zur Anwendbarkeit des Deliktsrechts, der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung und der Wirkung der Rechtshängigkeit auf die Haftung wird im 2. Abschnitt untersucht.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

tern des Patentrechts und Anhängern der Freihandelsdoktrin um den wirtschaftlichen Nutzen eines Patentsystems. Die theoretische Debatte fand ein Ende, als zu Beginn der 70er Jahre die kläglichen ökonomischen Verhältnisse wirtschaftsfördernde Gesetze dringend erforderlich machten. Gleichzeitig gelangte Deutschland zu der mit dem neuen nationalen Selbstbewusstsein unvereinbaren Einsicht, dass es den ausländischen Großmächten in der technischen Entwicklung und wirtschaftlich weit hinterherhinkte. Unmittelbare Vorbilder waren England, Frankreich und die USA. Deren moderne Patentgesetzgebung basierte auf ökonomischen Gesichtspunkten. Das Schutzrecht wurde sowohl zur Ankurbelung der Wirtschaft, also im allgemeinen Interesse, als auch zur Sicherung der erfinderischen Aufwendungen, also im Erfinderinteresse, nach bestimmten Kriterien erteilt. Ferner erkannte ein modernes Patentrecht persönlichkeitsrechtlich die Erfinderleistung in Form eines Anspruchs des Erfinders auf Schutz an. Im Gegensatz zum englischen System, welches im Patent hauptsächlich die gewerbepolitische Privilegierung sah, rückte das französische Patentrecht mit der ausdrücklichen Belohnung und Wahrung der Erfinderrechte die persönlichkeitsrechtliche Komponente in den Vordergrund. Der Entstehung des deutschen PatG lagen beide Tendenzen zugrunde. Die eingehende Beschäftigung mit den Vor- und Nachteilen der ausländischen Vorlagen und die nachdrückliche Beteiligung von industriellen und wirtschaftlichen Interessengruppen bei der Ausarbeitung verliehen dem deutschen PatG seine eigene Prägung. Nach wenigen Jahren des Bestehens zeigten sich Lücken im Gesetz, die der Nachbesserung bedurften. Der Gesetzgeber vermied es, das System grundsätzlich zu ändern. Dennoch überarbeitete er das Gesetz umfassend und versuchte, den Bedürfnissen der beteiligten Interessengruppen zu entsprechen. Die für das Gebiet des Patentrechts getroffenen Wertungen behaupteten sich auch neben dem hinzutretenden BGB. Dieses große Werk des Zivilrechts beabsichtigte nicht, zusätzlich zu seinem beachtlichen Umfang die bereits gesetzgeberisch berücksichtigten Sondergebiete des gewerblichen Rechtsschutzes abweichend zu regeln. Für technische Erfindungen stand weiter das PatG im Vordergrund. Es bot eine sichere Grundlage im Aufschwung der deutschen Wirtschaft während des Kaiserreichs. Anfänglicher Nährboden war die patentlose Landschaft gewesen, die jungen Unternehmen die Nachahmung bedeutender ausländischer Erfindungen ermöglichte.198 Das Patentrecht förderte ab 1877 zahlreiche Eigenentwicklungen. Den Fortschritt bezeugten der hervorragende Ruf und der bedeutende Einfluss in der Welt, zu dem insbesondere Chemie- und Farben-Industrie gelangten.199 Ferner erstarkten die elektrische Industrie und der Maschinenbau.200 Die vormalige „Imitationsindustrie“ wandelte sich in eine „Innovationsindustrie“.201 Dem PatG lagen indusFleischer, S. 340. Die deutsche Farbstoffindustrie baute unter Geltung des PatG ihren hohen Anteil an der Welterzeugung von 50% im Jahr 1877 auf 87% 1913 aus, Teltschik, S. 12. 200 Kohler, Handbuch, S. 9 f.; Wadle, Bd. I, S. 77, m. w. N. in Fn. 8. 198 199

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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triepolitische Erwägungen zugrunde. Es bezweckte nicht vordringlich, den Erfinder zu schützen – das Wort fand im ganzen Gesetz keine Erwähnung. In erster Linie förderte es die Industrie zum Wohl der Allgemeinheit.202 Das RG ist dem in seiner Praxis entgegengetreten und hat die volkswirtschaftlichen Interessen der Allgemeinheit gegenüber den individuellen Interessen der Erfinder zurücktreten lassen.203 Das Patentsystem hielt der Entwicklung fast unverändert bis 1936 stand.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts Erste Einblicke in das Patentrecht eröffnete die geschichtliche Beschreibung seiner Entstehung. Seine vielseitigen Funktionen kommen zum Vorschein, wenn Ziele und Wesen eingehender beleuchtet werden. Die technische Erfindung entstand durch die geistige Schöpfung des Erfinders. Der ihr innewohnende Wert war ein immaterielles Gut,204 das durch die Entwicklung der Lehre von den Immaterialgüterrechten Anerkennung fand. Vorstellungen von Sacheigentum, der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Güterverteilung und sozialer Gerechtigkeit ordneten das Gut rechtlich dem Erfinder, z. T. auch bestimmten anderen Personen zu.205 Die Erteilung patentrechtlicher Ausschlussrechte war ein staatlicher Eingriff in das Wirtschaftsleben, der einer Rechtfertigung bedurfte. Im Wandel der Zeit versuchten verschiedene Theorien, dem Patentrecht eine Existenzberechtigung zu verleihen. Bestätigung fand es durch die national und international zunehmende wirtschaftliche Bedeutung. Schon vor der Patentanmeldung war die Erfindung nach allgemeinem Recht geschützt, einen umfassenden patentrechtlichen Schutz erlangte sie jedoch erst nach Anmeldung und Erteilung.

I. Das geistige Eigentum an der Erfindung Die Erfindung existierte in der unkörperlichen Erfindungsidee. Die geistige Schöpfung206 löste eine technische Aufgabe. Zu diesem Zweck erkannte und nannte sie Mittel, die einen bestimmten gewerblich verwertbaren Erfolg herbeiführten. Er wurde insbesondere bei den Erzeugnissen greifbar. Der körperliche Gegenstand einer Stofferfindung ließ sich benutzen; bei einer Verfahrenserfindung ließ sich das Seckelmann, S. 7 ff., stellt den Wandel zur wissensbasierten Gesellschaft dar. v. Boehmer, S. 24. 203 Damme / Lutter, S. 461 ff. 204 Kohler, Forschungen, Anhang S. 116 f., prägte die Bezeichnung. 205 Osterrieth, Lehrbuch, S. 9. 206 Hubmann / Götting, S. 50, bevorzugen vor dem individuellen Begriff „Schöpfung“ den unpersönlicheren, die Vertretbarkeit kennzeichnenden Begriff der „Leistung“. 201 202

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Verfahren anwenden und das dadurch hergestellte Erzeugnis verwenden. In diesen Ausführungsformen entfaltete die Geistesschöpfung ihre Wirkung, begrifflich setzte sie die Ausführung nicht voraus.207 Gegenstand des Schutzes war das geistige Gut, das von der Person des Erfinders losgelöst und im Verkehr verselbständigt war. Der Erfindungsschutz umfasste zudem die Erzeugnisse als Mittel zur Erreichung des technischen Erfolgs, weil sie die Verkörperung der Idee208 waren und ebenfalls ihren wirtschaftlichen Wert ausmachten. Die Erfindung selbst war unabhängig von ihrer körperlichen Erscheinung. Josef Kohler entwickelte für das Patent die Lehre vom immateriellen Gut, das seine Berechtigung in der ökonomischen Verwertbarkeit der Erfindung hatte.209 Die Rechtsordnung erkannte Rechte an Immaterialgütern an und fasste seit der französischen Revolution das Urheberrecht und den gewerblichen Rechtsschutz unter dem Begriff des geistigen Eigentums zusammen.210 Die Schutzgesetze des gewerblichen Rechtsschutzes verfolgten das gemeinsame Ziel, das Gewerbe zu fördern und dem Einzelnen seine persönliche und wirtschaftliche Entfaltung zu gewährleisten, indem sie einen Ausgleich zwischen allgemeinen und privaten Interessen schufen. Anders als im Urheberrecht fehlte den Immaterialgütern des gewerblichen Rechtsschutzes ein natürliches Merkmal der Zugehörigkeit zu ihrem Schöpfer. Sie waren nicht individuell mit dem Urheber durch seine Persönlichkeit verbunden, sondern weitgehend von der Person des Schaffenden unabhängig.211 Ihre Veräußerlichkeit machte sie, ähnlich dem Eigentum, zu Gegenständen des freien Vermögens.

207 Das RG hat früh die Absicht des Gesetzgebers in seine Entscheidungen einfließen lassen, keinen Patentschutz allein für Ideen zu gewähren, RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I; Osterrieth, Lehrbuch, S. 68. 208 RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01). 209 Kohler, Forschungen, S. 9 ff.; ders., Handbuch, S. 55. Zu Kohler siehe Fn. 18 der Einleitung. Den Gegensatz bilde das Individualrecht, z. B. das Urheberrecht, welches sich aus der Persönlichkeit herleite, Osterrieth, Lehrbuch, S. 8. Zu bevorzugen ist gleichwohl, ein einheitliches Recht mit persönlichkeits- und verwertungsrechtlichem Inhalt anzunehmen. Praktisch sind persönliche und wirtschaftliche Interessen kaum zu trennen, Hubmann / Götting, S. 66. Nicht zu den Immaterialgüterrechten gehörten die Rechte nach dem G zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Die Rechtsgebiete des geistigen Eigentums führt Gülland, S. 1 f., auf. Wadle, Bd. I, S. 5 ff., erläutert die Entstehung und Kritik des Begriffs. 210 Zur Entwicklung Vgl. Dölemeyer / Klippel in: Festschrift GRUR, S. 185, 206 ff., S. 224 ff. 211 Gierke, S. 854 f., sah das Patentrecht als Fortsetzung des Erfinderrechts. Es unterscheide sich vom Urheberrecht beachtlich, z. B. beschränke es den Gebrauch und damit die wirtschaftliche Freiheit weiter als das Urheberrecht, welches sich nur gegen den Mißbrauch wende. Knoth, S. 7, hielt den urheberrechtlichen Ausschluss anderer für tragbar, weil er die übrigen, auf gleichem Gebiet Schaffenden nur gering einenge. Jeder könne eigene Werke schaffen, niemand sei darauf angewiesen, gerade das Werk zu benutzen. Die Erfindung hingegen sei nicht durch persönliche Eigenarten gekennzeichnet und diene gewerblichen Zwecken.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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1. Der absolute Schutz des Immaterialgüterrechts Das Immaterialgüterrecht an der patentierten Erfindung war ein absolutes Recht.212 Als Recht aus dem Patent entstand es mit Rechtskraft des Erteilungsbeschlusses.213 Es richtete sich gegen jedermann und verlangte Anerkennung, sobald Menschen in Beziehung zur Erfindung und zueinander traten.214 Subjektive Rechte erlaubten dem Inhaber des absoluten Rechts, seine Interessen selbst wahrzunehmen und klageweise durchzusetzen. Er hatte die positive215 Befugnis, die Erfindung selbst oder durch andere auszunutzen und zu verwerten. Negativ konnte er Dritte von der Benutzung ausschließen und Störungen verbieten. Eingriffe in die Sphäre des absoluten Rechts erzeugten Ansprüche auf Unterlassung und Entschädigung aus PatG und Deliktsrecht.216 Die Schutzwirkung erstreckte sich auf die Verkörperungen des Immaterialguts. Das absolute Recht ließ sich in mehrere Befugnisse zerlegen, die auf verschiedene Rechtssubjekte übertragbar waren.217 Seine Nähe zum Sacheigentum verschaffte dem Immaterialgüterrecht die Bezeichnung als eigentumsähnliches oder quasi-dingliches Recht. Es ordnete seinem Inhaber geistige Gegenstände zu, die nach ihrer objektiven Eigenart bestimmt und in einem formellen Verfahren gegenüber anderen abgegrenzt waren.

2. Die Unterschiede zwischen geistigem und körperlichem Eigentum Die analoge Heranziehung des Eigentumsinstituts zur Erklärung des Immaterialgüterrechts war berechtigter Kritik ausgesetzt.218 Beide waren absolute Rechte. 212 RG v. 3. 7. 1901 (I 141 / 01). Das RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05) sprach auch von quasidinglichen Rechten. 213 Kohler, Handbuch, S. 788; Osterrieth, Lehrbuch, S. 94. Um den Schutzgegenstand zu bestimmen, war die Erfindung inhaltlich zu umschreiben und gegen das bekannte Gemeingut abzugrenzen. Die Formalitäten der Anmeldung dienten dem Beweis der Priorität. 214 RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II. Daraus folgten der Grundsatz der Unzulässigkeit mehrfacher Patentierungen und der Priorität, §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 2. 215 Dagegen räumte z. B. § 15 des G zum Schutz von Warenbezeichnungen nur ein Verbotsrecht ein. Es fehlte das Genussgut, dessen sich andere unbefugt hätten bedienen können. Das Verbot schützte den redlichen Geschäftsbetrieb vor unlauterer Konkurrenz und die Allgemeinheit vor Täuschungen. Wer zuwiderhandelte, bediente sich keines fremden Vermögensobjekts, noch war er unredlicher Besitzer einer fremden Sache oder führte ein fremdes Geschäft. In Betracht kam allein eine Entschädigung, die mangels Genussgut weder den aus Gebrauch erlangten Gewinn noch die Bereicherung umfasste, RG v. 30. 11. 1900 (II 241 / 00). 216 Verschuldensunabhängig schützte die actio quasi negatoria, bei schuldhafter Verletzung gewährte das absolute Recht außerhalb des PatG Ansprüche nach §§ 823, 826, 249 BGB, RG v. 30. 11. 1907 (I 262 / 07). 217 § 6 Satz 2 erlaubte eine z. B. nach Zeit, Ort, Art oder Umfang beschränkte Übertragung. 218 Kohler, Handbuch, S. 55. Das allgemeine Sachenrecht passte nicht auf die unkörperliche Erfindung.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Gleichwohl ließ sich das geistige Eigentum nicht auf die Grundlage des Sacheigentums stellen. So naheliegend und bekannt das letztere war, so sehr trennten es wesentliche Merkmale vom Immaterialgüterrecht. Das galt insbesondere für das Gebiet des Patentrechts. Die Entstehung beider Rechte entbehrte der Gemeinsamkeit. Die originären Erwerbsformen des körperlichen Eigentums fanden keine Entsprechung im staatlichen Hoheitsakt, der das Patentrecht als geistiges Eigentum begründete.219 Unabhängig voneinander konnten nicht mehrere Personen Eigentum an einer Materie erwerben oder zur gleichen Zeit innehaben. Hingegen bestanden an derselben Erfindung in verschiedenen Ländern unabhängige Patente.220 Am geistigen Eigentum gab es weder Besitz noch Gewahrsam im sachenrechtlichen Sinne.221 Der Eingriff in das geistige Eigentum störte seinen Inhaber nicht wie einen Besitzer in der eigenen Ausführung seiner Erfindung. Eine Vielzahl von Nutzern konnte die unkörperliche Idee vervielfältigen, anwenden und verändern, ohne dass den Patentinhaber unmittelbar bei der Ausnutzung seiner Erfindung beeinträchtigte. 222 Eine Rückgabe der einmal erlangten Idee war weder möglich noch nötig.223 Die Verletzung des absoluten Patentrechts ließ die Idee in ihrer Benutzbarkeit unberührt. Sacheigentum ging unter, wenn der körperliche Gegenstand aufhörte zu existieren. Es konnte dann nicht mehr neu begründet werden. Das geistige Eigentum bestand unabhängig von seinen Ausführungsformen fort. Es ging unter, wenn die Idee allgemein in Vergessenheit geriet, entstand aber wieder an ihr, wenn sie erneut hervorgebracht wurde. Es war, anders als das Sacheigentum, zeitlich begrenzt. Eine bekannte Erfindung unterlag der Aneignung durch die Allgemeinheit, sie wurde spätestens mit Ablauf des Patents zum Gemeingut. Mit Aufgabe des Sacheigentums hingegen gehörte die Sache niemandem, sie wurde herrenlos. Jeder konnte daran neues Alleineigentum begründen.

219 Weder Verarbeitung, noch Verbindung, Vermischung, Aneignung, Ersitzung, Fruchterwerb oder Fund bedurften der staatlichen Mitwirkung; allein der Zuschlag bei der Zwangsversteigerung war ein Hoheitsakt. 220 In einem Land konnte dieselbe Erfindung versehentlich zweimal patentiert werden. Die Wahrscheinlichkeit stieg mit der Komplexität der Technik. Das zweite Patent bestand formell und äußerte seine Wirkung gegenüber Dritten, bis es vernichtet wurde, Seligsohn, S. 86. Während im Urheberrecht die Individualität des Schöpfers Schutzgut war und eine unabhängige zweite Entstehung derselben Geistesschöpfung höchst unwahrscheinlich machte, konnten auf denselben unpersönlichen Gedanken, den objektive Eigenschaften auszeichneten, mehrere Erfinder kommen. Schanze, Recht der Erfindungen, S. 334, sprach vom Auseinanderfallen von Ursprünglichkeit und Eigenartigkeit. 221 Versuche, einen Erfindungsbesitz zu konstruieren, hinkten, Hubmann / Götting, S. 65. 222 Wohl aber war er bei der Verwertung der Erfindung gestört. Hier setzten die Schutzansprüche an. 223 Daher war das Vindikationsrecht nicht auf das geistige Eigentum übertragbar, Heß, S. 43; RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). Ohnehin bezweckte das Patentrecht, die Kenntnis von der Erfindung zu verbreiten.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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II. Die Rechtfertigung des Patentschutzes Die Existenz technischer Erfindungen setzte nicht notwendig einen Erfindungsschutz voraus. Denkbar war, die Erfindung schon mit ihrer Entstehung in das Gemeingut übergehen zu lassen. Der Entscheidung für eine Patentrechtsordnung lagen rechtspolitische, soziale und volkswirtschaftliche Ziele zugrunde. Seit dem 17. Jhdt. entwickelten sich Theorien, die rechtliche Beziehungen zwischen dem Erfinder, seiner Erfindung und der Gesellschaft herzustellen versuchten.224 Ausgehend von der allgemeinen Handlungs- und Gewerbefreiheit begründeten sie, warum ein Patentinhaber zeitweilig die Öffentlichkeit von der Benutzung der Erfindung ausschließen können sollte. Im wesentlichen bemühten sich vier Patentrechtstheorien um die Rechtfertigung des Patentschutzes.225 1. Die Eigentumstheorie Aus der Naturrechtslehre ging die Eigentumstheorie hervor.226 Ihr zufolge besaß jeder Mensch an seinen Ideen ein natürliches, von jedem zu beachtendes Recht. Dieses Eigentum hatte das bekannte Eigentum an körperlichen Gegenständen zum Vorbild. Das prägte den Begriff des geistigen Eigentums.227 Wie das Sacheigentum sei das geistige Eigentum gegen Eingriffe zu schützen. Dahinter stand der Gedanke, sich von den absolutistischen Zwängen zu befreien. Dem Erfinder allein gebühre die wirtschaftliche Ausbeutung seiner Ideen. Ein ausschließliches Recht schütze einzelne Erfinder und kleinere Unternehmer vor der wirtschaftlichen Übermacht von Großunternehmen. Unter dieser Vorstellung entstand das französische Patentgesetz von 1791. Gleichwohl vermochte die Eigentumstheorie nicht, Grundentscheidungen des Patentrechts zu erklären: Ein Patent entstand durch staatlichen Hoheitsakt, die Theorie legte eine Entstehung durch den Schöpfungsakt des Erfinders nahe; es hing zudem von staatlich verfassten Erteilungsvoraussetzungen ab; es war zeitlich begrenzt, obwohl es theoretisch ewig dauern müsste, und unterlag weiteren Beschränkungen.228 Das Patentrecht sollte den Fortschritt vorantreiben. Die naturrechtliche Betrachtung musste zu einem Stillstand desselben führen, da ErfindunGülland, S. 18. Die Zusammenfassung der Theorien samt Argumenten und Kritik stammt von Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 377, der sich eingehend mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Patentrechts befasst hat. 226 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 2; Bernhardt / Kraßer, S. 24; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 377. 227 Er stammte von Carpzow und war schon zum Ende des 17. Jhdt. entwickelt, Gülland, S. 18. Im gewerblichen Rechtsschutz fand er in vielen Sprachen – „intellectual property“, „propriété intellectuelle“ – und nicht zuletzt in Art. 4 Nr. 6 RV Verwendung. 228 Beispiele sind Ausübungszwang und Zwangslizenz; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 377, m. w. N. 224 225

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

gen fast ausschließlich auf vorigen technischen Kenntnissen und Erfindungen anderer aufbauten.229 Die Eigentumstheorie berücksichtigte nicht, dass sich die geistige Erfindung wesentlich vom körperlichen Sacheigentum unterschied.230 Schließlich sahen andere Patentgesetze vor, dass der Schutz vom Erfinder trennbar war. Dritte konnten die Erfindung anmelden, z. T. konnten ausländische Erfindungen eingeführt und patentiert werden,231 Patente ließen sich veräußern und vererben. Das Augenmerk der Eigentumstheorie lag auf der persönlichkeitsrechtlichen Komponente. In erster Linie leitete sich daraus der Schutz des Erfinderrechts her. 2. Die Belohnungstheorie Der Belohnungstheorie lagen Gerechtigkeitsgesichtspunkte zugrunde. Der Erfinder schuf mit seiner geistigen Arbeit und Begabung etwas, das Schutz gegen Eingriffe Dritter verdiente.232 Er leistete mit der Erfindung und ihrer Offenbarung einen Dienst an die Allgemeinheit. Die soziale Gerechtigkeit gebot es, ihn dafür angemessen zu belohnen.233 Weiterer Gedanke war die Vergeltung der aufgewendeten Intelligenz, Mühen und Kosten.234 Es erschien einfach und passend, ihm ein zeitliches Ausschlussrecht zu gewähren. Der Vorsprung gegenüber Mitbewerbern sicherte seinen Gewinn, der sich nach der Bedeutung der Erfindung richtete. Der Markt regelte die Bewertung selbst und bestimmte die Belohnung nach der Nützlichkeit.235 Die Belohnungstheorie lag dem Patentwesen seit dem Spätmittelalter zugrunde. Benkard, Einleitung Rn. 1a. Es fehlte ein Pendant zum Besitz: Die Idee war nicht ausschließlich besitzbar, sobald sie mitgeteilt war, die Benutzung durch andere verhinderte nicht die eigene Verwendung, Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 378. 231 Sogar das französische G ließ Einführungspatente zu, siehe Fn. 68 dieses 1. Abschnitts; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 479. 232 Die Früchtesicherung der Erfindung erkannte RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89) an; Kohler, Handbuch, S. 1 ff. 233 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 2. Das RG würdigte den „Verdienst, welchen der Patentinhaber um die erste Einführung der Erfindung in den allgemeinen Verkehr sich erworben hat“, RG v. 16. 4. 1883 (I 8 / 83). Patentschutz werde „seiner Idee nach zur Belohnung erfolgreicher Arbeit gewährt“, RG v. 9. 11. 1887 (I 177 / 87); RG v. 23. 5. 1914 (I 53 / 14). Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 376, verwies auf Ludwig Heinrich Jakob (1809), der einen Patentschutz für besonders wertvolle Erfindungen billigte, für zufällige und unbedeutende Erfindungen aber für ungerecht hielt, weil sie den Eifer anderer lahmlegten. 234 Hierzu zählten neben den unmittelbaren Aufwendungen auch die Opportunitätskosten: der Erfinder hatte andere Einkommensarten für die Erfindungstätigkeit aufgegeben, Gülland, S. 3. 235 „Gerechter Lohn für nützliche Arbeit“, Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 2 f. Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 479, vermisste den Zusammenhang zwischen der Nützlichkeit und der Höhe der Belohnung. Triviale Erfindungen könnten Millionen erbringen, bedeutende sich nicht lohnen. 229 230

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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Wie die Eigentumstheorie konzentrierte sie sich auf die Bedürfnisse des Erfinders und ließ Allgemeininteressen für die Begründung des Patentschutzes weitgehend außer Acht. Sie erklärte nicht, warum auch Nichterfinder anmelden und in den Genuss der Belohnung kommen konnten. Gegner zweifelten die Gerechtigkeit der Belohnung an: Der Erfinder habe Glück gehabt, als erster erfunden zu haben, seine Kenntnis sichere ihm einen natürlichen Vorsprung, der keiner Belohnung mehr bedürfe.236 Der Belohnungsgedanke setze kein Patentrecht voraus, er könne auf andere Weise als durch Ausschlussrechte zum Tragen kommen.237 Unbeantwortet blieb, warum der Patentinhaber für seine Belohnung laufend Gebühren entrichten sollte. Gegenüber der Eigentumstheorie brachte die Belohnungstheorie Erfindung, Offenlegung und Erlangung des Rechts in eine klare Beziehung. Sie setzte einen frei zugänglichen Markt und einen funktionierenden Wettbewerb voraus. Nur mit der Grundüberzeugung der freien Preisbildung konnte es dem Markt überlassen bleiben, die Belohnung auszufüllen.238

3. Die Anspornungstheorie Die Anspornungstheorie rückte die wirtschaftspolitischen Zwecke des Patentrechts in den Vordergrund. Ziel war es, durch eine Kettenreaktion den technischen Fortschritt, Wirtschaft und Gewerbe, letztlich das Allgemeinwohl zu fördern. Patente waren nach der Theorie diesem Ziel dienlich: Das Schutzrecht verschaffe einen Wettbewerbsvorteil, dieser festige die mit jeder gewerblichen Tätigkeit verknüpfte Gewinnerwartung;239 diese Aussicht rege die Bereitschaft an, in kostspielige Forschung und Entwicklung zu investieren,240 das belebe den Erfindergeist – Erfinder bringen vermehrt Leistungen zum Nutzen des Gemeinwohls hervor. Die Anspornungstheorie zielte auf die Entstehung zukünftiger neuer Erfindungen ab. Entgegen den Eigentums- und Belohnungstheorien widmete sie sich dem Schutz bestehender Erfindungen nur mittelbar. Wirtschaftlichkeitserwägungen waren in fast allen Ländern das maßgebliche Argument für die Einführung des Patentrechts.241 Weiterer Ansporn war, dass das Patent gegenüber der Öffentlichkeit den Nachweise finden sich bei Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 378. Sozialistische Staaten gewährten Prämien, Preise oder Vergütungen, Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 3. 238 Damit einher ging die Überzeugung von der Berechtigung, im Wettbewerb Gewinn zu erzielen. 239 Bernhardt / Kraßer, S. 24. 240 Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 376, zitierte Karl Heinrich Rau (1844) in diesem Sinne. Edison soll geäußert haben, dass Genialität zu einem Prozent auf Inspiration und zu 99 Prozent auf Transpiration beruhe, Georg Küffner in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 2. 11. 2004, Beilage Technik und Motor, S. T6. 241 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 3; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 480. 236 237

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Erfinder als Schöpfer der Neuerung und Erfinderpersönlichkeit auswies. Ihren Ausdruck fand die Anspornungstheorie auch in der Rechtsprechung des RG.242 Kritik erfuhr sie, weil sie einen Anreiz zum Erfinden verlange. Intellektuelle Kraft entwickle sich auch ohne Reizmittel. 243 Erfindungen habe es zu allen Zeiten unabhängig von Patenten gegeben.244 Die Theorie nahm ein allgemeines Interesse an einer ständig verbesserten Bedürfnisbefriedigung durch technische Neuerungen an. Zwar kann die Bedeutung des Patentschutzes nicht sicher bestimmt werden; gleichwohl lässt sich vor dem Hintergrund der Geschichte die Entwicklung von Ländern mit Patentrecht zu Industrienationen nicht leugnen.245

4. Die Offenbarungstheorie Die Vertrags- oder Offenbarungstheorie begegnete einer der Kern-Erwartungen an ein modernes Patentsystem. Es sollte den jeweils neuesten Stand der Wissenschaft und Forschung erfassen.246 Der technische Fortschritt setzte voraus, dass Erfinder ihr Wissen mitteilten. 247 Ohne Gegenleistung blieben die Kenntnisse geheim.248 Sie gingen der Allgemeinheit verloren oder wären ihr erst wesentlich später zugänglich. Die Offenbarung hingegen bereichere den Schatz technischer Kenntnisse. Entgegen der Anspornungstheorie genügte der Offenbarungstheorie nicht die Weiterentwicklung an sich ohne Rücksicht darauf, ob das Ergebnis geheim blieb oder publik wurde. Nötig sei eine möglichst frühzeitige Offenbarung. Hierfür sei dem Erfinder eine Gegenleistung zu bieten. Die Theorie unterstellte einen Vertrag zwischen Erfinder und Gesellschaft.249 Der Erfinder erhielt ein befristetes Verwertungsrecht im Austausch gegen die Offenbarung seiner Erfindung 242 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88): „( . . . ) gesetzgeberische Berücksichtigung des öffentlichen Interesse ( . . . ), ( . . . ) die Lust zu gewerblich verwerthbaren neuen Erfindungen anzuregen ( . . . )“; RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89). 243 Nachweise bei Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 378 f. 244 „Die Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung“, Sprichwort bei Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 478. 245 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 3. Die Behauptung, der Patentschutz koste mehr als er nütze, bestätigte sich nicht, Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 379. Das dem einzelnen gewährte Privileg durfte die Entwicklung der Technik nicht schädigen, RG v. 8. 11. 1913 (I 153 / 13). 246 Beier, GRUR 1970, S. 284 ff. Ziel war nicht, die reine Theorie zu bereichern. Vielmehr sollten zum allgemeinen Nutzen gewerblich anwendbare Erkenntnisse offengelegt werden, Benkard, Einleitung Rn. 1. 247 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 4, betonte, dass technisches Wissen dank der Offenbarungspflicht in Millionen von Patentschriften dokumentiert sei und eine stets aktuelle Informationsquelle bilde. 248 Die Annahme war nicht zwingend, durch den schützenswerten Wissensvorsprung aber begründet. 249 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 4; Neumeyer, GRUR Int. 1956, S. 241, 246.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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an die Gesellschaft.250 Ausprägungen sind das Anmelderprinzip und die Priorität: Nicht der Erfinder, sondern der erste Anmelder erhielt die Gegenleistung in Form des Patents, weil er der Gesellschaft das Wissen zuerst verschaffte.251 Dieser Theorie folgte die Kommission von 1877 bei der Erarbeitung des Patentrechts: Das Patent beruht seiner rechtlichen Natur nach auf einem vertragsähnlichen Verhältnisse zwischen dem Patentinhaber und dem Staate. Ersterer giebt im Interesse Aller seine Erfindung der Oeffentlichkeit Preis, und erhält dafür den Schutz seines ausschließlichen Benutzungsrechtes durch den Staat. In diesem Sinne dient das Patent gleichmäßig dem Gemeinwohl wie den Interessen des Inhabers.252

Das RG bestätigte, dass dem Anmelder das zeitlich beschränkte ausschließliche Benutzungsrecht als Preis für seine Offenbarung gebühre.253 Spätere Anmeldungen derselben Erfindung berechtigten nicht zum Patent, weil sie nichts Neues offenbarten. Nach Erlöschen des Patents wurde die Erfindung für die Allgemeinheit ohne weiteres frei. Indem sie ein Patent auf die erste Anmeldung gewährte, erwarb sie zum Preis der selbst auferlegten Beschränkung faktisch die technische Kenntnis und rechtlich eine Art Anwartschaftsrecht auf die spätere Benutzung. Weder dieses aufschiebend bedingte noch das durch die freigewordene Erfindung erworbene Recht konnte der Allgemeinheit durch spätere Offenbarungen entzogen werden.254 Der Offenbarungstheorie wurde entgegengehalten,255 dass nur wenigen Erfindern die Geheimhaltung gelang. Die Gefahr, dass Wissen verloren gehe, sei dank paralleler Forschung gering. Nur was der Erfinder ohnehin nicht glaubt geheimhalten zu können, melde er zum Patent an. Vertraue er darauf, dass seine Erfindung nicht entdeckt werde, spare er sich die Aufwendungen für ein Patent. Die Theorie sei zu sehr auf den rechtlichen Erteilungsakt und die Gegenleistung bezogen. Für eine schnelle Fortentwicklung seien andere Anreize zur Preisgabe des Wissens zu bevorzugen, die schon im gesamten Entwicklungsstadium wirkten. Bernhardt / Kraßer, S. 25, formulieren „Verzicht auf die Geheimhaltung“. Siehe ferner die Regeln zur ausreichenden Beschreibung und Veröffentlichung, Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 4. Erforderlich war die vollständige und nachvollziehbare Darlegung der neuen technischen Kenntnis, RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99). Der Gedanke, dass nur Patentschutz genieße, was in der Patentschrift offenbart sei, ist für die erweiternde Auslegung von Bedeutung. 252 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 4. 253 Das RG nahm ein vertragsähnliches Verhältnis zwischen Patentinhaber und Staat an: „In diesem Sinne dient das Patent gleichmäßig dem Gemeinwohl wie dem Interesse des Inhabers“. Zugleich setzte es die Erteilung in Beziehung zu der demnächst eintretenden Freigabe der Erfindung, RG v. 13. 1. 1900 (I 390 / 99). 254 In frühen Entscheidungen verneinte das RG ein mit der Priorität der Anmeldung begründetes Klagerecht auf Vernichtung des später angemeldeten Patents mit Hinweis auf § 10, RG v. 28. 4. 1882 (II 135 / 81); RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84); RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). Die 1891 geänderten §§ 3 und 10 erweiterten die Bestimmungen über die Nichtigkeitsklage i.S.d. Offenbarungstheorie. 255 Machlup, GRUR Int. 1961, S. 373, 379, stellt die Kritik zusammen. 250 251

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

5. Die Bedeutung der Theorien für die Ausgestaltung des Patentrechts Die erörterten Theorien bezogen sich zur Rechtfertigung auf unterschiedliche Funktionen des Patentrechts. Im wesentlichen sind zwei Elemente zu finden, welche Erfinder und Gesellschaften ursprünglich bewogen, einen Erfindungsschutz zu regeln: ein persönlichkeitsrechtliches und ein ökonomisches. Ausgehend von der Person des Erfinders war ein Schutzanspruch kraft der schöpferischen Leistung anzuerkennen. Das Erfinden allein rechtfertigte den Schutz aus übergeordneten, ideellen Motiven. Doch war die Erfindung für ihren Erfinder nicht nur ideell wertvoll. Er hatte auch das wirtschaftliche Interesse, seine Aufwendungen ersetzt zu bekommen. Darüber hinaus war die Erfindung für die Allgemeinheit nützlich. Je nach ihrer Bedeutung konnte sie alltägliche Handgriffe beeinflussen und sich in Betrieben und ganzen Industrien durchsetzen. In sich barg sie die Möglichkeit gewinnbringender wirtschaftlicher Verwertung. Letztlich teilten Erfinder und Gesellschaft das Interesse am Erfolg der Erfindung, an ihrer geregelten Ausbeutung und Nutzung. Wirtschaftliche Gesichtspunkte rückten in den Vordergrund. Die Finanzierung des Staats, das Ankurbeln der Wirtschaft und das Interesse des Erfinders, seine Aufwendungen zu kompensieren, waren Triebfedern des Patentrechts. Die ökonomische Komponente verdrängte die persönlichkeitsrechtliche weitgehend.256 Jede der Theorien warf Licht auf herausgegriffene Aspekte und betonte mal die wirtschaftliche, mal die persönlichkeitsrechtliche Komponente gewissenhafter. Keine konnte für sich allein Anspruch auf eine umfassende Erklärung des Systems erheben. Zu vielseitig waren Wirtschaftsabläufe und Gerechtigkeitserwägungen, in die das Patentrecht eingebettet war. Die Theorien schlossen sich nicht aus, vielmehr ergänzten sie sich gegenseitig. Die Eigentumstheorie überbetonte die persönlichkeitsrechtliche Natur des Patents und vernachlässigte seine wirtschaftlichen Zusammenhänge. Sie konnte allein nicht überzeugen. Gleichwohl kam ihr das Verdienst zu, wie keine andere auf die persönlichkeitsrechtliche Komponente hingewiesen zu haben. Der von der Belohnungstheorie herangezogene Gerechtigkeitsgedanke war nicht von der Hand zu weisen, obgleich er jedem Rechtsgebiet selbstverständlich zugrunde liegen sollte. Die Theorie behielt ihre Bedeutung, genügte jedoch nicht, um die wirtschaftlichen Interessen an einem Patentsystem auszudrücken. Die Anspornungstheorie unterschätzte die individuellen Interessen des Erfinders und schwenkte hin zu einer reinen Betrachtung der wirtschaftlichen Mechanismen. Die Nützlichkeit für die Allgemeinheit stand ferner im Mittelpunkt der Offenbarungstheorie. Die wachsende Bedeutung der Wirtschaft in den Industrie256 Kurz, S. 576, beschreibt drei Aspekte, er teilt die „persönlichkeitsrechtliche Komponente“ in einen Gesichtspunkt zur Förderung und Ehrung des Erfinders und einen naturrechtlichen auf. Erstere spielen patentrechtlich eine untergeordnete Rolle, da ihre Zwecke mit einfacheren und günstigeren Mitteln, z. B. Ehrungen und Preisverleihungen, erreichbar sind. Beiden ist der individuelle – persönlichkeitsrechtliche – Bezug des Schöpfers zu seiner Erfindung gemein.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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ländern verlagerte den Akzent von den früheren ersten beiden Theorien auf die letzteren. Zwischen den Befürwortern des Patentschutzes bestand über Jahrhunderte und vor unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründen weitgehende Einigkeit zu der Grundausrichtung der sozialen und wirtschaftlichen Rechtfertigung. Mit geistigem Eigentum ließ sich Gewinn nur erzielen, wenn es dem körperlichen ähnlich im Wirtschaftsverkehr einsetzbar war. Ein geprüftes und dokumentiertes Patentrecht bestimmte, was geschützt war, und ordnete das immaterielle Gut zum Zweck der Verwertung zeitweilig seinem Erfinder oder bestimmten anderen Rechtssubjekten zu. Es machte Technologien handelbar.257 Ohne Offenbarung konnte der Erfinder nur eingeschränkte Rechte an seiner Erfindung haben. Mit der Preisgabe der neuen Kenntnisse hingegen sollten sich Verwertungs- und Ausschlussrechte entfalten. Übereinstimmend hielten die Befürworter Patente für notwendig, um Erfinder wirksam zu schützen, sie angemessen zu belohnen, Erfindungen der allgemeinen Kenntnis zuzuführen und den technischen Fortschritt zu beflügeln. Diese Ziele führten in der Abwägung zu den patentrechtlichen Grundsätzen und gesetzlichen Beschränkungen der ausschließlichen Wirkung, die dem Patentrecht seine eigenartige Prägung gaben. Auch das RG vertrat in seinen Entscheidungen eine wechselnde Verschmelzung mehrerer Theorien. Mal legte es die Belohnungs-, mal die Anspornungs- und mal die Offenbarungstheorie zugrunde.258

III. Die wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts Es lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, welcher Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands der Einführung des Patentrechts zuzuschreiben ist.259 Viele Faktoren bedingten den Aufschwung am Ende des 19. Jahrhunderts. Umgekehrt wird keiner bestreiten, dass das Patentrecht dazu beigetragen hat, aus dem zersplitterten und vorindustriellen Agrarstaat ein hochentwickeltes Industrieland zu erschaffen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts veranschaulichen zunächst die Aufgaben, die es löste. Um einen angemessenen Interessenausgleich bemüht ordnete es den Beteiligten Rechte zu und gestaltete sie aus. Es sicherte dem Erfinder die Früchte seiner Arbeit260 und trieb den technischen Fortschritt voran. Letzterer stellte sicher, dass die Kurz, S. 582. Siehe Fn. 232, 242 und 253 dieses 1. Abschnitts. 259 Eine solche Feststellung fiele selbst nach einer volkswirtschaftlichen Untersuchung unter Berücksichtigung einer Flut von Daten schwer, Machlup, GRUR Int. 1961, S. 524, 535 ff. Siehe ferner Oppenländer, GRUR Int. 1982, S. 598, 600 ff. Sie ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Die im Folgenden herangezogene Tabelle, S. 76, soll die theoretischen Ergebnisse nicht beweisen, sondern allenfalls untermauern. 260 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 3; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 9. 257 258

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

gesteigerten gesellschaftlichen und privaten Bedürfnisse befriedigt werden konnten. Die Erfindungstätigkeit verlangte einen hohen Einsatz von Arbeit, Kapital und Zeit. Forschungsaufwendungen waren leicht vergebens: Versuche und Ansätze verfehlten das gewünschte Ergebnis; andere Erfinder erreichten das Ziel früher und sicherten sich die Priorität; zu Ausdauer und Fleiß mussten unternehmerisches Geschick und eine gehörige Portion Glück hinzutreten, um eine Neuerung hervorzubringen und zu verwerten. Das mühevolle Erfinden geschah längst nicht immer aus Erfindungsdrang und Pioniergeist, sondern stellte in vielen Fällen den harten Broterwerb des Erfinders dar. Es erforderte äußere Anreize. Ein Patent eröffnete die vage Aussicht auf den Ersatz der Aufwendungen und auf Gewinn. Eine Erfolgsgarantie gab es nicht, doch sicherte es die grundsätzliche Verwertungsmöglichkeit durch die Zuordnung von eigentumsähnlichen Rechten.261 Die Verwertbarkeit der Erfindung bestimmten die freien Kräfte des Markts, in welchem sich Ausschlussrechte und Lizenzen bewähren konnten. Dadurch, dass die Erfindung handelbar wurde, war ihr Erfinder nicht mehr auf die eigene Anwendung oder Produktion angewiesen. Vielmehr konnte er die Ausführung dem überlassen, der sie am günstigsten vornehmen konnte.262 Das Patent belohnte ausgearbeitete Erfindungen, soweit sie brauchbar waren. Für die Investition in neue Erfindungstätigkeiten bot es Anregungen. Das Patentrecht schloss Lücken zwischen weiter entwickelten Industrieländern und Deutschland.263 In einem großen Handels- und Wirtschaftsraum waren einheitliche Gesetze eine Grundvoraussetzung für stets wachsende Verkehrsbeziehungen264 und deren reibungslosen Ablauf. Das im ganzen Reich geltende PatG verschaffte ein höheres Maß an Rechtssicherheit, weil es die Erteilungsvoraussetzungen und die Wirkung des Schutzes klärte. Über seinen territorialen Geltungsbereich hinaus wirkte sich das Patentrecht auf den internationalen Verkehr aus. Anstatt Neuerungen dem Ausland zugute kommen zu lassen, veröffentlichten Erfinder ihre Neuentwicklungen in Deutschland. In gleicher Weise konnten Ausländer ihre Erfindungen nach Deutschland einführen und anmelden. Das bereicherte die technischen Kenntnisse, regte Folgeerfindungen an und verminderte das Gefälle gegenüber dem Ausland.265

261 In der ökonomischen Analyse des Rechts werden diese „property rights“ genannt, siehe North, D., S. 46 – 49 und 169 f.; Schäfer / Ott, S. 515 ff. Die Zuordnung dieser Rechte und ihre Freigabe zum Handel führt nach dem Coase-Theorem bei hinreichend niedrigen Transaktionskosten zur effizientesten Verteilung der Rechte auf die Rechtssubjekte, Schäfer / Ott, S. 90 ff., S. 577 ff.; Ziegler in: North, M., S. 189. Außerdem wird „free-riding“ sanktioniert, d. h. die Nachahmung der Erfindung, ohne selbst Aufwendungen getätigt zu haben. 262 Das wirtschaftliche Gut der technischen Erfindung lässt sich als Information kostengünstig auf den „cheapest cost avoider“ übertragen, Schäfer / Ott, S. 383 ff. 263 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 3; Klostermann, S. 108 f. 264 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 12. 265 Ca. 30% der Patente wurden von Ausländern angemeldet, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 10.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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Ein Grundgedanke des Patentrechts war die Offenbarung der Erfindung.266 Sie war Voraussetzung für den technischen Fortschritt der Bevölkerung. Wirtschaftlich führte sie zu erheblichen Einsparungen und beschleunigte die Bereicherung der allgemeinen technischen Kenntnisse. Der technische Fortschritt ermöglichte die Massenproduktion267 und steigerte damit die Lebensverhältnisse einer breiten Basis. Wurde eine Erfindung hingegen verheimlicht, konnte sie wirtschaftlich kaum, allenfalls vom Erfinder selbst, genutzt werden. Es waren z. T. erhebliche Vorkehrungen zu treffen und Kosten aufzuwenden, um eine Erfindung geheim zu halten.268 Zudem bestand die Gefahr, dass sie in Vergessenheit geriet und alle Mühe wertlos blieb. Um den vergessenen oder verheimlichten Wissensstand zu erreichen, mussten andere Erfinder erneut dieselbe Forschung betreiben. Gesamtwirtschaftlich waren derartige doppelte Aufwendungen nutzlos,269 sofern sie nicht zu abweichenden Entwicklungen hinsteuerten. Eine offenbarte Erfindung hingegen forderte Verbesserungserfindungen und alternative Lösungen der Aufgabe heraus.270 Der Grundsatz der Priorität beschleunigte die Offenbarung. Die Ausschlussrechte ermöglichten die frühe Anwendung, Verwertung und Weiterführung.271 Ökonomisch bot die Offenbarung allen Beteiligten Chancen und Vorteile. Ein wesentliches Anliegen bei der Schaffung des PatG bestand darin, das Gewerbe vor Belästigungen durch zu weit gehende Einengungen der Handelsfreiheit zu schützen.272 Zunächst ergänzte eine neue Erfindung die Handlungsmöglichkeiten. Ausschlussrechte verwehrten diese Erweiterung dem gewerblichen Verkehr nur während der Laufzeit des Patents. Vorbenutzungsrechte garantierten denen, die bereits über die erweiterten Mittel verfügten, den Fortbestand ihrer Handlungsfreiheit. Da das Patentrecht die Erfindungstätigkeit förderte, eröffnete es zugleich neue Aussichten, anstatt den Verkehr einzuschnüren.273 Der Nachahmungsschutz gestattete nicht, Märkte dauerhauft monopolartig zu bestimmen. Er konnte die Nutzung einer patentierten technischen Lösung verhindern, nicht aber alternativen Lösungen den Zugang zum Markt abschneiden.274 Nach diesem musste sich weiter die 266 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 18; Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 4; Beier, GRUR 1977, S. 282 ff. 267 Ziegler in: North, M., S. 472. 268 Seckelmann, S. 14 f., Fn. 78. 269 Oppenländer, GRUR Int. 1982, S. 598, 599. Darunter litt die Praxis der Zünfte im Mittelalter, siehe S. 36. 270 Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 477, untersuchte volkswirtschaftliche Vorteile des „Herumerfindens“. Sie treten seiner Studie zufolge nur hervor, wenn viele Wissenschaftler wenige Probleme zu lösen haben. 271 Beier, GRUR Int. 1970, S. 1, 3 f.; Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473. 272 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 35; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 9. 273 Machlup, GRUR Int. 1961, S. 473, 479, stellt klar, dass Patente der Allgemeinheit Rechte wegnehmen, z. B. das Nachahmungsrecht, räumt aber ein, dass sie im Verhältnis zu ihre Vorteilen „wenig wegnehmen“. 274 Ungerechtfertigt erteilte Patente konnten vernichtet oder beschränkt werden. Der gezielten Behinderung durch Ausführungs- oder Lizenzverweigerung setzte § 11 mit der

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Preisgestaltung richten. Konnten Dritte günstiger als der Patentinhaber anbieten, lag das nicht selten an ihren ersparten Forschungsaufwendungen. Schließlich sorgten progressive Patentgebühren dafür, dass die Exklusivrechte nur bei fortdauerndem Nutzen aufrechterhalten wurden.275 Ein trotz hoher Gebühren276 lange bestehendes Patent erschien als Qualitätsmerkmal. Tabelle 1 Entwicklung des Patentsystems 1877 – 1918 Jahr

Patentanmeldungen

1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 ... 1900 ... 1910 ... 1918

3.212 5.949 6.528 7.017 7.174 7.569 8.121 8.607 9.408 9.991 9.904 9.869 11.645 11.882

Erteilte Vernich- Abgelaufene Zahl der Einnahmen Ausgaben Patente tete und und bestehenden des PA des PA zurückge- erloschene Patente am nommene Patente Jahresende Patente 190 0 0 190 79.840 61.484 4.200 3 160 4.227 395.864 289.715 4.410 17 1.813 6.807 560.121 613.074 3.966 21 2.745 8.007 672.731 665.190 4.339 24 3.703 8.619 826.251 608.170 4.131 25 3.273 9.452 961.264 647.172 4.848 30 3.740 10.535 1.121.403 652.924 4.459 18 3.984 10.994 1.265.581 658.158 4.018 25 3.947 11.046 1.387.562 643.454 4.008 22 3.786 11.249 1.526.776 665.977 3.882 34 3.587 11.512 1.524.063 666.102 3.923 26 3.625 11.810 1.721.787 727.466 4.406 15 3.473 12.732 1.928.129 752.390 4.680 15 3.761 13.639

21.925

8.784

19

5.854

25.115

45.209

12.100

49

11.060

41.377

30.049

7.340

9

5.444

50.295

Zurücknahme des Patents enge Grenzen; § 11 war in das PatG aufgenommen, um das negative Bild des Patents als Monopol zu entkräften, Vgl. dazu ausführlich Pahlow in: Pahlow, S. 253 ff. 275 Der Grundsatz, das Schutzrecht nur gegen Gebühr zu erteilen und zu erhalten, stammte aus der Privilegienzeit und war wirtschaftlich sinnvoll: Ausschlussrechte bestanden nicht länger als unbedingt nötig; am besten beurteilte das der Inhaber selbst; es war zweckmäßig, ihm die Entscheidung zu überlassen. 276 Bei Anmeldung war eine Verfahrensgebühr von 20 Mark zu zahlen. Die Jahresgebühren waren ab Erteilung jeweils im voraus zu entrichten. Die erste betrug 30 Mark, die zweite 50 Mark, danach stieg sie jährlich um 50 Mark auf höchstens 700 Mark für das 15. Jahr, Klostermann, S. 170 f.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

77

Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Patentrechts spiegeln bereits Daten wieder, die dem Bundesrat 1890 bei der Beratung über die Änderung des PatG vorlagen.277 Das Gesetz hat danach hohe Beachtung gefunden. Die obige Tabelle weist in den ersten Jahren einen sprunghaften Anstieg von Anmeldungen aus (Sp. 2). Mit Ausnahme der Jahre 1887 – 1888 nahmen die Neuanmeldungen auch später jährlich zu. Das sprach für eine tatsächliche Belebung der Erfindungstätigkeit. Erst 1911 und im Ersten Weltkrieg fiel diese Zahl. Bis 1890 konnten, konstant wie im Ausland,278 von Jahr zu Jahr ca. 4.000 neue Patente erteilt werden (Sp. 3). In den wirtschaftlich blühenden Jahren bis 1914 erteilte das PA in bedeutend zunehmendem Maße Patente. Leicht rückläufige Zahlen zur Mitte der 90er Jahre sind einerseits auf die inzwischen eingearbeitete, gründliche Prüfungspraxis des PA zurückzuführen, andererseits auf die Möglichkeit, für kleinere Erfindungen Gebrauchsmusterschutz zu erlangen.279 Im Verhältnis dazu fielen über den gesamten beobachteten Zeitraum nur wenige Patente durch Vernichtung und Zurücknahme weg (Sp. 4). Die sich beinahe auf dem Erteilungsniveau haltende Zahl von abgelaufenen und erloschenen Patenten (Sp. 5) überrascht nicht in Anbetracht der hohen Gebühren.280 Insgesamt wuchs die Zahl der geltenden Patente beständig auf ca. 50.000 im Jahr 1918. Das Patentrecht fand mit Ausnahme der anfangs als unverhältnismäßig angesehenen Gebühren grundsätzlich Zuspruch in der Wirtschaft. Es hat zur Erreichung der vorgegebenen Ziele beigetragen und zugleich den besonderen Verhältnissen der sich gerade erst etablierenden deutschen Industrie Rechnung getragen.281 277 Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 32 ff.; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 29 ff (1877 – 1889); Statistik in VdIZ 1886, S. 252 (bis 1886), i.Ü. geben PMZBl. 1915 (XXI), S. 38 ff. und PMZBl. 1919 (XXV), S. 18 umfassende vergleichende Übersichten für die Jahre 1877 – 1918. Wenn auch die Verläßlichkeit solcher Statistiken zweifelhaft ist, sind sie zumindest geeignet, die aufgeführten theoretischen Argumente zu untermauern. 278 Die USA erteilten jährlich auf fast 36.000 Anmeldungen ca. 22.000 Patente. In Frankreich führte das Anmeldesystem zu ca. 8.000 Anmeldungen und fast ebenso vielen Erteilungen im Jahr. Nur Großbritannien verzeichnete Schwankungen: nach 1883 vermehrte sich die Zahl der Patente um das Vierfache, stand in den Folgejahren still und kletterte bis 1889 auf ca. 21.000 pro Jahr, Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 11; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 10. 279 PA, Denkschrift, PMZBl. 1896 (II), S. 77, 82. 280 Viele Inhaber stellten nach kurzer Zeit die laufenden Zahlungen ein und ließen das Patent verfallen. Die Einnahmen des PA (Sp. 7) setzten sich neben Anmelde- und Beschwerdegebühren vorwiegend aus Patentgebühren zusammen. Ausgaben (Sp. 8) entstanden für die Besoldung der Mitglieder und Beamten des PA, Veröffentlichungen und die Fachbibliothek, DrucksRT 1890 / 91 Nr. 152, S. 31 f. Von Anfang an überschritten die Einnahmen die Ausgaben, nach acht Jahren erreichten sie das Doppelte. Die Sp. 5 und 7 verdeutlichen die überhöhten Gebühren. Nicht übernommen sind Einnahmen und Ausgaben des PA ab 1891, da sie Anteile aus dem Gebrauchsmusterwesen, ab 1894 auch aus dem Warenzeichenwesen enthielten. 281 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 9. Noch heute kommt Patenten eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft zu. Das Europäische Patentamt erteilt jährlich ca. 60.000 europäische Patente. Seine wesentliche Aufgabe ist es, „den Interessen er europäischen Industrie und damit den europäischen Verbrauchern zu dienen“, zitiert die Financial Times Deutschland v. 20. 9. 2004, S. 28, Alain Pompidou, den Präsidenten der Behörde.

78

1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

IV. Der Erfindungsschutz in der Rechtsordnung Die Erfindung war aufgrund ihrer persönlichkeitsrechtlichen Ausprägung und wegen ihres häufig beträchtlichen Wertes von der Rechtsordnung umfassend geschützt. Ihre unkörperliche, gegenüber anderen Verkehrsgütern so fremde Gestalt verlangte einen ganz eigenen Schutzmechanismus. Dem trug die Lehre von den Immaterialgüterrechten Rechnung. An einer bestehenden Erfindung konnten nacheinander und gleichzeitig verschiedene Personen berechtigt sein. Der Erfinder war die natürliche Person, die allein oder zusammen mit anderen die Erfindungsidee durch geistige Leistung hervorbrachte.282 Das Erfinderrecht regelte seine Rechte vor der Anmeldung. Die Anmeldung war sowohl zivilrechtliche Erklärung283 als auch öffentlich-rechtlicher Formalakt.284 Dadurch gelangte die Erfindung in die Obhut des Patentsystems, das sich ab diesem Zeitpunkt mit den Rechtsbeziehungen beschäftigte. Neben den Erfinder trat die natürliche oder juristische Person des Anmelders, der mit ersterem nicht identisch sein musste.285 Nach der Erteilung des Schutzrechts hieß der Anmelder, oder sein Rechtsnachfolger, Patentinhaber.286 Zu seinem Schutz umgaben das Patentrecht dingliche und obligatorische Ansprüche. Sie dienten dazu, rechtswidrige Eingriffe in das Patent abzuwehren, erlittene Schäden auszugleichen und die zugeordneten Rechte zu gewährleisten. Die Patentverletzungsansprüche sicherten die Durchsetzung der patentrechtlichen Ziele im täglichen Wirtschaftsleben. Mit Ausnahme des persönlichkeitsrechtlichen Schutzes endete der individuelle Erfindungsschutz erst, wenn ein Patent erlosch oder eine nicht patentierte Erfindung bekannt wurde. Fortan war die Allgemeinheit an der Erfindung berechtigt.

1. Der Schutz des Erfinders vor der Anmeldung Vor der Patentanmeldung hatte der Erfinder nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts ein Vermögensrecht an der Erfindung.287 Dieses entstand in 282 Kohler, Handbuch, S. 57. Erfindung und Erfinder hängen unwandelbar kausal zusammen, Osterrieth, Lehrbuch, S. 79. 283 Der Anmeldende erklärte, dass er das Patentrecht für die beschriebene Erfindung beanspruche; sie musste die erste sein und ging allen anderen Anmeldungen vor, Osterrieth, Lehrbuch, S. 85 f. 284 Für die Anmeldung, die das Erteilungsverfahren in Gang setzte, galten die Formvorschriften des § 20 Abs. 1 und der gemäß § 20 Abs. 2 erlassenen Verordnung, Osterrieth, Lehrbuch, S. 134. 285 Das G nannte ihn auch Patentsucher, §§ 3, 21 ff. Seligsohn, S. 75. Zu Arbeitnehmererfindungen siehe Fn. 8 der Einleitung. 286 S. §§ 4, 5, 8 ff.; Osterrieth, Lehrbuch, S. 95. 287 Mangels Anwendbarkeit konnte das speziellere PatG die allgemeinen Vorschriften nicht verdrängen; in Betracht kam eine Haftung auf Vorteilsherausgabe nach §§ 200, 201 Teil I Titel 16 ALR und des Geschäftsführers nach §§ 230, 238, 240, 241, 262, 286

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

79

seiner Person mit der Fertigstellung der Erfindung.288 Der Erfinder hatte das Recht, allein über die Veröffentlichung seiner Erfindung zu verfügen. Er war zudem befugt, seine Erfindung geheim oder öffentlich zu benutzen.289 Versagt blieb dem patentlosen Erfinder das Recht, anderen die Benutzung der Erfindung zu untersagen.290 Erst eine Patenterteilung, der ein formelles Verfahren vorausging, erweiterte die Wirkungen des Rechts um diese Ausschließlichkeit.291 Für das allgemeine Erfinderrecht galten die Vorschriften des bürgerlichen Rechts;292 es war übertragbar und gegen Beeinträchtigungen geschützt.293 Ferner umfasste es das Erfinderpersönlichkeitsrecht, also das Recht, als Erfinder anerkannt zu werden.294 Dieses Individualrecht war an die Person gebunden und unveräußerlich.295 Das PatG erwähnte das Recht an der Erfindung nicht, setzte es aber in mehreren Vorschriften voraus. Das zugrundeliegende Anmelderprinzip erlaubte Dritten, ein Patent zu erlangen, ohne selbst erfunden zu haben;296 das Recht an der Erfindung bestätigend, schützte das PatG den Erfinder, wenn Dritte in den Genuss eines Patents kommen wollten. Während des Erteilungsverfahrens konnte der Erfinder Einspruch gegen die Anmeldung einer unberechtigt entnommenen Erfindung einlegen,297 nach der Erteilung verblieb ihm eine Einspruchsfrist von zwei MonaTeil I Titel 13 ALR, RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95); RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95) mit Verweisen auf frühere Urteile; RG v. 25. 9. 1911 (I 72 / 11) konnte offen lassen, ob das Recht an der Erfindung ein sonstiges Recht i.S.d. § 823 BGB sei. 288 Zur Individualisierung muss die Erfindung vom Erfinder ferner verlautbart sein, Benkard, Einleitung Rn. 22; Gülland, S. 132. 289 Gierke, S. 873. 290 RGZ 29, S. 49 v. 28. 5. 1892 (I 75 / 92); RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95) m. w. N. Das galt, obwohl die Erfindung vor der Anmeldung, solange sie nicht offenkundig i.S.d. § 2 war, kein Gemeingut darstellte. 291 Erforderlich war die Anmeldung, Vorprüfung auf Patentfähigkeit, Offenbarung und Bekanntmachung. Das Gebot der Rechtssicherheit gewährte der geprüften Erfindung mehr Schutz als der ungeprüften. 292 RG v. 13. 2. 1911 (I 604 / 09); RG v. 25. 9. 1911 (I 72 / 11); Kohler, Forschungen, Anhang S. 120. Mehr als Verträge, Zeugnisverweigerungsrechte, Zivil- und Strafrecht schützte tatsächlich die Geheimhaltung. 293 RGZ 29, S. 49, 51 ff. v. 28. 5. 1892 (I 75 / 92); RG v. 25. 9. 1911 (I 72 / 11); RG v. 2. 5. 1917 (I 27 / 17). Das RG ließ den unberechtigten Geschäftsführer aus GoA in Höhe der gezogenen Vorteile, bei nachträglicher Genehmigung auf angemessene Entschädigung haften, RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95) m. w. N. 294 Gierke, S. 873 f. Das Recht, als Erfinder genannt zu werden, war str., Osterrieth, Lehrbuch, S. 80 ff. 295 Kohler, Handbuch, S. 75 f. Das RG erkannte die Theorie des Individualrechts erst spät an und billigte lange Zeit nur einzelne gesetzlich geregelte Individualrechte, RGZ 51, S. 372, 373 v. 29. 5. 1902 (VI 50 / 02); RG v. 14. 12. 1903 (VI 167 / 03); RGZ 58, S. 24, 29 v. 27. 2. 1904 (I 418 / 03); RG v. 7. 11. 1908 (I 638 / 07). 296 Ein die Anmeldung gestattender Vertrag zwischen Erfinder und Anmelder war nicht erforderlich, schränkte aber das Einspruchsrecht des Erfinders aus § 3 Abs. 2 ein, RG v. 13. 7. 1892 (I 151 / 92).

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

ten.298 Wehrte er sich nicht im Vorfeld, konnte er Nichtigkeitsklage erheben.299 Die Nichtigerklärung beseitigte das Patent und eröffnete jedermann die freie Benutzung der Erfindung. Allein das Erfinderpersönlichkeitsrecht blieb unberührt. Letztlich konnte das Recht an der Erfindung in Gestalt eines Vorbenutzungsrechts neben dem Patent, das ein Dritter für die gleiche Erfindung inne hatte, überdauern. Der patentlose Erfinder durfte seine schon zur Zeit der fremden Patentanmeldung benutzte Erfindung weiterbenutzen. § 5 Abs. 1 schützte ihn gegen das Ausschließungsrecht des Patentinhabers. Der Schutz der nicht patentierten Erfindung beschränkte sich auf die Wahrung der vom Erfinder erlangten Befugnisse. Die wirtschaftliche Ausbeutung der Erfindung erforderte den weiteren Schritt der Patentanmeldung.300

2. Der patentrechtliche Schutz des Anmelders Mit der Patentanmeldung trat der Anmelder in den Anwendungsbereich des PatG. Er gab das Geheimnis seiner Erfindungsidee zunächst dem PA preis. § 20 Abs. 1 nannte die Voraussetzungen der Offenbarung.301 Durch eine vorschriftsmäßige Anmeldung entstand das Recht auf das Patent,302 das nicht dem Erfinder, sondern dem Anmelder gebührte.303 Er hatte einen vererblichen und übertragbaren Anspruch auf Erteilung des Patents.304 Er sicherte sich gegenüber späteren Anmel297 § 3 Abs. 2. Hatte der Einspruch die Zurücknahme oder Zurückweisung der Anmeldung zur Folge, verschaffte das dem Erfinder kein zusätzliches Recht. Erst seit 1891 konnte er binnen eines Monats nach Mitteilung des Einspruchserfolgs die Erfindung anmelden, ohne dass ihm die Bekanntmachung der fremden früheren Anmeldung, § 23 Abs. 2 Satz 1, als Neuheitshindernis entgegenstand, § 3 Abs. 2 Satz 2. 298 § 24 Abs. 2 (nach § 24 Abs. 1 a.F. acht Wochen). 299 §§ 10 Abs. 1 Nr. 3, 28 Abs. 2 (§§ 10 Nr. 2, 27 Satz 2 a.F.). 300 Effektiven Schutz erhielt der Erfinder erst durch das Patentrecht. Das RG gestand ihm zwar früh einen Erfindungsbesitz zu, gleichwohl führe er nicht von selbst zum Recht aus dem Patent: verschiedene Rechtssubjekte konnten Erfinder- und Patentrecht halten, RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84); siehe für das PatG 1891 ohne Änderung RG v. 5. 7. 1897 (3 D 2093 / 97). 301 Die Anmeldung musste schriftlich erfolgen, den Antrag mit der genauen Bezeichnung des Gegenstands enthalten und die Erfindung beschreiben. Ein Sachverständiger musste sie mit Hilfe der Anmeldung benutzen können. Seit 1891 forderte das G ausdrücklich einen Patentanspruch, den es legal definierte. Schließlich waren erforderliche Zeichnungen, bildliche Darstellungen, Modelle und Probestücke beizufügen, § 20. 302 RG v. 24.10. 1914 (I 106 / 14) beschreibt das Recht auf das Patent und die Rolle des Vorprüfers. 303 1936 ersetzte das Erfinderprinzip, welches das Recht auf das Patent dem Erfinder zuordnete, das bisherige Anmelderprinzip. Um die Prüfung nicht zu verzögern, behilft sich das heutige PatG in § 7 mit einer Fiktion: der Anmelder gilt als berechtigt. Der Grundsatz des Erfinderprinzips bleibt davon unberührt, da der Erfinder in jedem Stadium des Verfahrens die unberechtigte Anmeldung vindizieren kann. 304 § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6; RG v. 26. 9. 1903 (I 158 / 03).

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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dern, selbst ggü. dem Erfinder, die Priorität. Vorrang bei der Erteilung hatte nicht die früher entstandene, sondern die früher angemeldete Erfindung.305 Das Recht auf das Patent hatte sich von dem ursprünglichen Recht an der Erfindung gelockert. Nach der Vorprüfung machte das PA die Anmeldung im Reichsanzeiger bekannt.306 Für den Schutz der Erfindung war der Zeitpunkt der Bekanntmachung von maßgeblicher Bedeutung, da die Allgemeinheit von nun an Einblick in die veröffentlichte Erfindung hatte. Für Dritte, die dieselbe Erfindung anmelden wollten, beseitigte die Bekanntmachung die Neuheit i.S.d. § 2, also die Patentfähigkeit. Ferner erfreute sich der erste Anmelder „einstweilen“ bis zum Abschluss des Erteilungsverfahrens der gesetzlichen Wirkungen eines Patents.307 Er war berechtigt, die Erfindung ausschließlich zu benutzen, anderen die Nachahmung zu verbieten, sie von der Benutzung auszuschließen oder ihnen Nutzungsrechte einzuräumen. Erstmals genoss er Rechte, die eine wirtschaftliche Verwertung zuließen und Anreize setzten.308

3. Die ausschließliche Wirkung des erteilten Patents Mit der Erteilung erlangte der Patentinhaber das übertragbare und vererbliche Recht aus dem Patent. Es enthielt ein zeitlich begrenztes Verwertungsrecht zur ausschließlichen gewerblichen Nutzung der Erfindung. Der Patentinhaber hatte die in § 4 bestimmten ausschließlichen Befugnisse, die auch der Anmelder vorläufig genossen hatte. Er konnte Dritten die Benutzung untersagen, einfache und ausschließliche Lizenzen erteilen und für Verletzungen eine Entschädigung verlangen.309

305 Kohler, Handbuch, S. 83. Das RG stellte fest, dass zurückgenommene oder endgültig zurückgewiesene Anmeldungen späteren Anmeldungen nicht im Wege stünden, solange die Erfindung nicht zwischenzeitlich Gemeingut geworden sei. Nicht erster Anmelder sei, wer sich gutgläubig für den ersten halte. Für die Sicherung der Priorität reiche allein die erste Anmeldung in diesem Sinne. Unter der Voraussetzung, dass sie zu einem Patent führe, schließe sie spätere Anmeldungen aus. § 3 Abs. 1 Satz 2 verlangte nicht, dass das Patent noch zum Zeitpunkt der späteren Anmeldung bestand (a.A. PA), RG v. 13. 1. 1900 (I 390 / 99). 306 § 23 Abs. 1, 2; Zweck war ein Aufgebotsverfahren, welches der Öffentlichkeit die Möglichkeit gab, gemäß § 24 Abs. 2 (§ 24 Abs. 1 Satz 2 a.F.) Einspruch gegen die Erteilung zu erheben. 307 § 23 Abs. 1 Satz 2 (§ 22 Abs. 1 Satz 2 a.F.) i.V.m. § 4; Damme, S. 314. Für den Gegenstand der Anmeldung wirkte die Bekanntmachung wie eine Erteilung. Wurde allerdings das Patent versagt oder der Antrag zurückgenommen, fiel der einstweilige Schutz rückwirkend weg, § 27 Abs. 2 Satz 3 (§ 26 Abs. 2 a.F.); Seligsohn, S. 333. 308 Der einstweilige Schutz glich nach Inhalt und Umfang dem Recht aus dem Patent, Damme, S. 400. 309 RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84); RG v. 5. 7. 1897 (3 D 2093 / 97); RG v. 25. 9. 1911 (I 72 / 11).

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Das Recht aus dem Patent zeichnete sich durch seine Ausschließlichkeit aus, sie war das wesentliche Element des Patents.310 Gesetzlichen Ausdruck fand die ausschließliche Wirkung im Ersten Abschnitt des PatG in der auch für die Patentverletzung zentralen Vorschrift des § 4. Auszugehen war vom Prinzip der Gewerbefreiheit, das im Deutschen Reich galt.311 Es erlaubte jedem, in einem selbstbestimmten Bereich ein Gewerbe zu betreiben.312 Solange der Erfinder seine neue Idee geheimgehalten und kein Dritter eigenständig dieselbe geistige Leistung vollbracht hatte, kam nur der Erfinder in ihren Genuss. Der Gewerbefreiheit widersprach die Geheimhaltung nicht, der Erfinder war nicht gehalten, andere einzuweihen. Das war seit jeher seine höchstpersönliche Entscheidung.313 Nach einer patentrechtlichen Offenbarung ersetzte die rechtliche Ausschließlichkeit des Patents die vormals tatsächliche Ausschließlichkeit. Das Patentrecht durchbrach den Grundsatz der Gewerbefreiheit für die Zeit, in der das Patent seinem Inhaber die alleinige gewerbliche Ausübung der Erfindung gewährte. Nach dem Wortlaut des § 4 PatG 1877 war „niemand befugt“, den Gegenstand der Erfindung zu benutzen. Hier äußerte sich die Ausschließlichkeit besonders deutlich in einem negativen Abwehrrecht.314 Das Patent gewährte seinem Inhaber das Untersagungsrecht gegenüber jedem Dritten, der sich ihm gegenüber auf die Gewerbefreiheit berief.315 Mit dieser actio negatoria konnte er verhindern, dass andere seine Erfindung benutzten und statt seiner ausbeuteten. Das gewerbliche Schutzrecht entfaltete, anders als das Urheberrecht, eine absolute Sperrwirkung auch gegen einen anderen Erfinder derselben Idee. Dieser sog. Doppelerfinder war, wie jeder Dritte, von der Benutzung seiner eigenen Erfindung ausgeschlossen.316 Die Ausschlusswirkung reichte, wieder anders als im Urheberrecht, weiter als nur gegen Nachahmungen, weil es ankam auf die technische Funktion und nicht auf den individuellen Bezug zu der Person, die sie hervorgebracht hatte.317 Für den Beier, GRUR Int. 1979, S. 227, 234. RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II; Schmitz, GRUR 1903, S. 76, 77 f. 312 § 1 Abs. 1 der Gewerbeordnung v. 21. 6. 1869, BGBl. des Norddeutschen Bundes 1869, S. 245: „Der Betrieb eines Gewerbes ist Jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.“ 313 Kohler, Handbuch, S. 249 ff., spricht vom Individualrecht jedes Geheimnisträgers. 314 Bis 1891 wurde das Patent häufig nur als Verbietungsrecht gedeutet, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 14 f. 315 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II. 316 Er musste patentrechtlich nicht geschützt werden, da die Doppelerfindung keinen wirtschaftlichen Nutzen brachte. Einer Erfindung fehlte, im Unterschied zum urheberrechtlich geschützten Werk, die persönliche Individualität. Ein eigenes Recht, das Vorbenutzungsrecht, hatte nur, wer „zur Zeit der Anmeldung ( . . . ) im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte“, § 5 Abs. 1. 317 Die Verletzung ließ sich schwerer erkennen und beweisen als die Nachahmung. Historisch waren sogar selbst Nachahmungen durch Einführungsprivilegien geschützt, Kurz, S. 579. Maßgeblich war, dass etwas Neues offengelegt wurde. Das Patentrecht stellte den Inhaber über den Erfinder, das Urheberrecht honorierte die eigene geistige Leistung. 310 311

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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Rechtsverkehr trat anfangs das Verbietungsrecht als wesentlicher Inhalt des Patents hervor. Gleichwohl lag dem Patent der Zweck zugrunde, dem Inhaber die Ausbeutung der Erfindung zu sichern. Die positive Befugnis des Patentinhabers auf den ausschließlichen Gebrauch seiner Erfindung wirkte weniger offensichtlich als das negative Verbotsrecht. In einem frühen Urteil vom 2. 3. 1881 wies das RG auf die positive Seite des Rechts hin: Hierdurch steht ihm (scil. dem Kläger) aber nach § 4 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 nicht nur die Befugniß zur ausschließlichen Herstellung und Feilhaltung dieses Apparats zu, sondern das Patent hat außerdem auch die Wirkung, daß Niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Klägers den ihm patentirten Apparat zu gebrauchen, daß also der Kläger ausschließlich berechtigt ist, denselben zur Herstellung und zum Verkaufe nicotinfreier Tabacke gewerbsmäßig zu verwerthen. Diesem ausschließlichen gewerblichen Rechte des Klägers auf Benutzung des ihm ertheilten Patents widerspricht es nun aber ( . . . ).318

Nach der positiven Benutzungsbefugnis nannte das RG das negative Abwehrrecht, um es sogleich wieder als positive Berechtigung darzustellen. Die Formulierung verdeutlicht, dass anfangs beide Seiten der Wirkung nicht klar auseinander gehalten wurden. Das Benutzungsrecht erlaubte dem Patentinhaber nicht, wie die Rechtsprechung zur Abhängigkeit von Patenten zeigte,319 in bestehende Rechte anderer einzugreifen. Berief sich der Verletzungsbeklagte auf ein eigenes Patent, wies das RG diesen Einwand folgerichtig zurück.320 Allein die Wortwahl erweckte bisweilen den Eindruck, als lehne das RG das positive Recht ganz ab: Denn es ist unrichtig, wenn das Berufungsgericht sagt, das Patent verleihe dem Inhaber die Befugniß, den Gegenstand der Erfindung ( . . . ) herzustellen und zu gebrauchen. Diese Befugniß ist von dem Patente unabhängig. Sie würde der Beklagten, auch wenn sie kein Patent erworben hätte, vermöge der natürlichen Freiheit des Handelns und, soweit es sich um gewerbsmäßigen Betrieb handelt, vermöge des Grundsatzes der Gewerbefreiheit zustehen. Das Recht, welches zu dieser Befugniß ( . . . ) kraft der Ertheilung des Patents hinzutritt, besteht in dem gegen jeden Anderen gegebenen Ausschließlichkeitsrechte; nur dieses wird in § 4 des Patentgesetzes als Wirkung des Patents bezeichnet.321

Gleichwohl stellte es in derselben Entscheidung klar, dass ein Patent nachgesucht und verliehen werde, um dem Inhaber die Ausnutzung zu seinem alleinigen Vorteil zu sichern. Das RG erkannte die positive Berechtigung grundsätzlich an. Der Begriff der Benutzung umfasste als Tätigkeitsarten das Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten und den Gebrauch. Im Gegensatz zu ausländischen Vorbildern hielt sich das PatG 1877 zurück, den Inhaber nach allen diesen Richtungen zu RG v. 2. 3. 1881 (I 506 / 81). Weniger deutlich formulierte RG v. 27. 6. 1883 (I 23 / 83). Siehe S. 133 ff. und insbesondere S. 350 ff. 320 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 88) – Ariston RG v. 27. 3. 1890 (I 19 / 90). 321 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II; ebenfalls nur den negativen Schutz erwähnt RG v. 17. 12. 1886 (II 251 / 86). 318 319

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

schützen.322 § 4 Abs. 1 räumte dem Patentinhaber zwar ein umfängliches Herstellungs- und mit dem Inverkehrbringen und Feilhalten auch ein Vertriebsrecht ein. Hingegen gewährte Abs. 2 das Gebrauchsrecht nur für Erfindungen, die ein Verfahren oder Arbeitsmittel zum Gegenstand hatten.323 Erst 1891 erstreckte der Gesetzgeber das Gebrauchsrecht auf alle Erfindungsgegenstände.324 Erfindungen konnten Sachen und Methoden betreffen. Auf erstere wurden Stoff-, auf letztere Verfahrenspatente erteilt. § 4 erwähnte den Gegenstand der Erfindung. Gemeint war die Ausführungsform der Erfindung, d. h. der körperlichräumliche Stoff bei einem Stoffpatent und die zeitliche Anwendung des Verfahrens bei einem Verfahrenspatent.325 Nachdem der Erzeugnisschutz vom RG anerkannt war, bezog S. 2 der Novelle von 1891 ausdrücklich die unmittelbaren Erzeugnisse eines Verfahrens in den Schutz des Verfahrenspatents ein. Das PatG 1891 sollte durch die Worte „ausschließlich befugt“ neben dem negativen Ausschlussrecht das positive Benutzungsrecht formulieren.326 Dieses lag in dem Recht auf eine geregelte gewerbsmäßige Ausbeutung der Erfindung. Die Ausübung war grundsätzlich durch die Gewerbefreiheit sichergestellt. Das Patent wies diesen Gegenstand des Gemeinguts einem Einzelnen zu, indem es ihm über das Benutzungsrecht hinausgehende Befugnisse gab.327 Die Rechtsordnung förderte den Patentinhaber, indem sie ihn in die Lage versetzte, zeitweilig über die allgemeine Nutzung zu bestimmen. Er konnte die Erfindung entweder selbst ausführen und andere ausschließen oder durch Dritte verwerten. In letzterem Fall hatte er mittels Lizenzen328 für die gewerbliche Verwertung der Erfindung Sorge zu tragen.329 Die Verletzung seines positiven Ausschließlichkeitsrechts führte zum Ent322 Die Patentrechte in den deutschen Staaten vor 1877 gestanden meist nur in Hinsicht auf die Herstellung und den Gebrauch von Verfahren und Fabrikationsmaschinen ein ausschließliches Recht zu; der Gebrauch im Übrigen und der Verkauf der Gegenstände waren frei, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 19 f. 323 Damit waren immerhin die meisten Erfindungen vom Gebrauchsrecht erfasst. Die Unterscheidung zwischen Arbeitsgeräten und einfachen Gebrauchsgegenständen erwies sich als schwierig. Das RG legte die Begriffe „Betriebsvorrichtung“ und „Arbeitsgerät“ weit aus, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 15. 324 Zum Ausgleich musste der Gebrauch gewerbsmäßig erfolgen, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15. 325 Damme, S. 370. Besondere Erfindungsgegenstände, wie z. B. Äquivalente oder Erfindungsteile einer Kombinationserfindung, und ihre Schutzvoraussetzungen beschreibt der 3. Abschnitt. Vom Gegenstand der Erfindung war der „Gegenstand des Patents“, z. B. i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG 1891, zu unterscheiden. Er meinte die Erfindung selbst, d. h. die Idee. 326 Ähnlich formulierten z. B. § 1 UrhG v. 1870 und § 8 MarkenG v. 1874, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15. 327 Isay (1920), S. 207; Kohler, Handbuch, S. 426; Seligsohn, S. 107. 328 Einfache oder ausschließliche Lizenzen konnten ausdrücklich, stillschweigend und konkludent vereinbart werden. Die Vertragsfreiheit erlaubte örtliche, sachliche und zeitliche Beschränkungen. 329 Das PatG sanktionierte die gewerbliche Blockade ohne eigene Benutzung, § 11.

B. Die Ziele und das Wesen des Patentrechts

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schädigungsanspruch, da ihm allein die Ausbeutung zugewiesen war. Unmissverständlich machte das RG dieses 1892 in der Kongo-Rot-Entscheidung deutlich: ( . . . ) tritt aber klar hervor durch die Fassung welche der §. 4 in dem Gesetze vom 7. April 1891 erhalten hat: ( . . . ) Dies ist bezüglich des hier in Rede stehenden Punktes keine sachliche Aenderung der früheren Fassung, vielmehr ist derselbe Gedanke in anderer Form ausgedrückt. Denn es ist auch derselbe Gedanke, ob man sich so ausdrückt: Der Eigenthümer ist ausschließlich berechtigt, die ihm gehörige Sache zu gebrauchen oder zu veräußern. Oder ob man sich so ausdrückt: Niemand ist befugt, ohne Erlaubniß des Eigenthümers dessen Sache zu gebrauchen oder zu veräußern.330

Der Gesetzgeber hatte mit der Umformulierung klargestellt, dass das Recht aus dem Patent positive und negative Seiten miteinander verbindet. Die absolut und gegen jedermann wirkende Natur des subjektiven Patentrechts erforderte Beschränkungen. Das Zusammenspiel von ausschließlicher Wirkung und ihren zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Begrenzungen verlieh dem Patent seine charakteristischen Merkmale.331

V. Zusammenfassung Das immaterielle Gut der Erfindung war bereits durch das allgemeine Recht, das Erfinderrecht, geschützt, bevor es mit dem Sondergebiet des Patentrechts in Berührung kam. Die Anmeldung zum Patent als erster Schritt zur Veröffentlichung rückte die Erfindung in den Anwendungsbereich des mit guten Gründen geschaffenen Sonderrechts. Durch das Patentrecht erfuhr die Erfindung eine wirtschaftsfördernde Verwertung. Die Zuordnung von Verwertungsrechten nahm in Kauf, dass zugleich Dritte von der Erfindung ausgeschlossen waren. Die daher erforderliche Rechtfertigung des Patentrechts konzentrierte sich auf zwei Gesichtspunkte: Zum einen betrachtete sie den Erfinder und sein Persönlichkeitsrecht, das er erworben hatte, weil sich seine geistige Leistung individuell in der Erfindung niedergeschlagen hatte. Zum anderen stützte sie sich zunehmend auf die wirtschaftlichen Interessen des Erfinders, Verwerters, seiner Wettbewerber und der Allgemeinheit. Das Patentrecht vermittelte zwischen den Interessen der an der Verwertung Beteiligten. Die so geschaffene rechtliche Sicherheit sorgte dafür, dass überhaupt in Erfindungstätigkeiten investiert, gemachte Erfindungen veröffentlicht und effizient verwertet werden konnten. Als Schutzmittel gewährte das Patentrecht ein absolutes Recht an der Erfindung, welches dem Rechtsinhaber die Nutzung und Verwertung ausschließlich zuordnete. 330 RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II; RG v. 3. 7. 1901 (I 141 / 01): „( . . . ) und ebenso das durch Patent geschützte Erfinderrecht ist kein bloßes Verbietungsrecht, sondern ein Recht, und zwar ein absolutes Recht an einem unkörperlichen Gut.“ 331 Die Beschränkungen des Patentrechts – z. B. seine zeitliche Dauer, die Territorialität und die Gewerbsmäßigkeit der Benutzung – behandelt der 3. Abschnitt.

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1. Abschn.: Geschichte und Grundzüge des Patentrechts

Mit seiner ihm eigenen Beschaffenheit sorgte es für einen Interessenausgleich und garantierte ein friedliches Nebeneinander der Wettbewerber bei der Erfindungsverwertung. Wie kein anderes System des Erfindungsschutzes wirkte es sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Dabei reagierte es auf die spezifischen Anforderungen, die das weite Feld der technischen Erfindungen mit sich brachte, und verhalf der Allgemeinheit zum technischen Fortschritt.

2. Abschnitt

Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren Der zweite Abschnitt der Arbeit befasst sich mit der Einordnung des Patentschutzes in das materielle und prozessuale Recht. Ein erster Teil stellt die Verletzungsansprüche vor. Deren erste und grundlegende Voraussetzung war die Patentverletzung. Das Patent hatte die Wirkung, dass für eine bestimmte Zeit sein Inhaber alle anderen von der Nutzung der Erfindung ausschließen und diese allein verwerten konnte. Der widerrechtliche Eingriff in das Recht aus § 4, ggf. in Verbindung mit einem patentrechtlich schuldhaften Verhalten, begründete Ansprüche aus dem PatG und nach allgemeinem Recht. Als Sanktionen für Verstöße beeinflussten sie das gewerbliche Wettbewerbsverhalten. Ihr oft erheblicher Wert unterstrich die wirtschaftliche Bedeutung des Patents. In diesem Abschnitt wird nur einführend auf die Patentverletzung eingegangen; eine detaillierte Untersuchung auf Grundlage der reichsgerichtlichen Rechtsprechung bleibt dem dritten Abschnitt der Arbeit vorbehalten. Nach dem PatG konnte der Verletzte das Ablassen von der störenden Tätigkeit und Schadenersatz für erlittene Einbußen verlangen. Für obrigkeitliche Benutzungen patentierter Erfindungen traf das Gesetz Sonderregelungen, die das RG ergänzte. Erörtert wird ferner die Anwendbarkeit allgemeiner Regeln wie des Delikts-, Geschäftsführungs- oder Bereicherungsrechts auf die Patentverletzung. Es wird gezeigt, wie das RG den gesetzgeberischen Wertungen, die eigens in patentrechtlichen Verschuldens- und Verjährungsvorschriften zum Ausdruck kamen, begegnete und ein wirksames Schutzsystem entwickelte. Der zweite Teil beschreibt Zielsetzung und Ablauf patentamtlicher und gerichtlicher Verfahren. Es werden Erteilungs-, Vernichtungs- und Zurücknahmeverfahren sowie ihnen gegenüber das Verletzungsverfahren in Erscheinung der Feststellungsund Leistungsklage vorgestellt. Besonderes Augenmerk ist auf die Zuständigkeit des RG gelegt. Sie war für verschiedene Verfahren und Rechtszüge begründet. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Patentamt (PA) und RG rief Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der sog. Abhängigkeitserklärung hervor. Eine Urteilsanalyse gibt Einblick in die Aufgabenverteilung. Der dritte Teil erläutert prozessuale Eigenheiten des Patentverletzungsprozesses. Nicht immer passten die Patentverletzungssachen ohne weiteres in das bestehende Gefüge der Verfahrensvorschriften. Grundlegend galt für das Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten die Zivilprozessordnung, welche im gleichen Jahr wie das erste PatG in Kraft getreten ist.1 Sie wurde nur geringfügig durch die spe-

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

zialgesetzlichen Bestimmungen des PatG ergänzt. Neben materiellrechtlichen Themen befasste sich das RG auch mit der patentrechtskonformen Fortbildung der Verfahrensordnungen. Behandelt werden die Rechtswegzuständigkeit für Klagen gegen Reich und Staat, die Anwendbarkeit des § 32 ZPO auf Patentverletzungsklagen und die Häufungen verschiedener Verletzungsansprüche in einer Klage, sowie die besondere Beweisvermutung des § 35 Abs. 2.

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung Der Patentverletzung begegnete die Rechtsordnung mit einem Bündel teils spezialgesetzlicher, teils allgemein bürgerlich-rechtlicher Rechtsfolgen.2 Untersucht werden patentrechtliche Konsequenzen des Eingriffs und die Anwendbarkeit des bürgerlichen Rechts neben den Vorschriften des PatG. Nur einführend wird die Patentverletzung als Anspruchsvoraussetzung behandelt, da der Analyse hierzu ergangener Reichsgerichtsurteile in dieser Arbeit ein eigener, dritter Abschnitt gewidmet ist. Nach PatG erlaubte zunächst ein dinglicher Unterlassungsanspruch, Eingriffe abzuwehren. Ihm stand ein verschuldensabhängiger Schadenersatzanspruch zur Seite. Gegenüber staatlichen Eingriffen hatte der Patentinhaber einen Vergütungsanspruch. Die Anwendung allgemeiner Haftungsvorschriften weckte Bedenken angesichts der patentrechtlichen strengen Verschuldenserfordernisse gemäß § 35 (§ 34 a.F.) und kurzen Verjährungsregelung in § 39 (§ 38 a.F.). Behandelt wird die Rechtsprechung zur Haftung aus Geschäftsführung ohne Auftrag und zu deliktischen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen. Nicht im PatG geregelt war ein Rechnungslegungsanspruch, welcher nicht grundsätzlich umstritten, jedoch in Betreff seiner subjektiven Voraussetzungen erklärungsbedürftig war. Das RG erörterte ferner die Wirkung der Klageerhebung auf die Haftung des Verletzers.

I. Die Patentverletzung als allgemeine Anspruchsvoraussetzung Das PatG lieferte keine Legaldefinition für den Begriff der Patentverletzung, setzte sie aber im Vierten Abschnitt sprachlich voraus.3 Die Überschrift „Strafen und Entschädigung“ wies darauf hin, dass der Verletzer mit Strafe bedroht und CPO v. 30. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 83. Strafrechtliche Maßnahmen sind nicht Gegenstand der Bearbeitung, siehe Fn. 15 der Einleitung. 3 § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.), § 36 Abs. 3 (§ 35 Satz 1 a.F.) sprachen beiläufig vom „Verletzten“, § 39 (§ 38 a.F.) von „Klagen wegen Verletzung des Patentrechts“ und § 44 von „Verletzung des Patentrechts“. Ohne ihn vom „Verletzten“ zu unterscheiden, erwähnte § 37 Abs. 1 (§ 36 Abs. 1 a.F.) den „Beschädigten“. 1 2

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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zivilrechtlichen Entschädigungsansprüchen des Verletzten ausgesetzt war.4 Voraussetzungen und Folgen der Verletzung bestimmte nicht nur der Vierte Abschnitt. § 35 (§ 34 a.F.) nahm Bezug auf die Kernvorschrift des § 4 und auf § 5. Gemeinsam regelten diese Normen die Handhabung der Verletzung. Die objektive Patentverletzung stellte sich als rechtswidriger Eingriff in den Schutzbereich eines wirksamen Patents dar und war für alle Verletzungsansprüche Voraussetzung.5 Der Erste Strafsenat des RG erläuterte 1884 den Verletzungsbegriff des § 34 wie folgt: Mit den Worten „Wer wissentlich den Bestimmungen der §§ 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt,“ begreift §. 34 des Patentgesetzes ein wissentliches Zuwiderhandeln gegen jene Rechte, welche nach §§. 4 und 5 des Patentgesetzes sich als Wirkungen des Patents darstellen; es fällt sonach unter §. 34 eine solche Handlungsweise, welche einen Eingriff gegen die rechtlichen Wirkungen des Patents im Sinne der §§. 4 und 5 des Patentgesetzes bildet.6

Jede Benutzungshandlung eines Dritten, die dem Patentinhaber vorbehalten war, störte sein Recht. Das RG entschied früh, dass unabhängig von im Übrigen rechtmäßigen Benutzungen eine Verletzung schon in einer einzigen unberechtigten Vornahme einer Benutzungsart lag. In einem Fall hatte der Beklagte in Holland Schmierbüchsen hergestellt, die in Deutschland patentiert waren. Aufgrund der Territorialität des Patentrechts war das rechtmäßig. Sodann ließ er sich die Ware nach Hamburg senden, um sie von dort weiterzuverkaufen und zu versenden. Trotz rechtmäßiger Herstellung bejahte das RG eine Verletzung durch Inverkehrbringen und Feilhalten.7 4 Der Vierte Abschnitt enthielt zivil-, straf-, materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften: § 35 (§ 34 Abs. 1 a.F.) regelte die Entschädigung, § 39 (§ 38 a.F.) die zivilrechtliche Verjährung; § 36 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) drohte Geld- und Gefängnisstrafe für die Verletzung, § 40 für die Patentanmaßung an; § 36 Abs. 2 (§ 34 Abs. 2 a.F.) behandelte das Strafantragserfordernis, § 38 (§ 37 a.F.) die Zuständigkeit des ROHG / RG und § 39 a.F. die freie Beweiswürdigung, RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86). Die Kommission v. 1877 lehnte die Aufspaltung straf- und zivilrechtlicher Folgen in verschiedene Absätze ab, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 40. Die strafrechtlichen Folgen der Patentverletzung und der Patentanmaßung sind nicht Gegenstand der Arbeit, siehe S. 30. 5 In jedem Fall war im Klageantrag die zu unterlassende Handlung genau zu bezeichnen, „daß eine Vergleichung dessen, was der Beklagte gethan hat, mit dem, was der Kläger nach dem ihm ertheilten Patent allein thun darf, für den Richter möglich ist“, RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93). Hierfür kamen nur Handlungen in Betracht, die der Beklagte entweder begangen oder zu begehen gedacht hatte, RG v. 2. 12. 1916 (I 131 / 16). 6 RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84). Verdeutlichend RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03): „( . . . ); die Strafbarkeit ist vielmehr lediglich dadurch bedingt, daß der Täter in der einen oder anderen jener [in § 4 normierten] Arten in das ausschließliche Benutzungsrecht des Patentinhabers wissentlich eingreift (vergl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Band 11 Seite 242).“ 7 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84); RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I. Das Feilhalten konnte durch Äußerungen geschehen. Zu unterscheiden hiervon war die wörtliche Patentverletzung, RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Rechtswidrig war der Eingriff, der ohne oder wider den Willen des Berechtigten vorgenommen wurde. Hatte der vermeintliche Verletzer ein eigenes Recht in Form eines Vorbenutzungsrechts nach § 5 oder hatte der Berechtigte zugestimmt oder eine Lizenz gemäß § 6 erteilt, war die Störung nicht rechtswidrig.8 Auch dem Staat gegenüber versagte der Unterlassungsanspruch, weil Patente ihn nicht an der Ausübung seiner Hoheitsrechte sollten hindern können.9 Ein eigenes Patent des Verletzers konnte sein Handeln nicht rechtfertigen, solange er bei dessen Anwendung von der Zustimmung des Hauptpatentinhabers abhängig war.10 Grundsätzlich konnte ein stillschweigendes Einverständnis des Patentinhabers die Rechtswidrigkeit ausschließen.11 Das erwog die Rechtsprechung auch im Fall des „agent provocateur“, lehnte jedoch eine Rechtfertigung der Verletzung ab.12 Der Patentinhaber hatte den späteren Verletzer verdächtigt, den patentierten Gegenstand herzustellen und zu verkaufen. Über einen Mittelsmann veranlasste er zwei Besteller, bei dem Verletzer die Herstellung des Patentgegenstands in Auftrag zu geben und die fertigen Teile zu kaufen. Der erstinstanzliche Richter verneinte die Rechtswidrigkeit, weil der Patentinhaber die Herstellung selbst veranlasst habe. Die gesetzliche Wirkung des Patents sei beseitigt, der Patentinhaber habe freiwillig darauf verzichtet. Das RG hob die Entscheidung auf. Eine rechtfertigende Einwilligung bestehe nur, wenn der Wille des Berechtigten in Wahrheit darauf gerichtet war, dem Dritten die Benutzung als gebilligte Tätigkeit zu gestatten. Vorliegend wollte der Patentinhaber die Tätigkeit des Verletzers jedoch nicht gutheißen, insbesondere nicht sein Patentrecht durch den Ankauf der Ware verwerten. Vielmehr wollte er ihn auf die Probe stellen und ihm die Entscheidung über den Eingriff überlassen. Da dieser ohne bzw. gegen den Willen des Patentinhabers geschah, war er rechtswidrig.

8 Eine Verletzung konnte vermeiden, wer eine Lizenz hatte. Weigerte sich der Berechtigte, die Benutzung gegen angemessene Vergütung zu erlauben, und lag die Erteilung der Lizenz im öffentlichen Interesse, konnte das Patent nach § 11 Ziff. 2 PatG 1877 zurückgenommen werden; s. ferner Fn. 274 des 1. Abschnitts. Anderes galt seit dem G über den Ausführungszwang v. 6. 6. 1911, RGBl. 1911, S. 243: § 11 Abs. 1 bot die Möglichkeit, eine gewöhnliche, nicht ausschließliche „Zwangslizenz“ zu erwirken. Vor allem bei Pioniererfindungen war das Allgemeininteresse an der technischen Vervollkommnung und Weiterentwicklung groß. Es genügte, dass sich jemand „in ernster technischer Absicht“ mit der Fortentwicklung befasste. Seine zu erwartenden Erfolge dienten dem öffentlichen Interesse. Unerheblich war, dass die Technik auch auf anderem Wege hätte fortentwickelt werden können, da mögliche Fortschritte auf allen Wegen zu fördern waren, RG v. 8. 11. 1913 (I 153 / 13); RG v. 27. 6. 1913 (I 389 / 12); RG v. 16. 6. 1915 (I 57 / 15). 9 Der Staat konnte sich nicht durch die Patenterteilung selbst bei der Erfüllung seiner Aufgaben beschränken. 10 RG v. 4. 11. 1912 (I 422 / 11). Zur Abhängigkeit von Patenten siehe S. 133 ff. 11 RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02). 12 RG v. 17. 12. 1892 (3 D 3301 / 92).

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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II. Die Ansprüche nach PatG Die Rechtsfolgen der Patentverletzung regelte das PatG spezialgesetzlich. Das absolute Recht aus § 4 gewährte unmittelbar einen dinglichen Abwehranspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung. § 35 (§ 34 a.F.) bestimmte die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs.13 Bei staatlicher Inanspruchnahme der Erfindung gab § 5 Abs. 2 einen Vergütungsanspruch, den das RG um aufopferungsrechtliche Grundsätze erweiterte. 1. Der dingliche Unterlassungsanspruch aus § 4 Vordringliches Anliegen des Patentinhabers im Fall einer Patentverletzung war die Unterbindung der Störung, erst in zweiter Linie richtete sich sein Interesse auf die Entschädigung erlittener Nachteile. Unmittelbar aus dem absoluten Recht ergab sich ein Unterlassungsanspruch.14 Als Anspruchsgrundlage diente der im Ersten Abschnitt des PatG geregelte § 4, später zog die Rechtsprechung daneben § 1004 BGB heran.15 Anspruchsinhaber war zunächst, wer zur Zeit der Klageerhebung Patentinhaber war;16 darüber hinaus konnte der ausschließliche Lizenznehmer Unterlassung verlangen, nicht aber der Inhaber einer einfachen Lizenz.17 Die materielle Berechtigung erforderte nicht, dass der Berechtigte in die Patentrolle gemäß § 19 Abs. 1 eingetragen war. Der Erwerber eines im ganzen übertragenen Patents war sofort aktivlegitimiert. Der Anspruch richtete sich gegen den Störer. Das war zunächst der Handelnde selbst, der als Täter, Mittäter, mittelbarer Täter,18 13 Noch in § 31 des Entwurfs v. 6. 2. 1877 (später § 34 PatG 1877), fehlten die Worte „und ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet“. Gleichwohl setzte § 32 des Entwurfs (§ 36 PatG 1877) eine solche voraus, indem er von der „aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung“ sprach. 14 Einen vindikatorischen oder possessorischen Schutz kannte das Patentrecht nicht. Das geistige Eigentum konnte nicht wie das körperliche durch Störung oder Entziehung des Besitzes beeinträchtigt werden, RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). Erfindungsbesitz, analog zum körperlichen Besitz konstruiert, hatte ab Bekanntmachung die Allgemeinheit. Er konnte daher nicht entzogen werden, Isay (1920), S. 157. 15 RG v. 4. 11. 1912 (I 422 / 11): „Jeden, der in seinen Patentanspruch widerrechtlich eingreift, kann er gemäß § 1004 B.G.B. auf Beseitigung der Beeinträchtigung und auf Unterlassung weiterer Störungen in Anspruch nehmen.“ Osterrieth, Lehrbuch, S. 108. 16 Ausländische Patentinhaber bestellten im Interesse des inländischen Verkehrs und des PA gemäß § 12 einen inländischen Vertreter. Aktiv- und passivlegitimiert blieb der ausländische Inhaber. Eine Klage gegen einen Ausländer setzte keine Vertreterbestellung voraus; gleichwohl konnte die Klage an einen bestellten Vertreter zugestellt werden, RG v. 14. 11. 1898 (I 312 / 98); RG v. 19. 6. 1899 (I 166 / 99). 17 Streng genommen lag nur für den Patentinhaber eine „Patentverletzung“ vor, für den Lizenznehmer stellte sie sich als Störung seines mit dinglicher Wirkung gewährten Nutzungsrechts dar, RG v. 16. 1. 1904 (I 373 / 03); RG v. 30. 11. 1907 (I 262 / 07); RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09). Eine andere Frage war, ob der ausschließliche Lizenznehmer zur Stellung des Strafantrags befugt war, vgl. RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84); RG v. 5. 7. 1897 (3 D 2093 / 97).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Gehilfe19 oder Anstifter die patentierte Erfindung in Benutzung nahm.20 Ferner kamen der Geschäftsherr, der Auftraggeber oder nach §§ 31, 86, 89 BGB eine juristische Person als Störer in Betracht.21 Waren mehrere Personen als Störer anzusehen, konnte die Klage gegen jeden gerichtet werden.22 Der Anspruch setzte allein die objektive Patentverletzung voraus. Das RG gewährte ihn nicht nur bei Benutzungstätigkeiten, sondern darüber hinaus bei sonstigen Störungen wie wörtlichen Berühmungen. Eine bloße Äußerung reichte aber nicht aus; das RG forderte zusätzlich, dass die Äußerung vom Willen getragen sein musste, entsprechend zu handeln und die patentierte Erfindung selbst auszunutzen.23 Hieran hielt es fest: Darum muß zunächst erhellen, daß der Beklagte das Recht des Klägers ( . . . ) nach einer von ihm abgegebenen Erklärung in einer bestimmten Richtung zu verletzen beabsichtige. ( . . . ). Sodann aber hat das richterliche Urtheil nicht die Bedeutung einer theoretischen Rechtsbelehrung, vielmehr entscheidet dasselbe einen konkreten Streitfall.24

Die Voraussetzungen an die wörtliche Verletzung waren hoch. Rein wissenschaftliche Streitigkeiten, z. B. in Fachblättern, konnten das Patent ebensowenig verletzen wie Äußerungen über seine Tragweite, die sich nicht mit der Auffassung des Inhabers deckten. Nicht einmal eine juristisch unsinnige Behauptung stellte nach Ansicht des RG eine Störung dar.25 Erforderlich war eine gegenwärtige, d. h. fortdauernde Störung.26 War sie gänzlich behoben, fehlte das Bedürfnis für ein Unterlassungsverlangen. Hingegen war RG v. 7. 5. 1892 (I 43 / 92). RG v. 2. 2. 1907 (I 289 / 06) – Seidenglanz II. 20 RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99). 21 RG v. 17. 11. 1913 (I 112 / 13). 22 RG v. 7. 5. 1892 (I 43 / 92): Die Beklagte hatte einem Dritten den Auftrag zur Herstellung von Drahtbügeln mittels einer patentierten Maschine gegeben und ihm Material und Raum zur Verfügung gestellt, damit er zu einem vereinbarten Stücklohn in ihrer Fabrik produziere. Ob der Dritte Angestellter oder selbständiger Werkmeister war, war unerheblich; beide hatten die Maschine gemeinschaftlich nach § 4 Abs. 2 gebraucht. 23 RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89): „[Das Patent verletzte, wer sich zu Unrecht berühmte,] ein bestimmtes Verhalten ohne Verletzung letzteren Rechts einhalten zu dürfen, auch nach der konkreten Sachlage mit diesem Berühmen den Willen verknüpft, dementsprechend zu handeln.“; RG v. 12. 5. 1903 (II 482 / 02). 24 RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93). 25 Der Beklagte hatte veröffentlicht, das PA habe endgültig entschieden, dass sein Verhalten das klägerische Patent nicht verletze. Das RG lehnte eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Regelungsverfügung ab. Dem Patentinhaber drohe kein Nachteil. Die Behauptung trage ihre Unrichtigkeit „so offensichtlich an der Stirn“, dass sich davon nach 15jährigem Bestehen des PatG niemand mehr täuschen lasse. Der Patentinhaber könne einfach auf die Unzuständigkeit des PA für eine solche Entscheidung hinweisen, RG v. 26. 4. 1893 (I 116 / 93). 26 RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08). Vergangene Störungen begründeten ggf. einen Entschädigungsanspruch. 18 19

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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die Störung nicht beseitigt, wenn sie nur unterbrochen war und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen waren: Jeder auch nur objektiv widerrechtliche Eingriff in ein vom Gesetz geschütztes Recht berechtigt zu einer Klage auf Unterlassung, wenn weitere Eingriffe zu befürchten sind; ( . . . ). Seine gesetzliche Grundlage findet jener Schutz in der analogen Anwendung der Vorschriften in den §§ 12, 862, 1004 B.G.B.; dem durch widerrechtlichen Eingriff in ein durch das Gesetz geschütztes Rechtsgut Betroffenen steht eine actio quasi negatoria zu, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind.27

Die Wiederholungsgefahr musste nicht notwendig mit einer Mehrzahl erfolgter Störungen begründet werden, ausreichend war eine einzige. Ob weitere Eingriffe zu befürchten oder zu besorgen waren, entschied der Tatrichter nach den Umständen.28 Erforderlich war die ernstliche Besorgnis, eine auf Tatsachen sich gründende Wahrscheinlichkeit des wiederholten Eingriffs. Diese hatte an sich der Patentinhaber zu beweisen.29 Allerdings konnte sich schon aus den Umständen, namentlich der Beschaffenheit des Eingriffs, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Wiederholungsgefahr ergeben. In diesem Fall oblag es dem Beklagten zu beweisen, dass die Wiederholung ausgeschlossen war.30 Er musste objektive Gründe angeben oder sich unzweideutig erklären und verhalten. Eine Erklärung außerhalb des Prozesses reichte nicht aus, vielmehr war eine förmliche und bindende Zusage erforderlich. Unterlassung konnte auch verlangt werden, wenn das Patent noch nicht verletzt war. Seinem Inhaber war nicht zumutbar, drohende, zukünftige Rechtsverletzungen abzuwarten, um hinterher Ersatz zu suchen. Der Anspruch aus § 4 i.V.m. § 1004 BGB war nicht ausdrücklich an eine bereits begangene Patentverletzung geknüpft. Das RG ließ die gerechtfertigte Besorgnis einer bevorstehenden Verletzung genügen, wenn „Tatsachen vorliegen, welche die Vorbereitung und die Absicht eines solchen Eingriffs mit Sicherheit erkennen lassen“.31 Der Unterlassungsanspruch wandte sich somit gegen Versuchs- und Vorbereitungshandlungen der Pa27 RG v. 5. 1. 1905 (VI 38 / 04). RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08): „( . . . ) der negatorische Unterlassungsanspruch eine gegenwärtige Störung oder doch die begründete Besorgnis der Wiederkehr einer Störung voraussetze.“ 28 Die Grundsätze, die zunächst in Warenzeichensachen aufgestellt wurden, waren auf das Patentrecht übertragbar. Das RG sah die Wiederholungsgefahr, wenn der Verletzer schriftlich in Aussicht stellte, die Handlung vorzunehmen, RG v. 11. 10. 1901 (II 207 / 01), oder den Eingriff zur Verteidigung bestritt, RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06). 29 RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08). 30 Ständige Rechtsprechung des RG in UWG- und Warenzeichensachen, RG v. 14. 2. 1905 (II 241 / 04); RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06); RG v. 5. 5. 1911 (II 483 / 10); RG v. 29. 1. 1912 (VI 131 / 11); RG v. 27. 9. 1912 (II 226 / 12); RG v. 12. 5. 1919 (VI 374 / 18). Die Wiederholungsgefahr war ausgeschlossen, wenn erweislich z. B. die Verletzungshandlung bei einer einmaligen Gelegenheit vorgenommen war oder der Schuldner erklärte, dass er an einer weiteren verletzenden Handlung kein Interesse habe, RG v. 27. 9. 1912 (II 226 / 12). 31 RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20). Siehe ferner RG v. 2. 10. 1895 (I 162 / 95); RG v. 12. 5. 1903 (II 482 / 02); RG v. 30. 4. 1919 (I 27 / 19).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

tentverletzung.32 Er half, wenn der Verletzer das Patent bestritt oder sich berühmte, selbst zur Benutzung berechtigt zu sein,33 und auch wenn ein Gehilfe Veranstaltungen zur Mitwirkung an einer Verletzung traf.34 Der Unterlassungsanspruch war verschuldensunabhängig und richtete sich auch gegen Gutgläubige, die den Gegenstand in Unkenntnis seiner Patentierung benutzten. Da der Anspruch allein auf die Beseitigung der Störung gerichtet war und keine Entschädigung vorsah, waren gutgläubige Verletzer nicht unangemessen in ihrer Gewerbefreiheit eingeschränkt.35 Jeder auch nur objektiv widerrechtliche Eingriff in ein vom Gesetz geschütztes Recht berechtigt zu einer Klage auf Unterlassung, ( . . . ); das Schuldmoment kommt bei einer solchen Klage nicht in Betracht, ebensowenig die Wahrnehmung berechtigter Interessen ( . . . ). Die Billigkeit mag erfordern, die Schadenersatzpflicht nur beim Vorhandensein eines Verschuldens anzuerkennen, es ist aber ein Gebot der Gerechtigkeit, daß auch ohne ein solches gegen die Wiederholung auch nur objektiv widerrechtlicher Eingriffe ein Schutz gegeben wird ( . . . ), damit der Zufügung weiteren Schadens vorgebeugt werde, dessen Ersatz sonst, wenn nicht nachträglich ein Verschulden hinzutreten sollte, ebenfalls nicht gefordert werden könnte.36

Der Unterlassungsanspruch hatte also die Aufgabe, bewusste und unbewusste Beeinträchtigungen des Patents zu unterbinden und seinen Inhaber vor absehbaren, zukünftigen Schäden zu bewahren. Hergestellt werden sollte der Rechtszustand, den das Patent gewährte. Der titulierte Anspruch war unter Androhung einer Geldoder Haftstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gemäß § 890 ZPO durchsetzbar. Er war Schutzinstrument gegen gutgläubige Verletzer, um bereits eingetretene Schäden zu begrenzen und weitere zu verhindern. Auf diese Weise war der gutgläubige Gewerbeverkehr nicht mit überraschenden Schadenersatzforderungen bedroht.

32 Eine Benutzung des Patents lag in dem Fall noch nicht vor; zur Abgrenzung zwischen Benutzung und Vorbereitungshandlung siehe S. 298. Letztere konnten daher auch keinen Schadenersatzanspruch begründen. 33 RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89); RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20). Kent, II. Bd., S. 387. 34 Gehilfe war, wer ein Produkt herstellte und verkaufte, welches von einem weiteren Nichtberechtigten einvernehmlich zur Anwendung eines geschützten Verfahrens verwendet wurde, RG v. 2. 10. 1895 (I 162 / 95). 35 RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89); RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen; RG v. 2. 10. 1995 (I 162 / 95); RG v. 14. 11. 1898 (I 312 / 98); RG v. 7. 11. 1900 (I 243 / 00); RG v. 5. 1. 1905 (VI 38 / 04); RG v. 29. 1. 1912 (VI 131 / 11). 36 RG v. 5. 1. 1905 (VI 38 / 04).

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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2. Der Schadenersatzanspruch aus § 35 (§ 34 a.F.) Hatten Verletzungen Schäden hinterlassen, richtete sich das Interesse des Geschädigten auf ihren Ersatz. § 35 (§ 34 a.F.) gewährte ihm für die erlittenen Einbußen einen Entschädigungsanspruch, der zusätzliche Voraussetzungen zum Unterlassungsanspruch hatte. Anspruchsinhaber war der Verletzte i.S.d. § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.).37 Verletzt war, wer zur Zeit der Verletzung das ausschließliche Nutzungsrecht innehatte:38 Verletzt und beschädigt ist nur derjenige, dem die Geltendmachung der aus dem Patentschutz fließenden Rechte zustand zur Zeit, als die diese Rechte beeinträchtigenden Handlungen vorgenommen wurden. Maßgebend ist also ausschließlich der Zeitpunkt, zu dem diese Verletzung stattfand; ein nach dieser Zeit erfolgter Patentübergang vermag allein den neuen Patentinhaber nicht wegen einer vor seiner Inhaberschaft liegenden Patentverletzung zu einem Verletzten zu stempeln.39

Im Gegensatz zum Unterlassungsanspruch stellte der Entschädigungsanspruch für die Aktivlegitimation auf den Zeitpunkt der Verletzung ab. Eine spätere Übertragung des Patentrechts umfasste nicht zwangsläufig die Abtretung bereits entstandener Schadenersatzansprüche; diese mussten vielmehr gesondert übertragen werden.40 Wirksam war die Übertragung bereits ohne Umschreibung in der Patentrolle, so dass auch der nichteingetragene Erwerber Verletzter war.41 Der Schadenersatzanspruch richtete sich gegen den Störer.42 Mehrere Störer hafteten nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner.43 Nicht anwendbar war § 831 BGB, wie das RG 1908 ausführlich darlegte: 37 RG v. 27. 10. 1900 (I 159 / 00). Bei mehreren Verletzten kann jeder nur seinen eigenen Schaden geltend machen, RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). 38 Neben dem Patentinhaber – bzw. dem Anmelder beim vorläufigen Schutz nach § 23 Abs. 1 Satz 2 (§ 22 Abs. 1 Satz 2 a.F.), RG v. 11. 7. 1903 (I 132 / 03) – waren vor allem der Nießbraucher und der ausschließliche, nicht aber der einfache Lizenznehmer Verletzte, Gülland, S. 242; Isay (1926), S. 533; Kohler, Handbuch, S. 562; RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84); RG v. 16. 1. 1904 (I 373 / 03); RG v. 30. 11. 1907 (I 262 / 07); RG v. 17. 9. 1913 (I 66 / 13); RG v. 1. 11. 1916 (I 53 / 16). Es konnte auch mehrere Verletzte geben, RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83). 39 RG v. 5. 5. 1914 (4 D 45 / 14). 40 Erfolgte die Abtretung erst während des Prozesses des früheren Patentinhabers, blieb er Partei und musste er seinen Antrag auf Leistung an den Erwerber umstellen, § 265 ZPO. 41 RG v. 30. 11. 1907 (I 262 / 07). 42 Siehe Fn. 18 ff. dieses 2. Abschnitts. Insbesondere der mittelbare Verletzer oder der Geschäftsherr, der sich hinter Angestellten zu verstecken versuchte, konnte sich dadurch von der Haftung nicht befreien. Nur die wissentliche Beihilfe machte ersatzpflichtig, RG v. 22. 6. 1912 (I 334 / 11). 43 RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I; RG v. 7. 5. 1892 (I 43 / 92); RG v. 11. 12. 1901 (I 268 / 01). Untereinander hafteten sie nach Kopfteilen, § 426 BGB; so auch der Geschäftsherr und sein Angestellter, da mangels Anwendbarkeit des § 831 BGB auch § 840 Abs. 2 BGB nicht anwendbar war. Bei dem Beklagten mussten freilich die subjektiven Merkmale vorliegen, Isay (1926), S. 534.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren Denn § 831 schließt sich an die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über Schadensersatzpflicht, insbesondere den § 823, an und regelt die Frage, inwiefern der Geschäftsführer für den Schaden aufzukommen hat, den ein Angestellter bei Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. ( . . . ). Die Ersatzpflicht des § 831 ist ( . . . ) von einem Verschulden des Angestellten nicht abhängig, sondern setzt nur Widerrechtlichkeit der Schadenszufügung voraus, und beim Geschäftsherrn wird ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verschulden, welches kein grobfahrlässiges sein muß, sondern auch ein leichtes sein kann, gemäß § 831 immer dann angenommen, wenn er nicht den dort vorgesehenen Entlastungsbeweis erbringt. Die Anwendung des § 831 auf dem durch Sonderbestimmungen geordneten Gebiet des Schadensersatzes bei Verletzungen des Patentrechtes ( . . . ) würde demnach dazu führen, daß die Schadensersatzpflicht auf diesem Gebiet, die nach dem ganz unzweifelhaft kundgegebenen Willen des Gesetzgebers nur eintreten soll, wenn eine wissentliche oder grobfahrlässige Verletzung vorliegt, vermittelst des § 831 eine sehr erhebliche Erweiterung auf Fälle finden würde, wo weder dem Angestellten noch dem Geschäftsherrn eine grobe Fahrlässigkeit zur Last liegt. Eine Erweiterung der gesetzlich geordneten Schadensersatzpflicht bei Verletzung des gewerblichen Urheberrechts ist aber ohne besondere gesetzgeberische Maßnahme nicht zulässig; ( . . . ).44

Auch der Entschädigungsanspruch setzte zunächst eine objektive Patentverletzung voraus.45 Das RG verstand den Störungsbegriff hier enger als beim Unterlassungsanspruch. Zur Ersatzpflicht führten nur Benutzungshandlungen i.S.d. § 4, nicht umfasst war die Störung durch Bestreiten des Patentrechts oder Anmaßung der eigenen Benutzungsbefugnis.46 Während der Unterlassungsanspruch bestehende und zukünftige Eingriffe erfasste, bezog sich der Schadenersatzanspruch nur auf vergangene oder noch andauernde Verletzungen.47 Einmal entstanden blieb er unberührt vom Erlöschen des Patents, soweit es nicht durch eine Nichtigerklärung rückwirkend entfiel.48 Weitere Voraussetzung war ein Verschulden des Verletzers. Das PatG 1877 regelte in § 34 eine Haftung für vorsätzliche Patentverletzungen, § 35 der Novelle von 1891 bezog grob fahrlässige ein. Für die Ersatzpflicht war unerheblich, nach welchem Recht das Patent erteilt war; die Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung beurteilte sich stets nach dem Gesetz, welches zur Zeit der Verletzungshandlung galt: 44 RG v. 2. 12. 1908 (I 682 / 07); so für Gebrauchsmuster schon RG v. 28. 1. 1905 (I 435 / 04). 45 RG v. 29. 1. 1896 (I 326 / 95); RG v. 8. 1. 1900 (I 422 / 99); RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99); RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03); RG v. 7. 11. 1906 (I 146 / 06). Ausgeschlossen war eine Entschädigung, wenn im Strafverfahren auf eine Buße gemäß § 37 (§ 36 a.F.) erkannt worden war, siehe Fn. 15 der Einleitung. Das galt nicht, wenn der Bußanspruch rechtskräftig zurückgewiesen war, Kent, II. Bd., S. 404. 46 Kent, II. Bd., S. 387. 47 Vorbereitungshandlungen stellten noch keine Benutzung dar und waren von dieser abzugrenzen, siehe S. 298. 48 RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82). Das Patent musste zur Zeit der Verletzung wirksam bestanden haben. Eine spätere rückwirkende Vernichtung verhinderte eine Entschädigungspflicht.

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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Der Annahme, daß die Haftung für die Patentverletzung nach § 35 des Patentgesetzes vom 7. April 1891 und nicht nach § 34 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 zu bemessen sei, obgleich das verletzte Patent unter der Herrschaft des alten Patentgesetzes erteilt worden ist, muß unbedenklich beigetreten werden. ( . . . ) Daß aber die Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen nach demjenigen Gesetze zu beurteilen sind, unter dessen zeitlicher Herrschaft die unerlaubten Handlungen begangen wurden, kann einem begründeten Zweifel gar nicht unterliegen.49

In den anfänglichen Diskussionen um die grundlegende Berechtigung eines Patentschutzes wurden Befürchtungen laut, Patente schränkten Industrie und Handel nachteilig ein50 und erhöhten das Haftungsrisiko für die Gewerbetreibenden. Es sei der gewerbliche Verkehr vor den Belästigungen und vor der Unsicherheit zu schützen, welchen derselbe ausgesetzt sein würde, wenn die Bevölkerung und namentlich das Handel und Gewerbe treibende Publikum über den Inhalt und die Tragweite der bestehenden Patente, um der Gefahr ( . . . ) einer unter Umständen sehr weit reichenden civilrechtlichen Haftung enthoben zu sein, jederzeit sich in Kenntniß zu erhalten hätte.51

Obwohl andere Normen des gewerblichen Rechtsschutzes eine Fahrlässigkeitshaftung kannten,52 fanden entsprechende Vorschläge in der Kommission keine Mehrheit. Der Patentschutz-Verein hatte gefordert, die Haftung auf Fahrlässigkeit auszudehnen und dafür bei irrtumsbedingter Gutgläubigkeit auf die Höhe der Bereicherung zu begrenzen.53 Dem hielt die Kommission entgegen, dass die Bereicherung i.d.R. schwer feststellbar sei. Hingegen könne der Patentinhaber bei der reinen Vorsatzhaftung den Beweis der Wissentlichkeit durch eine D.R.P.-Kennzeichnung erleichtern.54 Sie befürchtete eine ausufernde Haftung wegen zu weit reichender Sorgfaltspflichten. § 34 Abs. 1 beschränkte sich auf das notwendigste.55 Subjektiv erforderte die Vorschrift ausdrücklich Verschulden in Form der WissentRG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02); in diesem Sinne auch RG v. 10. 12. 1900 (VI 285 / 00). Drucks-BR 1876 Nr. 70. 51 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 35. 52 S. § 18 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz v. 11. 6. 1870; § 14 Abs. 1 Musterschutzgesetz v. 11. 1. 1876, siehe Fn. 121 des 1. Abschnitts; hingegen setzte § 18 Markenschutzgesetz v. 30. 11. 1874 Wissentlichkeit voraus. 53 Patentschutz-Verein, Revidirter Entwurf, S. 33. 54 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 39 f. Für einen Bezeichnungszwang nach amerikanischem Vorbild hatte sich die Enquete vom September 1876 ausgesprochen. Eine Kennzeichnung mit „Deutsches Patent“, Nummer und Datum der Erteilung sollte der versehentlichen Benutzung patentierter Gegenstände vorbeugen und das nationale Selbstgefühl stärken. Fehlte die Bezeichnung, sollte der Entschädigungsanspruch erst entstehen, wenn der Verletzer ausdrücklich auf das Patent hingewiesen wurde, Drucks-BR 1876 Nr. 70. Die Kommission lehnte den Zwang ab. Der gleiche Vorschlag sei beim verwandten Musterschutz mit guten Gründen abgelehnt, obwohl dort das Risiko unabsichtlicher Benutzung mangels amtlicher Veröffentlichung größer sei. Zu befürchten seien zusätzliche Probleme und beträchtliche Schäden, wenn ein erteiltes Patent vorzeitig erlösche. Das amerikanische Recht hingegen kenne eine absolute und für jedermann ersichtliche Patentdauer, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 41. 55 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 35. 49 50

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

lichkeit.56 Gutgläubige blieben von jeder Haftung verschont, ihnen konnte nur die Benutzung untersagt werden. In der Praxis erwies sich dieser Schutz bald als nicht ausreichend. Häufig mißlang es, die Wissentlichkeit nachzuweisen, so dass dem Patentinhaber eine Entschädigung verwehrt blieb. Grundsätzlich trug der Anspruchsinhaber die Beweispflicht, eine gesetzliche Vermutung gab es nicht.57 Die Rechtsprechung folgerte die Wissentlichkeit allenfalls aus tatsächlichen Vermutungen: War der Verletzer vom Patentinhaber oder durch den Prozessbeginn gewarnt oder war die Erfindung in Fachkreisen bekannt, konnte unter Umständen auf ein wissentliches Handeln geschlossen werden.58 Bei der Überarbeitung des PatG spaltete der Gesetzgeber äußerlich die strafund zivilrechtlichen Folgen in verschiedene Paragraphen auf. Inhaltlich führte er die Haftung für grob fahrlässige Verletzungen ein. Einfache Fahrlässigkeit begründete keinen Schadenersatz: Zwar nehme die zivilrechtliche Verschuldenshaftung grundsätzlich auf den Grad der Verschuldung keine Rücksicht; patentrechtlich aber bedürfe der Kleinverkehr gegenüber der Großindustrie eines besonderen Schutzes, weil er sich nicht über alles informieren könne, womit er handele. Eine haftungsbewährte Sorgfaltspflicht, sich zu vergewissern, sei ihm erst zumutbar, wenn er z. B. durch eine Warnung gezielt in Kenntnis gesetzt sei.59 Der Haftungsausdehnung stand zugleich eine Einschränkung entgegen. Die gewerbsmäßige Benutzung war nunmehr auch für den Gebrauch erforderlich. Das setzte nur Personen einem Haftungsrisiko aus, denen eine verschärfte Aufmerksamkeit zuzumuten war, weil sie ohnehin fortgesetzt mit der Materie in Berührung kamen.60 Der Anspruch setzte weiter voraus, dass ein Schaden entstanden war.61 Unberechtigte Eingriffe schädigten den Patentinhaber stets, da ihm zumindest eine Lizenzgebühr entging. Die Entstehung eines Schadens konnte gleichwohl fraglich sein, wie eine Entscheidung von 1914 zeigte.62 Der Kläger hielt Patente auf Kühler- und Luftabsaugevorrichtungen für Kraftwagen in Deutschland und in der Schweiz. Unter Verletzung des Schweizer Patents stellte dort ein Dritter die Vor56 Dieser Terminologie folgten das Gebrauchsmustergesetz v. 1891 und das Warenzeichengesetz v. 1894. Hingegen sprachen Geschmacksmustergesetz und Urheberrechtsgesetze v. 1876 von „Vorsatz“, so auch das BGB in § 276. Das StGB v. 1871 kannte beide Begriffe, verwendete allgemein „Vorsatz“ und nur in §§ 153 ff. „Wissentlichkeit“. Die unterschiedlichen Begriffe waren sachlich gleichbedeutend. 57 RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82) stellte das für das Strafrecht fest. RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88) und RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V lehnte eine solche „Fiktion“ ab. Siehe ferner RG v. 20. 2. 1907 (I 242 / 06). 58 Die Bedeutung insbesondere der Warnung ist im 3. Abschnitt im Zusammenhang mit dem Verschulden näher behandelt, siehe S. 374 ff. 59 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 28. 60 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 28. 61 RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86); RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95); RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98); Robolski (1893), S. 80. 62 RG v. 4. 4. 1914 (I 3 / 14).

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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richtungen her und lieferte sie an die Beklagte in Italien. Hierfür hatte der Dritte bereits Schadenersatz an den Kläger gezahlt. Die Beklagte baute die Vorrichtungen in ihre Autos ein, die sie unter anderem in Deutschland absetzte. Auf diese Weise verletzte sie mit denselben Vorrichtungen das deutsche Patent. Das RG erkannte einen Schaden des Klägers, der unabhängig von der in der Schweiz begangenen Verletzung und trotz des geleisteten Schadenersatzes bestand. Der Kläger habe eine doppelte Lizenzgebühr beanspruchen können, einerseits vom Schweizer für die Erlaubnis zur Herstellung und andererseits vom Beklagten für den Import. Er hatte daher mit der Handlung des Beklagten erneut einen Schaden erlitten, der nicht schon mit dem geleisteten Ersatz abgegolten war. Hier zeigte sich die Bedeutung des Territorialitätsprinzips. Patente wirkten nur im Erteilungsstaat. Sie konnten in unterschiedlichen Staaten auf dieselbe Erfindung erteilt werden. Unerheblich war, ob sie derselben oder verschiedenen Personen zustanden. Jedes dieser Patente hatte seinen von den anderen unabhängigen, örtlichen Geltungsbereich. Eine Lizenz, die sich aus einem von ihnen herleitete, konnte nur zur Nutzung im patenterteilenden Staat berechtigen.63 § 35 (§ 34 a.F.) enthielt nur die patentrechtlichen Voraussetzungen der Haftungsbegründung. Ergänzend waren die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften anwendbar.64 Das Verhalten des Verletzers musste die Patentverletzung und diese den Schaden verursacht haben.65 Auch Inhalt und Umfang des Schadenersatzes bestimmten sich nach allgemeinem Recht. § 249 BGB sah grundsätzlich die Beseitigung der Verletzung in Form der Naturalrestitution vor. Offen blieb, ob der Verletzer versuchen musste, in Verkehr gebrachte Gegenstände zu vernichten oder zurückzukaufen, in seinem Besitz befindliche ihrer patentverletzenden Form zu entkleiden oder sie zumindest bis zum Ablauf der Patentdauer aufzubewahren.66 In den meisten Fällen kam nur eine Entschädigung in Geld nach § 251 BGB in Betracht. Durch den Schadenersatz sollte das Vermögen des Verletzten in den Zustand versetzt werden, in welchem es sich ohne das schädigende Ereignis befunden hätte.67 Zur Ermittlung der Schadenshöhe entwickelte das RG drei Schadensberech63 RG v. 2. 5. 1902 (II 45 / 02). Etwas anderes konnte nur gelten, wenn die Patente einer einzigen Person gehörten und sie mit einer Erklärung die Erlaubnis zur Benutzung in mehreren Staaten erteilt hätte. Zum Territorialitätsprinzip siehe S. 310. 64 RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 65 RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01). Die Kausalität würdigte der Richter nach freiem Ermessen, RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I. Anstifter und Gehilfen hafteten nur, wenn ihre Beiträge für den Schaden ursächlich waren, RG v. 15. 1. 1884 in Blums Annalen, 9. Bd., S. 362 f. 66 Im Gegensatz zu § 14 des G v. 11. 1. 1876, siehe Fn. 121 des 1. Abschnitts, und § 42 des G, betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst v. 19. 6. 1901 kannte das PatG diese Maßregeln nicht, RG v. 30. 1. 1907 (I 268 / 06). Unter den Voraussetzungen des Strafrechts konnten die Gegenstände eingezogen werden, Damme, S. 412. Kohler, Handbuch, S. 558 ff., hielt eine gesetzliche Regelung für wünschenswert: der Unterlassungsanspruch könne nicht verhindern, dass gutgläubige Hersteller die Gegenstände zum Herstellungspreis an den Patentinhaber verkaufen oder mit dem Inverkehrbringen bis zum Ablauf des Patents abwarten.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

nungsmethoden: Nach der ersten Berechnungsmethode belief sich der Schaden auf die unmittelbar entstandene Vermögenseinbuße einschließlich des entgangenen Gewinns;68 der zweiten Methode zufolge konnte der Schaden in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden;69 als dritte Methode der Schadensberechnung erkannte das RG die Herausgabe des Verletzergewinns an.70

3. Der Vergütungsanspruch aus § 5 Abs. 2 und der aufopferungsrechtliche Entschädigungsanspruch gegen Reich und Staat Grundsätzlich entfaltete das Patent seine ausschließliche Wirkung auch gegenüber dem Reich, obwohl dieses das Recht selbst verliehen hatte. Gleichwohl sollte diese Selbstbeschränkung es nicht bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben hindern. Staatliche Eingriffe bedurften einer Sonderregelung, um die Handlungsfähigkeit des Staats in seinen ureigenen Aufgaben und Interessensbereichen sicherzustellen. § 5 Abs. 2 erlaubte dem Reichskanzler, den Schutzbereich durch eine Bestimmung zu beschränken, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Anwendung der Erfindung bestand. Der Staat hatte nicht nur ein freies Gebrauchsrecht, er war auch ermächtigt, über das Verbietungsrecht hinaus das positive Benutzungsrecht des Inhabers zu begrenzen.71 Im Gegenzug gewährte die Vorschrift dem Patentinhaber einen Vergütungsanspruch gegen das Reich oder den beantragenden Staat.72 Von der Regelung wurde nur selten Gebrauch gemacht, erstmalig im Ersten Weltkrieg im Zusammenhang mit militärisch verwertbaren Erfindungen.73 Zu ihrem Zweck äußerte sich das RG schon 1912 eingehend:

67 RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86); RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95); RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). RG v. 30. 1. 1907 (I 268 / 06). Daraus folgte zugleich ein deliktischer Unterlassungsanspruch. Isay (1920), S. 234, hielt die Unterscheidung zwischen dinglichem und deliktischem Unterlassungsanspruch für verwirrend. 68 Siehe ausführlich am Ende des 3. Abschnitts S. 399 und S. 400. 69 Siehe zur zweiten Berechnungsmethode S. 399 und S.400. 70 Siehe S.401 f. 71 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 21 f.; Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 14 f.; RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12): „Wo es sich um das Wohl des Ganzen handelt, soll das private Patentrecht keine unüberwindliche Schranke bilden, darf das Reich einem Patentinhaber sein Recht auch nicht geradezu wegnehmen, so kann es doch ganz nach Bedarf in verschiedenem Umfang bis zur völligen Erschöpfung des Rechts Benutzungsrechte daran beschränken.“ 72 § 5 Abs. 2: „Die Wirkung des Patentes tritt ferner insoweit nicht ein, als die Erfindung nach Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Doch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem Staat, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patentes beantragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird.“ 73 Isay (1926), S. 293; Seligsohn, S. 164.

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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Durch diese Vorschrift ist der Grundsatz des Enteignungsrechts für das Gebiet des Patentrechts anerkannt. Wo es sich um das Wohl des Ganzen handelt, soll das private Patentrecht keine unüberwindliche Schranke bilden. Darf das Reich einem Patentinhaber sein Recht auch nicht geradezu wegnehmen, so kann es doch ganz nach Bedarf in verschiedenem Umfang bis zur völligen Erschöpfung des Rechts Benutzungsrechte daran begründen. Nur wird dem Privaten, wie bei jeder Enteignung, das aufgezwungene Opfer nicht unentgeltlich zugemutet. In dem Maße, in dem sein Recht eine Schmälerung erleidet, hat er von dem Reich oder dem Bundesstaate, dem die Enteignung zugute kommt, Entschädigung zu verlangen.74

Es sprach damit zwei Grundsätze zur staatlichen Benutzung von patentierten Erfindungen aus. Einerseits durfte das private Recht den hoheitlich handelnden Staat nicht behindern. Der Patentinhaber konnte folglich die Benutzung nicht verbieten.75 Das nahm dem Patentinhaber die Möglichkeit, den Staat ganz auszuschließen oder, was wahrscheinlicher war, seine überlegene Verhandlungsposition auszunutzen, um eine unverhältnismäßige Lizenzvergütung zu erlangen. Andererseits war mit der Einschränkung ein Anspruch auf angemessene Vergütung verbunden. Der Patentinhaber war für „aufgezwungene Opfer“ zu entschädigen.76 § 5 Abs. 2 sah grundsätzlich eine behördliche Prüfung und die Bestimmung des Reichskanzlers vor: Richtig ist nun freilich, daß der § 5 Abs. 2 nach seinem Wortlaut den Eintritt einerseits der Rechtsschmälerung, anderseits des Anspruchs auf Wertersatz an eine Enteignungserklärung des Reichskanzlers knüpft. ( . . . ) Die Bestimmung ( . . . ) bietet für die Behörden den Vorteil, die Frage, ob wirklich eine Enteignung erforderlich ist und in welchem Umfange sie stattfinden soll, einer gründlichen Prüfung unterziehen zu können. Allein bei der einfachen Übertragung dieser Einrichtung auf das Gebiet des Patentwesens ist die Besonderheit des gewerblichen Rechtsschutzes nicht genügend berücksichtigt. Patentrechte unterscheiden sich von den meisten anderen Privatrechten dadurch, daß ihre Grenzen überaus häufig nur mit Schwierigkeit ermittelt werden können. Handelt es sich z. B. um eine Erfindung, die für Heer oder Flotte von Bedeutung ist, so wird nicht selten die Sache so liegen, daß die technischen Beamten, die sich im Interesse der Kriegsbereitschaft des Reiches zur Benutzung eines dem patentierten ähnlichen Gegenstandes gezwungen sehen, im besten Glauben der Meinung sind, den Schutzbereich des Patentes zu vermeiden, und daß sie deshalb davon Abstand nehmen, den Reichskanzler zur Enteignung zu veranlassen.77

Die Voraussetzung der Erklärung sollte den Patentinhaber vor übereilten Enteignungen schützen. Tatsächlich benutzten Reich und Staat patentierte Gegenstände oft ohne Bestimmung des Reichskanzlers, bisweilen im guten Glauben, Patente nicht zu verletzen. Ursächlich für solche Irrtümer waren Abgrenzungsschwierigkeiten.78 Indem das RG sie eingestand, bescheinigte es dem § 5 Abs. 2 eine gewisRG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11). Dem Patentinhaber war der Rechtsweg für die Unterlassungsklage verwehrt, siehe Fn. 304 dieses 2. Abschnitts. Das galt nicht, wenn der Staat privatrechtlich handelte, RG v. 29. 6. 1903 (VI 14 / 03). 76 So auch RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12). 77 RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11). 74 75

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

se Praxisferne. Für Behörden war es zudem leichter, im Streitfall Gerichte eine Vergütung festsetzen zu lassen, als selbst die Bestimmung des Reichskanzlers herbeizuführen.79 Das RG erkannte die mißliche Lage des Patentinhabers, weder Unterlassung noch Enteignung samt Entschädigung verlangen zu können.80 Es gelte der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Privateigentum für öffentliche Zwecke nur gegen Entschädigung in Anspruch genommen werden dürfe. Die „tatsächlich stattgefundene“ Benutzung begründete einen Anspruch, den das RG aus § 75 Einl. ALR herleitete.81 Nach dieser Rechtsauffassung ist zur Begründung einer Entschädigungsklage gegen das Reich oder den Bundesstaat, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt eine Erfindung in Benutzung nehmen, irgend etwas weiteres als der Nachweis der Benutzung nicht zu erfordern. Auf den subjektiven Tatbestand kommt es nicht an. Der § 35 Pat.G., wonach nur wissentliche oder grobfahrlässige Verletzung des Patents zur Entschädigung verplichtet, findet keine Anwendung.82

Anders als der Schadenersatzanspruch aus § 35 (§ 34 a.F.) setzte der Entschädigungsanspruch weder Rechtswidrigkeit noch Verschulden voraus. „Die Begriffe der vorsätzlichen oder fahrlässigen Schadenszufügung, des Verschuldens, der unrechten Tat passen ( . . . ) nicht“,83 da das Reich zur Benutzung schlechthin berechtigt und die Prüfungspflicht der Beamten eine Dienstpflicht gegenüber dem Staat und keine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Patentinhaber war. Der Entschädigungsanspruch war nicht deliktischer, sondern enteignungsrechtlicher Natur. Das RG sicherte dem Patentinhaber damit den Vermögenswert seines Patents.84

78 Das sei bei der Einfügung der Vorschrift nicht hinreichend bedacht worden, RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12). 79 Behörden konnten bequem abwarten, ob der Patentinhaber überhaupt Schutz suchte, Isay (1926), S. 293. 80 Es bestand nicht einmal ein Anspruch auf Erlaß einer Enteignungsverfügung, „weil es dem Reichskanzler unter allen Umständen überlassen bleiben muß, für die Zukunft Inhalt und Umfang der Lizenz zu bestimmen, vor allem auch darüber zu befinden, ob sie als ausschließliche Lizenz zu begründen sei oder nicht“, RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11). 81 RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11): „Die besprochene Bestimmung des Patentgesetzes hat sich bei richtiger Auslegung, was das altpreußische Rechtsgebiet betrifft, als ein Anwendungsfall des § 75 Einl. z. A.L.R. (vgl. Art. 109 E.G.z. B.G.B., Art. 89 preuß.Ausf.G.) erwiesen: der Staat hat denjenigen, welcher seine besonderen Rechte und Vorteile dem Wohle des gemeinen Wesens aufzuopfern genötigt ist, zu entschädigen.“ Der ordentliche Rechtsweg war für die Entschädigungsklage und die Klage auf Feststellung der Verletzung eröffnet, RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11); RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12). 82 RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11). 83 RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11); RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12). 84 Während die Vergütung aus § 5 Abs. 2 einer angemessenen Lizenzgebühr entsprach, erstreckte sich die Entschädigung auf den entgangenen Gewinn, RG v. 28. 9. 1921 (I 46 / 21), siehe S. 399 ff.

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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III. Die Ansprüche nach dem allgemeinen Recht und ihre Anwendbarkeit Für weitere Ansprüche kam das allgemeine Recht, insbesondere das Deliktsrecht in Betracht. Als das erste PatG in Kraft trat, war das deutsche Privatrecht so wenig einheitlich geregelt wie zuvor das Patentrecht. In vielen Teilen Deutschlands galt das gemeine Recht, das auf dem römischen Recht fußte.85 Einzelne Länder hatten vorrangige, sog. Partikularrechte eingeführt. In den linksrheinischen Gebieten galt der Code Civil von 1804,86 in Preußen das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794,87 in Bayern der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, in Baden das Badische Landrecht von 1809 und in Sachsen das Sächsische Bürgerliche Gesetzbuch von 1863.88 Die Reichsgründung schuf die Voraussetzungen, um das Bürgerliche Recht zu vereinheitlichen.89 Noch vor dem PatG 1877 hatten die Kodifikationsarbeiten für das BGB begonnen. Zunächst wurde eine „Vorkommission“ eingesetzt, welche Grenzen, Ziele und Methoden der Arbeiten bestimmte. Sie sprach sich dafür aus, allgemeingültige Grundsätze zu bewahren und einzelne Partikularrechte nicht übermäßig in den Vordergrund zu stellen, und empfahl, eine Hauptkommission einzusetzen. Diese „Erste Kommission“ erarbeitete Vorentwürfe für die einzelnen Rechtsgebiete und fasste sie zum „Ersten Entwurf“ zusammen. Für das deliktische 85 Eisenhardt, S. 344. Das römische Recht kannte eine Reihe verschuldensunabhängiger Haftungstatbestände. 86 Im Schadensrecht galt die Generalklausel des Art. 1382 CC: „Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute dequel il est arrivé, à le réparer.“ Art. 1383 CC: „Chacun est responsable du dommage qu’il a causé non seulement par son fait, mais encore par sa négligence ou par son imprudence.“ 87 Das Haftungs- und Schadenersatzrecht war sehr ausführlich im 1. Teil, 6. Titel §§. 1 ff., 10 ff. ALR geregelt. §. 10 ALR: „Wer einen Andern aus Vorsatz oder grobem Versehen beleidigt, muß demselben vollständige Genugthuung leisten. (§. 7.)“ §. 11: „Eben dazu ist auch der verhaftet, welcher eine dem Andern schuldige Pflicht aus Vorsatz oder grobem Versehen unterläßt, und dadurch demselben Schaden verursacht.“ §. 12: „Wer nur aus mäßigem Versehen den Andern durch eine Handlung oder Unterlassung beleidigt, der haftet nur für den daraus entstandnen wirklichen Schaden.“ §. 25: „Wer aber in der Ausübung einer unerlaubten Handlung sich befunden hat, der hat die Vermuthung wider sich, daß ein bey solcher Gelegenheit entstandner Schade durch seine Schuld sey verursacht worden.“, Hattenhauer / Bernert, S. 90 ff. Es galt das Verschuldensprinzip, Lenz, S. 9 f. 88 Die Zersplitterung des Privatrechts hatte schon ab 1814 zum Kodifikationsstreit zwischen Thibaut und v. Savigny geführt, Eisenhardt, S. 381; Lenz, S. 9; Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 4; Wesel, S. 434 f. Doch erst am Ende des Jahrhunderts war die Einheit auch im Privatrecht hergestellt. Prozessrechtlich galten seit 1877 im ganzen Reich die ZPO und das GVG, Wesel, S. 443 f. 89 Art. 4 Nr. 13 RV wies infolge des G v. 20. 12. 1873, RGBl. 1873, S. 379 („Lex Lasker“), die Gesetzgebungskompetenz für das „gesammte bürgerliche Recht“ dem Reich zu, Jakobs / Schubert, Materialien, S. 27 ff.; Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 5. Die späte Kodifikationsbewegung war, nach dem Vorbild anderer Staaten wie z. B. Frankreichs, inspiriert vom Wunsch nach territorialer Rechtseinheit, HKK-Zimmermann, vor § 1, S. 4, Rn. 4.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Haftungsrecht hatte v. Kübel das Verschuldensprinzip und eine Beweislastumkehr vorgeschlagen, um dem Geschädigten die bekannten prozessualen Beweisschwierigkeiten zu ersparen. Jedoch verstarb v. Kübel vorzeitig. Sein fortschrittliches Denken fand bei den übrigen Mitgliedern der Ersten Kommission wenig Zustimmung. Sie strichen die Beweislastumkehr und setzten ein strenges Verschuldensprinzip durch.90 Der Erste Entwurf wurde Ende 1887 dem Reichskanzler überreicht und 1888 zusammen mit den Motiven veröffentlicht. Die Rechtswissenschaft, insbesondere Otto v. Gierke, kritisierte die strikte Durchführung des Verschuldensprinzips des Ersten Entwurfs. 1890 setzte der Bundesrat die „Zweite Kommission“ zur Beratung und Umarbeitung ein. Das Verursachungsprinzip lehnte auch sie ab, weil es die Bewegungsfreiheit des einzelnen und die Entwicklung des Verkehrs beschränke.91 Nur ausnahmsweise sollte eine Billigkeitshaftung gelten. Der Zweite Entwurf wurde dem Bundesrat 1895 zugeleitet und nur wenig überarbeitet als „Dritter Entwurf“ und Gesetzesvorlage dem Reichstag überwiesen. Dieser verabschiedete ihn am 1. 7. 1896. Das Bürgerliche Gesetzbuch wurde 1896 verkündet.92 Es trat am 1. 1. 1900 in Kraft und ersetzte alle bestehenden Landesrechte, soweit sie nicht ausdrücklich durch das EGBGB aufrecht erhalten wurden. Die früheren privatrechtlichen Ordnungen schützten ebenso wie das neue BGB prinzipiell auch Erfindungen. Nicht immer stimmten die Voraussetzungen mit denen des PatG überein. Zu klären war daher, wann allgemeine Regeln anwendbar waren und die patentrechtliche Haftung ausweiteten. Das Verhältnis zwischen allgemeinen und speziellen Bestimmungen erläutern Ausführungen zu deliktischen Ansprüchen, zum Hilfsanspruch auf Rechnungslegung und zum Anspruch auf Herausgabe des erzielten Gewinns nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, zur Haftungsverschärfung nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Verletzungsklage und zur verschuldensunabhängigen Haftung des Verletzers wegen ungerechtfertigter Bereicherung.93

90 Lenz, S. 226 f. Das BGB hielt am Prinzip der Verschuldenshaftung fest und ließ nur ausnahmsweise eine Haftung aus schuldlosen Rechtsverletzungen zu, vgl. §§ 122, 179, 231, 829 und 904 BGB. Auch in der ZPO waren Durchbrechungen des Verschuldensprinzips ausdrücklich geregelt, vgl. §§ 89, 302, 600, 717 und 945 ZPO, RG v. 27. 5. 1905 (I 665 / 04). 91 Hier läßt die gesetzgeberische Gestaltung des BGB eine Parallele zur Schaffung des Patentrechts erkennen: um individuelle Freiheiten und wirtschaftliche Entwicklungen zu fördern, vermied der Gesetzgeber allzu weite Haftungstatbestände. Die Rechtsprechung reagierte und übernahm maßvoll und praxisorientiert neue, aber auch bekannte nicht kodifizierte Rechtsinstitute in das neue Recht, z. B. die culpa in contrahendo, den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und die Drittschadensliquidation, HKK-Zimmermann, vor § 1, S. 13 f., Rn. 16 f. Deliktsrechtlich erweiterte die Rechtsprechung die Haftung z. B. über den Begriff des „sonstigen Rechts“ i.S.d. § 823 BGB. 92 RGBl. 1896, S. 195; Jakobs / Schubert, Materialien, S. 57 ff.; HKK-Zimmermann, vor § 1, S. 8 ff., Rn. 10 ff. 93 Nicht Gegenstand der Bearbeitung sind eventuelle wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus Patentverletzung.

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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1. Die Haftung für unerlaubte Handlungen Schon früh empfanden Patentinhaber, vornehmlich die Industrie, und Teile der Literatur die enge patentrechtliche Schadenersatzhaftung als nicht ausreichend.94 Eine wissentliche Verletzung musste häufig verneint werden, schon weil Inhalt und Umfang der Patente wegen der technischen Zusammenhänge schwierig zu bestimmen waren. Der Nachweis der Wissentlichkeit war nahezu undurchführbar. Die Patentinhaber hatten keinen Einblick in fremde Gewerbebetriebe, bei denen sie eine Verletzung z. B. ihrer Verfahrenspatente vermuteten. Aus diesen Gründen hielten sie es für erforderlich, dass auch fahrlässige Verletzer hafteten. Solange der klare Wortlaut des Gesetzes Wissentlichkeit voraussetzte, verblieb nur ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften, vor allem auf die Bestimmungen über unerlaubte Handlungen. Mit der Anwendbarkeit deliktischer Haftungsregeln neben einem Gesetz des gewerblichen Rechtsschutzes beschäftigte sich das RG erstmals 1885. Für das Markenrecht entschied es, dass das Markenschutzgesetz die Materie erschöpend regele.95 Der Markenschutz könne nur praktische Bedeutung entwickeln, wenn er einheitlich in einem großen Verkehrsgebiet gelte. Erst drei Jahre später hatte das RG kurz nacheinander gleich zweimal Gelegenheit, zur Anwendbarkeit allgemeiner Vorschriften auf Patentverletzungsfälle Stellung zu nehmen.96 Dabei verwies es auf die Gründe der markenrechtlichen Entscheidung von 1885 und auf die Entstehungsgeschichte des PatG. Mit Rücksicht auf den Schutz des gewerblichen Verkehrs habe der Gesetzgeber von einer noch in § 33 des ursprünglichen Entwurfs vorgesehenen Haftung gutgläubiger oder einfach fahrlässiger Verletzer bewusst abgesehen.97 Vielmehr sei die Entschädigungspflicht an die Voraussetzung der wissentlichen Begehung geknüpft. Der Gesetzgeber habe auch hier eine reichseinheitliche und vollständige Regelung beabsichtigt. Die Haftung nach allgemeinen Vorschriften war abzulehnen, weil erstens ein in ganz Deutschland einheitlicher Patentschutz keine Ausnahmen nach einzelnen Landesrechten zuließ und zweitens die Patentgesetzgebung nicht lückenhaft war, was die subjektive Seite der Verletzung anging. Das RG berücksichtigte damit die Bedenken, die im Gesetzgebungsverfahren von den Patentrechtsgegnern vorgetragen waren. Noch schien es die Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften grundsätzlich auszuschließen.98 Mit dem Gesetz von 1891 erhielt die – grobe – Fahrlässigkeit Einzug in den patentrechtlichen Haftungstatbestand. Trotz deren gesetzlicher Aufnahme in § 35 94 Klostermann, S. 256 ff.; Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 43 ff.; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 28 f. 95 RG v. 8. 7. 1885 (I 169 / 85). Landesrecht galt nur übergangsweise gemäß § 21 fort. 96 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 97 Es sei ferner von § 18 des G, betr. das Urheberrecht an Schriftwerken vom 11. Juni 1870 abgewichen worden. Vgl. RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 98 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98); RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

blieb die patentrechtliche Haftung hinter der allgemeinrechtlichen zurück, welche auch einfach fahrlässige Verletzungen umfasste. Literatur und Rechtsprechung waren sich weiterhin einig, dass die allgemeinen Vorschriften die patentrechtliche Haftung nicht erweiterten.99 Die besonderen subjektiven Voraussetzungen sollten nicht durch die Hintertür umgangen werden. Zum Verhältnis des neuen BGB zum PatG äußerte sich das RG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1906: Nun vermag der erkennende Senat zwar der Auffassung nicht beizutreten, daß neben dem in § 35 a. a. O. geregelten Anspruch auf Entschädigung andere Ansprüche auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs, falls ihre Voraussetzungen vorliegen und im Prozesse geltend gemacht sind, überhaupt ausgeschlossen seien. Vielmehr ist grundsätzlich daran festzuhalten, daß auch die materiell-rechtlichen Bestimmungen des Patentgesetzes einer Ergänzung durch das allgemeine bürgerliche Recht fähig und bedürftig sind.100

Ausdrücklich erkannte es nunmehr an, dass das allgemeine bürgerliche Recht neben dem PatG grundsätzlich anwendbar war. Damit trug es einerseits der Tatsache Rechnung, dass mit dem BGB das deutsche Privatrecht einheitlich geregelt war; ein in den Ländern divergierender Patentschutz war daher nicht mehr zu befürchten und konnte als Gegenargument nicht mehr dienen. Andererseits gestand es ein, dass das PatG ergänzungsbedürftig war. Schon die Motive des PatG gingen davon aus.101 Insbesondere die Ausgestaltung des Ersatzanspruchs richtete sich nach § 249 BGB. Daraus folgte gleichwohl nicht, dass § 823 BGB die patentrechtliche Haftung auf die einfache Fahrlässigkeit erweiterte. Solange ein Anwendungsfall des § 35 gegeben war, schloss dieser die Heranziehung allgemeiner Vorschriften wegen Spezialität aus.102 Nur was das PatG nicht regelte, beurteilte sich nach allgemeinem Recht. § 35 (§ 34 a.F.) setzte Benutzungshandlungen nach § 4 voraus. Er bezog sich nicht auf private oder wörtliche Verletzungen und Anmaßungen der Benutzungsbefugnis, Bestreiten des Patentrechts und bevorstehende Verletzungen, Versuchs- und Vorbereitungshandlungen. Diese Tätigkeiten stellten sich patentrechtlich nicht, ggf. aber bürgerlich-rechtlich als Verletzungen des Patents dar.103 Eine erschöpfende Regelung war vom PatG hier nicht getroffen. Durch die Anwendung allgemeiner Vorschriften auf diese Fälle waren keine weiteren Belästigungen des gewerblichen Verkehrs zu befürchten, die das Spezialgesetz hat verhindern wollen.104 Letztlich war zu bedenken, dass für patentrechtliche und bürgerlich-rechtliche Schadenersatzansprüche unterschiedliche Verjährungsvorschriften galten. Der Anspruch Gierke, S. 893; Schmitz, GRUR 1903, S. 76, 79. RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 101 RG v. 30. 1. 1907 (I 268 / 06). 102 RG v. 28. 1. 1905 (I 435 / 04); RG v. 2. 12. 1908 (I 682 / 07). 103 Die Arbeit befasst sich nur mit den patentrechtlichen Verletzungen. 104 RG v. 2. 12. 1908 (I 682 / 07). § 826 BGB war nur anwendbar, wenn besondere Umstände die Sittenwidrigkeit begründeten. Zur Anwendbarkeit des § 826 BGB neben dem Warenzeichenrecht und UWG siehe RG v. 11. 7. 1913 (II 178 / 13). Denkbar war hier auch der Bereicherungsanspruch, vgl. dagegen S. 117 ff. 99

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aus § 35 (§ 34 a.F.) verjährte gemäß § 39 (§ 38 a.F.) in drei Jahren. Der Wortlaut dieser Vorschrift ließ offen, ob die dreijährige Frist mit der Kenntnis des Geschädigten von der Verletzung105 oder bereits mit Vollendung der Verletzung106 zu laufen beginnen sollte. Das RG führte 1886 dazu aus: Tritt man nach diesen Erwägungen an den § 38 des Patentgesetzes heran, so wird man auch in der Fassung desselben den Ausdruck finden, daß der Anfangspunkt der dreijährigen Verjährungsfrist ( . . . ) nicht ( . . . ) der Zeitpunkt eines Vorgangs in dem Bewußtsein des Verletzten ( . . . ), sondern der Zeitpunkt der Existenz eines von der Wissenschaft oder Kenntniß des Verletzten unabhängigen Vorganges, nämlich der Augenblick der Vollendung der die wissentliche Verletzung des Patentrechts begründenden Handlung sei.107

Die Anspruchsverjährung begann mit Vollendung der Verletzung.108 Hingegen lief die dreijährige Frist der allgemeinen deliktischen Haftung erst, wenn der Verletzte von Schaden und Schädiger Kenntnis erlangte, und endete spätestens 30 Jahre nach der Verletzung, § 852 BGB. Auch hier hatte der Gesetzgeber eine spezielle patentrechtliche Regelung getroffen, die durch die allgemeinen Vorschriften nicht ausgesetzt werden sollte. 2. Die Haftung auf Gewinnherausgabe nach Geschäftsführungsgrundsätzen Ein Anspruch auf Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns konnte sich ferner aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ergeben, seit Geltung des BGB namentlich aus §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681, 667 BGB.109 Ein wissentlicher Verletzer maßte sich ein fremdes Geschäft als sein eigenes an und schuldete Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten.110 Dieser Anspruch war nicht identisch mit dem ebenfalls auf Gewinnherausgabe gerichteten Entschädigungsanspruch, den So noch lange Isay (1926), S. 545, der § 852 BGB entsprechend heranzog. Kohler, Handbuch, S. 576; Seligsohn, S. 433 m. w. N. 107 RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86). 108 Wenige Monate später bestätigte das RG diese Ansicht, RG v. 2. 10. 1886 (I 232 / 86). Die Regelung habe ein einheitliches Verjährungsrecht für Deutschland bezweckt und umfasse daher den Fristbeginn. Das RG sah die Verjährung nicht als „Strafe der Nachlässigkeit in Verfolgung des Rechts“, grundsätzlich sei der Eintritt der Verjährung nicht verschuldensabhängig. Auf eine Kenntnis könne es nur in den positiv geregelten Fällen ankommen. 109 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95) führt eine Reihe von Fällen auf, in denen das römische Recht dem Verletzten einen Anspruch auf Gewinnherausgabe zugestand, unabhängig davon, ob der Berechtigte ihn hätte erlangen können, und fügte schließlich hinzu: „Wer aber eine marktgängige Waare verkauft, die der Eigenthümer, wie jeder Inhaber, im Allgemeinen auch verkaufen konnte, wenn er den entsprechenden Käufer fand, bei dem liegt der Gesichtspunkt, daß er objektiv mit dem Verkauf der fremden Waare ein Geschäft des Eigenthümers geführt hat, so nahe, daß sich daraus der Gesichtspunkt, er habe durch den Verkauf der Sache aus ihr Gewinn gezogen, von selbst ergiebt.“ Vgl. auch RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98), welches zusätzlich das ALR heranzieht. 110 Vgl. Palandt-Sprau, § 687, Rn. 2 ff. 105 106

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

das RG infolge der dritten Schadensberechnungsmethode nach § 35 (§ 34 a.F.) gewährte.111 Den Geschäftsführungsanspruch begründete zunächst nur die wissentliche Verletzung. Entbehrlich war dafür der Nachweis des Schadens. Der Vorteil war jedoch von geringer Bedeutung, da die Rechtsprechung auch beim Anspruch auf den Verletzergewinn nach § 35 (§ 34 a.F.) zumindest die Ersparnis der Lizenzgebühr stets als Schaden ansah. Erheblich war aber, dass der Geschäftsführungsanspruch nicht nach § 39 (§ 38 a.F.) in drei Jahren, sondern nach allgemeinen Vorschriften erst in 30 Jahren verjährte. Es war daher zu entscheiden, ob der Herausgabeanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung neben dem Schadenersatzanspruch nach § 35 (§ 34 a.F.) anwendbar war. Anlässlich der Herleitung der dritten Berechnungsmethode schien das RG 1895 eine unmittelbare Anwendbarkeit bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen neben einem Spezialgesetz, hier dem Urheberrecht, abzulehnen. Sie dienten nur zur Untermauerung der Schadensberechnung. Das RG unterschied nicht zwischen Herausgabe des Erlangten nach Geschäftsführungsgrundsätzen und Gewinnherausgabe als Schadenersatz: Wenn diese (scil. Bestimmungen des bürgerlichen Rechts) auch nicht unmittelbar für die Auslegung der Anwendung des Reichsgesetzes vom 11. Juni 1870 maßgebend sind, so dürfen sie doch herangezogen werden, um nachzuweisen, daß die aus einer Rechtsverletzung sich ergebenden Ansprüche auf Schadensersatz und Herausgabe der Bereicherung oder des Gewinnes, welchen der Urheber der Rechtsverletzung gezogen, keine sich ausschließenden Gegensätze sind, daß sich vielmehr der Anspruch auf Herausgabe dieses Gewinnes aus dem auf Restitution gerichteten Anspruch ergiebt.112

Es zählte „Ansprüche auf Schadensersatz und Herausgabe der Bereicherung oder des Gewinnes“ auf und erwähnte damit beiläufig Delikts-, Kondiktionsund Geschäftsführungsansprüche. Sogleich vereinte es diese unter dem Begriff der „Restitution“, der Rechtsfolge des Entschädigungsanspruchs.113 Ohne zwischen den besonderen Voraussetzungen und Folgen zu unterscheiden, vermengte es die bürgerlich-rechtlichen Schutzsysteme unter der Geltung des Spezialgesetzes.114 Auch eine Patentverletzungsentscheidung von 1898 unterschied nicht 111 Isay (1926), S. 533; ders., GRUR 1904, S. 25, 29; a.A. Kent, II. Bd., S. 398. Zu den Schadensberechnungsmethoden siehe S. 397 ff., zur dritten insbesondere S. 401 f. 112 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95); so auch noch RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01). 113 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95): „Dieselbe (scil. die Restitution) erfolgt ganz sachgemäß dadurch, daß die Aneignung ungeschehen gemacht wird, durch Vernichtung der Nachdrucksexemplare, Einziehung der Formen und Platten usw. (§. 21 des Gesetzes vom 11. Juni 1870). Sie kann auch dadurch erfolgen, daß der Urheber die Nachdrucksexemplare gegen Erstattung der Herstellungskosten übernimmt (§. 21 cit). Sie muß nach allgemeinen Grundsätzen, wenn diese Naturalrestitution nicht mehr möglich ist, weil die Nachdrucksexemplare vertrieben sind, durch Restitution des daraus gezogenen Gewinnes erfolgen.“ 114 So auch noch später für das Gebrauchsmusterrecht RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95): hier hatte die Patentinhaberin ihr Verfahren noch vor Patenterteilung dem technischen Direktor der Beklagten anvertraut. Wenn das RG in dieser Entscheidung die „Geschäftsführung“ erwähnte, meinte es nicht die

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deutlich zwischen der Geschäftsführung und dem Gewinnherausgabeanspruch nach § 35.115 Der Entschädigungsanspruch wegen Patentverletzung beurteile sich ausschließlich nach dem PatG, Landesrecht sei „nicht unmittelbar maßgebend“. Erst bei der Bestimmung der Schadenshöhe seien allgemeine Vorschriften anwendbar. Eine Beschränkung auf den Gewinn, den der Berechtigte selbst hätte erzielen können, ergebe sich weder aus dem römischen Recht noch aus dem ALR. Allein in diesem Zusammenhang sprach das RG die Geschäftsführung an. Anfang 1900 äußerte es die Ansicht, dass sich die „Gewinnziehung als ein dem Patentinhaber zugefügter Vermögensschaden wohl auffassen“ lasse und landesgesetzliche Normen neben dem ausschließlich maßgebenden § 35 nicht anwendbar seien.116 Die Grundsätze der Geschäftsführung begründeten danach nur einen patentrechtlich nicht unmittelbar geregelten Rechnungslegungsanspruch. Das RG ließ damit einen Rückgriff auf den allgemeinrechtlichen Gewinnherausgabeanspruch aus Geschäftsführung nicht zu, sondern verwies nur auf der Rechtsfolgenseite des Entschädigungsanspruchs auf die allgemeinen Vorschriften. Zu einer Entscheidung hinsichtlich der besonderen Verjährungsproblematik kam es nicht.117 3. Der Anspruch auf Rechnungslegung Zur praktischen Bestimmung der Schadenshöhe, insbesondere nach der dritten Berechnungsmethode,118 war der Berechtigte meist darauf angewiesen, vom Verletzer Angaben über den erzielten Gewinn zu erhalten. Andernfalls war es nahezu unmöglich, den Ersatzanspruch durchzusetzen.119 Im Patentverletzungsstreit kam daher dem Verlangen nach Rechnungslegung eine wachsende Bedeutung zu.120 Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin nach GoA, sondern die Haftung der Beklagten für ihren Mitarbeiter, der ihre Geschäfte geführt hatte. 115 RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). 116 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99). 117 Der II. Zivilsenat stellte anlässlich einer Entscheidung zu § 15 des Gesetzes zum Schutz der Warenbezeichnungen fest, dass hier, anders als im Patentrecht, der Verletzer „auch nicht ein fremdes Geschäft“ führe, RG v. 30. 11. 1900 (II 241 / 00). Gleichwohl war damit nichts zu einem unmittelbaren Anspruch aus GoA gesagt. Auch aus der Entscheidung des RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05) ist nicht ersichtlich, ob es mit dem „Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung, welcher nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen von dem geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz durchaus verschieden ist“, den Kondiktionsanspruch oder den Anspruch auf Herausgabe des erlangten Gewinns meinte. Jedenfalls musste es sich damit nicht befassen, weil der Anspruch nicht erhoben war. 118 Siehe S. 401 f. 119 Der Verletzte konnte ggf. versuchen, die Rechnung selbst „aufzumachen“, RG v. 3. 11. 1910 (VII 58 / 10). 120 Hiervon zu unterscheiden war der Anspruch auf Vorlegung der Handelsbücher, der über die Rechnungslegung hinausging und bei Patentverletzungen nicht in Betracht kam, RG v. 28. 3. 1914 (I 312 / 13).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Ein Forderungsrecht sollte den Entschädigungsanspruch ergänzen. Die Rechtsordnung gewährte es als abhängigen Hilfsanspruch:121 zunächst waren Patentverletzung und Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit festzustellen,122 allein die Entstehung eines Schadens musste nicht nachgewiesen sein.123 Seine Grundlage fand der Anspruch in den Regelungen über die Geschäftsführung. Schon in der Praxis des ROHG war der Rechnungslegungsanspruch nach römischem wie nach Partikularrecht entwickelt.124 Seit 1895 zog das RG die Geschäftsführungsgrundsätze für den Entschädigungsanspruch auf Gewinnherausgabe heran. Desgleichen hätte es eine Verpflichtung zur Rechnungslegung über den rechtswidrig gezogenen Gewinn gutheißen können. Doch noch 1898 empfahl es in einer Entscheidung, bei erneuter Prüfung der Tatsacheninstanz den Gewinn gerichtlich anhand von Gutachten frei zu ermitteln. Über einen Rechnungslegungsanspruch musste es nicht entscheiden, da er nicht geltend gemacht war.125 Erstmals eingehender behandelte es den Rechnungslegungsanspruch in der Entscheidung vom 28. 2. 1900.126 Zwar richte sich die Entschädigungspflicht für den unberechtigten Verkauf eines Verfahrensrezepts allein nach dem PatG, welches landesrechtliche Vorschriften ausschloss. Als Hilfsmittel zur Bestimmung der Entschädigung könne aber der Rechnungslegungsanspruch mangels Regelung im PatG auf allgemeine Vorschriften gestützt werden: Das gemeine Recht ( . . . ) läßt denjenigen, welcher wissentlich fremdes Vermögen als eigenes behandelte, wie einen Geschäftsführer haften, der fremde Geschäfte gewinnsüchtig für sich besorgte. Daraus ergiebt sich, daß derselbe auf Rechnungslegung über den auf diese Weise rechtswidrig gezogenen Gewinn haftet. Das Reichsoberhandelsgericht hat ( . . . ) eine aus derartiger Geschäftsführung folgende Pflicht zur Rechnungslegung bei Veranstaltungen unbefugten Nachdrucks anerkannt und es ist nicht abzusehen, warum derselbe Grundsatz nicht bei erwiesenen Eingriffen in Pa121 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99); RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05); Seligsohn, Vorbem. vor § 35, Rn. 1. 122 RG v. 28. 12. 1904 (I 360 / 04); RG v. 21. 5. 1913 (I 439 / 12). 123 Ein Schaden lag zumindest in der nicht gezahlten Lizenzgebühr. Siehe ferner RG v. 9. 6. 1915 (I 157 / 14): „Der Anspruch auf Rechnungslegung kann begründet sein, auch wenn erst durch die Rechnung klar gestellt werden kann, ob sich ein Aktiv- oder ein Passivsaldo für den Rechnungssteller ergibt“. 124 ROHG v. 7. 1. 1874 (ROHG-E Bd. 12, S. 181, 189); ROHG v. 13. 9. 1877 (ROHG-E Bd. 22, S. 338, 341 m. w. N. aus dem römischen Recht und dem Sächsischen BGB): in der Entscheidung von 1877 ging es um die Haftung für die unberechtigte Aufführung eines Lustspiels. Die Rechnungslegung folgte aus der negotiorum gestio (lex 6 § 3 Dig. de neg. gest. 3, 5), der angemaßten Eigengeschäftsführung. Auf die Entscheidungen verwies später das RG zur Begründung des Rechnungslegungsanspruchs bei Patentverletzungen. 125 RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89) verneinte eine Mitwirkungspflicht der Beklagten, die über ihr Interesse am Beweis eines niedrigeren als des geschätzten Gewinns hinausging. Den Anspruch auf Rechnungslegung konnte RG v. 16. 10. 1897 (I 183 / 97) aus einem Vertragsverhältnis herleiten. 126 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99).

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tentrechte, begangen durch rechtswidrige Verwerthung derselben, Anwendung finden sollte. Auch nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches würde dem Widerbeklagten gemäß § 687 Absatz 2, 681 und 666 die Pflicht zur Rechnungslegung obliegen.127

Mit einer dreifachen Begründung sicherte das RG seine Entscheidung sorgfältiger ab, als es die den Anspruch ablehnende Vorinstanz getan hatte. Primär stützte es seine Ansicht auf das zur Zeit der Patentverletzung noch geltende gemeine Recht. Als weitere Autorität diente das ROHG. Dessen diesbezügliche Entscheidungen waren nicht für das Patentrecht ergangen. Dennoch waren keine Gründe ersichtlich, hier anders zu urteilen. Schließlich hielt das neue BGB passende Vorschriften zur Geschäftsanmaßung bereit, aus denen ein Rechnungslegungsanspruch folgte. Nur allmählich und mit eingehender Begründung erlaubte das RG, allgemeine Vorschriften in das Patentrecht einzubeziehen. Hatte noch vor der Kodifizierung des BGB die Zersplitterung des Privatrechts ein gewichtiges Argument geliefert, Patentverletzungen wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nur nach dem einheitlich geltenden Patentrecht zu beurteilen, so war dieser Grund spätestens seit Inkrafttreten des BGB entfallen. Wiederholt gewährte es fortan den Rechnungslegungsanspruch, auch für die Zeit vor 1900.128 Als Anspruchsgrundlage nach neuem Recht dienten §§ 687 Abs. 2, 681, 666 BGB.129 Unter die weite Bedeutung des Ausdrucks „Geschäft besorgen“ ließ sich auch die Benutzung des Patents subsumieren. Der Patentverletzer führte selbst dann ein fremdes Geschäft, wenn der Berechtigte die gleiche Benutzung selbst nicht vorgenommen hätte.130 Das RG verlangte nur, dass „der Patentberechtigte ( . . . ) überhaupt darauf ausgeht, sein Patent gewerblich zu benutzen, daß also die Patentbenutzung recht eigentlich sein Geschäft ist.“131 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99). RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99); RG v. 10. 6. 1905 (I 22 / 05); RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05); RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08): „( . . . ) beruht auf konstanter Rechtsprechung des Reichsgerichts, die schon in die Zeit vor dem 1. Januar 1900 zurückgreift und auch unter der Herrschaft des neuen Rechts festgehalten worden ist ( . . . ). Vermittelt ist diese Praxis durch die Vorschriften der Landesrechte, jetzt des B.G.B., über die Geschäftsführung.“; RG v. 21. 1. 1914 (I 219 / 13); RG v. 10. 1. 1917 (I 124 / 16). Für das Gebrauchsmusterrecht vgl. RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01). 129 RG v. 23. 4. 1904 (I 6 / 04) erweckt den Eindruck, als stütze das RG den Rechnungslegungsanspruch auf § 35: „( . . . ) mit dem negatorischen Anspruch den Antrag auf Rechnungslegung und auf Schadensersatz verbunden. Dieser auf §. 35 Abs. 1 des Patentgesetzes gestützte Antrag ( . . . ).“ Es konnte jedoch den Entschädigungsanspruch mangels subjektiver Voraussetzungen ablehnen, so dass es keiner genaueren Betrachtung der Rechnungslegung bedurfte. 130 RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08). Dem stand nicht entgegen, dass der II. Zivilsenat des RG für den Fall der Verletzung des formellen Warenzeichenrechts eine Geschäftsführung abgelehnt hatte. Denn § 15 des Warenzeichengesetzes ordnete dem Zeicheninhaber nicht ein absolutes Recht zu, sondern enthielt nur eine Verbotsbestimmung, RG v. 30. 11. 1900 (II 241 / 00); RG v. 8. 7. 1904 (II 435 / 03). 131 RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08). 127 128

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Grundsätzlich setzten die Ansprüche wegen angemaßter Eigengeschäftsführung voraus, dass der Geschäftsführer seine fehlende Berechtigung positiv kannte.132 In unmittelbarer Anwendung dieser Geschäftsführungsgrundsätze begründete jedenfalls die wissentliche Patentverletzung eine Rechnungslegungspflicht. Entsprechend formulierte das RG in der oben auszugsweise wiedergegebenen Entscheidung vom 28. 2. 1900, dass auf Rechnungslegung hafte, wer „auf diese Weise (scil. wissentlich)“ rechtswidrig Gewinn gezogen habe.133 Seit 1891 war neben dem vorsätzlichen auch der grob fahrlässige Verletzer nach § 35 entschädigungspflichtig, welcher ebenfalls der Auskunft bedurfte.134 Einst hatte das ROHG den Anspruch bejaht, weil der Verletzer, „wenn schon ( . . . ) unwissentlich, doch thatsächlich“ das Geschäft des Berechtigten geführt habe.135 Für die Verpflichtung zur Rechnungslegung nach der herangezogenen negotiorum gestio schien es nicht auf ein Verschulden anzukommen. Die Entscheidung vom 28. 2. 1900 verurteilte schließlich zur Rechnungslegung, obwohl die Vorinstanz die Begehung nur als „wissentlich oder mindestens grobfahrlässig“ festgestellt hatte und das RG eigentlich bestätigt hatte, dass die Geschäftsanmaßung der Wissentlichkeit bedurfte. Ohne es anfangs ausdrücklich zuzugeben, gewährte das RG den Rechnungslegungsanspruch, sofern nur eine Entschädigungspflicht bestand. Der Hilfsanspruch sollte jeden Schadenersatzanspruch ergänzen, auf eigene Voraussetzungen schien es nicht anzukommen. Das erforderte das praktische Bedürfnis. Dieses zeigt auch eine Entscheidung von 1906. Zwar verneinte auch sie einen Rechnungslegungsanspruch, da vorliegend das Patent nur objektiv, nicht aber grob fahrlässig verletzt war. Dennoch sprach das RG aus, dass bei Feststellung einer wissentlichen oder grob fahrlässigen Patentverletzung der Anspruch auf Rechnungslegung regelmaßig zugelassen werde.136 Etwas anderes konnte auch nicht aus der Entscheidung vom 10. 6. 1905 geschlossen werden, in der das RG die Rechnungslegungspflicht bei wissentlicher Patentverletzung bejahte. Denn ein Anlass zur Prüfung, ob die gleiche Pflicht im Falle der groben Fahrlässigkeit bestehe, lag damals nicht vor.137 Die Rechtsprechung erkannte den Rechnungslegungsanspruch folglich auch bei der grob fahrlässigen Verletzung an und bestätigte diese den Patentinhaber stärkende Ansicht in weiteren Entscheidungen.138 Noch 1909 ging es mit bemerkenswer132 Vgl. § 687 Abs. 2 BGB: „Behandelt Jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist, ( . . . ).“ 133 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99). Der Rechnungslegungsanspruch „im Falle wissentlicher Patentverletzung“ war „in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt“, RG v. 10. 6. 1905 (I 22 / 05); Allfeld, S. 279. 134 Unstreitig war der einfach fahrlässige bzw. gutgläubige Verletzer zur Rechnungslegung ebensowenig wie zum Schadenersatz verpflichtet, RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 135 ROHG v. 13. 9. 1877 (ROHG-E Bd. 22, S. 338, 340). 136 RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 137 RG v. 10. 6. 1905 (I 22 / 05). 138 Isay (1920), S. 495. Vgl. später RG v. 21. 5. 1913 (I 439 / 12).

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ter Ausführlichkeit auf die Frage ein. Das erweckt den Eindruck, als habe das RG eine Klarstellung für nötig gehalten: Zweifelhaft aber bleibt die Beantwortung der Frage, ob die Rechnungslegung in allen Fällen der zur Entschädigung verpflichtenden Patentverletzung, also sowohl bei Wissentlichkeit als bei grober Fahrlässigkeit, verlangt werden kann, oder nur bei der wissentlichen Patentverletzung. Wenn man die Pflicht der Rechnungslegung unabhängig von den Bestimmungen des Patentgesetzes lediglich auf die direkte Anwendung der einschlagenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts stützt, ( . . . ) so gelangt man, wie dies schon nach der lex 6 §. 3 cit. der Fall war, auf Grund des jetzt maßgebenden §. 687 Abs. 2 B.G.B. zu der Beschränkung auf die wissentliche Patentverletzung. Der Senat ist aber der Ansicht, daß es sich bei der in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannten Verpflichtung zur Rechnungslegung bei Patentverletzungen, nach Grundlage und Entwicklung der Praxis, nicht sowohl um die direkte Anwendung dieser anderen Normen auf den Tatbestand der Patentverletzung gehandelt hat, als um eine durch die Analogie mit der sog. unechten Geschäftsführung begründete Ausbildung des patentrechtlichen Begriffs der „Entschädigung“ und daß daher kein Grund besteht, zwischen den beiden Formen der Patentverletzung, der wissentlichen und der grob fahrlässigen, einen Unterschied zu machen. ( . . . )139

Erneut verdeutlichte das RG damit seine Auffassung, in welcher Weise die allgemeinen Vorschriften das PatG ergänzten: Sie waren weder durch das PatG ausgeschlossen, noch unabhängig neben diesem anwendbar. Vielmehr bildeten sie zusammen mit dem Spezialgesetz einen patentrechtlichen Entschädigungsbegriff, der sich auch auf den Hilfsanspruch auf Rechnungslegung auswirkte. Das RG fuhr fort: In diesem Zusammenhange stellt sich als der Sinn der bisherigen Rechtsprechung heraus, daß wie der bei Wissentlichkeit und grober Fahrlässigkeit gleiche Entschädigungsanspruch nach §. 35 des Pat.Ges. auch die Herausgabe des gezogenen Gewinns umfaßt, so auch die im Anschluß an diese Herausgabepflicht zu begründende Verpflichtung zur Rechnungslegung in beiden Fällen gleicherweise Platz greift. Davon abzuweichen besteht für den Senat kein Grund. Das Ergebnis findet eine wesentliche Unterstützung in der Erwägung, daß es nicht im Sinne des Patentgesetzes gelegen sein kann, die Folgen der wissentlichen und die Folgen der grobfahrlässigen Patentverletzung verschieden zu bemessen. Das alte Patentgesetz, vom 25. Mai 1877, hat, wie die Strafbarkeit, so auch die Pflicht zur Entschädigung nur für die wissentliche Patentverletzung ausgesprochen (§. 34). Wenn später das Patentgesetz vom 7. April 1891 in §. 35 die Entschädigungspflicht auch bei der grobfahrlässigen Patentverletzung eintreten läßt, so führt diese durch Rücksichten auf das praktische Bedürfnis eines umfänglich erweiterten zivilrechtlichen Schutzes gerechtfertigte Änderung – Begründung S. 27 – zwar zur Vermehrung der Fälle, in welchen Entschädigung verlangt werden kann. Dagegen fehlte es an jedem Anhalte dafür, daß für die neu hinzugetretenen Fälle der groben Fahrlässigkeit die Entschädigungspflicht einen anderen Inhalt haben solle. Vielmehr geht nach Geschichte und Fassung der Wille des Gesetzgebers offenbar dahin, daß die sachlich gleiche Entschädigungspflicht, welche bisher bei der wissentlichen Patentverletzung bestand, nunmehr auch bei der grobfahrlässigen Patentverletzung stattfinde, daß also insoweit eine Gleichstellung der groben Fahrlässigkeit mit der Wissentlichkeit eintrete. Da nun bei der wissentlichen Patentverletzung die Entschädi139

RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

gungspflicht im Hinblick auf die Bestimmungen des B.G.B. in §. 687 Abs. 2, §§ 681, 667, 666 unzweifelhaft auch die Pflicht zur Herausgabe des gezogenen Gewinns und zur Rechnungslegung darüber umfaßt, so muß, weil nach dem Ausgeführten eine verschiedene Bemessung der Entschädigungspflicht in Widerspruch zu dem Willen des Pat.Gesetzes – § 35 – stehen würde, das Gleiche auch bei der grobfahrlässigen Patentverletzung gelten.140

Die Parallele, welche das PatG 1891 für den Gewinnherausgabeanspruch zwischen vorsätzlicher und grob fahrlässiger Patentverletzung zog, setzte sich anschließend im Rechnungslegungsanspruch fort. Dass die Folgen der Patentverletzung unabhängig davon, ob sie vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen war, gleich sein sollten, leitete das RG aus der historischen Erweiterung des PatG her. Obwohl diese vor Inkrafttreten des BGB stattgefunden hatte, setzte sich das RG entgegen dem Wortlaut von § 687 Abs. 2 BGB mit einer umfangreichen Begründung für eine praxisorientierte Lösung ein. Bei dieser Rechtsprechung, die es auf eine Analogie zu § 687 Abs. 2 BGB stützte, blieb es.141

4. Die Haftung nach Klageerhebung Auf der Suche nach einem umfassenderen Schutz der wertvollen Patente entwickelte sich unter der Geltung des BGB die Meinung, dass sich schon die Erhebung einer Unterlassungs- oder Entschädigungsklage verschärfend auf die Haftung des Verletzers auswirke. Der Beklagte sollte ohne Rücksicht auf sein Verschulden für den Fall, dass er zu Recht beklagt sei, schadenersatzpflichtig sein. Diese Ansicht beruhte auf einer Reihe bürgerlich-rechtlicher Vorschriften, die den berechtigten Kläger nach dem Vorbild des römischen Rechts so stellten, als sei das Urteil unmittelbar nach Klageerhebung ergangen.142 Bolze143 bejahte einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf die Herausgabe der während des Prozesses gezogenen Nutzungen nach §§ 292 Abs. 2, 818 BGB.144 Darüber hinaus bestehe ein Schadenersatzanspruch. Der Patentinhaber übe mit der Klage sein Verbietungsrecht aus und begründe damit ein Schuldverhältnis i.S.d. § 241 BGB, nach dem ihm für den Fall seines Obsiegens der Beklagte Unterlassung schulde. Diese Leistung werde durch die Benutzung unmöglich. Da der Schuldner diesen Umstand zu vertreten habe, schulde er Schadenersatz wegen Nichterfüllung nach § 280 BGB.145 Nach RG v. 3. 2. 1909 (I 99 / 08). RG v. 21. 5. 1913 (I 439 / 12); RG v. 14. 11. 1914 (I 265 / 14); RG v. 5. 10. 1918 (I 54 / 18). Vgl. ferner für die Verletzung des Kunstschutzgesetzes RG v. 11. 2. 1914 (I 220 / 13). 142 Jeß, DJZ 1905 (X), S. 725. 143 Zu Bolze siehe Fn. 23 der Einleitung. 144 Bolze, AcP Bd. 92 (1902), S. 319, 351 f. Siehe ferner Bolzes Begründung, S. 340 ff., nach der das Bereicherungsrecht nur für die Zeit vor Rechtshängigkeit durch § 993 Abs. 1 a.E. BGB eingeschränkt war, siehe S. 117 ff. 145 Bolze, AcP Bd. 92 (1902), S. 319, 352 ff. 140 141

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Jeß musste der Besitzer dem Eigentümer die gezogenen bzw. schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen gemäß § 987 BGB herausgeben.146 Kohler schließlich leitete die Haftung aus einem anderen Verständnis des subjektiven Elements her: Der Beklagte sei nur „in gutem Glauben“, wenn er seinen Gewinn für den Fall des Unterliegens dem Obsiegenden zur Verfügung stellen wolle. § 987 BGB passe nicht, weil bei der Patentverletzung dem Inhaber nicht der einzige Besitz entzogen sei.147 Indes lehnten andere einen allgemeinen Grundsatz, dass die Klageerhebung die Schadenersatzhaftung erweitere, ab.148 Erstmals 1885 äußerte sich das RG zur Anwendbarkeit allgemeiner Vorschriften neben dem neuen Markengesetz. Der Markenschutz setze Einheitlichkeit in einem großen Verkehrsgebiet voraus und sei im Reichsgesetz erschöpfend geregelt.149

a) Die Entscheidungen vom 9. 6. 1888 und vom 30. 6. 1888 Auf die Gründe der soeben angeführten markenrechtlichen Entscheidung150 verwies es drei Jahre später in einer Patentverletzungssache.151 Der Kläger hatte eine Haftungsverschärfung für die Verletzung nach Klageerhebung geltend gemacht. Er stützte das auf einen erklärten Grundsatz des Sächsischen Landesrechts, „daß jedem Kläger dasjenige gebühre, was derselbe erhalten haben würde, wenn das Urtheil im Augenblicke der Klageerhebung hätte erfolgen können.“ Das RG legte dar, dass ein solcher Grundsatz weder ausdrücklich formuliert sei, noch aus dem Gesetz folge.152 Für das PatG formulierte es:

Jeß, DJZ 1905 (X), S. 725 ff. Kohler, Handbuch, S. 560. 148 Allfeld, S. 272; Damme, S. 407; Isay (1926), S. 517; Kent, II. Bd., S. 388; Schmitz, GRUR 1903, S. 76; Seligsohn, S. 371. Gegen einen allgemeinen Grundsatz, wie Isay (1903), S. 328 f., ihn noch in der 1. Aufl. seines Kommentars mit Hinweis auf den Zinsanspruch nach § 291 BGB, die verschärfte Haftung bei Herausgabeansprüchen nach §§ 987, 989, 1007, 292 BGB und den Verlust des Entreicherungseinwands nach § 818 Abs. 4 BGB anführte, sprach, dass die Ansprüche jeweils gesetzlich geregelt waren. Die Haftung des unrechtmäßigen Sachbesitzers auf die gezogenen Früchte passte nicht, da der Patentverletzer nicht im Alleinbesitz und der Patentinhaber nicht ausgeschlossen war. RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 8. 11. 1905 (I 189 / 05); RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 149 Ferner beschäftige § 21 Markenschutzgesetz sich ausdrücklich mit der Fortgeltung landesrechtlicher Vorschriften, Landesrecht sei nicht anwendbar, RG v. 8. 7. 1885 (I 169 / 85). 150 Siehe Fn. 149 dieses 2. Abschnitts. 151 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). 152 Nach sächsischem Recht haftete der unredliche Besitzer dem Eigentümer ab Klageerhebung für den zufälligen Untergang und die zufällige Verschlechterung. Der redliche Besitzer hatte nach Klageerhebung nur den Schaden, der „durch seine Verschuldung“ eintrat, zu ersetzen. Bei Forderungen stand die Klageerhebung der Mahnung gleich, Prozeßzinsen kannte das Sächsische Recht nicht, RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). 146 147

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Aus dem ganzen Inhalt des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 geht der Gesetzeswille hervor, daß von dem 1. Juli 1877 an Deutsche Patente im ganzen Deutschen Reiche gleiche Rechtswirkungen erzeugen sollen.153

Ein landesrechtlicher Grundsatz konnte, wenn er überhaupt bestanden hätte, eine besondere patentrechtliche Haftung nicht begründen. Vorrangig zu beachten sei der nach dem „ganzen Inhalt“ ersichtliche gesetzgeberische Wille, das Patentrecht reichseinheitlich zu regeln. Eines näheren Belegs bedurfte dieses Argument nicht. Die Klageerhebung allein begründete keine Wissentlichkeit i.S.d. § 34. Diese musste tatsächlich vorliegen und durfte nicht fingiert werden: Der Beklagte würde verurtheilt, entweder, weil er ohne Fahrlässigkeit seit der Klageerhebung nicht mehr habe davon überzeugt sein dürfen, daß sein Verhalten (:wenigstens möglicher Weise:) ein patentverletzendes sei, oder weil eine Fiktion an die Stelle der reichsgesetzlich geforderten Thatsache gesetzt wird.154

Dessen ungeachtet konnte die Klageerhebung die Wissentlichkeit i.S.d. § 34 hervorrufen, was häufig, keineswegs aber regelmäßig der Fall war. Noch im selben Monat holte es in einer weiteren Verletzungssache eine ausführlichere Begründung nach.155 Für eine Verschärfung könne nicht ins Feld geführt werden, dass § 34 sie nicht ausdrücklich verbiete. Vielmehr sprechen der gesetzgeberische Vereinheitlichungswille und die Entstehungsgeschichte 156 dafür, nur den vorsätzlichen Verletzer haften zu lassen. Vereinheitlicht werden sollte nicht nur das Erteilungsverfahren, sondern gerade auch die Wirkung des Schutzes. Ein deutsches Patent sollte in allen Staaten die gleichen Rechte und Pflichten begründen. Diese Bestimmtheit gewährleistete seinem Inhaber und dem gewerblichen Verkehr Rechtssicherheit in einem großen wirtschaftlichen Geltungsbereich. Sehr wohl könne ein Verletzer auch während des Prozesses noch in gutem Glauben und der Überzeugung bleiben, dass er das Patent nicht verletze. Das RG stärkte damit das Ansehen des jungen deutschen Patentrechts.

b) Die weiteren Entscheidungen Nur eine Entscheidung des Jahres 1905 ließ die Frage einer durch die Klageerhebung verschärften Haftung offen.157 Noch im gleichen Jahr sprach sich aber derRG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). 155 RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 156 § 34 wich bewusst von § 33 des Entwurfs und von § 18 des G. v. 11. 6. 1870 ab, welche auch fahrlässige Verletzungen sanktionierten. 157 RG v. 27. 5. 1905 (I 665 / 04). Zwar setzte es sich mit der von der Literatur vertretenen verschuldensunabhängigen Haftung auseinander. Es ging ihm aber um die umgekehrte, hier nicht zu erörternde Frage, ob auch der zu Unrecht mit dem Verletzungsvorwurf Beklagte einen Schadenersatzanspruch gegen den Kläger habe, wie er z. B. in § 717 Abs. 2 ZPO für den Fall einer ungerechtfertigten Vollstreckung geregelt ist. 153 154

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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selbe Senat dagegen aus. Das PatG unterscheide in §§ 35, 4, 5 nicht nach der Zeit vor und nach Klageerhebung, sondern beschränke die Schadenersatzhaftung einheitlich auf vorsätzliche und grob fahrlässige Verletzungen. Allgemeine Vorschriften zur Wirkung der Rechtshängigkeit seien zwar mangels patentrechtlicher Regelung anwendbar, fehlten aber: Insbesondere versagt hier auch die Analogie des dem Eigentümer einer Sache nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches zustehenden negatorischen Anspruchs. Bei Beeinträchtigung des Eigentums ohne Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes kann der Eigentümer nach Bürgerlichem Gesetzbuch § 823 schon bei bloßer Fahrlässigkeit des Täters Schadensersatz verlangen, indessen findet eine Steigerung seiner Rechte als Wirkung der Rechtshängigkeit nicht statt. Daraus folgt, daß auch eine Steigerung der Rechte des Patentinhabers gegen den Verletzer als Wirkung der Rechtshängigkeit aus dem Bürgerlichen Rechte nicht abzuleiten ist und daß die allgemein bestimmten Voraussetzungen seines Entschädigungsanspruches auch für die Zeit nach der Klageerhebung maßgebend bleiben.158

Das RG entkräftete damit die Behauptung eines allgemeinen Grundsatzes der verschärften Haftung nach Klageerhebung. Wer eigentumsrechtliche Regeln heranzog, übersah, dass § 823 BGB bereits die erstrebte weitere Haftung vorsah, aber spezialgesetzlich verdrängt war. Knapp drei Monate später verneinte es erneut einen besonderen Schutz für die Zeit während des Prozesses. Der Verletzte beanspruche nicht „die Herausgabe“ seines Patentrechts. Seine Rechtsverfolgung ist nicht der Klage entsprechend, mit welcher der Eigentümer seine Sache von dem Besitzer herausverlangt; sondern der Beklagte (scil. Patentrechtsinhaber und Widerkläger) befindet sich in rechtmäßiger Ausübung seines durch Patent geschützten Erfinderrechts, und er verbietet den Widerbeklagten auf Grund seines Patentrechtes den durch Herstellung und Vertrieb ihres Gasselbstzünders unternommenen Eingriff in die ihm geschützte Rechtssphäre. Der Widerklageanspruch ist daher der negatorischen Klage des Eigentümers nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend zu behandeln. Für die Anwendung des § 292 des Bürgerlichen Gesetzbuches war hiernach kein Raum vorhanden.159

5. Die verschuldensunabhängige Haftung nach Bereicherungsrecht Schließlich bestand die Aussicht, den Patentschutz durch eine Haftung wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu erweitern, ohne an die strengen Voraussetzungen der patentrechtlichen Schadenersatzhaftung gebunden zu sein. Zwar konnte sie als Billigkeitshaftung nur abschöpfen, was im Vermögen des Verletzers vorhanden war. Ging der Schaden des Berechtigten über die Bereicherung des Ver158 RG v. 8. 11. 1905 (I 189 / 05); darauf verweisend auch RG v. 10. 1. 1906 (I 221 / 05) – Seidenglanz I. 159 RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). Die Entscheidung musste sich, wie sie weiter ausführte, nicht mit einem Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung befassen, da er nicht erhoben war.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

letzers hinaus, konnte aus Bereicherungsrecht nur letztere verlangt werden. Weiter entfiel die Bereicherungshaftung, wenn der Schuldner nicht mehr bereichert war. Jedoch hätte die Kondiktionshaftung für den Verletzten den Vorteile, unabhängig vom Verschulden zu sein und nicht unter die kurze patentrechtliche Verjährung zu fallen.

a) Der Vorschlag Bolzes und die Reaktionen in der Literatur In der Literatur versuchte 1902 zunächst Bolze160 mit einem vielbeachteten Aufsatz, die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 812 ff. BGB zu begründen.161 § 35 regele nur die deliktische Haftung und schließe insoweit § 823 BGB aus, nicht aber andere umfassendere Rechtstitel. Grundsätzlich ließe sich eine bereicherungsrechtliche Haftung aus der Nichtleistungskondiktion konstruieren. Es bestehe aber die Gefahr, dass der berechtigte Patentinhaber die gutgläubigen Wettbewerber ihr Vermögen aufs Spiel setzen lasse, um im Erfolgsfalle deren Gewinne ohne eigenes Risiko abzuschöpfen. Nach Ablauf der für die Nichtigkeitsklage geltenden FünfJahres-Frist des § 28 verbliebe den Wettbewerbern nicht einmal mehr die Möglichkeit, das Patent ggf. für nichtig erklären zu lassen. Bolze schlug vor, § 993 Abs. 1 a.E. BGB entsprechend anzuwenden und den redlichen, d. h. gutgläubigen Verletzer bereicherungsrechtlich nur nach Rechtshängigkeit haften zu lassen.162 Hingegen sollten weitergehende Herausgabe- und Schadenersatzansprüche gegen den redlichen, unverklagten Verletzer ausgeschlossen sein.163 Der Ansatz Bolzes erfuhr neben der Beachtung auch viel Kritik. Schmitz bezweifelte die Rechtsgrundlosigkeit der Bereicherung.164 Er stellte Bolzes Ausgangspunkt in Frage, dass „der Patentträger die einzige Person ist, welche eine gewerbliche Tätigkeit zur Ausnutzung der Erfindung entwickeln“ dürfe. Prinzipiell bestehe die positive Berechtigung aufgrund der Gewerbefreiheit („lex generalis“). Das Patentrecht könne nicht gewähren, was schon erlaubt sei. Es enthalte nur das negative Verbietungsrecht, welches zeitweilig die Gewerbefreiheit suspendiere. Den Wettbewerbern sei dadurch nicht der gewerbefreiheitliche Rechtsgrund für ihren Erwerb genommen. Isay bestritt, dass die Bereicherung des Verletzers „auf Zu Bolze siehe Fn. 23 der Einleitung. Bolze, AcP 92 (1902), S. 319 ff. Für die Aufnahme einer Haftung auf die Bereicherung in das PatG hatte sich auch der DVSgE eingesetzt, ders., S. 331. Vgl. ferner Osterrieth, Lehrbuch, S. 154, 156 f. 162 Wenn aufgrund dieser Bestimmung nicht einmal der Eigentümer einer körperlichen Sache von dem redlichen Besitzer die vor der Rechtshängigkeit gezogenen Früchte herausverlangen könne, so müsse entsprechend der gewerbetreibende Erfindungsbesitzer in seinem aus redlicher Arbeit gezogenen Erwerb geschützt sein, Bolze, AcP 92 (1902), S. 319, 342 f. 163 Patentrechtlich nicht denkbar waren Übermaßfrüchte, auf die auch der redliche, unverklagte Besitzer nach § 993 Abs. 1 noch haftete; demgemäß vernachlässigt Bolze sie, ohne auch hierfür Beispiele anzuführen. 164 Schmitz, GRUR 1903, S. 76, 77 f. 160 161

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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Kosten“ des Patentinhabers erlangt sei.165 Es fehle an einer Vermögensverschiebung, da der Vorteil des Verletzers nie im Vermögen des Geschädigten existiert habe. Auch der Eingriff in die Rechtssphäre des Patentinhabers ändere nichts daran, da der Vorteil das „Produkt der Arbeit des Bereicherten“ sei. Dieser Ansicht widersprachen später Schulz und Stern, die sich für einen Bereicherungsanspruch gegen den Patentverletzer einsetzten.166 „Auf Kosten“ des Berechtigten sei erlangt, was seinen Vermögensstand berühre. Hierunter falle auch die Patentverletzung als „durch das Vermögen des andern vermittelte, indirekte Bereicherung“.167 Gegen Bolzes Gefüge samt vindikationsrechtlicher Einschränkung sprach, dass § 993 BGB die fehlende Einschlägigkeit des § 988 BGB voraussetzte. Gerade der gutgläubige Doppelerfinder aber war unentgeltlicher Erfindungsbesitzer und müsste folglich auf alle Nutzungen haften. Als Grund für die Ablehnung einer verschuldensunabhängigen Haftung diente häufig der Wille des Gesetzgebers. Er habe die patentrechtliche Schadenersatzhaftung auf vorsätzliche, später auch auf grob fahrlässige Verletzungen beschränken wollen.168 Stern hielt es für nicht ausreichend, den gesetzgeberischen Willen allein aus den Beratungen und Begründungen eines Gesetzes herzuleiten, solange er nicht im Gesetz Ausdruck finde. Im PatG blieb eine Erklärung zur Geltung des Bereicherungsrechts jedoch unerwähnt.169

b) Die Entscheidungen vom 9. 6. 1888, vom 30. 6. 1888 und vom 31. 12. 1898 Das RG äußerte sich 1888 in den bereits behandelten Entscheidungen zur Anwendbarkeit bereicherungsrechtlicher Vorschriften. Es war der Ansicht, dass „von dem 1. Juli 1877 an Deutsche Patente im ganzen Deutschen Reiche gleiche Rechtswirkungen erzeugen sollen.“170 Ein Recht auf Entschädigung eröffne nur die Wissentlichkeit. § 34 regele einen Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen, einerseits Erfindungsanreize zu setzen und andererseits den gewerblichen Verkehr vor Belästigungen und Unsicherheiten zu schützen. Es räumte ein, dass weder § 34 noch der gleichlautende § 14 des Markenschutzgesetzes das Bereicherungsrecht für unanwendbar erklärten. Dennoch habe der Gesetzgeber, abweichend von § 33 des Entwurfs zum PatG und von § 18 des Urheberrechtsgesetzes von 1870,171 die Isay (1920), S. 424; ders., GRUR 1904, S. 25, 30. Schulz, AcP Bd. 105 (1903), S. 1, 63 ff.; Stern, GRUR 1910, S. 316 ff. 167 Stern, GRUR 1910, S. 316, 317 ff. 168 Seligsohn, S. 410 f.; Allfeld, S. 271. 169 Stern, GRUR 1910, S. 316, 318. 170 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). In der Entscheidung ging es sodann vorwiegend um eine Haftungsverschärfung nach Klageerhebung, siehe S. 115. 171 Mit der urheberrechtlichen Haftung nach § 18 des G v. 11. 6. 1870 beschäftigte sich auch RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95). Zwar bezeichnete es diesen verschuldensunabhängigen An165 166

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Haftung bewusst auf wissentliche Verletzungen beschränkt.172 Etwas anderes ergab sich auch nicht aus der in ihrer Wortwahl irreführenden Entscheidung vom 31. 12. 1898: Eine Bereicherung aus fremdem Vermögen ist daher auch dann erfolgt, wenn sie durch Benutzung oder Gebrauch fremden Eigenthums erlangt wird ( . . . ) und dieser allgemeine Begriff darf deshalb auch dem §. 34 bzw. §. 35 der Patentgesetze zu Grunde gelegt werden. Hiernach steht nichts im Wege, den angeblich von dem Beklagten erzielten Nutzen als einen Gewinn zu betrachten, der aus dem Vermögen des Klägers gemacht ist.173

Es ging danach inhaltlich nicht um die Anwendbarkeit allgemeiner bereicherungsrechtlicher Vorschriften, sondern um die Bestimmung des Schadenersatzes für den patentrechtlichen Verletzungsanspruch nach der dritten Berechnungsmethode.174 Das RG bezeichnete den vom Verletzer gezogenen Gewinn als Bereicherung. Beachtlich ist, dass es in dieser Entscheidung schadensrechtlich eine Wechselbeziehung zwischen dem Verletzergewinn und dem Schaden des Patentinhabers herstellte, die es bereicherungsrechtlich nicht anerkannte.

c) Die Entscheidung vom 24. 1. 1906 Erst 1906 sprach das RG ausdrücklich aus, dass neben § 35 andere Ansprüche aus dem BGB nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien.175 Da ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung im Prozess nicht erhoben war, konnte es eine Entscheidung darüber offenlassen. Eine Wende in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zur verschuldensunabhängigen Haftung läßt sich gleichwohl nicht erkennen. Zweieinhalb Jahre später stellte es in bis dahin nicht erreichter Bestimmtheit fest: Der Anspruch des Klägers wegen der nicht rechtmäßigen Benutzung des Patentes fiele hiernach unter § 35 Patentgesetzes. Nun kann aber ein Anspruch aus Bereicherung wegen Patentverletzung, wie das Reichsgericht wiederholt ausgesprochen hat ( . . . ) nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werden und diese liegen nicht vor. Das von dem Oberlandesgericht festgestellte Streitverhältnis läßt in keiner Weise erkennen, daß die Beklagte ( . . . ) vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt hätte.176 spruch, der auf die Höhe der Bereicherung begrenzt war, wiederholt als Bereicherungsanspruch. Gleichwohl handelte es sich um einen Schadenersatzanspruch: der Ersatz richtete sich danach, was als schädigendes Ereignis angesehen wurde, siehe S. 399. 172 RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 173 RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). Die uneinheitliche Terminologie des RG verdeutlicht ferner eine wiederum andere Verwendung der Begriffe in RG v. 30. 11. 1900 (II 241 / 00): das RG unterscheidet zwischen der „Entschädigung“ infolge eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz, vorliegend § 15 des G zum Schutz der Warenbezeichnungen, und der „Bereicherung“, welche aus einer widerrechtlichen Handlung gezogen sei. 174 Zur dritten Schadensberechnungsmethode siehe S. 399 ff. 175 RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05). 176 RG v. 24. 6. 1908 (I 379 / 07).

A. Die Ansprüche wegen Patentverletzung

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Mit einem Verweis auf die angeblich bestehende Rechtsprechung zu der Frage überging das RG, dass es sich mit der Bereicherungshaftung noch nicht eingehend auseinandergesetzt hatte. Gleichwohl stellte es nunmehr klar, dass die subjektiven Voraussetzungen des PatG durch die allgemeinen Bestimmungen nicht unterlaufen werden sollten. Noch einmal 1913 bestätigte es mit Verweis auf die Entscheidung von 1908 die erschöpfende Regelung des Patentverletzungsanspruchs durch § 35. Es hob eine Entscheidung des Kammergerichts auf, das einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Patentverletzung zugelassen hatte.177

IV. Zusammenfassung Die Rechtsposition und ihren Inhaber sicherte ein umfangreiches System von Verletzungsansprüchen, das auf die Eigenheiten des immateriellen Rechtsguts der Erfindung abgestimmt war. Mit dem Unterlassungsanspruch ließen sich rechtswidrige Eingriffe abwehren und Beeinträchtigungen beseitigen. Ein Verschulden des Verletzers war dafür nicht erforderlich. Schäden, die vorsätzlich verursacht waren, bekam der Patentinhaber ersetzt. Da die Beschränkung auf die Vorsatzhaftung der Bedeutung und den vielfältigen Verletzungsmöglichkeiten nicht gerecht wurde, ergänzte der Gesetzgeber die Haftung und ließ auch die grob fahrlässige Begehung ausreichen. Die einfache Fahrlässigkeit begründete keinen Schadenersatzanspruch. Ohne Rücksicht auf ein Verschulden schuldete der Staat eine enteignungsrechtliche Entschädigung. Zur Ermittlung der Schadenshöhe gewährte die Rechtsprechung bei vorsätzlichen wie bei grob fahrlässigen Verletzungen einen Rechnungslegungsanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Das PatG verdrängte grundsätzlich landesrechtliche Vorschriften, sofern es hiervon abweichende Bestimmungen traf. Nur soweit es sich einer Regelung enthielt, blieb das allgemeine Recht ergänzend anwendbar.178 Hieran änderte auch das 1900 hinzutretende BGB nichts.179 Wohl aber waren stets die besonderen patentrechtlichen Wertungen zu berücksichtigen. Das allgemeine Recht konnte über seinen klaren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden, z. B. im Fall des Rechnungslegungsanspruchs infolge grob fahrlässiger Patentverletzung. Ihm ging das PatG als lex specialis vor.180 Bei der Heranziehung allgemeiner Vorschriften war im Einzelfall zu prüfen, ob eine speziellere patentrechtliche Regelung bestand oder der Fall bewusst oder unbewusst dem allgemeinen Recht zur Regelung belassen war. In der in dieser Arbeit berücksichtigten Zeit lehnte die Rechtsprechung einen verschuldensunabhängigen Bereicherungsanspruch ab. Zu diesem Schutz des Patentinhabers RG v. 22. 12. 1913 (I 243 / 13). Kent, II. Bd., S. 401; Kohler, Handbuch, S. 558. Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 35. 179 Die Vorschriften des PatG blieben in Kraft, da weder BGB noch EGBGB sie aufhoben, Art. 32 EGBGB; RG v. 2. 12. 1908 (I 682 / 07) in einer Gebrauchsmustersache. 180 RG v. 28. 1. 1905 (I 435 / 04). 177 178

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

konnte sich das RG noch nicht durchringen. Ohne stichhaltige dogmatische Begründung rechtfertigte es diese Rechtsprechung damit, dass nach dem Sinn des PatG nur die wissentliche oder grob fahrlässige gewerbsmäßige Benutzung zur Haftung führe. Es folgte auf diese Weise den wiederholt bei den Gesetzesberatungen erhobenen Bedenken, dass sich das Patentrecht wettbewerbsbehindernd auswirken könne. Die klare, auf den Willen des Gesetzgebers gestützte Vorgabe, die subjektive Patentverletzung über das Bestehen von Ersatzansprüchen entscheiden zu lassen, war pragmatisch und einleuchtend, wenn sie sich auch mit dem allgemeinen Recht nicht ausreichend auseinandersetzte.181 Erst 1976 ist ein durch die Patentverletzung begründeter Bereicherungsanspruch höchstrichterlich anerkannt worden,182 nachdem die Lehre vom Zuweisungsgehalt183 des Rechts es erlaubte, den durch die Patentverletzung erlangten Gewinn als „auf Kosten“ des Patentinhabers erlangt anzusehen.

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten Patentrechtliche Verfahren waren das Erteilungs-, Nichtigkeits-, Zurücknahmeund Verletzungsverfahren. Sie lassen sich nach Zuständigkeiten in Verfahren vor dem PA und solche vor den ordentlichen Gerichten einteilen. Verfahren beider Gruppen begründeten in höherem Rechtszug die Zuständigkeit des RG. Allein das Erteilungsverfahren gelangte nicht dorthin. Die Erläuterungen der patentamtlichen Verfahren veranschaulichen die Aufgabenverteilung zwischen ordentlichen Gerichten und PA. Dass die Eigentümlichkeiten des Patentrechts die Zuordnung der Streitigkeiten zu den Verfahren bisweilen erschwerten, verdeutlicht ein zwischen PA und RG anfangs ausgetragener Streit um die Zuständigkeit für die Feststellung der Abhängigkeit von Patenten.

I. Die Verfahren vor dem Patentamt Der Dritte Abschnitt des PatG war mit „Verfahren in Patentsachen.“ überschrieben. Das Gesetz begriff darunter das Erteilungs-, das Nichtigkeits- und das Zurücknahmeverfahren. Vermissen ließen die §§ 20 – 34 (§§ 20 – 33 a.F.) Vorschriften zum Verletzungsverfahren. Im Gegensatz dazu ging es bei den „Verfahren in Patentsachen“ nicht um einen Eingriff in das Patent, sondern um die Rechtsbestän181 Umfassend setzte sich hingegen Schulz, AcP Bd. 105 (1903), S. 1, 63 ff., mit den bis dahin begründeten Theorien und der Rechtsprechung des RG auseinander. 182 BGHZ 68, 90 befasste sich eingehend mit der Rechtsprechung des RG und der Literatur zu dem Thema und gelangte für das Gebrauchsmusterrecht, aber auch mit Blick auf das Patentrecht, zur Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts. 183 Larenz / Canaris, S. 169; Palandt-Sprau, § 812, Rn. 32.

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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digkeit des Patents. Die Patentverfahren i.S.d. PatG waren öffentlich-rechtliche Verwaltungsverfahren.184 Das Erteilungsverfahren185 leitete eine formgerechte Anmeldung der Erfindung beim PA ein.186 Kennzeichnend war das Vorprüfungssystem, welches das PatG 1877 eingerichtet und die Novelle beibehalten hatte. Es verpflichtete das PA, die materielle Patentierbarkeit187 der Erfindung zu prüfen.188 An diese Vorprüfung schloss sich ein Aufgebotsverfahren189 an. Das PA beschloss die Bekanntmachung der Anmeldung. Es veröffentlichte den Namen des Patentsuchers und den wesentlichen Inhalt seiner Anmeldung im Reichsanzeiger und legte gleichzeitig die Anmeldung und sämtliche Beilagen zu jedermanns Einsicht im PA aus.190 Mit der Bekanntmachung traten zugunsten des Patentsuchers für den Gegenstand der Anmeldung einstweilen die gesetzlichen Wirkungen eines Patents ein.191 Das Aufgebotsverfahren beteiligte die Allgemeinheit an der Prüfung der angemeldeten Erfindung, bevor das Patent mit seiner einschränkenden Wirkung entstand.192 Dritte konnten Einspruch gegen die Erteilung erheben, das PA konnte zur Aufklärung Beteiligte und Sachverständige laden.193 Über die Erteilung oder Versagung des Patents entschied es durch Beschluss.194 Gegen die Erteilung konnten der Patent184 Kohler, Handbuch, S. 811. Das RG bezeichnete die Patenterteilung als „Verwaltungsakt“, RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80), für den das Kaiserliche Patentamt „allein zuständige Behörde“ war. 185 §§ 20 – 27, 32, 34 (§§ 20 – 26, 31, 33 a.F.). 186 § 20 nannte die Voraussetzungen des Antrags und der Beschreibung. Das PA wies die Anmeldung zurück, wenn den Anforderungen trotz Nachfristsetzung nicht genügt war, 22 Abs. 1 (§ 21 a.F.). 187 Gemäß § 22 (§ 21 a.F.) war die Patentfähigkeit nach §§ 1, 2, 3 zu beurteilen. 188 §§ 21 Abs. 1 und 3, 22 Abs. 1 (§ 22 Abs. 2 a.F.); § 7 der VO v. 18. 6. 1877, RGBl. 1877, S. 533. Hingegen war bei einem Anmeldesystem nur das Vorliegen formeller Anmeldeerfordernisse festzustellen. 189 §§ 23 f. (§§ 22 ff. a.F.). 190 §§ 22 Abs. 1 Satz 1, § 23 (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 a.F.). Die Auslegung der Anmeldung war unerlässliche Voraussetzung für eine Erteilung, da sie Dritten Gelegenheit gab, der Erteilung zu widersprechen, RG v. 11. 7. 1900 (I 406 / 99). Die tatsächliche Auslegung der Anmeldung ist nicht zu verwechseln mit der inhaltlichen Auslegung des Patents, die im 3. Abschnitt behandelt wird. 191 § 23 Abs. 1 Satz 2 (§ 22 Abs. 1 Satz 2 a.F.). 192 Die Patentwirkung beschränkte den gewerblichen Verkehr in seiner Handlungsfreiheit, was der durch das objektive Patentrecht erwartete technische Fortschritt rechtfertigte. Insbesondere die fachkundige Allgemeinheit konnte beurteilen, ob ihr ein solcher Fortschritt durch die angemeldete Erfindung zugute kam, und ggf. an einer sachgemäßen Beschränkung der Anmeldung mitwirken. 193 Der schriftliche und begründete Einspruch konnte nur auf die Behauptung gestützt werden, dass die Erfindung nicht neu – nach PatG 1891 nicht patentfähig – sei oder widerrechtlich entnommen war, § 24 Abs. 2 (§ 24 Abs. 1), oder dass der Anmelder keinen Anspruch auf Erteilung nach § 3 Abs. 1 n.F. habe. 194 § 24 Abs. 3 (§ 24 Abs. 1 Satz 1 a.F.). Beschlüsse und Entscheidungen der Abteilungen erfolgten im Namen des PA, § 15.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

sucher und der Einsprechende, gegen die Versagung nur der Erstere Beschwerde einlegen, über die nach PatG 1877 eine andere Abteilung des PA, nach PatG 1891 eine besondere Beschwerdeabteilung entschied.195 Die „endgültige“ Erteilung des Patents machte das PA im Reichsanzeiger bekannt, zudem fertigte es dem fortan so bezeichneten Patentinhaber eine Patenturkunde aus.196 Die Versagung wurde ebenfalls bekannt gemacht.197 Die Entscheidung des PA hatte absoluten Charakter, da ein bestehendes Patent gegen jeden wirkte. Seinem Wesen nach war das Erteilungsverfahren ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.198 Das Nichtigkeitsverfahren diente der Nachprüfung der patentamtlichen Erteilungsentscheidung, das Zurücknahmeverfahren wirkte wirtschaftshinderlichen Patenten entgegen, die bestanden, ohne ausgeübt zu werden. Voraussetzung für ein Nichtigkeits- oder Zurücknahmeverfahren199 war ein schriftlicher Antrag an das PA, welches die Einleitung des Verfahrens verfügte.200 Es forderte den Patentinhaber unter Mitteilung des Antrags auf, sich binnen einer Frist hierüber zu erklären. Unterblieb seine Erklärung, konnte das PA ohne weitere Aufklärung nach der Schlüssigkeit der vorgetragenen Sachlage entscheiden.201 Wenn der Patentinhaber widersprach oder das PA nicht unmittelbar antragsgemäß entschied, konnte es Zeugen und Sachverständige vernehmen. Nach Ladung und Anhörung der Beteiligten entschied es entweder durch Nichtigerklärung bzw. Zurücknahme oder durch Aufrechterhaltung des Patents.202 Anders als das Erteilungsverfahren waren Nichtigkeits- und Zurücknahmeverfahren als streitige verwaltungsgerichtliche Verfahren ausgestaltet. Gleichwohl waren es keine Parteiverfahren i.S.d. ZPO.203 Im verwal195 § 14 Abs. 1 Nr. 3 (§ 16 Abs. 1 a.F.). Im Beschwerdeverfahren konnten noch einmal die Beteiligten und Sachverständige geladen werden, § 26 (§ 25 a.F.). Siehe ferner §§ 2, 8 der VO vom 18. Juni 1877. 196 § 27 Abs. 1 (§ 26 Abs. 1 a.F.). Eingehend beschrieb RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80) das Verfahren. 197 Sie beseitigte die Wirkungen des einstweiligen Schutzes rückwirkend, § 27 Abs. 2 (§ 26 Abs. 2 a.F.). 198 Entsprechende Anwendung fanden die Vorschriften des G über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) v. 17. 5. 1898, RGBl. 1898, S. 189. Ergänzend galten Bestimmungen der ZPO, soweit es die Verschiedenheit der Verfahren zuließ oder ausdrücklich in § 30 Abs. 1 Satz 3 (§ 29 Abs. 1 Satz 3 a.F.) bestimmt war, und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, Seligsohn, Vorbem. vor § 20, S. 291, 294 f. 199 §§ 28 – 31, 33 (§§ 27 – 30, 32 a.F.). 200 § 28 Abs. 1 und 4 (§ 27 a.F.). Berechtigt zur Stellung des Antrags war im Fall der widerrechtlichen Entnahme nur der Verletzte. Das PatG 1891 führte zudem eine Ausschlussfrist von 5 Jahren seit Bekanntmachung der Erteilung für den Nichtigkeitsantrag wegen fehlender Patentfähigkeit ein, § 28 Abs. 3. 201 § 29 (§ 28 a.F.). 202 §§ 30 Abs. 2, 31 (§§ 29 Abs. 2, 30 a.F.) i.V.m. § 10 bzw. § 11. Das PatG sah die Bildung von Anmelde-, Nichtigkeits- und Beschwerde-Abteilungen beim PA vor, § 14 Abs. 1. 203 Das Gesetz vermied die Ausdrücke „Klage“ und „Parteien“ und sprach von „Antrag“ und „Betheiligten“. Zu letzteren gehörten nicht nur der Patentinhaber und sein Gegner, sondern alle Personen, die aufgrund ihrer rechtlichen Interessen zugelassen waren. Auch leitete

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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tungsgerichtlichen Verfahren galt eine Mischung aus Verhandlungs- und Offizialmaxime: Einerseits war ein Antrag vorausgesetzt, über den das Gericht in seinem Urteil nicht hinausgehen durfte; andererseits war es zur selbständigen Erforschung der Wahrheit berechtigt und verpflichtet.204 Gegen Entscheidungen des PA in Nichtigkeits- und Zurücknahmeverfahren war ohne Rücksicht auf den Streitwert die Berufung an das ROHG zulässig,205 welches am 1. Oktober 1879 durch das RG ersetzt wurde.206 Berufungsentscheidungen des RG ergingen niemals in Verletzungssachen, sondern nur in „Verfahren in Patentsachen“ i.S.d. PatG, und hier nur in Nichtigkeits- und Zurücknahmeverfahren.207

II. Das Verletzungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten Mit der Ordnung des Verletzungsverfahrens befasste sich das PatG nur in einzelnen Bestimmungen, ohne es den patentamtlichen Verfahren vergleichbar ausführlich zu regeln.208 Das Verletzungsverfahren betraf einen Streit um Privatrechte, für den nach dem Grundsatz des § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet war. In Ermangelung anderweitiger Regelungen gehörten Verfahren in Verletzungssachen vor die ordentlichen Gerichte.209 Sie entschieden im streitigen Verfahren nach den allgemeinen Verfahrensbestimmungen der ZPO.210 Der Patentinhaber machte seine Verletzungsansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz und Rechnungslegung in den streitigen Verfahren des Zivilprozesses geltend. Dafür standen ihm Feststellungs- und Leistungsklage, aber auch der einstweilige Rechtsschutz zur Verfügung. der Antrag das Verfahren nicht ein, er war vielmehr Bedingung für die Einleitung von Amts wegen, Damme, S. 464 f. 204 Die Anwendbarkeit der ZPO-Normen ist hier nicht weiter zu vertiefen, siehe i.Ü. Seligsohn, S. 292 ff. Weitere Verfahrensregelungen enthielt die Kaiserliche VO betr. das Berufungsverfahren beim RG in Patentsachen v. 6. 12. 1891, abgedruckt in: Osterrieth, Lehrbuch, Anhang S. 496 f. 205 § 33 Abs. 1 (§ 32 Abs. 1 a.F.). 206 § 14 EGGVG v. 27. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 77: „Uebergang der Geschäfte des ReichsOberhandelsgerichts auf das Reichsgericht. §. 14. Die am Tage des Inkrafttretens des Gerichtsverfassungsgesetzes (scil. am 1. 10. 1879) bei dem Reichs-Oberhandelsgerichte anhängigen Sachen gehen in der prozessualischen Lage, in welcher sie sich befinden, auf das Reichsgericht über.“ Die Räte des ROHG teilten die Übernahme der Geschäfte durch das RG in ROHG-E Bd. 21, S. 425 mit. Das PatG 1891 trug dem in den § 33 Rechnung, der an die Stelle des vormaligen § 32 trat. Näheres zum Verfahren regelte die gemäß § 33 Abs. 3 erlassene VO betr. das Berufungsverfahren beim Reichsgericht in Patentsachen v. 6. 12. 1891, RGBl. 1891, S. 389. 207 Zwischen 1877 und 1889 ergingen in Zurücknahmeverfahren nur 11 Entscheidungen des RG, in Nichtigkeitsverfahren immerhin 171, Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 36 f. 208 § 38 (§§ 37, 39 a.F.). 209 RG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80); Kent, S. 303. 210 Seligsohn, Vorbem. vor § 35, Rn. 2.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

1. Die Feststellungsklage und das Feststellungsinteresse Die Feststellungsklage war nach erfolgloser Warnung die mildeste Weise, auf eine Patentverletzung zu reagieren.211 Mit ihr machte der Berechtigte nicht einen materiellen Anspruch geltend, sondern das prozessuale Begehren auf richterliche Feststellung. Sie bezweckte die prozessuale Sicherung eines Rechtsverhältnisses gegen Verdunkelung.212 Stellte ein Unberechtigter das Recht aus dem Patent in Frage, konnte der Inhaber feststellen lassen, mit welchem Inhalt und Umfang i.S.d. § 4 sein Patent bestehe und ob ein bestimmtes Verhalten unter das Patent oder ein Nutzungsrecht falle.213 Weiter konnte er auf Feststellung der Entschädigungsverpflichtung i.S.d. § 35 (§ 34 a.F.) dem Grunde oder der Höhe nach klagen.214 Auf der anderen Seite eröffnete die negative Feststellungsklage jedem gewerbetreibenden Dritten die Möglichkeit, sein Verhalten als nicht patentverletzend feststellen zu lassen.215 Voraussetzung für die Klage war ein besonderes rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung nach § 256 ZPO.216 Das Feststellungsinteresse war nicht Prozessvoraussetzung, sondern zusammen mit dem Bestand des Rechtsverhältnisses Grundlage des Feststellungsanspruchs.217 Es war vorhanden, wenn der 211 Bedeutung erlangte die Feststellungsklage z. B., wenn die Tragweite des Patentschutzes wegen mangelhafter Formulierung der Patentschrift zweifelhaft war und der Patentinhaber damit den guten Glauben eines anderen an die Rechtmäßigkeit seiner Handlung beseitigen wollte, Robolski (1893), S. 26. 212 Gülland, S. 264 f. 213 Die Feststellungsklage half, wenn jemand die Nichtigkeit des Patents behauptete, ohne Nichtigkeitsklage zu erheben, oder dem Patent eine zu geringe Tragweite zugestand; er konnte zur Anerkennung der Bedeutung und Tragweite verurteilt werden, RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89); RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat. 214 Gülland, S. 265. 215 Der Gewerbetreibende hatte ein vom RG anerkanntes allgemeines Recht „auf freie Verwerthung seiner Einsicht und Mittel im Gewerbebetriebe“. Dieses beeinträchtigte der Patentinhaber, wenn er sein Verbietungsrecht ungerechtfertigt ausdehnte. Der Gewerbetreibende musste befürchten, dass der Patentinhaber künftig gegen ihn vorgehe. Er hatte daher ein rechtliches Interesse, die Rechtmäßigkeit seines Handelns feststellen zu lassen, RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89); RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99). Das Feststellungsinteresse lag erst recht vor, wenn der Patentinhaber sich weigerte, sich näher darüber zu äußern, welche Handlungen des Gewerbetreibenden er gerade als patentverletzend ansah, RG v. 17. 2. 1909 (I 64 / 08). War der Gewerbetreibende selbst Inhaber eines Patents und wollte er sein Recht von dem des anderen Patentinhabers abgrenzen, konnte er ebenfalls negative Feststellungsklage erheben, RG v. 13. 3. 1889 (I 19 und 20 / 89); RG v. 8. 7. 1914 (I 12 / 14). 216 RG v. 13. 7. 1892 (I 151 / 92); RG v. 30. 1. 1907 (I 268 / 06). Das „rechtliche Interesse“ war weit zu verstehen und umfasste auch die im Patentrecht oft erheblichen wirtschaftlichen Interessen des Klägers. Das RG erkannte wegen der zeitlichen Begrenzung des Patents sogar das mittelbare Interesse an, zukünftigen Verletzungen vorzubeugen, RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). Ausgeschlossen werden sollte das rein theoretische oder akademische Interesse, RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat. Nach Kohler, Handbuch, S. 856, genügte schon ein beunruhigendes Handeln. Bei der positiven Feststellungsklage musste das Feststellungsinteresse zur Zeit der Klageerhebung, bei der negativen zur Zeit der Urteilsfällung vorliegen, Gülland, S. 265.

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Beklagte in irgendeiner Weise aufgrund eines vermeintlichen Rechts eine gerichtliche Klärung zur Beruhigung der Rechtslage veranlasst hatte.218 Später verlangte das RG, dass der Beklagte das Recht des Klägers gefährdet oder wenigstens eine Besorgnis der Gefährdung begründet haben müsse.219 Mit Rücksicht auf die kurze Verjährung lag ein Interesse an der baldigen Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach vor, wenn wegen Beweisschwierigkeiten die Berechnung des erlittenen Schadens noch nicht möglich oder zweckmäßig war.220 Zugleich konnte die negatorische Klage betrieben werden.221 Hingegen entfiel das erforderliche Interesse regelmäßig, wenn neben der Klage auf Feststellung einer objektiven Patentverletzung widerklagend222 oder später223 Leistungsklage auf Entschädigung erhoben wurde. § 256 ZPO sollte verhindern, dass der Patentinhaber zwei Klagen anstrengte, deren eine auf die Feststellung der objektiven Verletzung und die andere auf Entschädigung gerichtet war, für den Fall, dass auch eine subjektive Verletzung vorlag.224 Das Urteil im Feststellungsprozess schaffte Rechtskraft nur bezüglich 217 Daher konnte das Gericht zweckmäßigerweise den Bestand des Rechtsverhältnisses materiell prüfen, auch wenn es das besondere Feststellungsinteresse ablehnte. Die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache ließ sich einer Leistungsklage aber nur entgegenhalten, wenn auch über das materielle Rechtsverhältnis entschieden wurde, RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). 218 Im Ariston-Fall z. B. hatte die Beklagte die von der Klägerin hergestellten Notenblätter und Instrumente als unter ihr Patent fallend bezeichnet. Die Klägerin wollte ungehindert weiter produzieren und verkaufen und hatte somit das erforderliche Feststellungsinteresse, RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 88) – Ariston: der Antrag war so konkret wie möglich zu formulieren, da ein allgemeiner richterlicher Ausspruch nicht eingeklagt werden konnte. RG v. 9. 4. 1906 (I 403 / 05) lehnte es ab festzustellen, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Konstruktion in ein Patent eingreife; es sei nur möglich, eine Feststellung darüber herbeizuführen, ob eine konkret bestimmte Handlung in ein Patent eingreife. 219 RG v. 30. 4. 1919 (I 27 / 19). In dem Fall hatte der Beklagte durch eine ausweichende Stellungnahme die Abhängigkeit seines Patents von dem klägerischen nicht anerkannt. Das reichte für eine Besorgnis einer Gefährdung, welche nur durch ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 307 ZPO, nicht aber durch sein Nichtbestreiten im Prozess beseitigt werden konnte. 220 RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). Verletzungsansprüche verjährten nach § 39 (§ 38 a.F.) in der kurzen Frist von drei Jahren; war die Erhebung der Leistungsklage dem Kläger noch nicht möglich, hatte er wegen der erfahrungsgemäß langen Dauer der Patentverletzungsprozesse ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Zudem war es nur prozessökonomisch, die Entschädigungsverpflichtung zusammen mit einer frühzeitig erhobenen Abwehrklage festzustellen, RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06). Der Umstand, dass der Schaden schwer zu ermitteln war, begründete allein kein besonderes Feststellungsinteresse, RG v. 30. 11. 1906 (II 180 / 06). 221 RG v. 5. 12. 1908 (I 678 / 07). 222 RG v. 8.7. 1914 (I 12 / 14). 223 War ein Feststellungsprozess anhängig und erlosch das Patent wegen Nichtzahlung der Gebühr, konnte der Kläger den bis dahin eingetretenen Schaden nicht mehr im selben Prozess geltend machen, da es sich um einen anderen Anspruch handelte, RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97). 224 RG v. 30. 1. 1907 (I 268 / 06). Nur wenn die Klägerin ein rechtliches Interesse nachweisen konnte, das durch die zugleich erhobenen Leistungsklagen nicht gedeckt war, komme eine Feststellung in Betracht, RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20). In dem entschiedenen Fall konnte das RG näheres dem Berufungsgericht überlassen, an das es die Sache zurückverwies.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

des Bestands des Rechtsverhältnisses, nicht aber hinsichtlich einer Leistungspflicht.

2. Die Leistungsklage Die wichtigste Klage aus dem Patent war die negatorische Klage, die auf Unterlassung der Patentverletzung gerichtet war.225 Sie setzte einen objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Patent voraus, regelmäßig die unerlaubte Benutzung des Erfindungsgegenstands. Die negatorische Klage diente der Abwehr gegenwärtiger Verletzungen und beugte drohenden Eingriffen vor, wenn vorliegende Tatsachen deren Annahme rechtfertigten.226 In letzterem Fall setzte sie die Besorgnis einer Störung oder eine Wiederholungsgefahr voraus.227 Sie versagte, wenn die Störung mit ihren Folgen aufgehoben oder das Patent erloschen war.228 Bei Wegfall des Patents während des Prozesses war die Sache für erledigt zu erklären.229 Der Antrag, und später das Urteil, musste die zu unterlassende Handlung mit ihren technischen Merkmalen genau bezeichnen.230 Auf Akten oder Gutachten durfte nicht Bezug genommen werden, da aus der Entscheidung selbst ersichtlich sein musste, welche gewerbliche Handlung zu unterlassen war.231 Insbesondere war der Ausspruch unzulässig, dass der Beklagte das Patent des Klägers nicht verletzen dürfe, da sich diese Folge bereits aus dem Gesetz ergab.232 Im Prozess trug der Kläger die Beweislast für das Bestehen seines Patentrechts und für die Störung. Der Beklagte musste ggf. ein Recht zur Vornahme der störenden Handlung nachweisen Seligsohn, S. 134. RG v. 17. 9. 1913 (I 66 / 13) legte dar, dass sich Unterlassungs- und Entschädigungsklage ergänzten, da sich erstere auf die Zukunft, letztere auf die Vergangenheit beziehe. 227 RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat. Vgl. RG v. 2. 3. 1881 (I 506 / 81); RG v. 20. 2. 1900 (II 455 / 99); RG v. 12. 5. 1903 (II 482 / 02). 228 RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97); RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97). 229 RG v. 28. 5. 1900 (I 16 / 00). Festzustellen war nunmehr, ob der Beklagte das Patent bis zum Erlöschen verletzt hatte, solange es also wirksam bestand. 230 RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93); RG v. 6. 12. 1893 (I 308 / 93); RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06); RG v. 18. 9. 1907 (I 424 / 06); RG v. 23. 10. 1907 (I 31 / 07). Ein gerichtliches Verbot war insoweit auszusprechen, als der Verletzer das Patent nicht anerkannte; hingegen hatten Antrag und Urteil nicht abstrakt zu verbieten, was der Beklagte ohnehin nicht getan oder zu tun gedacht hatte, RG v. 21. 11. 1903 (I 262 / 03); RG v. 24. 2. 1904 (I 445 / 03); RG v. 7. 2. 1914 (I 176 / 13). Das Gericht konnte das Klagebegehren auslegen und den unkorrekten Antrag bei im Übrigen konkretem Verlangen anpassen, RG v. 5. 12. 1908 (I 677 / 07). 231 RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93); RG v. 26. 10. 1901 (I 195 / 01); RG v. 11. 11. 1908 (I 369 / 07). Hingegen hielt RG v. 6. 12. 1913 (I 164 / 13) die Bezugnahme auf Zeichnungen und Modelle, die sich im Besitz des Gerichts befanden, für zulässig. 232 Dieses war auch nie streitig; es ging vielmehr darum, ob das Patent benutzt wurde. Das RG betonte es dennoch wiederholt, RG v. 18. 11. 1899 (I 280 / 99); RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01); RG v. 6. 11. 1901 (I 213 / 01); RG v. 11. 11. 1908 (I 369 / 07); RG v. 12. 12. 1908 (I 596 / 07); RG v. 15. 11. 1913 (I 157 / 13). 225 226

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oder die Besorgnis der künftigen Verletzung entkräften. Auf den Einwand der von dem Beklagten erhobenen Nichtigkeitsklage gegen das Patent konnte das Gericht das Verfahren bis zur Entscheidung im Nichtigkeitsprozess nach seinem Ermessen aussetzen. Schließlich drohte das Urteil gemäß § 890 ZPO für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Geldstrafe bis zu 1.500 Mark oder Haft bis zu 6 Monaten an. Neben der Unterlassung konnte der Patentinhaber mit der Leistungsklage die Zahlung einer Entschädigung verlangen und so erlittene Schäden kompensieren. Um sie beziffern zu können, konnte er mit dem Klageantrag den Antrag auf Rechnungslegung verbinden. Die Klage gestaltete sich dann als Stufenklage nach § 254 ZPO, bei welcher der Verletzer zunächst zur Rechnungslegung und darauf zur Leistung verurteilt wurde. Das hatte für den Patentinhaber den Vorteil, dass der Entschädigungsanspruch sofort rechtshängig wurde und nicht mehr verjährte. Die Vollstreckung des Rechnungslegungsanspruchs richtete sich nach § 888 ZPO. Die Androhung einer Geldstrafe i.H.v. höchstens 1.500 Reichsmark konnte jedoch böswillige Verletzer kaum beeindrucken, und eine Haftstrafe, die sechs Monate nicht überschreiten durfte, ließ sich schon durch eine unvollständige Rechnungslegung abwenden. Im Gegensatz zu den patentamtlichen Verfahren wirkte die Entscheidung im Verletzungsverfahren nur für und gegen die Parteien des Prozesses. Dem RG lag die Frage vor, ob die rechtskräftige Entscheidung in einem negatorischen Prozess auch für den späteren Schadenersatzprozess Rechtskraftwirkung entfalte. Zustimmend entschied der I. Zivilsenat 1897 in einer Mustersache.233 Dreieinhalb Jahre später glaubte er, hieran nicht mehr festhalten zu können: Nach § 322 Absatz 1 der Civilprozeßordnung sind Urtheile nur insoweit der Rechtskraft fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.234

Grundsätzlich gelte zwar die Entscheidung über einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auch für einen anderen Anspruch, der den ersteren voraussetze. Der Unterlassungsanspruch aber sei nicht Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs. Beide hatten eine gemeinsame Voraussetzung, die objektive Patentverletzung. Insofern stünden sie zueinander wie zwei Entschädigungsansprüche, die sich auf verschiedene Zeiträume beziehen oder gesonderte Teilbeträge eines Schadens zum Gegenstand haben.235 Die Entscheidung über die Verletzung sei eine Frage, die in den Entscheidungsgründen behandelt werde und nicht in Rechtskraft erwachse. 233 RG v. 11. 12. 1897 (I 276 / 97). Das gelte für die Entscheidung, dass der Inhaber gegenüber dem Verletzer schutzberechtigt sei und dass objektiv Nachbildungen vorhanden seien. 234 RG v. 3. 7. 1901 (I 141 / 01). 235 RG v. 3. 7. 1901 (I 141 / 01); RG v. 10. 7. 1912 (I 296 / 11). Ein anderer Fall war der, dass eine Handlung zugleich Haupt- und Zusatzpatent des Klägers verletzte. Machte er die Verletzungen in verschiedenen Prozessen geltend, ließ sich im späteren Prozess weder die Rechtshängigkeit noch die Rechtskraft des ersten entgegenhalten, da nicht derselbe Streitgegenstand vorlag, RG v. 25. 10. 1899 (I 252 / 99); RG v. 1. 10. 1910 (I 442 / 09).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Gleichwohl kam einer gerichtlichen Auslegung eines vom Streit betroffenen Patents für weitere Verletzungsverfahren Autorität zu. Aufgrund einer neuen Beweislage konnte das Gericht aber in einem späteren Prozess von früheren, auch eigenen Auslegungen abweichen. Die verfahrensrechtlichen Vorschriften für Verletzungssachen vor den ordentlichen Gerichten ergänzte § 38 (§ 37 a.F.), der für Revisionsentscheidungen in Patentsachen die Zuständigkeit des ROHG und später des RG begründete.236 Die Enquete von 1876 hatte erwogen, der zu gründenden Patentbehörde, dem Patentamt, auch die Zuständigkeit für Verletzungssachen zu übertragen, oder einen sachverständigen „Patenthof“ einzurichten, der allgemeine Fragen des Patentrechts mit höherer Sachkunde entscheiden sollte.237 Hingegen erhoffte sich der Gesetzgeber von der Zuständigkeit des RG in letzter Instanz eine größere Rechtssicherheit, gewährleistet durch eine einheitliche Rechtsprechung für alle bürgerlichen Streitigkeiten.238 Das RG gliederte sich seiner Geschäftsordnung von 1880 zufolge in 5 Zivil- und 3 Strafsenate.239 Dem I. Zivilsenat wies die Geschäftsverteilung Rechtsstreitigkeiten über Patentrechte zu. Er entschied in der Besetzung von sieben Mitgliedern mit Einschluss des Vorsitzenden.240 Die Rechtsprechung des RG in Patentsachen umfasste Berufungsentscheidungen in Nichtigkeits- und Zurücknahmesachen sowie Revisionsentscheidungen in Verletzungssachen.

3. Der vorläufige Rechtsschutz Von großer Bedeutung für Patentverletzungsverfahren war der vorläufige Rechtsschutz.241 Einstweiligen Verfügungen gegenüber war das RG in seinen früKlostermann, S. 252. Drucks-BR 1876 Nr. 70, mit Argumenten von Klostermann. Die Einrichtung eines Patenthofs war jahrelanges Anliegen des DVSgE. Entgegen standen Befürchtungen einer uneinheitlichen Rechtsprechung, Schütze, GRUR 1906, S. 137. Ein Sachverständigengremium konnte die Gerichte nicht binden. 238 Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 43. Lobe, S. 19, führte an, dass gerade ein oberstes Gericht die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung sicherstellen und das Recht durch die Anpassung an wirtschaftliche Entwicklungen und veränderte Rechtsauffassungen fortbilden könne. 239 Ab 1886 gab es 6 Zivil- und 4 Strafsenate, Lobe, S. 20 f. 240 § 140 GVG; den Vorsitz führten die Senatspräsidenten Dr. Karl August Eduard Drechsler (1821 – 1897, bereits Vizepräsident des ROHG) v. 1. 10. 1879 – 10. 8. 1897, Dr. Friedrich Wilhelm Albert Bolze (1834 – 1912, siehe zu diesem Fn. 23 der Einleitung) v. 1. 12. 1897 – 16. 9. 1906, und Dr. Hugo Wilhelm Sigmund Allwill Planck (1846 – 1922, seit 1. 10. 1893 Rat am RG) v. 16. 9. 1906 – 1. 10. 1922. Zur Besetzung des I. Zivilsenats siehe S. 425 im Anhang der Arbeit. Kurzbiographien über die Mitglieder des RG finden sich bei Lobe, S. 338 ff. 241 Die einstweilige Verfügung war zunächst in § 819 CPO, später in §§ 935 ff. ZPO geregelt. 236 237

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hen Entscheidungen sehr zurückhaltend. Anfang 1887 äußerte es sich zum grundsätzlichen Verhältnis des vorläufigen Rechtsschutzes zum Hauptsacheverfahren.242 Den vorläufigen Schutz des Klägers rechtfertige nicht schon die Erhebung der Klage in der Hauptsache. Grundsätzlich obliege dem Kläger, die objektive Patentverletzung zu beweisen und den Beklagten spätestens dadurch in Kenntnis der Verletzung zu versetzen; das sichere ihm für zukünftige Eingriffe einen Schadenersatzanspruch.243 Nur ausnahmsweise sei der vorläufige Schutz begründet, wenn dem Patentinhaber andernfalls ein wesentlicher Nachteil zu entstehen drohe. Einen solchen erblickte das RG jedoch nicht allgemein darin, dass der Beklagte „in dem Genusse seines Geschäftsbetriebes verbleibt.“244 Das Gericht verlangte ohne nähere Beschreibung „besondere Gründe“, die im konkreten Fall eine Verfügung rechtfertigten. Zu beachten sei ferner, dass sich die Verfügung im Rahmen der Hauptsacheentscheidung halten müsse und nicht über sie hinaus gehen dürfe. Sieben Jahre später knüpfte das RG an diese Entscheidung erneut an.245 Die „außerordentliche Maßregel“ der einstweiligen Verfügung sei nicht schon durch die bloße Möglichkeit, dass ein Nachteil entstehe, gerechtfertigt. Es sei glaubhaft zu machen, dass der Verletzer wissentlich handele und dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig sei, um dem Patentinhaber für den Fall seines Obsiegens in der Hauptsache den Beweis des Schadens zu sichern. Ferner seien für den umgekehrten Fall, dass zwar eine Verfügung ergehe, die Hauptsache aber zugunsten des Verfügungsgegners ausgehe, dessen durch die Verfügung erlittene Nachteile in Betracht zu ziehen. Das RG nannte damit zwei wesentliche Elemente für die Prüfung des einstweiligen Rechtsschutzes, die Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund und die Folgenbetrachtung. Beide legte es fortan seinen Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz zugrunde.246 Mit den Jahren wuchs das Bedürfnis, vorläufig Streitgegenstände zu sichern oder Streitverhältnisse zu regeln, beträchtlich. Die Patentprozesse dauerten länger, RG v. 22. 1. 1887 (I 389 / 86). Vorläufigen Rechtsschutz gab es nicht nur für den Schadenersatzanspruch aus § 35 (§ 34 a.F.), sondern auch für die anderen Ansprüche, z. B. im Fall des Unterlassungsanspruchs, RG v. 4. 11. 1896 (I 353 / 96). RG v. 29. 5. 1897 (I 442 / 96) stellte ausdrücklich klar: „( . . . ) ist mithin der Erlaß der einstweiligen Verfügung gerechtfertigt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob auch ein eine Schadensersatzpflicht begründendes Verhalten Seitens der Beklagten dargethan ist. Die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung zum Schutze gegen eine blos objektive Patentverletzung (Patentgesetz vom 17. April 1891 §. 4) ist nicht grundsätzlich zu verneinen. In der Mehrzahl der Fälle wird allerdings das Vorhandensein einer Patentverletzung nur unter den Voraussetzungen des §. 35 des Patentgesetzes glaubhaft zu machen sein. Nur in diesem Sinne, nicht im Sinne einer grundsätzlichen Ablehnung, ist es zu verstehen, wie das Reichsgericht die Unstatthaftigkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung mehrfach damit begründet hat, daß wissentliche oder grob fahrlässige Benutzung einer fremden Erfindung nicht glaubhaft gemacht sei.“ 244 RG v. 22. 1. 1887 (I 389 / 86). 245 RG v. 20. 1. 1894 (I 432 / 93). 246 RG v. 15. 12. 1894 (I 293 / 94); RG v. 4. 11. 1896 (I 353 / 96). 242 243

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die betroffenen wirtschaftlichen Interessen nahmen erheblich zu.247 Hingegen war die Schutzfrist, binnen derer die Erfindung nach hohen Anfangsinvestitionen konkurrenzlos und gewinnbringend verwertet werden konnte, kurz. Das RG erkannte die Notwendigkeit, den Antragenden schon während des Prozesses zu schützen. In der Entscheidung vom 4. 11. 1896248 definierte es den „wesentlichen Nachteil“ erstmals positiv. Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Die Klägerin stellte nach eigenem Patent Akkumulatoren her. Die Beklagte behauptete, das Patent der Klägerin sei von ihren Patenten abhängig. Sie drohte, auch Kunden der Klägerin wegen Patentverletzung zu verklagen. Die Klägerin beantragte, der Beklagten einstweilen zu untersagen, den Erwerbern der Akkumulatoren mit Patentprozessen zu drohen. Entgegen den Vorinstanzen hielt das RG die beantragte Verfügung mit folgender Begründung für gerechtfertigt: Die wesentliche Benachtheiligung der Klägerin aber liegt auf der Hand. Ihr kann durch das Verfahren der Beklagten die Ausnutzung ihres Patents ganz unmöglich gemacht werden. Der mögliche Nachtheil für die Beklagte tritt daneben zurück.249

Die einstweilige Verfügung war nunmehr begründet, wenn der Antragende ohne sie sein Patentrecht gar nicht mehr hätte verwerten können. Noch weiter ging die Entscheidung vom 29. 5. 1897.250 Der Kläger hatte beantragt, dem Beklagten einstweilen die Anfertigung angeblich patentverletzender Elektrizitätszähler zu verbieten, weil ihm dadurch ein unersetzlicher Nachteil drohe. Das RG setzte sich mit der Glaubhaftmachung der Patentverletzung auseinander und gewährte die beantragte Verfügung. Zum Grund bemerkte es lediglich: Daß der Kläger, wenn die Beklagte die Herstellung und den Vertrieb der Elektricitätszähler fortsetzt, mit erheblichen Nachtheilen bedroht ist, unterliegt keinen Bedenken.251

Die anfängliche Rechtsprechung, die eine einstweilige Verfügung von „besonderen Gründen“ abhängig gemacht hatte, war damit fallen gelassen. In dieser Entscheidung forderte das RG nicht einmal mehr, dass es dem Patentinhaber selbst unmöglich sein müsse zu verwerten. Vielmehr schien es auszureichen, erhebliche Nachteile zu behaupten. Später machte das RG den Erlass einstweiliger Verfügungen umso mehr von der Glaubhaftmachung der Behauptungen abhängig. 1904 lehnte es beide Anträge der Parteien auf Erlass zweier einander entgegengesetzter einstweiliger Verfügungen ab, da weder die Klägerin das Vorliegen einer Patentverletzung noch die Beklagte das Nichtvorliegen derselben glaubhaft machen 247 Damme, S. 408; Vgl. RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06). Meist waren umfangreiche Beweisaufnahmen mit Sachverständigengutachten erforderlich, selten gab sich die unterliegende Partei nach einer Instanz geschlagen; zu komplex waren die technischen und rechtlichen Zusammenhänge. Eine unberechtigte Ausübung eines vermeintlichen Verbietungsrechts konnte den gewerblichen Verkehr empfindlich treffen, was üblicherweise zu einer erbitterten Gegenwehr der Prozessgegner führte. 248 RG v. 4. 11. 1896 (I 353 / 96). 249 RG v. 4. 11. 1896 (I 353 / 96). 250 RG v. 29. 5. 1897 (I 442 / 96). 251 RG v. 29. 5. 1897 (I 442 / 96).

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konnte.252 Anders als in der Hauptsache gelte im vorläufigen Rechtsschutz nicht die Beweislastverteilung. Die Ablehnung des einen Antrags führe daher nicht zwangsläufig zur Annahme des anderen. Jeder Anspruch müsse statt dessen für sich allein betrachtet glaubhaft gemacht werden. Diese Rechtsprechung behielt das RG fortan bei.253

III. Die Zuständigkeit des RG für die Feststellung der patentrechtlichen Abhängigkeit im Verletzungsprozess Besondere Aufmerksamkeit verdient eine Meinungsverschiedenheit zwischen PA und RG, die die Zuständigkeit für die Feststellung der Abhängigkeit betraf. Im Erteilungsverfahren kam es vor, dass ein Dritter Einspruch erhob, weil er befürchtete, sein eigenes, früheres Patent werde durch das neue Patent verletzt. Ereilte ihn diese Besorgnis erst nach der Erteilung an den neuen Patentinhaber, betrieb er häufig aus gleichem Grunde die Nichtigkeitsklage. Stellte sich heraus, dass nicht die zweite Erteilung an sich, sondern erst die Benutzung des zu erteilenden bzw. angegriffenen Patents das frühere Recht gefährdete, beantragte er bisweilen, hilfsweise ein Abhängigkeitsverhältnis festzustellen, um sich in einem späteren Verletzungsprozess die Beweisführung zu erleichtern.

1. Die Abhängigkeit von einem älteren Patent Im PatG fand der Begriff der Abhängigkeit keine Erwähnung. Abhängig war eine Erfindung, die technisch nicht ohne Benutzung eines früheren Patents, des sog. Hauptpatents,254 ausgeübt werden konnte. Sie konnte, wenn sie neu und patentfähig war, gleichwohl patentiert werden. Allein zu ihrer Benutzung war der Patentinhaber von der Erlaubnis des Hauptpatentinhabers abhängig, ohne die er das Hauptpatent verletzte.255 Er war durch die Abhängigkeit von dem älteren Pa252 RG v. 24. 2. 1904 (I 458 / 03); die Klägerin hatte beantragt, der Beklagten einstweilen zu untersagen, sich bei der Anpreisung ihrer „Viktoriadecken“ einer Patentierung zu berühmen, welche tatsächlich der Klägerin zustand; die Beklagte hatte beantragt, der Klägerin einstweilen die Behauptung zu verbieten, dass nur sie (die Klägerin) bestimmte Decken herstellen und feilhalten dürfe und die Beklagte sie mit ihren „Victoriadecken“ nachahme. 253 RG v. 19. 10. 1907 (I 578 / 07). Kent, S. 512, hingegen war der Ansicht, dass nach dem Prinzip der Gewerbefreiheit eine Vermutung die Glaubhaftmachung ersetze folglich nur derjenige, der eine Beschränkung der Gewerbefreiheit durch ein ihm zustehendes Patent behaupte, dessen Vorhandensein glaubhaft machen müsse. 254 RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83); von „Mutterpatent“ sprach nur RG v. 15. 6. 1908 (I 561 / 07). 255 Die abhängige Erfindung benutzte einerseits die Haupterfindung und enthielt darüber hinaus eigene erfinderische Teile, RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84); RG v. 2. 7. 1898 (I 160 / 98); RG v. 9. 4. 1906 (I 403 / 05); RG v. 15. 4. 1908 (I 238 / 07); RG v. 4. 11. 1912 (I 422 / 11).

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tent in der Ausübung seines Rechts beschränkt. Im Übrigen hatte das Abhängigkeitspatent die gleichen Wirkungen wie jedes andere. Dritte, so auch der Hauptpatentinhaber, waren von der Benutzung der abhängigen Erfindung ausgeschlossen.256 Mit Erlöschen des Hauptpatents endete das Abhängigkeitsverhältnis; die Beschränkung fiel fortan weg, bestand also nur zeitweilig. Abhängigkeit lag z. B. vor, wenn mit einer früher patentierten Maschine ein neues Verfahren ausgeführt wurde. Dem Verfahrenspatentinhaber257 war es nur möglich, sein Verfahren anzuwenden, wenn er die zuvor einem Dritten patentierte Maschine benutzte. Er benötigte zur Ausübung seines Patents die Erlaubnis des Maschinenpatentinhabers. Sein Verfahrenspatent war vom Maschinenpatent abhängig.258 Waren dem Patentinhaber nur bestimmte Benutzungsarten abgeschnitten, während andere offen standen, bestand eingeschränkte Abhängigkeit. Ein Beispiel hierfür war das Maschinenpatent, dessen Inhaber die Maschine herstellen und verkaufen, jedoch nicht zur Anwendung eines früher patentierten Verfahrens oder zur Herstellung eines bereits patentierten Erzeugnisses gebrauchen durfte.259 In der Abwandlung des zuerst dargestellten Falls wäre die Abhängigkeit des Verfahrenspatents eingeschränkt, wenn das Verfahren auch mit anderen, nicht patentierten Maschinen anwendbar wäre. Für die Benutzung der patentierten Maschine bliebe es beim Abhängigkeitsverhältnis, i.Ü. bedurfte der Verfahrenspatentinhaber keiner Erlaubnis. Die wohl typischste Erscheinung des Abhängigkeitspatents war das Verbesserungspatent, welches eine neue und erfinderische Verbesserung einer bereits patentierten Erfindung schützte. In allen Fällen der Abhängigkeit war das positive Benutzungsrecht des Patentinhabers beschränkt.

2. Die Praxis des PA und die Auffassung des RG Eine Entscheidung des PA über die Feststellung der Abhängigkeit setzte voraus, dass das PA hierfür im Erteilungs- bzw. Nichtigkeitsverfahren zuständig war. Das PA nahm das an und pflegte bis zur Jahrhundertwende sog. Abhängigkeitserklärun256 RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01), siehe S. 348 f.; Isay (1926), S. 230; so auch für die Abhängigkeit von Gebrauchsmustern RG v. 29. 12. 1908 (5 D 786 / 08). Sein eigenes Recht durfte der Hauptpatentinhaber ungestört ausüben. 257 Das Verfahren konnte patentiert werden, weil keine identischen Erfindungsgegenstände i.S.d. § 3 vorlagen, selbst wenn die Maschine nur die Anwendung des Verfahrens bezweckte. 258 Abhängigkeit bestand ferner, wenn ein früher patentiertes Verfahren mittels einer neuen Maschine angewandt oder unter Beibehaltung des Lösungsgedankens weiterentwickelt, ein früher patentiertes Element in einer neuen Kombinationserfindung verwendet oder schließlich eine früher patentierte Erfindung verbessert wurde, RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94); RG v. 2. 7. 1898 (I 160 / 98); RG v. 19. 2. 1902 (I 358 / 01); RG v. 6. 12. 1913 (I 164 / 13); RG v. 23. 6. 1913 (I 30 / 13); RG v. 20. 9. 1913 (I 57 / 13). 259 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II; RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94); RG v. 23. 10. 1897 (I 203 / 97).

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gen abzugeben, indem es das neue Patent nur in Abhängigkeit von dem früheren Patent erteilte bzw. aufrecht erhielt. Es beabsichtigte, den Patentumfang auch für die ordentlichen Gerichte bindend zu bestimmen. Nicht nur die beteiligten Patentinhaber, sondern der ganze Rechtsverkehr solle erkennen, ob zur Benutzung des neuen Patents die Erlaubnis des Hauptpatentinhabers erforderlich sei. Unklar blieb, ob die Bindungswirkung auch bei Fehlen einer Abhängigkeitserklärung eintrat, die Gerichte also gehindert waren, dennoch ein Abhängigkeitsverhältnis anzunehmen. Im Verletzungsverfahren beschäftigte die Bedeutung der patentamtlichen Abhängigkeitserklärung die ordentlichen Gerichte. Sie traten der Ansicht des PA entgegen und fühlten sich nicht an die Erklärung gebunden. Sie hielten sie für unwirksam, da die Feststellung der Abhängigkeit von Patenten allein Gegenstand der Verletzungsverfahren sei und in ihre Zuständigkeit falle. Das RG hatte durch seine doppelte Zuständigkeit für Berufungen in patentamtlichen und Revisionen in Verletzungsverfahren Gelegenheit, die Verfahrensfrage verfahrensübergreifend zu klären und zugleich die Zuständigkeit für die Abhängigkeitserklärung zu bestimmen.

a) Die frühen Entscheidungen bis 1883 Das RG berührte das Abhängigkeitspatent erstmals in der Entscheidung v. 14. 2. 1880260 im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens. Der Kläger und Berufungskläger hielt ein Patent auf einen Korkenzieher. Der Beklagte hatte diesen verbessert und hierauf ebenfalls ein Patent erhalten. In der Herstellung des verbesserten Korkenziehers sah der Kläger einen Eingriff in sein Patent. Er versuchte, das Patent des Beklagten zu vernichten. Das RG stellte zunächst klar, was Aufgabe des Nichtigkeits- und was die des Verletzungsverfahrens sei: Das bei dem Patentamt gemäß § 27 des Patentgesetzes anhängig gemachte Verfahren betrifft nicht den Schutz des dem Berufungskläger ertheilten Patents No. 16, welchen die ordentlichen Gerichte zu gewähren haben, sondern lediglich die Rechtsbeständigkeit des dem Berufungsbeklagten ertheilten Patents No. 2543.261

Damit traf es gleich zwei bedeutende Aussagen. Erstens prüften PA und RG im Nichtigkeitsverfahren nur die Rechtsbeständigkeit des betroffenen, klagegegenständlichen Patents. Aus dem „lediglich“ ließ sich erkennen, dass der Schutz eines eigenen Patents des Vernichtungsklägers im Nichtigkeitsverfahren keine Rolle spielte. Zweitens gewährten die ordentlichen Gerichte Schutz gegen Verletzungen. Ein solcher konnte also nicht durch die Vernichtung eines anderen Patents erlangt werden. Unausgesprochen stand dahinter der Gedanke, dass ein Patent durch tatsächliches Verhalten und nicht durch das Bestehen eines anderen Patents verletzt werde. Eine Berechtigung, in das Patent einzugreifen, konnte sich nie aus dem positiven Recht eines anderen Patents für dessen Inhaber ergeben. 260 261

RG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80). RG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Das RG ging in dieser Entscheidung nicht auf die Abhängigkeit ein, weil es schon das Vorliegen eines Verbesserungspatents ablehnte. Ein Verbesserungspatent erfordere, dass in der Patentbeschreibung die Verbesserung eines anderen Patents zumindest angedeutet und die Abweichung angegeben war. Diesen Erfordernissen war vorliegend nicht genügt. Statt dessen sah es den Patentanspruch, der „die Konstruktion des ganzen Korkziehers“ nannte, als zu weit an. Das Patent des Beklagten betraf teilweise die bereits dem Kläger patentierte Erfindung und unterlag insofern der Teilvernichtung. Aufrecht erhalten wurde nur das Patent auf die Verbesserung. Dessen Verhältnis zum früheren Patent ließ das RG offen. Das Fehlen einer Abhängigkeitserklärung lässt nicht den Schluss zu, dass sich das RG diesbezüglich im laufenden Nichtigkeitsverfahren nicht für zuständig hielt. Es hatte den Antrag erschöpfend behandelt und keine Veranlassung, sich mit der Abhängigkeit weiter zu beschäftigen. Diese frühe Entscheidung ließ gleichwohl erkennen, dass das RG teilweise Nichtigkeit und Abhängigkeit noch nicht klar abgrenzte. Nur in einem Nebensatz erwähnte eine Entscheidung von 1882,262 dass kein Grund vorliege, ein Patent „ganz oder theilweise zu vernichten, also insbesondere auch nicht, es jenem Patente gegenüber nur als Verbesserungspatent aufrecht zu erhalten“. Wenn es in dem betreffenden Fall auch nicht in Betracht kam, schien das RG die Abhängigkeitserklärung für möglich zu halten und als eine Form der teilweisen Vernichtung anzusehen. Erstmals behandelte der II. Zivilsenat die Abhängigkeitserklärung in der Entscheidung vom 20. 3. 1883.263 Dem Kläger war ein „Ausziehtisch“ patentiert, die Beklagten waren Inhaber eines Patents auf „Neuerungen an Ausziehtischen“. Der Kläger verlangte, das Beklagtenpatent zu vernichten oder zumindest von seinem Patent abhängig zu erklären. Das RG erhielt im Tenor das „ertheilte Patent auf „Neuerungen an Ausziehtischen“ nur in Abhängigkeit von dem dem Nichtigkeitskläger ( . . . ) ertheilten Patent aufrecht“. Damit erging in der Berufungsinstanz im Nichtigkeitsverfahren eine Abhängigkeitserklärung. In den Gründen legte das RG dar, dass das klägerische Patent bereits das ganze System eines Ausziehtischs schütze. Das Patent der Beklagten habe denselben Zweck, erreiche ihn aber auf andere Weise. Das RG wollte das Beklagtenpatent, in welchem „nur eine Aenderung an diesem letzteren (scil. klägerischen) Patente erblickt“ werde, nicht als selbständiges aufrecht erhalten.264 Wenn es auch zu den Folgen seiner Abhängigkeitserklärung schwieg, hielt es sich in dieser Hinsicht zumindest für zuständig. Eine entgegengesetzte Ansicht vertrat der I. Zivilsenat in der Entscheidung v. 16. 4. 1883.265 In dem Nichtigkeitsverfahren hatte das PA in erster Instanz die AbRG v. 28. 4. 1882 (II 135 / 81). RG v. 20. 3. 1883 (II 78 / 82). 264 Das RG bezeichnete das abhängige Patent nicht als Verbesserungspatent. Nach dem Tatbestand lagen hierfür jedoch die Voraussetzungen – Andeutung der Verbesserung in der Patentschrift und Angabe der Abweichung – vor, die RG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80) aufgestellt hatte. 262 263

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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hängigkeit erklärt und die Herstellung nach dem angegriffenen Patent als Eingriff in das klägerische bezeichnet. In der Berufungsinstanz hob das RG die Entscheidung auf. Zum ersten Mal behandelte es die Abhängigkeitsfrage als Zuständigkeitsproblem und äußerte sich unmissverständlich dazu: ( . . . ) ist die Zuständigkeit des Patentamts darauf beschränkt, zu entscheiden, ob ein Grund vorliegt, das Patent nach § 10 des Patentgesetzes für nichtig zu erklären. Die Entscheidung kann daher nur in der Zurückweisung der Nichtigkeitsklage oder der gänzlichen oder theilweise erfolgenden Nichtigkeitserklärung bestehen, niemals dagegen in einer sonstigen Abänderung des Patents, selbst wenn sie nur den Titel desselben beträfe. Völlig außerhalb der im Nichtigkeitsverfahren zu erörternden Fragen liegt das aus dem Patent sich ergebende Rechtsverhältniß und dessen Verhältniß zu den aus einem andern Patente abzuleitenden Rechten und Pflichten; hierüber haben lediglich die ordentlichen Gerichte zu urtheilen.266

Damit verankerte der Senat die Zuständigkeiten des PA im Nichtigkeitsverfahren an § 10 und dessen Rechtsfolgen. Gleichzeitig wurde hiervon das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten abgegrenzt, die über Rechtsverhältnisse aus dem Patent und zu anderen Rechten befanden. Knapp ein halbes Jahr später befasste sich das RG in einem Strafverfahren mit der Abhängigkeit, die das PA ausdrücklich bei Erteilung eines Patents erklärt hatte.267 Der Erste Strafsenat erläuterte: Diese Abhängigerklärung hat die Bedeutung, daß der Inhaber des neuen Patents, das ein sogenanntes Verbesserungspatent darstellt, die vorausgegangene, bereits früher ( . . . ) patentierte Erfindung, auf welche sich die von ihm erfundene Verbesserung bezieht, ohne die Erlaubniß des Inhabers des älteren Patents (sogenannten Hauptpatents) nicht benutzen darf. Es ist mit anderen Worten nur die Verbesserung oder „Neuerung“ patentiert und dadurch der Inhaber des früheren Patents wie jeder Dritte, dem die Benutzung von dessen Erfindung zusteht, gehindert, von der Verbesserung der älteren Erfindung ohne die Erlaubniß des Inhabers des „abhängigen“ Patents Gebrauch zu machen.268

Mit dieser Darstellung beschrieb das RG in erster Linie die patentrechtliche Abhängigkeit. Zur Zuständigkeit, diese Abhängigkeit zu erklären, äußerte es sich nicht direkt. Die Aussagen des RG sind in dieser Hinsicht sprunghaft und missverständlich. Einerseits ließe sich folgern, dass es der „Abhängigerklärung“ des PA keine Bindungswirkung zusprach. Es schrieb ihr nur eine „Bedeutung“, nicht aber eine Wirkung zu. Andererseits ist eine unmittelbar bindende Wirkung herauszulesen. Das RG schrieb es der „Abhängigerklärung“ zu, dass das Hauptpatent ohne Erlaubnis nicht benutzt werden durfte; patentiert sein sollte „nur die Verbesserung“. Das PA nahm der Erfindung die Eigenständigkeit. Dann wiederum unterschied das RG zwischen Patenten für Erfindungen, von denen allein Gebrauch gemacht werden konnte, und Verbesserungspatenten. Ein Benutzungsrecht des Inha265 266 267 268

RG v. 16. 4. 1883 (I 102 / 82). RG v. 16. 4. 1883 (I 102 / 82). RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83). RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

bers gehe nur mit ersteren einher. Andernfalls dürfe der Inhaber des Verbesserungspatents mehr benutzen, als ihm zustehe, nämlich auch das Hauptpatent. Wenn das Verbesserungserfindungen kein positives Benutzungsrecht gab und das RG im Strafprozess entscheiden durfte, ob von der Erfindung allein Gebrauch gemacht werden konnte oder nicht, so kam es nicht mehr auf eine Abhängigkeitserklärung an. Schließlich formulierte das RG doch noch eine deutlichere Anerkennung der patentamtlichen Erklärung: In der Rechtslehre wie in der Rechtsprechung wird dann auch anerkannt, daß nicht anders verfahren werden kann, als das Patentamt verfahren ist, und daß ein Patent der in Frage stehenden Art nur die beschränkten Befugnisse giebt, welche der erste Richter aus dem „für abhängig erklärten“ Patent des Angeklagten abgeleitet hat.269

In diesen Entscheidungen wurde deutlich, dass die Senate des RG entgegen späteren Erklärungen des I. Zivilsenats270 keine klare und einheitliche Stellung zur Frage der Zuständigkeit für die Abhängigkeitserklärung bezogen hatten.271

b) Die Entscheidungen von 1884 und der Streit um die Zuständigkeiten Eine eindeutige Aussage traf das RG erst in der Entscheidung v. 9. 6. 1884.272 Erneut hatte ein Nichtigkeitskläger in der Berufung die Abhängigkeitserklärung beantragt und an seinem Nichtigkeitsantrag nur eventuell festgehalten. In den Urteilsgründen hieß es: Es steht aber dem in der Berufungsinstanz entscheidenden Reichsgericht so wenig wie dem in erster Instanz entscheidenden Patentamte zu, hierüber in dem durch §§ 27 ff. des Patentgesetzes geordneten Nichtigkeitsverfahren zu erkennen. Vielmehr steht, wie bereits in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 16ten April 1883 (Patentblatt von 1883 Seite 217) ausgesprochen worden ist, das Erkenntniß hierüber lediglich den ordentlichen Gerichten zu, gleich ob wegen einer bereits festgestellten Verletzung des Rechts aus dem früheren Patente der Civil- oder Strafrechtsweg beschritten worden ist oder der Streit über den Umfang des Rechts aus dem früheren Patente und das Verhältniß zu dem Rechte aus dem späteren Patente mittels einer Feststellungsklage (§ 231 der Civilprozeßordnung) zum Austrage gebracht wird.273

Das RG schloss damit eine Entscheidung über die Abhängigkeitserklärung im Nichtigkeitsverfahren für jede Instanz aus. Gleichzeitig betonte es die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Die Feststellung der Abhängigkeit konnte im Strafverfahren wie im Zivilprozess, in letzterem im Entschädigungsprozess oder auf RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83). RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84); RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). 271 Kent, S. 305, meinte sogar, dass das RG anfänglich die selbsterklärte Praxis des PA billigte. 272 RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84); diese Aussage wurde gänzlich durch RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84) bestätigt. 273 RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84). 269 270

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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einfache Feststellungsklage hin erfolgen. Erklärend fügte es hinzu, dass auch nach einem Nichtigkeitsverfahren ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen konnte: Allerdings können auch im Nichtigkeitsverfahren in erster oder zweiter Instanz Entscheidungen stattfinden, welche im Erfolge darauf hinauslaufen, daß das Recht aus dem im Nichtigkeitsverfahren aufrecht erhaltenen Patente nicht anders ausgeübt werden kann, als unter Erlaubnis des Inhabers des früheren Patents, nämlich wenn das aufrecht erhaltene Patent nur eine Neuerung an einer bereits bekannten und patentierten Erfindung zum Gegenstande hat. Bei einem sogenannten Verbesserungspatente, d. h. einem, welches nur bezüglich der Neuerung an einer schon vorher gemachten Erfindung ertheilt ist, so daß von der Neuerung ohne Benutzung der früheren Erfindung nicht Gebrauch gemacht werden kann, setzt die Benutzung des Verbesserungspatents voraus, daß entweder die frühere Erfindung sich im freien Gebrauche befindet oder daß, wenn sie patentiert ist, der Patentinhaber dazu seine Einwilligung ertheilt (vergl. auch die im Patentblatt 1883 Seite 414 mitgetheilte Entscheidung des Ersten Strafsenats des Reichsgerichts vom 29sten September 1883).274

Dennoch war die Abhängigkeit nicht Folge des Nichtigkeitsverfahrens. Diese Feststellung blieb dem Verletzungsrichter vorbehalten. Nichtigkeitsentscheidungen betrafen allein die Rechtsbeständigkeit des angefochtenen Patents, nicht aber dessen Verhältnis zu einem anderen Patent. Als Argument zog das RG heran, dass im Nichtigkeitsverfahren nicht anders zu entscheiden sei, wenn die frühere Erfindung bekannt, aber nicht patentiert sei. Im gleichen Jahr bestätigte das RG diese Auffassung.275 Mit Blick auf die Argumente des unterliegenden Hauptpatentinhabers, die in Lehre und Wirtschaft Rückendeckung fanden, verdeutlichte es: Unerörtert muß bleiben, ob ( . . . ) der Geist der Patentgesetzgebung und das Interesse des Patentwesens es wünschenswerth erscheinen lasse, die Beurtheilung der gedachten Frage dem Patentamte zuzuweisen, weil dasselbe zur Erkennung und Feststellung der Abhängigkeit eine geeignetere Behörde sei, als die ordentlichen Gerichte. Nicht auf diese vom gesetzgeberischen Standpunkte zu beurtheilende Frage kommt es hier an, sondern lediglich darauf, was die bestehenden Rechtsnormen bestimmen. Entscheidend ist § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes, wonach die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor die ordentlichen Gerichte gehören, sofern nicht für dieselben entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist, oder reichsgesetzlich besondere Gerichte bestellt und zugelassen sind. Zu den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gehören auch die Streitigkeiten über die aus Patenten entspringenden Privatrechte, insbesondere auch Streitigkeiten darüber, ob die Benutzung eines später ertheilten Patents eine Verletzung des aus einem früher ertheilten Patent entspringenden Rechts enthalte. Hätten diese Streitigkeiten den ordentlichen Gerichten entzogen und vor das Patentamt gewiesen werden sollen, so hätte es einer diese Ausnahme festsetzenden gesetzlichen Bestimmung bedurft. Eine solche findet sich aber weder im Patentgesetz vom 25sten Mai 1877 noch anderswo. Das Patentgesetz weist (§ 13) dem Patentamt nur die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente zu, nicht aber den Schutz der Rechte aus den Patenten. In Patentsachen, welche vor die Gerichte gehören, ist das Patentamt (§ 18) 274 RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84). In den Klammern a.E. zitiert ist RG v. 29. 9. 1883 (1 D 1095 / 83). 275 RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84).

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte Gutachten abzugeben, nicht aber befugt, selbst zu entscheiden. Es liegt keinerlei Grund vor, anzunehmen, daß es sich anders verhalte, wenn zwischen den Inhabern eines älteren und eines jüngeren Patents darüber gestritten wird, ob letzterer die Erlaubniß des ersteren bedürfe, weil sein Patent nur eine Neuerung bezüglich der dem ersteren patentirten Erfindung betreffe und ohne Benutzung derselben nicht benutzt werden könne.276

Das RG berief sich auf die gesetzlichen Zuständigkeitsregeln. Zwar ließen diese Ausnahmen zu, für Abhängigkeitserklärungen gebe es solche aber weder im PatG noch an anderer Stelle.277 Bereits hier verwies das RG darauf, dass es Sache des Gesetzgebers sei, die Rechtslage zu ändern. Der Folgerung des PA, sich wegen seiner Zuständigkeit im Nichtigkeitsverfahren auch für die Abhängigkeitserklärung für zuständig zu halten, trat das RG entgegen. Das PA gehe davon aus, dass Teilnichtigkeitserklärung und Abhängigkeitserklärung die Befugnisse des Patentinhabers nur in verschiedenem Umfang beschränkten, aber wesensgleich seien. Nach Ansicht des RG schlossen sich beide Erklärungen gegenseitig aus. Die Nichtigkeitserklärung verneinte die Rechtsgültigkeit des erteilten Patents, die Abhängigkeitserklärung setzte sie notwendig voraus. Eine Veröffentlichung oder offenkundige Benutzung einer früheren Erfindung, ob patentiert oder nicht, reichte zur Nichtigerklärung aus, die Abhängigkeit erforderte ein früheres Patent. In der Wirkung beschränkten beide Erklärungen das Patent, jedoch beseitigte die Nichtigerklärung das Patent völlig und mit Wirkung gegen jeden, während die Abhängigerklärung das Patent bestehen ließ und nur gegenüber dem Inhaber des früheren Patents beschränkte. Das abhängige Patent konnte gegenüber Dritten geltend gemacht werden und wurde nach Erlöschen des früheren Patents von den Beschränkungen ohne weiteres frei. Da die Abhängigkeitserklärung kein Minus zur Nichtigkeitserklärung sei, lasse sich nicht auf eine Mitübertragung der Zuständigkeit schließen.278 Eine Zuständigkeit des PA ließ sich ferner nicht aus seinen Aufgaben im Erteilungs- oder Nichtigkeitsverfahren herleiten. Das PA prüfte vor der Erteilung nach den §§ 1 bis 3 die Patentfähigkeit der Erfindung und Einsprüche von Dritten. Eine Pflicht zu prüfen, ob die angemeldete Erfindung bereits patentiert war, bestand nicht. Die patentamtliche Prüfung bezog sich nicht auf das Bestehen anderer Patente, sondern auf die Bekanntheit der Erfindung. Nach dem Gesetz konnte ein RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). Der Nichtigkeitskläger hatte auf § 11 Nr. 2 verwiesen: das PA könne ein Patent zurücknehmen, wenn ein öffentliches Interesse an der Erteilung einer Benutzungserlaubnis bestand und der Inhaber diese dennoch verweigerte. Bei der Entstehung des PatG hatte man erwogen, insbesondere bei Abhängigkeitspatenten ein öffentliches Interesse an der Erteilung der Benutzungserlaubnis anzunehmen. Das PA hätte die Abhängigkeit dann für die Zurücknahme nach § 11 Nr. 2 prüfen müssen. Das RG widersprach dem und stellte klar, dass die Reichstagsverhandlungen nur bewiesen, dass das PatG die Abhängigkeit vorsah. Eine Zuständigkeit sei hingegen nicht bestimmt worden, Drucks-RT 1877 Nr. 144 und Nr. 179, S. 931 – 938. 278 RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). 276 277

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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bereits erteiltes Patent die Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung beeinflussen und die Versagung herbeiführen, es schloss die Patentfähigkeit aber nicht notwendig aus. § 2 besagte: Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften bereits derart beschrieben oder im Inlande bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint.

Ein früheres Patent war neuheitshindernd, wenn seine Erteilung vor der späteren Anmeldung bekannt gemacht war; ebenso neuheitshindernd war die Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts einer früheren Anmeldung.279 Gegen eine Patenterteilung auf die spätere Anmeldung sprach § 2 demnach nicht, wenn die spätere Anmeldung zumindest den Bekanntmachungen der früheren Anmeldung zuvorkam. Davon abgesehen gab ein früheres Patent keinen Grund, das in der Anmeldung beantragte Patent zu versagen, auf den vom früheren Patent unberührten Teil zu beschränken280 oder gar die Benutzung des zu erteilenden Patents von dem früheren Patent für abhängig zu erklären. Der gleiche Gedanke fand im Nichtigkeitsverfahren bezüglich § 10 Anwendung. Da frühere Patente in diesen Verfahren nur die Neuheit hinderten, konnte das PA die Abhängigkeit nicht feststellen.281

c) Die Begründung des PA, die Motive des Gesetzgebers und die Änderung von 1891 Unbeirrt von der sich festigenden Rechtsprechung des RG erklärte das PA weiterhin Patente im Erteilungs- und Nichtigkeitsverfahren für abhängig.282 Die Befugnis folgerte es aus seiner angenommenen Aufgabe, Umfang und Inhalt der zu erteilenden Patente festzustellen und nach jeder Richtung zu beschränken.283 Mit Beistand der Industrie284 stützte es seine vermeintliche Zuständigkeit auf § 3 Abs. 1, der besagte: § 26 bzw. § 23. Der II. Zivilsenat wies in RG v. 25. 1. 1881 (Pbl. 1881, S. 107) eine Nichtigkeitsklage mit folgender Begründung zurück: „( . . . ) fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung, wonach ein Patent deshalb nichtig sein soll, weil auf eine vorher angemeldete Erfindung gleichfalls ein Patent ertheilt worden ist“. 281 Schon in früherer Zeit wurden Privilegien ohne ausdrücklichen Vorbehalt unbeschadet der bestehenden Rechte Dritter erteilt; die Erteilung als Akt einer Verwaltungsbehörde war weder dazu bestimmt noch imstande, bestehende Privatrechte aufzuheben oder zu beschränken, RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). 282 Seligsohn, S. 89 f. Es nahm stillschweigend auf ältere Patente Bezug oder formulierte ausdrücklich „in Abhängigkeit von“ oder als „Neuerung an dem Patente Nr. ( . . . )“, Kent, S. 307 f. 283 Entscheidung des PA v. 17. 8. 1883, Pbl. 1883, S. 405, 407. 284 Fragen für eine Enquete, betr. die Revision des Patentgesetzes, Drucks-BR 1886 Nr. 83, Anlage B. 279 280

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Auf die Ertheilung des Patentes hat derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesetzes angemeldet hat.

Der Erteilungsanspruch entfiel folglich für prioritätsjüngere Anmeldungen derselben Erfindung. Entgegen dem RG schloss das PA hieraus, dass es bei der Erteilung nicht nur die Neuheit nach den §§ 1 und 2 zu prüfen, sondern auch andere, noch unveröffentlichte Anmeldungen und Patente zu berücksichtigen habe. In Betracht zu ziehen seien nicht nur Erfindungen, die zur Zeit der Anmeldung in öffentlichen Druckschriften hinreichend beschrieben oder im Inland offenkundig benutzt und deswegen nach § 2 neuheitsschädlich waren. Gemäß § 3 sollten alle anhängigen Anmeldungen und unveröffentlichten Patente dazu führen, dass das PA den Umfang der Neuerteilung beschränkte. Vor allem Vertreter der Wirtschaft hielten die Praxis des PA für vorteilhafter. Sie fürchteten eine Flut von Verletzungsprozessen für den Fall, dass alle einer Veröffentlichung zuvorkommenden Anmeldungen zu Patenten führten. Rechtlich vermengte das PA damit jedoch Abhängigkeit und Identität von Erfindungen. Identität lag vor, wenn die angemeldete Erfindung den Gegenstand eines bereits erteilten Patents betraf. Möglich war auch teilweise Identität, wenn sich die Erfindungen in Teilen deckten. § 3 sollte verhindern, dass auf ein und dieselbe Erfindung mehrere Patente erteilt wurden. Bei der Abfassung des neuen PatG wollte der Gesetzgeber klare Verhältnisse schaffen. Die Entscheidung über die Abhängigkeit sollte den ordentlichen Gerichten entzogen und dem PA im Erteilungs- und Nichtigkeitsverfahren ausschließlich zugewiesen werden. Ferner sollten die patentamtlichen Abhängigkeitsentscheidungen für die ordentlichen Gerichte bindend sein. Im Verletzungsprozess sollte eine Abhängigkeit nur bejaht werden können, wenn sie zuvor im patentamtlichen Verfahren festgestellt war. Zu diesem Zweck erweiterte der Gesetzgeber den § 3 Abs. 1 um die beiden folgenden Sätze: Eine spätere Anmeldung kann den Anspruch auf ein Patent nicht begründen, wenn die Erfindung Gegenstand des Patents eines früheren Anmelders ist. Trifft diese Voraussetzung theilweise zu, so hat der spätere Anmelder nur Anspruch auf Ertheilung eines Patents in entsprechender Beschränkung.

Allgemein galt diese Änderung als missglückt.285 Sie brachte nicht zum Ausdruck, dass § 3 auch die Abhängigkeit erfassen sollte. Denn bei vielen Abhängigkeitsverhältnissen konnte nicht die Rede davon sein, dass die angemeldete Erfindung Gegenstand des Patents eines früheren Anmelders sei. Nicht einmal teilweise mussten die Gegenstände übereinstimmen. d) Die nachfolgenden Entscheidungen Das RG hatte erst in der Entscheidung vom 7. 7. 1894 Gelegenheit, zu der Gesetzesänderung und ihrer Bedeutung für die Abhängigkeitserklärung Stellung zu 285

Kent, S. 303; Seligsohn, S. 89.

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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nehmen.286 Obwohl ihm die Gründe für die Änderung bekannt waren, hielt es an seiner Rechtsprechung fest. Abhängigkeit und teilweise Nichtigkeit seien wesensverschieden. Im Nichtigkeitsverfahren könne nicht über die Abhängigkeit entschieden werden.287 Es untermauerte seine Ansicht zunächst mit einer Reihe von praktischen Beispielen und systematischen Argumenten. Im Fall eines Abhängigkeitspatents auf das Verfahren, eine früher patentierte Maschine zu einem neuen Zweck zu benutzen, seien die beiden Patentgegenstände Verfahren und Maschine nicht einmal teilweise identisch. Es gab keine Übereinstimmung mit dem Maschinenpatent, die durch teilweise Vernichtung des Verfahrenspatents zu beseitigen war. Beschränkt war das letztere nur, solange das Maschinenpatent Bestand hatte. Mit dessen Erlöschen bedurfte der Verfahrenspatentinhaber nicht mehr der Erlaubnis des Maschinenpatentinhabers. 288 Abhängigkeit konnte vorliegen, ohne dass die Gegenstände beider Patente übereinstimmten, wie es der neue § 3 Abs. 1 verlangte. Das RG führte aus: Alle diese Fälle hat also der Gesetzgeber mit der Vorschrift des §. 3 des Patentgesetzes nicht getroffen. Hätte er sie treffen wollen, so hätte er sich anders ausdrücken müssen. Was der Gesetzgeber getroffen hat, sind Fälle ganz anderer Art.289

Für die Gesetzesänderung hatten Entwurf und Kommission vorgeschlagen, dass das PA im Erteilungsverfahren alle früheren Patente zur Geltung bringen sollte, ungeachtet des Zeitpunkts ihrer Bekanntmachung. Das RG erkannte darin nur, dass die Erteilung mehrerer Patente auf denselben Gegenstand verhindert werden sollte. Eine Zuständigkeit zur Feststellung der Abhängigkeit sei nicht gemeint. Die geänderte Gesetzesfassung enthalte auch keinen Satz, dass der Zivilrichter gebunden sei, wenn das PA ein Patent in vollem Umfang erteilte, in der Patenturkunde aber eine Abhängigkeit aussprach. Die Entwurfsbegründung ging davon aus, dass ohne Abhängigerklärung aus den §§ 3 und 4 ein positives Benutzungsrecht auch dem früheren Patentinhaber gegenüber folge. Das PA müsse eingeschränkt erteilen, um bestehende Rechte nicht zu gefährden. Diese Folge, so das RG, ergab sich weder aus § 3 noch aus § 4. § 3 garantierte dem ersten Anmelder einer abhängigen Erfindung nur ein Patent auf die Neuerung, die ihm gebührte. Nach § 4 konnte er sein abhängiges Patent benutzen. Die objektiven Verhältnisse der beiden Erfindungen RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). In RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94) heißt es: „Daß von dem Patentgesetze in der Fassung vom 7. April 1891 Abhängigkeit und theilweise Nichtigkeit als verschiedene Dinge anzusehen waren, daß das Kaiserliche Patentamt als nicht zuständig erachtet wurde, auf bei demselben erhobene Klage auf Abhängigkeit eines Patentes zu erkennen, ist bekannt.“ Bezug genommen wurde weiter auf RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84). 288 Entsprechende galt für weitere aufgeführte Beispiele: das Abhängigkeitspatent auf eine neue Maschine zur Anwendung eines patentierten Verfahrens war wesensverschieden vom Verfahrenspatent; weiter fehlten Übereinstimmungen zwischen dem Abhängigkeitspatent auf ein Verfahren, ein patentiertes Produkt herzustellen, und dem Produktpatent, RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). 289 RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). In diesem Sinne äußerte sich das RG später in RG v. 19. 2. 1902 (I 358 / 01). 286 287

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

und das Prioritätsprinzip, und nicht die Patenturkunde, sorgten dafür, dass er nicht ohne Erlaubnis des übergeordneten Patents benutzen durfte. Die Feststellung des Abhängigkeitsverhältnisses durch das PA konnte die Gerichte nicht binden. Die diesbezügliche Entwurfsbegründung enthielt nach Ansicht des RG irrige Folgerungen.290 Das Gesetz selbst schlug keinen das geltende Recht abändernden Rechtssatz vor. Nach § 12 GVG wurde die streitige Gerichtsbarkeit durch die ordentlichen Gerichte ausgeübt, vor die nach § 13 GVG alle bürgerlichen Streitigkeiten gehörten. Eine Spezialzuweisung enthielt das Patentgesetz nicht. Die Rechte aus dem Patent waren Privatrechte. Folglich waren Streitigkeiten aus erteilten Patenten und über das Verhältnis einander widersprechender Patente auf identische Erfindungen Sache der ordentlichen Gerichte. Ein klarer Ausspruch für eine Zuständigkeit des PA zur Abhängigkeitserklärung fehlte im Wortlaut der neuen Fassung.291 § 3 passte nicht zur Abhängigkeit, er bezog sich nach wie vor auf Fälle der (Teil-)Identität. In diesen Fällen reichte es aus, dass das PA den nichtidentischen neuen Teil patentierte oder das Patent im Nichtigkeitsverfahren nach § 10 beschränkte. Der Inhaber konnte, sofern seine Erfindung es zuließ, den Gegenstand des älteren Patents erwerben und seine Erfindung dann frei ausüben.292 Das RG betonte: Das ist aber etwas anderes als die Abhängigkeit vom Patente des Ersten; das ist die theilweise Verweigerung des beantragten Patents.293

Anders lag der Fall der Abhängigkeit. Das RG zog als Beispiel ein Gesamtverfahren heran, das ohne ein vorbekanntes Teilverfahren nicht benutzt werden konnte. Selbst wenn das bekannte Teilverfahren nicht geschützt war, kam wegen § 2 nur ein Patent auf das Gesamtverfahren in Betracht. Ein eventuell beantragter Schutz für das Teilverfahren war zurückzuweisen. Die Beschränkung ergab sich mangels früherer Anmeldung nicht aus einer Identität i.S.d. § 3, sondern aus dem Vorbekanntsein des Teilverfahrens gemäß § 2. Da dieses frei war, konnte der Patentinhaber sein Gesamtverfahren frei benutzen und verwerten. War nun das Teilverfahren vorpatentiert, so war das Patent wiederum nur auf das Gesamtverfahren zu erteilen. Ein Anspruch auf den Schutz des Teilverfahrens bestand nicht, sowohl wegen § 2 aufgrund der Bekanntheit, als auch wegen § 3 aufgrund der Identität. 290 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 13 f. verwechselte „theilweises Ineinandergreifen“ und sich deckende Gegenstände und nahm ein uneingeschränktes positives Benutzungsrecht nach § 4 an. 291 Das RG wies darauf hin, dass nicht die beratende Kommission, sondern der Reichstag Gesetzgeber war. Die Entwurfsbegründungen könnten zur Auslegung herangezogen werden, ersetzten aber nicht eine klare Regelung im G, RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94); RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99). 292 Der zweite Erfinder konnte z. B. das Produkt eines geschützten chemischen Verfahrens auf dem Markt erwerben und weiterverarbeiten, RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). 293 RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94).

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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Zudem war das erteilte Gesamtverfahrenspatent vom Vorpatent abhängig, da die freie Ausübung des Teilverfahrens wegfiel. Die Abhängigkeit bestand allein aufgrund des Vorpatents. Die gegenständliche Einschränkung auf das Gesamtverfahren hingegen hatte nichts mit der Abhängigkeit zu tun. Bei Erlöschen des Vorpatents wurde das Teilverfahren frei. Dadurch erweiterte sich das Gesamtverfahrenspatent nicht hierauf, sondern blieb beschränkt. Es durfte jedoch von nun an frei benutzt werden. Das RG befasste sich ferner mit dem Fall, dass das PA irrtümlich zwei Patente auf dieselbe Erfindung erteilte. Unzutreffend verwendete es hier den Begriff der „Kollision“.294 Zwei Patente „kollidierten“, wenn bei Erteilung des jüngeren die Identität übersehen, also eine identische Erfindung erneut patentiert wurde. Der Inhaber des jüngeren Patents konnte, solange sein Patent nicht vernichtet war, Dritten die Benutzung untersagen. Ihm wiederum konnte der Inhaber des älteren Patents einerseits wegen Abhängigkeit die Benutzung verbieten, weil ersterer seine Erfindung nicht ohne Benutzung des älteren Patents gebrauchen konnte. Das jüngere Patent gab seinem Inhaber kein positives Benutzungsrecht gegen den älteren Inhaber. Die Erteilung des zweiten Patents konnte an der Rechtsstellung des früheren Patentinhabers nichts ändern, auch wenn die Abhängigkeit keine Erwähung gefunden hat.295 Andererseits konnte der frühere Patentinhaber, wie jeder Dritte, die Vernichtung des jüngeren Patents betreiben.296 Bei Ablauf des älteren Patents fiel zwar die Abhängigkeit weg, die Möglichkeit, das jüngere Patent zu vernichten, blieb aber bestehen. An § 10 verdeutlichte das RG das Verhältnis von teilweiser Nichtigkeit und Abhängigkeit. Ausdrücklich wies es die Abhängigkeitserklärung im Nichtigkeitsverfahren zurück: Der §. 10 handelt nur von der Nichtigkeit des Patents; die Erklärung „der Nichtigkeit“ soll durch entsprechende Beschränkung des Patents erfolgen, wenn eine die Nichtigkeit begründende Vorsaussetzung nur theilweis vorliegt. Da Abhängigkeit keine Nichtigkeit ist, so kann also eine Abhängigkeitserklärung nicht auf Grund des §. 10 des Patentgesetzes ausgesprochen werden. Für eine Abhängigkeitserklärung können die Voraussetzungen, welche im §. 10 unter No. 1 und No. 3 aufgeführt werden, überhaupt nicht verwendet werden. Denn hier ist es nicht ein bestehendes Patent, welches die theilweise Nichtigkeit begründet, sondern die frühere

294 Damme, S. 365. „Kollision“ bezeichnet eigentlich das Zusammentreffen mehrerer Rechtsordnungen in einer Rechtsfrage, Tilch / Arloth. Kollidieren konnten nicht nur internationale Regeln, sondern auch Rechte verschiedener Rechtsgebiete, z. B. ein Patent- und ein Gebrauchsmusterrecht; siehe Fn. 835 des 3. Abschnitts. 295 Hiermit ist der Grundsatz der Priorität ausgesprochen. Die einmal erteilten Rechte können nur in dem dafür vorgesehenen Verfahren beschränkt oder vernichtet werden, RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). 296 Die Nichtigerklärung richtete sich nach § 28 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2. Anders als ein abhängiges Patent erlangte das erneut auf eine identische Erfindung erteilte Patent keine bessere Stellung, wenn das zuerst erteilte Patent erlosch; es blieb vernichtbar, Damme, S. 365.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Veröffentlichung oder offenkundige Benutzung der Erfindung oder ein anderer Umstand, welcher mit einer früheren Patentierung Nichts zu thun hat, auf welcher die theilweise Nichtigkeit des Patentes beruht. Aber auch im Fall des §. 10 No. 2 bezeichnet das Gesetz nicht den Umstand, daß das Patent eines früheren Anmelders, dessen Gegenstand die spätere Anmeldung (theilweis) ist, besteht, als Grund, die Erklärung der Nichtigkeit durch entsprechende Beschränkung des Patents auszusprechen. Besteht das Patent nicht mehr, war es aber ertheilt, wenn schon zur Zeit der späteren Anmeldung noch nicht veröffentlicht, so reicht der Umstand, daß nach §. 3 auf die Ertheilung des Patents nur derjenige Anspruch hat, welcher die Erfindung zuerst angemeldet hat, aus, um die Nichtigkeitsklage ein für allemal gegen den zweiten Anmelder, welchem der Vorschrift des §. 3 zuwider ein Patent ertheilt ist, zu begründen.297

Mit dieser Aussage wies das RG auf einen weiteren Unterschied zwischen Abhängigkeit und Teilnichtigkeit hin. Die Abhängigkeit setzte ein bestehendes früheres Patent voraus. Hingegen reichte für die teilweise Nichtigerklärung sogar ein erloschenes früheres Patent. Die Nichtigkeitserklärung wirkte absolut, da sie das Patent ganz oder teilweise vernichtete. Der vernichtete Teil konnte nicht wieder aufleben. Das abhängige Patent dagegen trat in volle Wirksamkeit, wenn das Hauptpatent erlosch. Einen weiteren Grund für die Trennung zwischen Abhängigkeit und Nichtigkeit lieferte § 28. Die Vorschrift berechtigte grundsätzlich jeden zur Stellung des Nichtigkeitsantrags und machte eine Ausnahme im Fall der widerrechtlichen Entnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3, in dem nur der Verletzte antragsberechtigt war. Bei einem Verstoß gegen § 3 Abs. 1 war ein Nichtigkeitsantrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 statthaft, den jeder stellen konnte. Es erschien unrecht, jedem Dritten das Recht zu geben, die Abhängigkeit feststellen zu lassen, sobald eine zweite Erfindung nicht ohne Eingriff in ein früheres Patent benutzt werden könnte. Die Abhängigkeit interessierte allein die beiden Patentinhaber. Klagen, die lediglich das Rechtsverhältnis zwischen zwei Privatpersonen betrafen, waren nach elementaren Grundsätzen des Privatrechts diesen Personen überlassen.298 Das RG erklärte hier systematisch, dass das Verfahren vor dem PA absolut wirkte, das Verletzungsverfahren aber seine Wirkung nur zwischen den Parteien entfaltete. In der Folge hielt das RG in einer Reihe von Entscheidungen an seiner eingeschlagenen Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen Abhängigkeit und teilweiser Nichtigkeit fest.299 Die Frage der Abhängigkeit war danach nicht vom Patentamt im Nichtigkeitsverfahren, sondern von den ordentlichen Gerichten im Patentverletzungsprozess zu klären. Sie stellte sich, wenn in der Schadenersatz- oder Unterlassungsklage der vermeintliche Verletzer sich auf ein ihm erteiltes Patent RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). 299 RG v. 23. 10. 1897 (I 203 / 97); RG v. 26. 9. 1898 (I 179 / 98); RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99); RG v. 19. 2. 1902 (I 358 / 01); RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02); RG v. 19. 10. 1907 (I 578 / 07). 297 298

B. Die patentrechtlichen Verfahren und Zuständigkeiten

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berief, oder wenn ein besonderes rechtliches Interesse i.S.d. § 256 ZPO an der Feststellung der Abhängigkeit oder Nichtabhängigkeit klageweise geltend gemacht wurde. Gleichwohl kam der Abhängigkeitserklärung durch das PA eine tatsächliche Bedeutung zu. Im Verletzungsverfahren konnte sie einerseits als gutachterliche Äußerung des PA aufgefasst werden.300 Andererseits konnte sie den Nachweis der Wissentlichkeit des Verletzers erleichtern.301 Das PA hat seine frühere Praxis zum Ende des Jahrhunderts aufgegeben und ist der Meinung des RG gefolgt: Einstweilen glaubt das Patentamt, durch eine zweckmäßige Redaktion der Patentschriften den Betheiligten selbst, und im Streitfalle den Gerichten, die Auslegung der Patente, auch im Abhängigkeitsfalle erleichtern zu müssen. Es wird daher auch dann, wenn der Fall der theilweisen Identität nicht vorliegt, zur Klarstellung des Wesens einer neu zu schützenden Erfindung und zu ihrer Abgrenzung gegenüber Bekanntem oder vorher Geschütztem auf früher ertheilte Patente, sei es in der Beschreibung, sei es im Anspruch, hingewiesen. Dieser Hinweis soll aber lediglich thatsächliche, technische Bedeutung haben, sodaß die Rechtsfrage, ob die Ausübung des neu zu ertheilenden Patents nicht ohne Eingriff in das in Bezug genommene ältere Patent stattfinden kann, für die gerichtliche Entscheidung offen bleibt.302

IV. Zusammenfassung Das RG war zuständig als Berufungsinstanz in patentamtlichen Nichtigkeitsund Zurücknahmeverfahren und als Revisionsinstanz in gerichtlichen Patentverletzungsverfahren. Die Verwaltungsverfahren vor dem PA unterschieden sich nach Zielsetzung und verfahrensrechtlicher Ausgestaltung grundlegend von den Parteiverfahren vor den ordentlichen Gerichten. Unter letzteren hervorzuheben sind die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Das RG erkannte die steigende Notwendigkeit einstweiliger Verfügungen und passte seine Anforderungen an die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten an. Anfangs auseinandergehende Auffassungen vertraten PA und RG in der Frage der Zuständigkeit für die Abhängigkeitserklärung. Die Entwicklung der reichsgerichtlichen Rechtsprechung des I. Zivilsenats zeigt, dass das RG die Möglichkeiten des PA, über den Umfang der erteilten Rechte zu entscheiden, über die Jahre beschnitten hat. Insoweit trat es für eine konsequente Trennung von verwaltungsrechtlichen patentamtlichen und gerichtlichen Zuständigkeiten ein. Damit unterstrich es die unterschiedlichen staatlichen Funktionen der Verfahren und nicht zuletzt den im GVG vorgegebenen Grundsatz der Gewaltentrennung. Zwar hätte es selbst als Berufungsgericht für patentamtliche 300 RG v. 26. 9. 1898 (I 179 / 98); RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99); RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02). Nach § 18 Satz 1 PatG 1891 war das PA den Gerichten zur Abgabe von Gutachten verpflichtet. 301 RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02) erachtete die Formulierung „Ausführungsart nach Anspruch des Patents No ( . . . )“ für ausreichend, auf eine Abhängigkeit hinzuweisen. 302 PA, Denkschrift, PMZBl. 1896 (II), S. 77, 84.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Verfahren die schutzeinschränkenden Entscheidungen über die Abhängigkeit aufheben können. Jedoch gelangte nicht jede patentamtliche Abhängigkeitserklärung in diese Instanz. Bedeutend war, dass gerade im Nichtigkeitsverfahren die Möglichkeiten, den Patentumfang zu beschränken, gemindert waren. Es trat damit nicht nur der angemaßten Praxis des PA entgegen, sondern setzte sich auch gegen Bestreben der Wirtschaft und der Kommission zur Änderung des Gesetzes durch. Mit seiner Rechtsauffassung stärkte das RG die Position des Patentinhabers. Es überließ die Entscheidung über die Tragweite seines Rechts nicht dem PA, sondern machte sie zum Gegenstand des Verletzungsprozesses. Eine Zuständigkeit des PA für die Abhängigkeitserklärung hätte nicht nur die Erteilungsprüfung unnötig ausgedehnt, sie stieß zudem auf Bedenken der praktischen Durchführbarkeit. Zur Zeit des Erteilungsverfahrens konnte eine mögliche Abhängigkeit nicht immer erkannt werden. Die Ansicht des RG ging nicht zulasten der Rechtssicherheit, da auch umgekehrt das Bestehen oder Fehlen einer Abhängigkeitserklärung des PA nicht jeden denkbaren Fall hätte einbeziehen können. Damit stand die Rechtsprechung des RG zur Abhängigkeitserklärung, gerade was die Trennung der Zuständigkeiten angeht, nicht gänzlich im Einklang mit seinen Entscheidungen zur Auslegung, die im 3. Abschnitt behandelt werden.

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens Das Patentverletzungsverfahren wies gegenüber dem allgemeinen Zivilprozess einige verfahrensrechtliche Eigenheiten auf. Grundsätzlich galten die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung. Die komplizierte technische Materie weckte jedoch das Bedürfnis, besondere Regeln für typischerweise auftretende Sachlagen der Verletzungsfälle zu treffen. Verfahrensrechtliche Anpassungen ergingen einerseits gesetzlich; andererseits entwickelte die reichsgerichtliche Rechtsprechung Lösungen, um die besonderen Probleme prozessual zu bewältigen, welche im Zusammenhang mit Patentverletzungsfällen auftraten. Behandelt werden die Rechtswegzuständigkeit für Klagen gegen das Reich oder einen Staat, die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO und die Beweisvermutung des § 35 Abs. 2 PatG 1891.

I. Der Rechtsweg für Klagen gegen das Reich oder einen Staat Patentverletzungssachen waren bürgerlichrechtliche Streitigkeiten, die nach § 13 GVG grundsätzlich in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fielen.303 303 Kohler, Handbuch, S. 853. § 13 GVG: „Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für welche nicht entweder die Zuständig-

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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Die Rechtswegzuständigkeit war allein für Klagen gegen das Reich oder einen Staat eingeschränkt. So erklärte das RG den Rechtsweg für Unterlassungsklagen mangels Spezialzuweisung gemeinhin für ausgeschlossen.304 Die Betätigung obrigkeitlicher Gewalt gehöre wesentlich dem Gebiet des öffentlichen Rechts an; beabsichtige der Kläger, die Ausübung von Hoheitsrechten verbieten zu lassen, handele es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 13 GVG. Hingegen war der ordentliche Rechtsweg für Schadenersatzklagen und damit verbundene Klagen auf Rechnungslegung eröffnet. Dafür sprach, dass eine Entschädigung für staatliche Eingriffe in § 5 Abs. 2 zumindest spezialgesetzlich geregelt und Streitigkeiten daraus weder Verwaltungsbehörden noch -gerichten zugewiesen waren. Ohne Rücksicht auf die Natur des obrigkeitlichen Akts, der die Entschädigungspflicht begründet hatte, stelle sich die Rechtsstreitigkeit um die Entschädigung als eine bürgerliche dar.305

II. Die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO und die objektive Klagehäufung Innerhalb des Zivilrechtswegs galten die allgemeinen örtlichen Zuständigkeitsvorschriften. Gesteigerter Aufmerksamkeit bedurfte § 32 ZPO, der für Klagen aus unerlaubten Handlungen den besonderen Gerichtsstand des Begehungsorts gewährte.306 Die Bestimmung erlangte besondere Bedeutung in Fällen, in denen patentverletzende Gegenstände im Ausland hergestellt und nach Deutschland eingeführt worden waren. Hier bestanden häufig keine allgemeinen Gerichtsstände gemäß §§ 12 – 19 ZPO im Inland.307

keit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder reichgesetzlich besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.“ 304 RG v. 28. 6. 1911 (I 585 / 09) m. w. N. für nicht patentrechtliche Fälle, z. B. RG v. 6. 6. 1899 (II 144 / 99) für nachbarrechtliche Störungen; RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11); RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12); RG v. 9. 10. 1912 (I 235 / 12). Schon materiell-rechtlich lehnte es einen Unterlassungsanspruch ab, siehe Fn. 75 dieses 2. Abschnitts. 305 RG v. 22. 6. 1912 (I 74 / 12). Dieses galt für Leistungs- ebenso wie für Feststellungsklagen, RG v. 22. 6. 1912 (I 401 / 11) 306 § 32 ZPO: „Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke die Handlung begangen ist.“ 307 Gleiches galt für den besonderen Gerichtsstand der Niederlassung, § 21 ZPO. Beim besonderen Gerichtsstand des Vermögens, § 24 CPO (später § 23 ZPO), war die patentrechtliche Spezialvorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 3 zu beachten: für Klagen gegen Ausländer galt als Gerichtsstand des Vermögens der Wohnsitz des nach § 12 Abs. 1 Satz 1 benannten Vertreters, in Ermangelung eines solchen der Sitz des PA. Dadurch sollte ein Gerichtsstand geschaffen werden, an welchem mit Sicherheit alle vermögensrechtlichen Ansprüche gegen einen auswärtigen Patentinhaber verfolgt werden können, RG v. 14. 11. 1898 (I 312 / 98); Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 19; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 17.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

Das RG beschäftigte sich erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahr 1885 mit der Anwendbarkeit des § 32 ZPO auf Patentverletzungssachen.308 Der Kläger hatte gegen die Beklagte mit Sitz in Braunschweig bei dem Königlich Preußischen Landgericht I zu Berlin Schadenersatzklage erhoben. Er behauptete, dass die Beklagte mit der Direktion der Berlin-Hamburger-Bahn einen Vertrag geschlossen und in dessen Ausführung einen sein Patent verletzenden Apparat nach Berlin geliefert habe. Die Beklagte erhob die Einrede der Unzuständigkeit. Das LG wies die Klage deswegen zurück, das Kammergericht hob das landgerichtliche Urteil auf. Auch das RG bejahte die Zuständigkeit und wies die Revision der Beklagten zurück. Die Schadenersatzklage könne bei dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk eine patentverletzende Handlung begangen sei. Im Falle eines Vertrags über den Bezug patentierter Gegenstände begründe jede Ausführungshandlung einen Gerichtsstand. Unerheblich sei, an welchem Ort der Vertrag zustandegekommen oder was danach Erfüllungsort sei. Vielmehr sei der Ort der tatsächlichen Herstellung oder Lieferung maßgeblich. Bei mehreren Handlungen konnte der Verletzte an allen beteiligten Gerichtsbezirken gemäß § 32 ZPO wegen des ganzen Schadens Klage erheben.309 Das erleichterte ihm das Vorgehen gegen Patentverletzer sehr. Er konnte sich sogar einen Gerichtsstand aussuchen, indem er den patentverletzenden Gegenstand über einen Dritten bezog und an einen bestimmten, zuständigkeitsbegründenden Ort liefern ließ. Zur Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts genügte die bloße Behauptung der einschlägigen Tatsachen, wenn zuständigkeits- und klagebegründende Tatsachen sich deckten.310 Hingegen war der Kläger beweispflichtig, wenn von mehreren anspruchsbegründenden Handlungen nur eine im Bezirk des angerufenen Gerichts begangen war und der Beklagte die Zuständigkeit rügte.311 Eine einmal begründete Zuständigkeit des Gerichts RG v. 21. 3. 1885 (I 521 / 84). So auch Kent, II. Bd., S. 440 f. Das galt unzweifelhaft, wenn die einzelnen Tätigkeiten sich als eine einheitliche Handlung darstellten, RG v. 21. 3. 1885 (I 521 / 84). Begründeten jedoch mehrere selbständige, unerlaubte Einzelhandlungen jeweils eigene Gerichtsstände, sollte nach dem VI. Zivilsenat an jedem Gerichtsstand nur der Schaden geltend gemacht werden können, der aus einer in dem Gerichtsbezirk begangenen Handlung herrühre. Anders als im Strafprozess, in dem fortgesetzte Handlungen bei einheitlichem Vorsatz als einheitliche Handlung aufgefasst würden, bestehe im Zivilprozess kein Grund zu einer einheitlichen Betrachtung, RG v. 10. 4. 1905 (VI 316 / 04). Anderer Ansicht war der II. Zivilsenat: der Kläger sollte unter mehreren, aufgrund von Einzelhandlungen zuständigen Gerichten die Wahl haben und an einem von ihnen den ganzen Schaden geltend machen können, RG v. 9. 10. 1908 (II B 96 / 08). Der II. Senat legte, ohne in dem Beschluss seine Ansicht näher zu begründen, die Rechtsfrage den vereinigten Zivilsenaten vor, die im Beschluss v. 18. 10. 1909, RGZ 72, S. 41, seiner Auffassung beitraten. Es sei ansonsten unmöglich, den Gesamtschaden auf die einzelnen Handlungen aufzuteilen. Ferner stelle eine Vielzahl von Prozesses für Kläger und Beklagte eine erhebliche Belästigung dar. 310 Die Zuständigkeitsprüfung sollte nicht durch eine Beweiserhebung verzögert werden, die so umfangreich war, dass zugleich materiell über die Klage hätte entschieden werden können, RG v. 26. 5. 1913 (I 34 / 13). Z. B. die Behauptung des deliktischen Verschuldens musste für § 32 ZPO nicht bewiesen werden, vgl. RGZ 29, S. 371 v. 11. 3. 1892 (III 288 / 91). 311 In diesem Fall deckten sich zuständigkeits- und anspruchsbegründende Behauptungen nicht: das angerufene Gericht war nur zuständig, wenn zumindest eine der Handlungen in 308 309

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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wurde nicht dadurch berührt, dass sich die behauptete Handlung während des Prozesses als unwahr erwies und die Klage als unbegründet abgewiesen werden musste: ( . . . ), ist es nicht Aufgabe dieses Verfahrens, zur Begründung des Gerichtsstandes die Wahrheit dieser Thatsache zu ermitteln und festzustellen. ( . . . ) Ob die Klage, welche an das angerufene Gericht gewiesen worden ist, begründet ist, ob sich also die Behauptungen der Klägerin über die Unerlaubtheit der feststehenden Handlung bewahrheiten werden, darüber ist nach Feststellung der Gerichtszuständigkeit zu verhandeln und zu entscheiden, wie das bereits ( . . . ) ausgesprochen ist.312

Bei der Schadenersatzklage, die den verschuldensabhängigen Anspruch aus § 35 (§ 34 a.F.) verfolgte, war § 32 ZPO somit anwendbar. Was die unmittelbar auf das absolute Recht gestützte Unterlassungsklage betraf, führte das RG 1889 aus: Im Sinne dieser Norm (scil. § 32 ZPO) ist es für den Begriff der unerlaubten Handlung wesentlich, daß dieselbe subjektiv schuldhaft begangen sei, es genügt nicht, daß eine durch die Handlung objektiv bewirkte Rechtsverletzung die Erhebung einer aus diesem Recht entspringenden Klage veranlaßt. Die Zuständigkeit des Gerichts, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist, ist nur gegeben für Klagen aus unerlaubten Handlungen, d. h. für Klagen, welche in der schuldhaft rechtswidrigen, civilistisch haftbar machenden Handlung ihren Grund haben, ihrem Wesen nach auf der schuldhaften Rechtskränkung schlechthin beruhen, nicht etwa auf einem einer übernommenen Verpflichtung korrespondirenden Rechte oder einem absoluten Rechte, dessen Inhaber dasselbe (durch die Klage gegen die Beeinträchtigung reagierend) geltend macht.313

Die negatoria war keine deliktische Klage. Für die unerlaubte Handlung fehlte das Verschulden; das nach § 32 ZPO angerufene Gericht war grundsätzlich unzuständig.314 Eine Ausnahme ließ das RG 1887 zu, wenn in der Klage der dingliche Unterlassungsanspruch mit einem deliktischen verbunden wurde: Wird einmal für den Anspruch aus einer rechtsverletzenden Handlung ein Gerichtsstand eröffnet ( . . . ), so muß in diesem Gerichtsstand der volle Anspruch verfolgt werden können, welcher dem Kläger wegen dieser Handlung erwächst, auch soweit derselbe untere einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt gezogen wird, für welchen dieser Gerichtsstand an sich nicht maßgebend wäre. Das Prozeßgesetz darf mit seinen Bestimmungen der verseinem Bezirk begangen war. Der Anspruch konnte gleichwohl zumindest teilweise begründet sein, wenn sich zwar nicht die zuständigkeitsbegründende, wohl aber andere Handlungen als wahr erwiesen. Würde auch hier eine bloße Behauptung ausreichen, könnte eine Partei gegen ihren Willen durch ein unzuständiges Gericht verurteilt werden, RG v. 26. 5. 1913 (I 34 / 13). 312 RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). 313 RG v. 19. 10. 1889 (I 197 / 89). Ebenso Kohler, Handbuch, S. 855. 314 RG v. 19. 10. 1889 (I 197 / 89); RG v. 19. 6. 1915 (I 31 / 15). Kohler, Handbuch, S. 854 f., und Hellwig, S. 261, hielten § 32 ZPO auch im Fall des deliktischen Unterlassungsanspruchs für anwendbar. Das RG unterschied nicht zwischen deliktischer und negatorischer Unterlassungsklage. Trotz klägerischer Hinweise auf die Wissentlichkeit der Verletzung setzte es sich mit dem Unterlassungsanspruch aus § 34 a.F. nicht auseinander, RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87); RG v. 19. 10. 1889 (I 197 / 89).

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schiedenen Gerichtsstände, welche zur Erleichterung der Rechtsverfolgung eingeführt sind, keinen Anlaß zu deren Erschwerung bieten. Das wäre aber der Fall, wenn der Kläger den Vortheil der Rechtsverfolgung im Gerichtsstande der Begangenschaft nicht anders erreichen könnte, als wenn er die aus einer und derselben rechtsverletzenden Handlung erwachsenden Ansprüche von einander trennt, um sie in verschiedenen Prozessen bei verschiedenen Gerichten zu verfolgen, wobei dann nicht ausgeschlossen bleiben würde, daß der eine Richter auf die negatorische Klage ausspricht, es liege eine Patentverletzung nicht vor, der andere auf die Deliktsklage den Beklagten verurtheilt.315

Die objektive Klagehäufung war zulässig und gebräuchlich. Die Vorschriften über die Gerichtsstände bezweckten, die Rechtsverfolgung zu erleichtern. Das konnte dem Kläger nicht auferlegen, den Beklagten mehrfach und an verschiedenen Gerichten zu verklagen. Zudem war der Beklagte nicht benachteiligt, wenn er sich am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zusätzlich gegen eine Unterlassungsklage verteidigen musste. Die Klagehäufung deliktischer und nicht deliktischer Ansprüche bei einem Gericht war prozessökonomisch und verhinderte einander widersprüchliche Entscheidungen.316

III. Die Beweisvermutung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 Grundsätzlich galten im Patentverletzungsprozess die allgemeinen zivilprozessualen Regeln über Beweise. Wer einen Anspruch geltend machte, trug für dessen Voraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast.317 Hingegen oblag es dem ProRG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). In einer Klage wurden zugleich Unterlassung und Schadenersatz, ggf. stufenklagend auch Rechnungslegung geltend gemacht, RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87); RG v. 19. 10. 1889 (I 197 / 89); RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96); RG v. 24. 1. 1906 (I 314 / 05); RG v. 19. 6. 1915 (I 31 / 15); Isay (1926), S. 246. Nicht anwendbar war § 32 ZPO, wenn die negatoria nur mit dem Vorbehalt eines Schadenersatzanspruchs verbunden wurde; der deliktische Anspruch musste tatsächlich, auch nicht nur hilfsweise erhoben sein, RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88); RG v. 20. 3. 1891 (II 196 / 90). 317 Grundsätzlich galt das Prinzip der Gewerbefreiheit. Wer eine Beschränkung durch ein Schutzrecht behauptete, musste dessen Vorhandensein beweisen, Kent, S. 512. Der auf Unterlassung klagende Patentinhaber musste Patent und Eingriff nachweisen; machte er Schadenersatz und Rechnungslegung geltend, musste er ferner seinen Schaden, dessen adäquate Verursachung und die subjektiven Voraussetzungen substantiiert darlegen und ggf. beweisen. War der Verletzer gewarnt oder die Patentierung in Fachkreisen allgemein bekannt, konnte das die tatsächliche Vermutung begründen, dass der Verletzer wissentlich handelte. In dem Fall musste er seinen guten Glauben beweisen. Gesetzliche Vermutungen des subjektiven Tatbestands gab es nicht. Insbesondere begründete die öffentliche Bekanntmachung nach § 27 Abs. 1 (§ 26 Abs. 1 a.F.) keine Vermutung dafür, dass jeder das Patent kennen müsse; ebensowenig Wirkung auf die Wissentlichkeit hatte die Klageerhebung, RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; Kent, II. Bd., S. 430 f. Das Gericht konnte gemäß § 260 CPO anordnen, dass der Verletzte seinen Schaden eidlich schätze, RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). Im Übrigen entschied es über die Höhe gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Häufig verkannten die Gerichte die 315 316

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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zessgegner, seine Einreden zu beweisen.318 Das PatG ergänzte die ZPO mit patentrechtlichen Sonderregelungen für das Beweisverfahren. Obwohl es vor ihr in Kraft getreten ist, war es lex specialis, da es erst nach der ZPO erlassen und verkündet worden war.319 Im Patentverletzungsprozess machten technische Fragen es fast immer erforderlich, Sachverständigenrat und -gutachten einzuholen.320 Neben den allgemeinen Vorschriften zum Sachverständigenbeweis konnten die Gerichte nach § 18 auch ohne Beweisantrag das PA verpflichtend ersuchen, über Fragen, welche Patente betrafen, Gutachten abzugeben.321 Diese ergingen als schriftliche Erlasse der Behörde selbst und wurden der gerichtlichen Entscheidung ohne persönliche Vernehmung und Vereidigung von Patentamtsmitgliedern zugrunde gelegt.322 Eine weitere wichtige Spezialvorschrift für das Beweisverfahren führte das PatG 1891 mit der Beweisvermutung in § 35 Abs. 2 ein. Dem war folgendes vorausgegangen: Schon in den ersten Jahren des deutschen Patentrechts erblühte die chemische Industrie, vor allem durch die Entwicklung der Teerfarbstoffe. Eine Beteiligung in diesem Zweig versprach hohe Gewinne, war aber von der Erlaubnis der jeweiligen Patentinhaber abhängig. Diese erteilten sie, wenn überhaupt, nur gegen eine hohe Lizenzgebühr. Da das Patentrecht seine Wirkung nur im Inland entfaltete, siedelten sich zunehmend Unternehmen im grenznahen patentfreien Ausland an, vorzugsweise in der Schweiz, Österreich und den Niederlanden.323 Die ausländische Anwendung ihrer Verfahren mussten die deutschen Patentinhaber erdulden. Sie versuchten, die Einfuhr der erzeugten Produkte mit Hilfe ihres Patentrechts zu verhindern. Unter dem ersten PatG war nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass das Patent auch den Schutz von Verfahrenserzeugnissen umfasse. Seit wirtschaftliche Bedeutung wertvoller Erfindungen und schätzten die Entschädigungssummen zu gering, Kent, II. Bd., S. 392. 318 Er trug die Beweislast für die entgegengehaltene Erschöpfung des klägerischen Patentrechts oder für das Vorliegen eigener Benutzungsrechte: neben dem patentrechtlichen Vorbenutzungsrecht kamen eigene dingliche Rechte, z. B. Patent- oder Gebrauchsmusterrechte, Nießbrauchs- oder Ausnutzungsrechte, und schuldrechtliche Rechte, z. B. einfache Lizenzen, in Betracht, Kent, S. 489. 319 Das PatG trat am 1. Juli, die ZPO am 1. Oktober 1877 in Kraft; verkündet wurde das PatG am 25. Mai, die ZPO schon am 30. Januar 1877, siehe S. 53 f. und Fn. 9 der Einleitung. Überdies wurde z. B. § 18 als geltende gesetzliche Vorschrift durch die ZPO nicht berührt, RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I; Vgl. § 13 Abs. 1 EGZPO: „Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze werden durch die Civilprozeßordnung nicht berührt.“ 320 Das RG achtete darauf, dass technische Sachverständige nur zur Beantwortung technischer Fragen herangezogen wurden, und rügte die Berufung von Juristen zu technischen Sachverständigen, RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen; Kohler, Handbuch, S. 864 ff. 321 Das PatG 1891 fügte die Einschränkung „sofern in dem gerichtlichen Verfahren von einander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständiger vorliegen“ hinzu. 322 RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I. 323 Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 16 f; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 8 f.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

1888 konstruierte das RG jedoch einen solchen Erzeugnisschutz,324 der schließlich in § 4 Satz 2 der Gesetzesnovelle von 1891 seinen Niederschlag fand.325 Das Verfahrenspatent verletzte, wer ein durch das Verfahren unmittelbar326 hergestelltes Erzeugnis im Inland unerlaubt in Verkehr brachte, feilhielt oder gebrauchte. Die chemische Industrie in Deutschland hatte den Gerichten vorgehalten, den Beweis, dass ein Produkt unmitttelbar durch das geschützte Verfahren hergestellt sei, nur selten als erbracht anzusehen.327 Unter hohen Beweisanforderungen war es kaum möglich, Rückschlüsse von einem Produkt auf seine Herstellungsweise zu ziehen und eine objektive Patentverletzung nachzuweisen. Der Patentinhaber konnte die Fabrikation nicht einsehen, geschweige denn näheres über eine ausländische Herstellung erfahren. Den Abnehmern fehlten häufig die subjektiven Merkmale der Patentverletzung, da die Verkäufer ihnen gegenüber angaben, die Herstellungspatente nicht zu verletzen.

1. Die Methylenblau-Entscheidung vom 14. 3. 1888 In seiner Methylenblau-Entscheidung von 1888 hatte das RG zumindest für den Fall, dass schon vor der Patentanmeldung mehrere Herstellungsverfahren verkehrsbekannt waren, Beweisschwierigkeiten des Patentinhabers eingestanden: Gewisse Unzuträglichkeiten lassen sich allerdings denken, wenn für einen Stoff, der auf Grund eines nicht patentirten Verfahrens bereits lange im Verkehr ist, ein neues Herstellungsverfahren erfunden und patentirt ist und nunmehr der Inhaber des Patents Stoffe, die sich im Verkehr finden, als Erzeugnisse der unbefugten Anwendung gerade seines Verfahrens bezeichnet und deren Vertrieb untersagen will. Allein gegen ein häufiges Eintreten solcher Fälle und insbesondere gegen Mißbrauch eines solchen Patents zur muthwilligen Störung des Verkehrs dürfte der Umstand hier schützen, daß dem Patentinhaber der Beweis, es seien jene Erzeugnisse gerade mittels seines Verfahrens hergestellt, obliegt und daß dieser Beweis, während er, wenn überhaupt außer dem patentirten Verfahren kein an324 Siehe zum Erzeugnisschutz S. 259 ff. Hierdurch sollte die chemische Industrie, die vorrangig Verfahrenspatente innehatte, einen ebenso wirksamen Schutz gegen die Einfuhr patentverletzender Gegenstände erhalten wie die mechanische Industrie mit ihren Stoffpatenten, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15 f. 325 § 4 Satz 2 PatG 1891: „Ist das Patent für ein Verfahren ertheilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.“ 326 Das Unmittelbarkeitserfordernis schränkte den Erzeugnisschutz ein, um den Verkehr nicht in „unerträglicher Weise“ zu belästigen, RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96); siehe ferner den „Bericht über das Ergebniß der Enquete“ von 1886, Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 95 ff.; Damme, S. 410; Osterrieth, Lehrbuch, S. 154. Das Verfahrenspatent sollte insbesondere keine Gegenstände erfassen, die aus der gemeinsamen Verarbeitung seiner Erzeugnisse mit anderen Stoffen hergestellt waren, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 10. Als Beispiele für ein nur mittelbares Produkt nannte RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96) „Semmeln, die aus einem mittels eines patentirten Verfahrens getheilten Teige hergestellt sind“ oder einen Schrank, der Nägel enthalte, die unter Verletzung eines patentierten Nagel-Schmiede-Verfahrens gewonnen waren. 327 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 16.

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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deres im Verkehr bekannt ist, auf diesen Umstand als eine faktische Anzeige gestützt werden möchte, gerade in dem gesetzten Falle ein schwieriger sein wird, wie denn auch bei den Verhandlungen der Enquete-Kommission in Betreff der Revision des Patentgesetzes die Vertreter der chemischen Industrie die Beweispflicht als das Haupthinderniß der praktisch wirksamen Schutzbethätigung angesehen und gerade im Hinblick hierauf ihre Reformvorschläge aufgestellt haben. Jedenfalls konnten vom Standpunkte des bestehenden Gesetzes aus solche Inkonvenienzen keine entscheidenden Bedenken erzeugen, ( . . . ).328

Sofern das Produkt schon vor der Patentanmeldung bekannt gewesen war, oblag dem Patentinhaber der schwer zu erbringende Beweis,329 dass das streitgegenständliche Erzeugnis gerade nach seinem Verfahren hergestellt war, und nicht auf dem herkömmlichen oder einem anderen, dritten Weg.330 In diesem Fall war es durchaus möglich, dass der Wettbewerber ein erlaubtes Verfahren angewendet hatte. Das rechtfertigte eine strenge Beweislast, da der Patentinhaber den freien gewerblichen Verkehr nicht über sein Recht hinaus beeinträchtigen können sollte. Mit dem Fall, dass das patentierte Verfahren das einzig bekannte zur Herstellung des Stoffs war, setzte sich das RG nur im verschachtelten Nebensatz auseinander: Hier „möchte“ der Beweis auf den Umstand, dass kein anderes Verfahren ersichtlich war, „als eine faktische Anzeige gestützt werden“. Die Formulierung erscheint schwer verständlich. Bereits das einleitende „während“ deutet darauf hin, dass das RG für diesen Fall andere Anforderungen an den Beweis stellte als in dem vom Gericht im ersten Halbsatz ausführlicher behandelten Fall. Das RG schien es für ausreichend zu halten, dass der Patentinhaber das Fehlen von bekannten Parallelverfahren darlegte und hierauf seinen „Beweis“ stützen „möchte“. Einen echten Beweis konnte es kaum gemeint haben, da es vom Patentinhaber nicht das Unmögliche verlangen konnte.331 Wahrscheinlicher ist, dass es ihm zwar die Darlegungslast, dem vermeintlichen Verletzer aber den Beweis des Gegenteils auferlegte.332 Mangels näherer Ausführungen kann jedoch aus dieser Entscheidung kein verlässlicher Hinweis auf die Anschauung des RG gewonnen werden.333

RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. Die Herstellungsmethoden gehörten zu den wohlgehüteten Fabrikgeheimnissen; es war möglich, dass es neben dem patentierten Verfahren noch ein anderes Herstellungsverfahren gab; an einer chemischen Substanz ließ sich nicht ohne weiteres die Methode ihrer Herstellung ablesen; die Ermittlungen mussten im Ausland geführt werden, siehe Fn. 618 des 3. Abschnitts. 330 § 35 Abs. 2 stellte später diese Anforderung durch das Tatbestandsmerkmal des „neuen“ Stoffs sicher. 331 Der Nachweis, dass es keine Parallelverfahren gab, war aber unmöglich. 332 Damit griff das RG der späteren gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 vor. 333 Nicht einmal im Strafprozess ging der Dritte Strafsenat näher auf die Beweisfrage ein, obwohl hier grundsätzlich dem Angeklagten nachgewiesen werden musste, dass er das geschützte Verfahren benutzt hatte, RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I. 328 329

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

2. Die Entscheidung vom 19. 10. 1889 Eineinhalb Jahre später äußerte sich das RG in einem anderen Fall deutlicher. Die Beklagte hatte nachweislich das Verfahren der Klägerin zur Herstellung eines ersten „Quantums“ Citronin schon einmal benutzt. Es ging um die Patentverletzung durch die Herstellung weiterer Quanta: Die Beklagte hat sich in Bezug auf diese Quanta darauf beschränkt, zu bestreiten, daß sie dieselben überhaupt fabrizirt habe. Daß sie ein anderes als das von ihr damals zur Fabrikation der 300 Kilogramm angewendete Verfahren angewendet habe oder daß ihr ein anderes Verfahren damals bekannt gewesen, hat sie nicht behauptet. Die Rügen, welche die Revision (scil. der Beklagten) gegen die Feststellung der Vorinstanzen erhebt, daß die Beklagte auch diese Quanta mittels des Verfahrens der Klägerin hergestellt hat, können deshalb nicht für begründet erachtet werden. Der Berufungsrichter verkennt nicht, daß der Klägerin auch bezüglich dieser Quanta der Beweis, daß sie nach ihren Verfahren hergestellt worden, obliege; aber er gelangt auf Grund der ihm nach §. 259 der Civilprozeßordnung zustehenden freien Würdigung der gesammten Sachlage zu der Ueberzeugung, daß die Beklagte auch dieses Citronin unter Anwendung ihres mit dem der Klägerin identischen Verfahrens hergestellt hat. Die Grundsätze von der Beweislast sind dadurch nicht verletzt.334

Grundsätzlich musste der Patentinhaber beweisen, dass das Produkt nach seinem Verfahrenspatent hergestellt sei. Die freie Beweiswürdigung aller Umstände berechtigte den Richter jedoch, bei patentwidrigem Vorverhalten die Anforderungen an seine Überzeugung zu senken, so dass ein einfaches Bestreiten des Gegners nicht mehr ausreichte. Vielmehr musste dieser behaupten, ein anderes Verfahren angewendet oder wenigstens gekannt zu haben. Die Kritik der chemischen Industrie, dass die Gerichte sich nur schwer von der Benutzung gerade des patentierten Verfahrens überzeugen ließen, ist durch die reichsgerichtliche Rechtsprechung nicht bestätigt. Wohl deswegen enthielt der dem Reichstag 1890 vorgelegte Entwurf zur Abänderung des PatG nicht die geforderte Beweislastregelung.335 Es liegt nahe, dass die chemische Industrie die Vorwürfe erhob, um eine klare gesetzliche Regelung politisch leichter durchzusetzen. Hinzu kam, dass derjenige, der das Produkt nach einem anderen als dem patentierten Verfahren herstellte, durch eine Beweisvermutung kaum belästigt wurde.336

RG v. 19. 10. 1889 (I 186 / 89). Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 16. 336 Allenfalls konnte eine Preisgabe seines Geschäftsgeheimnisses für ihn nachteilig sein. Wahrscheinlicher war aber, dass der „ehrenwerte Fabrikant“ sein Verfahren selbst patentiert hatte und ein Hinweis darauf genügte, um die Klage des anderen Patentinhabers abzuwehren. 334 335

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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3. Die gesetzliche Regelung des § 35 Abs. 2 PatG 1891 Erst die XI. Kommission von 1890 / 91337 nahm eine Regelung in den Gesetzesentwurf für die Novelle auf, die als widerlegliche Beweisvermutung in § 35 Abs. 2 PatG 1891 Gesetzeskraft erlangte: § 35 Abs. 2 PatG 1891 Handelt es sich um eine Erfindung, welche ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Stoffes zum Gegenstand hat, so gilt bis zum Beweise des Gegentheils jeder Stoff von gleicher Beschaffenheit als nach dem patentirten Verfahren hergestellt.

Beantragt war ursprünglich, die Regelung dem § 4 hinzuzufügen. Die Vermutung sollte aber nur im Zivilprozess, nicht im Strafverfahren gelten; um das zu verdeutlichen, regelte der Gesetzgeber sie in § 35.338 Trotz dieser Stellung war sie im Unterlassungs- ebenso wie im Schadenersatzprozess anwendbar.339 Wer sich auf die Vermutung berief, trug die Beweislast für ihre Voraussetzungen: Zunächst musste ein Verfahren patentiert sein; ferner musste dieses der Herstellung eines zur Zeit der Patentanmeldung neuen Stoffes dienen.340 Die Vermutung des § 35 Abs. 2 wirkte sich nicht auf die übrigen Beweispflichten des Patentinhabers aus. Sie befreite ihn nur von dem Beweis, dass der von dem Kontrahenten benutzte Stoff gleicher Beschaffenheit unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellt war.341 Das galt auch, wenn inzwischen ein Parallelverfahren bekannt war, obwohl dann die natürliche Vermutung, ein gleicher Stoff müsse ebenfalls nach dem einzig bekannten, patentierten Verfahren hergestellt sein, dem Patentinhaber nicht mehr zur Seite stand.342 Die Vermutung konnte der Gegner durch den „Beweis des Gegenteils“ entkräften. Er konnte nachweisen, dass sein Stoff mittels eines anderen Ver-

Siehe S. 58, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322. Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 8 ff. 339 Kohler, Handbuch, S. 867; Seligsohn, S. 404, 422; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 8 ff. 340 Die Fiktion des § 2 fand in diesem Fall keine Anwendung, Gülland, S. 240. Die Beschreibung in öffentlichen Druckschriften der letzten 100 Jahre schloss die Vermutung also nicht aus, sondern gab allenfalls Anlass zur Vernichtung des Patents, Isay (1926), S. 536. Das RG äußerte sich 1901 zur Voraussetzung des „neuen Stoffes“: „Baumwolle mit Seidenglanz“ sei kein neuer Stoff, sondern ein bekannter Stoff mit einer neuen Eigenschaft. § 35 Abs. 2, auf den sich der Kläger stützte, war unanwendbar, RG v. 13. 4. 1901 (I 43 / 00). Warum das RG die Vorschrift überhaupt prüfte, ist unerfindlich: ohnehin war im Prozess das Verfahren bekannt, welches die Beklagte anwendete; auf die Beweisvermutung, kam es nicht an. 341 Eines Rückgriffs auf die Vermutung bedurfte es daher nicht mehr, wenn bekannt war, nach welchem Verfahren der Verletzer produzierte, RG v. 13. 12. 1911 (I 566 / 10). 342 Seligsohn, S. 422. Kohler, Handbuch, S. 867, hielt § 35 Abs. 2 sogar für überflüssig, da der Richter bei der Beweiswürdigung ohnehin demjenigen mißtrauen müsse, der sich weigere, sich über sein abweichendes Herstellungsverfahren zu äußern. Gegen Kohler spricht, dass die Gerichte Geschäftsgeheimnisse respektieren mussten: Das PatG verpflichtete nicht dazu, eigene Erfindungen zum Patent anzumelden. Solange nur ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses, nicht aber zugleich das Erzeugnis selbst patentiert war, war eine Herstellung des Erzeugnisses nach eigenem Verfahren zulässig. 337 338

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

fahrens343 oder nicht unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellt war, oder dass beide Stoffe von unterschiedlicher Beschaffenheit waren.

4. Die Entscheidung vom 5. 7. 1893 1893 beschäftigte sich das RG mit den Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 und dem „Beweis des Gegenteils“.344 Dem Kläger war ein Verfahren zur Herstellung von Harzsäureestern patentiert, welche gebräuchliche Lackharze ersetzen konnten. Der Beklagte gab dritten Personen Anleitung zur Herstellung von Harzsäureglycerinestern, behauptete aber, ein anderes Verfahren anzuwenden. Das RG wies die Revision des Klägers aus anderen Gründen zurück, führte aber zu der Beweisvermutung aus: Wäre anzunehmen, daß es außer dem Verfahren, welches dem Kläger patentirt ist, ein bekanntes Verfahren, Glycerin und Kolophonium zu einem zur Darstellung von Lacken oder Firnissen brauchbaren Ester zu verarbeiten, überhaupt nicht giebt ( . . . ), so liegt der Schluß sehr nahe, daß das Verfahren, welches der Beklagte anwendet, im Wesentlichen dasselbe sein muß, welches der Kläger anwendet: es sei denn, daß der Beklagte den Nachweis erbringt, daß sein Verfahren von dem des Klägers in wesentlichen Punkten abweicht. Hätte Kläger seine Klage in dieser Weise begründet ( . . . ), so möchte es sehr zweifelhaft erscheinen, ob der Bekalgte durch die bloße Behauptung, sein Verfahren sei ein anderes als das dem Kläger patentirte, einer Verurtheilung entgehen könnte. §. 35 Absatz 2 des Patentgesetzes giebt dem Richter einen sehr deutlichen Fingerzeig, wie er sich Verschleierungen gegenüber zu verhalten habe, welche mit einem gewissen Grade der Wahrscheinlichkeit als Patentverletzungen angesprochen werden.345

Obwohl das RG bereits in der oben behandelten Entscheidung vom 14. 3. 1888 auf die Neuheit des Stoffs abgestellt hatte und das PatG diese inzwischen in § 35 Abs. 2 als wesentliche Voraussetzung zum Ausdruck brachte, setzte es sich in der Entscheidung von 1893 mit der Neuheit des Esters nicht auseinander. Ob es sie selbstverständlich voraussetzte, geht aus dem Urteil nicht hervor. Es hätte in diesem Fall aber nach § 35 Abs. 2 prüfen müssen, ob der Glycerinester des Beklagten dem Ester des Klägers in seiner Beschaffenheit glich.346 Stattdessen richtete das RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93). RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93). 345 RG v. 5. 7. 1893 (I 153 / 93). 346 Umgekehrt setzte sich das RG 1897 mit einem Vergleich zweier Verfahrensprodukte und der Beweisverteilung auseinander, obwohl kein Anwendungsfall des § 35 Abs. 2 vorlag: Klägerin hielt ein Verfahrenspatent zur Herstellung von Saccharin, welches schon vor ihrer Patentanmeldung bekannt und daher i.S.d. § 35 Abs. 2 nicht „neu“ war. Beklagte stellte ebenfalls Saccharin her. Es ging darum, ob die Beklagte mit ihrem Verfahren, nicht mit ihrem Stoff, das klägerische Patent verletzte. Die Entscheidung wird hier nicht näher behandelt, da aus ihr nicht erhellt, ob das RG in der betreffenden Passage eine eigene Meinung oder die des Berufungsgerichts wiedergab, dessen Entscheidung es im Übrigen nicht aufhob, RG v. 1. 11. 1897 (I 213 / 97). 343 344

C. Prozessuale Eigenheiten des Verletzungsverfahrens

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RG sein Augenmerk auf die Bekanntheit des Verfahrens. Es griff auf die natürliche Vermutung zurück, dass bei nur einem bekannten Verfahren347 der „Schluß sehr nahe“ liege, dass das angewendete im wesentlichen das bekannte war. Die natürliche Vermutung konnte der Beklagte nur mit einem entgegengesetzten Nachweis entkräften, nicht mit einer einfachen Behauptung. Die neue gesetzliche Beweisvermutung wendete das RG damit nicht an. Dennoch zog es § 35 Abs. 2 im Nachsatz heran und beschrieb dessen Regelung als „Fingerzeig“. Das RG deutete die Vorschrift als allgemeinen Satz zum Schutz des Patentinhabers vor „Verschleierungen“ seiner Gegner. Jedenfalls erleichterte es ihm den Nachweis der Vermutungsvoraussetzungen, indem es ohne nähere Erläuterung einen „gewissen Grad der Wahrscheinlichkeit“ genügen ließ.

IV. Zusammenfassung Mit seinen Entscheidungen prozessualer Fragen unterstützte das RG vorwiegend die Interessen des Patentinhabers. Allein den Rechtsweg für die Unterlassungsklage gegen das Reich oder einen Staat musste es beschränken, um die Funktionsfähigkeit des Staats und seiner Einrichtungen zu wahren. Mit einer weiten Auslegung des § 32 ZPO ermöglichte es dem Patentinhaber, die üblicherweise mit der Schadenersatzklage verbundene Unterlassungsklage an jedem deliktischen Begehungsort zu erheben. Das erleichterte dem Patentinhaber, gegen Verletzungen vorzugehen, die sich typischerweise über viele Gerichtsbezirke erstreckten. Insbesondere begegnete es Schwierigkeiten, die sich aus der Territorialität des Patentschutzes ergaben: Wurden Teile der Verletzungshandlung im Ausland begangen, verblieb dem Inhaber die Möglichkeit, wegen der ganzen Handlung am Begehungsort Schadenersatz und Unterlassung zu verlangen. Es war ferner prozessökonomisch, da die meist schwierigste Frage des Verletzungsprozesses, die der objektiven Patentverletzung, nicht von mehreren Gerichten in mehreren Verfahren geprüft werden musste. So konnten unterschiedliche Entscheidungen verschiedener zuständiger Gerichte verhindert werden. Schließlich hat das RG auch beweisrechtlich dem Geschädigten unter die Arme gegriffen. Nach der Entwicklung des Erzeugnisschutzes, die im Dritten Abschnitt noch näher zu behandeln sein wird, hielt es daran fest, dass der klagende Patentinhaber grundsätzlich die Anwendung gerade seines Verfahrens zur Herstellung der Erzeugnisse beweisen musste. Zugleich erkannte es, dass nur geringe Anforderungen an die richterliche Überzeugung von dieser Beweisführung erforderlich sein durften, wenn der wertvolle Patentschutz hauptsächlich chemischer Verfahrenspatente nicht seine Wirkung verlieren sollte. Trotz der 1891 erfolgten gesetzli347 Das RG bedachte ferner den Fall, dass mehrere Verfahren bekannt waren, der Beklagte aber die übrigen, dem Kläger nicht patentierten bekannten Verfahren nachweislich nicht anwendete.

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2. Abschn.: Verletzungsansprüche und patentrechtliche Verfahren

chen Regelung der Beweisvermutung in § 35 Abs. 2 hat das RG sich weniger mit der Voraussetzung der Vermutung, dem „neuen Stoff“, beschäftigt, als vielmehr sein Augenmerk auf die freie Beweiswürdigung gerichtet. Unmittelbar angewendet hat es die Vorschrift nur in wenigen Fällen, und dabei diese Voraussetzung auch nicht weit ausgelegt. Es hat sie aber als allgemeine Regel, als „Fingerzeig“ aufgefasst, um den Inhaber vor Verschleierungen zu schützen und ihm die Beweisführung zu vereinfachen.

3. Abschnitt

Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung Der dritte Abschnitt der Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Reichsgerichtsentscheidungen von 1879 bis 1918 in Patentverletzungssachen. Dieses zuvor von der höchstrichterlichen Rechtsprechung unbearbeitete Feld1 lag vor dem RG, als es am 1. Oktober 1879 seine Tätigkeit aufnahm. Seine wesentliche Aufgabe war, die Rechtsprechung auf den Gebieten des Zivilrechts zu vereinheitlichen.2 Immerfort fügte es Bausteine des Patentverletzungsrechts hinzu, die nicht nur technische Besonderheiten des Patentrechts berücksichtigten, sondern auch mit anderen reichsgerichtlichen Rechtsentwicklungen einhergingen. Es erläuterte Begriff und Voraussetzungen der Patentverletzung. Die Entfaltung des subjektiven Rechts wird an einzelnen Tatbestandsmerkmalen dargestellt. Entscheidungen, die den Grundstein einer Entwicklung legten oder von besonderer Bedeutung waren, werden herausgegriffen und mit einer kurzen Wiedergabe des Sachverhalts und der Gründe erläutert. Hat sich eine Rechtsprechung gefestigt, sind bestätigende Entscheidungen angeführt. Vorweg bedürfen patentrechtliche Begriffe, welche die Gefahr einer Verwechslung bergen, der Erläuterung. Das Gesetz bestimmte nicht, was eine „Erfindung“ war.3 Es meinte das Gedankengebilde, das eine technische Aufgabe mit bestimmten Mitteln löste.4 Ferner erwähnte es den „Gegenstand des Patents“.5 Das war, da 1 Das anfangs zuständige ROHG, siehe Fn. 205 des 2. Abschnitts, hatte keine Gelegenheit, als Revisionsinstanz nach dem neuen Gesetz über Verletzungsfälle zu befinden. Es veröffentlichte 1880 im letzten Band seiner amtlichen Sammlung die ersten Berufungsentscheidungen zum PatG 1877, ROHG-E Bd. 25, S. 75 ff., S. 109 ff., S. 186 ff. Sie betrafen die Anwendbarkeit des PatG auf die unerlaubte Vervielfältigung von ausgelegter Beschreibung und Zeichnung vor Erteilung, ROHG v. 18. 2. 1879 (I 185 / 79), die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage gegen ein wegen Nichtzahlung der Gebühren erloschenes Patent, ROHG v. 6. 5. 1879 (I 460 / 79), und die teilweise Nichtigerklärung, die Antragsberechtigung und die Feststellung des Patentinhalts, ROHG v. 27. 5. 1879 (I 547 / 79). Kein einziges Urteil behandelte die Patentverletzung. 2 Lobe, S. 19. 3 Bei der Überarbeitung war eine Legaldefinition erörtert und abgelehnt worden, Seligsohn, S. 25. 4 Wissenschaftlich bedeutende Definitionsversuche von Dambach, Kohler, Klostermann und Reuleaux, die für die Zwecke dieser Arbeit nicht weiterführen, finden sich bei Pauli, GRUR 1903, S. 291, 294, 298. 5 S. § 19 Abs. 1 Satz 1: „Bei dem Patentamte wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand ( . . . ) der ertheilten Patente ( . . . ) angiebt.“ Das neue PatG führte den Begriff in § 3

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

jedes Patent eine Erfindung zum Gegenstand hatte, der Erfindungsgedanke. Schließlich hatte eine Erfindung eine Sache mit besonderen Eigenschaften oder ein Verfahren zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs zum Gegenstand.6 „Gegenstand der Erfindung“ i.S.d. § 4 war die räumlich oder zeitlich darstellbare Erscheinungsform, in die sich die geistige Schöpfung übertragen ließ. Die richtige Verwendung der Begriffe ist für das Verständnis der Patentverletzung von größter Bedeutung.7 Ein erster Teil widmet sich Wirksamkeit, Inhalt und Umfang des Patents. Nach § 4 erfasste die Wirkung des Patents den „Gegenstand der Erfindung“. Dessen Bedeutung war in den meisten Verletzungsprozessen heftig umstritten. Dem Verletzungsrichter oblag es, den Gegenstand mitsamt des ihn umgebenden Schutzbereichs zu ermitteln. Für diese Patentauslegung erarbeitete das RG Grundsätze, die sich im Laufe der Zeit wandelten und verschiedene Hilfsmittel einbezogen. Ersichtlich wird, inwieweit der Richter das Patent einschränkend oder ausdehnend auslegen konnte: In den wenigsten Fällen benutzte ein vermeintlicher Verletzer einen technischen Gegenstand, der mit dem patentierten übereinstimmte. Hätte sich ein Schutz auf den patentierten Gegenstand beschränkt, wäre er nahezu wertlos geblieben.8 Das RG entwickelte die Lehre von der Äquivalenz und von der Übertragung, vom Kombinations- und Elementeschutz sowie vom Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten. Die Linie der Rechtsprechung wird anhand richtungweisender Entscheidungen herausgearbeitet. Im zweiten Teil wird der Eingriff in den festgestellten Schutzbereich untersucht. § 4 nannte als patentverletzende Benutzungsarten das unerlaubte Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten und Gebrauchen des vom Schutzbereich umfassten Gegenstands bzw. das Anwenden des Verfahrens. Das PatG 1877 beschränkte das ausschließliche Gebrauchsrecht auf Verfahren, Betriebsvorrichtungen und Arbeitsgeräte. Seit 1891 erfasste die Benutzung den Gebrauch jedes Erfindungsgegenstands. Im Zusammenhang mit den Benutzungsarten nahm das RG zu den Grundsätzen der Gewerbsmäßigkeit und der Territorialität Stellung. Die Benutzung war von Versuchs- und Vorbereitungshandlungen abzugrenzen und konnte unmittelbar sowie in weiteren Beteiligungsformen begangen werden. Einwendungen, welche die Annahme einer objektiven Verletzung ausschlossen, stellt der dritte Teil dar. Neben dem Erschöpfungsgrundsatz und dem Verhältnis zu Abs. 1 Satz 2 und § 10 Abs. 1 Nr. 2 ein. Vor Erteilung entsprach ihm der „Gegenstand der Anmeldung“, § 23 Abs. 1 Satz 2 (§ 22 Abs. 1 Satz 2 a.F.). 6 Schanze, GRUR 1897, S. 161, 162 f. wies darauf hin, dass sich die Wirkung des Patents auf den Erfindungsgegenstand erstrecke und der Unterschied zwischen Erfindung und ihrem Gegenstand bedeutsam sei. 7 Ungenau formulierten RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III: „( . . . ), daß die den Gegenstand des Patents bildende Erfindung gewerbsmäßig hergestellt, ( . . . ) worden ist“, RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00): „Als Gegenstand des Patentes stellt sich nicht ein Apparat, sondern ein Verfahren dar“ und RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. 8 Adler, ZHR 1913 (74), S. 219, 221; Isay (1920), S. 172; Seligsohn, S. 107.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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eigenen technischen Schutzrechten des Verletzers in Form der Abhängigkeit oder Identität liegt das Schwergewicht der Bearbeitung auf dem Vorbenutzungsrecht aus § 5 Abs. 1. Der vierte Teil behandelt die subjektive Patentverletzung. § 34 Abs. 1 PatG a.F. kannte eine Entschädigungshaftung nur bei vorsätzlicher Patentverletzung. Die beleuchtete Rechtsprechung veranschaulicht, wie das RG den Begriff der Wissentlichkeit erweitert hat. 1891 nahm der Gesetzgeber die Haftung für grobe Fahrlässigkeit in § 35 Abs. 1 auf. Eine weitergehende Haftung für einfache Fahrlässigkei, z. B. nach Rechtshängigkeit oder nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts, lehnte das RG ab.9 Zur Ermittlung der Schadenshöhe entwickelte es drei verschiedene Schadensberechnungsmethoden.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang Im 1. Abschnitt wurde bereits auf die wirtschaftliche Bedeutung des Patents hingewiesen, dessen wesentliche und spürbare Wirkung im Ausschlussrecht lag. Dritte waren von Herstellung, Handel und Gebrauch der neuen Technik ausgeschlossen, damit der Patentinhaber sie ungestört ausbeuten konnte. In der Praxis entwickelte sich § 4 zur wichtigsten Bestimmung des PatG.10 Diese Kernvorschrift war Ausgangspunkt jeder Verletzungsprüfung im Feststellungs-, Unterlassungs- und Schadenersatzprozess und bestimmte die Voraussetzungen der objektiven Patentverletzung. § 4 lautete: § 4 PatG 1877 Das Patent hat die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzuhalten.

§ 4 PatG 1891 Das Patent hat die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Ist das Patent für ein Verfahren ertheilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.

Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand der Erfindung, so hat das Patent außerdem die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu gebrauchen. Siehe S. 103 ff. Isay (1926), S. 174. Noch heute treten im Zusammenhang mit der Schutzbereichsbestimmung die schwierigsten Probleme des Patentrechts auf, Osterrieth, C., Patentrecht, S. 111. 9

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Erste Voraussetzung zur Eröffnung des Schutzes war ein wirksames Patent. Ihm war die angemeldete und bekannt gemachte Erfindung gleichgestellt, sofern das beantragte Patent später erteilt wurde. Gegenstand der Erfindung konnten körperliche Stoffe, Maschinen, Anordnungen und Verfahren sein. Die richterliche Tätigkeit, Inhalt und Umfang eines klagegegenständlichen Patents zu ergründen, bezeichnete das RG allgemein als Auslegung des Patents. Die Grundsätze zur Bestimmung und ihr Wandel werden ausführlich dargestellt. Der Schutzbereich des Patents konnte Äquivalente, Übertragungen, Kombinationen und Einzelteile sowie Verfahrenserzeugnisse umfassen.

I. Das wirksame Patent Das Patent entstand mit Erteilung durch das Kaiserliche Patentamt als „Deutsches Reichs-Patent“ (D.R.P.). Die Wirksamkeit endete, wenn das Patent auf eine der im Gesetz beschriebenen Arten erlosch. Verletzt werden konnte nur ein Patent, das im Zeitpunkt der Verletzungshandlung wirksam war. Das erteilte Patent besaß eine formale Legitimation und entfaltete seine Wirkung, solange es in der Welt war, selbst wenn Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit seiner Erteilung erhoben waren. Diese überprüften allein PA und RG im Nichtigkeitsverfahren. Zu diesem Zweck konnte der Verletzungsstreit ausgesetzt werden. 1. Die Entstehung des Patents Das Patent entstand im förmlichen Erteilungsverfahren11 durch den endgültigen Erteilungsbeschluss12 des Kaiserlichen Patentamts, wie das RG 1900 in einer Entscheidung hervorhob: Erworben wird der Erfindungsschutz durch die Ertheilung eines Patents und die Ertheilung eines Patents erfolgt durch Beschluß des Patentamts.13

Die Patentwirkung begann, sobald der Erteilungsbeschluss rechtskräftig war, nicht erst mit seiner Bekanntmachung oder der Ausfertigung der Patenturkunde.14 11 Siehe S. 122 ff. Im Gegensatz zum Patent entstand das Urheberrecht nicht durch staatliche Verleihung, sondern mit der Schöpfung selbst. 12 §§ 24 Abs. 3 Satz 1, 27 Abs. 1 (§§ 24 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 1 a.F.). Die Rechtsnatur des Erteilungsbeschlusses war lange umstritten: Anfangs hatte Schanze, AöR 9 (1894), S. 173, einen Verwaltungsakt wegen des Rechtsanspruchs auf Patenterteilung abgelehnt, später sah er in der Erteilung eine „Wissenserklärung“. Das RG behandelte ihn als auf dem Willen des PA beruhende Entscheidung und damit als Verwaltungsakt. 13 RG v. 25. 4. 1900 (I 61 / 00). 14 Etwas anderes konnte auch der Erste Strafsenat nicht meinen, wenn er in RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80) unklar „der durch die Urkunde legitimirte Inhaber“ formulierte. Die Ausfertigung gemäß § 27 (§ 26 a.F.) konnte mehrere Wochen dauern, weder Übergabe noch Besitz hatten rechtliche Bedeutung, Isay (1920), S. 176.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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a) Die Entscheidungen vom 11. 7. 1900 und vom 12. 2. 1902 An der Wirksamkeit der Erteilung war dennoch zu zweifeln, wenn das Erteilungsverfahren Formmängel aufwies. Hierher gehörten Fälle, in denen nach der Bekanntmachung und Auslegung der Anmeldung wesentliche sachliche Änderungen vorgenommen waren, ohne selbst bekannt gemacht oder ausgelegt zu werden. Eine Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren hob als wesentliches Formerfordernis das Aufgebotsverfahren gemäß § 23 PatG 1891 hervor: Nach § 23 des Patentgesetzes muß der Ertheilung eines Patents ein Aufgebotsverfahren vorhergehen, durch welches Jedermann Gelegenheit gegeben werden soll, der Ertheilung zu widersprechen, und dies die unerläßliche Voraussetzung einer gültigen Patentertheilung bildende Aufgebotsverfahren beginnt mit einer Bekanntmachung der Anmeldung ( . . . ) unter gleichzeitiger öffentlicher Auslegung der Anmeldung und ihrer Beilagen. Daraus folgt mit Nothwendigkeit, daß die Ertheilung des Patents, um gesetzmäßig zu sein, nicht anders als auf Grund der Anmeldung, welche in dieser Weise bekannt gemacht worden war, erfolgen kann. Mit dieser Anmeldung muß der Ertheilungsbeschluß sachlich übereinstimmen. ( . . . ) Die Folge davon ist, daß bei einer den ganzen Patentgegenstand erfassenden Nichtübereinstimmung zwischen dem Ertheilungsbeschluß und der bekannt gemachten Anmeldung überhaupt ein Patent nicht als ertheilt gelten kann, weil was gewährt, nicht öffentlich begehrt, und was öffentlich begehrt, nicht gewährt worden war.15

Zweck des Aufgebotsverfahrens war es, Dritte vor der Patenterteilung an der Prüfung der angemeldeten Erfindung zu beteiligen. Der Verkehr, der von der späteren Patentwirkung betroffen war, hatte Gelegenheit, einer Erteilung zu widersprechen. Das sollte helfen, den unkörperlichen Erfindungsgedanken genauer zu umschreiben und die Entstehung ungerechtfertigter Ausschlussrechte zu verhindern. Das Patent wurde auf der Grundlage der gesamten Vorprüfung erteilt, so dass die vorherige Auslegung „unerläßliche Voraussetzung“ und nicht bloße Ordnungsvorschrift war. Das RG verglich die formell mangelbehaftete Erteilung mit einem nicht verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetz, das ebenso keine Geltung verdiene.16 Gleichwohl hütete es sich, bei Nichtübereinstimmung von bekannt gemachter Anmeldung und Erteilungsbeschluss das Patent als unwirksam anzusehen. Unwirksam war die Erteilung nur, wenn die Nichtübereinstimmung sich auf den „ganzen Patentgegenstand“ bezog. Hingegen galt bei teilweiser Nichtübereinstimmung alles als patentiert, was öffentlich ausgelegt war. Insbesondere beeinträchtigte es nicht die Wirksamkeit des Patents, wenn der Anspruch nach der Bekanntmachung eingeschränkt wurde. Mit der möglichen Unwirksamkeit unterstrich das RG die Bedeutung des Vorprüfungssystems gegenüber dem Anmeldesystem, da es die Wirksamkeit der patentamtlichen Erteilung zumindest teilweise von dem ord15 16

RG v. 11. 7. 1900 (I 406 / 99). RG v. 11. 7. 1900 (I 406 / 99); Bolze, GRUR 1892, 156, 158.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

nungsgemäßen Verfahren abhängig machte. Geschützt wurde dadurch die Öffentlichkeit in ihrem Recht, der Erteilung zu widersprechen, wenn die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorlagen. Zugleich setzte sich das RG über die nach dem PatG strenge Trennung der Zuständigkeiten hinweg. Durfte der Verletzungsrichter die ordnungsgemäße Erteilung prüfen und einem Patent ggf. jede Wirkung absprechen, schien das der ausschließlichen Zuständigkeit des PA für die Nichtigerklärung zu widersprechen. Hinzu kam, dass der Vergleich des Patents mit einem Gesetz hinkte, da den ordentlichen Gerichten keine Verwerfungskompetenz über Gesetze zustand. 1902 hatte das RG erneut in einem Nichtigkeitsverfahren über die Wirksamkeit einer Erteilung zu entscheiden.17 Zunächst führte es § 20 Abs. 3 Satz 1 an, nach welchem „bis zu dem Beschlusse über die Bekanntmachung der Anmeldung ( . . . ) Abänderungen der darin enthaltenen Angaben zulässig“ waren. Es schloss daraus, dass solche Abänderungen in einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zulässig seien, räumte jedoch ein, dass es sich bei § 20 Abs. 3 um eine bloße Ordnungsvorschrift handele.18 Das Urteil vom 11. 7. 1900 bestätigend stützte es seine Begründung auf § 23, indem es die Ausführungen des früheren Urteils z. T. wörtlich wiederholte. Für das Verletzungsverfahren fügte es hinzu: Sowohl für den von den ordentlichen Gerichten zu entscheidenden Patentverletzungsstreit, wie für das in den §§ 28 flg. des Patentgesetzes geregelte Verfahren ( . . . ) bildet es eine von Amtswegen zu prüfende Vorfrage, ob ein von der zuständigen Behörde in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen ertheiltes Patent vorhanden ist. Mag diese Vorfrage auch in vielen Fällen wegen des öffentlichen Glaubens, den die Behörden genießen, und wegen der für die Gesetzmäßigkeit ihres Handelns sprechenden Vermuthung lediglich auf Grund der gedruckten Patentschrift als im bejahenden Sinne erledigt betrachtet werden, so ändert das doch nichts daran, daß, wenn in einem gegebenen Falle Bedenken nach dieser Richtung hin durch die Parteiangaben oder den Akteninhalt nahe gelegt werden, die Vorfrage besonders geprüft und entschieden werden muß. Wird sie verneint, so wird im Patentverletzungsprozesse die Klage auf Untersagung oder Schadensersatz abzuweisen, im Nichtigkeitsverfahren aber wird auf Vernichtung des Scheinpatents zu erkennen sein, obschon § 10 des Patentgesetzes diesen Fall nicht vorsieht.19

Grundsätzlich war hiernach eine wirksame Erteilung zu vermuten, wenn nicht eine Partei die Wirksamkeit der Erteilung in Frage stellte. Dafür sprachen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die gedruckte Patentschrift. Nur ausnahmsweise sollte die Vermutung mit der Folge widerlegt werden können, dass die Wirksamkeit der Erteilung im Verletzungsprozess als Vorfrage zu prüfen und ggf. zu verneinen war.

17 18 19

RG v. 12. 2. 1902 (I 343 / 01). So auch Kohler, Handbuch, S. 290. RG v. 12. 2. 1902 (I 343 / 01).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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b) Die Entscheidung vom 5. 11. 1910 Diese Ansicht, welche die Literatur seit langem kritisierte,20 verwarf das RG erst 1910 anlässlich eines Nichtigkeitsverfahrens.21 Der Kläger hielt das angefochtene Patent wegen eines wesentlichen Mangels im Erteilungsverfahren für nichtig, da der Inhalt der ausgelegten Ansprüche nicht mit dem der erteilten übereinstimme. Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung verneinte das RG, dass der angeführte Mangel der Bekanntmachung ein Nichtigkeitsgrund sei. An die Nichtbefolgung des § 23 knüpfe das PatG nicht ausdrücklich die Folge, dass die Erteilung unwirksam sei. Die frühere Begründung widerlegend führte das RG aus: Die Vergleichung mit einem nicht verfassungsmaßig zustande gekommenen Gesetze kann schon deshalb nicht durchschlagen, weil es sich bei der Unterlassung des Aufgebots nicht um eine Ausschaltung eines zur Mitwirkung bei dem Erteilungsbeschlusse berufenen Faktors handelt. ( . . . ) Das Gesetz überweist die Erteilung der Patente ausschließlich dem Patentamte und trifft für das von diesem zu befolgende Verfahren zur Feststellung der Patentwürdigkeit einer Anmeldung die in §§ 20 ff. enthaltenen Vorschriften ( . . . ). In Ermangelung einer abweichenden Bestimmung liegt am nächsten die Auffassung, daß dies Gebote sind, deren Befolgung der Amtspflicht der patenterteilenden Behörde anvertraut ist, nicht aber als Voraussetzung für die Gültigkeit des Erteilungsbeschlusses gewollt ist ( . . . ).22

Eine Nachprüfung der Erteilung anhand der Verfahrensvorschriften konnte niemals Sache der ordentlichen Gerichte sein. Das RG wähnte in der Prüfung sogar einen Eingriff in die Verwaltungstätigkeit des PA. Als zentrale Voraussetzung der Erteilung stärkte es die Bedeutung des patentamtlichen Erteilungsbeschlusses. Zu einschneidend sei die Rechtsfolge der Unwirksamkeit. Zwar beruhe das Erteilungsverfahren auf der Verbindung des Vorprüfungs- und des Aufgebotssystems, das letztere sei jedoch nicht immer notwendig.23 Es verdiene keine übermäßige Gewichtung, zumal alle Einwände noch im Nichtigkeitsverfahren vorgebracht werden konnten, ohne präkludiert zu sein. Ein mangelhaft erteiltes Patent konnte vernichtet werden, hingegen würde die Unwirksamkeit aufgrund mangelhafter Erteilung den Anmelder eines materiell berechtigten Patents schutzlos lassen.24 Schließlich könnte während der ganzen Dauer eines Patents ein Streit über seine wirksame Entstehung über mehrere Instanzen ausgetragen werden. Das führte nicht nur zu großer Unsicherheit, sondern machte auch die Ausschlussfrist des § 28 20 Kent, S. 345, stellte dar, dass die ordentlichen Gerichte die Rechtmäßigkeit der Patenterteilung nicht überprüfen, nicht einmal schwerwiegende materielle Verstöße berücksichtigen durften, und ihnen folglich auch die Prüfung der ordnungsgemäßen Erteilung entzogen war. 21 RG v. 5. 11. 1910 (I 500 / 09). 22 RG v. 5. 11. 1910 (I 500 / 09). 23 Gemäß § 23 Abs. 5 konnten militärisch genutzte Erfindungen geheimgehalten werden. 24 Bestenfalls hätte er, vom PatG nicht vorgesehen, die Anmeldung erneut angehen können; er wäre aber bis zur Bekanntmachung der neuen Anmeldung schutzlos geblieben. Schlechter noch stünde er da, wenn er die Anmeldung nicht hätte wiederholen können, weil er trotz Offenbarung seinen materiell gerechtfertigten Schutz verloren hätte.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Abs. 3 PatG 1891 nahezu unnötig. Aus diesen Gründen fand seit 1910 keine gerichtliche Prüfung behaupteter Mängel des Erteilungsverfahrens mehr statt.

c) Die vorläufige Schutzwirkung durch Anmeldung und Bekanntmachung War ein Patent zur Zeit der Verletzung noch nicht erteilt, die Erfindung jedoch angemeldet und bekannt gemacht, war der Patentsucher einstweilen patentrechtlich geschützt. Dieser Schutz der Anmeldung war in § 23 Abs. 1 (§ 22 Abs. 1 a.F.) geregelt, der besagte:25 § 22 Abs. 1 PatG 1877 Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Ertheilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen, so verfügt es die Bekanntmachung der Anmeldung. Mit der Bekanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patentes ein (§§. 4, 5).

§ 23 Abs. 1 PatG 1891 Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Ertheilung eines Patents nicht für ausgeschlossen, so beschließt es die Bekanntmachung der Anmeldung. Mit der Bekanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein (§§. 4 und 5).

Voraussetzung nach S. 1 war, dass der Patentsucher die Erfindung angemeldet und das PA sie einer Vorprüfung unterzogen hatte. Bevor es die Anmeldung bekannt gemacht hatte, fand nach dem PatG kein Schutz statt.26 Der fehlende patentrechtliche Schutz schloss gleichwohl nicht die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Schutzmittel aus: Auch hier ist grundsätzlich daran festzuhalten, daß die materiellen Bestimmungen des Pat.Ges. einer Ergänzung durch das allgemeine bürgerliche Recht fähig und bedürftig sind. Es kann jedoch die wissentliche Benutzung einer angemeldeten, aber noch nicht bekannt gemachten Erfindung für sich allein als Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 B.G.B. nicht angesehen werden. Es müssen besondere Umstände vorliegen, welche die wissentliche Benutzung als Verletzung des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kennzeichnen.27

Griff der Anmelder auf die allgemeinen Vorschriften zurück, waren hieran besondere Anforderungen zu stellen. So reichte es für § 826 BGB nicht aus, dass die Erfindung trotz eines Warnschreibens des Anmelders benutzt wurde, gefordert war eine speziell sittenwidrige Benutzung.28 Der spezialgesetzliche Patentschutz sollte 25 Das PatG 1891 ersetzte zur sprachlichen Anpassung nur das Wort „verfügt“ durch „beschließt“. 26 RG v. 13. 3. 1912 (I 164 / 11). Der Bekanntmachungsbeschluss stellte im Erteilungsverfahren die wesentliche Zäsur zwischen der patentamtlichen Vorprüfung und dem Aufgebotsverfahren dar. 27 RG v. 13. 3. 1912 (I 164 / 11). 28 Die Warnung begründete allenfalls die Kenntnis des Benutzers von der Anmeldung, nicht aber eine Sittenwidrigkeit.

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frühestens mit der Bekanntmachung einsetzen und nicht schon vorher durch die allgemeinen Regeln unterlaufen werden. Die Bekanntmachung bestand aus zwei Teilen, der Veröffentlichung und der Auslegung. Das PatG ordnete an, den Namen des Patentsuchers und den wesentlichen Inhalt seiner Anmeldung im Reichsanzeiger zu veröffentlichen und gleichzeitig die Anmeldung und sämtliche Beilagen zu jedermanns Einsicht im PA auszulegen.29 In der Praxis wurde lediglich der Gattungsbegriff, dem die Erfindung untergeordnet war, veröffentlicht. Diese Bekanntmachung gewährte der Allgemeinheit Einblick in die Erfindung und machte es notwendig, dem Anmelder einen vorläufigen patentrechtlichen Schutz für die Zeit des weiteren Erteilungsverfahrens, auf dessen Dauer er keinen Einfluss hatte, zukommen zu lassen. Das Gesetz erreichte das, indem es der Anmeldung in S. 2 einstweilen die gesetzliche Patentwirkung zukommen ließ. Nach § 23 Abs. 1 (§ 22 Abs. 1 a.F.) traten „für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein (§§. 4, 5).“ Der Gegenstand der Anmeldung war die Erfindung, die entsprechend nach Erteilung Gegenstand des Patents war. Der Verweis auf die Kernvorschrift des § 4 hatte zur Folge, dass der Patentsucher die Unterlassung von Verletzungen seiner bekannt gemachten Erfindung verlangen konnte: Nach § 23 des Patentgesetzes hat der Beklagte Anspruch darauf, ( . . . ) einstweilen so behandelt zu werden, als sei das angemeldete Patent ertheilt. Er darf Handlungen, welche das ertheilte Patent verletzen würden, so abwehren, als sei das Patent ertheilt.30

Aus der Formulierung des RG ging nicht ausdrücklich hervor, ob dem Patentsucher über den Unterlassungsanspruch hinaus der strafrechtliche und der obligatorische Schutz zustanden. Es musste diese Frage vorliegend nicht entscheiden. Gleichwohl schien es davon auszugehen, dass § 23 den Patentsucher einem Patentinhaber gleichstellte. Deutlicher trat diese Ansicht in früheren Entscheidungen zutage, die eine Ausdehnung des einstweiligen Schutzes auf die straf- und haftungsrechtliche Erheblichkeit nicht weiter problematisierten. Das RG ließ keinen Zweifel daran, dass der angemeldeten und bekannt gemachten Erfindung auch dieser Schutz zukam.31 Für den Entschädigungsanspruch führte das RG aus: Die Annahme des Oberlandesgerichts, daß dieser einstweilige Schutz niemals einen Entschädigungsanspruch auf Grund des § 35 des Gesetzes begründen könne, weil in § 23 nicht auf die §§ 35 ff. verwiesen und in § 35 nicht auch § 23 erwähnt werde, erscheint rechtsirrthümlich. Die Bekanntmachung der Anmeldung bewirkt das Eintreten des gesetzlichen Schutzes in dem ganzen Umfange der §§ 4 und 5.32

§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 23 (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 a.F.). RG v. 22. 2. 1894 (I 513 / 93). 31 RG v. 5. 7. 1890 (I 120 / 90); RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 22. 2. 1894 (I 513 / 93). 32 RG v. 11. 7. 1903 (I 132 / 03). 29 30

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Es begründete die Anwendbarkeit des § 35 damit, dass Verletzter i.S.d. Vorschrift jeder sei, dessen Rechte aus § 4 beeinträchtigt seien, „auch wenn der gewährte Rechtsschutz nur ein einstweiliger ist.“ § 23 habe ohne Einschränkung und klar zum Ausdruck gebracht, dass zugunsten des Anmelders die gesetzlichen Patentwirkungen eintreten. Inhaltlich unterlag der einstweilige Schutz den gleichen Einschränkungen wie das Patent. Der Anmelder sollte durch § 23 nur so gestellt werden, als sei das Patent bereits erteilt, nicht aber besser gestellt sein. Ausdrücklich verwies § 23 auf § 5, so dass eine bereits vor der Anmeldung in Benutzung genommene Erfindung auch nach der Bekanntmachung der Anmeldung weiterbenutzt werden durfte. Maßgeblich für § 5 blieb der Zeitpunkt der Anmeldung, nicht der spätere Zeitpunkt der Bekanntmachung.33 Damit war der einstweilige Schutz der Anmeldung nach § 23 einem vorgezogenen Patentschutz, geltend von der Bekanntmachung bis zur Erteilung, vergleichbar. Die gesetzlichen Patentwirkungen traten für die Anmeldung „einstweilen“ ein. Zum einen kam für den Fall, dass später ein Patent erteilt wurde, ein vorläufiger Schutz zum Ausdruck, der mit Erteilung nahtlos in den Patentschutz überging. Der Schutz der Anmeldung glich in seiner Wirkung bereits dem uneingeschränkten patentrechtlichen Schutz. Auf der anderen Seite hing der vorläufige Schutz davon ab, dass tatsächlich später ein Patent entstand. Versagte das PA die Erteilung, weil Dritte im Aufgebotsverfahren erhebliche Einwände erhoben hatten, war der vorläufige Schutz nicht nur zu beenden, sondern vielmehr rückwirkend aufzuheben. Eine schutzwürdige Rechtsposition hatte, wie sich im Erteilungsverfahren herausgestellt hatte, zu keiner Zeit bestanden. Geregelt war diese Folge in § 27 Abs. 2 Satz 3 (§ 26 Abs. 2 Satz 2 a.F.): § 26 Abs. 2 PatG 1877 Wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. Mit der Versagung gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten.

§ 27 Abs. 2 PatG 1891 Wird die Anmeldung nach der Veröffentlichung (§ 23) zurückgenommen oder wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. Die eingezahlte Jahresgebühr wird in diesen Fällen erstattet. Mit der Versagung des Patents gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten.

Fiel die Wirkungsfiktion weg, wurde weiter fingiert, dass die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten galten. Die Versagung hatte für die Anmeldung die gleiche Wirkung wie die Nichtigerklärung für ein erteiltes Patent. Rechtlich stellte sie das Ereignis dar, durch welches der vorläufige Schutz auflösend bedingt war. Alles, was aufgrund des einstweiligen Schutzes erlangt war, war nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben.34 RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 22. 2. 1894 (I 513 / 93). RG v. 11. 7. 1903 (I 132 / 03); RG v. 22. 3. 1912 (III 354 / 11). Gülland, S. 226, bemerkte, dass die Rechtsfolge des § 27 (§ 26 a.F.) absolut wirke, und nicht relativ wie beim Eintritt einer auflösenden Bedingung. 33 34

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Die rückwirkende Kraft verhinderte, dass der Anmelder Ansprüche wegen früherer Eingriffe hatte. Wurde einem Verletzungskläger im Laufe des Prozesses das Patent endgültig versagt, so war seine Klage von Anfang an unbegründet und eine Erledigterklärung ausgeschlossen. Die Versagung war, wie die Vernichtung, noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.35 Gleichwohl bestand Schutz bis zum endgültigen Abschluss des Erteilungsverfahrens. Gegen den Versagungsbeschluss war eine Beschwerde zulässig.36 Erst mit der endgültigen Versagung, „also nicht schon dann, wenn die Anmeldeabtheilung des Patentamts das Patent verweigert, sondern erst dann, wenn deren Beschluß bestätigt oder durch Fristablauf rechtskräftig geworden ist,“ erlosch der vorläufige Schutz.37

2. Das Reichspatent contra Landes- und ausländische Patente Der Wortlaut des § 4 nannte das „Patent“, ohne es ausdrücklich als Reichspatent zu bezeichnen. Das Tatbestandsmerkmal war nach zwei Richtungen abzugrenzen. Einerseits war zu prüfen, ob auch ehemalige Landespatente erfasst waren. Andererseits war die Rolle ausländischer Patente im deutschen Patentschutz zu klären. Soweit es um Landespatente ging, die zur Zeit des Inkrafttretens des PatG bestanden, galten für sie nach dem Fünften Abschnitt des PatG 1877 die landesgesetzlichen Bestimmungen fort. Zudem konnte der Inhaber sein Landespatent in ein D.R.P. umwandeln.38 Das war nur sinnvoll, wenn das PatG Landespatente nicht ohnehin wie Reichspatente nach § 4 schützte. Für ausländische Patente hingegen gab es keine Sondervorschriften. Der Erste Abschnitt des PatG behandelte die Voraussetzungen deutscher Patente, schloss aber ausländische Patente nicht ausdrücklich aus. Wie in allen Patentgesetzen galt auch im deutschen Patentrecht der Territorialitätsgrundsatz, nach dem die Wirkungen eines Patents auf das Gebiet des erteilenden Staats beschränkt waren.39 Das ließ vermuten, dass das deutsche Patentrecht keinen zivilrechtlichen Schutz gegen Verletzungen RG v. 5. 7. 1890 (I 120 / 90); RG v. 16. 3. 1907 (I 421 / 06); Isay (1926), S. 469 f. § 26 Abs. 1 Satz 1 (§ 25 Abs. 1 Satz 1 a.F.). 37 RG v. 22. 11. 1902 (1 B 75 / 02); RG v. 16. 3. 1907 (I 421 / 06); RG v. 22. 3. 1912 (III 354 / 11). 38 § 41 bzw. §§ 42 ff. Anders als bei der Patenterteilung nach dem neuen Gesetz, die jeder erste Anmelder nach § 3 beanspruchen konnte, war die Umwandlung nach § 42 nur dem Inhaber eines bestehenden Landespatents möglich. Hierfür galt mit Rücksicht auf die verschiedenen früheren Landesgesetzgebungen ein besonderes Verfahren, RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). 39 Dieselbe Erfindung konnte folglich in mehreren Staaten patentiert werden, wobei die verschiedenen Patente voneinander gänzlich unabhängig waren, Isay (1920), S. 204. Vorliegend wird allein der patentrechtliche Schutz behandelt. RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90) zog ferner in Erwägung, dass ein in England nach dortigem Recht entstandener deliktischer Schadenersatzanspruch, z. B. wegen Eingriffs in den Gewerbebetrieb des Patentinhabers, in Deutschland verfolgbar sei, ohne näher auf das Internationale Privatrecht einzugehen. Siehe ferner S. 310. 35 36

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ausländischer Patente vorsah, ob im In- oder Ausland von Deutschen oder Ausländern verübt.

a) Die Entscheidung vom 2. 10. 1886 Das RG entschied 1886 einen Markenschutzfall, gelegentlich dessen es auch zum Schutz ausländischer Patente vor inländischen Verletzungen erstmals Stellung nahm. Darin ging es zunächst um eine deutsche Marke, die im Ausland verletzt worden war. Die Instanzgerichte hielten das Markenschutzgesetz für nicht anwendbar, weil es seine Geltung über die Grenzen hinaus nicht ausdrücklich ausspreche. Das RG befand: Natürlich findet der Rechtsschutz, den ein Staat zu gewähren vermag, insofern seine Grenze in seiner Machtsphäre, als er dem Verletzten die Genugthuung nur zu verschaffen vermag, soweit ihm über Vermögensobjekte des Verletzers die Macht zusteht ( . . . ). Daraus läßt sich indessen durchaus nicht der Schluß ziehen, daß der Staat, wo er gesetzgeberisch zum Schutze von Rechten einschreitet, diese Rechte als nur in solcher räumlichen Beschränkung existirend oder schutzberechtigt ansehen will, daß sie gegen Verletzungen im Inlande reagiren können, so daß eine solche Selbstbeschränkung auch für solche Fälle anzunehmen wäre, in denen die Machtmittel des Staates zur Erlangung der Genugthuung wirksam wären.40

Nach einem allgemeinen Grundsatz begrenzte das RG die Anwendbarkeit eines deutschen Gesetzes auf Sachverhalte, bei denen der Schutz mit den gegebenen Mitteln der Zwangsvollstreckung durchsetzbar war, im wesentlichen also Vermögen im Inland dem Zugriff offen stand. Umgekehrt aber hatte das nicht zur Folge, dass der Schutz auf Fälle inländischer Verletzungen beschränkt sein solle, wenn dem Staat trotz ausländischer Verletzungen oder Verletzer Mittel zur Rechtsdurchsetzung gegeben seien. Die Verfolgbarkeit war bei derartigen Fällen Voraussetzung, um Rechtsschutz zu gewähren. Lag sie vor, sagte das noch nichts über mögliche Einschränkungen der tatbestandlichen Anwendbarkeit aus. Das RG fuhr fort: Es kommt vielmehr auf eine nähere Würdigung des betreffenden Gesetzes selbst nach der Richtung an, ob das Gut, auf dessen Rechtsschutz das Gesetz abzielt, seiner Natur nach der räumlichen Beschränkung auf das Inland unterliegt oder ob, falls dies nicht der Fall, solche Beschränkung doch vom Gesetze gewollt ist oder bei Zugrundelegung eines vernünftigen Zweckbestrebens auch nur gewollt sein kann.41

Die Begründung der Instanzgerichte war damit entkräftet. Es kam darauf an, ob sich aus der Natur des Rechtsguts oder dem Willen des Gesetzgebers eine räumliche Beschränkung ergab. Die Verfolgbarkeit vorausgesetzt, war nunmehr das materielle Recht einer Prüfung zu unterziehen. Für inländische Marken- oder Firmenrechte bejahte das RG einen Schutz gegen ausländische Verletzungen und wider40 41

RG v. 2. 10. 1886 (I 237 / 86). RG v. 2. 10. 1886 (I 237 / 86).

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sprach damit den Instanzgerichten, die den Patentschutz analog zur Begründung herangezogen hatten. Das veranlasste das RG zu vermerken, dass dieser unter einem ganz anderen Gesichtspunkt stehe und keine Bedeutung für die Anwendbarkeit des Markenschutzes habe.42 Es führte zur hier interessierenden Frage nach dem Rechtsschutz für ausländische Patente aus: Vor allem wird aber bei dem Versuch, im Wege der Analogie aus dem Patentgesetz vom 25. Mai 1877 Folgerungen zu ziehen, die grundsätzliche Verschiedenheit der durch das Patentgesetz und das Markenschutzgesetz geschützten Berechtigungen, wie sie aus der Behandlung durch diese Gesetze bei Vergleichung ihres ganzen Inhalts hervortritt, übersehen. Das durch das Patent der Erfindung zuerkannte Ausschließungsrecht beschränkt sich nicht deshalb auf das Inland, weil in §. 4 nicht ausdrücklich vom Auslande die Rede ist, sondern weil allerdings das Patent nach dem Willen des Gesetzgebers nicht über das Inland hinaus wirken soll. Der Unterschied tritt deutlich darin hervor, daß gerade das Patentgesetz im Auslande erworbenen Patenten auch nicht unter besonderen Bedingungen im Inlande Schutz verleiht ( . . . ). Während Namen und Firma für die Warenbezeichnung ( . . . ) als natürliche Bethätigung der Persönlichkeit gelten, ( . . . ), ist das ertheilte Patent als ein für die Grenzen des Staates, in welchem es ertheilt, verliehenes Privilegium, das ja auch zeitlich beschränkt ist, aufgefaßt und die Wirksamkeit für fremde Länder ist deren Patentertheilungen überlassen. Diese Beschränkung auf das Inland tritt übrigens auch in §. 5 Absatz 1 und 3 ausdrücklich hervor und war auch in den Motiven zum Gesetzentwurf §. 4 ausgesprochen, vergl. Drucks. der 3. Legislaturperiode des Reichstags I. Session 1877 No. 8 Seite 21.43

Ausländischer Patente genossen damit keinen Schutz nach dem PatG. Indem das RG den klassischen Begriff des „Privilegium“ benutzte, verwies es indirekt auf die örtlich beschränkte Hoheitsgewalt des erteilenden Staats.44 Es legte den in § 5 zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen dar, den ausländischen Patentschutz jenseits und den inländischen diesseits der zwischenstaatlichen Grenzen enden zu lassen.45 Der Verweis auf § 5 Abs. 1 und Abs. 346 konnte indessen nur die Beschränkung deutscher Patente rechtfertigen, nicht aber die Schutzverweigerung für ausländische Patente begründen. Die in § 5 geregelten Ausnahmen wären in Entsprechend später RG v. 14. 11. 1889 (VI 186 / 89); RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90). RG v. 2. 10. 1886 (I 237 / 86). 44 Später ausführlicher RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II: „Das Patentrecht ( . . . ) wird aber von dem Reichspatentamt ertheilt für das Deutsche Reich. Das Recht auch außerhalb des Deutschen Reiches ein Verfahren ausschließlich anzuwenden kann das deutsche Patentamt Niemandem verleihen. Deshalb ist Jeder, er sei Deutscher oder Ausländer, befugt, außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs ein im Deutschen Reich patentiertes Verfahren anzuwenden ( . . . ), wenn er nur nicht durch ein für das Land der Herstellung ( . . . ) von der zuständigen Behörde dieses Landes ertheiltes Patent daran behindert wird.“ 45 Zum Territorialitätsgrundsatz siehe S. 310. 46 § 5 Abs. 1 Satz 1: „Die Wirkung des Patents tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher zur Zeit der Anmeldung bereits im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte.“ § 5 Abs. 3: „Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht.“ 42 43

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gleicher Weise ausländischen Patenten gegenüber sinnvoll gewesen. Schließlich lässt sich auch den Motiven an der vom RG zitierten Stelle kein Hinweis für die rechtliche Behandlung ausländischer Patente entnehmen. Das RG setzte ohne überzeugende Begründung, aber systematisch zutreffend, ein „Reichspatent“ voraus. b) Die Entscheidung vom 18. 6. 1890 Vier Jahre später lag ihm erstmals ein Fall vor, in dem es unmittelbar um ein ausländisches Patent ging.47 Die Beklagte hatte das englische Patent der Kläger „in England und sonst“ verletzt. Weil beide Parteien deutsch waren, verlangten die Kläger nun vor deutschen Gerichten Schadenersatz, gestützt auf ihr englisches Patent. Wie die Vorinstanzen wies das RG das klägerische Begehren zurück, weil „das englische Patent nur für England ertheilt sei“. Dabei verneinte es zunächst die Verfolgbarkeit nach englischem Recht48 und wandte sich dem deutschen materiellen Recht zu. Die geltende Gewerbefreiheit dürfe nur von deutschen Gesetzen eingeengt werden, z. B. durch das PatG. Ausdruck fand hier die Ansicht des RG, Patente seien gesetzesähnliche Spezialregelungen: Damit ist in keiner Weise die Wirksamkeit ausländischer Patente über die Grenzen des Territoriums, für welches sie verliehen sind, unter Schutz gestellt. Es ist auch damit nicht eine Klage wegen Verletzung ausländischer Patente sei es im Inlande, sei es im Auslande eröffnet. Man darf nicht aus den verschiedenen Patentgesetzen der einzelnen Kulturstaaten einen allgemeinen Satz ableiten, es werde das Erfinderrecht geschützt. Ein solcher allgemeiner Satz wäre eine Abstraktion, welche nicht geeignet ist das, was sich in verschiedenen Gesetzgebungen Gleichmäßiges findet, zu einem gemeinsamen Recht zu machen. Man kann ferner nicht daraus, daß der Verkehr unter den Einwohnern der Kulturstaaten den für das heutige Rechtsbewußtsein selbstverständlichen Satz erzeugt hat, daß das in dem einen Staat nach dessen Gesetzen erworbene Eigenthum, im Allgemeinen die in einem Staate erworbenen Vermögensrechte, auch in dem anderen Staate geschützt werden, ableiten, daß in den Staaten, welche ein geistiges oder gewerbliches Eigenthum anerkennen, nun auch das geistige oder gewerbliche Eigenthum, welches in dem einzelnen Staate nach dessen Gesetzgebung schutzberechtigt geworden ist, in dem anderen Staate wenigstens soweit geschützt werden müsse, als es sich um Eingriffe handelt, welche innerhalb jenes Staates begangen sind oder abgewehrt werden sollen. In diesem Sinne ist, – man mag es beklagen, – das Erfinderrecht zu einem gemeinsamen Rechtsinstitut der Kulturstaaten noch nicht geworden, und der Richter kann es dazu nicht machen.49

Das RG stellte fest, dass das PatG sich allein auf deutsche Patente und das Inland bezog und den ebenfalls territorialen Schutz ausländischer Patente nicht auf Deutschland ausdehnen konnte. Es räumte ein, dass die Patenterteilungen verschiedener Staaten viel „Gleichmäßiges“ hervorbrachten, lehnte es aber ab, ein gemeinRG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90). „Soweit die Machtmittel dieses (scil. des englischen) Gesetzes nicht reichen, soweit hat jenes Verbot keine Bedeutung“, RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90). 49 RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90). 47 48

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sames zugrundeliegendes Recht anzuerkennen. Insbesondere erteilte es der Annahme eines internationalen Rechtsinstituts eine Absage, wenn auch viele „Kulturstaaten“ mittlerweile gewerbliche Schutzrechte hätten. Dabei wies es auf die grundverschiedenen Anforderungen der Staaten an Patente hin: Insonderheit hat nach dem deutschen Patentgesetze nicht derjenige, welcher erfunden hat, sondern derjenige, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe des Gesetzes angemeldet hat, den Anspruch auf Ertheilung des Patents, und er erlangt den Patentschutz erst durch die Verleihung des Patents. Die Verleihung und der Fortbestand des Patents sind aber abhängig von Zahlung einer Gebühr an das deutsche Reich in dessen Namen das Patent verliehen wird. So gewinnt das Erfinderrecht nicht wie das Eigenthum als wohlerworbenes Recht ein von dem Gesetz, kraft dessen Autorität es entstanden ist, und von den territorialen Grenzen dieses Gesetzes unabhängiges und selbstständiges Dasein; es bleibt auch in seinem Fortbestand von diesem Gesetz abhängig, und darum kann auch der Schutz des verliehenen Patents nicht über den Machtbereich des Gesetzes hinaus reichen.50

Nach deutschem Recht war nicht nur eine staatliche Verleihung Voraussetzung für die Entstehung des Patents, sondern auch eine gründliche Vorprüfung. Das und die hohen Patentgebühren, die der Staat laufend zur Aufrechterhaltung erhob, verliehen dem deutschen Patentschutz einen besonders hohen Wert und machten ihn zugleich vom Staat abhängig.51 In der Entscheidung tritt erstmals der Gedanke hervor, dass das RG den deutschen Patentschutz ausländischen Patenten wegen seiner besonderen Hochwertigkeit nicht zukommen lassen wollte.52 Auffällig ist, dass es stets die territoriale Beschränkung deutscher Patente als Grund anführte, ausländischen Patenten den Schutz zu verweigern, obwohl die Territorialität ausländischer Patente von der deutscher unabhängig war. Der praktische Gedanke, dass der Staat an den ausländischen Rechten nichts verdiente und ihnen deswegen keinen Schutz schuldete, kam nur versteckt zum Ausdruck.

c) Die weiteren Entscheidungen Schließlich lehnte das RG, wiederum vier Jahre später, den Schutz eines amerikanischen Patents ab, indem es wieder mit Verweis auf den Machtbereich des Erteilungsstaats feststellte: Ausländische Patente finden jedoch im Deutschen Reiche keine Anerkennung. Das durch die Ertheilung des ausländischen Patents begründete Verbot ( . . . ) äußert im Deutschen 50 51

RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90). Den besonderen Wert deutscher Patente erkannte auch das Ausland, Wilhelm, S. 103,

104. 52 Zu denken war bei einer Verletzung eines fremden Rechts ferner an einen Schutz nach bürgerlichem Recht, zumindest im Falle von schuldhaften oder sittenwidrigen Eingriffen, §§ 823, 826 BGB. Gleichwohl galt in Deutschland der Grundsatz der Gewerbefreiheit, der durch ausländische Verwaltungsakte in Form ausländischer Patenterteilungen nicht aufgehoben werden konnte. Für Patentrechte wollte zudem das PatG eine erschöpfende Regelung abgeben, Kent, S. 366.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Reich keine Rechtswirkungen, und daraus ergiebt sich, daß den ausländischen Patenten der Schutz durch die deutschen Behörden und insbesondere auch durch die deutschen Gerichte versagt ist. Das Patentrecht ( . . . ) ist abhängig von dem Gesetze, kraft dessen Autorität es entstanden ist, und der Schutz des verliehenen Patents wirkt nicht über den Machtbereich jenes Gesetzes hinaus.53

Das Patent war ein erteiltes und formelles Recht, es wirkte nicht kraft eigener Entstehung. Dadurch war es vom Machtbereich der Gesetze, nach denen es erteilt wurde, abhängig. Nur Staatsverträge konnten den Schutz ausdehnen. Auch in der Folgezeit verweigerte das RG mit Verweisen auf die genannten Urteile ausländischen Patenten den Schutz nach dem PatG.54 Es nahm dabei die Gefahr einer völligen Rechtsverweigerung hin, wenn im Staat des ausländischen Patents mangels dortiger Verfolgbarkeit vom Verletzer keine Genugtuung zu erlangen war. Geschützt war allein das Reichspatent.

3. Die Wirksamkeit des Patents Seine Schutzaufgabe konnte das entstandene Patent nur erfüllen, solange es wirksam war. Das PatG nannte mehrere Gründe, welche die Patentwirkung entfallen ließen, woraufhin die Erfindung der Allgemeinheit zur Benutzung frei stand.55 Zeitlich war das Patent auf die Patentdauer beschränkt und zudem abhängig von der Fortzahlung der Patentgebühr. Besondere Bedeutung kam der Nichtigerklärung zu, die das Patent rückwirkend beseitigte. Für den Schutz war es nicht in jedem Fall erforderlich, dass das Patent während der Verletzungsklage wirksam war. Maßgeblich war, dass die erforderliche Wirksamkeit im Zeitpunkt der Verletzung vorlag. Der konnte je nach Klagebegehren in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft liegen.56 Solange das Patent bestand, besaß es eine formale Legitimation. Durch das Erteilungsverfahren begründet, beließ sie dem Patent seine RechtsgülRG v. 30. 4. 1894 (IV 427 / 93). RG v. 13. 5. 1899 (I 111 / 99); RG v. 2. 5. 1902 (II 45 / 02); für Marken RG v. 7. 11. 1899 (II 199 / 244 / 99). Zugleich versagte es umgekehrt den Schutz für im Ausland begangene Verletzungen inländischer Patente; Zum Territorialitätsgrundsatz siehe S. 310. Entgegen stand auch nicht die Entscheidung des RG v. 20. 6. 1894 (I 173 / 94): das RG hatte eine einstweilige Verfügung bestätigt, die der Inhaberin eines französischen Patents die eigene Benutzung und Lizenzerteilung untersagte. Es ging also nicht um Rechte aus einem ausländischen Patent, sondern vielmehr um Rechte aus einem Vertrag über ein solches. 55 Im Patentverletzungsprozess waren die Wirksamkeitshindernisse nicht v.A.w. zu beachten. Hatten z. B. PA oder RG das streitgegenständliche Patent für nichtig erklärt, oblag dieser rechtsvernichtende Einwand und ggf. die Beweislast dem Prozessgegner des Patentinhabers. Dogmatisch handelte es sich um materielle Einreden und Einwendungen, von denen einzelne im Fortgang der Arbeit behandelt werden, siehe S. 365 ff. 56 In erster Linie kam bei vergangenen Verletzungen die Schadenersatzklage, bei gegenwärtigen die Unterlassungs- oder Feststellungsklage, und bei zukünftigen die Unterlassungsklage in Betracht. Das Erlöschen konnte das nach § 256 ZPO erforderliche besondere Interesse beseitigen, RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97). 53 54

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tigkeit, solange nicht das Gegenteil von der zuständigen Behörde im vorgesehenen Verfahren festgestellt war. Einreden, die die Patentfähigkeit anzweifelten, blieben daher im Verletzungsstreit grundsätzlich unbeachtlich. Es war jedoch möglich, das Verfahren auszusetzen und Klarheit über die Einreden im Nichtigkeitsverfahren zu schaffen.

a) Der Wegfall der Wirksamkeit Ein Patent verlor seine Wirksamkeit durch Ablauf seiner Schutzfrist,57 Verzicht58 oder Nichtzahlung der Gebühren,59 Nichtigerklärung60 oder Zurücknahme.61 Die gesetzliche Höchstdauer beschränkte das Patentrecht in zeitlicher Hinsicht. Die Enquete hatte die Möglichkeit verworfen, dem Patent bei Erteilung eine individuelle Schutzdauer in Abhängigkeit von seiner Bedeutung zu gewähren,62 und eine Geltungsdauer von 15 Jahren beschlossen.63 Der häufigste Fall des Wirkungsverlusts war die Nichtzahlung der Gebühren, wenn die Verwertung der Erfindung die hohen Kosten nicht deckte.64 Folge war jeweils, dass die Erfindung frei wurde.65 Darüber hinaus erloschen alle von dem Patent abgeleiteten dinglichen Rechte.66 Eine freie Erfindung konnte jeder ohne Verletzungsgefahr verwerten. 57 § 7 sah eine 15jährige Patentdauer vor; da kaum ein Patent so lange bestand, spielte die Unwirksamkeit wegen Zeitablaufs in Verletzungsprozessen keine Rolle, siehe ferner RG v. 19. 6. 1918 (I 49 / 18). 58 Vgl. RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). 59 § 9 behandelte das vom Patentinhaber verursachte Erlöschen des Patents. Obwohl das Gesetz nur hier bemerkte, dass das „Patent erlischt“, verlor es seine Wirksamkeit ebenso durch Zeitablauf und richterliches Urteil, §§ 7, 10, 11, sowie wegen Nichtzahlung der Patentgebühr, RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97). Zur Höhe der Gebühren siehe Fn. 276 des 1. Abschnitts. Unter bestimmten Voraussetzungen konnte die Gebührenzahlung für die ersten beiden Jahre gestundet und sogar erlassen werden, § 8 a.E. 60 Gründe für die ex tunc wirkende Nichtigkeit regelte § 10. 61 Nach drei Jahren konnte ein Patent unter den Voraussetzungen des § 11 ex nunc zurückgenommen werden. 62 Es erschien unmöglich, diese im voraus für den Einzelfall zu bestimmen, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 22 f.; eine Verlängerungsmöglichkeit des Schutzes lehnte die Kommission ab, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 15 f. 63 Der Lauf der Frist begann mit dem auf die Anmeldung folgenden Tag, § 7 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz (§ 7 Satz 1, 2. Halbsatz a.F.), so dass das Patent selbst nie 15 Jahren lang galt. Das Zusatzpatent erreichte sein Ende mit dem Hauptpatent, § 7 Abs. 1 Satz 2 (§ 7 Satz 2 a.F.). 64 Siehe S. 76, Tabelle 1. 65 Siehe für die Nichtigerklärung RG v. 2. 6. 1894 (I 66 / 94): „Nachdem das angefochtene Patent erloschen und mit dem Wegfall des Patentschutzes sein Gegenstand dem freien Verkehr anheimgefallen ist, ( . . . )“. Dem Patentinhaber, der zugleich Erfinder war, verblieb nur das Erfinderpersönlichkeitsrecht, sofern das Patent nicht aus Gründen seiner fehlenden Erfindereigenschaft erloschen war, RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). 66 Das waren insbesondere das Ausnutzungsrecht, zudem ein Nießbrauch, ein Pfandrecht oder eine Lizenz, Kent, S. 731.

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aa) Das Erlöschen kraft Gesetzes Nicht jedem Erlöschen lag, wie bei Nichtigerklärung oder Zurücknahme, ein staatliches Handeln zugrunde. Erlosch das Patent wegen Zeitablaufs, Verzichts oder Nichtzahlung der Patentgebühr, stellte sich die Frage, ob es unmittelbar unwirksam wurde, oder ob ein staatlicher Akt hinzutreten musste, der die Wirksamkeit entzog. Zwar setzte die Entstehung des Patents eine staatliche Erteilung voraus, für das Erlöschen ließen sich daraus jedoch keine Schlüsse ziehen. Vielmehr hätte es allen praktischen Erwägungen widersprochen, dem PA für tausende von Patenten die Pflicht aufzuerlegen, Dauer und Gebührenzahlungen zu überwachen und ggf. das Erlöschen auszusprechen. Das RG berührte diese Frage nur am Rande, als es im Jahr 1882 über ein Landespatent entschied, das entgegen einer bei Erteilung gestellten Bedingung nicht zur Ausführung gebracht war: Einer Zurücknahme ( . . . ) bedurfte es jedoch so wenig, wie einer Publikation der Erlöschung; ersterer nicht, weil das fragliche Patent in Gemäßheit der darin enthaltenen Androhung durch die Nichterfüllung der gestellten Bedingung ( . . . ) von selbst erlosch; letzterer nicht, weil die Herbeiführung der Wirkung dieser Erlöschung nämlich der Nichtigkeit des Landespatents, von einer öffentlichen Nichtigkeitserklärung weder nach allgemeinen Grundsätzen noch nach der Uebereinkunft vom 21. September 1842 abhängig war.67

Obgleich der Entscheidung noch ein Landespatent zugrunde lag und das einheitliche PatG keine Bedingungen kannte, die das PA individuell bei Erteilung stellen konnte und deren Einhaltung sich unmittelbar auf den Bestand des Patents auswirkte,68 ging das RG selbstverständlich davon aus, dass ein Patent von selbst erlosch und „nach allgemeinen Grundsätzen“ keiner öffentlichen Nichtigkeitserklärung bedurfte. Die „allgemeinen Grundsätze“ waren nicht nur in den bürgerlichrechtlichen Regeln zu Bedingungen zu finden. Vielmehr bestand ein öffentliches Interesse, nicht fortwährend von Erfindung und Fortschritt ausgeschlossen zu werden.69 Diesem Interesse entsprach, dass die Erfindungsidee nach Ablauf der Schutzdauer in das geistige Gemeingut fiel. Eine Mitwirkung des Staats erachtete das RG weder in Form der Zurücknahme noch in Form der Bekanntmachung des Erlöschens für erforderlich. Weitere Aussprüche zu der Frage, durch welche Handlung ein Patent endete, hielt das RG nicht mehr für nötig. Es ging davon aus, dass Patente in den beRG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). Der Ausführungszwang i.S.d. § 11 Nr. 1 PatG 1877 hatte enge Voraussetzungen. Eine Mißachtung konnte folgenlos bleiben oder zu einem Zurücknahmeverfahren führen. 69 Grundidee des Patentrechts war es, den technischen Fortschritt zum Wohl der Allgemeinheit zu fördern. Nur ein Ausschluss auf Zeit und die Offenbarung rechtfertigten das Schutzrecht. Eine Begrenzung der Laufzeit war allen Patentgesetzen gemein. Wegen der fehlenden Individualität der Erfindung schuf der Erfinder nicht etwas, was ohne ihn ungeschaffen geblieben wäre, Schanze, Recht der Erfindungen, S. 338, mit Zitat von Wirth (Fn. 75). Damme, S. 349 f., sah den Anmelder als Lehrer der Nation und die Dauer als Lehrzeit. Kohler, Handbuch, S. 58, sah die Zeitlichkeit in der Natur des Immaterialguts begründet. 67 68

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nannten Fällen kraft Gesetzes erloschen.70 Der maßgebliche Zeitpunkt für den Wegfall der Wirkung richtete sich nach dem jeweiligen Grund des Erlöschens. Erreichte ein Patent das Ende seiner Schutzdauer, erlosch es mit Ablauf des letzten Tages derselben. Der Verzicht hob die Patentwirkung mit Eingang seiner Erklärung beim PA auf. Im Fall der Nichtzahlung der Gebühren endete das Patent mit Ablauf des letzten Tages desjenigen Patentjahres, für welches die Gebühren noch entrichtet waren.71 Fiel das Ende der Lauffrist in einen rechtshängigen negatorischen Prozess, war er für erledigt zu erklären.72 Für die Zukunft war weder eine Verletzung des erloschenen Patents möglich, noch ein Verbietungsrecht des Inhabers gegeben. Hingegen berührte es den Verletzungsprozess, soweit keine Entschädigungsverpflichtung mehr für die Zeit nach Ablauf bestand.73 Entsprechend kam eine Geltendmachung der Rechte aus dem Patent nicht in Betracht, wenn es durch Nichtzahlung der Patentgebühren erloschen war.74 bb) Die Nichtigerklärung des Patents Anders als bei den zuvor behandelten Erlöschensgründen kannte das PatG keine „ipso iure“ eintretende Nichtigkeit. Über diese entschied stets das PA oder in der Berufung das RG im Nichtigkeitsverfahren.75 Erklärten PA oder RG ein Patent für nichtig, so beseitigte die Entscheidung das Patent rückwirkend.76 Der Verletzungsrichter hatte die Vernichtung zu berücksichtigen, selbst wenn das Patent vor seiner Vernichtung verletzt war, da ein von Anfang an unwirksames Patent keine Ansprüche begründen konnte:77 Berger, S. 11. Kent, S. 729 f. 72 Für eine Feststellung, dass der Verletzer nicht berechtigt gewesen war, vor dem Erlöschen in das Patent einzugreifen, fehlte das rechtliche Interesse, sofern der Patentinhaber nur die Erhebung des Schadenersatzanspruchs vorbereiten wollte, RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97); RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97). 73 RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97); RG v. 23. 6. 1909 (I 378 / 08). 74 RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97); RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01). Als weiteren Erlöschensgrund regelte § 9 den Verzicht. Maßgeblich waren Zeitpunkt und Gegenstand: Verzichtete der Anmelder im Erteilungsverfahren auf einen einzelnen Anspruch, konnte noch die Gesamtkombination patentiert sein. Anders lag der Fall bei einem Verzicht auf das bereits erteilte Patent, RG v. 13. 10. 1897 (I 297 / 97). 75 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80); RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82). 76 Das PatG unterschied scharf zwischen der rückwirkenden Nichtigkeit eines Patents und seiner Zurücknahme, die das Patent erst mit Eintritt der Rechtskraft der Aufhebung beseitigte, RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82); RG v. 2. 7. 1886 (2 D 1620 / 86); Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 25. 77 RG v. 2. 7. 1886 (2 D 1620 / 86); RG v. 4. 4. 1906 (I 492 / 05); RG v. 16. 3. 1907 (I 421 / 06); RG v. 29. 4. 1909 (1 D 351 / 07). Die Begründungen, die die Strafsenate in ihren frühen Entscheidungen gegeben hatten, übernahm der I. Zivilsenat ohne weiteres. 70 71

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Es ist rechtlich unstatthaft, von Verletzung eines Rechts bloß um des willen zu sprechen, weil es zur Zeit des verletzenden Eingriffs als Recht galt, während es in der That kein Recht war. ( . . . ) Mit der Nichtigkeitserklärung des Patents wird aber ausgesprochen, daß ein zu schützendes Erfinderrecht von Anfang an nicht bestand und damit müssen nothwendig die Wirkungen des Patents sowohl für die Zukunft wie für die Vergangenheit fortfallen. Denn nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist das rechtlich für nichtig erklärte rechtlich unwirksam von Anfang an; es kann nicht die Grundlage irgend eines Rechtsanspruchs bilden.78

Das Patent war danach zu behandeln, als sei es nie entstanden. Diesen Grundsatz verfolgte das RG in ständiger Rechtsprechung. In einem 1904 entschiedenen Fall79 verlangte der Kläger Schadenersatz aus der Verletzung seines später vernichteten Patents. Zur Begründung hatte er angeführt, dass das RG in einem früheren Urteil80 auch Ansprüche aus einem Lizenzvertrag bejaht hatte, obwohl das zugrundeliegende Patent später vernichtet worden war. Das RG verwies mit kurzer Begründung auf die bestehende Rechtsprechung und erklärte, dass die andere Frage nach den Folgen eines Lizenzvertrags nicht zu erörtern sei. Patentverletzungen, die vor der Nichtigerklärung verübt worden waren, begründeten keine Ansprüche. Erging aber die gerichtliche Verletzungsentscheidung, bevor das Patent vernichtet werden konnte, blieb dem ordentlichen Gericht eine eigene Entscheidung darüber, ob das Patent zu recht erteilt war oder als nichtig angesehen werden müsse, versagt. Es durfte die Rechtsgültigkeit der Patenterteilung in keiner Instanz des Verletzungsprozesses nachprüfen.81 Davon ging schon der Erste Strafsenat in einer frühen Entscheidung aus dem Jahr 1881 aus. Hier war das verletzte Patent bis zur Zeit der Revisionsentscheidung nicht vernichtet: Ob und welchen Einfluß nämlich möglicher Weise eine etwaige künftige Nichtigkeitserklärung äußern könnte, ist nicht zu erörtern, weil es sich hier nur darum handelt, ob das Königliche Landgericht das zur Zeit seines Erkenntnisses erhobene Material den Gesetzen entsprechend beurtheilt hat, und in der Revisionsinstanz neue Thatsachen nicht zu berücksichtigen sind.82

Als neue Tatsache nicht zu berücksichtigen war danach die nach der Berufungsentscheidung erfolgte Erhebung der Nichtigkeitsklage. Offen ließ das RG, ob die Nichtigkeit noch zu berücksichtigen war, wenn das Patent zwar nach der Verletzungsentscheidung einer Vorinstanz, aber vor der Revisionsentscheidung für nichRG v. 2. 7. 1886 (2 D 1620 / 86). RG v. 30. 11. 1904 (I 322 / 04). 80 In dieser Entscheidung aus dem Jahr 1886 lehnte das RG die Rückforderung der gezahlten Liznezgebühren ab, da der Lizenznehmer bis zur Nichtigerklärung die Erfindung tatsächlich unter dem Schutz des Patents ausgebeutet habe und somit alles geleistet sei, was er aus dem Vertrage habe fordern können, RG v. 17. 12. 1886 (II 251 / 86). 81 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80); RG v. 2. 7. 1886 (2 D 1620 / 86); RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94). Siehe S. 183 ff. Die durch die Strafsenate gefestigte Rechtsprechung machten sich auch die Zivilsenate zueigen. 82 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80). 78 79

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tig erklärt wurde. Ein Rechtsfehler des Berufungsrichters lag nicht vor: Er durfte Tatsachen, die nach Erlass seines Urteils eintraten, nicht berücksichtigen und hatte wegen der formalen Legitimation die Gültigkeit des Patents ungeprüft hinzunehmen. Das RG befand: Eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 550 der Zivilprozeßordnung kann ihm deshalb nicht vorgeworfen werden, soweit sie nur aus der Vernichtung des Patents hergeleitet werden soll. Das Reichsgericht hat indessen in zwei Urtheilen vom 13. Januar 190083 in zwei ganz gleich wie der jetzige Fall liegenden Sachen ( . . . ) ausgesprochen, daß dieser Umstand dem Erlaß des durch die objektive Rechtsverletzung sachlich gebotenen Erkenntnisses auf Abweisung der von Anfang an unbegründeten Klage nicht entgegenstehe. Das Gesetz sei insofern verletzt, als einer auf ein nichtiges Patent gegründeten Klage entsprochen sei, und Befugnisse zugesprochen seien, die nie bestanden. Wenn ein Gesetz mit rückwirkender Kraft ergehe, und sich die Beurteilung des Berufungsrichters infolge dessen als unzutreffend erweise, werde das Revisionsgericht dem neuen Gesetz zur Anerkennung verhelfen müssen. Nicht anders liege es, wenn durch ein Urteil ein vom Staate gewährtes Privileg zur Geltung gebracht werde, dessen Nichtigkeit sich demnächst herausstelle. ( . . . ) Das Patent hat die Natur eines Spezialgesetzes, welches subjektive Rechte mit Wirkung gegen alle schafft, wie eine objektive Rechtsnorm. Der Richterspruch, der das Patent vernichtet, hebt kraft der Wirkung, die ihm das Gesetz beilegt, diese Rechtsnorm von Anfang an auf so, als ob sie für die zur Zeit ihrer Entstehung, der Ertheilung des Patents, begründeten Rechtsverhältnisse nie bestanden hätten. An die Stelle der Rechtsnorm, die das Patent enthielt, tritt der Rechtssatz des Nichtigkeitsurteils. Dieser Rechtssatz gilt für die zur Zeit der Patenterteilung bestehenden Rechtsverhältnisse so, als ob er damals schon bestanden hätte. Er ist für die damals begründeten Rechtsverhältnisse maßgebend, nicht wegen seiner rückwirkenden Kraft, sondern weil er im Sinne des Gesetzes damals schon bestand. Wird davon ausgegangen, so muß der Rechtssatz des Nichtigkeitsurteils bei der Beurteilung des Rechtsverhältnisses auch noch in der Revisionsinstanz zu Grunde gelegt werden, soweit das Rechtsverhältnis nicht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt und damit einer anderen rechtlichen Beurteilung entzogen ist.84

Das RG machte die objektive Rechtsverletzung nicht dem Berufungsrichter zum Vorwurf, es kam nach seiner Ansicht in der Revision nicht auf die Vorwerfbarkeit einer objektiv falschen Entscheidung an. Die Rückwirkung der zwischenzeitlichen Nichtigerklärung allein konnte die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils nicht begründen. Das RG stützte sein Urteil auf die objektive Rechtslage: Es verglich das Patent mit einem Spezialgesetz, welches rückwirkend beseitigt war. In der Revision war die Vernichtung bedeutsam, da sie die Rechtslage insofern veränderte, als von Anfang an kein Patentschutz bestand, die Klage also unbegründet war.85 Das RG bezog sich hier auf RG v. 13. 1. 1900 (I 275 / 99); RG v. 13. 1. 1900 (I 299 / 99). RG v. 4. 4. 1906 (I 492 / 05). 85 RG v. 13. 1. 1900 (I 275 / 99); RG v. 13. 1. 1900 (I 299 / 99); RG v. 4. 4. 1906 (I 492 / 05); RG v. 6. 4. 1910 (I 317 / 09); RG v. 8. 5. 1912 (I 186 / 11). Dasselbe galt, wenn statt eines Patents eine angemeldete und bekannt gemachte Erfindung verletzt wurde und das Patent später versagt wurde, §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 27 Abs. 2, RG v. 16. 3. 1907 (I 421 / 06). Erfolgte die Nichtigkeitserklärung erst nach Rechtskraft des Urteils, konnte der Beklagte sich 83 84

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Allein aus der Reihe fiel eine Entscheidung des Ersten Strafsenats.86 Da er hieran in einer späteren Entscheidung ausdrücklich nicht festhielt,87 war die Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Nichtigerklärung in der Revision ständige Rechtsprechung des RG.

b) Die Folge des Erlöschens für die Patentverletzung Die Patentverletzung setzte weiter voraus, dass das Patent zur Zeit der Verletzung wirksam war. Daraus folgte nicht mit Notwendigkeit, dass es noch zur Zeit der gerichtlichen Geltendmachung dieser Verletzung bestehen musste. Da eine Vernichtung die Wirkungen des Patents rückwirkend aufhob, schloss sie jegliche Verletzungsansprüche aus. Ein Patent hatte nur formal, zu keiner Zeit aber materiell bestanden.88 War das Patent aus einem anderen Grund erloschen, so war der Zeitpunkt des Erlöschens maßgeblich für den erstrebten Schutz. Der negatorische Schutz aus § 4 galt nur für die Dauer des geltend gemachten Rechts.89 Vor dem Erlöschen des Patents konnte die Verletzung untersagt werden, nachher nicht mehr.90 Hingegen blieb der einmal durch einen Eingriff entstandene Schadenersatzanspruch aus § 35 (§ 34 a.F.) vom späteren Wegfall des Patents unberührt, wenn nur das Patent zur Zeit der Verletzung wirksam war. Nur zukünftige Verletzungshandlungen begründeten keine Haftung mehr.91 gegen die Zwangsvollstreckung mit der Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 ZPO wehren, Isay (1926), S. 369. Bereits erlangter Schadenersatz waren nach § 812 zurückzugewähren. Nicht statthaft war die Restitutionsklage: das Nichtigkeitsurteil stellte keine Urkunde i.S.d. § 580 ZPO dar, da nicht die Urkunde, sondern die Vernichtung dem Patent seine Wirkung nahm. Außerdem bezog sich diese Vorschrift nur auf Urkunden, die zur Zeit des ersten Urteils vorhanden waren, RG v. 4. 3. 1901 (I 375 / 00). Auch wiederentdeckte, ältere Patentschriften begründeten keine Restitutionsklage, da sie als solche jedem öffentlich zugänglich waren und nicht zeitweilig unbekannt oder unauffindbar, RG v. 13. 2. 1901 (I 370 / 00); RG v. 16. 2. 1907 (I 486 / 05); RG v. 11. 2. 1914 (I 178 / 13). 86 RG v. 30. 6. 1904 (1 D 502 / 04): „( . . . ) so bildet doch der Umstand, daß ein äußerlich bedenkenfreies Patent später für nichtig erklärt wird, unzweifelhaft eine reine Thatsache, die angesichts der Bestimmung in § 376 der Strafprozeßordnung von dem Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden darf, wenn sie nicht bereits der erste Richter festgestellt hat.“ Der Strafsenat erwog ggf. eine Wiederaufnahme des Verfahrens. 87 RG v. 29. 4. 1909 (1 D 351 / 07): „In dieser Richtung genügt es auf die bisherige reichsgerichtliche Rechtsprechung ( . . . ) mit dem Anfügen zu verweisen, daß der jetzt erkennende Senat sich ihr anschließt und an seiner Entscheidung vom 30. Juni 1904 ( . . . ) nicht festhält, soweit darin der Ausdruck einer abweichenden Rechtsauffassung gefunden werden könnte.“ 88 RG v. 30. 11. 1904 (I 322 / 04). 89 RG v. 4. 3. 1901 (I 375 / 00). 90 Das Erlöschen des Patents brachte das Rechtsschutzbedürfnis in Wegfall. Das hatte für den Verletzungsprozess zur Folge, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären war, RG v. 22. 1. 1898 (I 346 / 97); RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97); RG v. 12. 10. 1912 (I 388 / 11). Die Kosten hatte der zu tragen, der obsiegt hätte, wenn das Patent nicht erloschen wäre, RG v. 7. 11. 1900 (I 243 / 00).

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c) Die formale Legitimation Eine besondere Bedeutung für die Rechtsgültigkeit hatte die formale Legitimation, die einem Patent aufgrund seiner im förmlichen Verfahren begründeten Erteilung zukam. Im Verletzungsverfahren war das einmal erteilte Patent als solches hinzunehmen. Es ließ sich nicht entgegenhalten, dass es zu Unrecht erteilt sei.92 Diese formelle Wirkung des Patents beruhte auf der geschichtlichen Entwicklung des Patentrechts. Für die frühen Privilegien war die Erteilung einzige Schutzvoraussetzung. Mit Anerkennung eines subjektiven Rechts auf das Patent wuchs die Bedeutung der tatbestandlichen Voraussetzungen, ohne dass der Erteilungsakt seine Funktion verlor. Die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen war dem PA als der zuständigen Stelle vorbehalten. Seine Entscheidung legitimierte den Patentinhaber solange formal, bis im Nichtigkeits- oder Zurücknahmeverfahren das PA oder in der Berufung das RG die materielle Unrichtigkeit der Erteilung überprüft und die Rechtsposition beseitigt hatten. aa) Die grundlegenden Entscheidungen Besonders im Strafverfahren versuchten sich Verletzer schon früh damit zu verteidigen, dass das Patent mit seinem Inhalt nicht hätte erteilt werden dürfen. Das RG erkannte die dem Patent zukommende formelle Wirkung ausdrücklich erstmals 1881 in einem Strafverfahren an: Den Gerichten ist somit durch diese reichsgesetzlichen Specialbestimmungen (scil. §§ 4, 34) ( . . . ) die Beurtheilung der Frage, ob das Patent mit Recht ertheilt worden, die Voraussetzungen der §§ 1 flg. vorliegen, entzogen, vielmehr genießt der durch die Urkunde legitimirte Inhaber den strafrechtlichen Schutz so lange, bis entweder das Patent erloschen (Patentgesetz § 9) oder vom Patentamt auf Antrag im geregelten Verfahren für nichtig erklärt, beziehungsweise zurückgenommen ist (Patentgesetz §§ 13, 27 flg., Verordnung vom 18. Juni 1877 § 2). Auch über derartige Ungültigkeit steht dem Strafgericht keine Cognition zu.93

Das Patent entfaltete seine Schutzwirkung wegen § 4 kraft Gesetzes. Dieser Schutz war nicht durch die Neuheit i.S.d. §§ 1 und 2 derart bedingt, dass er seine Wirkung bereits durch die Möglichkeit der Anfechtung verlor. Daher konnte dem Patentinhaber ein Mangel des Anspruchs auf Patenterteilung nicht entgegengehalten werden. Vielmehr war der Verletzer darauf angewiesen, das Patent im geregel91 RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82); RG v. 19. 3. 1898 (I 162 / 97); RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02); Kohler, Handbuch, S. 557; Robolski (1893), S. 79. 92 RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82); RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82); RG v. 2. 7. 1886 (2 D 1620 / 86); RG v. 29. 1. 1894 (3 D 4547 / 93); RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94); RG v. 21. 6. 1897 (1 D 1778 / 97); RG v. 30. 6. 1904 (1 D 502 / 04); RG v. 22. 6. 1907 (I 19 / 07); RG v. 19. 11. 1908 (3 D 698 / 08); RG v. 23. 4. 1909 (2 D 161 / 09). 93 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80); in gleichem Sinne später die in Fn. 92 dieses 3. Abschnitts genannten Entscheidungen.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

ten Verfahren vom Patentamt für nichtig erklären oder zurücknehmen zu lassen.94 Während die Strafsenate keine Veranlassung hatten, die Geltung der formalen Legitimation über das Strafverfahren hinaus auf zivilrechtliche Verfahren zu erstrecken, sprachen sich auch die Zivilsenate für eine strenge Aufgabentrennung von PA und Gerichten aus und beachteten die formelle Wirkung – häufig mit Hinweis auf die Urteile der Strafsenate – gleichermaßen.95

bb) Die Entscheidung vom 13. 7. 1885 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der formalen Legitimation beschrieb der I. Zivilsenat in der Entscheidung vom 13. 7. 1885.96 Der Klägerin war ein aus mehreren Abschnitten bestehendes Verfahren zur Farbstoffherstellung patentiert. Das von der Beklagten angewendete Verfahren stimmte nur im ersten Abschnitt, dem Sulfonierungsprozess, mit dem klägerischen überein. Das RG prüfte, ob ungeachtet der Unterschiede in den weiteren Abschnitten das patentierte Gesamtverfahren in seinem Charakter benutzt werde, und verneinte eine Verletzung. Selbst wenn man entgegen der bisherigen Rechtsprechung des RG annehme, dass der erste Abschnitt selbständig Patentschutz außerhalb des Gesamtverfahrens genieße, sei eine Verletzung abzulehnen. Hier sei der Einwand der Beklagten, dass diesem Abschnitt mangels Neuheit die Patentfähigkeit fehlte, erheblich: Auch ist es richtig, daß der Mangel der Neuheit der angemeldeten Erfindung zur Zeit der Patentanmeldung keinen Grund abgiebt, dem aus dem ertheilten Patente entspringenden Recht den gerichtlichen Schutz zu versagen, solange das Patent nicht aus diesem Grunde in dem durch §§ 27 und fg. des Patentgesetzes geordneten Verfahren für nichtig erklärt worden ist. Während aber Beklagte auf den Weg des Nichtigkeitsverfahrens nicht verwiesen werden kann, weil der Mangel der Neuheit eines Bestandtheils des patentirten Gesamtverfahrens keinen Grund abgeben würde, das Patent in Betreff des aus diesem und andern Bestandtheilen zusammengesetzten Verfahrens für nichtig zu erklären, erscheint die Behauptung, daß der Sulfonirungsprozeß schon vor dem Patente No. 18027 bekannt gewesen sei, gegenüber der Klage wegen Patentrechtsverletzung insofern erheblich, als auf diesen Umstand bei Beantwortung der Frage, ob das patentirte Verfahren dem § 4 des Patentgesetzes zuwider angewendet worden sei, Rücksicht zu nehmen ist. War der Sulfonirungsprozeß, wie das Berufungsgericht feststellt, bereits anderweit bekannt, so ist in der Anwendung desselben nicht mit Nothwendigkeit die Anwendung des patentirten Verfahrens zu finden, am wenigsten wenn derselbe nicht in Verbindung mit den übrigen Abschnitten des §§ 10 ff., 13, 27 ff. RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85); RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99); RG v. 22. 6. 1907 (I 19 / 07); RG v. 5. 4. 1911 (I 350 / 09). 1888 führte das RG die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Neuheit ein. Objektiv neu war eine Erfindung, sofern sie nicht durch öffentliche Druckschriften oder offenkundige Benutzung im Inland (§ 2) bekannt war. War der Mangel der objektiven Neuheit dem PA bei Erteilung unbekannt und das Patent trotz fehlender objektiver Neuheit erteilt, konnte sich der Beklagte im Verletzungsprozeß hierauf nicht berufen, RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88). 96 RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). 94 95

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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patentirten Verfahrens, sondern in Verbindung mit einem davon abweichenden Verfahren angewendet wird.97

Das RG ging zunächst von dem bekannten Grundsatz aus, dass im Verletzungsprozess die Neuheit nicht zu prüfen sei. Sodann stellte es fest, dass hier der Verletzer keine Möglichkeit hatte, das Patent im Nichtigkeitsverfahren wegen der fehlenden Patentfähigkeit des ersten Abschnitts zu beseitigen. Das Patent auf ein Gesamtverfahren war unabhängig von der Neuheit seiner Abschnitte, solange das Gesamtverfahren als solches neu war. Der Verletzer konnte daher nicht auf das Nichtigkeitsverfahren verwiesen werden. Aus diesem Grund erachtete das RG die Behauptung der Beklagten, dass der erste Abschnitt bereits vor Anmeldung bekannt war, als im Berufungsverfahren erwiesen und folgerte daraus, dass die Benutzung eines bekannten Teilverfahrens keine Verletzung des Gesamtverfahrenspatents sein konnte. Ausnahmsweise hat es vor dem Hintergrund, dass der Verletzer das Patent nicht vernichten konnte, nun doch die von der Berufungsinstanz vorgenommene Neuheitsprüfung im Verletzungsprozess zugelassen. Das erscheint in zweierlei Hinsicht befremdlich: Zum einen hatte es den selbständigen Schutz des ersten Verfahrensabschnitts bereits verneint, so dass es der Ausführungen zu dem Einwand eigentlich nicht mehr bedurft hätte. Zum anderen begründete das RG mit keinem Wort, warum es entgegen der formalen Legitimation zuließ, dass die Bekanntheit des ersten Abschnitts im Verletzungsprozess dem Einwand folgend festgestellt wurde. Die Entscheidung war jedoch im Ergebnis richtig. Die Feststellung des Bekannten diente hier der Auslegung des Patents, ohne wie eine Nichtigkeitsentscheidung absolute Geltung zu beanspruchen. Das RG drückte das durch die Einschränkung „insofern erheblich, als ( . . . )“ aus. Irreführend war, dass es zunächst auf die formale Legitimation einging, da es im weiteren entschied, was das Patent schütze, nicht ob es überhaupt schütze. Dass es die formale Legitimation unverändert anerkannte, bestätigte es fortan durch die weitere Rechtsprechung.98

cc) Die Aussetzung des Verletzungsprozesses zwecks Nichtigerklärung Einwände gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Patenterteilung waren im Verletzungsverfahren nicht geeignet, die formell begründete Rechtsposition aufzuheben. Gegen den Verletzungsvorwurf konnte sich der Betroffene nur wehren, indem er versuchte, das Patent zu beseitigen.99 Trotz der Rückwirkung der Vernichtung berücksichtigte der Verletzungsrichter nur die Nichtigerklärung, die vor seiner Entscheidung erging. Um das zu erreichen, war es möglich, auf Antrag die Entscheidung im Verletzungsverfahren bis zur Entscheidung in einem parallel geführten Nichtigkeitsverfahren auszusetzen. Bereits die Reichstagskommission von RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88); RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99); RG v. 5. 4. 1911 (I 350 / 09). 99 Der Versuch, die Zurücknahme zu erwirken, konnte bei dem Vorwurf bereits begangener Patentverletzungen nicht weiterhelfen, RG v. 20. 2. 1903 (I B 9 / 09). 97 98

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

1877 hatte für den Fall des Nichtigkeitseinwands die Aussetzung in ihrem Bericht erwogen: Wird in einem über eine Verletzung des Patentrechts anhängigen Strafverfahren oder Civilprozesse der Einwand erhoben, daß das Patent nichtig sei, oder für nichtig erklärt werden müßte, so kann das Gericht über die Nichtigkeitserklärung nicht befinden. Die Erklärung der Nichtigkeit steht vielmehr ausschließlich zur Entscheidung des Patentamts. Das Gericht kann aber nach Maßgabe der Strafprozeß- respektive Civilprozeßordnung das Verfahren aussetzen, bis auf Antrag des Belangten in Gemäßheit des § 27 flg. dieses Gesetzes die Entscheidung des Patentamtes ergangen ist.100

Die verfahrensrechtlichen Vorschriften räumten dem Richter für die Entscheidung über die Aussetzung Ermessen ein. Für die Ausübung des Ermessens galten im Strafverfahren andere Maßstäbe als im Zivilverfahren. Den Angeklagten konnten härtere Folgen treffen als den Beklagten im Zivilprozess, wenn das Gericht eine Aussetzung ablehnte, welche im Nichtigkeitsverfahren zur Beseitigung des Patents und sodann im fortgesetzten Verletzungsverfahren zum Freispruch bzw. zur Abweisung der Verletzungsklage geführt hätte.101 Umgekehrt erwuchsen dem Patentinhaber im Straf- wie im Zivilprozess aus der Verzögerung ggf. große Nachteile, wenn das Gericht das Verfahren mit der Folge aussetzte, dass die Nichtigkeitsklage abgewiesen wurde.102 Da Angeklagte und Beklagte erfahrungsgemäß häufig die fehlende Patentfähigkeit einwendeten, mussten hohe Anforderungen an die Aussetzung gestellt werden, im Zivilprozess noch mehr als im Strafprozess.

(1) Die Aussetzung des Strafprozesses Dem Einwand der fehlenden Patentfähigkeit kam im Strafverfahren eine besondere Bedeutung zu. Grundsätzlich stellte § 261 StPO103 das Gericht vor die AlterDrucks-RT 1877 Nr. 144, S. 43. Wies das Strafgericht die Aussetzung zurück und verurteilte den Angeklagten, nahm es ihm die Möglichkeit, rechtzeitig das Patent zu beseitigen und einer Strafe zu entgehen. Ihm blieb nur, das Nichtigkeitsverfahren unabhängig durchzuführen und im Erfolgsfall eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu erwirken. Die Nichtigerklärung war eine neue Tatsache i.S.d. § 339 Nr. 5 StPO, Isay (1926), S. 369. Hingegen konnte der im Zivilprozess ohne Aussetzung Verurteilte das Patent vernichten und die Vollstreckung des Verletzungsurteils abwehren oder zumindest geleistete Entschädigungen zurückfordern. 102 Für die ohnehin kurze Dauer des Patentschutzes war dem Patentinhaber die ungestörte Ausbeutung seines Rechts genommen. Eine Entschädigung war oft schwer zu beziffern, zudem trug der Patentinhaber das Risiko, dass der Verletzer für den Schaden nicht aufkommen konnte. Auch eine später abgewiesene Nichtigkeitsklage konnte dem Wert eines Patents, der von der Reputation abhängig war, empfindlich treffen. 103 § 261 StPO v. 1. 2. 1877, RGBl. 1877, S. 253: „Hängt die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurtheilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über dieses nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften. 100 101

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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native, selbst das fragliche bürgerliche Rechtsverhältnis zu beurteilen oder das Verfahren auszusetzen. Wiederholt äußerte das RG Zweifel an der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den Patentverletzungsprozess, da weder das Bestehen eines Patents ein bürgerliches Rechtsverhältnis darstelle, noch Zivilgerichte darüber entschieden.104 Grundsätzlich stellte es die Aussetzung nicht in Frage. Es schränkte aber das gerichtliche Ermessen bei der Entscheidung über die Aussetzung ein. In einem am 17. 1. 1881 entschiedenen Fall hatte der Angeklagte die fehlende Patentfähigkeit behauptet, bis zur Revisionsentscheidung jedoch eine Nichtigerklärung des verletzten Patents nicht herbeiführen können.105 Der Erste Strafsenat lehnte die beantragte Aussetzung ab: ( . . . ) so mangelt doch jeder Anlaß, von der Ermächtigung nach § 261 Absatz 2 Gebrauch zu machen und die, behaupteter Maßen, vom Angeklagten angerufene, Entscheidung des Reichspatentamts auf einen Antrag, das Schiele’sche Patent nichtig zu erklären oder zurückzunehmen, abzuwarten. Ob und welchen Einfluß nämlich möglicher Weise eine etwaige künftige Nichtigkeitserklärung äußern könnte, ist nicht zu erörtern, weil es sich hier nur darum handelt, ob das Königliche Landgericht das zur Zeit seines Erkenntnisses erhobene Material den Gesetzen entsprechend beurtheilt hat, und in der Revisionsinstanz neue Thatsachen nicht zu berücksichtigen sind.106

Der Senat ließ es dahingestellt, ob § 261 Abs. 2 StPO auf die Aussetzung zwecks Nichtigerklärung eines Patents anwendbar war.107 Er lehnte die Aussetzung ab, weil er einerseits einen Einfluss der Nichtigkeitsentscheidung auf das Strafverfahren in Abrede stellte108 und andererseits verneinte, dass ein solcher Einfluss, sollte er bestehen, in der Revisionsinstanz zu beachten sei. Zu diesem frühen Zeitpunkt hatte das RG sich weder zur Rückwirkung der Nichtigerklärung geäußert noch ausgesprochen, dass dieses in jeder Phase des Verletzungsprozesses Berücksichtigung fand. Der Strafsenat verkannte, dass die Rückwirkung vom Gesetzgeber schon in den Motiven des PatG beabsichtigt und durch das Vorhandensein von Zurücknahme- und Nichtigkeitsregelungen verdeutlicht war.109 Die Begründung ließ daher außer Acht, dass das Abwarten einer Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren für das Verletzungsverfahren ggf. ausschlaggebende Bedeutung haben konnte. Das Ermessen war insofern fehlerhaft ausgeübt. Das Gericht ist jedoch befugt, die Untersuchung auszusetzen und einem der Betheiligten zur Erhebung der Civilklage eine Frist zu bestimmen oder das Urtheil des Civilgerichts abzuwarten.“ 104 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80); RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82). 105 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80). 106 RG v. 17. 1. 1881 (1 D 3438 / 80). 107 Das RG zog es in Zweifel, da das PA kein Zivilgericht i.S.d. der Vorschrift sei, §§ 13, 14 GVG. 108 Einen solchen setzte § 261 StPO jedoch voraus – „Hängt die Strafbarkeit ( . . . ) ab, ( . . . )“. 109 Siehe Fn. 100 dieses 3. Abschnitts.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Ansicht hatte keinen Bestand. In einem vergleichbaren Fall trat der Zweite Strafsenat fast zwei Jahre später, am 24. 10. 1882, der Rechtsauffassung des Ersten mit einer grundlegenden Entscheidung entgegen.110 Das PatG unterscheide scharf zwischen der rückwirkenden Vernichtung gemäß § 10 und der ausdrücklich nicht rückwirkenden Zurücknahme nach § 11. Insofern sei der Einwand der fehlenden Patentfähigkeit im Strafverfahren erheblich, da er im Falle seiner Richtigkeit die Straflosigkeit des Angeklagten zur Folge hatte. Die Möglichkeit, das Verfahren auszusetzen, komme schon in den Motiven zu § 11 zum Ausdruck.111 Hinsichtlich des Ermessens führte das RG aus: Man wird aber noch einen Schritt weiter gehen und die Aussetzung des Strafverfahrens für obligatorisch erklären müssen, falls ein Antrag seitens des Angeklagten auf die Ertheilung einer Frist zum Zweck der Erhebung der Nichtigkeitsklage vorliegt. Der § 261 der Strafprozeßordnung läßt dem Strafrichter die Wahl, ob er ( . . . ) selbst entscheiden, oder ob er die Untersuchung aussetzen ( . . . ) will. Für eine dieser beiden Alternativen muß er sich aber entscheiden. Der § 261 der Strafprozeßordnung ermächtigt den Strafrichter nicht, weder das Eine noch das Andere zu thun und das entscheidende Moment, – das bürgerliche Rechtsverhältnis, von welchem die Strafbarkeit abhängt, – ganz unberücksichtigt zu lassen. Daraus ergiebt sich die unabweisliche Consequenz, daß wenn die erste Alternative dem Ermessen des Strafrichters entzogen ist, weil, wie im vorliegenden Fall durch eine gesetzliche Spezialbestimmung dem Strafrichter die Möglichkeit, die betreffende Frage selbst zu entscheiden, genommen ist, sich die zweite Alternative in eine obligatorische Vorschrift verwandelt.112

Das RG sah in der dem PA vorbehaltenen Prüfung der Patentfähigkeit eine Ermessensreduzierung und hielt das Strafgericht für verpflichtet, das Verfahren auszusetzen. Erneut ließ es dahingestellt, ob § 261 StPO anwendbar sei, da eine Ablehnung der Aussetzung jedenfalls eine ungerechtfertigte Beschränkung der Verteidigung wäre.113 Für den Fall, dass der Einwand zutreffe, wäre dem Angeklagten der einzige Weg abgeschnitten, die Wahrheit seiner Behauptung zu beweisen. Die besonderen Vorschriften des Strafverfahrens und der Vorbehalt, die Patentfähigkeit nur im Nichtigkeitsverfahren zu prüfen, erzwangen die Aussetzung des Verfahrens.114 Zur Entscheidung über die Aussetzung genügte eine geringe Substantiierung des Nichtigkeitsantrags. Der Entscheidung des PA würde vorgegriffen, wenn das Strafgericht bereits prüfte, „ob der Antrag auf Nichtigkeitserklärung mit Grund gestellt ist“. Das PA sei befugt, einen unsubstantiierten Antrag „a limine“, also ohne große Verzögerung zurückzuweisen. Ausnahmsweise räumte der Senat dem Strafrichter Ermessen ein, wenn er überzeugt sei, dass der Antrag nicht ernstlich gemeint, sondern zur Verschleppung des Prozesses gestellt sei.

110 111 112 113 114

RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82). Siehe Fn. 100 dieses 3. Abschnitts. RG v. 24. 10. 1882 (2 D 2346 / 82). S. § 377 Nr. 8 StPO. Ebenso später RG v. 17. 12. 1892 (3 D 3727 / 92).

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Die Ausnahme ergänzte zehn Jahre später der Dritte Strafsenat.115 Danach durfte das Gericht die Aussetzung ferner ablehnen, wenn der Angeklagte nicht willens war, sich mit der Nichtigkeitsklage zu verteidigen, obwohl dieses seine einzige Möglichkeit war. Insbesondere galt das, wenn er seine Behauptung nicht mehr beweisen konnte, weil die durch das PatG 1891 neu eingeführte fünfjährige Frist für die Nichtigkeitsklage nach § 28 Abs. 3 abgelaufen war.116 Damit hatte das RG der Entscheidung von 1881 in grundsätzlicher Weise widersprochen und zugleich Anweisungen zum Umgang mit den häufigen Einwänden der fehlenden Patentfähigkeit erteilt. Grundsätzlich war die Aussetzung des Strafverfahrens bis zur Entscheidung im Nichtigkeitsprozess verpflichtend. Ausnahmsweise konnte unmittelbar entschieden werden, wenn die Behauptung nicht ernst gemeint oder nicht mehr im vorgesehenen Verfahren feststellbar und daher nicht beweisbar war.

(2) Die Aussetzung des Zivilprozesses Abweichendes galt für den Unterlassungs- und Entschädigungsprozess vor den Zivilgerichten. Die Zivilprozessordnung räumte dem Gericht durch die „kann“-Bestimmung in § 139 bzw. § 148 ZPO117 bei der Aussetzungsentscheidung Ermessen ein. Anders als § 261 StPO zog die Vorschrift auch die Feststellung einer Verwaltungsbehörde in Betracht, so dass sie zur Aussetzung zwecks Feststellung im Nichtigkeitsverfahren ohne weiteres anwendbar war.118

RG v. 17. 12. 1892 (3 D 3727 / 92). Später bestätigt durch RG v. 30. 6. 1904 (1 D 502 / 04), das darauf hinwies, dass die Ausschlussfrist des § 28 Abs. 3 nur für die Nichtigkeitsklage nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 gelte, nicht aber für die anderen Nichtigkeitsgründe der Nummern 2 und 3. 117 § 139 CPO v. 30. 1. 1877, RGBl. 1877, S. 83 (später § 148 ZPO): „Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Theil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.“ 118 Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens erfolgte grundsätzlich nach mündlicher Verhandlung, RG v. 15. 11. 1897 (I B 93 / 97); § 119 ZPO. Ausnahmen waren ausdrücklich geregelt, z. B. für prozessleitende richterliche Tätigkeiten. § 139 ZPO gewährte ein Recht der Parteien auf Verhandlung und nicht ein Recht des Gerichts auf Aussetzung. Klage oder Verteidigung hätten illusorisch gemacht werden können, zumal die Dauer der Aussetzung nicht zu übersehen war. Häufig war es zweifelhaft, ob die Entscheidung in dem anderen Verfahren überhaupt rechtlich erheblich für den auszusetzenden Prozess war. Die Aussetzungsentscheidung war mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, gegen den Beschwerdebeschluss war die weitere Beschwerde statthaft, RG v. 25. 2. 1903 (I B 10 / 03). Sie war der Beurteilung durch das Revisionsgericht entzogen, § 510 CPO; RG v. 18. 11. 1899 (I 280 / 99). Hingegen konnte im Revisionsverfahren ein neuer, anderweitig begründeter Antrag gestellt werden, RG v. 14. 11. 1900 (I 250 / 00). 115 116

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Aussetzungsentscheidung im Zivilprozess hatte eine ganz andere Interessenlage als im Strafverfahren zu berücksichtigen. Dem wegen Verletzung beklagten Konkurrenten des Patentinhabers verhalf eine Aussetzung zu einer oft beabsichtigten Verzögerung des Verletzungsverfahrens.119 Während dieser Zeit konnte das ohnehin nur höchstens 15 Jahre gültige Patent seine Wirkungen nicht äußern.120 Ferner war eine unbegründete Nichtigkeitsklage geeignet, den Ruf des Patents zu schädigen und seinen Wert erheblich zu mindern. Lehnte andererseits das Verletzungsgericht die Aussetzung ab, obwohl materiell eine Vernichtung des Patents gerechtfertigt gewesen wäre, hinderte das den verurteilten Verletzer nicht, das Nichtigkeitsverfahren durchzuführen und sich der Vollstreckung aus dem Verletzungsurteil zu widersetzen oder später beim Patentinhaber schadlos zu halten. Ausgeschlossen war die Aussetzung, wenn ihr Zweck nicht mehr erreichbar war, weil z. B. der Beklagte die 1891 eingeführte Frist zur Erhebung der Nichtigkeitsklage versäumt hatte.121 Hieran änderte sich auch dann nichts, wenn der Patentinhaber mit Erhebung der Verletzungsklage abgewartet hatte, bis sein Patent nicht mehr angefochten werden konnte.122 Diese Hintergründe beherrschten Aussetzungsentscheidung im Zivilprozess. Mit der Aussetzung des zivilrechtlichen Verletzungsprozesses beschäftigte sich das RG erst zu einer Zeit, als die Rechtsprechung zur Aussetzung des Strafverfahrens schon gefestigt war. Die erste bedeutendere Entscheidung erging in einem Beschluss vom 18. 1. 1888.123 Die Beklagte war in erster Instanz wegen Patentverletzung verurteilt und hatte Berufung eingelegt. Auf ihren Einwand, das Patent hätte nicht erteilt werden dürfen, da die Erfindung nicht neu sei, setzte das OLG das Verfahren aus. Die Beklagte erhob Nichtigkeitsklage, die sie nicht auf die fehlende Neuheit der Erfindung stützte, sondern darauf, dass die Erfindung ihren Zweck nicht erreiche. Die Patentinhaberin wehrte sich gegen den Aussetzungsbeschluss mit der Beschwerde, welche das RG für begründet erachtete. Im Zivilverfahren untersuchte es das durch § 139 ZPO eingeräumte Ermessen näher. Es sei nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auszuüben. Sei ein Urteil möglich, das nicht von der Nichtigkeitsentscheidung abhing, weil z. B. eine Verletzung ohnehin verneint 119 Seligsohn, S. 219. Die Aussetzung in der Revisionsinstanz zog ein Nichtigkeitsverfahren vor dem PA und ggf. ein Berufungsverfahren vor dem RG nach sich. 120 Allein möglich war ein vorläufiger Rechtsschutz während des Prozesses. Er konnte jedoch jederzeit, sofern neue Tatsachen glaubhaft gemacht wurden, abgeändert werden. 121 Nach Ablauf von fünf Jahren seit der Erteilungsbekanntmachung konnte eine Nichtigkeitsklage nicht mehr auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 gestützt werden, § 28 Abs. 3 PatG 1891. Die Vernichtung wegen fehlender Patentfähigkeit war abgeschnitten. Unbenommen blieb es, die Nichtigkeitsklage auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 zu stützen, RG v. 22. 11. 1902 (I 205 / 02). 122 Die Frist galt auch für Patente, die unzweifelhaft den §§ 1 und 2 zuwider erteilt waren. Wurden sie nicht rechtzeitig beseitigt, konnten sie als Wegelagererpatente sogar nicht ausführbaren Erfindungen Schutz gewähren, da jede aufgefundene, auf dem Erfindungsgedanken beruhende ausführbare Lösung nur in Abhängigkeit von ihnen benutzt werden konnte, RG v. 1. 2. 1909 (I 100 / 08). 123 RG v. 18. 1. 1888 (I B 72 / 87).

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werde, so sei die Aussetzung abzulehnen. Das RG forderte, dass die Verletzungsentscheidung gänzlich vom Ausgang des Nichtigkeitsprozesses abhängig sei.124 Ferner hielt es den Einwand der fehlenden Zweckerreichung, der nunmehr das Nichtigkeitsverfahren begründete, auch im Verletzungsverfahren für erheblich: Hätte erst die Beklagte die Erfindung der Klägerin anwendbar gemacht, würde die Abänderung eine Verletzung ausschließen. Schließlich hob das RG die Aussetzung auf, weil eine Vernichtung des Patents nicht „wahrscheinlich gemacht“ war. Es führte hiermit die Wahrscheinlichkeit, dass das Nichtigkeitsverfahren den Einwand erfolgreich bestätige, als grundlegendes Erfordernis für die Begründung des Aussetzungsantrags ein, und begründete das mit der erheblichen Gefährdung der klägerischen Rechte durch die Verzögerung des Prozesses.125 Im Beschluss vom 5. 6. 1889 erläuterte das RG die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit: Dazu kommt, daß die mitbeklagte Firma ( . . . ) bereits mit einer von ihr selbst ( . . . ) erhobenen Nichtigkeitsklage durch die rechtskräftig gewordene Entscheidung des Kaiserlichen Patentamts ( . . . ) zurückgewiesen worden ist. Wenn jetzt von zwei anderen Personen eine neue Nichtigkeitsklage in eigenem Namen erhoben wird, so steht diesen zwar die rechtskräftige Vorentscheidung des Kaiserlichen Patentamts nicht entgegen. Allein wollte das Prozeßgericht auch die Thatsache allein, daß eine dritte Person eine Nichtigkeitsklage erhoben hat, die Aussetzung der Entscheidung des anhängigen Patentverletzungsprozesses beschließen, so könnte es, zumal bei einem nur wenige Jahre laufenden Patente leicht kommen, daß der Patentschutz überhaupt illusorisch gemacht würde.126

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Patent im parallelen Verfahren vernichtet werde, war noch geringer, wenn erstens das PA die Vernichtung schon einmal abgelehnt hatte und zweitens der Nichtigkeitskläger diese Entscheidung ohne Rechts124 Das bestätigten später RG v. 21. 11. 1896 (I B 84 / 96); RG v. 19. 5. 1897 (I B 39 / 97); RG v. 20. 11. 1897 (I B 95 / 97): Im ersten Fall hatte der Kläger den Beklagten wegen Patentverletzung in Anspruch genommen und zugleich Nichtigkeitsklage gegen ein anderes Patent, auf das sich der Beklagte berief, betrieben. Die vom Kläger beantragte Aussetzung des Verletzungsprozesses war unbegründet, da dessen Entscheidung nicht von der Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens abhängig war. Ähnlich war der zweite Fall: Die Beklagte berief sich auf eine eigene Anmeldung und beantragte, das Verletzungsverfahren bis zur Entscheidung über die Erteilung auszusetzen. RG v. 19. 5. 1897 (I B 39 / 97) lehnte die Aussetzung ab: „Diese beiden Fragen sind verschieden. Das Verfahren der Beklagten kann patentfähig sein und doch das Patent der Klägerin verletzen, und es kann umgekehrt das Verfahren der Beklagten der Patentfähigkeit entbehren und dennoch keinen Eingriff in das Patent der Klägerin enthalten.“ Im dritten Fall forderte das RG, dass die Entscheidung des auszusetzenden Verfahrens „absolut abhängig“ sei von der Entscheidung des Verfahrens, zu dessen Gunsten ausgesetzt werde, RG v. 20. 11. 1897 (I B 95 / 97). Dabei ging es in dem Fall um die Aussetzung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Schon seiner Natur nach sei dieses nicht mit einer Aussetzung vereinbar. Andernfalls ließe sich der vorläufige Rechtsschutz aussetzen, bis über die Hauptsache entschieden sei. 125 Ebenso später RG v. 5. 6. 1889 (I B 33 / 89); RG v. 15. 11. 1897 (I B 93 / 97); RG v. 13. 8. 1898 (I B 77 / 98); RG v. 1. 7. 1899 (I B 66 / 99). 126 RG v. 5. 6. 1889 (I B 33 / 89). Das Zitat scheint trotz syntaktischer Fehler im letzten Satz verständlich.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

mittel hat rechtskräftig werden lassen.127 Zwar waren Dritte nicht gehindert, erneut Nichtigkeitsklage zu erheben.128 Würde aber der Einwand, der sich auf die Nichtigkeitsklage eines Dritten bezog, zur Aussetzung führen, liefe der Patentschutz leer. Das RG schloss hier die Aussetzung bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage Dritter nicht ausdrücklich aus. Deutlich sprach jedoch die Interessenlage dagegen, das Verfahren auszusetzen.129 Ein Beschluss vom 13. 8. 1898 hielt an der bisherigen Rechtsprechung fest.130 Zum ersten Mal bezeichnete das RG darin das bisherige Erfordernis, dass die Vernichtung des Patents wahrscheinlich sein musste, als Glaubhaftmachung. Das zeigte, dass es dem RG nicht auf eine allgemeine Wahrscheinlichkeit der Rechtsbeständigkeit des Patents im Nichtigkeitsverfahren ankam, sondern auf den konkreten Grad der Überzeugung des aussetzenden Gerichts. Erneut bestimmte das RG die Anforderungen an die Glaubhaftmachung näher: Ob das Patent wirklich für nichtig erklärt werden wird, liegt völlig im Dunkeln. Auf die bloße Möglichkeit hin, daß dies geschehen, kann aber der Klägerin der Schutz ihres gegenwärtigen Rechts nicht versagt werden.131

Nicht ausreichend war es, dass die Nichtigerklärung nur möglich war. Die besondere Interessenlage erforderte es, dass konkrete Anhaltspunkte beigebracht wurden, die für eine Vernichtung sprachen.132 In einer späteren Entscheidung fiel das RG wieder zurück auf den Begriff der Wahrscheinlichkeit, da es die Formulierung des KG aufgriff: Das Kammergericht hat erwogen, daß die Aussetzung nur dann zweckmäßig sein würde, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein dem Kläger ungünstiger Ausgang des NichtigkeitsVerfahrens zu erwarten wäre, und alsdann näher dargelegt, daß es sich hiervon nach dem von den Parteien beigebrachten Materiale nicht habe überzeugen können. ( . . . ) Wie in früheren Fällen, so muß das Reichsgericht auch diesmal ablehnen, sich seinerseits über die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit eines Erfolges in Bezug auf den Nichtigkeitsprozeß zu äußern. Da der Senat berufen ist, sowohl über die Patentverletzungsklage, als auch über die Nichtigkeitsklage in letzter Instanz zu erkennen, muß er eine eventuell präjudicirliche Stellungnahme zu dieser Frage bei dem gegenwärtigen Stande der Sache ablehnen.133 127 Das gleiche galt für den Fall, dass der Beklagte erst lange nach Rechtshängigkeit des Verletzungsprozesses Nichtigkeitsklage erhoben hatte. Hier schien das RG Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Vernichtungsklage zu haben, RG v. 22. 9. 1894 (I B 59 / 94). 128 Die Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren, ein Patent aufrecht zu erhalten, wirkte nur zwischen den Parteien. Die Rechtskraft stand Nichtigkeitsklagen Dritter nicht entgegen. Gleichwohl konnten sie aus denselben Gründen abgewiesen werden, RG v. 9. 6. 1888 (I 88 / 88); RG v. 5. 6. 1889 (I B 33 / 89). 129 RG v. 5. 6. 1889 (I B 33 / 89); RG v. 1. 7. 1899 (I B 66 / 99): in letzterem Beschluss fügte das RG noch hinzu, dass, wenn der Nichtigkeitsprozess abgewiesen werde, die Entscheidung im ausgesetzten Prozess nicht einmal davon abhinge. 130 RG v. 13. 8. 1898 (I B 77 / 98). 131 RG v. 13. 8. 1898 (I B 77 / 98). 132 Ebenso später RG v. 25. 2. 1903 (I B 10 / 03).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Das RG hat die vom Kammergericht verlangte „hohe Wahrscheinlichkeit“ gelten lassen, wenn es auch selbst sich zum Grad der Wahrscheinlichkeit aus genanntem Grund nicht äußern wollte. Gleichwohl fanden sich in der Judikatur Hinweise für den erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad, der von den weiteren Umständen des Falls abhängig war. Als nicht ausreichend für eine Aussetzung erachtete das RG, wenn „der Erfolg des Nichtigkeitsangriffs sehr unsicher ist“, zumal das Nichtigkeitsverfahren auch ohne Aussetzung durchgeführt werden konnte.134 Nach den bisher aufgestellten Grundsätzen war eine Aussetzung des Zivilprozesses zur Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens nur selten begründet. Aus der Reihe fiel eine Entscheidung von 1903, die die Aussetzung mit folgender Begründung zuließ: Durch die von der Beklagten beigebrachten Bescheinigungen erachtet das Reichsgericht mit dem angefochtenen Beschlusse es für wahrscheinlich, daß die von der Beklagten beim Patentamte erhobene Klage zur Vernichtung des klägerischen Patentes führen wird. Die von der Beschwerdeführerin in dieser Beziehung angeregten Bedenken und Zweifel erscheinen jedenfalls nicht so erheblich, daß sie im gegenwärtigen Stadium der Sache, wo es sich nur um eine Glaubhaftmachung des Erfolges handelt, ins Gewicht fallen könnten.135

Das RG stützte seine Begründung auf eine einfache Wahrscheinlichkeit der Nichtigerklärung. Im Vergleich zu vorangegangenen Entscheidungen fällt auf, dass das RG die besondere Anforderung an die Höhe der Wahrscheinlichkeit aufgegeben hatte. Stattdessen ließ es sich von Bescheinigungen überzeugen, die die Beklagte vorgelegt und die es selbst nicht weiter für erwähnenswert erachtet hatte. Es nahm auch nicht zur besonderen Interessenlage und der noch ausstehenden Dauer des Patents Stellung. Die Umstände des Falles fanden im Beschluss keine Erwähnung. Es widersprach vorigen Entscheidungen, wenn es „nur um eine Glaubhaftmachung des Erfolges“ gehen sollte, da zuvor gerade hieran hohe Anforderungen gestellt hatte. Ein Beschluss aus dem Jahr 1904 verfolgte wiederum die bisher dauerhaft geübte Rechtsprechung, so dass die Entscheidung vom 25. 2. 1903 als Ausnahme angesehen werden kann.136 Im Gegensatz zur obligatorischen Aussetzung des Strafverfahrens war das Zivilverfahren nur ausnahmsweise auszusetzen, wenn besondere Tatsachen glaubhaft gemacht wurden, die eine Vernichtung des Patents begründeten. Zugleich war in die Ermessensentscheidung das Interesse des Patentinhabers, sein wirtschaftlich wertvolles Schutzrecht auszunutzen, sowie der weitere Umstand der noch ausstehenden Dauer des Patents miteinzubeziehen.

133 134 135 136

RG v. 7. 7. 1900 (I B 57 / 00). RG v. 14. 11. 1900 (I 250 / 00). RG v. 25. 2. 1903 (I B 10 / 03). RG v. 2. 6. 1904 (I B 79 / 04).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

II. Die Patentauslegung Die Wirkung des festgestellten Patents bezog sich nach § 4 auf den „Gegenstand der Erfindung“. Ihn in seiner ganzen Reichweite herauszufinden, war von grundlegender Bedeutung für die Feststellung der Patentverletzung,137 und zugleich die wohl schwierigste und in Wissenschaft und Praxis am heftigsten umstrittene Aufgabe des Verletzungsrichters. Das RG fasste die Ermittlung des Gegenstands der Erfindung und seines Schutzbereichs unter dem Stichwort „Patentauslegung“ zusammen.138 Das PatG erwähnte den Begriff „Gegenstand“ in unterschiedlichem Zusammenhang, ohne jedes Mal den Gegenstand der Erfindung i.S.d. § 4 zu meinen. Im Erteilungsverfahren z. B. musste der Anmelder „den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnen.“ 139 Gegenstand war hier die Erfindung selbst, das abstrakte Gedankengebilde.140 Auf dieses bezogen sich ebenfalls der „Gegenstand ( . . . ) der ertheilten Patente“, welcher in die Patentrolle eingetragen wurde, und der vorläufig geschützte „Gegenstand der Anmeldung“.141 Dennoch unterschied das Gesetz zwischen der Erfindung und dem Gegenstand der Erfindung. Die Erfindung lieferte eine Regel zum technischen Handeln. Diese Anweisung verknüpfte ein technisches Problem, die Aufgabe, gedanklich mit einer Lösung.142 Als Immaterialgut konnte die Erfindung nur Gegenstand eines privaten Rechts sein, wenn sie gegenüber anderen Gütern abgrenzbar war. Die Abgrenzung erfolgte im Erteilungsverfahren zunächst begrifflich, schlug sich aber in der näher beschriebenen Erscheinungsform nieder.143 Nicht das abstrakte Gedankengebilde, 137 Schützte das Patent z. B. einen körperlichen Gegenstand, so stellte die Anwendung des Verfahrens, mittels dessen er sich herstellen ließ, noch keine Patentverletzung dar, RG v. 9. 12. 1893 (I 253 / 93). 138 In der Literatur waren nicht nur die Grundsätze, nach denen die Ermittlung erfolgen sollte, sondern auch ihre Bezeichnung umstritten: Schanze meinte mit der „Auslegung des Patents“ die gerichtliche Feststellung der patentamtlichen Erklärung und unterschied hiervon die „Feststellung des akzessorischen Patentschutzes“, über den sich das Patentamt nicht erklärt habe, Schanze, GRUR 1912, S. 197, 199 f.; ders., Mitt. 1918, S. 13 ff.; ders., MuW 1917 / 18 (XVII), S. 225. Wirth und Isay prägten die Unterscheidung zwischen „Gegenstand der Erfindung“ und „Schutzbereich des Patents“ und nannten die Feststellung beider „Auslegung“, Isay (1920), S. 196 ff. 139 § 20 Abs. 1 Satz 3. „Genau“ war die Bezeichnung, wenn der Antrag klarstellte, für welche Erfindung der Anmelder ein Patent erstrebte. 140 Isay (1926), S. 442. Es war üblich, im Antrag die nächsthöhere Gattung in Form eines Oberbegriffs anzugeben und im Übrigen auf die Beschreibung Bezug zu nehmen. Auf diese Weise konnte der Patentsucher seine Anmeldung wiederholen, falls sie zurückgewiesen wurde, da nach § 23 Abs. 2 (§ 23 Abs. 1 a.F.) nur der wesentliche Inhalt des Antrags, der Gegenstand der Erfindung aber nicht veröffentlicht war. 141 Siehe Fn. 5 dieses 3. Abschnitts. 142 RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio Isay (1926), S. 80. 143 Osterrieth, S. 95, nannte das die „Materialisierung“, Hartig, S. 160, „das Substrat, die sichtbaren Träger der vermittelten Handlung“.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

195

sondern dessen räumliche oder zeitliche Erscheinungsformen waren der Gegenstand der Erfindung i.S.d. § 4.144 Sie konnten hergestellt, in Verkehr gebracht, feilgehalten und gebraucht oder angewendet werden.145

1. Die Erscheinungsformen der Erfindung: der „Gegenstand der Erfindung“ Allgemein unterschied das PatG zwischen Stoffpatenten auf körperlich-stofflich darstellbare Ausführungen des Erfindungsgedankens und Verfahrenspatenten auf räumlich-zeitliche Ausführungen. Neben Stoffen bzw. Erzeugnissen und Verfahren konnten Einrichtungen, Vorrichtungen und Anordnungen erfunden sein.

a) Die Gegenstände des § 4 Abs. 2 PatG 1877 Das erste PatG bezeichnete in § 4 Abs. 2 neben dem Verfahren ausdrücklich „eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth“ als Gegenstand der Erfindung.146 Ein Patent auf die Gegenstände des Abs. 2 genoss in zweifacher Hinsicht besonderen Schutz: Einerseits waren dem Inhaber nicht nur die Tätigkeiten des Abs. 1 vorbehalten,147 sondern auch der Gebrauch; andererseits beschränkte es sich nicht auf den gewerbsmäßigen Gebrauch, sondern schützte auch vor außergewerblichen Nutzungen.148 Die Unterscheidung einfacher und privilegierter Gebrauchsgegenstände stammte aus den einzelstaatlichen Patentrechten und der Zollvereinsübereinkunft von 1842.149 Ar144 Bereits die Motive von 1877 gingen von „patentirten Gegenständen“ aus und nannten „Fabrikationsmethoden“, „Maschinen und Werkzeuge“, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 19 f. Kent, S. 54, verstand den Gegenstand der Erfindung nicht als Erscheinungsform, sondern abstrakt. Er sah darin den Erfindungsgedanken, die „Erkenntnis und Angabe derjenigen Mittel, die geeignet sind, einen beabsichtigten neuen technischen Erfolg herbeizuführen.“ 145 Zu den Eingriffen siehe S. 309 ff. 146 § 4 Abs. 2 PatG 1877: „Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand der Erfindung, so hat das Patent außerdem die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu gebrauchen.“ 147 Abs. 1 gewährte das ausschließliche Recht, den Gegenstand der Erfindung, ob Gebrauchsgegenstand oder Arbeitsmittel, gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen und feilzuhalten. 148 Letzteres war sehr umstritten, RG v. 27. 5. 1884 (4 D - / 84); i.d.S. aber Klostermann, S. 151; Berger, S. 5 f. 149 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 19. Zur Zollvereinsübereinkunft siehe S. 47. Der Gesetzgeber von 1877 vermied es, das Gebrauchsrecht auf alle Gebrauchsgegenstände zu erstrecken: Das führe zu einer Überbewertung verhältnismäßig einfacher Erfindungen, die von großen Teilen der Bevölkerung gebraucht würden, im Gegensatz zu Erfindungen „von hohem

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

beitsgeräte oder Werkzeuge waren Einrichtungen, mit deren Hilfe Arbeiten durch menschliche Tätigkeiten leichter ausgeführt werden konnten. Betriebsvorrichtungen, bekannt in Form von Maschinen oder Apparaten, waren kompliziertere Mechanismen.150 Eine Vorrichtung kennzeichneten ihre wesentlichen räumlichen Teile und ihr Arbeitsprozess.151 Letzterer war nicht zu verwechseln mit dem Verfahren, dem die Vorrichtung diente. Eine Maschine konnte mit stets derselben Arbeitsweise zu verschiedenen Verfahren angewendet werden. Gemein war Arbeitsgeräten und Betriebsvorrichtungen, dass sie nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern „Hilfsmittel der Produktion“ waren.152 Deswegen genossen sie einen weitergehenden Schutz gegen jeden unbefugten Gebrauch. I.S.d. Gesetzes waren sie auch Erzeugnisse bzw. Stoffe; sie waren aber bestimmt zur Be- oder Verarbeitung anderer Stoffe, insbesondere von Gebrauchsgegenständen für die Bedürfnisbefriedigung, ohne selbst unmittelbar Bedürfnisse zu befriedigen. Es stellte sich heraus, dass eine klare Grenze zwischen einfachen Gebrauchsgegenständen und Arbeitsmitteln nicht zu ziehen war.153 Die Unterscheidung zwischen „Betriebsvorrichtung“ und „Arbeitsgeräth“ auf der einen und Gebrauchsgegenständen auf der anderen Seite war schwierig und befriedigte im Ergebnis nicht. Ohnehin war der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die überwiegende Zahl der Erfindungen in Arbeitsmethoden und -mitteln bestehe, und folglich das Patent in der Regel den weiten Umfang habe.154 Die Rechtsprechung neigte dazu, die Begriffe des Abs. 2 weit auszulegen,155 ohne dass dieses Gegenstand reichsgerichtlicher Entscheidungen war.156 Bedeutung erlangten Fälle, in denen der patentierte Gegenstand in Einzelteilen oder aus dem Ausland bezogen und im Inland, ggf. zusammengesetzt, in Gebrauch genommen wurde.157 Der vollumfängliche, sich auch auf den Gebrauch erstreckende Schutz lässt eine erfinderfreundliche HalVerdienst“, welche weniger Anwendungsfälle auf breiter Basis fänden, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 20. 150 Kent, S. 58. Unter Maschinen wurden „sowohl die durch Naturkräfte in Bewegung zu setzenden Kraftmaschinen und die durch diese getriebenen, selbstständig eine bestimmte Thätigkeit entwickelnden sogenannten Arbeitsmaschinen verstanden, als auch einfache Geräthe, mit deren Hülfe eine gewisse Arbeit durch menschliche Thätigkeit leichter ausgeführt werden kann“, Vgl. für Gebrauchsmuster RG v. 17. 2. 1896 (1 D 290 / 96) und RG v. 8. 5. 1897 (I 3 / 97). 151 RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01) formulierte: „Dieser Gegenstand, die Maschine, kommt als Verkörperung eines Gedankens in Betracht d. h. als Mittel zur Erreichung eines bestimmten technischen Arbeitszwecks.“ 152 RG v. 27. 5. 1884 (4 D - / 84). 153 Berger, S. 5 f. 154 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 21. 155 Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 16; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15. 156 Die in Fn. 150 dieses 3. Abschnitts zitierten Entscheidungen ergingen in Gebrauchsmustersachen. Bei diesen kam der Unterschied zwischen einfacheren und komplizierteren Geräten zum Tragen, da nur erstere des Gebrauchsmusterschutzes fähig waren. 157 Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 16.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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tung erkennen. Die Novelle von 1891 hob die „innerlich unberechtigte“158 Unterscheidung zwischen einfachen und privilegierten Gebrauchsgegenständen auf und gewährte den Gebrauchsschutz für jeden Gegenstand.159

b) Die stofflichen Gegenstände Neben den in § 4 Abs. 2 a.F. aufgeführten Einrichtungen konnten grundsätzlich alle beweglichen Sachen mit bestimmten Eigenschaften Gegenstand der Erfindung sein.160 Das Gesetz bezeichnete diese körperlichen Gegenstände als Stoffe, später auch als Erzeugnisse.161 Nach dem PatG 1877 behielt das Patent seinem Inhaber allein deren Herstellung, Inverkehrbringen und Feilhalten vor, erst 1891 kam das ausschließliche Gebrauchsrecht hinzu. Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 verweigerte Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln sowie chemisch hergestellten Stoffen den Schutz. Allein möglich war es, ein Patent auf ein Verfahren zu ihrer Herstellung zu erlangen.162 Ausgeschlossen waren ferner Naturprodukte, da sie allenfalls entdeckt, nicht aber erfunden werden konnten. Unter den Voraussetzungen des § 1 kam jede bewegliche Sache als Gegenstand der Erfindung in Betracht, z. B. in Form der bereits behandelten Maschine oder des Werkzeugs. Erfinderisch sein konnte die Sache selbst oder eine neue Eigenschaft an einem bekannten Gegenstand. Eine Anordnung schließlich bestand aus mehreren Gegenständen, die zueinander in eine die Anordnung charakterisierende räumliche Beziehung gesetzt waren.163 Bestimmt wurde die stoffliche Erfindung nach der Gattung und besonderen, sie kennzeichnenden Merkmalen.

RG v. 29. 5. 1907 (I 367 / 06). Zugleich führte es einschränkend das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit auch für das Gebrauchen ein, welches nach dem PatG 1877 nur für die anderen Benutzungsarten galt, siehe S. 310 ff. 160 Eine nähere gesetzliche Definition war als unnötig abgelehnt worden, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 5. 161 Ein Erzeugnis im engeren Sinn war das Produkt eines Verfahrens, § 4 Satz 2 PatG 1891. Der Schutz von Verfahrenserzeugnissen in der Rechtsprechung und dem Gesetz von 1891 wird unten behandelt. Zum „Stoff“ siehe § 1 Abs. 2 Nr. 2 sowie § 35 Abs. 2 PatG 1891. 162 § 1 Abs. 1: „Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Verwerthung gestatten.“ Abs. 2: „Ausgenommen sind: 1. ( . . . ); 2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.“ 163 Isay (1926), S. 451 f. 158 159

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

c) Das Verfahren Das Verfahren unterschied sich von den anderen Erfindungsgegenständen zunächst durch seine Unkörperlichkeit. Zwar fanden körperliche Gegenstände Anwendung, indem sie als Objekte des Verfahrens einer bestimmten Behandlung unterzogen wurden,164 oder als Mittel des Verfahrens dienten, die Behandlung zu ermöglichen.165 Das Verfahren konnte auch einen Körper zum Neben-, Zwischenoder Endprodukt haben.166 Das Verfahren selbst bestand aber aus einer zeitlichen Folge von Operationen, welche der Anwender an oder mit den Körpern vornahm.167 Die Verfahrenserfindung beschrieb einen Arbeitsvorgang. Die einzelnen Akte oder Abschnitte168 trugen durch die bestimmte Verbindung jedes einzelnen mit den anderen zur Erreichung des vorgegebenen Verfahrensziels bei. Das Ergebnis musste nicht notwendig räumlich bestimmbar, also ein Erzeugnis sein, sondern konnte auch einen bestimmten Effekt darstellen. Als Gegenstand der Erfindung wurde das Verfahren angewendet oder seine unmittelbaren Erzeugnisse in Verkehr gebracht, feilgehalten oder gebraucht. Verfahren lagen vorwiegend auf mechanischem oder chemischem Gebiet. Besondere Bedeutung erlangte der Patentschutz im Zusammenhang mit chemischen Verfahren. Die deutsche chemische Industrie erlebte gegen Ende des 19. Jahrhunderts kurz nach der Elektroindustrie einen ungeheuren Aufschwung.169 In § 1 Abs. 2 Nr. 2 schloss das PatG chemische Stoffe vom Patentschutz aus, um diese für die Allgemeinheit möglicherweise lebensnotwendigen Stoffe nicht zu monopolisieren.170 Umso wichtiger war es der Industrie, Patente auf die Verfahren zur 164 Mechanische Verfahren veränderten z. B. Eigenschaften des behandelten Stoffs, chemische Verfahren hoben die selbständige Existenz eines Stoffs zugunsten des gewonnenen Erzeugnisses auf. 165 Hierzu zählten vor allem Einrichtungen wie Maschinen, Apparate, Werkzeuge etc., aber auch unkörperliche Maßnahmen wie Temperatur und Druck, Kent, S. 61. 166 „Denn zu jedem Verfahren müssen Körper angewendet werden, und werden in der Regel bekannte Körper angewendet. Daß diese Körper in anderen Fällen erst bearbeitet oder verarbeitet werden, ( . . . )“, RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89). Nebenprodukte waren Stoffe, deren Herstellung nicht zwingend durch das Verfahren bezweckt war, die jedoch bei Durchführung entstanden, RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). Ob ein Stoff Zwischen- oder Endprodukt eines Verfahrens war, richtete sich nach dem Zweck der Erfindung. 167 RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00). Verfahren und Anordnung unterschieden sich durch die wesentliche Zeitlichkeit des einen und Räumlichkeit des anderen Erfindungsgegenstands. 168 Die einzelnen Abschnitte konnten ihrerseits Verfahren darstellen, die zu einem gemeinsamen Zweck zum Gesamtverfahren verbunden waren, RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85); RG v. 1. 11. 1897 (I 213 / 97). 169 Ziegler in: North, M., S. 238 ff., berichtete, dass die deutsche Farbstoffchemie um die Jahrhundertwende einen Weltmarktanteil i.H.v. 90% hatte. Nicht immer fiel es leicht, zwischen chemischen und mechanischen Verfahren zu unterscheiden, Vgl. das in Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 17 genannte Bsp. eines Verfahrens zur „Thomasirung des Eisens“. 170 Die Motive gingen davon aus, bei Produkten der „Volkswohlfahrt“ und „öffentlichen Gesundheitspflege“ Preissteigerungen und eine Erschwerung der Zugänglichkeit zu verhindern und Mißbräuchen vorzubeugen, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 17.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Herstellung solcher Stoffe zu erlangen. Wenn es auch grundsätzlich für die Bestimmung eines Verfahrens auf das Ergebnis nicht ankam, konnten die stofflichen Zwischen- oder Endprodukte das Herstellungsverfahren charakterisieren, da sich unterschiedliche Verfahren meist auch im Resultat unterschieden.171 Die Jonon-Entscheidung des RG172 beschrieb im Tatbestand ausführlich ein Verfahren, nach welchem die darauf ein Patent haltende Klägerin im ersten Schritt das Zwischenprodukt „Pseudo-Jonon“ und daraus im zweiten Schritt ihren nach Veilchen duftenden, Jonon genannten Geruchsstoff gewann. Die Beklagte stellte zunächst als Zwischenprodukt „Pseudo-Veilchen“ und sodann ein „Veilchen-Oel künstlich“ her, das ebenfalls nach Veilchen duftete. Bis zum Zwischenprodukt waren beide Verfahren weitgehend identisch. Die Klägerin behauptete eine Patentverletzung, weil das Verfahren bis zum Zwischenprodukt bereits einen wesentlichen Teil des patentierten Gesamtverfahrens ausmache. Das RG hingegen stellte auf die Bedeutung des Endprodukts für die Kennzeichnung des Verfahrens ab: Hiernach ist aber das Gesamtverfahren nicht geschützt, soferne es nicht zur Herstellung des nach seiner Individualität und seinen Eigenschaften genau charakterisirten Stoffes „Jonon“, sondern zu einem anderen Stoffe führt. ( . . . ) Denn das im Patente ( . . . ) beschriebene Verfahren ist nur als Gesamtverfahren und nur insoweit unter Schutz gestellt, als man durch die Anwendung dieses Verfahrens zu dem gewerblich verwerthbaren Veilchen-Duftstoff Jonon gelangen kann, da ein geschütztes Verfahren außerhalb des kundgegebenen Weges, der zur Gewinnung von Jonon führt, nicht besteht und das Verfahren an sich und losgelöst von dem zu gewinnenden gewerblich werthvollen Duftstoffe keinen Schutz genießt.173

Einerseits sprach das RG aus, dass nach dem Patent nur das Verfahren geschützt sei. Werde das Endprodukt auf anderem Wege hergestellt, so könne der Verfahrenspatentinhaber hiergegen nichts ausrichten. Auf der anderen Seite zog das RG zwar in Erwägung, dass auch eine nur teilweise Benutzung eines chemischen Verfahrens eine Patentverletzung darstellen könne. War aber das Endprodukt verschieden – was im Jonon-Fall einer weiteren Aufklärung bedurfte –, so könne aus der teilweisen Übereinstimmung der Verfahren noch nicht auf eine Patentverletzung geschlossen werden.174 Es war daher zunächst festzustellen, worin die wesentlichen Eigenschaften des Jonon bestanden, sodann, ob das „Veilchen-Oel künstlich“ diese 171 In RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau wurde ein Stoff als geschützt angesehen, sofern er nach dem erfindungsgegenständlichen Verfahren hergestellt war. „( . . . ), so ist zu beachten, daß bei chemischen Verfahrensarten nicht nur die Methode der Darstellung, sondern auch die Komponenten und das gewonnene Resultat miteinander zu vergleichen sind“, RG v. 2. 7. 1898 (I 160 / 98). Vgl. RG v. 3. 1. 1900 (I 347 / 99) – Kongo-Rot III; RG v. 13. 12. 1911 (I 566 / 10). 172 RG v. 16. 10. 1900 (I 169 / 00) – Jonon. 173 RG v. 16. 10. 1900 (I 169 / 00) – Jonon. 174 Siehe S. 256 f. Hinzu kam, dass der erste, identische Verfahrensteil schon vor der Patentierung allgemein bekannt war und als solcher nicht mehr wesentlicher Teil des Gesamtverfahrens sein konnte.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

aufwies. Die Entscheidung belegt, welche Rolle das Endprodukt eines Herstellungsverfahrens für die Bestimmung desselben spielen konnte.

d) Die Abgrenzung von Erzeugnis, Einrichtung und Verfahren Die Feststellung, ob ein Erzeugnis, eine Einrichtung oder ein Verfahren Gegenstand der Erfindung sei, fiel bisweilen schwer. Deutlich wurde das anhand eines Patents auf eine „Einrichtung zum Verladen von Nußkohlen“.175 Die Patentbeschreibung sah vor, Kohlen in einen mit Wasser gefüllten Turm zu schütten, um deren wertmindernde Zerbröckelung bei der Abfüllung zu verhindern. Zwecks Trocknung der Kohlen entwich das Wasser nachträglich durch dafür vorgesehene Schlitze. Das RG sah hierin nicht einen Apparat, sondern ein Verfahren: Als geschützt erscheint eine besondere Art der Benutzung des Thurmes ( . . . ). Eine Reihe von Handlungen, darunter das Füllen des Thurmes mit Flüssigkeit, also ein Verfahren, bildet die Erfindung. ( . . . ) Mag nun auch die dem Patent gegebene Bezeichnung „Einrichtung zum Verladen von pp.“ nicht korrekt sein, so steht dieser Umstand doch der Gültigkeit des Patents nicht entgegen ( . . . ). Die Patentfähigkeit des Verfahrens aber wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß dasselbe auf der Benutzung eines bekannten Apparates beruht. Wenn ein solcher nicht nur eine neue Bestimmung erhält, sondern in Anlaß derselben auch in einer bisher nicht bekannten Art angewendet wird, so kann das Verfahren ( . . . ) als zur Patentirung geeignet betrachtet werden.176

Die ungenaue Bezeichnung als „Einrichtung“ hinderte das Gericht nicht, etwas anderes, hier ein Verfahren, als Gegenstand der Erfindung festzustellen. Die „Art der Benutzung“ und die zeitliche „Reihe von Handlungen“ sprachen für ein Verfahren. Es konnte auch in der Benutzung eines Apparats bestehen, sogar einer bekannten Sache, wenn nur die Art ihrer Anwendung neu war. In einer Entscheidung von 1919 ging es um die Frage, ob das klägerische Patent samt Zusatzpatent ein Verfahren zur Herstellung einer bestimmten Bronzelegierung oder die Legierung selbst zum Gegenstand habe.177 Nach Wortlaut und Sinn der Patentansprüche erkannte das RG ein Verfahren als Gegenstand der Erfindung. Zwar war nun das unmittelbare Erzeugnis des Verfahrens, die Legierung, gemäß § 4 Satz 2 ebenfalls geschützt. Dieser Schutz galt indessen nur, soweit die Legierung nach dem patentierten Verfahren hergestellt war, nicht hingegen für die Bronzelegierung an sich.

175 176 177

RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00). RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00). RG v. 22. 3. 1919 (I 266 / 14).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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e) Das Zusammentreffen verschiedener Gegenstände und ihr Verhältnis Unter Umständen konnten die Erfindung und das darauf erteilte Patent verschiedenartige Gegenstände in sich vereinen.178 Das war der Fall, wenn zugleich eine Einrichtung und das durch sie hergestellte Erzeugnis, eine Einrichtung und das mit ihr angewendete Verfahren, ein Verfahren und das hervorgebrachte Erzeugnis oder sogar alle drei Gegenstände zusammentrafen. Das Patent konnte, musste aber nicht alle neuen Erfindungsgegenstände betreffen.179 War ein Erzeugnis Gegenstand der Erfindung, umfasste der Schutz jedes Erzeugnis mit den beschriebenen Merkmalen. Unerheblich war, nach welchem Verfahren oder mittels welcher Einrichtung es hergestellt war. 1881, 1883 und 1885 entschied das RG dreimal über die Verletzung des Knieblechröhren-Patents.180 Dem Kläger waren eine besondere Art von Knieblechröhren und eine Maschine zu deren Herstellung patentiert. Die Beklagten waren jeweils der Ansicht, dass nur solche Fabrikate unter das Knieblechröhren-Patent fielen, die mit der patentierten Maschine angefertigt waren. Diese enge Auslegung hatte das Berufungsgericht im ersten Prozess zurückgewiesen: Patentiert sei das Knierohr „als Produkt, gleichviel auf welchem Wege es hergestellt würde“. Es sei zudem „eine Widersinnigkeit“, zugleich die Herstellungsmaschine und das Produkt zu patentieren, wenn sich der Stoffschutz auf die mit der Maschine hergestellten Knierohre beschränke, weil deren Herstellung schon wegen § 4 Abs. 2 durch das Maschinenpatent geschützt sei. Hiergegen führte der Beklagte in seiner Revisionsbegründung an, dass dem Rohrpatent selbst bei enger Auslegung eine eigene Bedeutung zukomme: Der Schutz des § 4 Abs. 2 versage bei ausländischer Herstellung und anschließender Einfuhr der Knieblechröhren nach Deutschland; hier könne nur das Stoffpatent ausreichend 178 Das widersprach nicht der Hartigschen Lehre, siehe S. 250 f., vielmehr handelte es sich nach Hartig, S. 233, um die oftmals notwendige Nebeneinanderstellung zweier zusammengehöriger Definitionen. Die Patentierung mehrerer Erfindungsgegenstände konnte z. B. durch Unteransprüche kenntlich gemacht werden. In RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89) ging es z. B. um ein Patent auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bearbeitung gewebter Spitzen. 179 Hiervon zu unterscheiden ist der Grundsatz der Einheitlichkeit der Anmeldung, nach welchem in einer Anmeldung nicht mehrere Erfindungen beansprucht werden konnten: „Für jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung erforderlich“, § 20 Abs. 1 Satz 2. Das hinderte nicht, mehrere Gegenstände einer Erfindung einheitlich anzumelden. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Anmeldung regelte § 7 mit der Zusatzerfindung, die nicht nur nach einer Haupterfindung, sondern auch gleichzeitig angemeldet werden konnte. Nachdem das PA zunächst eine technologische Einheitlichkeit der Erfindungen forderte, ließ es seit 1913 eine technisch wirtschaftliche Gesamtaufgabe ausreichen. Isay (1926), S. 439 ff., forderte als Leitsatz, dass durch die Beanstandung der Einheitlichkeit zumindest nicht der volle Schutz der Erfindung gefährdet werden dürfe. 180 RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I; RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II; RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV. Die Vorinstanzen der letzten Entscheidung hatten die Klage zunächst abgewiesen, weil die Fabrikate der Beklagten nicht mit denen übereinstimmten, welche die Klägerin tatsächlich produzierte, waren aber vom RG bereits mit dem Hinweis aufgehoben worden, dass auf Seiten des Klägers nicht sein Fabrikat, sondern sein patentiertes Knieblechrohr Gegenstand des Vergleichs sein müsse.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

schützen.181 Die erste Knieblechröhren-Entscheidung des RG beschränkte sich darauf, in der Begründung des Berufungsgerichts keine unrichtige Gesetzesanwendung zu erkennen; das Argument der „Widersinnigkeit“ sei kein tragender Entscheidungsgrund. Erst 1885 musste das RG ausführlicher begründen, weil in diesem Fall das Berufungsgericht und die Beklagte der engen Auslegung aufgrund einer notwendigen „technologischen Einheit“ des Knieblechröhren-Patents gefolgt waren. Das RG widersprach und führte dazu aus: ( . . . ) und diese Ansicht ist von der Revision mit Recht als rechtsirrthümlich angegriffen. Denn dieselbe steht in offenbarem Widerspruche mit dem § 4 des Patentgesetzes, nach welchem ( . . . ) Niemand befugt ist, den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen und zwar ohne Unterscheidung, ob er dies mittelst des vom Patentinhaber angewandten Mechanismus oder mittelst eines anderen, sei es auch eines von dem Nachahmer selbst erfundenen und ihm patentirten neuen Mechanismus bewirkt.182

Danach konnte der Patentinhaber jegliche Herstellung verhindern, selbst wenn der Nachahmer ein eigenes Verfahrenspatent zur Herstellung des Fabrikats hatte.183 Zur Begründung ergänzte das RG, dass als Erteilungserfordernisse in § 1 nur die Neuheit und gewerbliche Verwertbarkeit vorausgesetzt und weitere über die §§ 4 und 5 hinausgehende Beschränkungen unzulässig seien. Praktisch wären solche Beschränkungen zudem wertlos, wenn sich am Erzeugnis die Herstellungsart nicht ablesen ließe: In Betreff der Wirkungen des Patents unterscheidet das Gesetz in § 4, daß der Gegenstand der Erfindung in einem Fabrikate oder in einem Verfahren oder sonstigen Hülfsmittel zur Erzeugung eines solchen besteht. In dem – hier vorliegenden – ersteren Falle beschränkt sich zwar der Patentschutz auf die Ausschließung Dritter von der gewerbsmäßigen Herstellung des Fabrikates (und dem in Verkehr Bringen und Feilhalten desselben), umfaßt aber andererseits jede Art der Herstellung. Daraus folgt, daß das Gesetz ein Patent auf ein mittelst eines bestimmten Verfahrens oder einer bestimmten Maschine angefertigtes Fabrikat überhaupt nicht kennt.184

Entsprechend umfasste der Schutz einer Einrichtung jede Benutzung derselben, ohne dass es auf den Zweck der Benutzung, zu welchem sie erfolgte, oder ihr Resultat ankam. Das stellte das RG 1890 anlässlich eines Nichtigkeitsverfahrens klar: Eine Erfindung kann zum Gegenstande haben eine Maschine oder ein Verfahren. Ist eine Maschine erfunden, so ist dem Erfinder die Maschine zu patentiren. Dies hat dann von 181 Erkennbar werden hier die Unterschiede zum Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten, siehe S. 259 ff.: Das Erzeugnis des Maschinengebrauchs ließ sich als nicht-chemischer Stoff gesondert schützen, Erzeugnisse chemischer Verfahren hingegen wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 nicht. 182 RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV. Indirekt hatte RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II entsprechend geurteilt, indem es betonte, dass der Nachahmer, der ein Patent auf die Maschine hielt, dadurch nicht das positive Recht hatte, mit seiner Maschine das Fabrikat herzustellen. 183 Das Verfahrenspatent war abhängig vom Erzeugnispatent, RG v. 6. 12. 1907 (II 983 / 07). 184 RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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selbst die Wirkung, daß die Maschine ohne Einwilligung des Patentinhabers überhaupt und zu keinem Verfahren irgend welcher Art gebraucht werden darf (§ 4 des Patentgesetzes).185

Ein Maschinenpatent schützte vor jeglicher Benutzung der Maschine, ohne dass es auf den Zweck, z. B. zur Anwendung eines bestimmten Verfahrens, ankam. Wollte der Erfinder zugleich die Benutzung des typischerweise mit seiner Einrichtung angewendeten Verfahrens verhindern, benötigte er zusätzlich das Verfahrenspatent. Nur so durften Dritte das Verfahren weder mit seiner, noch mit irgendeiner anderen Einrichtung anwenden, noch durften sie seine Einrichtung herstellen, vertreiben oder zur Anwendung irgend eines Verfahrens gebrauchen.186 Schließlich umfasste der Verfahrensschutz jegliche Anwendung des Verfahrens, unabhängig von den verwendeten Einrichtungen187 und dem konkreten Resultat. Eine grundsätzlich bekannte und frei benutzbare Maschine durfte nicht zur Anwendung eines geschützten Verfahrens benutzt werden.188 Das PatG 1891 enthielt in § 4 Satz 2 eine zuvor von der Rechtsprechung entwickelte Regel, dass sich der Schutz des Verfahrenspatents auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse erstreckte, ohne dass für sie ein eigenes Patent erteilt wurde.189 War nicht nur das Verfahren, sondern auch das dadurch erzeugte Produkt eine neue Erfindung, so konnte es, abgesehen von den Gegenständen des § 1 Abs. 2, neben dem Verfahren patentiert werden. Die Bedeutung des Erzeugnispatents neben dem Patent auf das Herstellungsverfahren lag darin, dass das Produkt nicht nur nicht nach dem geschützten Verfahren, sondern nach überhaupt keinem Verfahren hergestellt und unabhängig davon, auf welchem Wege es auch immer hergestellt war, nicht vertrieben oder gebraucht werden durfte. Der Inhaber war sogar noch geschützt, wenn später ein anderes Verfahren oder eine andere Vorrichtung zur Herstellung des Produkts erfunden wurden.190 Auf den „geradezu klaffenden UnterRG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89). So auch Robolski (1893), S. 24. RG v. 23. 10. 1897 (I 203 / 97). 187 RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94). Denkbar war, dass ein Verfahren nur im Gebrauch einer bestimmten Einrichtung bestand, RG v. 9. 3. 1901 (I 425 / 00). Auch RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89) bedachte diesen Fall: „Wird dem Erfinder das Verfahren mit der bekannten Maschine patentirt, so kann er zwar den Gebrauch der Maschine zu dem von ihm erfundenen Verfahren untersagen, den Bau von Maschinen, lediglich damit dieselben zu dem ihm patentirten Verfahren benutzt werden, nur aus dem Gesichtspunkte, als sich dieser Maschinenbau als eine wissentliche Hülfeleistung zur patentwidrigen Benutzung der Maschine zu dem patentirten Verfahren darstellt.“ Damit widersprach der I. Zivilsenat ausdrücklich einer früheren Entscheidung des 4. Strafsenats, nach welcher der Schutz eines Verfahrenspatents sich „auch auf die in der Patentschrift beschriebenen Apparate erstreckt, welche für die zweckentsprechende Anwendung des Verfahrens nöthig sind und ( . . . ) als technische Hilfsmittel des Verfahrens bezeichnet werden können.“ 188 Das neue Verfahrenspatent schränkte die freie Benutzung der Maschine ein, RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00). 189 Siehe S. 259 ff. Eine entsprechende Regel für das Einrichtungspatent gab es nicht, RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01). 185 186

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

schied“ zwischen Erzeugnispatent und Verfahrenspatent mit Erzeugnisschutz wies das PA in einer Beschwerdeentscheidung von 1905 hin: Die scharfe, patentrechtliche Begrenzung zwischen beiden liegt darin, daß beim Stoffpatent die Sache nicht verbreitet werden darf, gleichgültig in welcher Weise sie geschaffen ist. Beim Verfahrenspatent darf dagegen die Sache nur dann nicht verbreitet werden, wenn sie auf patentiertem Wege produziert ist, sie darf es aber, wenn die Herstellung auf andere Weise erfolgt ist. Das Erzeugnis- oder Stoffpatent gewährt daher in jedem Falle den weitgehendsten Schutz.191

Gegenstand der Erfindung konnten auch ein Verfahren, sein Produkt und eine Maschine zur Anwendung des Verfahrens zugleich sein. Dann durfte erstens niemand das Verfahren anwenden, weder zur Herstellung des Produkts noch unabhängig davon, zweitens niemand das Produkt herstellen, weder mittels des geschützten Verfahrens noch auf andere Weise, und drittens niemand die Maschine gebrauchen, weder zur Anwendung des geschützten Verfahrens noch zu anderen Zwecken.192

2. Die Grundsätze der Auslegung im Wandel der Zeit Durch die Patentauslegung ermittelte der Verletzungsrichter, welchen Erfindungsgegenstand das Patent betraf, welche Erfindung es konkret schützte und in welchem Umfang es sie schützte. Er musste den geschützten Erfindungsgedanken des klagegegenständlichen Patents genau bestimmen.193 Das PatG selbst enthielt keine ausdrückliche Regelung für die Patentauslegung,194 wenig hilfreich war die „Generalklausel“ 195 der Patentverletzung in § 4. Einen Ansatzpunkt bot der patentrechtliche Grundsatz der staatlichen Erteilung: Das Patent entstand nicht von selbst mit Vollendung der Erfindung, sondern nur auf eine Anmeldung hin durch Erteilungsbeschluss des PA.196 Die Behörde, die über die Entstehung des Rechts entschied, musste auch seinen Inhalt näher bestimmen. Wesentliche Stütze der Auslegung war der Erteilungsbeschluss, der sich die schriftliche Anmeldung der Erfindung zueigen machte.197 190 Unter Umständen war es sogar möglich, im Fall der Nichtigerklärung des Verfahrenspatents noch den Erzeugnisschutz aufrecht zu erhalten, Kent, S. 65. 191 PA v. 28. 1. 1905, teilabgedruckt in: Reitzenbaum / Leander, Erster Bd., Nr. 26, S. 341 f. Der letzte Satz fand nur Geltung, soweit es um den Stoffschutz ging, da Verfahrens- und Stoffpatente grundsätzlich unterschiedliche Gegenstände schützten. 192 RG v. 18. 5. 1887 (I 106 / 87); RG v. 23. 10. 1897 (I 203 / 97); RG v. 30. 10. 1901 (I 195 / 01). 193 Zu prüfen war, was als neu anerkannt und unter Schutz gestellt war, RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92). 194 Isay (1926), S. 423. 195 Lindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22. 196 Siehe S. 65. 197 §§ 24 Abs. 3, 27 Abs. 1 (§§ 24 Abs. 1, 26 Abs. 1) und § 20 Abs. 1, siehe S. 122 f.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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In der Anmeldung musste der Patentsucher nach § 20 Abs. 1 „den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnen“ und in einer Anlage die Erfindung „dergestalt ( . . . ) beschreiben, daß danach die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint.“ Ferner waren „die erforderlichen Zeichnungen, bildlichen Darstellungen, Modelle und Probestücke beizufügen.“ Der in der Novelle von 1891 eingefügte Satz 5 erwähnte erstmals gesetzlich den Patentanspruch, dessen Formulierung das PA bereits regelmäßig praktiziert hatte.198 Der Patentanspruch stand am Schluss der Beschreibung und hatte die Aufgabe, zusammenfassend „anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll“. In der Anmeldung hatte der Patentanmelder bezeichnet, beschrieben und anschaulich erläutert, worin er die Erfindung erkannte und wofür er Schutz beanspruchte. Im Erteilungsbeschluss gab das PA an, was es für patentwürdig hielt. Der Erteilungsbeschluss bestand aus zwei Elementen: aus der Erklärung, dass auf die nachstehend mitgeteilte Anmeldung ein Patent erteilt werde, und aus der Mitteilung der angemeldeten Erfindung in der Form, die sie durch das Erteilungsverfahren erhalten hatte.199 Der zweite Teil des Erteilungsbeschlusses, die Mitteilung der Erfindung, wurde in der endgültigen Fassung gedruckt und stand als Patentschrift der Öffentlichkeit zur Einsicht beim Kaiserlichen Patentamt frei.200 Als Vorlage für die Patentschrift hatten Anmeldung und Patentanspruch gedient. Die inhaltlichen Angaben des Erteilungsbeschlusses zum Gegenstand der Erfindung entsprachen regelmäßig denen der an die Öffentlichkeit gerichteten Patentschrift. Erteilungsbeschluss und Patentschrift gaben wieder, was das PA als Erfindung erkannte und worauf es das Patent erteilen wollte. Sie bildeten den Ausgangspunkt der Patentauslegung. Mühen bei der Auslegung waren häufig zurückzuführen auf ungeschickt oder unzulänglich gefasste Patentansprüche und Beschreibungen. Anmeldung und Erteilung bemühten sich, in Worten, Zeichnungen und Modellen darzustellen, welcher neue technische Gedanke hervorgebracht und offenbart war. Nicht immer gelang es, der tatsächlich offenbarten Erfindung in den Beschreibungen gerecht zu werden. Sie versäumten bisweilen, das Wesentliche klar herauszustellen. Es konnte auch sein, dass die volle Tragweite einer Erfindung erst nach der Anmeldung im Laufe ihrer Benutzung erkannt wurde und deshalb in den Ansprüchen noch nicht zum Ausdruck kam.201 Weitere Schwierigkeiten erwuchsen aus den vielschichtigen technischen Details, die Sachverständige und Juristen beschäftigten. Das tatLindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22, 23. Der ganze Erteilungsbeschluss wurde nur dem Anmelder und Dritten zugestellt, die Einspruch „erhoben“ hatten. Das PA erließ eine Bekanntmachung über die Erteilung im Reichsanzeiger und fertigte für den Patentinhaber eine Urkunde aus, § 27 (§ 26 a.F.). 200 Allein die beim PA einsehbare Patentschrift enthielt die vollständigen Unterlagen, § 19 Abs. 3. Hingegen wiesen die Veröffentlichungen im amtlichen Blatt, dem Pbl., nur wesentliche Teile der Beschreibungen und Zeichnungen auf, § 19 Abs. 4 Satz 1. 201 RG v. 15. 5. 1915 (I 26 / 15). 198 199

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

sächliche Verständnis und die rechtliche Einordnung der technischen Materie gestalteten sich oftmals als überaus kompliziert. Schließlich galten anfangs die §§ 511, 512 ZPO als Hürde für die Auslegung: Sie erlaubten der Revisionsinstanz nur, die Verletzung von Rechtsfragen zu überprüfen. Erste reichsgerichtliche Entscheidungen zögerten, die Patentauslegung als eine Rechtsfrage zu behandeln. 1881 beschrieb der II. Zivilsenat die Auslegung als tatsächliche Feststellung: Zu der weiteren Auslegung des Patents ( . . . ) gelangen die Vorinstanzen hauptsächlich dadurch, daß sie den gesammten Sachverhalt ( . . . ) in Betracht ziehen. In dieser thatsächlichen Feststellung läßt sich ein Rechtsirrthum nicht erblicken.202

Der Senat vermied, das Patent selbst auszulegen, weil er das für eine Aufgabe der Tatsacheninstanz hielt. Er begnügte sich mit der Feststellung, dass das Berufungsgericht diese rechtsfehlerfrei gelöst habe.203 Noch deutlicher führte der 3. Strafsenat ein halbes Jahr später aus: Was der Gegenstand eines Patentes und des aus der Ertheilung fließenden Rechts ( . . . ) sei, worin das Wesen der Letzteren (scil. Erfindung) bestehe, das sind Fragen, welche wesentlich nur auf Grund von concreten Erwägungen thatsächlicher Natur, namentlich auf Grund der Auslegung der der Patentertheilung zu Grunde liegenden Patentschrift, der darin enthaltenen Beschreibung der Erfindung und der formulirten Patentansprüche beurtheilt werden können. Zu diesen wesentlich thatsächlichen Fragen gehört namentlich die, ob den Gegenstand der Erfindung die Herstellung eines Consumtionsgegenstandes, oder ein Verfahren, eine Maschine oder Betriebsvorrichtung pp. bildet ( . . . ). Nicht rechtliche, sondern thatsächliche Erwägungen gewähren für deren Beantwortung die erforderliche Grundlage. Aus gleichem Grunde untersteht aber der Entscheidung des Thatrichters auch die Frage, ob bei vorhandenen Abweichungen die Letzteren das durch Patent geschützte Wesen der Erfindung oder nur Nebensächliches betreffen, und ob daher die Herstellung und gewerbliche Verwerthung des betreffenden Gegenstandes objectiv eine Verletzung des durch Patent erworbenen Ausschließungsrechts enthält.204

Mit diesem Ausspruch wies der 3. Strafsenat die gesamte Patentauslegung von sich. Sowohl die Ermittlung, was den „Gegenstand der Erfindung“ bilde, Stoff, Maschine oder Verfahren, als auch die Bestimmung des Schutzbereichs und seiner Erstreckung auf Abweichungen seien tatsächliche Fragen, keine Rechtsfragen, und der Revision entzogen. Diese Ansicht hat das RG nicht beibehalten.205 Die Patentauslegung rückte bald in den Mittelpunkt der Revisionsentscheidungen. Insbesondere der für Patentverletzungssachen zuständige I. Zivilsenat erachtete die Patentauslegung in der Revisionsinstanz für zulässig. Die unrichtige Bestimmung des RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I. Dennoch sind Ansätze zu erkennen, welches Vorgehen bei der Auslegung das RG für zulässig hielt, siehe S. 209. 204 RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82). 205 Siehe z. B. RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89); RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – CarpenterBremsen: Die Auslegung sei Rechtsfrage und könne nicht etwa einem Sachverständigen überlassen werden, der allein die tatsächlichen technischen Verhältnisse zu beleuchten habe. RG v. 18. 12. 1899 (I 373 / 99). 202 203

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Erfindungsgedankens und seines Schutzbereichs war eine revisible Gesetzesverletzung.206 In seiner Rechtsprechung zur Patentauslegung entwickelte das RG Methoden, die im Laufe der Jahre bis zum Ersten Weltkrieg auf verschiedenen Hilfsmitteln fußten und einem bedeutenden Wandel unterlagen.

a) Die anfängliche Auslegung In der Frühzeit befasste sich das RG mit der Auslegung unter einem einheitlichen Gesichtspunkt: Es verstand die Patenterteilung als eine Willenserklärung des PA.207 Als solche sei sie wie ein Gesetz, ein Rechtsgeschäft oder andere Willenserklärungen nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen.208 Hilfsmittel der Auslegung waren in erster Linie der Patentanspruch und die Patentschrift mit der Beschreibung und den Zeichnungen. Bedeutsam konnten die Erteilungsakten sein, da sich aus ihnen der Wille des PA ergeben konnte.209 In dieser Phase entwickelte der 1. Zivilsenat unter dem wesentlichen Einfluss von Bolze die Lehren vom wesentlichen Erfindungsgedanken und von der Äquivalenz.210

aa) Die frühen Nichtigkeitsentscheidungen Bereits in einer Entscheidung vom 14. 2. 1880 ermittelte das RG, was das PA bei der Erteilung als Erfindung angesehen hatte und hatte schützen wollen:211 Der Berufungskläger, Inhaber eines Patents auf einen „Pfropfenzieher“, begehrte, das Patent des Berufungsbeklagten auf einen „Korkzieher“ für nichtig zu erklären.212 Der Korkzieher wich in zwei Merkmalen „neu und eigenthümlich“ von dem bekannten Pfropfenzieher ab, er verbesserte die ältere Erfindung. Das Korkzieher-Patent konnte insofern nicht wie beantragt gänzlich vernichtet werden. Gleichwohl erhielt das RG das Patent nur insoweit aufrecht, „als es eine Verbesserung ( . . . ) betrifft“, erklärte es „im Uebrigen aber für nichtig“. Die reichsgerichtliche Auslegung ergab, dass das Patent auf den Korkzieher in zu weitem Umfang und nicht nur, wie die Vorinstanz unterstellte, als Verbesserungspatent erteilt sei. Dazu führte das RG aus:

Schanze, AöR 9 (1894), S. 173, 182 f. Isay, Mitt. 1925, S. 54. RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88); RG v. 15. 12. 1890 (I 211 / 90) – Edisonlampen. 208 Bolze, ZgR 1 (1892), S. 156. 209 RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88). 210 Siehe S.235 ff. 211 RG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80). 212 Er wollte sich außerdem mit dem Nichtigkeitsverfahren gegen die Verletzung seines eigenen Patents wehren. Diesen Versuch wies das RG zurück, siehe S. 135. 206 207

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Wenn auch in der Patentbeschreibung angeführt ist, daß sich bereits ein Korkzieher im Handel befinde, der das Ausziehen des Korkstöpsels ( . . . ) ähnlich wie der vorliegende bewerkstellige, so findet sich doch weder in der Patenturkunde noch in der Patentschrift ( . . . ) eine Erwähnung des Lero (scil. des Klägers) oder des ihm ertheilten Patents ( . . . ). Wollte man dennoch annehmen, daß darin eine deutliche Hinweisung auf den Leroschen Korkzieher enthalten sei, so fehlt doch in der Patentbeschreibung jede Andeutung, daß es sich um eine Verbesserung des Letzteren handele, sowie jede Angabe darüber, worin der Kiefersche (scil. beklagtische) Korkzieher von dem Leroschen abweiche. In dem Patentanspruche am Schlusse der Patentschrift, dessen Fassung für die Feststellung des Gegenstands des Patents vorzugsweise von Erheblichkeit ist, findet sich keinerlei Hinweisung auf eine zu verbessernde frühere Erfindung, vielmehr wird in den Worten ( . . . ) die ganze Konstruktion als Gegenstand des Patents bezeichnet, ( . . . ). Man muß daher annehmen, daß das Patent nicht blos auf die Abweichungen des Kieferschen Korkziehers vom Leroschen, sondern auf die ganze Konstruktion des ersteren nachgesucht und ertheilt worden ist, ( . . . ).213

Die Ausführungen lassen deutlich erkennen, wie das RG bei der Auslegung vorging: Es bediente sich allein der Patentschrift, welche die Beschreibung und den Patentanspruch enthielt. „Vorzugsweise von Erheblichkeit“ war letzterer. Hingegen blieb außer Betracht, was objektiv bekannt war, sich tatsächlich „im Handel befinde“. Um nur die Verbesserungserfindung zu schützen, genügte nicht ein allgemeiner Hinweis auf Bekanntes. Vielmehr mussten die Grunderfindung und die Tatsache, dass diese durch die beschriebene Erfindung verbessert werde, erwähnt und die verbessernden Abweichungen besonders hervorgehoben werden. Ein Wille, nur die Verbesserung zu patentieren, fand vorliegend im Patentanspruch keinen hinreichenden Ausdruck. Die reichsgerichtliche Auslegung orientierte sich daran, was „nachgesucht und ertheilt“ war. Maßgeblich war, was Anmelder und PA bis zur Erteilung als Erfindung erkannten und in der Patentschrift zum Ausdruck brachten. Dass das PA später, nunmehr als Vorinstanz des laufenden Nichtigkeitsverfahrens, unterstellte, es habe bei Erteilung nur die Verbesserung schützen wollen, war unbeachtlich.214 Das RG ermittelte den Inhalt der Erteilungserklärung nicht vom Standpunkt des erklärenden PA, sondern von dem des Erklärungsempfängers. Die Auslegung der Patenterteilung als Willenserklärung folgte der Erklärungstheorie, nicht der Willenstheorie.215 Im Nichtigkeitsverfahren beabsichtigte das RG mit dieser weiten Auslegung klarzustellen, dass Undeutlichkeiten in der Beschreibung zulasten des Patentinhabers gingen. Es erkannte in dem Fall ein rechtliches Interesse an der ausdrücklichen Teilnichtigerklärung an. Ein Jahr später bestätigte der II. Zivilsenat in zwei weiteren Nichtigkeitsentscheidungen diesen Auslegungsgrundsatz:216 Für JederRG v. 14. 2. 1880 (I 35 / 80). Ebensowenig war das Gericht an eine Patentauslegung gebunden, die das PA auf Ersuchen nach § 18 während eines Prozesses gutachtlich abgab, RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. 215 Hagens, Mitt. 1912, S. 178; Isay, GRUR 1917, S. 129, 131. 216 RG v. 1. 2. 1881 (II 334 / 80); RG v. 5. 4. 1881 (II 441 / 81). 213 214

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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mann sollte ersichtlich sein, wie weit ein Patent reiche und was ihm gegenüber erlaubt sei. Der Patentanspruch durfte nur aus sich selbst und dem übrigen Inhalt der Patentschrift ausgelegt werden. Entscheidend war, wie der Patentanspruch dem Publikum erkennbar geworden und in die Öffentlichkeit getreten war. Die Auslegung im Nichtigkeitsverfahren verfolgte jedoch nicht gänzlich die gleichen Ziele wie die Auslegung im Verletzungsverfahren. Erstere diente dazu, den für die Verleihung allein erforderlichen und vom PA erkannten erfinderischen Überschuss über die bis zur Anmeldung bekannte Technik herauszufinden. Bei der Patentverletzung hingegen kam es auf das Verständnis der patentierten Erfindung samt ihrer Kausalverläufe und Beziehungen an, um damit die vermeintlich verletzende Ausführungsform vergleichen und einen Eingriff in den Schutzbereich beurteilen zu können.217 Die genaue Erkenntnis von der Idee und Funktionsweise der Erfindung musste und wollte der in § 20 Abs. 1 Satz 3 erwähnte Antrag nicht verschaffen. Erst die Beschreibung der Erfindung und die erforderlichen Zeichnungen und Modelle konnten Aufschluss darüber geben. Es war sogar möglich, dass sich der vollständige Kausalverlauf erst nach Patentierung und jahrelangem Gebrauch erklären ließ.

bb) Die frühen Verletzungsentscheidungen In der ersten Knieblechröhren-Entscheidung von 1881 zögerte das RG noch, die Patentauslegung der Vorinstanzen zu überprüfen.218 Gleichwohl erkannte es keinen Rechtsfehler darin, dass das Berufungsgericht „den gesammten Sachverhalt / : den Wortlaut des Patentanspruches, die Beschaffenheit der zugehörigen Zeichnung, den offensichtlichen Zweck des Patentgesuches : / in Betracht“ gezogen hatte. Die Anerkennung der zulässigen Auslegungsmittel zeigt, dass sich der Umfang des Schutzes „offensichtlich“ aus der Patentschrift ergeben sollte. Die vom Beklagten behauptete Beschränkung auf solche Röhren, die mit der gleichzeitig patentierten Maschine hergestellt waren, ergab sich aus der Patentschrift des KnieblechröhrenPatents jedenfalls nicht.219 Seine Auslegung hatte das Berufungsgericht durch den Umstand, dass auch die Maschine patentiert war, sogar bestätigt gefunden. Das RG merkte an, dass die Heranziehung dieses Umstands kein tragender Entscheidungsgrund sei; es konnte daher offen lassen, ob darin „möglicherweise“ eine Gesetzesverletzung liege. Deutlich wird hier das Verständnis des RG, dass sich die Auslegung auf den gesamten in der Patentschrift offenbarten Sachverhalt beschränkte. Zum wesentlichen Auslegungsmittel erhob das RG die Patentschrift auch in der Knieblechröhren-Entscheidung von 1884:220 217 218 219 220

Isay (1926), S. 178. RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I, siehe Fn. 202 dieses 3. Abschnitts. So auch RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV. RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

( . . . ), da die Frage, welche Art von Knieblechröhren durch das klägerische Patent geschützt sei, allein aus der Patentschrift zu beantworten ist. Denn Inhalts der Patenturkunde ist das Patent auf Grund der in der Patentschrift enthaltenen Zeichnungen und Beschreibungen ertheilt und letztere bilden also, wie der Berufungsrichter mit Recht annimmt, einen integrirenden Bestandtheil des Inhalts des Patents.221

Daneben seien für die Auslegung die im Erteilungsverfahren abgegebenen Probestücke dienlich: Zum einen erläuterten sie, um was der Anmelder nachgesucht habe, zum anderen sei davon auszugehen, dass das PA vor Erteilung die Modelle mit der Beschreibung verglichen habe.222 In einer Entscheidung vom 16. 2. 1887 ging es um ein Patent auf eine Brückenwaage für Eisenbahnfahrzeuge.223 Im Patentanspruch war unter anderem ein Hebelwerk näher beschrieben, auf dessen Beschaffenheit in der Patentbeschreibung kein besonderes Gewicht gelegt wurde. Grund dafür war ein Beschluss des PA im Erteilungsverfahren, auf welchen hin der Anmelder die Formulierung des Anspruchs abgeändert hatte, ohne die Beschreibung anzupassen. Die Auslegung sollte klären, ob jede mit einem Hebelwerk ausgestattete Waage oder nur Waagen mit dem beschriebenen Hebelwerk geschützt waren. In den Ausführungen des RG läßt sich ein nunmehr bekanntes Vorgehen erkennen: Die Patenturkunde, welche den Gegenstand der geschützten Erfindung nur im Allgemeinen bezeichnet, erhält ihre nähere Bestimmung durch die dazu gehörige Patentschrift. In der Patentschrift bezeichnet der als Patentanspruch bezeichnete Theil dasjenige, was von dem Patentsucher als zu schützende Erfindung in Anspruch genommen und von dem Patentamte als solche anerkannt ist. Zur Erläuterung des Patentanspruchs kann ( . . . ) die zur Verdeutlichung der Erfindung vorausgeschickte Beschreibung und beigefügte Zeichnung benutzt werden, auch wenn der Patentanspruch eine ausdrückliche Bezugnahme auf dieselbe nicht enthält.224

Zur Ermittlung des patentamtlichen Willens ging das RG von der in der Patenturkunde festgehaltenen Erteilungserklärung aus. Es prüfte die Patentschrift und darin zunächst den Patentanspruch.225 Ergänzend zog es Beschreibung,226 Zeichnun221 RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88) und RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92) wiesen zudem auf die Bedeutung der Patentüberschrift hin. So auch später RG v. 25. 9. 1901 (I 147 / 01). 222 Das Urteil v. 9. 4. 1884 schloss damit, den Gerichten nahezulegen, sich bei komplizierten technischen Fragen des § 18 zu bedienen: Diese Vorschrift verpflichtete das PA, „auf Ersuchen der Gerichte über Fragen, welche Patente betreffen, Gutachten abzugeben.“ Das RG stellte dabei klar, dass das ersuchende Gericht an die Ergebnisse dieser Gutachten nicht gebunden sei. 223 RG v. 16. 2. 1887 (I 364 / 86). 224 RG v. 16. 2. 1887 (I 364 / 86). 225 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88) wies darauf hin, dass in der anfänglichen Erteilungspraxis der Formulierung der Patentansprüche wenig Gewicht zukam. Für die Auslegung dieser Patente seien die Patentansprüche von geringerer Bedeutung, größere Aufmerksamkeit sei der Beschreibung zu widmen. 226 So auch RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88); RG v. 22. 2. 1894 (I 416 / 93).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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gen und Modelle heran. Für den Fall, dass der Anspruch nur eine engere Auslegung als die Beschreibung zuließ, fuhr es fort: Dagegen genügt der Umstand allein, daß ein in den Patentanspruch nicht aufgenommener Gegenstand in der Beschreibung erwähnt und in der Zeichnung dargestellt ist, keineswegs, um anzunehmen, daß derselbe unter Patentschutz gestellt sei.227

Für den Umfang des erteilten Rechts war der Patentanspruch maßgebend, selbst wenn der Anmelder mit der Abänderung seinen ursprünglichen Anspruch nicht hatte einschränken wollen. Für die Auslegung kam es nicht allein auf den Willen des Patentsuchers und den Umfang des erhobenen Anspruchs an, sondern ob und in welchem Umfang das PA diesen Anspruch anerkannt und dieses durch Aufnahme in die Patentschrift ausgesprochen hatte. Der die Änderung verlangende Beschluss im Erteilungsverfahren verdeutlichte, dass das PA mit dem beanspruchten Umfang nicht einverstanden war: Das Hebelwerk sollte näher beschrieben werden, da im Allgemeinen der Gedanke des Hebens bei Waagen bekannt sei. Von seinem Willen, das Patent nur auf eine Waage mit näher beschriebenem Hebelwerk zu erteilen, konnte das PA auch nicht stillschweigend abgekommen sein, so dass es sich mit der unverändert allgemeinen Beschreibung abfand: Der Patentanmelder hatte der Anspruchsänderung nicht widersprochen und dem PA keine Veranlassung gegeben, seinen Willen zu überdenken und zu ändern. Nicht alles, was in der Beschreibung Erwähnung fand, war geschützt: Maßgeblich blieb, was im Patentanspruch angedeutet war.228 Dieser zeigte, was der Anmelder sich hat schützen lassen wollen, und was davon das PA als schutzwürdig anerkannt hatte. Der Patentschutz hing nicht allein vom Willen des Anmelders und des PA ab; vielmehr kam es darauf an, inwieweit der jeweilige Wille wirksam erklärt, d. h. gemäß § 22 a.F. bekannt gemacht war. Zu berücksichtigen war, dass das PA nicht v.A.w. mehr schützen konnte, als der Patentsuchende angemeldet hatte.229 Was dieser erst nach Erteilung erkannt hatte, war vom Erteilungswillen des PA nicht erfasst. Das galt auch, wenn das PA selbst noch vor der Erteilung feststellte, dass die Erfindung weiter reichte als die Anmeldung. Der zu ermittelnde Erteilungswille des PA war durch das, was der Anmelder beanspruchte, begrenzt.230 Unklarheiten in der Fassung der Patentschrift gingen nach Ansicht des RG infolge eines allgemeinen Grundsatzes zulasten des Patentinhabers.231 RG v. 16. 2. 1887 (I 364 / 86). RG v. 16. 2. 1887 (I 364 / 86); RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 29. 10. 1892 (I 227 / 92); RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92). 229 RG v. 29. 2. 1896 (I 394 / 95); RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99). 230 Der Patentschutz werde „zur Belohnung erfolgreicher Arbeit gewährt“, nicht aber für spätere zufällige Entdeckungen, RG v. 9. 11. 1887 (I 177 / 87). 231 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 3. 4. 1889 (I 53 / 89); RG v. 17. 3. 1894 (I 468 / 93). So zumindest für den Fall einer einschränkenden Auslegung RG v. 13. 3. 1889 (I 19 und 20 / 89). 227 228

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

In einer Entscheidung vom 16. 5. 1888 erweiterte das RG den Kreis der Auslegungshilfsmittel um die Patenterteilungsakten.232 Der Beklagte hatte mit Einspruch und Beschwerde die Erteilung des Patents auf eine „Wärmeplatte für Rauchmaschinen“ an den Kläger verhindern wollen, und noch nach Erteilung Nichtigkeitsklage erhoben. Das RG erachtete die Erteilungsakten und die Entscheidung des PA im Nichtigkeitsverfahren als „sehr wichtige Beweismittel“ für die Auslegung im Verletzungsverfahren. Die Nichtigkeitsentscheidung habe für den Verletzungsprozess nicht die Wirkung einer rechtskräftigen Vorentscheidung, könne aber als „Indizium für die Auslegung“ gewertet werden. Wie bei der Auslegung vertraglicher Willenserklärungen würdigte das RG auch bei der Patentauslegung das Verhalten im Vorfeld. Im Fall hätte sich möglicherweise aus den Erteilungsakten ergeben können, dass das klägerische Patent sich auf die neuartige Vereinigung dreier charakteristischer Merkmale beschränke, jene für sich genommen aber als bekannt voraussetzte. Umgekehrt konnten die entsprechende Gliederung und Formulierung der Patentansprüche bei der Anmeldung darauf hinweisen, dass der Anmelder den Schutz auch für neue Einzelteile beansprucht hatte.233

cc) Die Edisonlampen-Entscheidung vom 15. 12. 1890 und die Folgeentscheidungen Ihren deutlichsten Ausdruck fand die Auslegung nach dem Willen des PA in einem Urteil vom 15. 12. 1890.234 In dem entschiedenen Fall ging es um die Auslegung des deutschen Edison-Patents auf eine elektrische Glühlampe. Die Klägerin begehrte Feststellung, dass sie das Patent der beklagten Allgemeinen ElecticitätsGesellschaft, früher deutschen Edison-Gesellschaft, nicht verletze, wenn sie Glühlampen nach ihrem eigenen Patent herstelle. Der erste Patentanspruch des EdisonPatents besagte: „Eine electrische Lampe, die durch Weißglühen Licht giebt und in der Hauptsache aus Kohlenfaser von großem Widerstande besteht, welche wie beschrieben hergestellt und mit den metallischen Drähten verbunden ist.“ Das LG erachtete als wesentlichen Teil der Edisonschen Erfindung den Gedanken, „in Consequenz des phisikalischen Gesetzes, wonach die Widerstandsfähigkeit des Glühkörpers größer wird, je länger und dünner derselbe ist, einen Faden als Glühkörper zu verwenden und einen solchen durch Verkohlung eines fadenförmigen Gebildes herzustellen.“ Infolge dieser weiten Auslegung waren die Baumwollfäden, welche die Klägerin zu Glühkörpern verkohlte, „Kohlenfasern“ i.S.d. Edisonschen Patentanspruchs. Aufgrund der festgestellten Verletzung wies das LG die Klage ab. Das von der Klägerin angerufene KG ging davon aus, dass nur patentiert sei, was in der Patentschrift beschrieben sei. Nach Einholung mehrerer Gutachten kam es zu dem RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88). RG v. 9. 11. 1891 (I 224 / 91); RG v. 4. 7. 1892 (I 126 / 92); RG v. 4. 7. 1892 (I 144 / 92). 234 RG v. 15. 12. 1890 (I 211 / 90) – Edisonlampen. 232 233

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Schluss, dass eine Beschreibung, wie die Edisonsche Kohlefaser herzustellen sei, um sie für Glühlampen verwertbar zu machen, nicht hinreichend gegeben sei. Da aber die Klägerin brauchbare Glühfäden herstelle, könne sie das Edison-Patent nicht verletzen. Diese Begründung hielt der reichsgerichtlichen Prüfung nicht stand: Im Patentverletzungsprozeß ist das Patent in demjenigen Umfang zur Geltung zu bringen, in welchem daßelbe nach dem erkennbaren Willen des Patentamts ertheilt worden ist. Zu ermitteln ist dieser Wille nach den allgemeinen für die Auslegung von Urkunden geltenden Rechtsgrundsätzen aus den Patentansprüchen im Zusammenhalt mit der Patentbeschreibung. Voraussetzung ist hierbei allerdings, daß der Patentschutz nur insoweit hat gewährt werden sollen, als die gesetzlichen Erfordernisse für die Patentertheilung vorhanden waren. Bezüglich des Vorhandenseins derselben aber ist für den Prozeßrichter die Anschauung der Behörde zur Zeit der Patentertheilung maßgebend. Die Auslegung des Patents, die im Verletzungsprozeß stattzufinden hat, kann nicht dazu führen, das Patent wirkungslos zu machen. Gelangt die Interpretation zu einem solchen Ergebniß, so ist dies der sicherste Beweis dafür, daß sie sich auf einem falschen Wege befindet und nicht mit derjenigen Auffassung in Einklang steht, von welcher das Patentamt bei der Patentertheilung ausgegangen ist.235

Zum ersten Mal fasste das RG seinen seit langem befolgten Auslegungsgrundsatz in deutliche Worte.236 Zu ermitteln war der „erkennbare Wille des Patentamts“ zur Zeit der Erteilung. Als Hilfsmittel dienten Patentansprüche und Beschreibung. Eine Auslegung konnte nicht zum Ergebnis haben, dass die Erfindung nicht anwendbar war oder das Patent nicht hätte erteilt werden dürfen. Da das PA das Edison-Patent erteilt hatte, musste es eine nähere Beschreibung, wie die Kohlefaser herzustellen sei, für nicht erforderlich gehalten haben. Das RG wies dennoch die Revision der Beklagten zurück: In der Beschreibung sei nicht allgemein die Idee zum Ausdruck gekommen, einen Kohlenfaden als Glühkörper zu verwenden. Vielmehr zeichneten die Edisonsche Erfindung bestimmte Merkmale aus, welche bei der Klägerin nicht vorkamen. Ein Patent gewähre keinen Schutz gegen Erfindungen, die durch die patentierte Erfindung zwar angeregt sein konnten, aber außerhalb des dem Erfinder bewussten und in der Patentschrift hervortretenden Erfindungsgedankens lagen. In solchen Fällen war die neue Erfindung nicht von der patentierten abhängig. Die anfängliche Patentauslegung orientierte sich an den theoretischen Vorstellungen, die dem PatG zugrunde lagen: Dieses ging davon aus, dass das fachkundige PA mit Hilfe der im Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren einbezogenen Öffentlichkeit die Erfindung umfänglich und abschließend feststellen und im Patentanspruch herausarbeiten könne. Mit der Erteilung äußere das PA den Willen, diese RG v. 15. 12. 1890 (I 211 / 90) – Edisonlampen. Aus diesem Grund führten viele Autoren das Urteil als Paradebeispiel für die anfängliche Patentauslegung an, Isay, GRUR 1911, S. 321; ders., GRUR 1913, S. 133; ders., Mitt. 1925, S. 54; Lindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22; Schanze, ZfI 1917 (XII), S. 81; ders., LZ 1917 (XI), Sp. 508; ders., MuW 1917 / 18 (XVII), S. 225. 235 236

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Erfindung unter Schutz zu stellen. Im Verletzungsprozess war allein dieser Wille des PA mit den allgemeinen, für Willenserklärungen geltenden Grundsätzen herauszufinden. Der Richter war an den ermittelten Willen gebunden, der Patentinhaber auf den bestimmten Inhalt seiner Patentschrift festgelegt.237

b) Die Auslegung ab 1889 Die anfängliche Auslegung hatte die Wirkung des Patents im wesentlichen auf den technischen Gedanken in der Ausführungsform beschränkt, die er im Patentanspruch gefunden hatte. Bald war zu erkennen, dass das für einen wirksamen und gerechten Patentschutz nicht ausreichte. Besonders deutlich wurde der Mißstand am Fall des Kombinationsschutzes: Das PA weigerte sich ausdrücklich, Patente zugleich auf Kombinationserfindungen und einzelne Teile derselben zu erteilen.238 Eine dieser Einstellung widersprechende Auffassung des RG trug dazu bei, die Wirkung über den erkennbaren Willen des PA hinaus auszudehnen.239 Erforderlich war eine Umgestaltung und Anpassung der entwickelten Auslegungsgrundsätze. Bereits im Jahr 1889 gewann neben der Patentschrift ein weiteres Auslegungsmittel Bedeutung: Der objektive Stand der Technik erhielt Einzug in die Auslegung durch zwei berühmt gewordene Reichsgerichtsentscheidungen, das Ariston- und das Daverio-Urteil. Eine neue Phase der Patentauslegung war eingeläutet, in welcher zwar grundsätzlich der patentamtliche Wille zu ermitteln war, dieser aber zunehmend an Einfluss verlor. Er wurde bei der ausdehnenden Auslegung nur noch vermutet und trat hinter dem die Vermutung speisenden objektiven Stand der Technik zurück.240

aa) Die Ariston-Entscheidung vom 4. 5. 1889 Der vielbeachteten Ariston-Entscheidung vom 4. 5. 1889 lag folgender Sachverhalt zugrunde:241 Der Beklagten war ein mechanisches Musikwerk, eine unter dem Namen Ariston weithin bekannte Drehorgel patentiert, bei welcher kreisförmige, sich um ihren Mittelpunkt drehende Notenblattscheiben ein Hebelwerk zur Klang237 Zeunert, S. 11 ff. Diese Auslegungsgrundsätze genügten noch in wenigen späteren Entscheidungen, Vgl. RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99); RG v. 5. 12. 1908 (I 677 / 07); RG v. 5. 12. 1908 (I 678 / 07); RG v. 5. 12. 1908 (I 687 / 07); RG v. 4. 3. 1914 (I 259 / 13). 238 Siehe S. 249 ff. 239 Problematisch war die Ausdehnung insbesondere vor dem Hintergrund der Trennung der Zuständigkeiten zwischen Patentamt und ordentlichen Gerichten, siehe S. 147 ff. Ferner durfte die Auslegung nicht dazu führen, dass der Anspruch seiner gesetzlichen Bedeutung nach § 20 Abs. 1 Satz 5 entkleidet wurde, RG v. 30. 12. 1908 (I 685 / 07). 240 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89) verglich das mit der ergänzenden Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Willen der Parteien, wie sie später in § 157 BGB geregelt war. 241 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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erzeugung in Gang setzten. Vom Erfolg der Beklagten angespornt, hatte die Klägerin ebenfalls mechanische Musikwerke entwickelt und zur Patentierung gebracht. In ihren Phönix-Musikwerken bewegten sich nach verschiedenen Patenten kegelund ringförmige auswechselbare Notenblätter am Hebelwerk vorbei, ohne sich um einen innerhalb des Musikwerks liegenden Mittelpunkt zu drehen. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr die Beklagte den Bau und Verkauf von Musikwerken mit Notenblattringen oder konischen Notenblättern nicht verbieten dürfe; die Beklagte erhob Widerklage auf Unterlassung. LG und OLG waren der Auffassung der Beklagten gefolgt. Auf die Revision der Klägerin hin befasste sich das RG mit der Auslegung des Ariston-Patents, um zu bestimmen, ob sich dessen Schutzbereich auf die Musikwerke der Klägerin erstrecke. Zu Beginn seiner Entscheidungsbegründung merkte das RG an, die Vorinstanzen hätten eine „sehr wichtige historische Tatsache nicht gewürdigt“. Nicht zuletzt aus den Erteilungsakten ergebe sich, dass bereits zur Zeit der Anmeldung des Ariston Musikwerke bekannt waren, die mittels durchlochter Notenblätter funktionierten. Dieses vorangestellt als Hinweis auf ein neues Auslegungsmittel – den Stand der Technik zum Zeitpunkt der Patentanmeldung – nahm das RG die herkömmliche „grammatische und logische Auslegung“ zum Ausgangspunkt: Ergiebt die Patentschrift nach ihrem eigenen Ausdruck, insonderheit nach dem Ausdruck des Patentanspruches in klarer Weise, daß das dem Erfinder verliehene Recht einen so weiten Umfang hat, daß die Konstruktion der Klägerin darunter fällt, so bedarf es einer weiteren Untersuchung nicht. Auch wenn der Phönix auf einem eigenen Erfindungsgedanken beruhte, könnte er gegenüber dem älteren Ariston bei solchem Sachverhalt keinen patentrechtlichen Schutz erlangen. Es hätte nur ein Abhängigkeitspatent ertheilt werden können, ( . . . ).242

So klar war vorliegend die Sache nicht. Plastisch formulierte das RG, dass „ein platter Ring ( . . . ) keine Scheibe“ sei, und dass der platte Ring des Phönix nicht i.S.d. Ariston-Patents um den Mittelpunkt drehbar sei. Die Auslegung aus der Patentschrift heraus half nicht weiter. Mit Verweis auf seine frühere Rechtsprechung243 und die Gutachtenpraxis des PA stellte das RG fest, dass der Patentschutz weiter reichen konnte als der nur eine konkrete Gestalt vorstellende, logische Sinn des Patentanspruchs. Es fuhr fort: Kommt der Erfindung eine weitergehende Bedeutung zu, drückt sich in der konkreten Gestalt eine Idee aus, welche in verschiedenen Gestalten darstellbar ist, so daß aber immer derselbe Zweck mit dem, was als das Wesen des angewendeten Mittels anzusehen ist, erreicht wird, so muß man über den logischen Sinn des Patentanspruchs hinausgehen; ( . . . ).244

Die Auslegung „über den logischen Sinn des Patentanspruchs hinaus“ setzte eine „weitergehende Bedeutung“ der Erfindung voraus. Diese lag vor, wenn die be242 243 244

RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89). Gemeint war wohl die Rechtsprechung zur Äquivalenz, siehe S. 235 ff. RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

schriebene „konkrete Gestalt“ nur beispielhaft für eine übergeordnete Erfindungsidee stand.245 Beachtlich war, dass das RG in dem Fall die ausdehnende Auslegung als zwingend ansah: Es verglich den Fall mit der Analogie bei Gesetzen und der ergänzenden Vertragsauslegung; enthielten Gesetze oder Verträge eine Regelungslücke, musste diese durch Ermittlung des fiktiven Willens geschlossen werden. Erstmals räumte das RG ein, dass auch die Patenterteilung lückenhaft sein könne, ohne dass dieses zulasten des Patentinhabers gehen müsse. Der erkennbare Wille des PA war nicht mehr einziges Kriterium der Auslegung. Vielmehr war die Bedeutung der Erfindung auch mit Hilfe des Standes der Technik herauszufinden. Tatsächlich waren, wie eingangs bemerkt, vor Anmeldung des Ariston „nicht blos dem Patentamt“ Musikwerke bekannt, bei welchen gelochte Notenblätter ein Hebelwerk steuerten. Mit einfachen Worten stellte das RG fest: Eben weil diese Einrichtung bekannt war, darum ist sie in ihrer Allgemeinheit ( . . . ) nicht patentiert.246

Auch ohne ausdrückliche Betonung enthielt diese Feststellung eine Weiterentwicklung des keinesfalls verworfenen herkömmlichen Auslegungsgrundsatzes, und zwar mit Geltung für die ausdehnende Auslegung.247 Soweit der Wille des PA nicht ersichtlich war, vermutete das RG ergänzend: Was bei Anmeldung bekannt war, habe das PA nicht schützen wollen.248 Dabei kam es nicht darauf an, ob es auch dem Anmelder oder dem PA bekannt war;249 maßgeblich war der objektive Stand der Technik.250 Dieser begrenzte die ausdehnende Auslegung. Erlaubte er 245 Die Worte „immer derselbe Zweck“ und „Wesen des angewendeten Mittels“ deuten auf den Fall der Äquivalenz hin, siehe Fn. 243 dieses 3. Abschnitts. 246 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89). 247 Zu den Formen der ausdehnenden Auslegung siehe S. 233 ff. 248 Siehe auch RG v. 11. 10. 1905 (I 137 / 05); Knoth, S. 22. 249 So später ausdrücklich RG v. 20. 4. 1901 (I 16 / 01): „Dabei kommt es darauf nicht an, ob dem Kaiserlichen Patentamt bei Ertheilung des Patents das französische Patent bekannt war und von ihm berücksichtigt ist oder nicht; ist es berücksichtigt, so ist es ohne Weiteres klar, daß nur die besondere Gestaltung des Patentanspruchs hat geschützt werden sollen; ist es nicht berücksichtigt, so ist doch nicht minder klar, was geschützt ist.“ 250 Der objektive Stand der Technik entsprach grundsätzlich der Summe aller technischen Kenntnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für die Neuheitsprüfung im Erteilungs- und Nichtigkeitsverfahren enthielt das PatG eine negative Fiktion: Nach § 2 galt eine Erfindung nicht als neu, wenn sie zur Zeit der Anmeldung hinreichend in öffentlichen Druckschriften aus den letzten hundert Jahren beschrieben oder im Inland offenkundig benutzt war. Die Aufzählung war abschließend, so dass öffentliche Druckschriften, die älter als hundert Jahre waren, einfach-schriftliche und mündliche Überlieferungen, Vorlesungen an Technischen Hochschulen, Vorträge und Benutzungen im Ausland nicht neuheitsschädlich waren. Hingegen zählte aus Gründen der Rechtssicherheit eine als nicht neu fingierte Erfindung zum Stand der Technik, gleichgültig ob sie der Allgemeinheit bekannt geworden war. Für den Verletzungsprozess war eine solche Fiktion nicht geregelt, § 2 wurde aber entsprechend angewendet, RG v. 1. 4. 1914 (I 55 / 14) – Gegenstromapparat; Isay, SächsArch. 1911 (VI. Jahrg.), S. 145, 147 ff.; ders., Mitt. 1912, S. 124. Schanze hingegen war a.A.: Im Verletzungsprozess wollte er mündliche Überlieferungen etc. bedeutsam sein lassen, Schanze, MuW 1911 / 12 (XI), S. 418.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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keine Ausdehnung des Schutzes auf alle Ausführungsformen eines – in dieser Entscheidung noch nicht so bezeichneten – allgemeinen Lösungsgedankens, blieb das Patent auf die in der Patentschrift angegebene Ausführungsform beschränkt.251 Umgekehrt war die denkbare ausdehnende Auslegung, wie dargestellt, zwingend: Eine Erfindung erstreckte sich auf den allgemeinen Lösungsgedanken, wenn zur Zeit ihrer Anmeldung objektiv noch keine Ausführungsform bekannt war. Dem lag eine zweite, doppelte Vermutung zugrunde: Der Anmelder habe alles anmelden wollen, was er nach dem Stand der Technik anmelden konnte, und das PA habe alles patentieren wollen, was er angemeldet hatte. Auf dem Umweg über diese Vermutungen erhielt der objektive Stand der Technik Einzug in die Patentauslegung. Soweit es um die Steuerung durch gelochte Notenblätter ging, beschränkte sich die Bedeutung der Ariston-Erfindung auf die in der Patentschrift wiedergegebene besondere Form; insofern fiel der abweichende Phönix nicht in den Schutzbereich. Was die Ausbildung des Tonträgers betraf, so gab es schon vor dem Ariston „Musikwerke mit bandartigen Notenblättern“. Die Patentierung des Ariston könne nicht dazu führen, die Benutzung bekannter Tonträger auszuschließen. Auffällig ist, dass das RG den Stand der Technik nun auf andere Weise in die Auslegung einbezog als beim gerade zuvor behandelten Gesichtspunkt der Steuerung durch gelochte Notenblätter: Es griff nicht ein Merkmal des Ariston auf, um festzustellen, ob dieses neu war, sondern ein Merkmal des Phönix, um festzustellen, dass es schon bekannt war. Auch diese Vorgehensweise war geeignet, eine Ausdehnung des Schutzes auf das untersuchte Merkmal auszuschließen. Die Bedeutung des Ariston-Patents lag in der auswechselbaren kreisrunden Scheibe: Auswechselbare Notenblätter, Musikwerke und kreisrunde Scheiben gab es schon vor der Anmeldung, allein in der Vereinigung dieser Merkmale lag die Erfindung. Vorteilhaft daran war die „handliche, bequeme Form“, welche eine „leichtere Aufbewahrung und die glatte Auswechslung“ gestattete. Es war allerdings denkbar, dass das ringförmige Notenblatt des Phönix nur der „peripherische Theil der Scheibe [sei], aus welcher das Mittelstück herausgeschnitten sei“. In der Rechtsprechung war bereits anerkannt, dass sich einer Verletzung nicht entziehen könne, wer das Wesen einer Erfindung nachahmte und dabei nur einen ihrer Vorteile wegließ.252 Etwas anderes galt, wenn die vermeintlich nachahmende Ausführung „eigenthümliche Vortheile“ darbot und auf einer „selbständigen Erfindung“ beruhte. Die Scheibe war in ihrem Umfang begrenzt und konnte entsprechend nur kürzere Musikstücke wiedergeben. Der Erfinder des Ariston hatte diesen Nachteil erkannt und sich auch halbkreisförmige Scheiben patentieren lassen, die während des Spiels ausgewechselt wurden. Nach Ansicht des RG hatte er damit die Vorteile der geschlossenen Scheibe aufgegeben; auch kam dieser Teil der Erfindung nur 251 RG v. 11. 10. 1905 (I 137 / 05); RG v. 20. 11. 1905 (I 218 / 05); RG v. 29. 6. 1910 (I 291 / 09); RG v. 10. 4. 1911 (I 304 / 10). Die Beschränkung auf die Ausführungsform ist nicht zu verwechseln mit der einschränkenden Auslegung durch das Verletzungsgericht, siehe insbesondere S. 223 ff. 252 Zu verschlechterten Ausführungen siehe S. 239.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

ungenügend zum Ausdruck. Hingegen konnten auf dem Phönix Stücke von sehr verschiedenen Längen ohne Unterbrechung abgespielt werden. Es war nicht einmal notwendig, den Ring aus der Scheibe herzustellen. Er war „patentrechtlich etwas Anderes, als die Scheibe“.

bb) Die Daverio-Entscheidung vom 15. 5. 1889 Nur elf Tage nach der Ariston-Entscheidung, am 15. 5. 1889, äußerte sich das RG in der ebenso bekannt gewordenen Daverio-Entscheidung erneut zur ausdehnenden Auslegung mittels des objektiven Standes der Technik.253 Dem Kläger Daverio waren Landespatente auf eine Einrichtung zur Benutzung des „bekannten Dreiwalzenstuhl[s] zur Ausführung zweier getrennter Mahlprozesse“ erteilt und unter dem PatG 1877 in ein Reichspatent umgewandelt worden. Die Konstruktion beschrieb ein geschlitztes, parallel zum ersten Walzenpaar laufendes Rohr, welches das ausfließende gemahlene Gut auffing und mit einer sich drehenden Transportschnecke seitwärts abführte, um es von dem herabfallenden Strom des zu mahlenden Guts zu trennen, mit welchem der Spalt zwischen zweiter und dritter Walze beschickt wurde. Später erlangte der Kläger ein weiteres Patent auf ein mit sich kreuzenden Kanälen durchbrochenes Gußstück, welches das Rohr mit der Transportschnecke ersetzte.254 Die Beklagten stellten Dreiwalzenstühle her, welche es gestatteten, das Mahlgut zweimal hintereinander zu walzen oder zwei verschiedene Mahlprozesse getrennt voneinander durchzuführen. Zur Trennung der Mahlgutströme führten sie das zwischen der zweiten und dritten Walze zu mahlende Gut in Röhren durch das aus dem ersten Walzenpaar austretende gemahlene Gut hindurch. LG und OLG hatten darin eine Patentverletzung erkannt. Die Revision der Beklagten veranlasste das RG, die klägerischen Patente gemeinsam auszulegen. Es sei der Patentschutz keineswegs auf den logischen Sinn der Patentansprüche beschränkt. Es ist vielmehr ( . . . ) auf den der patentirten Erfindung zu Grunde liegenden Gedanken, die Idee, die Bedeutung der Erfindung zurückzugehen. ( . . . ) Allein diese Ueberschreitung des logischen Sinnes der Patentansprüche ist mit Vorsicht zu handhaben.255

Wie in der Ariston-Entscheidung erkannte das RG grundsätzlich eine ausdehnende Auslegung an, gebot aber zugleich Zurückhaltung bei ihrer Anwendung. Zu berücksichtigen seien nicht nur der „subjective Gedanke des Erfinders“, sondern auch die „objectiven Verhältnisse ( . . . ), unter welchen die Erfindung in das Leben RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio. Darin führten bedeckte Kanäle das gemahlene Gut ab, während das zu mahlende Gut wie durch einen Rost hindurchfiel. Der Kläger hatte die zweite Erfindung schon bei der Umwandlung der Landespatente in das Reichspatent angemeldet; da sie in den Landespatenten aber nicht enthalten war, konnte sie damals nicht berücksichtigt werden, § 42 a.F., siehe Fn. 700 dieses 3. Abschnitts. 255 RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio. 253 254

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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trat, das, was zur Zeit der Patentanmeldung bereits bekannt war.“ Die Einbeziehung des objektiven Standes der Technik war für das RG wohl noch so neu und bedeutend, dass es subjektiv nur den Gedanken des Erfinders erwähnte und den Willen des PA flüchtig überging. Den Dreiwalzenstuhl, d. h. die Einrichtung, bei der gleichzeitig die beiden oberen und die beiden unteren Walzen tätig sind, hatte Daverio nicht erfunden. Er war zum Zeitpunkt der Erteilung längst bekannt. Daverios Verdienst war es, als erster erkannt zu haben, dass sich der Dreiwalzenstuhl für gleichzeitige, getrennte Mahlprozesse eignete. Nun setzte aber eine Erfindung auch die Lösung einer gestellten Aufgabe voraus. Erwies sich, wie vorliegend, die Stellung der Aufgabe als besonders schwierig, durfte die Lösung auch auf der Hand liegen.256 Zumindest einmal musste die Aufgabe aber gelöst sein, damit ein Patent erteilt werden konnte. Das RG führte aus: Solcher Mittel (scil. zur Lösung der Aufgabe) kann es mehrere geben. Gelingt es dem Erfinder alle die möglichen Mittel der Lösung zu bezeichnen, wenn er seine Erfindung zur Patentirung anmeldet, so entgeht er damit der Gefahr, daß er mit Kundgebung der von ihm entdeckten Aufgabe Dritten den Weg offen gelegt hat, denselben Zweck durch Anwendung anderer Mittel zu erreichen.257

Die seiner Erfindung innewohnende Folgeaufgabe, die zwei Mahlgutströme zu trennen, hatte Daverio zunächst mit dem geschlitzten Rohr und der Transportschnecke gelöst und dafür die Landespatente bzw. das umgewandelte Reichspatent erhalten. Wie eingangs angekündigt schien das RG nunmehr aber im Gegensatz zur Ariston-Entscheidung grundsätzlich große Zurückhaltung bei der ausdehnenden Auslegung zu fordern: Wenn schon die Lösung eine so einfache sei, reichte die Angabe eines einzelnen Mittels nicht, um die Vermutungen zu stützen; das RG vermisste die Angabe aller möglichen Mittel: Hätte der Kläger alle diese verschiedenen Mittel der Lösung seiner Aufgabe bei der ersten Anmeldung seiner Erfindung zusammengefaßt, und für jedes einzelne Mittel eine Ausführungsform angegeben, so möchte es einem Dritten schwer geworden sein, eine Patentverletzung ( . . . ) zu vermeiden.258

Dadurch, dass Daverio die Landespatente „in der Beschränkung erlangt“ hatte, war der aufgefundene „neue Zweck“, den Dreiwalzenstuhl für getrennte Mahlprozesse zu verwenden, „aus der Hand gegeben“. Jeder Techniker habe neue Mittel anwenden dürfen und bei „Originalität des Mittels“ einen eigenen Erfindergedanken schützen lassen können. Aus diesem Grund habe auch dem Daverio selbst später sein zweites Patent erteilt werden können. Dessen Erfindungsgedanke beschränkte sich zwangsläufig auf das neu aufgefundene Mittel, die besondere Konstruktionsform. Eine ausdehnende Auslegung des zweiten Patents mit der Folge, dass dem Daverio allgemein die Mittel zur Trennung der Mahlströme geschützt 256 257 258

Zu den Ausführungen des RG siehe S. 241. RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio. RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

waren, war aufgrund der bereits bekannten früheren Erfindung nicht mehr möglich. Der objektive Stand der Technik verhinderte hier die ausdehnende Auslegung.259

cc) Die Carpenter-Bremsen-Entscheidung vom 21. 9. 1892 Den objektiven Stand der Technik im Zeitpunkt der Patentanmeldung berücksichtigte das RG auch in der Carpenter-Bremsen-Entscheidung vom 21. 9. 1892.260 Jedoch legte es nunmehr seine vormals geübte Zurückhaltung bei der ausdehnenden Auslegung ab. Zu entscheiden war der folgende Fall: Der Kläger Carpenter besaß ein Patent auf eine „Sperrvorrichtung und andere Neuerungen an Druckbremsen“ des Eisenbahnbetriebs. Dem ersten Patentanspruch zufolge hatte die Konstruktion den Zweck, in den Bremsvorrichtungen die sich abnutzenden Bremsklötze selbsttätig nachzustellen. Er ging gegen den Beklagten vor, weil er dessen teilweise abweichende Nachstellvorrichtungen als unter sein Patent fallend ansah. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Auslegung des Carpenter-Bremsen-Patents: Zu klären war, ob sich das Wesen der Erfindung in der konkreten Ausführungsform der Patentschrift erschöpfte oder die Erfindung weiter reichte und andere Ausführungen der Nachstellbremse erfasste. Das RG sah „zunächst von den Worten der Patentschrift“ ab und wandte sich unmittelbar dem Stand der Technik zu, den es mit „Verhältnis der durch die vorgelegten Zeichnungen dargestellten Einrichtungen zu den bis dahin bekannten Einrichtungen“ umschrieb. Bekannt waren eine Nachstellvorrichtung von Westinghouse und gewisse Schaltwerke. Abgesehen von Westinghouse und Carpenter war niemand auf den Gedanken gekommen, ein brauchbares Schaltwerk zum Nachstellen von Bremsklötzen zu verwenden. Die Übertragung der Schaltwerke auf diesen Zweck war trotz nur geringfügiger Änderungen wegen der „hohen Bedeutung“ für den Eisenbahnbetrieb eine selbständige Erfindung.261 Ihr Bekanntsein konnte einer ausdehnenden Auslegung nicht entgegenstehen. Gegenüber dem Westinghouseschen Apparat war die Carpenter-Konstruktion wesentlich vereinfacht. In dieser Verbesserung bestand das Wesen der Carpenter-Erfindung. Insbesondere in einem Teilbereich benötigte sie nur eine „einfache Zahnstange“. Zwar hatte auch Westinghouse in einer „Spezifikation“ vorgeschlagen, nur eine einfache Zahnstange zu verwenden, seine Lösung hatte aber nicht funktioniert. Hier zeigte sich ein Unterschied zum Daverio-Fall: Bei diesem hatte eine ältere Erfindung die entdeckte Aufgabe gelöst, so dass im späteren Patent nicht mehr der „allgemeine Gedanke“ geschützt sein konnte. Westinghouse hingegen hatte keine brauchbare Lösung für die vereinfachte Gestaltung liefern können, und nur die Aufgabe aufgezeigt. Eine Vgl. entsprechend RG v. 27. 6. 1900 (I 123 / 00). RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen. 261 RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen: „Wissenschaftlich kann die Abänderung sehr harmlos sein, und gewerblich, also patentrechtlich, von der größten Bedeutung.“ 259 260

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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ältere Erfindung der vereinfachten Ausführung lag nicht vor. Dem Carpenter gebührte die Erfindung, „die Nachstellvorrichtung bei der Luftdruckbremse durch eine Zahnstange mit zwei Klinken herzustellen, an welche direkt die Bremszugstange angriff“, in vollem Umfang. Zu diesem Ergebnis gelangte das RG allein mit Hilfe des objektiven Standes der Technik. Diesen Teil der Carpenterschen Erfindung hatte der Beklagte nachgeahmt, i.Ü. unterschieden sich die Vorrichtungen. Das RG hatte zu diesem Zeitpunkt bereits anerkannt, dass auch neue und erfinderische Teile einer Gesamtkombination grundsätzlich Schutz genossen.262 Eine Verletzung des Carpenter-Patents war nur ausgeschlossen, wenn sich sein Schutzbereich auf die Gesamtkombination zurückstutzen ließe. Das RG führte aus: Allein zu einer solchen einschränkenden Auslegung würde die Patentschrift ( . . . ) nur dann einen Anlaß bieten, wenn aus ihr hervorging, daß der Kläger auf die Neuheit der Zahnstange ( . . . ) als Theil der von ihm beschriebenen Einrichtung keinen Anspruch mache, daß er vielmehr nur die Nachstellvorrichtung in ihrer Gesammtheit ( . . . ) als seine Erfindung in Anspruch nehme.263

Die ausdehnende Auslegung hatte ein Gegenstück bekommen: die „einschränkende Auslegung“. Sie richtete sich wie die frühe Patentauslegung nur nach dem in der Patentschrift zum Ausdruck kommenden Willen des PA,264 der wiederum durch das vom Anmelder Beanspruchte beschränkt war. Die Vermutungen galten bei der Einschränkung nicht mehr, vielmehr musste der Beschränkungswille des PA nachgewiesen werden. Entsprechend ließ sich ein beschränkender objektiver Stand der Technik nur einwenden, wenn er dem PA nachweislich bekannt gewesen war.265 Die Carpenter-Entscheidung zeigte, dass das RG nunmehr zwischen zwei Auslegungsmethoden unterschied und an die einschränkende Auslegung andere Maßstäbe anlegte als an die ausdehnende.266 Den Urteilen vom Mai 1889 widersprach das nicht: Diese beschäftigten sich nur mit der Ausdehnung des Schutzbereichs und hatten für die Auslegung die Einbeziehung des objektiven Standes der Technik eingeführt. Zur einschränkenden Auslegung äußerten sie sich nicht.

dd) Die weiteren Entscheidungen Auch in den folgenden Jahren zog das RG neben den herkömmlichen Auslegungsmitteln den objektiven Stand der Technik heran, um Patente ausdehnend, Siehe S. 254 ff. RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen. 264 So auch RG v. 9. 3. 1901 (I 425 / 00). 265 RG v. 11. 10. 1905 (I 137 / 05). 266 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 57, erkannte in der Anwendung unterschiedlicher Auslegungsgrundsätze, getrennt nach ausdehnender und einschränkender Auslegung, ein „dualistisches“ Prinzip. 262 263

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

d. h. über den Wortlaut der Patentschrift hinaus auszulegen.267 Dass der Verletzungsrichter dabei an den vermuteten Erteilungswillen des PA gebunden war, hob das RG in einer Entscheidung vom 20. 12. 1899 eingehend hervor:268 Immer aber hat sich der Richter (scil. bei der Abgrenzung des Schutzbereichs) an das Patent zu halten, das von der Ertheilungsbehörde gewährt worden ( . . . ) ist. Darüber hinaus giebt es kein Patent und keinen Patentschutz. Das gilt auch dann, wenn der Richter etwa bei der Prüfung des Standes der Technik und des Ganges des Ertheilungsverfahrens zu der Ansicht gelangen sollte, dem Anmelder habe ein anderes, umfasserendes, weniger eingeschränktes Patent ertheilt werden dürfen. Mag diese Ansicht sachlich auch noch so begründet sein, so kann sie doch nichts daran ändern, daß der Anmelder nun einmal ein solches Patent bei der allein zuständigen Stelle nicht erlangt hat. Vor dieser Thatsache hat der Civilrichter Halt zu machen.269

Den Grund für die Bindung des Verletzungsrichters an den – zumindest vermuteten –Willen des PA nannte das RG mit der Erlangung des Patents bei der „allein zuständigen Stelle“. Die strikte Trennung der Zuständigkeiten im PatG270 hinderte das RG an einer gänzlich unabhängig vom patentamtlichen Willen vorgenommenen Auslegung nach dem objektiven Stand der Technik. Sie wäre einer Nachprüfung der Erteilungsentscheidung gleichgekommen, für die das RG nicht als Revisionsinstanz im Verletzungsstreit zuständig war. Wie sich bereits gezeigt hat, ließ sich in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung der zweiten Auslegungsphase nicht in jeder Hinsicht eine einheitliche Linie erkennen. Neben den unterschiedlichen Grundsätzen zur ausdehnenden und einschränkenden Auslegung galt das auch für den Grad der Zurückhaltung bei der ersteren. Während die Daverio-Entscheidung und eine Entscheidung vom 27. 6. 1900271 das Patent nur unter engeren Voraussetzungen ausdehnend auszulegen bereit zu sein schienen, stellten die Urteile bezüglich Ariston und Carpenter-Bremse keine besonderen Anforderungen.272 Schließlich formulierte eine Entscheidung vom 30. 12. 1908 die bei der Ariston-Entscheidung behandelte doppelte Vermutung ausdrücklich: Für die ausdehnende Auslegung insbesondere gewinnen die beiden Gesichtpunkte Wichtigkeit, einmal daß die geschützte Erfindung sich nicht in der konkreten Ausführungsform 267 RG v. 12. 12. 1900 (I 286 / 00); RG v. 9. 3. 1901 (I 425 / 00); RG v. 20. 4. 1901 (I 16 / 01); RG v. 6. 7. 1901 (I 68 / 01); RG v. 14. 12. 1901 (I 204 / 01); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03); RG v. 11. 10. 1905 (I 137 / 05); RG v. 28. 3. 1906 (I 146 / 05); RG v. 19. 5. 1906 (I 568 / 05); RG v. 1. 4. 1908 (I 257 / 07); RG v. 17. 3. 1909 (I 163 / 08). 268 RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99). 269 RG v. 20. 12. 1899 (I 376 / 99). 270 Siehe S. 147 ff. 271 RG v. 27. 6. 1900 (I 123 / 00): „Weder der Anspruch, noch die Beschreibung lassen irgendwie erkennen, daß sich der Anmelder bewußt gewesen sei, daß der neuen Vorrichtung ein allgemeiner Gedanke zu Grunde lag, der eine mannigfache Ausgestaltung zuließ und bezüglich dessen die genauer beschriebene Vorrichtung nur als eine beispielsweise angegebene Gestaltungsform unter mehreren möglichen Gestaltungsformen erscheinen sollte.“ 272 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89); RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen.

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erschöpft, sondern nach Maßgabe des darin enthaltenen Erfindungsgedankens eine weitertragende Bedeutung haben kann, und sodann, daß vom Anmelder im Zweifel anzunehmen ist, er habe zum Patentschutze soviel anmelden wollen, als er nach der Tragweite der angemeldeten Erfindung unter Schutz stellen konnte.273

In zweifelhaften Fällen prüfte das RG den objektiven Stand der Technik zur Zeit der Patentanmeldung und gewährte den innerhalb dieser Grenze möglichen, weitesten Schutz. Großzügig erweiterte das RG den Schutzbereich der Patente und stärkte zunehmend die Position des Patentinhabers, während es bei der einschränkenden Auslegung an seinem früheren Standpunkt festhielt.

c) Die Auslegung nach der zentralen Entscheidung von 1910 Gänzlich von der subjektiven Auslegung verabschiedete sich das RG erst in der für Verletzungssachen wohl wichtigsten, zentralen Entscheidung vom 9. 2. 1910.274 Die Bedeutung dieses Urteils hat das RG selbst nur mit Verzögerung erkannt, es wurde erst 1913 in die amtliche Sammlung aufgenommen.275 In der Entscheidung wandte sich das RG dem Grundsatz zu, den Erfindungsgedanken allein danach zu bestimmen, in welchem Umfang die Erfindung die Technik objektiv bereichert hatte. Vorausgegangen war eine Zeit, in der die Gesetzeslage für Unzufriedenheit und die Rechtsprechung in mancher Hinsicht für Rechtsunsicherheit gesorgt hatte.

aa) Die Ausgangslage für die Februar-Entscheidung Die Rechtsprechung bis Ende 1909 konnte nicht gänzlich befriedigen: Häufig ließ sich nicht vorhersehen, was ein Richter in einem späteren Verletzungsprozess als Willen des PA erkennen, insbesondere was er aus den Erteilungsakten als entscheidend herauslesen werde.276 Beständig waren insofern nur die hohen Anforderungen, die das RG an Verzichte des Patentanmelders und absichtliche Beschränkungen des PA im Erteilungsverfahren stellte.277 Die Haltung des PA zu KombinaRG v. 30. 12. 1908 (I 685 / 07). RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne. Lindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22, 23, führte an, dass die Vertreter älterer Auffassungen bis dahin aus dem I. Zivilsenat auschgeschieden waren; zu dessen Besetzung siehe Lobe, S. 389 f. 275 RGZ 80, S. 54. 276 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 57. Im Erteilungsverfahren waren Ansprüche und Beschreibungen häufig erst nach zähen Verhandlungen und zahlreichen Änderungen vom PA akzeptiert worden; nicht jede Bemerkung des Patentsuchenden, die er in dieser Absicht geäußert hatte, sollte den Schutzbereich abstecken. 277 Immer wieder versuchten die Betroffenen, gegen Schutzbereichsausdehnungen einzuwenden, der Patentanmelder habe durch eine von ihm geforderte Abänderung seiner Patentansprüche oder Beschreibung auf einen weitergehenden Schutz verzichtet, oder das PA habe mit der Forderung nach einer Änderung den Schutz absichtlich beschränken wollen. 273 274

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

tionserfindungen hatte bereits ein Abrücken von der rein subjektiven Auslegung erforderlich gemacht: Die ausdehnende Auslegung bezog den objektiven Stand der Technik ein, hatte aber nicht immer zu einer einheitlichen Anwendung gefunden.278 Zu ganz anderen Schwierigkeiten führte der umgekehrte Fall: Häufig konnte der vermeintliche Verletzer nachweisen, dass die nach dem erkennbaren Willen des PA geschützte Erfindung durch öffentliche Druckschriften oder eine offenkundige Benutzung i.S.d. § 2 vorweggenommen war. Grundsätzlich entfaltete ein dennoch erteiltes Patent wegen seiner formalen Legitimation seine Wirkung.279 Zur Verteidigung blieb nur der Aussetzungsantrag zwecks Nichtigerklärung oder der Versuch, dem Richter eine einschränkende Auslegung des Patents nahezulegen. Nach der einschränkenden Auslegung blieb das Patent grundsätzlich wirksam, es erfasste aber nur eine ganz bestimmte Ausführung. So wäre denkbar, zur Beschränkung des Schutzbereichs den Patentanspruch streng auf den Wortlaut zu begrenzen oder gar ein weiteres beschränkendes Merkmal zum Anspruch hinzuzufügen. Der einschränkenden Auslegung standen gesetzessystematische Gründe entgegen: Eine Einschränkung wäre einer teilweisen Aufhebung der Patentwirkung gleich gekommen und hätte der eigentümlichen Trennung der Zuständigkeiten im deutschen Patentrecht widersprochen.280 Nach den Grundsätzen der anfänglichen Patentauslegung stellte sich die Frage nach einer einschränkenden Auslegung nicht: Der Wille des PA konnte nur auf den ihm bekannten, nicht aber auf offensichtlich übersehenen Vorveröffentlichungen beruhen. Der Betroffene war in seiner Verteidigung darauf angewiesen, den Weg Das RG begegnete dieser Verteidigung zunehmend mit Ablehnung und forderte, dass der Verzicht oder die Beschränkung als Ausnahme besonders begründet seien und dieses aus der Patentschrift „unzweideutig“ hervorgehe, RG v. 13. 10. 1897 (I 297 / 97); RG v. 9. 3. 1901 (I 425 / 00); RG v. 6. 7. 1901 (I 68 / 01); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03); RG v. 10. 1. 1906 (I 221 / 05) – Seidenglanz I; RG v. 5. 6. 1909 (I 283 / 08): „Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Patentschutz sich auf alles erstrecken soll, was nach der Tragweite der Erfindung zu jener Zeit zu schützen möglich war. Abweichende Äußerungen im Erteilungsverfahren, die nicht unzweideutig einen Verzicht enthalten, fallen demgegenüber nicht ins Gewicht.“ Siehe ferner RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne; RG v. 30. 9. 1914 (I 50 / 14); RG v. 16. 1. 1915 (I 235 / 14); RG v. 18. 12. 1915 (I 103 / 15). RG v. 9. 7. 1910 (I 329 / 09) verlangte, der Anmelder habe sich eines schutzfähigen Überschusses sowie der Tatsache bewusst sein müssen, dass der Überschuss im Falle des Verzichts frei werde. Zur absichtlichen Beschränkung führte RG v. 21. 3. 1917 (I 168 / 16) aus: „Von einer einschränkenden Verfügung des Patentamts kann ( . . . ) regelmäßig nur gesprochen werden, wenn die Einschränkung im entscheidenden Teile eines Beschlusses oder einer sonstigen Verfügung zum Ausdruck gelangt. Dabei erscheint es zulässig, zur Ergänzung oder Klarstellung der Entscheidung und zur Beseitigung von Zweifeln die Gründe der Verfügung heranzuziehen, nicht aber kann aus bloß gelegentlichen Bemerkungen in Verfügungen eine maßgebliche Beschränkung des Schutzbereichs hergeleitet werden.“ 278 Siehe S. 221 f. 279 Siehe S. 183 ff. 280 Den ordentlichen Gerichten blieb eine Nachprüfung der Erteilungsentscheidung verwehrt, siehe S. 147 ff.

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der Nichtigkeitsklage zu beschreiten. Seit 1891 aber versetzte die in § 28 Abs. 3 eingeführte Ausschlussfrist den Verletzungsrichter in eine unangenehme Lage: Waren seit der Erteilungsbekanntmachung mehr als fünf Jahre vergangen, war eine auf die fehlende Patentfähigkeit gestützte Nichtigkeitsklage unstatthaft;281 der Verletzungsrichter musste auch einem nachweislich zu Unrecht erteilten Ausschlussrecht zur Durchsetzung verhelfen, ohne dass sich der „Verletzer“ mit der Nichtigkeitsklage wehren konnte.282 Die Einführung der Frist bezweckte, Patentinhaber zu schützen, deren Rechte geraume Zeit ohne Einwände gegen die Patentfähigkeit bestanden hatten:283 Der Gesetzgeber war von der Annahme ausgegangen, dass die Begriffe „Erfindung“ und „neu“ zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beurteilt würden. Die anfänglichen Schwierigkeiten des Erfindens könnten bei einer späteren Nachprüfung der Patentfähigkeit nicht immer nachvollzogen werden, vieles erscheine weniger patentwürdig. Späte Nichtigkeitsklagen seien geeignet, die Autorität des PA zu untergraben, wenn wiederholt dessen die Patentfähigkeit anerkennende Beschlüsse nach Jahren aus anderen Ansichten heraus vernichtet würden.284 Schließlich sollte sich der Patentinhaber irgendwann auf sein Schutzrecht verlassen können, zumal er nicht nur für das Erfinden, sondern inzwischen auch für die Verwertung große Aufwendungen getätigt habe. Der Gesetzgeber glaubte, den gewerblichen Verkehr mit der Frist nicht zu sehr zu beschränken. Üblicherweise blieben Übereinstimmungen mit Vorbekanntem nicht lange verborgen, so dass Nichtigkeitsklagen rechtzeitig erhoben werden könnten.285 Der Ausschluss später Nichtigkeitsklagen rief die Frage nach der einschränkenden Auslegung wieder hervor.286 Das RG bewegte sich im Spannungsfeld zwischen den formalen Vorgaben des PatG – der Ausschlussfrist und der Zuständigkeitsverteilung – auf der einen und dem Streben nach materieller Gerechtigkeit auf der anderen Seite. Nachdem es sich bei der ausdehnenden Auslegung seit 1889 281 § 28 Abs. 3: „Im Falle des § 10 Nr. 1 ist nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der über die Ertheilung des Patents erfolgten Bekanntmachung (§ 27 Absatz 1) gerechnet, der Antrag unstatthaft.“ 282 Häufig wartete der Patentinhaber mit seiner Verletzungsklage ab, bis wegen Fristablaufs sein Patent nicht mehr vernichtbar war. Das war zulässig, da er zur Erhebung der Verletzungsklage nicht verpflichtet war. 283 Zunächst hatte der Gesetzgeber mittels einer bei Einreichung der Nichtigkeitsklage zu zahlenden Gebühr erfolglos versucht, Wettbewerber des Patentinhabers von leichtfertigen Nichtigkeitsanträgen abzubringen oder sie mit ihren Einwänden in das Einspruchsverfahren zu drängen, Stauder in: Festschrift GRUR, S. 503, 519 f. 284 Die Fünf-Jahres-Frist galt nur für Nichtigkeitsklagen nach § 10 Nr. 1, welche typischerweise mit neuen Ansichten begründet wurden. Nicht ausgeschlossen waren hingegen späte Nichtigkeitsklagen, die sich auf neue Tatsachen stützten, § 10 Nr. 1 und 3. 285 Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 27 ff.; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 25 f. 286 Die Entscheidung des RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne habe – so hob ihr geistiger Vater, Reichsgerichtsrat Hagens, Mitt. 1912, S. 178, später hervor – in erster Linie bezwecken sollen, die einschränkende Auslegung des Patents zu ermöglichen.

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von dem rein subjektiven Maßstab gelöst hatte, bot dieser Konflikt einen Anlass, wieder nach einheitlichen Gesichtspunkten für die ausdehnende und die einschränkende Auslegung zu suchen. bb) Die Koks-Löschrinnen-Entscheidung vom 9. 2. 1910 Eine Gelegenheit zur Überprüfung der Auslegungsgrundsätze bot der KoksLöschrinnen-Fall, dessen Entscheidung vom 9. 2. 1910 weithin bekannt wurde:287 Die Beklagte war „Generallizenzträgerin“ eines Patents auf eine „Einrichtung zum selbsttätigen Löschen der Koks beim Austreten aus den Retorten“. Es handelte sich um eine bewässerbare Rinne, die im ersten Teil waagerecht und später in beliebigem Winkel ansteigend verlief. Sinn der Formgebung war, dass „beim Entlangführen der Koks auf dem wagerechten Teile das Wasser mitgenommen wird, um sich an dem Knie der Rinne zu stauen und von oben über die Koks zu stürzen“. Die Klägerin hatte eine der Einrichtung weitgehend entsprechende Anlage hergestellt, allerdings mit einer so geringen Steigung, dass sich das Wasser zwar staute und zurückfloss, sich aber nicht „wie ein Wasserfall“ von oben über die Koks ergoss. Sie hielt das Stürzen für ein wesentliches Erfordernis des Patents, zumal das bloße Stauen und der Rückfluss des Wassers aus einem englischen Patent bekannt seien, und begehrte Feststellung, dass sie das Patent nicht verletze. Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie war der Ansicht, dass die Klägerin ihren Erfindungsgedanken zumindest in unvollkommener Weise verwerte. Ihrer Meinung hatten sich beide Vorinstanzen angeschlossen. Das RG legte das Patent zunächst nach Patentanspruch, Erteilungsakten und Beschreibung aus. Danach war die Erfindung im Erteilungsverfahren gegen eine amerikanische abgegrenzt worden. Als Erfindungsgedanke ergab sich, dass das im waagerechten Teil auf niedrigem Niveau gehaltene Wasser von dem hindurchgeschleppten Koks mitgeführt und im aufsteigenden Teil in die Höhe gestaut wurde, so dass es sich alsbald von oben über den Koks ergoss und diesen vollständig löschte. Die vollkommene Wirkung ließ sich nur bei hinreichender Steigung der Rinne im zweiten Teil erzielen. Dennoch benutzte die Klägerin den Erfindungsgedanken, wenn sie durch eine geringere Steigung auf eine so vollständige Wirkung verzichtete.288 Eine andere Beurteilung konnte sich nur ergeben, wenn das Patent einschränkend auszulegen war.289 Diesbezüglich traf das RG die bedeutende Feststellung: Damit wird allerdings eine engere Auslegung des Patentes nicht ausgeschlossen, wenn sie nach dem nachträglich festgestellten Stande der Technik zur Zeit der Anmeldung gerechtRG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne. Es lag eine verschlechterte Ausführung vor, siehe S. 239 f. 289 Für eine (Teil-)Nichtigerklärung konnte das RG den Verletzungsprozess nicht aussetzen: Das Patent war bereits 1895 erteilt worden, so dass eine Nichtigkeitsklage wegen § 28 Abs. 3 nicht in Betracht kam und entsprechend ein Antrag nicht gestellt war. 287 288

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fertigt erscheint. Der Patentanspruch hat in erster Linie den Zweck, den Gegenstand der Erfindung für den Techniker möglichst genau zu bezeichnen, nicht aber den daraus sich ergebenden Patentschutz nach allen Seiten genau abzugrenzen. In dieser Beziehung muß vielmehr manches der späteren Auslegung vorbehalten bleiben. Besonders ist es regelmäßig untunlich, bei Erfindungen, die durch eine größere Zahl von Merkmalen zu charakterisieren sind, schon im Stadium der Patenterteilung festzustellen, welche Merkmale für den Patentschutz unbedingt erforderlich sind und welche ausscheiden können, bezw. welche einzelnen oder Gruppen von Merkmalen für sich den Patentschutz genießen. Für die Erteilung des Patentes genügt es, daß die Erfindung in der Verbindung sämtlicher Merkmale neu und patentwürdig erscheint, und die weitere Untersuchung über die Grenzen des Schutzes würde in der Regel nur zu einer nachteiligen Verzögerung der Patenterteilung führen.290

Der Ausspruch des RG enthielt gleich mehrere grundlegende Aussagen: Erstens war eine einschränkende Auslegung nach dem „nachträglich festgestellten“ Stand der Technik im Verletzungsprozess grundsätzlich zulässig. Die Heranziehung des objektiven Standes der Technik war nicht mehr nur der ausdehnenden Auslegung vorbehalten. Mit den Gründen, die zur Einführung des § 28 Abs. 3 geführt hatten,291 setzte sich das RG nicht mehr auseinander. Triebfeder für die einschränkende Auslegung nach objektivem Maßstab war das Streben nach materieller Gerechtigkeit. Das gab das RG mit den Worten „gerechtfertigt erscheint“ zu.292 Die Patentauslegung erfolgte wieder unter einem einheitlichen Gesichtspunkt: statt des anfänglich subjektiven nunmehr unter einem objektiven.293 Zweitens erkannte das RG erstmals ausdrücklich die von Wirth und Isay seit langem propagierte Trennung zwischen „Gegenstand der Erfindung“ und „Schutzbereich des Patents“ an.294 Es räumte ein, dass zur Zeit der Patenterteilung, insbesondere bei Erfindungen mit vielen Merkmalen, die Bedeutung einzelner Merkmale für das Wesen der Erfindung nicht immer feststellbar sei. Aufgabe des Erteilungsverfahrens und Zweck des Patentanspruchs war es nur, den „Gegenstand der Erfindung ( . . . ) möglichst genau zu bezeichnen“. Zu mehr konnte das PA nicht verpflichtet sein, wollte man das Erteilungsverfahren nicht nachteilig verzögern.295 RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne. Siehe S. 225. 292 So später ausdrücklich Hagens selbst, Hagens, Mitt. 1912, S. 178, 179. Eine Einschränkung schien gerechtfertigt, wenn ein Ausschlussrecht erteilt war, das nach §§ 1 und 2 nicht hätte erteilt werden dürfen. 293 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 58; Vgl. zur anfänglichen Auslegung S. 207. 294 Siehe die grundlegende Arbeit von Wirth / Isay sowie die beharrliche Werbung und Weiterentwicklung in den folgenden Aufsätzen: Wirth, ZgR 2 (1893), S. 298; ders., GRUR 1908, S. 206; ders., Mitt. 1909, S. 30; ders., GRUR 1911, S. 345; ders., Mitt. 1911, S. 124, S. 147, S. 172; ders., GRUR 1916, S. 1. Isay, Mitt. 1909, S. 138; ders., GRUR 1911, S. 20; ders., GRUR 1911, S. 321; ders., GRUR 1912, S. 41; ders., GRUR 1912, S. 241; ders., Mitt. 1912, S. 21, 23; ders., Mitt. 1912, S. 71; ders., ZfI 1912 (VII), S. 37; ders., GRUR 1913, S. 133; ders., GRUR 1915, S. 157; ders., GRUR 1916, S. 129; ders., GRUR 1917, S. 129; ders., Mitt. 1917, S. 29; ders., Mitt. 1917, S. 80. Den Schutzbereich umschrieb RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne noch mit „Grenzen des Schutzes“. 290 291

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Erst im Verletzungsprozess war es Aufgabe des Richters, den Schutzbereich abzugrenzen. Diese Unterscheidung ist als Zweiteilungslehre in die Patentrechtsgeschichte eingegangen.296 Aus der Formulierung ging drittens mittelbar hervor: Der Verletzungsrichter war an die patentamtliche Bezeichnung des „Gegenstands der Erfindung“ wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung gebunden, weil das PA eine eigene Aufgabe wahrgenommen hatte.297 Er hatte den Gegenstand so zu ermitteln, wie ein fachkundiger, den Stand der Technik überschauender Erklärungsempfänger – der „Techniker“ – die Erklärung verstehen durfte.298 Dagegen kam es im Verletzungsprozess in erster Linie auf die Ermittlung des Schutzbereichs an. Da dieses eine eigene Aufgabe des Verletzungsrichters war, unterlag er keinen Bindungen. Um die Einheitlichkeit des Auslegungsmittels zu betonen und dasselbe näher zu bestimmen, fügte das RG der oben wiedergegebenen Feststellung hinzu: Die Rechtsprechung des Reichsgerichts befolgt daher schon lange den Grundsatz, daß der Anmelder im Zweifel den Schutz und nur den Schutz beanspruchen kann, der ihm nach dem Stande der Technik zur Zeit der Anmeldung gebührt, ohne daß es – abgesehen von unzweideutig erklärten Verzichten und absichtlich verfügten Einschränkungen – wesentlich darauf ankommt, ob ihm selbst oder der patenterteilenden Behörde dieser Stand der Technik vollständig bekannt war.299

295 Die Verfahrensökonomie ließ sich als Argument insbesondere zu jener Zeit anbringen, in der das PA wegen des industriellen Aufschwungs immer mehr Patente erteilte, siehe S. 76, Tabelle 1: Möglicherweise war es mit dem aufwendigen Vorprüfungsverfahren ohnehin überfordert. 296 Die Zweiteilungslehre setzte sich durch und gehörte über drei Jahrzehnte zu den Grundlagen der Patentauslegung. Erst 1944 unterschied Lindenmaier zwischen dem „unmittelbaren Gegenstand der Erfindung“, dem „Gegenstand der Erfindung“ und dem „allgemeinen Erfindungsgedanken“; diese Dreiteilungslehre übernahm der BGH, Roßmanith, S. 28 f. 297 Die Aufgabe war dem PA durch die Einrichtung des Vorprüfungssystems übertragen, siehe S. 122. 298 Hagens, Mitt. 1912, S. 178. Diese Auslegung ging einher mit der Rechtsprechung des RG zur Auslegung von Willenserklärungen nach § 133 BGB: Jeder musste seine Willenserklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie von anderen nach Treu und Glauben und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verstanden werden musste, so kurz zuvor RGZ 67, S. 431, 433 v. 19. 3. 1908 (IV 322 / 07). Zum Patentrecht siehe später RG v. 24. 5. 1911 (I 113 / 10); RG v. 8. 10. 1913 (I 99 / 13) – Rechenmaschine nahm den Gewerbetreibenden zum Maßstab, dem „sein Gewerbe und der Stand der Technik in seinem Gewerbe bekannt“ waren; RG v. 3. 11. 1915 (I 99 / 15). 299 RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne. Das RG verwies ferner auf seine bei Hagens, GRUR 1908, S. 341 ff. abgedruckten früheren Urteile und auf Isay, Mitt. 1909, S. 138 ff. Jedoch befasste sich von den von Hagens angeführten Urteilen keines mit der einschränkenden, sondern alle mit der ausdehnenden Auslegung, Vgl. Fn. 267 dieses 3. Abschnitts und Isay, GRUR 1911, S. 321, 325 (Fn. 2), 326 (Fn. 1). Zwar kamen einige zu dem Schluss, dass eine Ausdehnung abzulehnen war, das war aber keineswegs mit der einschränkenden Auslegung gleichzusetzen.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Mit der Formulierung „den Schutz und nur den Schutz beanspruchen kann“ umschrieb das RG den Schutzbereich, der aus der ausdehnenden bzw. einschränkenden Auslegung folgte. Zu diesem Ergebnis gelangte der Richter mit Hilfe des objektiven Standes der Technik zur Zeit der Patentanmeldung; objektiv, weil es weder auf die Kenntnis des Anmelders noch auf die des PA ankam. Von der Ermittlung des patentamtlichen Willens hatte sich das RG gelöst, ebenso war es auf die 1889 aufgestellten Vermutungen nicht mehr angewiesen. Eine ausdrückliche Ausnahme räumte das RG „unzweideutig erklärten Verzichten und absichtlich verfügten Einschränkungen“ ein. Deren Beurteilung sollte weiterhin von der subjektiven Kenntnis des Anmelders bzw. des PA abhängig sein.300 Während sich für die Erweiterung des Schutzbereichs dadurch wenig änderte, erfuhr die Begrenzung desselben eine beträchtliche Neuerung. Die einschränkende Auslegung nach dem objektiven Stand der Technik eignete sich als Korrektiv, wenn das PA bei Erteilung den Stand der Technik fehlerhaft beurteilt hatte.301 Wenig Beachtung fanden zunächst die Worte „im Zweifel“, was in der Folgezeit zu einem unachtsamen Umgang mit den neuen Grundsätzen führte und der Koks-Löschrinnen-Entscheidung viel Kritik einbrachte.302 Gleichwohl war sie Vorbild für die weitere Rechtsprechung zur Patentauslegung.303 Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin ein zum Stand der Technik gehörendes englisches Patent ins Feld geführt. Die darin beschriebene trogartige Rinne war so mit Wasser gefüllt, dass die hineinfallenden Koks sofort vollständig gelöscht wurden. Einer „nachherigen Stauwirkung zum Zwecke der Vervollständigung des Löschprozesses“ bedurfte es nicht mehr. Das RG hielt das englische Patent für ungeeignet, das klagegegenständliche Patent einzuschränken: Es nahm den Gedanken nicht vorweg, „durch Schleppen der Koks auf dem wagerechten Teile der Rinne eine Stauung am Knie zum Zwecke einer vollständigen Löschung“ herbeizuführen. Das RG konnte die grundsätzlich für zulässig erklärte einschränkende Auslegung im Koks-Löschrinnen-Fall nicht anwenden. Es erkannte in der klägerischen Anlage eine Patentverletzung und wies die Revision der Klägerin zurück.

cc) Die Kritik an der Koks-Löschrinnen-Entscheidung Nach der Entscheidung vom 9. 2. 1910 neigte die Rechtsprechung dazu, dem tatsächlich in der Patentschrift Offenbarten wenig Beachtung zu schenken, bisweiSiehe Fn. 277 dieses 3. Abschnitts. RG v. 27. 2. 1911 (I 203 / 10). 302 Siehe dazu im Folgenden „Die Kritik an der Koks-Löschrinnen-Entscheidung“. 303 Siehe z. B. RG v. 9. 7. 1910 (I 329 / 09); RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09); RG v. 27. 2. 1911 (I 203 / 10); RG v. 28. 6. 1911 (I 195 / 10); RG v. 3. 1. 1912 (I 488 / 10) – Staubabsorbierungsmittel I; RG v. 2. 3. 1912 (I 490 / 10) – Staubabsorbierungsmittel II; RG v. 20. 9. 1913 (I 57 / 13); RG v. 8. 10. 1913 (I 99 / 13) – Rechenmaschine; RG v. 1. 4. 1914 (I 55 / 14) – Gegenstromapparat. 300 301

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

len ermittelten die Gerichte ohne Umwege den Überschuss über den objektiven Stand der Technik.304 Allgemein schien die Koks-Löschrinnen-Entscheidung als Freibrief insbesondere für die ausdehnende Auslegung aufgefasst worden zu sein.305 Das RG selbst hat noch im gleichen Jahr ein Berufungsurteil aufgehoben, welches das Patent nur nach der Patentschrift und einer Erklärung der Anmelderin im Erteilungsverfahren ausgelegt und den Stand der Technik für unerheblich erklärt hatte.306 In einem weiteren Urteil von 1910 hat es den Stand der Technik als für die Auslegung in erster Linie erheblich erklärt.307 Die Februar-Entscheidung hatte ursprünglich beide Arten der objektiven Auslegung davon abhängig gemacht, dass die herkömmlichen Hilfsmittel den Erfindungsgedanken nicht klar und zweifelsfrei kennzeichneten. Die Folgerechtsprechung sah in den Worten „im Zweifel“ gleichwohl keine große Hürde und zweifelte schon, wenn sich Schriftsätze, Sachverständigengutachten oder mehrere Gerichtsentscheidungen zur Reichweite des Patents widersprachen.308 Mit der regelmäßig weiten Ausdehnung des Schutzbereichs setzte sich das RG dem Vorwürfen aus, die Patente im Verletzungsprozess umzudeuten, unter Mißachtung der patentrechtlichen Zuständigkeitsverteilung eine selbständige Erteilungsprüfung nachzuholen und sogar allgemeine Gedanken zu schützen.309 Die letzte Vorhaltung wog besonders schwer, da der Schutz allgemeiner Gedanken einem wesentlichen Grundsatz des Patentrechts zuwider lief: Nur Lösungsgedanken waren schutzfähig, sie boten Anreize, für eine bestimmte Aufgabe neue Lösungen zu finden und die Technik zu bereichern; der Schutz allgemeiner Gedanken hingegen blockierte alle anderen Lösungen und behinderte den technischen Fortschritt.310 Die Überprüfung der patentamtlichen Erteilungsentscheidung im Verletzungsprozess rief große Rechtsunsicherheit hervor, da der Ausgang der Verfahren oftmals nicht abzusehen war.311 Sie minderte auch den Wert der deutschen Patente. Auswirkungen zeigten sich schließlich bei der Anmeldung neuer Patente: Durch das Vertrauen auf eine wohlwollende Auslegung in einem eventuellen Verletzungsprozess schwand das Interesse der Anmelder an der klaren und umfassenden Formulierung der Patentansprüche. Die Industrie verfolgte zunehmend eine VerschleieWaldschmidt, Rechtsprechung, S. 157. Folglich richtete sich die Kritik an der Februar-Entscheidung in erster Linie gegen die Überhand nehmende ausdehnende Auslegung, Waldschmidt, JW 1913, S. 671, 673; ders., Rechtsprechung, S. 157, 158. 306 RG v. 9. 7. 1910 (I 329 / 09). 307 RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09). 308 Isay, GRUR 1913, S. 133, 141; Waldschmidt, Rechtsprechung, S. 157, 161. 309 Isay, GRUR 1913, S. 133, 141; ders., Mitt. 1925, S. 54, 60; Lindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22, 24. 310 Kohler, Forschungen, S. 33; Isay, Mitt. 1925, S. 54, 60 f.; Waldschmidt, JW 1913, S. 671, 672. 311 Adler, ZHR 1913 (74), S. 219, 223; Lindenmaier, PMZBl. 1949 (Sonderheft), S. 22, 23; Waldschmidt, JW 1913, S. 671, 672; ders., Rechtsprechung, S. 157, 162. 304 305

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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rungstaktik und offenbarte ihre Erfindungen so wenig wie möglich. Das sicherte ihr die zurückgehaltenen Erkenntnisse als Fabrikgeheimnisse und beeinträchtigte im Erteilungsverfahren die Einspruchsrechte der Wettbewerber.312 Waldschmidt verband seine Kritik an der Auslegung mit dem Vorschlag, mehr am Wortlaut zu haften, anstatt übertrieben den Schutzbereich zu erweitern.313 Er stellte als obersten Grundsatz auf, dass das Risiko der Formulierung der den Patentanspruch Abfassende selbst tragen solle, nicht die konkurrierende Industrie.314 Isay, dessen lang beworbene Unterscheidung zwischen „Gegenstand“ und „Schutzbereich“ das Koks-Löschrinnen-Urteil übernommen hatte, wandte sich gegen die einschränkende Auslegung mittels des objektiven Standes der Technik.315 Er hatte die Differenzierung nur für die ausdehnende Auslegung vorgesehen und sah in ihrer Anwendung einen „Bruch mit der bisherigen Auffassung über die Möglichkeit einschränkender Auslegung“.316 Er hielt den Verletzungsrichter für unzuständig, die vom PA getroffene Erteilungsentscheidung nachzuprüfen und zu berichtigen. Immerhin dürfe die Auslegung das Patent nicht wirkungslos machen, da der Richter an die Erteilungsentscheidung des PA gebunden sei.317

dd) Die Reaktion des RG: die Entscheidungen vom 28. 6. 1911, vom 2. 12. 1912 und vom 3. 2. 1915 Auf die einsetzende Flut von Aufsätzen, die sich kritisch – von wohlwollend bis nach Abhilfe rufend – mit der Koks-Löschrinnen-Entscheidung auseinandersetzten,318 konnte das RG schon in einer Entscheidung vom 28. 6. 1911 reagieren.319 312 Aron, RuW 1913 (II), S. 138, 142; Waldschmidt, JW 1913, S. 671, 672; ders., Rechtsprechung, S. 157, 162. 313 Waldschmidt, JW 1913, S. 671, 673. 314 Waldschmidt, Rechtsprechung, S. 157, 162. 315 Isay, GRUR 1913, S. 133, 144 f.; ders., GRUR 1911, S. 321, 327 ff. 316 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 58 ff. 317 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 58; der entgegengesetzten Ansicht war Hartmann, GRUR 1913, S. 237, 238. Zwischen den beiden Auffassungen stand Kohler: Er wollte eine Verstümmelung bis auf die „unentbehrlichsten Aequivalente“ zulassen, der Rest des Patents aber bestünde zu Recht, weil „das Scheinpatent durch Verschweigung zum Vollpatentrecht aufgestiegen“ sei, Kohler, GRUR 1912, S. 161, 172. 318 Benjamin, MuW 1911 / 12 (XI), S. 366; Hagens, Mitt. 1912, S. 178; Hartmann, GRUR 1913, S. 237; Kohler, GRUR 1912, S. 161; Landenberger, ZfI 1913 (VIII), S. 85; Rathenau, GRUR 1912, S. 173; Schanze, MuW 1909 / 10 (IX), S. 358; ders., MuW 1911 / 12 (XI), S. 418; ders., MuW 1917 / 18 (XVII), S. 225; ders., ZfI 1917 (XII), S. 81; ders., ZfI 1917 (XII), S. 141; ders., Gruchot 61, S. 885; ders., LZ 1917 (XI), Sp. 508; ders., Mitt. 1918, S. 13; Spielmann, ZfI 1912 (VII), S. 109; Staedel, Mitt. 1910, S. 69; Tolksdorf, ZfI 1911 (VI), S. 169; ders., ZfI 1912 (VII), S. 13; ders., ZfI 1913 (VIII), S. 13; Waldschmidt, JW 1913, S. 671; siehe ferner insbesondere in Fn. 294 dieses 3. Abschnitts die Aufsätze von Wirth und Isay nach 1910. 319 RG v. 28. 6. 1911 (I 195 / 10).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Der klagenden Gilette Safety-Razor Company gehörte ein Patent auf einen „Barthobel“. Nach dem Patentanspruch 1 kennzeichnete diesen die gewölbte Oberfläche seines Schutzbügels und der Klemmplatte, wodurch sich je nach Krümmung die Schneide unterschiedlich einstellen ließ. Die Beklagte fabrizierte einen Rasierapparat „Luna“, dessen Schutzbügel und Klemmplatte gegenläufig, und nicht wie bei der Klägerin parallel, gewölbt waren. Eine Krümmung der Klinge ließ sich auch bei schärfstem Anziehen der Schraube nur in verschwindend geringem Maße herstellen. Die Klägerin versuchte, ihr Patent so weit ausgedehnt auszulegen, dass es auch Apparate erfasste, die eine Krümmung der Klinge nicht erreichen konnten. Das RG stellte mit Hinweis auf die Februar-Entscheidung klar: Der Rechtsprechung des Reichsgerichts in und seit dem Urteile vom 9. Februar 1910 ( . . . ) ist mehrfach eine zuweitgehende Bedeutung beigelegt worden. Es ist ausgesprochen, daß bei der Auslegung des Patents im Zweifel der Stand der Technik zur Zeit der Anmeldung entscheide, einerlei ob er der patenterteilenden Behörde bekannt war, oder nicht. Es ist aber nicht ausgesprochen, daß der Gang des Erteilungsverfahrens für die Patentauslegung ohne Bedeutung sei, vielmehr ist die Wirksamkeit nachweisbarer Einschränkungen und Verzichte ausdrücklich anerkannt worden.320

Das RG sah den objektiven Stand der Technik ausdrücklich als zusätzlichen, die herkömmlichen Auslegungsmittel nicht ausschließenden Behelf an. In den weiteren Ausführungen zeigte es, dass eine Ausdehnung nicht die Regel war und schon nach den Erteilungsakten ausgeschlossen werden könne: Der Anmelder hatte ursprünglich Patentschutz für die Verwendung von besonders dünnen Klingen beantragt. Nach Einwänden des Vorprüfers hatte er diesen fallen gelassen und sich auf „die Verwendung eines Klemmorgans solcher Art, daß die die Klinge fassenden Teile beim Zusammenziehen die Klinge krümmen,“ beschränkt. Das RG hielt es für unzulässig, dass er im Verletzungsprozess den ursprünglichen, nicht gewährten Schutz geltend machte. Es begegnete damit vor allem Waldschmidts Kritik. Auch die von Isay vorgebrachten Bedenken verhallten nicht ungehört. In einer Entscheidung vom 2. 12. 1912 wies das RG den Versuch der Beklagten zurück, das klägerische Patent nach Ablauf der Ausschlussfrist durch Auslegung nach dem objektiven Stand der Technik zu beschränken:321 Der Stand der Technik zur Zeit der Anmeldung eines Patentes bildet allerdings ein wichtiges Auslegungsmittel bei der den Gerichten vorbehaltenen Bestimmung seines Schutzumfanges. Ein Zurückgreifen auf den Stand der Technik erübrigt sich aber in den Fällen, in denen die Auslegung des Patentes zu Zweifeln keinen Anlaß gibt, sondern klar und bestimmt das erkennen läßt, was der Anmelder als seine Erfindung beanspruchte und was ihm als solche unter Schutz gestellt wurde. Es ist insbesondere nicht zulässig, deshalb, weil ein Patent nach dem Stande der Technik vielleicht nicht hätte erteilt werden sollen, ihm unter Berufung hierauf nachträglich seinen eigentlichen Erfindungsgehalt zu entzie-

320 321

RG v. 28. 6. 1911 (I 195 / 10). RG v. 2. 12. 1912 (I 62 / 12).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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hen, oder nachdem die für die Erhebung der Nichtigkeitsklage vorgesehene fünfjährige Frist (vgl. § 28 Abs. 3 Pat.G.) umflossen ist, indirekt durch eine der teilweisen oder völligen Vernichtung des Patentes gleichkommende beschränkende Auslegung den tatsächlichen Erfolg einer nicht mehr zulässigen Nichtigkeitsklage herbeizuführen.322

Ein Eingehen auf den objektiven Stand der Technik kam nur in Betracht, wenn die Auslegung der Patentschrift den Erfindungsgedanken nicht „klar und bestimmt“ hervorbrachte.323 In erster Linie richtete sich die Auslegung nach der Patentschrift. Durch den ausdrücklichen Hinweis gewann dieses wieder an Bedeutung. Erst danach war eine einschränkende objektive Auslegung zulässige. Mit ihr durften aber nicht die gesetzgeberischen Gründe für die Einführung der Frist nach § 28 Abs. 3324 umgangen werden. Das RG rechtfertigte mögliche Ungerechtigkeiten, die sich aus der Trennung der Zuständigkeiten ergaben, in einer Entscheidung vom 3. 2. 1915 wie folgt: Damit wird eine mittlere Linie gezogen, die das das Deutsche Patentrecht nun einmal beherrschende Erteilungsprinzip soweit möglich in Einklang bringt mit der Forderung nach materieller Gerechtigkeit. Auch vom Standpunkt der letzteren bleibt dabei wenig zu wünschen übrig. Denn wenn sich das Vorbekannte nicht nur dem Erteilungsverfahren, sondern auch der Kenntnis der Interessenten in der für die Anfechtung des Patentes wegen Nichtneuheit gegebenen Frist entzogen hat, so wird es sich in aller Regel nur um entlegene Literaturstellen oder vereinzelte Fälle offenkundiger Vorbenutzung handeln, so daß dem Anmelder immerhin das Verdienst bleibt, die Erfindung durch die Offenbarung im Patente zum wirklichen Gemeingut der Technik gemacht zu haben, während sie sonst vielleicht vergessen und für die Allgemeinheit verloren gegangen wäre. Es handelt sich dann wenigstens um eine relative Bereicherung der Technik.325

Mit den Entscheidungen gebot das RG dem Verletzungsrichter Einhalt bei der allzu ungebremsten Auslegung nach dem objektiven Stand der Technik. Es stellte zugleich die in der Koks-Löschrinnen-Entscheidung eröffneten Möglichkeiten nicht in Frage, warb aber für den maßvollen Umgang mit dem objektiven Auslegungsmittel.326

3. Die ausdehnende Auslegung: der Schutzbereich des Patents Anders als bei einem Werk im Urheberrecht lag der Nutzen einer Erfindung nicht in ihrer Wiedergabe, sondern in der Anwendung ihrer technischen Wir322 RG v. 2. 12. 1912 (I 62 / 12). Ähnlich RG v. 2. 3. 1912 (I 490 / 10) – Staubabsorbierungsmittel II; RG v. 8. 10. 1913 (I 99 / 13) – Rechenmaschine. 323 So auch später RG v. 10. 1. 1914 (I 244 / 13); RG v. 1. 4. 1914 (I 55 / 14) – Gegenstromapparat; RG v. 21. 3. 1917 (I 168 / 16). 324 Siehe S. 225. 325 RG v. 3. 2. 1915 (I 233 / 14). Entsprechend RG v. 3. 2. 1915 (I 229 / 14). 326 Vgl. RG v. 1. 7. 1912 (I 409 / 11); RG v. 19. 3. 1913 (I 262 / 11); RG v. 2. 12. 1914 (I 168 / 14).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

kung.327 Um den Zielen des Patentrechts328 gerecht zu werden, genügte es daher nicht, allein den durch das Erteilungs- und Nichtigkeitsverfahren bestimmten Gegenstand der Erfindung zu schützen. Dank der Offenbarung der technischen Wirkungsweise ließ er sich auf vielfältige Weise nachahmen. Die Technik gestattete es, eine buchstabengetreue Ausführung zu umgehen und sich den Erfindungsgedanken, mehr oder weniger scharfsinnig getarnt, in anderer Form nahezu ohne Kapital- und Forschungsaufwand zunutze zu machen. Mühelos hätten Wettbewerber vergleichsweise günstiger verwerten können. Das hätte die beabsichtigte Ausbeutung der Erfindung vereitelt und dem Erfinder jeden Anreiz zur Fortentwicklung der Technik genommen. Um den Patentschutz nicht zu einer leeren Hülse verkommen zu lassen, war es erforderlich, den Schutz über die unmittelbare, im Patentanspruch formulierte Erfindungsgestalt hinaus auf den „wesentlichen Erfindungsgedanken“ auszudehnen.329 Der Schutz sollte so weit reichen wie die Erfindung.330 Diese vollumfänglich zu erkennen und zu erfassen war im Zeitpunkt der Erteilung häufig nicht möglich. Den Gegenstand der Erfindung umgab ein erst im Verletzungsprozess näher zu bestimmender Schutzbereich. In § 4 und der darin beschriebenen Patentwirkung kam das nur unzulänglich zum Ausdruck. Der Gesetzgeber hatte die Bestimmung teils absichtlich in die Hände des Verletzungsrichters gelegt, teils versäumt und erst bei der Änderung des PatG nachgeholt.331 Die von der Rechtsprechung entwickelten Lehren schlossen die gesetzlichen Lücken und bestimmten den möglichen Schutzbereich eines Patents: Die Lehre von der Äquivalenz eröffnete einen Weg, eine abgewandelte Ausführungsform der Erfindung als gleichwertig in den Schutz einzubeziehen; unter Umständen konnte eine Übertragung des Erfindungsgedankens auf ein anderes Gebiet der Technik in den Schutzbereich des Patents fallen; das RG beschäftigte sich ferner mit der Kombinationserfindung, deren Schutzbereich eine Abänderung der Gesamtkombination ebenso wie einen vereinzelten Teil derselben umfassen konnte; schließlich führte das RG den Schutz von Verfahrenserzeugnissen im Rahmen des Verfahrenspatents ein.

327 Kraßer, S. 742. Solange die Wiedergabe nicht entgeltlich als „Rezeptverkauf“ erfolgte, siehe S. 286 f., stand sie jedem frei. Es entsprach dem Sinn und Zweck des Patentrechts, technische Kenntnisse zu verbreiten und dadurch die Entwicklung der Technik zu fördern. 328 Siehe S. 67 ff. 329 Eine ausdehnende Auslegung kam nicht in Betracht, wenn der Patentschutz ausdrücklich oder dem objektiven Stand der Technik zufolge auf die beschriebene Ausführungsform beschränkt war, siehe S. 217. 330 Isay, Mitt. 1925, S. 54, 62. 331 Für das PatG 1891 wurden nur einige Gesichtspunkte der Schutzbereichserweiterung beraten und überarbeitet, z. B. der Schutz der Verfahrenserzeugnisse, Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 16 ff.; Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 17; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15 f.; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 8 ff. Die Lehre von der Äquivalenz hingegen schien die Rechtsprechung weit genug entwickelt zu haben.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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a) Die Lehre von der Äquivalenz Eine Erfindung stellte sich als Lösung einer technischen Aufgabe mit bestimmten Mitteln dar.332 Diese Mittel waren durch Patentanspruch und Patentschrift gekennzeichnet. Die benannte Gestalt jedes einzelnen Mittels, d. h. die äußere Form des körperlichen Gegenstands oder der genaue Ablauf des Verfahrens, war für die Lösung der gestellten Aufgabe nicht immer wesentlich. Trotz meist detaillierter Bestimmung von Formen, Materialien und Abläufen in den Patentschriften erfasste der patentrechtliche Schutz nicht rein ästhetische Gesichtspunkte. Diese ließen sich nur durch Geschmacksmuster schützen.333 Die Erfahrung lehrte, dass der Techniker zur Erzielung eines bestimmten Erfolgs meist zahlreiche verschiedene Mittel zur Verfügung hatte und kannte. Häufig ließ sich das ein oder andere Mittel ersetzen oder sogar weglassen, ohne dass sich die Kausalbeziehungen, die die Erfindung ausmachten, änderten. Patentrechtlich maßgeblich war die verkörperte oder im Verfahren zum Ausdruck kommende erfinderische technische Wirkung. Eine starre Bindung an den Wortlaut des Patentanspruchs reichte nicht aus. Je nach dem, was ein Gericht mittels Patentauslegung als neue und erfinderische technische Wirkung feststellte,334 beschränkte sich der Schutz auf die beschriebene Ausführungsform oder erfasste auch weitere gleichwertige, i.S.d. Patentrechts identische Ausführungen. In der Rechtsprechung des RG hießen diese allgemein „Äquivalente“, und die zugrundeliegende Methodik die Lehre von der Äquivalenz.335 Dogmatisch wie sprachlich blieb diese Lehre lange unübersichtlich,336 obwohl das RG in seinen Entscheidungen schon sehr früh darauf aufbaute. Siehe S. 195 f. Siehe S. 60. RG v. 7. 3. 1898 (1 D 371 / 98); RG v. 27. 4. 1904 (I 32 / 04) – Zündpille. 334 Gegenstand der Auslegung war das vermeintlich verletzte Patent: Was der Patentinhaber selbst herstellte, in Verkehr brachte, feilhielt oder gebrauchte, war ohne Bedeutung. Abgesehen von § 11 war er nicht gezwungen, den Gegenstand seiner Erfindung überhaupt zu benutzen, geschweige denn patentgemäß. Als Vergleichsmaßstab diente nicht seine Ausführung, sondern was sich aus der Patentschrift samt Ansprüchen, Beschreibungen und Zeichnungen ergab, siehe S. 194 ff. Schon die Patenturkunde besagte, dass das Patent auf Grund der in der Patentschrift enthaltenen Zeichnungen und Beschreibungen erteilt sei, RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. 335 Die Lehre ging ursprünglich zurück auf Kohlers sog. „genealogische Reihe“ des Erfindens, Kohler, Handbuch, S. 148 ff.; ders., GRUR 1912, S. 161, 162: Die „Genesis der Erfindung“ führe von einer Spekulation über ein Problem zu einer Lösungsidee und beliebig vielen Durchführungsideen. Der Erfinder einer Durchführungsidee habe nur auf diese ein Recht, der Erfinder einer Lösungsidee hingegen auf alle „seitenverwandten“ Durchführungsideen unterhalb der Lösungsidee. Seitenverwandt waren die i.w.S. äquivalenten Durchführungsideen, Kohler, Handbuch, S. 155. 336 Schanze, GRUR 1917, S. 134, 141: Die Literatur unterschied echte und unechte, technische und patentrechtliche Äquivalente. Technische Äquivalente waren für den auf dem betreffenden Gebiet Fachkundigen „mit größter Leichtigkeit“ als Äquivalente zu erkennen, RG v. 8. 3. 1893 (I 443 / 92). Für überflüssig hielt Habermann, ZfI 1912 (VII), S. 133, die Unterscheidung: Zwei vergleichbare technische Dinge, seien es auch beispielsweise nur Schraube 332 333

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

aa) Die grundlegende Entscheidung vom 9. 4. 1884 Erstmals eingehend beschäftigte sich der I. Zivilsenat des RG in der Knieblechröhren III-Entscheidung vom 9. 4. 1884 mit der abgewandelten Ausführung einer Erfindung:337 Die dem Kläger patentierten Knieblechröhren zeichneten sich der Patentschrift zufolge durch mehrere Vorteile aus. Das Knierohr-Fabrikat der Beklagten glich den geschützten Röhren weitgehend, ihm fehlte nur ein Merkmal aus der klägerischen Patentschrift, nämlich „von Innen seine schöne glatte Fläche“. Das Berufungsgericht hatte diese als charakteristisch angesehen und eine Verletzung abgelehnt, da eine charakteristische Eigenschaft fehle. Das RG hob die Entscheidung auf und führte aus: Sind nun aber in allen übrigen hier angegebenen Merkmalen nach dem Gutachten des Sachverständigen und der damit übereinstimmenden Feststellung des Berufungsrichters die Fabrikate der Beklagten demjenigen völlig entsprechend, worauf sich der beanspruchte Patentschutz des Klägers erstreckt, so erscheint es nicht als gerechtfertigt, ihre Identität mit dem Gegenstande der patentirten Erfindung schlechthin schon deshalb zu verneinen, weil sie jenes eine wesentliche Merkmal nicht an sich tragen. Denn die Verletzung des Patents durch Herstellung nachgemachter Gegenstände erfordert nicht notwendig eine vollständige Nachbildung der patentirten Erfindung, sondern wird auch schon dadurch begangen, daß letztere in wesentlichen Theilen reproduzirt wird, daß die Nachbildung auch nur in einzelnen wesentlichen Merkmalen, auf welche sich der Patentschutz erstreckt, mit dem Gegenstande der patentirten Erfindung übereinstimmt.338

Diese Aussage war in vielfacher Hinsicht von wesentlicher Bedeutung, sie bildete den Grundstein für die Rechtsprechung zur Äquivalenz: Anders als die Berufungsinstanz suchte das RG nicht nach Abweichungen der Nachahmung, die eine Identität mit dem patentierten Knierohr ausschlossen, sondern nach Übereinstimmungen, welche eine Verletzung begründeten. Niemand sollte sich durch einfache Abweichungen der Wirkung des Patents entziehen können. Die Erkenntnis, dass Abweichungen allein die patentrechtliche „Identität“ noch nicht ausschlossen, war für die weitere Äquivalenz-Lehre grundlegend.339 Eine Nachahmung musste nicht detailgenau sein und jedes Merkmal aufgreifen, um wie der patentierte Gegenstand selbst geschützt zu werden. Es genügte eine Übereinstimmung in wesentlichen Merkmalen.340 Was wesentlich war, war aus der Patentschrift zu ermitteln.341 Das und Niete, seien patentrechtlich wie technologisch nur dann gleichwertig, wenn es bei ihrer Verwendung auf bestimmte gleichwertige Eigenschaften ankomme. 337 RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. 338 RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. 339 Vgl. auch RG v. 24. 4. 1889 (I 73 / 89) – Ausziehtisch; RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 15. 4. 1908 (I 238 / 07); RG v. 2. 10. 1912 (I 16 / 12). 340 Nach Robolski (1893), S. 23, erstreckte sich der Schutz auf jeden technisch verwertbaren Teil der Erfindung, der den Erfindungsgedanken noch verkörperte. 341 Die Patentauslegung konnte Einschränkungen des Schutzes hervorbringen, so z. B. wenn einzelne Merkmale oder Bestandteile schon vor der Anmeldung zum Patent bekannt waren, Vgl. RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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RG ging noch einen Schritt weiter: Identität bestand sogar noch, wenn der Nachahmung ein charakteristisches, für die Erfindung wesentliches Merkmal fehlte, solange sie zumindest in einem wesentlichen Merkmal mit dem geschützten Gegenstand übereinstimmte. Geschützt waren auch Gegenstände mit einzelnen der wesentlichen Merkmale. Das war für das RG so selbstverständlich, dass es keine weitere Begründung gab. Zugrunde lag dem wohl der Gedanke, dass der Anmelder unmöglich jede Ausführung beschreiben konnte, die den Erfindungsgedanken enthielt.342 Die patentrechtliche „Identität“ war also weiter als die umgangssprachliche. Später verfestigte sich die Bezeichnung Äquivalenz,343 und für die Benutzung eines Gegenstands, der nicht alle wesentlichen Merkmale, wohl aber den wesentlichen Erfindungsgedanken aufwies, die „unvollkommene Benutzung“.344 Diesem weitgehenden Schutz, der nicht einmal Übereinstimmung in allen charakteristischen Merkmalen forderte, musste das RG eine Grenze setzen. Es fuhr fort: Durch den Umstand, daß der Nachbildung von den mehreren Merkmalen der patentirten Erfindung ein einzelnes, sei es auch ein charakteristisches, fehlt, wird daher die Identität des Gegenstandes nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sich ergiebt, daß jenes fehlende Merkmal in Wirklichkeit gerade das einzige ist, welches durch das Patent als neu anerkannt und geschützt werden sollte, während die übrigen in der dem Patente beigegebenen Patentschrift hervorgehobenen Eigenschaften nur als für den Umfang des Patentes unwesentliche Bestandtheile der Beschreibung anzusehen sind, welche das Patentamt trotz ihrer Veröffentlichung in der Patentschrift nicht für patentfähig zu erklären und zu patentiren beabsichtigt hat.345

Ausgeschlossen war die Identität und daher auch eine unvollkommene Nachbildung, wenn nur „unwesentliche Bestandtheile der Beschreibung“ reproduziert waren, das einzige wesentliche und schutzbegründende Merkmal aber fehlte. Die Entscheidung von 1884 begründete die Äquivalenz-Rechtsprechung und nannte zugleich einen häufigen Anwendungsfall: die Nachahmung unter Weglassen von Merkmalen. Vom Schutzbereich des Patents umfasst waren Gegenstände, bei denen Merkmale oder Teile weggelassen waren, sofern noch wesentliche Merkmale der Erfindung benutzt wurden.346 Das gleiche galt grundsätzlich für einen Gegenstand, dem zusätzlich zu einem wesentlichen Merkmal andere Merkmale oder Teile hinzugefügt waren. Es sollte nicht möglich sein, durch Hinzufügen von mehr RG v. 4. 7. 1891 (I 124 / 91); RG v. 8. 3. 1893 (I 443 / 92). Vgl. RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen. 344 Isay (1926), S. 233 ff.; RG v. 29. 12. 1898 (1 D 4371 / 98) erwähnte die „theilweise Benutzung“, meinte aber wohl die unvollkommene. RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03) erkennt eine „Verwendung des Verfahrens in unvollkommener Ausführung“, ebenso RG v. 11. 4. 1908 (I 319 / 07). 345 RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III. 346 Ebenso RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). Unerheblich war, ob die Weglassungen Verschlechterungen oder Verbesserungen darstellten. Das Weglassen von Merkmalen oder Teilen konnte auch eine Verbesserung sein, wenn der Gegenstand dadurch einfacher oder günstiger und damit wirtschaftlicher herzustellen war, RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92). 342 343

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

oder weniger Erfinderischem aus der Abhängigkeit eines Patents zu kommen. Eine Ausnahme davon erwähnte beiläufig eine Entscheidung vom 7. 4. 1888: Die Annahme der Identität könnte möglicherweise ausgeschlossen sein, wenn die Beklagten demjenigen, was in Satz 1 und 2 des klägerischen Patentanspruchs 1 beschrieben ist, anderweite neue, besondere Einrichtungen beigefügt haben, welche dem beklagtischen Fabrikat im Ganzen einen von derjenigen der klägerischen patentirten Vorrichtung ganz wesentlich verschiedenen Charakter verliehen.347

Die Benutzung wesentlicher Merkmale einer geschützten Erfindung war ausnahmsweise keine Verletzung, wenn die Verwendung zusammen mit anderen Merkmalen oder Bestandteilen einen „ganz wesentlich verschiedenen Charakter“ hatte. Davon abgesehen schlossen Abweichungen des vermeintlichen Verletzungsgegenstands vom patentierten Gegenstand eine Identität nicht aus. Schließlich umfasste der Schutzbereich Gegenstände, bei denen Merkmale durch andere gleichwirkende ersetzt waren.348 Diese Grundlagen der Äquivalenzlehre bestätigte das RG in ständiger Rechtsprechung.349 Die Benutzung des wesentlichen „Erfindungsgedankens“350 oder der Erfindung „im Wesentlichen“351 oder die Erreichung der technischen Wirkung mit gleichen oder ähnlichen Mitteln waren Umschreibungen für Verletzungen durch Äquivalente.352 Äquivalent war die Lösung derselben Aufgabe mit wesentlich den gleichen Mitteln.353 RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88). Kohler, Handbuch, S. 153, 105, nannte sie Äquivalente i.e.S. Vgl. RG v. 15. 10. 1890 (I 171 / 90); RG v. 9. 6. 1894 (I 90 / 94). 349 RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85); RG v. 22. 5. 1886 (I 92 / 86); RG v. 20. 10. 1887 (3 D 1882 / 87); RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88); RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88); RG v. 3. 4. 1889 (I 53 / 89); RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 5. 7. 1893 (I 110 / 93); RG v. 14. 7. 1894 (I 142 / 94); RG v. 9. 1. 1895 (I 403 / 94); RG v. 10. 4. 1895 (I 3 / 95); RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97); RG v. 29. 12. 1898 (1 D 4371 / 98); RG v. 14. 5. 1904 (I 67 / 04); RG v. 23. 5. 1906 (I 571 / 05); RG v. 11. 4. 1908 (I 319 / 07); RG v. 3. 10. 1908 (I 327 / 07); RG v. 8. 3. 1909 (I 164 / 08); RG v. 19. 1. 1910 (I 14 / 09); RG v. 30. 12. 1910 (5 D 851 / 10); RG v. 1. 11. 1913 (I 111 / 13); RG v. 29. 9. 1915 (I 82 / 15). Vgl. entsprechende Andeutung im Nichtigkeitsverfahren, RG v. 7. 12. 1891 (I 280 / 91). Weitere Urteile zur Äquivalenzlehre sind im Zusammenhang mit dem Schutz der Gesamtkombination aufgeführt, siehe S. 245 ff. 350 RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92): „der nach Inhalt des Patents in der Konstruktion der Maschine verkörperte Erfindungsgedanke“. Später auch RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03). 351 Vgl. z. B. RG v. 3. 4. 1889 (I 53 / 89): „Nachbildungen mit Abweichungen sind weder bei einem plastischen Kunstwerk, ( . . . ) noch bei einer patentirten Maschine erlaubt, wenn sie eben im Wesentlichen Nachbildungen und keine selbstständigen Produkte sind. Das Patent deckt also den erfinderischen Gedanken, selbstverständlich innerhalb gewisser Grenzen, auch über die konkrete Gestalt hinaus, in welcher er Ausdruck gefunden hat.“ 352 RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen. 353 RG v. 8. 3. 1893 (I 443 / 92); RG v. 27. 4. 1904 (I 32 / 04) – Zündpille. Die Lösung der Aufgabe allein begründete keine Patentverletzung, wenn sie mit ganz anderen Mitteln erfolgte, RG v. 19. 10. 1892 (I 214 / 92); RG v. 5. 4. 1911 (I 350 / 09); RG v. 15. 11. 1913 (I 88 / 13), 347 348

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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bb) Die verschlechterte Ausführung: die Ausziehtisch-Entscheidung vom 24. 4. 1889 Unerheblich war ferner, ob die abweichende Ausführung des wesentlichen Erfindungsgedankens gegenüber dem patentierten Gegenstand der Erfindung eine Verschlechterung darstellte. Das hob das RG erstmals deutlich in der AusziehtischEntscheidung vom 24. 4. 1889 hervor:354 Der Klägerin war ein Patent erteilt auf einen „Ausziehtisch mit mehr als zwei Einlagen ( . . . ), ohne daß die Einlagen von dem Tische getrennt waren“. Ausziehtische waren auch vor der Patentanmeldung grundsätzlich bekannt. Die Beklagten stellten Ausziehtische mit Einlagen her, benutzten aber im Ausziehmechanismus nicht die besseren klägerischen Kulissen, sondern weniger gut wirkende Zugleisten. Das RG erkannte eine Patentverletzung: ( . . . ) Ebensowenig ist aber umgekehrt der Klägerin das Recht zu versagen, eine Patentverletzung zu verfolgen, weil die Beklagten statt der besseren Kulissenführung einfache Leisten verwenden, welche in Ansatzbügeln laufen, wenn nur sonst der Gedanke, welcher der Erfindung der Klägerin zu Grunde liegt, sich in der Einrichtung der Beklagten findet. Das ist aber hier, wenn man das Modell der Beklagten der Beurtheilung zu Grunde legt, der Fall. ( . . . ) Die Beklagten haben sonach mit wesentlich denselben Mitteln denselben Zweck wie die Klägerin verfolgt, und erreicht. ( . . . ) Daß die Klägerin von den bekannten Einrichtungen die bessere Kulissenführung mit Rollen statt der unvollkommenen nicht minder bekannten Zugleisten ( . . . ) verwendet hat, ändert das Wesen der Gesamtkonstruktion nicht, und schränkt den Patentschutz nicht ein. Wollte man von anderen Grundsätzen ausgehen, so würde die Ausarbeitung der Patentschriften eine kaum zu bewältigende Aufgabe geschmack- und sinnloser Darstellungen werden. Der Erfinder, welcher bestrebt ist, nach allen Richtungen das Beste zu leisten, müßte, um die billigeren Nachahmungen auszuschließen, nicht blos die möglichen gleichwerthigen Detailabweichungen in seine Patentschriften aufnehmen, sondern auch die möglichen minderwerthigen.355

Voraussetzung für eine Verletzung durch eine Verschlechterung war wiederum die Benutzung des wesentlichen Erfindungsgedankens. Das tat, wer „mit wesentlich denselben Mitteln denselben Zweck“ verfolgte. Derselbe Zweck, im Fall die Konstruktion eines Ausziehtischs mit eingegliederten Einlagen, ließ sich ebenso mit unvollkommeneren Mitteln erreichen. Dass solche in den Schutzbereich miteinbezogen waren, hatte den praktischen Grund, dass eine Patentschrift, die auch schlechtere Ausführungen beschriebe, niemals erschöpfend und zugleich länger, umständlicher und nicht aufschlussreicher wäre. Es konnte davon ausgegangen werden, dass der Erfinder die gefundene beste Lösung einer bestimmten Aufgabe angegeben hatte.356 oder nebensächlich mitgelöst wurde, der Handelnde aber in der Hauptsache einen anderen Zweck mit anderen Mitteln verfolgte, RG v. 2. 11. 1910 (I 408 / 09). Das Patentrecht sollte unter anderem den Erfinder anspornen, weitere, noch vorteilhaftere Lösungen zu der erkannten Aufgabe zu finden, siehe S. 75. 354 RG v. 24. 4. 1889 (I 73 / 89) – Ausziehtisch. 355 RG v. 24. 4. 1889 (I 73 / 89) – Ausziehtisch.

240

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

cc) Die verbesserte Ausführung: die Entscheidung vom 19. 12. 1892 Zu der Frage, wie Verbesserungen der patentierten Erfindung zu beurteilen seien, nahm das RG in einer Entscheidung vom 19. 12. 1892 Stellung:357 Geschützt war der Klägerin ein Verfahren zur Herstellung von Dochtkohle. Dabei füllte sie in einen rohrartigen Kohlenstab unter hohem Druck eine Lösung aus bestimmten Säuren und Kohlenstaub, so dass „zuletzt ein massiver, bestens getränkter Kohlenstab“ entstand. Zweck dieses Vorgehens war es, den galvanischen Lichtbogen beim Abbrennen zu beruhigen. Der Beklagte stellte ebenfalls Kohlenstäbe her, die jedoch mit einer breiartigen Mischung aus den Säuren und dem gegenüber dem Kohlenstaub weicheren und leichter abbrennenden weißen Graphit gefüllt waren; der Füllvorgang bedurfte keines hohen Drucks und führte nur nebenbei zu einer Tränkung des Kohlenstabs. Beim Abbrennen seiner Kohlenstäbe wurde der Lichtbogen nicht nur beruhigt, sondern zudem vorteilhaft zentriert. Trotz erheblicher Unterschiede in der Herstellungsweise und den Erzeugnissen sei es nicht ausgeschlossen, dass sich der Beklagte das patentierte Verfahren „theilweise“ aneigne. Das Verfahren des Beklagten sei eine „Vervollkommnung“ des patentierten Verfahrens, beruhe aber auf der Grundlage eines durch das Patent geschützten Erfindungsgedankens. Selbst wenn die Vervollkommnung zu einem Verbesserungspatent berechtigte, konnte sie nicht ohne Anwendung des älteren geschützten Verfahrens benutzt werden; sie wäre davon abhängig. Das bekräftige das RG auch ein Jahr danach mit einem Zitat nach Kohler: Die konkrete Verwirklichung ist der Durchbruchspunkt, wie die Idee die Realität berührt. ( . . . ) Die Idee hat einen Körper gefunden, aber sie kann beliebige andere körperliche Verwirklichungen annehmen. Aequivalente, welche zugleich Neuerfindungen in sich fassen, hören darum nicht auf, Aequivalente zu sein, sie sind Rechte, deren Ausbeutung nicht ohne gleichzeitige Ausbeutung des Ersterfindungsrechts möglich ist und sie sind zugleich neue Rechte des Neuerfinders, welche dem Ersterfinder nicht zustehen.358

Wie bei Verschlechterungen war es auch bei verbessernden Fortentwicklungen möglich, dass sie den wesentlichen Gedanken einer geschützten Erfindung benutzten; abgesehen von der oben erwähnten Ausnahme, dass eine Verbesserung eine Erfindung ganz neuen Charakters schuf, war eine Verletzung durch die verbesserte Ausführung nicht ausgeschlossen.359 356 Ebenso RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 89); RG v. 4. 7. 1891 (I 124 / 91); RG v. 28. 11. 1900 (I 265 / 00); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03); RG v. 20. 5. 1908 (I 342 / 07); RG v. 5. 5. 1909 (I 236 / 08); RG v. 9. 2. 1910 (I 423 / 09) – Koks-Löschrinne; RG v. 7. 2. 1912 (I 11 / 11); RG v. 3. 1. 1912 (I 488 / 10) – Staubabsorbierungsmittel I; RG v. 2. 3. 1912 (I 490 / 10) – Staubabsorbierungsmittel II; RG v. 25. 9. 1912 (I 155 / 12); RG v. 25. 9. 1912 (I 374 / 11); RG v. 29. 9. 1913 (I 67 / 13). So auch RG v. 28. 6. 1890 (I 89 / 90) im Nichtigkeitsverfahren. 357 RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92). 358 RG v. 9. 12. 1893 (I 253 / 93), Kohler, Forschungen. . . , S. 55 und 63. 359 So auch RG v. 9. 1. 1895 (I 403 / 94); RG v. 10. 4. 1895 (I 3 / 95); RG v. 19. 2. 1902 (I 358 / 01); RG v. 3. 10. 1908 (I 327 / 07).

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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dd) Die Abweichung von Zahlenangaben: die Seidenglanz I-Entscheidung vom 10. 1. 1906 Patentansprüche konnten Zahlenangaben zur Kennzeichnung eines Erfindungsmerkmals enthalten. Zu unterscheiden waren verschiedene Ausprägungen: Die Zahl konnte den Zweck haben, ohne weitere Bedeutung eine von mehreren möglichen Ausführungsformen näher zu beschreiben. Der Schutzbereich umfasste dann auch nominal abweichende Ausführungsformen. Bestand die Erfindung gerade in der Zahl, musste daraus noch keine absolute Grenze folgen. So lag der Fall in der Seidenglanz I-Entscheidung vom 10. 1. 1906:360 Dem Kläger war ein Verfahren zur Herstellung von Seidenglanz auf Geweben geschützt. Auf die zu behandelnden Stoffe presste er Platten, die dem Patentanspruch zufolge „5 bis 20 Rillen pro mm“ fassten. Der Beklagte stellte ebenfalls seidenglänzende Gewebe her und verwendete dazu Platten mit 24 Rillen pro mm. Da vorbekannt war, dass der Einsatz von weniger als 5 Rillen pro mm nur Linien und von mehr als 20 Rillen pro mm einen nicht beabsichtigten Speckglanz ergab, erkannte das RG als Erfindungsgedanken das Verfahren, Seidenglanz auf Gewebe zu bringen, indem mit dichten Rillen gepresst werde. Die Zahlenangabe im Patentanspruch war keine absolute Grenze für den Patentumfang. Sie umschrieb mögliche Ausführungsformen in der Größenordnung, bei denen der angestrebte Erfolg, der Seidenglanz, mit Sicherheit erzielt wurde. Äquivalent war die Verwendung jeglicher Rillenzahl, solange noch ein Seidenglanz entstand. Aus dem Schutzbereich fielen Abwandlungen erst, wenn die Zahl ausdrücklich zur Beschränkung eingesetzt war.361

b) Die Lehre von der Übertragung eines generellen Erfindungsgedankens: die Entscheidung vom 23. 5. 1914 Das Spiegelbild zur äquivalenten Benutzung war die Übertragung eines generellen Erfindungsgedankens auf ein neues technisches Gebiet. Während Äquivalenz eine andere Lösung362 der gleichen Aufgabe bedingte, löste die Übertragung eine andere Aufgabe mit den Mitteln des Patents. Dass ein zur Lösung einer Aufgabe angewendetes Mittel auch andere technische Aufgaben lösen konnte, deutete die Daverio-Entscheidung vom 15. 5. 1889 an: Die Momente, welche einer Erfindung zu Grunde liegen, bestehen nicht bloß in der Lösung einer gestellten Aufgabe; häufig genug ist das größere Verdienst des Erfinders dies, daß er diese Aufgabe, an welche bis dahin Niemand gedacht hat, sich zuerst gestellt hat; und es war der kleinere Schritt, daß er sie löste, nachdem er sie sich gestellt hatte. In den Fällen, in welchen bekannte Mittel, welche bereits in anderen Industriezweigen zur Lö360 RG v. 10. 1. 1906 (I 221 / 05) – Seidenglanz I. So auch später RG v. 23.9. 1914 (I 45 / 14). 361 Siehe Fn. 277 dieses 3. Abschnitts. 362 So z. B. mit anderen Mitteln oder auf andere Weise.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

sung ähnlicher Aufgaben dienen, verwendet sind, besteht oft genug das Verdienst des Erfinders und der Fortschritt der Industrie darin, daß der Erfinder ein Auge dafür hatte, daß in einem Industriezweige eine ähnliche Aufgabe zu stellen war, wie sie für andere Industriezweige bereits gelöst war. Zu ihrer Lösung in dem neuen Industriezweige boten sich dieselben oder ähnliche Mittel dar, als die Aufgabe für diesen Zweig einmal gestellt war.363

Die Entscheidung beschäftigte sich nur mit dem Schutzbereich der erfinderischen Übertragung, sagte aber nichts zum Schutzbereich der „bereits in anderen Industriezweigen“ gemachten, ursprünglichen Erfindung.364 Den Schutzumfang der früheren Erfindung beleuchtete erst eine Entscheidung vom 23. 5. 1914 etwas näher:365 Der Klägerin gehörte ein Patent auf ein „Verfahren zur Darstellung magnetisierbarer Manganlegierungen“, welche aus einer bestimmten Zusammensetzung mehrerer Elemente bestanden. Die Beklagte stellte entsprechende Legierungen her, ohne die Magnetisierbarkeit zu benutzen, und verkaufte sie unter der Bedingung, dass auch ihre Kundin sie nicht magnetisiere. Das RG erkannte nach dem klaren Inhalt der Patentschrift eine Patentverletzung. Das Patent beschränke sich nicht auf die Verwendung der Legierung zur Magnetisierung: Im allgemeinen gilt für die Erteilung von Patenten der Grundsatz, daß die Merkmale des Erfindungsgegenstandes nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen sind. Ein und derselbe Gegenstand oder ein und dasselbe Verfahren kann auf dem Gebiete der Technik verschiedene Vorteile bieten und für verschiedene Zwecke verwendbar sein. Die Erteilung eines Patents ( . . . ) ist aber, die Neuheit und den Erfindungscharakter vorausgesetzt, nur von dem Nachweise abhängig, daß durch die Neuerung auf irgend einem technischen Gebiet ein Fortschritt erreicht wird. Ist dann das Patent erteilt worden, so beschränkt sich der Patentschutz regelmäßig nicht auf den in der Patentschrift bekanntgegebenen Verwendungszweck, vielmehr umfaßt er auch die Ausnutzung der Erfindung für andere, als die vom Erfinder selbst erkannten Zwecke ( . . . ).366

Jede Erfindung bewirkte einen erstrebten Fortschritt „auf irgend einem technischen Gebiet“. Sie konnte auf diesem „Gebiete der Technik ( . . . ) für verschiedene Zwecke verwendbar sein“. Deutlich unterschied das RG zwischen zwei Stufen, dem übergeordneten „Gebiet der Technik“ und den darin möglichen „Verwendungszwecken“. Regelmäßig umfasste der Patentschutz alle Verwendungszwecke innerhalb eines Gebiets, und zwar auch die vom Erfinder nicht erkannten.367 Es sei RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio. Spätere Entscheidungen verwendeten nicht mehr den „anderen Industriezweig“, sondern das „andere [technische] Gebiet“, Vgl. RG v. 16. 3. 1904 (I 472 / 03) und RG v. 15. 11. 1913 (I 141 / 13), da es bei der Übertragung weniger um die Anwendung einer Erfindung in einer anderen Branche als vielmehr um die Benutzung in einem anderen technischen Umfeld ging. 365 RG v. 23. 5. 1914 (I 53 / 14). 366 RG v. 23. 5. 1914 (I 53 / 14). 367 So auch schon RG v. 23. 9. 1899 (I 207 / 99); RG v. 25. 9. 1902 (1 D 2781 / 02); Kohler, ZgR 2 (1893), S. 314, 317 ff.; Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881, 890; siehe Fn. 185 dieses 3. Abschnitts. 363 364

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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unbillig, den Patentschutz auf den in der Patentschrift angegebenen Zweck zu beschränken: Dieser sei meist schwer abzugrenzen; es schmälere den Wert des Patents, wenn der Patentinhaber zur Vorbereitung eines Verletzungsprozesses zunächst den Verwendungszweck des vermeintlichen Verletzers ermitteln müsse; eine nähere Beschränkung verhindere eine gerechte „Entlohnung“, weil eine Anwendung für andere Zwecke häufig eine „naheliegende Maßnahme“ sei, die sich der vergleichsweise hohen erfinderischen Leistung unterordne. Der Erstreckung des Schutzes auf die Verwendungszwecke innerhalb eines technischen Gebiets stellte das RG die „Übertragung der Erfindung auf einen neuen Zweck“ gegenüber. In der Ausdrucksweise des RG trug der Begriff „Übertragung“ den Wechsel des technischen Gebiets in sich. Das Betreten eines neuen Gebiets führte zu einer neuen, ggf. ähnlichen technischen Aufgabe. Nun war aber eine Erfindung die Lösung einer bestimmten Aufgabe mit bestimmten Mitteln:368 Keine Erfindung und daher nicht patentfähig war die Auffindung eines Mittels allein, ohne Beziehung zu einer zu lösenden Aufgabe.369 Aufgabe und Lösung waren in der Erfindung miteinander verbunden. Die Übertragung, die Lösung der neuen Aufgabe mit dem Mittel, konnte eigentlich nur mitgeschützt sein, wenn der Patentinhaber zumindest schon bei der Anmeldung die Lösbarkeit der anderen Aufgabe mit dem Mittel erkannt hatte. Dessen ungeachtet führte das RG aus, dass ein auf eine erfinderische Übertragung erteiltes Patent von dem usprünglichen Patent abhängig sein könne. Es schloss also nicht grundsätzlich aus, dass der Schutzbereich auch Übertragungen erfasse. Jedenfalls konnte diese Einbeziehung nur in Betracht kommen, wenn das übertragene Mittel neu und erfinderisch war: Der Patentinhaber sollte den Verkehr nicht daran hindern können, bekannte Mittel zur Lösung einer anderen als der ihm geschützten Aufgabe zu benutzen. Welche Anforderungen das RG an die Abhängigkeit der Übertragung stellte, führte es in dieser Entscheidung nicht aus. In der Literatur wurde verlangt, die Übertragung habe nahe liegen müssen, jeder Fachmann habe die Eignung des Mittels zur Lösung der neuen Aufgabe ohne erfinderische Tätigkeit erkennen müssen.370 Hier scheint das oben wiedergegebene dritte Argument des RG gegen die Beschränkung auf den angegebenen Verwendungszweck auch für die Abhängigkeit bemüht worden zu sein. Dem RG zufolge entschied sich jedoch die Erstreckung des Schutzbereichs auf die übertragene Erfindung nach deren Abhängigkeit: Der Patentinhaber konnte die Benutzung der Übertragung verbieten, wenn sie nur unter gleichzeitiger Benutzung der patentierten Erfindung angewendet werden konnte.

Isay (1926), S. 80; Gülland, S. 101. Ebensowenig erfinderisch war die Stellung einer Aufgabe, ohne die Mittel zu ihrer Lösung anzugeben. 370 Hüfner, GRUR 1917, S. 144, 148; Isay (1926), S. 201. 368 369

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

c) Die Kombinationserfindung und der Schutz ihrer Einzelteile Erfindungen bestanden in einem Großteil der Fälle aus der Verbindung mehrerer Einzelteile: Maschinen und Vorrichtungen enthielten zahlreiche Komponenten, z. B. Zahnräder, Schrauben, Wellen etc., Verfahren durchliefen einzelne Abschnitte. Die Elemente waren in den Dienst einer Gesamtwirkung gestellt: Sie wirkten räumlich nebeneinander oder zeitlich nacheinander, um den Erfindungszweck zu erreichen und die gestellte Aufgabe zu lösen. Eine solche Vereinigung von Beschaffenheiten oder Teilen trug allgemein die Bezeichnung Kombination.371 Kennzeichnend war das Zusammenwirken mehrerer Einzelelemente. Mit nicht immer einheitlicher Benennung erkannte die Literatur verschiedene Formen der Kombination: Die Aggregation war eine Zusammenstellung erfinderischer Elemente, der selbst kein Erfindungsgedanke zugrunde lag.372 Der erfinderische Gesamteffekt der Aggregation entsprach der Summe der erfinderischen Einzeleffekte. Bei der Kombination i.e.S. hingegen war die Zusammenstellung bekannter Einzelteile neuartig und erfinderisch.373 Der Gesamteffekt lag in der spezifischen, erfinderischen Verbindung, er war etwas anderes als die Summe der Einzeleffekte. Wie die Kombination i.e.S. setzte auch die Totalitätserfindung Einzelelemente mittels eines erfinderischen Gedankens zusammen; hinzu kam, dass die Einzelteile wiederum erfinderisch waren.374 Ihr erfinderischer Gesamteffekt übertraf die Summe der erfinderischen Einzeleffekte um den Erfolg der spezifischen Zusammenstellung. Das RG fasste alles unter dem Begriff der Kombination zusammen: Es handelt sich also um ein sogenanntes Kombinationspatent, bei welchem die Erfindung darin besteht, daß mehrere einer selbstständigen Wirkung fähige Elemente in ihrer Zusammensetzung ein neues technisches Ergebniß liefern. Bei einem solchen Patente können die Elemente neu sein und an sich schon eine Erfindung darstellen ( . . . ). Die Einzelelemente Schanze, Kombinationspatent, S. 9 ff. Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324. Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881, 885 f. 373 Schanze, Kombinationspatent, S. 14. Später nennt er es auch einfaches Kombinationspatent, Vgl. Schanze, Gruchot 57, S. 386, 393. Erwähnt ist diese Kombination z. B. in RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85); RG v. 29. 1. 1896 (I 326 / 95); RG v. 7. 2. 1900 (I 420 / 99); RG v. 4. 7. 1908 (I 495 / 07); RG v. 25. 6. 1910 (I 260 / 09). 374 Kohler, Forschungen, S. 49; ders., ZgR 2 (1893), S. 314, 315; Schanze, Kombinationspatent, S. 138; Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324. Später unterschied Schanze, Gruchot 57, S. 386, 393, zwischen Totalitätserfindung und Kombinationserfindung mit Teilerfindung. Seine Begriffsbestimmungen wollte Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881, 886 ff., widerlegen. Für den hier allein interessierenden Fall der Patentverletzung, in dem es nicht um die selbständige Patentierbarkeit der Einzelerfindungen, sondern um ihren Schutz i.R.d. des Kombinationspatents geht, kommt es auf den Streit nicht an; es genügen die eingangs bestimmten Begriffe der Aggregation, Kombination i.e.S. und Totalitätserfindung. Schon eine Nichtigkeitsentscheidung des RG v. 5. 4. 1881 (II 441 / 81) warf die Möglichkeit einer Totalitätserfindung auf; das RG behandelte sie stets unter dem Begriff der „Kombination“, Vgl. RG v. 20. 12. 1881 (II 146 / 81); RG v. 13. 4. 1885 (1 D 424 / 85). Als einzige Ausnahme erwähnte RG v. 18. 1. 1890 (I 314 / 89) – Hirsepolirmaschine das „Totalitätspatent“. 371 372

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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und ihre Wirkungen können aber auch bekannt sein, während die Zusammensetzung derselben in bestimmter Art und zu einem bestimmten Zwecke und die Wirkung der so combinirten Elemente neu und erfunden ist.375

Der Patentschutz von Kombinationen berührte zwei unterschiedliche Gesichtspunkte: Einerseits ging es um den Schutz der Gesamtkombination und die Anwendbarkeit der Äquivalenzlehre auf Kombinationen. Andererseits beschäftigte sich das RG mit der Frage, ob sich der Schutzbereich des Kombinationspatents auf die Einzelteile erstrecke: Die Einzelteile einer Totalitätserfindungen konnten unabhängig von ihrer Aufgabe in der Kombination eigene Aufgaben auf erfinderische Weise lösen. Das PatG regelte eine solche Erstreckung nicht ausdrücklich, machte sie aber auch nicht unmöglich.376

aa) Der Schutz der Gesamtkombination Das RG hatte früh Gelegenheit, sich zum Schutz der Gesamtkombination zu äußern. In einem am 13. 7. 1885 entschiedenen Fall war der Klägerin ein „Verfahren zur Darstellung des Croceinscharlachs, des Croceingelb und anderer rother und gelber Farbstoffe aus einer neuen Monosulfosäure des Betanaphthols“ geschützt.377 Das Verfahren war „aus mehreren konsekutiven Stadien zusammengesetzt“. Diese für sich nicht patentfähigen Abschnitte waren zu dem gemeinsamen Zweck verbunden, einen Farbstoff zu gewinnen. Die beklagte AGFA wendete einen Teil des patentierten Verfahrens zur Herstellung eines eigenen Farbstoffs an. Das RG wies zunächst darauf hin, daß der Patentschutz sich auf die Erfindung in allen ihren Theilen erstreckt, mithin auch gegen denjenigen gewährt wird, welcher sich die Erfindung dem § 4 des Patentgesetzes zuwider zwar nicht vollständig, aber in einem wesentlichen Theile aneignet.378

Mit dieser Feststellung ebnete das RG grundsätzlich den Weg für die Anwendung der Lehre vom wesentlichen Erfindungsgedanken auf Kombinationen. Dafür sprachen die gleichen Gründe wie bei Einzelerfindungen: Zu leicht ließe sich der Patentschutz umgehen, wenn durch Auslassen oder Hinzufügen von Einzelteilen eine Verletzung der Kombination ausgeschlossen wäre.379 Ohne einen ausreichenRG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III. Kohler, AbR 1911 (XXXVI. Bd.), S. 11, 18. 377 RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). 378 RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). 379 Daher berief sich das RG auch auf ältere Entscheidungen, die sich allein mit Einzelerfindungen beschäftigten, so z. B. auf RG v. 9. 4. 1884 (I 53 / 84) – Knieblechröhren III, siehe S. 236 f. Ausdrücklich befand das RG v. 3. 4. 1889 (I 53 / 89): „Wollte man an die Erfinder den Anspruch erheben, daß sie alle die möglichen Ausführungsformen bei der Patentanmeldung vorlegen, in welchen der Erfindergedanke zum Ausdruck gelangen kann, so würde man in das Patentwesen einen Formalismus einführen, welcher zu den geschmacklosesten und überflüssigsten Spezialisirungen der Patentansprüche und Patentbeschreibungen 375 376

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

den Schutz hätten Erfinder keinen Anreiz zur Offenbarung ihrer Erfindungen gehabt. Gleichwohl verletzte eine solche teilweise Benutzung nicht zwangsläufig die Kombination. Voraussetzung war, sich die Kombination „in einem wesentlichen Theile“ anzueignen: Handelt es sich aber um einen aus mehreren Bestandtheilen zusammengesetzten Patentgegenstand, insbesondere um ein aus mehreren ineinander greifenden Abschnitten zusammengesetztes Verfahren, mit welchem das ohne Gestattung des Patentinhabers von einem Andern angewendete Verfahren theilweise übereinstimmt, während es theilweise davon abweicht, so kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, daß eine Verletzung des Rechts aus dem Patente durch eine theilweise unbefugte Benutzung vorliege. Vielmehr muß eine Vergleichung zwischen dem patentirten Gesammtverfahren einerseits und dem gesammten angeblich gegen das Patent verstoßenden Verfahren andererseits angestellt werden, um zu prüfen, ob die in einem Theile vorhandene Abweichung von dem patentirten Verfahren so beschaffen ist, daß sie dem Verfahren im Ganzen den Charakter eines gegenüber dem patentirten Verfahren neuen anderen Verfahrens verleiht und somit die Identität beider ausschließt, oder ob die Abweichung eine solche ist, daß sie sich als eine die Identität mit dem patentirten Verfahren im Ganzen nicht aufhebende Veränderung einzelner Bestandtheile darstellt.380

Wie im Fall der Einzelerfindung musste die patentierte Kombination mit dem vermeintlich verletzenden Verfahren verglichen werden. Blieb darin der Charakter der patentierten Kombination gewahrt, waren beide Verfahren patentrechtlich „identisch“. Hingegen schlossen wesentliche Abweichungen die Identität aus.381 Unwesentlich waren vereinfachende oder weiterentwickelnde Abweichungen, selbst wenn sie erfinderisch und eigens patentiert waren: Sie waren von der Kombination abhängig.382 Im Jahr 1909 erklärte das RG anschaulich: Die Kombination ist ein Ganzes, das, weil es nicht identisch ist mit der Summe seiner Glieder, auch nicht notwendig zerfällt, wenn ein Glied ausgelassen wird. Der Kombinationsgedanke kann trotzdem wirksam bleiben. Es kommt darauf an, welche Bedeutung das ausgelassene Glied im Zusammenhange der Kombinationserfindung hat.383

führen würde. Aequivalente Ausführungen ohne Erfindergedanken sind durch die vorgelegte eine Ausführungsform gedeckt.“ So auch RG v. 24. 4. 1889 (I 73 / 89) – Ausziehtisch. 380 RG v. 13. 7. 1885 (I 153 / 85). So auch RG v. 7. 11. 1906 (I 146 / 06). 381 Eine wesentliche Abweichung konnte in der Ersetzung eines bekannten Bestandteils einer Kombination i.e.S. liegen, sofern der Charakter des Patents – die besondere Zusammenstellung – nicht gewahrt blieb, RG v. 28. 9. 1893 (1 D 2153 / 93). 382 RG v. 18. 5. 1887 (I 106 / 87): Die geschützte Kombination, den „Tabakschwamm in Verbindung mit einer unschädlichen Zündmasse für Cigarren und Cigaretten“, benutzte im Wesentlichen, wer die beiden Elemente durch eine sie vereinigende, leichter herzustellende Mischung ersetzte. RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92). 383 RG v. 5. 5. 1909 (I 236 / 08). Bereits RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen hatte darauf hingewiesen, dass der „wesentliche Theil einer maschinellen Einrichtung“ nicht mit dem „wesentliche[n] Theil einer Erfindung“ verwechselt werden dürfe: Für eine Wanduhr sei das Gewicht wesentlich, damit sie gehe; werde dieses durch eine Feder ersetzt, könne dennoch das Wesen der Wanduhrerfindung verletzt werden.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

247

Kombinationen waren als Ganze in ihrem wesentlichen Erfindungsgedanken geschützt. Für äquivalente Ersetzungen von Einzelteilen einer Kombination formulierte das RG einen entsprechenden Grundsatz in einer Entscheidung vom 4. 7. 1891: Man ist vielmehr längst, und nicht blos in Deutschland zu der Ueberzeugung gekommen, daß diese Ansicht (scil. dass nur dieselbe Kombination Schutz genieße) in rücksichtsloser Konsequenz durchgeführt, den Patentschutz für patentirte Maschinen oder kombinirte Verfahrensarten nahezu illusorisch machen würde. Es ist deshalb ( . . . ) der umgekehrte Satz angewendet, daß die Substitution einzelner aequivalenter Theile die Identität der Nachahmung mit der unter Patentschutz gestellten Maschine, und folgeweis die Patentverletzung nicht ausschließe.384

Eine Identität mit der geschützten Kombination konnte nicht ausgeschlossen werden, nur weil einzelne Teile weggelassen, hinzugefügt oder durch gleichwirkende ersetzt waren. Der Schutz der Gesamtkombination umfasste, wie auch der Schutz der Einzelerfindung, grundsätzlich die Äquivalente und den Erfindungsgedanken der Kombination. Diese Grundsätze berücksichtigte das RG in ständiger Rechtsprechung.385 Allein zwei Ausnahmen galten, deren erste das RG anlässlich einer NichtigkeitsEntscheidung vom 19. 11. 1890 dartat:386 Erteilt war ein Patent auf einen „Rollladen“, der aus mehreren bekannten Einzelteilen zusammengesetzt war und als wesentliches Merkmal Lichtschlitze mit dem technischen Effekt aufwies, „daß zwar Licht und Luft aber keine Sonnenstrahlen von außen eindringen können.“ Das Patent hatte bereits zu drei Nichtigkeits- sowie mehreren Verletzungsprozessen geführt. Daher verlieh das RG seiner Auffassung zur Reichweite des Patents nun grundlegenderen Ausdruck und bezog sich auch auf den Schutzumfang, dessen Bestimmung eigentlich dem Verletzungsprozess vorbehalten war. Mit den geschlitzten Stäben habe der Patentinhaber auf ein bekanntes Element zurückgegriffen, das am besten in seine Kombination passe. Grundsätzlich seien „weniger gute Mittel derselben Art“ vom Schutz der Gesamtkombination erfasst, das beste Mittel sei RG v. 4. 7. 1891 (I 124 / 91). RG v. 7. 4. 1888 (I 46 / 88) sprach ausdrücklich aus, dass die für Verfahren dargelegten Grundsätze der Entscheidung v. 13. 7. 1885 auch für kombinierte Vorrichtungen gelten; RG v. 22. 2. 1886 (I 412 / 85); RG v. 16. 5. 1888 (I 112 / 88); RG v. 3. 4. 1889 (I 53 / 89); RG v. 24. 4. 1889 (I 73 / 89) – Ausziehtisch; RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 88) – Ariston; RG v. 15. 5. 1889 (I 95 / 89) – Daverio; RG v. 5. 6. 1889 (I 113 / 89) – Wollfett; RG v. 24. 6. 1889 (I 137 / 89); RG v. 18. 1. 1890 (I 314 / 89) – Hirsepolirmaschine; RG v. 4. 7. 1891 (I 124 / 91); RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 13. 7. 1892 (I 151 / 92); RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen; RG v. 9. 12. 1893 (I 253 / 93); RG v. 10. 4. 1897 (I 447 / 96); RG v. 26. 3. 1898 (I 463 / 97); RG v. 14. 5. 1898 (I 140 / 98); RG v. 7. 12. 1898 (I 319 / 98); RG v. 25. 1. 1899 (I 426 / 98); RG v. 16. 5. 1900 (I 88 / 00) – Rückschlagventil; RG v. 16. 10. 1900 (I 169 / 00) – Jonon; RG v. 6. 11. 1901 (I 213 / 01); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03); RG v. 5. 5. 1909 (I 236 / 08); RG v. 25. 6. 1910 (I 260 / 09); RG v. 2. 12. 1912 (I 78 / 12); RG v. 14. 4. 1913 (I 397 / 12). Vgl. ferner RG v. 19. 11. 1890 (I 205 / 90) sogar anlässlich einer Nichtigkeitsentscheidung. 386 RG v. 19. 11. 1890 (I 205 / 90). 384 385

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

nur beispielhaft beschrieben.387 Ausnahmsweise aber fiel eine in einem bekannten Element abweichende Vorrichtung aus dem Schutzbereich: Voraussetzung war, dass die Erfindung auf einer „einfachen Addition einzelner bekannter Vorrichtungen [beruhte], von denen jede in der Kombination geradeso wirkt, wie sie bis dahin bei einer anderen Einrichtung gewirkt hatte.“ Das RG beschränkte den Schutz auf die in der Beschreibung angegebene Ausführungsform und begründete diese Grenze mit der Einfachheit der Erfindung.388 Der erfinderische Kombinationsgedanke lag so nahe, dass sich das Wesen der Erfindung auf die Ausführungsform beschränkte, d. h. auf die spezielle Zusammenfügung gerade der beschriebenen Einzelteile.389 Die zweite Ausnahme bestimmte die Äquivalenzregel für den Schutz von Gesamtkombinationen näher. Das RG beleuchtete sie in der Rückschlagventil-Entscheidung vom 16. 5. 1900.390 Der klagenden Dunlop Pneumatic Tyre Co. GmbH gehörte ein Patent auf ein Rückschlagventil für Fahrräder. Die einzelnen Bauteile des Ventils waren vor der Patentanmeldung längst bekannt, geschützt war „nur ihre Verbindung zu einem für die Zwecke des Fahrrads geeigneten Rückschlagventil.“ Als Vorzug nannte die Patentbeschreibung, dass es im Reparaturfall leicht durch ein neues ersetzt werden könne. Die Beklagten benutzten ein „Müller-Ventil“, welches ebenso wie das klägerische aus Hülse und Dorn bestand. Die eigentliche Ventilwirkung erreichten sie mit einem Kegel- oder Tellerventil, die Klägerin mit einem Klappenventil. Das Berufungsgericht hatte eine Patentverletzung bejaht, weil das bekannte Klappenventil durch ein anderes bekanntes und gleichwertiges Bauteil, das Kegelventil, ersetzt war. Das RG wendete ein: Es genügt aber nicht – und das hat das Berufungsgericht übersehen – wenn das Ersatzmittel an sich mit dem ersetzten Theile gleichwerthig ist, vielmehr muß die Gleichwerthigkeit auch Gleichwerthigkeit im Rahmen der Kombination sein. Die Aequivalenz fällt dann fort, wenn der Charakter der Kombination durch das Ersatzmittel geändert ist, d. h. wenn sich der technische Effekt der neuen Gesammtanordnung mit dem technischen Effekt der unter Schutz gestellten Gesammtanordnung nicht mehr deckt. Freilich wird es sich dabei immer um wesentliche Unterschiede handeln müssen. Eine geringfügige und bedeutungslose Abweichung im technischen Effekte wird als unerheblich gelten müssen. Der entscheidende Gesichtspunkt liegt in der Abmessung der gewerblichen Bedeutung, hier kann aber nicht nur ein anders gearteter Effekt als wesentlich in Betracht kommen, sondern auch ein gesteigerter Effekt der gleichen Art.391 387 Das setzte voraus, dass „der Fortschritt, welcher eben in dieser Kombination liegt, gegenüber dem was bis dahin bekannt war, eine so bedeutungsvolle, hervorragende Leistung ist, daß dagegen die Abweichung in den einzelnen Gliedern zurücktritt“, RG v. 19. 11. 1890 (I 205 / 90). 388 Die Feststellung der Einfachheit war eine Frage der Patentauslegung. 389 Schanze, Kombinationspatent, S. 127. Die Bedeutung einer „solche[n] Erfindung“ im Gegensatz zu einer „epochemachende[n] Auffindung“ zog das RG später erneut als Grund für eine Begrenzung des Schutzes heran, RG v. 1. 11. 1897 (I 213 / 97). 390 RG v. 16. 5. 1900 (I 88 / 00) – Rückschlagventil. 391 RG v. 16. 5. 1900 (I 88 / 00) – Rückschlagventil.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Im Allgemeinen waren Klappen- und Kegelventil technisch gleichwertig. Es kam entscheidend auf die „Gleichwerthigkeit im Rahmen der Kombination“ an, ob also die Beklagten trotz Wahl des Kegelventils den technischen Effekt der patentierten Gesamtanordnung benutzten. Beachtlich ist, dass das RG hier insbesondere auf die gewerbliche Bedeutung abstellte: Auf der einen Seite waren die Einzelelemente der klägerischen Kombination einschließlich des Prinzips der Zweiteilung des Ventilkörpers in einen festen und einen herausnehmbaren Teil bekannt; sie konnten einen Schutz nicht beanspruchen. Das Müller-Ventil auf der anderen Seite bot eine Reihe besonderer Vorzüge, welche ihm einen ganz eigenen technischen Effekt zu verleihen schienen: Es funktionierte durchaus sicher und zuverlässig, Störungen konnten gänzlich vermieden werden; die Luft ließ sich „mit der größten Leichtigkeit“ einpumpen; der Radreifen ließ sich erheblich leichter entlüften. Gerade für ein Fahrradventil waren die bequeme Handhabung, die leichte Auswechselbarkeit, die Sicherung gegen Schmutz und Abnutzung erstrebsame Zwecke. Das RG verwies die Sache zurück an die Vorinstanz mit der Aufgabe herauszufinden, ob auf tatsächlichem Gebiet eine neue Kombination geschaffen war. Nach der reichsgerichtlichen Rechtsprechung kam zunächst allen patentierten Kombinationserfindungen der gleiche Schutz wie jeder Einzelerfindung zugute.392 Anwendbar waren insbesondere die Grundsätze der Äquivalenz und des wesentlichen Erfindungsgedankens: Der Schutz der Kombination ließ sich nicht dadurch umgehen, dass einzelne unwesentliche Teile weggelassen, ersetzt oder hinzugefügt werden, oder dass wesentliche Einzelteile durch andere patentrechtlich gleichwertige ersetzt werden. Die Änderung von Details unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Erfindungsgedankens konnte nicht zu einem Benutzungsrecht verhelfen. Jedoch hatte der Schutz seine Grenzen: Gesamtkombinationen konnten auf den Schutz der angegebenen Ausführungsform beschränkt sein, für Äquivalente forderte das RG eine „Gleichwerthigkeit im Rahmen der Kombination“.

bb) Der Schutz von Teilen einer Kombination Der umfangreiche Schutz der Gesamtkombination gegen teilweise und äquivalente Benutzungen war zu unterscheiden von der Frage, ob daneben Einzelteile selbständig Schutz genossen.393 Bisweilen genügte es Dritten, einzelne Elemente einer geschützten Gesamtkombination für ihre Zwecke fruchtbar zu machen, ohne zugleich den wesentlichen Erfindungsgedanken des Ganzen anzuwenden. Solange sich dieses nicht als Benutzung des Ganzen unter Auslassung oder Ersetzung einzelner Teile darstellte, schied ein Schutz des Patentinhabers aus dem oben behan392 Die Reichsgerichtsrechtsprechung zum Schutz der Kombination lobte z. B. Kohler, ZgR 2 (1893), S. 314. 393 Isay (1920), S. 196 ff., behandelte den Einzelteilschutz im Rahmen des „Schutzbereich des Patents“, Schanze als eine Form des „akzessorischen Patentschutzes“, Schanze, GRUR 1912, S. 197, 199 f.; ders., Mitt. 1918, S. 13 ff.; ders., MuW 1917 / 18 (XVII), S. 225.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

delten Gesichtspunkt des Gesamtkombinationsschutzes aus. Dennoch suchten die Patentinhaber bei den Gerichten Schutz gegen die Benutzung der Elemente. Gemäß §§ 4 und 5 bezog sich die Wirkung des Patents allgemein auf „die Erfindung“, sie erfasste den als neu und patentfähig geschützten wesentlichen Erfindungsgedanken. Ein Einzelteilschutz kam jedenfalls nicht in Betracht, wenn das Element vor der Patentanmeldung der Kombination bereits bekannt gewesen oder nicht patentfähig war.394 Die Erteilung des Kombinationspatents sollte seinen Inhaber nicht in die Lage versetzen, den gewerblichen Verkehr von der bisher erlaubten Benutzung bekannter Elemente auszuschließen, nur weil es einem Erfinder gelungen war, bekanntes für neue erfinderische Zwecke nutzbar zu machen.395 Bedeutung gewann der Teileschutz nur, wenn ein Element einer geschützten Kombination selbst eine neue und patentfähige Erfindung war.396 Neuartige Verfahren oder Maschinenkonstruktionen bestanden vielfach aus neuartigen Abschnitten oder Teilen. Ein Schutz von Teilen einer Kombination setzte voraus, dass die Teilerfindung für sich allein hätte geschützt werden können, sei es als einzelnes oder als Zusatzpatent,397 oder sei es in Form eines Unteranspruchs.398

(1) Die Patenterteilungspraxis nach der Hartigschen Lehre bis 1912 Die eigenständige Patentierbarkeit der Teilerfindung war für die Gegner des Teileschutzes gerade ein Grund, den Schutzbereich der Kombination nicht auf die Einzelteile zu erstrecken. Um selbständig umfangreich geschützt zu sein, hätte die 394 Das war auch dann der Fall, wenn es bereits Element einer älteren Kombination war: Eine Erstreckung des Schutzbereichs auf Elemente war ausgeschlossen, wenn dieses zu einem Schutz identischer Erfindungen geführt hätte, ohne dass eine Nichtigerklärung möglich gewesen wäre, siehe S. 353 ff. Das ergab sich aus dem Gedanken des § 3 Abs. 1. 395 RG v. 29. 10. 1892 (I 227 / 92). 396 Dem neuen und erfinderischen Element steht die neue und erfinderische Teil- oder Unterkombination einzelner Elemente gleich, RG v. 20. 3. 1916 (I 176 / 15). 397 Das Zusatzpatent war in § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 (§ 7 Satz 2 a.F.) geregelt: Erteilt wurde es auf die „weitere Ausbildung“ einer bereits patentierten Erfindung, wenn der Patentinhaber ausdrücklich um ein Zusatzpatent nachsuchte, RG v. 4. 3. 1914 (I 259 / 13). Es endete regelmäßig zugleich mit dem Hauptpatent, RG v. 9. 6. 1884 (I 35 / 84), und blieb nur bei dessen Zurücknahme, Nichtigerklärung oder bei Verzicht als selbständiges Patent fortbestehen, RG v. 13. 4. 1901 (I 43 / 00). § 8 Abs. 2 sah eine Jahresgebühr-Befreiung vor, um Erfindern Anreize zu geben, bereits geschützte Erfindungen zu vervollkommnen, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 20. 398 Unteransprüche verhielten sich zu Hauptansprüchen wie Zusatzpatente zum Hauptpatent, sie konnten jedoch in einer Anmeldung erhoben werden, Seligsohn, S. 193 ff., 313; Biedermann, GRUR 1896, S. 131, 134 ff.; Schanze, LZ 1910 (IV), Sp. 801. In Unteransprüchen waren typischerweise weitere Ausführungsformen der im Hauptanspruch abstrakt formulierten Erfindung bezeichnet; sie fanden auch Verwendung, wenn die Erfindung mehrere Gegenstände besaß, z. B. Verfahren, Vorrichtung und Erzeugnis, oder wenn eine Kombination erfinderische Teile enthielt.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Teilerfindung eigens angemeldet und patentiert werden müssen. Ihrer Anmeldung i.R.d. Kombinationsanmeldung stehe § 20 Abs. 1 Satz 2 entgegen, demzufolge „für jede Erfindung ( . . . ) eine besondere Anmeldung erforderlich“ war. Nach allgemeiner Ansicht durfte in einer Anmeldung nur eine „einheitliche“ Erfindung zusammengefasst werden.399 § 20 Abs. 1 Satz 2 sollte verhindern, dass gänzlich unzusammenhängende Erfindungen zwecks Gebührenersparnis gemeinsam angemeldet wurden; ferner sollte er Ordnung und Übersichtlichkeit der erteilten Schutzrechte gewährleisten.400 Diese Vorschrift legte insbesondere das PA streng aus und stellte hohe Anforderungen an die Einheitlichkeit. Maßgeblich geprägt hatte diese Erteilungspraxis Hartig mit seinen „Studien in der Praxis des Kaiserlichen Patentamtes“.401 Hartig ging davon aus, dass sich jede Erfindung losgelöst von einer Verwirklichungsform durch begriffliche Darstellung der geistigen Idee abstrakt bestimmen ließe.402 Der Anmelder habe die Erfindung einem Gattungsbegriff unterzuordnen und durch ihre bestimmenden Merkmale einzugrenzen.403 In den Patentgesetzen aller Länder sei nun „die Erfindung“ nur im Singular erwähnt, ob es um ihre Anmeldung und Erteilung oder um ihren Schutz gehe.404 Diese Einheitlichkeit müsse sich auch in der Anmeldung widerspiegeln: Im Fall der Kombination liege die Erfindung im Zusammenwirken der einzelnen Teile; jede Zerlegung in mehrere Bestandteile zerstöre diese Erfindung.405 Nach der Hartigschen Lehre war die Kombination abstrakt einem Gattungsbegriff unterzuordnen und anhand des zu verrichtenden Arbeitsprozesses zu kennzeichnen. Unteransprüche konnten allenfalls räumliche Ausführungsformen oder Verbesserungen beschreiben.406 Hartig sah nur die Kombinationserfindung als etwas einheitliches an, die Teilerfindung hingegen als etwas gesondertes. Trotz ihrer Offenbarung müsse letztere bei der Anmeldung der Kombination ungeschützt bleiben. Zum Teileschutz, zur „Beanspruchung dieser Theilprozesse für das Gesammtgebiet der Technik“ führte Hartig aus: Zu dem Merkmal der „Einheitlichkeit“ s. Heimann, Mitt. 1906, S. 51, 53. Isay (1920), S. 196; Seligsohn, S. 302 f. 401 Hartig war Professor der Mechanischen Technologie am Königlich Sächsischen Polytechnikum zu Dresden und Mitglied des Kaiserlichen PA. 402 Hartig, S. 166 f.: Wie ein neues Gesamtverfahren stelle auch ein neues Körpergebilde eine „technologische (begriffliche) Einheit“ dar. 403 Hartig, S. 213. Üblich war es, im Patentanspruch einen Oberbegriff zu nennen und anschließend mit den Worten „dadurch gekennzeichnet, daß“ Besonderheiten begrifflich anzugeben, welche die Erfindung von anderen Ausführungen desselben Oberbegriffs unterschieden. 404 Hartig, S. 155 f.; Vgl. § 4 und §§ 19 ff. 405 Eine Maschine definiere sich durch ihren Arbeitsprozess, ihre Bewegung, nicht durch die Summe der Einzelteile im Stillstand, Hartig, S. 158, 161. 406 Möglich sei die Beschreibung von Verfahren, Maschine und Produkt nebeneinander, wenn allen eine zusammengehörige Erfindung zugrunde liege, siehe Fn. 178 dieses 3. Abschnitts. Verbesserungen seien nur anderweitig gestaltete technische Durchführungen derselben Erfindung, Hartig, S. 161, 163, 165. 399 400

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Bei eingehender Prüfung solcher Theilprozesse ergiebt sich nun aber regelmässig mit grosser Gewissheit, dass hier die ausgedehntesten Entlehnungen aus dem Bereiche des schon im Allgemeinbesitze der Technik befindlich gewesenen Vorrathes von Verfahrungsweisen stattgefunden haben, einfache Uebertragungen aus dem Besitzthume anderer Zweige der Technik, wenn auch der Erfinder selbst zuweilen sich dessen nicht klar bewusst und jedenfalls wenig geneigt sein mag, solche Uebertragungen zuzugeben. Wie dem auch sei, die gesonderte Inanspruchnahme solcher elementarer Einzelprozesse neben der Forderung auf das Ganze ( . . . ) führt unfehlbar zu einer bedauerlichen Belästigung der gesammten Technik und unerwünschten Häufung der Streitfälle und ist sehr geeignet, den guten Kern des ganzen Patentschutzes in tiefen Schatten zu setzen. Was würde man sagen, wenn ein Maler ausser einem neuen Bilde vielleicht auch noch jeden besonderen Pinselstrich desselben, der vielleicht eine bedeutende Wirkung hervorruft, oder selbst einen ganzen Komplex von Pinselstrichen, dem gesetzlichen Schutz gegen Nachahmung unterstellen wollte? Der einheitliche individuelle Charakter scheint eben dem Wesen allen geistigen Eigenthums untrennbar anzuhaften; nur ein Ganzes kann hier in Betracht kommen, und wenn auch im einzelnen Falle wohl der Urheber einer Geistesschöpfung die Empfindung erlittenen Unrechts haben mag, wenn ihm einzelne Züge derselben in den nachfolgenden Werken Anderer wieder begegnen, so muss doch hier wohl die gewichtige Erwägung Platz greifen, dass auch er wieder – mit beiden Füssen – auf den Schultern der Vorgänger steht; was er im Einzelnen ohne Entschädigung an Andere abgiebt, wird durch die benutzten und zeitweilig ihm mit geschützten Ueberlieferungen der Vor- und Mitlebenden wohl in den meisten Fällen mehr als kompensiert.407

Der abstrakte Ansatz der Hartigschen Lehre war theoretisch richtig, aber zu idealistisch. In der Praxis stellte sie den Anmelder und das PA häufig vor eine unlösbare Aufgabe:408 Sie setzte voraus, dass die „in der Erfindung tätigen Kräfte bereits völlig bekannt, daß alle Einzelerscheinungen geistig erfaßt, daß die naturwissenschaftlichen Gesetze ebenso wie die technologischen Zweckbeziehungen klar durchschaut“ waren.409 Möglich war das meist erst nach jahrelanger Benutzung. Im Anfangsstadium war in dem Fall eine abstrakte Beschreibung der Erfindung den Beteiligten nicht zuzumuten. Sie konnten nur eine Verwirklichungsform angeben und sich im Übrigen auf die Lehre von den Äquivalenten verlassen.410 Gänzlich verfehlt und für den Kombinationserfinder nicht ausreichend war, was Hartig zum Teileschutz äußerte. Bereits seine Grundannahme, Teilprozesse seien meist entlehnt oder einfach übertragen, ließ außer acht, dass es hier um den Schutz von Teilen mit Erfindungsqualität ging. Sein Schluss, der Teileschutz führe zu Belästigungen der Technik und einer Häufung von Streitfällen, stand ohne Gründe im Raum.411 Hartig selbst hatte erkannt, dass nach seiner Lehre der KombinationsHartig, S. 163 f. Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324, 326, stellte 1892 die spitze Frage, ob eine erschöpfende Darstellung aller Einzelpatentrechte im Zeitpunkt der Patentanmeldung möglich sei. 409 Kohler, GRUR 1912, S. 161, 163. 410 Kohler, GRUR 1912, S. 161, 162. 411 Kohler, GRUR 1912, S. 161, 164. Ders., ZgR 2 (1893), S. 314, 316, führte aus, dass der herangezogene Pinselstrich-Vergleich einer Prüfung nicht standhalte. Hartig selbst hatte 407 408

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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erfinder seine erfinderischen Elemente anderen „ohne Entschädigung“ überlassen müsse. Ganz wohl schien ihm dabei nicht zu sein, so dass er noch im selben Satz einen Ausgleich vorschlug: Jeder Erfinder dürfe auch frühere Erfindungen als Grundlage für seine Tätigkeit frei in Anspruch nehmen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Gebrauch älterer Erfindungen nur frei war, wenn sie nicht mehr geschützt waren. Schwerer wiegt aber, dass zwischen der Nutzung von Allgemeinfreiem und der Preisgabe von erfinderischen Einzelteilen kein logischer Zusammenhang ersichtlich ist, aus dem sich ein Ausgleich oder gar dessen Angemessenheit begründen ließe. Das PA machte sich die Hartigsche Lehre aus zwei Gründen zueigen: Es befürchtete, durch die Erstreckung des Schutzbereichs die Industrie zu sehr zu belästigen, und es wollte vermeiden, neben der Gesamtkombination auch noch die Einzelteile auf ihre Patentfähigkeit hin untersuchen zu müssen.412 Gleichwohl wich das PA von dem Hartigschen Einheitlichkeitsbegriff in engen Grenzen ab: Es erachtete für zulässig, im Hauptanspruch eine Erfindung und daneben Kombinationen dieser Einzelerfindung mit anderen Elementen aufzuführen. Das setzte voraus, dass die im Hauptanspruch beschriebene Erfindung selbständig patentierbar, insbesondere gewerblich verwertbar war und, aus Gründen der Einheitlichkeit, in jedem Anspruch vorkam. Andernfalls erteilte das PA bis 1912 ein Patent ausschließlich auf die Kombination, die allein es prüfte.413

(2) Die Entscheidung vom 13. 4. 1885 Wollten Gerichte entgegen der Ansicht des PA den begehrten Teileschutz gewähren, mussten sie im Verletzungsprozess die Prüfung der Einzelerfindung auf ihre Patentfähigkeit nachholen. Erstmals am 13. 4. 1885 hatte der 1. Strafsenat Gelegenheit, sich zum Schutzbereich eines kombinierten Verfahrens zu äußern:414 Patentiert waren zwei nacheinander durchzuführende Verfahren mit dem gemeinsamen Endzweck, einen Farbstoff herzustellen. Jedem war ein eigener Patentanspruch gewidmet. Die Angeklagten wendeten vollständig nur das zweite Verfahren an. Trotz des gemeinsamen Zwecks sahen Berufungsgericht und RG eine Mehrheit von Verfahren und nicht ein Gesamtverfahren als geschützt an. An einer Patentverletzung war daher nicht zu zweifeln: Die Zusammenfassung in Einem Patent hatte, wenngleich der Endzweck der Mehrheit der in Frage kommenden chemisch-technischen Verfahren ein gemeinschaftlicher ist, nicht die Bedeutung, den Schutz nur dann zu gewähren, wenn in allen einzelnen Abschnitten des darauf hingewiesen, dass Urheberrechtsgesetze auch eine teilweise Nachahmung verfolgten, das PatG hingegen nicht, Hartig, S. 209 f. 412 Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324, 325 f. 413 Vgl. erst die Entscheidung des PA v. 16. 12. 1912, PMZBl. 1912 (XVIII), S. 322 f.; Fn. 420 dieses 3. Abschnitts. 414 RG v. 13. 4. 1885 (1 D 424 / 85).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

gesammten Verfahrens das Patent verletzt wurde, insbesondere nicht die Bedeutung, den Schutz für das auf Patentanspruch 2 bezügliche Verfahren ( . . . ) nur dann eintreten zu lassen, wenn auch eine Verletzung des auf Patentanspruch 1 bezüglichen Verfahrens eingetreten.415

Die Aufteilung in zwei Patentansprüche machte es dem RG leicht, jedes Verfahren einzeln zu schützen. Gleichwohl handelte es sich wegen des gemeinsamen Zwecks tatsächlich um ein Gesamtverfahren mit zwei erfinderischen Abschnitten. Das PA hatte die beiden Einzelerfindungen als Hauptansprüche formuliert und ihre Zusammenfassung in einem Patent wohl zugestanden, weil der gemeinschaftliche Zweck hinreichende Einheitlichkeit gewährleistete. De facto lag in der Entscheidung ein Teileschutz, allein die ausdrücklich einzeln aufgestellten Patentansprüche verhinderten eine solche Betrachtung.

(3) Die grundlegende Entscheidung vom 18. 1. 1890 Eine wirkliche Erstreckung des Schutzbereichs auf Kombinationsteile behandelte das RG erstmals in der Hirsepolirmaschinen-Entscheidung vom 18. 1. 1890, in der allein es auch den Begriff des „Totalitätspatents“ verwendete.416 Patentiert war dem Kläger eine „Hirsepolirmaschine“, welche durch verschiedene Merkmale gekennzeichnet war; unter anderem enthielt sie Schlagleisten, die mit Leder oder Gummi überzogen waren. Nur in diesem Konstruktionsteil stimmten die von den beklagten Müllern benutzten Hirsepoliermaschinen mit der klägerischen überein. Das RG verwies zunächst auf seine ständige Rechtsprechung, dass eine Patentverletzung nicht mit Hinweis auf die Unterschiede abgelehnt werden könne, und fügte hinzu: Auch wenn eine Gesammtkonstruktion oder ein Gesammtverfahren patentirt ist, kann in der Nachahmung einzelner Theile des patentirten Verfahrens oder der patentirten Maschine eine Patentverletzung liegen.417

Aus diesem Satz allein ging der neue Gedanke, den das RG entwickelte, noch nicht hervor: Schon früher entschiedenen Fällen zufolge war die „Nachahmung einzelner Theile“ geeignet, das Patent zu verletzen, sofern damit das Wesen der Gesamtkombination benutzt wurde. Dass das RG hier tatsächlich den Schutz einzelner Teile meinte, verdeutlichten die folgenden Ausführungen, die es auf ein in der Sache eingereichtes Gutachten Kohlers stützte: Hat der Erfinder eine neue Maschine dargestellt, welche zwar durch das zweckmäßige Zusammenwirken einer Zahl einzelner Theile den erstrebten Gesammterfolg herbeiführt, aber an diesen einzelnen Theilen zeigen sich gegenüber den bis dahin bekannten Konstruktionstheilen erhebliche Verbesserungen, so darf ihm der Patentschutz für den einzelnen 415 416 417

RG v. 13. 4. 1885 (1 D 424 / 85). RG v. 18. 1. 1890 (I 314 / 89) – Hirsepolirmaschine. RG v. 18. 1. 1890 (I 314 / 89) – Hirsepolirmaschine.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

255

Theil nicht um deswillen entzogen werden, weil sich der Erfinder nicht auf diese Verbesserung eines einzelnen Theils eingeschränkt hat. Man darf auch nicht fordern, daß der Erfinder bei der Patentnachsuchung dies zum Ausdruck zu bringen habe, daß und welche einzelnen Theile er neben der Gesammtkonstruktion für sich patentirt haben wolle. Bei zusammengesetzten Maschinen würde solche Forderung zu den monströsesten Patentansprüchen führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das Patent der Gesammtkonstruktion auch die einzelnen Theile deckt, soweit dieselben für sich als neue Erfindungen anzuerkennen sind.418

Ausdrücklich erwähnte das RG den „Patentschutz für den einzelnen Theil“. Voraussetzung war, dass das Einzelteil selbst „erhebliche Verbesserungen“ aufwies oder, wie es der zweite Absatz des Zitats näher bestimmte, eine „neue Erfindung“ war. Von zentraler Bedeutung war die Feststellung, dass dem Patentanmelder nicht zuzumuten sei, bereits bei der Anmeldung zum Ausdruck zu bringen, welche Teile er neben der Gesamtkombination schützen lassen wolle. Zum einen lag hierin eine erhebliche Entlastung des Patentanmelders, der für neue Einzelteile nicht mehr jeweils eigene Patentansprüche formulieren musste. Zum anderen erteilte das RG der Hartigschen Lehre eine deutliche Absage.419 Das Ergebnis der vom RG in den Irrealis gesetzten patentamtlichen Erteilungspraxis stellte es als nicht erstrebenswert, sogar als ungeheuerlich dar: die „monströsesten Patentansprüche“. Deren Erarbeitung konnte nicht im Sinne des PA und des Anmelders sein, noch diente sie der Allgemeinheit. Hartigs Theorie von vollkommenen und erschöpfenden Patentansprüchen hatte sich als häufig nicht durchführbare Idealvorstellung erwiesen. Jedenfalls aber bedeutete sie einen gesteigerten Prüfungsaufwand, längere Erteilungsverfahren und weniger übersichtliche Ansprüche.420 Die Hirsepolirmaschinen-Entscheidung fügte sich in die neuere AuslegungsRechtsprechung des Senats ein: Zum Zweck einer ausdehnenden Auslegung ermittelte das RG nicht mehr nur den erkennbaren Willen des PA.421 Mit der Begründung des Einzelteilschutzes stellte sich das RG sogar dem erkennbaren und erklärten Willen des PA entgegen. Neben der Gesamtkombination konnten Einzelteile, die neue Erfindungen waren, geschützt sein. Das RG setzte nicht einmal voraus, dass die Teilerfindungen notwendig für das Zusammenwirken der Kombination waren; geschützt waren alle neuen Teilerfindungen, die „zweckmäßig“ zusammenwirkten.422 Im entschiedenen Fall gewährte das RG dem Kläger gleichwohl keinen RG v. 18. 1. 1890 (I 314 / 89) – Hirsepolirmaschine. Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324, 325. 420 Kohler, GRUR 1912, S. 161, 163, erkannte darin „Anforderungen, die meistens nicht zu erfüllen sind“. Das PA selbst hat seine Ansicht erst 1912 geändert: „Im allgemeinen wird davon auszugehen sein, daß ( . . . ) die Gerichte es sind, die über den Teilschutz zu befinden haben, da erst der Verletzungsfall den Tatbestand der Teilverletzung schafft. Diese Regelung trägt im allgmeinen auch dem praktischen Bedürfnis Rechnung, da der Anmelder zur Zeit der Anmeldung meist noch gar nicht wissen und angeben kann, ob und welche Einzelteile Gegenstand einer Verletzung seines Patentes werden können“, PA v. 16. 12. 1912, PMZBl. 1912 (XVIII), S. 322. 421 Siehe S. 214 ff. 418 419

256

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Schutz: Es erkannte zwar die Bekleidung der Schlagleisten mit weichem Material als neu an, sprach ihr aber eine Erfindungsqualität ab.

(4) Die weiteren Entscheidungen und die Grenzen des Teileschutzes Schon fünf Monate später bestätigte das RG den Elementeschutz auch in einem Nichtigkeitsverfahren, nachdem es die vormals in einzelnen Patentansprüchen formulierten Verfahrensabschnitte des Gesamtverfahrens in einem Anspruch zusammengefasst hatte.423 Nicht immer trennte das RG deutlich zwischen dem Schutz der Gesamtkombination und dem Teileschutz, wie aus einer Formulierung des 2. Strafsenats vom 29. 3. 1892 hervorging: Erstreckt sich die Nachbildung auch nur auf Einen Bestandtheil der Maschine, welcher bei Ertheilung des Patentes als Gegenstand einer neuen Erfindung anerkannt ist und daher ein charakteristisches Merkmal der patentirten Erfindung darstellt, so kommt es für den objektiven Thatbestand der Patentrechtsverletzung nicht darauf an, ob in anderen Theilen der Konstruktion der Maschine Uebereinstimmung obwaltet oder nicht (vergleiche das angeführte Urtheil vom 9. April 1884).424

Der Senat schien hier zunächst einen „Bestandtheil“ mit einer „neuen Erfindung“, also vermeintlich ein Element schützen zu wollen. Der selbständige Teileschutz setzte aber nicht voraus, dass das erfinderische Element zugleich „charakteristisches Merkmal“ der Kombination sei. Dieses und der Verweis auf die Entscheidung vom 9. 4. 1884 verdeutlichten, dass der Strafsenat hier den Schutz der Gesamtkombination meinte.425 Im Übrigen diente das Urteil vom 18. 1. 1890, welches den Elementeschutz begründet hatte, wiederholt als Vorbild für weitere Entscheidungen.426 Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324, 327. RG v. 28. 6. 1890 (I 89 / 90). Vgl. ferner RG v. 19. 10. 1895 (I 352 / 95). 424 RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92). 425 Wurden Teile der Kombination weggelassen, konnte die Nachahmung eines einzigen Elements dennoch das Kombinationspatent verletzen, wenn es das charakteristische war; dass das Einzelteil hierfür neu sei, hatte das RG auch in seinem Urteil von 1884 nicht verlangt, siehe Fn. 379 dieses 3. Abschnitts. Ebenso ungenau wie RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92) waren RG v. 19. 11. 1890 (I 205 / 90); RG v. 13. 7. 1892 (I 151 / 92) und RG v. 30. 1. 1901 (I 347 / 00): „Der Schutz ( . . . ) erstreckt sich nicht nur auf den Gegenstand in seiner Totalität ( . . . ), sondern auch auf die einzelnen Bestandtheile der Anlage, sofern sie neu und für den Gesammteffekt wesentlich sind.“ Später in dieser Entscheidung erwähnte das RG ausdrücklich, dass es sich um einen Fall der Äquivalenz handelte. 426 RG v. 21. 9. 1892 (I 185 / 92) – Carpenter-Bremsen; RG v. 19. 12. 1892 (I 295 / 92); RG v. 9. 12. 1893 (I 253 / 93); RG v. 7. 12. 1898 (I 319 / 98); RG v. 25. 1. 1899 (I 426 / 98): „Das Kombinationspatent schützt regelmäßig nur die Gesammtanordnung als solche, nicht die einzelnen Bestandtheile derselben, noch Verbindungen mehrerer derselben, wenn ihnen wesentliche Merkmale der Gesammtanordnung fehlen. Ausnahmen sind nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu machen, wenn die einzelnen Bestandtheile selbst neu sind und sich in diesen ein eigener, nicht bereits durch ein anderes Patent geschützter Erfindungs422 423

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

257

Der Schutz von Teilen einer Kombinationserfindung fand in der Literatur Zustimmung.427 Unklar war nach der Entscheidung von 1890 noch, ob das Einzelteil einer patentierten Kombination denselben vollumfänglichen Schutz genoss, der ihm zuteil würde, wenn es selbständig patentiert wäre. Das RG hatte diese Frage nicht beantworten müssen. Einen Anhaltspunkt lieferte die oben erwähnte Folgeentscheidung vom 28. 6. 1890: Es ist zunächst völlig selbstverständlich, daß die örtlich und zeitlich getrennte Darstellung der Sulfosäuren nach dem Abschnitt 1 des patentirten Verfahrens, soweit sie zu dem Zweck erfolgt, daß sich daran ein Verfahren nach dem Abschnitt 2 anschließen soll, um die Binitrosulfosäure des Alphanaphtols zu gewinnen, eine Patentverletzung darstellen würde.428

Aus der Wendung „soweit sie zu dem Zweck erfolgt, daß sich daran ein Verfahren nach dem Abschnitt 2 anschließen soll“, schloss Schanze auf eine Beschränkung des Teileschutzes.429 Dieser gelte „nur im Rahmen der Kombinationswirkung“: Das Teilverfahren werde nur geschützt, wenn der „gewonnene Zwischenstoff ( . . . ) zur Erzielung eines Endproduktes verwendet wird, das mit dem des patentierten Gesamtverfahrens übereinstimmt.“ Schanze wollte das Teilverfahren nicht schutzlos lassen, auf der anderen Seite aber auch nicht vollumfänglich schützen, als sei es eigens patentiert.430 Dem widersprach Kohler:431 Nach allgemeinen Grundsätzen sei eine Erfindung für alle Brauchbarkeiten geschützt, wenn zumindest eine Brauchbarkeit erkannt sei, da der Patentschutz nicht an bestimmte Zwecke gebunden sei. Ein Teilverfahren genieße also auch in anderen Kombinationen Schutz. Für Klarheit über Umfang und Grenzen des Teileschutzes sorgte erst eine Entscheidung vom 7. 10. 1908.432 Geschützt war den Klägerinnen die Gesamtkonsgedanke kund giebt.“; RG v. 15. 5. 1901 (I 104 / 01); RG v. 30. 12. 1903 (I 341 / 03); RG v. 24. 2. 1904 (I 445 / 03); RG v. 2. 7. 1904 (I 151 / 03); RG v. 27. 10. 1905 (II 88 / 05); RG v. 7. 2. 1912 (I 11 / 11); RG v. 5. 12. 1908 (I 687 / 07); RG v. 30. 12. 1908 (I 685 / 07); RG v. 4. 11. 1912 (I 422 / 11); RG v. 2. 12. 1912 (I 78 / 12); RG v. 18. 12. 1913 (1 D 870 / 13). 427 Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881 ff; Kohler, ZgR 2 (1893), S. 314 ff.; ders., AbR 1911 (XXXVI. Bd.), S. 11 ff.; Schanze, MuW 1910 / 11 (X), S. 73 ff.; ders., Gruchot 57, S. 386 ff.; Wirth, ZgR 1 (1892), S. 324 ff. 428 RG v. 28. 6. 1890 (I 89 / 90). 429 Schanze, MuW 1910 / 11 (X), S. 73, 74; ebenso Robolski (1901), S. 25: Über den Schutz von neuen und patentfähigen Erfindungen habe das PA ausschließlich zu befinden. Ein Patentschutz außerhalb der Kombination könne nur bei gesonderter Beantragung und Erteilung gewährt werden. Allerdings könne der Umstand, dass ein Teil neu war, ein Anzeichen dafür sein, dass sein Schutz begehrt und bewilligt sei. 430 Schanze, MuW 1910 / 11 (X), S. 73, 77 f., glaubte, seine Meinung auch auf die JononEntscheidung des RG v. 16. 10. 1900 (I 169 / 00) – Jonon stützen zu können; zum Sachverhalt siehe S. 199 f. Seine Argumentation schien allerdings nicht hinreichend zwischen dem Schutz der Gesamtkombination und dem Teileschutz zu trennen. 431 Kohler, ZgR 2 (1893), S. 314, 317 ff. Ebenso Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881, 890, der die Entscheidung für nicht repräsentativ hielt – sie habe allgemeinen Widerspruch erfahren. 432 RG v. 7. 10. 1908 (I 425 / 07).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

truktion einer Lafette, „mittels welcher die Aufgabe des vollständigen Panzerschutzes für den Bremsorganismus und die Gleitflächen an einer offenen Wiege gelöst worden sei.“ Die Beklagte stellte Geschütze her, deren geschlossene Wiege gepanzert war. Nachdem das RG dargelegt hatte, dass eine Nachbildung der Gesamtkombination nicht gegeben sei, wandte es sich dem Einzelteilschutz zu: Ein besonderer Schutz des einzelnen Kombinationselements läßt sich aus dem Kombinationspatente nicht schon dann ableiten, wenn das Element zur Zeit der Patentanmeldung neu war – ( . . . ) – sondern es gehört dazu auch, daß dem Element eigene erfinderische Bedeutung zukomme. ( . . . ) Selbst bei Unterstellung eines besonderen Patentschutzes würden die Schutzplatten l3 (scil. des Patents) doch nicht als solche geschützt sein, sondern nur in der Bedeutung, die sie im Hinblick auf die Kombinationserfindung haben, deren Elemente sie sind „nur insoweit die Kombinationswirkung durch sie erzielt wird“ (Kent, Patentrecht, zu § 4 Nr. 233). Schon oben ist aber ausgeführt worden, daß die Schutzbleche L der Beklagten in beiden Formen der Ausführung nicht als äquivalenter Ersatz der Schutzplatten l3 in deren funktioneller Bedeutung für die Kombinationswirkung können angesehen werden.433

Der Teileschutz des Kombinationspatents bedeutete nicht, dass neue und erfinderische Einzelteile „als solche geschützt“ waren. Ausdrücklich beschränkte das RG den Schutz auf die Verwendung der Einzelteile „in der Bedeutung, die sie im Hinblick auf die Kombinationserfindung haben“. Die Schutzplatten l3 des Patents sorgten für eine vollständige Panzerung. Ein Panzerschutz war auch dem Schutzblech L der Beklagten nicht abzusprechen. Hingegen bot es nicht den vollständigen Schutz, der dem Wesen der patentierten Konstruktion entsprach. Ihm fehlte eine äquivalente funktionelle Bedeutung für die Kombinationswirkung.434 Wenig später, am 30. 12. 1908, bekräftigte das RG seine Beschränkung des Teileschutzes auf die Verwendung in der gleichen funktionellen Bedeutung.435 Der Klägerin war eine „Seilklemme für Hängebahnwagen“ patentiert. Patentanspruch 4 schützte „bei der im Anspruch 1 gekennzeichneten Seilklemme die Anordnung von 2 auf beiden Seiten des Laufwerkes am Gleitkörper (B) angebrachten, zum Aus- und Einkuppeln dienenden Laufringen“. Die Beklagte beabsichtigte, „Drahtseilbahnwagen mit selbsttätiger Seilklemmvorrichtung“ bauen zu lassen. Unstreitig sollte ihre Konstruktion Laufringe enthalten. Sie war der Ansicht, die Laufringe seien der Klägerin nicht unabhängig von der im Anspruch 1 gekennzeichneten Seilklemme geschützt. Das RG legte zunächst unter Verweis auf seine Rechtsprechung dar, dass neue und erfinderische Kombinationselemente selbständigen Schutz genössen, und ergänzte: RG v. 7. 10. 1908 (I 425 / 07). Ähnliches deutete bereits die Entscheidung des RG v. 7. 11. 1906 (I 146 / 06) an: Der Beklagte verwendete ein Element „zu dem gleichen technischen Zweck ( . . . ), zu dem die entsprechenden Vorrichtungen in der Kombination des Patents dienen sollen.“ 435 RG v. 30. 12. 1908 (I 685 / 07). Kohler, AbR 1911 (XXXVI. Bd.), S. 11, 16 f.; Schanze, Gruchot 57, S. 386, 403 f. 433 434

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Nun gilt allerdings für diesen Schutz der Satz, daß das Einzelelement nicht für alle Verwendungszwecke geschützt ist, sondern nur soweit dadurch die Kombinationswirkung erzielt wird ( . . . ). Es ist aber klar, daß man dies, wenn nicht die Selbständigkeit des Schutzes jeden Inhalt verlieren soll, nicht in dem Sinne verstehen darf, daß doch nur wieder die Verwendung des Einzelelements in der identischen oder einer wesensgleichen Kombination geschützt sei. Vielmehr muß es genügen, daß das Einzelelement in der gleichen funktionellen Bedeutung benutzt wird, die ihm in der Kombination zukommt.436

Für den entschiedenen Fall bedeutete das, dass der Patentschutz ausgedehnt wurde auf die Verwendung der Laufringe bei anderen Seilklemmen, wenn die Laufringe dabei „ebenso bedeutsam und vorteilhaft sind, wie bei der Seilklemme des Anspruchs 1.“ Wie bei dieser dienten die Laufringe der Beklagten dazu, das Wagengewicht für den Klemmschluss zu verwerten. Sie übten die gleiche Wirkung aus wie in der Kombination, besaßen daher die gleiche funktionelle Bedeutung.437 Mit dieser Voraussetzung berücksichtigte das RG den Unterschied zwischen der eigenen Patentierung einer Teilerfindung und dem Schutz derselben im Rahmen des Kombinationspatents.

d) Der Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten Eine besondere Ausweitung des Schutzbereichs kam bei Verfahrenserfindungen in Betracht. Mittels Verfahren konnten unkörperliche Erfolge herbeigeführt oder körperliche Produkte hergestellt werden. Die nach einem Verfahren hergestellten Produkte waren die „Erzeugnisse“ dieses Verfahrens. Es fragte sich, ob und ggf. in welchem Umfang der Schutzbereich eines Patents auf ein Herstellungsverfahren438 RG v. 30. 12. 1908 (I 685 / 07). Tatsächlich beendete das RG seine Ausführungen damit, dass der Patentanspruch 4 nicht als Kombinationsanspruch, sondern als Unteranspruch gefasst sei, und dass den Laufringen schon daher ein eigenständiger Schutz zukomme. An der Geltung der zum Teileschutz aufgestellten Sätze änderte das aber nichts. Für den Patentinhaber hatte die Formulierung in einem Unteranspruch den Vorteil, dass im Verletzungsprozess nicht nachgewiesen werden musste, dass das Element neu und erfinderisch war, vor allem aber, dass im Nichtigkeitsverfahren bei fehlender Patentfähigkeit der Kombination immer noch eine Beschränkung auf die im Unteranspruch formulierte Teilerfindung möglich war, Isay, LZ 1910 (IV), Sp. 881, 892. 438 Grundvoraussetzung eines Erzeugnisschutzes war ein Verfahrenspatent, durch welches körperliche Sachen geschaffen wurden. Deutlich wurde das in der Entscheidung des RG v. 15. 10. 1912 (2 D 474 / 12) – Imprägnierte Treibriemen: Die imprägnierten Treibriemen waren keine Erzeugnisse des Imprägnierverfahrens, dieses brachte keine körperlichen Sachen hervor. Das RG bildete einen Parallelfall: „Niemand wird beispielsweise von demjenigen, dem ein Polierverfahren geschützt ist und dessen Tätigkeit sich darauf beschränkt, unter Anwendung dieses Verfahrens Tische zu polieren, sagen wollen, er habe die Tische hergestellt. Schon der Sprachgebrauch hindert eine solche Benennung. Ein Tisch, der poliert worden ist, ist nicht durch das Polieren hergestellt, ist also auch nicht ein unmittelbares Erzeugnis des Polierverfahrens.“ Isay, Mitt. 1913, S. 105, 107, hielt diesen Schutz für nicht ausreichend, weil dadurch Bearbeitungs- und Veredelungsverfahren eines wirksamen Schutzes beraubt würden. Es fiel nicht immer leicht festzustellen, ob ein Verfahren oder eine Vorrichtung 436 437

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

die Erzeugnisse umfasste, ob Dritte nicht nur das Verfahren, sondern auch die Erzeugnisse nicht gebrauchen, vertreiben oder – auf welchem Weg auch immer – herstellen durften. Das PatG 1877 lieferte auf diese Frage keine eindeutige Antwort, obwohl der Gesetzgeber Nachteile und Vorzüge eines Erzeugnisschutzes frühzeitig erkannt hatte. Ein warnendes Beispiel war ihm die Geschichte des französischen Fuchsin-Patents: Dieses schützte nicht nur das Verfahren zur Herstellung des Fuchsins,439 sondern – einem aufsehenerregenden Urteil zufolge – auch den chemischen Stoff selbst. Niemand in Frankreich durfte ohne Erlaubnis des Patentinhabers Fuchsin herstellen oder verkaufen. Der vollumfängliche Erzeugnisschutz hatte alle anderen Herstellungsmethoden blockiert und die französische Chemieindustrie empfindlich gelähmt. Aus Furcht, ein neues Patentrecht entfalte in Deutschland ähnliche Sperrwirkungen, richtete die Deutsche Chemische Gesellschaft unter Berufung auf namhafte Persönlichkeiten 1877 eine Petition an den Reichstag.440 Das Ergebnis war die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2, nach der chemisch hergestellte Stoffe selbst nicht patentfähig waren.441 Ein eigenes Patent konnte nur auf das jeweilige Herstellungsverfahren erlangt werden. Die anfänglich patentfeindliche Haltung der chemischen Industrie erwies sich als Bumerang. Die fehlende Patentierbarkeit von chemischen Stoffen führte zu dem Mißstand, dass die in Deutschland patentierten Verfahren im patentfreien Ausland angewendet und ihre Erzeugnisse eingeführt wurden, namentlich von der Schweiz aus.442 Bereits auf dem Baden-Badener Chemischen Patentkongress von 1879 erörterten die Teilnehmer mögliche Auslegungen des PatG in Hinsicht auf einen Erzeugnisschutz chemischer Verfahrenspatente.443 Für Unklarheit444 sorgte der Wortlaut des § 4 Abs. 2:

patentiert war, vgl. S. 309 f. Eine neue Vorrichtung konnte auch der Anwendung eines neuen Verfahrens dienen, das nicht notwendig eigens mitgeschützt war. 439 1858 entdeckten August Wilhelm Hofmann in London und Emanuel Verguin in Lyon gleichzeitig und unabhängig voneinander einen roten Farbstoff, der in Anlehnung an die Zierpflanze Fuchsin genannt wurde; Fuchsin wurde seit 1859 in Basel und seit 1861 in Deutschland hergestellt, hier von der Vorgängerin der BASF, Teltschik, S. 8. 440 v. Kreisler, GRUR 1951, S. 534; Beil, GRUR 1977, S. 289. 441 RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau; Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 7 ff. § 1 Abs. 1: „Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, ( . . . ).“ Abs. 2: „Ausgenommen sind: 1. ( . . . ); 2. Erfindungen von ( . . . ) Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.“ 442 Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 16. 443 VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 370; Zimmermann, S. 34 ff. Der Gesetzgeber hingegen erkannte trotz Anregung keine „Undeutlichkeit“, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 13. 444 Schon die Petition war nicht deutlich ausgedrückt; da die Materie für die meisten Mitglieder des Reichstags neu war, setzte sich die Unklarheit im Gesetzestext fort, Zimmermann, S. 37.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand der Erfindung, so hat das Patent außerdem die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu gebrauchen.

Die Wendung „Gegenstand der Erfindung“ kam in dieser Vorschrift zweimal vor: Beim ersten Mal war sie als Oberbegriff zu den privilegierten Gebrauchsgegenständen gemeint, welche Abs. 2 eingangs aufzählte.445 Mißverständlich war die Wiederholung a.E. des Absatzes: Entweder bezog sie sich ebenfalls zusammenfassend auf die privilegierten Gegenstände mit Ausnahme des „Verfahren[s]“, weil diese „gebraucht“ und nicht wie das Verfahren „angewendet“ wurden; oder der „Gegenstand der Erfindung“ a.E. ergänzte ausdrücklich den Anwendungsschutz des Verfahrens um ein Gebrauchsrecht für bestimmte Gegenstände, z. B. Verfahrenserzeugnisse. Die zweite Auslegung erhellte, wenn die Vorschrift ohne die Worte „eine Maschine ( . . . ) oder ein sonstiges Arbeitsgeräth“ gelesen wurde. Gegen diese Auslegung sprach, dass sich der Satz nicht auch umgekehrt, unter Auslassung von „ein Verfahren“, lesen ließ und der „Gegenstand der Erfindung“ innerhalb eines Absatzes zwei verschiedene Bedeutungen hätte. Die Ablehnung eines Erzeugnisschutzes liefe gleichwohl dem Gesetzeszweck zuwider, die heimische Industrie zu fördern:446 Ausländische Produzenten konnten aus der Offenbarung eines neuen Verfahrens Nutzen ziehen, es im Ausland anwenden und die Erzeugnisse nach Deutschland einführen, während ein Wettbewerb der inländischen Fabrikation durch das Verfahrenspatent ausgeschlossen war. Bei der unklaren Rechtslage nahmen die Importe von Erzeugnissen stetig zu. Auf eine Petition des VcID äußerte sich das Reichskanzleramt 1886 in einem Rundschreiben an die Regierungen zum Erzeugnisschutz:447 Der nach einem patentierten Verfahren hergestellte chemische Stoff sei vom Schutz erfasst. Um Sicherheit zu haben, suchte die chemische Industrie eine klare höchstrichterliche Entscheidung der Frage.448

aa) Die Methylenblau-Entscheidung vom 14. 3. 1888 Am 14. 3. 1888 erging die erstrebte reichsgerichtliche Entscheidung.449 Ihr war Folgendes vorausgegangen: Gestützt auf ihr Methylenblau-Patent450 hatte die 445 Das waren „ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth“. 446 Siehe S. 54. 447 Die chemische Industrie forderte seit 1879 eine Gesetzesänderung, VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 398; v. Kreisler, GRUR 1951, S. 534, 536. 448 VcID, Die chemische Industrie 1879, S. 370, 398 ff. 449 RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. Die weitgehend unbekannt gebliebene Entscheidung des RG v. 27. 5. 1884 (4 D - / 84), auf die Flesche, S. 12 ff., verweist, behandelte nicht den Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

BASF einen Prozess gegen die schweizerische offene Handelsgesellschaft Johann Rudolph Geigy angestrengt. Die Beklagte stellte in Basel Methylenblau her und vertrieb es über ihr Leipziger Auslieferungslager. Wegen der Territorialität des Patentrechts451 hielt sie sich dazu für berechtigt, selbst wenn das Gericht die von ihr bestrittene Anwendung des klägerischen Verfahrens unterstelle:452 Sie dürfe das Verfahren im Ausland anwenden und die so erlaubterweise hergestellten Produkte nach Deutschland einführen. Zudem berief sie sich auf § 1 Abs. 2 Nr. 2: Geschützt sei nur das Herstellungsverfahren, nicht aber das Methylenblau. Die in § 4 geregelten Wirkungen des Patents bezögen sich nur auf den i.S.d. § 1 zulässigen, geschützten Gegenstand. Das landgerichtliche Urteil war der klägerischen Annahme einer Patentverletzung gefolgt. § 4 drücke sich ungeschickt aus, nur das Erzeugnis eines Verfahrens lasse sich herstellen, in Verkehr bringen und feilhalten. Zwar sei der chemische Stoff als solcher nicht patentierbar. § 1 Abs. 2 Nr. 2 besage aber weder, dass „nur das Verfahren ( . . . ) patentfähig sei“, noch dass der Stoff vom Schutz ausgeschlossen sei, „soweit er durch dieses bestimmte Verfahren hergestellt“ ist. Verfahren und Produkt habe man sich „untrennbar“ zu denken.453 In der Berufungsentscheidung hatte das Königlich Sächsische OLG Dresden die gegenteilige Auffassung vertreten und das erstinstanzliche Urteil aufgehoben. Die klägerische Auslegung des § 4 trage „Unterscheidungen in das Gesetz hinein, für welche dieses keinen Anhalt biete.“ „Gegenstand der Erfindung“ i.S.d. § 4 Abs. 1 könne nicht bei einem Stoffpatent der Stoff und bei einem Verfahrenspatent statt des Verfahrens das Erzeugnis sein. Die doppelte Negation in § 1 schließe die Patentfähigkeit chemischer Stoffe aus.454 Gegen das Berufungsurteil legte die BASF Revision ein und brachte die Frage des Erzeugnisschutzes vor das RG. Dieses traf am 14. 3. 1888 seine vielzitierte Methylenblau-Entscheidung: Es gehe um den Umfang des Schutzes, den das Verfahrenspatent gegenüber dem gutgläubigen Verkehr mit den Erzeugnissen gewäh450 Erstmals 1877 gelang es Heinrich Caro, den Farbstoff Methylenblau synthetisch herzustellen. Das darauf erteilte Patent war das erste der BASF, Teltschik, S. 14. 451 Zum Territorialitätsgrundsatz siehe S. 293 ff. 452 Für die vom RG hier grundsätzlich entschiedene Frage nach einem Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten ist das Bestreiten der Beklagten, das klägerische Verfahren zur Herstellung des Methylenblau angewendet zu haben, zunächst ohne Bedeutung. Dieses betraf vielmehr die bereits auf den S. 152 ff. behandelte, mit dem Erzeugnisschutz zusammenhängende Beweisfrage, welche später § 35 Abs. 2 n.F. regelte. 453 Zur Begründung hatte das LG auf die dargestellte Entstehungsgeschichte, die Petition der chemischen Gesellschaft und die ratio legis verwiesen. Zu lesen sei danach § 1 Abs. 2 Nr. 2 wie folgt: „Patente werden erteilt für Erfindungen von chemischen Stoffen, soweit die Erfindungen ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.“ 454 Das OLG führte an, dass die Reichstagskommission chemische Stoffe wie Arznei- und Genußstoffe vom Patentschutz habe ausschließen wollen. Die ausländische Anwendung der Verfahren und die Möglichkeit, die Erzeugnisse zu bestellen, sei erkannt worden, ohne dass für diesen Fall ein Schutz vorgesehen sei.

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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re. Unerheblich sei dafür, ob patentwidrig im Inland hergestellte Erzeugnisse gutgläubig oder im Ausland hergestellte Erzeugnisse gut- oder bösgläubig in Deutschland benutzt werden. Es gehe nicht um die Fortsetzung einer fremden Benutzung, sondern um einen eigenen Eingriff in den Schutzbereich. Anders als das Berufungsgericht suchte das RG die Antwort auf die Frage nach dem Erzeugnisschutz nicht in § 4: Um bei Patenten, welche Stoffe betreffen, die auf chemischem Wege hergestellt werden, den Umfang des Patentschutzes zu ermitteln, bedarf es zunächst der Feststellung, was der patentirte Gegenstand der Erfindung ist. Der § 4 sagt weder, daß in solchem Falle nur das Verfahren der Gegenstand der Erfindung sei, noch, daß der patentirte Gegenstand der Erfindung immer nur entweder eine körperliche Sache oder ein Verfahren ( . . . ) sein dürfe. Ist bei Patenten, die auf chemischem Wege hergestellte Stoffe betreffen, Gegenstand der Erfindung das bestimmte Herstellungsverfahren einschließlich des mittels desselben hergestellten Stoffes – dieser letztere als die Eigenschaft eines Sach- und Verkehrsgut habender Abschluß des Verfahrens angesehen – so treffen alle Wirkungen zu, welche § 4 wohl in Bezug auf Sachen wie auf Verfahren als Gegenstände der Erfindung enthält, selbstverständlich mit der Einschränkung, daß die für die Sache gewährte Schutzwirkung sich nur auf die durch das bestimmte Herstellungsverfahren erzeugten Stoffe bezieht. Die Entscheidung der vorliegenden Frage ist daher nicht in § 4, sondern in § 1 des Gesetzes zu suchen.455

Das RG erkannte damit an, dass Gegenstand der Erfindung auch das Verfahren einschließlich des es abschließenden Erzeugnisses sein konnte. Auf das Herstellungsverfahren trafen die in § 4 beschriebenen verfahrensbezogenen Wirkungen zu, auf die Erzeugnisse die auf körperliche Stoffe bezogenen Wirkungen. Als „selbstverständlich“ stellte das RG hin, dass der Erzeugnisschutz nur solche Stoffe umfasse, die mittels des geschützten Verfahrens hergestellt waren. Das begründete einen wesentlichen Unterschied zwischen dem durch ein Verfahrenspatent geschützten Erzeugnis und der durch ein eigenes Stoffpatent geschützten Sache: Letztere war gesichert, gleichgültig auf welche Weise sie hergestellt war. Dieser vom Herstellungsprozess unabhängige Schutz war chemischen Stoffen wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 versagt. Das RG stellte fest, dass § 1 den Schutz des Verfahrens bis hin zum Erzeugnis nicht ausschließe. Der klägerischen und landgerichtlichen Rechtfertigung durch Aufhebung der doppelten Negation in § 1 trat das RG nicht bei:456 Da nach § 1 Abs. 1 nur neue Erfindungen patentfähig seien, ließen sich infolge der Wortlautinterpretation nur neue Stoffe schützen. Für den Erzeugnisschutz komme es aber nur auf die Neuheit des Verfahrens, nicht auf die des Erzeugnisses an. Das RG ging zur Herleitung des Erzeugnisschutzes einen eigenen Weg. Der umfassende Schutz von Verfahren mitsamt Erzeugnissen ergab sich aus der Besonderheit chemischer Verfahren: Eine Herstellung von Stoffen auf chemischem Wege im Sinne des Patentgesetzes erfolgt in der Weise, daß man mehrere vorhandene Stoffe eine Verbindung eingehen läßt, vermöge 455 456

RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. Siehe Fn. 453 dieses 3. Abschnitts.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

deren ein anderer Stoff entsteht. Hierbei giebt jeder der Componenten Bestandtheile von sich für die Bildung des entstehenden Stoffes zu dauernder Gebundenheit in dem letzteren ab. Es wäre durchaus unzutreffend, von den die Verbindung eingehenden Stoffen dem einen die Bedeutung des behandelten Materials, dem anderen die des Arbeitsmittels zuweisen ( . . . ) zu wollen.457

Das chemische Herstellungsverfahren unterschied sich von anderen, insbesondere von mechanischen Verfahren: Letztere konnten ohne „besonderen Erfindungsgedanken“ leicht auf andere Materialien oder auch nur teilweise angewendet werden; eine solche Anwendung verletzte das Patent. Hingegen führte eine Anwendung eines chemischen Verfahrens an anderen Stoffen oder in nicht allen Abschnitten meist zur Herstellung gänzlich anderer Stoffe, was eine Patentverletzung ausschloss. Das RG fuhr fort: Es ist deshalb die Fassung des § 1 Absatz 2 No. 2 nur der Ausdruck für die den Stoffen, die auf chemischem Wege hergestellt werden, wie ebenso den Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln eigenthümliche Zusammengehörigkeit des Herstellungsverfahrens und des Herstellungsergebnisses. Es liegt keine Identität des Verfahrens vor, wenn das gleiche Verfahren nicht auf dasselbe Endziel gerichtet ist, und der mittels dieses Verfahrens erzeugte Stoff liegt nicht außerhalb des Gegenstandes der Erfindung, bildet vielmehr den das Verfahren patentrechtlich characterisirenden Abschluß. Das Verfahren begreift daher den mittels desselben hergestellten Stoff als zum Gegenstande der Erfindung gehörig in sich.458

Der Erzeugnisschutz fand seine Begründung also in der „Zusammengehörigkeit“ der Verfahren und ihrer Erzeugnisse. Das Erzeugnis schloss sein Herstellungsverfahren ab und kennzeichnete dieses vermittels seiner Eigenschaften.459 Das RG hatte den Erzeugnisschutz chemischer Verfahren ohne Wortlautinterpretation entwickelt und zugleich in das System des PatG eingeordnet. Auch der Entstehungsgeschichte widersprach diese Konstruktion nicht: Die Anträge der chemischen Industrie sollten nur verhindern, dass Stoffe für sich, d. h. losgelöst von ihren Herstellungsverfahren patentiert werden; dagegen befürwortete sie Anreize, andere neue Herstellungsverfahren zu erfinden. Schließlich genoss die chemische Industrie gegenüber der technischen durch den Erzeugnisschutz keine Vorzüge: Vielmehr war der Erzeugnisschutz auf Erzeugnisse beschränkt, die nach dem geschützten Verfahren hergestellt waren. Die mechanische Industrie konnte körperliche Gegenstände unter der zusätzlichen Voraussetzung ihrer Neuheit patentieren lassen, in welchem Fall sie unabhängig von ihrer Herstellungsmethode Schutz genossen.460 Außerdem hatte das RG trotz der besonderen Begründung den ErzeugRG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. 459 Umgekehrt musste ein Erzeugnis mit solch kennzeichnenden Eigenschaften nicht notwendig auch durch das gekennzeichnete Verfahren hergestellt sein, Vgl. RG v. 23. 1. 1907 (I 291 / 06): „Richtig ist, daß wenn zwei Verfahren zu einem verschiedenen Ergebnisse führen, sie nicht gleich sein können. Aber nicht umgekehrt darf aus der bloßen Übereinstimmung der Erzeugnisse auf die Gleichheit des Verfahrens geschlossen werden, da verschiedene Wege zur Erzielung des gleichen Produktes gegeben sein können.“ 457 458

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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nisschutz nicht ausdrücklich auf Erzeugnisse chemischer Verfahren beschränkt.461 Mit der Methylenblau-Entscheidung traf das RG eine sehr vorausschauende und abgewogene Regelung: Jahre vor dem Erlass des neuen Gesetzes berücksichtigte es die Änderungsvorschläge der Enquete von 1886 und empfahl zugleich einen besonderen Umgang mit den für den Patentinhaber entstehenden Beweisschwierigkeiten,462 nicht ohne dem Gesetzgeber eine „zukünftige Gesetzgebung“ nahezulegen. Vor der Gesetzesnovelle von 1891 hatte es noch zweimal Gelegenheit, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und den patentrechtlichen Erzeugnisschutz zu bekräftigen.463

bb) Der Erzeugnisschutz nach § 4 Satz 2 PatG 1891 Das neue Gesetz von 1891 hat diesen Standpunkt gutgeheißen und den Schutz des Verfahrenspatents ausdrücklich auf die unmittelbar durch das Verfahren hergestellten Erzeugnisse erweitert. In der veränderten Fassung besagte § 4 Satz 2: Ist das Patent für ein Verfahren ertheilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.

Gegenüber der Methylenblau-Entscheidung enthielt diese Vorschrift eine ausdrückliche wesentliche Einschränkung des auf Erzeugnisse erweiterten Verfahrensschutzes: Vom Schutzbereich umfasst waren nur Erzeugnisse, die „durch das Verfahren unmittelbar“ hergestellt waren. Das Unmittelbarkeitserfordernis bewahrte den gewerblichen Verkehr vor allzu weitreichenden Behinderungen.464

(1) Die Entscheidung vom 31. 3. 1897 Das verdeutlichte eine Entscheidung vom 31. 3. 1897:465 Dem Kläger war ein „Verfahren zur Herstellung von feuersicheren Eisenbalkendecken“ patentiert. Dem 460 In Entstehung und Umfang war der Erzeugnisschutz dem Stoffpatent nicht gleichzusetzen. Flesche, S. 1, bezeichnet ihn als Nebeneffekt des Verfahrenspatents. Nur das Verfahren, nicht aber das Erzeugnis musste neu sein; das hatte die wesentliche Einschränkung des Erzeugnisschutzes zur Folge, dass das Erzeugnis nach jedem anderen Verfahren hergestellt werden durfte. War auch das Erzeugnis neu, so galt zumindest nach § 35 Abs. 2 PatG 1891 die Vermutung, dass es nach dem geschützten Verfahren hergestellt war; dem Benutzer oblag dann der Beweis, ein anderes Verfahren angewendet zu haben, siehe S. 152 ff. 461 Ebensowenig hatte es Erzeugnisse mechanischer Verfahren in deren Schutzbereich einbezogen; diese Frage hatte es nicht zu entscheiden. 462 Siehe Fn. 329 des 2. Abschnitts. 463 RG v. 19. 10. 1889 (I 186 / 89), siehe S. 156 f.; RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I. 464 Isay, Mitt. 1913, S. 105. 465 RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Beklagten zu 1 gehörte ein Hausgrundstück, welches er gewerblich nutzte. Beim Bau des Hauses hatte der Beklagte zu 2 das geschützte Verfahren ohne Verschulden angewendet. Der Kläger begehrte festzustellen, dass der Beklagte zu 1 nicht berechtigt sei, die in sämtlichen Stockwerken vorhandenen Decken für seinen Gewerbebetrieb in Benutzung zu nehmen. Seine Revision wies das RG zurück und führte aus: Die Worte „auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse“ geben aber zugleich den Anhalt für die Einschränkung, die hier nothwendiger Weise Platz greifen muß, wenn der Verkehr nicht in unerträglicher Weise belästigt werden soll. ( . . . ). Gegenüber der weiteren und unbestimmteren Fassung der Reichstagsvorlage: „auf die mittels des Verfahrens hergestellten Erzeugnisse“ sind jene Worte von der Reichstags-Commission absichtlich gewählt, „um ( . . . ) den Schutz nicht zu weit auszudehnen, insbesondere um zu verhüten, daß etwa Gegenstände, die mit Stoffen zusammen verarbeitet sind, welche nach einem patentirten Verfahren hergestellt werden, auch von dem Patente erfaßt werden.“ Nur das unmittelbare Erzeugniß des Verfahrens ist noch von dem gesetzlichen Schutze gedeckt: die mit dem Erzeugnisse weiter gewonnenen Produkte aber (z. B. die Semmeln, die aus einem mittels eines patentirten Verfahrens getheilten Teige hergestellt sind) fallen ins Freie.466

Das Unmittelbarkeitserfordernis verhinderte, dass sich der Erzeugnisschutz an Wirtschaftsgütern fortsetzte, die zusammen mit geschützten Erzeugnissen verarbeitet wurden oder aus deren Weiterverarbeitung stammten. Andernfalls hätte der Patentinhaber den weiteren gewerblichen Verkehr lahmlegen können, auch wenn die Betroffenen inzwischen ganz andere, über das Erfinderische hinausgehende Erfolge verwerteten. Seine Ausführungen setzte das RG anschaulich fort: Und dasselbe wird man zu sagen haben von einem Gegenstande, der zwar für sich allein genommen ein unmittelbares Erzeugniß des geschützten Verfahrens ist, der aber nicht in diesem Zustande Gegenstand des Verkehres oder Gebrauches wird, sondern erst nach dem er zu einem unselbständigen Bestandtheile eines neuen Ganzen geworden ist. Das Recht erkennt einen Besitz an Sachen, die Bestandtheile einer anderen Sache geworden sind, nicht an, und wie für die juristische Betrachtung überhaupt Bestandtheile, solange die Verbindung dauert, keine selbständige Existenz haben, so wird dies auch hier gelten müssen. Ein Tischler, der Nägel verwendet, die unter Verletzung eines patentirten Verfahrens hergestellt sind, macht sich einer Patentverletzung schuldig. Der gewerbsmäßige Gebrauch des Schrankes aber, bei dessen Herstellung die Nägel verwendet worden sind, ist keine Patent-Verletzung mehr: und zwar aus dem doppelten Grunde, weil erstens dieser Schrank kein unmittelbares Erzeugniß des patentirten Nagel-Schmiede-Verfahrens ist, und weil man zweitens im Rechtssinne nicht sagen kann, daß wer den Schrank gebraucht (oder feil hält etc.), auch den Nagel gebraucht (oder feil halte etc.).467

Ausgeschlossen war die Unmittelbarkeit, wenn das Erzeugnis seine Selbständigkeit verlor. Zu einem „unselbständigen Bestandtheile“ wurde eine Sache allgemein 466 467

RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96).

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durch Verbindung mit einem Grundstück oder einer anderen beweglichen Sache oder durch Vermischung.468 In der Verbindung oder Vermischung lag wie in der Verarbeitung i.S.d. späteren § 950 BGB ein neues Verfahren, das dem Erzeugnis die Unmittelbarkeit zu dem geschützten Herstellungsverfahren nehmen konnte. Ein unselbständiger Bestandteil konnte weder Gegenstand eigener Rechte noch Gegenstand der patentrechtlichen Benutzung sein. Vorliegend waren die Eisenbalkendecken unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Herstellungsverfahrens. Die Verbindung mit dem Grundstück verhinderte ihre rechtliche Selbständigkeit, sie wurden zu Bestandteilen desselben. Der Beklagte zu 1 konnte nicht die Eisenbalkendecken, sondern nur sein Grundstück gebrauchen. Dieses wiederum war kein Erzeugnis des geschützten Verfahrens; er verletzte daher nicht das Patent. Die Vorstellung, der Patentinhaber verliere seinen ausschließlichen Einfluss auf ein Erzeugnis durch dessen weitere Verarbeitung, fand seine vom RG nicht ausgesprochene Parallele in dem Rechtsgedanken, der in den sachenrechtlichen Vorschriften der §§ 946 ff. BGB zum Ausdruck kam.469 Der Eigentümer einer Sache verlor ggf. sein Recht durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der Sache. Für diesen Verlust erhielt er nach § 951 BGB einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich von dem, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eingetreten war. Eines solchen Ausgleichs bedurfte der Patentinhaber nicht: Einerseits gab es niemanden, der entsprechend mit einem Ausschließlichkeitsrecht am nunmehr mittelbaren Erzeugnis begünstigt war; dieses war patentrechtlich frei. Andererseits konnte der Patentinhaber nach wie vor gegen den Hersteller des Erzeugnisses, d. h. den Anwender des geschützten Verfahrens vorgehen, und grundsätzlich auch gegen den Verarbeitenden, d. h. den Benutzer des unmittelbaren Erzeugnisses. Im vorliegenden Fall fielen Verfahrensanwendung und Erzeugnisbenutzung in der Person des Beklagten zu 2 und zeitlich zusammen. Ein Schadenersatzanspruch kam allein mangels Verschuldens nicht in Betracht. (2) Die Entscheidung vom 24. 5. 1909 und die Folgeentscheidungen Bestimmter beschrieb eine Entscheidung vom 24. 5. 1909 das Unmittelbarkeitserfordernis.470 Patentiert war in dem Fall ein Verfahren zur Herstellung von Dicalciumphosphat. Zwei Teile dieses Erzeugnisses beim Zermahlen mit einem Teil Heidemehl gemischt ergaben den „Ossal-Streugries“, der als Backstreupulver in den Handel gebracht wurde. Unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellt waren Erzeugnisse, die direkt durch das Verfahren hervorgebracht sind. Das Erzeugnis muß durch das patentierte Verfahren, ohne daß es im Anschluß daran oder daneben der Benutzung eines weiVgl. später §§ 946 ff. BGB. Das BGB war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten, aber verabschiedet und verkündet, siehe S. 104. 470 RG v. 24. 5. 1909 (3 D 201 / 09). 468 469

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

teren Hilfsmittels, insbesondere eines weiteren Verfahrens bedurfte, hergestellt sein. Dies schließt allerdings nicht aus, daß zur endgültigen Herstellung noch gewisse Maßnahmen an das Verfahren sich angeschlossen haben, die nur dazu dienen, das patentierte Verfahren weiter praktisch auszugestalten, vorausgesetzt nur, daß trotz dieser Maßnahmen das Erzeugnis noch identisch ist mit dem durch das patentierte Verfahren hergestellten. Von diesem Gesichtspunkt aus verliert das Erzeugnis auch im Falle einer Be- oder Verarbeitung oder Verbindung nicht notwendig und in allen Fällen seinen Schutz, wohl aber dann, wenn es zum unselbständigen Bestandteil einer zusammengesetzten Sache geworden ist, oder wenn es nur Rohstoff oder Halbfabrikat ist, aus dem die fertige Sache hergestellt wird, oder wenn es durch die Be- oder Verarbeitung diejenigen Eigenschaften ganz oder wesentlich wieder verloren hat, in deren Herstellung das Wesen des patentierten Verfahrens besteht.471

Ausdrücklich nannte das RG nun die „Be- oder Verarbeitung oder Verbindung“ als „weitere Verfahren“, welche die Unmittelbarkeit zwischen patentiertem Verfahren und Erzeugnis aufheben konnten. Kein „weiteres Verfahren“ lag vor, wenn „gewisse Maßnahmen“ das patentierte Verfahren nur ausgestalteten. Unmittelbarkeit setzte voraus, dass das Endprodukt noch „identisch“ mit dem Erzeugnis des ersten Verfahrens war. Gemeint war nicht eine absolute Identität aller Eigenschaften: Auch ein bearbeitetes Erzeugnis konnte ein unmittelbares sein, obwohl sich durch das Bearbeiten Eigenschaften ändern.472 Jedenfalls aber entfiel die Unmittelbarkeit, wenn entweder das Erzeugnis seine rechtliche Identität verlor und zum „unselbständigen Bestandteil“ wurde, oder es die Eigenschaften verlor, welche das Wesen seines geschützten Herstellungsverfahrens kennzeichneten. Maßgeblich war im ersteren Fall eine Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 946 ff. BGB, im letzteren die Intensität der Weiterbearbeitung. Ossal war „weder im patentrechtlichen Sinne noch nach der Auffassung des Verkehrs“ identisch mit Dicalciumphosphat und daher kein unmittelbares Erzeugnis des geschützten Verfahrens. Welche Bedeutung der sachenrechtliche Rechtsgedanke und die Verkehrsauffassung für die Feststellung der Unmittelbarkeit haben konnten, zeigte eine Entscheidung vom 13. 5. 1916:473 Patentiert war ein „Verfahren zur Herstellung von Bindemitteln für Pigmentfarben“. Das unmittelbar hergestellte Erzeugnis, das Bindemittel, ließ sich mit Farbkörpern zu Farben vermischen. Umstritten war, ob diese Farben noch als unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Bindemittel-Herstellungsverfahrens angesehen werden konnten. Zustimmend führte das RG aus, dass in der Farbe die Bedeutung des Bindemittels überwiegt. Denn je nach dessen Natur unterscheidet man Öl-, Leim-, Kasein- u. andere Farben, ( . . . ). Vor allem aber legt das Oberlandesgericht mit Recht Wert darauf, daß die Vorzüge eines Bindemittels allen Farben, zu deren Erzeugung es benutzt wird, zu gute kommen. Nach der Patentschrift soll das neue Bindemittel eine RG v. 24. 5. 1909 (3 D 201 / 09). Das patentierte Herstellungsverfahren musste sich an dem Erzeugnis nicht erkennen lassen, RG v. 20. 12. 1913 (I 210 / 13). 473 RG v. 13. 5. 1916 (I 15 / 16). 471 472

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bisher noch nicht erreichte Widerstandsfähigkeit gegen Wasser, Säuren, Alkalien, Hitze und Kälte besitzen. Gerade diese Eigenschaften, deren Hervorbringung das ausgesprochene Ziel des patentierten Verfahrens ist, werden auch auf die Anstrichfarben ( . . . ) übertragen und in ihnen derart verkörpert, daß sie ihnen, also dem neuen Stoffe, ein eigentümliches Gepräge und den Hauptverkehrswert verleihen, hinter dem die Licht- und Schmuckwirkung der Farbe zurücktritt. Auch das Anreiben des Farbkörpers mit dem Bindemittel ist ( . . . ) eine so selbstverständliche Maßnahme, daß sie gegenüber dem, was nach Vorstehendem das Wesen des Bindemittels und der mit ihm bereiteten Farben darstellt, nicht in Betracht kommt.474

Sachenrechtlich hätte die Vermischung des Bindemittels mit dem Farbkörper dazu geführt, dass der Eigentümer des Bindemittels das Eigentum an dem neuen Stoff, der Farbe, erwarb, weil das Bindemittel ihr wesentlicher Bestandteil war, §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 2 BGB. Wesentlich war dieses dank der allgemeinen Verkehrsauffassung, seiner Vorzüge und seines Werts. Patentrechtlich war daher die Farbe als mit dem Bindemittel „identisch“ anzusehen. Das gefärbte Bindemittel war unmittelbares Erzeugnis des patentierten Verfahrens.

III. Zusammenfassung Das Deutsche Reichspatent entstand durch Erteilungsbeschluss des Kaiserlichen Patentamts in einem förmlichen Verfahren. Zu diesem Zweck hatte der Patentsuchende seine Erfindung möglichst genau beschrieben und ihren Schutz beantragt. Im Erteilungsverfahren hatte das PA unter Beteiligung der Allgemeinheit die Erfindung auf ihre Patentfähigkeit geprüft und schließlich das Patent erteilt. Solange dieses nicht kraft Gesetzes erlosch oder von der zuständigen Stelle in dem dafür vorgesehenen Verfahren vernichtet oder zurückgenommen wurde, war es im Verletzungsverfahren vom Richter als wirksam hinzunehmen. Diese formale Legitimation verhinderte, dass der vermeintliche Verletzer mit dem Einwand gehört wurde, das Recht sei zu Unrecht erteilt. Ihm blieb nur übrig, die Aussetzung des Verfahrens zu beantragen, bis über eine von ihm parallel zu erhebende Nichtigkeitsklage entschieden war. Im Zivilprozess stand die Aussetzung im Ermessen des Richters. Sie führte zur häufig beabsichtigten Verzögerung des Verletzungsprozesses und war geeignet, den Ruf eines Patents zu schädigen und seinen Wert erheblich zu mindern. Hingegen blieb es dem Patentgegner unbenommen, trotz Fortführung des Verletzungsprozesses Nichtigkeitsklage zu erheben. Das RG erkannte die Mißbrauchsmöglichkeiten und verlangte für eine Aussetzung mit den Jahren gesteigerte Erfolgsaussichten für die Nichtigkeitsklage. Viel bedeutender und schwieriger war es zu ermitteln, was genau das geltend gemachte Patent schützte. Schutzfähig waren grundsätzlich körperlich-stoffliche Gegenstände und Verfahren, Einrichtungen, Vorrichtungen und Anordnungen, so474

RG v. 13. 5. 1916 (I 15 / 16).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

wie mehrere dieser Erscheinungsformen einer Erfindung zusammen. Die Patentauslegung beschäftigte sich mit der näheren Bestimmung des Gegenstands und des ihn umgebenden Schutzbereichs. In der Rechtsprechung des RG lassen sich im untersuchten Zeitraum drei Phasen erkennen, in denen es Patente nach unterschiedlichen Grundsätzen auslegte. In den Anfangsjahren zog das RG in erster Linie die Patentschrift, d. h. Patentanspruch und Beschreibung heran, um herauszufinden, was das PA hat schützen wollen. Zusätzlich konnten Zeichnungen und Modelle, Vorgänge im Erteilungsverfahren und die Patentüberschrift Aufklärung verschaffen. Der Richter war daran gebunden und zugleich gehindert, etwas zu schützen, was nicht zumindest entfernt in der Patentschrift angedeutet war. Es galt im Patentrecht nun der Grundsatz, dass nicht nur die einzig beschriebene Erscheinungsform der Erfindung geschützt war; vielmehr sollte der Schutz so weit reichen, wie die neue und erfinderische technische Wirkung als Lösung einer Aufgabe offenbart war. Nicht immer aber war es für Anmelder und PA möglich, alle Erscheinungsformen zu erkennen oder hinreichend zu beschreiben. Einen Willen, diese zu schützen, konnte das PA nicht äußern. Hinzu kam, dass es der Hartigschen Lehre folgend ausdrücklich ablehnte, Teile von Kombinationen ohne eigenen Patentanspruch mitzuschützen. Das erschwerte das Erteilungsverfahren gerade bei größeren Erfindungen, die mehrere erfinderische Teile in sich vereinigten. Besonders davon betroffen waren die wichtigsten deutschen Industrien der Zeit, der Maschinenbau und die Chemie. Diese Gründe bewogen 1889 das RG zu einer Fortentwicklung der Auslegungsgrundsätze. Um den Schutzbereich über den Wortlaut der Patentschrift hinaus auslegen zu können, stellte es mehrere Vermutungen auf: Einerseits habe das PA nichts schützen wollen, was nach dem objektiven Stand bekannt war, andererseits habe der Anmelder alles anmelden wollen, was er nach dem objektiven Stand der Technik anmelden konnte, und das PA alles schützen wollen, was er angemeldet hatte. Mit diesem Trick führte das RG den Stand der Technik als Auslegungsmittel ein, ohne sich von den bisherigen Grundsätzen gänzlich abzuwenden. Es erreichte eine Erweiterung des Schutzbereichs und verhinderte zugleich, dass PA und Anmelder mit Unmöglichem belastet oder sonst überlastet wurden. Ihnen blieb erspart, die Beschreibungen im Erteilungsverfahren umfassender auszuarbeiten, was oft genug unmöglich gewesen wäre und jedenfalls zu einer sicheren Verzögerung desselben geführt hätte. Es hätte nicht einmal ein Nutzen des Mehraufwands garantiert werden können, da längst nicht jedes Patent einen Verletzungsprozess nach sich zog. Diese den Patentinhaber stärkende Rechtsprechung steigerte Anerkennung und Wert deutscher Patente und trug zu ihrer wirtschaftlichen Bedeutung bei. Bei der Vielzahl der Anmeldungen kam es vor, dass das PA gelegentlich zu Unrecht wettbewerbshindernde Ausschlussrechte erteilte. Ihre Geltendmachung rief gleich mehrere unnötige Verfahren hervor, eines wegen der vermeintlichen Verletzung und ein anderes zur Nichtigerklärung des formal bestehenden Rechts. Eine 1891 eingeführte Ausschlussfrist für die Erhebung der Nichtigkeitsklage machte es

A. Das Patent, der Inhalt des Rechts und sein Umfang

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erforderlich, zum Zwecke materieller Gerechtigkeit auch im Verletzungsprozess über eine Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände nachzudenken. Eine einschränkende Auslegung, welche den Umfang des erteilten Rechts zurechtschnitt, hatte bislang nicht stattgefunden. Sie hätte dem erklärten Willen des PA widersprochen. Zunehmend nachlässig formulierte Patentansprüche, eine oft unvorhersehbare Auslegung des Schutzbereichs durch die Gerichte und das Fehlen eines einheitlichen Grundsatzes für die einschränkende und ausdehnende Auslegung erregten das Gefühl der Rechtsunsicherheit. Die Patentauslegung auf der Grundlage der Vermutungen konnte nicht befriedigen. Das war die Ausgangslage, als das RG am 9. 2. 1910 die berühmt gewordene Koks-Löschrinnen-Entscheidung erließ. Es erklärte, dass das Patent im Zweifel einschränkend wie ausdehnend nach dem objektiven Stand der Technik zur Zeit der Patentanmeldung ausgelegt werden könne. Die Entscheidung wurde vielfach aufgefasst, als habe sich das RG von der Ermittlung des patentamtlichen Willens vollständig gelöst und als könne der Verletzungsrichter der patentrechtlichen Zuständigkeitstrennung zuwider die Erteilungsentscheidung des PA nachprüfen.475 Das Urteil wurde vielseitig kritisch besprochen. Das RG betonte später, dass das Patent nur „im Zweifel“ nach dem objektiven Stand der Technik auszulegen sei, und dass es durch Einschränkungen seines Wirkungsbereichs nicht gänzlich beraubt werden dürfe.476 Diese Entwicklung der Auslegungsrechtsprechung lässt die Gratwanderung erkennen, die das RG in diesem wohl kompliziertesten Teilgebiet des § 4 PatG gegangen ist. Einerseits galt es, die vorgegebenen Grundentscheidungen des PatG, insbesondere die Trennung der Zuständigkeiten zu wahren;477 andererseits sollten auch in Situationen, in denen das Gesetz unzulänglich war, die Interessen des Patentinhabers und des gewerblichen Verkehrs materiell gerecht ausgeglichen werden. Zu diesem Zweck teilte das RG die Patentverletzungssachen nicht einfach in Fallgruppen auf, sondern entwickelte eine tief durchdachte, den Entscheidungen nicht immer leicht anzusehende Systematik, die es zumindest dem Kenner der Rechtsprechung ermöglichte, den wahrscheinlichen Ausgang eines Verletzungsprozesses vorherzusagen. Zur Schaffung von Fallgruppen eigneten sich hingegen die verschiedenen Formen der Schutzbereichserweiterung. Bei ihrer Entwicklung bewies das RG ein gutes Gespür für die Bedürfnisse des Patentinhabers, sich gegen scharfsinnige Umgehungen seines Rechts zu wehren. Die Lehre von der Äquivalenz besagte, dass eine abweichende Ausführung die Verwertung des wesentlichen Erfindungsgedankens nicht ausschloss. Das RG nahm eine Verletzung schon an, wenn nur ein einziges 475 Nach Bechtold, S. 11, hatte nunmehr die patentinhaberfreundlichste Phase der Rechtsprechung begonnen; v. Falck in: Festschrift GRUR, S. 543, 549, beschreibt einen Vorrang des Erfinderinteresses gegenüber dem Allgemeininteresse an Rechtssicherheit. 476 RG v. 8. 1. 1913 (I 104 / 12); RG v. 8. 1. 1913 (I 129 / 12). 477 De lege ferenda gehörte die Ausschlussfrist des § 28 Abs. 3 wieder auf den Prüfstand – sie wurde erst 1941 wieder abgeschafft. Die diesbezügliche Debatte beschreibt Stauder in: Festschrift GRUR, S. 503, 529 f.

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von mehreren wesentlichen Merkmalen einer Erfindung in der Nachahmung vorkam. Dritte konnten sich der Patentwirkung nicht dadurch entziehen, dass sie die Aufgabe, welche die patentierte Erfindung gelöst hatte, mit anderen Mitteln besser oder schlechter lösten, solange ihre Mittel zur Lösung dieser Aufgabe technisch im wesentlich gleich wirkten. Das schloss nicht aus, dass auf verbesserte Ausführungen eigene, abhängige Patente erteilt werden konnten. Erst ein „ganz wesentlich verschiedener Charakter“ der neuen Lösung ließ diese aus dem Schutzbereich des Patents und der Abhängigkeit heraustreten. Den zur Äquivalenz umgekehrten Fall stellte die Übertragung dar: Hier löste der Dritte mit Mitteln des Patents eine andere Aufgabe. Das RG maß dem Patent die Wirkung bei, auch andere Verwendungszwecke zu erfassen. Es verstand darunter naheliegende Einsatzmöglichkeiten im selben technischen Gebiet. Die Übertragung auf ein anderes Gebiet hingegen war grundsätzlich nicht mitgeschützt. Ausnahmsweise ließ sich eine wohl naheliegende Übertragung unterbinden, wenn sie nur gleichzeitig mit der Erfindung benutzt werden konnte. Bei Kombinationserfindungen war zunächst die Gesamtheit genauso geschützt wie bei einfachen Erfindungen. Das RG erklärte die Grundsätze der Äquivalenz und der Übertragung für anwendbar mit der Maßgabe, dass ausgetauschte Einzelteile „im Rahmen der Kombination“ gleichwertig sein mussten. Darüber hinaus entwickelte es 1890 den Schutz von neuen und erfinderischen Einzelteilen einer Kombination und setzte sich damit gegen den ausdrücklichen Willen des PA durch. Dessen Erteilungspraxis überließ die in einer Anmeldung mitveröffentlichten Einzelerfindungen entweder der Allgemeinheit oder machte, wie es das RG verhieß, die „monströsesten Patentansprüche“ erforderlich. Gleichwohl kam dem Einzelteilschutz nicht die gleiche Bedeutung zu wie einem selbständigen Patent auf das Einzelteil: Der Teileschutz von Kombinationserfindungen galt nur, wenn der Teil in der gleichen Bedeutung benutzt wurde, die er auch in der Kombination erfüllte. Schließlich erweiterte das RG bereits 1888 den Schutzbereich von Verfahrenspatenten auf die durch das Verfahren hergestellten Erzeugnisse. Der Erzeugnisschutz entsprach den Bedürfnisse insbesondere der chemischen Industrie, die ihre Produkte wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 nicht als Stoffe schützen konnte. Ihre Verfahrenspatente versagten gegen die Anwendung der Verfahren im Ausland. Das RG betrachtete Verfahren und Erzeugnisse als zusammengehörig, die Erzeugnisse gewissermaßen als Abschluss des Verfahrens.478 Auf diese Weise konnte es sie in den Schutzbereich des Verfahrenspatents einbeziehen und dem Patentinhaber zumindest den inländischen Handel mit den Erzeugnissen vorbehalten. Geschützt waren aber nur die Erzeugnisse, welche nach dem patentierten Verfahren hergestellt waren. Gelang es also, dieselben Stoffe auf anderem Wege darzustellen, hatte der Patentinhaber dagegen keine Handhabe. Der Gesetzgeber nahm den Erzeugnisschutz 478 Diese Erkenntnis, die Einbeziehung der Verfahrenserzeugnisse in den Schutzbereich und den Anstoß zur Gesetzesänderung hebt Bruchhausen in: Festschrift GRUR, S. 323, 343 f, 349, als die noch heute bedeutenden Ergebnisse der Methylenblau-Entscheidung hervor.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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1891 in das Gesetz auf. § 4 Satz 2 konkretisierte den Schutz durch ein Unmittelbarkeitserfordernis: Verwehrt bleiben sollte dem Patentinhaber, auch den weiteren Verkehr mit Gegenständen beherrschen zu können, zu deren Herstellung Verfahrenserzeugnisse beigetragen hatten.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich Objektiv verletzte das Patent, wer mit seinem Verhalten in den festgestellten Schutzbereich eingriff. Der wichtigste Fall des Eingriffs war die Benutzung der Erfindung.479 Darunter fielen zunächst das Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten und Gebrauchen. Diese Benutzungsarten hatten allgemein den Gegenstand der Erfindung zum Objekt, oder solche Gegenstände, die vom Schutzbereich des Patents umfasst waren. Das Gebrauchen war unter dem PatG 1877 gemäß § 4 Abs. 2 auf den Schutzbereich bestimmter privilegierte Gegenstände beschränkt, bis das überarbeitete Gesetz 1891 diese Unterscheidung aufhob.480 Verfahren wurden in erster Linie durch Anwenden benutzt. Ausdrücklich in § 4 Abs. 2 a.F. genannt, war dieses die für Verfahren geläufigere und speziellere Bezeichnung für das auch auf körperliche Erfindungsgegenstände passende Gebrauchen.481 Im PatG 1891 fiel das Anwenden begrifflich der Bündelung aller Benutzungsarten im neuen § 4 Satz 1 zum Opfer: Dieser erwähnte nur noch das allgemeinere Gebrauchen. In der Praxis wurden Verfahren gleichwohl weiter „angewendet“.482 Grundsätzlich ließ sich jeder Gegenstand auf alle Arten benutzen. Eine Ausnahme bildete wiederum das Verfahren: Hier passte der Begriff des Herstellens nicht, weil das Verfahren nichts Körperliches,483 sondern eine zeitliche Abfolge von Handlungen betraf: Bei einem Verfahren als Gegenstand der Erfindung kann von einer „Herstellung“ sprachlich nicht wohl die Rede sein; als ausschließliche Rechte des Patentinhabers bleiben aber das Inverkehrbringen, das Feilhalten und der Gebrauch (die Anwendung) des patentierten Verfahrens übrig.484

479 Weitere Störungen, z. B. die Behinderung des Patentinhabers an der Ausübung seines eigenen Benutzungsrechts, werden in dieser Arbeit nicht behandelt; hierfür galten die allgemeinen Vorschriften, siehe S. 106; Isay (1926), S. 240 f. behandelte diese Störungen als „Patentverletzung ohne eigene Benutzung.“ 480 Siehe S. 195 f. 481 Das zeigte die Stellung in Abs. 2, der das Gebrauchsrecht regelte, Vgl. Fn. 323 des 1. Abschnitts. 482 Bisweilen bediente sich das RG auch bei Anordnungen des Begriffs „anwenden“. Das lag an der Ähnlichkeit von Verfahren und Anordnung. Dieses beschrieb die Beziehung zeitlicher Abschnitte, jenes die räumlicher Teile zueinander, siehe S. 197 f. 483 Vgl. RG v. 21. 3. 1892 (I 305 / 91). Gleichwohl konnten Verfahren in Verkehr gebracht und feilgehalten werden, siehe S. 286 f.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Arten der Benutzung, welche das PatG in § 4 nannte, bedurften einer näheren Bestimmung durch die Rechtsprechung. Das gleiche galt für das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit, welches das PatG 1877 nur für das Herstellen, Inverkehrbringen und Feilhalten aufstellte, und das 1891 auf alle Benutzungsarten ausgeweitet wurde. Weiter setzte sich das RG mit dem ungeschriebenen, im Patentrecht allgemein geltenden Territorialitätsgrundsatz auseinander, nach welchem nur inländische Benutzungen das Patent verletzten. Jede der Benutzungsarten konnte verschiedene Formen annehmen: Benutzungen waren von Versuchs- und Vorbereitungshandlungen abzugrenzen und konnten von mehreren Personen gemeinschaftlich und mittelbar vorgenommen oder angeregt und unterstützt werden.

I. Die Benutzung der Erfindung Der Begriff der Benutzung stammte aus den Verletzungsvorschriften im Vierten Abschnitt des PatG:485 Nach § 34 Abs. 1 a.F.486 störte das Patent, wer „den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt“. Der Verweisung folgend fand die Benutzung ihre nähere Bestimmung in § 4 a.F.: Dritte waren nicht „befugt, ( . . . ) den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzuhalten“, ein „Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand [des Abs. 2] zu gebrauchen.“487 Diese Benutzungshandlungen waren als negatives Abwehrrecht488 formuliert; das betonte ihren störenden, patentverletzenden Charakter. Die sprachliche Umgestaltung in § 4 n.F. veranschaulichte später, dass der Patentinhaber auch positive Benutzungsbefugnisse hatte. Am Verständnis der Benutzungsarten als Verletzungshandlungen änderte sich nichts. Die dem Patentinhaber vorbehaltenen Verhaltensweisen stellten eine Benutzung dar.489 Der Handelnde musste den technischen Erfolg bewusst ausnutzen. Das verdeutlichte eine Entscheidung vom 23. 11. 1898:490 Der Klägerin gehörten zahlreiche RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03). Das PatG verwendete den Begriff auch in anderen Vorschriften: Vgl. § 2, „offenkundig benutzt“, siehe S. 322; § 5 Abs. 1, „die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen“, siehe S. 331 ff.; § 11 Nr. 2, „Erlaubniß zur Benutzung“; § 20 Abs. 1 Satz 4, „daß danach die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint.“ 486 Später insoweit gleichlautend § 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 n.F. 487 Später § 4 n.F.: „( . . . ) der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen.“ 488 Siehe S. 82. 489 Ständige Rechtsprechung, Vgl. z. B. RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84); RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95); RG v. 12. 4. 1897 (3 D 1004 / 97); RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03); RG v. 1. 7. 1910 (4 D 358 / 10). Erzielt wurde die technische Wirkung der Erfindung mit den Mitteln, die das Patent angab, RG v. 14. 4. 1913 (I 397 / 12). 490 RG v. 23. 11. 1898 (I 297 / 98). 484 485

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

275

Patente auf die „Verwerthung der Flußsäure oder anderer Fluorverbindungen für das Gährungsverfahren“. Der beklagte Brauereibesitzer hatte Flußsäure zum Reinigen der Gärbottiche verwendet und mit Kalkmilch nachgespült. Dennoch hatten Rückstände der Flußsäure nachfolgende Gärungsprozesse gemäß den klägerischen Patenten begünstigt. Das RG erkannte keine Benutzung: Der Einsatz der Flußsäure als Reinigungs- und Desinfektionsmittel sei bekannt gewesen und könne nicht durch die Patenterteilungen an die Klägerin unzulässig werden, „wenngleich auch ein derartiger Gebrauch den Erfolg haben kann, daß die Flußsäure der Gärungssubstanz zugeführt wird.“ Der Beklagte hatte das geschützte Verfahren nicht bewusst angewendet, vielmehr stellte sich die Anwendung als Nebeneffekt einer anderen, erlaubten Tätigkeit dar. Das Bewusstsein, einen bestimmten technischen Erfolg herbeizuführen, war zu unterscheiden von dem Bewusstsein, ein fremdes Patent zu verletzen.491 An der bewussten Benutzung fehlte es, wenn der Benutzungserfolg ohne oder gegen den Willen des Handelnden als Begleiterscheinung oder Nebenprodukt eintrat.492 Unerheblich war, welchen Zweck der Benutzer verfolgte. Der Zweck war von dem unmittelbaren technischen Erfolg der Erfindung zu unterscheiden und musste nicht notwendig selbst technischer Natur sein. So konnte z. B. eine Maschine häufig zu unterschiedlichen Anwendungen benutzt werden, obwohl ihre technische Funktionsweise unverändert blieb. Dass der Erfinder oder Anmelder gerade den Benutzungszweck des Verletzers vorhergesehen haben musste, verlangte das PatG nicht: Der Patentschutz umfasste alle Brauchbarkeiten.493 Das befand auch das RG ausdrücklich: Eine Beschränkung des Schutzumfangs auf den aus der Patentschrift ersichtlichen Zweck würde mit den Bedürfnissen des gewerblichen Verkehrs nicht im Einklang stehen, da es in zahlreichen Fällen außerordentlich schwierig erscheint, den Verwendungszweck ohne Schmälerung des Erfindungsgedankens scharf abzugrenzen, und da der Wert der Patente wesentlich verringert werden würde, wenn der Patentinhaber bei Nachahmungen seines Patents zur Wahrung seiner Schutzrechte erst in der Lage wäre, nachdem er den vom Nachahmer beabsichtigten Verwendungszweck ermitttelt hat. Vor allem aber würde bei der Beschränkrung auf den in der Patentschrift angegebenen Zweck das schöpferische Verdienst des Erfinders keine gerechte Entlohnung erfahren, da die Anwendung einer Erfindung für andere Zwecke sich häufig als eine naheliegende Maßnahme ergibt, die im Vergleiche zur Leistung des Erfinders von untergeordneter Bedeutung ist. Das Verdienst des Erfinders wirkt also der Regel nach auch bei der Anwendung der Erfinung für neue Zwe491 Letzteres war i.R.d. Verschuldens für einen Schadenersatzanspruch vorausgesetzt, siehe S. 407 ff. 492 Das galt auch, wenn die Wirkung der Erfindung in allen Einzelheiten erzielt wurde, der Handelnde in der Hauptsache aber einen ganz anderen Zweck verfolgte, RG v. 2. 11. 1910 (I 408 / 09). Kohler, Handbuch, S. 427, zufolge musste der Handelnde den Nebenerfolg frühzeitig beseitigen, um das Patent nicht zu verletzen. 493 RG v. 7. 10. 1908 (I 425 / 07); RG v. 17. 10. 1913 (I 104 / 13); RG v. 23. 5. 1914 (I 53 / 14); RG v. 5. 3. 1915 (5 D 1168 / 14); für das Gebrauchsmusterrecht Vgl. RG v. 23. 9. 1899 (I 207 / 99); RG v. 25. 9. 1902 (1 D 2781 / 02).

276

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

cke fort, und es wäre unbillig, derartige Anwendungsfälle von dem Patentschutze auszunehmen.494

Jede der Benutzungsarten, das Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten, Gebrauchen und Anwenden, genügte für sich allein, um das Patent zu verletzen.495 Auf die Erheblichkeit des Eingriffs kam es nicht an, der Patentinhaber musste sich insbesondere nicht „kleinere und unbedeutendere Eingriffe ( . . . ) gefallen lassen“.496

1. Das Herstellen Mit der Benutzungsart des Herstellens beschäftigte sich das RG erstmals anlässlich der bereits erwähnten Knieblechröhren-Entscheidungen von 1883 und 1885:497 Der Kläger hielt ein Patent auf eine besondere Art von Knieblechröhren. Die Beklagte produzierte ebensolche Röhren auf einer ihr patentierten Maschine. 1883 erkannte das RG ein Herstellen des dem Kläger patentierten Gegenstands, ohne sich weiter mit dem Herstellungsbegriff auseinanderzusetzen: Beim Gebrauch ihrer Maschine stelle die Beklagte zugleich das dem Kläger geschützte „Fabrikat“ her.498 Ein Herstellen lag danach in dem körperlichen Schaffensprozess, der Fabrikation. Das bestätigte auch die zweite Knieblechröhren-Entscheidung, welche eine Herstellung in der Anfertigung oder „Erzeugung“ erkannte. „Herstellen“ ließ sich nur etwas Körperliches, ein Stoff oder ein Arbeitsgerät, eine Einrichtung oder eine Anordnung. Auf ein Verfahren als Gegenstand der Erfindung passte der Herstellungsbegriff nicht,499 wohl aber konnten Verfahrenserzeugnisse i.S.d. § 4 Satz 2 n.F. hergestellt werden.500 Die Herstellung war die im Ergebnis den patentierten Gegenstand hervorbringende Tätigkeit. § 4 unterschied nicht, auf welche Weise oder nach welchem Verfahren der Stoff erzeugt wurde. Sonst wäre der Patentschutz für ein Fabrikat „praktisch werthlos“, da in den meisten Fällen die „Art seiner Entstehung nicht zu erkennen“ war.501 RG v. 23. 5. 1914 (I 53 / 14). RG v. 6. 12. 1893 (I 308 / 93); RG v. 12. 4. 1897 (3 D 1004 / 97): „( . . . ) und zwar in einer jeden dieser Handlungen für sich allein, ( . . . ).“ 496 RG v. 5. 3. 1915 (5 D 1168 / 14). 497 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II und RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV, siehe Fn. 180 dieses 3. Abschnitts. 498 Das Maschinenpatent der Beklagten war abhängig vom Knieblechröhren-Patent des Klägers: Beim Gebrauch ihrer Maschine stellte die Beklagte zugleich die dem Kläger geschützten Röhren her; siehe S. 351. Auch der Kläger besaß ein Patent auf eine Maschine zur Herstellung der Röhren. 499 RG v. 21. 3. 1892 (I 305 / 91). 500 Ein Verfahren benutzte in erster Linie, wer es gebrauchte bzw. anwendete; ferner konnten Verfahren in Verkehr gebracht und feilgehalten werden, RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03). 501 RG v. 13. 6. 1885 (I 130 / 85) – Knieblechröhren IV. 494 495

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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a) Der Beginn und die Vollendung der Herstellung: die Entscheidung vom 18. 9. 1897 Erst in einer Entscheidung vom 18. 9. 1897 bestimmte das RG den Herstellungsbegriff direkter:502 Der Beklagte hatte „einzelne nicht besonders patentirte Theile“ eines dem Kläger patentierten Trockenapparats angefertigt und ins Ausland geliefert, wo sie zusammengesetzt wurden. Die Herstellung beginne nicht erst mit der erlaubten Zusammensetzung der Teile im Ausland. Ort der Herstellung sei bereits das Inland. Das RG führte hierzu aus: Unter Herstellung aber ist die gesammte Thätigkeit, durch welche der Gegenstand geschaffen wird, von ihrem Beginn an zu verstehen; es würde eine unstatthafte, weder durch den Wortlaut noch durch Zusammenhang und Zweck des Gesetzes gerechtfertigte Auslegung sein, wollte man nur den letzten, die Vollendung unmittelbar herbeiführenden Thätigkeitsakt als die Herstellung betrachten. Demgemäß gehört, wenn der Patentschutz Sachen betrifft, die sich aus mehr oder minder selbstständigen Theilen zusammensetzen, und speciell bei Kombinationspatenten auch schon die Anfertigung der Objekte, die als Theile zu dienen bestimmt sind, in den Bereich der Herstellung des patentierten Gegenstandes.503

Die Herstellung lag nicht nur in der den geschützten Gegenstand unmittelbar schaffenden Tätigkeit. Sie begann bereits mit Handlungen, die auf die Vollendung abzielten. Das RG erweiterte damit den Schutz von Kombinationserfindungen beachtlich: Verletzend war nicht nur die Benutzung der gesamten Kombination, sondern bereits die Herstellung einzelner Teile, wenn sie für die Kombinationserfindung bestimmt waren.504 Diese Ausdehnung bedurfte einer Beschränkung. Das RG fuhr fort: Nur dann trifft dies nicht zu, wenn die Einzelgegenstände ihrer objektiven Beschaffenheit nach jeder besonderen Beziehung zu dem Gegenstande der Erfindung ermangeln, insbesondere wenn die zur Benutzung bestimmten Rohstoffe, auch nach ihrer ersten Bearbeitung von so allgemeiner Verwendbarkeit und so allgemein ersetzbar sind, daß in ihnen ein irgendwie specieller Werth für den Gegenstand sich nicht verkörpert.505

Frühe Fabrikationsschritte stellten keine Herstellung dar, solange objektiv keine Beziehung zu dem Erfindungsgegenstand erkennbar war. Das RG nannte beispielhaft die allgemeine Verwendbarkeit oder Ersetzbarkeit. Im vorliegenden Fall fand diese Ausnahme gleichwohl keine Anwendung: Die Einzelteile hatten die ausschließliche Bestimmung, zu dem Trockenapparat zusammengesetzt zu werden, und eigneten sich nur dazu, sie ließen sich ohne Änderung und erhebliche Werteinbuße nicht für andere Zwecke nutzen.

RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97). RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97); so auch später RG v. 17. 3. 1908 (4 D 130 / 08); Gülland, S. 199. 504 Angedeutet, aber nicht ausdrücklich ausgesprochen, war dieses in RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91). So noch später RG v. 19. 9. 1903 (I 143 / 03). 505 RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97); so auch später RG v. 17. 3. 1908 (4 D 130 / 08). 502 503

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

b) Der Zweck der Herstellung: die Entscheidung vom 27. 12. 1902 Anlässlich einer Entscheidung vom 27. 12. 1902 über einen Anspruch aus Lizenzvertrag stellte das RG fest, dass eine patentverletzende Herstellung auch vorliege, wenn der Absatz der hergestellten Gegenstände erst für die Zeit nach Ablauf der Schutzfrist geplant sei: So lange das Patent des Klägers bestand, durften deshalb andere Fabrikanten Fahrstühle der patentierten Art überhaupt nicht bauen, und zwar auch dann nicht, wenn sie diese einstweilen nicht verkaufen, sondern erst nach Ablauf des Patents liefern wollen (vgl. Kohler, Handbuch des Patentrechts Seite 443, Seligsohn, Patentgesetz II. Auflage §. 4 Anmerkung 6).506

Für die Frage der Herstellung war nicht maßgeblich, in welchem Umfang und zu welchem Zweck sie geschah.507 Diese strenge Handhabung des Herstellungsbegriffs war für den Schutz des Patentinhabers notwendig: Ohnehin war es häufig schwer, fremde Verletzungen zu entdecken. Könnte sich ein Hersteller aber darauf berufen, nur für den Export oder einen Verkauf nach Ablauf des Patents produziert zu haben, wäre der Herstellungsschutz nahezu wertlos gewesen.508

c) Das Reparieren: die Entscheidungen vom 5. 11. 1891 und vom 25. 2. 1903 Die Rechtsprechung beschäftigte sich auch mit Fällen, in denen der patentierte Gegenstand nicht neu hergestellt, sondern durch Reparieren von Abnutzungen oder Beschädigungen befreit oder wiederhergestellt wurde. Reparieren und Wiederherstellen fielen begrifflich nicht ohne weiteres unter das Herstellen i.S.d. § 4, zumal der konkrete Gegenstand bereits hergestellt war und der Patentinhaber sein Recht an ihm verwertet hatte. Der Erste Strafsenat des RG entschied am 5. 11. 1891 folgenden Fall:509 Geschützt war eine „Maschine zum Ausglasen der Stiefelabsätze“, bei der näher bestimmte Stahlscheiben „Anwendung“ finden. Der Angeklagte stellte solche Scheiben her, ohne selbst eine Ausglasemaschine samt seiner Scheiben „anzuwenden“, d. h. zu gebrauchen. Er produzierte lediglich die Scheiben. Das RG stellte fest: Das Verbot (scil. des § 4 Abs. 1) trifft den Maschinenverfertiger, welcher ( . . . ) Scheiben in einer Ausglasemaschine einsetzt, bei Herstellung der Maschine anwendet. Dies thut aber nicht nur derjenige, welcher die Ausglasemaschine völlig neu herstellt, sondern auch derjenige, welcher eine benutzte Maschine wieder herstellt, ( . . . ).510 RG v. 27. 12. 1902 (I 255 / 02). Ein Herstellen lag vor, ob es zu Gebrauchs- oder nur zu Versuchszwecken geschah. Unabhängig davon verletzte ein Herstellen zu Versuchszwecken nicht das Patent, siehe S. 298. 508 Vgl. Robolski (1893), S. 24 f. 509 RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91). 506 507

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

279

Mit dieser knappen Aussage vollzog das RG gleich drei gedankliche Schritte: Erstens stellte her, wer den geschützten Gegenstand „verfertigte“; zweitens war nicht nur die Neuherstellung, sondern auch die Wiederherstellung ein Herstellen i.S.d. § 4; und drittens genügte die Herstellung der die Erfindung kennzeichnenden Einzelteile einer Maschine.511 Die Anfertigung bestimmter Ersatzteile für eine Maschine konnte als eine Benutzung derselben angesehen werden, wenn diese die Erfindung im wesentlichen kennzeichneten. 1903 ergänzte der I. Zivilsenat die Rechtsprechung zum Reparaturfall:512 Der Kläger hatte ein Patent auf eine Koksbrechmaschine. Diese kennzeichnete unter anderem, dass die der Abnutzung unterworfenen Scheiben und Zähne leicht auswechselbar waren. Die Beklagte hatte klägerische Maschinen erworben und jahrelang betrieben. Die Ersatzteile hatte sie nur in geringem Umfang vom Kläger bezogen, im Übrigen selbst gefertigt oder von Dritten herstellen lassen. Das Berufungsgericht hatte die Auswechslung der Teile für eine unerlaubte Herstellung des patentrechtlich geschützten Gegenstands gehalten, ohne zu entscheiden, ob die Ersatzteile als Einzelteile oder nur im Rahmen der Gesamtkonstruktion geschützt waren. Das RG hob das Urteil aus ganz anderem Grund auf, bemerkte aber: Es (scil. das Berufungsgericht) verneint, daß es sich dabei um eine an sich erlaubte bloße Reparatur handeln könne, indem vielmehr die Anbringung der auswechselbaren Scheiben und Zähne recht eigentlich die Herstellung des patentrechtlich geschützten Gegenstandes darstelle.513

Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob das RG wie das Berufungsgericht der Herstellung eine „an sich erlaubte bloße Reparatur“ gegenüberstellte. Es nannte auch keine weiteren Merkmale für eine Unterscheidung zwischen einer Reparatur und einer Herstellung. Die Entscheidungen von 1891 und 1903 lassen dennoch die folgende Annahme zu: Zulässig war eine Ausbesserung oder Reparatur von Teilen, die für die Erfindung unwesentlich waren. Hingegen war die Wiederherstellung des patentierten Gegenstands im ganzen oder eines wesentlichen Teils eine unzulässige Herstellung.514

2. Das Inverkehrbringen Das Inverkehrbringen war zusammen mit dem Feilhalten Teil des patentrechtlichen ausschließlichen Vertriebsrechts.515 Nicht nur Herstellen und Gebrauchen RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91). Ausführlicher später RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97), siehe S. 277. 512 RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02). 513 RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02). 514 Ohne nähere Bestimmung unterscheiden auch Seligsohn, S. 113, und Gülland, S. 200, zwischen Ausbesserung und Herstellung. 515 Zur ausschließlichen Wirkung des Patents siehe S. 81 ff. 510 511

280

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

waren dem Patentinhaber vorbehalten, sondern insbesondere auch die Ausbeutung und wirtschaftliche Verwertung seiner Erfindung durch deren Verbreitung. Anfang 1877 hatte sich der Entwurf des PatG in dieser Hinsicht auf ein Feilhalten beschränkt. Die Benutzungsart des Inverkehrbringens hatte die VII. Kommission nach dem Vorbild des § 14 des Markenschutzgesetzes von 1874516 in § 4 eingefügt, um die verschiedenen Formen des Verkaufs zu erfassen.517 Zu den Merkmalen des Inverkehrbringens äußerte sich das RG erstmals in einer Strafsache am 3. 4. 1884:518 Die patentierten Schmierbüchsen hatten die Angeklagten aus dem patentfreien Ausland bezogen. In Hamburg nahmen sie sie auf Lager, packten sie um, verkauften sie ins Ausland und sandten sie dahin ab. Der Dritte Strafsenat bestätigte ein Inverkehrbringen: Denn in den deutschen binnenländischen Handelsverkehr gelangten die fraglichen Waaren zunächst schon dadurch, daß sie im Auftrage der Angeklagten ihnen ( . . . ) nach Hamburg zugesandt ( . . . ) und daß sie hier von ihnen ( . . . ) auf Lager genommen wurden. Unter allen Umständen vollzog sich aber in Hamburg eine neue Verkehrstransaktion und gelangte die Waare in Hamburg in Verkehr, sobald die Angeklagten sie von hier aus ( . . . ) versandten.519

Das Inverkehrbringen setzte eine „Verkehrstransaktion“ voraus. Aus der Entscheidung ging noch nicht zweifelsfrei hervor, ob diese rechtsgeschäftlicher Natur sein musste. Einerseits stellte das RG auf Hamburg als Erfüllungsort des Bezugsgeschäfts ab, andererseits schien es tatsächliche Handlungen wie das Lagern und Absenden genügen zu lassen. Der Handelnde musste den geschützten Gegenstand dem „Verkehr unterwerfen“, ihn zum Gegenstand des Verkehrs machen.520 Das setzte zumindest voraus, dass er bereits hergestellt, d. h. vorhanden war.521 Der I. Zivilsenat bestimmte den Begriff des Inverkehrbringens zuerst in einer Entscheidung vom 21. 3. 1885: Es ist darunter, wenn auch nicht ausschließlich, doch vorzugsweise der Absatz im Gewerbsbetriebe, also diejenige Handlung zu verstehen, wodurch der Gegenstand der patentirten Erfindung auf Grund eines im Gewerbsbetriebe abgeschlossenen Rechtsgeschäfts in das Eigenthum eines Andern übertragen wird.522

Jedenfalls die Übertragung des Eigentums im Rahmen des eigenen Gewerbebetriebs brachte in Verkehr. Zur Voraussetzung hatte der Zivilsenat das rechtsgeschäftliche Handeln damit nicht gemacht: Ausdrücklich nannte er nur beispielhaft den Verkauf oder die Werklieferung als einen häufigen Anwendungsfall dieser Siehe Fn. 121 des 1. Abschnitts. Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 13. 518 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). Die Entscheidung ist vor allem für die Territorialität des Inverkehrbringens von Bedeutung, siehe S. 294. 519 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). 520 RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84) und RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03) forderten den „Eintritt“ des geschützten Gegenstands „in den Verkehr“; RG v. 12. 5. 1902 (1 D 1486 / 02). 521 RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84). 522 RG v. 21. 3. 1885 (I 521 / 84). 516 517

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Benutzungsart.523 Im gleichen Urteil stellte das RG klar, dass nicht notwendig in den Handelsverkehr gebracht werden müsse. Das Gewerbsmäßigkeitserfordernis524 galt nur für den Benutzenden, nicht für den Abnehmer. Sonst wäre ein Patentschutz fast wertlos bei Erfindungen, die für den Privatgebrauch bestimmt waren und an Privatleute abgesetzt wurden.

a) Die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt: die Entscheidung vom 23. 5. 1887 Eine später häufig wiederholte nähere Umschreibung lieferte eine Entscheidung des RG vom 23. 5. 1887.525 Der Beklagte hatte einen patentgemäßen Gasmotor in Wien hergestellt und nach Deutz verkauft und geliefert. Zu seinen Gunsten nahm das RG zunächst an, er habe den Motor in Wien übereignet. Ein inländisches Inverkehrbringen ließ sich damit nicht verhindern: Mag man nun immerhin annehmen, daß ein Gegenstand auch schon dadurch in Verkehr gebracht wird, daß das Eigenthum desselben auf einen Anderen übertragen wird. Nicht minder in Verkehr gebracht wird der Gegenstand einer Erfindung dadurch, daß der Herstellende ihn in die thatsächliche Verfügungsgewalt eines Dritten bringt, so daß dieser ihn nun selbstständig benutzen kann.526

Ein Inverkehrbringen setzte nicht mehr die Übertragung des Eigentums oder eine andere Rechtswirkung voraus. Es kam allein darauf an, dass der patentierte Gegenstand in die „thatsächliche Verfügungsgewalt eines Dritten“ gelangte. Das Abstellen auf einen tatsächlichen Akt verhinderte, dass die Benutzung durch rechtliche Konstruktionen umgangen werden konnte, wie z. B. durch eine ausländische Übereignung. Fortan galt der Übergang der tatsächlichen Verfügungsgewalt als Definition des Inverkehrbringens.527 Auch eine auflösend bedingte Überlassung stellte ein Inverkehrbringen dar.528 In seiner Entscheidung führte das RG einen 523 Vergleichbar ungenau formulierten noch RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I; RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01); RG v. 23. 2. 1903 (1 D 3999 / 02). Sie stellten auf den rechtlichen Akt der Übereignung ab, obwohl der I. Zivilsenat seit 1887 den Übergang der tatsächlichen Verfügungsgewalt ausreichen ließ, siehe S. 281. 524 Siehe S. 289 ff. 525 RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). 526 RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). 527 RG v. 18. 6. 1890 (I 107 / 90); RG v. 2. 12. 1899 (I 324 / 99); RG v. 17. 9. 1915 (4 D 305 / 15). Der früheren Formulierung war bisweilen ein Strafsenat verhaftet, wenn er als Inverkehrbringen „jede Tätigkeit, durch welche der Eintritt des geschützten Gegenstandes in den Verkehr tatsächlich herbeigeführt wird“ ansah, RG v. 12. 3. 1915 (5 D 1213 / 14). Für das Verständnis des patentrechtlichen Inverkehrbringens nicht geeignet war die Definition des gleichlautenden Begriffs aus dem Nahrungsmittelgesetz. Dieses diente der Gefahrenabwehr und dem Schutz des Gemeinwohls, RG v. 23. 9. 1887 (4 D 1653 / 87), das PatG hingegen versuchte auch, zwischen privaten Interessen auszugleichen. 528 RG v. 12. 3. 1915 (5 D 1213 / 14).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

weiteren Grund dafür an, nicht die Übertragung des Eigentums zur Voraussetzung für ein Inverkehrbringen zu machen: Wenn der Fabrikant die von ihm hergestellte Maschine statt sie zu verkaufen vermiethet, so bringt er sie dadurch in Verkehr, daß er sie dem Miether zur miethweisen Benutzung ausantwortet. Er verletzt, wenn er das ohne Genehmigung des Patentinhabers thut, nicht minder dessen Recht, wie wenn er die Maschine verkauft.529

Verwerten ließ sich die Erfindung nicht nur durch die Veräußerung, sondern auch auf vielen anderen Wegen, z. B. durch mietweise Überlassung.530 Geeignet war jede Tätigkeit, durch welche die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand übertragen wurde. Die Benutzung durch Inverkehrbringen war unabhängig von einer rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Herstellung. Ferner stellte nicht nur die erste Übertragung, sondern jede weitere eine Benutzung dar.531 Das ermöglichte dem Patentinhaber, auch gegen die weitere Verbreitung unrechtmäßig in den Verkehr gelangter Gegenstände vorzugehen. Das Urteil lässt das Bestreben des RG erkennen, jegliche Umgehungen zu erfassen, durch welche Unberechtigte sich die Vorteile einer fremden Erfindung aneignen.

b) Muster und Proben: die Entscheidung vom 25. 10. 1911 Eine scheinbare Erweiterung erfuhr der Begriff des Inverkehrbringens durch ein Urteil vom 25. 10. 1911.532 Die Beklagte hatte die ausschließliche Lizenz, in Deutschland ein Patent auf ein „Verfahren zur Herstellung von Asbestzementschiefer“ auszubeuten. Der Kläger vermittelte für die in Österreich ansässige Patentinhaberin Verkäufe des von ihr selbst dort hergestellten Schiefers in das patentfreie Ausland. Mit dem Reichsgebiet kamen die vermittelten Erzeugnisse nicht in Berührung. Er hielt sich für befugt, in Hamburg den Interessenten Muster vorzulegen und auszuhändigen. Anders als die Vorinstanzen erkannte das RG darin ein Inverkehrbringen: Inverkehrbringen eines nach dem patentierten Verfahren hergestellten Erzeugnisses ist jede Handlung, welche eine gewerbsmäßige Benutzung desselben im Inlande ermöglicht oder schon selbst darstellt. Es kommt nicht darauf an, – worauf der Berufungsrichter entscheidendes Gewicht legt –, ob die in Aussicht genommenen Muster wegen ihrer geringen

RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). Vgl. RG v. 1. 7. 1910 (4 D 358 / 10): „( . . . ), zumal letzteres (scil. das Inverkehrbringen) keineswegs unter allen Umständen eine Eigentumsübertragung im Wege der Weiterveräußerung erfordert, vielmehr durch jede Tätigkeit, welche den Eintritt des patentierten Gegenstandes in den Verkehr tatsächlich herbeiführt, mithin auch durch Vermieten, geschehen kann ( . . . ).“ 531 Ein weiteres verletzendes Inverkehrbringen war nur nicht mehr möglich, wenn der Patentinhaber selbst in Verkehr gebracht hatte. Sein Recht an dem Gegenstand war dann erschöpft, siehe S. 312 ff.; Robolski (1893), S. 24. 532 RG v. 25. 10. 1911 (I 420 / 10). 529 530

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Größe nicht zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Erzeugnisse des hier in Rede stehenden Verfahrens als Dachschiefer geeignet sind; es genügt vielmehr jede bestimmungsgemäße gewerbsmäßige Verwendung und deshalb auch eine solche, die zum Zwecke hat, den Absatz der mit dem patentierten Verfahren zu erzeugenden Fabrikate zu dienen. Auch derjenige, der Muster oder Proben eines Fabrikats vorlegt oder aushändigt oder auch nur vorlegt, um Käufer zu finden, verwendet die Muster oder Proben gewerbsmäßig und wenn die Muster oder Proben selbst Erzeugnisse des patentierten Verfahrens sind, so begeht er eine Handlung, die im Inlande durch § 4 des Patentgesetzes verboten ist.533

Der erste Satz allein eignete sich nicht zur Bestimmung des Inverkehrbringens: Nicht die „gewerbsmäßige Benutzung“ stellte ein Inverkehrbringen dar, sondern gemäß § 4 war das gewerbsmäßige Inverkehrbringen eine Art der Benutzung. Umso weniger verständlich war die Alternative, derzufolge ein Inverkehrbringen vorliegen sollte, wenn die Handlung eine gewerbsmäßige Benutzung „ermöglichte“: Was mit dem geschützten Gegenstand nach dem Inverkehrbringen geschah, ob er gewerbsmäßig oder privat oder überhaupt nicht benutzt wurde, hatte auf das Inverkehrbringen keinen Einfluss. Das brachte das RG schließlich im folgenden Satz zum Ausdruck. Es genügte die „gewerbsmäßige Verwendung“, die dem Absatz der Erzeugnisse diente. Tatsächlich musste es im vorliegenden Fall das Inverkehrbringen der Verfahrenserzeugnisse nicht problematisieren, weil die klagegegenständlichen Proben und Muster selbst nach dem geschützten Verfahren hergestellt waren: Als dessen Erzeugnisse durften sie nicht an Interessenten übergeben werden. Auf den weiteren Zweck ihrer Benutzung, die Vermittlung von reinen Auslandsverkäufen, kam es nicht mehr an. Die Entscheidung verdeutlichte, dass auch die Überlassung von Mustern und Proben geeignet war, eine Benutzung zu begründen. Die ständige Rechtsprechung zum Begriff des Inverkehrbringens erweiterte sie damit jedoch nicht. 3. Das Feilhalten Wie das Inverkehrbringen war auch das Feilhalten eine Tätigkeit, die auf den Vertrieb des patentierten Gegenstands gerichtet war. Gleichwohl unterschied es sich von jenem: Patentrechtlich534 behandelte das RG den Begriff des Feilhaltens erstmals in der Entscheidung vom 3. 4. 1884.535 Es verlangte, dass der „Gegenstand dem kauflustigen Publikum zum Ankauf bereit gehalten und zugänglich gemacht wird.“ Diese Anforderung sah es als erfüllt an, weil die Angeklagten Proben des patentierten Gegenstands, den sie auf Lager hatten, zur Ansicht versandt hatten. „Bereit gehalten“ werden konnte der geschützte Gegenstand nur, wenn er tatRG v. 25. 10. 1911 (I 420 / 10). Schanze, GRUR 1898, S. 38, hat darauf hingewiesen, dass der Begriff vielfach in Gesetzen vorkam. Für ein Feilhalten i.S.d. § 12 des Nahrungs- und Genußmittelgesetzes vom 14. Mai 1879 z. B. war „das äußerlich erkennbare Zugänglichmachen zum Verkauf“ erforderlich, RG v. 4. 6. 1881 (3 D 1216 / 81). 535 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). 533 534

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

sächlich existierte. Ausdrücklich festgehalten ist die Anforderung, dass der Gegenstand vorhanden sein musste, in dieser frühen Entscheidung noch nicht. Es bestand auch keine Veranlassung dazu, weil vorliegend die patentierten Schmierbüchsen ohnehin hergestellt waren. Weiter war nicht Voraussetzung, den Gegenstand der Allgemeinheit oder einem großen Publikum feilzuhalten. Es genügte, dass ein ausgewählter Personenkreis die Gelegenheit erhielt, ihn zu erwerben. Ebensowenig ging aus der Entscheidung hervor, dass das RG eine besondere Absicht voraussetzte, ein Entgelt zu erzielen. Das Feilhalten konnte sich als Anbieten oder als invitatio ad offerendum darstellen, durch welche erkennbar die Bereitschaft, in Verkehr zu bringen, in Aussicht gestellt wurde. a) Das Vorhandensein des feilgehaltenen Gegenstands Nur drei Monate später, am 14. 7. 1884, stellte das RG in Bezug auf den feilgehaltenen Gegenstand klar:536 Sodann liegt auch ein (widerrechtliches) gewerbsmäßiges Feilhalten nicht vor, da dies – als ein Anbieten und Bereithalten – vorhandene Oefen der in Rede stehenden Art als Gegenstand des Anbietens und Bereithaltens voraussetzt, ( . . . ).537

Das Feilhalten lag im „Anbieten und Bereithalten“ des körperlich bereits „vorhandenen“ Gegenstands.538 Insbesondere sei kein Feilhalten anzunehmen, wenn jemand sich anböte, den patentierten Gegenstand herzustellen und in Verkehr zu bringen, selbst wenn sich der Anbietende im Besitz von Konstruktionszeichnungen befand und unmissverständlich zum Ausdruck brachte, seine Kenntnis der Herstellungs- und Funktionsweise zu verwerten. Umgekehrt genügte für ein Feilhalten ein Anbieten des vorhandenen Gegenstands durch den Versand von Druckschriften, er musste nicht unmittelbar dargereicht werden.539 Erst im Jahr 1915 zog das RG in einem Berufungsverfahren in Zweifel, ob eine einmalige Herstellung des Gegenstands Voraussetzung für das Feilhalten desselben sei.540 Es stellte grundsätzlich fest, dass der Benutzungsbegriff in § 4 und § 2 der gleiche sei, konnte eine Entscheidung der Zweifelsfrage aber mangels Offenkundigkeit der eventuellen Benutzung dahingestellt lassen. Am 19. 6. 1918 entschied das RG folgenden Fall:541 Der Klägerin gehörte ein Patent auf eine „Beschickungsvorrichtung für Martinöfen“. Bevor dieses durch RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84). RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84). 538 RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86); so auch Schanze, GRUR 1898, S. 42. Zum Feilhalten von Verfahren siehe S. 286 f. 539 RG v. 26. 1. 1901 (I 345 / 00). 540 RG v. 20. 3. 1915 (I 2 / 15). Isay (1926), S. 222, wollte zum besseren Schutz des Patentinhabers auch ein Feilhalten von noch herzustellenden Gegenständen genügen lassen. Erst sehr viel später hat der BGH dieses ausreichen lassen, Vgl. Kraßer, S. 787. 541 RG v. 19. 6. 1918 (I 49 / 18). 536 537

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Zeitablauf erlosch, verpflichtete sich die Beklagte vertraglich, eine Maschine mit der patentgemäßen Vorrichtung nach Ablauf des Patents herzustellen und auszuliefern. Die Klägerin war der Ansicht, dass es nicht auf das Vorhandensein des Gegenstands ankommen könne: Mit Rücksicht auf Wert und Größenverhältnisse würden derartige Vorrichtungen nicht auf Vorrat angefertigt. Sei ein Unberechtigter in der Lage herzustellen, müsse schon das Angebot allein für ein Feilhalten ausreichen. Das RG wies diese Auffassung zurück: Die Besorgnis, daß bei Zurückweisung der Ansicht die Patentrechte eine außerordentliche Beeinträchtigung erleiden müßten, kann schwerlich als begründet angesehen werden; denn es ist zu beachten, daß die Durchführung eines für den noch nicht vorhandenen Patentgegenstand gemachten Angebots oder des darüber abgeschlossenen Kauf- oder ähnlichen Geschäfts in das dem Patentinhaber zweifellos vorbehaltene Gebiet der Herstellung der geschützten Sache fallen würde.542

Wiederum musste das RG die Frage nicht entscheiden: Jedenfalls seien vor Patentablauf vorgenommene Rechtshandlungen, welche auf die spätere patentfreie Zeit gerichtet waren, nicht gesetzeswidrig.543 Es sei „widerspruchsvoll“ und „sachlich ungerechtfertigt“, die Herstellung und Lieferung nach Ablauf des Patents für gesetzmäßig, dagegen die lediglich hierauf gerichtete Vorbereitungshandlung während der Patentdauer für gesetzwidrig zu erklären. Das RG hielt den Patentinhaber durch das ausschließliche Herstellungsrecht für hinreichend geschützt; das Recht des Feilhaltens konnte sich auf Handlungen beschränken, die nach der Herstellung vorgenommen wurden, d. h. das Vorhandensein des Gegenstands voraussetzten. Die Heranziehung des Herstellungsschutzes lässt erkennen, dass das RG keine Veranlassung sah, von dem früh aufgestellten Erfordernis des Vorhandenseins abzuweichen.544

b) Die Absicht entgeltlicher Veräußerung: die Entscheidung vom 13. 1. 1887 Im Gegensatz zum Inverkehrbringen setzte das Feilhalten nicht voraus, dass das Vertriebsziel der tatsächlichen Übertragung der Verfügungsgewalt erreicht wurde. Es genügte ein einfaches Bereithalten und Anbieten „zum Ankauf“.545 Aus dem RG v. 19. 6. 1918 (I 49 / 18). Ebenso waren auch inländische Verträge über Benutzungen im Ausland zulässig, Vgl. RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09), siehe Fn. 600 dieses 3. Abschnitts. 544 Unerheblich war, ob ein vorhandener Gegenstand rechtmäßig, z. B. im Ausland, oder rechtswidrig, z. B. durch den Feilhaltenden selbst, hergestellt war, RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). Die Kritik Seligsohns, S. 117, das RG verwechsele den Gegenstand der Erfindung mit seinem körperlichen „Substrat“, kann nicht als berechtigt angesehen werden: „Gegenstand der Erfindung“ i.S.d. § 4 war nicht die Erfindung selbst, der „Gegenstand des Patents“ i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 und anderer Vorschriften, siehe Fn. 5 dieses 3. Abschnitts. Benutzt und verwertet wurde die räumliche oder zeitliche Erscheinungsform, siehe S. 195. 545 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). 542 543

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Wort „zum“ folgte, dass die Tätigkeit auf den Ankauf, auf das Inverkehrbringen gerichtet sein musste.546 Das Feilhalten bedurfte eines besonderen subjektiven Merkmals, um die an weitergehende objektive Voraussetzungen geknüpfte Benutzungsart des Inverkehrbringens nicht entbehrlich zu machen. Bereits 1881 stellte das RG das für den Begriff des Feilhaltens i.S.d. Nahrungsmittelgesetzes fest, als es neben dem „äußerlich erkennbaren Zugänglichmachen“ das „Merkmal der Absicht des Verkaufs als subjectives Moment“ anführte.547 Regelmäßig indiziere der äußere Tatbestand die innere Absicht der entgeltlichen Veräußerung, im Einzelfall könne aber der Rückschluss widerlegt werden. In der Folge wurde das Feilhalten allgemein beschrieben als Tätigkeit, durch die ein Gegenstand erkennbar zum Zweck der entgeltlichen Überlassung bereitgehalten wurde.548 Für das Patentrecht beschrieb nur eine Entscheidung des Ersten Strafsenats vom 13. 1. 1887 die zusätzliche subjektive Anforderung an die objektive Tätigkeit des Feilhaltens: Zum Feilhalten gehört außer der Thatsache des Bereitstehens auch der Wille des Besitzers, den Gegenstand zum Verkaufe darzubieten. Der Kaufmann, welcher einen Gegenstand – und sei es auch ein solcher, der sonst für ihn als Handelsobjekt dient – für sich behalten, vielleicht gerade für seinen Laden in Gebrauch nehmen will, – kann nicht deshalb, weil er Kaufmann ist, gezwungen werden, den Gegenstand abzugeben. – Kann also in einem einzelnen Falle nachgewiesen werden, daß er einen Gegenstand nicht zum Zwecke des Verkaufs, sondern aus anderen Gründen in eine äußerlich als Feilbieten sich darstellende Lage gebracht hat, daß sein Wille aber auf Zurückbehaltung der Sache gerichtet war, so hat er den Gegenstand nicht zum Verkaufe bereit gestellt, also auch nicht feilgehalten.549

Patentrechtlich bezeichnete das RG das subjektive Merkmal nur als „Willen“, erklärte es mittelbar aber als Absicht, da sich der Verkauf als Zweck, also als Zielrichtung des Darbietens darstellen musste.

c) Das Inverkehrbringen und Feilhalten von Verfahren Auch Verfahren konnten nach allgemeiner Auffassung in Verkehr gebracht und feilgehalten werden. Das RG stellte dieses zunächst am 21. 3. 1892 in einer Nichtigkeitsentscheidung fest:550 Das angegriffene Verfahren erforderte zu seiner Ausführung Maschinen, welche schon vor der Patentanmeldung offenkundig in Verkehr gebracht waren. In diesem Fall sei „damit zugleich unzweideutig die Kenntniß des Verfahrens selbst vermittelt“. Das RG erkannte ein Inverkehrbringen oder Feilhalten des Verfahrens in der „gewerblichen Verwerthung des Verfahrens durch 546 Schanze, GRUR 1898, S. 38, 41, stellte das Feilhalten als einen Spezialfall des versuchten entgeltlichen Inverkehrbringens dar. 547 RG v. 4. 6. 1881 (3 D 1216 / 81). 548 Vgl. Gülland, S. 202; nur Damme, S. 384, verlangte keine Gewinnerzielungsabsicht. 549 RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86). 550 RG v. 21. 3. 1892 (I 305 / 91). Hier ging es zwar um die „offenkundige Benutzung“ i.S.d. § 2, der Benutzungsbegriff jedoch glich dem des § 4.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Mittheilung“ und erklärte das Verfahrenspatent für nichtig. 1898 bestätigte das RG die Bedeutung der gewerblich verwertenden Mitteilung für das Verletzungsverfahren: Auch wird sich nicht bestreiten lassen, daß ein erfundenes Verfahren feilgehalten werden kann. Derjenige, welcher glaubt, ein gewerblich verwerthbares Verfahren ausschließlich benutzen zu dürfen, kann anderen Personen ( . . . ) Licenzen gegen Entgelt ertheilen. Und er kann, um solche Personen zu finden, die Gestattung der Benutzung gegen Entgelt öffentlich ausbieten. Darin kann man ein Feilhalten des Verfahrens finden. Auch kann das Recht des Patentinhabers auf ausschließliche Benutzung und Verwerthung des von ihm erfundenen Verfahrens dadurch beeinträchtigt werden, daß ein Dritter, welchem dies Verfahren nicht patentirt ist, der aber den Glauben zu erwecken sucht, als stünde das Verfahren zu seiner Verfügung, dasselbe zu eigenem Nutzen behufs Licenzertheilung ausbietet.551

Der Hauptfall des Inverkehrbringens oder Feilhaltens von Verfahren war die Mitteilung im Zuge der Lizenzerteilung. Nun waren patentierte Erfindungen schon aufgrund der Offenbarung allgemein bekannt. Die „Mittheilung“ meinte daher weniger die Erläuterung des Verfahrens, als vielmehr die damit verbundene eigene Ausübung der Erlaubniserteilung, die „Verfügung“, wie das RG im letzten Satz der Textstelle bemerkte. Im Gegensatz zu körperlichen Erfindungsgegenständen konnte bei Verfahren nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt übertragen werden. Ein Verfahren brachte in Verkehr, wer es verbreitete und dadurch das verwertete, was nur dem Patentinhaber vorbehalten war.552 Seit einer Entscheidung von 1900 galt die „Weitergabe eines Rezepts“ als Umschreibung für das Inverkehrbringen und Feilhalten von Verfahren.553 Ein Verfahren verwertete nicht, wer nur Hilfsmittel wie Zutaten oder Maschinen zur Anwendung des Verfahrens verkaufte. Einer 1907 entschiedenen Verletzungssache lag folgender Fall zugrunde:554 Die Beklagte verkaufte eine Maschine, die es einem Sachverständigen ohne weiteres ermöglichte, ein der Klägerin patentiertes Verfahren anzuwenden. Die Abnehmer der Beklagten waren keine Lizenznehmer der Klägerin. Das RG erkannte hierin kein Inverkehrbringen oder Feilhalten des Verfahrens. Der Fall unterscheide sich vom Rezeptverkauf: Ein Preis werde nicht für die Überlassung des Verfahrens gefordert, sondern nur für die Maschine, welche auch ein Lizenzträger gesondert kaufen müsse. Entsprechendes führte das RG v. 11. 5. 1898 (I 111 / 98) – Maischapparat. Vgl. RG v. 22. 4. 1903 (I 444 / 02); RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99). Kohler, Handbuch, S. 449, hingegen hielt die Lizenzerteilung durch einen Unberechtigten schlichtweg für nichtig; eine „Veräußerung“ könne darin nicht liegen. Kohler übersah, dass sich der Unberechtigte tatsächlich die dem Patentinhaber vorbehaltene Verwertung anmaßte. 553 RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99); RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09). Offen gelassen von RG v. 28. 9. 1907 (I 576 / 06) und RG v. 28. 9. 1907 (I 577 / 06). Die Strafsenate behalfen sich auch später noch mit der für körperliche Gegenstände gebräuchlichen Formel des tatsächlichen „Eintritts in den Verkehr“, RG v. 19. 4. 1904 (2 D 6360 / 03). 554 RG v. 2. 2. 1907 (I 289 / 06) – Seidenglanz II. 551 552

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

RG für Verfahrenszutaten in einer Entscheidung vom 18. 12. 1920 aus:555 Der Klägerin gehörte ein Verfahren zum autogenen Schweißen von Aluminium ohne Anwendung von Lot oder Fremdmetall. Allein ein Schweißpulver musste vorher auf die zu verschweißenden Stellen aufgetragen werden. Dieses hatte die Aufgabe, die sich beim Schweißen bildenden, das Zusammenfließen des Metalls hindernden Oxydhäute aufzulösen. Der Beklagte verkaufte ein solches Pulver. Anders als beim Rezeptverkauf bildete das Pulver nur ein Hilfsmittel des Verfahrens, so wichtig auch seine Zubereitung für das Gelingen des Verfahrens war. Mit dem Vertrieb des Pulvers teilte der Beklagte das Verfahren ebensowenig mit wie im Fall von 1907 mit dem Vertrieb der Maschine. Solange der Verkäufer der Zutat oder der Maschine nicht widerrechtlich vorgab, zugleich eine Erlaubnis zur Benutzung des geschützten Verfahrens zu veräußern, brachte er letzteres nicht in Verkehr.556

4. Das Gebrauchen und das Anwenden eines Verfahrens In der reichsgerichtlichen Rechtsprechung finden die Begriffe des Anwendens eines Verfahrens und des Gebrauchens kaum eine nähere Bestimmung. Es ist davon auszugehen, dass der umgangssprachliche Wortsinn dem patentrechtlichen glich: Das Gebrauchen stellte sich als Benutzen i.e.S., als Verwenden des geschützten Gegenstands dar.557 Der Gebrauch körperlicher Gegenstände lag in der Verwendung eines Stoffs, dem Verbrauch oder der Weiterverarbeitung von Sachen558 oder der Inbetriebnahme einer Maschine. Gebrauchen setzte voraus, dass der Gegenstand hergestellt war. Unerheblich war, aus welchem Beweggrund oder zu welchem weiteren Zweck gebraucht wurde, solange die technische Wirkung der Erfindung beim Gebrauchen ausgenutzt wurde.559 Das PatG 1891 umfasste mit dem Begriff des Gebrauchens auch die vormals in § 4 Abs. 2 a.F. gesondert aufgeführte Benutzungsart des Anwendens eines Verfahrens. Der Gebrauch bzw. das Anwenden eines Verfahrens meinte das Durchführen der aufeinanderfolgenden Handlungen und das Erzielen seines bestimmungsgemäßen Resultats.560 Daher benutzte noch nicht ein Verfahren, wer die zu seiner Ausübung dienenden Materialien oder Apparate in Verkehr brachte.561 RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20). Vgl. RG v. 26. 1. 1909 (4 D 897 / 08) – Holzmehl III; RG v. 11. 1. 1913 (3 D 957 / 12) – Holzmehl VI. 557 RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89); RG v. 6. 12. 1893 (I 308 / 93); RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Gebrauchsrecht unter dem PatG 1877 nur auf bestimmte Gegenstände bezog, siehe S. 195. 558 RG v. 6. 12. 1893 (I 308 / 93). 559 Vgl. RG v. 25. 9. 1902 (1 D 2781 / 02) in einer Gebrauchsmustersache. Ein Gebrauchen entfiel z. B. bei Vorführung einer Maschine im Leerlauf. 560 Kent, S. 389; RG v. 27. 4. 1909 (5 D 218 / 09). 561 Siehe S. 286 f. In Betracht kam allenfalls eine mittelbare Patentverletzung oder eine Teilnahme an einer fremden Verletzung, siehe S. 300 ff. 555 556

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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II. Die Gewerbsmäßigkeit der Benutzung Nach § 4 PatG 1877 verletzten die Benutzungsarten des Abs. 1, Herstellen, Inverkehrbringen und Feilhalten, das Patentrecht nur, wenn sie „gewerbsmäßig“ geschahen. Die Anwendung eines Verfahrens und das Gebrauchen der Erfindungsgegenstände des Abs. 2 erforderten keine Gewerbsmäßigkeit.562 Das PatG 1891 hob die Unterscheidung zwischen den Absätzen 1 und 2 a.F. auf und führte das Gewerbsmäßigkeitserfordernis für jede Benutzung aller Erfindungsgegenstände ein.563 Allgemein verletzte nur ein gewerbsmäßiges Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten, Gebrauchen oder Anwenden das Patent. 1. Die Entscheidung vom 5. 11. 1886 Mit dem Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit beschäftigte sich erstmals der Zweite Strafsenat in einer Entscheidung vom 5. 11. 1886 näher.564 Der Angeklagte hatte einen unter ein deutsches Patent fallenden Reflektor aus dem Ausland bezogen, einem Dritten zum Selbstkostenpreis verkauft und verabredet, unter bestimmten Bedingungen weitere Exemplare zu liefern. Das RG hielt das Inverkehrbringen für gewerbsmäßig, weil der Angeklagte den Reflektor „in seinem Gewerbe als Lampenfabrikant und Händler mit Beleuchtungsgegenständen“ käuflich überlassen hatte. Die Worte „in seinem Gewerbe“ dienten auch in späteren Entscheidungen im wesentlichen als Umschreibung für die Gewerbsmäßigkeit.565 „In seinem Ge562 Noch der Entwurf vom Februar 1877, Drucks-RT 1877 Nr. 8, hatte gänzlich auf dieses Erfordernis verzichtet; dessen Motive beschränkten die Begründung auf die Benutzungsart des Gebrauchens: Hier sei eine Unterscheidung zwischen „gewerblichen Zwecken“ und „anderen Arbeitszwecken“ nicht gerechtfertigt und nicht durchführbar. Im März / April nahm die VII. Kommission die Gewerbsmäßigkeit in Abs. 1 auf: Aus Furcht vor Verkehrsbehinderungen sollte grundsätzlich jede nichtgewerbliche Benutzung frei sein; eine Ausnahme gelte nach wie vor nur im Fall des Gebrauchens, weswegen Abs. 2 keinen Gewerbsmäßigkeits-Zusatz bekam, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 13. Aus der Entscheidung des RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86) geht hervor, dass es 1887 bereits umstritten war, ob nicht auch das Gebrauchen gewerbsmäßig erfolgen musste. Das RG musste die Frage jedoch nicht entscheiden. 563 Die Enquete vom November 1886 empfahl, den Patentinhaber vor der Einfuhr im Ausland hergestellter Verfahrenserzeugnisse zu schützen und diese in den Schutzbereich der Verfahrenspatente aufzunehmen; als stoffliche Gegenstände sollten sie Abs. 1 a.F. entsprechend nur vor gewerbsmäßigen Eingriffen bewahrt werden, Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 21. Der Entwurf von 1890 hob die Unterscheidung zwischen einfachen und privilegierten Gegenständen der Absätze 1 und 2 auf und erstreckte den Gebrauchsschutz auf alle; zum Ausgleich dafür führte er die Gewerbsmäßigkeit generell in den § 4 Satz 1 n.F. ein, was auch wegen der Erweiterung der Schadenersatzhaftung auf die grobe Fahrlässigkeit geboten war, Drucks-BR 1890 Nr. 110, S. 16; ebenso der Entwurf mit Motiven, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15 und 28. 564 RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 565 Vgl. RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4261 / 94) – Soxhlet II; RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III; RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86); RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96); RG v. 5. 3. 1908 (1 D 42 / 08).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

werbe“ handelte der Verletzer nicht nur, wenn er unmittelbar seinen Betrieb ausübte. Die patentrechtliche Gewerbsmäßigkeit erforderte keine auf Gewinn oder Erwerb gerichtete, wiederholte Tätigkeit. Das RG führte aus: Der Umstand, daß das nur zum Selbstkostenpreise geschehen, nöthigte ( . . . ) nicht zu der Annahme, daß das Kaufgeschäft nicht zu dem Gewerbebetriebe des Angeklagten gehöre. ( . . . ) Zur Gewerbsmäßigkeit ( . . . ) ist es nicht nothwendig, daß ein wiederholtes Herstellen oder Inverkehrbringen geschehen oder in Aussicht genommen ist; es genügt, daß das Herstellen oder das Inverkehrbringen sich als Theil der gewerbsmäßigen Thätigkeit darstellt, – zu deren Zwecke geschieht.566

Ein gewerbsmäßiges Verhalten war nicht ausgeschlossen, weil die Überlassung zum Selbstkostenpreis und nur einmalig erfolgt war.567 Wäre jedem Gewerbetreibenden eine einmalige Benutzung erlaubt, beeinträchtigte das den Patentschutz in hohem Maße. Es kam vielmehr darauf an, dass das beanstandete Verhalten objektiv als ein „Theil der gewerbsmäßigen Thätigkeit“ erschien. Das war ohne weiteres der Fall, wenn ein Lampenfabrikant und -händler einen Reflektor verkaufte. Der Nachsatz „– zu deren Zwecke geschieht“ schien zunächst wegen seiner Stellung und des Gedankenstrichs das objektive Merkmal nur zu veranschaulichen; gleichwohl ging daraus hervor, dass die Gewerbsmäßigkeit auch ein subjektives Element enthielt. Das Verhalten musste den Zweck haben, die gewerbsmäßige Tätigkeit zu fördern.

2. Die Entscheidung vom 13. 1. 1887 Wenig später entschied der Erste Strafsenat folgenden Fall:568 Die Angeklagte, eine Eisenhändlerswitwe, hatte sich in ihrem Gewerbebetrieb durch einen eigens angestellten Arbeiter einen Kochherd mit einer patentierten Neuerung für ihren Privatgebrauch anfertigen lassen. Ohne auf die nur gut zwei Monate zuvor ergangene Entscheidung des Zweiten Strafsenats einzugehen, erklärte nunmehr der Erste Senat, der Begriff der Gewerbsmäßigkeit sei kein anderer als in der Gewerbeordnung und sonstigen neueren Gesetzen. Er erfordert regelmäßig eine auf Gewinn oder Erwerb gerichtete Thätigkeit, welche fortgesetzt entwickelt wurde oder nach dem Willen des Handelnden fortgesetzt werden sollte.569

In seiner weiteren Begründung schloss der Senat ein gewerbsmäßiges Handeln aus, wenn es sich, wie vorliegend, nur „um einen einzelnen Fall privater Benützung“ handelte. Für eine Verneinung der Gewerbsmäßigkeit hätte nach der angeführten Definition der Hinweis auf den Einzelfall genügt. Dennoch sprach das RG die „private Benützung“ an und stellte sie im Ergebnis der gewerbsmäßigen Tätig566 567 568 569

RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). So auch RG v. 5. 3. 1908 (1 D 42 / 08). RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86). RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86).

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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keit gegenüber, ohne den Begriff „gewerbsmäßig“ ausdrücklich als Gegensatz zur privaten Nutzung zu bezeichnen. Sodann nahm es die aus der Entscheidung von 1886 bekannte Wortwahl auf und stellte auf das Handeln in einem Gewerbebetrieb ab: Die Herstellung „in einem verwandten Gewerbebetrieb“ sei nach einer tatsächlichen Vermutung regelmäßig eine gewerbsmäßige, es genüge auch eine nur einmalige Herstellung. An dieser Stelle schien sich der Senat von seiner eigenen anfänglichen Definition entfernt zu haben. Er fuhr jedoch fort zu erklären, dass ein Gewerbebetrieb „verwandt“ sei, wenn der Gegenstand ein „in sein Gewerbe einschlagender“ sei, d. h. „gleich den sonstigen im Gewerbebetrieb gefertigten Waaren zum Zwecke des Gelderwerbs und als ein Produkt der fortgesetzten Ausübung des gesammten Gewerbebetriebs hergestellt“ werde. Damit war die einleitende Definition wieder aufgenommen. Der Erste Senat hatte zwar die Worte „in einem Gewerbe“ aufgenommen, die Gewerbsmäßigkeit aber enger gefasst als zuvor der Zweite Senat. Die Tätigkeit musste nicht nur „in einem Gewerbebetrieb“ vorgenommen sein, sondern auch zum Zweck des fortgesetzten Erwerbs. Nur ausnahmsweise erlaubten es die Umstände des Falls, die tatsächliche Vermutung zu widerlegen und ein gewerbsmäßiges Handeln zu verneinen, wenn ein Gewerbetreibender für seinen Privatgebrauch herstellte.570

3. Die Entscheidungen von 1895, 1897 und 1907 Erst acht Jahre später brachten die beiden Soxhlet-Entscheidungen deutlich zum Ausdruck, was das Urteil von 1887 nur angedeutet hatte.571 Die den Angeklagten vorgeworfene Teilnahme an fremden Patentverletzungen setzte voraus, dass die täterschaftlich Benutzenden gewerbsmäßig handelten. Daran mangele es, wenn der Haupttäter „für seinen persönlichen Gebrauch ( . . . ) und in der Sphäre seines Haushalts“ bzw. im „Privatinteresse“ handle. Eine klare und weite Bestimmung des Gewerbsmäßigkeitsbegriffs gab der I. Zivilsenat des RG schließlich 1897: Den Gegensatz zum gewerbsmäßigen Gebrauch bildet die Benutzung zu Studienzwecken oder für den persönlichen oder häuslichen Bedarf.572

Ausgeschlossen waren danach Studienzwecke und der persönliche oder häusliche Bedarf, jeder andere Zweck machte die Benutzung zu einer gewerbsmäßigen. Und noch 1907 hielt es das RG für angebracht, zum Ausdruck zu bringen, dass der Begriff „gewerbsmäßig“ in § 4 des Patentgesetzes als eines sich mit dem Erfinderrechte befassenden Sondergesetzes selbständig an der Hand dieses Gesetzes zu ermitteln und festzustellen sei, und daß er sich nicht mit dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Handelsrechts, der Gewerbeordnung und anderer Gesetze decke.573 So auch RG v. 10. 11. 1894 (D 4857 / 94) für das Gebrauchsmusterrecht. RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4261 / 94) – Soxhlet II; RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III. 572 RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). 570 571

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Gewerbsmäßigkeit war lediglich vor dem Hintergrund des Patentrechts, nicht aber nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder der Verwendung in anderen Gesetzen zu verstehen. In dem entschiedenen Fall hielt die Klägerin ein Patent auf eine „Läutevorrichtung für Glocken“, welches die beklagte Kirchengemeinde benutzte. Auch der Gebrauch für Zwecke des kirchlichen Gottesdienstes konnte ein gewerbsmäßiger i.S.d. PatG sein: Das RG verwies zunächst auf die Motive zum PatG 1891, denen zufolge die gewerbliche Benutzung im weitesten Sinne zu verstehen sei und sich nur nicht auf den häuslichen Gebrauch erstrecke:574 Darüber was der Gesetzgeber gewollt hat, kann nach dieser Stelle der Motive kaum ein Zweifel bestehen. Es sollte der häusliche Gebrauch, der rein persönliche und private, insbesondere auch der Gebrauch zu Studienzwecken ausgenommen werden, in allen übrigen Beziehungen aber der Schutz des Gesetzes wirksam sein.575

Im Patentrecht benutzte gewerbsmäßig, wer nicht häuslich, d. h. rein persönlich, privat oder zu Studienzwecken handelte. Der Patentschutz galt grundsätzlich umfassend, erst die Gewerbsmäßigkeit schränkte das absolute Recht ein, wo seine Wirkung als Belästigung empfunden wurde. Zur Begründung für diese weite Auslegung des Gewerbsmäßigkeitsbegriffs zog das RG § 5 Abs. 2 heran: Und eine ausdrückliche Konsequenz aus dieser seiner Auffassung hat der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 5 Abs. 2 gezogen, in welcher er eine Benützung, welche keine gewerbsmäßige im Sinne des gemeinen Sprachgebrauchs sondern eine solche „im Interesse der gemeinen Wohlfahrt“ ist, der Wirkung des Patentes entzieht, obwohl sie gar nicht unter den Patentschutz fallen würde, wenn jede Benützung, die nicht in einem Gewerbe erfolgt, auch keine gewerbsmäßige im Sinne der § 4 wäre. Den Gegensatz zu dem „häuslichen Gebrauch“ bildet eben nicht nur der Gebrauch in einem eigentlichen Gewerbebetrieb, sondern jede nicht rein private Benutzung, wenn sie auch nicht für Zwecke eines Gewerbes erfolgt.576

Nach dieser Definition war auch die regelmäßige Benutzung für die Zwecke des öffentlichen Gottesdienstes i.S.d. Patentrechts eine gewerbsmäßige. Außerdem erklärte sie den Unterschied zwischen der gewerbsmäßigen Benutzung des § 4 und der „gewerbliche[n] Verwerthung“ des § 1:577 „Gewerbsmäßig“ war umfassender, da der Wortsinn auch Tätigkeiten erfasste, die nicht in einem Gewerbe oder zu dessen Zwecken, sondern nach Art einer gewerblichen Benutzung vorgenommen wurden, ohne zugleich rein privater Natur zu sein.578 So konnten Freiberufler, Künstler, der Staat, die Kirche und juristische Personen des öffentlichen Rechts gewerbsmäßig i.S.d. § 4 handeln. Frei stand allein die Benutzung der Erfindung zu RG v. 29. 5. 1907 (I 367 / 06). Vgl. Bolze, Recht 1907, S. 5, 7. Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 15. 575 RG v. 29. 5. 1907 (I 367 / 06). 576 RG v. 29. 5. 1907 (I 367 / 06). Vgl. Seligsohn, S. 111. 577 § 1 betraf die Patentfähigkeit: Ein Patent wurde nur erteilt, wenn die Erfindungsidee durch Gewinnung oder Verarbeitung von Stoffen in die Tat umgesetzt und anschließend verwertet werden konnte, Seligsohn, S. 46. Anders noch RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 578 RG v. 1. 7. 1910 (4 D 358 / 10); Kent, S. 392. 573 574

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

293

Studienzwecken oder für den persönlichen oder häuslichen Bedarf.579 Hier zeigte sich der wirtschaftliche Charakter des Patentrechts als gewerbliches Schutzrecht. Das Gewerbsmäßigkeitserfordernis beschränkte das Patent nur, wenn es in die Privatsphäre hineinragte. Im Übrigen musste der Patentinhaber keine Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen hinnehmen.

III. Der Territorialitätsgrundsatz Im Patentrecht galt allgemein der Territorialitätsgrundsatz,580 ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung bedurfte. In verschiedenen Staaten konnten voneinander unabhängige Schutzrechte auf dieselbe Erfindung bestehen: So viele patentrechtführende Staaten es gab, so viele subjektive Patentrechte konnte es an einer Erfindung geben.581 Das gleiche rechtliche Schicksal teilten sie deswegen nicht: Sie wurden nach ungleichen Voraussetzungen und für unterschiedliche Geltungszeiträume erteilt; sie gehörten ihrem jeweiligen Inhaber, möglicherweise, aber nicht notwendig, alle demselben; sie konnten in einem Staat erlöschen und in einem anderen fortbestehen. Die Wirksamkeit jedes Patentschutzes war örtlich grundsätzlich auf das jeweilige Inland begrenzt. Diese Einschränkung hatte ihren Grund in der Patenterteilung: Der staatliche Hoheitsakt konnte nicht weiter wirken, als der Herrschaftsbereich der handelnden Behörde reichte.582 Eine inländische Patenterteilung konnte nicht die Gewerbefreiheit ausländischer Staaten einschränken. Inland i.S.d. deutschen PatG war das Gebiet des Deutschen Reichs, sowie ab 1901 die deutschen Schutzgebiete.583 In einem am 25. 10. 1890 entschiedenen Fall hatte der Angeklagte in Deutschland patentierte Gegenstände aus Basel bezogen und in das Freihandelsgebiet von Hamburg verbracht, um sie an ausländische Kunden weiterzuverkaufen.584 Dem RG zufolge war auch die Freihandelszone Inland. Sie befreie allein von der Entrichtung des deutschen Eingangszolls, solange die Waren sich außerhalb der Grenzen des deutschen Zollvereins befinden. Hingegen fehle eine gesetzliche Vorschrift, welche dieses Gebiet ausdrücklich von der Geltung des Patent579 Bolze, Recht 1907, S. 5 ff.; Damme, S. 376; Isay (1920), S. 140; Kohler, Handbuch, S. 433. 580 Vgl. Seligsohn, S. 118; Kraßer, S. 78 f. 581 RG v. 2. 5. 1902 (II 45 / 02). 582 Vgl. RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II, siehe Fn. 44 dieses 3. Abschnitts. Damme, S. 348. Hingegen galten die ohne staatliche Mitwirkung entstehenden Eigentums-, Urheber- und Erfinderrechte über nationale Grenzen hinaus, Seligsohn, S. 77. 583 Am 9. 11. 1900 erging aufgrund § 3 des Schutzgebietsgesetzes v. 25. 7. 1900, RGBl. 1900, S. 809 i.V.m. § 22 des G über die Konsulargerichtsbarkeit v. 7. 4. 1900, RGBl. 1900, S. 213 eine Kaiserliche Verordnung, RGBl. 1900, S. 1005, die das PatG in den Schutzgebieten für anwendbar erklärte. 584 RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

rechts ausschließe oder es zum Ausland i.S.d. PatG bestimme. Inland war das ganze Reichsgebiet einschließlich des Freihandelsgebiets.585 Was Deutsche oder Ausländer außerhalb unternahmen, berührte das absolute Recht des deutschen Patentinhabers nicht.586 Patentrechtlichen Schutz für seine Erfindung jenseits der territorialen Grenzen konnte er nur nach dem Recht ausländischer Staaten erlangen, sofern diese überhaupt Erfindungen mit Patentrechten schützten.587 Umgekehrt genossen ausländische Patente vor deutschen Gerichten keinen Schutz vor Verletzungen. Untersagungs-, Schadenersatz- und Feststellungsklage waren nicht zulässig, ebensowenig konnte das PA oder in der Berufung das RG ein ausländisches Patent vernichten.588 Die Beschränkung des Patentschutzes auf das Inland war insbesondere zu berücksichtigen, wenn es um den Auslandsverkehr patentgemäßer Gegenstände ging. Ein Sonderproblem stellte die Durchfuhr nachgemachter Gegenstände durch das Deutsche Reich dar. Die Enquete von 1876 hatte sich für eine „völlige Freiheit des Transits“ ausgesprochen.589 Die ungehinderte Beförderung nachgemachter Gegenstände durch deutsches Gebiet war weder im PatG 1877 noch in der 1891 überarbeiteten Fassung ausdrücklich geregelt.590 Eine Klarstellung blieb dem RG überlassen.

1. Die Entscheidungen vom 3. 4. 1884 und vom 23. 5. 1887 Eine objektive Patentverletzung setzte voraus, dass ein in- oder ausländischer Verletzer in ein deutsches Patent im Inland eingriff. Mit der Fragwürdigkeit einer inländischen Verletzung setzte sich das RG erstmals am 3. 4. 1884 auseinander.591 Die Angeklagten hatten patentierte Schmierbüchsen in Holland herstellen und sich nach Hamburg zusenden lassen, sie gelagert, umgepackt, ins Ausland weiterverkauft und an die Kunden versandt, teilweise auch Probesendungen verschickt. Ein direkter Transit-Fall lag damit nicht vor. Obwohl das Verhalten „ausschließlich auf das Ausland bezogen“ sei, erkannte das RG ein Inverkehrbringen und Feilhalten in Deutschland. Nicht auf die in- oder ausländischen „Beziehungen“ komme es an, sondern ob der Begehungsort in die inländische Rechtssphäre falle: Indem § 4 des Patentgesetzes die Rechtswirkung des Patentes durch concrete Normirung der verbotenen Arten eines Zuwiderhandelns ( . . . ) begrifflich bestimmt, läßt es für UnterVgl. RG v. 12. 5. 1902 (1 D 1486 / 02) in einer Warenzeichensache. RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II; RG v. 7. 11. 1906 (I 146 / 06). 587 Teilweise sicherten zwischenstaatliche Verträge die Priorität für ein anderes Land, Robolski (1893), S. 23. 588 Seligsohn, S. 120. Siehe S. 172 ff. 589 Drucks-BR 1876 Nr. 70, S. 54. 590 Das RG äußerte sich erstmals 1890 zum Transit, RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I, siehe S. 295. Seiner Auffassung schloss sich 1891 die XI. Kommission an, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 11. 591 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). 585 586

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

295

scheidungen keinen Raum, welche die geographischen Grenzen der beabsichtigten oder ausgeführten Verbreitung des Gegenstandes der Erfindung irgendwie zur Voraussetzung einer Patentrechtsverletzung benutzen wollten. Dieser Standpunkt des Gesetzes tritt am evidentesten hervor, sobald gewerbsmäßiges „Herstellen“ in Frage steht. Wer im Inlande den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig „herstellt“ ist ohne weiteres nach §§ 4 Absatz 1 und 34 des Patentgesetzes strafbar, und kann schlechterdings nicht mit der Einrede gehört werden, der Zweck der Herstellungsthätigkeit liegt im Auslande, „beziehe“ sich nur auf ausländischen Handelsverkehr. Ebenso zweifellos ist die Thätigkeit des „Feilhaltens“ örtlich durch den Raum begrenzt, wo der feil gehaltene Gegenstand dem kauflustigen Publikum zum Ankauf bereit gehalten oder zugänglich gemacht wird.592

Maßgeblich war allein der Begehungsort der gewerbsmäßigen Benutzung. Ein Patent behielt seinem Inhaber ausdrücklich bestimmte inländische Benutzungen vor, unabhängig davon, zu welchem weiteren Zweck sie bestimmt waren. Die gegenteilige Auffassung der Angeklagten hätte materiell den Patentschutz umfassend eingeengt und prozessual eine Verletzung fast unbeweisbar gemacht. Das Patent verletzte nicht erst, wer die Ware in den inländischen Verkehr brachte, sondern bereits, wer sie im Inland in Verkehr brachte.593 Das Absenden des patentverletzenden Gegenstands ins Ausland galt auch später als Beispiel für eine inländische Benutzung.594 Wie umfassend das RG den Begehungsort verstand, zeigt eine Entscheidung vom 23. 5. 1887.595 Der Beklagte hatte einen das klägerische Patent verletzenden Gasmotor in Wien verkauft und seinem Käufer nach Düsseldorf geschickt. Das RG nahm an, dass rechtlich der Motor bereits in Wien mit der Aufgabe zur Eisenbahn übereignet war. Da er aber erst in Düsseldorf in die Verfügungsgewalt des Käufers gelangte, sei er im Inland in Verkehr gebracht. Begehungsort war hiernach nicht nur der Ort, an dem eine Handlung vorgenommen wurde, sondern auch der Ort, an dem sich die Handlung als patentwidrige Benutzung auswirkte.596

2. Die Entscheidung vom 25. 10. 1890 Das bestätigte auch die Entscheidung vom 25. 10. 1890.597 Auch in diesem Fall wurde die patentgemäße Ware nicht nur durch das Reichsgebiet hindurchRG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84). Das RG hielt daran fest, auch wenn es bisweilen inkonsequent formulierte: „( . . . ) gelangen patentirte Gegenstände auch dadurch in den inländischen Verkehr, daß sie von dem inländischen Produktionsorte aus zur Ausfuhr gelangen.“ Deutlicher fuhr es unmittelbar fort: „Der ihre Einführung in den Verkehr bewirkende Rechtsakt vollzieht sich im Inlande durch die Absendung, gleichviel, ob der rechtsgeschäftliche Erfüllungsort im Inlande oder Auslande liegt“, RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01). 594 RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01); RG v. 12. 5. 1902 (1 D 1486 / 02). 595 RG v. 23. 5. 1887 (I 115 / 87). Vgl. auch RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau. 596 Vgl. auch RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I. 592 593

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

befördert, sondern im Hamburger Freihafen gelagert und von dort ins Ausland verschifft. Das RG erkannte eine inländische Verletzung. Unerheblich sei, ob der patentverletzende Gegenstand ins Ausland verkauft werde, an welchem Ort die Übereignung stattfinde und für wessen Rechnung der Versand erfolge. Vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob er im Inland „äußerlich erkennbar zum Objekt von Verkehrsoperationen“ werde. Das sei der Fall, wenn die patentgemäße Ware „auf deutschem Gebiete sich bewegte und transportirt wurde.“ Aus diesen Worten allein ließe sich vermuten, das RG wolle den Patentinhaber auch gegen den direkten Transit ohne inländische Lagerung und Weiterverkauf schützen. Gleichwohl ginge es zu weit, der Aussage entgegen den Empfehlungen der Enquete von 1876 eine so ausgedehnte Bedeutung für einen tatsächlich nicht zu entscheidenden Fall beizumessen. Mit der weiten Fassung der inländischen Verletzung schützte das RG den Patentinhaber davor, dass Verletzer den Patentschutz rechtlich zu umgehen versuchten: Die inländische Ausnutzung der Erfindung konnte der Verletzer nicht dadurch rechtfertigen, dass er an ausländische Käufer veräußerte, Spediteure dazwischenschaltete oder Vereinbarungen über den Eigentumsübergang traf.

3. Die Entscheidung vom 15. 10. 1892 Die 1890 gegebene, sehr weite Definition musste das RG zwei Jahre später einschränken.598 Die Klägerin, die AGFA, hielt ein Patent auf ein Verfahren zur Darstellung von Azofarbstoffen, nach welchem sie unter anderem das bekannte Congoroth herstellte. Die Beklagten hatten bei dem Hamburger Agenten der Gesellschaft für chemische Industrie zu Basel den in der Schweiz hergestellten Farbstoff Congo red 8 R bestellt, der von der Schweiz über Genua in das indische Bombay versandt wurde. Obwohl die Bestellung des patentbenutzenden Verfahrenserzeugnisses im Inland vorgenommen war, verletzten die Beklagten nicht das Patent. Das RG führte aus: So lange weder das im Deutschen Reich privilegirte Verfahren, noch das unmittelbar oder mittelbar hier privilegirte Produkt in eine örtliche Beziehung zu dem Gebiet des Deutschen Reiches tritt, wird das für dieses Gebiet ertheilte Patent von dem Verfahren und von Handlungen, welche sich auf jenes Produkt beziehen, nicht berührt, auch wenn solche Handlungen innerhalb des Deutschen Reiches vorgenommen sind, sofern sich nur ihre Wirkung auf das Ausland beschränkt. Der Patentinhaber ist nicht berechtigt, einem Ausländer oder Deutschen zu verbieten, über die Herstellung ( . . . ) innerhalb des Deutschen Reiches Verträge abzuschließen, wenn diese Verträge den Zweck verfolgen, diese gewonnenen Produkte vom Auslande aus nach dem Auslande zu vertreiben.599

597 RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I, zum Sachverhalt siehe vor Fn. 584 dieses 3. Abschnitts. 598 RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II. 599 RG v. 15. 10. 1892 (I 209 / 92) – Kongo-Rot II.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Noch in seiner Entscheidung vom 3. 4. 1884 hatte das RG es abgelehnt, auf die „Beziehungen“ abzustellen. Nunmehr lehnte es trotz der Bestellung in Hamburg eine inländische Benutzung ab, weil „örtliche Beziehungen“ des patentbenutzenden Gegenstands zum Inland fehlten und die „Wirkung auf das Ausland beschränkt“ war. Unter diesen Bedingungen konnten in Deutschland ohne Patentverletzung Verträge über im Ausland befindliche patentgemäße Gegenstände abgeschlossen werden.600 Es war z. B. erlaubt, in Deutschland Teile herzustellen und zu verschicken, die im Ausland mit dort produzierten patentgemäßen Gegenständen zusammengesetzt wurden.601 Auf das Ausland beschränkten sich auch die Wirkungen eines im Inland geschlossenen Vertrags, in dem sich eine Partei erbot, ein in Deutschland geschütztes Verfahren im Ausland anzuwenden.602

4. Die Entscheidung vom 2. 12. 1899 Mit der Durchfuhr von unter ein deutsches Patent fallenden Waren durch das Reichsgebiet beschäftigte sich eine Entscheidung vom 2. 12. 1899.603 Die Klägerin hielt Patente auf eine „Befestigung elastischer Radreifen“ und ein „Rückschlagventil für hohle aufblähbare Radreifen von Fahrrädern“. Infolge australischer Aufträge hatten die Beklagten nachgebildete Reifen und Ventile bei Pirelli in Mailand bestellt und mit Durchfuhr-Deklaration nach Hamburg beordert. Die mit der Eisenbahn gelieferte Ware hatten sie originalverpackt auf ein Schiff nach Australien verladen. Das RG hob das klageabweisende Urteil des Hanseatischen OLG auf, welches in der Tätigkeit der Beklagten eine bloße Mitwirkung an einer erlaubten Durchfuhr gesehen hatte. Es habe die rechtsgeschäftliche Stellung der Beklagten falsch beurteilt: Daraus geht hervor, daß die Beklagten, sei es für Rechnung ( . . . ) [der australischen Abnehmer], sei es für eigene Rechnung, die bezeichnete Zahl von Reifen und Ventilen in Mailand bestellt haben und unter ihrer Adresse nach Hamburg haben schicken lassen, um sie von dort nach Australien zu expediren. Bei solcher Sachlage aber handelte es sich nicht um eine bloße Durchfuhr der im Auslande hergestellten Radreifen und Ventile durch Deutschland nach einem wiederum im Auslande liegenden Bestimmungsorte, sondern um die auf Bestellung der Beklagten erfolgte Einfuhr der Reifen und Ventile aus dem Auslande nach Deutschland, wenngleich zur alsbaldigen Wiederausfuhr nach Australien.604

Die Beklagten waren nicht bloße Spediteure605 ihrer Auftraggeber, sondern selbst Importeure. Bereits die Einfuhr der Gegenstände „zum Zwecke weiterer RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09). Kohler, Handbuch, S. 448; a.A. Isay (1926), S. 223. RG v. 12. 12. 1908 (I 621 / 07), siehe Fn. 636 dieses 3. Abschnitts. 602 Auch ein Hilfeleisten kam mangels Haupttat nicht in Betracht, RG v. 28. 12. 1910 (I 422 / 09). 603 RG v. 2. 12. 1899 (I 324 / 99). 604 RG v. 2. 12. 1899 (I 324 / 99). 600 601

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Handelsoperationen“ verletzte das Patent: Die Reifen und Ventile wurden in den deutschen Verkehr gebracht, da die Beklagten sie zur „eigenen handelsgewerblichen Verfügung“ erlangten. Nach der bekannten Rechtsprechung des RG ließ sich nicht entschuldigend anführen, dass die Ware zollfrei gehandelt werde und für den ausländischen Verkehr bestimmt sei. Auch die Originalverpackung verhinderte das inländische Inverkehrbringen nicht. Die Entscheidung machte nicht deutlich, ob die Beklagten an einem fremden Inverkehrbringen mitwirkten oder selbst das Patent verletzten. Im Vordergrund stand die Abgrenzung der „bloßen Durchfuhr“ von der Ein- und Wiederausfuhr. Erstere war ausgeschlossen, wenn die „handelsgewerbliche Verfügung[sgewalt]“ wechselte. Konnte der inländische Erwerber selbst über das weitere Schicksal des Gegenstands bestimmen, war dieser in Verkehr gebracht. Entscheidend war seine rechtliche Stellung. Der Transit kam nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. Um den Patentinhaber umfassend zu schützen, hatte das RG die Figur der „Einfuhr zur baldigen Wiederausfuhr“ entwickelt.606

IV. Die Begehungsformen der Benutzung Nicht notwendig erfüllte ein Verhalten alle beschriebenen Voraussetzungen einer Benutzungsart. Zum einen war die vollendete Benutzung von Versuchs- und Vorbereitungshandlungen abzugrenzen. Zum anderen war für eine Benutzung unter bestimmten Bedingungen verantwortlich, wer einen vom Schutzbereich umfassten Gegenstand in Form der mittelbaren Täterschaft oder Teilnahme benutzte.

1. Die Abgrenzung zu Versuchs- und Vorbereitungshandlungen Der Begriff der Benutzung bedurfte einer Abgrenzung gegenüber den Versuchsund Vorbereitungshandlungen. Diese waren bereits in der Entscheidung vom 14. 7. 1884 erwähnt.607 Der Angeklagte hatte Zeichnungen der patentierten Öfen kopiert und verschiedenen Glasfabrikanten brieflich angeboten, die Öfen für sie zu errichten. Ein Feilhalten lehnte das RG ab, weil die patentierten Öfen zur Zeit des Anbietens nicht vorhanden waren. Der Strafsenat verwies auf die Straflosigkeit des Versuchs einer Patentverletzung608 und fügte hinzu, dass „noch weniger 605 Im Fall des „bloßen Spediteurs“, den das RG dem Importeur gegenüberstellte, schien es kein Inverkehrbringen zu sehen, obwohl auch ein Spediteur die tatsächliche Verfügungsgewalt über das zu befördernde Gut erhielt. Erklären lässt sich die Abgrenzung nur durch die Annahme, dass das RG davon ausging, dass auf den Transit-Spediteur die tatsächliche Verfügungsgewalt bereits im Ausland überging und im Inland sich kein Wechsel der Verfügungsgewalt ereignete. 606 Vgl. noch später RG v. 17. 9. 1915 (4 D 305 / 15). 607 RG v. 14. 7. 1884 (1 D 1517 / 84), siehe S. 284.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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( . . . ) bloße Vorbereitungshandlungen“ mit Strafe bedroht seien. Damit war zur zivilrechtlichen Einordnung der Vorbereitungshandlung nichts gesagt; gleichwohl hatte das RG das Kopieren der Zeichnungen als Vorbereitung aufgefaßt. Vorbereitungshandlungen mussten „noch weniger“ als Benutzung erscheinen als ein Versuch: Sie gingen der Benutzung nicht unmittelbar voraus, waren aber einer späteren Benutzung förderlich. Keine Vorbereitung, sondern eine Benutzung lag vor, wenn Einzelteile einer geschützten Kombination im Inland hergestellt und erst im Ausland zusammengesetzt werden, es sei denn, sie waren allgemein verwendbar.609 Die Anfertigung der Einzelteile war bereits der Beginn der Herstellung der Kombination, die Zusammensetzung nur ihre Vollendung. Subjektiv zielten Versuche und Vorbereitungshandlungen auf eine spätere Benutzung ab.610 Jeder durfte eine geschützte Erfindung versuchsweise anwenden oder Vorbereitungen treffen, um sie später mit Erlaubnis des Patentinhabers, im Ausland oder nach Ablauf des Schutzrechts zu benutzen. Versuchs- und Vorbereitungshandlungen waren grundsätzlich gemeinfrei. Die Zulässigkeit von Versuchen diente dem Zweck des Patentrechts, die Fortentwicklung der Technik zu fördern.611 Versuche halfen der Allgemeinheit und insbesondere Wettbewerbern, Patentierungen auf ihre materielle Berechtigung zu prüfen,612 bestehende Erfindungen weiterzuentwickeln oder um diese „herumzuerfinden“.613 Sie zielten nicht darauf ab, mit der Erfindungsanwendung das Bedürfnis zu befriedigen, welches die Erfindung zu befriedigen suchte;614 Versuche strebten die Auffindung neuer Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung an. Vorbereitungshandlungen waren aus zwei Gründen erlaubt: Zum einen wäre der gewerbliche Verkehr unübersehbar beschränkt, wenn der Patentberechtigte jede Handlung hätte verbieten können, die später einmal in eine Benutzung seiner Erfindung münden konnte. Zum anderen erstrebte das PatG die geregelte Nutzung der Erfindung, die nicht notwendig der Patentinhaber allein vornehmen musste, und folglich auch die Vorbereitung solcher Nutzungen; § 6 ermöglichte dem Patentinhaber, der häufig selbst mittellos war, seine Erfindung durch die Erteilung von Benutzungslizenzen zu verwerten. Es lag im allgemeinen Interesse, dass Dritte lizensierte Benutzungen vorbereiten konnten, aber So auch RG v. 13. 1. 1887 (1 D 3169 / 86). Siehe RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97), S. 277. 610 In einem markenrechtlichen Fall nannte das RG „vorbereitende Handlungen, welche erweislich auf eine derartige Verletzung des klägerischen Rechtes abzielten.“ Es mussten „Veranstaltungen zu diesem Zweck“ getroffen sein, RG v. 2. 10. 1895 (I 162 / 95). 611 Siehe zur Anspornungstheorie S. 69. 612 Das PatG gewährte das Recht, gegen Erteilungen im Vorfeld Einspruch zu erheben, § 24, oder die Einleitung von Nichtigkeitsverfahren zu beantragen, § 28 Abs. 1 (§ 27 a.F.), siehe S. 122 ff. Das verhinderte, dass unberechtigte Schutzrechte kraft ihrer formellen Legitimation den gewerblichen Verkehr unnötig lange behinderten. Insbesondere der chemischen Industrie wäre die Ausübung dieser Rechte ohne Versuche häufig verwehrt geblieben, Isay (1926), S. 216. 613 Siehe Fn. 270 des 1. Abschnitts. 614 Siehe S. 69. 608 609

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

auch Benutzungen außerhalb des räumlichen oder zeitlichen Geltungsbereichs des Patents.

2. Die Benutzung durch mehrere Personen Eine Benutzung konnte nicht nur durch eine – natürliche oder juristische615 – Person allein, sondern auch durch die Beteiligung mehrerer ausgeübt werden. Der Handlungsbeitrag des einzelnen erfüllte oftmals nicht die Voraussetzungen einer Benutzungsart. Das Strafrecht begegnete dem unter den Gesichtspunkten der Mittäterschaft, mittelbaren Täterschaft, Anstiftung oder Beihilfe.616 Die allgemeinen Täterschafts- und Teilnahmeformen begründeten auch zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz.617 Eine besondere Herausforderung für die Rechtsprechung begründeten die folgenden Fälle: Jemand stellte Einzelteile einer geschützten Kombination oder Zutaten und Vorrichtungen zur Anwendung eines geschützten Verfahrens her und lieferte sie an Abnehmer, welche die Einzelteile zur Kombination zusammensetzten oder die Mittel zur Anwendung des Verfahrens verwendeten. Es empfahl sich nicht, gegen die Vielzahl von wirtschaftlich unbedeutenden Abnehmern vorzugehen, wenn sie überhaupt gewerbsmäßig und im Inland benutzten: Der Patentinhaber war nicht imstande, sie ausfindig zu machen; er konnte ihre Betriebe nicht einsehen, um Beweise für die Benutzung zu sichern;618 jedenfalls konnte er Schadenersatz nur bei schuldhaftem Verhalten verlangen. Da er aber üblicherweise sein Kombinationsoder Verfahrenspatents verwertete, indem er selbst die Einzelteile oder Zutaten und Vorrichtungen herstellte und vertrieb,619 blieb ihm nur übrig, gegen den Hersteller und Lieferanten vorzugehen: Dieser warb meist offen, gewerbsmäßig und in Deutschland mit der Eignung seiner Waren zur patentgemäßen Benutzung. Die allgemein verwendbaren Bestandteile620 einer geschützten Kombination und die Zutaten und nicht eigens patentierten Vorrichtungen für ein geschütztes 615 Zur Benutzung durch die technische Oberleitung einer Fabrik Vgl. RG v. 13. 4. 1885 (1 D 424 / 85). 616 RG v. 2. 7. 1909 (4 D 467 / 09) – Holzmehl IV; RG v. 22. 11. 1910 (4 D 823 / 10) – Holzmehl V; RG v. 11. 1. 1913 (3 D 957 / 12) – Holzmehl VI; RG v. 11. 5. 1914 (1 D 158 / 14) – Holzmehl VII. 617 Vgl. § 830 BGB; RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20); Kent, S. 467; Teschemacher, S. 57, 128 f. 618 Gerade die Benutzung von Verfahren war für Außenstehende nicht erkennbar. Auch die Beweiserleichterung des § 35 Abs. 2 n.F., siehe S. 152 ff., half nur, wenn Erzeugnisse des Verfahrens auf den Markt gelangten und diese neu waren. 619 In dem Verkauf und der Überlassung steckte meist eine Benutzungserlaubnis, die sich auch im Preis niederschlug. 620 Im Fall der Herstellung nur in der geschützten Kombination verwendbarer Bestandteile hätte bereits die Herstellung der Kombination begonnen, siehe RG v. 18. 9. 1897 (I 98 / 97), siehe S. 277 .

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Verfahren waren jedoch vom Schutzbereich des Kombinations- oder Verfahrenspatents nicht erfasst. Die klassischen täterschaftlichen und teilnehmerischen Begehungsformen reichten nicht aus, um den Patentinhaber zu schützen:621 Für eine gemeinschaftliche Benutzung durch Hersteller und Abnehmer konnte das bewusste und gewollte Zusammenwirken fehlen; für eine Benutzung in mittelbarer Täterschaft war erforderlich, dass die Abnehmer unmittelbar benutzten und der Hersteller sie bewusst über die Erlaubtheit der Gegenstände zur patentgemäßen Benutzung täuschte und sich ihrer als Werkzeuge bediente; Anstiftung und Beihilfe setzten eine vorsätzliche Patentverletzung durch die Abnehmer und ein vorsätzliches Bestimmen oder Hilfeleisten des Herstellers voraus.622 a) Die Bremsklotz-Entscheidungen vom 5. 5. 1888 und vom 15. 11. 1890 Das RG behandelte einen solchen Fall erstmals in der Bremsklotz I-Entscheidung vom 5. 5. 1888.623 Die Klägerin hatte das Langesche Patent „auf Aufhängung der Bremsbacken an Eisenbahnwagen“ erworben. Die Auslegung des Patents ergab, dass nur die Kombination der aus mehreren Teilen bestehenden Bremsaufhängung geschützt war. Die Beklagte hatte Langesche Bremsklötze hergestellt und geliefert, welche einem Gutachten des PA zufolge auch in anderen, gänzlich anders wirkenden Bremsvorrichtungen verwendbar waren.624 Die Abnehmer hatten die Bremsklötze mit den anderen Einzelteilen der Langeschen Bremsvorrichtung zur geschützten Kombination verbunden und in Benutzung genommen. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, weil die Beklagte allgemein verwendbare Einzelteile hergestellt habe. Das RG bemerkte: Sind aber die Behauptungen der Klägerin dahin aufzufassen, daß die Bremsklötze zu dem Zwecke – zunächst noch dahingestellt, ob dies ein dem Anfertiger oder Lieferer oder nur dem Besteller oder Abnehmer bewußter Zweck war – ihrer Verbindung mit den übrigen im Patent No. 1905 vorgesehenen Bremsvorrichtungstheilen angefertigt und geliefert worden sind, so kann sich der Anfertiger und Lieferer der Bremsklötze den Ansprüchen des Patentinhabers aus dem Patentgesetze durchaus nicht unter allen Umständen deshalb entziehen, weil das, was er allein angefertigt und geliefert habe, nicht für sich, sondern nur in Kombination mit den von Anderen hinzugefügten Theilen den Gegenstand einer durch das Patent geschützten Erfindung darstelle.625

Das Wesentliche dieser Aussage war, dass der Hersteller und Lieferant von Einzelteilen einer Kombination, welche zur Zusammenfügung bestimmt waren, Klaka, GRUR 1977, S. 338. Kraßer, S. 841. Für die Beihilfe schränkte die Entscheidung des RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20) das Erfordernis der doppelten Wissentlichkeit ein: Für den Gehilfenvorsatz sollte grobe Fahrlässigkeit genügen, siehe Fn. 648 dieses 3. Abschnitts. 623 RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I. 624 Mit Herstellung der Klötze begann daher noch nicht die Herstellung der Bremsvorrichtung, siehe Fn. 620 dieses 3. Abschnitts. 625 RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I. 621 622

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

sich nicht generell darauf berufen konnte, dass der Schutzbereich des Patents Einzelteile nicht erfasste und er selbst nicht alle für die Benutzung der Kombination notwendigen Handlungen vorgenommen habe. Das RG hatte erkannt, dass der Patentinhaber hier schutzbedürftig war. Der „Zweck“ der Teile, zur geschützten Kombination verbunden zu werden, konnte eine freie Benutzung verhindern. Unerheblich war hierfür, wer die spätere Verbindung bezweckt haben musste, der Hersteller oder der Abnehmer. Als was für eine Benutzungsform sich Anfertigung und Lieferung darstellten, war damit noch nicht näher bestimmt. Eine Erfassung schien unentbehrlich, um den Schutz von Kombinationserfindungen hinsichtlich der Benutzungsart des Herstellens nicht zu sehr einzuschränken: Zum einen könnte sich jeder Einzelteilhersteller dem Verletzungsvorwurf entziehen, und erst die letzte Teilhandlung, die Zusammenfügung, wäre Beginn und Vollendung der Herstellung zugleich. Zum anderen bliebe der Patentinhaber ohne Schadenersatzanspruch, wenn der Zusammenfügende gutgläubig wäre, selbst wenn einzelne Hersteller die Bestimmung der Kombinationsteile kannten; mit der Aufspaltung in einzelne Herstellungsakte ließe sich der kompensatorische Patentschutz umgehen. Sodann widmete sich das RG den möglichen Benutzungsformen. An dieser Stelle spaltete es in irreführender Weise die Prüfung in den Schutz aus § 34 a.F. und den negatorischen Schutz auf.626 Eine Benutzung sei in Urheberschaft oder Miturheberschaft möglich, ohne daß die darnach verantwortlich zu machende Person selbst die Handlungen vornimmt, welche die gewerbsmäßige Herstellung oder das Inverkehrbringen oder das Gebrauchen darstellen. Es reicht in solchem Falle hin, wenn die Absicht, daß die die Patentverletzung unmittelbar darstellenden Handlungen durch Andere verwirklicht werden, durch irgend eine Handlung mit Erfolg bethätigt wird.627

Aus der Wortwahl – „Urheberschaft oder Miturheberschaft“ – ging hervor, dass sich das RG an Merkmalen der strafrechtlichen Täterschaft nach der animus auctoris-Theorie orientierte. Der Mangel einer eigenen unmittelbaren Benutzung konnte durch die objektiv erkennbare Absicht ausgeglichen werden, dass ein anderer unmittelbar verletze. Die Worte „unmittelbar“ und „durch Andere verwirklicht“ verdeutlichten, dass das RG eine mittelbare Täterschaft für möglich hielt,628 während „Miturheberschaft“ stellvertretend für die gemeinschaftliche Benutzung stand. In beiden Fällen war die besondere Absicht, dass ein anderer das Patent unmittelbar verletze, sowie deren objektive Betätigung erforderlich, um den Hersteller oder Lieferanten zivilrechtlich „verantwortlich zu machen“. Für eine objektive Betäti626 Die spätere Bremsklotz II-Entscheidung, RG v. 15. 11. 1890 (I 213 / 223 / 90) – Bremsklotz II, war genötigt, darauf hinzuweisen, dass auch das zwischenzeitlich wieder mit der Sache befasste OLG die nun folgenden Ausführungen des RG v. 5. 5. 1888 zur „Urheberschaft und Miturheberschaft“ fälschlicherweise nur auf den Schadenersatz und nicht auf die Benutzung allgemein bezogen hatte. 627 RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I. 628 Teschemacher, S. 57.

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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gung kamen die Anfertigung und Lieferung der Einzelteile in Betracht. Das RG fuhr fort: Ist aber die bethätigende Handlung die der Anfertigung und Lieferung eines von mehreren zu combinirenden Theilen des Gegenstandes eines Kombinationspatentes und ist diese Anfertigung und Lieferung mit einer darauf folgenden Hinzufügung dieses Theils Seitens des Bestellers oder Uebernehmers zu den anderen Theilen des Gegenstandes des Kombinationspatentes in der Weise verknüpft, daß die erstgedachte Anfertigung und Lieferung nach dem Wissen dessen, der sie vornimmt, die Bestimmung hat, mit den anderen Theilen zusammengefügt zu werden, so liegt sogar eine unmittelbare Mitausführung bei der Herstellung des Gesammtgegenstandes ( . . . ) vor.629

Eigenartig erschien die Bezeichnung einer Benutzung in mittelbarer Täterschaft als „unmittelbare Mitausführung bei der Herstellung des Gesammtgegenstandes“. Das RG traf vielleicht unbemerkt, nach den vorigen Ausführungen jedenfalls überraschend den Kern dessen, was R. Isay Jahre später in einem Aufsatz „mittelbare Patentverletzung“ nannte.630 Es könnte im Verhalten des Herstellers und Lieferanten eine eigens patentrechtliche unmittelbare Form der Benutzung erkannt haben. Gegenüber den allgemeinen Formen der Täterschaft und Teilnahme könnte eine solche den Vorteil haben, den Patentinhaber unabhängig davon zu schützen, dass Hersteller und Abnehmer zusammenwirkten, oder nur letztere wissentlich oder als gesteuerte Werkzeuge unmittelbar benutzten. Die weiteren, nur schwer verständlichen Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass das RG in dieser Entscheidung noch keine „mittelbare Patentverletzung“, sondern eine Benutzung in mittelbarer Täterschaft meinte.631 Für die „unmittelbare Mitausführung“ hatte es zwei Voraussetzungen aufgeführt: Zunächst bedeuteten die Worte „darauf folgenden Hinzufügung“, dass die spätere Zusammenfügung tatsächlich erfolgen musste. Noch vager schlug sich die zweite Voraussetzung nieder: Das „Wissen“ des Herstellers, dass seine Anfertigung die 629 RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I. Entsprechend lag eine „unmittelbare Mitausführung des Aktes des Inverkehrbringens des Gesammtgegenstandes“ vor, wenn „die dem einzelnen Anfertigenden bewußte Bestimmung dahin geht, daß entweder der Gesammtgegenstand nach der Zusammenfügung oder die gesammten Theile einem Dritten zum Gebrauche der Kombination geliefert werden sollen“. 630 R. Isay, MuW 1910 / 11 (X), S. 79 ff.: Die „mittelbare Patentverletzung“ sei keine Verletzung in mittelbarer Täterschaft, sondern eine unmittelbare Benutzungsform, eine „sekundäre Form“ des Gebrauchs. Anders als die mittelbare Täterschaft sei sie nicht von dem Handeln des Vordermanns abhängig, vielmehr könnten „die Handlungen, durch welche sie sich vollzieht, für sich allein betrachtet, patentrechtlich indifferent“ sein. Die notwendige Beziehung zur eigentlichen Benutzungshandlungen folge aus der Absicht des mittelbaren Patentverletzers, durch den Verkauf der an sich patentfreien Mittel die Erfindung auszunutzen. Wie bei den anderen Benutzungsarten erfordere auch die mittelbare Patentverletzung nicht das Bewusstsein, ein Patent zu verletzen. Zur Person R. Isays siehe Gaul, insbesondere S. 255 ff. zu R. Isays „Pionieraufsatz“ und S. 259 ff zur dogmatischen Herleitung der „mittelbaren Patentverletzung“. Siehe ferner Isay, LZ 1909 (III), Sp. 108 ff. 631 Die Entwicklung der „mittelbaren Patentverletzung“ in der Rechtsprechung setzte erst später, ca. 1928 ein, Kraßer, S. 831; diese Entscheidungen sind nicht mehr Gegenstand der Bearbeitung.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

„Bestimmung hat, mit den anderen Theilen zusammengefügt zu werden“, schien nicht auszureichen. Das RG fügte hinzu: Es bedarf eben in solchem Falle für die erforderliche Wissentlichkeit, weil der Einzelne nicht die ganze den Thatbestand ausmachende Thätigkeit leistet, nur neben der Kenntniß von der Patentirung und der Kenntniß davon, daß sich an seine Handlung eine weitere Thätigkeit eines Anderen im Sinne der Verwirklichung des Thatbestandes der Patentbenutzung durch beide Thätigkeiten zusammen reihen soll, noch der Wissenschaft, daß auch der andere in Thätigkeit Tretende keine Erlaubniß Seitens des Patentinhabers hat.632

Die „erforderliche Wissentlichkeit“ meinte, obwohl sich das RG zuvor auf § 34 bezogen hatte und sich ausdrücklich erst in einem späteren Absatz mit § 4 beschäftigte,633 nicht die Wissentlichkeit i.S.d. § 34. Darauf wies der unmittelbar angefügte Kausalsatz hin, welcher erklärte, warum die „Wissentlichkeit“ „erforderlich“ sei.634 Stattdessen meinte das RG das subjektive Element der (mit-)urheberschaftlichen Benutzung, die oben erwähnte beabsichtigte Zweckbestimmung, „daß die die Patentverletzung unmittelbar darstellenden Handlungen durch Andere verwirklicht werden“. Die Absicht bestimmte es näher: Der Hersteller musste erstens die Patentierung kennen, zweitens wissen, dass ein anderer eine Folgehandlung vornehme und das Verhalten beider zusammen eine Benutzung darstelle, und drittens wissen, dass auch der andere keine Berechtigung zur Benutzung habe. Mit diesen Wissenselementen konkretisierte das RG die einleitende Aussage für die Fälle, in denen ausnahmsweise eine an sich freie Benutzung vom Schutzbereich des Patents nicht umfasster Gegenstände eine Benutzung darstellte, nämlich eine Benutzung des Gegenstands der Erfindung in mittelbarer Täterschaft. Verletzungsansprüche sollte nicht jede Handlung begründen, die eine spätere Benutzung durch einen anderen nach sich zog. Insbesondere sollte ein Verhalten nicht erfasst werden, wenn das Bewusstsein fehlte, dass der unmittelbare Benutzer unerlaubt handele.635 Erforderlich war daher das Wissen, dass der andere das Patent verletzte.636 Bedeutend war an der Konstruktion der mittelbaren Täterschaft, dass das RG das Verhalten der Abnehmer ausblendete. Es schien nicht darauf anzukommen, dass diese selbst aufgrund einer Täuschung schuldlos handelten. RG v. 5. 5. 1888 (I 86 / 88) – Bremsklotz I. Darin konnte das RG unentschieden lassen, ob ein Unterlassungsanspruch auch „ohne positives Wissen von der bevorstehenden Zusammenfügung“ im Fall grobfahrlässiger Unkenntnis gegeben war, „sobald es nur bei der Anfertigung und Lieferung an ausreichendem Grunde fehlt, die Verwendung der Bremsklötze zu einem anderen Bremsmechanismus vorauszusetzen“. 634 Hinzu kam, dass das RG auch im Zusammenhang mit dem verschuldensunabhängigen § 4 das „Wissen“ ansprach. Es war letztlich nicht ersichtlich, warum es bei der Bestimmung der Benutzungsform zwischen § 34 und § 4 hätte unterscheiden sollen. 635 Eine diesbezügliche Kenntnis war zudem Voraussetzung für das Verschulden i.R.d. Schadenersatzanspruchs, siehe S. 368 f. 636 Kohler, GRUR 1912, S. 34. Unschädlich war folglich, dass der Hersteller eine Benutzung im Ausland beabsichtigte, RG v. 12. 12. 1908 (I 621 / 07); RG v. 22. 11. 1913 (I 155 / 13). 632 633

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Das mit der Sache erneut befasste OLG glaubte, die Entscheidung des RG wörtlich umzusetzen, als es die Beklagte für nicht berechtigt erklärte, „Bremsklötze ( . . . ) ohne die Genehmigung der Klägerin herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzubieten, von denen die Beklagte weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie bestimmt sind, mit den anderen Theilen ( . . . ) verbunden zu werden“. In der anschließenden Bremsklotz II-Entscheidung vom 15. 11. 1890 war das RG bemüht, die zuvor nicht ausreichend deutlich gemachte Absicht zu veranschaulichen: ( . . . ), so ist die bloße Anfertigung solcher Bremsklötze für sich allein eine für das klägerische Patent durchaus indifferente Handlung. Die Beklagte konnte die Anfertigung solcher Bremsklötze von den Waggonfabrikanten, ohne sich um das klägerische Patent zu kümmern, in Bestellung nehmen und es war Sache der Waggonfabrikanten, wenn sie die Bremsklötze mit den anderen Theilen zu der patentirten Bremsvorrichtung verbinden und die so hergestellten Bremsvorrichtungen den Eisenbahnverwaltungen liefern wollten, die Licenz vom Patentinhaber zu erwerben. Auch konnte in solchem Falle, wie gleich hier hervorzuheben ist, wegen der bloßen Kenntniß der Beklagten davon, daß die von ihr in Bestellung genommenen Bremsklötze dazu bestimmt waren, mit den anderen Theilen zur patentirten Bremsvorrichtung verbunden zu werden, die Verfertigung und Lieferung der Bremsklötze ihrerseits nicht als Patentverletzung qualifizirt werden und der Klägerin kein Recht erwachsen, der Beklagten die Anfertigung von Bremsklötzen, bloß weil sie weiß, daß sie zu solcher Verbindung bestimmt sind, zu untersagen. Wenn die Beklagte lediglich die an sich patentrechtlich ganz indifferente Handlung der Verfertigung und Lieferung der Bremsklötze ausführt, so braucht sie sich nicht darum zu kümmern, ob und in welcher Weise die Fabrikanten, denen sie liefert, behufs Zusammenstellung der Bremsklötze mit den anderen Theilen zu der dem Patent entsprechenden Vorrichtung sich mit dem Patentinhaber abfinden wollen, noch für Sicherung der Rechte des Patentinhabers Sorge zu tragen.637

Deutlich erklärte das RG, dass die Bestimmung der Einzelteile zur Zusammensetzung allein aus der Anfertigung keine Benutzung der Kombination machte. Hieran änderte auch die Kenntnis dieser Bestimmung nichts. Auf seine Entscheidung von 1888 bezugnehmend fügte es hinzu: Die dort gemachte Ausführung, daß eine Urheberschaft oder Miturheberschaft möglich sei, ohne daß die verantwortlich zu machende Person selbst die Handlungen vornähme, welche die gewerbsmäßige Herstellung oder das Inverkehrbringen oder Gebrauchmachen darstellten, indem es hinreichte, wenn die Absicht, daß die die Patentverletzung unmittelbar darstellenden Handlungen durch Andere verwirklicht werde[n], daß (scil. gemeint ist wohl „durch“) irgend eine Handlung mit Erfolg bethätigt werde, bezieht sich auf die Urheberschaft bei einer Patentverletzung überhaupt, nicht bloß in der Richtung auf den Schadensersatz. Die Patentverletzung liegt aber in den Handlungen des gewerbsmäßigen Herstellens nur dann, wenn sie ohne Erlaubniß des Patentinhabers vorgenommen werden.638

Erst mit dieser Aussage klärte das RG die in der früheren Entscheidung missverständlich getrennte Behandlung von Schadenersatz- und Unterlassungsanspruch 637 638

RG v. 15. 11. 1890 (I 213 / 223 / 90) – Bremsklotz II. RG v. 15. 11. 1890 (I 213 / 223 / 90) – Bremsklotz II.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

auf. Es verwendete nicht mehr den Begriff der unmittelbaren Mitausführung, sondern beschränkte sich darauf, dass eine Benutzung im Fall einer auf eine Patentverletzung gerichteten „Verabredung“ von Hersteller und Abnehmer und im Fall der mittelbaren Täterschaft vorliege, in dem der Hersteller den unmittelbar benutzenden Abnehmer vorsätzlich in den guten Glauben versetze und die Patentverletzung durch ihn „als sein Werkzeug“ verwirklichen lasse. Die Herstellung und Lieferung nicht geschützter Einzelteile einer patentierten Kombination konnte eine Benutzung in Form der Mittäterschaft oder mittelbaren Täterschaft sein. Jedenfalls war subjektiv erforderlich, dass der Hersteller und Lieferant nicht nur von der bestimmungsgemäßgen Benutzung wusste, sondern auch die fehlende Erlaubnis seiner Abnehmer kannte.

b) Die Soxhlet-Entscheidungen vom 15. 11. 1893 und vom 17. 1. 1895 Etwas anders lag die Sache bei den Soxhlet-Entscheidungen:639 Dem Prof. Dr. Soxhlet war ein Patent „auf einen selbstthätigen Ventil- und pneumatischen Flaschenverschluß für sterilisirte Flüssigkeiten“ erteilt. Die Patentschrift empfahl einen bestimmten Mündungsrand und Schliff für die Flaschen. Die Auslegung ergab, dass nur der „selbstthätig eintretende, luftdichte, aus der Gummiplatte und dem Rohrstück als Druckventil bestehende Flaschenverschluß, die Vorrichtung an einer Flasche“ geschützt war. Der Soxhlet I-Entscheidung vom 15. 11. 1893 lag folgender Fall zugrunde:640 Die Beklagte hatte entsprechende Flaschen mit der Bodenaufschrift „N. (scil. nach) Soxhlet“ hergestellt und in ihrer Preisliste als „Soxhlet-Milchflaschen“ bezeichnet.641 Das RG wies die Patentverletzungsklage des Soxhlet ab. Längst bekannt seien der Gedanke, eine Flasche zu verschließen, und der besondere Schliff der Flaschenmündung. Anders als die Bremsklötze sei die Flasche weder Teil der Erfindung noch Teil der geschützten Verschlusskombination, sondern lediglich „nothwendige Voraussetzung der Anwendung“ der Vorrichtung. Über diesen Unterschied konnte nicht hinweghelfen, dass die Beklagte die Flaschen offensichtlich „für den patentirten Soxhlet-Apparat“ herstellte. Eine Ermöglichung der Patentbenutzung lag für das RG so fern, dass es ohne weitere Begründung die Ansicht zurückwies, die Herstellung der Flaschen stelle eine Benutzungsform des Vorrichtungspatents dar.642 639 RG v. 15. 11. 1893 (I 293 / 301 / 93) – Soxhlet I; RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4261 / 94) – Soxhlet II; RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III. 640 RG v. 15. 11. 1893 (I 293 / 301 / 93) – Soxhlet I. 641 Nicht zur Entscheidung stand die eventuelle Verletzung von Namens- oder Markenrechten des Klägers. 642 Es sei „außer aller Frage, daß der Kläger keinen Anspruch auf die ausschließliche gewerbsmäßige Herstellung und den Vertrieb der Flaschen“ habe, „völlig unzweifelhaft“, dass jeder die Flaschen beziehen dürfe, und „ganz unbedenklich“, dass die Beklagte das Patent nicht verletze, RG v. 15. 11. 1893 (I 293 / 301 / 93) – Soxhlet I. Auf die Möglichkeit einer

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Frei benutzbar waren hiernach Gegenstände, die weder vom Schutzbereich umfasst noch Einzelteile einer geschützten Kombination waren, selbst wenn sie für die Patentbenutzung hilfreich, ja sogar bestimmt und notwendig vorausgesetzt waren. Bei der Herstellung dieser Gegenstände schien das RG das subjektive Moment – das Wissen, dass mit dem Gegenstand eine Patentverletzung begangen werde – nicht für eine Benutzung in mittelbarer Täterschaft genügen zu lassen. Warum das RG zwischen den Einzelteilen einer Kombination und den ebenfalls nicht vom Schutzbereich erfassten, für die Vorrichtungsbenutzung notwendig vorausgesetzten Gegenständen einen Unterschied machte, geht aus der Entscheidung nicht hervor. Es lassen sich hierüber nur Mutmaßungen anstellen: Möglicherweise wollte das RG verhindern, dass Hersteller frei benutzbarer, allgmein verwendbarer Gegenstände in ihrer Handlungsfreiheit durch die auf das subjektive Merkmal gestützte Erweiterung des Benutzungsbegriffs zu sehr eingeschränkt würden. In Anbetracht der sogleich zu behandelnden Holzmehl-Entscheidungen lag eine solche Erklärung jedoch fern. Ein gutes Jahr später entschied der Erste Strafsenat gleich zweimal zur Benutzung des Soxhlet-Patents.643 In beiden Fällen hatten die Angeklagten sowohl die Flaschen als auch die Gummischeiben gewerbsmäßig hergestellt und verkauft. Ihnen war bewusst, dass ihre Abnehmer diese für den Soxhlet-Apparat verwenden wollten und letzerer patentiert war. Hinsichtlich der Flaschen bestätigte das RG die Soxhlet I-Entscheidung. Die Gummischeiben hingegen waren nicht geschützte Einzelteile der Verschlusskombination, sie waren mit den Bremsklötzen in der geschützten Bremsvorrichtung vergleichbar. Das RG setzte auch im Strafverfahren, wie in den Bremsklotz-Entscheidungen, für eine Benutzung der Verschlussvorrichtung objektiv zumindest deren Anwendung durch die Abnehmer und subjektiv die dargestellten Kenntnisse voraus. Es sprach die Angeklagten frei, weil eine spätere patentverletzende Benutzung durch die Abnehmer mangels Gewerbsmäßigkeit nicht stattfand. Die Rechtsprechung zur Benutzung in mittelbarer Täterschaft fand damit eine weitere Bestätigung.

c) Die Holzmehl-Entscheidung vom 23. 12. 1905 In den Bremsklotz- und Soxhlet-Fällen war jeweils eine Vorrichtung, eine Kombination körperlicher Gegenstände geschützt. Auf einer anderen Sachlage beruhten die Holzmehl-Fälle: Patentiert war „die Verwendung von Holzmehl als Streumittel für Bäckereizwecke“. Nicht das Holzmehl oder das Verfahren zu dessen Herstellung war geschützter Gegenstand, sondern das Verfahren, „beim Backen durch Einstreuen von Holzmehl in die Backschüssel das Ankleben des Gebäcks an diese Beihilfe, die der Senat Jahre zuvor anlässlich einer Nichtigkeitsentscheidung beiläufig angesprochen hatte, RG v. 29. 1. 1890 (I 293 / 89), ging er nun nicht mehr ein. 643 RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4261 / 94) – Soxhlet II; RG v. 17. 1. 1895 (1 D 4322 / 94) – Soxhlet III.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

zu verhindern.“ Der Inhaber verwertete sein Patent, indem er Holzmehl an Bäcker lieferte und zugleich eine Lizenzgebühr für die Anwendung des Verfahrens berechnete. In dem Fall, welcher der ersten Holzmehl-Entscheidung zugrunde lag, hatte der beklagte Fabrikant selbst gewerbsmäßig Holzmehl hergestellt und „zu Bäckereizwecken“ verkauft.644 Das RG führte zunächst aus, dass der Beklagte das Verfahren selbst nicht benutzt habe, er insbesondere für dessen „Mitteilung oder Offenbarung ( . . . ) kein besonderes Entgelt verlangt oder erhalten“ habe.645 Er habe nicht für den Kläger dessen Rechte wahrnehmen und seine Abnehmer auf das bestehende Patent aufmerksam machen müssen. Eine Benutzung in Form täterschaftlichen oder teilnehmerischen Mitwirkens an einer ggf. von den Bäckern vorgenommenen Patentverletzung lehnte das RG ab und ergänzte: Denn die bloße Tatsache, daß er den Bäckern Holzmehl verkaufte ( . . . ), kann als ein bewußtes Zusammenwirken oder als ein bewußtes Hilfeleisten zum unbefugten Gebrauch des dem Kläger geschützten Verfahrens nicht aufgefaßt werden.646

Im Gegensatz zu den Soxhlet-Entscheidungen verwarf das RG die Möglichkeit einer Benutzung nicht von vornherein. Jegliche Form der Mitwirkung an der Verfahrensbenutzung setze als subjektives Moment voraus, „daß der Vertrieb etc. bewußtermaßen gerade zum Zwecke der Patentverletzung erfolgt sei“. Wie schon die Herstellung und Lieferung von Kombinationsteilen stellte auch die Herstellung und Lieferung von Zutaten zur Anwendung eines geschützten Verfahrens eine Form der Benutzung nur dar, wenn der Fabrikant beabsichtigte, dass der unmittelbar Handelnde das fremde Patent verletze.647 Eine diesbezügliche Feststellung hatten die Tatsacheninstanzen im Holzmehl I-Fall nicht getroffen.648 RG v. 23. 12. 1905 (I 157 / 05) – Holzmehl I. Ansonsten läge eine eigene Benutzung durch Inverkehrbringen oder Feilhalten vor, siehe S. 286. 646 RG v. 23. 12. 1905 (I 157 / 05) – Holzmehl I. 647 Entsprechendes galt für das Herstellen und Liefern von Maschinen, die zur Anwendung eines geschützten Verfahrens geeignet und bestimmt waren: Ein Hilfeleisten zur Verfahrensanwendung, die der Abnehmer mittels der Maschine beging, lag nur in Handlungen, die „zur Unterstützung des patentverletzenden Verhaltens des anderen dienen sollen“. Es genügte nicht anzunehmen, dass der Abnehmer die Maschine bestimmungsgemäß in Betrieb nehme, vielmehr musste vorausgesehen werden, dass dieses ohne Erlaubnis geschehe, RG v. 2. 2. 1907 (I 289 / 06) – Seidenglanz II. Zur Teilnahme Vgl. RG v. 21. 2. 1906 (I 402 / 05); RG. v. 23. 5. 1906 (I 571 / 05); RG. v. 15. 5. 1915 (I 26 / 15). Die Strafbarkeit richtete sich nach den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen über Täterschaft und Teilnahme, RG v. 26. 1. 1909 (4 D 897 / 08) – Holzmehl III. 648 Von dem strengen subjektiven Erfordernis der positiven Kenntnis, dass der unmittelbar Handelnde das Patent verletzte, wich das RG erst nach dem in dieser Arbeit behandelten Zeitraum ab, indem es auf Seiten des Beihilfe leistenden Fabrikanten grobe Fahrlässigkeit ausreichen ließ, RG v. 18. 12. 1920 (I 188 / 20): „Um aber in subjektiver Hinsicht den Tatbestand einer Beihilfe zur Patentverletzung zu erfüllen, muß noch hinzukommen, daß der Beklagte entweder wußte, daß das beabsichtigte Vorgehen das Schutzrecht der Klägerin verletzte und ohne ihre Zustimmung geschah oder daß er aus grober Fahrlässigkeit es unterließ, sich über diese Punkte Klarheit zu verschaffen.“ 644 645

B. Der Eingriff in den Schutzbereich

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Hingegen verurteilten die Strafsenate des RG seit 1909 mehrfach wegen Benutzung des Holzmehl-Patents in mittelbarer Täterschaft: Dabei gingen sie davon aus, dass die Hersteller die Bäcker bewusst im Unklaren gelassen und die Anwendung des geschützten Verfahrens bezweckt haben.649 Die Urteile lassen keine Änderung der rechtlichen Voraussetzungen erkennen. Es scheint aber, als sei für die Tatsacheninstanzen die Verletzungsabsicht der Fabrikanten Kehrseite ihres Absatzinteresses: Sie wussten, dass der Patentinhaber seine Erlaubnis nur bei eigenem Verkauf erteilte, und daher auch, dass jeder anderweitige Bezug des Holzmehls durch die Bäcker zu einer unerlaubten Benutzung führte.650 Letztlich erkannten die Holzmehl- und die Bremsklotz-Entscheidungen die Möglichkeit der Benutzung in Mittäterschaft, mittelbarer Täterschaft und Teilnahme an einer fremden Benutzung an, ob es um die Herstellung und Lieferung von nicht geschützten Einzelteilen einer Kombination oder nicht geschützten Zutaten zur Anwendung eines Verfahrens ging. Nicht ersichtlich war, warum nach den Soxhlet-Entscheidungen für ebenfalls nicht geschützte Gegenstände etwas anderes gelten sollte, nur weil diese „nothwendige Voraussetzung“ für die Benutzung einer Vorrichtung waren. Dem Gebrauch der Vorrichtung dienten sie ebenso, wie Verfahrenszutaten der Anwendung des Verfahrens dienten. Eine „mittelbare Patentverletzung“651 hatte das RG in der Bremsklotz I-Entscheidung allenfalls angedeutet, jedoch nicht weiter verfolgt. Es erkannte die „mittelbare Patentverletzung“ als eigene patentrechtliche Benutzungsform nicht vor 1928 an.652

649 RG v. 2. 7. 1909 (4 D 467 / 09) – Holzmehl IV; RG v. 22. 11. 1910 (4 D 823 / 10) – Holzmehl V; RG v. 11. 1. 1913 (3 D 957 / 12) – Holzmehl VI; RG v. 11. 5. 1914 (1 D 158 / 14) – Holzmehl VII. 650 Die der Holzmehl I-Entscheidung vorausgegangenen zivilrechtlichen Tatsacheninstanzen waren demgegenüber wohl davon ausgegangen, dass es dem Hersteller gleichgültig sein konnte, ob die Bäcker das Verfahren mit oder ohne Erlaubnis anwendeten, solange sie nur sein Mehl kauften. 651 Siehe Fn. 630 dieses 3. Abschnitts. 652 Teschemacher, S. 62, nennt als erste Entscheidung ein Urteil des RG v. 25. 1. 1928. Ein Jahr zuvor fasste RG v. 25. 5. 1927 (I 366 / 26), GRUR 1927, S. 696 f., die Veräußerung einer Verfahrenszutat im Rahmen des Vorbenutzungsbegriffs als Inverkehrbringen auf. Das KG folgte bereits 1916 in einem Beschluss ausdrücklich dem Isayschen Vorschlag, KG v. 28. 6. 1916, MuW 1915 / 16 (XV), S. 365: „Jedenfalls liegt in dem Feilhalten von ( . . . ) Apparaten, die zur Anwendung eines geschützten Verfahrens geeignet und bestimmt sind, ein mittelbares ( . . . ) Feilhalten dieses Verfahrens selbst; dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit auch mittelbare Täterschaft oder Teilnahme an der Patentverletzung im strafrechtlichen Sinne in Frage kommt.“ Nach 1928 hielt das RG an der „mittelbaren Patentverletzung“ in ständiger Rechtsprechung fest, der BGH setzte diese fort. Gesetzlich verankert wurde die „mittelbare Patentverletzung“ erst 1981, siehe Gaul, S. 262 ff.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

V. Zusammenfassung Die Erfindung benutzte, wer durch Herstellen, Inverkehrbringen, Feilhalten oder Gebrauchen ihren technischen Erfolg bewusst ausnutzte. Auf einen außerhalb dieses Erfolgs angestrebten Benutzungszweck kam es nicht an. Bei der Bestimmung der vier Benutzungsarten achtete das RG darauf, den Patentinhaber in den verschiedenen Phasen der Erfindungsverwertung insbesondere vor tatsächlichen und rechtlichen Umgehungen lückenlos zu schützen, ohne zugleich den Verkehr zu sehr einzuschränken: Der Herstellungsschutz umfasste die körperliche Erzeugung, angefangen bei den Einzelteilen, solange sie nicht allgemein verwendbar waren, über deren Zusammensetzung bis hin zur Wiederherstellung des verschlissenen oder reparaturbedürftigen Gegenstands, sofern es nicht um die Reparatur oder Wiederherstellung unwesentlicher Teile ging. Der gesetzliche Vertriebsschutz bezog sowohl das Inverkehrbringen als auch das Feilhalten ein. Das Feilhalten füllte als Vorbereitung für das Inverkehrbringen die Lücke zwischen diesem und der vorangegangenen Herstellung. Erforderte das Inverkehrbringen die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt, ließ das RG für ein Feilhalten genügen, dass der hergestellte Gegenstand mit der Absicht entgeltlicher Veräußerung zum Ankauf bereitgehalten wurde, ohne dass es objektiv einer Übertragung der Verfügungsgewalt bedurfte. Schließlich deckte der Gebrauchsschutz die Verwertung der im Geschäftsverkehr befindlichen Erfindung durch ihre Verwendung. Dem Patentinhaber vorbehalten war nur die gewerbsmäßige Benutzung. Der Begriff „gewerbsmäßig“ entsprach nicht der gleichlautenden Bezeichnung in anderen Gesetzen. Das RG legte das Gewerbsmäßigkeitserfordernis weit aus: Allein die private, häusliche Benutzung und die Benutzung zu Studienzwecken sollte der Patentinhaber nicht verbieten können. Das Patentrecht engte nicht die allgemeine Handlungsfreiheit, sondern als gewerbliches Schutzrecht nur die gewerbliche und zudem die öffentliche Benutzung ein. Örtlich beschränkte sich der Schutz auf das Gebiet des Deutschen Reichs. Er erfasste inländische Benutzungshandlungen und ausländische, sofern sie Auswirkungen im Inland zeigten. Umgekehrt waren im Inland abgeschlossene Verträge über ausländische Benutzungen frei, solange im Inland weder Teile der Benutzungshandlungen vorgenommen wurden noch Auswirkungen der ausländischen Benutzung auf das Inland „zurückstrahlten“. Die in den Gesetzesberatungen vorgesehene Freiheit des reinen Transits patentierter Gegenstände durch Deutschland blieb in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung ein theoretischer Fall; das RG erkannte eine „Einfuhr zur baldigen Wiederausfuhr“ schon, wenn die Verfügungsmacht auf den inländischen Transporteur überging. Das stärkte die Position des inländischen Patentinhabers. Keine Benutzung stellten Versuchs- und Vorbereitungshandlungen dar. Das Patentrecht erstrebte gerade Versuche, um einerseits den technischen Fortschritt voranzutreiben und andererseits unberechtigte Patentierungen aufzudecken und im vorgesehenen Verfahren zu vernichten. Benutzungen traten in den aus dem Straf-

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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recht bekannten Beteiligungsformen auf. Erkennbar war das Bestreben des RG, mit unterschiedlichen Täterschafts- und Teilnahmeformen auch die Herstellung und Lieferung von an sich nicht vom Schutzbereich umfassten Gegenständen wie allgemein verwendbaren Kombinationseinzelteilen und Verfahrenszutaten zu erfassen, sofern diese zum Zweck der Benutzung durch einen anderen produziert und vertrieben wurden. Gleichwohl musste es den Schutz versagen, wenn die Voraussetzungen der Beteiligungsformen nicht vorlagen. Dem Vorschlag der Literatur, eine eigene Benutzungsform der „mittelbaren Patentverletzung“ anzuerkennen, leistete das RG in der behandelten Zeit noch nicht Folge. Insbesondere wies es eine Pflicht des Herstellers und Lieferanten zurück, eine Verletzung durch seine Abnehmer verhindern zu müssen.

C. Materielle Einreden und Einwendungen Der objektiven Patentverletzung, wie sie bislang behandelt ist, konnte der Verletzer zahlreiche Beschränkungen der Patentwirkung entgegenhalten. Eine Fülle von Einwendungen sollte verhindern, dass Patentrechte die Allgemeinheit zu weitreichend einengten. Patente enthielten keinen Freibrief, Vorschriften des öffentlichen Rechts oder bestehende private Rechte Dritter zu mißachten.653 Einreden und Einwendungen verschafften dem vermeintlichen Verletzer ein gegenüber dem Verbotsrecht abgegrenztes Recht zur Benutzung oder verhinderten zumindest, wie im Fall der Verjährung oder arglistigen Geltendmachung, die Durchsetzung des Verletzungsanspruchs. In erster Linie bedeutend waren die besonderen patentrechtlichen Einwände, welche neben den allgemeinen zivilrechtlichen 654 zur Anwendung kamen: Die Erschöpfung der Patentwirkung an einer konkreten Sache machte ihre Benutzung allgemeinfrei; ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 5 Abs. 1 erlaubte bestimmten früheren Erfindungsbesitzern die weitere Ausübung ihrer Rechte; der internationale Fahrzeugverkehr unterlag nach § 5 Abs. 3 der Patentwirkung nur begrenzt; ältere Patent- und Gebrauchsmusterrechte konnten ein Recht zur Benutzung gewähren; für patentrechtliche Schadenersatzansprüche galt eine besondere Verjährungsfrist gemäß § 39 (§ 38 a.F.); schließlich durfte der Patentinhaber die Verletzung seines Rechts nicht arglistig geltend machen. Die reichsgerichtliche Rechtsprechung beschäftigte sich frühzeitig mit diesen Einwänden und entwickelte Maßstäbe für ihre Voraussetzungen. Nach allgemeinen Grundsätzen oblag es dem 653 RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 88) – Ariston; RG v. 27. 3. 1890 (I 19 / 90). Ohne dass es einer Regelung bedurft hätte, fand dieser Grundsatz auch in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Ausdruck, Seligsohn, S. 47. 654 Der Verletzer konnte sich z. B. auf Notstand nach § 904 BGB berufen: zur Abwendung einer Gefahr durfte er den patentierten Gegenstand benutzen; meist aber fehlte es dann schon an der Gewerbsmäßigkeit, Kent, S. 342; Kohler, Handbuch, S. 544. Für berechtigt zum Inverkehrbringen hielt RG v. 29. 9. 1906 (I 460 / 06) z. B. denjenigen, der sein Recht zum Selbsthilfeverkauf gemäß § 373 HGB ausübte.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Verletzer, Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die er einer Patentverletzung entgegenhielt.655

I. Die Erschöpfung des Patentrechts Gegen die objektive Patentverletzung ließ sich zunächst die patentrechtliche Erschöpfung einwenden. Zweck des Patents war die Ausbeutung der Erfindung. Eine Verwertung zum Ersatz geleisteter und als Anreiz für neue Forschungsaufwendungen rechtfertigte eine zeitweilige Beschränkung der Gewerbefreiheit. Der Inhaber eines Stoffpatents verwertete sein Recht dadurch, dass er den patentierten Gegenstand herstellte und veräußerte oder anderen die Herstellung für eine Gegenleistung erlaubte; im Fall eines Verfahrenspatents wendete er das Verfahren an und veräußerte das Erzeugnis, oder vergab auch hier eine Lizenz. Ein Erwerber der erfindungsgemäßen Sache oder des Erzeugnisses wäre nach bislang Beschriebenem an sich nicht befugt, den vom Patentschutz erfassten Gegenstand gewerblich zu benutzen, solange der Berechtigte nicht auch ihm die Benutzung erlaubte. Eine ausdrückliche Regelung für diesen alltäglichen Fall enthielt das PatG nicht. Es erschien jedoch unangebracht, den patentrechtlich Berechtigten auch künftig die Sache kontrollieren zu lassen. Zum einen hatte das Patent in Bezug auf diesen Gegenstand seinen Zweck erfüllt. Der Patentinhaber hatte alle Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern genossen, er hatte die Sache unter dem Schutz des Patents hergestellt und in Verkehr gebracht. Um ferner über sie zu bestimmen, hätte er das Eigentum behalten und die Sache z. B. vermieten können. Zum anderen führte es zu unangemessenen Belästigungen des gewerblichen Verkehrs und Rechtsunsicherheit, wenn die Benutzung weiterhin von der Erlaubnis des Patentinhabers abhinge.656 Die betroffene Sache musste daher von der Wirkung des Patents frei werden, ohne dass das Patent selbst seine Wirkung verlor. Nach patentrechtlichem Sprachgebrauch erschöpfte sich die Wirkung des Patents an der konkreten Sache.657 Erneut zeigte sich, dass im Patentrecht die persönlichkeitsrechtliche Komponente hinter der ökonomischen zurücktrat.

Kent, S. 489; Kohler, Handbuch, S. 543. Beim Erwerb der Sache war für den ersten oder spätere Erwerber nicht ersichtlich, ob auch das Benutzungsrecht durch Abtretung übertragen wurde. Erteilte der Berechtigte zwar eine Lizenz, beschränkte Weiterverkauf oder Gebrauch aber zeitlich, örtlich oder persönlich, wirkte die Vereinbarung nur schuldrechtlich, nicht aber patentrechtlich oder dinglich, Kohler, Handbuch, S. 454, 457. 657 Erstmals erwähnt in RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01). Die Erschöpfung bezog sich stets nur auf die konkrete erfindungsgemäße Sache bzw. das erfindungsgemäße Erzeugnis. 655 656

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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1. Die frühen Entscheidungen bis 1902 Auf welche Weise sich das Patentrecht erschöpfe, rief zunächst unterschiedliche Begründungen hervor. Teile der Literatur658 und bis um die Jahrhundertwende das RG nahmen an, dass der Berechtigte beim Inverkehrbringen stillschweigend eine Lizenz erteile.659 In einem 1898 entschiedenen Fall hatte der Patentinhaber Heilmann dem Angeklagten patentierte Düsenrohre verkauft und ihre Weiterveräußerung erlaubt; später übertrug er sein Patent auf Süß. Ohne dessen Erlaubnis veräußerte der Angeklagte seine Rohre. Das RG erkannte hierin keine Verletzung: Es handelte sich bei dem Vertrage zwischen Heilmann und dem Angeklagten um den Verkauf patentirter Sachen, mit der „Lizenz“ ihrer gewerblichen Wiederveräußerung. Findet man hierin die Abtretung eines Theiles des Patentrechtes selbst, so stand dieser Theil z.Z. des Patentüberganges auf Süß & Cie den Firmen Heilmann nicht mehr zu und sie konnten ihn auf Süß nicht wirksam übertragen; faßt man aber die Lizenz als Verzicht auf das Verbotsrecht des Patentinhabers auf, so wird damit das Eigenthumsrecht des Käufers in dem durch den Lizenzvertrag vorgezeichneten Umfange frei und das Patentgesetz enthält keine Bestimmung, nach welcher ein einmal freigewordenes Eigenthum Dritter wieder unter das Verbotsrecht des Patentinhabers zurückgeführt werden könnte, ( . . . ).660

Mit der umständlich erscheinenden Heranziehung des Verzichts, der quasidinglich an der Sache „hing“, begründete das RG im Ergebnis angemessen die Patentfreiheit. Wie unentschlossen das RG aber in dieser Hinsicht war, zeigte eine Entscheidung vom 24. 3. 1902:661 Der Patentinhaber hatte Plätteisen veräußert; vereinbart war, dass der Abnehmer diese nicht unter einem bestimmten Mindestpreis weiterveräußern durfte. Der Dritte Strafsenat war der Ansicht, dass es auf die Auslegung im Einzelfall ankomme, ob die Mindestpreisbestimmung eine schuldrechtliche Pflicht neben der erteilten Erlaubnis sei oder diese bedinge. In letzterem Fall bleibe eine Patentverletzung möglich. Sogar Dritte, die von dem Abnehmer erwerben, sollten bei Kenntnis der Bedingung das Patent noch verletzen. Der Sache haftete gleichsam der Makel des Verbietungsrechts an. Eine Erschöpfung zog der Strafsenat nicht in Betracht. Einen ganz anderen Weg ging Kohler mit seiner Lehre vom „Zusammenhang der Benützungsformen“. Danach hatte nicht erst die Veräußerung, sondern bereits die rechtmäßige Herstellung der patentierten Sache deren Patentfreiheit ipso iure zur Folge.662 Die Benutzung und Verbreitung durch den Erwerber stelle nur die Kent, S. 654. RG v. 15. 12. 1894 (I 293 / 94): „( . . . ), da Beklagte namentlich auch derartige Glühkörper dem Kläger nicht verkauft und ihn damit legitimirt hat, dieselben weiter zu veräußern, ( . . . ).“; RG v. 19. 12. 1898 (1 D 3796 / 98). Ein Lizenzvertrag blieb auch dann Rechtsgrund, wenn das zugrunde liegende Patent vernichtet wurde; der Lizenzgeber durfte geleistete Lizenzgebühren behalten, RG v. 17. 12. 1886 (II 251 / 86). 660 RG v. 19. 12. 1898 (1 D 3796 / 98). 661 RG v. 24. 3. 1902 (3 D 82 / 02). 658 659

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

„Fortsetzung der Herstellung“ dar, sie war die „weitere wirtschaftliche Entwicklung der in der Herstellung liegenden Ausübung“. Es leuchtete ein, dass der Patentinhaber die gewerbliche Betätigung seiner Abnehmer nicht verhindern können sollte, sobald er sein Recht selbst ausgeübt hatte. Kohler ließ aber außer acht, dass die Herstellung allein dem Patentinhaber noch nicht die Verwertung sicherte. Gegenüber der auf die Lizenz gestützten Erklärung des RG hatte Kohlers Sichtweise den Vorteil, dass ein entgegengesetzter Wille des Berechtigten die Erschöpfung nicht ausschließen oder beschränken konnte.663

2. Die Entscheidung vom 26. 3. 1902 Klarheit brachte eine Entscheidung des I. Zivilsenats vom 26. 3. 1902.664 In dem zugrundeliegenden Fall stellte die Klägerin in Deutschland nach ihrem Verfahrenspatent Guajacol-Karbonat her und verkaufte es für 96 Mark je Kilogramm. Sie veräußerte es ferner in anderen Ländern, in denen sie keinen Patentschutz genoss, zum Preis von ca. 40 Mark. Die Beklagte bezog zunächst unmittelbar von der Klägerin das Karbonat, später von anderer Quelle zu dem günstigeren Auslandspreis. Darin erblickte die Klägerin eine Patentverletzung, da die Wiedereinfuhr des Karbonats gegen ihren Willen und ihre Vereinbarung mit den ausländischen Zwischenhändlern verstoße. Das RG bestätigte das klageabweisende Berufungsurteil und ergänzte es mit deutlichen Ausführungen, welche als Erschöpfungsgrundsatz in die patentrechtliche Terminologie eingingen: Das Patent schützt also die Ausnutzung der Erfindung durch den Patentinhaber in seinem inländischen Gewerbebetriebe. Besteht dieser Gewerbebetrieb in der Fabrikation und Verbreitung eines nach einem patentirten Verfahren hergestellten Produkts, so besteht die Wirkung des Patents darin, daß im Inlande Niemand außer dem Patentinhaber (und denjenigen Personen, die er dazu ermächtigt hat) das Produkt nach diesem Verfahren herstellen und in Verkehr bringen darf. Damit erschöpft sich aber auch die Wirkung des Patentschutzes. Hat der Pateninhaber unter diesem den Mitbewerb anderer Personen ausschließenden Schutze sein Produkt hergestellt und in Verkehr gebracht, so hat er die Vortheile genossen, welche ihm das Patent gewährt und damit sein Recht konsumirt. Das Patent räumt dem Patentinhaber nicht die Befugniß ein, Bedingungen vorzuschreiben, unter denen ein Verkehr mit seinem Produkt stattfinden soll. Will der Patentinhaber seinen Abnehmern derartige Bedingungen auferlegen, so ist er daran nicht verhindert, allein sein Recht hierzu entspringt lediglich aus der allgemeinen Vertragsfreiheit, nicht aus der Ausschließlichkeit seines Patentrechts. Diese setzt den Patentinhaber in den Stand, mit Ausschließung Anderer darüber zu bestimmen, ob sein Produkt in den Verkehr gelangen soll, nicht aber, die Art dieses Verkehrs nach seiner Willkür zu gestalten. Dafür, daß das Recht aus dem Patent auch diese 662 Kohler, Handbuch, S. 452 f.: rechtmäßig sei die Sache durch den Patentinhaber, einen Lizenzberechtigten oder einen Vorbenutzer hergestellt. Insbesondere der Vorbenutzer dürfe veräußern, seine Erwerber dürfen benutzen, ders., S. 480. 663 Kohler, Handbuch, S. 457. 664 RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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Befugniß enthalte, giebt das Patentgesetz selbst keinen Anhalt. Es ist auch nicht anzunehmen, daß eine derartige Ausdehnung der Rechte des Patentinhabers der Absicht des Gesetzgebers entspreche, weil sie zu unerträglichen Belästigungen des Verkehrs führen würde.665

Ausgehend von § 4 stellte das RG fest, dass sich das Patent in Betreff des hergestellten Produkts „erschöpfe“, sobald der Patentinhaber es hergestellt und in Verkehr gebracht habe. Denn er habe Dritte ausgeschlossen und damit sein Recht ausgenutzt. Das Patent an sich verlor seine Wirkung nicht, bezogen war die Einschränkung nur auf das konkrete Produkt.666 Es folgte damit grundsätzlich der Kohlerschen Ansicht, ließ aber die Herstellung allein nicht genügen. Die Ausnutzung erforderte über die Herstellung hinaus ein Inverkehrbringen. Auf den weiteren Umgang mit dem Produkt konnte der Patentinhaber nur vertraglich, nicht aber kraft seines Patents Einfluß nehmen. Eine solche Wirkung gewährte das PatG weder ausdrücklich, noch lag ihm ein entsprechender gesetzgeberischer Wille zugrunde. Soweit es sich mit den Interessen des Patentinhabers vertrug, sollte der gewerbliche Handel mit Sachen von patentrechtlichen Bindungen frei sein. Das RG begrenzte daher die Wirkung des Patentrechts, um die Interessen soweit auszugleichen, dass der „Erfinder“ eine angemessene Gegenleistung für seine Erfindung bekam. Das Patent sollte ihm nicht ermöglichen, Einfluss auf den weiteren Handel mit seinem Produkt zu nehmen. Etwas anderes galt, wenn die Sache von dem Berechtigten nicht im Inland in Verkehr gebracht war. Im Fall hatte die Klägerin das in Deutschland gefertigte Karbonat ins Ausland verkauft. Das RG betonte, dass der Patentinhaber sein Recht nur dann ausnutzte und erschöpfte, wenn er die Sache in den inländischen Verkehr bringe: Allerdings ist die Klägerin vermöge des ihr ertheilten Patents rechtlich in der Lage, die Einführung von nach dem patentirten Verfahren hergestelltem Guajacol-Karbonat aus dem Auslande in das Inland zu verbieten oder von ihrer Genehmigung abhängig zu machen. Auch wenn sie selbst dieses Produkt im Auslande in Verkehr gebracht hätte, würde die Einführung desselben in das Inland ihr Patentrecht verletzen. Eine Patentverletzung liegt aber nicht vor, wenn das aus dem Auslande eingeführte patentirte Produkt von der Klägerin selbst im Inlande in Verkehr gebracht und dadurch von jeder patentrechtlichen Verkehrsbeschränkung für das Inland frei geworden ist. [ . . .wird näher ausgeführt. . . ]667

Unerheblich war, ob Dritte oder der Patentinhaber selbst die Sache im Ausland in Verkehr gebracht hatten: Die Einfuhr nach Deutschland verletzte das Patent.668 Wie jeder andere sollte der Patentinhaber die Sache im Ausland in Verkehr bringen können, ohne dadurch sein Patentrecht in Deutschland zu schmälern. Erschöpfte er jedoch sein Recht, indem er die Sache in den deutschen Verkehr brachte, gab es 665 666 667 668

RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01). Darauf wies später RG v. 23. 2. 1903 (1 D 3999 / 02) besonders hin. RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01). Vgl. RG v. 2. 12. 1899 (I 324 / 99).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

keinen Grund, den Schutz wieder aufleben zu lassen, nur weil die Sache über den Umweg des Auslands wieder nach Deutschland eingeführt worden war.669 Nach dem in dieser Entscheidung aufgestellten Erschöpfungsgrundsatz wurde derjenige erfindungsgemäße Gegenstand von der Patentwirkung frei, welcher von dem Patentinhaber, oder mit seiner Zustimmung von einem anderen, hergestellt und im Inland in Verkehr gebracht war. Die Patentfreiheit bezog sich nur auf diesen Stoff- oder Erzeugnisschutz; auf die Wirkung anderer Patente hatte sie keinen Einfluss. Wer den durch Erschöpfung freien Gegenstand zur Anwendung eines nach anderem Patent geschützten Verfahrens benutzte, verletzte das Verfahrenspatent.670 Der Erschöpfungsgrundsatz blieb von nun an ständige Rechtsprechung.671 Zur Verdeutlichung sei hinzugefügt, was das RG nicht ausdrücklich aussprach: Nur das rechtmäßige Inverkehrbringen erschöpfte die Patentwirkung. Es gab keinen Gutglaubensschutz. Wer eine widerrechtlich hergestellte und in Verkehr gebrachte Sache erwarb und darauf vertraute, dass er diese ohne weiteres benutzen dürfe, war wie jeder Dritte auf die Erlaubnis des Patentinhabers angewiesen. Er unterlag trotz Eigentumserwerb dem Patentrecht, das Patentinteresse überwog den Vertrauensschutz. Umgekehrt war es möglich, dass eine Sache ohne Zustimmung des Patentberechtigten rechtmäßig in den Verkehr gelangte: Die von einem Vorbenutzungsberechtigten hergestellte Sache unterlag nicht der Wirkung des Patents, sie war frei.672 Kohler stellte ferner die Frage, ob ein Patentinhaber auch nach erfolgreicher Schadenersatzklage verbieten könne, dass die patentverletzende Sache benutzt werde: Sobald der Verletzte seine gesamte Entschädigung erhalten habe, sei der Gebrauch der klagegegenständlichen Sache frei.673

669 So lag der entschiedene Fall, RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01): Durch Absendung der patentierten Ware ins Ausland brachte der Berechtigte im Inland selbst in Verkehr, vgl. S. 294 f., RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84); RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I RG v. 23. 2. 1903 (1 D 3999 / 02). 670 Jeder frei benutzbare Gegenstand konnte Benutzungsbeschränkungen unterliegen, soweit er z. B. für ein bestimmtes geschütztes Verfahren angewendet werden sollte, RG v. 30. 5. 1900 (I 107 / 00). Entsprechend deckte der Erwerb einer patentierten Maschine nur ihren Gebrauch in abstracto, nicht aber ihren Gebrauch zu einem geschützten Verfahren, Kohler, Handbuch, S. 457. 671 RG v. 23. 2. 1903 (1 D 3999 / 02); RG v. 4. 7. 1904 (I 516 / 03). Der Erschöpfungsgrundsatz erhielt auch auf anderen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes Einzug, vgl. z. B. für das Warenzeichenrecht RG v. 10. 5. 1912 (4 D 247 / 12) und für das Urheberrecht RGZ 63, S. 394, 398 v. 16. 6. 1906 (I 5 / 06). Der Grundsatz hat noch heute seine Geltung, Bernhardt / Kraßer, S. 578. 672 Siehe S. 345 f. 673 Kohler, Handbuch, S. 454; so auch heute Bernhardt / Kraßer, S. 579.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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3. Die Entscheidung vom 18. 9. 1909 Ein besonderer Fall lag der Entscheidung vom 18. 9. 1909674 zugrunde: Die Klägerin hatte mehrere ihr geschützte Maschinen an den Schuhmachermeister Giering vermietet und ihm die Benutzung erlaubt. Mit ihrem Wissen baute dieser die Maschinen in sein Fabrikgebäude ein. Als er in Zahlungsschwierigkeiten geriet, kündigte die Klägerin die „Mietverträge“. Kurz darauf wurde über das Vermögen des Giering das Konkursverfahren eröffnet. In einem ersten Vorprozess hatte die Klägerin gegen zwei Hypothekengläubiger, von denen einer der Beklagte des nunmehr zu entscheidenden Prozesses war, Klage auf Einwilligung in die Entfernung der Maschinen aus dem Grundstück und in ihre Rückgabe an die Klägerin erhoben. Diese Klage war rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen worden, dass die Maschinen durch den Einbau wesentliche Bestandteile des Fabrikgebäudes und dadurch Eigentum des Giering geworden seien. In einem zweiten Vorprozess gegen die Konkursmasse ist der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der durch den Eigentumserwerb erlangten Bereicherung dem Grunde nach zugesprochen worden. In der Zwangsversteigerung hatte der jetzige Beklagte das Eigentum am Fabrikgrundstück durch Zuschlag erworben und die Maschinen entfernt und weiterverkauft. Die Klägerin erblickte hierin ein Inverkehrbringen der Maschinen und verlangte nunmehr Schadenersatz wegen Patentverletzung. Der Beklagte war der Ansicht, dass jegliches Recht der Klägerin an den betroffenen Maschinen schon wegen des Einbaus nach §§ 946, 949 BGB, spätestens aber durch den Zuschlag erloschen sei. Das RG führte zunächst aus, „daß die Tatsache des bloßen Eigentums an der eine Erfindung verkörpernden Sache die in dem Patentrecht in bezug auf diese Sache enthaltenen Befugnisse nicht mit sich bringt“. Der Eigentümer einer Sache, im Fall nacheinander Giering und der Beklagte als Eigentümer der Maschinen, musste nicht notwendig patentrechtlich berechtigt sein. Unbestreitbar unterliege dem Patentrecht aus § 4 auch, wer eine patentverletzende Sache herstelle und dadurch Eigentümer werde. Zur Frage, ob durch den Eigentumserwerb nach § 946 BGB i.V.m. §§ 93, 94 BGB675 die an der Sache bestehenden Patentrechte Dritter wegen § 949 BGB untergingen, war damit nichts gesagt. Das RG deutete RG v. 18. 9. 1909 (I 374 / 08). Die §§ 93, 94 BGB sollten verhindern, dass eine wirtschaftliche Einheit in ihre Bestandteile getrennt und dadurch wirtschaftliche Werte zerstört wurden. RG v. 18. 9. 1909 (I 374 / 08) beschrieb nicht näher, wie die Maschinen mit dem Fabrikgrundstück verbunden waren. Der Beklagte hatte sie später entfernt und veräußert. Eine Einordnung als wesentliche Bestandteile des Grundstücks erscheint trotz des „Einbaus“ fraglich. Das RG wies auf die rechtskräftige Entscheidung im ersten Vorprozess hin. Grundsätzlich erwuchs der Tenor in Rechtskraft, d. h. die Abweisung des Herausgabeanspruchs. Nach der Savignyschen Lehre, siehe dazu Baumbach / Lauterbach-Hartmann, § 322, Rn. 9, erstreckte sich die Rechtskraft auch auf die „in den Gründen enthaltenen Elemente des Urteils“, d. h. auf den Eigentumserwerb des Giering. Ob das RG ihr folgte, geht aus der Entscheidung nicht hervor. Jedenfalls zweifelte es nicht am Eigentumserwerb des Giering. 674 675

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

nur an, dass diese Vorschrift eventuell über ihren Wortlaut hinaus nicht nur dingliche, sondern alle Rechte erlöschen lasse, welche den Genuss des Eigentums an der Sache beeinträchtigten. Statt den Fall allein sachenrechtlich zu lösen, prüfte das RG, ob die Klägerin ihr Patentrecht an den Maschinen durch das mit Giering abgeschlossene Geschäft erschöpft habe. Grundsätzlich erschöpfe eine Vermietung das Patentrecht nicht, sondern belasse dem Inhaber die sachen- und patentrechtliche Verfügungsgewalt. Die Klägerin könne aber ihre Maschinen in Verkehr gebracht haben, als sie mit deren Einbau in das Fabrikgebäude einverstanden war. Auch diese Erwägungen konnte das RG unentschieden lassen. Es wies die Revision der Klägerin aus einem anderen Grunde zurück: Der geltend gemachte Schadenersatz kam schon mangels Verschuldens nicht in Betracht. Mit seiner Entscheidung warf das RG zwei patentrechtlich erhebliche Fragen auf, zum einen nach dem Verhältnis von Sachen- und Patentrecht i.R.d. § 949 BGB, zum anderen nach dem Umfang des Inverkehrbringens. Gleichwohl nutzte es nicht die Gelegenheit, das angesprochene Verhältnis zu klären oder den Begriff des Inverkehrbringens genauer zu definieren. Allein die Vorschläge lassen die Tendenz der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zum bereits etablierten Erschöpfungsgrundsatz erkennen: Der weitere gewerbliche Verkehr mit erfindungsgemäßen Gegenständen sollte möglichst wenig Einschränkungen ausgesetzt sein. Dieses Ergebnis sollte sich ggf. mit sachenrechtlicher Begründung oder durch eine weite Auslegung des für die Erschöpfung vorausgesetzten Inverkehrbringens erreichen lassen. Das Sachenrecht erscheint indes zur Lösung ungeeignet: Das Recht aus dem Patent war dem Eigentum ähnlich, mit letzterem aber nicht in jeder Hinsicht zu vergleichen.676 Das Immaterialgüterrecht erstreckte seine Wirkung auf körperliche Gegenstände. Entfiele diese Wirkung wie das Eigentum oder ein beschränkt dingliches Recht durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung, hätte es einer Einschränkung des Erzeugnisschutzes nach § 4 Satz 2 auf unmittelbare Erzeugnisse nicht bedurft. Nach seiner ganzen Ausgestaltung war der Patentschutz unabhängig von der sachenrechtlichen Lage. Er belastete nicht den körperlichen Gegenstand, sondern schützte maßgeblich die Benutzung und Verwertung des Erfindungsgedankens.

II. Das Vorbenutzungsrecht aus § 5 Abs. 1 PatG Die Wirkung des Patents erfuhr eine weitere Einschränkung gegenüber dem, der sich auf ein Vorbenutzungsrecht i.S.d. § 5 Abs. 1 berufen konnte.677 Das VorbenutSiehe S. 65 ff. Das Vorbenutzungsrecht konnte einredeweise, widerklagend oder im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden, RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90). Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen trug, wer sich darauf berief, RG v. 9. 11. 1904 (I 286 / 04). 676 677

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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zungsrecht beschränkte das Patent nicht in seiner absoluten Wirkung, sondern begrenzte es nur relativ zugunsten des Vorbenutzers.678 Es konnten auch mehrere Personen unabhängig voneinander Vorbenutzungsrechte erwerben. Ein solches Recht beseitigte den Vorwurf der objektiven Patentverletzung mit der Folge, dass die Patentwirkung679 gegen den Vorbenutzer nicht eintrat.

1. Die Aufgabe des Vorbenutzungsrechts Ziel des Vorbenutzungsrechts war es, einen Ausgleich für die als ungerecht empfundenen Folgen des Erstanmeldeprinzips680 zu schaffen.681 Der erste Anmelder erwarb durch die Erteilung des Patents die Möglichkeit, jeden anderen von der Benutzung auszuschließen. Das erschien im Fall der Doppelerfindung, bei dem mehrere unabhängig voneinander dieselbe Erfindung machten, unbillig.682 Der Patentinhaber hätte dem patentlosen Erfinder die Benutzung seiner fertigen Erfindung verbieten können, obwohl dieser wie jener Kraft, Zeit und Kapital aufgewendet hatte. Zwar setzte das Patentrecht Anreize, fertige Erfindungen offenzulegen und mit Hilfe des Schutzrechts auszubeuten. Gleichwohl stand es jedem Erfinder frei, seine Erfindung geheimzuhalten und ohne Patent auszunutzen. Es konnte nicht Sinn des Patentrechts sein, den Wettlauf zur Anmeldung dadurch weiter zu beschleunigen, dass der Unterliegende gänzlich rechtlos gestellt würde.683 Schließlich hing es häufig vom Zufall ab, welcher von mehreren Erfindern seine Erfindung zuerst anmeldete. Das Vorbenutzungsrecht sollte den „berechtigten Besitzstand“ sichern, den ein patentloser Erfinder im Zeitpunkt der Patentanmeldung eines anderen hatte.684 678 RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90). 679 Der Patentwirkung stand die vorläufige Schutzwirkung einer angemeldeten und bekannt gemachten Erfindung auch bezüglich des Vorbenutzungsrechts gleich, sofern zur Zeit der Anmeldung eine Vorbenutzung vorlag, RG v. 22. 2. 1894 (I 513 / 93). 680 § 3 Abs. 1; das Patentrechts würdigte nicht die Priorität der Erfindung, sondern die frühere Anmeldung, siehe u. a. S. 71. 681 RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87). 682 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 21; Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 14; RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87); RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90); RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95). Von der Doppelerfindung zu unterscheiden war die gemeinsame Erfindung, die mehrere Erfinder zusammen aufgrund eines Entschlusses machten. Sie konnten auch das Patent zusammen erwerben. 683 Zu befürchten war ein Andrang unreifer und leichtfertiger Patentgesuche, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 14. 684 RG v. 1. 5. 1885 (2 D 925 / 85); RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87); RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90); RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95); RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99); RG v. 28. 6. 1902 (I 84 / 02); RG v. 14. 12. 1903 (I 317 / 03); RG v. 25. 2. 1911 (I 558 / 09). Isay (1926), S. 276, beschrieb den Rechtsgedanken des § 5 Abs. 1 treffend: „( . . . ) daß durch die Patenterteilung zwar der wirtschaftliche Wert einer Erfindung möglichst zugunsten der nationalen Wirtschaft

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Auf der anderen Seite verfolgte das Vorbenutzungsrecht nicht den Zweck, das Recht des Patentinhabers zugunsten des Vorbenutzers einzuschränken. Aufrecht zu erhalten war nur der vor der Anmeldung entstandene und daher schützenswerte Erfindungsbesitz. Der Vorbenutzer erlangte kein Ausschließlichkeitsrecht, nur weil einem anderen ein Patent erteilt wurde. Zwar konnte er von der Erteilung nutznießen, sofern der Patentinhaber Dritte von der Erfindungsbenutzung ausschloss. Seiner Berechtigung fehlte aber das negative Verbotsrecht des Patentinhabers,685 es wirkte nur relativ – ihm gegenüber. Das Vorbenutzungsrecht setzte die Berechtigung fort, die der Vorbenutzer vor der Patenterteilung an den anderen besaß. Zur weiteren Rechtsnatur hat sich das RG selbst nicht geäußert. In einem Urteil ist nur die Ansicht der Vorinstanz erwähnt, das Vorbenutzungsrecht sei eine positive Ausnutzungsbefugnis.686 Richtig ist, dass der Vorbenutzer seinen Erfindungsbesitz ausnutzen durfte, obwohl die Patenterteilung die ursprüngliche Gewerbefreiheit eingeschränkt hatte. Der Begriff der Ausnutzungsbefugnis war zu unterscheiden von dem naheliegenden, enger aufzufassenden Ausnutzungs- oder Verwertungsrecht. Die Rechtsordnung wies dem Inhaber der Befugnis nicht die Vorteile zu, welche Dritte aus der Benutzung der Erfindung erlangten. Der Vorbenutzer hatte gegen Dritte, welche die Erfindung benutzten, infolge der fehlenden Ausschließlichkeit keine Verletzungsansprüche wegen unberechtigter Geschäftsführung oder ungerechtfertigter Bereicherung.687 Schutz genoss das Vorbenutzungsrecht als absolutes Recht nach den allgemeinen Vorschriften vor Beeinträchtigungen und schuldhaften Verletzungen, insbesondere nach §§ 1004, 823 BGB, wenn der Patentinhaber das Vorbenutzungsrecht nicht anerkannte. Ein besonderer patentrechtlicher Schutz von Erfindungen setzte erst mit der Erteilung bzw. mit dem vorläufigen Schutz der angemeldeten und bekannt gemachten Erfindung ein. 2. Die Entstehung des § 5 Abs. 1 PatG Der Grundsatz der Vorbenutzung war bereits in der Übereinkunft vom 21. September 1842 anerkannt. Auch § 5 Abs. 1 des Entwurfs vom 24. Februar 1877 gewährte dem, der die Erfindung in Benutzung genommen hatte, ein Vorbenutzungsrecht.688 Die VII. Kommission689 erweiterte dieses für die Fälle, in denen der Erfinder seine Erfindung gemacht und „die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen“, mit der Benutzung selbst aber noch nicht begonnen hatte. Der Besitzstand des Erfinders sei auch ohne Benutzung unter Umständen schutzwürgewonnen werden, daß dies aber nicht durch die Zerstörung wirtschaftlicher Werte erfolgen soll, welche die Erfindung bereits geschaffen hat.“ 685 RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82); RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90). 686 RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). 687 Isay (1926), S. 292. 688 Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 4, S. 21. 689 Siehe S. 54, Drucks-RT 1877 Nr. 144.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

321

dig. Zwar sei im Einzelfall schwer zu bestimmen, welche Veranstaltungen getroffen sein mussten, die Kommission empfahl aber ausdrücklich: Der Richter dürfte dabei aber das Richtige treffen, wenn er als das entscheidende Moment das Vorhandensein solcher Thatsachen und Handlungen annimmt, welche die Ueberzeugung feststellen, daß die betreffende Person die Erfindung in ihren wesentlichen Theilen auszuführen beschäftigt ist. Die Ausfertigung der Zeichnungen, oder die theoretische Darstellung des Verfahrens allein würde also nicht genügen, während, wenn auf Grund der angefertigten Zeichnungen bereits die Modelle angefertigt werden, die Bauten begonnen sind, oder das Verfahren praktisch angefangen hat, im Zweifelsfalle angenommen werden müßte, daß der durch den Zusatzantrag zu treffende Fall vorliegt.690

Damit brachte sie zunächst zum Ausdruck, dass sie die nähere Bestimmung den gesetzanwendenden Gerichten anvertraute. Zugleich lieferte sie Anhaltspunkte als Rahmen für die richterliche Tätigkeit. Nicht erforderlich war eine Vorbenutzung der gesamten Erfindung, es reichte die Ausführung in wesentlichen Teilen. Das setzte voraus, dass die Erfindung selbst gänzlich fertig gestellt war.691 Anscheinend rechnete die Kommission die Ausfertigung von Zeichnungen noch zum Erfinden selbst, gleichsam als abschließenden Schritt.692 Eine Vorbenutzung schien ein praktisches Tätigwerden in Richtung auf die Benutzung zu erfordern. Das erblickte die Kommission in der Anfertigung von Modellen. Die Rechtsprechung war gefordert, diesen Rahmen auszufüllen und Merkmale für eine Abgrenzung dieser 2. Alternative festzulegen. Der Reichstag stimmte der vorgeschlagenen Regelung des Vorbenutzungsrechts zu. § 5 Abs. 1 PatG 1877 besagte: Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher bereits zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte.

In der Praxis bewährte sich die Regelung, so dass es für den Gesetzgeber von 1891 kaum Änderungsbedarf gab. Allein die Frage nach Art und Umfang des Vorbenutzungsrechts hatte vermehrt die Wissenschaft693 und die Gerichte694 beschäftigt. Ihrer nahm sich der Entwurf vom November 1890 an: Der Vorbenutzer sollte seine zur Zeit der Anmeldung begründete Vorbenutzung später ausweiten können. Dem produktionsmittellosen Erfinder sollte zugute kommen, dass er seine Erfindung sogar in fremden Werkstätten ausnutzen durfte. Um zu verhindern, dass der Vorbenutzer Lizenzen erteilte und das Patent gänzlich entwertete, war er an „die 690 691

Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 14. Das schloss aus, dass zufällige finanzielle Engpässe den Erfindungsbesitz verhinder-

ten. 692 Zeichnungen und Versuche führten häufig zu Verbesserungen und zur Vervollkommnung der Erfindung und stellten daher einen Teil der Erfindungstätigkeit selbst dar. 693 Vgl. Seligsohn, S. 160 f., und Kohler, Handbuch, S. 475 ff., im Gegensatz zu Isay (1926), S. 288 f., und Schanze, Recht der Erfindungen, S. 264. 694 Zur reichsgerichtlichen Rechtsprechung siehe S. 343 ff.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Bedürfnisse seines eigenen Betriebes“ gebunden.695 Die XI. Kommission vom Februar 1891696 fügte einen dritten Satz hinzu, um die Bindung des Vorbenutzungsrechts an den Betrieb des Vorbenutzers zu verdeutlichen. Es sollte nicht an seiner Person hängen. § 5 Abs. 1 erhielt 1891 folgende Fassung: Die Wirkung des Patents tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher zur Zeit der Anmeldung bereits im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Derselbe ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Diese Befugniß kann nur zusammen mit dem Betriebe vererbt oder veräußert werden.

3. Exkurs: die Abgrenzung zu § 2 und zu § 44 PatG Zu unterscheiden war das in § 5 Abs. 1 geregelte Vorbenutzungsrecht insbesondere697 von der offenkundigen Benutzung nach § 2 und vom Vorbenutzungsrecht gegenüber umgewandelten Patenten nach § 44. Nach § 2 galt eine Erfindung nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung ( . . . ) im Inlande bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint.

Eine offenkundige Benutzung nahm der noch nicht patentierten Erfindung ihre Patentfähigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1. Die Erteilung war zu versagen. Entscheidend war die Offenkundigkeit; sie machte die Benutzung zu einer gemeinfreien. Die Vorbenutzung hingegen verhinderte die Patenterteilung an einen anderen nicht, da sie geheim oder zumindest nicht offenkundig i.S.d. § 2 erfolgte.698 Ein Vorbenutzungsrecht gewann erst Bedeutung, wenn ein Patent an einen anderen erteilt war. Anders als bei der offenkundigen Benutzung waren der Vorbenutzer und der Patentinhaber an der Erfindung berechtigt, nicht aber die Allgemeinheit. Das Vorbenutzungsrecht aus § 5 Abs. 1 war gegenüber dem besonderen Vorbenutzungsrecht aus § 44 abzugrenzen. Diese Vorschrift aus dem mit „Uebergangsbestimmungen“ überschriebenen Fünften Abschnitt des PatG regelte die Vorbenut695 S. § 5 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs; die Motive sprachen sich für „eine beliebige Erweiterung der Ausnutzung für die Zwecke seines Betriebes, aber auch nur für diese Zwecke“ aus, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 16 f.; Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322, S. 11. Sinn der Regelung war nicht, dem Vorbenutzer die private Benutzung zu verbieten, die grundsätzlich jedem erlaubt war. 696 Siehe S. 58, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322. 697 Erst nach der hier behandelten Zeit war das Vorbenutzungsrecht zudem von einem Weiterbenutzungsrecht zu unterscheiden: Im Ersten Weltkrieg waren viele Patente erloschen, weil häufig die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ihrer Aufrechterhaltung fehlten. Der Gesetzgeber gewährte allen Inhabern gewerblicher Schutzrechte eine Frist von einem Jahr seit dem 10. 1. 1920, um alle erforderlichen Handlungen nachzuholen. Verfallene Patente konnten so wieder in Kraft treten. Gleichwohl erschienen Dritte, die in der Zwischenzeit die Erfindungen rechtmäßig benutzt hatten, schützenswert. Das Berner Abhkommen v. 30. 6. 1920 regelte ein Weiterbenutzungsrecht, siehe Isay (1926), S. 295. 698 RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81); RG v. 1. 5. 1907 (I 447 / 06).

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zung gegenüber Reichspatenten, die aus der Umwandlung ehemaliger Landespatente gemäß § 42 entstanden waren:699 Durch die Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe des §. 42 werden diejenigen, welche die Erfindung zur Zeit der Anmeldung derselben ohne Verletzung eines Patentrechts bereits in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatten, in dieser Benutzung nicht beschränkt.700

Ein Vorbenutzungsrecht hatte danach, wer eine durch Landespatent geschützte Erfindung vor ihrer Anmeldung zum Reichspatent „vorbenutzt“ hatte. Jedoch gewährte § 44 nur ein eingeschränktes Vorbenutzungsrecht. Anders als nach § 5 Abs. 1701 entfaltete das durch Umwandlung entstandene Reichspatent seine Wirkung grundsätzlich auch dem Vorbenutzer gegenüber. Allein „in dieser Benutzung“ beschränkte es ihn nicht. Die Motive gingen davon aus, dass im Fall des § 44 die Vorbenutzung auf der Kenntnis des Vorbenutzers von dem Landespatent beruhe. Ein Recht i.S.d. § 5 Abs. 1 hätte seine Benutzung zumindest nicht in dem patenterteilenden Land begründen können. Er sei weniger schutzwürdig als der Doppelerfinder, der selbst Kraft, Zeit und Kapital aufgewendet habe und für den § 5 Abs. 1 gedacht sei.702 Das RG bestätigte das früh703 und stellte den Unterschied zwischen den beiden Vorbenutzungsrechten in einer Entscheidung vom 25. 4. 1882 dar.704 Beide Regelungen bezweckten den Schutz des rechtmäßigen Besitzstands. Erfindungsbesitzer könne ein Dritter oder der Erfinder selbst sein:

699 § 42 PatG 1877: „Der Inhaber eines bestehenden Patentes (§. 41) kann für die dadurch geschützte Erfindung die Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe dieses Gesetzes beanspruchen. ( . . . ) Die Ertheilung des Patentes ist zu versagen, wenn vor der Beschlußfassung über die Ertheilung der Inhaber eines anderen, für dieselbe Erfindung bestehenden Patentes (§. 41) die Ertheilung des Patentes beansprucht oder gegen die Ertheilung Einspruch erhebt. Wegen mangelnder Neuheit ist die Ertheilung des Patentes nur dann zu versagen, wenn die Erfindung zur Zeit, als sie im Inlande zuerst einen Schutz erlangte, im Sinne des §. 2 nicht mehr neu war. Mit der Ertheilung eines Patentes nach Maßgabe dieses Gesetzes erlöschen die für dieselbe Erfindung bestehenden Patente (§. 41), sowiet der Inhaber des neuen Patentes deren Inhaber ist. Soweit dieses nicht der Fall ist, treten die gesetzlichen Wirkungen des neuen Patentes in dem Geltungsbereiche der bestehenden Patente erst mit dem Ablaufe der letzteren ein.“ RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81) wies darauf hin, dass auf die Erteilung des umgewandelten Patents nur der Inhaber des Landespatents einen Anspruch hatte, nicht aber wie bei § 3 Abs. 1 der erste Anmelder. 700 Da das PatG 1891 durch seinen Art. I nur die §§ 1 bis 40 ersetzte, blieb § 44 a.F. formell in Kraft. Ein nach § 42 in ein Reichspatent umgewandeltes Landespatent erlosch jedoch spätestens am 30. 6. 1892. 701 § 5 Abs. 1 begann mit „Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, ( . . . ).“ 702 StenBer-RT 3. Leg., I. Sess. 1877, Dritter Bd., 1877, Anlage Nr. 8 zur Sitzung v. 24. 2. 1877, S. 12, 26; Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 36. 703 RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). 704 RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Im Uebrigen aber besteht zwischen den Bestimmungen der §§ 5 und 44 cit. nach Geist und Wortlaut der Gegensatz, daß der § 5 Absatz 1 dem Patente gegen denjenigen, welcher zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers die Erfindung im Inland bereits in Benutzung genommen oder deren Benutzung vorbereitet hatte, jede Wirkung versagt, und zwar ohne nach der Art der Benutzung zu unterscheiden, während nach § 44 bei der Anmeldung eines Landespatents zur Umwandlung in ein Reichspatent derjenige welcher zu dieser Zeit die Erfindung ohne Verletzung eines Patentrechtes benutzte, nur in dieser Benutzung nicht beschränkt werden soll. ( . . . ) Im letzteren Falle sind demgemäß keine Erweiterungen des Besitzstandes, sondern nur Fortsetzungen derjenigen Art der Benutzung statthaft, welche vor der neuen Anmeldung bereits begonnen oder vorbereitet war.705

4. Die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts in der Rechtsprechung Ein Vorbenutzungsrecht nach § 5 Abs. 1 erwarb, wer „zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte“. Das Vorbenutzungsrecht hatte demnach zwei wesentliche Voraussetzungen: Erstens musste der Vorbenutzer im Besitz der später einem anderen patentierten Erfindung sein; zweitens musste er eine Vorbenutzungshandlung vorgenommen haben. Diese Voraussetzungen sind vom RG in einer Fülle von Urteilen geprüft und näher bestimmt worden.

a) Der rechtmäßige Erfindungsbesitz Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 erwähnte als Gegenstand der Vorbenutzung nur „die Erfindung“. Zwischen der vorbenutzten und der patentierten Erfindung wurde nicht unterschieden. Wiederholt verwies das RG auf die Gesetzgebungsmaterialien und betonte, die Vorschrift habe „den Fall der Doppelerfindung im Auge, die unabhängig von einander ( . . . ) vor sich gegangen“ sei.706

aa) Die Gleichheit von vorbenutzter und patentierter Erfindung Daraus folgte zunächst, dass die vorbenutzte Erfindung und die des Patentinhabers sich decken mussten. Hieran mangelte es in einem frühen Fall, den das RG am 22. 5. 1886 entschied.707 Der Beklagte hielt ein Patent auf ein Verfahren zur Herstellung „feuerfester Asbestfarbe“, in welchem unter anderem Borax verwendet 705 RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81). Eine quantitative Ausweitung hielt das RG auch bei § 44 für zulässig. 706 RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90); so auch später wortgleich RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95); Vgl. RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99). 707 RG v. 22. 5. 1886 (I 92 / 86).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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wurde. Beide Parteien hatten vor der Patentanmeldung zusammen feuerfeste Anstriche hergestellt und verkauft, dabei aber kein Borax verwendet. Dem RG zufolge war die beantragte Entscheidung über ein klägerisches Vorbenutzungsrecht nicht davon abhängig, ob die Verwendung von Borax wesentlich für die patentierte Erfindung war. Insoweit die Klägerin kein Borax verwendet habe, könne sie jedenfalls keine Vorbenutzung des patentierten Verfahrens beanspruchen, in welchem Borax Verwendung finde. Geschützt konnte nur der Besitzstand des Vorbenutzers sein. Anwendbar war § 5 Abs. 1 erst, wenn der Erfindungsbesitz des Vorbenutzers zumindest die patentierte Erfindung umfasste.708 Besonders deutlich formulierte das RG 1911 ausdrücklich: Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß das Erfordernis der Identität des vorbenutzten und des patentierten Gegenstandes nicht rein äußerlich verstanden werden darf. Vielmehr bestimmt sich der Umfang des Rechts des Vorbenutzers nach der in seinem Besitzstande zum Ausdruck gebrachten Erfindungsidee. Enthält das bisher Ausgeführte einen technischen Gedanken, der ohne weiteres über die vorhandene Formgebung hinausgeht und, einmal offenbart, auch in einer abweichenden Form wiedergegeben werden kann, so wird auch die abweichende Ausführung durch das Vorbenutzungsrecht gedeckt ( . . . ).709

In dem Fall ging es darum, dass der Vorbenutzer seinen Erfindungsgedanken nach der Patentanmeldung durch eine „handwerksmäßige, jedem Sachverständigen geläufige Maßnahme“ auf eine andere Maschine übertragen hatte.710 Das Vorbenutzungsrecht war nicht auf den Fall der Äquivalenz zu beschränken, bei der ein gleichwertiges Mittel zur Anwendung kam. Vielmehr galt der Schutz des Erfindungsbesitzes umfassend für den Erfindungsgedanken: Indessen maßgebend für den Umfang des Vorbenutzungsrechts kann nur die Tragweite des Erfindungsgedankens sein. Solange die Abweichungen des Patents von dem Vorbenutzten nicht selbst erfinderischen Charakter aufweisen, werden die Grenzen des bisherigen Besitzstandes durch Anbringung der Abweichungen nicht überschritten. Es handelt sich dann immer nur um die weitere Anwendung der Erfindung, die schon vor dem Patente besessen wurde.711

Das Vorbenutzungsrecht setzte daher voraus, dass die patentierte Erfindung vom Erfindungsgedanken des Vorbenutzers umfasst war. Umgekehrt formulierte das 708 Vgl. ebenso RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87): „( . . . ), und es könne auch eine volle Identität dieser Erfindung mit der patentirten Erfindung nicht verlangt werden, da vielmehr eine wesentliche Uebereinstimmung beider Erfindungen genüge.“; RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90); RG v. 16. 5. 1900 (I 87 / 00) lehnte eine Vorbenutzung ab, weil der Beklagte nur die Benutzung eines Teils der geschützten Anordnung geltend gemacht hatte; RG v. 28. 11. 1914 (I 200 / 14) sprach aus, „§ 5 PG setze voraus, daß der Prätendent dieselbe, wie die dem Patentinhaber geschützte Erfindung gemacht habe.“ 709 RG v. 29. 4. 1911 (I 130 / 10). Von einer „im Wesentlichen identische(n) Erfindung“ sprach schon RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82). 710 Weitere Veränderungen waren nur durch die Bauart der anderen Maschine bedingt und unwesentlich. 711 RG v. 29. 4. 1911 (I 130 / 10); RG v. 26. 3. 1902 (I 403 / 01); RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

RG 1914, der Vorbenutzer müsse dieselbe Erfindung wie der Patentinhaber gemacht, d. h. dessen Erfindungsgedanken in seinen Einzelheiten erfasst haben.712

bb) Die Rechtmäßigkeit des Erfindungsbesitzes Weiter war mit dem Begriff Doppelerfindung die Unabhängigkeit der vorbenutzten Erfindung von der geschützten angesprochen. Der Erste Strafsenat des RG verneinte die Unabhängigkeit in einer Entscheidung von 1895, weil die Angeklagten nicht selbst erfunden, sondern heimlich und gegen den Willen des späteren Patentinhabers Kenntnis von dessen Erfindung erlangt hatten. Die von ihnen benutzte Erfindung war keine eigene und daher nicht schutzwürdig. Das PatG sah nach §§ 1, 2 für neue, nicht offenkundig benutzte Erfindungen Schutz vor. Die ihrem Erfinder widerrechtlich entnommene Erfindung konnte zwar patentiert werden, jedoch konnte der Erfinder nach § 3 Abs. 2 Einspruch erheben oder nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 (§ 10 Nr. 2 a.F.) ein solches Patent vernichten. Aus diesen Vorschriften folgerte das RG, dass nur selbständigen Erfindungen patentrechtlicher Schutz zuteil werden sollte: Es erscheint vielmehr zweifellos, daß mit dem Ausdruck „Erfindung“ im §. 5 ebenfalls eine selbständige und deshalb von der Thätigkeit des Patentinhabers unabhängige Erfindung gemeint ist ( . . . ).713

Maßgebliches Kriterium für eine vorbenutzungsberechtigende Erfindung war ihre Selbständigkeit.714 Diese lag jedenfalls vor, wenn die Erfindung des Vorbenutzers unabhängig von der des Patentinhabers gemacht war. In der Rechtsprechung erhielt die vorbenutzte Erfindung fortan die Attribute „selbständig“ oder „unabhängig“.715 § 5 Abs. 1 beschränkte sich jedoch nicht nur auf den Fall der Doppelerfindung. Das RG wendete die Vorschrift allgemein auf den berechtigten Erfindungsbesitz an.716 Dafür musste der Vorbenutzer die Erfindung nicht notwendig selbst gemacht haben. Er konnte seinen Besitz auch an einer fremden Erfindung berechtigt begründen, z. B. durch die Einwilligung des Erfinders.717 Hingegen versagte das RG den Schutz des Vorbenutzungsrechts in Fällen, in denen ein ehemaliger AngestellRG v. 28. 11. 1914 (I 200 / 14). RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95); auch im PatG gelte der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass niemand durch eine unerlaubte Handlung ein Recht erwerben könne. 714 So auch Isay (1926), S. 278. 715 RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95); RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95); RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99); RG v. 28. 6. 1902 (I 84 / 02); RG v. 14. 12. 1903 (I 317 / 03). 716 Erstmals ist dieses in einem der frühesten Urteile des RG angedeutet, RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I, seitdem ständige Rechtsprechung der Zivil- und Strafsenate: RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81); RG v. 1. 5. 1885 (2 D 925 / 85); RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95); RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95). 717 RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). 712 713

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ter eine betriebsgeheime Erfindung nach Ausscheiden aus dem Betrieb in einem eigenen Unternehmen verwertete; er konnte sich gegenüber dem Unternehmen, das ihn beschäftigt und später das Patent erworben hatte, nicht auf ein Vorbenutzungsrecht berufen.718 Das RG argumentierte wie folgt: Das Patentgesetz will hiernach demjenigen, welcher das Geheimniß der Erfindung eines Anderen sich auf unredliche Art verschafft hat, beim Widerspruche desselben kein Recht auf ein Patent gewähren. Es ist deshalb undenkbar, daß einer solchen Person, wenn sie den Gegenstand der Erfindung zwar nicht anmeldet, aber vor der Anmeldung des Erfinders in Benutzung nimmt, durch das Gesetz das Recht gegeben sein sollte, dem Erfinder, welchem das Patent ertheilt ist, in der ihm durch §. 4 gewährleisteten ausschließlichen Ausnutzung des Erfindungsgedankens für alle Zeiten entgegenzutreten und dadurch den Werth des Patentes vielleicht illusorisch zu machen oder doch wesentlich herabzumindern.719

Wer eine fremde Erfindung gegen den Willen des Erfinders in Benutzung nahm, erlangte daran ihm gegenüber kein Vorbenutzungsrecht. In aller Deutlichkeit sprach das RG 1912 aus, dass der Erfindungsbesitz des Vorbenutzers zumindest dem Patentinhaber gegenüber rechtmäßig sein müsse: Auch demjenigen, der auf andere Weise (scil. als durch Doppelerfindung) in den Besitz der Erfindung gelangt ist, und selbst dem unredlichen Erwerber, ist der Schutz des § 5 nicht zu versagen, vorausgesetzt nur, daß ihn nicht gerade gegenüber dem Patentinhaber der Vorwurf der widerrechtlichen Aneignung trifft.720

Der Erfindungsbesitz musste dem Patentinhaber gegenüber rechtmäßig sein. Das RG zog hier enge Grenzen: Rechtmäßig sei die Aneignung nur, wenn „entweder eine selbständige Erfindung vorliegt oder doch der Patentinhaber oder seine Rechtsvorgänger in die Entnahme der Erfindung gewilligt haben.“721 Ohne die Einwilligung des Erfinders war niemand vorbenutzungsberechtigt, es sei denn, er hatte dieselbe Erfindung selbst gemacht. Das RG stärkte damit den Schutz des Vermögensrechts, welches der Erfinder vor seiner Patentanmeldung hatte. Dem Erfinderrecht fehlte zwar die Ausschließlichkeit. Gleichwohl erschien es schutzwürdiger als der bloße Erfindungsbesitz eines Dritten, der nicht selbst erfunden und die damit verbundenen Aufwendungen getragen hatte. Letzterer konnte sich die Benutzung dauerhaft nur sichern, wenn er gemäß § 2 die Erfindung offenkundig machte und so die Patenterteilung verhinderte.722 Erwarb aber der Erfinder das Patent, konnte dem Dritten die Tatsache, dass er vor der Patentanmeldung die Erfindung einfach nachgeahmt hatte, nicht zu einem Vorbenutzungsrecht verhelfen. Dieses bedurfte als „Ausnahme von den Folgen der Patentierung“ enger Grenzen und eines besonderen Grundes. 718 RG v. 1. 5. 1885 (2 D 925 / 85); RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95). Das gleiche galt für die vertragswidrig angeeignete Erfindung, RG v. 11. 4. 1896 (I 446 / 95). 719 RG v. 28. 11. 1895 (1 D 3272 / 95). 720 RG v. 22. 3. 1912 (III 354 / 11). 721 RG v. 22. 3. 1912 (III 354 / 11). 722 Hier zeigte sich ein weiterer Unterschied zwischen der Vorbenutzung und der offenkundigen Benutzung, siehe S. 322.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

cc) Die fertige Erfindung Der rechtmäßige Erfindungsbesitz setzte weiter voraus, dass die Erfindung zur maßgeblichen Zeit der Patentanmeldung vollendet war.723 Bisweilen führten ein Erfindungswettlauf und eine Jagd auf die Patentierung zu Prozessen der folgenden Art: Die eine Partei hatte schneller als ihre Konkurrenten erfunden und sich das Patent gesichert. Die andere Partei hielt dem Verletzungsvorwurf ihre eigene Entwicklung als Vorbenutzung entgegen. Ein Recht konnte diese Entwicklung nur verschaffen, wenn sie die fertige Erfindung darstellte und nicht als ein Versuchsstadium des noch nicht beendeten Erfindungsprozesses angesehen werden musste. Zur Abgrenzung diente schon früh der Begriff des Versuchs. Eine Entscheidung aus dem Jahr 1882 deutete an, dass ein Vorbenutzungsrecht zu versagen sei, wenn der vermeintliche Vorbenutzer „zur Zeit der Anmeldung des Patents mit der Erfindung nur Versuche gemacht habe.“724 Anfang 1895 entschied der Erste Strafsenat folgenden Fall:725 Patentiert war ein „Verfahren, Spiegelbeläge durch Aluminium-Broncirung wetterbeständig zu machen“. Einer der Angeklagten hatte Versuche unternommen und bereits vor der Patentanmeldung kleinere Scheiben nach entsprechendem Verfahren angefertigt; hingegen war ihm das Verfahren bei größeren Flächen nicht gelungen. Das LG hatte ein Vorbenutzungsrecht abgelehnt, da nur „bloße Versuche“ vorlagen und „keine Anstalten zur geschäftlichen Verwerthung“ gemacht seien. Das RG zog schon die Einordnung als Versuch in Zweifel, da zumindest an den kleinen Scheiben die fertige Erfindung zutage trete. Es musste jedoch nicht weiter darauf eingehen, da das landgerichtliche Urteil auch aus anderem Grund der rechtlichen Prüfung nicht standhielt. Wohl aber zeigte sich, dass eine fertige Erfindung trotz eventueller späterer Versuche vorliegen konnte. In einem 1899 entschiedenen Fall hatte die Beklagte vor der Patentanmeldung die Tauglichkeit des später der Klägerin patentierten Verfahrens für den industriellen Großbetrieb erprobt.726 Das RG sah darin nicht nur einen Versuch im Rahmen des Erfindens, vielmehr war das Verfahren zur Reinigung von Rohsaccharin fertig und in erheblichem Umfang angewendet. Ausführlich beschrieb das RG die Anforderungen an die fertige Erfindung: Es kommt allein darauf an, daß die Chemiker der Beklagten mit ihren Versuchen Erfolg gehabt und durch sie die Bedingungen des Erfolges erkannt haben. Der so gewonnene 723 Kein Vorbenutzungsrecht gewährte die Benutzung einer unvollendeten Erfindung, siehe dazu die folgenden Ausführungen. Hingegen konnte die davon zu unterscheidende unvollendete Benutzung der Erfindung zu einem Vorbenutzungsrecht führen, z. B. im Fall der zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen, siehe S. 335 ff. 724 RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82). Ein wohl theoretischer Fall ist in RG v. 26. 9. 1903 (I 158 / 03) angedeutet: ließe sich im Falle eines nur vereinzelten Versuchs entnehmen, dass damit die Erfindung bereits gemacht war, wäre ein Vorbenutzungsrecht nicht ausgeschlossen. 725 RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95). 726 RG v. 11. 2. 1899 (I 188 / 98).

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Gedanke hat den gleichen Anspruch darauf, als Erfindungsgedanke anerkannt zu werden, wie der allein durch theoretische Konstruktion entstandene, von Ursprung an richtige Gedanke. Unerheblich ist auch, daß wissenschaftlich die Ursachen des Erfolges den Beamten der Beklagten verborgen geblieben sein mögen, denn nicht eine wissenschaftliche Entdeckung sondern ein technischer Fortschritt soll der Beklagten der Klägerin gegenüber geschützt werden. ( . . . ), wenn es demgemäß für die Beklagte als angezeigt würde erscheinen müssen, bevor sie das Raffinationsverfahren in ihrem Gewerbebetriebe definitiv einführte und es in großem Umfange anwendete, dasselbe eingehender auszuarbeiten, um es in seiner erfolgreichsten und mindestkostspieligen Art benutzen zu können, so gehört dies nicht zu den begrifflichen Bedingungen einer Erfindung. Thatsächlich hatten die Chemiker der Beklagten Erfolg gehabt, waren sich auch des dazu führenden Weges bewußt und dieser konnte seiner Beschaffenheit nach immerhin schon als brauchbar betrachtet werden, mochten auch bei weiterer Ausbildung desselben günstigere Ergebnisse zu erwarten sein.727

Das RG trennte zwischen Versuchen während des Erfindens728 und solchen zur „Ausarbeitung“ der Erfindung. Bei letzteren lag eine fertige Erfindung vor. Kennzeichnend für diese war, dass sie gezielt eingesetzt werden konnte, um den technischen Erfolg herbeizuführen. Die zugrundeliegenden mechanischen, physikalischen oder chemischen Wirkungsweisen musste der Erfinder nicht durchdrungen haben. Auch war es nur wahrscheinlich, dass eine Erfindung nach Fertigstellung noch effizienter ausgestaltet werden konnte. Für eine Vorbenutzung musste das Erfinden „zu einem Abschluss gelangt und zur Benutzung der Erfindung imstande“ sein.729 Später versagte das RG die Vorbenutzung, wenn Versuche mißlungen waren und „zu keinem befriedigenden Ergebnis“ geführt hatten,730 oder der Betreffende zur endgültigen Ausführung nur unter „Überwindung mancherlei Schwierigkeiten“ und erst nach der Patentanmeldung gelangt war.731 Die fertige Erfindung musste vom Vorbenutzer nicht als solche erkannt werden. In einem am 11. 11. 1903 entschiedenen Fall hatte der Beklagte nach einem später der Klägerin patentierten „Verfahren zur Herstellung von Hohlkörpern aus Celluloidplatten“ nicht nur ein Abdichten, sondern eine feste Vereinigung der schmalen Folienkanten erreicht.732 Nach Ansicht der Klägerin habe der Beklagte kein Vorbenutzungsrecht, wenn er die feste Vereinigung unbewusst erzielt habe. Der Einwand war nicht erheblich. Schon die tatsächliche Benutzung der Erfindung begründe ein Vorbenutzungsrecht, selbst wenn der Beklagte „nicht erkannt hätte, daß sein Verfahren diese Wirkung tatsächlich habe“. An dem rein auf objektiven Tatsachen beruhenden Erwerb des Vorbenutzungsrechts hielt das RG RG v. 11. 2. 1899 (I 188 / 98). Eine Erfindung war noch nicht gemacht, wenn die Versuche zur Zeit der Patentanmeldung noch andauerten und es noch technischer Änderungen bedurfte, „um zu einem für das wirthschaftliche Leben brauchbaren“ Ergebnis zu gelangen, RG v. 28. 5. 1900 (I 16 / 00). 729 RG v. 14. 12. 1903 (I 317 / 03). 730 RG v. 12. 12. 1908 (I 596 / 07); RG v. 22. 9. 1913 (I 84 / 13). 731 RG v. 26. 2. 1919 (I 202 / 18). 732 RG v. 11. 11. 1903 (I 268 / 03). 727 728

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

nicht lange fest. Zwei Jahre später führte der gleiche Senat ein subjektives Element ein, als er feststellte: Für die Anwendung des § 5 kommt es nicht darauf an, ob der Vorbenutzer die Erfindung für patentfähig gehalten hat, sondern entscheidend ist, daß er in Erkenntnis des Wesens der Erfindung (ihrer Vorteile) sie in Benutzung genommen ( . . . ) hat.733

Maßgeblich war nunmehr, dass der Vorbenutzer das Wesen der Erfindung insoweit erkannt haben musste, als es ihm auf ihre Vorteile ankam. Dass er diese nur zufällig erlangte, reichte nicht aus. Das bestätigte auch eine Entscheidung vom 25. 1. 1908.734 Der Vorbenutzer musste nicht die Erfindungseigenschaft seiner Ausführung erkannt haben, wohl aber musste er die Vorteile „beabsichtigen“. Das RG ging in diesem Fall von einer ausreichenden Erkenntnis aus und konnte dahingestellt sein lassen, ob er auch die charakteristische Bedeutung der patentierten Erfindung erkannt haben musste. Schließlich setzte ein Vorbenutzungsrecht einen eigenen Erfindungsbesitz voraus. Das verdeutlichte das RG zunächst in einem Strafverfahren:735 Der Angeklagte hatte für seinen Dienstherrn zunächst in dessen Fabrikwerkstatt, später auch in seiner auf dem Fabrikgelände befindlichen Privatwohnung einen Brenner konstruiert und erprobt, den sich der Dienstherr später patentieren ließ. Nach seinem Ausscheiden machte sich der Angeklagte als Brenner- und Lampenfabrikant selbständig und stellte besagte Brenner her. Auf ein Vorbenutzungsrecht konnte er sich nicht berufen. Zwar kannte er die Erfindung vor ihrer Patentierung und war dazu aufgrund seiner Anstellung berechtigt. Er hatte aber vor der Anmeldung keinen eigenen Besitzstand, den er „für eigene Zwecke und im eigenen Interesse“ benutzte. Seine Tätigkeit war objektiv und subjektiv dem Fabrikherrn gewidmet.736 Der I. Zivilsenat bestätigte diese Entscheidung noch viele Jahre später in ganz ähnlichen Fällen.737 Schützen konnte nur ein rechtmäßiger Eigenbesitz.

b) Die Vorbenutzung Der rechtmäßige eigene Erfindungsbesitz allein begründete noch kein Vorbenutzungsrecht.738 Es genügte nicht, dass jemand die Erfindung vor der fremden PaRG v. 28. 10. 1905 (I 173 / 05). RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). 735 RG v. 1. 5. 1885 (2 D 925 / 85). 736 Arbeitnehmererfindungen galten als Erfindungen des Arbeitgebers, siehe Fn. 8 der Einleitung und Fn. 154 des 1. Abschnitts. 737 RG v. 28. 6. 1902 (I 84 / 02); RG v. 24. 11. 1906 (I 111 / 06). Die sog. Etablissementerfindung fiel z. B. dem Unternehmen an, „ohne daß es der Willensäußerung oder auch nur der Kenntnis ihrer (scil. seiner) Willensorgane bedurft hätte und ohne daß es auf den Willen des ( . . . ) [Angestellten] selbst angekommen wäre“, RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11). 738 RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I; RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83); Seligsohn, S. 155. 733 734

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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tentanmeldung kannte. Vielmehr verlangte § 5 Abs. 1 eine äußerlich erkennbare Betätigung. Diese Vorbenutzung konnte auf zwei Arten erfolgen: durch das Inbenutzungnehmen oder das Treffen der zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen. Die Vorbenutzung musste vor der Patentanmeldung739 im Inland740 stattgefunden haben und durfte nicht wieder aufgegeben sein.

aa) Das Inbenutzungnehmen Das PatG verwendete den Begriff des Inbenutzungnehmens nicht nur in § 5. Das RG zog zur Bestimmung Parallelen zu anderen Vorschriften des Gesetzes, in denen die „Benutzung“ oder „Inbenutzungnahme“ eine Rolle spielten. 1882 verglich der Dritte Strafsenat das Inbenutzungnehmen des Vorbenutzers mit dem offenkundigen Benutzen nach § 2.741 Jenes habe eine relative Unwirksamkeit des Patents zur Folge, dieses verhindere die Patentfähigkeit.

(1) Die Entscheidungen vom 25. 2. 1895, vom 24. 1. 1900 und vom 14. 12. 1903 Nach dieser ersten Abgrenzung gab das RG eine positive Bestimmung erst in einer Entscheidung aus dem Jahr 1895.742 Der Begriff aus § 5 Abs. 1 entspreche dem wortgleichen Inbenutzungnehmen aus §§ 35, 36 (§ 34 a.F.). Es sei kein Grund ersichtlich, denselben Ausdruck in einem Gesetz mit zwei verschiedenen Bedeutungen zu verwenden. Vorbenutzungsberechtigt sei, wer zur Zeit der Anmeldung im Inland eine der in § 4 bezeichneten Tätigkeiten vorgenommen habe, wer also den Gegenstand der Erfindung hergestellt, in Verkehr gebracht, feilgehalten oder gebraucht bzw. das erfundene Verfahren angewendet habe; bei der Verfahrenserfindung war es darüber hinaus nicht erforderlich, auch die Erzeugnisse verwertet zu haben.743 Fünf Jahre später bemerkte das RG anschaulich, dass eine in Benutzung genommene Erfindung, wenn auch nicht offenkundig, in die äußere Erscheinung getreten sei.744 Schließlich verwies es 1903 unmittelbar und ohne den Umweg über die Verletzungsvorschriften auf die Benutzungsarten des § 4: 739 Nicht ausreichend war die Vorbenutzung vor der Bekanntmachung der Anmeldung, RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92). 740 RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99) lehnte eine inländische Vorbenutzung ab: Die Beklagte hatte eine im Ausland zu bauende Maschine bestellt und einen Teil des Kaufpreises bezahlt. Die rein rechtsgeschäftlichen inländische Akte des Kaufvertrags und der Bezahlung stellten keine Vorbenutzung i.S.d. 2. Alt. dar, die Herstellung im Ausland war keine inländische Vorbenutzung. 741 RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). 742 RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95). 743 Beim Verfahrenspatent entsprach die Anwendung der Herstellung des körperlichen Erfindungsgegenstands beim Stoffpatent, RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Eine Benutzung, die zum Erwerb des in §. 5 Absatz 1 des Patentgesetzes bezeichneten Rechts genügt, kann ( . . . ) durch jede derjenigen Handlungen geschehen, zu denen nach §. 4 des Patentgesetzes der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, ( . . . ).745

(2) Die Entscheidung vom 24. 6. 1912 Der Ansicht, dass sich das Inbenutzungnehmen i.S.d. § 5 Abs. 1 mit dem aus § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) deckte, waren auch Isay und Kent.746 Hingegen verstanden Kohler, Schanze und Allfeld darunter nur die technische Benutzung, d. h. ein Herstellen und Gebrauchen.747 Das RG beschäftigte sich mit diesem Meinungsstreit aus der Literatur in einer Entscheidung vom 24. 6. 1912.748 Der Beklagten gehörte ein „Verfahrenspatent zur Herstellung von Doppelpapier für Abziehbilder“. Die Klägerin importierte im Ausland so hergestelltes Duplexpapier und vertrieb es in Deutschland. Mit der Klage begehrte sie die Feststellung, dass sie vorbenutzungsberechtigt sei, das Papier in Deutschland in Verkehr zu bringen und feil zu halten. Das LG folgte der Kohlerschen Ansicht, dass ein Vorbenutzungsrecht nur durch inländisches Herstellen und Gebrauchen zu erlangen sei, und wies die Klage ab. Andernfalls komme der 1891 in § 4 Satz 2 verankerte Erzeugnisschutz nicht zum Tragen, der gerade in diesen Fällen einen erweiterten Schutz der inländischen Produzenten beabsichtigt habe. Das RG widersprach dieser Auffassung. Der Gesetzgeber habe das PatG trotz novellierender Änderungen als „einheitliches Ganzes“ geregelt. Ohne ausdrücklichen Anhaltspunkt im Gesetz sei es nicht zulässig, die Patentwirkung in § 4 und in § 5 oder das Inbenutzungnehmen in § 5 und in § 35 jeweils anders auszulegen. Der Argumentation Kohlers setzte das RG zwei Gründe entgegen: Einerseits könne die inländische Produktion neben dem Absatz ausländischer Ware bestehen, zumal sie zollpolitisch geschützt sei. Andererseits sei der Erwerb eines Absatzgebiets für den Handel nicht weniger schutzbedürftig und schutzwürdig. Jedenfalls sei der Inländerschutz als wirtschaftspolitischer Gesichtspunkt für den Patentgesetzgeber nicht in jeder Hinsicht leitend gewesen, da er sonst im Gesetz Ausdruck gefunden hätte.749 744 RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99): “ Ein Verfahren, welches erfunden war, ist nicht blos ersonnen, sondern auch angewendet, ein erfundenes Arbeitsmittel oder Arbeitserzeugniß nicht blos erdacht, sondern mindestens auch fertig hergestellt.“ 745 RG v. 14. 12. 1903 (I 317 / 03). 746 Isay (1926), S. 224; Kent, S. 553. 747 Kohler, Handbuch, S. 474, billigte dem Vorbenutzungsrecht zu, dass es die Sacherzeugung aufrecht erhalte; es sollte aber die neu auftauchende inländische Produktion des Patentinhabers nicht dem bisher betriebenen Auslandshandel aufgeopfert werden, welcher sich problemlos ohne neue Einrichtungen und Vorbereitungen auf viele andere Dinge werfen könne; Schanze, S. 240; Allfeld, S. 104. 748 RG v. 24. 6. 1912 (I 307 / 11). 749 Zur Untermauerung führte RG v. 24. 6. 1912 (I 307 / 11) die Aufhebung des Ausführungszwangs im Verhältnis zur Schweiz, Italien und den USA an.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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(3) Die Gewerbsmäßigkeit Anders als § 4 fehlte § 5 Abs. 1 ein ausdrücklicher Hinweis, dass nur gewerbsmäßiges Handeln zu einem Vorbenutzungsrecht führe.750 Aus der Auslassung ließe sich folgern, dass ein Vorbenutzungsrecht auch durch rein private Benutzung erworben werden konnte. Dagegen ließe sich aus dem Gleichlaut mit §§ 35, 36 (§ 34 a.F.) schließen, welche auf § 4 verwiesen, dass schon der Begriff des Inbenutzungnehmens die Gewerbsmäßigkeit einbeziehe. (a) Die frühen Entscheidungen In einem 1882 entschiedenen Strafverfahren konnte das RG diese von der Nebenklägerin aufgeworfene Frage unerörtert lassen.751 Der Angeklagte hatte das patentierte „Copierverfahren zur Herstellung von Copien seiner Geschäftsbriefe ( . . . ) benutzt“. Der Dritte Strafsenat formulierte zunächst sehr zurückhaltend: ( . . . ) und es kann deshalb hier unerörtert bleiben, ob, hätte vor der Patentanmeldung eine Benutzung der Erfindung nur zu dessen privaten – häuslichen – Zwecken vorgelegen, dadurch für ihn nach erfolgter Patentertheilung das Recht zu deren weiterer gewerblichen Verwerthung begründet worden sein würde.752

Am Ende der Entscheidung wiederholte das RG, dass der Angeklagte bei Verwertung „für die eigenen gewerblichen Zwecke“ vorbenutzungsberechtigt sei. Da das PatG nicht nach der Art der Benutzung unterscheide, sei nicht verlangt, dass der Vorbenutzer auch die zur Ausübung des patentierten Verfahrens erforderlichen Apparate herstelle und an Dritte gewerbsmäßig veräußere. Im Ergebnis waren diese Ausführungen richtig, die Begründung zeigte jedoch Schwächen: Der Handel mit Verfahrensvorrichtungen konnte nicht Voraussetzung für die Vorbenutzung des Kopierverfahrens sein; es lagen unterschiedliche Erfindungsgegenstände vor.753 Es scheint, als habe der Strafsenat unausgesprochen eine Gewerbsmäßigkeitsvoraussetzung eingeführt und sogleich versucht, sie abzumildern, indem er eine Verwertung „für die eigenen gewerblichen Zwecke“ ausreichen ließ. Auch später bezog das RG die Gewerbsmäßigkeit selbstverständlich in den Vorbenutzungsbegriff ein.754 Zur Gewerbsmäßigkeit der Benutzung siehe S. 289 ff. RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). 752 RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). 753 Das entschied das RG viele Jahre später in folgendem bereits behandelten Fall: Der Kläger war Inhaber eines Patents auf das „Verfahren, beim Backen durch Einstreuen von Holzmehl in die Backschüssel das Ankleben des Gebäcks an diese zu verhüten“. Die Beklagte stellte bereits vor der Patentanmeldung Holzmehl für Bäckereizwecke her. Die Herstellung einer Zutat für das später patentierte Verfahren sei keine Veranstaltung zur Benutzung des Verfahrens, RG v. 26. 1. 1907 (I 280 / 06) – Holzmehl II. 754 RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95): „( . . . ), da eine gewerbsmäßige Herstellung, bei einem patentirten Verfahren also eine gewerbsmäßige Anwendung zur Zeit der Anmeldung hinreicht, um gegen den Betreffenden die Wirkungen des Patentes nicht eintreten zu lassen.“ 750 751

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

(b) Die Entscheidung vom 20. 9. 1902 Erst eine Entscheidung vom 20. 9. 1902 ließ ausdrücklich ein nicht gewerbsmäßiges Inbenutzungnehmen genügen: Diese den Besitzstand des Vorbenutzers schützende Bestimmung darf nicht so eng ausgelegt werden, daß der Vorbenutzer dadurch auf eine Weiterbenutzung genau in den Grenzen der bisheringen Benutzung eingeschränkt wird. So kann dem Vorbenutzer, welcher den patentirten Gegenstand lediglich zu eigener Benutzung hergestellt hatte, doch auch nicht verwehrt werden, ihn demnächst gewerbsmäßig wieder herzustellen, feilzuhalten und in Verkehr zu bringen.755

Dass der Vorbenutzer sein Recht aus einer nichtgewerblichen Benutzung herleitete, kam nicht sehr häufig vor. Gleichwohl setzte die Rechtsprechung auch in einer späteren Entscheidung nicht mehr voraus, dass gewerbsmäßig in Benutzung genommen werden müsse.756

(4) Die eigene Vorbenutzung Schließlich musste das Inbenutzungnehmen als Tätigkeit desjenigen erscheinen, der sich auf das Vorbenutzungsrecht berief. Wer auf Bestellung eines anderen den später einem Dritten patentierten Apparat selbst konstruierte, herstellte und an den Besteller lieferte, war selbst Vorbenutzer.757 In der bereits erwähnten Entscheidung vom 25. 2. 1895 ging es um die Verletzung eines Patents „auf ein Verfahren, Spiegelbeläge durch Aluminium-Broncirung wetterbeständig zu machen“.758 Einer der Angeklagten hatte vor der Patentanmeldung erstens im Auftrag des späteren Patentinhabers und zweitens nach dem von diesem angegebenen „Erfindergedanken“ Spiegeltafeln angefertigt. Das Auftragsverhältnis zunächst änderte nichts daran, dass der Fabrikant selbständig handelte: Er steht in keinem Abhängigkeitsverhältnisse zu dem Händler, nimmt dessen Auftrag vielmehr im Interesse seines Gewerbes an, führt ihn selbstständig und in eigenem Namen aus, die hergestellte Waare ist das Produkt seiner Thätigkeit. Der Fabrikant ist der gewerbsmäßige Hersteller und hat, wenn er sich zur Herstellung eines bestimmten Verfahrens bedient, dies Verfahren angewendet.759

Ein Auftragnehmer nahm selbst in Benutzung, er handelte für seinen Gewerbebetrieb.760 Anders verhielt es sich mit Arbeitern oder Werkmeistern, die „nur als Werkzeug des Auftraggebers und nicht in eigenem Namen und für sich die Erfin755 756 757 758 759 760

RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02). RG v. 24. 6. 1912 (I 307 / 11). RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90). RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95). RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95). So auch RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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dung“ anwendeten.761 Dass der Angeklagte die Spiegel dem „Erfindergedanken“ entsprechend ausgeführt hatte, hinderte seine Vorbenutzung ebenfalls nicht: Denn nicht derjenige ist Erfinder, welcher die Herstellung einer neuen, ihm zweckmäßig scheinenden Sache von einem Anderen verlangt, sondern derjenige, welcher die Möglichkeit der Ausführung findet und die Sache herstellt. Dieser nimmt auch dadurch die Sache in Benutzung, nicht aber derjenige, welcher die von ihm verlangte Sache empfängt.762

Maßgeblich war das selbständige Inbenutzungnehmen, welches bei einem Auftragnehmer grundsätzlich, bei Arbeitern eines Betriebs grundsätzlich nicht vorlag. Eine Ausnahme hiervon machte das RG in einer Entscheidung vom 14. 12. 1903 für folgenden Fall:763 Der Beklagte Friedrich Krupp berief sich auf ein Vorbenutzungsrecht für eine Kugelmühle. Zwei seiner Angestellten hatten eine Mühle erdacht und hergestellt. Nach ihrem Dienstvertrag waren sie verpflichtet, ihre Erfindung seinem Unternehmen zu überlassen. Ihrem Wunsch entsprechend beließ dieses ihnen jedoch die Erfindung zur eigenen Ausnutzung. Sie kündigten, und der Beklagte erlaubte ihnen, bis zum Ablauf der Dienstzeit Verbesserungsversuche mit Material und Maschinen des Unternehmens fortzusetzen. Nach den oben aufgestellten Grundsätzen wie auch nach dem Dienstvertrag fiel die von den Angestellten gemachte Erfindung ohne weiteres dem Unternehmen zu. Aufgrund der „Entschließung und Äußerung“, die Erfindung den Angestellten zu überlassen, habe das Unternehmen sie jedoch nicht erworben.764 Darüber hinaus fehle auch eine eigene Benutzung des Beklagten. Es liege keine Herstellung „in seinem Betrieb“ vor, obwohl sie örtlich sowie auf seine Kosten und Gefahr erfolgte. Die besondere Sachlage habe zur Folge, dass die „Ausführungsarbeiten“ (scil. das Inbenutzungnehmen) nicht einmal dem Beklagten und seinen Angestellten gemeinsam zuzurechnen seien, sondern nur letzteren, die „nicht mehr als Angestellte der Firma für diese, sondern lediglich in ihrem eigenen alleinigen Interesse“ gehandelt haben. In Benutzung nahm, wer selbst oder durch andere in eigenem Interesse nicht notwendig gewerblich eine Tätigkeit i.S.d. § 4 vornahm.

bb) Das Treffen der zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen Nach § 5 Abs. 1, 2. Alt. erlangte ein Vorbenutzungsrecht auch, wer, ohne in Benutzung genommen zu haben, die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95); RG v. 28. 6. 1902 (I 84 / 02). RG v. 25. 2. 1895 (1 D 163 / 95). Das RG meinte in diesem Zusammenhang freilich nicht Fälle, in welchen ein Erfinder selbst fertig erfunden hatte und nur von einem anderen herstellen ließ. Maßgeblich an der aufgeführten Textstelle ist, dass der Auftraggeber nur die Zweckmäßigkeit erkannt hatte und der Auftragnehmer die Möglichkeit der Ausführung zu finden hatte; gerade darin lag das Erfinden. 763 RG v. 14. 12. 1903 (I 317 / 03). 764 Daher hatte der Beklagte schon keinen eigenen Erfindungsbesitz; das RG prüfte gleichwohl weiter. 761 762

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

getroffen hatte.765 Das RG beschäftigte sich mit dieser Alternative erstmals in einer Entscheidung vom 28. 11. 1883.766 Der Beklagte hatte ein Modell für Rollvorhänge zum Zweck der gewerblichen Produktion gefertigt. Erst später meldete der Kläger eine entsprechende Erfindung zum Patent an. Wie die Vorinstanzen erkannte das RG in der Modellanfertigung eine ausreichende Veranstaltung zur Benutzung und wies die Revision zurück: Die diesem Schlusse zu Grunde liegende Gesetzesauslegung entspricht der Fassung, dem Grunde und der Entstehungsgeschichte der genannten Gesetzesstelle. In dem Berichte der Kommission des Reichstages zu dem Entwurfe des Patentgesetzes heißt es, die Kommission verhehle sich zwar nicht, daß es im einzelnen Fall oft schwierig sein möge, die Grenze genau zu bestimmen, bis zu der die Veranstaltungen getroffen sein müßten, um das Benutzungsrecht dem Patentinhaber gegenüber zu sichern. Der Richter dürfe dabei das Richtige treffen, wenn er als das entscheidende Moment das Vorhandensein solcher Thatsachen und Handlungen annehme, welche die Ueberzeugung erzeugten, daß die betreffende Person die Erfindung in ihren wesentlichen Theilen auszuführen beschäftigt sei. Als einen so qualifizirten Fall bezeichnet die Kommission darauf die Fertigstellung von Modellen, in denen die betreffende Erfindung zur Anwendung gebracht sei.767

Das RG stützte seine Entscheidung nur auf die Begründung, welche die VII. Kommission der 2. Vorbenutzungsalternative gegeben hatte. Sie hatte als Anwendungsfall einer getroffenen Veranstaltung auch die Anfertigung von Modellen aufgeführt. Das RG war hier nicht gezwungen, die von der Kommission angedeutete Grenze zu bestimmen.

(1) Die Entscheidung vom 17. 10. 1887 und die Folgeentscheidungen Vier Jahre später entschied der Erste Strafsenat einen Fall, in welchem die Vorbenutzer nicht nur ein Modell der Erfindung besaßen, sondern bereits einzelne wesentliche Teile der Erfindung gefertigt hatten.768 Die Nebenkläger lehnten ein Vorbenutzungsrecht ab, da die Angeklagten nur einzelne, nicht aber alle zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatten. Erneut stützte sich das RG umfassend auf die Kommissionsbegründung, orientierte sich aber nicht mehr an deren Beispiel des angefertigten Modells, sondern nun am Willen des Gesetzgebers.769 Dieser habe mit § 5 Abs. 1 einen Ausgleich für den patentrechtlichen Grundsatz des Erstanmelderprinzips schaffen wollen. Vorbenutzungsberechtigt sollte nicht schon sein, wer fertig erfunden hatte oder irgendeine entfernte VorSiehe S. 320. RG v. 28. 11. 1883 (I 382 / 83). 767 RG v. 28. 11. 1883 (I 382 / 83). 768 RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87). 769 Der RT habe die fragliche Bestimmung ohne Diskussion angenommen, so dass der im Kommissionsbericht zum Ausdruck gekommene Wille ausnahmsweise als gesetzgeberischer ausgelegt werden könne. 765 766

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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bereitung zur Benutzung getroffen hatte. Auf der anderen Seite sollte auch nicht erst die Benutzung der Erfindung das Recht sichern. Die Kommission hatte daher dem Entwurf die 2. Alternative hinzugefügt. In ihrem Bericht hatte sie eingestanden, dass es „im einzelnen Falle oft schwierig sein mag, die Grenze genau zu bestimmen, bis zu der die Veranstaltungen getroffen sein müssen.“ Hieraus schloss das RG, dass nicht „sämmtliche zur Benützung erforderlichen Veranstaltungen in der Art getroffen sein [mussten], daß die Benützung sofort beginnen könne“. Der klar und unzweideutig geäußerte Wille finde auch im Wortlaut des § 5 Abs. 1 keine Grenze: Zwar könnte der bestimmte Artikel in „die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen“ dafür sprechen, dass alle Veranstaltungen gemeint seien; eine Auslassung sei jedoch nicht weniger mißverständlich gewesen.770 Schließlich fasste das RG seine Ausführungen in einer Definition zusammen, die fortan auch für den I. Zivilsenat Grundlage des Veranstaltungsbegriffs war: Nach Vorstehendem ist der Sinn des Gesetzes in der Art zu präcisiren, daß einerseits nicht jede Vorbereitungshandlung genügt, andererseits aber auch nicht sämmtliche Vorbereitungshandlungen erforderlich sind, daß vielmehr diejenigen zur Benützung erforderlichen Veranstaltungen gemeint sind, welche die Erfindung im Wesentlichen auszuführen bestimmt sind und hiermit den ernstlichen Willen, die Erfindung sofort zu benutzen, zweifellos kund geben.771

Das RG lehnte sich an die von der Kommission gegebene Auslegungshilfe an. Diese hatte vorgeschlagen, die Veranstaltung objektiv danach zu beurteilen, ob die betreffende Person die Erfindung auszuführen beschäftigt war.772 Das RG verlangte darüber hinaus den ernstlichen Willen, die Erfindung sofort zu benutzen; dieser musste zweifellos in Erscheinung getreten sein. Es bestimmte den vom Gesetzgeber belassenen Rahmen näher und begrenzte das Vorbenutzungsrecht auf die Fälle, in denen ein ernstlicher Wille zur sofortigen Benutzung bestand und dieser klar geäußert war. Einen Grund, im vorliegenden Fall daran zu zweifeln, hatte das RG nicht; zudem wäre die Beurteilung eine nicht revisible Tatsachenfrage gewesen.

(2) Die Entscheidung vom 14. 1. 1893 Auf die im Urteil von 1887 entwickelte Veranstaltungsdefinition kam der I. Zivilsenat des RG in einer Entscheidung vom 14. 1. 1893 zurück.773 Die Beklagte hatte ein Verfahren zur Farbstoffgewinnung vor der klägerischen Patentanmel770 Seien alle zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen gemeint, hätte dieses leicht unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden können. 771 RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87). Vgl. später RG v. 14. 1. 1893 (I 299 / 92); RG v. 20. 1. 1896 (I 356 / 95); RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07); RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11); RG v. 28. 11. 1914 (I 200 / 14); RG v. 15. 5. 1918 (I 1 / 18). 772 Siehe S. 321. 773 RG v. 14. 1. 1893 (I 299 / 92).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

dung in vollem Umfang erfunden, aber noch nicht in Benutzung genommen. Das von ihr eingewendete Vorbenutzungsrecht konnte nur durch Veranstaltungen erlangt sein. Sie hatte zur Herstellung des Farbstoffs einen besonderen Arbeitsraum eingerichtet und Geräte angebracht, mit denen das Verfahren ohne weiteres hätte ausgeführt werden können. Sie hielt die Erfindung für „epochemachend“, war sich aber über die Rentabilität des Verfahrens noch nicht im Klaren. Das RG hielt die erforderlichen Veranstaltungen für getroffen. Nach den 1887 entwickelten Grundsätzen sei ein Rentabilitätsbewusstsein nicht erheblich. Ebensowenig erforderten epochemachende Erfindungen zur Sicherung des Vorbenutzungsrechts eine sofortige Verwertung. Es könne dem Vorbenutzer auch nicht zum Nachteil gereichen, dass die im Arbeitsraum angebrachten Geräte in dem Industriezweig unkompliziert und üblich seien.774 Vom Erfinder als Veranstaltung die Neuanschaffung der Maschinen zu verlangen, sei zwecklos. Das RG hatte in dieser Entscheidung Gelegenheit, die gut fünf Jahre zuvor aufgestellten Grundsätze am Fall anzuwenden und zu bestätigen. Die Einrichtung des Arbeitsraums samt Geräten war zur Anwendung des Verfahrens bestimmt und verdeutlichte einen ernstlichen Willen zur Benutzung.775

(3) Die Entscheidung vom 24. 1. 1900 Einer Entscheidung vom 24. 1. 1900 lag der folgende Fall zugrunde.776 Die Klägerin hatte eine „Maschine zur Herstellung von konischen Flaschenverschlüssen“ im August 1893 zum Patent angemeldet und dieses erlangt. Die Beklagten standen seit 1891 mit einem französischen Hersteller einer solchen Maschine in Kaufverhandlungen. Im Folgejahr errichteten sie zur Vergrößerung ihrer Fabrik und zur Aufnahme der Maschine einen Neubau, der mit einer Transmission für den Betrieb der Maschine ausgestattet war. Sie kauften diese im Juni 1893 und leisteten eine Anzahlung. Auf Ersuchen der Beklagten sandte ihnen der französische Verkäufer, ebenfalls noch vor der klägerischen Patentanmeldung, Zeichnungen der Maschine zu und gab deren Ausmaße an. Die Beklagten behaupteten, die Aufstellung der Maschine vorbereitet zu haben. Anders als die Vorinstanzen lehnte das RG ein Vorbenutzungsrecht der Beklagten ab. Die Erfindung sei im Inland nicht „in die äußere Erscheinung getreten“ und daher nicht in Benutzung genommen. Zu den erforderlichen Veranstaltungen führte das RG aus:

774 Vorliegend ging es um die Farbstoffindustrie, jedoch sei es z. B. in der Maschinenindustrie häufig, dass vorhandene Maschinen zur Herstellung eines neuen Geräts ausreichten, RG v. 14. 1. 1893 (I 299 / 92). 775 Anders verhielt es sich in der erwähnten Entscheidung des RG v. 26. 1. 1907 (I 280 / 06) – Holzmehl II, siehe Fn. 753 dieses 3. Abschnitts: Hier lagen keine Veranstaltungen zur Anwendung des Verfahrens vor, es wurden lediglich Zutaten für das Verfahren hergestellt. 776 RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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( . . . ), und demnach können unter den Veranstaltungen zur Benutzung ( . . . ) nur solche auf technischem Gebiet liegende Maßnahmen verstanden werden, welche den Zweck haben, die Erfindung zur Ausführung zu bringen. ( . . . ) Darauf also kommt es an, ob Jemand schon mit der Ausführung der Erfindung befaßt war, und zwar im Inlande befaßt war.777

Das RG lehnte bereits die objektive Beschäftigung mit der Ausführung ab und forderte Maßnahmen auf technischem Gebiet. Ungenügend seien rein rechtsgeschäftliche Akte;778 auch mit dem Neubau, sogar mit der Transmission und der Bitte um Zusendung der Zeichnungen sei kein „Anfang mit der Ausführung der in der Maschine verkörperten Erfindung gemacht“. Das RG verhinderte damit, dass das Recht des Patentinhabers aus entfernteren Billigkeitsgesichtspunkten eingeschränkt wurde. Ansonsten hätte aus beinahe jedem früheren Rechtsgeschäft eine Verbindung zu einer unausgeführten Erfindung hergestellt werden können. Zu einer Prüfung des subjektiven Erfordernisses, des ernstlichen Benutzungswillens, kam es nicht mehr. Daraus lässt sich gleichwohl nicht folgern, dass das RG seine eingeschlagene Rechtsprechung aufgegeben habe und mit der Kommission nur den objektiven Akt für die Veranstaltung genügen ließ. So ist es auch vier Monate später in einem Urteil wieder auf den ernstlichen Willen zur Ausführung eingegangen.779

(4) Die Entscheidung vom 25. 1. 1908 Nicht in jeder Hinsicht fasste das RG den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 enger als die VII. Kommission.780 In einer Entscheidung vom 25. 1. 1908 ließ es als Veranstaltung auch die Anfertigung von Zeichnungen gelten,781 obwohl dieses nach den Beispielen der Kommission nicht ausreichte. Die Beklagten hatten von der Regierung der Vereinigten Staaten den Auftrag erhalten, Rohrrücklaufgeschütze nach Maßgabe der von der Bestellerin gelieferten Zeichnungen zu bauen und zu liefern. Die Zeichnungen enthielten eine Vorrichtung, welche später als „am Schutzschild eines fahrbaren Geschützes angeordnete, nach der Geschützrohrmündung hin sich erstreckende dachförmige Schartenblende“ der Klägerin geschützt wurde. Vor der Patentanmeldung hatte eine der Beklagten nach den gelieferten Musterzeichnungen Werkzeichnungen angefertigt und das Material für die Schutzschilde bestellt, aber noch nicht mit der Herstellung der erforderlichen Presswerkzeuge begonnen. Das RG erkannte in der Anfertigung der Zeichnungen durch die Beklagte die erforderlichen Veranstaltungen. Die Aussage der Kommission berücksichtigte es nur beiläufig: 777 778 779 780 781

RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99). So auch RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). RG v. 28. 5. 1900 (I 16 / 00). Siehe S. 321. RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Bemerkung im Kommissionsbericht, daß die Anfertigung der Zeichnungen oder die theoretische Darstellung des Verfahrens nicht genügen würde, steht dem nicht entgegen.782

Vielmehr widersprach es dem Berufungsgericht, welches ein Vorbenutzungsrecht abgelehnt hatte, weil die Beklagten für ihre Veranstaltungen kaum Kraft, Zeit oder Kapital aufgewendet hatten und der ökonomische Wert des Vorbenutzungsrechts dazu in keinem Verhältnis stehe. Das RG wies darauf hin, dass § 5 Abs. 1 den Aufwand an Kraft, Zeit und Kapital für das Erfinden absichere. Hingegen spiele der Aufwand, die Erfindung in Benutzung zu nehmen oder die erforderlichen Veranstaltungen zu treffen, keine Rolle. Nach der ständigen Rechtsprechung zum Veranstaltungsbegriff783 begründeten die angefertigten Zeichnungen ein Vorbenutzungsrecht. Die ernste und feste Absicht, die Erfindung ohne Verzögerung in Benutzung zu nehmen, könne zwar nicht aus dem Vertrag mit der amerikanischen Regierung gefolgert werden.784 Die Fertigung der „nicht einem bloßen theoretischen Interesse dienenden, sondern für die Arbeit notwendigen Werkzeichnungen“ stelle sich als Anfang der Ausführung dar, sie seien unmittelbare Unterlage für die Ausführung. Für seine Abweichung vom Kommissionsbericht, den es in einer früheren Entscheidung noch als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens bezeichnet hatte,785 lieferte das RG eine schwache Begründung.786 Es schien in dieser Entscheidung größeres Gewicht auf die Benutzungsabsicht und damit auf die subjektive Seite der Veranstaltung zu legen.

(5) Die Entscheidung vom 4. 3. 1912 Eine Entscheidung vom 4. 3. 1912 gliedert erstmals ausdrücklich die 2. Alternative des § 5 Abs. 1 in ein objektives und ein subjektives Erfordernis.787 Bei einem Verfahrenspatent könne das erstgenannte auch in der Herrichtung der für die Ausführung des Verfahrens notwendigen Anlagen und Maschinen bestehen und unter Umständen könnte auch die Vorbereitung dieser Herrichtung genügen.788

Das RG hatte damit die objektiven Anforderungen an die Veranstaltungen zur Benutzung von Verfahrenserfindungen sehr gelockert. Vorliegend hatte die Beklagte eine Maschine zur Anwendung des später der Klägerin patentierten VerfahRG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). Siehe S. 337, RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87). 784 Vlg. oben RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99). 785 Siehe S. 336, RG v. 17. 10. 1887 (1 D 1984 / 87) und Fn. 769 dieses 3. Abschnitts. 786 Einen ähnlichen Fall entschied das RG v. 27. 9. 1911 (I 266 / 10) ebenfalls nur mit Verweis auf RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). 787 RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11). So später üblich, Vgl. Seligsohn, S. 159. 788 RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11). 782 783

C. Materielle Einreden und Einwendungen

341

rens konstruktionsfertig entworfen. Es mangelte aber am subjektiven Erfordernis, am ernstlichen Willen, die Erfindung sofort zu benutzen. Das RG führt aus, auf wessen Willen es bei Unternehmen ankam. Hier war der Ingenieur, welcher die Maschine konstruiert hatte, zur Benutzung fest entschlossen. Jedoch hatte die Beklagte als maßgebende übergeordnete Stelle zur Zeit der Patentanmeldung weder den endgültigen Entschluss zur Benutzung gefasst, noch war sie imstande, sofort zu benutzen: Bei diesem Stande der Dinge hatte Beklagte keine Veranlassung, endgültige Entschlüsse zu fassen, und jedem Entschluß, den sie vielleicht gefaßt hatte, wohnte objektiv ein Moment des Einstweiligen insofern bei, als sie durch nichts, was inzwischen etwa geschehen konnte, gehindert war, sich eines anderen zu besinnen.789

Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen, die das RG in zunehmendem Maße an das subjektive Erfordernis stellte. Der „ernstliche Wille“ erforderte die Möglichkeit zur sofortigen Benutzung, er musste endgültig und unwiderruflich entschlossen sein790 und zweifellos kund gegeben sein.

cc) Die nicht wieder aufgegebene, bis zur Anmeldung andauernde Vorbenutzung Das Vorbenutzungsrecht sollte den berechtigten Besitzstand schützen, den der Vorbenutzer durch das Inbenutzungnehmen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen zur Zeit der Patentanmeldung erlangt hatte. Gab er jedoch die Benutzung aus eigenem Entschluss wieder auf,791 waren Besitzstand und Schutzinteresse zweifelhaft. Maßgeblich war der Zeitpunkt Patentanmeldung. Zu unterscheiden war, ob die Benutzung vor oder nach der Anmeldung aufgegeben wurde. Beide Fälle konnten später einen Patentverletzungsstreit hervorrufen, wenn der Patentinhaber die Erfindung erfolgreich verwertete und, meist dadurch ermutigt, der Vorbenutzer seine ursprüngliche Benutzung wieder aufnahm. Das RG stellte bereits an die Vorbenutzung, insbesondere an das subjektive Element der erforderlichen Veranstaltung so hohe Anforderungen, dass es in vielen Fällen gar nicht erst zur Prüfung ihrer Wiederaufgabe gelangte. So verneinte es z. B. in einer Entscheidung von 1896 den ernstlichen Willen, die Erfindung sofort in Benutzung zu nehmen: Der Kläger hatte die Erfindung zwar gemacht und kleine Muster hergestellt, aber jahrelang „die Sache auf sich beruhen lassen“, bevor der Beklagte die Erfindung anmeldete. 792 Erstmals in einer Entscheidung vom 25. 2. 1911 RG v. 4. 3. 1912 (I 137 / 11). Noch sechs Jahre später verneinte das RG einen ernstlichen Willen, weil die Veranstaltungen „derart geringfügig [waren], daß Kläger ohne nennenswerte Einbuße an Aufwand jederzeit von der Inbenutzungnahme der Erfindung ( . . . ) zurückkonnte“, RG v. 15. 5. 1918 (I 1 / 18). 791 Die Gründe dafür waren vielseitig: Er konnte z. B. die Erfindung für unrentabel gehalten haben oder einen anderen Weg gegangen sein. 789 790

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

beschäftigte sich das RG ausdrücklich mit der Wiederaufgabe.793 Die Klägerin hatte seit 1906 ein Patent auf ein „Verfahren zur Herstellung von Zelluloidschalen für Taschenmesser“, die Beklagte ein etwas jüngeres Gebrauchsmuster auf ein „Messerheft aus Metall mit Zelluloidumkleidung“. Zur Herstellung ihres Messerhefts wendete die Beklagte das klägerische Verfahren an. Sie hatte damit bereits 1896 begonnen, vor 1900 aber wieder Abstand von dem Verfahren genommen. Es lag ein Fall der Aufgabe vor Patentanmeldung vor.794 Das RG führte unzweideutig aus: Die Revision (scil. der Beklagten) bekämpt die Ansicht des Vorderrichters, daß das Recht des Vorbenutzers gemäß P.G. § 5 Abs. 1 dann versagt, wenn zwar die Erfindung vor Anmeldung des Patentes einmal in Benutzung genommen war, diese Benutzung aber inzwischen endgültig wieder aufgegeben war. Die Ansicht des Vorderrichters entspricht der herrschenden Meinung. ( . . . ) Sie steht auch allein im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, obwohl dieses die Frage bislang noch nicht ausdrücklich beantwortet hat.795

In diesem Fall war die Erfindung bereits gemäß der 1. Alternative des § 5 Abs. 1 in Benutzung genommen. Das RG konnte die Vorbenutzung nicht aufgrund des Veranstaltungsbegriffs ablehnen und musste zur Wiederaufgabe Stellung nehmen. Der Schutz war zu versagen, wenn die Benutzung vor Patentanmeldung endgültig aufgegeben war. Das RG meinte, das mittelbar bereits ausgesprochen zu haben. In früheren Entscheidungen hatte es das Vorbenutzungsrecht als Ausnahme zum Patentrecht dargestellt. Letzteres sei nur aus Billigkeitsgründen einzuschränken, um den vorhandenen Besitzstand zu schützen. Es fuhr fort: Dieser Gedanke trifft dann nicht zu, wenn die Erfindung zwar längere Zeit vor der Anmeldung in Benutzung genommen war, aber dann freiwillig aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen wieder fallen gelassen war.796

Das Vorbenutzungsrecht war zu versagen, wenn der Vorbenutzer die Benutzung nicht nur endgültig, sondern auch freiwillig aufgegeben hatte. Das RG beschrieb es als „Recht zur Fortbenutzung ( . . . ), d. h. der Fortführung des Unternehmens einer in Benutzung begriffenen Erfindung“. Dadurch stärkte es das Patentrecht, welches gerade nicht gegenüber jedem älteren Erfinderrecht zurücktreten sollte. Seinen Standpunkt bestätigte das RG in einer Entscheidung vom 12. 10. 1912.797 792 RG v. 20. 1. 1896 (I 356 / 95). Vgl. ferner RG v. 28. 5. 1900 (I 16 / 00); RG v. 2. 12. 1916 (I 131 / 16). 793 RG v. 25. 2. 1911 (I 558 / 09). 794 Eine Entscheidung zur Wiederaufgabe der Benutzung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Patentanmeldung hat das RG in der behandelten Zeit nicht getroffen. Es sind gleichwohl keine Gründe ersichtlich, aus denen ein einmal entstandenes Vorbenutzungsrecht durch Umstände nach der Patentanmeldung wieder erlöschen sollte, Vgl. Kent, S. 549, 564; Vgl. Fn. 802 dieses 3. Abschnitts. Durch eine Benutzungsunterbrechung nach Patentanmeldung kann der Vorbenutzer sein Recht nicht wieder verlieren, Bernhardt / Kraßer, S. 852. 795 RG v. 25. 2. 1911 (I 558 / 09). 796 RG v. 25. 2. 1911 (I 558 / 09). 797 RG v. 12. 10. 1912 (I 11 / 12).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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5. Der Inhalt und Umfang des Vorbenutzungsrechts Gegen den Vorbenutzer trat nach § 5 Abs. 1 die Patentwirkung nicht ein. Er konnte die Erfindung frei benutzen. Umstritten waren Art und Umfang seines Rechts. In einem 1882 entschiedenen Strafverfahren hielten die Nebenkläger das Verhalten des Vorbenutzers für patentverletzend, weil er den „maßgebenden Umfang der früheren Verwendung“ überschritten habe. Die Vorbenutzung lege Art und Umfang der späteren Fortbenutzung fest. Der Dritte Strafsenat beschrieb die Wirkung des Vorbenutzungsrechts deutlich: Das Gesetz versagt in § 5 Absatz 1 dem Patente schlechthin die Wirkung gegen denjenigen, welcher bereits zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen hat. Es unterscheidet weder nach der Art der Benutzung, noch beschränkte es die von ihm gegenüber der betreffenden Person ausnahmslos anerkannte Wirkungslosigkeit des Patents. Wenn dessen ungeachet behauptet wird, § 5 Absatz 1 wolle nur den Besitzstand in dem Sinne schützen, daß den Rechten aus dem Erfindungsbesitze gegenüber das Patent nur insoweit wirkungslos sei, als dieser frühere Besitzstand nach Art und Umfang der Benutzung reiche, so findet dies im Gesetze keine Rechtfertigung.798

Zunächst hatte das Vorbenutzungsrecht die relative Unwirksamkeit des Patents gegenüber dem Vorbenutzer zur Folge.799 Die Tatsache, dass ein anderer vor der Patentanmeldung die Erfindung in Benutzung genommen hatte, kam nur ihm, nicht aber der Allgemeinheit zugute. Ferner beschrieb § 5 Abs. 1 die ausnahmslose Rechtsfolge, dass die Wirkung des Patents nicht eintrat. Daher war der Vorbenutzer berechtigt, die Erfindung wie der Patentinhaber zu benutzen. Seiner Berechtigung fehlte nur die patenttypische Ausschließlichkeit, Dritten konnte er die Benutzung nicht untersagen.800 Die obige Urteilsstelle besagte weiter, dass es auf „Art und Umfang der Benutzung“ durch den Vorbenutzer nicht ankam. Er durfte unbeschränkt vom einfachen Gebrauch zur Zeit der Anmeldung später zum Vertrieb übergehen801 oder eine anfängliche Herstellung geringer Stückzahlen in eine mit dem Patentinhaber konkurrierende Großproduktion ausweiten. Auch konnte er umgekehrt die Benutzung einstellen, ohne sein Vorbenutzungsrecht zu verlieren.802 Die Ansicht der Nebenklä-

RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). Ständige Rechtsprechung, Vgl. RG v. 4. 2. 1882 (3 D 3354 / 81); RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82) sah in § 5 Abs. 1 „nicht eine Ausnahme von dem Principe des Patentrechts, sondern eine Beschränkung des letzteren“; RG v. 25. 4. 1882 (III 429 / 81); RG v. 1. 5. 1885 (2 D 925 / 85); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 28. 6. 1902 (I 84 / 02). 800 RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82); RG v. 11. 6. 1890 (I 81 / 90). 801 Vgl. RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82). 802 Das Vorbenutzungsrecht galt während der ganzen Patentdauer. Nur ein Verzicht ließ es erlöschen, nicht aber die Einstellung des Betriebs oder die Nichtausübung, siehe den oben behandelten zweiten Fall der Wiederaufgabe der Vorbenutzung und Fn. 342 dieses 3. Abschnitts, Kent, S. 572; Kohler, Handbuch, S. 484. 798 799

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

ger vermochte nicht zu erklären, zu welcher Fortbenutzung die zweifellos ein Vorbenutzungsrecht gewährende 2. Alternative des § 5 Abs. 1 berechtigt hätte. Ihr trat das RG kurz darauf erneut entgegen.803 Der Wortlaut der Vorschrift bestimme die Wirkungslosigkeit ganz allgemein, ohne anzudeuten, dass das Vorbenutzungsrecht nach Art und Umfang beschränkt sei.804 § 5 Abs. 1 traf eine Abwägung zwischen dem Recht des Patentinhabers und dem Vorbenutzungsrecht. Das Vorbenutzungsrecht konnte die erhofften Vorteile des Patents erheblich einschränken. Dennoch bemerkte das RG ausdrücklich die im Vergleich zum Patentinhaber ungünstigere Lage des Vorbenutzers, welcher Dritten die Benutzung nicht verbieten konnte. Nur ca. einen Monat später wies der III. Zivilsenat auf die unterschiedliche Regelung der Vorbenutzungsrechte nach § 44 und nach § 5 Abs. 1 hin.805 Nach Geist und Wortlaut bestehe der Gegensatz darin, dass § 5 Abs. 1 dem Patent „jede Wirkung versagt, und zwar ohne nach der Art der Benutzung zu unterscheiden“. § 44 hingegen beschränke die Patentwirkung auf die Art der Vorbenutzung. Das RG vertrat die unbeschränkte, weite Auslegung des § 5 Abs. 1 auch in einer Entscheidung vom 20. 9. 1902.806 Der Vorbenutzer sei nicht „auf eine Weiterbenutzung genau in den Grenzen der bisherigen Benutzung eingeschränkt“. Er dürfe sogar den patentierten Gegenstand mit unwesentlichen Abweichungen herstellen, die einen neuen, in das Patent eingreifenden Erfindungsgedanken nicht verkörperten.807 Das PatG 1891 sollte die Diskussionen über Art und Umfang des Vorbenutzungsrechts beenden.808 Die Ergänzung des Satz 2 führte eine einzige Beschränkung der Benutzungsbefugnis ein: Der Vorbenutzer durfte nur „für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes in eigenen oder fremden Werkstätten“ fortbenutzen. Seinen Betrieb konnte der Vorbenutzer auch erst später aufnehmen.809 Es war ferner möglich, die Erfindung in mehreren eigenen Betrieben auszunutzen. Mit der Ausnutzung für die Bedürfnisse des eigenen Betriebs in fremden Werkstätten beschäftigte sich die erwähnte Entscheidung vom 25. 1. 1908.810 Die Beklagte zu 1 war durch ihre Vorbenutzung berechtigt, Geschütze mit „Schartenblende“ herzustellen. Ebenfalls wegen Patentverletzung belangt war die Beklagte zu 2, in deren Fabrik die Beklagte zu 1 die Geschütze zum Gebrauch fertig montieren ließ. Das RG sah Vgl. RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82). Die Kommission habe nicht an eine Benutzung in bestimmtem Umfang gedacht, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 14. 805 RG v. 25. 4. 1882 (III 492 / 81), siehe S. 322. So auch schon RG v. 4. 1. 1882 (3 D 3166 / 81). 806 RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02). 807 Im Fall hatte der Vorbenutzer vor der Patentanmeldung Gefäße hergestellt, bei denen Böden und Mäntel mit Heizröhren versehen waren, und später sich auf Heizröhren an den Böden beschränkt. 808 Siehe S. 320 f. Vgl. ferner Beier / Moufang in: Festschrift GRUR, S. 241, 248. 809 Der Erwerb des Vorbenutzungsrechts setzte nicht notwendig Gewerbsmäßigkeit voraus, Kent, S. 563; siehe S. 334, RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02). 810 RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07), siehe S. 339. 803 804

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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im Verhalten der Beklagten zu 2 keine Patentverletzung, da sie vom Vorbenutzungsrecht der Beklagten zu 1 gedeckt sei: Bei der feststehenden Thatsache, daß die Beklagte zu 1 den Vertrag mit der Amerikanischen Regierung für sich allein abgeschlossen und die Ausführung der Geschütze ausschließlich für ihre Rechnung übernommen hat, hält es der Senat für unbedenklich, auch noch die Montierung der Geschütze als zu den Bedürfnissen ihres eigenen Betriebes gehörig anzusehen ( . . . ).811

Das patentverletzende Verhalten war dem Betrieb der Beklagten zu 1 zuzurechnen, berechtigterweise ausgeübt in den fremden Werkstätten der Beklagten zu 2. „Werkstätten“ waren die örtlichen Herstellungsräume, „Betrieb“ hingegen die tatsächliche Tätigkeit. Die Beklagte zu 2 hatte zwar ein eigenes gewerbliches Interesse an dem Auftrag. Gleichwohl erschien ihre Tätigkeit als „Betrieb“ der Beklagten zu 1. Das Vorbenutzungsrecht schützte die eigenen gewerblichen Zwecke des Vorbenutzers. Der Betrieb des Vorbenutzers fand seine Grenze, wenn sich die Ausnutzung in der fremden Werkstätte als Übertragung des Benutzungsrechts darstellte, weil z. B. der beauftragte Hersteller auch an Dritte ausliefern durfte.812 Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 des neuen Gesetzes konnte das Vorbenutzungsrecht nur zusammen mit dem Betrieb übertragen werden.813 Ein betriebsloser Vorbenutzer konnte das Recht daher nicht übertragen. Der Vorbenutzer verlor seine Berechtigung, der Erwerber war sein Rechtsnachfolger.814 Mehrere Erwerber durften die Ausnutzung der Erfindung nur gemeinsam betreiben, da eine Aufteilung des Betriebs einer gesetzlich nicht gewollten Lizenzvergabe gleichgekommen wäre. Das Vorbenutzungsrecht schützte nicht nur die Tätigkeit des Vorbenutzers. Es erstreckte sich auf die von ihm hergestellten, in Verkehr gebrachten oder feilgehaltenen Gegenstände. Abnehmer des Vorbenutzers durften diese Produkte frei benutzen, sie verletzten damit nicht das Patent.815 Das hatte das RG bereits 1882 festgestellt.816 Der Angeklagte hatte den aufgrund eines Vorbenutzungsrechts hergestellten und einem Dritten patentierten „Copir-Apparat“ vom Vorbenutzer bezogen und benutzt. Das RG gab zu, dass nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 die Patentwirkung nur gegen den Vorbenutzer nicht eintrat. Die Enstehungsgeschichte des Gesetzes und eine „Vergleichung der §§ 4 und 5“817 zeigten jedoch:

RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). Kent, S. 564. 813 Der Betiebsübergang war ein tatsächlicher Vorgang und nicht durch Willenserklärungen zu ersetzen, Kent, S. 568. 814 RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82). 815 Vergleichbar ist das Freiwerden der vom Vorbenutzer in Verkehr gebrachten Gegenstände mit der bereits behandelten Erschöpfung des Patentrechts an den vom Patentinhaber in Verkehr gebrachten Gegenständen, siehe S. 312 ff., insbesondere S. 316. 816 RG v. 4. 2. 1882 (3 D 3354 / 81). 817 Hiermit zog das RG Parallelen zur Erschöpfung der Patentwirkung im Rahmen des § 4, siehe S. 312 ff. 811 812

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Der ganze Schutz, welcher der § 5 dem thatsächlichen Besitzstande gegenüber den allgemeinen Patentwirkungen verleihen will, würde in zahlreichen und wichtigen Fällen völlich illusorisch werden, wolle man denselben auf den Besitzer persönlich beschränken, auf die von ihm hergestellten, in Verkehr gebrachten oder feil gehaltenen Gegenstände der Erfindung aber und auf die redlichen dritten Erwerber solcher Gegenstände nicht ausdehnen. Für die zahlreichen Fälle des Absatz 2 des § 4 des Patentgesetzes würde sich aus jener persönlichen Beschränkung zunächst die Consequenz ergeben, daß der eximirte Besitzer einer anderweit patentirten Erfindung ( . . . ) zwar berechtigt bliebe, diese Gegenstände herzustellen, in Verkehr zu setzen und feil zu halten, daß aber kein Dritter befugt wäre, die solchergestalt vom Besitzer erworbenen Gegenstände ohne Erlaubniß des Patentinhabers zu gebrauchen. Man sieht nicht ab, welchen ökonomischen Werth dann überhaupt noch das fragliche Besitzrecht des § 5 haben, und welcher vernünftige Zweck jener gewährleisteten Veräußerungsbefugniß dann noch verbleiben sollte.818

Der berechtigte Besitzstand des Vorbenutzers umfasste neben dem eigenen Gebrauch die Herstellung und Veräußerung des Erfindungsgegenstands. Nur wenn auch der redliche819 Abnehmer den rechtmäßig hergestellten und veräußerten Gegenstand ohne Patentverletzung benutzen durfte, war der Besitzstand des Vorbenutzers effektiv geschützt.820 Wie weit das Benutzungsrecht des Abnehmers ging, zeigte die bereits erwähnte Entscheidung vom 20. 9. 1902.821 Der Vorbenutzer hatte dem Beklagten Kesselböden mit Heizröhren und dazugehörige Mäntel getrennt geliefert. Der Beklagte setzte beide Teile zum Kessel zusammen, der dem patentierten „Koch-, Schmelz- oder Verdampfgefäß“ entsprach. Das RG sah in der Zusammensetzung keine patentverletzende Herstellung, sondern eine erlaubte Benutzung des vom Vorbenutzer rechtmäßig hergestellten Gegenstands: 818 RG v. 4. 2. 1882 (3 D 3354 / 81). Zur weiteren Begründung verwies das RG auf das Gesetzgebungsverfahren. Aus den Verhandlungen gehe hervor, dass „unzweifelhaft“, so Hagens, auch die nach § 5 Abs. 1 rechtmäßig hergestellten Gegenstände von der Patentwirkung frei seien, StenBer-RT 3. Leg., I. Sess. 1877, Zweiter Bd., 1877, 34. Sitzung v. 1. 5. 1877, S. 915, 926 f. 819 Das RG hatte keine Gelegenheit festzustellen, ob die ausgedehnte Wirkung des Vorbenutzungsrechts auch für den nicht redlichen Erwerber gelte. 820 So in ständiger Rechtsprechung RG v. 14. 3. 1882 (2 D 312 / 82); RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82); RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02) sowie für das heutige Patentrecht Bernhardt / Kraßer, S. 578 f. In den Fällen wurden die Gegenstände vom Vorbenutzer, also erst nach der Patentanmeldung erworben. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Erwerber den Gegenstand vor der Patentanmeldung erlangte: Der Vorbenutzer konnte die Benutzung bis zur Anmeldung wieder aufgeben, so dass ein Vorbenutzungsrecht gar nicht entstand, welches den vormals veräußerten Gegenstand erfasste. Hier kam es darauf an, ob der Erwerber durch eigenes Inbenutzungnehmen oder Veranstalten selbst Vorbenutzer war. In dem der Entscheidung des RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82) zugrundeliegenden Fall war ein „Trocken-Copir-Verfahren“ geschützt. Aus der Entscheidung geht nicht hervor, dass auch die Apparate zur Anwendung des Verfahrens patentiert seien, vgl. S. 203 f. Der Angeklagte hatte Apparate von einem Vorbenutzungsberechtigten erworben und handelte mit ihnen. Das RG erkannte unerklärlicherweise in dem Handel mit den Apparaten grundsätzlich eine Verletzung des Verfahrenspatents, verneinte aber vorliegend eine Verletzung, weil die Apparate vom Vorbenutzungsberechtigten stammten. 821 RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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Wie aus demselben Grunde bereits in der Herstellung und dem Vertriebe der Böden nebst Mänteln seitens eines Unbefugten ohne Zusammenfügung beider eine Patentverletzung erblickt werden müßte, so kann andererseits in der bloßen Zusammenfügung der von einem nach §. 5 des Patentgesetzes dazu Berechtigten hergestellten und vertriebenen Kesseltheile seitens eines Dritten eine solche nicht erblickt werden.822

Die Erfindung ausgenutzt hatte bereits der Vorbenutzer. Die Einzelteile konnten vom Verkehr frei zusammengesetzt werden.

III. Der internationale Fahrzeugverkehr gemäß § 5 Abs. 3 PatG § 5 regelte in seinen Absätzen 2 und 3 weitere Fälle, welche die Patentwirkung aus § 4 inhaltlich beschränkten. Die Benutzungsbestimmung des Reichskanzlers gemäß § 5 Abs. 2 wurde bereits im Zusammenhang mit dem Vergütungs- und Aufopferungsanspruch behandelt.823 Für den internationalen Fahrzeugverkehr ordnete § 5 Abs. 3 an: Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patentes nicht.

Schiffe und Eisenbahnen waren regelmäßig mit patentierten Vorrichtungen ausgestattet und bewegten sich über territoriale Grenzen hinweg. Im Inland konnte der Patentinhaber an sich den Gebrauch patentverletzender Einrichtungen an allen Fahrzeugen verbieten. Das hätte den internationalen Verkehr empfindlich gestört. § 5 Abs. 3 stellte Fahrzeuge mit patentierten Einrichtungen vom Schutz frei, sofern sie nur vorübergehend in den örtlichen Wirkungsbereich des deutschen Patentrechts gelangten. Ziel war es, den internationalen Verkehr vor unverträglichen Belästigungen zu schützen und einen reibungslosen Ablauf von Anlandungen und Abfahrten zu gewährleisten.824 Dem RG stellte sich früh die Frage, ob die Vorschrift deutsche und ausländische Fahrzeuge gleichermaßen erfasse. Auf einem deutschen Schiff, welches regelmäßig zwischen Stettin und New York verkehrte, war eine patentierte Dampfmaschineneinrichtung benutzt worden. Der Dritte Strafsenat bejahte eine Patentverletzung.825 § 5 Abs. 3 sei nicht anwendbar, weil das Schiff den Geltungsbereich des PatG nicht nur vorübergehend berührt habe. Fahrzeuge inländischer Unternehmen, die gelegentlich das Ausland befuhren, seien nicht von der Patentwirkung befreit. Das RG beschränkte die Vorschrift auf den Schutz des ausländischen internationalen Verkehrs, der das deutsche Gebiet berührte. Dieser werde nicht belästigt, wenn 822 823 824 825

RG v. 20. 9. 1902 (I 114 / 02). Siehe S. 100 ff. Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 22. RG v. 20. 10. 1887 (3 D 1882 / 87).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

deutsche Fahrzeuge das deutsche Patent zu beachten hätten. Es hatte erkannt, dass es angesichts zunehmender Internationalisierung und des einsetzenden automobilen Zeitalters826 den für diese Wirtschaftszweige wichtigen Patenten ihre Wirksamkeit belassen musste. Ansonsten wäre ein Großteil der Erfindungen ihres Patentschutzes beraubt gewesen. Es ging nicht darauf ein, dass deutsche und ausländische Wettbewerber ungleich behandelt wurden und das freie Kräftemessen im internationalen Verkehr eventuell gestört wurde.

IV. Das ältere Recht zur Benutzung Dem Vorwurf einer objektiven Patentverletzung konnte der Empfänger ferner ein älteres Patentrecht, seit 1891827 auch ein älteres Gebrauchsmusterrecht entgegenhalten.828 Herleiten ließ sich die Einwendung jedoch nicht aus jedem älteren Recht eines beliebigen Dritten. Das ging aus einer Entscheidung des RG vom 11. 1. 1902 hervor, welcher folgender Sachverhalt zugrundelag:829 Die Beklagte erzeugte „Verbindungsstücke“ für ein Regenrohr, welche das klägerische Gebrauchsmuster verletzten. Die Klägerin war in einem früheren Prozess eines Drit826 Dieses fällt in die Anfangsjahre des PatG: Nicolaus August Otto erfand seinen (noch ortsfesten) Viertaktmotor 1876, Carl Benz konstruierte 1879 einen Zweitaktmotor und erhielt am 29. 1. 1886 auf seinen ersten Motorwagen das DRP Nr. 37435, Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach entwickelten 1883 einen neuartigen Motor, den Maybach 1885 als „Petroleum-Reitwagen“ patentieren ließ, 1886 bauten sie den Motor in eine vierrädrige Kutsche ein, v. Gadow, S. 36 ff. 827 Das G, betr. den Schutz v. Gebrauchsmustern v. 1. 6. 1891, RGBl. 1891, S. 290, trat am 1. 10. 1891 in Kraft, siehe Fn. 170 des 1. Abschnitts. 828 Unvollständig war insofern die Formulierung „§§. 4 und 5 zuwider“ in § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.): hier wie bei der objektiven Patentverletzung gemäß § 4 ließen sich z. B. kollidierende Rechte zur Vornahme der Handlung einwenden, Kent, II. Bd., S. 386. Nicht alle Rechte zur Benutzung können hier behandelt werden. § 4 Abs. 1 a.F. erwähnte mit den Worten „Erlaubniß des Patentinhabers“ ein Recht zur Benutzung. Darunter fielen die Zustimmung, Genehmigung oder Duldung des Berechtigten. RG v. 17. 12. 1892 (3 D 3301 / 92) erkannte eine Einwilligung an, „wenn der Wille des Patentberechtigten in Wahrheit darauf gerichtet war, dem Dritten die gewerbliche ( . . . ) Verwerthung des patentirten Gegenstandes als eine von ihm, dem Patentinhaber, gebilligte Thätigkeit, die seinem aus dem bestehenden Patentrechte herfließenden Verbietungsrechte entzogen sein sollte, zu gestatten und insofern als eine das Patentrecht nicht verletzende Handlung sich verwirklichen zu lassen.“ In einem anderen Fall hatte die Beklagte Ersatzteile für eine großem Verschleiß ausgesetzte, dem Kläger patentierte Maschine nicht immer bei dem Kläger bezogen; obwohl ihm das nicht entgangen sein konnte, hatte er sich aus geschäftlichen Rücksichten jahrelang stillschweigend verhalten; das RG sah darin eine stillschweigende Genehmigung, RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02). Eine besondere Form der Erlaubnis war die Gestattung im Rahmen einer meist entgeltlichen einfachen oder ausschließlichen Lizenzerteilung nach § 6. Schließlich gaben der Nießbrauch, das Pfandrecht oder ein sonstiges Ausnutzungsrecht ein Recht zur Benutzung. Das gleiche galt für die Mitinhaberschaft am verletzten Patent, da hier nur das Innenverhältnis der Inhaber zueinander betroffen war. 829 RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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ten verurteilt worden, die Nachbildung ihres Gebrauchsmusters zu unterlassen und Schadenersatz zu leisten, weil ihr Muster in das ältere Patent des Dritten eingriff. Aus diesem Grund hielten die Vorinstanzen des laufenden Verfahrens die Klägerin wegen § 5 Abs. 1 GebrMG830 nicht für berechtigt, Rechte aus ihrer Eintragung Dritten, hier der Beklagten gegenüber geltend zu machen. Sie verstanden das Wort „ausüben“ im Sinne von „Ansprüche geltend machen“. Das RG hob die Berufungsentscheidung auf und führte aus: Wäre dies richtig, so könnte Jedermann ein derartiges Modell ( . . . ) straflos nachbilden. Vor allen Dingen dürfte der Patentinhaber solches thun und es würde sich der Rechtssatz ergeben, daß jeder Patentinhaber jede in die seinige eingreifende und diese verbessernde fremde Erfindung, mag die letztere durch Gebrauchsmusterschutz oder durch Patent geschützt sein – denn auf dem Gebiete des Patentrechts würde das nämliche gelten – in Benutzung nehmen dürfte, ohne dem Inhaber des Gebrauchsmusters oder des Patents zu irgendwelcher Entschädigung verpflichtet zu sein. Ein solcher Rechtssatz besteht jedoch nicht und folgt nicht aus § 5 Absatz 1 des Gebrauchsmustergesetzes. Es wird dort der Fall der Abhängigkeit eines Modells von einem Patent behandelt und, ebenso wie in § 5 Absatz 2 der Fall, daß ein Patent von einem Gebrauchsmuster abhängig ist, unter Anwendung des nämlichen Grundsatzes entschieden, der auf dem Gebiete des Patentrechts gilt und schwerlich bezweifelt wird: der Inhaber des von einem Patent abhängigen Gebrauchsmusters darf sein Recht nicht ohne Erlaubniß des Patentinhabers „ausüben“ d. h. gewerblich nachbilden, und die durch Nachbildung hervorgebrachten Geräthschaften und Gegenstände in Verkehr bringen, feilhalten oder gebrauchen, worin nach § 4 Absatz 1 die Ausübung besteht. Im Uebrigen aber ist sein Recht ein wirkliches Recht und sein Modell darf nicht ohne seine Erlaubniß von Jedermann in Benutzung genommen werden. Hieraus folgt, daß der Gebrauchsmusterinhaber das Verbietungsrecht und das Recht auf Schadensersatz wegen unbefugter Nachbildung gegen jeden Dritten hat; ( . . . ).831

Aus dem fremden Patentrecht ließen sich keine Einwendungen gegen die Klägerin herleiten. Die im Vorprozess festgestellte Beschränkung des klägerischen Gebrauchsmusters galt nur im Verhältnis zum Inhaber des älteren Patentrechts. Ansonsten wäre das Gebrauchsmuster, oder jedes abhängige Patent, schutzlos gegenüber Dritten und vor allem gegenüber dem Inhaber des Hauptrechts. Das abhängige Recht liefe damit leer. Das RG betonte, dass die Grundsätze der Abhängigkeit im Patent- und Gebrauchsmusterrecht gleichermaßen galten. Als solchen unangezweifelten Grundsatz formulierte das RG, dass der Inhaber des abhängigen Rechts zwar die in § 4 beider Gesetze genannten Benutzungen nicht ohne Erlaubnis des Hauptrechtinhabers ausüben dürfe. Davon zu trennen sei aber die Ausübung des Schutzrechts, um Angriffe Dritter abzuwehren, welche selbst kein Recht an der Erfindung hatten. Das brachte das RG in der Formulierung „Im Uebrigen aber ist sein Recht ein wirkliches Recht“ zum Ausdruck. Ein Verletzer dieses Rechts konnte sich nur auf ein eigenes Recht berufen.832 830 § 5 Abs. 1 GebrMG: „Soweit ein nach §. 4 begründetes Recht in ein Patent eingreift, dessen Anmeldung vor der Anmeldung des Modells erfolgt ist, darf der Eingetragene das Recht ohne Erlaubniß des Patentinhabers nicht ausüben.“ 831 RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Zu unterscheiden waren stets das verletzte Patent, welches möglicherweise in seiner Wirkung beschränkt war, und das ältere Ausschlussrecht, welches den einschränkenden Einfluss ausübte. Letzteres konnte selbst ein Patent oder ein Gebrauchsmuster sein. Im PatG war diese Einrede nicht geregelt. Sie beruhte auf dem Rechtsprinzip, dass eine einmal individuell erlangte Rechtsposition ihrem Inhaber durch die Erteilung eines Rechts an einen anderen nicht wieder entzogen werden konnte.833 Der spätere Patentanmelder musste bestehende Schutzrechte Dritter nach dem Grundsatz der Priorität respektieren.834 Unangemessen benachteiligt war er dadurch nicht, da er den Gegenstand des älteren Rechts auch vorher nicht benutzen durfte. Es war also die positive Seite des älteren Ausschlussrechts, welche jüngere kollidierende Patentrechte abwehrte. Stützte der Verletzer seine Handlung auf ein älteres Patentrecht, lag ein Fall der Kollision im eigentlichen Sinne nicht vor.835 Entweder lag der Fall der Identität vor, wenn beide Patente dieselbe Erfindung zum Gegenstand hatten; oder es bestand ein Abhängigkeitsverhältnis, wenn sie sich auf unterschiedliche Gegenstände bezogen, aber das jüngere nicht ohne Benutzung des älteren ausgeübt werden konnte.836 Kollision lag hingegen vor, wenn der Verletzer seinen Einwand auf ein älteres Gebrauchsmuster stützte, welches ihm auf die identische Erfindung erteilt war. Schließlich konnten auch das verletzte Patent und das eingewendete Gebrauchsmuster in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. 1. Das ältere Patentrecht und die Abhängigkeit Berief sich der Verletzer auf ein eigenes, in einem Abhängigkeitsverhältnis stehendes Patent, so konnte die Abhängigkeit in keinem Fall eingewendet werden: Weder ließ sich ein abhängiges Patent einwenden, noch konnte sich der Verletzer auf ein eigenes Hauptpatent berufen. Bei der Frage, ob ein Patent verletzt war, kam es nicht darauf an, ob der Verletzer selbst eine geschützte Erfindung besaß.837 Die Entscheidung vom 11. 1. 1902 sprach deutlich aus, dass der Hauptpatentinhaber ohne Erlaubnis des Abhängigkeitspatentinhabers den Gegenstand des abhängi832 Ebenso konnte er ein von dem Recht eines Dritten abgeleitetes Recht geltend machen, wenn der Dritte selbst zur Benutzung berechtigt war – siehe dazu die folgenden Ausführungen – und ein Recht auf den Verletzer übertragen hatte. 833 Kent, S. 355. 834 Das Gesetz gewährte nicht dem ersten Erfinder, sondern dem ersten Anmelder das Patent, Vgl. § 3 Abs. 1, Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 18; Benkard, Einleitung Rn. 27. 835 Es trafen gerade keine zwei Rechtsordnungen für dieselbe Rechtsfrage zusammen, siehe Fn. 294 des 2. Abschnitts. 836 Abhängig war stets das jüngere Patent von dem älteren, nicht umgekehrt. Eine hier nicht weiter interessierende Ausnahme galt nur für die Vorverlegung der Priorität, Isay (1926), S. 229. 837 RG v. 9. 12. 1893 (I 253 / 93); RG v. 21. 10. 1903 (I 199 / 03); RG v. 7. 11. 1906 (I 146 / 06).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

351

gen Patents so wenig wie jeder Dritte benutzen durfte. Das Hauptpatent gewährte kein Recht zur Benutzung gegenüber dem abhängigen Patent.838 Obwohl das Hauptpatent das ältere Recht war, kam es hierauf nicht an. Deshalb setzte sich das RG wiederholt auch mit der umgekehrten, häufig auftretenden Konstellation auseinander, dass sich der Verletzer auf sein Patent berief, welches von dem verletzten Patent abhängig war. Diese Einwendung war jedoch erst recht nicht begründet, da der Abhängigkeitspatentinhaber per definitionem der Erlaubnis des Hauptpatentinhabers bedurfte. a) Die Entscheidung vom 21. 5. 1883 Am 21. 5. 1883 entschied das RG folgenden Fall:839 Der Kläger besaß zwei Patente, eines auf eine bestimmte Art von Knieblechröhren, ein anderes auf eine Maschine zur Herstellung dieser Röhren. Die Beklagte hatte ebenfalls ein Patent auf eine Maschine zur Herstellung entsprechender Röhren, welches jünger war als die Patente des Klägers. Dieser hielt sein Knieblechröhren-Patent für verletzt, weil die Beklagte ihre Maschine benutzte und damit Röhren herstellte. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass die Beklagte mit ihrem Patent ein positives Recht zur Benutzung erlangt habe, und wies die Klage ab. Solange die Befugnis der Beklagten vom Kläger nicht angefochten sei, könne er keine Verletzungsansprüche geltend machen. Das RG stellte schon eine positive Befugnis in Frage: Ob dieser Annahme beizupflichten wäre, wenn wirklich die Patente ( . . . ) denselben Gegenstand beträfen, oder ob in dem Falle einer Kollision zweier bestehenden Patentrechte, wie Klostermann im Patentblatte von 1882 Seite 17 ff. ausführt, das ältere dem jüngeren vorgehen würde, kann hier unerörtert bleiben, weil nicht anzuerkennen ist, daß im vorliegenden Falle eine Kollision von zwei Patentrechten gleichen Inhalts stattfindet.840

Damit deutete das RG bereits einen Grundsatz an, der später für Fälle der Identität Anwendung finden sollte: Vorrang genieße das ältere Recht.841 Viel wichtiger war die Erkenntnis, dass in diesem Fall keine Identität der Erfindungsgegenstände vorlag. Das klägerische Patent war auf Knieblechröhren, das Patent der Beklagten auf eine Maschine erteilt. Da die Beklagte durch die Benutzung ihres Maschinenpatents die klägerischen Röhren herstellte, war ihr Patent von dem des Klägers abhängig.842 Ein Recht zur Benutzung des Hauptpatents konnte aber auch das abhängige Patent nicht gewähren: Denn es ist unrichtig, wenn das Berufungsgericht sagt, das Patent verleihe dem Inhaber die Befugniß, den Gegenstand der Erfindung ( . . . ) herzustellen und zu gebrauchen. Diese 838 RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01); siehe S. 133; so auch für die Abhängigkeit von Gebrauchsmustern RG v. 29. 12. 1908 (5 D 786 / 08). 839 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II. 840 RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II. 841 Siehe S. 353 ff. Vorliegend war das klägerische Patent das ältere. 842 Vgl. S. 134.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Befugniß ist von dem Patente unabhängig. Sie würde der Beklagten, auch wenn sie kein Patent erworben hätte, vermöge der natürlichen Freiheit des Handelns und, soweit es sich um gewerbsmäßigen Betrieb handelt, vermöge des Grundsatzes der Gewerbefreiheit zustehen.843

Das RG führte die Grundsätze der Gewerbefreiheit und der allgemeinen Handlungsfreiheit an, die zunächst jedem ein Recht zur Benutzung gewährten. Durch die Patenterteilung konnte nicht nochmal verliehen werden, was schon bestand. Im Gegenteil schränkte die Erteilung die Freiheiten für alle anderen ein. Dafür, dass eine spätere zweite Patenterteilung diese Einschränkung wieder aufheben sollte, war kein Grund ersichtlich. Die Erklärung des RG stützte sich weniger auf die Abhängigkeit, als vielmehr allgemein darauf, dass eine Patenterteilung kein Benutzungsrecht gewährte.

b) Die Entscheidungen vom 22. 9. 1894 und vom 19. 5. 1897 Die fehlende Einwendbarkeit eines eigenen Patents bestätigten auch zwei Beschlüsse vom 22. 9. 1894 und vom 19. 5. 1897.844 Im Verletzungsverfahren von 1894 hielt die Beklagte der Verletzung des klägerischen Patents eine Berechtigung aus ihrem eigenen, jüngeren Patent entgegen. Aus der Wortwahl des RG ergab sich nicht, ob das eingewendete Patent mit dem klägerischen identisch oder von ihm abhängig war. Die Klägerin erhob zusätzlich Nichtigkeitsklage gegen das Patent der Beklagten. Um die Entscheidung über diese abzuwarten, war die Aussetzung des Verletzungsverfahrens angeordnet worden. Diese hob das RG mit dem Beschluss vom 22. 9. 1894 auf. Denn die Frage der Patentverletzung hänge nicht von einem eventuell gültigen, aber späteren Patent der Beklagten ab. Ebensowenig kam 1897 eine Aussetzung eines Verletzungsprozesses in Betracht, um eine Entscheidung über die Erteilung eines Patents an den Verletzer abzuwarten. Die Fragen, welche im Verletzungs- und Erteilungsverfahren zu entscheiden seien, seien verschieden. Das Verfahren der Beklagten kann patentfähig sein und doch das Patent der Klägerin verletzen, und es kann umgekehrt das Verfahren der Beklagten der Patentfähigkeit entbehren und dennoch keinen Eingriff in das Patent der Klägerin enthalten.845

Ob der Verletzer selbst ein abhängiges Patent besaß, war im Verletzungsprozess unerheblich. Das RG begründete das damit, dass das spätere Recht unabhängig von seinem Gegenstand das bestehende nicht einschränken könne.846 Ebensowenig konnte sich der Verletzer auf ein eigenes Hauptpatent berufen, von dem das ver843 844 845 846

RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II. RG v. 22. 9. 1894 (I B 59 / 94); RG v. 19. 5. 1897 (I B 39 / 97). RG v. 19. 5. 1897 (I B 39 / 97). So auch RG v. 4. 5. 1889 (I 345 / 88) – Ariston.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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letzte abhängig war. Ein Abhängigkeitsverhältnis verschaffte kein Recht zur Benutzung, es konnte nie eingewendet werden.

2. Das ältere identische Patent Etwas anderes galt für die Identität zweier Patente. Grundsätzlich hinderten das Neuheitserfordernis gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 und der Prioritätsgrundsatz nach § 3 Abs. 1 das PA, auf eine Erfindung erneut ein Patent zu erteilen. Gleichwohl gab es Patente auf identische Erfindungen. Einerseits konnte das PA irrtümlich bei der Erteilung ein älteres Patent übersehen oder das Verhältnis der Anmeldung zu einem älteren Patent unrichtig beurteilt haben.847 Andererseits schrieb das PatG nicht ausdrücklich vor, dass das PA im Erteilungsverfahren auch andere, frühere Anmeldungen, die noch nicht öffentlich bekannt gemacht waren, zu prüfen hatte.

a) Die Entscheidung vom 28. 4. 1882 Das RG beschäftigte sich mit einem solchen Fall in einer frühen NichtigkeitsEntscheidung vom 28. 4. 1882.848 Die Beklagten hatten das mit der Klage angefochtene Patent zu einer Zeit angemeldet, als das im wesentlichen entsprechende Patent des Klägers zwar schon angemeldet, aber noch nicht gemäß § 19 Abs. 4 bekannt gemacht war. Der Kläger konnte nicht beweisen, dass die Erfindung vor der Anmeldung der Beklagten in öffentlichen Druckschriften beschrieben oder offenkundig benutzt war, § 2. Die einzige Begründung war die Priorität seiner Anmeldung. Das RG wies die Klage ab. Das Nichtigkeitsverfahren sei ein Ausnahmeverfahren und die Bestimmungen in §§ 27 ff. i.V.m. § 10 Nr. 1 und 2 abschließend. Zudem wiederhole Nr. 2 wörtlich den § 3 Abs. 2; hätte auch der Fall der fehlenden Anmeldungspriorität nach Absatz 1 erfasst werden sollen, wäre in § 10 Nr. 2 ein Verweis auf § 3 einfacher gewesen. Auf diese Weise konnte auch ein zweiter Anmelder unter Umständen ein Patent auf dieselbe Erfindung erlangen, ohne dass dieses in dem patentrechtlich vorgesehenen Verfahren wieder vernichtet werden konnte.849 Über das Verhältnis der beiden identischen Patente zueinander war damit noch nichts ausgesagt.

Diese Gründe führte RG v. 7. 7. 1894 (I 119 / 94) beispielhaft an. RG v. 28. 4. 1882 (II 135 / 81). 849 So auch RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II, welches mit Verweis auf Klostermann von „Kollision“ sprach, und RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). 847 848

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

b) Die Entscheidung vom 24. 11. 1884 Wie ein solches Verhältnis zweier identischer Patente zu beurteilen war, deutete das RG erstmals in einer Nichtigkeitsentscheidung an.850 Das Patentamt müsse nicht prüfen, ob die angemeldete Erfindung bereits patentirt ist. In dieser Hinsicht dem Patentamte eine Pflicht aufzuerlegen und ihm die Befugniß zur Versagung des angemeldeten Patents wegen eines entgegen stehenden Patentrechts beizulegen, lag keine Veranlassung vor. Wie schon in früherer Zeit, vor Einführung einer Patentgesetzgebung, Privilegien, durch welche ausschließlich Gewerbeberechtigungen verliehen wurden, auch ohne einen ausdrücklichen deshalbigen Vorbehalt als unbeschadet der bestehenden Rechte Anderer ertheilt galten, so ist auch seit der gesetzlichen Regelung des Patentwesens bei den nunmehr auf Grund des Gesetzes ertheilten Patenten ein solcher Vorbehalt selbstverständlich. Die Ertheilung des Patents, als Act einer Verwaltungsbehörde, ist weder dazu bestimmt, noch im Stande, bestehende Privatrechte aufzuheben oder zu beschränken.851

Ausgehend vom Umfang der Prüfungspflicht des PA im Erteilungsverfahren traf das RG hier auch eine Aussage zum Verhältnis zweier identischer Patente. Die Erteilung „unbeschadet der bestehenden Rechte Anderer“ drückte das Prioritätsprinzip aus. Ohne dass es einer gesetzlichen Regelung bedurfte, galt der Vorrang des älteren Rechts.852 Das ältere Patent blieb von der späteren Erteilung unberührt, und trotzdem konnte, den früheren Entscheidungen zufolge, das jüngere Recht unter Umständen nicht vernichtet werden. Auf welche Weise sich das jüngere Patent zu dem älteren und Dritten gegenüber verhielt, musste das RG im Nichtigkeitsverfahren nicht klären. c) Die Entscheidung vom 27. 3. 1890 Für den Verletzungsprozess sprach eine Entscheidung vom 27. 3. 1890 aus, dass grundsätzlich beiden Patenten die Wirkung des § 4 zukomme.853 Da aber das ältere von der Erteilung des jüngeren unberührt blieb, folge daraus, dass der Inhaber des älteren Patents dem jüngeren Patentinhaber weiterhin die Ausübung untersagen könne. Sein älteres Patent gewährte ihm ein Recht zur Benutzung, das er auch einredeweise geltend machen konnte. Umgekehrt konnte im Fall der Identität der Inhaber des jüngeren Patents kein Recht zur Benutzung einwenden. Sein im Übrigen vollwirksames Patent war gegenüber dem Inhaber des älteren beschränkt. Für das Verhältnis zweier identischer Patente kam es maßgeblich auf die Priorität der Anmeldung an. 850 RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84): in dem Urteil ging es eigentlich um die Abhängigkeitserklärung. 851 RG v. 24. 11. 1884 (I 350 / 84). 852 Maßgeblicher Prioritätszeitpunkt war grundsätzlich der Zeitpunkt der Anmeldung; er konnte sich ausnahmsweise wie der Stichtag für die Neuheit verschieben. 853 RG v. 27. 3. 1890 (I 19 / 90).

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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3. Das ältere Gebrauchsmusterrecht Seit Geltung des Gebrauchsmustergesetzes von 1891 konnten für „Modelle von Arbeitsgeräthschaften oder Gebrauchsgegenständen“ Gebrauchsmuster erlangt werden.854 Wie das Patent schützte das Gebrauchsmuster eine technische Erfindung in Hinsicht auf ihre materielle Gebrauchsfähigkeit. Die Unterschiede beider Rechte erläuterte das RG 1899 anlässlich einer Löschungsklage.855 Der Kläger war der Ansicht, dass sich der Gebrauchsmusterschutz nicht mit dem bestehenden Schutz eines Patents vertrage. Das RG führte aus: Das Gesetz vom 1. Juni 1891 will gewerbliche Formverbesserungen bekannter Gegenstände schützen und ist für Erzeugnisse bestimmt, die durch neue Form und Konstruktion die gewerbliche Nutzbarkeit erhöhen. Das Patentgesetz dagegen soll Erfindungen schützen, die mehr sind, als die im Raume verkörperte Darstellung eines dem Arbeits- oder Gebrauchszweck dienenden Erfindungsgedankens, vielmehr, ohne an eine bestimmte Darstellungsform gebunden zu sein, durch eine bisher unbekannte Kombination von Naturkräften einen wesentlichen Fortschritt der Technik schaffen. Jede dieser beiden Voraussetzungen kann bei einer Erfindung die einer Darstellung im Raume fähig ist, zutreffen und in einem solchen Falle ist es ( . . . ) dem Urheber überlassen, welche Voraussetzung er geltend machen und welche Art des Schutzes er demgemäß in Anspruch nehmen will.856

Der erfinderische Fortschritt musste für ein Gebrauchsmuster nicht in einer „Kräftekombination“, sondern in der „Raumform“ liegen. Unter den Voraussetzungen für eine Patenterteilung konnten an derselben Erfindung aber auch beide Schutzrechte erworben werden. Grundsätzlich lehnte sich das Gebrauchsmustergesetz an das PatG an.857 Jedoch galt ein einfaches Anmeldesystem. Die Prüfung des angemeldeten Modells erschöpfte sich in der Feststellung, dass die äußeren Erfordernisse des § 2 GebrMG vorlagen.858 Das Schutzrecht entstand durch Eintragung in die Rolle für Gebrauchsmuster. § 4 Abs. 1 GebrMG verlieh ihm eine ausschließliche Wirkung, welche der patentrechtlichen vergleichbar war. Das Gebrauchsmuster galt nach § 8 des Gesetzes für eine Dauer von drei Jahren. Die kürzere Schutzdauer wirkte sich auf das Verhältnis von Patent und Gebrauchsmuster aus: Da der Patentschutz und der Schutz von Gebrauchsmustern eine zeitlich verschiedene Wirkung äußern, so braucht eine Kollision zwischen beiden nicht dazu zu führen, daß das eine Recht das andere vollständig aufhebt. Vielmehr hat nur die Ausübung des nachstehenden 854 Vgl. § 1 GebrMG; Verfahren waren von diesem Schutz ausgeschlossen, RG v. 23. 9. 1899 (I 207 / 99). 855 RG v. 23. 9. 1899 (I 207 / 99). 856 RG v. 23. 9. 1899 (I 207 / 99). 857 Seligsohn, S. 445. Lücken des GebrMG waren im Zweifel nach Analogie des PatG auszufüllen; es gab z. B. analog § 5 Abs. 1 ein Vorbenutzungsrecht gegenüber dem Gebrauchsmuster, RG v. 25. 1. 1908 (I 109 / 07). 858 § 2 GebrMG verlangte eine schriftliche Anmeldung beim Patentamt, die Angabe einer Bezeichnung für die Eintragung und der neuen Gestaltung oder Vorrichtung, die Nach- oder Abbildung eines Modells und die Zahlung einer Gebühr.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Rechts während der Zeit zu ruhen, innerhalb deren das bessere Recht sich in Wirksamkeit befindet.859

Wenn ein Gebrauchsmuster und ein Patent auf dieselbe Erfindung erteilt waren, lag hierin ein Fall der Kollision. Ferner konnten beide Rechte in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen: Ein Gebrauchsmuster konnte von einem Patent und umgekehrt ein Patent von einem Gebrauchsmuster abhängig sein. Diese Fälle regelte § 5 GebrMG ausdrücklich.860 Der Wortlaut beider Absätze unterschied nicht zwischen Abhängigkeit und Identität, sondern formulierte allgemein, dass ein Recht in das andere „eingreift“. Der Inhaber eines jüngeren – abhängigen oder identischen – Gebrauchsmusters durfte sein Recht nach § 5 Abs. 1 GebrMG861 nicht ohne Erlaubnis des Patentinhabers ausüben. Ohne die Erlaubnis verletzte er also das ältere Patent. Daraus folgte, dass er kein Recht zur Benutzung hatte. Gegenüber der Patentverletzung konnte er sein jüngeres Gebrauchsmuster nicht einwenden.862 Der umgekehrte Fall des § 5 Abs. 2 GebrMG863 beschrieb das Verhältnis des jüngeren – abhängigen oder identischen – Patents zum älteren Gebrauchsmuster in Hinsicht auf die Verletzung des letzteren.864 Sofern es aber um die Verletzung des Patents und um ein Recht zur Benutzung aus dem älteren Gebrauchsmuster ging, half die Anwendung der Vorschrift nicht weiter.865 Es galten für die Einwendung eines älteren Gebrauchsmusters die gleichen Grundsätze wie für die Berufung auf ein älteres Patent: Eine Abhängigkeit begründete kein Recht zur Benutzung, die Priorität hingegen schon.

RG v. 21. 10. 1905 (I 136 / 05). Zum Wortlaut siehe Fn. 830 dieses 3. Abschnitts. Da Gebrauchsmuster wegen des Anmeldeprinzips keiner Vorprüfung unterlagen, war der in Abs. 1 geregelte Fall häufiger, dass ein Gebrauchsmuster in ein Patent eingriff. 861 § 5 Abs. 1 GebrMG: „Soweit ein nach §. 4 begründetes Recht in ein Patent eingreift, dessen Anmeldung vor der Anmeldung des Modells erfolgt ist, darf der Eingetragene das Recht ohne Erlaubniß des Patentinhabers nicht ausüben.“ 862 RG v. 1. 5. 1907 (I 447 / 06). Dennoch konnte er sich gegen Eingriff in sein Recht zur Wehr setzen, siehe RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01). 863 § 5 Abs. 2 GebrMG: „Imgleichen darf, soweit in ein nach §. 4 begründetes Recht durch ein später angemeldetes Patent eingegriffen wird, das Recht aus diesem Patent ohne Erlaubniß des Eingetragenen nicht ausgeübt werden.“ 864 RG v. 21. 10. 1905 (I 136 / 05): „Nach § 5 des Gebrauchsmustergesetzes tritt durch das ältere Gebrauchsmuster lediglich eine zeitweise Beschränkung der Ausübung des später begründeten Patentes ein, die wegfällt, wenn das ältere Gebrauchsmuster durch Zeitablauf oder aus sonstigen Gründen erlischt.“; RG v. 2. 12. 1912 (I 62 / 12). 865 Damme, S. 365, 367, befand, § 5 Abs. 2 GebrMG regele, was ohnehin aufgrund der Priorität gelte. 859 860

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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V. Die Verjährung nach § 39 (§ 38 a.F.): die Entscheidung vom 8. 5. 1886 Das PatG regelte in § 39 (§ 38 a.F.) die dauernde Einrede der Verjährung.866 Obwohl bereits die Urheberrechtsgesetze von 1870 und 1876 ähnliche Verjährungsregelungen aufwiesen,867 fehlte eine solche im Entwurf des PatG vom 24. Februar 1877: Das PatG sollte sich auf die notwendigen Bestimmungen beschränken, sofern die Natur der Rechtsverhältnisse eine Abweichung erforderte. Im Übrigen sei den allgemeinen Grundsätzen ihre Geltung zu belassen.868 Erst im April 1877 riet die VII. Kommission,869 eine patentrechtliche Spezialvorschrift einzufügen, um das deutsche Verjährungsrecht zu vereinheitlichen. Auf diese Weise erhielt § 38 Einzug in das PatG, der später als § 39 PatG 1891 inhaltlich unverändert blieb: Die Klagen wegen Verletzung des Patentrechts verjähren rücksichtlich jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren.

In einer Entscheidung vom 8. 5. 1886 beschäftigte sich das RG mit dieser Vorschrift.870 Der Beklagte hatte vor dem 1. 9. 1880 Schraubenschlüssel nach klägerischem Patent hergestellt. Der Kläger erfuhr davon im September des Jahres und stellte Strafantrag. Dem öffentlichen Strafverfahren schloss er sich als Nebenkläger an und beantragte, auf eine an ihn zu entrichtende Buße zu erkennen. Nachdem der Angeklagte freigesprochen worden war, erhob der Kläger am 1. 9. 1883 Schadenersatzklage gegen den Beklagten. Dieser berief sich auf die Verjährung. Das RG leitete seine Entscheidungsgründe mit Ausführungen über den Anwendungsbereich des § 38 ein. Die Formulierung „Klagen wegen Verletzung des Patentrechts“ bezeichne nur zivilrechtliche Schadenersatzansprüche aus § 35 (§ 34 a.F.) und die ihnen zur Seite stehenden Rechnungslegungsansprüche.871 Für das Strafrecht gelten die allgemeinen Bestimmungen.872 866 Isay (1920), S. 515. Kent, II. Bd., S. 404, ging irrtümlich von einem Erlöschen des Entschädigungsanspruchs aus. 867 § 33 des G v. 11. 6. 1870 bestimmte eine dreijährige Verjährungsfrist. Darauf verwiesen § 16 des G v. 9. 1. 1876, § 9 des G v. 10. 1. 1876 und § 14 des G v. 11. 1. 1876, Vgl. Fn. 121 des 1. Abschnitts. 868 Vgl. Drucks-RT 1877 Nr. 8, S. 35. Ebenso das G über Markenschutz v. 30. 11. 1874, Vgl. Fn. 121 des 1. Abschnitts. 869 Siehe S. 54, Drucks-RT 1877 Nr. 144. 870 RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86). 871 Seit RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86) ständige Rechtsprechung der Zivil- und Strafsenate: RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94); RG v. 19. 10. 1896 (3 D 2963 / 96). Die Unterlassungsklage setzte ohnehin eine gegenwärtige Verletzung voraus, Seligsohn, S. 432 f. 872 Bereits die VII. Kommission hatte mehrheitlich abgelehnt, die strafrechtlichen Verletzungsfolgen der spezialgesetzlichen Verjährung zu unterwerfen, Drucks-RT 1877 Nr. 144, S. 43, 65; Drucks-RT 1877 Nr. 201, S. 8. Für die Stellung des Strafantrags gemäß § 36 Abs. 2 (§ 34 Abs. 2 a.F.) galt nach § 61 RStGB eine Frist von drei Monaten, beginnend mit dem Tag,

358

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Das RG folgte dem Einwand des Beklagten und bestätigte die Verjährung des klägerischen Entschädigungsanspruchs nach §§ 34, 38 a.F. Die Verjährungsfrist hatte danach vor September 1880 begonnen und war nicht unterbrochen worden. Das RG stellte nicht auf die klägerische Kenntniserlangung im September 1880 ab, sondern auf die letzte Verletzungshandlung. Diese liege seit Klageerhebung mehr als drei Jahre zurück. Der Beginn der patentrechtlichen Verjährung sei im PatG nicht ausdrücklich geregelt. Nach allgemeinen Vorschriften beginne die Verjährungsfrist eines Entschädigungsanspruchs zu laufen, sobald die Verletzungshandlung vollendet sei. In einigen Partikularstaaten setze erst die Kenntnis des Geschädigten von der Verletzung den Fristlauf in Gang.873 Obwohl eine ausdrückliche Anordnung fehle, ergebe sich der Beginn der kurzen Verjährung aus dem Sinn und Zweck des PatG selbst. Das RG legte feinfühlig Wert darauf, den gewerblichen Verkehr mit den neuen Schutzrechten nicht unverhältnismäßig zu belästigen. Die Verletzungsansprüche sollten überall in Deutschland gleich schnell verjähren. Auch sollten typischerweise sukzessiv auftretende Verletzungen zeitlich nacheinander verjähren. Maßgeblich war der Zeitpunkt, in welchem die wissentliche Verletzungshandlung vollendet war. Das RG folgte damit der gesetzgeberischen Absicht, das Verjährungsrecht zu vereinheitlichen. 874 Diese Ansicht hat das RG auch später bestätigt: Dass die Kenntniß des Patentinhabers von dieser Handlung den Beginn der Frist bestimmen soll, ist weder in § 38 gesagt, noch selbstverständlich. Denn wenn auch vor Erlangung solcher Kenntniß von einer Nachlässigkeit des Klageberechtigten in der Verfolgung seines Rechts nicht die Rede sein kann und zur Rechtfertigung des Instituts der Klagenverjährung unter Anderem auch geltend gemacht wird, daß sie eine Strafe der Nachlässigkeit in Verfolgung des Rechts sein soll (vergl. l.2, l.3 Cod. de ann. exc. 7, 40), so ist der Eintritt der Klagenverjährung im einzelnen Fall nach Reichs- und Landesrecht nicht durch ein Verschulden des Klageberechtigten bedingt, mithin der Beginn derselben von erlangter Kenntniß der Rechtsverletzung nicht überall, sondern nur in denjenigen Fällen abhängig, für welche es durch positive Rechtsnorm angeordnet ist.875 an dem der Antragsberechtigte von der Handlung und der Person des Täters Kenntnis erlangte; die Strafbarkeit selbst verjährte nach § 67 Abs. 2 RStGB in fünf Jahren nach der strafbaren Handlung, RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94); die Vollstreckungsverjährungsfrist war in § 70 RStGB geregelt, Rosenthal, § 38 Nr. 1. Die Buße gemäß § 37 (§ 36 a.F.), die weitere Entschädigungsansprüche ausschloss, unterlag nicht der Verjährung, RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86); RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94). Zwar setze das „Statt jeder ( . . . ) Entschädigung“ voraus, dass grundsätzlich Schadenersatz verlangt werden konnte. Gleichwohl spreche die Stellung des § 39 (§ 38 a.F.) inmitten der das Zivilverfahren betreffenden Regelungen und die Entstehungsgeschichte gegen eine patentrechtliche Verjährung der Buße. Auf diese Weise konnte im Strafverfahren trotz verjährter Entschädigungsansprüche auf eine Buße erkannt werden, RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86). 873 In Preußen z. B. bestimmte § 54 Titel 6 Teil I ALR i.V.m. der Deklaration v. 31. 3. 1838 für nichtvertragliche Entschädigungsklagen eine Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Ursache. Unbeachtlich sei, dass z. B. Art. 146 HGB und § 63 Genossenschaftsgesetz neben einer Verjährungsfrist ausdrücklich auch deren Anfang bestimmten. 874 Siehe S. 107 ff.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

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Der Zweck der einheitlichen Regelung lasse sich nur erreichen, wenn § 38 nicht nur die Dauer, sondern auch den Beginn der Frist regele. Insbesondere sei § 61 StPO876 nicht analog anwendbar. Die Stellung des Strafantrags sei nur eine prozessuale Bedingung für die Statthaftigkeit der Strafverfolgung.877 In der erwähnten Entscheidung vom 8. 5. 1886 wies das RG ferner die klägerische Replik zurück, jedenfalls die Geltendmachung der Buße im Strafverfahren habe die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung richte sich mangels spezialgesetzlicher Regelung nach den allgemeinen Vorschriften.878 Voraussetzung sei jedoch, dass die vorgenommenen Schritte „auf Wahrung desjenigen (scil. des verjährenden) Anspruchs gerichtet gewesen seien“. Obwohl die Buße „statt“ einer Entschädigung zuerkannt werden konnte, war sie keinesfalls identisch mit dem Anspruch aus § 34.879 Ihre Geltendmachung unterbrach daher nicht die Verjährung des patentrechtlichen Schadenersatzanspruchs. In dieser frühen Entscheidung schrieb das RG das Verjährungsrecht für patentrechtliche Entschädigungsansprüche zulasten des Patentinhabers fest. Einerseits versagte es den allgemeinen Vorschriften ihre Anwendbarkeit, soweit es um die Bestimmung des Fristbeginns ging. Andererseits sollte sich die Unterbrechung nach den – ausdrücklich erwähnten – unterschiedlichen landesrechtlichen Vorschriften richten. Das Verjährungsrecht unterlag dadurch in Ermangelung einheitlicher prozessrechtlicher Bestimmungen regionalen Unterschieden. Die Entscheidung verdeutlicht, dass in dieser frühen Zeit die Ansprüche aus gewerblichen Schutzrechten häufig als verkehrsbelästigend empfunden wurden. Das RG nutzte die befriedende Funktion der Verjährung880 und suchte damit einen Ausgleich zwiRG v. 2. 10. 1886 (I 232 / 86). Siehe Fn. 872 dieses 3. Abschnitts. 877 RG v. 2. 10. 1886 (I 232 / 86) mit Verweis auf RGSt 6, S. 161, 162 v. 4. 4. 1882 (2 D 637 / 82). 878 RG v. 8. 5. 1886 (I 116 / 86): „( . . . ) die Unterbrechung der Verjährung, welche allerdings zu den nothwendigen Elementen des Instituts der Verjährung gehört und deren Normen (in Ermangelung einer weiter gehenden Regelung durch Reichsgesetz, als durch die §.§. 190, 236, 461 Absatz 2, 471 Absatz 2 der Civilprozeßordnung und den §. 13 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung, welche ersichtlich auf eine Verknüpfung mit sonst bestehenden Normen dieser Materie berechnet sind,) ( . . . )“. 879 Dieser entstand mit der patentverletzenden Handlung und ging auf die Erben über. Ein Anspruch auf die Buße bestand hingegen nicht, erst die rechtskräftige Zuerkennung im Strafprozess begründete ein in der Höhe beschränktes Zahlungsrecht. 880 v. Savigny, S. 267 ff., nannte für das Institut der Verjährung die folgenden Funktionen: Es stellte an sich ungewisse und daher streitanfällige Verhältnisse fest; es vermute, dass ein Berechtigter seine Klage wahrscheinlich nicht so lange versäume; es verhindere, dass durch willkürliches Zögern dem Schuldner der Beweis seiner Verteidigung erschwert werde; es vermeide Prozesse, die aufgrund der Beweislage aussichtslos, lang oder teuer wären und leicht falsch entschieden würden; es veranlasse den Gläubiger, innerhalb ausreichender Zeit sein Recht durchzusetzen oder sich die Undurchsetzbarkeit selbst zuzuschreiben. Palandt-Heinrichs, Überbl v § 194, Rn. 7 ff. fügt hinzu, die Verjährung verhindere, dass der Schuldner sich Regreßmöglichkeiten vergebe und unbegrenzt Rücklagen für Risiken aus früheren Geschäf875 876

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

schen den Schutzinteressen des Patentinhabers und des freien gewerblichen Verkehrs.

VI. Die arglistige Geltendmachung des Patentschutzes Schließlich ließ sich gegen den Vorwurf der Patentverletzung einwenden, der Patentinhaber mache sein Recht arglistig geltend. Diese Verteidigung war wegen der formalen Wirkung der Patenterteilung im Grundsatz unstatthaft.881 Der Patentinhaber durfte mit der Erhebung der Verletzungsklage abwarten, bis sein Patent wegen Ablaufs der fünfjährigen Frist zur Erhebung der Nichtigkeitsklage nach § 28 Abs. 3882 nicht mehr beseitigt werden konnte. Arglist lag hierin nicht: ( . . . ) hätte sie wirklich den Ablauf der fünfjährigen Frist des § 28 Absatz 3 abgewartet, bevor sie dies tat, so handelte sie innerhalb der ihr zustehenden Befugnis und ist hierfür niemandem Rechenschaft schuldig;883 Es genügt beim Patente nicht, wenn ein Anmelder, der das Schutzrecht in gutem Glauben erteilt erhielt, nach Entdeckung der dem Recht anhaftenden Schwäche mit der Geltendmachung absichtlich zögert, bis die Vernichtungsgründe des §. 10 Nr. 1 durch Zeitumfluß weggefallen sind ( . . . ).884

Ebenso war es erlaubt, ein Patent allein zu dem Zweck zu erlangen, dass kein anderer das Patent oder jetzt noch ein Vorbenutzungsrecht erwerbe.885 In der Ausübung eines rechtmäßig erworbenen Rechts lag grundsätzlich kein arglistiges Handeln. Ausnahmen stellten die Fälle der Schikane, der widerrechtlichen Entnahme und der Patenterschleichung dar.886 ten bilden müsse. Es sei im öffentlichen Interesse, dass ein längere Zeit unangefochtener tatsächlicher Zustand irgendwann als zu Recht bestehend angesehen werde. 881 Kent, S. 351. Bis zur förmlichen Nichtigerklärung durch die zuständige Stelle im dafür vorgesehenen Verfahren standen dem Patentinhaber alle Rechte aus § 4 zu, selbst wenn ein Grund des § 10 vorlag. 882 Die Frist galt nur für die Nichtigerklärung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1. Als prozessuale Ausschlussfrist verhinderte sie, dass langjährige Patente vernichtet würden, weil nach Jahren die Neuheit anders beurteilt wurde als zur Zeit der Erteilung. Wechselnde Auffassungen des PA waren üblich. Mit zunehmendem Abstand fiel es schwerer, die Beurteilung zur Zeit der Erteilung nachzuvollziehen. Ferner erzielte die Technik stetig Fortschritte, so dass manchmal eine anfängliche Erfindungsleistung später kaum vorstellbar war. Schließlich sollte dem langjährigen Patentinhaber für seine Unternehmungen nicht aufgrund neuer Auffassungen der Boden entzogen werden. Die fünfjährige Frist beließ der Allgemeinheit ausreichend Zeit, Anhalte für die Erhebung der Nichtigkeitsklage zu sammeln, Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 25 ff. 883 RG v. 21. 10. 1905 (I 136 / 05); so auch schon RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99). 884 RG v. 25. 3. 1911 (I 622 / 09). 885 RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99). Das PA erteilte das Recht unabhängig von der Intention, die der Antragende verfolgte. 886 Kent, S. 351 ff.

C. Materielle Einreden und Einwendungen

361

Die Geltendmachung des Patentschutzes zu dem einzigen Zweck, einen anderen zu schädigen, gewährte die allgemeinrechtliche Einrede der Schikane aus § 226 BGB, einem gesetzlich geregelten Fall der exceptio doli. Voraussetzung war, dass der Patentinhaber mit seiner Geltendmachung kein eigenes Interesse verfolgte. Verletzungen abzuwehren lag jedoch in den meisten Fällen im Interesse des Patentinhabers. In der Praxis fand die Schikane-Einrede kaum Anwendung.887

1. Die widerrechtliche Entnahme: die Entscheidung vom 24. 1. 1900 Eine weitere Einrede stellte der patentgesetzlich geregelte Fall der „widerrechtlichen Entnahme“ in Aussicht. Nach § 3 Abs. 2 hatte keinen Anspruch auf das Patent, wer den „wesentliche(n) Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen“ hatte; wurde dennoch ein Patent erteilt, begründete die widerrechtliche Entnahme eine Nichtigkeitsklage gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 (Nr. 2 a.F.).888 In beiden Fällen war es unerheblich, ob der Anmelder bzw. spätere Patentinhaber gutgläubig oder zu irgendeinem Zeitpunkt bösgläubig oder gar arglistig gewesen war. Auch konnte ein auf diese Weise zu Unrecht erlangtes Patent während seiner gesamten Geltungsdauer mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden.889 Grundsätzlich verbot es die formelle Wirkung des Patents, ihm schon seine Vernichtbarkeit entgegenzuhalten, anstatt es im dafür vorgesehenen Verfahren selbst zu beseitigen. In der Literatur wurde gleichwohl eine Einrede aus dem Entschädigungsanspruch des Verletzten gegen den Entnehmenden nach § 826 BGB i.V.m. §§ 3 Abs. 2, 10 Nr. 3 (Nr. 2 a.F.) hergeleitet.890 Das RG deutete die Einrede wegen widerrechtlicher Entnahme in einer Entscheidung vom 24. 1. 1900 nur an.891 Die Beklagte hielt den Vorwurf der Patentverletzung für arglistig. Die Klägerin habe die ihr patentierte Maschine zur Herstellung konischer Flaschenkapseln zuerst bei einem Dritten gesehen und dessen Monteur zum Bruch seines Vertrags mit dem Dritten verleitet. Mit seiner Hilfe habe sie ihre Maschine konstruiert und das Patent erworben. Das RG führte nicht aus, auf welche Vorschriften eine entsprechende Einrede gestützt werden konnte. Ohne sich mit der Arglist oder der Sittenwidrigkeit zu befassen, konnte es den Einwand ablehnen: 887 Vgl. RG v. 1. 6. 1907 (I 108 / 07) in: LZ 1907 (I), Sp. 590, Nr. 23; in einer Warenzeichensache RG v. 16. 10. 1908 (II 136 / 08) in: Warneyer 2. Jahrg. (1909), S. 38 f., Nr. 40. 888 § 10 Abs. 1 Nr. 3 (Nr. 2 a.F.) war nahezu wortgleich mit § 3 Abs. 2. 889 § 28 Abs. 3 n.F. verwies nur auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 1. 890 Kent, S. 351 f.; Kohler, Handbuch, S. 398. 891 RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99).

362

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Allein die Art und Weise, wie die Klägerin sich die Möglichkeit verschafft haben soll, die Maschine zur Patentertheilung anzumelden, berührt nicht die Rechtssphäre der Beklagten, ( . . . ).892

Die Einrede stand nur dem „Anderen“ i.S.d. § 3 Abs. 2 zu, welchem die Erfindung entnommen war. Niemand sollte auch nur einredeweise aus dem Recht eines Dritten ein eigenes Recht herleiten können.893 Auch dieser Fall der Arglisteinrede fand in der Praxis wenig Anwendung.

2. Der Erschleichungseinwand: die Entscheidungen von 1902, 1905 und 1911 Schließlich konnte dem Patentinhaber entgegengehalten werden, er habe sein Recht arglistig „erschlichen“. Wer ein Patent auf eine nach §§ 1, 2 nicht patentfähige Erfindung durch arglistige Irreleitung der Patenterteilungsbehörde erlangte und sein Recht ausnützte, griff schuldhaft in die Gewerbefreiheit seiner Konkurrenten ein. Gegen ihn und seine bösgläubigen Rechtsnachfolger gestattete die Rechtsprechung die Einrede der Patenterschleichung. Einem am 25. 10. 1902 entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:894 Die Beklagte war seit dem 1. 11. 1890 Inhaberin eines Patents auf Flaschenverschlüsse. In einem Vorprozess gegen die jetzige Klägerin hatte sie Patentverletzungsklage erhoben und in erster und zweiter Instanz obsiegt. Eine ebenfalls erwirkte einstweilige Unterlassungsverfügung wurde im September 1898 wegen Verzichts aufgehoben. Bis Ende des Jahres warnte die Patentinhaberin mit Verweis auf das Urteil erster Instanz in einem Rundschreiben davor, von der Verletzerin, der jetzigen Klägerin, produzierte Flaschenverschlüsse anzukaufen. Am 13. 1. 1900 erklärte das RG das Patent wegen eines eingeleiteten Nichtigkeitsverfahrens für nichtig, da es identisch mit einem älteren, bereits erloschenen Patent war, dem sog. Hansenschen Patent. Am gleichen Tag wies es die Verletzungsklage aus dem Vorprozess ab. In dem nunmehr zur Entscheidung anstehenden Fall machte die Klägerin den Schaden geltend, der ihr durch die einstweilige Verfügung und die Warnung entstanden sei. Beide Haftungsgründe gewährten einen Anspruch nur bei Verschulden.895 Die Klägerin behauptete, die Beklagte habe bei der Anmeldung ihres Patents das Hansensche gekannt, ihre Anmeldung sogar daraus abgeschrieben. Das Berufungsgericht erkannte kein vorwerfbares Verhalten, RG v. 24. 1. 1900 (I 398 / 99). Auch die Nichtigkeitsklage konnte nur der „Verletzte“ beantragen, § 28 Abs. 2 (§ 27 Satz 2 a.F). 894 RG v. 25. 10. 1902 (I 170 / 02). 895 Für die einstweilige Verfügung des LG Berlin I waren die Bestimmungen des ALR über unerlaubte Handlungen maßgebend, für die in Dresden vorgenommene Warnung kamen die mit den ALR-Vorschriften übereinstimmenden Regelungen des Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Anwendung. 892 893

C. Materielle Einreden und Einwendungen

363

weil die Beklagte nach Ablauf der Frist des § 28 Abs. 3 ihr Patent für unanfechtbar habe halten dürfen. Das RG hielt das für nicht schlüssig und begründete zunächst die Sittenwidrigkeit der Patenterlangung, wobei es die Parteirollen teilweise vertauscht darstellte: ( . . . ) unterstellt man, daß die Klägerin (scil. gemeint war tatsächlich die Beklagte), als sie ihr Patent erhielt, sich bewußt war, daß ihre Anmeldung identisch mit dem Hansen’schen, wenn schon damals wieder erloschenen Patente war, so wußte sie, daß sie sich etwas aneignete, was der Allgemeinheit zugehörte. Das ist aber wider die guten Sitten und arglistig. Und diese Arglist wirkte fort, bis zu dem Zeitpunkte, wo die Klägerin (scil. die jetzige Beklagte) in dem Bewußtsein, daß sie unter Verletzung wider die guten Sitten ihr Patent erlangt hatte, diesen Erwerb dazu benutzte, um der Klägerin die Benutzung einer der Allgemeinheit zugehörigen Erfindung zu verbieten.896

Wider die guten Sitten und arglistig erlangte ein Patent, wer sich schon als Anmelder der Patentunfähigkeit seiner Anmeldung bewusst war und sie dennoch vornahm. Erforderlich war zunächst eine Täuschungshandlung897 und die positive Kenntnis, keinen Anspruch auf Erteilung zu haben. Im Fall des Abschreibens einer älteren Patentschrift lagen diese Voraussetzungen vor. Zweifel an der Patentfähigkeit reichten hingegen nicht aus. Unschädlich blieb auch eine erst nach Erteilung eintretende Kenntnis der Patentunfähigkeit.898 Das RG bemerkte weiter, dass die Arglist der Beklagten vom Ablauf der Fünf-Jahres-Frist unberührt bliebe. Mit ihrem Verhalten habe sie sich ihres Rechts nicht „innerhalb der gehörigen Schranken“ bedient. Das RG schuf damit einen Erschleichungstatbestand.899 Zu der Frage, ob dieser auch einer Verletzungsklage des Patentinhabers einredeweise entgegengehalten werden könne, hatte es noch nichts gesagt. Einige Jahre später, in einer Entscheidung vom 25. 3. 1911, bestätigte das RG ausdrücklich die Zulässigkeit des Erschleichungseinwands.900 Der Kläger hatte ein Patent auf ein offenkundig benutztes Verfahren genommen und dieses zunächst absichtlich nicht ausgenutzt. Nach Ablauf der Frist des § 28 Abs. 3 verlangte er von dem Beklagten, der das gleiche Verfahren anwendete, Schadenersatz wegen Patentverletzung. Das RG stützte die Einrede auf § 826 BGB i.V.m. § 249 BGB und führte aus: RG v. 25. 10. 1902 (I 170 / 02). RG v. 21. 10. 1905 (I 136 / 05); RG v. 30. 12. 1905 (I 302 / 05): „Endlich besteht keine Rechtspflicht des Anmelders, alle ihm bekannten dem Antrage auf Patenterteilung ungünstigen Momente selbst der Behörde zu unterbreiten. Es ist vielmehr Sache der Gegner, derartige Momente im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren geltend zu machen, sofern sie nicht schon bei der Offizialprüfung von der Behörde in Betracht gezogen werden.“ 898 In diesem Fall blieb es bei der Rechtsprechung, dass der Patentinhaber mit einer Verletzungsklage ohne Arglist die Frist des § 28 Abs. 3 abwarten durfte, siehe Fn. 883 f. dieses 3. Abschnitts. 899 Im Verweis auf diese Entscheidung erwähnte RG v. 30. 12. 1905 (I 302 / 05) ausdrücklich § 826 BGB als Anspruchsgrundlage. 900 RG v. 25. 3. 1911 (I 622 / 09). 896 897

364

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Wer ein nach §. 10 Nr. 1 P.G. nicht mehr angreifbares Patent auf betrügerische Weise erwirkt hat, ist verpflichtet, sich seiner Ausübung zu enthalten, nicht anders als wie eine solche Verpflichtung nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts demjenigen obliegt, der betrügerisch ein rechtskräftiges Urteil erzielt.901

Durch den Ablauf der Frist erlösche nur die Möglichkeit, das unrechtmäßig erworbene Recht „als Scheinrecht“ zu deklarieren, es gleichsam zu entlarven.902 Den Inhaber treffe als Folge seiner unerlaubten Handlung unabhängig vom Fristablauf die Verpflichtung, den Gebrauch seines Rechts zu unterlassen. An die unerlaubte Handlung knüpfte das RG die Bedingung „einer positiven Irreführung des Patentamts, einer Vorspiegelung falscher Tatsachen“: Nur muß ( . . . ) daran festgehalten werden, daß der Rechtserwerb selber in sittenwidriger Weise herbeigeführt sein muß. Die Behörde, die das Patent verleiht ( . . . ), muß durch Betrug dazu bestimmt sein.903

Ausdrücklich schloss es den Fall aus, dass der Inhaber erst nach Erteilung bösgläubig wurde. An die Täuschung stellte es hohe Anforderungen: Eine Anmeldung „im Bewußtsein, eine patentwürdige Erfindung liege in Wirklichkeit nicht vor“, reiche nicht aus, da der Anmelder mit einer Prüfung durch das PA und die beteiligten Kreise rechnen könne. Nicht erschlichen war ein Patent, wenn der Anmelder Angaben unabsichtlich unterlassen oder die Erfindung nur im Bewußtsein der Nichtneuheit oder Nichtpatentierbarkeit angemeldet hatte. Vielmehr musste er positiv falsche Tatsachen vorgetäuscht haben.904 Während im Nichtigkeitsverfahren nach Ablauf der Fünfjahresfrist der Erschleichungsgrund versagte,905 kam dieser Umstand dem arglistigen Patentinhaber im Verletzungsverfahren nicht zugute. Das RG ließ den Einwand der Patenterschleichung unter den dargestellten Voraussetzungen in ständiger Rechtsprechung zu.

VII. Zusammenfassung Dem Vorwurf der Patentverletzung konnte der Betroffene verschiedene materielle Einreden und Einwendungen entgegenhalten. Ihnen zugrunde lagen allgemeine RG v. 25. 3. 1911 (I 622 / 09) mit Verweis auf RG v. 25. 2. 1911 (I 613 / 09). Ebenso RG v. 7. 3. 1914 (I 265 / 13). 903 RG v. 25. 3. 1911 (I 622 / 09). 904 Kohler, GRUR 1906, S. 222, 224 f., führte weiter die Nichtigkeitsentscheidung des RG v. 25. 6. 1902 (I 102 / 02) in: PMZBl. 1904 (X), S. 35 an, welche diese Rechtsprechung ebenfalls bestätigte. 905 Eine Vernichtung wegen Patentunfähigkeit war mit und ohne Täuschung des Anmelders nur innerhalb der Frist des § 28 Abs. 3 statthaft. Die Befriedungsfunktion der Frist hatte Vorrang vor den Interessen der Wettbewerber an der Beseitigung eines ohnehin in seiner Geltungsdauer eng bemessenen Patentrechts, RG v. 25. 3. 1911 (I 622 / 09) m. w. N.; RG v. 7. 3. 1914 (I 265 / 13). 901 902

C. Materielle Einreden und Einwendungen

365

gesetzliche Regelungen sowie spezialgesetzliche Bestimmungen des Patentrechts. Insbesondere § 5, unmittelbar in Nachbarschaft zu § 4 geregelt und zusammen mit diesem in § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) benannt, beschnitt die Patentwirkung ausdrücklich durch die verschiedenen Einwendungen seiner drei Absätze. Die Rechtsprechung ließ noch weitere Einwände zu, die nicht immer eigens im PatG bestimmt waren. Aus Sinn und Zweck des Gesetzes leitete es z. B. die Grundsätze zur Patenterschöpfung und zur Berechtigung aus älteren Benutzungsrechten her. Bei der Anwendung der Ausnahmen berücksichtigte das RG sorgfältig die patentrechtliche Interessenverteilung. Dem Verwertungsinteresse des Patentinhabers standen das Fortbenutzungsinteresse anderer Erfinder und die allgemeine Handlungs- und Gewerbefreiheit, die Funktionsfähigkeit des Staates und die Freiheit des internationalen Verkehrs, die Fortgeltung eigener privater Rechte und die Rechtssicherheit gegenüber. In mancher Hinsicht hatte der Gesetzgeber grundsätzliche Wertungen getroffen und diese im PatG zum Ausdruck gebracht. Beispielsweise erhielt das Patent aus Gründen der Praktikabilität und der Beschleunigung der Offenbarung der erste Anmelder, und nicht der „wahre Erfinder“; zum Ausgleich gewährte das Gesetz jedem anderen Erfinder unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 ein Vorbenutzungsrecht. Das RG bestimmte die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Patentinhaber und Vorbenutzer. Nur in engen Grenzen gewährte es die Ausnahme von der gesetzlichen Grundentscheidung für ein ausschließliches Recht: Vorbenutzer war nur, wer erstens die identische Erfindung „selbständig“ bzw. „unabhängig“ von dem Patentinhaber gemacht und als solche Erkannt hatte, und zweitens die Erfindung selbst vorbenutzt hatte. An die Vorbenutzung in Form der getroffenen Veranstaltungen stellte das RG insbesondere in subjektiver Hinsicht hohe Anforderungen, da der Vorbenutzer den „ernstlichen Willen“ gehabt haben musste, die Erfindung sofort in Benutzung zu nehmen. Das verdeutlichte, auf welche Weise die Rechtsprechung die Position des Patentinhabers stärkte und schützte. War aber eine Vorbenutzung festgestellt, stand der Vorbenutzer in unmittelbarem Wettbewerb mit dem Patentinhaber und konnte seinen Betrieb sogar umfänglich ausweiten. Der Patentinhaber genoss, für den Preis der Patentgebühr, den Vorteil, Dritte von der Benutzung ausschließen und deren Gewinne als Schadenersatz verlangen zu können. Ein anderes Prinzip des Patentrechts war die Ausschließlichkeit. Sie war Grundvoraussetzung für die erfolgreiche und gewinnbringende Verwertung der Erfindung. War dieses Interesse des Patentinhabers einmal an einem den Erfindungsgedanken enthaltenden Gegenstand erfüllt, bestand kein Grund mehr, den weiteren gewerblichen Verkehr mit der Ware zu behindern. Der Erschöpfungsgrundsatz glich die unerträglichen Folgen der Exklusivität aus. Mit seinen Anforderungen an die Erschöpfung gewährleistete das RG, dass sie nicht eintrat, bevor der Patentinhaber die Erfindung verwertet hatte. Der Ausschließlichkeit stand ferner das allgemeine Interesse an Rechtssicherheit entgegen: Bestehende private Rechte Dritter, die älter waren als das erteilte Patent, sollten durch dieses nicht eingeschränkt werden. Das RG regelte das Verhältnis zwischen Patentinhaber und älterem

366

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Rechtsinhaber mit der Bestätigung des Prioritätsgrundsatzes. Es berücksichtigte, dass dieser Ausgleich nur in echten Kollisionsfällen erforderlich war. Der Grundsatz der formalen Legitimation sicherte dem Patentinhaber sein Recht, welches nur die zuständige Stelle im dafür vorgesehenen Verfahren vernichten konnte. Das bestehende Patent sollte Rechtssicherheit geben, zumal es aufgrund einer Vorprüfung und nach einem Aufgebotsverfahren staatlich erteilt war. Grundsätzlich ließ sich dem Verletzungsanspruch nicht entgegenhalten, dass das Patent zu Unrecht erteilt sei. In seltenen Fällen allzu großen Unrechts, in denen das Patent einerseits arglistig erlangt und geltend gemacht wurde und andererseits die Frist des § 28 Abs. 3 eine ordentliche Vernichtung unmöglich machte, ließ das RG den Einwand der arglistigen Geltendmachung des Patentrechts zu. Die Rechtsprechung zu den materiellen Einreden und Einwendungen zeigte, dass das RG viele widerstreitende Interessen in seine Abwägungen einbezog und im Einklang mit den grundsätzlichen Wertungen und Prinzipien des Patentrechts stets den Ausgleich zwischen dem Patentinhaber und der Allgemeinheit suchte.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung Ein Verschulden war nicht allgemeine Voraussetzung der Patentverletzung. Für den Unterlassungsanspruch aus § 4 genügte die bislang behandelte objektive Patentverletzung. Hingegen war der Schadenersatzanspruch aus § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) verschuldensabhängig; auf Schadenersatz haftete nur, wer schuldhaft in ein fremdes Patent eingriff.906 Die Ausgestaltung dieser subjektiven Patentverletzung hatte im wirtschaftlichen Leben große Bedeutung: Der aus dem Patent Berechtigte konnte im Fall einer schuldhaften Verletzung grundsätzlich den ihm unmittelbar entstandenen Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns geltend machen. Um Wettbewerber wirkungsvoll davon abzuhalten, die Erfindung zu verwerten, genügte diese Schadensermittlung jedoch nicht. Das RG entwickelte zwei weitere Methoden der Schadensberechnung: Der Verletzte konnte wahlweise auch eine angemessene Lizenzgebühr oder sogar den Verletzergewinn herausverlangen. Insbesondere letzteres war geeignet, der Tätigkeit des verletzenden Wettbewerbers jeglichen Nutzen zu entziehen, und dem Patentinhaber die alleinige Verwertung seines Rechts zu sichern. 906 Siehe S. 95 ff. Nach ständiger Rechtsprechung konnte eine Schadenersatzklage mangels Verschulden ohne vorherige Entscheidung über die objektive Verletzung abgewiesen werden, RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81); RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83); RG v. 29. 1. 1896 (I 326 / 95); RG v. 8. 1. 1900 (I 422 / 99); RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02); RG v. 12. 12. 1908 (I 621 / 07); RG v. 18. 6. 1914 (I 99 / 14); RG v. 3. 11. 1916 (4 D 609 / 16). Voraussetzung war allein, dass der subjektive Entscheidungsgrund in sich selbst klar und schlüssig und von selbständiger Bedeutung war und sich nicht auf den objektiven Tatbestand zurückbezog, RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

367

I. Die Formen des Verschuldens Die gesetzlichen Anforderungen an die subjektive Patentverletzung wandelten sich mit der Zeit. Der Gesetzgeber von 1877 knüpfte die Haftung in § 34 Abs. 1 streng an die wissentliche Begehungsweise. „Wissentlich“ bedeutete das gleiche wie „vorsätzlich“ in anderen Gesetzen der Zeit.907 Eine Fahrlässigkeitshaftung lehnte er zunächst ab, da sie den gewerblichen Verkehr durch weitreichende Sorgfaltspflichten zu sehr eingeschränkt und das Haftungsrisiko erhöht hätte. In der Folge blieben Patentinhaber häufig schutzlos, weil entweder ein auf der komplizierten Sachlage beruhender Irrtum die Wissentlichkeit ausschloss oder diese nicht nachweisbar war. Wohl auch aus diesem Grund schlug ein Mitglied des RG bei den Beratungen der Enquete-Kommission zur Überarbeitung des PatG 1887 vor, die Entschädigungspflicht des Patentverletzers von einer vorausgegangenen Warnung durch den Berechtigten abhängig zu machen.908 Daraus folgt, dass das RG die Warnung nicht nur für geeignet hielt, um eine für die Wissentlichkeit erforderliche Kenntnis herbeizuführen; vielmehr fasste es die Warnung als beachtliches Anzeichen dafür auf, dass Wissentlichkeit tatsächlich vorlag.909 Der Gesetzgeber erweiterte 1891 schließlich die Haftung in § 35 Abs. 1 um die Schuldform der groben Fahrlässigkeit: § 34 Abs. 1 PatG 1877 Wer wissentlich den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, ( . . . ) ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet.

§ 35 Abs. 1 PatG 1891 Wer wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet.

Die Ausweitung der Haftung sollte nur denjenigen zu verschärfter Aufmerksamkeit anhalten, der ohnehin beruflich mit den Erzeugnissen patentierter Erfindungen in Berührung kam; um das zu gewährleisten, wurde gleichzeitig in § 4 das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit für alle Benutzungsarten eingeführt.910 Das Verschulden musste zur Zeit des Eingriffs vorliegen.911 Vollzog sich dieser in mehreren Akten, z. B. durch Herstellen und Verkauf des patentverletzenden Gegenstands, genügte die schuldhafte Vornahme einer Benutzungshandlung.912 Den folgenden 907 Isay (1926), S. 521. Vgl. § 18 des G v. 11. 6. 1870 und die Urheberrechtsgesetze von 1876 (siehe Fn. 121 und 161 des 1. Abschnitts). Das Gebrauchsmustergesetz v. 1. 6. 1891 hingegen übernahm den Sprachgebrauch des Patentgesetzes. Vgl. ferner Fn. 56 des 2. Abschnitts. 908 Im Gegenzug sollte der Patentberechtigte für Schäden aus ungerechtfertigten Warnungen haften, Drucks-BR 1887 Nr. 56, S. 44. 909 Siehe S. 375 ff. 910 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152, S. 28. Zur Haftungserweiterung siehe ferner S. 98. 911 Ein erst im Prozess erstattetes irrtümliches Gutachten konnte eine einmal begründete Wissentlichkeit nicht mehr nachträglich aufheben, RG v. 17. 2. 1909 (I 180 / 08). 912 Kent, II. Bd., S. 428.

368

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Fall entschied der Zweite Strafsenat des RG am 29. 3. 1892:913 Der Angeklagte hatte eine Maschine, die der Nebenkläger im Februar 1890 zum Patent angemeldet hatte, im September des Jahres selbst hergestellt und von Oktober bis zum folgenden Februar gebraucht.914 Die Bekanntmachung der Anmeldung gemäß § 22 erfolgte ebenfalls im Oktober 1890, das Patent wurde dem Nebenkläger im Januar 1891 erteilt. Die erste Instanz lehnte eine wissentliche Verletzung ab, weil zur Zeit der Inbenutzungnahme durch den Angeklagten die Bekanntmachung noch nicht erfolgt sei. Das RG sah die objektive Verletzung in der fortgesetzten Benutzung nach der Bekanntmachung. Nicht der Beginn der Benutzung, sondern die Zeit zwischen Bekanntmachung und Aufgabe der Benutzung war maßgeblich, um die subjektive Patentverletzung zu beurteilen. Setzte sich eine Patentverletzung über den 1. Oktober 1891 hinweg fort, war für vorher begangene Verletzungshandlungen § 34 Abs. 1 a.F. anwendbar, für spätere § 35 Abs. 1 n.F., welcher auch grob fahrlässige Verletzungen erfasste. Anwendung fand das Gesetz, das zur Zeit der patentverletzenden Handlung galt.915

1. Die Wissentlichkeit Das RG bestimmte anfangs die subjektive Patentverletzung vornehmlich im Strafverfahren. § 34 Abs. 1 a.F. regelte Strafbarkeit und Schadenersatzhaftung zugleich und knüpfte beide an das gleiche Wissentlichkeitserfordernis. 1881 bestätigte der Zweite Strafsenat eine Entscheidung der Vorinstanz, welche den Angeklagten freigesprochen hatte, weil er „nicht wissentlich, d. h. nicht im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gehandelt habe.“916 Gemeint sei nicht, dass nur bestraft werde, wer die gesetzliche Strafandrohung kenne.917 Die Wissentlichkeit bzw. das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit sei vielmehr auf die Worte „den Bestimmungen der §§ 4 und 5 zuwider“ in § 34 bezogen.918 Der Verletzer müsse gewußt haben, daß die Erfindung einem Dritten patentirt oder wenigstens zufolge der Bestimmung in §§ 22 und 23 daselbst einstweilen gegen unbefugte Benutzung geschützt sei und daß er, der Gebrauchende, nicht die Zustimmung des Berechtigten zum Gebrauche besitze.919

RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92). Die Benutzung durch Gebrauchen der Maschine verletzte nach § 4 Abs. 2 PatG 1877 das Patent. 915 RG v. 13. 7. 1892 (I 151 / 92); RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94); RG v. 25. 2. 1903 (I 440 / 02). Siehe ferner S. 96. 916 RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81). Vom „Bewußtsein der Widerrechtlichkeit“ sprach RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). 917 Der Irrtum über das Bestehen, die Bedeutung oder die Tragweite des Gesetzes war ein unbeachtlicher Rechtsirrtum, siehe S. 378 ff. 918 So auch RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82). 919 RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81). 913 914

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

369

Ausgesprochen waren in dieser frühen Entscheidung die Eckpfeiler der patentrechtlichen Wissentlichkeit: § 34 setzte i.V.m. §§ 4 und 5 voraus, dass der Verletzer die Erfindung kannte, von der fremden Patentierung bzw. dem vorläufigen Schutz wusste,920 die eigene Tätigkeit als Erfindungsbenutzung erkannte921 und sich seiner fehlenden Berechtigung bewusst war.922 Die Wissentlichkeit umfasste das „Wissen der tatsächlichen Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes.“923 Hingegen musste der Verletzer weder die Person des Geschädigten kennen noch von der Entstehung eines Schadens wissen.924 In einer Entscheidung vom 17. 12. 1881 hob das RG hervor, dass die fahrlässige Unkenntnis bekannt gemachter Erfindungen der Wissentlichkeit nicht gleichgestellt sei.925 Die öffentliche Bekanntmachung im Reichsanzeiger nach §§ 22 bis 26 habe besondere zivilrechtliche Folgen, begründe aber keine Rechtsvermutung für eine Kenntnis des fremden Schutzrechts. Dieses sei vielmehr Tatfrage des Einzelfalls. Das RG vermied es strikt, durch eine Vermutung oder eine Begründung einer Sorgfaltspflicht Fahrlässigkeitsgesichtspunkte in die strenge Vorsatzhaftung einzuführen. Neben der erforderlichen Kenntnis setzte die Wissentlichkeit voraus, dass der Verletzer den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs, „den rechtswidrigen Verlauf in seinen Willen aufgenommen haben muß.“926 Wissentliches Handeln war gleichbedeutend mit vorsätzlichem Handeln.

So auch RG v. 17. 12. 1881 (3 D 3006 / 81) und RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92). In RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81) kannte der Angeklagte das Patent, ging aber davon aus, dass seine Erfindung von der geschützten verschieden sei. Ihm fehlte der Vorsatz. Besonders deutlich machte das RG v. 10. 4. 1897 (I 59 / 97): „Dagegen liegt weder eine wissentliche, noch eine fahrlässige Patentverletzung vor, wenn die Benutzung in der irrigen aber nicht blos gutgläubigen sondern auch durch die Sachlage durchaus gerechtfertigten und deshalb nicht vermeidlichen Annahme erfolgt, daß nicht das patentirte, sondern ein davon thatsächlich verschiedenes Element benutzt werde.“ 922 Ständige Rechtsprechung, siehe z. B. RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82): Die Wissentlichkeit setze die „Kenntniß vom Bestehen und Umfang des Patentschutzes und das Bewußtsein voraus, daß mit Herstellung, Vertrieb oder Benutzung des betreffenden Gegenstandes in ein fremdes Patentrecht eingegriffen werde.“; RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82); RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84); RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 15. 11. 1890 (I 213 / 223 / 90) – Bremsklotz II; RG v. 9. 2. 1910 (I 60 / 09). Vgl. Robolski (1893), S. 79. 923 RG v. 17. 10. 1905 (4 D 176 / 05). Vgl. RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82); RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06). Die Rechtsprechung wird im Zusammenhang mit dem Tatbestandsirrtum behandelt, siehe S. 381 ff. Benutzte der Verletzer nicht die ganze Erfindung, sondern einen wesentlichen Teil, musste sich sein Wissen darauf erstrecken, RG v. 29. 12. 1898 (1 D 4371 / 98). 924 Kent, II. Bd., S. 412; Robolski (1893), S. 245. Die Rechtsfolge des § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) war nicht an die schuldhafte Schädigung, sondern an die schuldhaft widerrechtliche Benutzung geknüpft. 925 RG v. 17. 12. 1881 (3 D 3006 / 81). 926 RG v. 7. 11. 1900 (I 243 / 00). 920 921

370

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

a) Der bedingte Vorsatz Nicht erforderlich war die absichtliche Verletzung, z. B. eine Schädigung des Berechtigten oder eine eigene Gewinnsucht.927 Ebensowenig war eine sichere Erkenntnis verlangt, dass der patentverletzende Erfolg eintrete: Ob das eigene Verhalten das Patent objektiv verletze, hing von vielen bereits dargestellten tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Einzelfalls ab, die für den Handelnden schwer und nicht immer mit aller Sicherheit festzustellen waren. Der Beweis einer solchen direkten Wissentlichkeit in einem späteren Prozess wäre kaum zu führen gewesen. In den meisten Fällen leitete die Rechtsprechung die wissentliche Patentverletzung aus dem bedingten Vorsatz her.

aa) Die Entscheidung vom 18. 4. 1882 Am 18. 4. 1882 stützte der Dritte Strafsenat in einer Markenschutzstrafsache eine Verurteilung auf den dolus eventualis.928 Der Angeklagte hatte nachweislich Waren, welche mit dem geschützten Warenzeichen etikettiert und dem Vermerk „Deposé“ versehen waren, besessen, bevor er die Zeichen nachahmte. Das RG führte aus: Denn für den strafbaren Vorsatz des §. 14 a. a. O. (scil. Markenschutzgesetz) muß es genügen, daß der Angeklagte sich der Möglichkeit bewußt war, das von ihm nachgemachte Waarenzeichen könne ein geschütztes sein, und daß er diese Möglichkeit dergestalt mit in seinen Willen aufgenommen hat, daß er entschlossen war, auch das geschützte Waarenzeichen widerrechtlich zu gebrauchen.929

Den Eventualvorsatz kennzeichneten zwei Merkmale: Zum einen hat der Verletzer den rechtsverletzenden Erfolg seiner Handlung zwar nicht sicher vorausgesehen, er war sich aber der Möglichkeit seines Eintritts bewusst. Zum anderen war er selbst im Verletzungsfall entschlossen zu handeln.930 Das Bewusstsein einer möglichen Schutzrechtsverletzung konnte sich ggf. aus Registerbekanntmachungen oder anderen „Anzeichen“ ergeben, aufgrund derer der Handelnde den rechtswidrigen Erfolg seines Verhaltens „argwöhne“. Die Beurteilung richtete sich nach den Umständen des Falls. Verfehlt war es, eine Pflicht, Bekanntmachungen zu lesen, RG v. 19. 11. 1908 (3 D 698 / 08); Kohler, Handbuch, S. 892, 895. RG v. 18. 4. 1882 (3 D 720 / 82). 929 RG v. 18. 4. 1882 (3 D 720 / 82). Vgl. RG v. 23. 9. 1886 (1 D 1656 / 86) und RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06). 930 Dass für einen Vorsatz das erste Merkmal, die Möglichkeit des Erfolgseintritts zu kennen, allein nicht ausreichte, musste das RG noch viele Jahre später wiederholt betonen: Das bloße Handeln auf die Gefahr eines bestimmten Erfolgs hin enthält nicht notwendig die Billigung dieses Erfolgs, z. B. im Fall einer Handlung in der Hoffnung oder Erwartung, der Erfolg werde nicht eintreten, RG v. 4. 5. 1909 (III 218 / 08); RG v. 22. 11. 1909 (3 D 793 / 09); RG v. 19. 12. 1910 (I 211 / 10); RG v. 26. 2. 1919 (I 202 / 18). Vgl. in Gebrauchsmustersachen RG v. 12. 10. 1905 (3 D 325 / 05). 927 928

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

371

zu unterstellen und aus ihrer Versäumnis einen Vorsatz herzuleiten. Besondere Anforderungen an das Bewusstsein einer möglichen Verletzung gab das RG nicht vor.

bb) Die Entscheidung vom 5. 11. 1886 Auf diese Entscheidung verwies der Zweite Strafsenat 1886 in einer Patentverletzungssache.931 Dem Kaufmann Schumann waren in Deutschland und in Österreich „als Hohlglasreflectoren hergestellte Lampenkuppeln mit Durchlaßöffnung für den Lampenzylinder“ patentiert. Ein weiteres österreichisches Patent auf Reflektoren hielt der böhmische Glaswarenhändler Loehnert. Dieser versicherte dem Angeklagten, dass seine Reflektoren nicht unter das Schumannsche Patent fielen, da beiden in Österreich Patente erteilt seien und Schumann bereits erfolglos gegen Abnehmer des Loehnert in Dresden vorgegangen sei. Der Angeklagte bestellte daraufhin zwei Reflektoren bei Loehnert. An einen Dritten verkaufte er einen davon zum Selbstkostenpreis und verabredete die Lieferung weiterer Exemplare, falls sich der erste bewähre und ein von ihm einzuholendes patentanwaltliches Gutachten ergebe, dass Loehnertsche Reflektoren das Schumannsche Patent nicht verletzten. Das RG erkannte eine wissentliche Verletzung: Allerdings erfordert der gedachte §. 34 ein wissentlich den §.§. 4 und 5 zuwiderlaufendes Inbenutzungnehmen einer Erfindung. Damit hat aber, wie auch die Motive entnehmen lassen, nur ausgeschlossen werden sollen, daß schon fahrlässiges Verletzen eines fremden Patentrechts die civil- und strafrechtliche Verantwortung begründet. Die Wissentlichkeit umfaßt dagegen auch den dolus eventualis, welcher als dann vorliegt, wenn der Handelnde, obwohl er die Möglichkeit des rechtsverletzenden Erfolges seiner Handlung in seine Vorstellung aufgenommen hat, ohne den Glauben, daß er diesen Erfolg vermeiden werde, die Handlung dennoch ausgeführt und so den rechtsverletzenden Erfolg schafft. Denn bei dem Bewußtsein der Möglichkeit des rechtverletzenden Erfolges liegt dieser Erfolg in dem Willensbereiche des Handelnden, sofern letzterer nicht in der Lage ist oder zu sein glaubt, bei seinem Thun den Eintritt des Erfolges zu verhüten.932

Im Patentrecht war durch den Begriff „Wissentlichkeit“ die Haftung für fahrlässiges Verhalten ausgeschlossen. Eine Beschränkung auf bestimmte Vorsatzformen folgte daraus nicht; wissentlich handelte auch, wer mit bedingtem Vorsatz tätig wurde.933 Das RG nahm die beiden 1882 benannten Merkmale auf: Der Verletzer RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 933 Ständige Rechtsprechung, Vgl. RG v. 20. 10. 1887 (3 D 1882 / 87); RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91); RG v. 29. 3. 1892 (2 D 752 / 92); RG v. 10. 4. 1897 (I 59 / 97); RG v. 7. 11. 1900 (I 243 / 00); RG v. 2. 2. 1907 (I 278 / 06); RG v. 20. 1. 1908 (1 D 1015 / 07); RG v. 17. 3. 1908 (4 D 130 / 08); RG v. 10. 10. 1908 (I 498 / 07); RG v. 4. 5. 1909 (III 218 / 08); RG v. 22. 11. 1909 (3 D 793 / 09); RG v. 14. 11. 1910 (I 473 / 09). In Gebrauchsmustersachen RG v. 12. 10. 1905 (3 D 325 / 05); RG v. 8. 4. 1910 (5 D 137 / 10); RG v. 9. 1. 1912 (4 D 1063 / 11); RG v. 21. 5. 1913 (I 439 / 12); RG v. 14. 11. 1914 (I 265 / 14). 931 932

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

musste den möglichen patentverletzenden Erfolg erkannt und in seinen Willen aufgenommen haben. Das Einverständnis mit der möglichen Verletzung unterschied den bedingt vorsätzlich vom bewusst fahrlässig Handelnden.934 Im Fall stellte bereits die vorbehaltlose Veräußerung des einen Reflektors eine wissentliche Verletzung dar. Der Angeklagte kannte das Schumannsche Patent. Er war sich der Möglichkeit einer Verletzung bewusst, wie sich aus der Vereinbarung, ein klärendes Gutachten einzuholen, ergab. Der Sachverhalt bot hinreichend Anhaltspunkte für das erforderliche Bewusstsein.935 Insofern gab die Entscheidung keinen Aufschluss, welche Anforderungen das RG an dieses Merkmal stellte. Hinsichtlich des Willenselements genügte eine einfache Verletzung, der Wille musste nicht auf eine Verletzung in größerem Umfang gerichtet sein.

cc) Die Entscheidung vom 9. 6. 1888 und die Folgeentscheidungen In einer Entscheidung vom 9. 6. 1888 bestimmte das RG umgekehrt, in welchem Fall das Bewusstsein von der möglichen Verletzung nicht angenommen werden könne, wenn nämlich der Verletzer eine solche Möglichkeit durchaus nicht vorausgesetzt habe, sondern auf Grund redlicher und verständiger Prüfung in vollständig gutem Glauben der festen, (:wenn auch auf thatsächlichen Irrthum gegründeten:) Ueberzeugung gewesen sei, daß der ( . . . ) Kläger zu Unrecht ( . . . ) ein Patentrecht prätendire, welches er in Wirklichkeit gar nicht besitze; daß der Kläger nur dadurch zu der völlig unbegründeten Behauptung gelangt sei, es werde ( . . . ) ein ihm zustehendes Patentrecht verletzt; ( . . . ).936

Das RG stellte hohe Ansprüche an das Fehlen des Eventualvorsatzes. Der Verletzer durfte die Möglichkeit „durchaus nicht“ vorausgesetzt haben, er musste „in vollständig gutem Glauben der festen Überzeugung“ von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens sein. Das RG wies sogleich Wege, wie er zu der Überzeugung gelangt sein müsse: „auf Grund redlicher und verständiger Prüfung“.937 Im Rück934 RG v. 22. 11. 1909 (3 D 793 / 09): „Wer einen Erfolg als möglich voraussieht, braucht ihn deshalb noch keineswegs zu wollen; er kann vielmehr geradezu damit rechnen, daß eben der Erfolg nicht eintreten werde, ihn innerlich ablehnen. Ist dies der Fall, so will er den Erfolg nicht, auch nicht eventuell; er handelt dann nicht mit Eventualdolus, sondern höchstens fahrlässig.“ RG v. 22. 11. 1910 (4 D 823 / 10) – Holzmehl V hob das Urteil der Vorinstanz auf, weil diese aus der Feststellung fahrlässigen Verhaltens – der Angeklagte habe „mit der Möglichkeit eines strafbaren Eingriffs ( . . . ) rechnen müssen“ – auf den bedingten Vorsatz geschlossen hatte. 935 Ebenso sprachen in einem anderen Fall „erhebliche Gründe“ für das Bewusstsein, ohne dass das RG solche zur Voraussetzung des dolus eventualis gemacht hätte, RG v. 20. 10. 1887 (3 D 1882 / 87). 936 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). 937 Alle hier erneut angeführten Worte sind in der „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse“ durch Unterstreichung hervorgehoben, Vgl. ferner RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V; RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91); RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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schluss zeigte die Entscheidung die Neigung der Rechtsprechung, den Nachweis der Wissentlichkeit zumindest in Form des dolus eventualis zu erleichtern und so den Patentinhaber trotz strenger Vorsatzhaftung zu schützen. Besonders deutlich ging diese Tendenz aus einer Entscheidung aus dem Jahr 1908 hervor: ( . . . ) begreift § 36 des Patentgesetzes unter dem Merkmal „wissentlich“ nicht bloß den unmittelbaren, bestimmten Vorsatz, nämlich die auf Herbeiführung der äußeren Tatbestandsmerkmale geflissentlich abzielende Willensrichtung, sondern auch den bedingten Vorsatz, der überall da vorliegt, wo der Täter den rechtsverletzenden Erfolg der von ihm geplanten Handlung als möglich oder mindestens nicht ausgeschlossen erkennt, aber nichts destoweniger auf die Gefahr seines Eintritts hin und unter Billigung der im Eintritt liegenden Rechtsverletzung die geplante Handlung vornimmt. Demgemäß genügt bei Vorsätzlichkeit der äußeren Handlung schon das Bestehen einer in den Willensentschluß und damit in den strafbaren Vorsatz einbezogenen Unsicherheit oder eines nicht durch zuversichtliche gegenteilige Erwartung beseitigten Zweifels an der Rechtmäßigkeit seiner Handlung und ihrer notwendigen oder möglichen Wirkungen, um das genannte Tatbestandsmerkmal zu erfüllen.938

Hegte der Verletzer Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Tuns939 oder dem Vorhandensein eines Tatbestandmerkmals der Patentverletzung und beseitigte er diese Unsicherheit leichtfertig oder absichtlich nicht durch Nachforschungen, obwohl die ihm bekannten Umstände Anlass dazu gaben, ließ sich daraus eine Billigung des Verletzungserfolgs und somit ein bedingter Vorsatz begründen.940

dd) Die Entscheidung vom 19. 12. 1910 In einer Entscheidung vom 19. 12. 1910 ließ das RG eine Ausnahme von diesem sehr weiten Vorsatzbegriff zu:941 Der beklagte Verletzer hatte die Möglichkeit einer Patentverletzung „als eine ganz entfernte angesehen“ und mit einer solchen nicht mehr gerechnet. Für den Fall, dass die Möglichkeit der Rechtsverletzung „als eine sehr entfernte vorgestellt wird“ und der Verletzer ihren Eintritt als „überwiegend unwahrscheinlich“ ansah, könne die Annahme wissentlichen Handelns abgelehnt werden. Zwar eröffnete die Entscheidung die Möglichkeit, den weiten Vorsatzbegriff zu beschränken. Die Anwendungsfälle für diese Ausnahme waren jedoch selten, zumal zu dieser Zeit längst die grobe Fahrlässigkeit in das PatG Einzug erhalten hatte.

938 RG v. 20. 1. 1908 (1 D 1015 / 07). Vgl. ferner RG v. 10. 10. 1908 (I 498 / 07); RG v. 15. 10. 1908 (1 D 594 / 08). 939 So z. B. in dem oben behandelten Fall des RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 940 RG v. 12. 10. 1905 (3 D 325 / 05). Umgekehrt konnte auch ein Gewarnter von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt bleiben, RG v. 16. 10. 1911 (1 D 698 / 11). 941 RG v. 19. 12. 1910 (I 211 / 10).

374

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

b) Tatsächliche Anzeichen für das Vorliegen der Wissentlichkeit Die Gerichte leiteten die Wissentlichkeit im Einzelfall aus bestimmten, die Verletzung begleitenden tatsächlichen Umständen her. Die Tatsachenfeststellung konnte das RG in der Revisionsinstanz nicht mehr überprüfen. Besonders in frühen Entscheidungen musste es häufig Revisionen von Patentinhabern zurückweisen, weil die Tatsacheninstanzen rechtsfehlerfrei den Nachweis der Wissentlichkeit nicht als erbracht ansahen oder sich leicht von einem Tatsachenirrtum des Verletzers überzeugen ließen.942 Um den Schutz des Patentrechts zu verstärken, entwickelte es zunehmend Vorgaben für Anhaltspunkte, die typischerweise den Schluss auf eine subjektive Patentverletzung zuließen. Zunächst sollte es auf die Wissentlichkeit des Verletzers hindeuten, wenn er einen mit „DRP“ gekennzeichneten Gegenstand benutzte. Später ließ sich die Wissentlichkeit auch aus Mitteilungen Dritter, Publikationen in Fachblättern943 und dem im gewerblichen Umfeld des Verletzers üblichen allgemeinen Fachwissen944 sowie aus Vorgängen in früheren patentamtlichen oder gerichtlichen Verfahren folgern.945 War der Verletzer selbst sachkundig, konnte ihn der Umstand nicht entlasten, dass er bei nur durchschnittlicher Sachkunde die Verletzung nicht erkannt hätte: Der Revision (scil. des Klägers) muß zugegeben werden, daß es für die Beklagte, die auf dem Gebiete der Schrämmaschinen nicht nur kaufmännisch, sondern selbst auch erfinderisch tätig gewesen ist und sich danach nicht auf den Mangel eines wenigstens durchschnittlichen Sachverstandes berufen darf, keine Schwierigkeiten ergeben konnte, zu erkennen, daß sie mit ihrer Maschine in den Schutzkreis des klägerischen Patentes eingreife.946

Ein bedeutender, zunehmend herangezogener Anhaltspunkt war die Warnung: Hatte der Patentinhaber in einer solchen behauptet, ein bestimmtes Verhalten verletze sein Patent, konnte das die Wissentlichkeit des Verletzers herbeiführen. Erst recht sollten die Klageerhebung und prozessuale Erörterungen geeignet sein, den Verletzer in Kenntnis der Rechtswidrigkeit seines Handelns zu setzen.947 Diese Gesamtumstände waren vom Tatrichter im Einzelfall zu werten.

942 RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81); RG v. 17. 12. 1881 (3 D 3006 / 81); RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82); RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82); RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82); RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88); RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 943 Im Fall der Entscheidung des RG v. 24. 5. 1893 (I 76 / 93) war die Tragweite des verletzten Patents höchstrichterlich entschieden und im amtlichen Patentblatt zur öffentlichen Kenntnis gebracht. 944 RG v. 7. 12. 1898 (I 319 / 98). 945 In der Entscheidung des RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V kam dem Verletzer umgekehrt entlastend zugute, dass sowohl das PA als auch vorangegangene Urteile eine rechtsirrtümliche Ansicht vertreten hatten, derzufolge der Verletzer sein Tun für erlaubt halten durfte. 946 RG v. 4. 7. 1908 (I 495 / 07).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

375

aa) Die Warnung: die Entscheidungen vom 31. 1. 1890 und vom 5. 11. 1891 Vor der Einleitung gerichtlicher Schritte konnte der Berechtigte versuchen, außergerichtlich den Verletzer auf sein Patent, dessen Inhalt und Umfang und auf den unberechtigten Eingriff aufmerksam zu machen. Diese Warnung konnte direkt an den Verletzer, eine Vielzahl von Personen oder öffentlich an die Allgemeinheit gerichtet sein, z. B. als Bekanntmachung in Fachzeitschriften.948 Je nach Ausführlichkeit und Begründung vermittelte der Warnende dem Gewarnten die für Entschädigungsansprüche erforderliche Kenntnis. Er wies ihn auf die Rechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens hin und forderte ihn auf, von gegenwärtigen Eingriffen in sein Recht Abstand zu nehmen oder künftige zu unterlassen.949 Die Vorteile der Warnung liegen auf der Hand. Bestenfalls barg sie die Möglichkeit einer schnellen und unbürokratischen Abhilfe, vielleicht sogar einer ökonomisch sinnvollen vertraglichen Benutzungsvereinbarung.950 Das vermied Prozesse und die damit verbundenen Kosten und Risiken, insbesondere die nachteilige Kostenfolge eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO. Ließ sich der Gewarnte von seinem Verhalten nicht abbringen, bereitete die Warnung auch einen späteren Verletzungsprozess vor: sie konnte zumindest für zukünftige Verletzungen die Beweisführung der Wissentlichkeit erleichtern.951 Diesen Einfluss der Warnung auf die subjektive Patentverletzung streifte das RG erst spät in einer Entscheidung vom 31. 1. 1890.952 Der Angeklagte war von einem patentinhabenden Konkurrenten ohne Beibringung seiner Berechtigung in einem unbeglaubigten Schreiben auf das Patent aufmerksam gemacht worden. Das RG führte dazu aus: Allerdings legt das Gesetz den Händlern nicht die allgemeine Verpflichtung auf, in Folge jedes Einspruchs eines Konkurrenten Nachforschungen darüber anzustellen, ob derselbe wirklich Inhaber des Patents ist; aber der Thatrichter ist im Einzelfalle nicht behindert, aus dem Vorhandensein des Einspruchs und aus dem weiteren Verhalten der Händler auf die Kenntniß derselben von dem Patentschutze zu schließen.953 947 Dabei geht es nicht um eine rechtliche Haftungsverschärfung ab Klageerhebung, siehe S. 114 ff., sondern allein um tatsächliche Umstände, die einen Schluss auf wissentliches Verhalten zulassen. 948 RG v. 15. 12. 1894 (I 293 / 94); RG v. 21. 3. 1896 (I 25 / 96); RG v. 4. 11. 1896 (I 353 / 96); RG v. 14. 11. 1889 (VI 186 / 89). 949 Zusammen mit der Warnung nannte RG v. 21. 3. 1896 (I 25 / 96) die „Drohungen mit Verfolgung“, durchgesetzt hat sich der Begriff der „Warnung“, welcher schon die Möglichkeit der Einflussnahme enthält. 950 Der bis dahin gänzlich Gutgläubige Verletzer konnte in die Benutzung investiert haben und bereit sein, eine angemessene Lizenzgebühr zu zahlen. 951 Das galt ab 1891 auch für den Beweis der groben Fahrlässigkeit, RG v. 18. 10. 1899 (I 246 / 99). 952 RG v. 31. 1. 1890 (2 D 103 / 90). 953 RG v. 31. 1. 1890 (2 D 103 / 90).

376

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Das Gericht erkannte, dass es im geschäftlichen Verkehr nicht immer praktikabel war, die Berechtigung des Warnenden zu überprüfen. Aus dem zweiten Halbsatz ging hervor, dass eine Warnung, hier noch als „Einspruch“ bezeichnet,954 Schlüsse auf die erforderliche Kenntnis zuließ. Die Warnung konnte grundsätzlich die Wissentlichkeit herbeiführen. Das RG überließ die Beurteilung dem Tatrichter. Die Annahme der Wissentlichkeit war insbesondere gerechtfertigt, wenn auch das „weitere Verhalten“ des Verletzers den Schluss bekräftigte. Aus dem Fall ergab sich zudem, dass die Warnung an eine bestimmte Form, hier die Beglaubigung, nicht gebunden war. Eine nähere Beschreibung der Warnung lieferte eine Entscheidung vom 5. 11. 1891.955 Das RG wies zunächst darauf hin, dass keine Sorgfaltspflicht bestehe, alle Patenterteilungen zu überwachen. Anders zu beurteilen sei es, wenn „ein Patentinhaber unter Hinweis auf ein ganz bestimmtes Patentrecht [dem Verletzer] gegenüber getreten ist“, ihn auf die „Patentverletzung aufmerksam gemacht“956 hat. Sollte die Warnung die Wissentlichkeit herbeiführen, musste sie zunächst hinreichend bestimmt sein. Das RG begründete hier keine Sorgfaltspflicht, sondern die – so nicht bezeichnete – Obliegenheit, „sich zu überzeugen, ob der Anspruch begründet ist“. Kam der Gewarnte dieser Obliegenheit nicht nach, trafen ihn deren negative Folgen: „( . . . ) so kann von ihm angenommen werden, er wolle sein vortheilhaftes Handeln fortsetzen, auch wenn es eine Patentverletzung enthalte.“ Deutlich ordnete das RG hier die Warnung dogmatisch nicht bei der Fahrlässigkeit ein, sondern bei der nicht revisiblen Würdigung der Tatsachen, aus denen das LG auf einen dolus eventualis geschlossen hatte.957 Eine Warnung war grundsätzlich geeignet, die Wissentlichkeit zu begründen. Traf der Verletzer keinerlei Anstalten, sich von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens zu überzeugen, deutete dieses auf eine wissentliche Patentverletzung hin. Später lag die Bedeutung der Warnung weniger darin, nur als tatsächliches Anzeichen der Wissentlichkeit gewürdigt zu werden. Unter der Geltung des PatG 1891 behandelte das RG sie vorwiegend im Rahmen der groben Fahrlässigkeit958 oder vermied es, die Verschuldensform exakt zu bestimmen.959 Gleichwohl 954 Erstmals als „Warnungen“ bezeichnet in der Entscheidung des RG v. 15. 12. 1894 (I 293 / 94). 955 RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91). 956 So auch noch RG v. 20. 1. 1908 (1 D 1015 / 07). 957 Da die Entscheidung in einer Strafsache ergangen ist, kam für eine Strafbarkeit in jedem Fall nur eine vorsätzliche Verletzung in Betracht, unabhängig davon, ob sie vor oder, was hier unwahrscheinlich ist, nach dem Inkrafttreten des PatG 1891 am 1. 10. 1891 vorgenommen wurde. 958 RG v. 9. 12. 1899 (I 329 / 99); RG v. 10. 4. 1911 (I 289 / 10). Allein in Strafurteilen kam es nicht umhin, die Warnung zur Begründung der erforderlichen Wissentlichkeit heranzuziehen, RG v. 20. 1. 1908 (1 D 1015 / 07); RG v. 24. 11. 1911 (5 D 814 / 11). 959 Vgl. RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02): „( . . . ) die Verletzung ( . . . ) als wissentliche oder grobfahrlässige zugerechnet werden könnte.“

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

377

behielten die anfänglich entwickelten Grundsätze zur Würdigung der Warnung als tatsächliches Merkmal für wissentliches Verhalten ihre Geltung, wie das RG noch 1913 bestätigte: Wenn die Beklagte trotz dieser Warnung noch die geschützten Apparate hergestellt ( . . . ) habe, so habe sie wissentlich widerrechtlich die Patentrechte der Klägerin verletzt. ( . . . ) Indem sie trotz des Mangels an Ueberzeugung sich über das Verwarnungsschreiben hinweggesetzt und die geschützten Apparate weiter angefertigt und abgesetzt habe, habe sie ( . . . ) mit dem Bewußtsein der Möglichkeit gehandelt, in Patentrechte der Klägerin einzugreifen.960

bb) Die Klageerhebung: die Entscheidung vom 9. 6. 1888 In der bereits behandelten Entscheidung vom 9. 6. 1888 hat das RG sich eingehend mit der Wirkung der Klageerhebung auseinandergesetzt und eine verschärfte Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit als rechtliche Folge abgelehnt.961 Gleichwohl entging ihm nicht, dass eine Klageerhebung aus tatsächlichen Gründen die Wissentlichkeit des Verletzers für die Zukunft begründen konnte. Das RG führte aus: Seit dem Bestehen der Gesetzeskraft des Reichspatentrechts kann die Klageerhebung als solche nicht das Recht auf Entschädigung wegen Patentverletzung durch das Verhalten des Beklagten während des Prozesses erzeugen, sondern die Thatsache ihrer Realisirung ist lediglich ein [von dem Richter der Instanzen, in welchen nach dem Prozeßgesetz thatsächliche Feststellungen zu treffen sind, zu würdigendes, vor Fällung des Urtheils existent gewordenes] für den Schluß auf die Wissentlichkeit der Benutzung der patentirten Erfindung während des Prozesses relevantes faktisches Moment, welches allerdings in der Mehrzahl der Fälle zu dem Schluß auf die Existenz der Wissentlichkeit führen wird, indessen keinesweges in allen Fällen zu diesem Schlusse führen muß.962

Ob die Klageerhebung das erforderliche Wissen hervorgerufen hatte, war Gegenstand tatsächlicher Feststellungen. Das RG durfte diese in der Revisionsinstanz nicht mehr überprüfen. Zu beachten war, dass ein aus der Klageerhebung hergeleiteter Vorsatz Entschädigungsansprüche nur für danach vorgenommene Verletzungen erzeugte. Im Rahmen der Beweiswürdigung spreche die Klageerhebung „in der Mehrzahl der Fälle“ für eine Wissentlichkeit. Aus dieser Aussage ließ sich gleichwohl nicht der Schluss ziehen, dass eine trotz Klageerhebung fehlende Kenntnis einer besonderen Begründung bedürfe. Vielmehr kam der Erhebung der Klage eine besondere Indizwirkung zu.

RG v. 28. 1. 1913 (I 178 / 12). Vgl. RG v. 21. 5. 1913 (I 439 / 12). RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). 962 RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88). In diesem Sinne auch RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 960 961

378

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

c) Der unbeachtliche Rechtsirrtum Voraussetzung für die Wissentlichkeit war, dass der Verletzer die tatsächlichen Umstände seines Verhaltens kannte. Hingegen war eine unrichtige Vorstellung über Bestehen oder Sinn und Tragweite des Gesetzes kein Grund, die Wissentlichkeit auszuschließen. Diesen allgemein bekannten Grundsatz formulierte das RG bereits früh auch für das Patentrecht. Wer die Bedeutung des Gesetzes, insbesondere der §§ 1, 4 und 5 verkannte, unterlag einem grundsätzlich unbeachtlichen Rechtsirrtum.963 Die Anwendungsfälle des Rechtsirrtums waren vielfältig. Wissentlich i.S.d. § 35 (§ 34 a.F.) handelte z. B., wer glaubte, eine geschützte Erfindung dürfe mit unwesentlichen Abweichungen,964 eine Kombinationserfindung unter Weglassung unwesentlicher Teile965 benutzt werden; er unterschätzte den Umfang des Patentschutzes nach § 4. Den Begriff der Gewerbsmäßigkeit mißverstand, wer meinte, eine einmalige Benutzung fiele nicht darunter.966 Die Annahme, ein eigenes ausländisches Patent berechtige zur Benutzung im Inland, oder für das Ausland bestimmte Ware dürfe im Inland hergestellt oder gehandelt werden, mißverstand den Grundsatz der Territorialität.967 Eine unrichtige rechtliche oder technische Auskunft eines Sachverständigen, auf die der Verletzer vertraut hatte, wirkte nicht entschuldigend, es sei denn, sie hatte auch einen tatsächlichen Irrtum hervorgerufen.968 Vielmehr lagen in der Tatsache, dass der Verletzer fachkundigen Rat gesucht hatte, Anzeichen für vorsatzbegründende Zweifel. Die Fälle des Rechtsirrtums waren häufig. Es lassen sich über die vorgenannten Beispiele hinaus weitere Fallgruppen erkennen.

963 Vgl. RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82); RG v. 17. 10. 1905 (4 D 176 / 05); RG v. 2. 5. 1913 (5 D 1202 / 12). Für unbeachtlich hielt daher die Entscheidung des RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I die fehlende Kenntnis, dass die Erzeugnisse eines geschützten Verfahrens vom Patentschutz erfasst werden: „Indem der § 34 des Patentgesetzes in Betreff des Thatbestandes des hier mit Strafe bedrohten Vergehens auf die §§ 4, 5 des Gesetzes verweist, eben hierdurch aber, da die Vorschrift des § 4 ihre weitere Erläuterung und begriffliche Begrenzung in den Normen des § 1 empfängt, stillschweigend auch auf den letzteren Bezug gnimmt, werden diese Normen Bestandtheile der Strafvorschrift des § 34 selbst. Ein Irrthum über Sinn und Tragweite der gesetzlichen Strafnorm ( . . . ) schützen aber den Thäter nie vor der gesetzlichen Strafe ( . . . ).“ 964 Vgl. RG v. 25. 9. 1902 (1 D 2781 / 02) für das Gebrauchsmusterrecht. 965 RG v. 10. 4. 1897 (I 59 / 97). 966 RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 967 RG v. 3. 4. 1884 (3 D 626 / 84); RG v. 25. 10. 1890 (3 D 1865 / 90) – Kongo-Rot I. 968 RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94); RG v. 27. 4. 1909 (5 D 218 / 09); RG v. 19. 4. 1910 (5 D 1113 / 09). Entsprechend im Gebrauchsmusterrecht RG v .28. 3. 1898 (3 D 847 / 98).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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aa) Der Irrtum über die formale Legitimation: die Entscheidung vom 20. 4. 1882 Ein unbeachtlicher Rechtsirrtum lag vor, wenn der Verletzer ein bestehendes, formell erteiltes Patent für unwirksam hielt. Das konnte vielfältige Gründe haben. Einer Entscheidung vom 20. 4. 1882 lag der folgende Fall zugrunde:969 Der Angeklagte glaubte, dass das Patent auf ein „Trocken-Kopirverfahren“ nichtig sei, weil er und andere den Gegenstand der Erfindung lange vor der Patentanmeldung in Benutzung genommen haben. Er berief sich nicht nur auf ein irrtümlich vermutetes Vorbenutzungsrecht,970 sondern schloss aus der Nichtneuheit der Erfindung auf die Nichtigkeit des Patents. Diese Ansicht wies das RG zurück: Dieser Schutz (scil. des formell erteilten Patents) ist nicht dergestalt durch die Neuheit der Erfindung (§ §. 1. 2) bedingt, daß er seine Wirkung durch die Möglichkeit einer deshalbigen Anfechtung der Patentertheilung verliert, ( . . . ).971

Aufgrund der formalen Legitimation entfaltete auch ein vernichtbares, aber nicht für nichtig erklärtes Patent seine Wirkung; es blieb verletzbar.972 Das RG erkannte, dass der patentrechtliche Schutz in den meisten Fällen seine Wirkung verfehlt hätte, wenn schon ein derartiger rechtlicher Irrglaube den Verletzervorsatz aufhöbe. Vorliegend kannte der Angeklagte das fragliche Patent und wusste, dass er gewerbsmäßig und ohne Erlaubnis eingriff. Er irrte nicht über eine tatbestandliche Voraussetzung, sondern über die Bedeutung der §§ 4 und 10, über die formelle Wirkung des Patents.973 Diese galt solange fort, bis eine Nichtigerklärung des Patents rechtskräftig war. Einem unentschuldbaren Rechtsirrtum unterlag ebenfalls, wer annahm, eine patentamtlich für nichtig erklärte Erfindung vor Rechtskraft dieser erstinstanzlichen Entscheidung benutzen zu dürfen,974 oder wer überhaupt in der Hoffnung auf eine noch auszusprechende Vernichtung des Patents die geschützte Erfindung in Benutzung nahm.975 Der Glaube, dass die Möglichkeit einer Vernichtung dem Patent seine Schutzfähigkeit entziehe, war rechtsirrig und unbeachtlich. In diesen Fällen war der Verletzer gehalten, zuerst das seine Gewerbefreiheit einschränkende Patent im vorgesehenen Verfahren zu vernichten, ehe er die verletzende Handlung vornahm.

RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). Dass er sich auch noch in tatsächlichen Umständen irrte, ist für den hier zu behandelnden Rechtsirrtum unerheblich. Letztlich führte aber der Tatsachenirrtum zum Freispruch des Angeklagten. 971 RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). 972 Siehe S. 183 ff. 973 Ebenso später RG v. 1. 10. 1894 (1 D 2208 / 94); RG v. 19. 10. 1896 (3 D 2963 / 96); RG v. 21. 6. 1897 (1 D 1778 / 97); RG v. 19. 11. 1908 (3 D 698 / 08). 974 RG v. 12. 2. 1890 (I 329 / 90). 975 RG v. 22. 11. 1902 (I 205 / 02). 969 970

380

3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

bb) Der Irrtum über die Bedeutung der Priorität: die Entscheidung vom 12. 4. 1883 In einem am 12. 4. 1883 entschiedenen Fall kannte der Angeklagte das Patent der Nebenkläger.976 Er nahm an, dieses nicht zu verletzen, weil er von seinem Lieferanten Hardt die Mitteilung erhalten hatte, die gelieferte „Erfindung sei älter“ als die patentierte und enthalte „keine Nachahmung“ der letzteren. Der Dritte Strafsenat hob das freisprechende Urteil auf: Die Erwägung bezüglich der Annahme des Angeklagten, die Hardt’sche Erfindung sei älter als die der Nebenkläger, scheint auf §. 5 des Patentgesetzes abzuzielen. Hier jedoch wird die Wirkung des Patents nur denjenigen gegenüber beschränkt, welche zur Zeit der Patentanmeldung die Erfindung bereits „in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen haben.“ Die bloße zeitliche Priorität der „Erfindung“ im Sinne des geistigen Eigenthums derselben ist für den Patentschutz rechtlich bedeutungslos, solange nicht die Erfindung ( . . . ) technisch verwirklicht oder doch der Anfang solcher technischen Ausführungen geworden ist.977

Der Angeklagte hatte die Bedeutung der Priorität und die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts verkannt. Das RG bezeichnete den von der Vorinstanz festgestellten „guten Glauben / :bona fides: / “ als Rechtsirrtum. Dass dieser bedeutungslos sei, bestätige die Entscheidung vom 20. 4. 1882. Wie schon im Fall der fälschlich angenommenen Wirkungslosigkeit des Patents war in den ersten Jahren des neuen PatG die Vermutung weit verbreitet, bereits die Priorität verschaffe ein Recht zur Benutzung. Dieser irrtümlichen Annahme, oder einer diesen Irrtum vorgebenden Entschuldigung, wirkte das RG entgegen und stufte sie von Anfang an als unbeachtlich ein. Es nannte das Recht aus § 5 Abs. 1 veranschaulichend Vorbenutzungsrecht, weil es nicht auf der Priorität der Erfindung, sondern auf einer früheren Benutzung derselben beruhte. Bei richtiger Kenntnis des Gesetzes hätten die irrenden Verletzer die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens ohne weiteres erkannt. Diese Kenntnis aber wurde grundsätzlich vorausgesetzt.978

cc) Die Entscheidung vom 19. 10. 1889 Eine seltene Ausnahme von der Unbeachtlichkeit des Rechtsirrtums beschrieb eine Entscheidung vom 19. 10. 1889.979 Die Beklagte hatte Citronin, welches in England nach dem Verfahren der Klägerin hergestellt war, in Deutschland verkauft. Objektiv verletzte ihr Verhalten das Patent der Klägerin, der Erzeugnisschutz war seit der Methylenblau-Entscheidung aus dem Jahr 1888 anerkannt.980 Jedoch hatte 976 977 978 979 980

RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83). RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83). RG v. 11. 1. 1913 (3 D 957 / 12) – Holzmehl VI. RG v. 19. 10. 1889 (I 186 / 89). RG v. 14. 3. 1888 (I 389 / 87) – Methylenblau.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

381

die Vorinstanz nicht ausdrücklich festgestellt, dass „die Beklagte gewußt hat, daß das von ihr aus England bezogene Citronin mittels des Verfahrens der Klägerin hergestellt“ war. Das RG ging noch weiter und verneinte eine Schadenersatzpflicht selbst für den Fall, dass die Beklagte tatsächlich diese Kenntnis gehabt hätte: Denn es ist gerichtskundig, daß im Jahre 1885 – 1886, d. h. zu der allein in Betracht kommenden Zeit ( . . . ), in weiten Kreisen nicht nur der betheiligten Industriellen, sondern auch der Juristen, die Auffassung bestand, daß bei Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, den Gegenstand der nach §. 4 geschützten Erfindung lediglich das bestimmte Verfahren zur Herstellung des Stoffes, aber nicht zugleich der Stoff selbst bilde, soweit er mittels dieses Verfahrens hergestellt wird, und daß es deshalb durch das Gesetz nicht untersagt sei, im Auslande mittels dieses Verfahrens hergestellten Stoff im Inlande zu verkaufen. Von dieser Auffassung ist, wie sich aus der Korrespondenz zwischen den Parteien ergiebt, ganz offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen. Daß sie sich dabei in einem nicht entschuldbaren Irrthum über die Auslegung des Gesetzes befunden, läßt sich nach Obigem keinesfalls sagen.981

Der letzte Satz läßt verschiedene Deutungen zu: Zunächst könnte sich die Beklagte „keinesfalls“ in einem Rechtsirrtum befunden haben, wobei dieser als „Irrthum über die Auslegung des Gesetzes“ nicht entschuldbar war. Dieser Schluss vermag jedoch die Entscheidung nicht zu tragen, dass eine Haftung wegen der Auslandsimporte verneint wurde. Der Satz kann vielmehr nur den Sinn haben, dass sich das „keinesfalls“ auf die Worte „nicht entschuldbar“ bezog. Diese Auslegung stützen auch graphische Hervorhebungen in der handschriftlichen Entscheidung: Gerade diese drei Wörter sind unterstrichen. Das RG hat hier ausdrücklich anerkannt, dass ein Rechtsirrtum ausnahmsweise entschuldbar sein kann. Gleichzeitig hat es die Entschuldbarkeit an enge Voraussetzungen geknüpft. Zur Zeit der Verletzung muss die rechtsirrige Auslegung des Gesetzes sowohl „in weiten Kreisen“ des beteiligten Verkehrs als auch unter Juristen Rückhalt gefunden haben. Aus der Zulassung einer solchen Ausnahme geht hervor, dass das RG die Kenntnis des Gesetzes dort nicht voraussetzen konnte, wo sie von beachtlichen Teilen der betroffenen Kreise und sogar der Rechtswissenschaft nicht geteilt wurde. So bedeutend diese Ausnahme dogmatisch zu beurteilen ist, so wenig weitere Anwendungsfälle sind für das Patentrecht bekannt.982

d) Der die Wissentlichkeit ausschließende Tatbestandsirrtum Ausgeschlossen wurde die Wissentlichkeit des Verletzers durch den Tatbestandsirrtum.983 Eine unrichtige Vorstellung konnte das Vorhandensein unterschiedlicher RG v. 19. 10. 1889 (I 186 / 89). Den „entschuldbaren Rechtsirrthum“ erwähnte das RG v. 24. 5. 1893 (I 76 / 93) im Zusammenhang mit einer höchstrichterlichen Entscheidung zu einem Zusatzpatent. Aus welchem Grund die Vorinstanz einen entschuldbaren Rechtsirrtum angenommen hatte, geht aus der Entscheidung jedoch nicht hervor. 981 982

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

tatsächlicher Voraussetzungen der Patentwidrigkeit betreffen: Der Verletzer wusste nicht, dass ein fremdes Patentrecht die benutzte Erfindung schützte; oder er glaubte, dass das fremde Recht seine Wirkung nicht, nicht mehr984 oder nicht in einem sein Verhalten umfassenden Umfang entfaltete;985 oder aber er hielt sich trotz des bestehenden fremden Rechts für benutzungsbefugt.986 Die Rechtsprechung des RG zu den Irrtumsfällen lässt eine Entwicklung erkennen, unter welchen Voraussetzungen ein Irrtum die Wissentlichkeit ausschloss.

aa) Die frühen Entscheidungen bis 1883 Bereits 1881 beschäftigte sich das RG mit dem tatsächlichen Irrtum:987 Ein Angeklagter hatte irrtümlich geglaubt, seine „Plissemaschine“ unterscheide sich von der patentierten so erheblich, dass eine Verletzung ausgeschlossen sei. Bestärkt war er durch den Umstand, dass die Anmeldung seiner eigenen Maschine zum Patent vom PA nicht zurückgewiesen, sondern bekanntgemacht war. Ohne weiteres erkannte das RG einen tatsächlichen Irrtum über die Übereinstimmung von geschützter und benutzer Erfindung. Den guten Glauben des Angeklagten und schloss es aus den Umständen.988 Einer weiteren, auf Nachprüfungen beruhenden Rechtfertigung für seinen Irrtum bedurfte der Verletzer nicht. Insbesondere war nicht ersichtlich, dass er seine Maschine zu diesem Zweck beim PA angemeldet hatte. Am 17. 5. 1882 entschied der Dritte Strafsenat einen Fall, in welchem die Angeklagten irrtümlich das ihnen bekannte Patent falsch ausgelegt hatten.989 Der Pa983 RG v. 18. 4. 1882 (3 D 720 / 82) und RG v. 29. 1. 1894 (3 D 4547 / 93) bezeichneten ihn als „thatsächlichen Irrthum“, RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82) als „Irrthum über Thatsachen“. 984 War der Verletzer der Überzeugung, ein Patent sei von der zuständigen Stelle für nichtig erklärt worden, schloss dieser Irrtum seine Wissentlichkeit aus, RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). Das gleiche galt, wenn er das Patent für abgelaufen hielt, ohne die gesetzliche Patentdauer zu verkennen. 985 Zwar hatte das Patent „als Privilegium die Natur des Gesetzes, aber nicht eines allgemeinen Gesetzes, das Jeder kennen und richtig auslegen muß“, RG v. 21. 10. 1896 (I 191 / 96). 986 War der Verletzer z. B. der irrigen Annahme, er habe die Erfindung bereits vor der fremden Patentanmeldung in Benutzung genommen und sei vorbenutzungsberechtigt, so schloss das eine Wissentlichkeit aus, RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82). Ferner konnte der Verletzer über die eigene Berechtigung irren, wenn er nicht wusste, dass er seine Erlaubnis zur Benutzung von einem Nichtberechtigten erhalten hatte, RG v. 22. 12. 1913 (I 243 / 13). Einer frühen Entscheidung des RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84) zufolge verlor der Patentinhaber selbst die Fähigkeit, die Benutzung zu erlauben, wenn er zuvor einem anderen eine ausschließliche Lizenz erteilt hatte. 987 RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81). 988 RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82) nahm einen Irrtum an, wenn „Willen und That sich nicht decken.“ 989 RG v. 17. 5. 1882 (3 D 717 / 82).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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tentschrift zufolge war ein „Apparat zum Pasteurisiren des Bieres“ geschützt. Dieser verhinderte mittels direkt wirkender Schrauben, dass die Korken bei der pasteurisierungsbedingten Erwärmung von den Flaschen abflogen. Die Auslegung ergab, dass Gegenstand der Erfindung nicht der Apparat, sondern das bezeichnete Verfahren war. Dieses wendeten die Angeklagten im wesentlichen an, nur wirkten in ihrer abweichenden Konstruktion die Schrauben indirekt. Sie gingen davon aus, dass das Patent nur den in der Patentschrift beschriebenen Apparat schütze. Das RG stellte einen Irrtum über den Gegenstand fest. Die „Entscheidung, worin der Gegenstand der patentirten Erfindung besteht“, beruhe vorwiegend auf tatsächlichem Gebiet; ebenso müsse der Irrtum hierüber ein tatsächlicher sein. Wieder stellte es keine weiteren Anforderungen an das Vorliegen des Irrtums. Ein einfacher Auslegungsfehler genügte. Das erschwerte den Nachweis der Wissentlichkeit und beschränkte den Schutz des Patentinhabers empfindlich. Auch im Falle einer unrichtigen Vorstellung über die eigene Berechtigung ließ das RG einen einfachen Irrtum genügen. Am 9. 1. 1883 entschied es folgenden Fall:990 Der Angeklagte hatte mit Schriftvervielfältigungsapparaten gehandelt, die er von zwei verschiedenen Quellen, Ihn und Wundahl, bezogen hatte. Sie stimmten mit solchen Apparaten überein, welche zur Ausführung eines patentierten „Trocken-Copir-Verfahrens“ erforderlich waren.991 Ihn war vorbenutzungsberechtigt, Wundahl hingegen nicht. Allein der Handel mit Wundahlschen Apparaten verletzte das Patent.992 Der Verletzer war irrtümlich überzeugt, gleichwohl berechtigt zu sein, da er glaubte, nur Ihnsche Apparate zu verkaufen: Bei der Anknüpfung der Geschäftsbeziehungen hatte Wundahl ihm erklärt, dass er „solche (scil. Ihnsche) Apparate auch von ihm – Wundahl – beziehen könne.“ Das hatte ihn in den tatsächlich falschen Glauben versetzt, dass auch Wundahl seine Apparate nicht selbst herstelle, sondern von Ihn beziehe. Einen Rechtsirrtum über die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts schloss das RG aus. Wie sonst auch würdigte es ohne weitere Voraussetzungen die Umstände, die zu dem tatsächlichen Irrtum geführt hatten. Ausreichend war allein die Überzeugung, das Patent nicht zu verletzen. In den frühen Entscheidungen legte das RG diese Voraussetzung sehr weit aus.993

RG v. 9. 1. 1883 (2 D 3149 / 82), siehe Fn. 820 dieses 3. Abschnitts. Unerfindlich blieb, warum das RG in dem Handel mit den Apparaten eine Verletzung des Verfahrenspatents erblickte, siehe Fn. 820 dieses 3. Abschnitts. Für das weitere Verständnis muss unterstellt werden, dass neben dem Verfahren auch der Trockenkopierapparat geschützt war. 992 Der Erwerber eines vom Vorbenutzer hergestellten Gegenstands war ebenfalls berechtigt, siehe S. 345 f. 993 Vgl. RG v. 21. 5. 1883 (I 514 / 82) – Knieblechröhren II. 990 991

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

bb) Die Entscheidung vom 12. 4. 1883 Erstmals die bereits behandelte Entscheidung vom 12. 4. 1883 lässt erkennen, dass der Irrende untermauern musste, auf welche Weise er zu seiner falschen Annahme gelangt sei.994 Der Angeklagte hatte Apparate seines Lieferanten Hardt feilgehalten, die mit den patentierten identisch waren. Er gab an, sich der Übereinstimmung nicht bewusst zu sein. Hardt habe ihm mitgeteilt, seine Erfindung sei „keine Nachahmung der patentierten“. Das RG stellte zunächst klar, dass für den Patentschutz keine bewusste „Nachahmung“ erforderlich sei, sondern auch eine zufällige Identität ausreiche. Ergänzend führte es fort: Soll aber mit dem dann verfehlten Ausdrucke „keine Nachahmung“ nur die objektive Verschiedenheit der beiden in Frage stehenden Apparate haben bezeichnet werden sollen, dann hätte substantiiert werden müssen, worin nach Annahme des Angeklagten die Verschiedenheit bestand, ob sie eine wesentliche war, ob ein Irrthum hierüber ( . . . ) thatsächliche Bedeutung besaß, oder ob derselbe etwa wiederum auf einer willkürlichen subjektiven Auffassung über die strafrechtlichen Grenzen der §§. 4, 5, 34 des Patentgesetzes beruhte.995

Zum ersten Mal verlangte das RG vom Verletzer eine Darlegung besonderer Gründe, wie er zu seiner irrtümlichen Annahme gelangt war. Beim Irrtum über die Übereinstimmung musste der Verletzer erklären, welche wesentliche Verschiedenheit er angenommen hatte. Die Wissentlichkeit ausschließen konnte nicht eine „willkürliche subjektive Auffassung“. Das RG stärkte damit die Position des Patentinhabers und entfernte sich von der ursprünglich einfachen Annahme des tatsächlichen Irrtums. cc) Die Entscheidung vom 9. 6. 1888 Im Jahr 1888 bestimmte das RG die zusätzlichen Anforderungen an den vorsatzausschließenden Irrtum noch eingehender. In der Entscheidung vom 9. 6. 1888 formulierte es Merkmale, anhand derer sich ein tatsächlicher Irrtum messen lassen musste.996 Der „vollständig gute Glaube“, die „feste Überzeugung“ musste aufgrund „redlicher und verständiger Prüfung“ der tatsächlichen Umstände gewonnen sein. Der Sachverhalt gab dem RG Gelegenheit, in vielfacher Hinsicht zu belegen, in welchen Fällen eine „redliche und verständige Prüfung“ angenommen werden konnte. Die Beklagte konnte zunächst ihre irrige Auffassung auf das Gutachten eines „unbefangenen Professors“ stützen.997 Ferner hatte das Gericht erster Instanz 994 RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83); die Entscheidung befasste sich sowohl mit dem Rechtsirrtum, siehe S. 380, als auch mit dem tatsächlichen. 995 RG v. 12. 4. 1883 (3 D 716 / 83). 996 Siehe RG v. 9. 6. 1888 (I 142 / 88) S. 372; Vgl. RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V und noch RG v. 28. 1. 1905 (I 435 / 04). 997 Tatsächlich oder technisch irrige Erwägungen aufgrund eines Gutachtens konnten die Wissentlichkeit ausschließen, RG v. 29. 1. 1894 (3 D 4547 / 93): Das Gutachten musste

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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den Standpunkt der Beklagten geteilt, sogar die klägerische Auslegung „für eine unmögliche erklärt“. Auch das Berufungsgericht hatte anerkannt, dass die Auslegung „der Patentschrift durch die Beklagte am Meisten der Voraussetzung logischer Präzision und grammatischer Korrektheit“ entspreche. Schließlich hatte das PA die schwer verständliche Fassung des klägerischen Patentanspruchs „durch die fehlerhafte Praxis bei Patentertheilungen in der ersten Zeit nach der Geltung des Patentgesetzes erklärt.“ Die Entscheidung bestimmte nicht, ob der Verletzer die ebenfalls irrenden Stellungnahmen gekannt und sich sein Irrtum gerade aus ihrer „verständigen Prüfung“ ergeben haben musste. Sollte das RG dieses gemeint haben, bezöge es auf dem Weg über die Irrtumsrechtsprechung Fahrlässigkeitsgesichtspunkte in das Wissentlichkeitsmerkmal ein: Es hätte dem Irrenden eine Pflicht auferlegt, unter bestimmten Umständen redlich und verständig zu prüfen. Das Urteil lässt sich jedoch ebensogut anders verstehen: Wenn nur bedeutende Instanzen wie Gerichte oder das PA zu der gleichen irrigen Auffassung gelangt waren, könne davon ausgegangen werden, dass auch der Verletzer redlich und verständig geprüft habe; in diesem Fall müsste er die Stellungnahmen nicht notwendig gekannt haben. Jedenfalls schloss das RG vor dem Hintergrund der ausführlich dargestellten, erdrückenden Beweislage eine wissentliche Verletzung vollständig aus. Das Ergebnis beruhte auf einer Würdigung der Gesamtumstände. Dass einige der hierfür herangezogenen Entscheidungen nicht rechtskräftig waren, war unerheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch einzelne der aufgeführten Umstände ausgereicht hätten, um die Annahme eines vorsatzausschließenden Irrtums zu rechtfertigen.

dd) Die Entscheidung vom 30. 6. 1888 Nur drei Wochen danach entschied der I. Zivilsenat wieder einen vergleichbaren Fall.998 Er schien zunächst die Rechtsprechung der frühen Jahre zu befolgen, welche nur den „guten Glauben“ voraussetzte. Ohne auf die eigene Entscheidung vom 9. des Monats hinzuweisen und das neu entwickelte Merkmal der „redlichen und verständigen Prüfung“ aufzunehmen, führte er nur die Urteile u. a. vom 1. 3. 1881 und 20. 4. 1882999 an und bemerkte: Dagegen wird die Wissentlichkeit einer objektiven Patentverletzung allerdings dadurch ausgeschlossen, daß der beklagte Patentverletzer auf Grund eines entschuldbaren Irrthums in der redlichen Ueberzeugung und dem guten Glauben handelt, das vom Kläger beanspruchte Verbietungsrecht stehe demselben überhaupt oder doch in dem beanspruchten Umfange oder dem Beklagten gegenüber nicht zu.1000 jedoch selbst „Aufschluß darüber, aus welchem Grunde der Sachverständige ein Nachmachen ( . . . ) für nicht strafbar erklärt habe,“ geben. 998 RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V. 999 RG v. 1. 3. 1881 (2 D 319 / 81) und RG v. 20. 4. 1882 (1 D 609 / 82), siehe S. 382. 1000 RG v. 30. 6. 1888 (I 122 / 88) – Knieblechröhren V.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Die Tatsache, dass der Senat trotz der zeitlichen Nähe zur Entscheidung vom 9. 6. 1888 nicht ausdrücklich Abstand nahm, sowie die ähnliche Wortwahl – „redlich“, „Überzeugung“ und „guter Glaube“ – sprachen dafür, dass er doch an diese Entscheidung anknüpfen wollte. Statt des missverständlichen Begriffs der „redlichen und verständigen Prüfung“ bezeichnete das RG die zusätzliche Anforderung nun als „Entschuldbarkeit“. Vorliegend hatte das PA die Auffassung der Beklagten geteilt und dieses in Patenturkunde, -schrift und -anspruch zum Ausdruck gebracht; zudem war das klagegegenständliche Knieblechröhren-Patent schon früher Anlass verschiedener Verfahren gewesen, in denen sich mehrere Gerichte und Staatsanwaltschaften für die irrtümliche Auslegung ausgesprochen hatten; schließlich waren auch patentamtliche und reichsgerichtliche Entscheidungen im Nichtigkeitsverfahren geeignet gewesen, den Irrtum hervorzurufen. Das RG hielt den Irrtum für entschuldbar, ließ aber erneut unausgesprochen, ob der Verletzer die Entscheidungen der Gutachter, des PA und der Gerichte gekannt haben musste.

ee) Die Entscheidung vom 30. 6. 1894 und die Folgeentscheidungen Genau sechs Jahre später entschied das RG einen ganz ähnlichen Fall.1001 In dem Urteil ist angedeutet, dass die beklagten Verletzer die irrtümlichen Stellungnahmen gekannt haben mussten: Das Berufungsgericht hatte den Eventualvorsatz abgelehnt, weil die Beklagten „auf Grund dieses Gutachtens einer autoritativen Behörde (scil. des PA) sich dem Glauben hingeben konnten, daß auch der Richterspruch auf das Gutachten sich stützen werde“. „Autoritativ“ konnte die Stellungnahme des PA nur wirken, wenn die Beklagten sie kannten. Die Worte „auf Grund“ zeigen, dass die Kenntnis in diesem Fall tatsächlich vorlag. Gleichwohl schloss das nicht aus, dass der Irrtum auch bei fehlender Kenntnis entschuldbar wäre, sofern nur fachkundige Institutionen diesem Irrtum ebenfalls erlegen waren. Das RG führte dazu aus: Der prozessuale Angriff, daß nicht festgestellt sei, daß den Beklagten das Gutachten des Kaiserlichen Patentamts ( . . . ) mitgetheilt worden sei, ist deshalb verfehlt, weil es nach Lage der Sache einer solchen ausdrücklichen Feststellung nicht bedurfte. Weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz ist Klägerin mit der Behauptung hervorgetreten, daß die Beklagten jenes Gutachten nicht oder nicht rechtzeitig gekannt haben. Zu einer solchen Behauptung hatte sie aber in zweiter Instanz genügenden Anlaß ( . . . ).1002

Das RG hielt den Einwand wegen seiner Präklusion für verfehlt. Zur materiellen Erheblichkeit dieses Einwands durfte es nicht Stellung nehmen. Auch weitere Entscheidungen lassen nicht klar erkennen, ob der Irrtum nur entschuldbar war, wenn der Verletzer die Aussagen der fachkundigen Autoritäten gekannt hatte.1003 1001 1002

RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94). RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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Gleichwohl ist anzunehmen, dass er auch ohne diese Kenntnis entschuldbar war. Die Annahme findet in einer Entscheidung aus dem Jahr 1901 Bestätigung: Wenn aber die Verhältnisse so lagen, daß zwei gerichtliche Instanzen zu der Ueberzeugung gelangen konnten, die Fabrikation des Beklagten sei nicht widerrechtlich, so muß es als ausgeschlossen gelten, daß man dem Beklagten den Vorwurf machen kann, seine Annahme, er sei ( . . . ) berechtigt, beruhe auf einem unentschuldbaren Irrthum.1004

Der tatsächliche Irrtum schloss die Wissentlichkeit aus, wenn er frei von Zweifeln auf vernünftigen technischen Erwägungen beruhte. Gelangten Gutachter, das PA, andere Beteiligte, Staatsanwaltschaften oder Gerichte nach der Prüfung zu der gleichen irrigen Auffassung oder war die Patentauslegung aufgrund der dem Verletzer nur beschränkt zugänglichen Information eine besonders schwierige, konnte darin ein den Irrtum entschuldigender Grund liegen.1005

2. Die Grobe Fahrlässigkeit Das PatG 1891 erstreckte die Schadenersatzhaftung auf grob fahrlässige Patentverletzungen, die nach dem 1. Oktober 1891 begangen waren. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit war im PatG nicht bestimmt.1006 Es oblag damit den Gerichten und insbesondere dem RG, die genauen Anforderungen an die grobe Fahrlässigkeit zu bestimmen. Fahrlässig handelte allgemein, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht ließ. Erforderlich war die Sorgfalt, welche von einem verständigen ordentlichen Menschen unter Voraussetzung gewöhnlicher Fähigkeiten bei der Vornahme seiner Handlungen erwartet werden durfte. Im Patentrecht war eine Verletzung fahrlässig, wenn der Handelnde das fremde Patent aus Sorglosigkeit nicht kannte

1003 RG v. 21. 10. 1896 (I 191 / 96). Nebenbei griff RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96) eine Äußerung des Kammergerichts auf: „( . . . ); auch bedürfe es dazu nicht erst der Feststellung, ob Haertner (scil. der Verletzer) persönlich vom Inhalte der erwähnten Beschlüsse des PatentAmtes Kenntniß erlangt habe.“ RG v. 23. 4. 1904 (I 6 / 04); RG v. 28. 12. 1904 (I 360 / 04); RG v. 5. 6. 1909 (I 283 / 08), Fassung des Anspruchs undeutlich: 9. 2. 1910 (I 60 / 09). 1004 RG v. 8. 5. 1901 (I 98 / 01). In diesem Sinn auch RG v. 8. 11. 1905 (I 189 / 05): „( . . . ), so rechtfertigt sich der Schluß, daß die Beurteilung in jedem Falle eine sehr schwierige war und daß man ( . . . ) leicht zu einem unrichtigen Ergebnisse gelangen konnte.“ 1005 Vgl. RG v. 7. 11. 1900 (I 243 / 00); RG v. 27. 5. 1905 (I 665 / 04); RG v. 19. 4. 1910 (5 D 1113 / 09); RG v. 29. 10. 1912 (2 D 571 / 12). 1006 1887 definierte der Erste Entwurf des BGB, siehe S. 104, in § 144 Abs. 2: „Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters in besonders schwerer Weise vernachlässigt wird.“, Mugdan, S. 507; Jakobs / Schubert, S. 1208. Die verkündete Fassung setzte die grobe Fahrlässigkeit ohne Erklärung in den §§ 300, 523, 539, 599, 680, 723, 912, 932, 968 BGB voraus. Die Formulierung des Ersten Entwurfs nahm RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94) zum Vorbild: „( . . . ) bei Anwendung auch nur einiger Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters ( . . . ).“

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

oder trotz Kenntnis des Patents aus Unachtsamkeit über einen wesentlichen Tatumstand irrte,1007 und wenn er bei seinem Verhalten darauf vertraute, das Patent nicht zu verletzen. Dieses Vertrauen diente, wie das RG schon 1886 feststellte, zur Abgrenzung der Fahrlässigkeit gegen den Eventualvorsatz: Dem nur fahrlässig Handelnden fehlt entweder schuldbarerweise die Vorstellung von der Möglichkeit des rechtsverletzenden Erfolges seiner Handlung oder es wohnt ihm der bei näherer Prüfung vermeidliche irrige Glaube bei, daß der rechtsverletzende Erfolg nicht eintreten werde.1008

Vorausgesetzt war zunächst eine Sorgfaltspflicht des Verletzers, das Patent und seine Tragweite zu kennen. Die reichsgerichtlichen Entscheidungen beschreiben, unter welchen Umständen eine solche Pflicht bestand. Fahrlässigkeit bedeutete weiter, dass der Verletzer seine Sorgfaltspflicht verletzte, wenn er die von ihm erwartete Sorgfalt nicht oder in nicht ausreichendem Maß anwendete. Grob fahrlässig handelte, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerer Weise vernachlässigte.1009 Die „Grobheit“ bezeichnete den Grad der Fahrlässigkeit,1010 sie bezog sich auf die Sorgfaltspflichtverletzung, nicht auf die Patentverletzung. In seinen Entscheidungen bestimmte das RG die Voraussetzungen der Grobheit näher. Schließlich musste die Sorgfaltspflichtverletzung zu der objektiven Patentverletzung geführt haben. Nicht vorwerfbar war die Patentverletzung, wenn sie auch bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt nicht hätte vorausgesehen und vermieden werden können.

a) Die Sorgfaltspflicht und ihre Verletzung Eine patentrechtliche Sorgfaltspflicht, die Schutzrechte und ihre Tragweite zu kennen, war spezialgesetzlich nicht grundsätzlich geboten. Das RG hatte sich schon in einer Entscheidung vom 17. 12. 1881 gegen eine allgemeine Pflicht, alle veröffentlichten Patente zu kennen, ausgesprochen.1011 Es war schlechthin unmöglich, die ständig zunehmende Zahl von Patenten auch nur der eigenen Branche detailliert zu kennen.1012 Auch bestanden zwischen den Patentinhabern und ihren Wettbewerbern üblicherweise keine vertraglichen Beziehungen, aus denen sich eine besondere Pflicht herleiten ließe. Eine Sorgfaltspflicht konnte nur allgemein 1007 Fahrlässigkeit setzte immer einen Irrtum oder eine Unkenntnis voraus, die auf mangelnder Anspannung der Aufmerksamkeit beruhte, RG v. 10. 1. 1912 (I 617 / 10). 1008 RG v. 5. 11. 1886 (2 D 2559 / 86). 1009 Robolski (1893), S. 79. RG v. 14. 5. 1904 (I 67 / 04); RG v. 7. 11. 1910 (I 548 / 09): „( . . . ) eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Gesetzes – eine besonders schwere Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt – ( . . . ).“ RG v. 17. 11. 1913 (I 112 / 13). 1010 RG v. 14. 11. 1914 (I 265 / 14). 1011 RG v. 17. 12. 1881 (3 D 3006 / 81); so ständige Rechtsprechung, Vgl. RG v. 22. 1. 1894 (1 D 4280 / 93); RG v. 7. 11. 1910 (I 548 / 09); RG v. 13. 3. 1920 (I 186 / 19). 1012 Siehe zur Entwicklung die Tabelle auf S. 76.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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gelten: Besondere Aufmerksamkeit und Rücksicht schuldete jeder, der durch sein Handeln zu anderen in tatsächliche und rechtliche Beziehungen trat, die schädigende Folgen haben konnten. Im Patentrecht war sorgfaltspflichtig, wer typischerweise durch seine gewerbliche Tätigkeit mit fremden Patentrechten in Berührung kam.1013

aa) Die Entscheidung vom 22. 1. 1894 Am 22. 1. 1894 setzte sich der Erste Strafsenat in einer Mustersache mit der Sorgfaltspflicht auseinander.1014 Geschützt war ein Muster von hervorstechender Neuheit und Eigenartigkeit, der Angeklagte war Fachmann auf dem betreffenden Gebiet. Grundsätzlich bestehe keine Erkundigungspflicht. Im Einzelfall aber sei zu prüfen, ob „besondere Umstände vorliegen, die ihm (scil. dem Verletzer) bei Anwendung der im gewerblichen Verkehre zu fordernden Gewissenhaftigkeit und Redlichkeit die Annahme, daß der Erfinder das Muster gesetzlich habe schützen lassen, nahe legen müssen.“ Aus diesen Worten wird deutlich, dass der gewerbliche Verkehr Erwartungen an die „Gewissenhaftigkeit und Redlichkeit“ seiner Teilnehmer hegte. Diese „zu fordernde“ Sorgfalt konkretisierte sich unter „besonderen Umständen“ zu einer Pflicht, Erkundigungen einzuholen. Im vorliegenden Fall war die Erfindung so neu und eigenartig, dass ein möglicher Musterschutz jedem und insbesondere dem Angeklagten als Fachmann1015 „habe in die Augen fallen“ müssen. Eine Sorgfaltspflicht konnte sich aus der Beschaffenheit der Erfindung und den Fähigkeiten des Verletzers ergeben. Aus diesen Umständen leitete das RG die Pflicht des Verletzers her, sich zu vergewissern, ob nicht ein Muster für die Erfindung eingetragen sei. Da er jegliche Erkundigungen unterlassen hatte, hatte er seine Sorgfaltspflicht verletzt.1016

1013 Kent, II. Bd., S. 431, führte an, dass kraft längerer Übung besondere Sorgfalt erwartet wurde, wenn jemand am Handeln einer mit typischen Eigenschaften ausgestatteten Personengruppe teilnahm. Wer z. B. eine neue Einrichtung mit der Aufschrift „Patent Otto Türcke, Dresden“ für eine eigene Entwicklung zum Vorbild nahm, musste sich grundsätzlich vergewissern, nicht in ein Patentrecht einzugreifen, RG v. 16. 10. 1901 (I 182 / 01). Tatsächlich war die Erfindung in dem Fall nicht patentiert, sondern durch Gebrauchsmuster geschützt; die Sorgfaltspflicht sei daher überspannt, wenn sämtliche gewerblichen Schutzrechte überprüft werden müssten, da die Aufmerksamkeit auf ein Patent gelenkt sei. 1014 RG v. 22. 1. 1894 (1 D 4280 / 93). 1015 Der Umstand, dass der Verletzer Fachmann war, spielte auch in einer späteren Patentverletzungssache eine entscheidende Rolle, RG v. 14. 5. 1904 (I 67 / 04). Von Fachleuten erwartete der Verkehr ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und ein gesteigertes Gespür für mögliche Verletzungen. 1016 War der Verletzer „selbst der beste Sachverständige“, konnte er sich durch die Heranziehung weiterer Sachverständiger nicht entschuldigen, RG v. 1. 5. 1907 (I 447 / 06).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

bb) Die Entscheidungen vom 30. 6. 1894 und vom 9. 12. 1899 Für das Patentrecht erkannte das RG erstmals am 30. 6. 1894 die Möglichkeit einer Erkundigungspflicht an.1017 Die tatsächlichen Umstände dieses Falls waren aber nicht geeignet, den guten Glauben des Verletzers zu erschüttern und ihn zu weiteren Erkundigungen zu verpflichten.1018 Erst fünfeinhalb Jahre später, am 9. 12. 1899, hatte es wieder Gelegenheit, sich mit einer Erkundigungs- bzw. Vergewisserungspflicht zu beschäftigen.1019 Es bestätigte sie für den wichtigen Fall, dass der Verletzer gewarnt war. Die Entscheidung würdigte die Warnung erstmals als einen Umstand, der nicht nur für die Wissentlichkeit bedeutend war,1020 sondern sich auch auf die Fahrlässigkeit des Patentverletzers auswirken konnte: Es (scil. das Berufungsgericht) hält aber eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten für nachgewiesen, weil er feststehendermaßen nach Empfang des von den Patentanwälten des Klägers an ihn gerichteten Schreibens ( . . . ) keine entsprechenden Schritte gethan hat, um sich über seine Berechtigung zu vergewissern. ( . . . ) Das (scil. Grobe Fahrlässigkeit) muß aber angenommen werden, wenn er ungeachtet der eben erwähnten Zuschrift die ihm verbotene Fabrikation ruhig fortgesezt hat, ohne das Patent des Klägers auch nur einzusehen oder sich rücksichtlich seiner Tragweite bei einem gewiegten Fachmanne Rechts zu erholen. Allerdings wird nicht durch jede derartige Mittheilung eines Interessenten oder Konkurrenten der gute Glaube befestigt; und es kann dem angeblichen Patentverletzer auch nicht jedes Mal angesonnen werden, um allgemeiner Drohungen oder Verbote willen eine besondere Thätigkeit zu entfalten. Anders liegt aber die Sache, wenn die Mittheilungen, Drohungen, Verbote nach ihrer Art geeignet sind, ernstlichen Zweifel an der Rechtslage wachzurufen.1021

Um eine Erkundigungspflicht des Verletzers zu begründen, musste die Warnung objektiv geeignet sein, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verletzerhandelns zu erregen. Im zu beurteilenden Fall entsprach die Warnung diesem Erfordernis: Das Schreiben legte den Umfang des verletzten Patents in sachlicher Weise näher dar und verwies auf ein Urteil des RG, das diesen Umfang feststellte. Die Pflicht zur Erkundigung war nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Verletzer vor Erhalt der Warnung sein Verhalten aufgrund von Mitteilungen Dritter für erlaubt halten durfte. In Betracht zu ziehen waren alle Umstände, so dass ein fundiertes Warnschreiben auch eine frühere Überzeugung erschüttern konnte. Das RG nannte als weitere Begründung der Sorgfaltspflicht die „Geschäftsunerfahrenheit“ des Verletzers: Sie entschuldige seinen Irrtum nicht, vielmehr bestehe in einem solchen Fall umso dringender der Anlass, sich sachverständiger Hilfe zu bedienen. Sogar das hatte 1017 RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94); zum Sachverhalt und zur weitere Behandlung siehe S. 392. Vgl. ferner S. 386. 1018 Auch RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99) erkannte die Pflicht, sich zu vergewissern, an. 1019 RG v. 9. 12. 1899 (I 329 / 99). 1020 Siehe S. 375 f. 1021 RG v. 9. 12. 1899 (I 329 / 99). Die Bestimmtheit der Warnung war schon unter Geltung des PatG 1877 vorausgesetzt, um Wissentlichkeit anzunehmen, siehe S. 375 f. RG v. 31. 1. 1890 (2 D 103 / 90) und RG v. 5. 11. 1891 (1 D 2767 / 91).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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das Warnschreiben empfohlen. Das RG baute die für die Wissentlichkeitsprüfung angenommene Obliegenheit1022 zu einer Sorgfaltspflicht aus: Eine trotz Warnung erkundigungslose Fortsetzung der Tätigkeit verletzte diese Sorgfaltspflicht. Was nach altem Recht nur als tatsächliches Anzeichen für wissentliches Verhalten gewertet werden konnte, erschien nun als Außerachtlassen der erforderlichen Sorgfalt. Zugleich wies die Entscheidung Wege, um der Pflicht zu entsprechen und den Fahrlässigkeitsvorwurf abzuwenden: Erwartet wurde, dass der Verletzer das vermeintlich verletzte Patent zumindest einsah; ggf. musste er einen Fachmann hinzuziehen.1023 Der Gewarnte war verpflichtet, sich „auf den ihm offenstehenden Wegen die nöthige Aufklärung zu verschaffen“. Eine kurz zuvor ergangene Entscheidung verlangte sogar, dass er sich „an zuverlässiger Stelle über die Bedeutung des Patents“ vergewissere.1024

cc) Die Entscheidung vom 10. 4. 1911 Eine Sorgfaltspflicht konnte sich auch aus weiteren Umständen ergeben. Solche führte das RG in einer Entscheidung vom 10. 4. 1911 auf: Handle es sich, wie hier, um ein so eng begrenztes Gebiet der Technik und um ein so wichtiges und wirtschaftlich notwendiges Patent, so sei es besonders notwendig, sich um das Bestehen etwaiger Schutzrechte zu kümmern, und im höchsten Grade fahrlässig, wenn derjenige, der auf demselben Gebiete zum gleichen Zwecke eine ähnliche Einrichtung benutzen wolle, sich nicht ganz genau über Umfang und Tragweite der auf diesem Gebiete bestehenden Schutzrechte erkundige.1025

Das RG zog für die Sorgfaltspflichtbegründung nunmehr auch die Überschaubarkeit des technischen Gebiets heran, dem die benutzte Erfindung angehörte. Eine enges Feld machte Nachforschungen besonders zumutbar. Daraus schloss das RG auf eine Sorgfaltspflicht zu Erkundigungen. Hier wird deutlich, dass es auch auf diesem Weg zwischen den Interessen der Teilnehmer am gewerblichen Verkehr zu vermitteln versuchte. Schließlich konnte auch die Bedeutung des Patents zu besonderer Sorgfalt verpflichten. Im Fall besonders nützlicher und ertragreicher Erfindungen musste mit einem gewerblichen Schutzrecht gerechnet werden. Die Sorgfaltspflicht folgte aus dem, was typischerweise im gewerblichen Verkehr erwartet werden konnte. Eine Sorgfaltspflicht des Verletzers konnten stets nur die Umstände des Einzelfalls begründen. Aus den Ausführungen des RG wird deutlich, dass es bestrebt war, dem Patentinhaber durch weitreichende Erkundigungspflichten einen ausreichenSiehe S. 376. Die Zuhilfenahme eines technischen Sachverständigen war insbesondere erforderlich, wenn dem Verletzer selbst die technische Sachkunde fehlte, RG v. 11. 12. 1901 (I 268 / 01). 1024 RG v. 30. 9. 1899 (I 218 / 99). 1025 RG v. 10. 4. 1911 (I 289 / 10). 1022 1023

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

den Schutz zukommen zu lassen. Immer wieder zog es neue Umstände heran, aus denen es eine Erkundigungspflicht herleitete.1026 Ließ die Erfindung wegen ihrer Eigenart vermuten, dass sie geschützt sei, oder war der Verletzer gewarnt, war er verpflichtet, sich nötigenfalls durch weitere Erkundigungen Gewissheit zu verschaffen, dass sein Verhalten nicht patentverletzend war. Gesteigerte Aufmerksamkeit wurde sowohl erwartet, wenn der Verletzer über besondere Fachkenntnis verfügte, als auch umgekehrt, wenn er unerfahren war: Dann war er erst recht verpflichtet, sich fachkundiger Hilfe zu bedienen. Diese Pflichten verletzte er, wenn er gar keine oder nicht ausreichende Nachforschungen anstellte. b) Der Grad der Fahrlässigkeit: die Grobheit Grobe Fahrlässigkeit lag vor, wenn die Erkundigungspflicht in besonders schwerer Weise außerachtgelassen wurde.1027 Unbewusst grob fahrlässig handelte ein Verletzer, dem die Patentierung, der Umfang oder die Tragweite des Patents unbekannt geblieben waren, obwohl sie sich jedem gewöhnlichen Geschäftsmann aus dem Gewerbekreis des Handelnden auf den ersten Blick hätten aufdrängen müssen.1028 Bei der bewussten groben Fahrlässigkeit blieb der Aufwand des Verletzers, eine Patentverletzung zu vermeiden, weit hinter dem erwarteten zurück, so dass es besonders leichtfertig erschien, auf das Ausbleiben einer Patentverletzung zu vertrauen.1029 Ob ein Verhalten grob fahrlässig war, richtete sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Indessen war die Abgrenzung zur einfachen Fahrlässigkeit nicht derartig scharf, dass das RG sie in allen Fällen in der Revisionsinstanz nachprüfen konnte.1030 aa) Die Entscheidung vom 30. 6. 1894 In der bereits behandelten Entscheidung vom 30. 6. 1894 lehnte das RG eine grob fahrlässige Verletzung ab.1031 Die Beklagte benutzte einen Apparat, welchen 1026 Hatte der Verletzer bereits versucht, die Patenterteilung durch Einspruch zu verhindern, traf ihn ebenfalls eine Pflicht zu gesteigerter Aufmerksamkeit, RG v. 19. 11. 1910 (I 377 / 09). 1027 Siehe Fn. 1009 dieses 3. Abschnitts. 1028 Der tatsächliche Irrtum schloss hier das Verschulden nicht aus, weil er selbst grob fahrlässig verursacht war, RG v. 11. 12. 1901 (I 268 / 01). 1029 RG v. 22. 11. 1902 (I 205 / 02). Wer zur Aufklärung angebotene Schriftstücke zurückwies und es ablehnte, von seiner Meinung entgegenstehenden Urteilen Kenntnis zu nehmen, und damit zum Ausdruck brachte, sich ein objektives Urteil überhaupt nicht bilden zu wollen, handelte grob fahrlässig, RG v. 14. 11. 1914 (I 265 / 14); RG v. 15. 10. 1912 (2 D 474 / 12) – Imprägnierte Treibriemen. Für die Rechtsfolgen war die Unterscheidung zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit ohne Bedeutung. 1030 RG v. 28. 5. 1904 (I 91 / 04). 1031 RG v. 30. 6. 1894 (I 133 / 94); siehe S. 386 und S. 390.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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ihre Lieferantin dem klägerischen Patent zuwider hergestellt hatte. In einem Vorprozess der jetzigen Klägerin gegen die Lieferantin hatte das PA den Apparat als nicht patentverletzend begutachtet. Darauf gestützt hatten LG und OLG die Klage abgewiesen. Erst das RG war zu einer anderen Auslegung gelangt und hatte eine Patentverletzung der Lieferantin angenommen. Die jetzige Beklagte verließ sich bei ihrer Benutzung des patentverletzenden Apparats gutgläubig auf das patentamtliche Gutachten. Die tatsächlichen Umstände waren nach Ansicht des RG nicht geeignet, den guten Glauben der Beklagten zu erschüttern.1032 Es sei nicht „leichtsinnig“, sich auf das Gutachten zu verlassen: Erstens lägen keine Tatsachen vor, welche die Beklagte „bei Anwendung auch nur einiger Sorgfalt“ hätten zweifeln lassen müssen, und zweitens sei nicht abzusehen, „wo sich die Beklagte besseren Rath hätte holen können, als aus dem Ausspruch der obersten Fachbehörde.“ Die Entscheidung bestimmte einen ersten, geringen Sorgfaltsmaßstab: Erwartet wurde „auch nur einige Sorgfalt“.1033 Die Beklagte entsprach dieser Sorgfaltspflicht, als sie sich ihre Überzeugung durch das patentamtliche Gutachten bildete.1034 Ihren Irrtum zu erkennen, war ihr dadurch nicht möglich. Weiter reichte die Erkundigungspflicht aus zwei Gründen nicht: Sie war durch Anwendung der erforderlichen Sorgfalt zu der zweifelsfreien Überzeugung gelangt, das Patent nicht zu verletzen; und aus ihrer Sicht versprachen weitere Erkundigungen keinen weiteren Aufschluss.1035 Jeder dieser Gründe, die Überzeugung und die Aussichtslosigkeit zusätzlicher Sorgfalt, entschuldigten ihr Verhalten.

bb) Die Entscheidungen vom 21. 10. 1896, vom 9. 12. 1899 und vom 11. 12. 1901 In einem am 21. 10. 1896 entschiedenen Fall war der Klägerin eine „Fußbank für Nähmaschinen“ patentiert, welche in Gebrauchs- und Ruhestellung durch zwei Nasen gesichert war.1036 Der Beklagte fabrizierte Nähmaschinen mit Fußbänken und verwendete seit einer klägerischen Warnung nicht mehr die Nasen, sondern Lagerzapfen, welche die Fußbank vermöge ihrer starken Reibung in Position hielten. Ein von der Klägerin angestrengtes Strafverfahren wurde eingestellt, weil ein Sachverständiger und das PA eine Patentverletzung gutachtlich verneint hatten. Eine Unterlassungsklage wurde in erster Instanz abgewiesen. Erst das KG und das RG erkannten eine Patentverletzung. Die nunmehr geltend gemachte Schadenersatzklage wies das RG mangels grober Fahrlässigkeit zurück: Die Fassung des 1032 In einer späteren Entscheidung lehnte das RG eine grobe Fahrlässigkeit schon deswegen ab, weil der Beklagte „in einer schwierigen Rechtsfrage irrte und an sein von zwei Instanzen anerkanntes Recht glaubte“, RG v. 24. 11. 1906 (I 111 / 06). 1033 So noch später RG v. 13. 11. 1907 (I 53 / 07); RG v. 13. 3. 1920 (I 186 / 19). 1034 Vgl. entsprechend RG v. 31. 3. 1897 (I 366 / 96). 1035 Diese Erwägung griff noch RG v. 13. 3. 1920 (I 186 / 19) auf. 1036 RG v. 21. 10. 1896 (I 191 / 96).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Patentanspruchs könne „sehr wohl zu der Meinung [des Beklagten] führen“, und trotz der Warnung sei er in seinem Irrtum durch die beiden Gutachten, die Einstellung des Strafverfahrens und das erstinstanzliche Urteil bestärkt worden. ( . . . ) grob fahrlässig im Sinne des §. 35 des Patentgesetzes handelt nur, wer ( . . . ) als verständiger Mensch bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hat wissen müssen, daß er das Patent verletze, ( . . . ).1037

Den Worten zufolge genügte ein einfaches, „gewöhnliches“ Maß an Sorgfalt. Schon ein unglücklich gefasster Patentanspruch1038 oder eine sehr schwierige Beurteilung1039 konnten eine irrtümliche Auslegung entschuldigen. Gleichwohl lässt sich erkennen, dass das RG seine Anforderungen an die Sorgfalt gegenüber der Entscheidung von 1894 leicht erhöhte: Die Zustellung des kammergerichtlichen Urteils habe einen „ferneren Irrthum nicht zugelassen.“1040 Der Verletzer konnte sich nicht einfach dauerhaft auf ein für ihn günstiges Gutachten verlassen. Bedeutung erlangte, aus welchen Quellen und wann er sich erkundigte, um sich eine Meinung über das Patent zu bilden. Je nach Autorität1041 konnten zusätzliche Auskünfte von weiteren Erkundigungen entbinden1042 oder diese erforderlich machen.1043 Diese Bedeutung der Umstände musste er in seine Erwägungen einbeziehen, wenn er sich pflichtgemäß verhalten wollte. Demzufolge hielt das RG in der Entscheidung vom 9. 12. 1899 das Verhalten des Beklagten für grob fahrlässig.1044 Der Patentinhaber hatte „in ruhiger Gewißheit der eigenen Rechtsbefugniß“ den Verletzer durch ein Schreiben seines Patentanwalts unter sachlicher Darlegung des Patentumfangs mit Hinweis auf ein höchstrichterliches Urteil gewarnt. Der Beklagte hatte sein verletzendes Verhalten erkundigungslos fortgesetzt, weil er auf „Versicherungen seines Rechtsvorgängers“ vertraute. Grob erschien hier gerade das Missverhältnis zwischen der Untätigkeit RG v. 21. 10. 1896 (I 191 / 96). Vgl. später RG v. 28. 12. 1904 (I 360 / 04); RG v. 10. 1. 1906 (I 221 / 05) – Seidenglanz I; RG v. 14. 11. 1910 (I 473 / 09); RG v. 13. 3. 1920 (I 186 / 19); Isay (1926), S. 447. Umgekehrt konnte es als Anzeichen für grobe Fahrlässigkeit gewertet werden, wenn eine Patentschrift inhaltlich zu keinem Zweifel Anlass gab und dennoch falsch ausgelegt wurde, RG v. 1. 5. 1907 (I 447 / 06); RG v. 21. 1. 1914 (I 219 / 13); RG v. 20. 3. 1916 (I 176 / 15). 1039 Vgl. später RG v. 8. 11. 1905 (I 189 / 05). 1040 Nach der Zustellung war dem Beklagten eine Benutzung nicht nachweisbar. 1041 Die „schwerwiegende fachliche Autorität der Patentertheilungsbehörde“ erwähnte erstmals RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02). 1042 Trotz der Warnung lag bis zur Zustellung des kammergerichtlichen Urteils wegen der Gutachten und zuvor ergangenen gerichtlichen Entscheidungen keine grobe Fahrlässigkeit vor. 1043 Seine ursprüngliche Auffassung musste der Beklagte zunächst auf die Warnung hin überdenken. Später fiel das kammergerichtliche Urteil schwerer ins Gewicht als die Gutachten des Sachverständigen und des PA, die Einstellung des Strafverfahrens und das Urteil des LG, soweit es um die Frage einer objektiven Patentverletzung im Zivilprozess ging. 1044 RG v. 9. 12. 1899 (I 329 / 99), zum Sachverhalt siehe S. 390 f. 1037 1038

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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und den äußeren Anzeichen für eine mögliche Patentverletzung. Waren die „Mittheilungen, Drohungen, Verbote nach ihrer Art geeignet ( . . . ), ernstliche Zweifel an der Rechtslage wachzurufen“, musste der Gewarnte eine „besondere Thätigkeit“ entfalten. Das RG selbst bezeichnete den angelegten Sorgfaltsmaßstab als gering, erforderlich sei nur ein „Mindestmaß von Ueberlegung“. Voraussetzung war, dass die Umstände zu „ernstlichen Zweifeln“ Anlass gaben. Es wurde also nicht erwartet, dass der Verletzer übermäßig vorsichtig handelte. Zwei Jahre später beschrieb das RG die Erwartungen an einen hinreichend sorgfältigen Verletzer näher.1045 Auf den Vorwurf der Patentverletzung hin hatte der Verletzer sich hilfesuchend an einen ehemaligen Mitarbeiter gewendet, der das streitgegenständliche, patentverletzende Verfahren in seiner Brennerei eingeführt hatte. Dieser gab ihm den Rat, es auf einen Prozess ankommen zu lassen, worauf er sich verließ. Das RG hielt das für grob fahrlässig. Der Verletzer müsse „sich ein eigenes Urtheil über das Verhältniß des ( . . . ) angewendeten Verfahrens zu dem durch das Patent geschützten“ bilden. Hierzu könne sich jeder die Patentschrift beschaffen und sich nötigenfalls an „tüchtige Fachmänner“ wenden, um entstandene Zweifel zu beheben. Der Rat des Mitarbeiters konnte nicht die Überzeugung von der Rechtmäßigkeit verschaffen; zudem hatte der Ratgeber selbst ein Interesse daran, das von ihm eingeführte Verfahren als nicht patentverletzend zu bezeichnen. Die Entscheidung hob die Anforderungen an die aufzubringende Sorgfalt weiter an. Der Verletzer musste seine Zweifel ggf. mit Hilfe von „tüchtigen“ und „unbetheiligten“ Fachleuten beseitigen und zu der Überzeugung gelangen, sich rechtmäßig zu verhalten.1046

cc) Die Entscheidung vom 13. 6. 1902 und die Folgeentscheidungen Die Anforderungen an die Sorgfalt hob das RG in einer Entscheidung vom 13. 6. 1902 noch weiter an.1047 Der Rechtsvorgänger des Klägers, Lange, hatte ein Patent auf ein „Verfahren zum Befestigen (Fassen) von Diamanten in Stahl“ erworben. Als der Beklagte ein „Verfahren zum Einfassen von Drahtziehsteinen in einem Stück harten Metalls“ zum Patent anmeldete, legte Lange Einspruch ein. Das PA änderte daraufhin den Patentanspruch des Beklagten und nahm den Hinweis auf, es handle sich um eine „Ausführungsart“ des Langeschen Patents. Letzteres erwarb der Kläger. Der Beklagte wendete sein abhängiges Verfahren ohne die RG v. 11. 12. 1901 (I 268 / 01). Umso deutlicher trat grobe Fahrlässigkeit zutage, wenn der Verletzer seinen langjährigen Patentanwalt um gutachtliche Äußerung ersuchte und „zugleich mit Entschiedenheit unter Angabe von Gründen betonte, daß nach seiner Ansicht eine Patentverletzung nicht vorliege, so daß das Schreiben wie eine Aufforderung klingt, ein dieser Auffassung entsprechendes Gutachten zu erteilen“, RG v. 1. 5. 1907 (I 447 / 06). Vgl. RG v. 11. 11. 1908 (I 369 / 07); RG v. 16. 1. 1915 (I 298 / 14). 1047 RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02). 1045 1046

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

erforderliche klägerische Erlaubnis an. Er hielt sein Patent nicht für abhängig und vertraute darauf, dass das PA die Abhängigkeit nicht feststellen könne.1048 Das RG führte dazu aus: Wenn nun auch die Ansicht des Patentamts dafür nicht entscheidend ist, ob diese Abhängigkeit in Wirklichkeit besteht, vielmehr darüber die ordentlichen Gerichte nach Maßgabe des wahren Inhalts der beiderseitigen Patente endgültig zu befinden haben, so durfte doch der Beklagte die schwerwiegende fachliche Autorität der Patentertheilungsbehörde nicht einfach bei Seite stetzen und seiner abweichenden Auffassung von der Tragweite seines Patentes, auch wenn er davon überzeugt war, Folge geben. Vielmehr würde er dies für den Fall, daß die Abhängigkeit seines Patents ( . . . ) wirklich besteht, auf seine eigene Gefahr gethan haben und nur etwa dann, wenn er seine Ueberzeugung auf gleichwerthige Autoritäten stützen könnte, was nicht geschehen ist, würde seine Berufung auf den guten Glauben trotzdem Beachtung finden können.1049

Das PA war zwar nicht zuständig, Patente für abhängig zu erklären. Gleichwohl kam seiner Erklärung gutachterliche Bedeutung zu.1050 Die „schwerwiegende fachliche Autorität“ verpflichtete den Beklagten zu besonderer Sorgfalt, selbst wenn er von seiner abweichenden Auffassung „überzeugt“ war. Das RG kann hier nur eine mangels weiterer Erkundigungen „fahrlässige Überzeugung“ gemeint haben. Das geht hervor aus der im Folgesatz genannten Überzeugung, die auf „gleichwerthige Autoritäten“ gestützt war. Mit letzteren Worten stellte das RG erneut höhere Anforderungen an die gebotene Sorgfalt: Es ließ nicht mehr grundsätzlich die Auskunft von „tüchtigen“ und „unbetheiligten“ Fachleuten genügen, die Überzeugung musste auch auf der Auskunft von Autoritäten beruhen, die mit den Zweifel hervorrufenden zumindest „gleichwerthig“ waren. Einer einfachen Warnung konnte der Verletzer mit eigener Fachkunde begegnen,1051 einem Sachverständigengutachten musste er ein anderes entgegenhalten können, einer gerichtlichen Entscheidung eine andere etc.1052 Entsprechend verlangte eine Entscheidung vom 10. 4. 1911, dass sich „ganz genau“ erkundige, wer eine Erfindung benutze, die der patentierten nach Zweck und Ausgestaltung nah kam.1053

dd) Die Entscheidung vom 17. 11. 1913 Im Jahr 1913 verschärfte das RG die Sorgfaltsanforderungen noch einmal:1054 Die Kläger hielten ein Patent auf eine „Maschine zum Fertigstellen von Glüh1048 Den Streit zwischen RG und PA um die Zuständigkeit zur Abhängigkeitserklärung hatte das RG frühzeitig für sich entschieden, seit Ende des 19. Jahrhunderts war dem auch das PA gefolgt, siehe S. 142 ff. 1049 RG v. 13. 6. 1902 (I 72 / 02). 1050 Vgl. Fn. 300 und 301 des 2. Abschnitts. 1051 RG v. 2. 5. 1908 (I 314 / 07). 1052 RG v. 28. 12. 1904 (I 360 / 04). 1053 RG v. 10. 4. 1911 (I 289 / 10), siehe S. 391.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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strümpfen“. Die Beklagten verwendeten eine von einem Robin hergestellte „Abbrennmaschine“, um ebenfalls Glühstrümpfe herzustellen. Die Kläger hatten in einem Vorprozess zunächst Robin und irrtümlicherweise die Kommanditistin der späteren Beklagten zu 1 verklagt und waren in erster Instanz am 11. Oktober 1907 vom LG mangels objektiver Patentverletzung, in der Berufung mangels Passivlegitimation der Kommanditistin abgewiesen worden. Die nunmehr in Anspruch genommenen Beklagten beriefen sich auf ihr Vertrauen auf das landgerichtliche Urteil, das eine Patentverletzung verneint hatte. Das RG hielt eine grobe Fahrlässigkeit nicht für ausgeschlossen: Ein solcher Grad von Nachlässigkeit ist nicht schon, wie das Berufungsgericht annimmt, stets dann ausgeschlossen, wenn der Handelnde nur das tut, was in einem gerichtlichen Urteile für erlaubt erklärt worden ist. Es kommt auf den Inhalt des Urteils an und im vorliegenden Falle kann kein Zweifel darüber obwalten, daß die Begründung des landgerichtlichen Urteils vom 11. Oktober 1907 in der Tat unrichtig ist.1055

Die Beklagten konnten ihre Auffassung danach nicht ohne weiteres auf ein Gerichtsurteil stützen. Aufgrund ihrer Sachkunde – sie waren seit Jahren in der Gasglühlichtindustrie tätig und erfahren – hätten sie ggf. erkennen müssen, dass die gerichtliche Entscheidung zweifellos unrichtig war. Sachkundige Verletzer mussten also auch für sie günstige gerichtliche Entscheidungen zumindest auf offensichtliche Fehler überprüfen. Das RG nahm Fachleuten die Möglichkeit, wider eigenes besseres Wissen ein Vertrauen zur Entschuldigung heranzuziehen. Seinen diesbezüglichen Vermutungen verlieh es Ausdruck, als es bei der Zurückverweisung an die Berufungsinstanz auftrug zu prüfen, ob das Urteil geeignet gewesen ist, die Auffassung jener Personen in der Frage der Patentverletzung zu beeinflussen, insbesondere frühere Bedenken zu beseitigen oder wenigstens wesentlich herabzumindern.1056

II. Die Methoden der Schadensberechnung War eine Schadenersatzhaftung begründet, weil die Voraussetzungen der objektiven und der subjektiven Patentverletzung nach § 35 (§ 34 a.F.) i.V.m. § 4 vorlagen, stellte sich die Frage nach der Berechnung des Schadenersatzes. Sie richtete sich nach den allgemeinen Vorschriften, seit 1900 insbesondere nach §§ 249 ff. BGB.1057 Für das Gebiet des geistigen Eigentums bestimmte das RG die allgemeinen Regelungen näher und entwickelte daraus verschiedene Schadensberechnungsmethoden: Je nach dem, was der Patentinhaber als das schädigende Ereignis ansah, ließ sich auch der Schaden auf unterschiedliche Weise berechnen. 1054 1055 1056 1057

RG v. 17. 11. 1913 (I 112 / 13). RG v. 17. 11. 1913 (I 112 / 13). RG v. 17. 11. 1913 (I 112 / 13). Siehe S. 99.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

1. Die Entscheidung vom 8. 3. 1890 Erstmals 1890, unter Geltung des ersten PatG, beschäftigte sich das RG eingehend mit der Ermittlung der Schadenshöhe.1058 Ein Fabrikant hatte Lizenzen für die Benutzung einer ihm patentierten Maschine an Dritte erteilt, selbst in erheblichem Umfang auf der Maschine „Drahtunterbügel für Flaschenverschlüsse“ hergestellt und die Verschlüsse samt Bügeln verkauft. Seine Erben klagten gegen einen Verletzer auf Schadenersatz. Sie sahen sich um den Gewinn der Beklagten geschädigt. Das Kammergericht hatte den Klägern dem Grunde nach Recht gegeben, jedoch Abstriche in der Höhe gemacht, weil der Beklagtengewinn auch den berechtigten Lizenznehmern der Kläger entgangen sei. Das RG wies die Revision der Beklagten zurück. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Schadenshöhe sei die Erwägung, daß dem Patentberechtigten an Absatz entgangen, was der Nichtberechtigte in unberechtigter Anwendung des Gegenstandes der patentirten Erfindung gewerbsmäßig produzirt und abgesetzet hat, ( . . . ) und [dieser Ausgangspunkt ist] der Tendenz des Patentschutzes, für die Dauer desselben dem Erfinder die Früchte seiner Erfindung in Bezug auf deren gewerbliche Verwerthung zu sichern, entsprechend.1059

Das RG stellte damit eine vereinfachende Vermutung auf: Dem Patentinhaber sei gerade der Gewinn des Verletzers entgangen. Sie nahm dem Berechtigten schwer überwindbare Beweisschwierigkeiten, die nicht zu seinen Lasten gehen sollten. Ohne die Vermutung wäre der entgangene Gewinn des Geschädigten hypothetisch zu ermitteln gewesen; da war es einfacher, den tatsächlich erlangten Verletzergewinn als Anhaltspunkt heranzuziehen. Den genannten Zweck des Patentschutzes, dem Inhaber die Ausbeutung der Erfindung zu sichern, unterstützte die Vermutung wirkungsvoll. Rechtfertigen ließ sie sich nur mit Mühe. Der Verletzer hatte mit seinem Absatz dem Berechtigten Konkurrenz gemacht. Auch ließ sich nicht mit Sicherheit sagen, dass der gesamte Gewinn des Verletzers allein dem Patentberechtigten entgangen war.1060 Das RG erkannte die Angreifbarkeit und machte daher Abstriche bei der Schadenshöhe.1061 Mit der Vermutung schuf es erstmalig einen Zusammenhang zwischen dem Schaden des Patentinhabers und dem Gewinn des Verletzers.1062 RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). Bereits 1882 erwog der Dritte Strafsenat, dass der Verletzergewinn dem Markeninhaber entgangen sei, verfolgte den Gedanken aber nicht weiter, RG v. 18. 4. 1882 (3 D 720 / 82). 1060 Der Gewinn konnte z. B. auch den berechtigten Lizenznehmern entgangen sein. 1061 Unbeachtet ließ das RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89), dass möglicherweise der Patentinhaber den Gewinn des Verletzers niemals erzielt hätte; siehe dazu zunächst RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95) und später RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01); RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18); RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). 1062 Ebenso RG v. 28. 2. 1900 (I 459 / 99): „Denn in demselben Maße, in welchem es dem Widerkläger gelang, das Rezept gegen Entgelt an Dritte weiterzugeben, wurde dem Erfinder die Möglichkeit entzogen, daß ihm zustehende Ausschließungsrecht durch Ertheilung von 1058 1059

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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Grundsätzlich konnte der Schaden auf zweierlei Weise berechnet werden:1063 Entweder entsprach er dem unmittelbar entgangenen Gewinn, der nach der Vermutung des RG so hoch war wie der Gewinn des Verletzers, oder einer angemessenen Lizenzgebühr.1064 Die Kläger stützten ihren Anspruch auf die erste Berechnungsmethode. Ausgebeutet hatten sie bzw. der Fabrikant das Patent durch eigene Benutzung und Lizenzvergabe. Es gab keinen Grund, den Schaden notwendig in Höhe einer entgangenen, angemessenen Lizenzgebühr zu bemessen. Zwar räumte das RG den Verletzten ein Wahlrecht nicht ausdrücklich ein. Immerhin gab es zu verstehen, dass es dem Patentinhaber frei stehe, auf welche Weise er sein Recht ausnutze. Hieraus wie aus der Tatsache, dass es die Wahl zwischen den Berechnungsmethoden jedenfalls nicht der Beklagten überließ,1065 lässt sich schlussfolgern, dass es die Wahl der Schadensberechnungsart als Sache des Geschädigten ansah.1066

2. Die Entscheidung vom 8. 6. 1895 Bereits die Entscheidung von 1890 hatte unterschiedliche Arten der Schadensberechnung beschrieben. Besonders sorgfältig stellte 1895 der I. Zivilsenat anlässlich einer Urheberrechtsverletzungssache die verschiedenen Berechnungsmethoden dar.1067 Für die Rechtsprechung in Patentverletzungssachen war diese Entscheidung beachtlich, weil nach eigener Aussage des Senats die entwickelten Grundsätze allgemein für das geistige Eigentum und im besonderen für das Patentrecht gelten sollten. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger komponierte Musikstücke und vertrieb die Notenblätter im Selbstverlag. Die Beklagte betrieb die Herstellung mechanischer Musikwerke und der dazu gehörigen Notenscheiben. Für diese benutzte sie Werke des Klägers, wodurch sie zugleich seine Bekanntheit förderte. Der Kläger, der eine Benutzung nie erlaubt hatte, verlangte Schadenersatz. Maßgeblich war, was der Verletzte als schädigendes Ereignis ansah.

Lizenzen gewerblich zu verwerthen ( . . . ). Er benutzte damit das geistige Eigenthum des Beklagten widerrechtlich zu eigenem Vortheil und muß den dadurch entzogenen Gewinn dem Beklagten herausgeben, da sich, wie von diesem Senat wiederholt erkannt ist, eine solche Gewinnziehung als ein dem Patentinhaber zugefügter Vermögensschaden wohl auffassen läßt.“; RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). 1063 Das RG benannte die zwei Methoden nicht ausdrücklich. Aus der Entscheidung ging nicht hervor, ob es beide nur deswegen zuließ, weil auch der Patentinhaber selbst benutzt und Lizenzen erteilt hatte. Jedenfalls habe der Verletzer mit dem eigenen Absatz dem Berechtigten widerrechtlich Konkurrenz gemacht. 1064 Diese Lizenzanalogie hatte schon RG v. 14. 11. 1884 (2 D 2092 / 84) anerkannt. 1065 Sie hatte im Prozess für eine angemessene Lizenzgebühr plädiert. 1066 Ebenso Isay (1920), S. 336; Kent, II. Bd., S. 393; Seligsohn, S. 416. 1067 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Zunächst konnte der Verletzte das schädigende Ereignis in der Benutzung schlechthin finden. Das RG formulierte den unmittelbar entstandenen Schaden als erste Berechnungsmethode: 1. Lehnt er die Handlung des Beklagten in ihrer Totalität ab, so fordert er als Schadensersatz den Unterschied, welcher sich in seinem Vermögen dadurch herausstellt, daß überhaupt seine Melodieen von dem Beklagten auf Notenblätter für das Ariston übertragen und vertrieben sind, gegenüber dem Zustande, in welchem sich dieses Vermögen befinden würde, wenn solche Benützung der Melodieen des Klägers gar nicht stattgefunden hätte.1068

Der Schaden entsprach hiernach der Differenz zwischen dem unbeeinträchtigten Vermögen des Verletzten einschließlich des entgangenen Gewinns und seinem Vermögen nach dem Eingriff. Das RG griff die erste Berechnungsmethode seiner früheren, oben behandelten Entscheidung vom 8. 3. 1890 auf, ohne an der darin aufgestellten Vermutung zu rütteln. Sodann konnte der Verletzte seinen Schaden einer zweiten Berechnungsmethode zufolge in der Genehmigungslosigkeit der Benutzung erkennen: 2. Denn läßt der Kläger ( . . . ) gelten, daß seine Kompositionen auch für die Notenblätter des Ariston verwerthet sind, ficht aber als rechtwidrig das Moment allein an, daß die Beklagte ohne seine Genehmigung die Kompositionen benutzt und die Notenblätter ( . . . ) verwerthet hat, so darf er denjenigen Schadensersatz fordern, welcher ihm daraus erwachsen ist, daß die Beklagte die Notenblätter ohne seine Genehmigung hergestellt und vertrieben hat, also das was er gehabt haben würde und nun nicht hat, wenn die Beklagte mit seiner Genehmigung die Komposition benutzt ( . . . ) hätte. Läßt sich annehmen, daß, wenn die Beklagte die Genehmigung nachgesucht hätte, der Kläger bereit gewesen sein würde, die Genehmigung zu ertheilen, und zwar für eine Lizenzgebühr, so hat der Kläger Anspruch auf die Lizenzgebühr in der Höhe, in welcher sie voraussichtlich die Beklagte bewilligt haben würde, wenn sie nicht rechtwidrig verfahren wäre.1069

Statt der Differenz nach der ersten Methode konnte eine angemessene Lizenzgebühr verlangt werden.1070 Dass die Beklagte um eine Lizenz nie nachgesucht hätte und zur Zahlung der Gebühr nicht bereit gewesen wäre, war für die Lizenzanalogie unbeachtlich. Auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens sollte sich der Verletzer nicht berufen können.1071 Die Berufungsinstanz hatte den Schaden insoweit saldiert, als dem Kläger Vorteile durch die Verletzung zugeflossen seien.1072 1068 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95). Die vom RG hier gewählte Nummerierung der Berechnungsmethoden ist heute allgemein üblich und in der Arbeit beibehalten. 1069 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95); anerkannt war diese Methode auch schon durch RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). 1070 RG v. 28. 1. 1913 (I 178 / 12). RG v. 26. 1. 1912 (I 122 / 11) führte aus, dass der Lizenzanalogie die Anschauung zugrunde liege, „daß der dolose oder grobfahrlässige Verletzer des Patentes nicht besser gestellt werden darf, als derjenige, der sich auf Grund eines ordnungsgemäßen Vertrages die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung von dem Patentinhaber ausbedingt.“ 1071 Allfeld, S. 279.

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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Das RG lehnte den Ausgleich der Vorteile ab. Ob grundsätzlich ein Saldo zu bilden sei, wenn ein Ereignis Vor- und Nachteile verursache, könne dahingestellt bleiben. Denn die Vorteile des Inhabers seien nicht wegen der fehlenden Genehmigung eingetreten. Vielmehr wären sie auch Folge rechtmäßigen Verhaltens gewesen. Das RG verneinte also die Ursächlichkeit des schädigenden Ereignisses für die erlangten Vorteile. Entsprechend wäre ein Lizenznehmer nicht berechtigt gewesen, nachträglich Abzüge an der Lizenzgebühr vorzunehmen. Das RG berechnete diese folglich aus einer ex ante-Perspektive unter Würdigung der besonderen Umstände des Falls.1073 Geschuldet war zunächst eine Lizenzgebühr, die die Parteien voraussichtlich vereinbart hätten. War keine hypothetische Einigung zu erzielen, war eine angemessene Gebühr zu zahlen.1074 Einen objektiven Anhaltspunkt konnten Lizenzverträge bieten, die zwischen den Parteien oder dem Kläger und Dritten abgeschlossen waren.1075 Schließlich stellte das RG 1895 eine neu entwickelte, dritte Berechnungsmethode vor, die es bereits zehn Jahre zuvor erstmals mit Hinweis auf Kohler in Betracht gezogen hatte; eine Entscheidung über die Gewinnherausgabe hatte es damals offen lassen können.1076 Schädigendes Ereignis nach dieser Methode war, dass der Nichtberechtigte sich die aus der Benutzung erlangten Vorteile, die eigentlich dem Rechtsinhaber zustanden, angeeignet hatte und behalten wollte, obwohl er erkannte, dass er sich ohne Recht aus fremdem Gut bereichert hatte: 1072 Das Berufungsgericht war der Ansicht, die Musikwerke der Beklagten haben die klägerischen Melodien bekannter gemacht; das habe sich auch auf den Absatz der vom Kläger selbst vertriebenen Notenblätter ausgewirkt und sei auf seinen Schaden anzurechnen. 1073 Das bestätigte RG v. 26. 1. 1912 (I 122 / 11): „Um die Höhe der Lizenz festzustellen, ist daher unter Würdigung der konkreten Umstände des Falles zu entscheiden, unter welchen Bedingungen zwischen dem Berechtigten und dem Verletzer ein Lizenzvertrag mutmaßlich zustande gekommen wäre, wenn der Verletzer den beabsichtigten Eingriff in das Patent anerkannt hätte und beide Teile zum Abschlusse des Vertrages geneigt gewesen wären.“ Siehe ferner RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18). 1074 RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18): „Wenn ( . . . ) dem Verletzten überhaupt keine schädigende Konkurrenz gemacht ist, so kann ( . . . ) immer nur die nach objektiven Gesichtspunkten zu bemessende übliche Vergütung in Betracht kommen.“ Die Klägerin hatte als Lizenzgebühr ihren Reingewinn verlangt, den sie selbst durch Verkauf des patentierten Gegenstands erzielte; günstiger hätte sie eine Erlaubnis nicht erteilt. Das RG verurteilte nur zu einer marktüblichen Lizenzgebühr. Dadurch konnten Geschädigte nicht mit Verweis auf den eigenen Gewinn, den der andere nicht zu prüfen berechtigt war, beliebig hohe Schäden geltend machen. 1075 RG v. 26. 1. 1912 (I 122 / 11). Das RG erwog nicht, die Entschädigungslizenzgebühr gegenüber einer hypothetischen vertraglichen mit einem Risikozuschlag zu versehen, gleichsam als Anreiz für Verletzer, sich rechtmäßig zu verhalten. Umgekehrt haftete der Verletzer stets auf die volle Lizenzgebühr, auch wenn er die patentierten Gegenstände unter Preis verkauft oder einen erhöhten Absatz erzielt hatte. Der Preis konnte nicht maßgeblich sein, weil er einseitig vom Verletzer, der die mit dem Patent verbundenen Kosten nicht aufwenden musste, festgesetzt wurde und den Willen des Patentinhabers nicht widerspiegelte. Ein erhöhter Absatz hätte sich auch im Fall einer vereinbarten Lizenz nicht mindernd ausgewirkt. 1076 RG v. 21. 3. 1885 (I 521 / 84).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

3. Der Kläger kann sich aber noch auf einen dritten Standpunkt stellen. ( . . . ) Er muß in diesem letzten Falle gelten lassen, daß die Beklagte überhaupt nachgedruckt hat, er muß gelten lassen, daß die Beklagte ohne Genehmigung des Urhebers nachgedruckt hat; – aber er braucht nicht gelten zu lassen, daß die Beklagte ( . . . ) zu eigenem Vortheile nachgedruckt, daß sie sich die Früchte des geistigen Eigenthums angeeignet hat und diese Früchte behält.1077

Die dritte Berechnungsmethode eröffnete dem Geschädigten die Möglichkeit, den Verletzergewinn herauszuverlangen. Denn das schadenstiftende Ereignis lag allein in dem bösgläubigen Behalten des Gewinns, den die Beklagte durch die ungerechtfertigte Benutzung der Notenblätter erzielt hatte.1078 Erstmals stellte das RG klar, dass der Verwerter fremden geistigen Eigentums die Früchte der Nutzung nicht behalten dürfe. Es erkannte den Schaden in der Aneignung des Benutzungsgewinns, ohne dass es darauf ankam, ob der Verletzte diesen Gewinn selbst hätte erzielen können: Allerdings ist ( . . . ) der Gegenstand des geistigen Eigenthums ( . . . ) in so unbegrenzter Weise aneignungsfähig, daß es den Anschein gewinnt, als ob dem Urheber nur soweit etwas entzogen werde, als seine eigene Verwerthung jenes Produkts dadurch eingeschränkt wird. Allein diese Auffassung wird dem Inhalt des Rechts ( . . . ) nicht gerecht. Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Geistesprodukt auf mechanischem Wege zu vervielfältigen. Der Nachdrucker maßt sich dieses Recht an, und deshalb steckt in seinem Erlöse ( . . . ) ein Gewinnantheil, welcher dem Inhaber jenes Rechts auch dann gebührt, wenn er selbst dieses Produkt zu gewinnen nicht in der Lage gewesen wäre, und wenn sein Betrieb dadurch nicht allein nicht geschädigt, sondern gefördert wird.1079

Das Argument, Verletzergewinne fügten dem geistigen Eigentümer keinen Schaden zu, solange er selbst an der Benutzung seines Gegenstands nicht gehindert werde, wies das RG zurück. Erlöse Dritter waren nach der Natur des Ausschließlichkeitsrechts dem Inhaber zugeordnet. Das galt nicht nur, wenn er vergleichbare Erlöse nicht erzielt hätte, sondern auch, wenn sein eigener Betrieb bereits Vorteile durch die verletzende Tätigkeit erlangt hatte.

3. Die Entscheidung vom 31. 12. 1898 Dreieinhalb Jahre später bestätigte das RG in einer Patentverletzungssache noch einmal die Gültigkeit aller drei Methoden für das Patentrecht. 1080 In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der Beklagte ein dem Kläger patentiertes „Verfahren zur Vergärung von Maischen“ angewendet und dank dieser PatentverRG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95). Das RG untermauerte das mit einer Reihe z. T. römisch-rechtlicher Regeln, nach welchen zur Herausgabe seines Gewinns verpflichtet war, wer diesen unberechtigt mit dem Gegenstand eines anderen erzielt hatte. 1079 RG v. 8. 6. 1895 (I 13 / 95). So auch später RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). 1080 RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). 1077 1078

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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letzung eigene Kosten gespart. In Konkurrenz zum Kläger, der selbst keine Brennerei betrieb, war er nicht getreten. Die Berufungsinstanz hatte den Schaden auf eine Lizenzgebühr beschränkt, die dem Patentinhaber entgangen und dem Verletzer erspart geblieben sei. Das RG hob die Entscheidung auf. Bezugnehmend auf das Urteil von 1895 erinnerte es an die drei Berechnungsmethoden und das Wahlrecht des Klägers.1081 Da in seinem Vermögen unmittelbar keine Veränderung zu messen war, bleibe ihm nur eine Wahl zwischen der zweiten und dritten Methode. Vorliegend hatte er sich für den Verletzergewinn entschieden.1082 Was nun durch Benutzung fremden Eigentums erlangt war, müsse als „Gewinn aus fremdem Vermögen“, den das RG auch „Bereicherung“ nannte, herausgegeben werden. Dabei ergebe sich aus allgemeinen Grundsätzen keine Beschränkung auf das, was auch der Geschädigte hätte erlangen können.1083

4. Die Entscheidungen vom 21. 4. 1902, vom 29. 3. 1919 und vom 23. 2. 1920 Die Rechtsprechung zur ersten Berechnungsmethode wurde zunächst durch eine Entscheidung vom 21. 4. 1902 ergänzt.1084 Der Beklagte hatte eine dem Kläger patentierte Maschine benutzt. Dieser forderte daraufhin nach der ersten Berechnungsmethode Ersatz für die Gewinnausfälle, die er erstens durch Preissenkungen, zu denen ihn die Konkurrenz des Beklagten genötigt hatte, zweitens durch einen wegen der Konkurrenz des Beklagten geminderten Absatz und drittens durch die Abwanderung von Kunden zum Beklagten erlitten hatte. Das Be1081 Die Berechnungsmethoden stellten unterschiedliche rechtliche Begründungen desselben Anspruchs dar, so dass der Kläger von einer zur anderen wechseln konnte, ohne eine unzulässige Klageänderung vorzunehmen, RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98); RG v. 11. 1. 1902 (I 303 / 01). 1082 Obwohl RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89) die Vermutung, dass der entgangene Gewinn des Verletzten dem Gewinn des Verletzers entspreche, im Zusammenhang mit der ersten Berechnungsmethode angestellt hatte, griff das RG sie nun bei der Bestimmung des Verletzergewinns auf. Es stellte die Frage, ob sie, für Maschinenpatente erdacht, auch für das vorliegende Verfahrenspatent gelte. Da nur der Beklagte, nicht aber der Kläger das patentierte Verfahren anwende, fehle es an einer Konkurrenzsituation. Welche Funktion diese Ausführungen im Rahmen der dritten Berechnungsmethode haben sollten, geht aus dem Urteil nicht hervor. Sinn der Vermutung war, den entgangenen Gewinn des Geschädigten, der hypothetisch und daher schwer zu bestimmen war, der Einfachheit halber mittels des tatsächlich erlangten Gewinns des Verletzers zu berechnen. Der Exkurs endete in der Bemerkung: „Dieser Grundsatz (scil. die Vermutung) kann zwar in Fällen der vorliegenden Art nicht unmittelbar zur Anwendung kommen ( . . . ). Gleichwohl ist auch hier die Verpflichtung zur Herausgabe des erzielten Gewinns anzuerkennen, und zwar deshalb, weil hier wie dort eine Bereicherung aus fremdem Vermögen vorliegt.“ Damit hatte das RG nur erneut festgestellt, dass der Schaden auch nach der dritten Methode berechnet werden könne, RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). 1083 RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98). 1084 RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01), rechtskräftig festgestellt war der Haftungsgrund, vor dem RG stritten die Parteien um die Höhe der Entschädigung.

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

rufungsgericht stellte gemäß §§ 286, 287 ZPO1085 „unter Würdigung aller Umstände“ fest, daß der Kläger keineswegs denselben Verdienst [wie der Beklagte] erzielt haben würde, daß die Höhe dieses Verdienstes vielmehr zum Theil auf der besonderen Geschäftsposition des Beklagten beruht hat.1086

Das RG erkannte hierin keine Rechtsverletzung. Nicht notwendig müsse der Schaden „auf den Betrag des vollen vom Beklagten erzielten Gewinns“ geschätzt werden. Zu der 1890 aufgestellten Vermutung, dass dem Geschädigten gerade der Gewinn des Verletzers entgangen sei,1087 setzte es sich nicht in Widerspruch. Abweichend sollte es aber darauf ankommen, ob auch der Geschädigte diesen Gewinn hätte erlangen können, wenn sein Patent nicht verletzt worden wäre. Der Beklagte hatte im Hinblick auf den zweiten Schadensposten bestritten, dass der Kläger ohne den Eingriff mehr abgesetzt hätte. Bestrittene Schäden schätzte das Gericht gemäß §§ 286, 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Falls. Das RG führte aus: Er (scil. der Kläger) kann nun nicht etwa diesen Betrag, der dem vom Beklagten erzielten Gewinne entspricht, und daneben noch den Ausgleich des ihm in andern Beziehungen durch die Patentverletzung erwachsenen Schadens verlangen, sondern er muß sich in ersterer Beziehung gefallen lassen, daß bei Bemessung dieses Schadenspostens berücksichtigt wird, daß jener Gewinn zum Theil auf besonderen geschäftlichen Verhältnissen des Beklagten beruht und ihm selbst bei Unterlassung der Patentverletzung nicht in gleicher Höhe zu Gute gekommen wäre.1088

Damit hatte es ausdrücklich die Ursächlichkeit zwischen Patentverletzung und entgangenem Gewinn in die Schadensbemessung einbezogen. Nicht ersatzfähig waren nach der ersten Berechnungsmethode solche Gewinne des Verletzers, die aufgrund besonderer Umstände dem Patentinhaber auch bei Hinwegdenken der Verletzung entgangen wären. Die Vermutung galt damit nicht mehr uneingeschränkt. Ausnahmsweise war sie widerlegt, wenn der Patentinhaber eine Aussicht auf den Gewinn nicht gehabt hatte. Das RG hatte Gelegenheit, das auszusprechen, weil vorliegend der Kläger seinen unmittelbaren Schaden mit den geltend gemachten Ausfällen weitgehend selbst benannt hatte. Er bedurfte nicht der Vermutung, um von einem leichter zu bestimmenden Gewinn des Verletzers auf seinen eigenen Schaden zu schließen. 1919 griff das RG diesen Gedanken erneut auf und entwickelte ihn im Verlauf seiner Entscheidung fort.1089 Die Beklagte hatte 39 Tüllwebstühle mit einer der 1085 § 286 ZPO erlaubte die freie Beweiswürdigung; nach § 287 ZPO entschied, wenn Grund oder Höhe eines Schadens streitig waren, „hierüber ein Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung“, jeweils in der Fassung v. 17. 5. 1898, RGBl. 1898, S. 256 (früher §§ 259, 260 CPO a.F., RGBl. 1877, S. 83). 1086 So wiedergegeben in RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01). 1087 RG v. 8. 3. 1890 (I 350 / 89). 1088 RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01). 1089 RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18).

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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Klägerin patentierten „Treiberbarrenführung“ hergestellt und vertrieben. Da sie hierbei Verluste gemacht hatte, kam eine Schadensberechnung nach der dritten Methode nicht in Betracht. Nach der ersten Methode, so formulierte das RG die Kausalität, setze der Ersatz des entgangenen Gewinns voraus, dass der Klägerin der Absatz der Beklagten ohne deren Patentverletzung gelungen wäre. Für 22 der patentverletzenden Webstühle verneinte das RG die Ursächlichkeit, da die Abnehmer dieser Stühle, unabhängig von der „Treiberbarrenführung“, nachweislich ohnehin nur bei der Beklagten gekauft hätten. Sodann widmete es sich den restlichen 17 Webstühlen. Nunmehr entschärfte es die geforderte Ursächlichkeit der Patentverletzung für den Gewinnausfall und verlangte nur noch die mildere Wahrscheinlichkeit. Gemäß § 252 BGB gelte der Gewinn als entgangen, „welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte“. Ob die Klägerin selbst die 17 Webstühle wahrscheinlich abgesetzt hätte, würdigte das Gericht anhand der Umstände gemäß § 287 ZPO. Da die „Treiberbarrenführung“ nicht das ausschlaggebende Moment war, das die Kunden zum Kauf bei der Beklagten bewegte, war es nicht wahrscheinlich, dass ohne Patentverletzung die Klägerin den Gewinn aus diesen Geschäften erzielt hätte. Erneut entkräfteten die besonderen Umstände die Vermutung, dass dem Verletzten der gesamte Gewinn des Verletzers entgangen war. Nach wie vor hielt das RG für die Schadensermittlung nach der ersten Methode an einem Zusammenhang zwischen dem Verletzergewinn und dem entgangenen Gewinn des Geschädigten in Form der Vermutung fest. Es genügte, dass der Patentinhaber den Gewinn wahrscheinlich erzielt hätte, wenn eine Verletzung nicht stattgefunden hätte, strenge Kausalität war nicht erforderlich. Indem es die Umstände zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit würdigte, konnte das RG unmittelbar auf die Schadensberechnung Einfluss nehmen. Mit Verweis auf dieses Urteil entschied es ein Jahr später: Wie der erkennende Senat bereits ( . . . ) auseinandergesetzt hat, kann bei Entschädigungsansprüchen aus Patentverletzungen regelmäßig davon ausgegangen werden, daß dem Patentberechtigten an Absatz dasjenige entgangen ist, was der Nichtberechtigte in unbefugter Anwendung des Erfindungsgegenstandes abgesetzt hat. Hierbei hat sich der Richter gemäß § 287 ZPO zunächst unabhängig von einer Darlegungspflicht des Verletzten auf Grund der Umstände des Falls ein Urteil darüber zu bilden, ob die unberechtigte Anwendung der Erfindung mit Wahrscheinlichkeit dazu geführt hat, daß der vom Verletzer erzielte Erfolg dem Berechtigten entzogen wurde.1090

Bejahte das Gericht die Wahrscheinlichkeit, oblag es dem Verletzer zu beweisen, dass der Patentinhaber auch im Fall der Unterlassung der Verletzung den Gewinn nicht erzielt hätte. Das Gegenteil musste der Patentinhaber beweisen, wenn das Gericht die Wahrscheinlichkeit verneinte. Das RG fuhr fort: Zu beachten bleibt freilich, daß es sich hier um ein Rechtsgebiet handelt, auf dem eine ganz genaue, scharfe Beweisführung kaum möglich ist, Schätzung häufig an die Stelle

1090

RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14).

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

wirklicher Tatsachenfeststellung zu treten hat und dem richterlichen Ermessen weitester Spielraum gewährt ist.1091

Das RG beließ den Gerichten damit einen weiten Spielraum für die Entscheidung über den Schadensinhalt. Mit den behandelten Entscheidungen hatte sich die Rechtsprechung zur Höhe des Entschädigungsanspruchs aus § 35 (§ 34 a.F.) im wesentlichen frühzeitig gefestigt. Am häufigsten wurde der Schaden auf die Höhe des Verletzergewinns bemessen.1092 Überstieg der Schaden diesen, konnte die Differenz ferner nach der Lizenzanalogie oder der ersten Berechnungsmethode ersetzt werden.1093 Eine Kombination der ersten beiden Berechnungsmethoden hingegen war nicht statthaft.1094 Umfasst waren auch mittelbare1095 und künftige Schäden, solange sie schon durch eine begangene Verletzungshandlung angelegt waren. Diese Schadensberechnung blieb von nun an ständige Rechtsprechung.1096

III. Zusammenfassung Die reichsgerichtliche Rechtsprechung auf dem Gebiet der subjektiven Patentverletzung war sehr umfangreich. Die hohe Zahl der erhobenen und bis in die Revisionsinstanz geführten Schadenersatzklagen zeigt, dass sich besonders wertvolle Rechtsgüter gegenüberstanden: Auf der einen Seite suchten Patentinhaber den Ausgleich für Schädigungen ihrer wertvollen Rechte, auf der anderen Seite verteidigte der Verletzer sein ausgeprägtes Bedürfnis zur freien und von Erkundigungspflichten ungestörten wirtschaftlichen Betätigung. Die Untersuchung veranschaulicht, mit welchen Rücksichten und Überlegungen das RG eine Grenze zog zwischen einem lediglich nach § 4 verbietbaren Verhalten und einem solRG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). Der Nachweis eines Verletzergewinns oblag dem Geschädigten nur, wenn der Verletzer das Gericht überzeugte, keinen Gewinn erzielt zu haben, RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18). 1093 RG v. 21. 4. 1902 (I 438 / 01). Nur selten wurde die erste Methode gewählt, RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). 1094 RG v. 4. 1. 1908 (I 156 / 07); Kohler, Handbuch, S. 568 ff. Hingegen ließ RG v. 29. 3. 1919 (I 285 / 18) zu, dass der Kläger seinen Entschädigungsanspruch nach allen drei Methoden alternativ rechtfertigte. Unter fehlerhafter Berufung auf RG v. 31. 12. 1898 (I 360 / 98) ist Isay (1920), S. 336; ders. (1926), S. 532, der Ansicht, dass bei ungeschmälertem Absatz des Patentinhabers nur eine Lizenzgebühr gefordert werden dürfe. 1095 Darunter fielen Rufschädigungen oder Minderungen des Werts eines Patents und Kosten, welche der Verletzte aufwenden musste, um der Verletzung entgegenzuwirken, Kohler, Handbuch, S. 575. Verletzte nur die Verwendung eines Teils einer zusammengesetzten Maschine das Patent, war der Schaden gleichwohl am Absatz der ganzen Maschine zu bemessen, und nicht etwa an dem Anteil der Herstellungskosten, die auf den Teil entfielen, RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). 1096 RG v. 8. 7. 1904 (II 435 / 03); RG v. 21. 1. 1905 (I 413 / 04); RG v. 15. 11. 1911 (I 506 / 10); RG v. 4. 4. 1914 (I 3 / 14); RG v. 23. 2. 1920 (I 111 / 14). 1091 1092

D. Das Verschulden und die Schadensberechnung

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chen, welches eine Haftung auf Schadenersatz nach § 35 Abs. 1 (§ 34 Abs. 1 a.F.) begründete. Das PatG 1877 gewährte einen Schadenersatzanspruch nur bei wissentlichen Verletzungen. Das RG stellte zunächst klar, dass eine Kenntnis nicht allgemein aus der Tatsache der patentamtlichen Bekanntmachungen folgte, sondern der Verletzervorsatz vielmehr aus den Umständen des Einzelfalls zu begründen war. Wesentliche Bedeutung erlangte der Eventualvorsatz: Die anfängliche Rechtsprechung verlangte, dass der Verletzer den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich erkannt und in seinen Willen aufgenommen haben musste; seit 1888 genügten für die Annahme der Wissentlichkeit eine „in den Vorsatz einbezogene Unsicherheit“ oder „nicht durch zuversichtliche gegenteilige Erwartung beseitigte Zweifel“. Unter der Fülle der Umstände, die das RG nach und nach für den Beweis der Wissentlichkeit zuließ, gewann die Warnung zunehmend an Bedeutung. Zugleich vermittelte das RG den Patentinhabern Wege, im Verletzungsfall die Wissentlichkeit herbeizuführen und so für spätere Prozesse Nachweise zu sichern und die Durchsetzbarkeit des Schadenersatzanspruchs zu gewährleisten. Auch die Rechtsprechung zur Einwendung von Irrtümern, die in den Anfängen oftmals eine einfache Gutgläubigkeit ausreichen ließ, zeichnete sich später durch zunehmende Anforderungen an die Substantiierung und die Entschuldbarkeit aus. Dennoch konnte die Beschränkung auf die wissentliche Verletzung allein den Patentinhaber nicht hinreichend schützen. Das PatG 1891 erweiterte den Tatbestand um die Haftung für grobfahrlässige Verletzungen. Nach der Rechtsprechung begründeten bestimmte Umstände die Sorgfaltspflicht des Verletzers, sich nach der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens näher zu erkundigen: Insbesondere Warnungen, desgleichen die Bedeutung der benutzten Erfindung, die Überschaubarkeit des technischen Gebiets, die Geschäftsunerfahrenheit oder auch besondere Fachkunde des Verletzers, ihm zur Kenntnis gelangte gerichtliche oder patentamtliche Entscheidungen konnten ihn verpflichten, auf geeignete Stellen zurückzugreifen und Rat über das betroffene Patent einzuholen. Während die Anforderungen an die Sorgfalt zunächst gering waren und der Verletzer der ihm obliegenden Pflicht durch einfache Prüfung oder Erkundigung entsprechen konnte, war er seit 1902 ggf. gehalten, Gutachten von „gleichwertigen Autoritäten“, z. B. unabhängigen Fachleuten einzuholen. Die Gleichwertigkeit bezog sich darauf, in welchem Grad das jeweilige zur besonderen Sorgfalt verpflichtende Anzeichen geeignet war, seine Überzeugung zu erschüttern: Je nach Zweifel konnte die Erkundigungspflicht umfangreicher sein. Eine Sorgfaltspflichtverletzung konnte grob sein, wenn entweder der Verletzer nicht erkannte, was für jeden offensichtlich war, oder er seiner erkannten Erkundigungspflicht in besonders leichtsinniger Weise nur ungenügend entsprach. Im wesentlichen war daher bei der Beurteilung des wissentlichen wie des grobfahrlässigen Verschuldens auf die Umstände des einzelnen Falls abzustellen. Das ermöglichte es dem RG, in der Revisionsinstanz grundsätzlich auf die einheitliche

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3. Abschn.: Materielle Voraussetzungen der Patentverletzung

Anwendung des Rechts zu achten, im Übrigen aber die Beurteilung der Würdigung der Tatsacheninstanzen zu überlassen. Das RG hatte die Schwachstellen der subjektiven Patentverletzung längst erkannt und frühzeitig Weichen für einen wirksameren und gerechteren Patentschutz gestellt, als schließlich 1936 die Schadenersatzhaftung zur Angleichung an die allgemeinen Grundsätze des Deliktsrechts auf einfache Fahrlässigkeit ausgedehnt wurde.1097 Inhaltlich entwickelte das RG drei verschiedene Schadensberechnungsmethoden, welche auf typische Beweisschwierigkeiten Rücksicht nahmen und geeignet waren, dem Geschädigten umfangreichen Ersatz zu verschaffen. Der Patentinhaber konnte frei wählen, ob er seinen unmittelbar eingetretenen Vermögensverlust einschließlich des ihm entgangenen Gewinns, eine angemessene Lizenzgebühr oder sogar den Gewinn des Verletzers als Entschädigung für die Patentverletzung verlangte.

1097

§ 47 Abs. 2 PatG 1936, heute § 139 Abs. 2 Satz 1 PatG.

Ergebnisse Die Geschichte des ersten deutschen einheitlichen Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 und seiner Novelle vom 7. April 1891 ist auch eine Geschichte des Reichsgerichts. Ebenfalls 1877 ins Leben gerufen nahm das Reichsgericht am 1. Oktober 1879 seine Tätigkeit auf, rechtzeitig genug, um in Patentverletzungssachen als zuständiges Revisionsgericht das neue Rechtsgebiet von Anfang an zu begleiten und beachtlich zu prägen. In seinen Entscheidungen hat es sich nicht darauf beschränkt, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen und über die einheitliche Anwendung des Gesetzes im ganzen Reichsgebiet zu wachen; es hat das neue Patentrecht als Spezialgebiet materiell und prozessual maßgeblich fortentwickelt. Dabei hat es sich von rechtlichen Methoden und Grundsätzen ebenso leiten lassen wie von seinen Erfahrungen auf anderen Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes, von den praktischen Bedürfnissen der Beteiligten und von seinem wirtschaftstheoretischen Verständnis. Die Untersuchung der reichsgerichtlichen Entscheidungen hat ergeben, dass das Gericht auf vielfältige Weise die subjektive Rechtsposition des Patentinhabers ausgebaut hat. Diese Stärkung erfolgte teilweise im Laufe jahrelanger Entwicklungen, teilweise in einzelnen Entscheidungen. Mit guten Gründen ist die Rechtsprechung des Reichsgerichts als weitgehend patentinhaberfreundlich zu beschreiben,1 wenn es auch in einzelnen Punkten dem Patentschutz deutliche Grenzen setzte.2 Möglich war das Einbringen solch eigener Tendenzen überhaupt erst, weil das Patentgesetz die Patentverletzung verhältnismäßig knapp und offen regelte: Alle Fallkonstellationen, Fragestellungen und Schwierigkeiten mussten ihre Lösungen im wesentlichen in den wenig ausführlichen §§ 4 und 35 (§ 34 a.F.) finden. Im einzelnen zeigte sich die festgestellte Grundhaltung in den folgend aufgeführten Punkten: 1. Die größte Bedeutung hatte die den Patentinhaber stärkende Entwicklung im Fall der Patentauslegung. In den ersten Jahren ermittelte das Reichsgericht den „Gegenstand der Erfindung“ i.S.d. § 4 allein nach dem im Erteilungsbeschluss erklärten Willen des Patentamts.3 Das Gericht prüfte, inwieweit sich dieser Wille aus der Patentschrift und den Umständen des Erteilungsverfahrens erkennen ließ. Zweifel bei der Auslegung gingen zulasten des Patentinhabers. Bald er1 Nicht zuletzt deswegen erfreuten sich Patente in Deutschland größten Zuspruchs, obwohl sich das deutsche Patentrecht erst später als das anderer Staaten entwickelt hatte. 2 Es hielt z. B. nach Patentverletzungen das Bereicherungsrecht für nicht anwendbar, siehe S. 117 ff. 3 Soehe S. 207 ff.

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kannte es, dass dieser Schutz nicht ausreichte. Die Tragweite einer Erfindung fand nicht immer hinreichenden Ausdruck in der Patentschrift, noch ließ sie sich zur Zeit der Erteilung stets vollständig erkennen. Hinzu kam, dass das Reichsgericht in einem Punkt von dem ausdrücklich erklärten Willen des Patentamts abweichen wollte: Dieses lehnte den Teileschutz im Rahmen der Kombinationserfindung ab, das Reichsgericht hingegen hielt ihn für unverzichtbar.4 Es behalf sich mit der Vermutung, der Anmelder habe alles nach dem Stand der Technik Mögliche anmelden und das Patentamt habe all das Angemeldete schützen wollen.5 Dank der Einbeziehung des Standes der Technik konnte das Reichsgericht den Schutz über den Wortlaut der Patentschrift hinaus ausdehnen. Eine einschränkende Auslegung hingegen war weiterhin nicht möglich. War ein Patent ganz oder teilweise zu Unrecht erteilt, konnte sich der vermeintliche Verletzer nur mit der Nichtigkeitsklage wehren und zu diesem Zweck die Aussetzung des Verletzungsstreits beantragen. Das Reichsgericht stellte indes hohe Anforderungen an die Aussetzung, um das ohnehin kurzlebige Recht des Patentinhabers nicht zu gefährden. Zur weiteren Absicherung hatte der Gesetzgeber 1891 eine Ausschlussfrist für Nichtigkeitsklagen, die sich auf eine fehlende Patentfähigkeit stützten, eingeführt: Der Patentinhaber sollte zumindest nach Ablauf der Frist auf die Rechtsbeständigkeit seines Patents vertrauen können. In der Folge konnten Patentinhaber auch zu Unrecht erteilte Patente gerichtlich durchsetzen, was dem materiellen Gerechtigkeitsgefühl widersprach. Erst in der Koks-Löschrinnen-Entscheidung von 1910 erklärte das Reichsgericht die Heranziehung des objektiven Standes der Technik für beide Auslegungen, die ausdehnende und die einschränkende, „im Zweifel“ für anwendbar.6 Das Urteil wurde zunächst oft mißverstanden. Gerichte und Kritiker sahen darin das Signal, die Auslegung nur noch nach objektiven Kriterien durchzuführen und letzte Hemmungen bei der ausdehnenden Auslegung fallen zu lassen. Viele Patentinhaber machten sich die Vorzüge dieser Auffassung zunutze. Sie versuchten, bei der Anmeldung den wahren Umfang ihrer Erfindungen durch absichtlich ungenau formulierte Ansprüche zu verschleiern. Gelang Dritten trotz der mangelhaften Offenbarung eine Benutzung, profitierten die Patentinhaber im Verletzungsprozess von der ausdehnenden Auslegung. Tatsächlich aber lag die Bedeutung der Entscheidung in der Zulassung einer einschränkenden Auslegung. Sie erlaubte „im Zweifel“ eine Nachprüfung der patentamtlichen Erteilungsentscheidung im ordentlichen Verletzungsverfahren. Hierin lag ein Bruch mit der patentrechtlichen Zuständigkeitstrennung. Einer mißverständlichen und leichtfertigen Anwendung des einschränkenden Korrektivs wirkte das Reichsgericht jedoch baldmöglichst entgegen: Es empfahl, Zweifel nur mit großer Zurückhaltung anzunehmen; bei allem Streben nach materieller Gerechtigkeit durfte das 4 5 6

Siehe S. 249 ff. und im Folgenden unter 3. Siehe S. 214 ff. Zur Koks-Löschrinnen-Entscheidung siehe S. 223 ff.

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Patent infolge der einschränkenden Auslegung jedenfalls nicht jeglicher Wirkung beraubt werden. 2. Fast als selbstverständlich erschien die vom Reichsgericht entwickelte Lehre von der Äquivalenz, die ebenfalls den Patentinhaber begünstigte. Sie ermöglichte es, andere Lösungen der durch die Erfindung gelösten Aufgabe in den Schutzbereich des Patents einzubeziehen. 7 Das beruhte auf dem Gedanken, dass sich dem Techniker meist zahlreiche Mittel mühelos darboten, wenn erst einmal eine Aufgabe bestimmt und ein Mittel zu ihrer Lösung gefunden war. Das Reichsgericht ging beim Äquivalenteschutz so weit, dass es für eine Verletzung ausreichen ließ, nur eines von mehreren wesentlichen Merkmalen der Erfindung zu verwenden. Mitgeschützt waren verschlechterte und verbesserte Ausführungen. Nicht einmal eine Zahlenangabe in einem Patentanspruch begrenzte den Schutzbereich zwingend; sie konnte als ungefähre Größenangabe aufgefasst werden oder nur die vorteilhafteste Ausführung kennzeichnen. 3. Besonders vorteilhaft für den Patentinhaber wirkte sich der vom Reichsgericht 1890 entwickelte Schutz von Kombinationsteilen aus.8 Neue und patentfähige Einzelteile und Unterkombinationen waren durch das Patent auf die Gesamtkombination für sich geschützt, ohne dass der wesentliche Erfindungsgedanke der Gesamtkombination angewendet sein musste, und ohne dass die Einzelteile in eigenen Patentansprüchen aufgeführt sein mussten. Mit der Anerkennung des Teileschutzes widersetzte sich das Reichsgericht dem ausdrücklich erklärten Erteilungswillen des Patentamts. Dessen Erteilungspraxis setzte nach der Hartigschen Lehre für einen selbständigen Schutz voraus, dass das Neue und Erfinderische vollendet abstrakt in einzelnen Ansprüchen beschrieben werde. Das Reichsgericht bezog die Elemente aus praktischen Erwägungen in den Schutzbereich ein: Einerseits ersparte es den Patentsuchenden, bei der Anmeldung umfangreicher Erfindungen (insbesondere von Maschinen, Anordnungen und Verfahren) die „monströsesten Patentansprüche“ aufzustellen, andererseits entlastete es das Patentamt, welches auf diese Weise nicht mehr die Patentfähigkeit aller Kombinationsteile prüfen musste. Dieser Ausdehnung des Schutzbereichs, die in erster Linie dem Patentinhaber hilfreich war, setzte das Reichsgericht gleichwohl Grenzen: Geschützt war der Kombinationsteil nur in seiner „funktionellen Bedeutung für die Kombinationswirkung“. Einen umfassenden Teileschutz, der nicht nach Brauchbarkeiten unterschied, konnte nur ein eigens für das Element aufgestellter Patentanspruch bieten. 4. Den Bedürfnissen der vielen Verfahrenspatente der chemischen Industrie entsprach das Reichsgericht 1888 mit der Anerkennung des Erzeugnisschutzes. Chemische Stoffe ließen sich nach dem PatG nicht schützen, so dass die mäch7 8

Siehe S. 235 ff. Siehe S. 249 ff.

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tig gewordene chemische Großindustrie lediglich auf Verfahrenspatente angewiesen war. Diese versagten jedoch wegen des Territorialitätsgrundsatzes, wenn die Verfahren im Ausland angewendet wurden. Da die Verwertung eines chemischen Verfahrenspatents in erster Linie durch Vermarktung der Erzeugnisse erfolgte, lief die Einfuhr der im Ausland hergestellten Produkte den Interessen der deutschen Patentinhaber zuwider. Die Beurteilung dieser Fälle nach dem PatG war höchst umstritten und ob des Auslandsbezugs und der beträchtlichen Werte geradezu ein Politikum.9 Das zur Klärung angerufene Reichsgericht sah Verfahren und Produkt als so zusammengehörig an, dass es letzteres als Abschluss des Verfahrens mitschützte und einmal mehr den Patentinhaber, vornehmlich aber die inländische Industrie wirkungsvoll stärkte.10 Es kam damit dem Gesetzgeber zuvor, der den Erzeugnisschutz erst 1891 in § 4 Satz 2 aufnahm. 5. Die merkliche Grundhaltung setzte sich auch in den Benutzungsarten fort.11 Das Reichsgericht war bestrebt, das Ausschließlichkeitsrecht in allen Stadien der Erfindungsverwertung – vom Herstellen nicht allgemein verwendbarer Einzelteile über ihre Zusammensetzung, den Vertrieb oder auch nur dessen Gefährdung durch Feilhalten, bis hin zum Gebrauch – zu schützen und tatsächliche wie rechtliche Umgehungen zu verhindern. Auch den Begriff „gewerbsmäßig“ in § 4 Satz 1 (§ 4 Abs. 1 a.F.) legte das Reichsgericht so aus, dass das Patent möglichst weit reichte und erst gegenüber der rein privaten Nutzung versagte.12 Entsprechendes bestimmte es für den Territorialitätsgrundsatz: Schutzlos ließ es den Patentinhaber nur bei reinen Auslandsfällen, den in den Gesetzesberatungen vorhergesehenen „Transit“-Fall nahm es tatsächlich nie an.13 6. Unter den möglichen Einwänden des Verletzers ließ das im PatG geregelte Vorbenutzungsrecht eine besondere patentrechtliche Würdigung zu: Das Reichsgericht stellte hohe Anforderungen an die Annahme eines Vorbenutzungsrechts, was erst einmal das Ausschlussrecht des Patentinhabers aufwertete.14 Zugleich sicherte es dem Vorbenutzungsberechtigten aber die zunächst uneingeschränkte Konkurrenz zum Patentinhaber. Daraus geht eine allgemein erfinderfreundliche Haltung des Reichsgerichts hervor. 7. Die Grenze zwischen lediglich verbietbarem Verhalten und solchem, das eine Haftung auslöste, bestimmte sich nach dem Verschulden des Verletzers. Anfänglich kam in erster Linie eine Prüfung des bedingten Vorsatzes in Betracht. Während das Reichsgericht erst die Formel „als möglich erkannt und in seinen 9 Zur mehr oder minder bewussten Unterstützung der protektionistischen Wirtschaftspolitik durch das RG siehe im Folgenden S. 414 ff. und Fn. 33 dieser Ergebnisse. 10 Siehe S. 259 ff. 11 Siehe S. 274 ff. 12 Siehe S. 289 ff. 13 Siehe S. 293 ff. 14 Siehe S. 318 ff.

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Willen aufgenommen“ verwendete,15 ließ es später Unsicherheiten und Zweifel genügen, welche nicht durch zuversichtliche gegenteilige Erwartungen beseitigt wurden.16 Dadurch war dem Patentinhaber der Weg aufgezeigt, dass eine Warnung gutgläubige Verletzer in Kenntnis des Patenteingriffs setzte und auf diese Weise bei unbedachtem Weiterhandeln schadenersatzpflichtig machte. Desweiteren nahm es auch den vorsatzausschließenden Irrtum nur unter zunehmend strengen Voraussetzungen an.17 Alle Versuche, dem Patentinhaber einen möglichst wirkungsvollen Schutz zukommen zu lassen, konnten dennoch nicht ausreichen. Erst das PatG 1891 führte die seit langem geforderte Haftung für grobfahrlässiges Verhalten ein. Nunmehr ließen sich zahlreiche Sorgfaltspflichten begründen: aus der Warnung, aufgrund der Bedeutung der Erfindung, der Überschaubarkeit des technischen Gebiets, aus Gründen in der Person des Verletzers – hier ließ das Reichsgericht die Unerfahrenheit ebenso wie die besondere Sachkunde gelten – und aus zur Kenntnis gelangten gerichtlichen oder patentamtlichen Entscheidungen.18 Zugleich wuchsen die Anforderungen an die Verletzer, ihre Sorgfaltspflichten zu erfüllen: Bald reichte nicht nur eine einfache Prüfung, das Reichsgericht verlangte vielmehr, sie müssten sich bei „gleichwertigen Autoritäten“ eine Überzeugung von der Erlaubtheit ihres Handelns verschaffen.19 Auf dem vom Gesetzgeber lange vernachlässigten Gebiet des Verschuldens hat das Reichsgericht einen wirkungsvollen Patentschutz außerordentlich nachdrücklich unterstützt. Immerhin verhalf dem Patentinhaber erst die Möglichkeit, Schadenersatz zu verlangen, zu einem wirksamen und abschreckenden Schutz vor Verletzungen. Typische Beweisschwierigkeiten bei der Schadensberechnung vermied das Reichsgericht, indem es dem Verletzten die Wahl zwischen drei Schadensberechnungsmethoden beließ.20 8. Voraussetzung für die Schadensberechnung war häufig ein Rechnungslegungsanspruch, den das Reichsgericht aus allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften gewährte. Entgegen dem Wortlaut des BGB ließ es diesen aus den Geschäftsführungsgrundsätzen hergeleiteten Anspruch auch bei nur grober Fahrlässigkeit zu. Mehrere allgemeinrechtliche Ansprüche ergänzten die speziellen Ansprüche des PatG zu einem ganzen System von Verletzungsansprüchen, das gegen die typischen Beeinträchtigungen des Patents schützte; allein nicht anerkannt war in der behandelten Zeit ein verschuldensunabhängiger Bereicherungsanspruch.21 15 16 17 18 19 20 21

Siehe S. 370 ff. Siehe S. 372 ff. Siehe S. 381 ff. Siehe S. 388 ff. Siehe S. 392 ff. Siehe S. 397 ff. Siehe S. 103 ff.

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9. Schließlich machte sich auch im Verfahrensrecht die patentfreundliche Grundhaltung bemerkbar: Zum einen ermöglichte eine weite Auslegung des § 32 ZPO dem Patentinhaber, Schadenersatz und Unterlassung an jedem deliktischen Begehungsort einzuklagen.22 Das bedeutete für ihn eine große Wahlfreiheit zwischen im Patentrecht typischerweise vielen Begehungsorten. Insbesondere bei teilweise im Ausland stattfindenden Verletzungen konnte Schadenersatz wegen der gesamten Handlung im Inland verlangt werden. Beweisrechtlich musste grundsätzlich der Inhaber des Verfahrenspatents nachweisen, dass das seinen Erzeugnisschutz verletzende Produkt gerade nach seinem Verfahren hergestellt sei. Um ihm diesen oft unmöglichen Beweis zu erleichtern, senkte das Reichsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung; ggf. musste sogar der Verletzer qualifiziert bestreiten, d. h. behaupten, ein anderes Verfahren zur Herstellung angewendet oder jedenfalls gekannt zu haben.23 Das Reichsgericht hat, wie aufgezeigt, die ihm durch das Patentgesetz belassenen Freiräume dazu genutzt, ein starkes Patentrecht zu erschaffen. Ebensogut wäre es möglich gewesen, in den der Rechtsfortbildung zugänglichen Fällen den Gesetzestext weniger umfangreich auszulegen. Es hätte den Patentschutz auf die gesetzlich bedachten und geregelten Fälle beschränken und den Prozessgegnern des Patentinhabers beistehen können, um den freien Wettbewerb zu fördern. Dass es diesen Weg nicht gegangen ist, mag seine Gründe auch in den erst kurz zuvor gewandelten wirtschaftspolitischen und -wissenschaftlichen Auffassungen gehabt haben.24 Ein der liberalen Lehre, die noch bis wenige Jahre vor Inkrafttreten des Patentgesetzes verbreitet war, nahestehendes Gericht hätte den Patentschutz restriktiv gehandhabt, wenn nicht schlechthin abgelehnt.25 Nach dem Freihandelsgedanken, der auf den Thesen Adam Smiths und seiner Nachfolger beruhte,26 war nahezu jede staatliche Intervention wirtschaftsschädlich. Von der streng liberalen Wirtschaftstheorie hatte sich die Nationalökonomie der frühen 80er Jahre des 19. Jahrhunderts verabschiedet. Der Liberalismus vermochte das Versagen der freien Märkte nicht zu erklären, welches sich insbesondere im vorbildlich liberalen England gezeigt hatte: Es war in eine schwere wirtschaftliche Krise geraten, die sozialen Zustände, zu denen der sogenannte Manchester-Kapitalismus27 geführt hatte, widersprachen jedem Gerechtigkeitsempfinden. Unter diesen Eindrücken hatte sich in den Wirtschaftswissenschaften die historische Schule gebildet.28 Sie trat nicht mehr für die unbedingte wirtschaftliSiehe S. 149 ff. Siehe S. 152 ff. 24 Vgl. Schumpeter, S. 929 ff.; Winkel in: Coing / Wilhelm, S. 3 ff. 25 Siehe S. 48 f. Zu Vertretern des Liberalismus siehe Winkel in: Coing / Wilhelm, S. 3 f. 26 Zu einzelnen Personen und ihren Theorien siehe Spann, S. 96 ff. 27 Der Begriff steht für das rücksichtslose Streben Einzelner nach materialistischen Werten, Vgl. Spann, S. 33. 22 23

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che Freiheit des Individuums ein, sondern empfand die universale Ordnung und Planmäßigkeit im Wirtschaftsverkehr als Wohltat, als „etwas Gesundes und sozial Gutes“, als „natürliche Reaktion gegen die Verwüstungen des ökonomischen Hyper-Individualismus“.29 Als wirtschaftspolitischer Grundsatz galt nicht mehr das liberale „laissez-faire, laissez-aller, laissez-passer, le monde va de lui-même“.30 Dem Historismus kam es auf die Gemeinwirtschaft an: Der Staat sei berechtigt und verpflichtet, neben dem selbständig erwerbsfähigen Menschen eine lenkende Rolle zu übernehmen und rationell zu intervenieren.31 Diese Auffassung fasste bald Fuß im Kaiserreich. Neues Leitbild der Wirtschaftspolitik war das Prinzip der „regulierten Konkurrenz“: Bei grundsätzlich fortbestehender Gewerbefreiheit verfolgte der Staat eine – übertriebene – „produktive Ordnungspolitik“,32 welche nach außen eine protektionistische Zollpolitik begleitete.33 Ziel war es, die nationale Wirtschaft unter dem Schutz der Zölle aufzubauen, damit sie sich später kraftvoll als Symbol staatlicher Macht in einem internationalen Markt ohne Barrieren bewähre.34 Vor diesem Hintergrund erscheint auch die reichsgerichtliche Rechtsprechung in Patentverletzungssachen den wirtschaftswissenschaftlichen Anschauungen ihrer Zeit angepasst: Sie begünstigte das kräftige Wachstum insbesondere der patentreichen Maschinenbau-, Chemie- und Elektroindustrien. Mit dem Erzeugnisschutz bei Verfahrenspatenten errichtete das Reichsgericht eine patentrechtliche Schranke gegen ausländische Hersteller chemischer Produkte. Rückendeckung bekam es auch von Seiten der juristischen Literatur, welche ebenfalls im ausschließlichen Charakter des Patentrechts keinerlei Wirtschaftshemmnis sah: Kohler betonte, dass das Exklusivrecht nur den Zustand aufrecht erhalte, wie er war, bevor der Geist des Erfinders die Erfindung gemacht hat; die Güterwelt bleibt, so wie sie war, der Allgemeinheit eröffnet, und nur das Neue soll (zunächst) dem Einzelnen gehören.35

Die vermutete Identifikation des Reichsgerichts mit der protektionistischen Wirtschaftspolitik der Zeit trat in besonders auffälliger Weise in den ersten kartellrechtlichen Entscheidungen hervor.36 Seit 1890 begegnete es Kartellvereinbarun28 Zu ihren Grundsätzen und Vertretern ausführlich Spann, S. 138 ff.; Winkel in: Coing / Wilhelm, S. 5 ff. Eine Rückbesinnung auf klassische Werte gab es nicht nur in den Wirtschaftswissenschaften. 29 So formulierte Klein auf dem Innsbrucker Juristentag 1904, zitiert bei Nörr (1994), S. 29 f. 30 Der berühmte Ausspruch wird Vincent de Guernay zugeschrieben, v. Schönberg, Bd. 1, S. 67. 31 v. Schönberg, Bd. 1, S. 67 ff. 32 Boch, Staat und Wirtschaft, S. 52 ff. 33 Die Schutzzölle wurden 1879 / 80 eingeführt, Boch, Staat und Wirtschaft, S. 38 f., S. 53 f. 34 Nörr (1994), S. 29. 35 Kohler in: v. Schönberg, Bd. 2.2, S. 182.

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gen mit wohlwollender Billigung, es sah sie als mit der Gewerbefreiheit vereinbar und dem öffentlichen Interesse dienlich an.37 Diese monopolfreundliche Sichtweise lässt sich nicht ohne weiteres auf die Rechtsprechung in Patentverletzungssachen übertragen, nur weil zeitweilig auch das Patent ein Ausschlussrecht gewährte. Das ist schon deswegen nicht möglich, weil sich die Entscheidung eines Patentstreits zunächst nur zwischen den Parteien, die Kartellentscheidung hingegen auf einem ganzen Markt auswirkt. Gleichwohl wird hier wie da deutlich, dass sich das oberste Gericht bei seinen Entscheidungen auf den Gebieten des Wirtschaftsrechts den herrschenden Wirtschaftstheorien nicht gänzlich entziehen konnte. In dem untersuchten Zeitraum scheint das Reichsgericht allgemein das Prinzip des freien Wettbewerbs zugunsten der Förderung einzelner Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr ergänzt zu haben. Auch anschließend, in der Zeit der Weimarer Republik, hat das Reichsgericht zunächst an den von ihm um die Jahrhundertwende entwickelten Grundsätzen seiner Patentrechtsprechung festgehalten.38 Seine Linie der tendenziell weiten Patentauslegung verließ es erst 1925, als Teile der Industrie zunehmende Rechtsunsicherheit beklagten.39 Doch muss ein Eingehen darauf und auf die weiteren Entwicklungen bis in die Gegenwart einer anderen Bearbeitung vorbehalten bleiben.40 Das Reichsgericht hat mit seinen patentrechtlichen Entscheidungen die anfängliche Entwicklung des deutschen Patentrechts bedeutend beeinflusst und zu der gesetzgeberischen Absicht beigetragen, den technischen Fortschritt zu fördern, die Wirtschaft anzukurbeln und ihr zu mehr Bedeutung zu verhelfen. Das Deutsche Reichspatent wurde zu einem wertvollen und international hoch angesehenen Schutzrecht.

36 In diesem Fall entschied allerdings nicht der I., sondern der VI. Zivilsenat, Vgl. das bekannte Urteil zum sächsischen Holzstoffkartell, RGZ 38, S. 155 v. 4. 2. 1897 (VI 307 / 96), ausführlich bei Nörr (1994), S. 8 ff. 37 Boch, Staat und Wirtschaft, S. 53. Damit lag es auf einer Linie mit der zeitgenössischen Volkswirtschaftslehre, derzufolge Kartelle ihren Grund in den Gefahren und Nachteilen der Gewerbefreiheit für große Unternehmen fanden, im Interesse der Unternehmer und ihrer Arbeiter standen, da sie den Absatz und angemessene Preise sicherten, und eine „berechtigte, heilsame Einrichtung in dem Organismus der Volkswirtschaft“ waren, Vgl. v. Schönberg, Bd. 2.1, S. 724 f. 38 Auch der Gesetzgeber fügte bei der Neuverkündung des PatG von 1923 nur wenige Änderungen der Kriegs- und Nachkriegszeit ein, ohne das Gesetz im Wesentlichen zu erneuern. 39 Nörr (1988), S. 162. Hingegen warnte insbesondere Isay davor, die ausgewogene Dogmatik der Patentauslegung nun zulasten der Volkswirtschaft aufzugeben und Errungenes wie in einer Pendelbewegung wieder zunichte zu machen, Isay, Mitt. 1925, S. 54, 62. 40 In den Vordergrund des Interesses rückte insbesondere die Arbeitnehmererfindung, deren grundlegende Regelungsgesichtspunkte schon in der Vorkriegszeit erarbeitet wurden. Sie galt aber zunächst als arbeitsrechtliches Thema und fand erst in der Bundesrepublik den Weg in das PatG, siehe Fn. 154 des 1. Abschnitts.

Anhang A. Der Wortlaut der Patentgesetze im Auszug Die Gegenüberstellung der Patentgesetze1 beschränkt sich auf Vorschriften, die für das Verständnis der Arbeit wesentlich sind. Inhaltliche Neuerungen von 1891 sind durch Kursivschrift hervorgehoben, ohne dass dieses Gegenstand der verkündeten Fassung war. Hinzugefügt sind ferner die Zahlen für Absätze und Sätze mehrsätziger Absätze. Patentgesetz vom 25. Mai 1877

Patentgesetz vom 7. April 1891

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Artikel I. An Stelle der §§. 1 bis 40 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 (Reichs-Gesetzbl. S. 501) treten folgende Bestimmungen.

Erster Abschnitt. Patentrecht. §. 1. (1) Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Verwerthung gestatten. (2) Ausgenommen sind: 1. Erfindungen, deren Verwerthung den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde; 2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.

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Erster Abschnitt. Patentrecht. §. 1. (1) Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Verwerthung gestatten. (2) Ausgenommen sind: 1. Erfindungen, deren Verwerthung den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde; 2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.

PatG 1877, RGBl. 1877, S. 501 ff., und PatG 1891, RGBl. 1891, S. 79 ff.

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§. 2. Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften bereits derart beschrieben oder im Inlande bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint.

§. 2. (1) Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften aus den letzten hundert Jahren bereits derart beschrieben oder im Inlande bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint. .. .

§. 3. (1) Auf die Ertheilung des Patentes hat derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesetzes angemeldet hat.

§. 3. (1) 1Auf die Ertheilung des Patents hat derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesetzes angemeldet hat. 2Eine spätere Anmeldung kann den Anspruch auf ein Patent nicht begründen, wenn die Erfindung Gegenstand des Patents des früheren Anmelders ist. 3 Trifft diese Voraussetzung theilweise zu, so hat der spätere Anmelder nur Anspruch auf Ertheilung eines Patents in entsprechender Beschränkung.

(2) Ein Anspruch des Patentsuchers auf Ertheilung des Patentes findet nicht statt, wenn der wesentliche Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen, und von dem letzteren aus diesem Grunde Einspruch erhoben ist.

(2) 1Ein Anspruch des Patentsuchers auf Ertheilung des Patents findet nicht statt, wenn der wesentliche Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen, und von dem letzteren aus diesem Grunde Einspruch erhoben ist. 2Hat der Einspruch die Zurücknahme oder Zurückweisung der Anmeldung zur Folge, so kann der Einsprechende, falls er innerhalb eines Monats seit Mittheilung des hierauf bezüglichen Bescheides des Patentamts die Erfindung seinerseits anmeldet, verlangen, daß als Tag seiner Anmeldung der Tag vor Bekanntmachung der früheren Anmeldung festgesetzt werde.

§. 4. (1) Das Patent hat die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzuhalten.

§. 4. Das Patent hat die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. 2Ist das Patent für ein Verfahren ertheilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.

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(2) Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand der Erfindung, so hat das Patent außerdem die Wirkung, daß niemand befugt ist, ohne Erlaubniß des Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu gebrauchen. §. 5. (1) Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher bereits zur Zeit der Anmeldung des Patentinhabers im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte.

§. 5. (1) 1Die Wirkung des Patents tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher zur Zeit der Anmeldung bereits im Inlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. 2Derselbe ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. 3Diese Befugniß kann nur zusammen mit dem Betriebe vererbt oder veräußert werden.

(2) 1Die Wirkung des Patentes tritt ferner insoweit nicht ein, als die Erfindung nach Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. 2Doch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem Staat, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patentes beantragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird.

(2) 1Die Wirkung des Patents tritt ferner insoweit nicht ein, als die Erfindung nach Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. 2Doch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem Staate, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patents beantragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird.

(3) Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patentes nicht.

(3) Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht.

§. 6. Der Anspruch auf Ertheilung des Patentes und das Recht aus dem Patente gehen auf die Erben über. 2Der Anspruch und das Recht können beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf Andere übertragen werden.

§. 6. Der Anspruch auf Ertheilung des Patents und das Recht aus dem Patent gehen auf die Erben über. 2Der Anspruch und das Recht können beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf andere übertragen werden.

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§. 7. Die Dauer des Patentes ist fünfzehn Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt mit dem auf die Anmeldung der Erfindung folgenden Tage. 2 Bezweckt eine Erfindung die Verbesserung einer anderen, zu Gunsten des Patentsuchers durch ein Patent geschützten Erfindung, so kann dieser die Ertheilung eines Zusatzpatentes nachsuchen, welches mit dem Patente für die ältere Erfindung sein Ende erreicht. .. .

§. 7. (1) 1Die Dauer des Patents ist fünfzehn Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt mit dem auf die Anmeldung der Erfindung folgenden Tage. 2Bezweckt eine Erfindung die Verbesserung oder sonstige weitere Ausbildung einer anderen, zu Gunsten des Patentsuchers durch ein Patent geschützten Erfindung, so kann dieser die Ertheilung eines Zusatzpatents nachsuchen, welches mit dem Patent für die ältere Erfindung sein Ende erreicht. .. .

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§. 9. Das Patent erlischt, wenn der Patentinhaber auf dasselbe verzichtet, oder wenn die Gebühren nicht spätestens drei Monate nach der Fälligkeit gezahlt werden.

§. 9. Das Patent erlischt, wenn der Patentinhaber auf dasselbe verzichtet, oder wenn die Gebühren nicht rechtzeitig bei der Kasse des Patentamts oder zur Überweisung an dieselbe bei einer Postanstalt im Gebiete des Deutschen Reichs eingezahlt sind.

§. 10. Das Patent wird für nichtig erklärt, wenn sich ergiebt: 1. daß die Erfindung nach §§. 1 und 2 nicht patentfähig war,

§. 10. (1) Das Patent wird für nichtig erklärt, wenn sich ergiebt: 1. daß der Gegenstand nach §§. 1 und 2 nicht patentfähig war, 2. daß die Erfindung Gegenstand des Patents eines früheren Anmelders ist, 3. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen war.

2. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen war.

(2) Trifft eine dieser Voraussetzungen (1 bis 3) nur theilweise zu, so erfolgt die Erklärung der Nichtigkeit durch entsprechende Beschränkung des Patents. §. 11. Das Patent kann nach Ablauf von drei Jahren zurückgenommen werden:

§. 11.2 Das Patent kann nach Ablauf von drei Jahren, von dem Tage der über die Ertheilung des Patents erfolgten Bekanntmachung (§ 27 Absatz 1) gerechnet, zurückgenommen werden:

1. wenn der Patentinhaber es unterläßt, im Inlande die Erfindung in angemessenem Umfange zur Ausführung zu bringen, oder doch Alles zu thun, was erforderlich ist, um diese Ausführung zu sichern;

1. wenn der Patentinhaber es unterläßt, im Inlande die Erfindung in angemessenem Umfange zur Ausführung zu bringen, oder doch Alles zu thun, was erforderlich ist, um diese Ausführung zu sichern;

2 Das G, betr. den Patentausführungszwang v. 6. 6. 1911, RGBl. 1911, S. 243, gab § 11 folgende Fassung: (1) 1Verweigert der Patentinhaber einem anderen die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung auch bei Angebot einer angemessenen Vergütung und Sicherheitsleistung, so kann, wenn die Ertheilung der Erlaubnis im öffentlichen Interesse geboten ist, dem anderen die Berechtigung zur Benutzung der Erfindung zugesprochen werden (Zwangslizenz). 2Die Berechtigung kann eingeschränkt ertheilt und von Bedingungen abhängig gemacht werden. (2) 1Das Patent kann, soweit nicht Staatsverträge entgegenstehen, zurückgenommen werden, wenn die Erfindung ausschließlich oder hauptsächlich außerhalb des Deutschen Reichs oder der Schutzgebiete ausgeführt wird. 2Die Übertragung des Patents auf einen anderen ist insofern wirkungslos, als sie nur den Zweck hat, der Zurücknahme zu entgehen. (3) Vor Ablauf von drei Jahren seit der Bekanntmachung der Ertheilung kann eine Entscheidung nach Absatz 1, 2 gegen den Patentinhaber nicht getroffen werden.

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2. wenn im öffentlichen Interesse die Ertheilung der Erlaubniß zur Benutzung der Erfindung an Andere geboten erscheint, der Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert, diese Erlaubniß gegen angemessene Vergütung und genügende Sicherstellung zu ertheilen. .. .

2. wenn im öffentlichen Interesse die Ertheilung der Erlaubniß zur Benutzung der Erfindung an andere geboten erscheint, der Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert, diese Erlaubniß gegen angemessene Vergütung und genügende Sicherstellung zu ertheilen. .. .

Zweiter Abschnitt. Patentamt. §. 13.

Zweiter Abschnitt. Patentamt. §. 13.

(1) Die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente erfolgt durch das Patentamt. .. .

(1) Die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente erfolgt durch das Patentamt. .. .

§. 19. (1) 1Bei dem Patentamte wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand und die Dauer der ertheilten Patente, sowei den Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer bei Anmeldung der Erfindung etwa bestellten Vertreter angiebt. 2Der Anfang, der Ablauf, das Erlöschen, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente sind, unter gleichzeitiger Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger, in der Rolle zu vermerken.

§. 19. (1) 1Bei dem Patentamt wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand und die Dauer der ertheilten Patente, sowei den Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer bei Anmeldung der Erfindung etwa bestellten Vertreter angiebt. 2Der Anfang, der Ablauf, das Erlöschen, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente sind, unter gleichzeitiger Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger, in der Rolle zu vermerken.

(2) 1Tritt in der Person des Patentinhabers oder seines Vertreters eine Aenderung ein, so wird dieselbe, wenn sie in beweisender Form zur Kenntniß des Patentamtes gebracht ist, ebenfalls in der Rolle vermerkt und durch den Reichsanzeiger veröffentlicht. 2So lange dieses nicht geschehen ist, bleiben der frühere Patentinhaber und sein früherer Vertreter nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. .. .

(2) 1Tritt in der Person des Patentinhabers oder seines Vertreters eine Aenderung ein, so wird dieselbe, wenn sie in beweisender Form zur Kenntniß des Patentamts gebracht ist, ebenfalls in der Rolle vermerkt und durch den Reichsanzeiger veröffentlicht. 2 Solange dieses nicht geschehen ist, bleiben der frühere Patentinhaber und sein früherer Vertreter nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. .. .

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Anhang Dritter Abschnitt. Verfahren in Patentsachen.

Dritter Abschnitt. Verfahren in Patentsachen.

§. 20. (1) 1Die Anmeldung einer Erfindung behufs Ertheilung eines Patentes geschieht schriftlich bei dem Patentamte. 2Für jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung erforderlich. 3Die Anmeldung muß den Antrag auf Ertheilung des Patentes enthalten und in dem Antrage den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnen. 4In einer Anlage ist die Erfindung dergestalt zu beschreiben, daß danach die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint. 5Auch sind die erforderlichen Zeichnungen, bildlichen Darstellungen, Modelle und Probestücke beizufügen.

§. 20. (1) 1Die Anmeldung einer Erfindung behufs Ertheilung eines Patents geschieht schriftlich bei dem Patentamt. 2Für jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung erforderlich. 3 Die Anmeldung muß den Antrag auf Ertheilung des Patents enthalten und in dem Antrage den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnen. 4In einer Anlage ist die Erfindung dergestalt zu beschreiben, daß danach die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint. 5Am Schlusse der Beschreibung ist dasjenige anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (Patentanspruch). 6Auch sind die erforderlichen Zeichnungen, bildlichen Darstellungen, Modelle und Probestücke beizufügen. .. .

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§. 23. (1) 1Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Ertheilung eines Patents nicht für ausgeschlossen, so beschließt es die Bekanntmachung der Anmeldung. 2Mit der Bekanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein (§§. 4 und 5). .. .

§. 26. (1) Ist die Ertheilung des Patentes endgültig beschlossen, so erläßt das Patentamt darüber durch den Reichsanzeiger eine Bekanntmachung und fertigt demnächst für den Patentinhaber eine Urkunde aus.

§. 27. (1) Ist die Ertheilung des Patents endgültig beschlossen, so erläßt das Patentamt darüber durch den Reichsanzeiger eine Bekanntmachung und fertigt demnächst für den Patentinhaber eine Urkunde aus.

(2) 1Wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. 2Mit der Versagung gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten.

(2) 1Wird die Anmeldung nach der Veröffentlichung (§ 23) zurückgenommen oder wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. 2Die eingezahlte Jahresgebühr wird in diesen Fällen erstattet. 3 Mit der Versagung des Patents gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten.

§. 22. (1) 1Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Ertheilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen, so verfügt es die Bekanntmachung der Anmeldung. 2 Mit der Bekanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patentes ein (§§. 4, 5).

Anhang §. 27. Die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit oder wegen Zurücknahme des Patentes erfolgt nur auf Antrag. 2Im Falle des §. 10 Nr. 2 ist nur der Verletzte zu dem Antrage berechtigt. 3Der Antrag ist schriftlich an das Patentamt zu richten und hat die Thatsachen anzugeben, auf welche er gestützt wird. 1

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§. 28. (1) Die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit oder wegen Zurücknahme des Patents erfolgt nur auf Antrag.

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(2) Im Falle des § 10 Nr. 3 ist nur der Verletzte zu dem Antrage berechtigt. (3) Im Falle des § 10 Nr. 1 ist nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der über die Ertheilung des Patents erfolgten Bekanntmachung (§ 27 Absatz 1) gerechnet, der Antrag unstatthaft. (4) 1Der Antrag ist schriftlich an das Patentamt zu richten und hat die Thatsachen anzugeben, auf welche er gestützt wird. ( . . . ) .. .

Vierter Abschnitt. Strafen und Entschädigung.

Vierter Abschnitt. Strafen und Entschädigung.

§. 34. (1) Wer wissentlich den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft und ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet.

§. 35. (1) Wer wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet.

(2) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein.

(2) Handelt es sich um eine Erfindung, welche ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Stoffes zum Gegenstand hat, so gilt bis zum Beweise des Gegentheils jeder Stoff von gleicher Beschaffenheit als nach dem patentirten Verfahren hergestellt.

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§. 36. (1) Wer wissentlich den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. (2) 1Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. 2Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. .. .

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Anhang

§. 36. (1) 1Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von zehntausend Mark erkannt werden. 2Für diese Buße haften die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner.

§. 37. (1) 1Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von zehntausend Mark erkannt werden. 2Für diese Busse haften die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner.

(2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.

(2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.

§. 37. Die im §. 12 des Gesetzes, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für Handelssachen, vom 12. Juni 1869 geregelte Zuständigkeit des Reichs-Oberhandelsgerichts wird auf diejenigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ausgedehnt, in welchen durch die Klage ein Anspruch auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht wird.

§. 38. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des §. 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgericht zugewiesen.

§. 38. Die Klagen wegen Verletzung des Patentrechts verjähren rücksichtlich jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren.

§. 39. Die Klagen wegen Verletzung des Patentrechts verjähren rücksichtlich jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren.

§. 39. Darüber, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich derselbe beläuft, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. .. .

.. .

§. 45. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1877 in Kraft. (...)

Artikel III. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1891 in Kraft. (...)

Anhang

425

B. Die Besetzung des für Patentsachen zuständigen I. Zivilsenats

1.10.1879

Dr. v. Hahn

1.10.1879

Dr. Hoffmann

1.10.1879, v. 1.2.1880 Vors. des III. Hilfssenats

Dr. Boisselier

1.10.1879

Dr. Schlesinger 1.10.1879 1.10.1879

1.10.1879, v. 1.2.1880 überg. II. Hilfssenat

Rüger

1.10.1879, v. 1.1.1880 überg. II. ZS

Dr. Hambrook

1.10.1879

Dr. Hauser

1.10.1879, v. 1.1.1880 überg. II. ZS 1.1.1880 1.1.1880

Dr. Bolze Maßmann Dr. Behrend Dr. Rehbein Stolterfoth

1916

1918

. v. 1.7.1890 R

. v. 1.1.1889 R . v. 1.7.1887 R

1.3.1881

. v. 16.9.1906 R

.1.12.1897

1.1.1883, v. 1.4.1884 überg. III. ZS 1.7.1887

. v. 1.10.1900 R

1.1.1889

. v. 1.10.1907 R

15.9.1890 † 17.12.1894 1.10.1891 v. 1.10.1896 R

Winchenbach

1.10.1891

Dr. Planck

1912

. v. 1.10.1891 SPräs. V. ZS

Dr. Dreyer

Jeß

1914

. v. 1.6.1896 R . v. 1.5.1886 überg. VI. ZS

Krüger

Dr. v. Meibom

1908

. † 10.8.1897 . v. 1.10.1891 SPräs. VI. ZS

Dr. Wiener

Dr. Gallenkamp

1910

1904

Dr. Drechsler

1906

1900

1902

1896

1898

1892

1894

1888

1890

1884

1886

1880

1882

Nach der ersten Geschäftsverteilung des Reichsgerichts von 1879 sollte der III. Zivilsenat über alle Rechtsstreitigkeiten aus den §§ 32 und 37 PatG – Berufungen in Nichtigkeitsverfahren und Revisionen in Verletzungsverfahren – entscheiden.3 Bereits zu Beginn des Jahres 1880 übertrug die Geschäftsverteilung die Zuständigkeit auf den I. Zivilsenat.4 Die folgende Übersicht veranschaulicht die Zusammensetzung des I. Senats in der Zeit vom 1. Oktober 1879 bis zum Ende des Jahres 1918.5 Die linke Spalte führt die Senatspräsidenten und Reichsgerichtsräte auf. Neben jedem Namen kennzeichnet ein Balken die Dauer der Mitgliedschaft im I. Senat. Die Senatspräsidenten sind dunkler hervorgehoben. Am Anfang der Balken steht das jeweilige Eintrittsdatum, neben dem Balken der Werdegang nach Austritt aus dem Senat:

. v. 1.7.1902 SPräs. VI. ZS

1.4.1895 1.10.1896

. v. 1.6.1907 SPräs. V.ZS .

16.9.1906

.v. 1.1.1904 überg. IV. ZS.

3 Die Geschäftsverteilung ist abgedruckt bei Müller in: SächsArch.DBR (Sonderheft 1904), S. 88 f. 4 Siehe „Die Geschäftsvertheilung des Reichsgerichts im Jahre 1880“, JW 1880, S. 17. 5 Aus Lobe, S. 389 f.; Schubert Erkenntnisse 1900 – 1901, S. 71. Abkürzungen: SPräs. = Senatspräsident; Vors. = Vorsitzender; ZS = Zivilsenat; R = Ruhestand; überg. = übergegangen; ausg. = ausgeschieden.

Dr. Sievers

1.10.1896

v. Hassell

1.5.1897 v. 1.5.1899 überg. VII. ZS

Lahusen Hofmann

. v. 1.7.1912SPräs. II. ZS

1.12.1897, v. 1.6.1900 R 1.5.1899

. v. 1.11.1913 R

Dr. Hagens

1.6.1900

Dr. Sprecher von Bernegg

1.10.1900

Dr. Düringer

1918

1916

1914

1912

1910

1908

1906

1904

1902

1900

1898

1896

1894

1892

1890

1888

1886

1884

1882

Anhang 1880

426

.sp. SPräs. II. ZS . v. 1.10.1911R

1.7.1902

. v. 16.10.1915 ausg.

Berendes

1.1.1904, 16.11.1905

Burlage

1.6.1907

Dr. Mansfeld

1.6.1907 . v. 1.11.1912 überg. II. ZS

Brodmann Dr. Meyer Viereck Katluhn Dr. Philippi Dr. Czolbe Dr. Gunkel Dr. Staffel Dr. Pietzcker

.v. 4.4.1905 überg. VII. ZS .

1.10.1911, v. 1.1.1915 überg. II. ZS 1.10.1912 .sp. SPräs. IV. ZS 1.7.1912, v. 16.9.1912 überg. III. Strafsenat 5.4.1914.sp. SPräs. 1.11.1912, v. 1.1.1914 überg. II. ZS 16.10.1915, v. 4.12.1916 überg. III. ZS 1.4.1914 . 1.1.1915, v. 1.10.1915 überg. III. ZS 24.9.1917

Urteilsverzeichnis Nachgewiesen werden die in dieser Schrift untersuchten und zitierten Entscheidungen des Reichsgerichts. Sie sind in zeitlicher Reihenfolge mit Aktenzeichen aufgelistet und nach Jahren abgesetzt. Alle aufgeführten Entscheidungen finden sich ungekürzt samt Rubrum, Tatbestand und Gründen in einer Sammlung der sämtlichen Erkenntnisse des Reichsgerichts, welche die Bibliothek des BGH in Karlsruhe besitzt.1 Die ebenfalls angegebenen Fundstellen sollen helfen, die sonst nur mit hohem Aufwand einsehbaren Entscheidungen in gängigen Sammlungen und Zeitschriften wiederzufinden.2 Die Nennung der Fundstellen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann sie Gewähr dafür bieten, dass sich jeweils die in der Arbeit behandelte Textpassage in den einzelnen Fundstellen wiederfindet; letztere enthalten meist nur ausschnittsweise Veröffentlichungen. Eine Reihe weiterer Urteile betraf das Thema der Arbeit nur am Rande. Auf ihre Aufnahme in das Verzeichnis wurde verzichtet; Fundstellen finden sich in der jeweiligen Fußnote. Aktenzeichen:3

Datum:

Fundstelle(n):

1880 I 35 / 80

14. 2. 1880

RGZ 1, S. 301 Gareis 1881 (I), S. 103 Pbl. 1880 (IV), S. 64

1881 1 D 3438 / 80

17. 1. 1881

RGSt 3, S. 252

II 334 / 80

1. 2. 1881

RGZ 3, S. 85

2 D 319 / 81

1. 3. 1881

RGSt 4, S. 12

I 506 / 81

2. 3. 1881

RGZ 3, S. 164

1 Siehe Einleitung, S. 31. Alle in der Arbeit zitierten Textausschnitte geben Wortlaut und Schreibweise originalgetreu entsprechend den Vorgaben aus der Sammlung der sämtlichen Erkenntnisse wieder. 2 Erfasst sind: RGZ, RGSt, Schubert Erkenntnisse, Schubert / Glöckner, Bolze, Gareis, Warneyer, Gruchot, SeuffArch., Pbl., PMZBl., JW, MuW, GRUR, Mitt., DJZ, ZfI, Recht und LZ. Ist ein Urteil in keinem dieser Werke zu finden, nennt das Verzeichnis die auf alle Entscheidungen zutreffende Fundstelle „Bibliothek des BGH“ ausdrücklich als einzige, Vgl. z. B. RG v. 13. 4. 1885 (1 D 424 / 85). 3 Unter den Aktenzeichen finden sich vereinzelt Namen besonders bedeutender Entscheidungen, die zum Zweck leichterer Wiedererkennung teils von der Literatur, teils vom Verfasser vergeben wurden und stets auch in der Arbeit aufgeführt sind, Vgl. z. B. RG v. 20. 12. 1881 (II 418 / 81) – Knieblechröhren I.

428

Urteilsverzeichnis

II 441 / 81

5. 4. 1881

Gareis 1882 (III), S. 236 Pbl. 1881 (V), S. 172

3 D 1216 / 81

4. 6. 1881

RGSt 4, S. 274

3 D 3006 / 81

17. 12. 1881

RGSt 5, S. 268

II 146 / 81

20. 12. 1881

RGZ 6, S. 340

II 418 / 81

20. 12. 1881

RGZ 6, S. 337

3 D 3166 / 81

4. 1. 1882

RGSt 5, S. 362

3 D 3354 / 81

4. 2. 1882

RGSt 6, S. 10

2 D 312 / 82

14. 3. 1882

RGSt 6, S. 107 Gareis 1882 (III), S. 172 Pbl. 1882 (VI), S. 65

3 D 720 / 82

18. 4. 1882

RGSt 6, S. 272

1 D 609 / 82

20. 4. 1882

RGSt 6, S. 224

III 492 / 81 RGZ 7, S. 52

25. 4. 1882

II 135 / 81

28. 4. 1882

RGZ 7, S. 62

3 D 717 / 82

17. 5. 1882

Gareis 1884 (IV), S. 288 Pbl. 1882 (VI), S. 89

2 D 2346 / 82

24. 10. 1882

RGSt 7, S. 146 Gareis 1884 (IV), S. 271 Pbl. 1882 (VI), S. 97

9. 1. 1883

Gareis 1884 (IV), S. 281 Pbl. 1883 (VII), S. 93

Knieblechröhren I 1882

1883 2 D 3149 / 82

II 78 / 82

20. 3. 1883

Pbl. 1883 (VII), S. 172

3 D 716 / 83

12. 4. 1883

RGSt 8, S. 215

I 102 / 82

16. 4. 1883

Pbl. 1883 (VII), S. 217 JW 1883, S. 199, Nr. 40

I 8 / 83

16. 4. 1883

RGZ 9, S. 124

Urteilsverzeichnis I 514 / 82 Knieblechröhren II

21. 5. 1883

RGZ 9, S. 128 Gareis 1884 (IV), S. 107 Pbl. 1883 (VII), S. 247

I 23 / 83

27. 6. 1883

RGZ 9, S. 131

1 D 1095 / 83

29. 9. 1883

Gareis 1884 (IV), S. 258 Pbl. 1883 (VII), S. 414

I 382 / 83

28. 11. 1883

RGZ 10, S. 94 Blums Annalen, 9. Bd., S. 159

1884 3 D 626 / 84 I 53 / 84 Knieblechröhren III

3. 4. 1884

RGSt 10, S. 349 JW 1884, S. 135, Nr. 7

9. 4. 1884

Bolze 2. Bd. (1886), S. 78, Nr. 323 Gareis 1887 (V), S. 301 Pbl. 1884 (VIII), S. 225

4 D - / 84

27. 5. 1884

I 35 / 84

9. 6. 1884

RGZ 12, S. 123

1 D 1517 / 84

14. 7. 1884

RGSt 11, S. 241

2 D 2092 / 84

14. 11. 1884

RGSt 11, S. 266 Gareis 1899 (XII), S. 96 PMZBl. 1897 (III), S. 205 GRUR 1897, S. 322

I 350 / 84

24. 11. 1884

RGZ 12, S. 125 Gareis 1887 (V), S. 283 Pbl. 1885 (IX), S. 20

1885 I 521 / 84

21. 3. 1885

RGZ 13, S. 424

1 D 424 / 85

13. 4. 1885

Bibliothek des BGH

2 D 925 / 85

1. 5. 1885

I 130 / 85

13. 6. 1885

Knieblechröhren IV

Blums Annalen, 10. Bd., S. 212

Gareis 1887 (V), S. 161 Pbl. 1885 (IX), S. 177 RGZ 14, S. 76 Bolze 2. Bd. (1886), S. 80, Nr. 328

I 169 / 85

8. 7. 1885

I 153 / 85

13. 7. 1885

RGZ 14, S. 69 Bolze 2. Bd. (1886), S. 78, Nr. 324 JW 1885, S. 299, Nr. 9

429

430

Urteilsverzeichnis

1886 I 412 / 85

22. 2. 1886

I 116 / 86

8. 5. 1886

I 92 / 86

22. 5. 1886

Bolze 2. Bd. (1886), S. 78, Nr. 323 RGZ 16, S. 6 JW 1886, S. 234 Bolze 3. Bd. (1887), S. 65, Nr. 216

2 D 1620 / 86

2. 7. 1886

RGSt 14, S. 262

1 D 1656 / 86

23. 9. 1886

RGSt 14, S. 415

I 232 / 86

2. 10. 1886

RGZ 18, S. 28 JW 1886, S. 352, Nr. 24

I 237 / 86

2. 10. 1886

Bibliothek des BGH

2 D 2559 / 86

5. 11. 1886

RGSt 15, S. 34 Gareis 1889 (VI), S. 329 Pbl. 1886 (X), S. 427 JW 1887, S. 35, Nr. 14

II 251 / 86

17. 12. 1886

RGZ 17, S. 53 Bolze 4. Bd. (1887), S. 60, Nr. 198, S. 62, Nr. 203 JW 1887, S. 47, Nr. 42

1 D 3169 / 86

13. 1. 1887

Gareis 1889 (VI), S. 145 Pbl. 1887 (XI), S. 65

I 389 / 86

22. 1. 1887

Bolze 4. Bd. (1887), S. 435, Nr. 1555 Gareis 1893 (IX), S. 523, 1900 (XIII), S. 234 Gruchot 33, S. 1209, Nr. 139 Pbl. 1892 (XVI), S. 491 PMZBl. 1899 (V), S. 84

I 364 / 86

16. 2. 1887

Bolze 4. Bd. (1887), S. 64, Nr. 210

I 106 / 87

18. 5. 1887

Bolze 4. Bd. (1887), S. 65, Nr. 212 JW 1887, S. 291, Nr. 16

I 115 / 87

23. 5. 1887

Bolze 4. Bd. (1887), S. 65, Nr. 211, S. 323, Nr. 1091 Gareis 1889 (VI), S. 157 Pbl. 1887 (XI), S. 235

4 D 1653 / 87

23. 9. 1887

RGSt 16, S. 191

1 D 1984 / 87

17. 10. 1887

RGSt 16, S. 414 Gareis 1889 (VI), S. 196 Pbl. 1887 (XI), S. 387

1887

Urteilsverzeichnis 3 D 1882 / 87

I 177 / 87

20. 10. 1887

9. 11. 1887

431

Gareis 1889 (VI), S. 205 Pbl. 1887 (XI), S. 371 RGZ 20, S. 40 Schubert / Glöckner-II S. 148, Nr. 5 Bolze 5. Bd. (1888), S. 58, Nr. 185

1888 I B 72 / 87

18. 1. 1888

Bolze 5. Bd. (1888), S. 329, Nr. 1048

I 389 / 87 Methylenblau

14. 3. 1888

RGZ 22, S. 8 Bolze 6. Bd. (1889), S. 54, Nr. 153 Gareis 1889 (VI), S. 165 Pbl. 1888 (XII), S. 187

I 46 / 88

7. 4. 1888

Bolze 6. Bd. (1889), S. 53, Nr. 151, S. 400, Nr. 1153

I 86 / 88 Bremsklotz I

5. 5. 1888

RGZ 22, S. 165 Bolze 6. Bd. (1889), S. 54 f., Nr. 154 – 155 Gareis 1889 (VI), S. 339 Pbl. 1888 (XII), S. 201 JW 1888, S. 250, Nr. 22

I 112 / 88

16. 5. 1888

I 142 / 88

9. 6. 1888

RGZ 21, S. 68 Bolze 6. Bd. (1889), S. 57, Nr. 159 – 161 Gareis 1889 (VI), S. 357 Pbl. 1888 (XII), S. 339 JW 1888, S. 307, Nr. 9

I 88 / 88

9. 6. 1888

Bolze 6. Bd. (1889), S. 57, Nr. 158

I 122 / 88

30. 6. 1888

Bolze 7. Bd. (1889), S. 54, Nr. 149

Knieblechröhren V

Bolze 6. Bd. (1889), S. 56, Nr. 156, S. 354, Nr. 976

JW 1889, S. 72, Nr. 22

1889 I 19 und 20 / 89 I 53 / 89 I 73 / 89 Ausziehtisch

I 345 / 88 Ariston

13. 3. 1889 3. 4. 1889 24. 4. 1889

4. 5. 1889

Bolze 7. Bd. (1889), S. 57, Nr. 154 Bolze 7. Bd. (1889), S. 59 ff., Nr. 157 – 159 Bolze 7. Bd. (1889), S. 61, Nr. 160 Pbl. 1892 (XVI), S. 454 JW 1889, S. 232, Nr. 9 Bolze 7. Bd. (1889), S. 62 ff., Nr. 162 – 164 Gareis 1890 (VII), S. 173 Pbl. 1889 (XIII), S. 274

432

Urteilsverzeichnis

I 95 / 89 Daverio

15. 5. 1889

Bolze 8. Bd. (1890), S. 54, Nr. 125 Gareis 1890 (VII), S. 2 Pbl. 1889 (XIII), S. 337 JW 1889, S. 258, Nr. 11

I 113 / 89 Wollfett

5. 6. 1889

Bolze 8. Bd. (1890), S. 65, Nr. 140 Gareis 1893 (IX), S. 540 Pbl. 1892 (XVI), S. 290

I B 33 / 89

5. 6. 1889

Bolze 8. Bd. (1890), S. 348, Nr. 786

I 137 / 89

24. 6. 1889

Bolze 8. Bd. (1890), S. 69, Nr. 146 – 147 JW 1889, S. 367, Nr. 11

I 186 / 89

19. 10. 1889

Bolze 8. Bd. (1890), S. 70, Nr. 149

I 197 / 89

19. 10. 1889

RGZ 24, S. 394 Bolze 8. Bd. (1890), S. 329, Nr. 725 Gareis 1890 (VII), S. 192 Pbl. 1890 (XIV), S. 47

VI 186 / 89

14. 11. 1889

Bolze 9. Bd. (1890), S. 48, Nr. 110, S. 63, Nr. 149

I 314 / 89 Hirsepolirmaschine

18. 1. 1890

Bolze 9. Bd. (1890), S. 38 f., Nr. 95 – 96 Gruchot 35, S. 138, Nr. 9 Pbl. 1892 (XVI), S. 458 JW 1890, S. 71, Nr. 9

I 293 / 89

29. 1. 1890

Bolze 9. Bd. (1890), S. 39 ff., Nr. 97 – 101 Gareis 1891 (VIII), S. 258 Pbl. 1890 (XIV), S. 566

2 D 103 / 90

31. 1. 1890

JW 1890, S. 109, Nr. 6

I 329 / 89

12. 2. 1890

Bolze 9. Bd. (1890), S. 42, Nr. 102 JW 1890, S. 118, Nr. 24

I 350 / 89

8. 3. 1890

Bolze 10. Bd. (1891), S. 79, Nr. 158 Gareis 1893 (IX), S. 531 Pbl. 1892 (XVI), S. 414 JW 1890, S. 162, Nr. 17

I 19 / 90

27. 3. 1890

Bolze 10. Bd. (1891), S. 78, Nr. 157 JW 1890, S. 162, Nr. 16

1890

Urteilsverzeichnis I 81 / 90

11. 6. 1890

RGZ 26, S. 64 Bolze 10. Bd. (1891), S. 88 f., Nr. 174 – 175 Gareis 1891 (VIII), S. 288 Pbl. 1890 (XIV), S. 365

I 107 / 90

18. 6. 1890

Pbl. 1890 (XIV), S. 366 JW 1890, S. 280, Nr. 24

I 89 / 90

28. 6. 1890

Bolze 10. Bd. (1891), S. 84 ff., Nr. 167 – 172 Gareis 1891 (VIII), S. 194 Pbl. 1890 (XIV), S. 369

I 120 / 90

5. 7. 1890

Bolze 10. Bd. (1891), S. 90, Nr. 177

I 171 / 90

15. 10. 1890

Bolze 10. Bd. (1891), S. 94, Nr. 183

3 D 1865 / 90 Kongo-Rot I

25. 10. 1890

RGSt 21, S. 205 Pbl. 1891 (XV), S. 163 JW 1890, S. 434

I 213 / 223 / 90 Bremsklotz II

15. 11. 1890

Bolze 11. Bd. (1891), S. 39 f., Nr. 88 – 90 Gareis 1893 (IX), S. 494 Pbl. 1891 (XV), S. 20 JW 1891, S. 19, Nr. 46

I 205 / 90

19. 11. 1890

Bolze 11. Bd. (1891), S. 41 f., Nr. 91 – 95 Gareis 1893 (IX), S. 87 Pbl. 1891 (XV), S. 2 JW 1891, S. 19, Nr. 45

I 211 / 90 Edisonlampen

15. 12. 1890

Bolze 11. Bd. (1891), S. 44 ff., Nr. 99 – 100 Gareis 1893 (IX), S. 235 Pbl. 1891 (XV), S. 102

II 196 / 90

20. 3. 1891

RGZ 27, S. 385

I 124 / 91

4. 7. 1891

Bolze 12. Bd. (1892), S. 60, Nr. 112 Gareis 1893 (IX), S. 512 Pbl. 1891 (XV), S. 426 JW 1891, S. 423, Nr. 39

1 D 2767 / 91

5. 11. 1891

Gareis 1893 (IX), S. 270 Pbl. 1892 (XVI), S. 43 JW 1892, S. 10, Nr. 6

I 224 / 91

9. 11. 1891

Bolze 13. Bd. (1892), S. 61, Nr. 112 Gareis 1893 (IX), S. 96 Pbl. 1892 (XVI), S. 2

1891

433

434 I 280 / 91

Urteilsverzeichnis 7. 12. 1891

Gareis 1893 (IX), S. 126 JW 1892, S. 20, Nr. 26

1892 I 305 / 91

21. 3. 1892

Bolze 14. Bd. (1893), S. 64, Nr. 108 Gareis 1893 (IX), S. 211 Pbl. 1892 (XVI), S. 306

2 D 752 / 92

29. 3. 1892

RGSt 23, S. 21 Gareis 1893 (IX), S. 470 Pbl. 1892 (XVI), S. 346 JW 1892, S. 267, Nr. 11

I 43 / 92

7. 5. 1892

Bolze 14. Bd. (1893), S. 65, Nr. 110

I 126 / 92

4. 7. 1892

Bolze 13. Bd. (1892), S. 64 f., Nr. 116

I 144 / 92

4. 7. 1892

Bolze 13. Bd. (1892), S. 66 f., Nr. 117 Gareis 1893 (IX), S. 481 Pbl. 1892 (XVI), S. 594

I 151 / 92

13. 7. 1892

Bolze 15. Bd. (1893), S. 62, Nr. 100 Gareis 1893 (IX), S. 552 Pbl. 1892 (XVI), S. 520 JW 1892, S. 395, Nr. 9

I 185 / 92 Carpenter-Bremsen

21. 9. 1892

Bolze 15. Bd. (1893), S. 64, Nr. 101, S. 400, Nr. 645 Gareis 1893 (IX), S. 596 Pbl. 1892 (XVI), S. 689 JW 1892, S. 430, Nr. 16

I 209 / 92 Kongo-Rot II

15. 10. 1892

RGZ 30, S. 52 Bolze 15. Bd. (1893), S. 73, Nr. 109 Gareis 1893 (IX), S. 569 Pbl. 1892 (XVI), S. 754 JW 1892, S. 485, Nr. 25

I 214 / 92

19. 10. 1892

Bolze 15. Bd. (1893), S. 69, Nr. 104

I 227 / 92

29. 10. 1892

Bolze 15. Bd. (1893), S. 70 ff., Nr. 105 – 108 JW 1892, S. 509, Nr. 16

3 D 3301 / 92

17. 12. 1892

RGSt 23, S. 363 Gareis 1894 (X), S. 287 Pbl. 1893 (XVII), S. 61 JW 1893, S. 124, Nr. 8

3 D 3727 / 92

17. 12. 1892

JW 1893, S. 123, Nr. 7

Urteilsverzeichnis I 295 / 92

19. 12. 1892

Bolze 15. Bd. (1893), S. 74, Nr. 110 Gareis 1894 (X), S. 85 Pbl. 1893 (XVII), S. 489

I 299 / 92

14. 1. 1893

RGZ 30, S. 63 Bolze 16. Bd. (1894), S. 67, Nr. 107 Gareis 1894 (X), S. 147 Pbl. 1893 (XVII), S. 102

I 443 / 92

8. 3. 1893

Bolze 16. Bd. (1894), S. 68, Nr. 108 JW 1893, S. 239, Nr. 23

I 116 / 93

26. 4. 1893

Bolze 16. Bd. (1894), S. 440, Nr. 795

I 76 / 93

24. 5. 1893

Bolze 16. Bd. (1894), S. 72, Nr. 113

I 110 / 93

5. 7. 1893

Bolze 17. Bd. (1894), S. 60, Nr. 112

I 153 / 93

5. 7. 1893

Bolze 17. Bd. (1894), S. 58 f., Nr. 110 – 111 Gareis 1894 (X), S. 294 Pbl. 1893 (XVII), S. 504 JW 1893, S. 429, Nr. 21

1893

1 D 2153 / 93

28. 9. 1893

RGSt 24, S. 266 Pbl. 1894 (XVIII), S. 22

I 293 / 301 / 93 Soxhlet I

15. 11. 1893

RGZ 32, S. 52 Bolze 17. Bd. (1894), S. 64, Nr. 116 Gareis 1894 (X), S. 303 Pbl. 1894 (XVIII), S. 46 JW 1894, S. 24, Nr. 65

I 308 / 93

6. 12. 1893

Bolze 17. Bd. (1894), S. 66, Nr. 119 Gareis 1894 (X), S. 128 Pbl. 1894 (XVIII), S. 108 JW 1894, S. 25, Nr. 66

I 253 / 93

9. 12. 1893

Bolze 17. Bd. (1894), S. 66, Nr. 120 Gareis 1894 (X), S. 41 Pbl. 1894 (XVIII), S. 121 JW 1894, S. 68, Nr. 26

1894 I 432 / 93

20. 1. 1894

Gareis 1894 (X), S. 325 Pbl. 1894 (XVIII), S. 303 JW 1894, S. 126, Nr. 34

1 D 4280 / 93

22. 1. 1894

JW 1894, S. 169, Nr. 2

435

436

Urteilsverzeichnis

3 D 4547 / 93

29. 1. 1894

Gareis 1894 (X), S. 311 Pbl. 1894 (XVIII), S. 250

I 11 / 94

17. 2. 1894

Bolze 18. Bd. (1895), S. 57 f., Nr. 100

I 416 / 93

22. 2. 1894

Bolze 18. Bd. (1895), S. 58, Nr. 101 Gareis 1894 (X), S. 263 Pbl. 1894 (XVIII), S. 317

I 513 / 93

22. 2. 1894

Gareis 1894 (X), S. 270 Pbl. 1894 (XVIII), S. 264 JW 1894, S. 147, Nr. 27

I 468 / 93

17. 3. 1894

Bolze 18. Bd. (1895), S. 60, Nr. 104

IV 427 / 93

30. 4. 1894

Bolze 18. Bd. (1895), S. 62, Nr. 106 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 1 JW 1894, S. 369, Nr. 26 f.

I 66 / 94

2. 6. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 77, Nr. 122

I 90 / 94

9. 6. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 79, Nr. 124

I 173 / 94

20. 6. 1894

Gareis 1896 (XI), S. 196 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 3

I 133 / 94

30. 6. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 81, Nr. 126 JW 1894, S. 436, Nr. 46

I 119 / 94

7. 7. 1894

I 142 / 94

14. 7. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 86, Nr. 133

I B 59 / 94

22. 9. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 427, Nr. 767

1 D 2208 / 94

RGZ 33, S. 149 Bolze 19. Bd. (1895), S. 81 f., Nr. 127 – 128

1. 10. 1894

RGSt 26, S. 129 Gareis 1896 (XI), S. 215 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 225

D 4857 / 94

10. 11. 1894

PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 231

I 293 / 94

15. 12. 1894

Bolze 19. Bd. (1895), S. 447 f., Nr. 807 – 808 Gareis 1896 (XI), S. 64 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 114

1895 I 403 / 94 1 D 4261 / 94 Soxhlet II

9. 1. 1895 17. 1. 1895

Bolze 20. Bd. (1896), S. 51, Nr. 118 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 201

Urteilsverzeichnis 1 D 4322 / 94 Soxhlet III

17. 1. 1895

RGSt 26, S. 377 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 201

1 D 163 / 95

25. 2. 1895

RGSt 27, S. 51 Gareis 1896 (XI), S. 70 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 147

I 3 / 95

10. 4. 1895

Bolze 20. Bd. (1896), S. 57, Nr. 123

I 13 / 95

8. 6. 1895

RGZ 35, S. 63 Bolze 21. Bd. (1896), S. 61, Nr. 118 ff. Gareis 1896 (XI), S. 177 PMZBl. 1894 / 95 (I), S. 241 JW 1895, S. 360, Nr. 7

I 162 / 95

2. 10. 1895

JW 1895, S. 485, Nr. 33

I 352 / 95

19. 10. 1895

JW 1895, S. 541, Nr. 23

1 D 3272 / 95

28. 11. 1895

RGSt 28, S. 27 Gareis 1896 (XI), S. 78 PMZBl. 1896 (II), S. 3

I 356 / 95

20. 1. 1896

Bolze 22. Bd. (1897), S. 59, Nr. 121 PMZBl. 1896 (II), S. 115 JW 1896, S. 110, Nr. 43

I 326 / 95

29. 1. 1896

Bolze 22. Bd. (1897), S. 60, Nr. 123

1 D 290 / 96

17. 2. 1896

PMZBl. 1896 (II), S. 137

I 394 / 95

29. 2. 1896

Bolze 22. Bd. (1897), S. 62 f., Nr. 126 – 127 PMZBl. 1896 (II), S. 291 GRUR 1896, S. 365

I 25 / 96

21. 3. 1896

Bolze 22. Bd. (1897), S. 64, Nr. 129 PMZBl. 1896 (II), S. 179 JW 1896, S. 251, Nr. 29

I 446 / 95

11. 4. 1896

RGZ 37, S. 41

3 D 2963 / 96

19. 10. 1896

Gareis 1899 (XII), S. 107 PMZBl. 1896 (II), S. 322

I 191 / 96

21. 10. 1896

Gareis 1899 (XII), S. 89 PMZBl. 1896 (II), S. 322 JW 1896, S. 675, Nr. 17 GRUR 1897, S. 23

I 353 / 96

4. 11. 1896

PMZBl. 1896 (II), S. 340

1896

437

438 I B 84 / 96

Urteilsverzeichnis 21. 11. 1896

JW 1896, S. 710, Nr. 57

I 366 / 96

31. 3. 1897

RGZ 39, S. 32 Gareis 1899 (XII), S. 38, 86 PMZBl. 1897 (III), S. 148 JW 1897, S. 247, Nr. 68 GRUR 1897, S. 249, 1898, S. 250

I 447 / 96

10. 4. 1897

Bibliothek des BGH

I 59 / 97

10. 4. 1897

JW 1897, S. 248, Nr. 70

3 D 1004 / 97

12. 4. 1897

PMZBl. 1897 (III), S. 118

8. 5. 1897

PMZBl. 1897 (III), S. 176

1897

I 3 / 97 I B 39 / 97

19. 5. 1897

JW 1897, S. 342, Nr. 6

I 442 / 96

29. 5. 1897

Bibliothek des BGH

1 D 1778 / 97

21. 6. 1897

RGSt 30, S. 187 Gareis 1899 (XII), S. 104 PMZBl. 1897 (III), S. 173 GRUR 1897, S. 322

3 D 2093 / 97

5. 7. 1897

Gareis 1899 (XII), S. 94 PMZBl. 1897 (III), S. 204 GRUR 1897, S. 322

I 98 / 97

18. 9. 1897

RGZ 40, S. 78 Gareis 1899 (XII), S. 35 PMZBl. 1897 (III), S. 229 JW 1897, S. 550, Nr. 24 GRUR 1901, S. 152

I 297 / 97

13. 10. 1897

JW 1897, S. 611, Nr. 28

I 183 / 97

16. 10. 1897

RGZ 40, S. 7

I 203 / 97

23. 10. 1897

JW 1897, S. 636, Nr. 27

I 213 / 97

1. 11. 1897

Gareis 1899 (XII), S. 90 PMZBl. 1898 (IV), S. 4 GRUR 1898, S. 114

I B 93 / 97

15. 11. 1897

JW 1897, S. 629, Nr. 3

I B 95 / 97

20. 11. 1897

JW 1898, S. 4, Nr. 8

I 276 / 97

11. 12. 1897

Bibliothek des BGH

Urteilsverzeichnis 1898 I 346 / 97

22. 1. 1898

JW 1898, S. 169, Nr. 43

7. 3. 1898

PMZBl. 1898 (IV), S. 83

I 162 / 97

19. 3. 1898

JW 1898, S. 297, Nr. 56 GRUR 1898, S. 268

I 463 / 97

26. 3. 1898

JW 1898, S. 296, Nr. 55 GRUR 1898, S. 268

3 D 847 / 98

28. 3. 1898

PMZBl. 1898 (IV), S. 123

I 111 / 98 Maischapparat

11. 5. 1898

Gareis 1900 (XIII), S. 64

1 D 371 / 98

SeuffArch. 54, S. 85, Nr. 48

PMZBl. 1898 (IV), S. 144 JW 1898, S. 439, Nr. 19 GRUR 1899, S. 232, 242

I 140 / 98

14. 5. 1898

Gareis 1900 (XIII), S. 237 PMZBl. 1899 (V), S. 8 JW 1898, S. 391, Nr. 23

I 160 / 98

2. 7. 1898

I B 77 / 98

13. 8. 1898

Mitt. 1903, S. 16

I 179 / 98

26. 9. 1898

PMZBl. 1898 (IV), S. 255 JW 1898, S. 610, Nr. 44

I 312 / 98

14. 11. 1898

RGZ 42, S. 92 PMZBl. 1899 (V), S. 30

I 297 / 98

23. 11. 1898

JW 1899, S. 52, Nr. 62

I 319 / 98

7. 12. 1898

PMZBl. 1899 (V), S. 33 GRUR 1899, S. 233

1 D 3796 / 98

19. 12. 1898

RGSt 31, S. 392 PMZBl. 1899 (V), S. 35

1 D 4371 / 98

29. 12. 1898

PMZBl. 1899 (V), S. 127 GRUR 1899, S. 243

I 360 / 98

31. 12. 1898

RGZ 43, S. 56 Gareis 1900 (XIII), S. 224

SeuffArch. 54, S. 323, Nr. 173

JW 1898, S. 543, Nr. 11

PMZBl. 1899 (V), S. 106 JW 1899, S. 146, Nr. 26 GRUR 1899, S. 244, 1901, S. 166

439

440

Urteilsverzeichnis

1899 I 426 / 98

25. 1. 1899

PMZBl. 1899 (V), S. 109 JW 1899, S. 186, Nr. 29 GRUR 1899, S. 233

I 188 / 98

11. 2. 1899

Gareis 1900 (XIII), S. 80 PMZBl. 1899 (V), S. 131

I 456 / 98

18. 2. 1899

PMZBl. 1899 (V), S. 195

I 111 / 99

13. 5. 1899

JW 1899, S. 444, Nr. 34

II 144 / 99

6. 6. 1899

I 166 / 99

19. 6. 1899

I B 66 / 99

1. 7. 1899

I 207 / 99

23. 9. 1899

PMZBl. 1899 (V), S. 309

I 218 / 99

30. 9. 1899

PMZBl. 1899 (V), S. 292

I 246 / 99

18. 10. 1899

PMZBl. 1900 (VI), S. 58 JW 1899, S. 749, Nr. 26

I 252 / 99

25. 10. 1899

JW 1899, S. 774, Nr. 19

II 199 / 244 / 99

7. 11. 1899

RGZ 44, S. 225 PMZBl. 1899 (V), S. 239 JW 1899, S. 573, Nr. 2

RGZ 45, S. 143

I 280 / 99

18. 11. 1899

JW 1900, S. 53, Nr. 20

I 324 / 99

2. 12. 1899

RGZ 45, S. 147 Gareis 1902 (XIV), S. 139 PMZBl. 1900 (VI), S. 167 JW 1900, S. 78, Nr. 18

I 329 / 99

9. 12. 1899

Gareis 1902 (XIV), S. 267 PMZBl. 1900 (VI), S. 235 JW 1900, S. 77, Nr. 17 GRUR 1901, S. 165

I 376 / 99

20. 12. 1899

RGZ 45, S. 72 PMZBl. 1900 (VI), S. 60 JW 1900, S. 136, Nr. 17

1900 I 347 / 99 Kongo-Rot III

3. 1. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 103, Nr. 1 Schubert / Glöckner-II S. 31, Nr. 1, S. 32, Nr. 2 PMZBl. 1900 (VI), S. 366

Urteilsverzeichnis

441

I 422 / 99

8. 1. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 103, Nr. 7 Schubert / Glöckner-II S. 202, Nr. 1 JW 1900, S. 151, Nr. 6

I 275 / 99

13. 1. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 105, Nr. 23 Schubert / Glöckner-II S. 148, Nr. 1 JW 1900, S. 198, Nr. 21

I 299 / 99

13. 1. 1900

Schubert / Glöckner-II S. 148, Nr. 1 JW 1900, S. 154, Nr. 13

I 390 / 99

13. 1. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 105, Nr. 22 Schubert / Glöckner-II S. 69, Nr. 2 ff., S. 148, Nr. 2 ff., S. 185, Nr. 1 PMZBl. 1900 (VI), S. 148

I 398 / 99

24. 1. 1900

RGZ 45, S. 116 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 104, Nr. 10 Schubert / Glöckner-II S. 121, Nr. 1 f. PMZBl. 1900 (VI), S. 172 JW 1900, S. 188, Nr. 20

I 420 / 99

7. 2. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 107, Nr. 52 PMZBl. 1900 (VI), S. 178

I 459 / 99

28. 2. 1900

RGZ 46, S. 14 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 110, Nr. 79 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 2, S. 202, Nr. 2 ff. Gareis 1902 (XIV), S. 139, 249 PMZBl. 1900 (VI), S. 197 JW 1900, S. 316, Nr. 16

I 61 / 00

25. 4. 1900

RGZ 46, S. 68 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 117, Nr. 29 Schubert / Glöckner-II S. 33, Nr. 6, S. 183, Nr. 1, S. 184, Nr. 1 Gareis 1902 (XIV), S. 240 PMZBl. 1900 (VI), S. 268 JW 1900, S. 446, Nr. 22 GRUR 1901, S. 153

I 87 / 00

16. 5. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 119, Nr. 59 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 1, Nr. 3, S. 202, Nr. 2

I 88 / 00 Rückschlagventil

16. 5. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 119, Nr. 58 JW 1900, S. 554, Nr. 7

442

Urteilsverzeichnis

I 16 / 00

28. 5. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 120, Nr. 78 Schubert / Glöckner-II S. 34, Nr. 8, S. 76, Nr. 4, S. 122, Nr. 4 JW 1900, S. 555, Nr. 8

I 107 / 00

30. 5. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 121, Nr. 83 Schubert / Glöckner-II S. 32, Nr. 4, S. 34, Nr. 9 f., S. 56, Nr. 4 Gareis 1902 (XIV), S. 10 PMZBl. 1900 (VI), S. 302 GRUR 1901, S. 158

I 123 / 00

27. 6. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 124, Nr. 131 PMZBl. 1900 (VI), S. 305 JW 1900, S. 668, Nr. 27 GRUR 1901, S. 164

I B 57 / 00

7. 7. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 125, Nr. 145 Schubert / Glöckner-II S. 78, Nr. 7

I 406 / 99

11. 7. 1900

RGZ 46, S. 175 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 126, Nr. 155 Schubert / Glöckner-II S. 181, Nr. 1, S. 183, Nr. 2 PMZBl. 1900 (VI), S. 389

I 169 / 00 Jonon

16. 10. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 130, Nr. 21 Gareis 1906 (XV), S. 68 PMZBl. 1901 (VII), S. 131

I 159 / 00

27. 10. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 131, Nr. 32 Schubert / Glöckner-II S. 203, Nr. 6 I 243 / 00 7. 11. 1900 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 133, Nr. 55 Schubert / Glöckner-II S. 203, Nr. 7 JW 1900, S. 857, Nr. 14

I 250 / 00

14. 11. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 134, Nr. 67 Schubert / Glöckner-II S. 78, Nr. 7

I 265 / 00

28. 11. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 135, Nr. 83 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 3

II 241 / 00

30. 11. 1900

RGZ 47, S. 100 Schubert Erkenntnisse 1900, S. 166, Nr. 86 SeuffArch. 57, S. 30, Nr. 17 JW 1900, S. 896, Nr. 9

VI 285 / 00

10. 12. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 306, Nr. 101 Schubert / Glöckner-II S. 203, Nr. 8 JW 1901, S. 40, Nr. 20, S. 50

I 286 / 00

12. 12. 1900

Schubert Erkenntnisse 1900, S. 137, Nr. 104

Urteilsverzeichnis

443

1901 I 345 / 00

26. 1. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 377, Nr. 33

I 347 / 00

30. 1. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 377, Nr. 40 Schubert / Glöckner-II S. 78, Nr. 10

I 370 / 00

13. 2. 1901

RGZ 48, S. 375 Schubert Erkenntnisse 1901, S. 380, Nr. 63 JW 1901, S. 228, Nr. 6

I 375 / 00

4. 3. 1901

RGZ 48, S. 384 Schubert Erkenntnisse 1901, S. 384, Nr. 93 Schubert / Glöckner-II S. 79, Nr. 12 Gareis 1906 (XV), S. 154 PMZBl. 1901 (VII), S. 172 JW 1901, S. 306, Nr. 9

I 425 / 00

9. 3. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 384, Nr. 94 Schubert / Glöckner-II S. 37, Nr. 18 Gareis 1906 (XV), S. 90 PMZBl. 1901 (VII), S. 231 JW 1901, S. 334, Nr. 21

I 16 / 01

20. 4. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 394, Nr. 18 GRUR 1908, S. 343

I 98 / 01

8. 5. 1901

I 104 / 01

15. 5. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 401, Nr. 55 Schubert / Glöckner-II S. 79, Nr. 14

I 141 / 01

3. 7. 1901

RGZ 49, S. 33 Schubert Erkenntnisse 1901, S. 412, Nr. 109 Schubert / Glöckner-II S. 204, Nr. 11 Gareis 1906 (XV), S. 273 SeuffArch. 57, S. 209, Nr. 114 PMZBl. 1901 (VII), S. 259 JW 1901, S. 651, Nr. 5

I 68 / 01

6. 7. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 412, Nr. 110 Gareis 1906 (XV), S. 108 PMZBl. 1901 (VII), S. 277

I 147 / 01

25. 9. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 417, Nr. 139

II 207 / 01

11. 10. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 470, Nr. 14 JW 1901, S. 808, Nr. 20

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 394, Nr. 25 Schubert / Glöckner-II S. 79, Nr. 13, S. 133, Nr. 7, S. 203, Nr. 10

444

Urteilsverzeichnis

I 182 / 01

16. 10. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 423, Nr. 27 Gareis 1906 (XV), S. 378 PMZBl. 1902 (VIII), S. 8 JW 1901, S. 807, Nr. 19

I 195 / 01

30. 10. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 425, Nr. 38 Schubert / Glöckner-II S. 79, Nr. 16 f. Gareis 1906 (XV), S. 108 PMZBl. 1902 (VIII), S. 154 JW 1901, S. 850, Nr. 33

I 213 / 01

6. 11. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 426, Nr. 53

I 268 / 01

11. 12. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 435, Nr. 104 Schubert / Glöckner-II S. 177, Nr. 2, S. 204, Nr. 12 Gareis 1911 (XVI), S. 371 PMZBl. 1903 (IX), S. 100 JW 1902, S. 97, Nr. 35

I 204 / 01

14. 12. 1901

Schubert Erkenntnisse 1901, S. 435, Nr. 100 Schubert / Glöckner-II S. 80, Nr. 18

1902 I 303 / 01

11. 1. 1902

RGZ 50, S. 111 Schubert Erkenntnisse 1902, S. 11, Nr. 15 Gareis 1906 (XV), S. 368 PMZBl. 1902 (VIII), S. 133 JW 1902, S. 138, Nr. 58

I 343 / 01

12. 2. 1902

RGZ 50, S. 196 Schubert Erkenntnisse 1902, S. 16, Nr. 50 Schubert / Glöckner-II S. 80, Nr. 19, S. 163, Nr. 7, S. 178, Nr. 1, S. 179, Nr. 1, S. 181, Nr. 2 Gareis 1906 (XV), S. 57, 231 PMZBl. 1902 (VIII), S. 113 JW 1902, S. 222, Nr. 33

I 358 / 01

19. 2. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 17, Nr. 63 Schubert / Glöckner-II S. 38, Nr. 23, S. 69, Nr. 1, S. 150, Nr. 16, S. 184, Nr. 3 Gareis 1906 (XV), S. 103 PMZBl. 1902 (VIII), S. 130 JW 1902, S. 222, Nr. 32

3 D 82 / 02

24. 3. 1902

PMZBl. 1902 (VIII), S. 157

I 403 / 01

26. 3. 1902

RGZ 51, S. 139 Schubert Erkenntnisse 1902, S. 21, Nr. 105 Schubert / Glöckner-II S. 81, Nr. 21 Gareis 1906 (XV), S. 52

Urteilsverzeichnis

445

PMZBl. 1902 (VIII), S. 180 JW 1902, S. 274, Nr. 26 GRUR 1904, S. 301, 302 I 438 / 01

21. 4. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 26, Nr. 37

II 45 / 02

2. 5. 1902

RGZ 51, S. 263 Schubert Erkenntnisse 1902, S. 75, Nr. 41 Schubert / Glöckner-II S. 82, Nr. 22 Gareis 1906 (XV), S. 560, 786 PMZBl. 1902 (VIII), S. 232 JW 1902, S. 368, Nr. 32

1 D 1486 / 02

12. 5. 1902

PMZBl. 1902 (VIII), S. 215

I 72 / 02

13. 6. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 32, Nr. 108 Schubert / Glöckner-II S. 204, Nr. 13 Gareis 1906 (XV), S. 268 PMZBl. 1902 (VIII), S. 205 JW 1902, S. 400, Nr. 39

I 84 / 02

28. 6. 1902

RGZ 52, S. 90 Schubert Erkenntnisse 1902, S. 34, Nr. 130 Schubert / Glöckner-II S. 122, Nr. 6 PMZBl. 1903 (IX), S. 187 JW 1902, S. 427, Nr. 36

I 114 / 02

20. 9. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 37, Nr. 160 Schubert / Glöckner-II S. 122, Nr. 5 PMZBl. 1902 (VIII), S. 246 JW 1902, S. 533, Nr. 12 GRUR 1904, S. 304

1 D 2781 / 02

25. 9. 1902

RGSt 35, S. 348 PMZBl. 1903 (IX), S. 43

I 170 / 02

25. 10. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 44, Nr. 48 Schubert / Glöckner-II S. 186, Nr. 4 Gareis 1911 (XVI), S. 315 PMZBl. 1903 (IX), S. 5

I 205 / 02

22. 11. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 47, Nr. 76a JW 1903, S. 30, Nr. 34 GRUR 1903, S. 148

I B 75 / 02

22. 11. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 48, Nr. 81 Schubert / Glöckner-II S. 182, Nr. 5 JW 1903, S. 3, Nr. 6

I 255 / 02

27. 12. 1902

Schubert Erkenntnisse 1902, S. 54, Nr. 132 Schubert / Glöckner-II S. 82, Nr. 23, S. 134, Nr. 12 JW 1903, S. 104, Nr. 24

446

Urteilsverzeichnis

1903 1 D 3999 / 02

23. 2. 1903

RGSt 36, S. 178 Gareis 1911 (XVI), S. 129 PMZBl. 1904 (X), S. 36 JW 1903, S. 325, Nr. 6 GRUR 1904, S. 301

I 440 / 02

25. 2. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 12, Nr. 96 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 14 JW 1903, S. 188, Nr. 51

I B 10 / 03

25. 2. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 13, Nr. 97

I 444 / 02

22. 4. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 25, Nr. 39 Schubert / Glöckner-II S. 57, Nr. 10 Gareis 1911 (XVI), S. 86 PMZBl. 1903 (IX), S. 227 JW 1903, S. 248, Nr. 32

II 482 / 02

12. 5. 1903

RGZ 54, S. 414 Schubert Erkenntnisse 1903, S. 101, Nr. 39 Gareis 1911 (XVI), S. 865 PMZBl. 1904 (X), S. 249 JW 1903, S. 249, Nr. 36

VI 14 / 03

29. 6. 1903

RGZ 55, S. 171 Schubert Erkenntnisse 1903, S. 375, Nr. 121

I 132 / 03

11. 7. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 48, Nr. 195 Schubert / Glöckner-II S. 182, Nr. 6, S. 205, Nr. 15 Gareis 1911 (XVI), S. 377 SeuffArch. 58, S. 469, Nr. 245 PMZBl. 1903 (IX), S. 229 JW 1903, S. 346, Nr. 10

I 143 / 03

19. 9. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 51, Nr. 216

I 158 / 03

26. 9. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 52, Nr. 227 Gareis 1911 (XVI), S. 29, 155 PMZBl. 1904 (X), S. 73 JW 1903, S. 386, Nr. 14

I 199 / 03

21. 10. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 60, Nr. 40

I 268 / 03

11. 11. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 65, Nr. 72

I 262 / 03

21. 11. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 67, Nr. 92

I 317 / 03

14. 12. 1903

RGZ 56, S. 223 Schubert Erkenntnisse 1903, S. 74, Nr. 144 Schubert / Glöckner-II S. 123, Nr. 8 PMZBl. 1904 (X), S. 362

Urteilsverzeichnis

447

VI 167 / 03

14. 12. 1903

RGZ 56, S. 271 Schubert Erkenntnisse 1903, S. 410, Nr. 104

I 341 / 03

30. 12. 1903

Schubert Erkenntnisse 1903, S. 76, Nr. 162 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 3 Gareis 1912 (XVII), S. 81 PMZBl. 1906 (XII), S. 37

I 373 / 03

16. 1. 1904

RGZ 57, S. 38 Schubert Erkenntnisse 1904, S. 6, Nr. 32 Schubert / Glöckner-II S. 135, Nr. 16 PMZBl. 1904 (X), S. 220 JW 1904, S. 154, Nr. 32

I 445 / 03

24. 2. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 16, Nr. 111 Schubert / Glöckner-II S. 36, Nr. 16, S. 82, Nr. 24 JW 1904, S. 218, Nr. 39 GRUR 1904, S. 297 Recht 1904, Nr. 2353

I 458 / 03

24. 2. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 16, Nr. 112 Gareis 1911 (XVI), S. 135 SeuffArch. 60, S. 38, Nr. 20 PMZBl. 1904 (X), S. 293

I 472 / 03

16. 3. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 21, Nr. 161 Schubert / Glöckner-II S. 37, Nr. 18, S. 39, Nr. 30 JW 1904, S. 242, Nr. 25 GRUR 1904, S. 297

2 D 6360 / 03

19. 4. 1904

RGSt 37, S. 110 Gareis 1911 (XVI), S. 141, 379 PMZBl. 1904 (X), S. 266 JW 1904, S. 479, Nr. 3 GRUR 1904, S. 31

I 6 / 04

23. 4. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 30, Nr. 33

I 32 / 04 Zündpille

27. 4. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 32, Nr. 50 Schubert / Glöckner-II S. 39, Nr. 31 Gareis 1911 (XVI), S. 143 PMZBl. 1904 (X), S. 329

I 67 / 04

14. 5. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 36, Nr. 88

I 91 / 04

28. 5. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 38, Nr. 104 JW 1904, S. 406, Nr. 9

2. 6. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 41, Nr. 118

1904

I B 79 / 04

448 1 D 502 / 04

Urteilsverzeichnis 30. 6. 1904

Gareis 1911 (XVI), S. 379 PMZBl. 1905 (XI), S. 123

I 151 / 03

2. 7. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 52, Nr. 177

I 516 / 03

4. 7. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 53, Nr. 188 Schubert / Glöckner-II S. 81, Nr. 21 SeuffArch. 60, S. 328, Nr. 174

II 435 / 03

8. 7. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 128, Nr. 151 JW 1904, S. 501, Nr. 33

I 510 / 03

13. 7. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 55, Nr. 210

I 286 / 04

9. 11. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 69, Nr. 75 Schubert / Glöckner-II S. 123, Nr. 9

I 322 / 04

30. 11. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 74, Nr. 117 Schubert / Glöckner-II S. 152, Nr. 24, S. 205, Nr. 16 Gareis 1911 (XVI), S. 378 PMZBl. 1905 (XI), S. 27

I 360 / 04

28. 12. 1904

Schubert Erkenntnisse 1904, S. 81, Nr. 173

1905 VI 38 / 04

5. 1. 1905

RGZ 60, S. 6 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 359, Nr. 7 JW 1905, S. 140, Nr. 19

I 413 / 04

21. 1. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 5, Nr. 31 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 17

I 435 / 04

28. 1. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 7, Nr. 47 Gareis 1911 (XVI), S. 410 PMZBl. 1905 (XI), S. 146 JW 1905, S. 214, Nr. 24 Recht 1905, Nr. 476

II 241 / 04

14. 2. 1905

RGZ 60, S. 154 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 82, Nr. 76 JW 1905, S. 215, Nr. 25

3 D 4802 / 04

20. 3. 1905

PMZBl. 1905 (XI), S. 149

VI 316 / 04

10. 4. 1905

RGZ 60, S. 363 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 394, Nr. 17 JW 1905, S. 342, Nr. 15

I 665 / 04

27. 5. 1905

RGZ 60, S. 344 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 35, Nr. 118 Schubert / Glöckner-II S. 82, Nr. 25 JW 1905, S. 430, Nr. 9

Urteilsverzeichnis I 22 / 05

10. 6. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 39, Nr. 146 Schubert / Glöckner-II S. 202, Nr. 5

I 137 / 05

11. 10. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 55, Nr. 18 Schubert / Glöckner-II S. 39, Nr. 32 Gareis 1912 (XVII), S. 107 PMZBl. 1905 (XI), S. 41 JW 1905, S. 742, Nr. 9 GRUR 1906, S. 209 ZfI 1906 (I), S. 18, 80

3 D 325 / 05

12. 10. 1905

PMZBl. 1905 (XI), S. 293

4 D 176 / 05

17. 10. 1905

Gareis 1911 (XVI), S. 382 PMZBl. 1905 (XI), S. 287

I 136 / 05

21. 10. 1905

RGZ 61, S. 399 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 57, Nr. 34 Schubert / Glöckner-II S. 71, Nr. 10 PMZBl. 1906 (XII), S. 257

II 88 / 05

27. 10. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 128, Nr. 45 Schubert / Glöckner-II S. 36, Nr. 16 Recht 1905, Nr. 2887

I 173 / 05

28. 10. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 58, Nr. 51 Schubert / Glöckner-II S. 123, Nr. 10 PMZBl. 1906 (XII), S. 9

I 397 / 04

1. 11. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 59, Nr. 61

I 189 / 05

8. 11. 1905

RGZ 62, S. 24 Schubert Erkenntnisse 1905, S. 61, Nr. 70 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 18 Gareis 1912 (XVII), S. 375 SeuffArch. 61, S. 412, Nr. 229 PMZBl. 1906 (XII), S. 165 JW 1906, S. 70, Nr. 25 ZfI 1906 (I), S. 29 Recht 1906, Nr. 300

I 218 / 05

20. 11. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 63, Nr. 100 Schubert / Glöckner-II S. 33, Nr. 5 Gareis 1912 (XVII), S. 109 PMZBl. 1906 (XII), S. 190 ZfI 1906 (I), S. 164

I 157 / 05 Holzmehl I

23. 12. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 69, Nr. 154 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 19 Gareis 1912 (XVII), S. 132 JW 1906, S. 146, Nr. 24

449

450

Urteilsverzeichnis GRUR 1906, S. 262 Mitt. 1906, S. 39 ZfI 1906 (I), S. 67

I 302 / 05

30. 12. 1905

Schubert Erkenntnisse 1905, S. 70, Nr. 161 Schubert / Glöckner-II S. 153, Nr. 28, S. 186, Nr. 8 PMZBl. 1906 (XII), S. 123 JW 1906, S. 121, Nr. 28

I 221 / 05 Seidenglanz I

10. 1. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 2, Nr. 13 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 18

I 314 / 05

24. 1. 1906

RGZ 62, S. 320 Schubert Erkenntnisse 1906, S. 5, Nr. 37 Schubert / Glöckner-II S. 202, Nr. 5, S. 206, Nr. 20 Gareis 1912 (XVII), S. 382 Gruchot 50, S. 1158, Nr. 144 PMZBl. 1906 (XII), S. 221 JW 1906, S. 207, Nr. 32 ZfI 1906 (I), S. 92, 174 Recht 1906, Nr. 510

I 402 / 05

21. 2. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 13, Nr. 92 Schubert / Glöckner-II S. 205, Nr. 19

I 146 / 05

28. 3. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 21, Nr. 145 Schubert / Glöckner-II S. 39, Nr. 32

I 492 / 05

4. 4. 1906

RGZ 63, S. 140 Schubert Erkenntnisse 1906, S. 22, Nr. 3 Schubert / Glöckner-II S. 83, Nr. 27, S. 153, Nr. 30 Gareis 1912 (XVII), S. 135 PMZBl. 1906 (XII), S. 271 JW 1906, S. 400, Nr. 33 GRUR 1906, S. 260 ZfI 1906 (I), S. 150 Recht 1906, Nr. 942

I 403 / 05

9. 4. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 23, Nr. 13 Schubert / Glöckner-II S. 71, Nr. 11

I 568 / 05

19. 5. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 33, Nr. 83

I 571 / 05

23. 5. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 33, Nr. 77 Schubert / Glöckner-II S. 34, Nr. 7, S. 166, Nr. 17, S. 205, Nr. 19

1906

Urteilsverzeichnis

451

I 460 / 06

29. 9. 1906

RGZ 64, S. 143 Schubert Erkenntnisse 1906, S. 59, Nr. 206 Schubert / Glöckner-II S. 83, Nr. 28, S. 136, Nr. 24 Gareis 1912 (XVII), S. 147 GRUR 1907, S. 343 Recht 1907, Nr. 317, 657, 707 LZ 1907 (I), Sp. 50, Nr. 7

I 146 / 06

7. 11. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 69, Nr. 59 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 3, S. 83, Nr. 29 f., S. 206, Nr. 21

I 111 / 06

24. 11. 1906

Schubert Erkenntnisse 1906, S. 73, Nr. 83 Schubert / Glöckner-II S. 203, Nr. 10

II 180 / 06

30. 11. 1906

RGZ 64, S. 397 Schubert Erkenntnisse 1906, S. 157, Nr. 92 Gareis 1912 (XVII), S. 899 PMZBl. 1907 (XIII), S. 142 JW 1907, S. 84, Nr. 14 ZfI 1907 (II), S. 141 Recht 1911, Nr. 105

I 291 / 06

23. 1. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 7, Nr. 36 Gareis 1912 (XVII), S. 127 GRUR 1907, S. 135 ZfI 1907 (II), S. 125 Recht 1907, Nr. 994

I 280 / 06 Holzmehl II

26. 1. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 7, Nr. 38 Schubert / Glöckner-II S. 123, Nr. 11 Gareis 1912 (XVII), S. 151 PMZBl. 1907 (XIII), S. 130 ZfI 1907 (II), S. 138

I 268 / 06

30. 1. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 8, Nr. 45 Schubert / Glöckner-II S. 84, Nr. 32, S. 206, Nr. 23 ZfI 1907 (II), S. 247 LZ 1907 (I), Sp. 291, Nr. 9

I 278 / 06

2. 2. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 9, Nr. 51 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 3, S. 84, Nr. 34 f., S. 207, Nr. 25 Gareis 1912 (XVII), S. 144 ZfI 1907 (II), S. 233 Recht 1907, Nr. 1245 ff.

1907

452 I 289 / 06 Seidenglanz II

Urteilsverzeichnis 2. 2. 1907

RGZ 65, S. 157 Schubert Erkenntnisse 1907, S. 9, Nr. 53 Schubert / Glöckner-II S. 85, Nr. 36, S. 207, Nr. 24 Gareis 1912 (XVII), S. 386 PMZBl. 1907 (XIII), S. 151 JW 1907, S. 185, Nr. 28 ZfI 1907 (II), S. 161 Recht 1907, Nr. 2449 ff. LZ 1907 (I), Sp. 282, Nr. 13

I 486 / 05

16. 2. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 13, Nr. 71 Gareis 1912 (XVII), S. 282 SeuffArch. 62, S. 477, Nr. 267 II PMZBl. 1907 (XIII), S. 132 JW 1907, S. 206, Nr. 13 ZfI 1907 (II), S. 139

I 242 / 06

20. 2. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 13, Nr. 72

I 421 / 06

16. 3. 1907

RGZ 65, S. 303 Schubert Erkenntnisse 1907, S. 17, Nr. 106 Schubert / Glöckner-II S. 182, Nr. 8, S. 185, Nr. 3 Gareis 1912 (XVII), S. 301 PMZBl. 1907 (XIII), S. 153 JW 1907, S. 278, Nr. 43 ZfI 1907 (II), S. 161 Recht 1907, Nr. 1209

I 447 / 06

1. 5. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 27, Nr. 41 Schubert / Glöckner-II S. 207, Nr. 26

I 367 / 06

29. 5. 1907

RGZ 66, S. 164 Schubert Erkenntnisse 1907, S. 34, Nr. 80 Schubert / Glöckner-II S. 85, Nr. 37 Gareis 1912 (XVII), S. 121 PMZBl. 1907 (XIII), S. 217 JW 1907, S. 492, Nr. 35 ZfI 1907 (II), S. 208 Recht 1907, Nr. 1413 LZ 1907 (I), Sp. 503, Nr. 18

I 19 / 07

22. 6. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 40, Nr. 116

I 424 / 06

18. 9. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 45, Nr. 157 Schubert / Glöckner-II S. 85, Nr. 35, Nr. 39 LZ 1907 (I), Sp. 907, Nr. 11

I 576 / 06

28. 9. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 48, Nr. 177

I 577 / 06

28. 9. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 48, Nr. 177

Urteilsverzeichnis I 578 / 07

19. 10. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 54, Nr. 35 Gareis 1912 (XVII), S. 145 Warneyer 1. Jahrg. (1908), S. 72, Nr. 108 JW 1907, S. 750, Nr. 25 ZfI 1908 (III), S. 20 LZ 1907 (I), Sp. 828, Nr. 26

I 31 / 07

23. 10. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 54, Nr. 38 Gareis 1912 (XVII), S. 145 Recht 1907, Nr. 24, 1544

I 53 / 07

13. 11. 1907

Schubert Erkenntnisse 1907, S. 59, Nr. 69

I 262 / 07

30. 11. 1907

RGZ 67, S. 176 Schubert Erkenntnisse 1907, S. 65, Nr. 104 Schubert / Glöckner-II S. 178, Nr. 5 Gareis 1912 (XVII), S. 484 PMZBl. 1908 (XIV), S. 164 JW 1908, S. 53, Nr. 32 LZ 1908 (II), Sp. 165, Nr. 41

II 983 / 07

6. 12. 1907

Recht 1908, Nr. 225

4. 1. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 2, Nr. 9 Gareis 1912 (XVII), S. 391 Recht 1908, Nr. 873

453

1908 I 156 / 07

1 D 1015 / 07

20. 1. 1908

Schubert / Glöckner-II S. 218, Nr. 2 Gareis 1912 (XVII), S. 403 JW 1908, S. 388, Nr. 38

I 109 / 07

25. 1. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 8, Nr. 35 Schubert / Glöckner-II S. 121, Nr. 2, S. 124, Nr. 13 f. Gareis 1912 (XVII), S. 155 Warneyer 1. Jahrg. (1908), S. 250, Nr. 340 PMZBl. 1908 (XIV), S. 188 JW 1908, S. 247, Nr. 22 ZfI 1908 (III), S. 92 Recht 1908, Nr. 1280 ff. LZ 1908 (II), Sp. 304, Nr. 36, Sp. 305, Nr. 43

1 D 42 / 08

5. 3. 1908

Schubert / Glöckner-II S. 85, Nr. 40 Bibliothek des BGH

4 D 130 / 08

17. 3. 1908

Gareis 1912 (XVII), S. 132 Recht 1908, Nr. 1740

IV 322 / 07

19. 3. 1908

RGZ 67, S. 431 Schubert Erkenntnisse 1908, S. 274, Nr. 112

454

Urteilsverzeichnis

I 257 / 07

1. 4. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 24, Nr. 2 Schubert / Glöckner-II S. 44, Nr. 50

I 319 / 07

11. 4. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 29, Nr. 25 Schubert / Glöckner-II S. 76, Nr. 3 Warneyer 1. Jahrg. (1908), S. 434, Nr. 541

I 238 / 07

15. 4. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 30, Nr. 33 Schubert / Glöckner-II S. 86, Nr. 43 Gareis 1912 (XVII), S. 131 Warneyer 1. Jahrg. (1908), S. 434, Nr. 542 JW 1908, S. 437, Nr. 16 ZfI 1908 (III), S. 142, 162

I 314 / 07

2. 5. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 33, Nr. 51 Schubert / Glöckner-II S. 207, Nr. 27

I 342 / 07

20. 5. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 36, Nr. 80 ZfI 1908 (III), S. 184

I 561 / 07

15. 6. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 43, Nr. 125 Schubert / Glöckner-II S. 154, Nr. 39 f. Mitt. 1908, S. 142

I 379 / 07

24. 6. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 44, Nr. 133 Warneyer 1. Jahrg. (1908), S. 535, Nr. 658 Recht 1908, Nr. 3013, 3020 LZ 1908 (II), Sp. 781, Nr. 36

I 495 / 07

4. 7. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 47, Nr. 153 LZ 1908 (II), Sp. 781, Nr. 37

I 327 / 07

3. 10. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 54, Nr. 1 Gareis 1914 (XIX), S. 286 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 135

I 425 / 07

7. 10. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 55, Nr. 8 MuW 1908 / 09 (VIII), S. 84 LZ 1908 (II), Sp. 857, Nr. 27 f.

II B 96 / 08

9. 10. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 153, Nr. 5

I 498 / 07

10. 10. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 57, Nr. 22 Recht 1908, Nr. 3899

1 D 594 / 08

15. 10. 1908

Schubert / Glöckner-II S. 218, Nr. 2 Bibliothek des BGH

I 369 / 07

11. 11. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 64, Nr. 69 Gareis 1913 (XVIII), S. 609 PMZBl. 1909 (XV), S. 12 MuW 1908 / 09 (VIII), S. 158 ZfI 1909 (IV), S. 28 LZ 1909 (III), Sp. 64, Nr. 36

Urteilsverzeichnis 3 D 698 / 08

19. 11. 1908

455

Schubert / Glöckner-II S. 219, Nr. 4 Bibliothek des BGH

I 682 / 07

2. 12. 1908

RGZ 70, S. 75 Schubert Erkenntnisse 1908, S. 70, Nr. 100 Gareis 1913 (XVIII), S. 706 PMZBl. 1910 (XVI), S. 19 JW 1909, S. 136, Nr. 12 DJZ 1909 (XIV), S. 377 ZfI 1909 (IV), S. 66, 81, 236, 1910 (V), S. 57 Recht 1909, Nr. 748 LZ 1909 (III), Sp. 234, Nr. 33 m. Anm. Düringer

I 677 / 07

5. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 71, Nr. 105

I 678 / 07

5. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 71, Nr. 106

I 687 / 07

5. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 71, Nr. 107 ZfI 1909 (IV), S. 127

I 596 / 07

12. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 73, Nr. 116

I 621 / 07

12. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 73, Nr. 117 Schubert / Glöckner-II S. 208, Nr. 29 Gareis 1913 (XVIII), S. 592 JW 1909, S. 114, Nr. 12 Mitt. 1909, S. 60 ZfI 1909 (IV), S. 54, 66, 101 Recht 1909, Nr. 752 f. LZ 1909 (III), Sp. 235, Nr. 38 f.

5 D 786 / 08

29. 12. 1908

RGSt 42, S. 127 ZfI 1909 (IV), S. 189

I 685 / 07

30. 12. 1908

Schubert Erkenntnisse 1908, S. 77, Nr. 138 Gareis 1913 (XVIII), S. 196 Warneyer 2. Jahrg. (1909), S. 221, Nr. 238 PMZBl. 1909 (XV), S. 117 MuW 1908 / 09 (VIII), S. 243 GRUR 1909, S. 173 ZfI 1909 (IV), S. 101 Recht 1909, Nr. 1068 f., 1207 LZ 1909 (III), Sp. 147, Nr. 43, Sp. 315, Nr. 39

1909 4 D 897 / 08 Holzmehl III

26. 1. 1909

RGSt 42, S. 151 Gareis 1913 (XVIII), S. 633 PMZBl. 1909 (XV), S. 257 JW 1909, S. 340, Nr. 99 ZfI 1909 (IV), S. 197 Recht 1909, Nr. 2891

456

Urteilsverzeichnis

I 100 / 08

1. 2. 1909

RGZ 70, S. 319 Schubert Erkenntnisse 1909, S. 8, Nr. 41 Schubert / Glöckner-II S. 88, Nr. 50, S. 208, Nr. 31 Gareis 1913 (XVIII), S. 213 MuW 1908 / 09 (VIII), S. 248 ZfI 1909 (IV), S. 101, 259 Recht 1909, Nr. 1070 LZ 1909 (III), Sp. 315, Nr. 40

I 99 / 08

3. 2. 1909

RGZ 70, S. 249 Schubert Erkenntnisse 1909, S. 9, Nr. 47 Schubert / Glöckner-II S. 208, Nr. 32 Gareis 1913 (XVIII), S. 594 PMZBl. 1909 (XV), S. 304 JW 1909, S. 228, Nr. 26 DJZ 1909 (XIV), S. 545 ZfI 1909 (IV), S. 94, 1910 (V), S. 33 Recht 1909, Nr. 1208, 1210 f. LZ 1909 (III), Sp. 395, Nr. 35

I 180 / 08

17. 2. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 14, Nr. 70 LZ 1909 (III), Sp. 472, Nr. 38

I 64 / 08

17. 2. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 13, Nr. 68 Gruchot 53, S. 1110, Nr. 118 LZ 1909 (III), Sp. 392, Nr. 20

I B 9 / 09

20. 2. 1909

RGZ 70, S. 321 Schubert Erkenntnisse 1909, S. 14, Nr. 72 Gareis 1913 (XVIII), S. 579 JW 1909, S. 219 ZfI 1909 (IV), S. 94, 188 Recht 1909 Nr. 1163, 1209

I 164 / 08

8. 3. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 18, Nr. 96

I 163 / 08

17. 3. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 19, Nr. 104

2 D 161 / 09

23. 4. 1909

ZfI 1909 (IV), S. 285

5 D 218 / 09

27. 4. 1909

Gareis 1913 (XVIII), S. 642 PMZBl. 1909 (XV), S. 260 JW 1909, S. 526, Nr. 39 ZfI 1909 (IV), S. 233 1 D 351 / 07 29. 4. 1909 RGSt 42, S. 340 Schubert / Glöckner-II S. 152, Nr. 24 Gareis 1913 (XVIII), S. 615

Urteilsverzeichnis

457

PMZBl. 1909 (XV), S. 181 JW 1910, S. 864, Nr. 71, S. 865, ZfI 1909 (IV), S. 209 u 1910 (V), S. 65 III 218 / 08

4. 5. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 169, Nr. 38 Schubert / Glöckner-II S. 209, Nr. 33 Gareis 1913 (XVIII), S. 582 Warneyer 2. Jahrg. (1909), S. 404, Nr. 421 Gruchot 53, S. 1146, Nr. 132 DJZ 1909 (XIV), S. 825 Recht 1909, Nr. 2043 LZ 1909 (III), Sp. 678, Nr. 33

I 236 / 08

5. 5. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 29, Nr. 51 Schubert / Glöckner-II S. 88, Nr. 52 Gareis 1913 (XVIII), S. 198 PMZBl. 1909 (XV), S. 306 ZfI 1910 (V), S. 33

3 D 201 / 09

24. 5. 1909

RGSt 42, S. 357 Schubert / Glöckner-II S. 89, Nr. 53 Gareis 1913 (XVIII), S. 283 PMZBl. 1910 (XVI), S. 8 JW 1910, S. 865, Nr. 85 ZfI 1910 (V), S. 52, 64 Recht 1910, Nr. 1204

I 283 / 08

5. 6. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 34, Nr. 87 MuW 1909 / 10 (IX), S. 91 LZ 1909 (III), Sp. 677

I 378 / 08

23. 6. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 38, Nr. 118 LZ 1909 (III), Sp. 779, Nr. 31

4 D 467 / 09 Holzmehl IV

2. 7. 1909

GRUR 1910, S. 46

I 374 / 08

18. 9. 1909

Schubert Erkenntnisse 1909, S. 42, Nr. 157 Gareis 1913 (XVIII), S. 586 MuW 1909 / 10 (IX), S. 142 LZ 1909 (III), Sp. 935, Nr. 37

II B 96 / 08

18. 10. 1909

RGZ 72, S. 41 Schubert Erkenntnisse 1909, S. 127, Nr. 28a JW 1910, S. 24, Nr. 40 Mitt. 1910, S. 13 Recht 1910 Nr. 936

3 D 793 / 09

22. 11. 1909

RGSt 43, S. 51 Schubert / Glöckner-II S. 209, Nr. 33, S. 219, Nr. 5

458 1910 I 14 / 09

Urteilsverzeichnis

19. 1. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 4, Nr. 25

I 423 / 09 Koks-Löschrinne

9. 2. 1910

RGZ 80, S. 54 Schubert Erkenntnisse 1910, S. 9, Nr. 56 Gareis 1913 (XVIII), S. 184 SeuffArch. 65, S. 288, Nr. 148 PMZBl. 1910 (XVI), S. 157 JW 1910, S. 299, Nr. 37 MuW 1909 / 10 (IX), S. 303 Mitt. 1910, S. 57 ZfI 1910 (V), S. 100, 135 Recht 1910, Nr. 1449 LZ 1910 (IV), Sp. 398, Nr. 28 f.

I 60 / 09

9. 2. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 8, Nr. 51

I 317 / 09

6. 4. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 20, Nr. 11 LZ 1910 (IV), Sp. 552, Nr. 37

VI 344 / 09

7. 4. 1910

RGZ 73, S. 294 Schubert Erkenntnisse 1910, S. 408, Nr. 14 MuW 1909 / 10 (IX), S. 393 DJZ 1910 (XV), S. 766 Recht 1910, Nr. 1950, 2114

5 D 137 / 10

8. 4. 1910

MuW 1910 / 11 (X), S. 29

5 D 1113 / 09

19. 4. 1910

RGSt 43, S. 397 Schubert / Glöckner-II S. 89, Nr. 56, S. 219, Nr. 6 Gareis 1913 (XVIII), S. 617 Mitt. 1910, S. 87 Recht 1911 Nr. 1468

I 260 / 09

25. 6. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 32, Nr. 105 MuW 1910 / 11 (X), S. 149

I 291 / 09

29. 6. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 33, Nr. 111 MuW 1910 / 11 (X), S. 380

4 D 358 / 10

1. 7. 1910

Gareis 1914 (XIX), S. 202 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 219 JW 1911, S. 250, Nr. 37 ZfI 1911 (VI), S. 64

I 329 / 09

9. 7. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 37, Nr. 130 Schubert / Glöckner-II S. 89, Nr. 55 Gareis 1914 (XIX), S. 312 PMZBl. 1911 (XVII), S. 267 ZfI 1910 (V), S. 222, 1912 (VII), S. 17 Recht 1910, Nr. 3099

Urteilsverzeichnis

459

I 442 / 09

1. 10. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 43, Nr. 5 Gareis 1914 (XIX), S. 879 MuW 1910 / 11 (X), S. 151 Mitt. 1910, S. 147 ZfI 1911 (VI), S. 20

I 408 / 09

2. 11. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 50, Nr. 55 Gareis 1914 (XIX), S. 395 PMZBl. 1911 (XVII), S. 15 ZfI 1911 (VI), S. 41

VII 58 / 10

3. 11. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 541, Nr. 57 Warneyer 4. Jahrg. (1911), S. 77, Nr. 74 JW 1911, S. 95, Nr. 18 Recht 1911, Nr. 3451

I 500 / 09

5. 11. 1910

RGZ 74, S. 394 Schubert Erkenntnisse 1910, S. 50, Nr. 58 Schubert / Glöckner-II S. 179, Nr. 3, S. 182, Nr. 9 Gareis 1914 (XIX), S. 582 PMZBl. 1911 (XVII), S. 118 LZ 1911 (V), Sp. 147, Nr. 43

I 548 / 09

7. 11. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 51, Nr. 64 Schubert / Glöckner-II S. 209, Nr. 34 Gareis 1914 (XIX), S. 962 Warneyer 4. Jahrg. (1911), S. 52, Nr. 46 MuW 1910 / 11 (X), S. 178 LZ 1911 (V), Sp. 147, Nr. 41

I 473 / 09

14. 11. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 53, Nr. 77 Gareis 1914 (XIX), S. 845 MuW 1910 / 11 (X), S. 179

4 D 823 / 10 Holzmehl V

22. 11. 1910

MuW 1910 / 11 (X), S. 182

I 211 / 10

19. 12. 1910

Schubert Erkenntnisse 1910, S. 60, Nr. 125 Gareis 1913 (XVIII), S. 583 Warneyer 4. Jahrg. (1911), S. 171, Nr. 159 MuW 1910 / 11 (X), S. 209 LZ 1911 (V), Sp. 220, Nr. 35

I 422 / 09

28. 12. 1910

RGZ 75, S. 128 Schubert Erkenntnisse 1910, S. 62, Nr. 132 Schubert / Glöckner-II S. 90, Nr. 58 Gareis 1914 (XIX), S. 856 JW 1911, S. 227, Nr. 42 ZfI 1911 (VI), S. 64, 116 Recht 1911, Nr. 880 ff. LZ 1911 (V), Sp. 220, Nr. 33

460 5 D 851 / 10

Urteilsverzeichnis 30. 12. 1910

RGSt 44, S. 185 Schubert / Glöckner-II S. 90, Nr. 61 Gareis 1913 (XVIII), S. 624, 1914 (XIX), S. 210 PMZBl. 1911 (XVII), S. 216 ZfI 1911 (VI), S. 114 Recht 1911, Nr. 2708

I 558 / 09

25. 2. 1911

RGZ 75, S. 317 Schubert Erkenntnisse 1911, S. 19, Nr. 93 Schubert / Glöckner-II S. 124, Nr. 15 f. Gareis 1914 (XIX), S. 420 PMZBl. 1911 (XVII), S. 221 JW 1911, S. 410, Nr. 32 MuW 1910 / 11 (X), S. 376 DJZ 1911 (XVI), S. 761 ZfI 1911 (VI), S. 232 Recht 1911, Nr. 1660 LZ 1911 (V), Sp. 385, Nr. 37

I 613 / 09

25. 2. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 19, Nr. 95

I 203 / 10

27. 2. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 20, Nr. 100 Schubert / Glöckner-II S. 89, Nr. 57 Gareis 1914 (XIX), S. 331 Warneyer 4. Jahrg. (1911), S. 286, Nr. 255 JW 1911, S. 409, Nr. 31 Recht 1911, Nr. 3731

I 622 / 09

25. 3. 1911

RGZ 76, S. 67 Schubert Erkenntnisse 1911, S. 28, Nr. 142 Schubert / Glöckner-II S. 155, Nr. 44, S. 188, Nr. 16 Gareis 1914 (XIX), S. 577 PMZBl. 1911 (XVII), S. 246 JW 1911, S. 493, Nr. 22 MuW 1911 / 12 (XI), S. 6 DJZ 1911 (XVI), S. 818 ZfI 1911 (VI), S. 259 Recht 1911, Nr. 2230 LZ 1911 (V), Sp. 461, Nr. 36

I 350 / 09

5. 4. 1911

1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 31, Nr. 6 Schubert / Glöckner-II S. 179, Nr. 2 Gareis 1914 (XIX), S. 332, 869 PMZBl. 1911 (XVII), S. 272 ZfI 1911 (VI), S. 187, 1912 (VII), S. 68 LZ 1911 (V), Sp. 550, Nr. 38

Urteilsverzeichnis

461

I 289 / 10

10. 4. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 33, Nr. 13 Schubert / Glöckner-II S. 209, Nr. 35 Gareis 1914 (XIX), S. 840 MuW 1910 / 11 (X), S. 344 Recht 1911, Nr. 2231

I 304 / 10

10. 4. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 33, Nr. 14 MuW 1910 / 11 (X), S. 345 ZfI 1911 (VI), S. 161 Recht 1911, Nr. 3375 f.

I 130 / 10

29. 4. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 37, Nr. 37 Schubert / Glöckner-II S. 60, Nr. 24 Gareis 1914 (XIX), S. 250, 439 PMZBl. 1911 (XVII), S. 289 MuW 1910 / 11 (X), S. 379 ZfI 1911 (VI), S. 210 Recht 1911, Nr. 2476 LZ 1911 (V), Sp. 549, Nr. 36

II 483 / 10

5. 5. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 112, Nr. 50 GRUR 1911, S. 276 LZ 1911 (V), Sp. 702, Nr. 31

I 113 / 10

24. 5. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 43, Nr. 71 Gareis 1914 (XIX), S. 217 PMZBl. 1911 (XVII), S. 310 ZfI 1912 (VII), S. 41 LZ 1911 (V), Sp. 615, Nr. 34

I 195 / 10

28. 6. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 50, Nr. 112 Schubert / Glöckner-II S. 45, Nr. 58, S. 90, Nr. 62 Gareis 1914 (XIX), S. 333 PMZBl. 1911 (XVII), S. 274 MuW 1911 / 12 (XI), S. 140 Mitt. 1911, S. 138 Recht 1911, Nr. 2998 LZ 1911 (V), Sp. 779, Nr. 32

I 585 / 09

28. 6. 1911

RGZ 77, S. 14 Schubert Erkenntnisse 1911, S. 50, Nr. 114 Schubert / Glöckner-II S. 125, Nr. 17 Gareis 1914 (XIX), S. 443, 832 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 155 JW 1911, S. 814, Nr. 24 Recht 1911, Nr. 2943, 2974

I 72 / 11

25. 9. 1911

RGZ 77, S. 81 Schubert Erkenntnisse 1911, S. 57, Nr. 162 Schubert / Glöckner-II S. 45, Nr. 59, S. 72, Nr. 17,

462

Urteilsverzeichnis S. 90, Nr. 63, S. 125, Nr. 18 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 8 JW 1911, S. 991, Nr. 33 DJZ 1911 (XVI), S. 502 Recht 1911, Nr. 3730

I 266 / 10

27. 9. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 58, Nr. 171 Schubert / Glöckner-II S. 124, Nr. 14 Gareis 1914 (XIX), S. 431 PMZBl. 1911 (XVII), S. 313 MuW 1911 / 12 (XI), S. 256 ZfI 1912 (VII), S. 41

1 D 698 / 11

16. 10. 1911

MuW 1911 / 12 (XI), S. 256

I 420 / 10

25. 10. 1911

RGZ 77, S. 248 Schubert Erkenntnisse 1911, S. 64, Nr. 44 Schubert / Glöckner-II S. 91, Nr. 64 Gareis 1914 (XIX), S. 853 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 29 JW 1912, S. 86, Nr. 36 MuW 1911 / 12 (XI), S. 525 ZfI 1912 (VII), S. 68 Recht 1912, Nr. 140

I 506 / 10

15. 11. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 69, Nr. 80 Warneyer 5. Jahrg. (1912), S. 112, Nr. 97 Gruchot 56, S. 612, Nr. 40 Recht 1912, Nr. 2410 f.

5 D 814 / 11

24. 11. 1911

Gareis 1914 (XIX), S. 888 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 9

I 566 / 10

13. 12. 1911

Schubert Erkenntnisse 1911, S. 76, Nr. 119 Gareis 1914 (XIX), S. 134 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 255 MuW 1911 / 12 (XI), S. 316 Recht 1912, Nr. 505

1912 I 488 / 10 3. 1. 1912 Staubabsorbierungsmittel I

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 1, Nr. 2 Gareis 1914 (XIX), S. 334 MuW 1911 / 12 (XI), S. 374 Mitt. 1912, S. 21 Recht 1912, Nr. 687 f.

4 D 1063 / 11

Schubert / Glöckner-II S. 219, Nr. 7 Gareis 1914 (XIX), S. 209, 889 MuW 1911 / 12 (XI), S. 317

9. 1. 1912

Urteilsverzeichnis I 617 / 10

10. 1. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 3, Nr. 10 Gareis 1914 (XIX), S. 844 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 107

I 122 / 11

26. 1. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 7, Nr. 36 Schubert / Glöckner-II S. 209, Nr. 36 Gareis 1914 (XIX), S. 862 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 140 JW 1912, S. 407, Nr. 30 MuW 1911 / 12 (XI), S. 430 ZfI 1912 (VII), S. 103 Recht 1912, Nr. 1085 LZ 1912 (VI), Sp. 316, Nr. 34

VI 131 / 11

29. 1. 1912

RGZ 78, S. 210 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 418, Nr. 40 JW 1912, S. 392, Nr. 13 Recht 1912, Nr. 870 ff. LZ 1912 (VI), Sp. 389, Nr. 22

7. 2. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 10, Nr. 51 Schubert / Glöckner-II S. 86, Nr. 43 Gareis 1914 (XIX), S. 367 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 157 MuW 1911 / 12 (XI), S. 431 Recht 1912, Nr. 1371

I 490 / 10 2. 3. 1912 Staubabsorbierungsmittel II

RGZ 79, S. 186 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 16, Nr. 91 Gareis 1914 (XIX), S. 289 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 159 JW 1912, S. 599, Nr. 22 MuW 1911 / 12 (XI), S. 524 Mitt. 1912, S. 71 ZfI 1912 (VII), S. 279 Recht 1912, Nr. 1556 f. LZ 1912 (VI), Sp. 463, Nr. 41

I 137 / 11

4. 3. 1912

RGZ 78, S. 436 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 17, Nr. 95 Schubert / Glöckner-II S. 125, Nr. 20 Gareis 1914 (XIX), S. 425 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 275 JW 1912, S. 648, Nr. 24 Recht 1912, Nr. 1558

I 164 / 11

13. 3. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 18, Nr. 105 Gareis 1914 (XIX), S. 769 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 224

I 11 / 11

463

464

Urteilsverzeichnis MuW 1911 / 12 (XI), S. 488 LZ 1912 (VI), Sp. 463, Nr. 44, 47

III 354 / 11 I 186 / 11

22. 3. 1912 8. 5. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 158, Nr. 134 JW 1912, S. 697, Nr. 27 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 26, Nr. 40

4 D 247 / 12

10. 5. 1912

RGSt 46, S. 92

I 334 / 11

22. 6. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 36, Nr. 110 PMZBl. 1913 (XIX), S. 122 MuW 1912 / 13 (XII), S. 123

I 401 / 11

22. 6. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 36, Nr. 111 Gareis 1914 (XIX), S. 451, 831 Gruchot 56, S. 1119, Nr. 129 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 278 Recht 1912, Nr. 2882

I 74 / 12

22. 6. 1912

RGZ 79, S. 427 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 34, Nr. 106 Schubert / Glöckner-II S. 125, Nr. 21 PMZBl. 1913 (XIX), S. 119 JW 1912, S. 879, Nr. 48 MuW 1912 / 13 (XII), S. 177 DJZ 1912 (XVII), S. 1186 Recht 1912, Nr. 2101, 2110 f.

I 307 / 11

24. 6. 1912

RGZ 80, S. 15 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 36, Nr. 115 Schubert / Glöckner-II S. 91, Nr. 65, S. 125, Nr. 22, S. 210, Nr. 37, S. 220, Nr. 8 Gareis 1914 (XIX), S. 413 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 280 JW 1912, S. 921, Nr. 20 GRUR 1913, S. 17 ZfI 1912 (VII), S. 234 Recht 1912, Nr. 2741 LZ 1912 (VI), Sp. 761, Nr. 40

I 409 / 11

1. 7. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 37, Nr. 125 Gareis 1914 (XIX), S. 300 PMZBl. 1912 (XVIII), S. 259 Recht 1912, Nr. 2740

I 296 / 11

10. 7. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 39, Nr. 140 Warneyer 5. Jahrg. (1912), S. 503, Nr. 461

I 155 / 12

25. 9. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 42, Nr. 184 ZfI 1913 (VIII), S. 77

Urteilsverzeichnis I 374 / 11

25. 9. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 42, Nr. 188 Warneyer 5. Jahrg. (1912), S. 491, Nr. 446 JW 1912, S. 1112, Nr. 16 MuW 1912 / 13 (XII), S. 549 Recht 1913, Nr. 2005

II 226 / 12

27. 9. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 103, Nr. 131 Warneyer 5. Jahrg. (1912), S. 494, Nr. 449 Recht 1912, Nr. 3277 f.

I 235 / 12

9. 10. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 45, Nr. 9

I 11 / 12

12. 10. 1912

RGZ 80, S. 206 Schubert Erkenntnisse 1912, S. 45, Nr. 13 SeuffArch. 68, S. 199, Nr. 106 JW 1913, S. 105, Nr. 20 Recht 1913, Nr. 108, 270

I 388 / 11

12. 10. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 45, Nr. 15

2 D 474 / 12 15. 10. 1912 Imprägnierte Treibriemen

RGSt 46, S. 262 Schubert / Glöckner-II S. 91, Nr. 66 PMZBl. 1913 (XIX), S. 124 ZfI 1913 (VIII), S. 219

2 D 571 / 12

MuW 1912 / 13 (XII), S. 177

29. 10. 1912

465

I 422 / 11

4. 11. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 49, Nr. 48 PMZBl. 1913 (XIX), S. 125 LZ 1913 (VII), Sp. 72, Nr. 32

I 62 / 12

2. 12. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 52, Nr. 77 Schubert / Glöckner-II S. 91, Nr. 67, S. 156, Nr. 48, S. 188, Nr. 18 PMZBl. 1913 (XIX), S. 38 MuW 1912 / 13 (XII), S. 284 ZfI 1913 (VIII), S. 92 Recht 1913, Nr. 589 LZ 1913 (VII), Sp. 151, Nr. 37

I 78 / 12

2. 12. 1912

Schubert Erkenntnisse 1912, S. 52, Nr. 78

I 104 / 12

8. 1. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 2, Nr. 8 LZ 1913 (VII), Sp. 298, Nr. 35

I 129 / 12

8. 1. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 2, Nr. 9 MuW 1912 / 13 (XII), S. 404 GRUR 1913, S. 63

1913

466

Urteilsverzeichnis

3 D 957 / 12 Holzmehl VI

11. 1. 1913

MuW 1912 / 13 (XII), S. 334

I 178 / 12

28. 1. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 5, Nr. 32

I 184 / 12

5. 2. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 8, Nr. 49 ZfI 1913 (VIII), S. 137

4 D 1229 / 12

7. 2. 1913

PMZBl. 1913 (XIX), S. 158 MuW 1912 / 13 (XII), S. 465 GRUR 1913, S. 161

I 262 / 11

19. 3. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 15, Nr. 117 ZfI 1913 (VIII), S. 170

I 397 / 12

14. 4. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 20, Nr. 26 ZfI 1913 (VIII), S. 209

5 D 1202 / 12

2. 5. 1913

MuW 1913 / 14 (XIII), S. 27 ZfI 1913 (VIII), S. 210

I 439 / 12

21. 5. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 24, Nr. 73 Schubert / Glöckner-II S. 210, Nr. 38 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 316 ZfI 1913 (VIII), S. 202 Recht 1913, Nr. 2348 ff.

I 34 / 13

26. 5. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 25, Nr. 78 Warneyer 6. Jahrg. (1913), S. 459, Nr. 387 Gruchot 58, S. 473, Nr. 25 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 15 Recht 1913, Nr. 2310 f.

I 30 / 13

23. 6. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 29, Nr. 123 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 314 ZfI 1913 (VIII), S. 237

I 389 / 12

27. 6. 1913

RGZ 83, S. 9 Schubert Erkenntnisse 1913, S. 29, Nr. 130 Schubert / Glöckner-II S. 168, Nr. 30, S. 169, Nr. 1 PMZBl. 1913 (XIX), S. 300 Recht 1913, Nr. 2651 ff.

II 178 / 13

11. 7. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 112, Nr. 163 ZfI 1913 (VIII), S. 266

I 66 / 13

17. 9. 1913

RGZ 83, S. 93 Schubert Erkenntnisse 1913, S. 32, Nr. 158 Schubert / Glöckner-II S. 210, Nr. 39 SeuffArch. 69, S. 284, Nr. 151 PMZBl. 1913 (XIX), S. 324

Urteilsverzeichnis JW 1913, S. 1152, Nr. 9 Recht 1913, Nr. 2933 LZ 1914 (VIII), Sp. 68, Nr. 8 I 57 / 13

20. 9. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 33, Nr. 162 PMZBl. 1913 (XIX), S. 326 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 144 ZfI 1913 (VIII), S. 279 Recht 1913, Nr. 3071 LZ 1913 (VII), Sp. 937, Nr. 14

I 84 / 13

22. 9. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 33, Nr. 168

I 67 / 13

29. 9. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 34, Nr. 176

8. 10. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 37, Nr. 11 SeuffArch. 69, S. 281, Nr. 150 PMZBl. 1913 (XIX), S. 381 JW 1914, S. 97, Nr. 26 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 146 Recht 1914, Nr. 262 LZ 1914 (VIII), Sp. 388, Nr. 9

I 104 / 13

17. 10. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 37, Nr. 19 Mitt. 1914, S. 168

I 111 / 13

1. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 39, Nr. 33 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 440 Recht 1914, Nr. 137

I 153 / 13

8. 11. 1913

RGZ 83, S. 274 Schubert Erkenntnisse 1913, S. 40, Nr. 40 Schubert / Glöckner-II S. 169, Nr. 3 PMZBl. 1914 (XX), S. 186

I 141 / 13

15. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 41, Nr. 48 LZ 1914 (VIII), Sp. 281, Nr. 12

I 157 / 13

15. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 42, Nr. 49 GRUR 1914, S. 148 LZ 1914 (VIII), Sp. 377, Nr. 13

I 88 / 13

15. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 41, Nr. 47 ZfI 1914 (IX), S. 177

I 112 / 13

17. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 42, Nr. 50 JW 1914, S. 202, Nr. 18 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 486 Recht 1914, Nr. 420

I 99 / 13 Rechenmaschine

467

468

Urteilsverzeichnis

I 155 / 13

22. 11. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 42, Nr. 52 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 382 ZfI 1914 (IX), S. 134

I 164 / 13

6. 12. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 43, Nr. 63 PMZBl. 1914 (XX), S. 133 ZfI 1914 (IX), S. 165

I 210 / 13

20. 12. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 46, Nr. 78 Schubert / Glöckner-II S. 92, Nr. 68 PMZBl. 1914 (XX), S. 136 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 555 Recht 1914, Nr. 542 LZ 1914 (VIII), Sp. 568, Nr. 12

I 243 / 13

22. 12. 1913

Schubert Erkenntnisse 1913, S. 47, Nr. 84 JW 1914, S. 406, Nr. 8 MuW 1913 / 14 (XIII), S. 487 Recht 1914, Nr. 2765

I 244 / 13

10. 1. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 2, Nr. 8

I 219 / 13

21. 1. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 4, Nr. 16 MuW 1915 / 16 (XV), S. 65 ZfI 1915 (X), S. 57 Recht 1914, Nr. 827 LZ 1914 (VIII), Sp. 755, Nr. 7

I 176 / 13

7. 2. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 7, Nr. 37 Mitt. 1914, S. 129 Recht 1914, Nr. 1179 f. LZ 1914 (VIII), Sp. 1118, Nr. 22

I 178 / 13

11. 2. 1914

RGZ 84, S. 142 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 8, Nr. 42 Mitt. 1914, S. 128 Recht 1914, Nr. 951, 953 f.

I 220 / 13

11. 2. 1914

RGZ 84, S. 146 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 8, Nr. 44 Recht 1914, Nr. 916, 988 f. LZ 1914 (VIII), Sp. 1022, Nr. 10 f.

I 259 / 13

4. 3. 1914

1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 11, Nr. 66 Warneyer 7. Jahrg. (1914), S. 234, Nr. 170 JW 1914, S. 594, Nr. 12 Recht 1914, Nr. 1353 f. LZ 1914 (VIII), Sp. 1362, Nr. 23

Urteilsverzeichnis I 265 / 13

7. 3. 1914

I 312 / 13

28. 3. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 13, Nr. 86

I 55 / 14 Gegenstromapparat

1. 4. 1914

RGZ 84, S. 362 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 14, Nr. 2 Schubert / Glöckner-II S. 61, Nr. 26 PMZBl. 1915 (XXI), S. 32 MuW 1914 / 15 (XIV), S. 106 ZfI 1914 (IX), S. 202 Recht 1914, Nr. 2011 LZ 1914 (VIII), Sp. 1362, Nr. 22

I 3 / 14

4. 4. 1914

RGZ 84, S. 370 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 14, Nr. 5 Schubert / Glöckner-II S. 210, Nr. 40 PMZBl. 1915 (XXI), S. 100 JW 1914, S. 690, Nr. 18 GRUR 1915, S. 120 ZfI 1914 (IX), S. 240 Recht 1914, Nr. 1445 f., 1480, 1482

4 D 45 / 14

5. 5. 1914

PMZBl. 1914 (XX), S. 259 Recht 1914, Nr. 2588

469

RGZ 84, S. 263 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 11, Nr. 68 Schubert / Glöckner-II S. 156, Nr. 50, S. 188, Nr. 21 PMZBl. 1914 (XX), S. 223 LZ 1914 (VIII), Sp. 1023, Nr. 13

1 D 158 / 14 Holzmehl VII

11. 5. 1914

MuW 1914 / 15 (XIV), S. 326 ZfI 1915 (X), S. 4, 268

I 53 / 14

23. 5. 1914

RGZ 85, S. 95 Schubert Erkenntnisse 1914, S. 18, Nr. 41 Schubert / Glöckner-II S. 92, Nr. 69 PMZBl. 1914 (XX), S. 298 JW 1914, S. 933, Nr. 20 MuW 1914 / 15 (XIV), S. 329 ZfI 1914 (IX), S. 254, 1915 (X), S. 44 Recht 1914, Nr. 2763 f. LZ 1914 (VIII), Sp. 1846, Nr. 8

I 99 / 14

18. 6. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 20, Nr. 62

I 12 / 14

8. 7. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 21, Nr. 75 ZfI 1915 (X), S. 160

I 45 / 14

23. 9. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 23, Nr. 94

470

Urteilsverzeichnis

I 50 / 14

30. 9. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 23, Nr. 100 MuW 1914 / 15 (XIV), S. 330 Recht 1915, Nr. 2153

I 265 / 14

14. 11. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 28, Nr. 43 Warneyer 8. Jahrg. (1915), S. 83, Nr. 61 Gruchot 59, S. 519, Nr. 51 PMZBl. 1915 (XXI), S. 144 Recht 1915, Nr. 1671 f. LZ 1915 (IX), Sp. 367, Nr. 9

I 200 / 14

28. 11. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 30, Nr. 53 LZ 1915 (IX), Sp. 356, Nr. 7

I 168 / 14

2. 12. 1914

Schubert Erkenntnisse 1914, S. 30, Nr. 56

1915 I 235 / 14

16. 1. 1915

ZfI 1915 (X), S. 174

I 298 / 14

16. 1. 1915

LZ 1915 (IX), Sp. 692, Nr. 14

I 228 / 14

3. 2. 1915

RGZ 86, S. 197 Schubert / Glöckner-II S. 92, Nr. 72, S. 156, Nr. 52 PMZBl. 1915 (XXI), S. 144 JW 1915, S. 451, Nr. 9 GRUR 1915, S. 121 LZ 1915 (IX), Sp. 691, Nr. 13

I 229 / 14

3. 2. 1915

ZfI 1915 (X), S. 136

I 233 / 14

3. 2. 1915

MuW 1914 / 15 (XIV), S. 397

5 D 1168 / 14

5. 3. 1915

RGSt 49, S. 202 Schubert / Glöckner-II S. 220, Nr. 9 f.

5 D 1213 / 14

12. 3. 1915

PMZBl. 1915 (XXI), S. 192

I 2 / 15

20. 3. 1915

Schubert / Glöckner-II S. 61, Nr. 28 ZfI 1915 (X), S. 172 LZ 1915 (IX), Sp. 980, Nr. 37

I 26 / 15

15. 5. 1915

RGZ 86, S. 412 Schubert / Glöckner-II S. 93, Nr. 74 PMZBl. 1915 (XXI), S. 172 JW 1915, S. 792, Nr. 10

I 157 / 14

9. 6. 1915

Schubert / Glöckner-II S. 210, Nr. 41 Bibliothek des BGH

Urteilsverzeichnis

471

I 57 / 15

16. 6. 1915

RGZ 86, S. 436 Schubert / Glöckner-II S. 169, Nr. 4 PMZBl. 1915 (XXI), S. 200

I 31 / 15

19. 6. 1915

Schubert / Glöckner-II S. 93, Nr. 75, S. 211, Nr. 42 Warneyer 8. Jahrg. (1915), S. 375, Nr. 246 PMZBl. 1915 (XXI), S. 229 JW 1915, S. 1023, Nr. 27 MuW 1915 / 16 (XV), S. 16 GRUR 1916, S. 31 Mitt. 1915, S. 82 Recht 1915, Nr. 2313

4 D 305 / 15

17. 9. 1915

PMZBl. 1915 (XXI), S. 230 Recht 1915, Nr. 2785 LZ 1915 (IX), Sp. 1531, Nr. 21

I 82 / 15

29. 9. 1915

ZfI 1916 (XI), S. 7

I 99 / 15

3. 11. 1915

I 103 / 15

18. 12. 1915

ZfI 1916 (XI), S. 254

1916 I 176 / 15

20. 3. 1916

ZfI 1916 (XI), S. 124

I 15 / 16

13. 5. 1916

Schubert / Glöckner-II S. 93, Nr. 76, S. 222, Nr. 8 PMZBl. 1916 (XXII), S. 135 MuW 1915 / 16 (XV), S. 359 Recht 1916, Nr. 1391

I 53 / 16

1. 11. 1916

Schubert / Glöckner-II S. 178, Nr. 6 PMZBl. 1916 (XXII), S. 153 GRUR 1917, S. 81

4 D 609 / 16

3. 11. 1916

PMZBl. 1917 (XXIII), S. 7 JW 1917, S. 109, Nr. 6 ZfI 1917 (XII), S. 17

I 131 / 16

2. 12. 1916

PMZBl. 1917 (XXIII), S. 19

1917 I 124 / 16

10. 1. 1917

Schubert / Glöckner-II S. 211, Nr. 43 f. Bibliothek des BGH

I 168 / 16

21. 3. 1917

Schubert / Glöckner-II S. 89, Nr. 57, S. 94, Nr. 79 Mitt. 1917, S. 82

I 27 / 17

2. 5. 1917

ZfI 1916 (XI), S. 18, 177

Schubert / Glöckner-II S. 29, Nr. 3 Bibliothek des BGH

472

Urteilsverzeichnis

1918 I 1 / 18

15. 5. 1918

Schubert / Glöckner-II S. 126, Nr. 23 PMZBl. 1919 (XXV), S. 42

I 49 / 18

19. 6. 1918

RGZ 93, S. 172 Schubert / Glöckner-II S. 94, Nr. 83 PMZBl. 1918 (XXIV), S. 81 JW 1918, S. 693, Nr. 11

I 54 / 18

5. 10. 1918

Schubert / Glöckner-II S. 211, Nr. 45

1919 – 1921 I 202 / 18

26. 2. 1919

Schubert / Glöckner-II S. 126, Nr. 24, S. 211, Nr. 46 JW 1919, S. 575, Nr. 11 Recht 1919, Nr. 1698

I 266 / 14

22. 3. 1919

PMZBl. 1919 (XXV), S. 56

I 285 / 18

29. 3. 1919

RGZ 95, S. 220 Schubert / Glöckner-II S. 212, Nr. 47 PMZBl. 1919 (XXV), S. 130 JW 1920, S. 281, Nr. 2 MuW 1919 / 20 (XIX), S. 11 Recht 1919, Nr. 997

I 27 / 19

30. 4. 1919

RGZ 95, S. 304 Schubert / Glöckner-II S. 95, Nr. 86 PMZBl. 1919 (XXV), S. 114 Recht 1919, Nr. 1695

VI 374 / 18

12. 5. 1919

RGZ 95, S. 339

I 111 / 14

23. 2. 1920

Schubert / Glöckner-II S. 212, Nr. 48 Bibliothek des BGH

I 186 / 19

13. 3. 1920

Bibliothek des BGH

I 188 / 20

18. 12. 1920

RGZ 101, S. 136 Schubert / Glöckner-II S. 96, Nr. 87 PMZBl. 1921 (XXVII), S. 116

I 46 / 21

28. 9. 1921

Schubert / Glöckner-II S. 126, Nr. 26 PMZBl. 1922 (XXVIII), S. 24

Quellenverzeichnis A. Archivalische Quellen Bibliothek des Bundesgerichtshofs, Karlsruhe: Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Zivilsachen. Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Strafsachen.

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Drucks-BR 1876 Nr. 70 Drucks-BR 1877 Nr. 14 Drucks-BR 1877 Nr. 25

Drucks-BR 1886 Nr. 83

Drucks-BR 1887 Nr. 56

Sess. v. 1875 / 76, 11. 4. 1876 Antrag des Ausschusses für Handel Bd. I und Verkehr, betr. den Schutz der Erfindungen, nebst Fragen, betr. den Schutz der Erfindungen. Sess. v. 1876, 26. 9. 1876 Ergebnis der Enquete über die reichsBd. II gesetzliche Regelung des Patentwesens. Sess. v. 1876 / 77, 6. 2. 1877 Entwurf eines Patentgesetzes nebst Bd. I, 1 Motiven. Sess. v. 1876 / 77, 18. 2. 1877 Antrag der Ausschüsse für Handel und Bd. I, 1 Verkehr und für Justizwesen zu dem Entwurf eines Patentgesetzes (Drucksache Nr. 14). Sess. v. 1886, 25. 6. 1886 Vorlage, betr. die Revision des PatentBd. II gesetzes, nebst Anlage A: Anträge des Vereins deutscher Ingenieure zur Abänderung des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877, Zu Anlage A: Beschlüsse des Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands, betr. die Abhänderung des Patentgesetzes, Anlage B: Fragen für eine Enquete, betr. die Revision des Patentgesetzes, Zu Anlage B: Erläuterungen zu den Fragen. Sess. v. 1887, 21. 4. 1887 Bericht der Enquete-Kommission zur Bd. I Revision des Patentgesetzes.

474

Quellenverzeichnis

Drucks-BR 1890 Sess. v. 1890, Nr. 110 Bd. II

29. 10. 1890

Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung des Patentgesetzes, nebst Begründung.

Sammlung sämmtlicher Drucksachen des Deutschen Reichstags, Berlin: Drucks-RT 1877 Nr. 8 Drucks-RT 1877 Nr. 144

3. Leg., 1. Sess., I. Bd. 3. Leg., 1. Sess., II. Bd.

Drucks-RT 1877 Nr. 179

3. Leg., 1. Sess., II. Bd.

Drucks-RT 1877 Nr. 201 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 152 Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 322

3. Leg., 1. Sess., II. Bd. 8. Leg., 1. Sess., III. Bd. 8. Leg., 1. Sess., V. Bd.

Drucks-RT 1890 / 91 Nr. 377

8. Leg., 1. Sess., VI. Bd.

24. 2. 1877 Patentgesetz, Entwurf mit Motiven. 22. 4. 1877 Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Patentgesetzes – Nr. 8 der Drucksachen –, nebst Zusammenstellung des Entwurfs eines Patentgesetzes mit den Beschlüssen der VII. Kommission. 28. 4. 1877 Antrag zu dem Bericht der VII. Kommission über den Entwurf eines Patentgesetzes – Nr. 144 der Drucksachen –. 1. 5. 1877 Patentgesetz, (Nach den Beschlüssen in zweiter Berathung des Reichstags.). 25. 11. 1890 Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung des Patentgesetzes. 26. 2. 1891 Bericht der XI. Kommission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung des Patentgesetzes – Nr. 152 der Drucksachen –. 16. 3. 1891 Entwurf eines Patentgesetzes, (Nach den Beschlüssen des Reichstags in dritter Berathung.).

Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, Berlin: StenBer-RT 1. Leg., III. Sess. 1872, Erster Bd., 1872, 19. Sitzung v. 10. 5. 1872, S. 303. StenBer-RT 1. Leg., III. Sess. 1872, Dritter Bd., 1872, Aktenstück Nr. 48, S. 198. StenBer-RT 3. Leg., I. Sess. 1877, Dritter Bd., 1877, Anlage Nr. 8 zur Sitzung v. 24. 2. 1877, S. 12. StenBer-RT 3. Leg., I. Sess. 1877, Zweiter Bd., 1877, 34. Sitzung v. 1. 5. 1877, S. 915.

II. Zeitschriften Archiv für Öffentliches Recht: hrsg. v. Paul Laband und Felix Stoerk, Freiburg i.Br. und Leipzig, 1894 (IX. Bd.), zit.: AöR. Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie: gegründet 1907 v. Josef Kohler und Fritz Berolzheimer, wiederbegründet 1949 v. Rudolf Laun und Theodor Viehweg, Kassel, Vol. 1989 LXXV / Heft 4, zit.: ARSP.

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Personenverzeichnis Bacon, Francis 41 Bell, Alexander Graham 27 Bentham, Jeremy 48 Benz, Carl 348 Fürst v. Bismarck, Otto 51 Bolze, Friedrich Wilhelm Albert 31, 114, 118, 207 Caro, Heinrich 262 Colbert, Jean-Baptiste 42 Daguerre, Louis Jacques Mandé 27 Daimler, Gottlieb 348 Drechsler, Karl August Eduard 130 Edison, Thomas Alva 27, 69, 212 Elisabeth I. 40 v. Gierke, Otto 104 Goebel, Heinrich 28 de Guernay, Vincent 415 Gutenberg, Johannes 39 Hagens, Diedrich Alfred 225, 227 Halske, J.G. 29 Hartig, Ernst 251 Hofmann, August Wilhelm 56, 260 Isay, Hermann 30, 227, 231, 332 James I. 40 Justinian 35

Klostermann, Eduard Hermann Rudolf 31 Kohler, Josef 31, 64, 115, 235, 240, 257, 313, 316, 332, 415 Krupp, Friedrich 335 v. Kübel, Franz Philipp 104 Ludwig XIV. 42 Maybach, Wilhelm 348 Mill, John Stuart 48 Newton, Isaac 27 Otto, Nicolaus August 348 Planck, Hugo Wilhelm Sigmund Allwill 130 Prince-Smith, John 48, 49 Reis, Phillip 28 Reuleaux, Franz 51 Robolski, Heinrich 32 Rousseau, Jean-Jacques 43 v. Savigny, Friedrich Carl 103 v. Siemens, Werner 29, 50, 52 Smith, Adam 44, 48, 414 v. Soxhlet, Franz 306 Thibaut, Anton Friedrich Justus 103 Verguin, Emanuel 260 Watt, James 27 Wirth, Richard 194, 227

Sachwortverzeichnis Abhängigkeit 83, 133-134, 137, 143, 238, 243, 349-350, 356 – Abhängigkeitserklärung 135 – Abhängigkeitspatent 134, 143, 350 actio negatoria 82 Anmeldung – Anmeldungssystem 43, 56, 71, 79 – Patentanmeldung 78, 80, 123, 168, 205 Anspornungstheorie siehe Rechtfertigungstheorien Antipatentbewegung 48 Anwenden siehe Benutzung Äquivalenz 235, 245, 325 Arglist 360, 362 Aufopferung 102 Ausführungszwang 60, 90 Auslegung – objektive 227 – vermuteter Wille des Patentamts 216, 222 Auslegung der Anmeldung 123, 165, 169 Auslegung des Patents 164, 194, 204, 207, 214 – ausdehnende Auslegung 214, 216, 234 – einschränkende Auslegung 221, 225 – Wille des Patentamts 213 Ausschließlichkeit 79, 82, 327, 343 Aussetzung des Verfahrens 186, 224 Baden 46 Bayern 45 Bekanntmachung 81, 164 Belohnungstheorie siehe Rechtfertigungstheorien Benutzung 83, 273-274 – Anwenden 198, 203, 288 – Feilhalten 283 – Feilhalten eines Verfahrens 286 – Gebrauchen 273, 288 – Gewerbsmäßigkeit 98, 289 – Herstellen 276, 279

– Inverkehrbringen 279 – Inverkehrbringen eines Verfahrens 286 – Mehrheit von Personen 300, 302 – Reparieren 278 Benutzung, offenkundige 322 Benutzungsrecht 59, 83-84 Berechnungsmethode siehe Schadenersatz Bereicherung 117, 320 Beweisvermutung 153, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 61, 103, 106 Dauer des Patents 176 Deputation, Technische 45 Doppelerfindung 82, 319, 323, 326 Eigentum, geistiges 63, 66-67, 397 Eigentumstheorie siehe Rechtfertigungstheorien Eingriff 65, 273 Enquete – Patentenquete (1876) 53, 130, 294, 296 – Patentenquete (1886) 58, 265 Entnahme, widerrechtliche 361 Entscheidung – Ariston 214 – Bremsklotz 301, 305, 309 – Carpenter-Bremsen 220 – Daverio 218, 241 – Holzmehl 307-308 – Koks-Löschrinnen 226, 230-231 – Methylenblau 154, 261, 380 – Soxhlet 306 Erfinderpersönlichkeitsrecht 79 Erfinderrecht 29, 78, 327 Erfindungsbesitz 119, 311, 320, 325-326 Erfindungsgedanke 162, 204, 234, 245 – genereller Erfindungsgedanke 241 Erfindungsidee 34, 63, 78, 216 Erfindungsschutz 29, 34, 36, 67, 78

Sachwortverzeichnis Erlöschen des Patents 178, 182 – Nichtigerklärung 77, 80, 124, 177, 179, 182, 185 – Zurücknahme 77, 124, 177 Erschleichung 360, 362 Erschöpfung 312, 314 Erteilung – Einspruch 79, 123 – Erteilungsbeschluss 65, 164, 204 – Erteilungsverfahren 123, 164 Erzeugnis 198, 201, 259, 263, 265 – Erzeugnisschutz 59, 84, 259, 262 Fahrlässigkeit siehe Verschulden Fahrzeugverkehr, internationaler 347 Feilhalten siehe Benutzung Fortschritt, technischer 73 Freihandelslehre 45, 48 Gebrauch siehe Benutzung Gebrauchsmuster 60, 77, 348, 355 – Gebrauchsmustergesetz 60, 355 Gebühr 56, 76, 176, 178 Gegenstand der Erfindung 84, 162, 164, 194-195, 227, 261 Geschäftsführung ohne Auftrag 107, 110, 320 Geschmacksmustergesetz 60 Gewerbefreiheit 37, 82 Gewerbeordnung (1869) 51 Gewerbsmäßigkeit siehe Benutzung, Vorbenutzung Gewinnherausgabe 107 Hannover 46 Hansestädte 46 Hartigsche Lehre 251 Herstellen siehe Benutzung Hessen 46 Identität 142, 144, 236, 350, 353, 356 Immaterialgüterrecht 65, 78 Inverkehrbringen siehe Benutzung Irrtum siehe Verschulden Klage – Feststellungsklage 126 – Klageerhebung 114, 377 – Leistungsklage 128

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– Rechtsweg 125, 149 Klagefrist (Nichtigkeitsklage) 118, 189, 225, 233, 360 Kollision 145, 350, 356 Kombination 244 – Aggregation 244 – Einzelteile 249-250, 254 – Gesamtkombination 221, 245 – Kombination i.e.S. 244 – Kombinationserfindung 214 – Teileschutz 256 – Totalitätserfindung 244 Kommission – VII. Commission (1877) 54, 280 – XI. Kommission (1891) 58, 157, 322 Kongress, Volkswirtschaftlicher 48 Legitimation, formale 164, 176, 183, 379 Markenschutzgesetz 60 Mecklenburg 47 Monopol 48, 75 Naturrecht 42-43, 67 Neuheit 81, 141, 353 Nichtigerklärung siehe Erlöschen des Patents Nichtigkeitsverfahren 124, 135, 179, 185 Niederlande 48 Offenbarungstheorie siehe Rechtfertigungstheorien Offenlegung 73, 75, 80 Patent – ausländisches Patent 171, 174, 294 – Landespatent 171, 323 – Reichspatent 171 – Stoffpatent 84, 197 – Verfahrenspatent 84, 198, 259 Patentamt 122, 164 Patentanspruch 205 Patentbeschreibung 205 Patentdekret (Venedig) 39 Patentgesetz – Deutschland (1877) 53-54 – Deutschland (1891) 58-59 – England siehe Statute of Monopolies

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Sachwortverzeichnis

– Frankreich (1791) 42, 45, 67 – USA (1790) 42 – Venedig siehe Patentdekret (Venedig) Patentschrift 205 Patentschutz, vorläufiger 168 Patentschutz-Verein 53, 97 Patentverletzung – mittelbar 91, 302-303, 309 – objektiv 89 – subjektiv 366 Preußen 45 Priorität 37, 71, 75, 350, 353 Privileg 34 – Einführungsprivileg 37 – Erfindungsprivileg 37 Propatentbewegung 49 Publicandum 45 Rechnungslegung 109 Rechtfertigungstheorien – Anspornungstheorie 69, 72 – Belohnungstheorie 68, 72 – Eigentumstheorie 67, 72 – Offenbarungstheorie 70, 72 Rechtsschutz, vorläufiger 130 Rechtssicherheit 57 Rechtsweg siehe Klage Reichs-Oberhandelsgericht 30 Reichsgericht 30 Reparieren siehe Benutzung Sachsen 46 Schadenersatz – Anspruch 95, 366 – Berechnungsmethode 100, 397 – deliktischer Anspruch 105 Schutzbereich des Patents 227, 233 Sorgfaltspflicht siehe Verschulden Stand der Technik 214, 227 Statute of Monopolies (1624) 40

Teileschutz siehe Kombination Territorialitätsgrundsatz 99, 171, 293 Unlauterer Wettbewerb (UWG) 60 Unterlassungsanspruch 91 Urheberrecht 50, 61 Veranstaltungen siehe Vorbenutzung Verbesserungserfindung 75, 134, 240 Verein deutscher Ingenieure 29, 50 Verfahrenserfindung 198 Vergütungsanspruch 100 Verjährung 107, 357 Verletzungsverfahren 122, 125, 148, 185 Verschlechterung 239 Verschulden 96, 366 – einfache Fahrlässigkeit 98, 106 – grobe Fahrlässigkeit 387, 392 – Rechtsirrtum, unbeachtlicher 378 – Sorgfaltspflicht 388 – Tatbestandsirrtum 381 – Wissentlichkeit 368, 374 Versuchs- und Vorbereitungshandlungen 93, 106, 298 Vorbenutzung 320, 331 – andauernde Vorbenutzung 341 – erforderliche Veranstaltungen 321, 335 – Gewerbsmäßigkeit 333 – Inbenutzungnehmen 331 – Vorbenutzungsrecht 318, 324, 343 Vorprüfung 81, 165, 168 – Vorprüfungssystem 123 Warenzeichengesetz 60 Warnung 375, 390, 396 Weltausstellung 51-52 Wissentlichkeit siehe Verschulden Württemberg 46 Zahlenangaben 241 Zollverein 47, 195 Zurücknahme siehe Erlöschen des Patents Zuständigkeit 122, 133 – örtliche Zuständigkeit 149