Neutestamentliche Studien für Rudolf Bultmann. Zu seinem siebzigsten Geburtstag am 20. August 1954

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Neutestamentliche Studien für Rudolf Bultmann. Zu seinem siebzigsten Geburtstag am 20. August 1954

Table of contents :
Erste Abteilung. ZUR METHODE DER NEUTESTAMENTLICHEN ARBEIT
Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung in der Gemeindepredigt
Preaching and Exegesis
Christian Eschatology and Historical Methodology
Biblical Hermeneutic and American Scholarship
Zweite Abteilung. ZUR VORGESCHICHTE UND ZUR UMWELT DES NEUEN TESTAMENTES
Die neuentdeckten Qumran-Texte und das Judenchristentum der Pseudoklementinen
Σῶμα as "Self, Person" in the Septuagint
Spätjüdisches Prophetentum
Das Denken der frühchristlichen Gnosis
Dritte Abteilung. ZU DEN EVANGELIEN
Das Doppelgebot der Liebe
Πέτρος καὶ πέτρα
Jesu Wort vom Kreuztragen
Die vollkommene Gewißheit, zur Auslegung von Matthäus 5 48
The Authenticity of Jesus' Sayings
Die Anfänge der johanneischen Tradition
Remarques sur les textes de l'ascension dans Luc-Actes
Tradition und Redaktion im Markusevangelium
The Structure and Significance of Luke 24
Vierte Abteilung. ZUR APOSTELGESCHICHTE UND ZU DEN BRIEFEN
Ein Witz des Apostels Paulus
»Was von Anfang war«
Gott und die Natur in der Areopagrede
Theologische Beobachtungen zu δεῖ
Die missionarische Aufgabe in der Mischehe
Das Formular einer neutestamentlichen Ordinationsparänese
Gal 2 14 ὀρθοποδοῦσιν
Verlobung und Heirat bei Paulus
Die Gnosis der Männer nach I Ptr 3 7

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NEUTESTAMENTLICHE STUDIEN FÜR R U D O L F B U L T M A N N

Ν Ε UTE STAM ENTLICHE S T U D I E N FÜR RUDOLF BULTMANN

ZU S E I N E M

SIEBZIGSTEN

GEBURTSTAG

A M 20. A U G U S T 1954

2. B E R I C H T I G T E

AUFLAGE

A L F R E D T Ö P E L M A N N B E R L I N W35 1957

B E I H E F T E ZUR

ZEITSCHRIFT

FÜR DIE NEUTESTAMENTLICHE

WISSENSCHAFT

UND DIE K U N D E DER Ä L T E R E N HERAUSGEGEBEN

VON W A L T H E R

KIRCHE

ELTESTER

B E I H E F T 21

S A T Z : W A L T E R D E G R U Y T E R 4 CO., B E R L I N W 35 D R U C K : B U C H K U N S T . B E R L I N W 86

Verehrter Herr

Bultmann!

Zu Ihrem siebzigsten Geburtstag bringen wir Ihnen unsere Aufsätze und wollen damit die weite Wirkung Ihrer theologischen Arbeit bezeugen. Denn wir kommen nicht nur aus den verschiedensten Ländern, sondern, was vielleicht noch mehr besagen will, auch aus den verschiedensten theologischen Lagern. Wir alle haben den gleichen Wunsch, Ihnen auf Ihren Geburtstagstisch unsern Dank für das, was Sie unserer Wissenschaft und uns selbst bedeuten, in Gestalt dieser Blätter niederzulegen. Nur einige unter uns können sich zu Ihren persönlichen Schülern zählen, aber wir alle haben von Ihnen gelernt und sind durch Sie in unserm theologischen Denken gefördert worden. Darum darf vielleicht unser Kreis stellvertretend für die große Zahl derer sprechen, die sich am heutigen Tage Ihnen verbunden fühlen. Wenn wir — selbst nur eine Auswahl, die niemanden ausschließen wollte — Sie mit unsern Studien zum Neuen Testamente begrüßen, so wissen wir, daß Sie mit Ihren Interessen ein weit größeres Gebiet umgreifen, als es unser Buch ahnen läßt. Wir hätten Philologen und Historiker, Vertreter der systematischen Theologie und der Philosophie zu uns rufen müssen, um Ihnen auf allen Ihren Wegen zu folgen. Das ist nicht geschehen, weil es den Rahmen dieses Bandes gesprengt hätte, und auch weil wir meinten, mit unserem Zielen auf das Neue Testament gerade in die Mitte Ihrer theologischen Arbeit zu treffen. Denn wohin immer Sie geführt worden sind, stets haben Sie die neutestamentliche Botschaft besser zu verstehen gesucht und sie uns Heutigen näher bringen wollen. Möchte Ihnen die Kraft zu solchem Dienst geschenkt werden IN MULTOS ANNOS!

Marburg, den 20. August 1954

Im Namen der Mitarbeiter W. Eltester

INHALTSVERZEICHNIS Erste Abteilung ZUR METHODE DER NEUTESTAMENTLICHEN ARBEIT Dahl,Nils Alstrup, Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung in der Gemeindepredigt Manson.T. W., Preaching and Exegesis Minear, Paul S., Christian Eschatology and Historical Methodology Wilder, Amos Ν., Biblical Hermeneutic and American Scholarship

Se

ite 3 10 16 24

Zweite Abteilung ZUR VORGESCHICHTE UND ZUR UMWELT DES NEUEN TESTAMENTES Cullmann, Oscar, Die neuentdeckten Qumran-Texte und das Judenchristentum der Pseudoklementinen Grobel, Kendrick, Σώμα as "Self, Person" in the Septuagint Michel, Otto, Spätjüdisches Prophetentum Schlier, Heinrich, Das Denken der frühchristlichen Gnosis

35 52 60 67

Dritte Abteilung ZU DEN EVANGELIEN Bornkamm, Günther, Das Doppelgebot der Liebe 85 Ciavier, Henri, Πέτρο? καΐ πέτρα 94 Dinkier, Erich, Jesu Wort vom Kreuztragen 110 Fuchs, Ernst, Die vollkommene Gewißheit, zur Auslegung von Matthäus ö 48 . 130 Grant, F. C., The Authenticity of Jesus' Sayings 137 Gyllenberg, Rafael, Die Anfänge der johanneischen Tradition 144 Menoud, Philippe, Remarques sur les textes de l'ascension dans Luc-Actes . . . . 148 Riesenfeld,Harald, Tradition und Redaktion im Markusevangelium 157 Schubert, Paul, The Structure and Significance of Luke 24 165 Vierte Abteilung ZUR APOSTELGESCHICHTE UND ZU DEN B R I E F E N v. Campenhausen, Hans Freiherr, Ein Witz des Apostels Paulus Conzelmann,Hans, »Was von Anfang war« Eltester, Walther, Gott und die Natur in der Areopagrede Fascher, Erich, Theologische Beobachtungen zu δεΤ Jeremias, Joachim, Die missionarische Aufgabe in der Mischehe Käsemann, Ernst, Das Formular einer neutestamenrlichen Ordinationsparänese Kilpatrick, G. D., Gal 2 14 όρθοττοδοΟσιν Kümmel, Werner Georg, Verlobung und Heirat bei Paulus Reicke, Bo, Die Gnosis der Männer nach I Ptr 3 7

189 194 202 228 255 261 269 275 296

Erste Abteilung

Zur Methode der neutestamentlichen Arbeit

Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung in der Gemeindepredigt Von Nils Alstrup Dahl (Oslo, Rektorhaugen 17)

Die Schriften des Neuen Testaments werden heute nicht in literarischer Isolierung, sondern so weit möglich in ihrem inneren Zusammenhang mit dem gesamten Leben der Urkirche studiert. Nicht literarkritischen Quellenscheidungen, sondern Wiedergewinnung des von den neutestamentlichen Verfassern übernommenen, mehr oder weniger fest fixierten Traditionsgutes, steht heute auf der Tagesordnung innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft. Männer wie A. Seeberg, E. Norden und H. Gunkel waren, jeder in seiner Weise, Pioniere dieser Neuorientierung der Forschung. Heute spricht man fast überall von Kerygma, Glaubensbekenntnissen, liturgischen und katechetischen Überlieferungen. Der Einfluß der religionsgeschichtlichen Schule und der formgeschichtlichen Methode wirkt dabei mit theologischer Neubesinnung und dem Willen zu kirchlicher Erneuerung zusammen. Viele fruchtbare Erkenntnisse sind erzielt worden, aber theologische Moderichtungen haben immer auch ihre Gefahren. Bei der Verwendung von Begriffen wie Kerygma, Glaubensbekenntnis und liturgisches Gut ist eine gewisse Vorsicht geboten, wenn die Begriffe nicht ihren präzisen Sinn verlieren sollen. Es gibt im NT vielerlei Aussagen über Christus, auch feierliche Aussagen in einem gehobenen Stil, aber nicht alles ist kerygmatisch, nicht alles liturgisch, und nicht überall darf man von Glaubensbekenntnissen reden1. Auch »urchristliche Gemeindepredigt« ist kein eindeutiger, gattungsgeschichtlicher Begriff, denn die Predigt des Wortes Gottes an die Gemeinden hat viele Formen gehabt und wird mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: τταρακαλεϊν, διδάσκειν, λαλεΐν usw. Mit κηρύσσειν und εύαγγελίζεσθαι kann gelegentlich auch die Gemeindepredigt gemeint sein — das Evangelium muß immer neu gehört werden — aber diese Worte bleiben in der Regel Termini für die grundlegende apostolische Missionsbotschaft. Von der Missionsverkündigung ist die Gemeindepredigt dadurch unterschieden, daß sie nicht die ChristusBotschaft an diejenigen bringt, die es noch nicht gehört haben, sondern den Glaubenden an die schon gehörte Botschaft erinnert. Die Ζ. B. in dem schönen Büchlein von O.Cullmann, Die ältesten christlichen Glaubensbekenntnisse (1943), scheint mir der Begriff »Glaubensbekenntnis« zu weit gefaßt zu sein. 1



Ν. Α. D a h l

4

Missionspredigt mündet in einen Ruf zur Taufe aus, die Gemeindepredigt ruft vielmehr zur Besinnung auf die schon geschehene Taufe. Sie wird auch mit Worten wie (έπ-)άναμιμνήσκειν oder ύττομιμνήσκειν umschrieben2. Direkte Quellen zur urchristlichen Gemeindepredigt haben wir nicht, oder fast garnicht (Hebr? I Joh?). Aber der Unterschied zwischen dem gepredigten und dem in Briefen und Episteln geschriebenen Wort wird kaum allzu groß gewesen sein. Wir dürfen deshalb vermuten, daß manche Abschnitte der Briefe des NT einen richtigen Eindruck von der Predigt vermitteln. Der Zweck der Predigt ist, kurz gesagt, die Gemeinde zu belehren, zu trösten, zu ermuntern und zu vermahnen, um sie als Gemeinde Gottes in Christus zu bewahren und aufzubauen, und sie dem kommenden Herrn entgegenzuführen. Die Gemeindepredigt wird sehr weitgehend eine praktisch-paränetische Ausrichtung gehabt haben. Aber natürlich hat man auch innerhalb der Gemeindepredigt auf das Christus-Ereignis zurückgegriffen und auf Jesus Christus selbst hingewiesen. Der Frage, in welcher Weise dies geschehen ist, soll hier nur unter einem bestimmten Gesichtspunkt nachgegangen werden: Es finden sich in den Briefen des NT einige feste Schemata die zur Einführung von christologischen Aussagen dienen, und bei denen man annehmen darf, daß sie ihren ursprünglichen »Sitz im Leben« innerhalb der Gemeindepredigt gehabt haben. Zwei solche Predigt-Typen sind schon von Bultmann beobachtet worden, Theologie des NT S. 104. Ich füge noch ein paar andere Typen hinzu, ohne auf Vollständigkeit abzuzielen. Der Übersicht halber habe ich den verschiedenen Schemata einen Namen zu geben versucht, aber es kommt mir alles auf die Beobachtungen, nichts auf die Nomenklatur an. 1. Das Revelations-Schema. Leitworte: Von Ewigkeit an v o r h a n d e n — j e t z t geoffenbart. Das Schema liegt in zwei Varianten vor: a. Die typisch paulinischen Formulierungen sprechen von dem Mysterium, das früher verborgen, jetzt aber geoffenbart worden ist, I Cor 2 β ff.; Col 1 2β f.; Eph 3 4-7. 8-ii; Rm 16 25 f. Das Schema wird in der sekundären Doxologie Rm 16 25 f. verwendet, und auch in der Eulogie in Eph 1 klingt es an (der ewige Ratschluß Gottes in Christus, 1 4-ea, und seine endzeitliche Verwirklichung 1 6b-i4). Aber es kann kaum zweifelhaft sein, daß es ursprünglich der Ansprache (Weisheitsrede, Mysterium-Verkündigung) an den Glaubenden angehört. Die eschatologische Neuheit und der überweltliche Reichtum der im Evangelium verküns

Vgl. meinen Aufsatz »Anamnesis« in Studia Theologica I (Lund 1948), bes. S. 80—82 und K. Stendahl, Kerygma und Kerygmatisch, Theol. Lit. Zeit 77, 1952, ρ 7 1 6 - 7 1 9 .

Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung

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digten Offenbarung soll den Hörern klargemacht werden. Dabei geht es überall um die Offenbarung und das Heil in Christus. In Col 1 26 f. wird sogar gesagt, der Inhalt des Mysteriums sei Χριστός έν ύμϊν, der unter den Heiden gepredigte und dadurch gegenwärtige Christus selbst. Der Übergang vom Partizip (τό άττοκεκρυμμένον) zum Verbum finitum (νυν δέ έφανερώθη) zeugt wohl noch davon, daß ein festes Schema zugrundeliegt. I Cor 2 6ff. ist deutlich, daß dieser Predigt-Typus nicht an sich spezifisch christologisch ist, sondern der Verkündigung einer geheimen Weisheit dient. Die Kreuzigung Christi wird als Beweis dafür genannt, daß die Weisheit Gottes den Archonten verborgen geblieben ist. Aber das beweist zugleich, daß die paulinische Weisheitsrede faktisch keinen anderen Inhalt als den λόγος του σταυρού hat. Was geoffenbart ist und erkannt werden soll, ist τά ύπό του Θεού χαρισθέντα ήμϊν. b. In den Pastoralbriefen und den nicht-paulinischen Schriften fehlen die Begriffe »Mysterium« und »verborgen«. Das Schema wird frei variiert: Was vor der Grundlegung der Welt da war (gegeben, verheißen usw.), jetzt (am Ende der Zeit) ist es geoffenbart, II Tim 1 9-11; Tit 1 2f.; I Ptr 118-21 (vgl. 1 1 0 - 1 2 ) ; I Joh 11-3, Ignatius Magn 6 1; Hermas Sim IX 12. Die Aussagen betreffen entweder das in Christus geoffenbarte Heil, und können dann auch in direkt christologische Sätze übergehen (II Tim 1 θ ff.), oder sie reden direkt von Christus selbst, »der vor den Äonen beim Vater war und am Ende erschien« (Ignatius Magn 61 vgl. I Ptr lieff.: προεγνωσμένον-φανερωθέντος; I Joh 11 ff.). In diesem Zusammenhang darf auch der Prolog des Johannes-Evangeliums genannt werden. Während der schematische Aufbau der synoptischen Evangelien dem apostolischen Kerygma entspricht, so wie es in den Reden der Apostelgeschichte wiedergegeben wird, knüpft das Johannes-Evangelium mit seinem Prolog vielmehr an das »Revelations-Schema« der Gemeindepredigt an. Freilich heißt es hier nicht έφανερώθη, sondern σάρξ έγένετο. Auch die Aussage von der Weltschöpfung durch den Logos entstammt nicht dem hier besprochenen Predigt-Typus, vgl. dagegen die eher »liturgisch« oder »hymnisch« zu nennenden Texte Col 1 und Hbr 1. Aber über die Stellung des Prologs als Anfang des Evangeliums wirft das »Revelations-Schema« einiges Licht. 2. Das s o t e r i o l o g i s c h e K o n t r a s t - S c h e m a . Auch dieser zweite Predigt-Typus Bultmanns ist durch den Gegensatz zwischen »Einst« und »Jetzt« (ποτέ - vuvl δέ) beherrscht. Der Gegensatz ist hier aber anthroplogisch-soteriologisch orientiert: »Ihr wäret einst — jetzt aber seid ihr«, Eph 2 11-22 5 8; Gal 4 8f. (vgl. 3 23ff.); Rm 6 17-22 7 5f. 11 30; I Ptr 2 10. Es kann auch heißen: »Ihr wäret einst — jetzt aber hat Gott (Christus) euch . . .«, Col 1 21 f.; Eph 2 1-10; Tit 3 3-7; vgl. Gal 4 3 ff.; Col 2 13 f.; I Ptr 1 uff.; II Clem 1 β ff.

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Ν . Α. D a h l

Wie Bultmann beobachtet hat, kann das Schema mit einem Lasterkatalog verbunden sein, Tit 3 3 ff. vgl. I Cor 6 9 ff.; Col 3 5 ff.; I Ptr 4 3 f. Zum Teil wird die Barmherzigkeit Gottes in diesem Zusammenhang hervorgehoben, Rm 11 30; Eph 2 4; Tit 3 s ; I Ptr 2 10 (vgl. 1 3). Der Umschwung von dem vorgläubigen Einst zu dem Jetzt des Glaubens wird durch die Taufe markiert, die deshalb innerhalb dieses Predigt-Typus oft ausdrücklich genannt wird, ähnlich wie auch in anderen Texten, wo nur der Gegensatz zu der früheren Existenz nicht so stark betont wird, vgl. etwa Rm 6 iff.; Hbr 10 i9ff. Ob nun ausdrücklich von der Taufe die Rede ist oder nicht, auf alle Fälle ist der Übergang von der ungläubigen zu der glaubenden Existenz durch Gottes Tat in Christus ermöglicht und bewirkt. Es finden sich deshalb innerhalb dieses Predigt-Typus auch direkte Aussagen über das Christusgeschehen Gal 4 3ff.; Eph 2 i3ff.; Col 2 i3ff. Man darf weiter nicht übersehen, daß der Gegensatz zwischen der früheren Gott entfremdeten Existenz und dem neuen Leben im Glauben in einigen Briefen eigentlich ein beherrschendes Thema ist, so vor allem Col ( 1 1 2 - 2 1 2 8-15 2 2 0 f f . 3 5ff.), Eph (115-2 22) und I Ptr (113—2 10). Aber auch für die Disposition des Römerbriefes hat der Gegensatz zwischen Einst (im Heidentum und unter dem Gesetz 118—3 20) und Jetzt (nach der Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes 3 21—8 39) eine grundlegende Bedeutung. (Man vergleiche dazu Bultmanns Darstellung der Theologie des Paulus in seiner »Theologie des NT«!). Der Zweck dieses Predigt-Typus liegt darin, daß die Glaubenden auch verstehen sollen, was die ihnen in Christus neu geschenkte Existenz eigentlich bedeutet und mit sich führt, in ihrer Andersartigkeit gegenüber ihrem früheren Dasein als Heiden oder Juden. Die Hervorhebung des Gegensatzes zwischen Einst und Jetzt enthält einen Ruf zu erkennender Dankbarkeit (ζ. B. Eph 2; Col 112ff.), zum Festhalten ohne Rückfall in jüdische Gesetzlichkeit oder heidnisches Lasterleben (ζ. B. Gal 4; Col 2), und damit auch zu einem neuen Wandel, der in Christus schon gegebenen Erneuerung entsprechend (ζ. Β. I Ptr; Tit 3 3ff.; Col 3 5ff.). 3. D a s K o n f o r m i t ä t s - S c h e m a . Leitwort: Sowie (bzw. denn) auch C h r i s t u s . Beispiele: καθώς καΐ ό Χριστός καΐ γάρ ό Χριστός ότι καΐ Χριστός

Rm 15 7f.; Eph 5 2. 25. 29 (4 32); Col 3 13 Rm 15 2 f. vgl. Mc 10 44 f. (!) I Ptr 2 21 ff. 3i8ff.

Mit diesen Formulierungen berühren sich sachlich und terminologisch auch einige johanneischen Aussagen, Joh 13 34 1 5 12ff.; I Joh 4 9ff. usw.

Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung

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Das Schema gehört der Paraklese an, und dient dazu, innerhalb der Ermahnungen Hinweise auf Christus einzufügen. Dabei wird Christus nicht einfach als Vorbild gesehen, denn vorbildlich ist sein Handeln gerade insofern, als es von Heilsbedeutung ist. Es geht um die Hingabe Christi für uns, seine Menschwerdung und seinen Tod, in dem das Heil beschlossen liegt. Man wird deshalb besser tun, von Conformitas und nicht von Imitatio zu reden. Das Schema kann dazu dienen, recht ausführliche Aussagen über Christus einzuführen, vgl. Eph 5 2 5 - 2 7 ; I Ptr 2 21-24 3 18-22. Dabei ist es natürlich durchaus möglich, daß auch wirkliche Zitate, etwa Liedfragmente in dieser Weise eingeführt werden3. Die Weise der Einführung entstammt aber sicherlich dem Predigtstil. Auch Phil 2 5-11 ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Denn wie immer der Satz δ καΐ έν Χριστώ ΊησοΟ genauer auszulegen sein wird, er hat auf alle Fälle die Funktion, von der Ermahnung zu der christologischen Aussage hinüberzuleiten, ungefähr wie sonst die Formel καθώς καΐ ό Χριστός. Nicht stilistisch, wohl aber sachlich berührt sich ferner II Cor 8 9 mit diesem Predigt-Schema, vgl. auch Hbr 3 1 if. und 12 2 f. 4. D a s t e l e o l o g i s c h e Schema. An eine ganze Reihe von christ ologischen Aussagen werden Finalsätze mit Τνα (όπως) angeschlossen. Dieses Schema gehört nicht nur der Predigt an, es findet sich auch in hymnischen Texten, z.B. Phil 2 9 f. Solche Finalsätze finden sich auch innerhalb der schon behandelten Predigt-Typen. Das Schema kommt aber auch sonst häufig vor, und zwar in verschiedenen Varianten: a. »Christus für uns . . . damit wir . . .« I Thess 5 9 f.; II Cor 5 I4f. 21; Gal 3 13f. 4 4 f.; I Ptr 221.24; Ignatius Trail 2 i . Vgl. Rm 8 3f.; II Cor 8 9 ; Joh 1 7 1 9 . b. »Christus für uns . . . damit er . . . « ,Gal 1 4; Eph 5 25 f.; Tit 2 i3f.; I Ptr 3 is; Joh 11 51 f.; Ignatius Smyrn 1. c. Ohne »für uns« o. dgl. Rm 14 9; Eph 2 15f. 410; Hbr 2 14f.; Barn 51. ef. 11 7 2. Vgl. Joh 10 17 3 15-17. d. Eine Sonderform: »Geoffenbart. . . damit. . .« I Joh 3 5.8 4 9 vgl. Tit 2 11 f.; Barn 14 5. EinenTeil dieses Materials hat Stauffer 4 unter der Überschrift »Die paradoxen Inkarnationsformeln bei Paulus und seinen Nachfolgern« gesammelt. Die Paradoxie ist gut beobachtet: Der Vordersatz spricht von »der Belastung des Unbelasteten«, der Nachsatz von »der Entlastung der Belasteten«. Das trifft für die oben unter a. und b. zu3

Vgl. etwa R. Bultmann, Bekenntnis- und Liedfragmente im ersten Petrusbrief, Coniectanea Neotestamentica XI in honorem A. Fridrichsen, 1947, S. 1—14. * Die Theologie des NT (4. Aufl. 1948), S. 320, vgl. S. 224.

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N.A.Dahl

sammengestellten Stellen im allgemeinen zu, ferner auch für die Stellen aus Barn. Aber der Formel-Typus darf nicht »InkarnationsFormel« benannt werden, denn ζ. T. liegen vielmehr teleologische Passionsformeln vor (I Thess 59f.; I Ptr usw.). Zweifelhaft ist mir auch, ob der Typus an sich spezifisch paulinisch ist; am ehesten ist das für die paradoxen Formeln unter a. und b. anzunehmen. Daß das Stilschema der Predigt angehört, scheint mir vor allem dann deutlich, wenn das Hauptgewicht auf dem Finalsatz liegt, der ζ. T. schon durch ein eis τούτο (γαρ) vorbereitet ist, Rm 14 9; I Joh 3 θ; Barn 5 ι vgl. I Ptr 2 21. Das, was dem Verfasser, bzw. Prediger auf dem Herzen liegt, wird durch den Hinweis darauf unterstrichen, daß es mit dem Ziel der Heilstat Christi übereinsstimmt, vgl. noch ζ. B. Rm 14 8f.; Gal 3 iaf. 44f.; II Cor 512ff.; I Thess 5 9f.; I Ptr 2 i9ff. Fast immer haben die Finalsätze einen soteriologischen Inhalt, und dienen dadurch der tröstenden und mahnenden Paraklese. Die Glaubenden sollen wissen, daß ihnen Heil, Gerechtigkeit und Leben geschenkt ist, weil Christus zu diesem Zweck gekommen und gestorben ist (Gal 1 4; II Cor 521; I Ptr 3 18; Hebr 2 14f.; Barn 5 1 usw.). Recht oft wird dabei die Errettung der Kirche als Ziel des Heilshandelns Christi hingestellt (Eph 2 15 f. 5 25 f.; Tit 214; Barn 5 7; Ignatius Smyrn 12; vgl. Gal 313f.). Verhältnismäßig selten sind die Finalsätze auf die eschatologische Zukunft bezogen (I Thess 59f.; Rm 14 9). Durchgehend geht es aber darum, daß die Glaubenden ihre eigene Existenz von dem »Wofür« der Hingabe Jesu Christi aus verstehen lernen sollen. Das schließt auch die Ermöglichung eines neuen Lebens im Gehorsam, und die Verpflichtung dazu, in sich: »Für alle ist er gestorben, damit die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist« (II Cor 514; vgl. Rm 8 8f.; Eph 527; Tit 2 14; I Ptr 2 20-24). Es kann demnach kaum zweifelhaft sein, daß auch dieses christologische Schema innerhalb der Paraklese-Predigt eine Funktion gehabt hat, wahrscheinlich vor allem dort. 5. Die einfachste Form für den Hinweis auf Christus besteht darin, daß zu dem die Paränese einführenden Hauptverbum (παρακαλώ) ein έν κυρ (od, διά του όνόματος του κυρίου ήμών I. Χ. ο. dgl. hinzugefügt wird (I Thess 41; II Thess 312; Rm 15 30; I Cor 110; II Cor 101). Solche Hinweise auf Christus werden in den Pastoralbriefen zu ausführlicheren B e t e u e r u n g s f o r m e l n erweitert: διαμαρτύρομαι ένώττιον του θεου καΐ Χρίστου Ίησοϋ, του . . . II Tim 4 i,vgl. I Tim 618 δ 21. Natürlich gab es daneben auch noch eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, auf Christus hinzuweisen, in der mündlichen Predigt wie in den uns vorliegenden Briefen, auch unter Ausnützung von keryg-

Formgeschichtliche Beobachtungen zur Christusverkündigung

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matischen, bekenntnisartigen und liturgischen Formulierungen (vgl. z.B. Rm 3 24f. 424f. 8 33f.; IThess 414; I Joh 2 1 f.). Vielleicht lassen sich auch andere feste Schemata finden, bei denen man vermuten darf, daß sie vor allem für den Stil der Gemeindepredigt charakteristisch gewesen sind. Von den Hinweisen auf die Parusie Christi sowie von der Christus-Verkündigung innerhalb urchristlicher Prophetie (Apc) und Schrifterklärung (Hbr, Barn) habe ich ζ. B. hier abgesehen. Einige Ergänzungen zu dem, was Bultmann in seiner »Theologie des NT« über die urchristliche Predigt geschrieben hat, hoffe ich aber durch meine Beobachtungen geboten zu haben.

Preaching and Exegesis by T. W. Manson (I Woodheys, Mersey Road, Heaton Mersey, Stockport, Cheshire)

The following pages raise, without attempting to answer in more than a very tentative way, the question of the relation between the scientific study of the Scriptures, as practised in Universities and Colleges, and the homiletic tradition of the Church. The question arose for me in this way. In Professor Philippe Menoud's excellent study of the recent work on the Fourth Gospel he refers to an article by Herbert Preisker, who "rappelle la grandeur et la nouveaute de la notion johannique de l'amour. Dans Jean, dit-il, la loi d'amour est fondee non sur l'amour de soi, comme dans les Synoptiques et l'Ancien Testament — «tu aimeras ton prochain comme toi-meme» — mais sur l'amour dont Jesus a donne l'exemple: aimez «comme je vous ai aimes». Par la, ajoute Preisker, Jean a fait de l'amour non pas une «mystique contemplative», mais le service distinctif du chretien; il a donne ä l'idee meme d'amour sa plus haute expression"1. Later I referred to these points in a paper read to a ministerial group, and learned from one of the members that they had been in great measure anticiptated in a sermon preached at Brighton on October 20th, 1850, by F. W. Robertson. This sermon, entitled "The New Commandment of Love to one another" appears as No. XVI in the first series of Brighton Sermons. The text is Joh 13 34. The preacher appears to accept the Fourth Gospel as an entirely reliable historical document; but the value of the sermon as an exposition of the meaning of the text is independent of questions about the exact amount of credence that we should give to the Johannine account of the ministry of Jesus as a historical record The exposition is so penetrating and shows such deep insight that it seems worth while to quote somewhat freely. In the opening paragraphs of the sermon the preacher declares, "The love of Christ was no fine s a y i n g : it cost Him His life to say these words with meaning, 'As I have loved you'". And again, "Our Lord affixed a new significance to the word love: it had been in use, of course, before, but the new sense in which he used it made it a new 1

P. H. Menoud, L'fivangile de Jean d'aprös les recherches r6centes (1947), p. 63, quoting H. Preisker's article in the Wobbermin F e s t s c h r i f t (1939) , p. 379-393.

Preaching and Exegesis

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word". It follows that we must "strive to master the meaning of this mighty word love, in the only light that is left us — the light of the Saviour's life: 'As I have loved you': that alone expounds it". The Exposition now proceeds under two heads: I. the Novelty of the Law — "that ye love one another" and II. The spirit or measure of it — "as I have loved you". On the subject of novelty it is recognised that the law of love was not new as law. Love had been commanded in the Old Testament. This new commandment of love is new as a historical fact. A "new spirit was in the world" and "straightway it created a new thing . . . a new voice was heard: a new yearning upon earth; man pining at being separated from his brother, and longing to burst the false distinctions which had kept the best hearts from each other so long — an infant cry of life — the cry of the young Church of God. And all this from Judea — the narrowest, most bigoted, most intolerant nation on the face of the earth." "It was new in Extent. It was, in literal words, an old commandment given before both to Jew and Gentile. To the Jew, as, for instance, 'Thou shalt love thy neighbour as thyself: I am the Lord'. To the Gentile, in the recognition which was so often made of the beauties of the law in its partial application, as in the case of friendship, patriotism, domestic attachment, and so on. "But the difference lay in the extent in which these words 'one another' were understood. By them, or rather by 'neighbour', the Jew meant his countrymen; and narrowed that down again to his friends among his countrymen . . . "Now listen to Christ's exposition of the word neighbour: 'Ye have heard . . . but I say unto you, Love your enemies'. And he went farther: as a specimen of a neighbour, he selected one of that nation whom, as a theologian and a patriot, every Jew had been taught to hate . . . "It was new in being made the central principle of a system. Never had obedience before been trusted to a principle: it had always been hedged round by a law. The religion of Christ is not a law, but a spirit; not a creed, but a life . . .". In the second main part of the sermon Robertson speaks of the spirit or measure of the law — "as I have loved you". He says: "Broadly, the love of Christ was the spirit of giving all He had to give . . . Christ's love was not a sentiment; it was a self-giving. To that His adversaries bore testimony: 'He saved others; Himself He cannot save' . . . These words, meant as a taunt were really the noblest panegyric. . . Unconsciously, those enemies were enunciating the very principle of Christianity, the grand law of all existence, that only by losing self you can save others; that only by giving life vou can bless. Love gives itself. . .

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Τ. W. M a n s o n

"That spirit of self-giving manifests itself in the shape of considerate kindliness . . . This considerateness of Christ was shown in little things. And such are the parts of human life. Opportunities for doing g r e a t l y seldom occur; life is made up of infinitesimals . . . The one who will be found in trial capable of great acts of love, is ever the one who is always doing considerate small ones . . . " I t was a love never foiled by the unworthiness of those on whom it had been once bestowed. It was a love which faults, desertion, denial, unfaithfulness could not chill, even though they wrung His heart. He had chosen, and He trusted . . . "And yet there was everything to shake His trust in humanity . . . Nothing is more surprising than that unshaken, I had well-nigh said obstinate, trust with which He clung to His hopes of our nature, and believed in the face of demonstration . . . "Love is its own perennial fount of strength. The strength of affection is a proof not of the worthiness of the object, but of the largeness of the soul which loves. Love descends, not ascends . . . Love trusts on — ever hopes and expects better things; and this, a trust springing from itself and out of its own deeps alone. "And more than this. It is this t r u s t i n g love that makes men what they are trusted to be — so realizing itself . . .He has loved us, God knows why — I do not — and we, all unworthy though we be, respond faintly to that love, and try to be what He would have us . . . Learn the new commandment of the Son of God. Not to love merely, but to love as He loved. Go forth in this spirit to your life-duties: go forth children of the Cross, to carry everything before you, and win victories for God by the conquering power of a love like His". I have quoted thus largely from Robertson because his preaching seems to me to show the homiletic tradition at its best, and because it also seems to me that the homiletic tradition at its best can make an important contribution to scientific exegesis. The matter may be illustrated from those arts which involve performance of the work of art, that is particularly, music and drama. A play of Shakespeare or a Beethoven concerto may be made the subject of a detailed analysis and commentary; and for this purpose the commentator will use all the resources at his disposal in order to establish the true text of the work and to elucidate the exact meaning of the work as a whole and of its component parts. The student who has to "do" Hamlet or Macbeth for examination purposes will provide himself with the best available text and the recommended commentaries. He will also read works of literary criticism and appreciation, A. C. Bradley's S h a k e s p e a r e a n T r a g e d y , for example. He may study the life of Shakespeare; and, if he is very conscientious, he may visit the scene of the action — though this last may fairly

Preaching and Exegesis

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be called a work of supererogation. But when he has done all this, there still remains the fact that H a m l e t was written in order to be produced on the stage; that the author of the play, himself a professional actor, doubtless had ideas of his own as to how it should be produced; that he communicated these ideas to the company; and, since actors learn their business on the stage from their seniors in the profession, that something of Shakespeare's own intentions regarding his play will have been preserved in the stage tradition. In any case it may be maintained that to know H a m l e t as Shakespeare meant it to be known, one must have more than book knowledge: one must see it acted or, better still, take part in a production. Something similar holds in the case of music. Beethoven not only wrote his compositions down: he also performed and conducted, and so established a tradition of performance, which continues to govern the production and interpretation of his works to the present day. What is even more important is the fact that no amount of musical analysis, detailed study of scores and sketchbooks, research into the life of the composer, or knowledge of the circumstances in which he did his work, can take the place of hearing the pieces played or playing them oneself. It cannot be denied that in the course of time interpretations may creep into the acting or performing tradition, which are not in accordance with the intention of the author or composer. Against such false and arbitrary glosses the safeguard is the written text; and in the last resort all performances are tested against the text. But while the text can be used to show up a bad performance, it is equally true and equally important that a good performance can illuminate the text, and bring to light beauties that are inherent in the composition, even though they may never have been consciously analysed out of it by the composer himself or by the commentators. I venture to think that these analogies may have something to say about the interpretation of the Gospel material. There is a vast amount of work to be done on this material, work which can only be done by using all the resources of scientific scholarship. But it may well be the case that something more is needed for a full understanding. It has often been pointed out that, so far as we know, Jesus did not commit any of his teachings to writing; and if his purpose had been merely to teach people a few simple truths about the fatherhood of God, the brotherhood of man, and the infinite value of the human soul, this is certainly very strange. One would have expected such a teacher to take the obvious way of giving permanence and publicity to his teaching by writing it down and having copies circulated as widely as possible. But, in fact, the activities described in the Gospels are not adequately accounted for, if we think of Jesus as a purveyor

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Τ. W. Manson

of simple moral and religious truths. It is not a course of ethical and theological instruction that is presented, but a ministry. The purpose of this ministry is not to make God probable to enquiring minds, but to make him real to needy men and women, real in the power of his sovereignty and real in his fatherly love for his children. Again, such record of the ministry as we possess shows us not large generalisations about the brotherhood of man, but the creation of an actual band of brothers. Similarly while we need not doubt that Jesus believed in the infinite value of the individual human soul, that doctrine is presented not in so many words, but in a number of incidents showing how Jesus was constantly at the service of individuals who needed any kind of help. More than that, the call of disciples is depicted as an invitation to take part in this ministry; and the tasks, on which they are sent out, are just such tasks as Jesus performs himself. It is perhaps not too much to suggest that in the process of carrying out the instructions given to them by their Master, the disciples would come to a better understanding of him than could be reached in any other way. In that case the most completely reliable parts of the gospel tradition may well be the parts in which disciples, who had been called to share in the ministry of Jesus, have passed on to their successors their understanding of the work to which they were summoned and of the Master under whom they were to serve. In the course of its long history the Church has ventured into many fields and engaged in many kinds of activity, some of which have little obvious relation to the ministry of Jesus and his disciples. But always, somewhere and somehow, the tradition of the ministry has been preserved and practised. Men and women have seen the needs of their fellows at home or abroad; have heard the call to share in the ministry of Jesus; and in responding to it have learned what that ministry is and what manner of Master they serve. Most often their findings are given utterance in preaching; and where this is the case the sermon may offer insights into the Gospel, which are not to be achieved by erudition or critical acumen alone.

Christian Eschatology and Historical Methodology by Paul S. Minear (Andover Newton Theological School, Newton Centre, Mass,, U . S . A . )

During recent years the impression has deepened that the science of historiography has reached a major turning point. In all areas of research and in all countries we find a sober questioning of the adequacy of prevailing methodologies. I do not refer to the attack upon individual scholars for their eccentric ways of applying the method, nor to conservative protests that historians have invaded areas reserved for dogma. I have in mind scholars in many countries who have succeeded in mastering the method for dealing with the object at hand: history (Geschichte). The newer challenges appear most stubbornly in regions where scientific historiography has achieved its most notable triumphs. They are therefore of moment wherever workers are proceeding with historical research. It is high time for every Neutestamentler to be aware of quandaries faced by his colleagues, since their common stock of tools is at stake. Like other methods of historiography, the scientific method has proceeded by isolating a particular sequence of events recorded in literary documents, by observing the elements of continuity in these events, and by organizing these recurrent elements into a coherent pattern. In part this pattern is always suggested by the events and by the extant records. In part it is always suggested by the categories and presuppositions inherent in the observer's method. These categories and presuppositions implicitly convey a perception of time and an overarching perspective on history which dominate the cultural milieu of the historian. Every application of the method brings into play both the historical scene and the historian's mind. Every such application is a test of his method, and, in turn, a test of the conceptions of time and history embodied in his method. Indigenous to modern historiography is a perception of time as impersonal succession, as unilinear movement, as an endless but measurable process. Indigenous also is a perspective which sees history as a single, unitary and universal sequence of events, man-centered and man-propelled, although bounded by conditions of cosmic regularity and interruption. To understand the intrinsic meaning of any event, its location in time must be recovered, so that its exact continuity with prior and later events may be established. To understand the significance for history of an event or a sequence of events, the historian must weigh its total impact on the total life of mankind.

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P. S. Minear

Scientific historiography, together with all other sciences, seeks by a law of its own nature to establish increasing hegemony over all events which fall within its jurisdiction. Given its conception of time and history, this jurisdiction has been wide indeed. Clearly the Bible falls within this territory. All literature is historical; therefore the Biblical documents must be studied by the same methods as other ancient records. All events narrated in the Bible, so far as writers claim that they happened, come within the purview of scientific examination. Generation after generation, scholars have claimed the right to explore new continents of historical life and, by their success, have vindicated that right. Advance scouts have opened up a given field. Technicians have followed. Gradually the field has been ordered in accordance with the demands of the science. The jurisdiction of the method has steadily increased until few indeed are the arctic lands not yet incorporated under the same flag. All this is at least a partial achievement of the necessary goal of any scientific method. (I may interject a remark I heard 25 years ago. An outstanding American NT scholar announced that the possibilities for creative scholarship in NT studies were virtually exhausted. Practically everything had been accomplished.) It would be folly, blindness, and presumption to deny the tremendous contributions made by scientific history to Biblical studies. A list of the triumphs would be gratuitous here. Among the successes must be included the recognition of the importance of eschatology in the NT, steady advances toward understanding Jesus' message of the Kingdom of God, the exploration of the connections between his message and earlier Jewish concepts, the exploitation of analogies and contrasts in Oriental cosmologies and mythologies. Modern historiography has succeeded in probing the alien historiography of Biblical writers. It has succeeded in recovering, in part at least, the strange time-consciousness pervading the Bible. It has made huge strides toward understanding Biblical thought on its own terms, rather than on the terms of various modern Weltanschauungen. It has thus proved a measure of its objectivity by making clear the distance between the Biblical and the modern outlook. All this has been native to its work of establishing hegemony over its legitimate territory. Scientific historiography, like all disciplines of human reason, seeks to discover its own limits, that border where it must say "Thus far, but no farther". It does this in part by ordering and governing the territories already explored. But it also extends its range by projecting hypotheses gained from earlier studies into regions not yet explored. It makes tentative claims of jurisdiction which only continued research can vindicate. At times these claims must be surrendered; at other times they are established and the method moves

Christian Eschatology and Historical Methodology

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toward a new frontier. Any method will initially be denied entrance into precincts which later become amenable to its techniques. For instance, the application of historical science to the Bible was resisted by many who defended a particular doctrine or an earlier picture of the events. One after another, many of these barriers were overcome, and this succession of triumphs seemed to justify the claim that no realm was independent and that no event would refuse to yield its meaning to a more exact application of the method. If historians failed to colonize a new territory, their failures would be remedied by a more scientific application of the accepted disciplines. Quite naturally, also, there has risen the fear that to admit the incompetence of the method to cope with any historical data would open the door to a new anarchy, in which a welter of pre-scientific methods would prevail. It is extremely difficult for any methodology in which postEnlightenment conceptions of time and history are dominant to admit the existence of limits in the operation of historical reason. Yet there are limits. And it is the business of any methodology not only to discover where they are but also to review its own goals and disciplines in the light of those limits. In recent research, the treatment of NT eschatology has demonstrated the existence of limits, although it has not yet led to a satisfactory delineation of them, nor has it yet produced sufficient reexamination of the method itself. The issues are becoming sufficiently clear, however, for us to grapple with them. As I have already noted, the recovery of the shape and power of eschatological thinking in late Judaism and early Christianity constitutes one of the triumphs of modern historiography. We are now enabled to trace with increasing precision the roots of eschatology in the Old Covenant, its place in the prophetic tradition, its apocalyptic forms during the Maccabean and Roman periods, its importance as context for the message of John the Baptist and Jesus, its complex influences upon early Christian writings, and its modifications and permutations during patristic times. There is a striking consensus among scholars in recognizing at least the presence and importance of eschatology, in tracing the development of its basic ideas, and in calculating some of its more tangible effects. This consensus, however, tends to evaporate as soon as questions of significance and validity are raised. Immediately a profusion of "theories" and "schools of thought "appears. Historical study, informed by the best methods available, is unable to speak with a clear univocal verdict here. How, then, have historians faced this dilemma? Initially at least, this predicament has led to a more vigorous analysis of the field of study than of the methods of study. We are inclined to draw a line between the area preempted for historical reconstruction Nti. Studien f. Bultnunn

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and the area left open to theological interpretation, assuming that the first area should remain firmly under the jurisdiction of historical methodology and gladly granting to theologians both the anarchy of theories and the task of ordering this anarchy. We have tended to accept the dictum of Lessing that accidental historical truths can never serve as proofs for eternal truths. We have distinguished sharply between history and faith, between historical and devotional treatments of Biblical texts, between scientific research and homiletic proclamation. This tendency to locate the limits in the field of study rather than in the method of study is, of course, deeply rooted in our own modern outlook. More recently this type of dichotomy has been carried over into the field of NT eschatology. Here the tendency is to set Heilsgeschichte over against Weltgeschichte; or to contrast das Übergeschichtliche to das Geschichtliche. Or we make use of the distinction between what lies within history and what lies beyond it, or the distinction between the historical and the mythological. The historian may or may not be deeply impressed with the historical value of the myth, or with the presence of supra-historical realities, yet he finds it difficult to escape the dichotomy itself. Three observations may be made concerning the character of these dichotomies and the reason for their emergence. (1) They originate, at least in their present form, in difficulties that have attended the extension of modern historiography. In part their Sitz im Leben is that cleavage in the modern mind which has been created and encouraged by the categories and results of historical research. Their motivation is the solution of dilemmas which are most real to historians. They are apologetic efforts to overcome the sceptical results of research by assigning major meanings to the territory which has been left open by that research. Such efforts are repudiated by scholars for whom scientific methodology rightly claims ultimate sovereignty. They fail to satisfy those who cannot draw so sharp a line between historical reason and faith. And even for scholars who adopt these dichotomies there remains in their own hearts and minds a deep hiatus between their work qua historian and their faith qua Christian. These dichotomies may be viewed as efforts on the part of scholars existentially to bridge this professional and confessional schism within themselves. (2) These dichotomies all betray a basic ambiguity in our customary use of the term history (where the German language has a slight advantage over the English). Scholars often assign to Geschichte something that should be assigned to Historie. Hermeneutical presuppositions have imparted to the events studied a pattern which does not fully inhere in them. Scientific objectivity has excised from

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the same events those particularities which belong to concrete actuality. Writing history backward we warp the perspectives of those who were living history forward. In distinguishing between things which lie within history from those which lie beyond it, we have subconsciously identified the things within Geschichte with that segment of reality which lies within the scope of scientific Historie. We have believed that all data within Geschichte must be conducive to application of the same method and yield the same conclusions, and have been willing to grant unlimited freedom for theories about all data beyond Geschichte. But this dichotomy loses much of its value when we admit that the operative factor in determining what lies within or beyond Geschichte has been the set of presuppositions implicit in our Historie. (3) What has been the net result of employing these dichotomies for explicating the NT understanding of God's Kingdom ? A number of excellent reconstructions have been produced, many of which are filled with valid insights and true observations. But if we take the best of these and read it in direct conjunction with the NT, we are not content, not even if that reconstruction is our own. Why do these reconstructions seem at one moment so faithful and the next moment so distant from the original ? The Sitz im Leben, the motivation, the form are different. More significantly, the line of demarcation which we draw between Weltgeschichte and Heilsgeschichte fails to follow the line which Paul draws between the old age and the new, or the line which John draws between darkness and light, or the line in the Apocalypse between the kingdoms of this world and the Kingdom of Christ. The base-line of their thought does not harmonize with the only base-line permitted by that method which has enabled us to recover the base-line of their thought. This is the area where responsible historical study of NT eschatology is producing the greatest strain on methodology. Contact with early Christian eschatology has made us aware that Biblical historiography had unique advantages in dealing with such Geschichte. It has made us aware that in modern historiography an eschatology is implicit which is radically at odds with the pristine Christian faith. This is not an issue which affects merely the location of the outermost boundary either of Geschichte or of Historie. It affects both the perception of each event in history and the interpretation of that event. This is perhaps most obvious in the realm of conceptions of time. We have noted how a scientific hermeneutic operates with a clear set of attitudes toward time. Any change in these attitudes will condition the application of the method everywhere. What happens, then, when we discover in the Bible attitudes toward time which not only claim to be true, but which also commend themselves to us with increasing

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power? The entire hermeneutical system is placed in question. This perhaps is the basic reason why Biblical studies are today in the midst of a vast, exciting, unpredictable transition. No one can yet discern the shape of a newer methodology, but we may be sure that changes will be both subtle and far-reaching. Let me suggest three tokens of this transformation. (1) The first token is the growing awareness that historical time is transformed by the actual appearance within time of an event which is ultimate. In the ecumenical symposium Biblical Authority for Today (S.C.M. Press, 1951), John Marsh presents many arresting observations. He defines history thus: "There is a human time and a divine time . . . it is when these two coincide that real history is made" (p. 192). Or thus: "History consists not only of God's action, though that is the primary and constitutive thing, but it consists also in man's reaction . . . The standards of judgment are to be found, not in our human nature, empirical and fallen, but in the perfect humanity of the .proper man'" (p. 183). Certainly, as Dr. Marsh insists, historical criticism has proceeded from a vastly different conception of history, a conception in which the element of succession is primary and in which the standards of judgment are found in empirical human nature. By using objective methods we can recover the centrality of the eschaton in Biblical thought. We can examine the amazing claim of the apostles that this eschaton has already been inaugurated. But does historical methodology make sense of that claim? We can observe that in the first century certain people viewed all history from this vantage-point between the times. But can this methodology adopt that standpoint ? It seems clear that it cannot do so without dethroning the image of time which dominates hermeneutics. The conception of endless, unilinear, one-way time must be modified if we are to accept the apostolic testimony. "For all our sense of the reality of history, this event (life, death, resurrection of Jesus Christ) alone has reality in the full and final sense, for here alone is the historical sequence really given absolute significance, not only possessing temporality and succession, but is taken up into eternity and the amazing oneness of God . . . For man history can never lose its successive character . . . (yet) he derives from his experience of the divine activity in history knowledge of another quality altogether" (Marsh, op. cit., p. 190, 193).

If this affirmation be accepted, it should make more sense of human life and corporate history than any other. It should bring our perceptions of time closer to the actuality in which other elements than duration and successiveness are present. If the end has actually been inaugurated, then historical time is capable of embracing simultaneously both the old age and the new. No methodology whose presuppositions on time are limited to the old age will be adequate to

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cope with the historicity of the new age or with the temporal collision between the two times. Oscar Cullmaim has correctly spoken of this occurrence of finality within a continuing process as an offense to the modern historian (Christ and Time, Westminster, 1950, p. 23), but he has not allowed his methodology to be sufficiently modified by this offense. (2) The NT not only confesses the manifestation of eschatological reality within history in the form of an event, it also proclaims this event in terms of a person. As Dr. Marsh puts it: Scripture itself offers the major hermeneutical key which must be retained and employed. This key is "Jesus Christ himself, our incarnate, crucified, risen, ascended, reigning Lord" {op. cit., p. 182). Christ takes the central interpretative place not only in the Bible but in all history. The event of Christ is the only fully real and really full event, or as Dorothy Sayers says, "the only thing that has ever really happened". Surely such a dictum is impossible for a radical historicism to accept. It is not much easier for a confessing Christian historian to adopt it as a basis for hermeneutics. Implicit in this eschatological confession is the demand to adopt a thoroughly Christocentric exegesis. This at least is the conclusion to which Father Georges Florovsky is drawn in the same symposium: "The tension between present and future has in the Church of Christ another sense and character than it had under the old dispensation. For Christ is no more in the future only, but also in the past, and therefore in the present also. This eschatological perspective is of basic importance for understanding the Scriptures. All hermeneutical .principles' and »rules' should be re-thought and re-examinfed in this eschatological perspective" (p. 179).

This rapid reorientation in N T studies has brought a strange reversal of emphasis. Once our methodology insisted upon studying the literature, persons and events of the Bible by the same methods as those used for all non-Biblical history. Without denying the propriety of this, pioneers in that same methodology are now insisting that we should view all historical persons and events in the light of this eschatological event: Jesus revealed as God's Messiah. If the field of historical study is found to begin and to end in a Person, the methodology of study will not long be content with an impersonal chronology or with theories of impersonal causation. The process of calculating "times and seasons" will be as incongruous in dealing with the past as in predicting the future. The substance of history itself becomes eschatological, existential and personal. (3) Biblical theology has been moving toward a consensus in recognizing the fact that to early Christians the ultimate hope was inseparable from the event of crucifixion. The end which arrived in the Person of the Messiah was an end which had come nearest to men

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in the Cross. Obviously such a conviction does not make sense unless suffering is inherent in the fabric of history and unless such suffering is the locus of both creation and redemption. To the first Christians the Cross constituted a once-for-all event, but it also had the power of revealing the hand of God in all earlier and later events. Prophets who had predicted the sufferings of Christ had followed the guidance of "the Spirit of Christ within them" (I Ptr 1 li). NT historians viewed the past in the light of an Eschaton in which glory was inseparable from suffering. The Passion Story of the Messiah was a true epitome and consummation of that history, which is constituted by the coincidence of God's time and man's time. "The prophets have left no doubt that the way of faith leads to suffering. The believing community does not charge forward from victory to victory; but through apparent defeat, suffering and death it bears the banner of its Master . . . The meaning and success of (the believer's) obedient service consists not in what he does and achieves, but in the way in which his service bears witness to God's mighty action" (W. Eichrodt, Biblical Authority for Today, p. 273f.).

Now few can doubt that this is an accurate historical observation of the outlook both of Hebrew prophets and of Christian apostles. But not many of us have explored the implications of this outlook for historical methodology. If this outlook be a true appraisal of the inner meaning and the ultimate telos of Geschichte, then any Historie which proceeds on contrary assumptions moves steadily away from the truth rather than toward it. And who can deny that the scientific historical perception of time does move in an opposite direction ? Our view of death is itself the point where the two antithetical conceptions of time collide. The defeat, suffering and death of the Messiah constitute, according to one conception of time, the end of the Messiah, the termination of his career in time, the defeat of his earthly purposes. The primacy of the element of succession in the notion of time is in fact one of the factors which make his defeat a final defeat and his suffering a final suffering. The apparent defeat of the dying Messiah can become a real triumph only through the revelation of a new time in which all things become new. If this event has actually happened to the historian how can he remain content with a historical methodology which implicitly embodies a sense of time which he recognizes to be false ? Will he not be forced to recognize that the historiography reflected in the Pentateuch or in Acts is superior to that of Herodotus or Tacitus ? Will not a huge chasm be opened between his own historiography and that of his secular colleagues ? Whether or not this chasm is recognized, the issue in the field of historical method is in principle the same as that in the field of political action. Hans von Campenhausen has declared that a political

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judgment can only be called Christian "so long and in so far as it keeps a firm hold on the peculiar, eschatological outlook of primitive Christianity". To this scholar, any judgment on the State is Christian only "when the proclamation of the coming Kingdom of God brings each person to perform in his own life the inward act of turning from the transient and for ever provisional structure of this world . . . to the coming, new and freely given order and reality of God, which Christ has brought and in the proclamation and realisation of which he himself was nailed to the Cross" (Biblical Authority for Today, p. 306).

It is my thesis that the Christian historian must realize that this same dictum applies to every judgment of Geschichte, that his application of the "peculiar, eschatological outlook of primitive Christianity" will condition his reconstruction of the past, and that the whole of his methodology will be deeply affected. For what has changed is not simply the picture of early Christian history but also our conceptions of time, of persons and events, and of success and failure. And this change is required by faith in "the God . . . who gives life to the dead and calls into existence the things that do not exist" (Rm 417). In the long involved process of developing a methodology which will do greater justice to historical reality, it is fortunate for Christian historians that the ecumenical movement is furnishing both a stimulus and a channel for genuinely cooperative research into the problems of hermeneutics.

Biblical Hermeneutic and American Scholarship συμπαρακληθηναι έν ύμΤν διά τηξ έν άλλήλοις ττίστεω? Rm Ι12 by Amos Ν . Wilder, Chicago Theological Seminary (Chicago 37, Illinois, 5757 University Avenue)

We propose here, without any apologies, to set forth some large generalizations about continental and American biblical interpretation. The outstanding contributions of Rudolf Bultmann in NTtheology and hermeneutics suggest the relevance here of an analysis of certain divergencies in European and American biblical study today. We have in mind the frequently cited differences both theological and hermeneutical, which have appeared in ecumenical encounters and accompanying studies1. The regional differences have been particularly evident in meetings of scholars concerned with the biblical bases of social ethics and of the Christian hope2. This has been particularly evident in the work of the Advisory Commission on the Theme of the Second Assembly of the World Council of Churches and in the discussions in America of its Reports. More generally we may point to regional disagreements indicated in much American work concerned with biblical theology8. Thus there is a wide-spread reluctance among American scholars to speak of the unity of the Bible or of the NT, and even to use the terms "biblical theology" and "NT theology". In this connection it is characteristic among us (as in Greek Orthodoxy4) that the category of justifi1

Cf. the title of the Gustav Wingren's article: "Eschatological Hope and Social Action, The Tension Between European and American Theology". Advisory Commission Paper 14. Geneva 1952. Cf. also W. E. Garrison, "Social and Cultural Factors in Our Divisions" (an address at Lund 1952), The Ecumenical Review V. ι (October, 1952), pp. 4 3 - 5 1 . 1 Cf. The Meaning of Hope in the Bible: Report of two meetings of the Study Department. Study Department Paper A 5, October 1952. Also, Eschatology and Ethics, compiled by W. Schweitzer. Study Department Paper No. A 3/4, November 1951. 8 Cf. the author's Eschatology and Ethics in the Teaching of Jesus, Revised edition (New York 1950), pp. 4 8 - 5 0 ; 6 1 - 6 4 ; 6 6 - 7 0 . Also John H. Otwell, "NeoOrthodoxy and Biblical Research", Harvard Theological Review 43 (1950), 145—57; and C. C. McCown, "In History or Beyond History", ibid., 38 (1945), 1 5 1 - 7 5 ; and F. C. Grant, "Ethics and Eschatology in the Teaching of Jesus", Journal of Religion XXII (1942), 359-70. * Cf. Ernst Benz, "Das Paulus-Verständnis in der morgenländischen und abendländischen Kirche", Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 3 (1951), 804—7.

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cation by faith is not emphasized as a hermeneutical key to the NT canon6. The case is the same with the conception of the Word of God which is much more employed for this purpose on the continent as well as in England than with us. Many American scholars, moreover, use the term kerygma to refer descriptively to the early Christian proclamation and avoid using it as a general term for revelation in the NT. Biblical scholarship on this side of the water is also distinctive for its continued concern with the historical Jesus, despite full assent to the procedures of Formgeschichte. This is only one aspect of a continuing insistence on the major importance of historical method and its results not only for historical knowledge but for the religious life and for Christian faith itself. This attitude is not to be construed as a mere survival in America of an exploded historicism. It represents rather a conviction that all aspects of primitive Christianity, not only its external phenomena but the kerygmatic faith itself, are relative to social-cultural factors, and no dichotomy can be made between faith and history. The historical-critical account of origins is not to be viewed as a mere prolegomenon to which the order of significance or revelation is then to be added. Finally we may point to a persistent inclination on the part of our biblical scholarship to find a this-age significance in the NT eschatology and therewith the justification for a substantial social ethic. This tendency goes back to the earlier scholars identified with the social gospel, including Orello Cone and Nathaniel Schmidt, but is also illustrated by the later so-called Chicago school of which Shirley Jackson Case® was the foremost figure, a school which still has numerous influential representatives. Every opportunity should be taken to examine and seek to reconcile such differences as exist with a view to more effective cooperation. American churchmen fling charges of biblicism and irrationalism at much European work. Counter charges of Aktivismus, pragmatism and sociologism are hurled against American theological orientation. But the differences cannot be finally assigned either to spiritual exhaustion in Europe or to a supposed lack of sophistication in American theology, or to the unripeness of American biblical scholarship, least of all to any inherent shallowness in American religious life. American Christianity has developed its own authentic insights into Scripture and its own indigenous schools of scholarly work, * Cf. the forced conclusion of an otherwise excellent article by Ernst Haenchen: "Matthäus 23". Zeitschrift für Theologie und Kirche, 48 (1951), 3 8 - 6 3 . Cf. also G. Bornkamm, "Christus und die Welt in der urchristlichen Botschaft", ibid., 47 (1950), 2, p. 222. β Cf. the Case memorial number of the Journal of Religion, XXIX, 1 (January 1949) especially the articles by C. C. McCown and Paul Schubert.

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Α. N.Wilder

sharing common roots in the Protestantism of the past and stimulated by European movements in the churches and by the labors of European scholars. Misunderstandings of biblical interpretation arise from deeper causes than are usually assigned in theological polemic. Nor is it enough to trace them to diverse cultural backgrounds, though here too we have to recognize "non-theological factors" in ecumenical disagreements. The differences go back finally to the manner in which the leading of truth and the Holy Spirit operate in diverse historical branches of the Church and diverse if related societies in modern Christendom. Our observations here must evidently be selective in character. We fully recognize that there is no homogeneous biblical theology either on the continent or on this side. We also recognize that there is a long-standing area of mutually beneficial cooperation and agreement, with the debt largely on our side. The legitimacy of such an inquiry into regional differences is supported by our recognition that similar considerations are of notable importance in the study of the Christianity of the first century. Such titles as Galiläa und Jerusalem (Lohmeyer) and Locality and Doctrine in the NT (R. H. Lightfoot) remind us that the history of the Church from the beginning has been characterized by local differences in Christian life and thought and in methods of interpretation of Scripture. The ongoing movement of the faith involved a constant tension and struggle for reconciliation of such regional variants. What we have today on the continent and in America (to take these two alone) are two foci of modern Christianity with many variations in either case, each with peculiar antecedents, and each as different and as valid in their differences as the Christianity which produced the Gospel of Matthew and that which produced the Gospel of Luke. Our ecumenical task is like that which successfully incorporated the Gospel of John into the four-fold gospel canon. As the genius of Eastern Orthodoxy differs from that of Anglicanism, so the genius of much liberal American Protestantism differs from that of, for example, continental Lutheranism. There are two particular factors conditioning American biblical interpretation to which we would call attention. 1. Contemporary biblical theology and hermeneutic are conditioned everywhere today by a reaction against liberalism, but the terms of this reaction are different on the continent and in the United States. Liberalism in America, whether cultural or theological, has retained a markedly constructive, antipositivistic and even evangelical character. There has not been the same occasion among us for a radical repudiation of liberal theology and liberal historical method as on the continent. The times have called for a deepening of Christian thought and an enrichment of historical method but not for a breach

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with the past. This difference in our situation rests upon the whole character of our cultural and intellectual history. The chief point is that the Christian tradition in America was never radically undermined in the eighteenth century by the influence of rationalism. The Enlightenment had no such negative and destructive effect upon the older religious traditions nor upon the rights of faith and the imagination as in some parts of Europe. There never was a dominant neoclassical age in this country. The story of eighteenth century American development is the story of the slow fusion of a culture founded in Protestant dissent with certain of the secular ideas of classicism . . . The result was, on the whole, a secular but not a sceptical, victory—that is to say, the transfer of the problem of universal order from the theological to the moral sphere7.

So Professor Howard Mumford Jones of Harvard-points to the continuing vitality through this period and through the Romantic period of the basic Christian, especially Calvinist, ethos of our culture. Ralph Barton Perry reaches the same conclusions in his volume, Puritanism and Democracy8. With us the Romantic movement did not take on the character of a violent antinomian reaction against an anti-Christian and sterilizing rationalism. The Christian tradition persisted in our culture in a vital form, nourished both by the Enlightenment and by Transcendentalism, without being radically secularized by either. Thus the cultural liberalism of the twentieth century in this country was not as vulnerable to attack and criticism whether on the part of Marxism, existentialism or neo-orthodoxy as was the case in Europe. The liberal theology taught in the leading liberal Protestant seminaries in the United States after the First World War was deeply evangelical and not rationalistic or positivistic. The post-liberal deepening appropriate to it has inevitably taken a different form than that abroad. This has had much to do with the attitude of our approach to the Scriptures. American biblical theology has indeed grasped eagerly the newer historical-critical advances: the new light on the biblical understanding of time and history, of man and community, as well as the significance of the early Christian message. So far as hermeneutic is concerned, it has been ready to recognize the limitations of orthodox historical method. But it has not been ready for so great a breach with the liberal tradition as is so widely found on the continent. The theological revival of Europe has had its wide repercussions among us. Here too the Christian community finds it urgent to define its faith. The scholar must "The Drift to Liberalism in the Eighteenth Century", in Authority and the Individual (Cambridge 1937), p. 336 or in Ideas in America (Cambridge: Harvard University Press, 1944), p. 123. 8 New York, 1944, pp. 192, 200. 7

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make the results of his labors available to the Church9. The thesis of C. H. Dodd has been welcomed that we have entered upon a new period of synthesis in NT studies after a long period of analysis10. We have a succession of new works in biblical theology in which the task of compilation passes over into the task of generalization and constructive statement11. In some quarters we find American biblical scholarship echoing the demand heard so widely abroad that the biblical theologian must present his work as a confession of faith, or that theological exegesis or an existential understanding must govern the method. There is, however, wide resistence to these latter emphases, resting upon the vitality of liberalism as we have described it and upon the strong empirical quality in our temper of which we shall now speak12. 2. A second fundamental factor in our biblical studies is the characteristic empiricism of the American outlook. This has its background in our social history. Professor Merle Curti identifies some of the factors in his volume, The Growth of American Thought: On the whole the United States lacked the rigidly fixed system of ancient traditions and institutions which in older societies directed thinking toward the past rather than toward a future which men might shape. American life, largely mobile because of the frontier experience, the shift of population to urban centers and the incoming of throngs of immigrants, suggested that there was little indeed which was fixed or final. The rapidly growing technological character of the culture, like the traditional frontier experience, further suggested that ordinary affairs and everyday life were in constant process of remaking13.

This theme is ably documented in the volume, Religion in America by Willard L. Sperry14, formerly Dean of the Harvard Divinity School. This author shows how the American scene has subtly changed all the religious groups, even the Roman Catholic. He stresses our "naive belief in immediacy rather than inantiquarianism", "the widespread confidence among us in the religious possibilities of the everlasting here and now", as against "the preposterous then and there", our cult of the personal, our optimism and our pragmatic insistence that "the believer cannot be dissociated from that in which he believes": i. e., a demand that faith offer its evidences in actual experience. • Cf. Millar Burrows, An Outline of Biblical Theology, (Philadelphia 1946), pp. 1 - 6 . 10 "The Present Task of New Testament Studies", 1936. 11 Cf. An Introduction to New Testament Thought by Frederick C. Grant, New York 1950. 11 For example see W. A. Irwin, "The Reviving Theology of the Old Testament", Journal of Religion, XXV, No. 4 (October, 1945), pp. 235 - 246). 13 New York: Harper, 1943, p. 555. 14 New York: Macmillan, 1946.

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In this connection we note the almost inevitable inclination of American theology and biblical work to pass somewhat lightly over the dense accumulation of dogmatic and ecclesiastical tradition which naturally conditions the approach of the European biblical interpreter. We do not feel ourselves so directly immersed in the vicissitudes of many centuries of disputations over the Scripture. But the American character is addicted to the experimental, empirical, naturalistic approach in a yet deeper sense. We think of Lincoln of whom it was said: "Nothing is here of Europe". There are many aspects of American Christianity of which one can also say: "Nothing is here of Europe". There is that in the American which seeks to make tabula rasa of the world's suffocating weight of tradition and look at things with new eyes. So Thoreau at Waiden. So Poe in his Eureka. So the poet Walt Whitman. There is a hard-headed sense for fact and for the glory of the fact. This stubborn naturalism is more significant for understanding men of the eighteenth century like Benjamin Franklin and Thomas Jefferson than their alleged rationalism. This trait emerges in pragmatism with William James. The pragmatic note in American religion is rather a disaffection with stale dualisms and outworn abstractions than a rejection of truth or of theism. So far as intellectual and scientific work in America is concerned, it has always rested upon and been stimulated by influences from abroad. This is well documented in H. W. Schneider's History of American Philosophy15. It is a mistake to look for any unique or dominating motif in the metaphysics, political theory or theology of the new world. Nevertheless, as he shows, the great movements of modern thought have usually taken on a special expression under the particular influences of this continent. Theology and philosophy have been shaped by their interrelations with the political and social realities of the situation. In the seventeenth century Ramist covenant theology was modified by the social necessities of the New England towns1·. In the eighteenth century the restatement of high Calvinism by Jonathan Edwards had a strong admixture of empiricism reflecting the actualities of the Great Awakening. In the light of this conditioning it is not surprising to find that with the emergence of scientific work in the study of religion special attention was given to the psychology and sociology of religion. American biblical study among liberal scholars has been markedly 14

New York: University of Columbia Press, 1946. Cf. Perry Miller, The New England Mind: The Seventeenth Century. New York: Macmillan, 1939; W. W. Sweet, The Story of Religion in America, New York: Harper Brothers, 1930. 14

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interested in the origin and history of Christianity as social movement and less so in the history of its ideas and doctrines. The social origins of Christianity have been given prominent attention in connection with the whole development of the social sciences17. During the first decades of our century the social sciences developed vigorously in this country, under peculiarly favorable auspices, branching out into new disciplines like social psychology and cultural anthropology and evolving new techniques for the study of culture. These developments powerfully influenced the writing of history18. The social approach to Christian origins has not been satisfied to stop with a familiar religionsgeschichtliche method. Its empirical radicalism leads it to seek a quasi-naturalistic understanding of historical revelation, though without a naturalist or positivistic frame of reference. From this point of view a hermeneutic based on dialectical presuppositions surrenders too easily to the task of understanding the divine operation. It fails to pursue down into the web of second causes the modes of grace and the interplay of revelation with the common life and its patterns, social and personal. Similarly, any tendency to assign a premature normative character to such conceptions as the kerygma, the Word of God, or to such generalizations as Heilsgeschichte tends to abstraction or undue simplification. A citation or two from American scholars will illustrate. The late Clarence T. Craig, who took a vigorous part in ecumenical discussions concerned with biblical interpretation, writing on "The Apostolic Kerygma in the Christian Message", speaks as follows: Some scholars talk about the situation-conditioned elements in Scripture as if there were any other. They speak as if in certain cases allowance had to be made for the temporal relationships, but that the heart of the Gospel is timeless . . . It is of the very nature of the kerygma that every moment of biblical religion is situation· conditioned 1 ·.

Craig writes that in exalting the kerygma we have no right to forget that it too has the same "limitations of particularity" as other aspects of the NT. The mistake lies, he adds, where "some forms of existentialism would dismiss the scandal of history in favor of a unique encounter that would bypass the historical one". 17

Cf. K. Cook-Vontobel, "Richtlinien und Methoden in der Amerikanischen Religionssoziologie", Theologische Zeitschrift, 5 (1949), 363—74. 18 Cf. Merle Curti (ed.), American Scholarship in the Twentieth Century, Harvard University Press, 1953. See especially the treatment of the social sciences and their relation to historiography by Louis Wirth, p. 46, and the chapter on historical scholarship. 19 Journal of Bible and Religion, XX, 3 (July, 1952), 185. Cf. his "Biblical Theology and the Rise of Historicism", JBL, LXII (1943), 2 8 1 - 9 4 .

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Relevant here also is an observation of Frederick C. Grant. He recognizes that "there is a NT theology or perhaps, rather, several theologies overlapping". The chief danger in presenting them is, however, that of "treating that body of thought as if it were unrelated to history and were somehow suspended in thin air". And he speaks further of the danger that the Bible, and especially the NT may be treated as if it had suddenly come "out of the everywhere into the here" — without preparation, without warning, without any connection with or antecedents in the religious history of mankind, and without any psychological contacts with everyday religious life and thought 20 .

These kind of judgments with regard to the interpretation of the Bible could be multiplied by appealing to the works of many of the best known biblical scholars in this country. E. C. Colwell's textbook, The Study of the Bible21 contrasts strict historical-critical method with all "modernizing" methods especially when they appeal to unique sources of enlightenment and calls especial attention to the social factors in the history of Israel and the Church, as well as in that of the canon. Donald W. Riddle, in a series of volumes of great value applied the tools of sociological analysis to the development of Christianity, notably in his study of martyrology22. Carl H. Kraeling, Director of the Oriental Institute of the University of Chicago, in a recent volume entitled John the Baptist, combining the methods of his teacher, Martin Dibelius, with a sociological realism, offers us a bold interpretative reconstruction of the historical John the Baptist and expressly indicates the religious value of such a method. Further examples could be given in connection with study of the historical Jesus by Professors H. J. Cadbury24 and John Knox 25 ; the hermeneutical work of R.M.Grant 2 8 ; the environmental studies of S.V. McCasland27; not to mention the approach of such well-known workers in the OT as W. F. Albright, R. H. Pfeiffer, W. A. Irwin and others. All such studies reflect a special Sitz-im-Leben in American 20

A η Introduction to New Testament Thought (New York: Abingdon-Cokesbury Press, 1950), pp. 2 3 - 2 8 . 21 Chicago, 1937. 21 The Martyrs A Study in Social Control. Chicago, 1931. 23 New York, 1951. 24 The Peril of Modernizing Jesus, New York, 1937; Jesus, What Manner of Man, New York, 1947. 28 The Man Christ Jesus, Chicago, 1941; Christ the Lord, Chicago, 1945. *· The Bible in the Church: A Short History of Interpretation, New York, 1948; Miracle and Natural Law in Graeco-Roman and Early Christian Though t, Amsterdam, 1952. 27

The Resurrection of Jesus, New York, 1932; By the Finger of God: Demon Possession and Exorcism in Early Christianity, New York, 1951.

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Α. Ν. W i l d e r , Biblical Hermeneutic and American Scholarship

scholarship which needs to be understood if world-wide cooperation in the interpretation of the Bible is to be furthered. We may well close with a quotation from the American church historian, John T. McNeill: Perhaps I may claim (though the claim will be disputed) that when the philosopher, the theologian and the social theorist leave the stage it is the historiographer who takes over. Humanly speaking, the last judgment is inscribed on Clio's scroll28. » "In Pursuit of the Past", Religion in Life, X X I I , 4 (Autumn, 1953), 586.

Zweite Abteilung

Zur Vorgeschichte und Umwelt des Neuen Testaments

Die neuentdeckten Qumrantexte und das Judenchristentum der Pseudoklementinen von Oscar Cullmann (Basel, Hebelstr. 1 7 ; Paris, 6 Rue de Strasbourg)

J . L. Teich er 1 hat die alle üblichen Datierungen umstürzende These aufgestellt, die Qumrantexte wie die Damaskusschrift seien judenchristlichen Ursprungs; der »Lehrer der Gerechtigkeit« sei Jesus; der »Lügenpriester« kein anderer als Paulus; die Gemeinde des »Bundes« die Ebioniten, die sich in Transjordanien nach Ausbruch des jüdischen Krieges angesiedelt hatten. Die Schriften seien daher in die Zeit nach 70 n. Chr. zu versetzen. Diese These kann nur unter Zuhilfenahme einer ganzen Reihe unbewiesener Hypothesen und gewaltsamer Erklärungen aufrecht erhalten werden2. Sie ist daher allgemein abgelehnt worden3, besonders seitdem auf Grund der neuesten Funde so gut wie feststeht, daß das Versteck der Rollen im Zusammenhang mit dem Krieg, wahrscheinlich zwischen 66 und 70 angelegt worden sein muß 4 . Immerhin kommt Teicher das Verdienst zu, auf eine Beziehung hingewiesen zu haben, die zweifellos zwischen den Schriftenrollen vom Toten Meer und der Damaskusschrift einerseits, dem pseudoklementinischen Schrifttum, vor allem den »Kerygmata Petrou«, aber auch den späteren pseudoklementinischen Quellen und Bearbeitungen, anderseits besteht. Die Parallelen scheinen mir sogar zahlreicher und entscheidender, als Teicher annimmt. Nur sind sie anders zu erklären. The Journal of Jewish Studies 1951, S. 67ff., 116ff.; 1952, S. 53ff., l l l f f . , 128ff. Für die Damaskusschrift war diese These, was Teicher selbst erwähnt, schon von Margoliouth, Athenaeum 1910, S. 657 aufgestellt worden. 8 Einige davon, so vor allem die unmögliche Beziehung der konkreten Aussagen des Habakukkommentars über den »Mann der Lüge«, der doch ein Priester ist, auf Paulus, hat H. J . Schoeps widerlegt: »Handelt es sich wirklich um ebionitische Dokumente?« (Zeitschr. f. Religions- und Geistesgeschichte 1961, S. 322ff.). 3 A. Dupont-Sommer. Nouveaux aperjus sur les manuscrits de la mer morte 1963, S. 201 ff. — K. Elliger, Studien zum Habakukkommentar vom Toten Meer 1963, S. 242 ff. 4 P. de Vaux, Communication a. l'Acad&nie des Inscriptions et Beiles Lettres 4 avril 1952. — Mit einer noch weiteren Benutzung der Verstecke bis spätestens ins erste Drittel des 2. Jahrhunderts rechnet G. Vermfes. Les manuscrits du disert de Juda 1963, S. 36. Ähnlich H. Bardtke, Die Handschriftenfunde am Toten Meer 1962, S. 166ff. 1

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Schon bei der ersten Einsicht der neugefundenen Texte und der damit gegebenen erneuten Prüfung der Damaskusschrift hat sich auch mir von den Pseudoklementinen her die Verwandtschaft mit dem dort bezeugten Gedankengut und den Bräuchen der Judenchristen geradezu aufgedrängt, und bei näherer Untersuchung hat sich dieser Eindruck bestätigt. In meinem vor nunmehr 24 Jahren erschienenen Buch über die Pseudoklementinen und die Beziehung zwischen Judenchristentum und Gnosis6 habe ich die pseudoklementinischen »Kerygmata Petrou« mit spät jüdischen Anschauungen wie etwa den in den Henochbüchern bezeugten, vor allem aber gerade mit denen der Essenersekte und deren Bräuchen konfrontiert und gezeigt, wie sich auf Schritt und Tritt genaue Parallelen zwischen den Lehrmeinungen und der religiösen Praxis der Pseudoklementinen und den Beschreibungen der Essener durch Josephus und Philo aufzeigen lassen®, nachdem schon vorher W. Bousset das Judenchristentum der Pseudoklementinen geradezu als »christlichen Essenismus« bezeichnet hatte7. Damals hatte ich nicht geahnt, daß diese These und die sich daraus ergebenden Folgerungen für das Verständnis des Verhältnisses zwischen Urchristentum und jüdischer Gnosis, die mehr oder weniger skeptisch aufgenommen worden waren, eines Tages eine so weitgehende Bestätigung durch Handschriftenfunde erfahren sollten, und es war nicht vorauszusehen, daß so die Pseudoklementinen wieder zu Ehren kämen, nachdem ihre Aktualität seit den Tagen der Tübinger Schule, die diese Schriften allerdings zu anderen Zwecken benutzt hatte, sehr zurückgegangen war. Gewisse Anschauungen der »Kerygmata Petrou«, etwa ihre offene Polemik gegen die Täufersekte und gegen Johannes den Täufer selbst, sind ja von der breiten Forschung in den Arbeiten über das Urchristentum und die Gnosis nie gebührend gewürdigt, ja kaum beachtet worden8. 6

Le problfeme littöraire et historique du roman pseudo-cl£mentin. Etude sur le rapport entre le gnosticisme et le judöo-christianisme. 1930. — Hier sei mir die Bemerkung erlaubt, daß R. Bultmann in seinem soeben erschienenen interessanten Aufsatz über die Arbeit von H. J. Schoeps in Gnomon 1964, S. 178 mein Buch doch wohl nicht richtig einreiht, wenn er es aus einem »Interesse für die apokryphen Evangelien und die Pseudo-Clementinens« hervorgehen läßt. Mein Hauptinteresse galt, wie der Untertitel anzeigt, den jüdischen und christlichen Sekten. • O. Cullmann, Le problfeme litt6raire . . . S. 176ff.; cf. besonders S. 176: nous aurons, ä plusieurs reprises, ä relever des paralleles assez frappants entre les ide6s et les pratiques essdniennes et Celles des Prödications de Pierre. 7 W. Bousset-Gressmann, Die Religion des Judentums im späthellenistischen Zeitalter. 3. Aufl. 1926, S. 461f. Anm. 3. 8 O. Cullmann, Ό όττίσω μου έρχόμενος. Festschrift für A. Fridrichsen. Coniectanea Neotestamentica. Uppsala XI, 1947, S. 26ff. — Id. Le probteme littdraire . . S. 284ff.

Die neu entdeckten Qumrantexte und das Judenchristentum

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Es ist zu begrüßen, daß gerade jetzt in der Berliner Kirchenväterausgabe der »Griechischen Christlichen Schriftsteller« der lang erwartete erste kritische Text der pseudoklementinischen Homilien durch Bernhard Rehm soeben erschienen ist®. Durch den vorliegenden Aufsatz möchte ich die weitere Untersuchung der Beziehung zwischen dem ebionitischen Judenchristentum und den Qumrantexten anregen, indem ich auf einige Hauptpunkte hinweise, die dann in Einzelstudien, besonders wenn demnächst die Qumranpsalmen veröffentlicht werden, weiter zu prüfen sind10. Eine gewisse gnostische Grundhaltung der im übrigen ganz im Judentum verwurzelten Gedankenwelt der Sekte hat K. G. Kuhn in seinem Aufsatz »Die in Palästina gefundenen hebräischen Texte und das Neue Testament« mit Recht herausgestellt11. Die gleiche Verbindung zwischen genuinem Judentum und Gedankengängen, wie sie für die Gnosis charakteristisch sind, liegt auch in den »Kerygmata Petrou« vor. H. J. Schoeps glaubt zwar in seinem Buch über die »Theologie und Geschichte des Judenchristentums«12, in dem er im übrigen in der Beurteilung dieser Quelle weitgehend mit mir einig ist, gerade diese gnostische Einstellung ihrer Anschauungen bestreiten zu sollen12®. Es mag sich da teilweise um einen Streit um Worte handeln. Schwerwiegender ist die Behauptung von Schoeps, die Ebioniten der Pseudoklementinen stünden nicht in Beziehung zu den gnostischen Taufbewegungen Syriens. Gerade im Lichte der neugefundenen Texte dürfte sich seine These über die genuin jüdische Herkunft der Anschauungen der »Kerygmata Petrou«aus der Haggada • Zum Druck besorgt durch J. Irmscher, Berlin u. Leipzig 1963. Ich zitiere im folgenden die Homilientexte nach dieser Ausgabe. 10 Einer meiner Pariser Schüler, P. Geoltrain, bereitet an der Ecole des Hautes Etudes über eine Reihe dieser Einzelfragen eine Arbeit vor, die später im Druck erscheinen soll. 11 Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1950, S. 193ff. Siehe dazu den Vorbehalt W. Baumgartners. Der palästinische Handschriftenfund 2. Bericht (Theol. Rundschau 1951, S. 147f.). Nicht ganz klar ist mir, warum K. G. Kuhn neuerdings in seinem Aufsatz »Die Sektenschrift und die iranische Religion« (Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1952, S. 296ff.) unter Berufung auf den iranischen Dualismus die Bezeichnung »Gnostizismus« fallen läßt. (Siehe zu dieser Frage auch W. Baumgartner. Die Bedeutung der Höhlenfunde aus Palästina für die Theologie, Schweiz. Theol. Umschau 1964, S. 62.) " 1949. Siehe besonders S. 306ff. Ua Mit Recht weist R. Bultmann demgegenüber in Gnomon 1964, S. 177 ff. den gnostischen Charakter des pseudoklementinischen Gedankengutes nach. Vor allem betont er auch, daß die von H. J. Schoeps angeführten rabbinischen Parallelen zu den Pseudoklementinen oft nur beweisen, daß eben der Gnostizismus auch in das rabbinische Judentum eingedrungen ist.

Ο. C u l l m a n n

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kaum mehr aufrecht erhalten lassen13. Jedenfalls können pseudoklementinische Polemik gegen Gnostiker und pseudoklementinischer Judaismus, die H. J. Schoeps gegen ihren eigenen gnostischen Charakter ins Feld führt, auf keinen Fall als Argumente gelten14 Der D u a l i s m u s ist für die Theologie der Pseudoklementinen wie für die der Qumrantexte grundlegend. Licht und Finsternis; Wahrheit und Lüge: dieser Gegensatz taucht nicht nur an irgend einer Stelle der beiden Systeme auf — in diesem Falle könnten wir die Parallele unbeachtet lassen —, sondern er beherrscht sie von Anfang bis Ende. Die für die ganze pseudoklementinische Konstruktion kennzeichnende Syzygientheorie beruht auf dem Dualismus von Wahrheit und Lüge, Licht und Finsternis. — Anderseits lesen wir mitten in der Sektenregel von Qumran einen Abschnitt über die zwei Geister, dessen Wichtigkeit durch diese Einreihung in die Augen springt15. Immer wieder begegnen wir der Gegenüberstellung der »Söhne des Lichts« und der »Söhne der Finsternis«, der Wahrheit und der Lüge. Bekanntlich trägt eine bisher nur in Bruchstücken veröffentlichte Schrift der Sekte den Titel »Kampf der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis«. An sich würde nun auch die Feststellung der zentralen Rolle des Dualismus in den beiden Systemen noch nicht allzu viel besagen. Denn beide könnten ja unabhängig voneinander auf die iranische Religion zurückgehen. Entscheidend fällt hier jedoch ins Gewicht, daß in den Qumrantexten wie in den Pseudoklementinen der wohl aus dem Parsismus stammende16 Dualismus in ganz analoger Weise hier wie dort mit dem jüdischen Monotheismus in Einklang gebracht wird. Nach den Pseudoklementinen hat Gott zwei Könige eingesetzt: den König dieser Welt und den König des zukünftigen Äons. Der König dieser Welt ist der Teufel, derjenige der zukünftigen der »wahre Prophet«17. Beide werden als Diener G o t t e s betrachtet. Beide führen seinen Willen aus. Der böse hat von Gott Auftrag und Macht erhalten, böse zu sein. Besonders das sechste Buch der »Kerygmata 13

Wie schwer seine These, schon abgesehen von den Qumrantexten, durchführbar ist, zeigt gut in seiner ausführlichen Besprechung G. Bornkamm (Zeitschr. f. Kirchengesch. 1952/53 S. 196ff.). 14 Sekten, die zur gleichen Geistesrichtung gehören, bekämpfen sich immer untereinander. — Siehe im übrigen zur Frage des vorchristlichen Gnostizismus, vor allem im Hinblick auf die simonianische Gnosis, und zur Unterscheidung von mythologischem und philosophischem Gnostizismus E. Haenchen. Gab es eine vorchristliche 16 Gnosis? (Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1952, S. 3l6ff.). Regel III 1 3 - I V , 26. 18 Für die »Kerygmata Petrou« scheint dies schon erwiesen durch das Interesse, das sie für die persische Religion, für den mit Nemrod identifizierten Zoroaster bekunden: Horn. IX, 4,Iff., Ree. 1,30. » Horn. XV, 7,4; X X , 2,2.

Die neuentdeckten Qumrantexte und das Judenchristentum

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Petrou«18 entwickelt diesen Gedanken, daß das Gute und das Böse in Gott selbst existieren. Das Böse stellt seine; linke, das Gute die rechte Seite dar. Die ganze Schöpfung weist diese auf Gott zurückgehende Dualität auf. Der Werdeprozeß wickelt sich durch Emanation zweier entgegengesetzter Prinzipien ab, die sich trotz ihrer Entsprechung gegenseitig bis zum endgültigen Sieg des guten Prinzips bekämpfen. Diese besondere Form des Dualismus finden wir in den Qumrantexten in dem schon erwähnten Abschnitt der Sektenregel. Auch hier ist Gott selbst Urheber der beiden Geister 19 : »(Gott) hat (dem Menschen) zwei Geister bestimmt, in denen er bis zur Zeit wandeln soll, wo er ihn heimsucht«20. »Er hat die Geister des Lichts und der Finsternis geschaffen und alles Tun auf sie gegründet «21. Daß in diesem entscheidenden Punkte Übereinstimmung vorhanden ist, scheint mir wichtiger als die bloße Feststellung des Dualismus in den beiden Religionsgebilden. Daneben bestehen Unterschiede : die pseudoklementinische Verbindung des Dualismus Licht— Finsternis, Wahrheit—Lüge mit dem Gegensatz Männlich—Weiblich, Licht—Feuer scheint in den Essenertexten keine Entsprechung zu haben22. Wir werden sehen, daß die Identifizierung des bösen Prinzips mit dem Feuer in den Pseudoklementinen mit einer in den »Kerygmata Petrou« zugespitzteren Polemik gegen den Opferkult in Zusammenhang gebracht ist23. Die E r l ö s e r g e s t a l t ist offenkundig analog in den Texten der Sekte und in den judenchristlichen »Kerygmata Petrou«. Hier wie dort besteht seine spezifische Aufgabe in der Offenbarung der Wahrheit. So ist in den Pseudoklementinen sein eigentlicher Titel »der wahre Prophet«, und das erste Buch der »Kerygmata Petrou« handelt von ihm. Er ist die Verkörperung der Wahrheit, die das gute Prinzip darstellt. — In den Qumrantexten heißt er »Lehrer«, Lehrer der Gerechtigkeit24. Seine Anhänger sind die »Männer der Wahrheit«25, sein « Horn. X I X ; X X , 1-10; Ree. III, 12-20; Horn. II, 14-18, 33-34; Ree. III, 52-61. 19 Dies betont mit Recht K. G. Kuhn. Die Sektenschrift und die iranische Religion (Zeitschr. f. Theol. u. Kirche 1952 S. 296ff.). 20 41 Regel III, 18. Regel III, 26. 22 Allerdings ist öfters vom Feuer der Endzeit die Rede, etwa Regel IV, 13, das aber nur indirekt hierher gehört. 23 Bewußte Polemik gegen Zoroaster scheint auch mitzuspielen. Siehe O. Cullmann, Le probl6me littdraire . . . S. 192f. 24 K. Elliger, Studien zum Habakuk-Kommentar vom Toten Meer. 1953, S.285 rechnet damit, daß DÖS und Wechselausdrücke sind. In diesem Falle ist die Beziehung zum wahren Propheten der Pseudoklementinen noch deutlicher. Mit Recht sagt wohl auch J. L. Teicher, Journ. of Jewish Studies 1951, S. 97, daß man statt »Lehrer der Gerechtigkeit«, eher »Lehrer der Wahrheit« übersetzen sollte. 25 Habakukkomm. VII, 10.

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Gegenspieler der » L ü g e n p r o p h e t d e r »Mann der Lüge«27, was unmittelbar an die Lügenpropheten der »Kerygmata Petrou« erinnert, die dort als Gegenspieler des »wahren Propheten« erscheinen. Die demnächst zur Veröffentlichung gelangenden Psalmen werden gerade für die Charakterisierung des »Lehrers der Gerechtigkeit« bedeutsam sein und unsere Kenntnis in dieser Hinsicht vervollständigen. Einen Zug, den der Lehrer in den bereits bekannten Texten trägt, und der ihn vom »wahren Propheten« der Pseudoklementinen unterscheidet, können wir schon jetzt hervorheben: er ist Priester 2 8 und wird mit Aron zusammengebracht. Er vertritt das wahre Priestertum im Gegensatz zum ruchlosen Lügenpriester. Wieder stoßen wir hier auf einen Unterschied, der mit einer viel schrofferen und radikaleren Ablehnung allen Priester- und Opferwesens auf Seiten der Judenchristen zusammenhängt. In der Qumransekte ist das Priestertum als solches nicht aufgehoben. Im Gegenteil, es stehen Priester an ihrer Spitze, und die Hierarchie ist nach dem Muster des alttestamentlichen Priestertums geregelt29. Die Priester setzen sich zuerst80, sie sprechen den Segen über dem Mahl81. Nur das offizielle Priestertum in Jerusalem wird bekämpft. Dem Tempel- und Opferdienst dagegen stehen die Essener wenn nicht direkt ablehnend, so doch kritisch gegenüber. Freilich geht das, was in der Regel32 über die Gnade gesagt ist, die »ohne das Fleisch von Brandopfern und ohne das Fett von Schlachtopfern« erlangt wird, kaum über das hinaus, was wir bei den alttestamentlichen Propheten hören, und in der Damaskusschrift wird nur das Opfer, das in Unreinheit dargebracht wird, gebrandmarkt33. Immerhin wird Philo recht haben, wenn er schreibt, daß die Essener die Tieropfer verwerfen84. Josephus berichtet an einer nicht ganz klaren Stelle85, sie hätten zwar Gaben zum Tempel gesandt, aber selbst nicht am Tempel- und Opferkult teilgenommen. * ib. VII, 9. » i b . n , If.; V, 11 f. * ib. II, 8 ** Dies betont mit Recht Η. H. Rowley. The Zadokite Fragments and the Dead Sea Scrolls 1952, S. 68ff. Siehe auch Ε. Cavaignac. Quelques rdflexions sur les documents d' Ain Fasha (Revue d1 Histoire des Religions 1960, S. 162). · · Regel II, 20; VI, 8. n Regel VI, 6, cf. Jos B. J. II, 8, 6. " Regel IX, 3 ff. 83 Damaskusschr. XI, 19. Η. J. Schoeps. Judenchristentum . . . S. 225, Anm. 1 geht daher zu weit, wenn er diese Stelle als Beleg für die Tempel-und Opferfeindschaft der Gemeinde des neuen Bundes ansieht. M Quod omnis probus Uber 75. M Ant XVIII, 1, 6.

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Die Judenchristen berühren sich mit. den Essenern in dieser Kritik, gehen aber, wie bereits bemerkt, in schroffem Radikalismus weit über sie hinaus, auch über die Tempelgegnerschaft der Hellenisten der Urgemeinde, die hier als wichtige Zwischenglieder auch zu nennen sind36. Für die Judenchristen der Pseudoklementinen besteht das eigentliche »Werk« Jesu, des wahren Propheten, geradezu darin, daß er dem Opferkult in Jerusalem ein Ende bereitet hat, und zwar durch die Taufe. Er ist in die Welt gekommen, um das vom Hohenpriester angezündete Feuer durch das Wasser der Taufe zu löschen37. Die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 ist ein Strafgericht darüber, daß die Juden nicht eingesehen haben, daß der wahre Prophet die Opfer beseitigt hat38. Im Rahmen dieses Radikalismus ist kein Platz mehr für ein Priestertum, welcher Art es auch sei. Daher wird denn auch Aron in den »Kerygmata Petrou« auf die linke Seite, die Seite des bösen Prinzips, der falschen Prophetie, verwiesen und so in einer Syzygie als Gegenspieler Mose gegenübergestellt. — In den Handschriften der Sekte wird Aron im Gegenteil hoch geehrt, und der Gesalbte wird als der »Gesalbte Arons und Israels« bezeichnet. — In diesem ebionitischen Radikalismus dem Opfer- und Priesterwesen gegenüber liegt der einzige wesentliche Unterschied zwischen Essenern und ebionitischen Judenchristen, und auch dieser ist insofern gemildert, als Ansatzpunkte zu Tempel- und Opferablehnung doch auch bei den Essenern vorhanden sind. Anderseits treffen die neugefundenen jüdischen Texte mit den Pseudoklementinen insofern zusammen, als die Funktion der judenchristlichen Kirchenleiter39 wie die der Priester der jüdischen Sekte sich nunmehr auf die Wahrung und Mitteilung der geheimen Traditionen und Bücher, auf die Ausübung und Präsidierung solcher gottesdienstlicher Feiern bezieht, die wie die Taufe (oder vielmehr die Taufen) und die gemeinsamen Mahlzeiten von Tempel und Opfer losgelöst sind, ferner auf die Aufnahme der neuen Glieder, die Kirchen*· Siehe darüber O. Cullmann. La Samarie et les origines de la mission chr£tienne (Annuaire de 1' Ecole pratique des Hautes Etudes, Section des Sciences religieuses 1953). » Ree I, 48. M Ree I, 64. • Die Regelung der judenchristlichen Kirchenleitung ist in den Pseudoklementinen nicht sehr durchsichtig, da entsprechend dem gcinzen Rahmen meistens Petrus präsidiert. Immerhin ist seine Unterordnung unter Jakobus, dem er Rechenschaft schuldet, ganz deutlich. Dieser tritt sozusagen an Stelle des jüdischen Hohenpriesters, s. C. Schmidt Studien zu den Pseudo-Clementinen 1929, S. 324 und O. Cullmann. Le probl^me . . . S. 260ff. Dem Jakobus zur Seite steht ein Presbyterkollegium (Diamart. 5, 1). — Über die Verfassung der Qumran-Sekte siehe Bo Reicke. Die Verfassung der Urgemeinde im Lichte jüdischer Dokumente (Theol. Zeitschr. 1954, S. 96ff.).

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zucht und die Rechtsprechung. Freilich haben wir es bei den ebionitischen Judenchristen nicht mit einem Mönchsorden wie bei der Qumransekte zu tun. Um so beachtenswerter ist es, daß charakteristische Bestimmungen einer Ordensgemeinschaft bei ihnen als Gemeindeordnung erscheinen. In erster Linie kommen hier die A u f n a h m e b e d i n g u n g e n und die Regelung des Noviziats in Betracht. Die Parallelen sind offensichtlich. Die neugefundene Sektenregel, die in diesem Punkte ziemlich genau die Angaben des Josephus über die Essener bestätigt, erlegt allen neu Hinzutretenden zunächst eine Prüfungszeit von unbestimmter Dauer auf40 (nach Josephus ein Jahr 41 ); dann beginnt ein zweijähriges Noviziat. Nach Ablauf des ersten Jahres dieses Noviziats erfolgt die Zulassung zu einer höhern Stufe der Taufe, der »Reinigung der Vielen« (nach Josephus zu den »reineren Gewässern«42). Erst nach den 2 Jahren des Noviziats darf der Novize am Mahle der »Vielen« teilnehmen43, dem nach Josephus furchtbare Schwüre vorausgehen — der einzige Anlaß, bei dem Schwören erlaubt ist44. Erst nach 2 Jahren werden dem Neuaufgenommenen die Geheimlehren mitgeteilt, die er sich verpflichtet, außer den Ordensbrüdern keinem zu offenbaren45. Daß die Lehre der Sekte geheim ist, wird öfter betont: das Wissen ist verborgen und mit einem festen Grenzwall umgeben46. Bei den Judenchristen darf einer erst nach 6 Jahren in die Geheimnisse der Traditionen und Schriften eingeweiht werden47. Da die verschiedenen Stufen der Einweihung hier nicht angegeben sind, dürfte der Zahlenunterschied bei der im übrigen geradezu erstaunlichen Übereinstimmung der Praxis nicht von wesentlicher Bedeutung sein. Es wird auch vorausgesetzt, daß nicht alle Geheimnisse auf einmal mitgeteilt werden48. Wahrscheinlich wird uns in der »Diamartyria« der Pseudoklementinen, die als Einleitung den »Kerygmata Petrou« vorausgeht, nur derjenige Teil eines vollständigeren Aufnahmeritus beschrieben, der sich auf die Mitteilung der Geheimbücher bezieht. 40

Siehe zum folgenden Regel VI, 13ff. « B. J. II, 8, 7. « ib. 43 Regel VI, 20; Jos Β J. ib. 44 Diese furchtbaren Schwüre sind wohl mit den Fluch- und Segenssprüchen zusammenzubringen, die nach Regel I, 16ff. bei der Aufnahme der neuen Glieder von den Priestern gesprochen und von diesen mit Amen bekräftigt werden. Als Parallele kommen hierzu die Drohungen des Jakobus bei der Übergabe der Bücher an die Novizen in Betracht. (Diamart. 4, 2ff,; 5, 3f.). 46 Regel VIII, lOff.; Jos B. J. ib. 44 Regel X, 24, siehe auch IV, 18; XI, 6f. 47 Diamart. 1, 2; 2, 2. 48 Diamart. 1,1.

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Wir hören, daß die Novizen nach der sechsjährigen Prüfungszeit an einen Fluß oder eine Quelle geführt werden, daß sie unter Anrufung der vier Elemente als der Zeugen49 — denn Schwören ist ihnen wie den Essenern verboten — versprechen, die Bücher keinem Nichteingeweihten auszuliefern, ohne ihn ebenfalls sechs Jahre lang erprobt zu haben, niemals die Bücher zu Hause zu lassen, wenn sie auf Reisen gehen, sondern sie mitzunehmen oder dem Bischof anzuvertrauen. Nach diesem Akt findet das gemeinsame sakrale Mahl statt 50 , genau wie bei den Essenern; und wie in der Sektenregel von den Priestern51, so werden hier von Jakobus furchtbare Drohungen gegen diejenigen ausgestoßen, die diese Gebote übertreten52. Bei den Ebioniten der Pseudoklementinen sind die Geheimschriften, die mit so großer Ehrfurcht vor jedem Mißbrauch bewahrt werden sollen, offenbar die »Kerygmata Petrou«. Von den Essenern erfahren wir durch Josephus, daß sie aufs sorgfältigste ihre Bücher bewahren63. Die Damaskusschrift sowie ein unveröffentlichtes Fragment von Qumran64 erwähnen das geheimnisvolle mit den Buchstaben HHGW bezeichnete Buch, das wohl schon mit der Sektenregel in Zusammenhang gebracht worden ist65. Auch alles übrige Schrifttum der Sekte wurde wahrscheinlich durch eine Art Arkandisziplin geschützt56. Die Regel verlangt sogar, daß die Thora vor den Männern der Verderbtheit verborge]! werde57. Dieser Arkandisziplin haben wir wohl die Erhaltung dieser ganzen Literatur zu verdanken. Denn aus ihr erklärt sich die Vorsicht, mit der alle diese Rollen bei Ausbruch des Krieges in Sicherheit gebracht wurden. Dabei spielte wohl nicht nur die Angst vor ihrer Zerstörung mit, sondern vor allem vor der Gefahr, sie könnten in profane Hände gelangen. Die Stellung zum alttestamentlichen Kanon ist freilich in den Pseudoklementinen nicht die gleiche wie in den Qumrantexten. Der Kanon der jüdischen Sekte scheint so weit wie möglich gewesen zu 49

Diamart. 2, 1; 4, 1. Siehe dazu slav. Josephus II, 8, 7. Diamart. 4, 3. 61 Regel I, 16 ff. 52 Diamart. 4, 2f.; 5, 3. « B. J. 2, 8, 7. 64 nach P. de Vaux, A propos des manuscrits de la mer Morte (Revue bibl. 1960, S. 427). 55 A. Dupont-Sommer, Nouveaux aperfus S. 88 f. 58 H. J. Schöps, Judenchristentum . . . S. 316 erklärt diesen ganzen »Geheimschriftcharakter« aus dem »jüdischen Geist der Zeit«, wie wir ihn auch bei den Rabbinen finden. Was wir in dieser Beziehung nun von der Essenersekte und von den Ebioniten hören, geht aber doch weit über rabbinische Geheimnistuerei hinaus I 57 Regel IX, 17. 50

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sein, umfaßte auf jeden Fall die Propheten68, während für die Pseudoklementinen ihre Ablehnung der Propheten charakteristisch ist69: das wahre Prophetentum ist von Moses auf Jesus übergegangen. Auch über »falsche Perikopen«, die vom Teufel sogar in die 5 Mosebücher eingetragen worden wären, hören wir in den jüdischen Texten nichts. So sehr die essenischen Taufbäder, deren Wichtigkeit durch die neuen Funde in noch helleres Licht gerückt ist, von der eigentlich christlichen Taufe abweichen, so eng ist anderseits ihre Ähnlichkeit mit der judenchristlichen Taufpraxis, wie wir sie allerdings hauptsächlich erst in den jüngeren Quellenschriften der Pseudoklementinen bezeugt finden. Aus den Beschreibungen des Josephus 60 wußten wir bereits, daß die Bäder zusammen mit den sakralen Mahlzeiten für das gottesdienstliche Leben der Sekte geradezu konstituierend sind. Die Damaskusschrift enthält Anordnungen für diese Waschungen61, ebenso die Qumranregel62. Die gefundenen Reste der Baulichkeiten, sowie die großen Kanalanlagen zeigen, daß das Kloster von Qumran ein wirkliches Taufzentrum war. Die Waschungen mußten in fließendem Wasser vorgenommen werden. Wir haben bereits gesehen, daß es verschiedene Taufen gab, deren Heiligkeitsgrad abgestuft war, und daß man zur »Reinigung der Vielen« erst nach einem Jahr Noviziat zugelassen wurde63. Alle wichtigen Anlässe waren mit Waschungen verbunden, und wenn sich diese zunächst auch einfach aus den alttestamentlichen Reinigkeitsvorschriften erklären mögen, so gibt ihre strikte Befolgung und Betonung diesen Essenern doch den Charakter einer ausgesprochenen Taufsekte. Dadurch, daß die Aufnahme in den Orden, bzw. in die verschiedenen Rangstufen, wahrscheinlich jeweils mit der Zulassung zu bestimmten sakralen Bädern verbunden ist, ergibt sich der besondere Aspekt eines Initiationsritus. Es wäre jedoch falsch, diesen mit der einmaligen Taufe des Johannes und der Urgemeinde in eins zu setzen. Die Einmaligkeit geht ihm gerade ab. Es ist nur ein erster Taufakt, dessen Sinn gerade darin besteht, daß ihm die weiteren in regelmäßiger Beobachtung nun folgen müssen. J. Thomas hat in seinem Buche »Le mouvement baptiste en Palestine et Syrie (150 av. J.-Chr.— 300 apr. J.-Chr.)« 1935 nachgewiesen, daß wir mit einer ganzen Taufbewegung im Umkreis Palästinas und Syriens zu rechnen haben. 68

Regel I, 3. H. J. Schöps, Judenchristentum . . ., S. 169ff., möchte die Bedeutung dieser Ablehnung abschwächen. B. J. II, 8, 6, § 129-132. w Dam. X, 10ff. M Regel III, 4, 9; V, 13f. " Regel VI, 13ff. 59

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Diese scheint sich in besonderer Weise in der Qumransekte kristallisiert zu haben. Johannes der Täufer muß in der Wüste Judas zwar irgendwie in Berührung mit ihr gekommen sein. Aber seine Taufe als e i n m a l i g e r Aufnahmeakt stellt doch eine Neuerung dar, und die urchristliche Taufe schließt sich an sie, nicht an die Essenertaufen an. Auch die »Kerygmata Petrou« scheinen in der Taufe in der Hauptsache noch einen einmaligen Akt für die neuen Glieder der Gemeinde zu sehen. Wenn sie den von ihnen als falschen Propheten verworfenen Johannes den Täufer als »Hemerobaptisten« bezeichnen64, so liegt dem wohl eine Polemik gegen eine verwandte Sekte zugrunde, für die die wiederholte tägliche Taufe charakteristisch war. Anderseits spielen aber auch Waschungen in Befolgung der Reinheitsgesetze bei besonderen Anlässen eine große Rolle, und. der Lobpreis aufs Wasser, den wir zu verschiedenen Malen hören65, geht doch bereits weit über die allgemeinchristliche Taufanschauung hinaus und gehört in den Bereich jener Taufbewegung. »Fliehet zum Wasser«, heißt es, »denn dieses allein kann den Angriff des Feuers löschen «66. Wir haben schon gesehen, daß das Taufwasser den verabscheuten Opfern ein Ende setzen soll und daß dies geradezu der Zweck des Kommens des wahren Propheten ist, von dem gesagt wird, er sei »vom Wasser her genommen«67. Immerhin ist jedoch die regelmäßige tägliche TaufÜbung, die nun ganz an die Taufpraxis des Essenerordens erinnert, erst in den s p ä t e m pseudoklementinischen Quellen, vor allem in den »Reisen des Petrus« und in der Rahmenerzählung bezeugt68. Zu verschiedenen Malen werden hier die täglichen Taufbäder erwähnt, die Petrus regelmäßig morgens und abends nimmt69, immer in fließendem Wasser, wie bei den Essenern, sei es im Fluß oder im Meer. So stellen wir bei M

Horn. II, 23, 1. " Besonders Horn. XI, 24ff. · · Horn. XI, 26, 4. » Ree. I, 48. ββ Ich hatte bereits in »Le problfeme . . . « S. 216 erwähnt, daß erst in späterer Zeit das Judenchristentum zu täglichen Taufbädern überging. Aus der Tatsache der Bezeugung dieser Praxis in der Rahmenerzählung der Pseudoklementinen darf also nicht mit J. Thomas, Les Ebionites baptistes (Rev. d* Hist. eccl. 1934, S. 267 ff.) geschlossen werden, die ganze übliche Quellenscheidung in den Pseudoklementinen sei zu revidieren. Daß typisch ebionitische Züge gerade in den aus späterer Zeit stammenden Stücken enthalten sind, beweist nicht, daß das allgemein angenommene Verhältnis dieser Stücke zu den »Kerygmata Petrou« falsch ist, sondern daß die in dieser alten Quellenschrift bezeugten Tendenzen auf das spätere Judenchristentum stark eingewirkt und sich dort sogar weiter ausgebildet haben. · · Siehe besonders die Kapitel der Homilien, die über den Aufenthalt des Petrus in Tripolis berichten.

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den ebionitischen Judenchristen eine immer stärker sich entwickelnde Übernahme der Praxis jener Taufbewegung fest, die vor allem durch die Essenersekte vertreten ist. Wie in der jüdischen Sekte, so ist auch bei den Judenchristen die Taufe Bedingung für die Zulassung zu der gemeinsamen Mahlzeit, die hier wie dort deutlich sakralen Charakter trägt 70 . In den »Kerygmata Petrou« sind die Mahlfeiern dadurch gekennzeichnet, daß sie wie diejenigen der Didache und schon der Apostelgeschichte nicht mit dem Tode Christi in Zusammenhang gebracht werden. Daher mag es kommen, daß hier auch der Wein fehlt. Dafür wird neben dem Brot regelmäßig das Salz erwähnt. Diese Art der Feier, der eine sehr alte Praxis der Urgemeinde zugrunde liegen könnte71, hat sich bei den ebionitischen Judenchristen sehr lange erhalten. So wird sie nicht nur in den »Kerygmata Petrou«, sondern noch in den späteren pseudoklementinischen Quellenschriften und Ausgaben geradezu mit dem Ausdruck »am Salz teilhaben« (μεταλαβείν άλω ν, συναλίζεσθαι) bezeichnet72. Wir haben schon gehört, daß der gemeinsamen Mahlzeit der Qumransekte die höchste sakrale Würde zukommt: während der Novize schon nach einem Jahr an der »Reinigung der Vielen« teilnehmen darf, wird er zu ihrem Mahle erst nach Ablauf des zweijährigen Noviziats zugelassen. Die Beschreibung, die Josephus gibt73, stimmt mit den neugefundenen Texten überein. Die Ordensregel bestimmt, daß der Priester zuerst die Hand ausstrecke, um den Segen über dem Brot und (oder) dem Wein zu sprechen74. Hier figuriert also auch der Wein im Gegensatz zum judenchristlichen Mahle. Allerdings wird an dieser Stelle der auf Brot und Wein bezügliche Satz als offenkundige Dublette wiederholt, mit der bedeutsamen Variante, daß es das erste Mal heißt: Brot oder Wein, das zweite Mal: Brot und Wein. Sollte hier ein Hinweis darauf vorliegen, daß es auch eine Mahlfeier ohne Wein in der Sekte gab ? Wie dem auch sei, das für die Mahlfeier der Pseudoklementinen so charakteristische Salz wird weder bei Josephus noch in den neugefundenen Texten genannt. 70

Über die Mahlzeiten der jüdischen Sekte siehe K. G. Kuhn, Über den ursprünglichen Sinn des Abendmahls und sein Verhältnis zu den Gemeinschaftsmahlen der Sektenschrift. (Evang. Theologie 1961, S. 508ff.). 71 συναλίζεσθαι in Act 1 4 bezeichnet wohl sicher die Mahlzeiten, bei denen der Auferstandene den Seinen erscheint. Siehe O. Cullmann, Urchristentum und Gottesdienst. 2. Aufl. S. 19. Das gleiche Verbum bezieht sich in Horn. XIII, 4, 3 auf die Mahlfeier! 72 Diamart. 4, 3. Horn. X I , 34, 1; XIII, 4, 3. In Horn. XIV, 1, 4 streut Petrus Salz aufs Brot. 73 B. J. II, 8, ö und II, 8, 7. 74 Regel VI, 4f.

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Wohl aber ist es bei Philo76 für die Mahlzeiten der Therapeuten bezeugt, die ja sicher in engster Beziehung zu den Essenern stehen. In dem vorläufig mit dem Namen »zwei Kolonnen« bezeichneten Fragment soll von einer Gegenwart des Messias beim Essen die Rede sein. Hierfür findet sich in den Pseudoklementinen keine Parallele. Die G ü t e r g e m e i n s c h a f t , die sowohl nach Josephus als den neugefundenen direkten Quellen bis ins einzelne geregelt und ein konstituierender Faktor des Ordens ist, die wir anderseits in der Urgemeinde — allerdings auf freiwilliger Gmndlage — wiederfinden, erscheint zwar in den Pseudoklementinen nicht, lebt aber in Form der Verherrlichung des Armutsideals fort. Das hängt damit zusammen, daß die Judenchristen wohl eine Sekte, aber nicht ein Orden sind. In den Homilien wird die Armut in einem Hymnus gepriesen78. Wenn die Bezeichnung »Arme«, »Ebionim«., im Habakukkommentar 77 auch noch nicht Name für die Ordensglieder ist wie für die judenchristlichen »Ebioniten«, so ist sie doch auf dem Wege dazu78. Nahrungsaskese wie Fleischenthaltung wird in den Pseudoklementinen beobachtet 79 . Bei den Essenern scheint sie nur in beschränktem Maße durchgeführt. Die Damaskusschrift verbietet das Genießen von Fleisch der wilden Tiere und Insekten80. Ob Josephus 81 für die Essener vegetarische Lebensweise annimmt, steht nicht ganz sicher fest82. *

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Wir können nunmehr versuchen, Schlußfolgerungen zu ziehen. Wir haben festgestellt, daß trotz Abweichungen im einzelnen die gleiche Theologie, die gleichen gottesdienstlichen Bräuche, die gleichen Lebensregeln für die Judenchristen der Pseudoklementinen und die jüdische Sekte der Qumran- und Damaskustexte charakteristisch sind. Jede Parallele für sich genommen würde die Annahme einer zwischen den beiden Gruppen bestehenden Beziehung noch nicht unbedingt nahelegen. Angesichts der Gesamtheit dieser Parallelen drängt sich jedoch eine solche geradezu auf. 75

De vita contemplativa IV, IX. 77 Horn. XV, 7, Iff. s. Regel IX, 21f. Hab. X I I , 3. 6. 10. 78 K. Elliger, Studien zum Habakuk-Kommentar vom Toten Meer, 1953, weist S. 86f. und 220ff. darauf hin, daß der Artikel fehlt, so daß es sich nicht um einen Namen handeln könne. Aber er schreibt doch: »das Wort scheint i m H K auf dem Wege. Name einer bestimmten Gruppe zu werden« (S. 222). n Horn. XII, 6, 4; VIII, 15, 3f.; Ree. IV, 26ff.; VII, 6; I, 29. 80 81 Dam. XII, 11 ff. B. J. II, 8, 7 πείρα έγκρατείαξ. 82 Η. J. Schöps. Judenchristentum . . . S. 193 möchte seiner allgemeinen Tendenz entsprechend den judenchristlichen Vegetarismus aus »allgemeinen jüdischen Stimmungen der Zeit* erklären. 78

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W e s e n t l i c h e Unterschiede bestehen in der Wertung des Priestertums. Anderseits sind verschiedene Tendenzen, die sich bei den Essenern erst anbahnen, in den Pseudoklementinen verschärft: so die Opposition gegen den Tempel und die Opfer. Dem alttestamentlichen Kanon gegenüber zeigen die Judenchristen eine kritische Haltung, die bei den Essenern fehlt. Wie erklären sich gleichzeitig die erstaunliche Ähnlichkeit und die erwähnten Abweichungen? Hier ist einerseits damit zu rechnen, daß die Ebioniten ä l t e s t e s Gut aus der Zeit der Urgemeinde bewahrt haben. Das Urchristentum schließt sich aber nicht an das offizielle, sondern ein mehr oder weniger esoterisches Judentum an, obwohl es auch diesem gegenüber in der Person Jesu etwas völlig Neues darstellt. Mit Recht sind schon von verschiedenen Seiten als beachtenswerte Parallelen zu den Qumrantexten hervorgehoben worden : die Gütergemeinschaft der ersten Christen, ihre Wertung der Armut, gewisse Formen der ältesten Mahlfeier, die Kritik Jesu und der Hellenisten am Tempelkult, der Dualismus gewisser Schriften, der Antipharisäismus des Evangeliums, dem besonders Stellen in den Schlußhymnen der Sektenregel entsprechen83. Wenn die noch nicht geöffnete Rolle der Lamechapokalypse, wie man vermutet, den essenischen Ursprung der Henochbücher beweisen sollte, so würde das bedeuten, daß auch in christologischer Hinsicht grundlegende Gedanken wie der des Menschensohns auf dieses Judentum zurückgehen. So würde sich wenigstens bis zu einem gewissen Grade die allerdings übertriebene Behauptung E. Renans rechtfertigen, das Christentum sei »ein Essenismus, dem auf breiter Linie der Erfolg beschieden gewesen ist«.84. Aber so sehr nun auch mit einem Einfluß der Sekte — vielleicht auf dem Wege über den Täufer — auf Jesus und die entstehende Urgemeinde zu rechnen sein mag, er genügt nicht, um die hier aufgezeigten Parallelen zwischen der jüdischen Sekte und dem Judenchristentum der Pseudoklementinen zu erklären. Wohl hat sich viel altes Gut aus der Urgemeinde, das vielleicht in den uns zugänglichen Quellen, vor allem der Apostelgeschichte, durch spätere Formen des Christentums verschüttet ist, in dem Judenchristentum erhalten, das jenseits des Jordans abseits von der allgemeinen Entwicklung alte Traditionen zu pflegen vermochte. Aber die Analogien der Essener zu den Ebioniten der Pseudoklementinen sind doch viel stärker als « Siehe etwa Regel X, 16;XI, 2 ff. 84 Histoire du peuple d' Israel V, S. 70. Ähnlich, aber in weniger zugespitzter Formulierung auch Baur und Hilgenfeld. Siehe besonders auch M. Friedländer, Die religiösen Bewegungen innerhalb des Judentums im Zeitalter Jesu 1906, S. 114ff. Dabei sollten aber die radikalen Unterschiede, vor allem auch in der Stellung zum Gesetz nicht übersehen werden.

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zum Urchristentum. Das trifft gerade in dem Sinne zu, daß in den Pseudoklementinen das eigentlich Neue, das Jesus auch gegenüber jenen esoterischen jüdischen Tendenzen gebracht hat, zu Gunsten dieser zurücktritt. Während Leben und Denken der Urgemeinde durch die Elemente gekennzeichnet sind, die sie von allen jenen Sekten und ihren Anschauungen unterscheiden: die ganz verschiedene durch Jesus begründete Stellung zum Gesetz85, die zentrale Rolle seiner Person und seines Werkes und vor allem das Wirken des heiligen Geistes, ist im Judenchristentum der Zeit nach 70 von alledem recht wenig Übriggeblieben. Vielmehr hat dieses gerade diejenigen Elemente, die das Urchristentum mit jenem besonders gearteten Judentum gemeinsam hat, beibehalten, aber nun eben nicht nur beibehalten, sondern in einer Weise entwickelt, die dieses spätere Judenchristentum eigentlich selbst zu einer jener jüdischen Sekten macht. Um diese Entwicklung zu verstehen, müssen wir nun doch a u ß e r jener Wirkung des Essenertums auf die Entstehung des Christentums eine s p ä t e r e , viel d i r e k t e r e B e e i n f l u s s u n g des j e n s e i t s des J o r d a n s a n g e s i e d e l t e n J u d e n c h r i s t e n t u m s d u r c h die E s s e n e r s e k t e annehmen. Diese Vermutung läßt sich freilich nicht d i r e k t beweisen, wohl aber wird sie indirekt durch die Bedeutung bestätigt, die dem J a h r 70 zugleich für das Judenchristentum und für die Qumransekte zukommt. Wir haben schon erwähnt, daß es nach den neuesten Funden als fast sicher gelten darf, daß das Versteck der Rollen zwischen 66 und 70 n. Chr. im Zusammenhang mit dem jüdischen Krieg in den Höhlen um das Tote Meer herum angelegt worden ist89. Nach dem Jahre 70 lassen sich keine deutlichen Spuren der Sekte mehr feststellen. Die Mehrzahl von ihnen scheint also durch den Krieg aufgerieben oder zumindest zerstreut worden zu sein. Nun ist aber zu beachten, daß das gleiche Jahr 70 auch für das Judenchristentum das entscheidende Datum ist, jedoch nicht in dem Sinne, daß es verschwunden wäre, wohl aber daß es von da an seinen Sitz nach Transjordanien verlegt hat, gleichzeitig sich jedoch in jenem Winkel auch zur jüdischen Sekte zurückbildete und andererseits synkretistischen Einflüssen, wie sie in jenen Gegenden längst am Werke waren, anheimfiel. Das Jahr 70 erhält in den Pseudoklementinen geradezu eine theologische Bedeutung. Das Evangelium der Wahrheit folgt gemäß der Syzygientheorie der »Kerygmata Petrou« auf das Lügenevangelium mach der Zerstörung des heiligen Ortes *87. u

Siehe etwa die Bestimmungen über den Sabbat in der Damaskusschrift XI, 13ff. t zu denen die Weisungen Jesu in direktem Widerspruch stehen. M Das beweist auch der Befund der Münzen. M Horn. II, 17, 4. NtL Studien f. Bultmaan

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Nur die Getauften, die an den wahren Propheten glauben, heißt es, werden vor dem Krieg gerettet, der über das ungläubige Volk und den heiligen Ort selbst kommt.88. Weiter wird die Zerstörung des Tempels als Strafe dafür verkündet, daß die Juden fortfahren, Gott Opfer darzubringen89. Entgegen der chronologischen Fiktion des Romans zitiert der Verfasser der Homilien die Tempelzerstörung als Beweis für die schon eingetroffene Erfüllung der Weissagungen des wahren Propheten90. So ist das Jahr 70 n. Chr. der Zeitpunkt des wichtigsten Ereignisses in der Geschichte des Judenchristentums : die große Wende. Wenn wir nun die Qumransekte und die Judenchristen unter dem Gesichtswinkel der für beide in verschiedener Weise zentralen Bedeutung dieses Datums konfrontieren, so ergibt sich eigentlich die Antwort auf die oben gestellte Frage nach der Erklärung der Entwicklung des Judenchristentums auf das Essenertum hin von selbst: nachdem schon das entstehende Christentum indirekt gewisse Züge der jüdischen Sekte übernommen hatte, erfolgte vom Jahre 70 an ein d i r e k t e r Einfluß in dem Sinn, daß die R e s t e der E s s e n e r vom T o t e n Meer im J u d e n c h r i s t e n t u m aufgingen 9 1 . Das ist das Wahrheitselement an der im ganzen abzulehnenden These T e i c h e r s , nach der die Sektenglieder der gefundenen Texte Judenchristen wären. Viele der gemachten Beobachtungen erklären sich dann: die weitgehenden Übereinstimmungen, aber auch die Abweichungen. Wir begreifen, daß die Judenchristen mit der Zeit von der nachchristlichen einmaligen Taufe zu den regelmäßig wiederholten Taufen der Essener übergingen. Anderseits verstehen wir, daß die Opposition gegen den Tempel- und Opferkult und gegen das Priestertum, die in der jüdischen Sekte nur im Ansatz vorhanden war, sich im Judenchristentum verschärfte. Kamen hier noch Einflüsse aus der den Jerusalemer Tempelkult schroff ablehnenden samaritanischen Religion hinzu? Daß der samaritanische Simonskult im Blickpunkt des Judenchristentums stand, beweisen ja die Auseinandersetzungen 88

Ree. I, 39. Ree. I, 64. 90 Horn. III, 16, Iff. 91 Η. J. Schoeps hat sein hier mehrfach erwähntes Buch über die Theologie und Geschichte des Judenchristentums im Jahre 1949, also vor der Herausgabe der meisten Höhlentexte, veröffentlicht. Daher ist es verständlich, daß er von unserer damaligen Kenntnis des Essenertums aus zurückhaltender, aber doch bereits in die gleiche Richtung weisend urteilte : »so legt sich der Gedanke nahe, daß die vom Volkskern abgesprengten Gruppen hier im Ostjordanland . . . personell wie geistig Verbindungen eingegangen sind . . .« (S. 254). Warum aber Schoeps gegen Boussets und m e i n e Einreihung der Ebioniten in die gnostische Taufbewegung polemisiert, begreife ich nicht recht. 89

Die neuentdeckten Qumrantexte und das Judenchristentum

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zwischen Petrus und Simon in den Pseudoklementinen. Nicht umsonst werden die Samaritaner unter den feindlichen jüdischen Sekten aufgeführt92. Das Verhältnis zu den Essenern wurde offenbar positiver empfunden. Mit Recht hat H. J. Schoeps 9 3 betont, daß die Essener nicht unter den jüdischen Häresien aufgezählt werden94. Wir müssen aber festhalten, so paradox dies scheinen mag, daß enge Verwandtschaft und gegenseitige Beeinflussung synkretistisch eingestellter Sektenbildungen Polemik gegeneinander keineswegs ausschließen, im Gegenteil; und daß umgekehrt die P o l e m i k die Verw a n d t s c h a f t und B e e i n f l u s s u n g n i c h t a u s s c h l i e ß t . So könnte auch die Verwerfung der Propheten in den Kerygmata Petrou auf Umwegen mit samaritanischem Einfluß zusammenhängen. So könnte sich aber anderseits vor allem auch die Opposition gegen das aronitische P r i e s t e r t u m in den »Kerygmata Petrou« und die Einreihung Arons innerhalb der Syzygienliste unter die von der falschen, weiblichen Prophetie ausgehenden Vertreter des Bösen erklären als bewußte Ablehnung der Hochschätzung Arons in der jüdischen QumranSekte, obwohl diese ins Judenchristentum eingemündet war. Wir haben ja gesehen, daß die wirklich wesentliche Abweichung der Judenchristen von der Sekte in der verschiedenen Stellung zum Piiestertum und im Radikalismus der Polemik gegen Tempel und Opfer besteht. Im einzelnen sind wir hier auf Hypothesen angewiesen. Dagegen dürfte die Behauptung, daß nach dem Jahre 70 Reste der Qumransekte im Judenchristentum aufgegangen sind, mehr als eine Hypothese sein. M

Ree. I, 57. Judenchristentum . . . S. 254 und 388. M Ree. I, 54. — H. J. Schoeps op. cit. S. 225 sieht eine indirekte — lobende — Erwähnung der Essener in Ree. I, 37 (recta sententia paueorum). 83

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Σώμα

as "Self, Person" in the Septuagint By Kendrick Grobel (Vandeibilt Univertity, Nashville, Tennessee USA.)

Rudolf Bultmann has shown that in the writings of Paul σώμα as an anthropological term has some meanings that have been very generally overlooked. The "naturell", expected meaning is of course also represented: the external, physical body of a man (I Cor 5 a 12 12-26 II Cor 1010 Rm 419 etc.); in this meaning man may be said to have a body. But in other passages Paul's use of the word makes clear that man does not have but is soma (Phil 1 20 Rm 6i2f. 121; I Cor 615 as compared with I Cor 12 27 etc.). This means not that Paul materialistically equates man with his physical body but that he uses soma by metonymy for his whole self — soma is equivalent to person, and, with the addition of a possessive, can do service for almost any personal pronoun. The question naturally arises: was this metonymy original with Paul, or are there antecedents that may have led up to his usage ? The present essay examines the LXX use of soma for a part of the answer to this question. It has long been recognized that ""tPDl in the OT very frequently equals simply " I " (or some other case of "I") and also that Paul's ή ψυχή μου corresponds to it in both form and meaning, but also that it corresponds in form, at least, to a long tradition in classic Greek. But if Paul can imply that my "body" and my "soul" are each equally — though not necessarily in just the same way — "I", then he evidently is on the terrain not of Greek but of Hebrew anthropology. The most natural place to turn for antecedents is the OT. Karl Barth sums up the anthropology of the OT (though he is talking of Jesus) in a single phrase1: man is always "leibhafte Seele, beseelter Leib" — neither noun correct without the other, each noun false without its adjective. A clever phrase! But it conceals a serious difficulty: the Hebrew OT, curiously enough, has no generic term for the living human body, in spite of the fact that many parts of the body are frequently named by synecdoche as bearers of the whole person2. But as a matter of fact is it so queer that the OT has no true word for "body" ? Should we not ask, rather: How could it have ? For when we say "living human body" what we really mean is: a human 1

Kirchliche Dogmatik III, 2, p. 394ff. * See, most recently, Aubrey R. Johnson, The Vitality of the Individual in the Thought of Ancient Israel. Cardiff 1949.

Σώμα as "Self, Person" in the Septuagint

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form fictitiously abstracted from the life (PD1) that is in it and of it. It is hard to guess how a Biblical Hebrew might have said "abstracted from", but he would easily have understood tTDl pxa BP Ν — that would be precisely a dead man, a corpse. But then to add the description »living« to that thing abstracted from itsOT>1would be to create the self-contradictory idea of a living corpse! It may be that the Biblical Israelite was more consistent in not specializing a word to mean "body" than we have been in doing so. Still in substance, though not strictly true to Hebrew terminology, Barth's phrase is ingenious and correct. The Greek translations of the OT, however, seem to supply the term for "body", missing in the Hebrew, by their rather frequent use of the word soma. The question is: what do they mean by soma ? The place to begin would seem to be with the meaning that is unequivocally and exclusively physical: A, corpse. Little need be said about this obvious and perhaps original meaning of the Greek word8. In Homer, at any rate, this is its only meaning, as a certain Aristarchus had already observed about 200 B. C4. The LXX uses it of (1) human corpses (ca. 23 times), (2) animal carcases (Gen 15 n only and perhaps, originally i n j d 14 8) and (3) the inanimate torso of an idol (Ep Jer 21 only). Where there is a Hebrew original, it is always a more specific word for "corpse" — aVai, iTPJ, or *UD (in two passages of identical content — IV Reg 19 85 and Jes 37 86 — where the translator obviously preferred the general word soma to the more precise πτώμα in order to retain the adjective of the original and yet avoid its tautology, substituting "dead body" for Hebrew "dead corpse"). These Hebrew words for "corpse" are also often rendered by more precise Greek words: n*?ll by θνησιμαΐος 8

Is its etymology perhaps after all σω-μα (noun of result from aaFo- as in σάος or σώς — and perhaps, expanded, in σώζω, etc.) so that its root meaning would be: "what is preserved of a deceased person" ? Curtius did not so regard it. Neither did Leo Meyer, who only remarks (Handbuch der griechischen Etymologie, 1902, IV, p. 41), »Der zu Grunde liegende Verbalstamm aber ist nicht verständlich«. The current edition of Liddell and Scott (1940), like the first American edition (1862) offers no etymology for σώμα. But the 7th edition (1882) entertains the possibility of this derivation and then, because Homer calls the living body δέμα;, not soma, hesitatingly rejects it with the words, "this is against the derivation from σάος, σώς". This rejection seems to rest on two assumptions: that σάος always means "sound and healthy", and that soma is necessarily said from the (supposed) point of view of the deceased. For what it may be worth, the suggestion is here offered that the meaning "preserved, extant" (see σώς, Herodotus 2. 181) is here at work, and that soma is seen from the standpoint of the survivors: to the deceased his soma is not preserved but lost, but to the sundvors it is preserved (from fire, water, or the hands of the enemy) and is all that is left them of the deceased. 4

Liddell and Scott, s. v. σώμα.

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and others, IIB by νεκρός and πτώμα among others (especially by τά κώλα, always plural, which is an interesting formal parallel to Paul's τά μέρη = τό σώμα; Paul, however, never uses τά μέρη for a corpse). B, living physical body. Except for Job 40 27 (32) and 4114 (15), where the mythical Leviathan's body is meant, it always refers to a human body, never to the living body of an animal. In this usage the Hebrew original, where there is one, is with rare exceptions, "itoa, which, strictly speaking, is not the body but only one important constituent of it: its flesh. The Hellenistic translators, however, when they rendered it soma were following a correct insight that Greek is less addicted to fiars-pro-toto expression than their native Hebrew was. Therefore this "inexact" equation is probably more "correct" (because more appropriate to the nature of each language) than the more numerous cases where they docilely used the more obvious σάρξ. Whether they felt this Hebrew synecdoche to go even farther than denoting the whole physical body so as to mean the whole person, even when they stopped terminologically short with their word soma, remains to be seen. A few brilliant renderings of by other terms than either σάρξ or σώμα indicate that they certainly occasionally felt that even IftD implied (and therefore meant!) the whole person. Thus άνθρωπος stands for Ifen in Gen 6 13 Job 12 2 and Sir 819, and ουδείς stands for "ifoa with a negative in Sir 4812. In view of the fact that Ifta so often emphasizes man's evanescence in contrast to God's eternity, it is surprising that only once is it rendered βροτός (Job 10 14 — no other LXX book has this word at all; Job has it some 15 times more for either DTK or tEhlX). A few of these cases where soma means primarily the physical body lie on the border-line between this meaning and the meaning "whole person". Such is Dan 3 95 (28): Nebuchadnezzar thanks God that the three youths "set aside the king's order and surrendered τά σώματα αυτών to be burned lest they (not their bodies but they, themselves) should worship another god". What they had surrendered was themselves; it is significant that the word rendered soma is the Aramaic DtW, which Dalman 6 says became an "Umschreibung von 'selbst' ". The passage reminds one of I Cor 133 where τό σώμά μου necessarily means both "my body" and "myself". Similar is Sir 7 24 concerning a father's watch over his daughters: πρόσεχε τ ω σώματι αύτών paralleled by προς αΰτάς in the second half of the verse. Also on account of the parallels in vss. 22 f., one would unhesitatingly translate, "Keep an eye on them", not restricting soma to the physical body, were it not for ben Sira's "absurdly low conception of women" 5

Aramäisch-neuhebräisches Wörterbuch, s. v.

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(Goodspeed) manifested in such passages as 42 9S. 26 lOff. But in view of this low opinion one must leave the passage with a questionmark®. C, the whole self. 1. Slave. In Gen 36 β "Esau took his wives and his sons and daughters καί π ά ν τ α τά σώματα του οίκου αύτοΰ and all his possessions and livestock and all that he had bought and acquired . . . and went". The first four accusatives list his human possessions in the order of descending propinquity to himself. The fourth one, somata, must mean persons because it stands for mtitol'Vo. The καί (which in the Hebrew may be a Waw explicativum) makes it unlikely that πάντα τά σώματα is to the translator merely a summation of the first three groups. Conceivably this fourth group might include more distant relatives living under the patriarchal roof, so that we should understand: "And all the (other) persons of his household". But it is more likely that we have here a Greek expression so technical that we are justified in translating: "and all the slaves of his household". Whether tfDl ever actually meant "slave" (as Gesenius asserts, while Koehler is more reserved) or only suggests that meaning by a particular context, there is clear evidence within the Greek Bible (as well as elsewhere) that soma had this meaning, though Gen 36 β happens to be the only place where it is provably used for tfDl7. For instance, the textual variants of Tob 10 ίο are eloquent: Raguel's gifts to Tobias include, according to B, somata, but according to the more garrulous account in χ : παϊδας και παιδίσκαζ, "slaves, male and female" — meaning exactly the same thing. II Macc 8 n is also perfectly clear: the purchase of 'Ιουδαίων σωμάτων at a talent for ninety σώματα is offered — not cadavers, but slaves. This may very well also be the meaning of the Theodotion version of Bel 32: the lions were given daily δύο σώματα καί δύο πρόβατα — "two (living) slaves and two sheep", whereas in the L X X version the same word appears to mean "person" pure and simple: the lions were given των έπιθανατίων σώματα δύο — "two persons of those condemned to d e a t h " (to be devoured was the method of their execution). Ape 1813 mentions among the merchants' wares σωμάτων καί ψυχάζ άνθρώπων; the first word clearly means "slaves", but may not ψυχαί form with σώματα an intercultural hendiadys, meaning also (but by Hebraic presuppositions) "slaves" ? For the heavy use of Hes 17 made by Ape 18 makes it likely that the author is echoing Hes 27 13, where the translator into Greek mechanically rendered D*TX trän (which certainly alludes • The contrast between pain of body and joy of soul in II Macc 6 30 (and many passages in IV Macc) seems t o imply Greek, not Hebrew, anthropology — how different from the cry of "soul" and "flesh" in Ps 63 1 84 2 etc. 7 Soma, used very loosely for Vri possibly means "slave" (females from the context) in Gen 34 29.

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to slavery, if it does not actually mean "slaves") with έν ψυχαΐξ άνθρώττων (cf. also Gen 12 5); the Vulgate cuts through the wording and translates the meaning: mancipia. In I Macc 10 88 ψυχή may also mean slave; Josephus (Antiq. XIII 52) by his addition of καΐ δουλεύοντας evidently understood it so. In origin soma for "slave" may have been an intentionally contemptuous degradation of a person to the level of a thing — cf. English "hand" for "slave". But however much a slave might consent to being used as a thing, he nevertheless remained a person and might become disturbingly personal to his master. So soma as "slave" is a specialized witness that soma can mean "person". 2. Κατά σώμα, distributive, per person. This ingenious translation, far from literal yet quite precise, occurs only once (Gen 4712 for ηβπ ""dV "according to family (-size)"). The Greek rendering is extremely terse: "(one portion) per person". Of course one can argue that soma still means "body" here because naturally it is the body that is fed, just as »mouth« in the English phrase "so many mouths to feed" still means a real mouth, but both expressions are clearly used by synecdoche for "person". 3. Self (myself, yourself, etc.), me (and other personal pronouns). Gen 4718 and Neh 9 37 use soma in a context relating to slavery but in such a way as to demand the translation "self" or "person". The Egyptians point out to Joseph that they have nothing left to sell ή τό ίδιον σώμα καΐ ή γ η ήμών — "except our selves and our land". In the next verse they offer for sale what they have: "buy us (ήμας) and our land . . . and we (ήμεΐς) and our land shall be slaves of Pharaoh". Inv.28 Joseph confirms the purchase: "This day I have bought you (ύμδξ) and your land". The original soma thus becomes "us", "we", "you" — all four words mean those Egyptians, themselves. The Nehemiah passage is the end of Ezra's long prayer: "Behold, to-day we are slaves (δούλοι) and the land which thou gavest our fathers to eat its produce is in the hands of the kings whom thou gavest us in our sins; and they exercise authority over our persons (σώματα ήμών, "us") and our herds as they please. . .". In both passages soma translates njl?, the Hebrew word which comes nearest to meaning "body"; it most frequently (eight times) means "corpse", four times (Hes 111 23 Dan 7 11 10 β) it is used of the apparition-form of visionary creatures, and its two remaining occurrences are the two here under discussion. It does indeed mean "body" here, too, perhaps even pre-eminently body, but body in the sense of a dynamic unit of human labor and service — and our word for that is not "body" but "person". The Greek could retain soma only because soma also means "person".

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In Tob 1115 Κ, Tobias praises God έν όλω τ φ σώμοτη αύτου — "with all his being, with his whole self." Likewise in the psalm of Tob 13 β we read in Codex Β: "confess him έν δλω τω σώματι υμών — »with all your being." (The reading of Α, στόματι for σώματι, looks like an error either of ear or of reflection; the same error presumably lies behind the sole reading στόματι — for rvun — in Jd 14 8). In III Reg 14 9 A, God accuses Jeroboam, "You have cast me όπίσω σώματός σου — "behind yourself". This nearly literal translation of a conventional Hebrew phrase is obviously a figurative expression for "You have rejected me, forsaken me." The Hebrew phrase is ηΐΐ nriK rpVtfn, in which lä literally means "back". The same phrase is rendered analogously at Neh 926 and Hes 23 35. But a very similar phrase (with the synonymous 11 for ia) is rendered without soma as simply όπίσω μου (Jes 38 η; cf. Prov 1926 (29)); the meaning remains the same. (A comparable though different understanding of the personal implication of 11 is attested by the Greek of Prov 10 13 — substitution of άνήρ). Sir 512ff.offers these parallels: έλυτρώσω τό σώμά μου έξ άπωλείας (ν. 2 (β)) . . . καΐ έλυτρώσω με (ν. 3 (4)) and . . . Ισωσας γάρ με έξ άπωλείας (ν. 12 (ιβ)). The identity of σώμά μου and έγώ is clear. The parallelism in Job 33i7f. is equally significant: four nearly synonymous lines use at analogous points άνθρωπος, σώμα αύτου, ψυχή αυτου, and αυτός. Also in Sap 1 4 the use of ψυχή in the first line and of soma in the second is probably pure synonymism — the two words could just as well trade places — they are both only poetic variations for άνθρωπος. The same double expression, this time for "self", is present in the two halves of Prov 1117: "To himself (ψυχή αυτου) a merciful man does good, but he destroys himself (αύτοΟ σώμα) who is unmerciful". Prov 25 20 seems clear by itself in its use of soma as "person": ώσπερ δξος έλκει άσύμφορον, ούτω? ττροσττεσόν ττάθο? σώματι καρδίαν λυττεΐ. "As vinegar is harmful to a sore So passion, attacking a person, grieves the 'heart'."

But if the following couplet (2520 a in Swete), lacking in the Hebrew, was intended by the translator as an equivalent proverb from his own environment, its second line strengthens the likelihood that he had meant soma in the sense of "person": "As a moth in a garment and a worm to wood, So a man's (άνδρό$) grief harms his 'heart'."

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For ανδρός seems loosely to correspond to σώματι in the foregoing couplet8. One more passage invites comment: Job 36 28b. It is one of those passages which the translator-epitomator of Job occasionally composes out of whole cloth and inserts for a transition where he has transposed or condensed9. After enumerating the wonders of God in nature the translator asks: έττΐ τούτοις ττασιν ούκ έξίο ια ιαί σου ή διάνοια, ουδέ διαλλάσσεταί σου ή καρδία άττό σώματος 1 0 ; " A t all these things is not your understanding beside itself, Is not your mind estranged from youi self ?"

If this were meant as a volitional estrangement between two aspects of the self, it would be a striking parallel to Bultmann's conception of Paul's specific use of soma as the object-self perceived as estranged from the καρδία (or the ψυχή or the ττνεϋμα) aä the subject-self. But it evidently is meant not as a volitional but as a cognitional estrangement of the self from itself and is intended as a paraphrase of the mental bewilderment implicit in the verb έξίσταται. Nevertheless the phrase is significant as a witness to a pregnant psychological use of the word soma. This study makes no attempt to deal with the larger question of how soma had come to be used even by classic writers (see Liddell and Scott) for "person" in spite of their depreciation of the body. It only 8

The A version of Job 7i5 is probably not a witness for the meaning "person" but for the Hellenic conception of the relation of "soul" to "body" at death. I t is a context of death-thoughts (7-9 ιβ) and of bitterness toward life (io-l4). Asv. 16 (in A, quite different from B) we read: άτταλλάσσεις δέ άττό πνεύματος τήν ζωή ν μου, τήν δέ ψυχήν μου ά π ό τοϋ σώματός μου. Perhaps this was intended by the translator as a question : " A r t thou separating my life from (my) spirit And my soul from my body ?" The second line, whether a question or a statement, seems to imply the Greek notion of death as the separation of the (immortal) soul from the (mortal) body. If so, then this passage should scarcely be classified along with the L X X of 14 14 and 4217a as a witness to the translator's belief in resurrection (as it is by Gillis Gerleman, Studies in the Septuagint I, Book of Job, Lunds Universitetets Arsskrift. N. F. Avd. 1, Bd. 43, Nr. 2, 1946) but rather as a stray witness that he was possibly also influenced by the Greek notion of the automatic deathlessness of the soul. (Cf. IV. Macc 14 5 f l 6 i 3 1828) 9 Gerleman, op. cit., p. 26. 10 Exactly the same words (and more) are introduced by Codex C between the two halves of 37 5.

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attempts to show to what extent the LXX, demonstrably well known to Paul, may have been a forerunner of Paul's use of soma — a concept which a recent writer 11 has declared, perhaps too hyperbolically, to form "the keystone of Paul's theology". Perhaps these passages from the LXX, and particularly the last one from Job, would move him to modify his stricture on Bultmann's "post-Cartesian" interpretation of Paul's understanding of soma12. 11

John A.T.Robinson, The Body, 1952, in: Studies in Biblical Theology, Regnery, Chicago, p. 9. 12 Op. cit., p. 12f.

Spätjüdisches Prophetentum von Otto Michel (Tübingen, Hauffstr. 12)

Wie lebendig die E r w a r t u n g eines »Propheten« im Spät Judentum sein kann, zeigt das 1. Makkabäerbuch. Der alte Brandopferaltar ist entweiht, und man beschließt, ihn abzubrechen und die Steine an einem Platz des Tempelberges niederzulegen, bis ein Prophet auftritt, der eine Entscheidung darüber abgibt, was mit ihnen geschehen soll (4 46). Man erwartet also einen verbindlichen Gottesspruch, der in einer konkreten Situation entsteht und auf eine bestimmte Anfrage antworten kann. Trotz dieser Erwartung weiß I. Macc, daß die eigentliche prophetische Zeit vergangen ist (9 27). Die gegenwärtigen Nöte und Wirren wecken offenbar die prophetische Hoffnung, und selbst die Ernennung Simons zum Oberhaupt und Hohenpriester geschieht unter dem Vorbehalt, »bis ein glaubwürdiger Prophet erstehen würde« (14 41)1. Man achte auf die semitisierendeTerminologie (IMacc 9 27 :ώφθη = hebr. ΠΙΠΙ; I Macc 1441: άναστηναι = hebr. Dip). Man denkt an die Weissagung Dtn 18 15. is oder an Mal 3 23f. ( = Sir 4810). Haben wir es hier mit einer eschatologischen Erwartung zu tun ? 2

Ein Einblick in J o s e p h u s lehrt, daß das Problem der Prophetie in der jüdischen Spätzeit v i e l g e s t a l t i g ist. Zunächst schreibt er den E s s e n e r n die besondere Gabe der Weissagung zu : es sei ein seltener Fall, wenn einmal ihre Weissagung nicht in Erfüllung gehe (bell. 2, 159; ant. 15, 379). J u d a s , der den Tod des Antigonus voraussagen kann, hat offenbar eine Art Schule gegründet, in der man die »Kunst der Weissagung« erlernen kann. Die Eigenart des Spruches und des Sprechers tritt dabei deutlich heraus : der von ihm empfangene Spruch war von ihm selbst mißverstanden worden, schien daher eine »Lüge« zu sein und nicht einzutreffen; deshalb wünschte er sich selbst den Tod. Der Erweis der Wahrheit hängt also mit dem Eintreffen der Weissagung zusammen (Jer 28 9 Hes 13 iff.)· Stellt sie sich als Lüge heraus, dann ist auch die Autorität des Lehrers gefährdet (ant.13,311ff.). Vgl. E. Fascher, Prophetes 1927; R.Meyer, Der Prophet aus Galiläa 1940. * Die Klage darüber, daß kein Prophet mehr da ist (Ps 74 β), daß die Propheten sich schlafen gelegt haben (Apok. Bar. 85, Iff.), verstummt nicht« 1

Spätjüdisches Prophetentum

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Unter den Essenern wird auch M e n a h e m genannt, der dem jungen Herodes die Herrschaft voraussagt, aber auch seine Abkehr von Frömmigkeit und Gerechtigkeit und die entsprechende Bestrafung durch Gott (ant. 15, 373ff.). Als Traumdeuter kündigt der Essener S i m o n dem Archelaus das plötzliche Ende seiner Herrschaft an (ant. 17, 346ff.; bell. 2, 113). Josephus verhält sich selbst bei der Erzählung derartiger Anekdoten, die mit dem politischen Leben seines Volkes verllochten sind, zurückhaltend. Er will nicht ohne weiteres ihnen Glauben schenken, noch weniger sie ablehnen, betont zudem die Frömmigkeit und Ehrbarkeit dieser prophetisch begabten Männer. »Es finden sich übrigens a\ich solche Unter ihnen, die, nachdem sie sich von Jugend auf mit den heiligen Büchern, den Sprüchen der Propheten und mancherlei Reinigungen vertraut gemacht haben, die Zukunft vorherzuwissen behaupten. Und in der Tat ist es ein seltener Fall, wenn einmal ihre Weissagungen nicht in Erfüllungen gehen« (bell. 2, 159). Wichtig scheint mir, daß Josephus ein hellenisiertes Bild des Prophetentum entwirft, und daß er vor allem den Zusammenhang zwischen göttlichem Spruch und politischem Leben beleuchten will. Einerseits scheinen diese Sprüche einen Herrscher zu bestätigen, anderseits drohen sie ihm eine Katastrophe an. Derartige Sprüche sind a u t o r i t a t i v , dem eigenen Vermögen entzogen; es kommt auf ihren genauen Wortlaut an, der den Menschen nicht immer verständlich ist (»Stratonsturm«). Das irrationale Element innerhalb dieser Weissagung tritt stark heraus. Das Moment des Gerichtes bzw. der Segnung durch Gott ist nicht ausgeschlossen. Sicher ist, daß uraltes Gut in diesen Traditionen der Essener weiterlebt. Hellenistischer und orientalischer Einfluß sind nicht ausgeschlossen. Asketische und technische Übungen mögen bei der Erlernung dieser Kunst der Weissagung mitgewirkt haben (»Reinigungen«). Ein klares Bild von der Entstehung dieser Gottessprüche hat Josephus sicherlich nicht gehabt. Ganz anders ist die e k s t a t i s c h e Art, die den Drohruf des J e s u s ben Chananja bei Josephus charakterisiert. Und doch erinnern auch hier gewisse Züge an die at.liche Tradition (Am 7 uff.). Sein Auftreten ist historisch festlegbar: er ist als einfacher Landmann auf das Laubhüttenfest gezogen und hat in Jerusalem 4 Jahre vor Ausbruch des Krieges (62 n.Chr.) einen Gerichtsruf gegen die Stadt ausgestoßen. Der rhythmisch geformte apokalyptische Gerichtsspruch ist uns erhalten geblieben. Er lautet: »Eine Stimme vom Sonnenaufgang, eine Stimme vom Sonnenuntergang, eine Stimme aus den vier Windri chtungen: Wehe über Jerusalem und den Tempel, wehe über Bräutigam und Braut, wehe über das ganze Volk!« (Jos. bell. 6, 301).

Der Drohruf besteht aus z w e i selbständigen Teilen: der erste sagt, woher die »Stimme« (bath-kol) kommt,, der zweite, wem er gilt.

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Ο. M i c h e l

Beide Teile sind dreigliedrig. Die Einzelmotive entstammen alter prophetischer Tradition, sind aber doch neu geformt. Entscheidend ist die Aktualität, die scheinbar an keinen festen Termin gebunden ist. Das W o r t wird v e r k ü n d i g t , bis sein I n h a l t e i n t r i f f t . Die Diskrepanz zur Lage der Stadt, die im tiefen Frieden und Wohlstand lebt, kommt stark zum Ausdruck. Das dritte Glied bedeutet in beiden Strophen eine Steigerung gegenüber den früheren Gliedern (φωνή = apokalyptisches ούαί). Es liegt die Vermutung nahe, daß dieser Landmann nicht um »auszurufen« (κράζειν) nach Jerusalem kam, sondern daß er selbst vom »Ruf« überrascht wurde (vgl. Joh 7 37). Aber die Herleitung des Spruches bleibt im Dunkeln. Weder die Juden, die den Verkündiger züchtigen, noch der römische Landpfleger, der ihn geißeln läßt, vermögen den Klageruf zu ersticken. Man hält ihn für einen Besessenen (δαιμονιώτερον τό κίνημα bell. 6, 303; καταγνού* μανίαν 6, 305) und erträgt den Unglücksboten bis zur Katastrophe, die auch ihn vernichtet. Eine Spannung zur Sicherheit der Stadt ist vorhanden, aber keine klare Gerichtspredigt, die die Schuld Jerusalems aufweist und zur Umkehr ruft. Der ekstatische Charakter einer derartigen Prophetie tritt stark hervor, das »Menschliche« und »Personhafte« droht demgegenüber zu verschwinden. Gegenüber allem verhängten Leiden scheint der Verkündiger unempfindlich zu sein. Den Verkehr von Mensch zu Mensch hat er preisgegeben : gegen Schläge wehrt er sich nicht, für Güte dankt er nicht mehr. Die Weissagung findet ihren Abschluß in ihrer Erfüllung, wobei der Verkündiger in das Schicksal der Stadt hineingezogen wird (bell. 6, 309). Der Kampf zwischen w a h r e n und f a l s c h e n Propheten spielt sich nach Josephus auch während der Belagerung Jerusalems ab. Den D r o h w o r t e n des Unglückspropheten steht der a p o k a l y p t i s c h e H e i l s s p r u c h gegenüber. Josephus spricht von falschen Propheten, die der belagerten Stadt Gottes Hilfe versprechen; einer von ihnen befiehlt im Namen Gottes, zum Tempel hinaufzugehen, wo man die Zeichen der Rettung schauen werde. »So wurde das beklagenswerte Volk damals von Betrügern beschwatzt, die sich als von Gott gesandt ausgaben« (bell. 6, 288). Gegenüber diesen falschen Aussprüchen, die von Josephus abgelehnt werden, werden die deutlichen Vorzeichen (έναρ·/η τέρατα) hervorgehoben, die die zukünftige Verwüstung andeuten. I n W i r k l i c h k e i t sind diese f a l s c h e n P r o p h e t e n V e r t r e t e r ä l t e r e r a p o k a l y p t i s c h e r T r a d i t i o n e n , ebenso wie ihre Gegner. In diesem Aufstand spielte ein »zweideutiger Orakelspruch« (χρησμός άμφί βολος) eine Rolle, der sich auch in den heiligen Schriften fand: nach ihm sollte um diese Zeit einer aus dem heiligen Lande die Weltherrschaft erlangen (Jos. bell. 6, 312; Sueton, Vespasian 4,5; Tacitus, hist. 5, 13, 2). Josephus nennt das verhängnisvolle Zitat nicht, aber es ist höchst wahrscheinlich, daß es sich um die

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Menschensohn-Weissagung von Dan 7 13 und um apokalyptische Berechnungen des Danielbuches handelt 3 . Auch Josephus selbst gibt sich den Anschein, als habe er gelegentlich von Gott die Gabe, in die Zukunft zu sehen, erhalten. Als Priester und Priestersohn war er mit den Weissagungen der heiligen Schrift vertraut, und durch Träume wurde ihm das zukünftige Geschick des jüdischen Volkes und der römischen Herrscher offenbart. Er tut im Gebet seine Absicht kund, zu den Römern überzugehen und ruft Gott zum Zeugen an, daß er nicht als Verräter, sondern als Gottes Diener (σός διάκονος) zu ihnen übergehe (bell. 3, 354). Nach besonderen Offenbarungen ist ein Dankgebet üblich ; in diesem Fall hat aber das Gebet des Josephus apologetische Tendenz. Dieser ganze Zusammenhang ist letztlich ganz u n p r o p h e t i s c h , weil Josephus den Willen Gottes lediglich als unabwendbares Schicksal empfindet ; er selbst ist Gottes Diener, weil er gewürdigt ist, die Zukunft vorherzusehen. Nach Jos. bell. 6, 312f. ist Vespasian der geweissagte Weltherrscher, Und Daniels Weissagung wird in diesem Sinn umgedeutet. Die zelotische Prophetie bestand nach Josephus aus Schwindlern und Betrügern (γόητες, άπατεώντες). Vgl. A. Schlatter, Die Theologie des Judentums nach dem Bericht des Josephus 1932, 258ff.; R. Meyer, Der Prophet aus Galiläa 1940, 52 ff. Auch R. Jochanan b. Zakkai geht zu den Römern über und begrüßt Vespasian als Kaiser (b. Gittin 56 a. b). Ihm werden ebenfalls prophetische Möglichkeiten zugesprochen (p. Sota 24c). Weder für Josephus noch für R. Jochanan bedeutet die Umdeutung von Dan 7i3 das Aufgeben der messianischen Erwartung; Gott hatte lediglich entschieden, wie die apokalyptische Erwartung des Danielbuches gemeint war. Der prophetische Text war dunkel und zweideutig; was er sagen wollte, stellte sich erst vor der geschichtlichen Erfüllung des Wortes heraus. Nicht nur die Essener, sondern auch die P h a r i s ä e r haben politische Weissagungen ausgesprochen (ant. 17, 42f.), gelegentlich sogar die messianische Erwartung herangezogen. Der Palastbeamte Bagoas ist als eine Art V o r l ä u f e r des M e s s i a s angesehen worden (ant. 17, 45). D i e g r o ß e n L e h r e r des R a b b i n a t e s (R. Gamliel II., R . Schemuel der Kleine, R. Akiba, R. Schimeon b. Jochai) h a t t e n p r o p h e t i s c h e B e g a b u n g , und dank der Handauflegung ist dem Rabbinat diese Fähigkeit nicht ganz abhanden gekommen (Β. B . 12a = Str. Β. I 670) 4 . Wenn Dan 7 13 wirklich eine Rolle in den Wirren des jüdischen Krieges gespielt hat, dann ist die Botschaft des ältesten Evangeliums besonders verständlich: sie besagt, daß der »Menschensohn«, um dessentwillen Israel in die Katastrophe gestürzt ist, schon gekommen war, daß Israel ihn aber nicht erkannt und anerkannt hat, daß er aber als der Richter und Erlöser kommen wird. Im Urchristentum wird er nicht ohne weiteres mit dem Volk der Heiligen gleichgesetzt. 4 Wichtig ist B. B. 12 a : R. Abdimi aus Chaipha. hat gesagt: Seit dem Tage, da das Heiligtum zerstört ward, ist die Prophetie von den Propheten genommen und den 3

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Man rühmt prophetische Züge an großen Rabbinen. Der Rabbi »schaut« im heiligen Geist und nennt einen unbekannten Menschen mit Namen; er »weissagt« und verkündigt Drangsal und Unglück über bestimmte Menschen; er hat auch die Vollmacht bzw. die Gabe, bestimmte Zeichen und Wunder (einschließlich der Erweckung der Toten) zu tun. Nach p. Schebiith 9, 38d ( = Str. Β. I 557) kann R. Schimeon b. Jochai geradezu sagen bezw. zitieren : »Ich bestimme über die Oberen ( = die auf der Erde leben), daß sie hinabfahren, und über die Unteren ( = d i e in der Erde ruhen), daß sie emporkommen (und leben). Das Wort ist so unerhört, daß man zunächst denkt, R. Schimeon zitiere ein g ö t t l i c h e s Offenbarungswort, denn nach israelitischer Anschauung ist Gott allein in der Lage, Lebende zu töten und Tote lebendig zu machen. Es muß aber zugestanden werden, daß nach dieser Legende R. Schimeon Gottes Vollmacht hat und er einen Toten auferwecken, einen Lebenden töten kann. Prophetische und charismatische Züge sind dem Rabbinat nicht fremd gewesen.

Man spricht in rabbinischen Worten und Anekdoten von der Besonderheit, von dem Maß und der Grenze charismatischer Begabung. R. Acha kann sagen: »Auch der heilige Geist, der auf den Propheten ruht, ruht nur nach Gewicht (Maß) auf ihnen; der eine hat ein Buch, der andere zwei geweissagt« (zu Hi 28 25). Man sprach auch von asketischen Möglichkeiten und verdienstlichen Handlungen, die den Geist vermitteln sollten, aber man wußte auch um die Grenze dieser menschlichen Möglichkeiten (R. Akiba)5. Neben diesen Trägern verschiedener prophetischer Begabung stehen die besonderen Heilsbringer verschiedener Art. Man darf bei ihnen nicht übersehen, daß hinter ihrem Auftreten die Messiasfrage steht, auch wenn sie nicht als Messias erkennbar oder aufweisbar sind. Das Volk hofft und erwartet, daß dieser oder jener Geistbegabte der von Gott erwählte und erhoffte Messias sei. Der Hasmonäer Johannes Hyrkan I. besaß nach Josephus die Herrschaft über das Volk, die Ehre des Hohenpriestertums und die Prophetengabe (ant. 13,300). In der Folgezeit wendet sich das Interesse des Volkes den galiläischen Aufständischen zu (Hiskia, Judas, Menahem), deren Auftreten allerdings mißglückt. Vielleicht hat R. Jochanan b. Zakkai an den Galiläer Hiskia gedacht, als er auf dem Totenbett befahl: »stellt einen Thronsessel bereit für Hiskia, den König von Juda« {b. Ber. 28b; p. Sota 24c). R. Jochanan glaubte also an die Wiederkehr des Hiskia Gelehrten gegeben worden. Gemeint ist, daß die Gelehrten die prophetische Gabe behalten haben. Etwas ungenau sagt Billerb. I 670 : »Als Prophet konnte jeder bezeichnet werden, durch den der heilige Geist, d. h. der Geist der Inspiration, der prophetischen Begabung, redete«. fi Die rabbinische Frage nach dem »Maß« des heiligen Geistes steht auch hinter den Aussagen Rm 12 8 und Joh 3 84.

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und an die Errichtung der messianischen Herrschaft. Eine spätere Überlieferung (R. Hillel nach b. Sanh. 99a) verzichtet auf eine derartige Hoffnung und erklärt: »Für Israel gibt es keinen Messias mehr; denn sie haben ihn bereits in den Tagen Hiskias genossen« (Billerb. I 31). Der Sohn Hiskias, Judas, setzt die Aufstandsbewegung fort und gründet die Partei der Zeloten (ant. 17, 271f.; 18, 4ff.;23ff.). Über sein Ende ist nicht Gewisses bekannt. Aber sein Sohn Menahem zieht sogar als König in Jerusalem ein und übernimmt den weiteren Angriff (bell. 2, 433 ff.). Alle diese Aufständischen streben nach der »Befreiung« Israels und werden als endzeitliche Heilsbringer angesehen. Als letzter unter diesen Aufständischen muß Simon b. Koseba genannt werden, der zur Zeit Hadrians einen Entscheidungskampf gewagt, Jerusalem eingenommen und ein eigenes Staatswesen gegründet hat (132—135 n. Chr.). Er wurde von R. Akiba im Hinblick auf Num 24i7 als »Stern aus Juda« begrüßt und als Messiaskönig anerkannt (p. Taanith 68d par). Bei der Eroberung von Bethtir hat auch dieser Simon sein Leben verloren. Immer wieder zeigen sich dieselben Züge im Leben dieser Aufständischen : ein plötzliches Auftreten, das sogar von einigem Erfolg begleitet ist, dann ein ebenso schneller Untergang, plötzlicher Tod oder spurloses Verschwinden aus der Geschichte. Aber alle diese messianischen Bewegungen haben die Phantasie des Volkes aufgerührt. Um 150 n. Chr. taucht der Mythus vom Messias ben Joseph (ben Ephraim) auf, der aus dem Korden (aus Galiläa) kommt, nach Jerusalem zieht, das Heiligtum erbaut und Jahwe opfert. Nach 40 Jahren Regierung ziehen Gog und Magog gegen diesen Messias herauf, erobern Jerusalem, und der Messias fällt im Straßenkampf. In diesen Traditionen über den »Kriegsgesalbten« schlagen sich bestimmte exegetische Deutungen nieder (ζ. B. über Dtn 33 17 und Sach 12 ioff.), vor allem aber auch die geschichtlichen Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte (Billerbeck I 292ff.; R. Meyer a. a. O. 80ff.). Auch die prophetischen Heilsbringer stützen sich auf W e i s s a gungen und T r a d i t i o n e n , die durch ihre Person wieder aktuell werden sollen. So tritt in Samarien ein Prophet auf, der dem Volk befiehlt, auf den heiligen Berg Garizim zu ziehen, wo er selbst die von Moses verborgenen heiligen Geräte zeigen will. Die Samaritaner schenken seinen Worten Glauben, ergreifen, die Waffen und rotten sich in dem Dorf Tirathana zusammen (ant. 18, 85f.). Der Prokurator Pontius Pilatus greift sofort ein und unterdrückt die Bewegung. Ganz entsprechend verheißt Theudas, daß er durch sein Machtwort den Jordan spalten und einen freien Durchzug schaffen werde (ant. 20, 97f.). Der Prokurator Cuspius Fadus greift ein, läßt die Anhänger des Theudas überfallen und ihn selbst enthaupten. Auch der Prophet aus Ägypten fordert das Volk in Jerusalem auf, auf den ölberg zu gehen, weil er zeigen will, wie die Mauern Jerusalems zusammenbrechen und dadurch ein Einzug in die Stadt möglich wird (ant. 20, Ntl. Studien f. Bultmann

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169ff.; bell. 2, 261ff.). Der Prokurator Felix greift die Volksmenge an und zerstreut sie; der Ägypter selbst verschwindet. Sogar in Afrika, in Kyrene, tritt ein derartiger Prophet, ein Weber, mit Namen Jonathan auf, der die Menschen in die Wüste führt, um ihnen Wunderzeichen und Erscheinungen vorzuführen (bell. 7, 437 ff.). Auch in diesem Fall überwältigt der Statthalter die unbewaffneten Leute auf eine Anzeige der Juden hin. Selbst im V. nachchr. Jh. ist ein ganz ähnlicher Aufstand unter den Juden Kretas bezeugt (Sokrates, Kirchengesch. 7, 38). Alle diese prophetischen Heilsbringer verheißen die Wiederkehr der Urzeit Israels, wie die Ankündigung der legitimierenden Zeichen und Wunder beweist. Der Prophet glaubt einen göttlichen Auftrag zu haben, und das eschatologische Wunder, das die Endzeit heraufführt, verkündigen zu können. Auch in diesen Fällen ist die Erlösung Israels das Ziel der Verheißung. Lediglich die Wege zur Erreichung dieses Zieles sind anders als bei den politischen Aufständen. Aber für Israel ist das glaubensmäßige Ziel immer politisch, und das politische Ziel glaubensmäßig bestimmt. Die aufständischen Galiläer knüpfen an die Zeit Davids und der Makkabäer an, während die Heilspropheten an die Urzeit, an Moses und Josua erinnern. Die Heilspropheten stützen sich also auf andere Traditionen als die kämpfenden Messiasprätendenten. Auch das Selbstbewußtsein dieser Heilspropheten ist daher ander? geartet als das der Aufständischen. In der Gegenwart spielt das Problem, inwieweit im Priestertum prophetische Züge enthalten sind, eine nicht geringe Rolle (Jos. bell. ] 68 Joh 1149 ff.). Die Sekte von Qumran beruft sich auf den Priester, den Gott gegeben hat in (die Mitte der Gemeinde), daß er auslege alle Worte seiner Knechte der Propheten, (durch deren) Vermittlung Gott verkündigt hat alles, was kommen muß über sein Volk und (seine Gemeinde)8. Dieser Lehrer der Gerechtigkeit hat offenbar eine besondere eschatologische Sendung, die ihn einerseits aus der Reihe der at.lichen Propheten herausstellt, anderseits ihn als den rechten Interpreten ihnen zuordnet. Mit seiner Sendung vollzieht sich eine eschatologische Scheidung und Entscheidung: der Kampf zwischen Wahrheit und Frevel, göttlicher Berufung und menschlicher Überheblichkeit, echtem prophetischem Leiden und göttlichem Gericht an dem Sünder wird zwar noch in at.lichen Farben geschildert, zeigt aber deutlich, daß wir in einem neuen G e s c h i c h t s v e r s t ä n d n i s stehen, das alle älteren Traditionen überbietet. Der »Ratschluß Gottes« wird zum Schlüssel für das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige, und damit wird das theologische Denken in eine Tiefe geführt, die zur Verheißung für die Botschaft des Neuen Testamentes wird. • Vgl. Habm. 2 8-io 7 5-8. Vgl. jetzt zum Ganzen O. Plöger, Prophetisches Erbe in den Sekten des frühen Judentums, Theol. Lit. Ztg. (79) 1954, 291-296.

Das Denken der frühchristlichen Gnosis (Irenäus Adv. Haer. I 23. 24) Von Heinrich Schlier (Bonn a. R h . , Wegeier Str. 2)

Die frühe christliche Gnosis ist mit den Namen Dositheus, Simon •Magus, Menander, Satornil verknüpft. Ihre Heimat ist Syrien (Samarien, Palästina, Antiochien). Die historischen Zusammenhänge und Verhältnisse sind aus den selbst nicht sehr unterrichteten Quellen kaum noch erkennbar1. Immerhin kann man sagen: 1. daß die Wurzeln dieser Gnosis in die vorchristliche Zeit zurückreichen und sich aus hellenistisch-orientalischem und jüdischem Erdreich nähren, 2. daß sich diese Gnosis in Konkurrenz zur frühen christlichen Verkündigung entfaltete, und 3. daß sie der Ausgangspunkt für eine rapide Entwicklung der altchristlichen Gnosis in Ägypten und Kleinasien gewesen ist. Basilides und die große gnostische Gruppe der Ophiten oder Barbelognostiker einerseits, die kleinasiatische Epistola apostolorum, die vor Simon und Kerinth warnt 2 , andrerseits sind dafür Zeugen. Doch soll es uns hier nicht um diese historischen Fragen im engeren Sinn gehen. Wir wollen vielmehr versuchen, das, was diese noch relativ unentwickelte Gnosis dachte, ein wenig zu verfolgen, diese Gnosis an einem für uns greifbaren Ausgangspunkt mitzudenken. In ihren Vorstellungen und Begriffen, im »Material« ihres Denkens, teilt sie zwar in hohem Maße das Geschick spätantiker Religion: die Überwucherung durch die mannigfachsten, oft weit hergeholten, vielfach in ihrem ursprünglichen Sinn nicht mehr verstandenen Traditionen. Und in der Form ihrer Selbstdarstellung greift sie von der Sache her, bald aber auch unter dem Zwang gnostischer Konvention zum System eines künstlichen Mythos, der von großer Monotonie ist: des neuen Mythos von der rettenden Gnosis. Aber dahinter und darunter vollzieht sich ein Denken, das von einer neuen, in der Antike bisher noch nicht aufgebrochenen Gottes-, Welt- und Menschenerfahrung getragen ist und diese zur Sprache bringt. Dieses Denken ist so intensiv, daß es dann auch ein neues, radikales Verhalten bewirkt und neue Lebensformen entstehen läßt, in denen sol1

Vgl. dazu L. Cerfaux, La gnose simonienne. Nos sources principales. Recherches de Science religieuse XV, 1925, 489—511; ib. XVI, 1926, 6—20. Culte et doctrines, ib. 265—286, 481—603. Simon le magicien ä Samarie, ib. XXVII, 1937, 616—617. Vgl. Derselbe Supplement au Dictionnaire de la Bible III, 1938, Art. 8 Gnose pr6chr£tienne et biblique. c. 7 (18), S. 8 Duensing.

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ches Denken und Verhalten gelebt werden können. Nur so wird es auch verständlich, daß die Gnosis eine große Gefahr für die Kirche wurde. Irgendwelche, wenn auch noch so gehäuften pseudomythologischen Phantasien, ein Sammelsurium rudimentärer Theorien aus aller Herren Religionen, verbunden mit zweifelhaften kultischen und sittlichen Praktiken, als welches die Gnosis lange Zeit der Forschung erschien3, hätten den Glauben und das Leben der frühen Christenheit nicht außer Fassung gebracht. Das konnte nur eine der christlichen annähernd gleichförmige und gleichgewichtige Erfahrung und ein diese klärendes Denken. Den Versuch, die frühchristliche Gnosis nachzudenken, unternehmen wir an Hand des Berichtes, den uns Irenäus, Adv. haeres. I 23. 24 (Harvey I, 190—195. 196—198) über Simon Magus und Satornil gibt, und den wir hie und da aus anderen Quellen ergänzen können. Denn auch wenn Iren. I 23 quellenmäßig keine Einheit ist, verrät, wie sich erweisen wird, die Darstellung doch eine einheitliche Grundkonzeption, deren Zeugen auch die anderen, sehr verschiedenartigen Quellen zu »Simon Magus« im großen und ganzen sind. Es ist die Grundkonzeption der frühen simonianischen Schule. Sie auf Simon Magus selbst zurückzuführen, fehlen uns zum mindesten die Mittel. Wie weit sie von der frühen basilidianischen »Lehre« zu unterscheiden ist, ist schwer zu sagen. Diese gnostischen Schulen unterscheiden sich — jedenfalls in der Frühzeit — mehr dem Typus nach von einander als durch individuelle Einzelanschauungen. So konnten leicht gegenseitige Anleihen gemacht werden. Das bedeutet aber für die Interpretation die Erlaubnis, u. U. die Verpflichtung, sachlich nahestehende Texte zur Erklärung auch dann heranzuziehen, wenn ihr historischer Charakter ungeklärt ist. I. Simon Magus geht nach Iren. I 23 ι davon aus, daß er selbst die sublimissima virtus (ή ύττέρ πάντα δύναμις) und der super omnia pater sei. Ansatzpunkt seines Denkens ist also ein letztes »Vermögen«, das • Erst H. Jonas, Gnosis und spätantiker Geist, Teil 1, Die mythologische Gnosis 1934 hat für unsere Zeit den Bann gebrochen. Hundert Jahre früher, 1835, war F. Chr. Baurs Werk »Die christliche Gnosis oder die christliche Religionsphilosophie in ihrer geschichtlichen Entwicklung« erschienen, nachdem sein Verfasser acht Jahre vorher, 1827, seine Inauguraldissertation »De gnosticorum christianismo ideali« geschrieben hatte. F. Chr. Baurs Antipode — sozusagen der fromme Irenäus gegenüber dem genialen Valentinus — war auch hier J. A. Möhler, der 1831 einen Aufsatz »Versuch über den Ursprung des Gnostizismus« veröffentlichte (Ges. Schriften I, 403—435). Was Baur von Möhler auch trennt, beide hatten bei aller historischen Würdigung der Gnosis noch ein sachliches Verhältnis zu ihr und können sie deshalb verständlich machen.

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als solches »der Vater« ist. Dieser »Vater« — wir sagen im gnostischen Sinn wohl eher: dieses väterliche Prinzip —, ist prima virtus (Menander, I, 23 4) πρώτη δύναμις, ό πρώτος θεός (Just. Apol. I 26 δ), nach Recogn. II 49 aliqua virtus immensae et ineffabilis Iuris, cuius magnitude) incomprehensibilis habeatur4. Wohl wird dieses reine Ursprungsvermögen, das kraft dessen, daß es lichtendes Vermögen schlechthin ist, alles im Voraus transzendiert, von vielen geahnt. Es muß ertragen, daß es die Menschen beliebig nennen (I 23 l). Aber es ist, wie gerade dies zeigt, in totum ignorata (vgl. I 23, 2). Das absolute Vermögen ist nicht allein. Mit ihm gegeben ist die prima mentis eius conceptio, mater omnium6, per quam in initio mente concepit, angelos jacere et archangelos (I 23 2). Die πρώτη δύναμις hat die "Έννοια neben sich, wie der pseudomythische Name lautet (ibid.). Das reine, alles begründende Vermögen ist das Vermögen der »Konzeption«. Es v e r m a g als Ennoia im (denkenden) Inne-werden. Das Urprinzip des Väterlichen trägt in sich das Mütterliche als die Empfängniskraft seines eigenen Geistes. Durch diese Kraft der »Konzeption« kommt das reine Vermögen erst zu sich, in ihr als seinem ur-sprünglich seine Absicht erfassenden Bewußtsein entsteht es als Selbst-bewußtsein. Hanc enim Ennoiam exsilientem ex eo, cognoscentem quae vult pater eius . . . (I 23 2). Das reine Vermögen als der Vater, »der erste Gott«, ist also nicht ein sich selbst genügender, sondern ein entbehrender (und begehrender) Gott. Er entbehrt (und begehrt) seine Erfüllung. Da er aber das Prinzip der »Mutter«, der erkennenden Empfängnis oder empfangenden Erkenntnis, bei und in sich hat, das ja eben die genannte Entbehrung seiner selbst setzt, ist das reine Vermögen als Drang zur Selbst Verwirklichung in der eigenen Konzeption garantiert. Im Urgrund der Dinge west der Vater, das reine Vermögen, der durch die Mutter, die Kraft des Innewerdens seiner selbst, über, sich hinaus zu sich und seiner Fülle kommen will. Im Grund alles Seienden ist der kraft seiner ursprünglichen Erkenntnis Selbst werdende Gott®. Man sieht: schon in dieser primitiven Gnosis liegt ein spekulatives Erfassen des Seins vor. Die Grunderfahrung der Gnosis von dem, was ist, spricht sich hier relativ klar aus. Es ist reines Vermögen, 4

Vgl. lust. Dial. c. Tryph. 120 ιβ: Θεόν ΰπεράνω πάσης άρχης καΐ έξουσίας καΐ δυνάμεως. Recogn. II 7: excelsam virtutem quae supra creatorem Deum sit, credi se velit, et Christum putari, atque Stantem nominari. Zur gnostischen Vorliebe für δύναμις vgl. Cerfaux a. a. Ο. XVI, 1926, S. 491 1 , 5 Vgl. W. Bousset, Hauptprobleme der Gnosis, 1907, S. 64 ff., 77 ff. • Das tritt begrifflich viel deutlicher im simonianischen System Hippolyts hervor. So heißt es z. B. Elench. VI 17 l (S. 142, 26ff.): 'Εστίν oöv κατά τόν Σίμωνα τό μακάριον καΐ άφθαρτου έκεΐνο έν παντί κεκρυμμένον δυνάμει, ούκ ένεργεί«?, δττερ έστίν ό έστώς, στάς, στησόμενος* έστώς άνω έν τη άγεννήτω δυνάμει, στάς κάτω έν

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Sein-können als Sein-wollen, es ist ein väterlicher Drang des Gottes, in der Mutter als in der eigenen Empfängnis des Erkennens zu sich selbst zu kommen. Es ist der in eigener Konzeption im Selbst-bewußtsein Selbst werdende Gott. Diese άνωτάτη δύναμίζ ist ό Ιστώς 7 . Der sich entbehrende und zu sich drängende, in der Macht des Selbstbewußtseins erfüllte Gott ist das, was feststeht, und nichts anderes. Aber nun wird sofort eine andere charakteristische Erfahrung der Gnosis ausgesprochen: sobald es zur Aktualisierung dieser Urpotenz, die Gott ist, kommt, sobald der Vater das Väterliche durch das Mütterliche, die Ennoia, realisieren will, beginnt schon der Abstieg in das Untere und Böse. Hanc. . Ennoiam exsilientem ex eo, cognoscentem quae vult fat er eius, degredi ad inferior α et generare angelos et potestates, a quibus et mundum hunc factum dixit (1 23 2). Mit

dem Ur-Sprung der Ennoia und dh. mit der denkenden Erkenntnis des eigenen väterlichen Willens, mit der Verwirklichung also seiner Selbst in der Ekstase seiner Konzeption, mit jenem über sich hinaus zu sich Kommen des Vaters, ersteht nun gerade nicht seine »Macht«, sondern die Macht des Bösen, der dann die Welt ihr Dasein verdankt 8 . Der Gott kommt, wenn er seiner selbst bewußt und mächtig wird, nicht zu sich, sondern »es« kommt — denn so schicksalhaft muß man reden — zum Feindseligen selbständiger Mächte und zum Unseligen ihrer Welt. Es ist das Geschick® dieses Gottes, daß sein Übergang zu sich selbst in der Selbst-empfängnis seiner Erkenntnis zum Untergang führt. Transzendenz ist hier notwendig Deszendenz. Das Väterliche, das sich im Mütterlichen gewinnen will, erzeugt die Wesen des ihm Feindseligen, es konzipiert und manifestiert sich im Bösen der Welt des Seienden. τη (5>οη των ύδάτων έυ εΐκόνι γεννηθείς, στησόμενος Ävco παρά τήν μακαρίαν άπέραντον δύνσμιν, έάν έξεικονισβη . . . 3 (S. 143, 7ίί.) αύτη, φησίν, έστί δύναμις μία, διηρημένη δνω κάτω, αυτήν γεννώσα, αύτήν αύξουσα, αυτήν ζητούσα, αύτήν εύρίσκουσα, αύτη5 μήτηρ ούσα, αύτής πατήρ, αυτής άδελφή, αυτής σύζυγος, αυτής Θυγάτηρ, αυτής υΙός, μήτηρ πατήρ, £ν, ούσα φίζα των δλων. 7 Zu ό έστώς vgl. Ps. Clem. hom. II 22 3 (Rehm 44 β); 24 β (ibid. 46, 18) u. a. Recogn. II 7; III 47 u. a. Hippol. Elench. IV 519 (S. 76, 33); VI 19 a (S. 136, 6) u. a. Cl. Al. Strom. II 11, 52 ι; Act. Petri 4 (S. 49, 6) u. a. Mart. Petri 2 (S. 80, 35ff.). Das »Stehen« ist hier weniger im Verhältnis zum κινεϊσθαι als zum πίπτειν gesehen. Zur Geschichte des Begriffes vgl. Cerfaux, a. a. Ο. XVI, 1926, 491ff. 8 Ein in der Gnosis weit verbreiteter Zug. Vgl. nur bei Iren. Adv. haeres. 1 23 4 (Menander), 24 lf. (Satornilos), 24 4 (Basilides), 2 5 1 (Karpokrates), 2 6 1 9 (Kerinth). Hier ist eine Parallelüberlieferung bei Tertullian, De anima c. 34 terminologisch und sachlich interessant. Die Ennoia wird hier die iniectio prima des summus Pater genannt. Und statt degredi ist vom desultare die Rede. Die Erschaffung der angelicae potestates geschieht praevento patris proposito. Sie ist also eine listige Übervorteilung des Vaters durch seine eigene »Eingebung«. Von einer »Schuld« wird man aber nicht reden dürfen, wie Jonas a. a. O. S. 366 4 meint.

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Es ist nur konsequent, wenn es nun heißt, daß die Ennoia, das Selbsterkennen des Gottes, dem verhaftet wird, was der Vater in dem Drang, sich seiner denkend zu vergewissern und zu verselbständigen, mit ihr hervorgebracht hat. Gott ist bei dem Versuch, sich selbst zu konzipieren, von der Konzeption einer fremden und feindseligen WeltMacht überwältigt worden. Und so gibt es einen Gott, der nicht Er selbst werden kann und eine Welt, die in sich und aus ihrem Prinzip heraus den Gott hindert, Gott zu sein. Gott selbst ist im antigöttlichen, unseligen Wesen der Welt gefangen, die seine mißglückte Selbstkonzeption ist. Das Wesen aber, das der Welt von den sie erzeugenden Mächten zukommt, wird durch das innerste Motiv ihres Verhaltens charakterisiert. Es ist der »Neid«. Detenta est (seil. Ennoia) ab ipsis -propter invidiam, quoniam nollent progenies alterius cuiusdam putari esse. Die Mächte, die die Welt erschaffen, wollen selbst Schöpfung des göttlichen Vermögens sein, das sich in seinem ursprünglichen Gedanken in ihnen begründet. Sie sind aber nur das Erzeugnis des sich in seinem Denken bzw. Erkennen verfehlenden Gottes, der sich in ihnen selbst entbehrt, und — könnte man sagen — beneidet. In ihnen, die ja — das Wort stellt sich hier ein — in ihr Dasein »geworfen« sind, waltet wesenhaft der Neid. Sie haben den Gedanken des Gottes sozusagen mit hinabgerissen in ihr »Wesen« und halten ihn dort »neidisch« zurück. Sie wollen das Mütterliche als das, wodurch der Vater zu sich kommt, in sich sein, und haben es doch gerade in ihrem Dasein schon versäumt, und leben nun von dem Neid dieser Verfehlung. Und das Vermögen schlechthin ist in seiner eigenen Konzeption gebunden durch das neidische Unvermögen des Daseins. Die prima conceptio mentis patris selbst ist ohnmächtig durch den »Welt-Neid«. Sie wird nun unaufhörlich geschändet durch die Welt-Macht: omnem contumeliam ab iis passam. (I 23 2). Welt und Dasein sind als metaphysischer Neid eine stete Schändung dessen, worin der Gott er selbst werden will: seines Gedankens. Der Neid der ja gerade in ihrer Macht bedürftigen Welt schändet die ursprüngliche Konzeption der göttlichen Potenz. Und sie kann dem nicht entfliehen. Die Ennoia kann nicht mehr hinauf und zum Vater zurückkehren: uti non recurreret sursum ad suum patrem. Die göttliche Konzeption ist ja in das Leibliche des Kosmos eingeschlossen, in Same und Geburt. Sie wird — dem Leibe verhaftet — von Geschlecht zu Geschlecht weiter gegeben, ohne daß jemals durch sie die Intention des Gottes verwirklicht wird. Im Gegenteil: immer von neuem entsteht nur eine entbehrende und begehrende und wesenhaft »neidische« Welt. Der Gott durch das leib10

Vgl. Theodoret, Haer. Fab. 1, 2 'Αγγέλους τώ Σίμωνι παραπλησίως νπτό tfjs ivvoias εφη σε ττροβληθήναι καΐ τούτους τόν κόσμον δημιουργήσαι.

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liehe Dasein seines eigenen Gedankens und darin seiner selbst beraubt, an seiner Selbstverwirklichung gehindert, und das in Äonen von Geschlechtern, leidet unter der Welt: usque adeo, ut in corpore humano includeretur et per saecula veluti de vase in vas transmigraret in altera muliebria corpora. Mit dem leiblichen Menschen wandert — im Samen des Mannes — die geschändete Selbst-Erkenntnis und Selbst-Werdung des Gottes durch die Geschlechter, immer schon empfangen und gefangen vom fundamentalen Welt-Neid. Bis zum letzten geht diese Schändimg des höchsten Vermögens, bis dahin, daß der Gedanke Gottessich—in Helena—prostituiert. Das geschieht in der eschatologischen Zeit, die ja alles bis zur letzten Erfahrung auskostet und offenbar macht, die aber auch — mit Simon herbeigeführt — die tiefste Erniedrigung zur höchsten Erhöhung werden läßt. Denn nun ist der Soter erschienen, durch den sich alles erneuert, und in dem, als im Menschen schlechthin, der ganze Prozeß des zu sich selbst Kommens des Vaters zum Ziel gelangt. Transmigratetem autem eam (seil. Ennoiam) de corpore in corpus, ex eo et semper contumeliam sustinentem, in novissimis etiam in fornice prostitisse . . . Quapropter et ipsum (seil. Simonem) venisse.uti eam assumeretprimam et Uberaret eam α vinculis, hominibus autem salutem praestaret per suam agnitionem. Der Gott gibt sich und seine Macht nicht auf. Er ist wohl in die fortdauernde Schändung durch das weltlich-leibliche Leben gebannt. Aber er ist nicht vernichtet. Er bleibt δύναμη. Und seine "Έννοια bleibt potentiell und individuell im Menschen. Sie—bei Satornil etwa στπνθήρ TOÖ άνωθεν πατρός (Hippol. Elench. VII285ff. S. 209, 9; Epiph. Pan. haer. 23, 2 2 S. 250,12) genannt —, der Funke göttlichen Selbstbewußtseins im Menschen, ist zu retten. Und inihr ist der Mensch zu retten. Denn jener im Strom von Welt und Same neidvoll verborgene, ursprüngliche Blitz der Erkenntnis ist das Eigentliche des Menschen, sein in Entbehrung und Begehrung geworfenes und fast verschüttetes Selbst. Es muß wieder aufleuchten, der Mensch muß sich wieder als mißglückte, aber nicht untergegangene Konzeption des Gottes verstehen. Dann eilt der göttliche Gedanke zum Vater empor und das höchste Vermögen kommt im erwachten Selbstbewußtsein des Menschen zu sich. Der Gott ist nun im Begriff, sich und seine Konzeption doch noch zu realisieren. Doch wie geschieht dies? Es geschieht — durch heilsame List. Diese aber besteht darin, daß er, der Vater, das reine Vermögen, selbst im Weltlich-Leiblichen überraschend erscheint, nämlich in Simon, der die Ennoia, die Mutter, in Helena findet und mit ihr die Erkenntnis in einem doppelten Sinn vollzieht: leiblich und geistig. Und die List besteht darin, daß Simon und Helena vorbildlich in den anderen Menschen dieselbe List erwecken, sich im Wissen um den Vollzug göttlicher Konzeption dem Irdisch-Fleischlichen auszuliefern und ge-

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rade so erkennend ihm zu entfliehen. Das wissende sich Ausliefern an den Weltneid der irdischen Mächtigkeiten, und vor allem der mächtigsten, des Geschlechtes, ist der hinterlistige Weg, sich diesen Mächtigkeiten zu entziehen und zu seinem, d. i. aber des Gottes Selbst zu gelangen. Es ist ein listiges, weil nur scheinbares sich Hingeben. Denn eben das Wissen, das Aufleuchten der göttlichen Konzeption in Simon und dann in jedem von ihm Erweckten, hebt die Hingabe wieder auf. In jenem wissenden Vollzug der fleischlichen Hingabe kommt der Gott zu Stande. Der Gott verbirgt sich ja auch sonst in Simon, um zu täuschen. E r läßt sich auf die Form und Art der Mächte und ihrer Menschen ein. Aber er tut es mit Vorbehalt. Sein Einlassen ist Assimilation. Descendisse eum transfiguratum, et assimilatum virtutibus et potestatibus et angelis, ut in hominibus homo appareret ipse, cum non esset homo (I, 23 a)11. Assimilation ist das Grundprinzip der einen Art von Doketismus. Die Mächte sehen und haben in Simon und Helena nur ihresgleichen. Und Simon und Helena vollziehen ihr Mysterium. Die Mächte erkennen nicht, daß sie gerade damit getäuscht werden. Denn sie durchschauen nicht die Qualität dieses Weltlichen, daß es angeglichenes Weltliches ist, Weltliches, zu dem sich der Gott, der jetzt endlich seiner selbst bewußt und mächtig werden kann, mit Wissen hingab13. Vgl. Hippol. Elench. V I 19 β S. 147, 2ff., ferner das Offenbarungswort, das wahrscheinlich aus der Άττόφασις μεγάλη stammt, bei Epiph. Pan. haer. 21,2,4 S. 240, 3ff. Dort sagt Simon: έν έκάστω δέ ούρανω μετεμορφούμην . . . κατά τήν μορφή ν των έν έκάστίρ ούρανφ, Τνα λάθω τάς άγγελικάς μου δυνάμεις καΐ κατέλθω έττΐ τήν "Εννοιαν, ήτις έστίν αΟτη ή καΐ Προύνικος καΐ πνεύμα ίγιον καλουμένη, 5Γ fjs τούξ άγγέλους Ικτισα, οΐ δέ άγγελοι τόν κόσμον ίκτισαν καΐ τού$ άνβρώττου?. Vgl. Tert. de anima 34 quibus fallendis et ipse configuratus seque. Ferner Iren. I 24 4 (Basilides); Ps. Tert. adv. omnes haeres. 6 (Apelles). 11 An diesem Punkte gibt es Spuren einer Begegnung der heidnischen Gnosis mit der christlichen Verkündigung. Diese dient hier der Gnosis dazu, die List des Gottes zu veranschaulichen. Der Gott verbirgt sich nicht nur in Simon, sondern, um die Täuschung vollzumachen, versteckt er sich noch in Jesus. Wie soll man den rätselhaften Satz: et possum autem in Judaea putatum, cum non esset passus (I 23 s) verstehen ? Simon kann doch nur in Judäa scheinbar gelitten haben, wenn er sich zum Schein in Jesus verwandelt hatte, und er nun in diesem Jesus scheinbar litt, während er, Simon, gar nicht gelitten hatte. Auf diese Auslegung kommt man durch eine Stelle aus dem System des Basilides (Iren. I 24 4), wo geradezu ein Wechsel zwischen Jesus und — Simon von Cyrene stattfindet. Jesus ( = Christus = Nous) verwandelt den Simon in sich und dieser leidet so an seiner Stelle. Andererseits wird aus Jesus Simon und steht in dessen Gestalt bei seiner (d. h. in Wahrheit Simons) Kreuzigung dabei. Vgl. Ps. Tert. adv. omn. haer. 1. Man kann fragen, ob diese Variante die ursprüngliche war, und der oben genannte Satz von dem scheinbar leidenden Simon Magus nur einer Konfusion des Berichterstatters auf Grund der beiden Simone entstammt. Aber es ist auch möglich, daß man bei den Basiii11

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Wie auf diese Weise der Gott unter Ausnutzung des Weltlichen in Simon und Helena zu sich selbst findet, so greift er auch in den von Simon und Helena erweckten Menschen diesen Heilsweg der qualifizierten Weltlichkeit auf. Sie alle sind der Ort der Selbstverwirklichung des Gottes. Diese geschieht, indem der Wissende sich wissend der Not und dem Zwang des Weltneides und der Bedürftigkeit der Weltmacht überläßt. Das Rettende ist das Wissen um sich selbst, das niemand und nichts berühren kann. Es ist die Freiheit. Das Rettende ist auch beim Gnostiker also die List, die allem Begehren der entbehrenden Welt nachgibt und doch sich ihm im Wissen um den eigentlichen Ursprung und das eigentliche Ziel und also um das eigentliche Selbst entreißt. Sie gibt den Menschen einerseits frei zu einer Hingabe an den Drang des Daseins, andrerseits erhebt sie ihn gerade so über den Zwiespalt und Widerstreit der Mächte und »vervollkommnet« »die Dinge«. Sie führt die Weltschande durch ihren Vollzug ad absurdum. Im Einzelnen aber heißt es: er, Simon, sei gekommen, ut hominibus.. salutem

praestaret

per suam agnitionem

(I, 23 3) 13 .

Das Heil ruht in

der γνώσις. Diese gewinnen diejenigen, qui in eum et in Helenam eius spem habe(a)nt (ibid.). Es ist die Hoffnung, daß das Vorbild beider ihnen den rechten Heilsweg weise. Diese Hoffnung befreit nämlich von der Sorge und Furcht vor den Weltmächten: nec ulterius curarent eos (seil, angelos) (ibid.). In welchem Sinn? In dem Sinn, dianern auf die Gestalt des Simon von Cyrene k a m , weil m a n vorher bei den Simonianern in diesem Simon Magus entdeckt h a t t e . E s gibt im übrigen noch einen dritten Simon, der »simonianischer« Gnostiker ist, der, den Paulus im apokryphen Briefwechsel mit der korinthischen Gemeinde b e k ä m p f t . Vgl. C. Schmidt, Acta Pauli 1904, S. 73ff. D a ß hier ein Z u s a m m e n h a n g mit d e m Simon Magus des Iren. I 23 der Lehre nach besteht, läßt sich nicht leugnen. »Man dürfe nicht . . . sich auf die Propheten berufen, u n d Gott sei nicht allmächtig, u n d es gäbe keine Auferstehung des Fleisches, u n d der Mensch sei nicht ein Geschöpf Gottes, Christus sei weder im Fleisch gekommen, noch von Maria geboren, und die Welt sei nicht Gottes, sondern der Engel« (E. Hennecke, N T Apokryphen 1924 2 , S. 207f.). D a ß in der Überlieferung Verwirrung herrscht, zeigt auch die Tatsache, d a ß der andere, eine B e r ü h r u n g mit der simonianischen Gnosis verratende S a t z : Et doeuit, semet ipsunt esse, qui inter Judaeos quasi Filius apparuerit, in Samaria autem quasi Pater descenderit, in reliquis vero gentibus quasi Spiritus sanetus adventaverit (I23l) bei Iren, in anderem Z u s a m m e n h a n g als bei Hippolyt erscheint. Bei letzterem ist er die schwer erklärbare Fortsetzung jenes ersten »christlichen« Satzes (VI 19 β, S. 147, 6f.). Aber wie dem auch sei, die gnostische Tendenz des Versteckes u n d allgemeiner der Assimilation des Erlösers ist deutlich. Von hier aus erscheint der Begriff des »Inkognito« als christologischer häretisch. Der Begriff der I n k a r n a t i o n ist im Gegensatz dazu nicht am Verbergen, sondern a m Offenbaren orientiert. 13 Vgl. Hippol. Elench. VI 19 15, S. 146, 16f. ούτως τοις άνθρώποΐξ σωτηρίαν παρέσχε διά της Ιδίας γνώσεως.

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daß die Hoffenden d. h. die Wissenden erkennen, daß das weisende Gesetz und die Vorschriften (der Juden) nur die Mittel der Weltmächte sind, sich selbst zu erhalten und die Auflösung der Welt durch die wissende Hingabe an sie zu verhindern. Das Moralische ist als der Anspruch des neidischen Daseins erkannt, das sich durch die geforderten Werke schützen und die Menschen in Knechtschaft halten will14. Ν on enim naturaliter operationes iustas, sed ex accidentia. Aber secundum gratiam salvari homines, non secundum operationes iustas (ibid.). Das klingt sehr paulinisch 1β . Und es ist gewiß kein Zufall, sondern durch die feindliche Nähe dieser Gnosis zum Judentum bedingt, daß hier der νόμος und die Ipya νόμου ebenfalls zum Problem werden. Aber die Antwort auf die Frage nach dem Gesetz ist bei Simon eine andere als bei Paulus. Anspruch der Weltmächte ist der νόμος bei Paulus nicht seinem Wesen nach. Danach ist er vielmehr Gottes Wille und heilig, gerecht und gut (Rm 7 12). Als Anspruch von Weltmächten begegnet das Gesetz erst in der Hand der Sünde, die aus dem Gesetz als einer Anweisung Gottes zum Leben eine Forderung auf Leistung und Selbst-gerechtigkeit macht. Secundum gratiam aber, das bei Paulus meint: in der Freiheit der gottgewirkten Liebe, besagt bei Simon: in der Freiheit des Beliebens: ut liberos agere, quae velint (ibid.). Die gratia ist hier die Gnade beliebigen Handelns im Wissen um die Freiheit und in der Freiheit dieses Wissens. Von hier aus ist dann das libidinose vivere (1 23 4) zu verstehen, das neben einer traditionellen Aufzählung von magischen Praktiken als die Lebensweise der mystici sacerdotes erwähnt und in seiner Scheußlichkeit bei Hippolyt beschrieben wird 17 . Der sogenannte Libertinismus dieser und anderer Gnosis18 ist tief in ihrem GrundVerständnis von Gott und Welt und Dasein verwurzelt und steht in dessen Dienst. Er ist nicht eigentlich freiwillig und aus der Lust zur Lust. Er ist eine Art traurige Notwendigkeit. Denn eben dieses libidinose xivere des Gnostikers täuscht den Neid des Daseins dadurch, daß es auf ihn eingeht und ihn erfüllt. In Wahrheit freilich erfüllt er ihn garnicht, sondern erhebt sich als Wissender über ihn. Das libidinose xivere ist nur der Preis, den man dem Dasein nun einmal zahlen muß, um es in Wahrheit zu betrügen mit dem listigen Wissen um das eigentliche 14

Vgl. Orig. C. Cels. VI 31, S. 101, 17ff. (Ophiten). Vgl. Iren. I 26 4 (Karpokrates): sola enim humana opinione negotia mala et bona dicunt. Vgl. I 25 5. Aber auch I 24 5 (Basilides), I 26 3 (Nikolaiten), I 24 2 (Satornil), Epiph. Pan. haer. 28, 1 8, S. 313, l ö f f . (Kerinth) u. a. m. 16 Vgl. H. Schlier, Der Brief an die Galater, 1951, S. U l f . 17 Hippol. Elench. VI 19 s, S. 146, 9ff. Vgl. Epiph. Pan. haer. 21, 4,1, S. 242, 20ff. 18 Vgl. etwa Apok. 2, 20ff.; Iren. I 25 4; Cl. Al. Strom. III 25 5. 30 u . a.; Epiph. Pan. haer. 25, 2, 5 S. 269. ] 2 f f . ; 26 l. 4. 5. le u. a. 18

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Sein19. Und es ist ein geringer Preis. Es betrifft ja nur das wesenlose Fleisch und die wesenlose Welt. Wesen ist die absolute Möglichkeit, die im Erkennen zu sich kommt, und sonst nichts. ... et solvi mundum et liberari eos, qui sunt eius, ab imperio eorum, qui mundum jecerunt, repromisit. Einmal kann und wird alle List der Gnosis ruhen. Dann, wenn die endgültige Auflösung der Weltmacht und ihres Neides geschieht, und damit für die Anhänger des Simon, die Gnostiker, die endgültige und offenbare Befreiung von der Schande des Daseins und der Schändung der ursprünglichen göttlichen Konzeption. Solche konkrete Eschatologie20 ist von der Gnosis her gesehen eine gewisse Inkonsequenz, die wohl mit dem »jüdischen« Charakter der frühen Gnosis zusammenhängt. Sie bleibt freilich ganz am Rande ihres Denkens. II. Werfen wir nun noch einen kurzen Blick auf Satornilos. Denn gerade er, der in nächster Nähe zu Simon Magus einen anderen Typus der frühchristlichen Gnosis darstellt, kann uns die Verschiedenheit und Einheit der Gnosis schon an ihrem Ausgangspunkt lehren. Wenn wir von weniger Wichtigem absehen, so handelt es sich um folgendes: 1. Bei Satornilos ist die Spekulation über den Vater, die desuper virtus (I 24 ι), noch unentwickelt. Insbesondere ist über sein Verhältnis zu sich selbst nichts gesagt. Die Ennoia fehlt überhaupt. Das hat Konsequenzen auch für das Grundverständnis der Welt und des menschlichen Daseins. Offenbar ist bei ihm der Zwiespalt des Geschlechtes noch nicht mit dem von Sein und Bewußtsein, είναι und νοεί ν zusammen gebracht. 2. Das Interesse Satornils ruht vor allem auf dem Wesen und Geschick der Welt und des Menschen, wobei einige Varianten zur Auffassung des Simon hervortreten und doch das gleiche Grundververständnis bleibt. Die Grundstruktur- und bewegung des weltlichen Daseins und seiner Mächte ist nach ihm nicht der Neid, sondern die Empörung gegen den Daseinsgrund, den Vater, und gegeneinander. Die Mächte wollen patrem dissolvere und der Satan ist der adversarius der weltschaffenden Engel und besonders des deus Iudaeorum (I 24 2). 19

Vgl. Iren. I 26 4 die furchtbare Konsequenz der Karpokratianer: Die Transkorporation des Menschen setzt sich fort, quoadusque in omni omnino operatione, quae in mundo est, fiat; et cum nihil defuerit ei, tum liberatam eius animam eliberari ad ilium Deum, qui est supra angelos mundi fabricatores . . . Vgl. I 31 2 (Kainiten); I 6 8 (Valentinianer) Quidam autem et carnis voluptatibus insatiabiliter inservientes, carnalia carnalibus, spiritalia spiritalibus reddi dicunt. 20 Vgl. R. Liechtenhan, Die Offenbarung im Gnostizismus, 1901, S. 132ff.

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Welt und Dasein sind von einem Machtwillen beherrscht, der den Gott, das Grundvermögen, und diese Welt- und Daseinsmacht auflösen will. Die Macht der Welt und des Daseins ist ein Bestreiten des Gottes und ihrer selbst. Der Grund dafür aber liegt darin, daß Welt und Mensch ihr Dasein der Flucht Gottes und dem Genajrtsein durch Gott verdanken. Es ist bezeichnend und ein in der Gnosis verbreitetes Theologumenon21, was von der Schöpfung erzählt wird. A Septem autem quibusdam angelis mundum factum, et omnia quae in eo. Hominem autem angelorum esse facturam, desursum α summa potestate lucida imagine apparente, quam cum tenere non potuissent, inquit, eo quod statim recurrent sursum, adhortati sunt semetipsos, dicentes: Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem (I 241) 2 2 . Der Vater in

seiner εΐκών, in der die Schöpfung ursprünglich aufleuchtet, zeigt sich den schöpferischen Mächten; aber er zeigt sich nur so, daß er sich entzieht. Seine Eikon erscheint nur im Dahinschwinden. Die Mächte können sie nicht fassen, nicht bleibend festhalten. Sie sind zu »schwach«, um die wirkliche Schöpfung zu erzwingen. Diese bleibt das entschwindende Angebot ihres fernen Scheines. So schaffen die Mächte ihr eigenes Gebilde, das auf den gegenseitigen Zuspruch hin entsteht, das ihres Wesens und ihnen ausgeliefert ist. Der Mensch ist also das Produkt der durch den entschwundenen Anblick der wahren Schöpfung erregten Weltmächte. Er ist das verlegene Ergebnis der von dem Gott genarrten Daseinsmacht. Vielleicht ist es nur eine Verdeutlichung, wenn Epiphanius (Pan. haer. 23,1,4ff, S. 248, 6ff.) es so darstellt, daß die Mächte beim Anblick des »Lichtes«23 in Begierde entbrannten, ihre Begierde aber, da dieses »Licht« entschwand, unerfüllt blieb. Die είκών des Vaters wäre dann das Lust erregende Licht der Erscheinung des Gedankens Gottes, der Spiegel seiner Sophia (wie es später heißt), die Schönheit der lichten Erkenntnis Gottes, die die Mächte zwar begehren, die sie aber nicht begreifen, geschweige denn festhalten und abbilden können in einem Gebilde. Hier ist dann das Weltwesen nicht so sehr das Produkt des Genarrtseins seiner Macht, als vielmehr des Ungestilltseins des Eros, der unersättlichen Sehnsucht nach der liebenden Schönheit der Lichtung des Lichtes. Aber die Ungestilltheit des Eros wird ja am ehesten als Narrheit des Daseins empfunden. Die Schwäche (imbecillitas) der von der entschwundenen Erscheinimg des Gottes genarrten Mächte erweist sich in ihrem Werk, dem Menschen. Er ist ein plasma, das sich nicht aufrichten kann, sed quasi vermiculus scariza(re)t

(I 24 ι), eine Vorstellung, die ζ. B .

Vgl. Iren. I 5 β; 30 β; Hippol. Elench. VI 7 β; Cl. Al. Strom. II 8, 36; Exc. ex Theod. 1. 2. 60ff. » Vgl. Hippol. Elench. VII 28 12. S. 208, 12ff. ·» Vgl. Theodoret haer. fab. I, 3; Filastrius, haer. 31 8. a

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bei Ophiten und Naassenern wiederkehrt. Aber da dieses Gebilde wenigstens der Intention und Erinnerung seiner Schöpfer nach in similitudinem der desuper virtus geschaffen ist, sendet diese jene scintilla vitae, die den Menschen erhebt, artikuliert (d. h. gliedert) und »leben« läßt. Sie ist also das, was den Menschen zum Menschen macht, was sein Leben ausmacht, die Psyche. Ihrer Potenz nach ist sie freilich zugleich die scintilla vitae salvatoris, die im »Glauben« oder »Vertrauen« zu Christus erweckt wird. Das, was das Leben des Menschen menschlich sein läßt, ist auch die Möglichkeit seiner Rettung. Der Gnostiker ist die Aktualisierung des Menschen. Man sieht: bei Satornil ist das menschliche Dasein als solches nicht so radikal verworfen wie bei Simon. Der Mensch ist in seiner Leiblichkeit zwar nur »ein kriechender Wurm«. Aber in dem, was ihn als Menschen charakterisiert (sein Aufgerichtet-, Gegliedert- und Lebendigsein) ist er auch eine Gabe der Erinnerung der miserans desuper virtus. Er trägt deshalb die Möglichkeit seiner Rettung in sich. Aber gerade dieser Mensch ist — und das wird stark betont — den um die göttliche Schöpfung genarrten, empörten und den Gott und sich selbst bestreitenden Mächten preisgegeben. Die Dämonen, ζ. B. der Judengott, unterstützen die Schlechtesten. Das Mächtige ist von Natur eine Förderung des Bösen. So bliebe der Mensch, trotz der Möglichkeit, die mit dem Menschsein gegeben ist, in solches aufgebrachte und nichtende Dasein gebunden, wenn nicht der Sohn gekommen wäre, diesen Bann aufsässiger Bosheit zu zerbrechen, den Judengott zu zerstören, und die »Guten«, d. h. die ihm Glaubenden, zu retten. 3. Auch die Soteriologie des Satornil ist noch unentwickelt. Sie zeigt ebenfalls gegenüber der simonianischen eine bedeutsame Variante. Nicht nur. daß der Sohn nicht etwa Satornil selbst, sondern »Christus« ist, der Erlöser der christlichen Verkündigung, bei seinem Kommen handelt es sich nicht um eine Assimilation des Erlösenden an die Mächte und ihre Welt, die getäuscht werden sollen, sondern um eine nur irrtümlich als real verstandene ideale Erscheinung. Salvatorem autem innatum demonstravit et incorporalem, et sine figura, putative autem hominem (I 24 2) 24 . Der wirkliche Erlöser und die wirkliche Erlösung sind geistig und unweltlich. Sie sind — könnte man mit den Johannesakten, deren 95.—104. Kapitel wie ein ausführlicher Kommentar zur Soteriologie des Satornil und ähnlicher Vgl. Hippol. Elench. VII 28 4, S. 209, 4f. τόν δέ σωτήρα άγέννητον ύπέθετο καΐ άσώματου καΐ άνείδεον, δοκήσει δέ έπιπεφηυέναι άνθρωπο v. Epiph. Pan. haer. 23, 1, ίο, S. 249, 17ff. Χριστόν . . . kv σχήματι άνθρώπου έληλυθέναι καΐ Ιδές* μόνη, τά πάντα δέ τω δοκεΐν πεποιηκέναι, τουτέστι τό γεγεννήσθαι, τό περιπατεΐν, τό όπτάνεσθαι, τό πεπονθέυαι. 24

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Gnosis erscheinen25, sagen — Vorgänge des Logos. »Erkenne mich also als des Logos Ruhe, des Logos Stechen, des Logos Blut, . . . Verwundung, . . . Hängen, . . . Leid, . . . Tod« (c. 101). Es ist das eine andere Art Doketismus als die des Simon Magus. Sie beruht auf der Grundüberzeugung, daß das Sichtbare und Sichtbarkeit überhaupt Schwäche ist und Verhüllung. Es ist der Doketismus, der im 1. Johannesbrief und von Ignatius bekämpft wird, während ein Doketismus, wie ihn die simonianische Schule vertritt, mit Vorstellungen genährt ist, wie sie ohne gnostische Konsequenzen Asc. Jes. c. 10f. auftreten, und wohl auch im Hintergrund von I. Cor 2 8 stehen. 4. Diesem Doketismus und seiner Grundüberzeugung entspricht nun auch im Verhalten der Gnostiker nicht die »qualifizierte Weltlichkeit«, die wissende Hingabe an den alles beherrschenden »Neid« der Leiblichkeit, sondern ein entschlossener Rückzug aus der von den dämonischen Mächten beherrschten Welt und aller Leiblichkeit, ein Rückzug in das Eigentliche, in den Geist. Seine Parole ist radikale Entweltlichung. So liegt bei dieser »Gnosis« das Gewicht auch noch mehr auf dem praktischen Verhalten, das freilich von der Gnosis geleitet ist. Die bindende Macht des Weltganzen, das im Leibe sich verdichtet, wird aufgelöst durch die Weigerung, ihr weiterhin leiblich zu dienen. Nicht um listige Preisgabe des Fleisches an das Fleisch und um wissende Hingabe des Menschen an das Belieben dieser verächtlichen Substanz, die nur die Ennoia schändet, geht es, sondern um den direkten Angriff auf die schwache und böse Macht des leiblichen Daseins durch rigorose Askese. Ν über e autem et generare α Satana dicunt esse. Midti . . . et ab animalibus abstinent . . . heißt es Iren. I 24 2 28 . Dieser Welt, die von dem Gott zum Narren gehalten und in sich absolute Empörung ist, diesem Dasein, daß das eines krie« Vgl. ζ. B. c. 99, S. 200, 19ff. ούχ ούτος δέ έστιν ό σταυρός δν μέλλεις όραν ξύλινον κατελθών έντεΰθεν' ούτε έγώ είμι ό έιτί τοΟ σταυρού, δν νΰν οΰχ όρφς άλλά μόνον φωνής άκούεις' δ ούκ είμΐ ένομίσθην, μή ών δ ήμην άλλοις πολλοίς άλλ' δ τι με έροΰσιν ταττεινόν καΐ ούκ έμοϋ άξιον* ώς ου υ ό τόπος της άναπαύσεως ούτε όρδται ούτε λέγεται, πολλφ μάλλον ό τούτου κύριος ούτε δφθήσομαι. Oderc. 101, S. 201, I9ff. άκούεις με παθόντα καΐ ούκ επαθον. μή παθόντα κα12παθον" νυγέντακαΐ ούκέπλήγην κρεμασθέντα καΐ ούκ έκρεμάσθην αίμα έξ έμοΰ (ϊ>εύσαντα καΐ ούκ Ιρευσεν καΐ άπλώς & έκεϊνοι λέγουσιν περί έμοϋ ταύτα μή έσχηκέναι, & δέ μή λέγουσιν έκεϊνα πεπονθέναΓ τίνα δέ εστίν αίνίσσομαί σοι" οίδα γάρ ότι συ νήσεις' νόησον ουν με λόγου αϊνεσιν, λόγου νύξιν, λόγου αίμα, λόγου τραύμα, λόγου έξάρτησιν, λόγου πάθος, λόγου πήξιν, λόγου θάνατον . . . 2

Diese »asketische« Haltung teilen mit mancherlei Variationen bekanntlich eine ganze Reihe gnostischer Richtungen. Man denke an Marcion (vgl. ζ. B. Tert. adv. Marc. I 5 29; IV 11 u. a.; Hippol. Elench. VII 30 i3f., S. 216, 5ff.), Basilides und seine Schule (vgl. Cl. Al. Strom III 11—3; 6 45ff.; 9e3fl.); Tatian (vgl. ibid. 12, 80 3 ff., 89 iff. Iren. adv. haer. I 28 l) »Doketen« u. ä. (vgl. Cl. Al. I.e. 13eiff.) u. a. m. 2β

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chenden Wurmes ist, dem ein zweifelhaftes »Erbarmen« etwas auf die Beine half, kann nur ein Ende gemacht werden, wenn man sich seiner Fortpflanzung radikal versagt und auch sonst möglichst wenig mit dem Tierischen in Berührung kommt. Der gnostische Weltentzug der Schüler Satornils ist ein bewußter Protest und eine Kampfmaßnahme gegen die enttäuschte und aufrührerische Welt. Die Mächte, die diese Welt durch die Substanz des Leiblichen beherrschen und darauf aus sind, sich als genarrte Liebhaber des »Vaters«, der reinen geistigen Potenz, und für die Schwachheit ihrer eigenen Welthaftigkeit zu rächen, die nur eines kennen: fatrern dissolvere, erfahren durch die Jünger Satornils, daß ihre eigenen Sklaven, die Menschen, sich gegen sie auflehnen, und zwar ebenso radikal: sie sollen nun selbst »aufgelöst« werden. Protest erzeugt Protest, und Aufruhr des Daseins bringt Aufruhr gegen das Dasein hervor. Die Gnostiker aber wissen um die scharfe Waffe und wenden sie auch an. Blicken wir noch einmal zurück, so sehen wir, daß in dieser frühen Gnosis die spätere im Kern schon vorhanden ist. Es sind nicht nur die beiden entscheidenden Typen, die »männliche« und die »weibliche« Gruppe der Gnosis27 in Satornil und Simon Magus schon vertreten. Es sind auch nicht nur die Hauptthemata der späteren Gnosis berührt und im Schema eines Pseudomythos dargestellt: Gott — Welt — Mensch ·— Geschlecht — Soter — Gnosis — Praxis, und harren nun der spekulativen Fortbildung im Einzelnen. Vor allem spricht sich schon in diesem frühen Stadium gnostischen Denkens die gnostische Grunderfahrung offen und bestimmt aus. Schon hier kann man erkennen, daß das Welt- und Lebensgefühl des sogenannten Gnostizismus samt seinem Denken einen radikalen Einbruch in die hellenistische und jüdische Welt darstellt. Und schon hier ist es handgreiflich, daß die Gnosis von Anfang an ein dezidiert antichristliches Daseinsverständnis repräsentiert 28 : der einsame, sich nicht genügende, weil sich entbehrende Gott, der vom Willen, in der ihn empfangenden, eigenen Erkenntnis zu sich zu kommen, bewegt ist, und doch an seiner Selbst Verwirklichung stets verhindert ist. Der Gott als reine Potentialität, der in sich niemals als der Gott aktuell wird. Gott im Vgl. H. Jonas a. a. O. S. 33lff. Ein Bewußtsein davon, daß der Gnostiker zu allen in Opposition steht und von allen befeindet wird, verrät sich ζ. B. Recogn. II, 37, wo Simon Magus zu Petrus sagt: Possum .. . exponere quod vere sentio, sed pigriorem me facit ilia consideratio, quia si dixero, quod neque tibi sit consonum neque vulgo huic imperito rectum videtur, tu quidem quasi obstupefoetus, aures continuo obcludens velut ne blasphemia polluantur, verteris in fugam, quia quod respondeas non invenies, populus autem irraiionabilis assentatus tibi, te quidem amplectetur, quasi ea docentem quae in usu eis sunt, me vero exsecrabuntur, veluti nova quaedam atque inaudita profitentem, meumque errorem alienis mentibus inferentem. 88

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ständigen Drang zu sich — ohne Sein, der werdende Gott! Die göttliche Transzendenz eine Deszendenz, sein zu sich Eilen ein außer sich Geraten. Sein zu sich Gelangen nur im Plasma der bösen Weltmächte. Weltschöpfung als Ausweis des Unvermögens und Ungeschickes oder auch Unwillens dieses Gottes. Ihre innere Struktur: Neid oder Empörung. Dasein als Ausgeliefertsein an die Mächte des Neides oder des Streites gegen den Gott und sich selbst, und so Schändung und Auflösung eigentlichen Lebens. Die Daseinsgeschichte unendliche Wanderung des gefangenen Gottes durch die Schande und Qual des Geschlechtes. Erlösimg aber durch List oder durch Protest, durch völlige Assimilation an die Weltstruktur im Wissen lim diese oder durch Verweigerung des Weltschemas im Wissen um dieses. Erlösung, gestellt auf die Freiheit der Ironie oder die Freiheit der Gewalt, auf die Freiheit jedenfalls der Verachtung und Verzweiflung des nur Wissenden. Erlösung aus der Diktatur des schon in dem Gott gescheiterten Weltgebildes durch selbstbewußte Anarchie des Wissens um ursprüngliche Möglichkeit als Grund alles Daseins. Man kann schon auf Grund dieser Andeutungen verstehen, daß solche Gnosis, die fast wie ein Zwillingsbruder mit dem frühen apostolischen Christentum29 zusammen — fast wie Esau mit Jakob — heranwuchs, von der apostolischen Kirche als tödliche Gefahr empfunden und bekämpft und dann erst einmal besiegt wurde. Daß der Kampf meist latent, zuweilen offen weiter ging, zeigt die Kirchengeschichte. Daß die Grunderfahrung des modernen Menschen, dort, wo sie sich offen ausspricht, eine eigentümliche Nähe zu jener der gnostischen Frühe verrät, sei am Schluß nur noch erwähnt30. Das gezeigt zu haben, ist das eine große Verdienst der scharfsinnigen Abhandlung W. Bauers, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, 1934. Das andere, das merkwürdigerweise, soviel ich sehe, nicht beachtet worden ist, besteht darin, daß er die bedeutende und imponierende Rolle nachweist, die Rom auch schon in dieser frühen Zeit bei der Bekämpfung der Häretiker spielte. 30 Eine Analyse der modernen Philosophie und Dichtung unter dem Gesichtspunkt »gnostischer« Motive wäre gewiß fruchtbar. Ich denke nicht an Heidegger, bei dem die Dinge ganz anders liegen, aber an Sartre, Camus und manche kleinere. Daß sich eine Art »Gnosis« auch im späten Scheler gegen sein Eigentliches aussprach, ist ja bekannt. Aber es überrascht doch immer wieder die Nähe schon der Stimmung, der Sprache und dann der Sache zur »gnostischen«. So wenn man ζ. B. liest (Sperrungen bei Scheler): »Der Ort dieser Selbstverwirklichung, sagen wir gleichsam jener Selbstvergottung, die das Durch-sich-seiende-Sein sucht und um deren Werden willen es die Welt als eine »Geschichte« in Kauf nahm — das eben ist der Mensch, das menschliche Selbst und das menschliche Herz. Sie sind der einzige Ort der Gottwerdung, der uns zugänglich ist — a b e r ein w a h r e r T e i l d i e s e s t r a n s z e n d e n t e n P r o z e s s e s s e l b s t . Denn obzwar a l l e Dinge im Sinne einer kontinuierlichen Kreation in jeder Sekunde aus dem u

Ntl. Studien f. Bultaunn

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Η. S c h l i e r , Das Denken der frühchristlichen Gnosis

Durch-sich-seienden-Sein hervorgehen, aus der funktionellen Einheit des Zusammenspiels von Drang und Geist, so sind doch erst im Menschen und seinem Selbst diese beiden — uns erkennbaren — Attribute des Ens per se lebendig aufeinander bezogen. Der Mensch ist ihr Treffpunkt, und in ihm wird der Logos, »nach« welchem die Welt gebildet ist, m i t vollziehbarer Akt. Von vornherein also ist nach unserer Anschauung Mensch- und Gottwerdung gegenseitig aufeinander angewiesen. . . . Geist und Drang, die beiden Attribute des Seins, sie sind . . . aber auch in sich nicht fertig: s i e w a c h s e n a n s i c h s e l b s t eben in diesen ihren Manifestationen in der Geschichte des menschlichen Geistes und in der Evolution des Lebens der Welt. Man wird mir sagen . . . es sei dem Menschen nicht möglich, einen unfertigen Gott, einen werdenden Gott zu ertragen! Meine Antwort darauf ist, daß Metaphysik keine Versicherungsanstalt ist für schwache, stützungsbedürftige Menschen. Sie setzt bereits einen kräftigen hochgemuten Sinn im Menschen voraus . . . Wir setzen an die Stelle jener halb kindlich, halb schwächlich distanzierenden Beziehung des Menschen zur Gottheit, wie sie in den o b j e k t i v i e r e n d e n und darum ausweichenden Beziehung der Kontemplation, der Anbetung, des Bittgebetes gegeben sind, den elementaren A k t d e s p e r s ö n l i c h e n E i n s a t z e s des Menschen für die Gottheit, die Selbstidentifizierung mit ihrer geistigen Aktrichtung in jedem Sinne. . . . Wohl aber gibt es auch für uns eine »Stützung«: es ist die Stützung auf das gesamte Werk der Wertverwirklichung der bisherigen Weltgeschichte, soweit es das Werden der »Gottheit« zu einem »Gotte« bereits gefördert hat. Nur suche man in letzter Linie nie theoretische Gewißheiten, die diesem Selbsteinsatz vorhergehen sollen. E r s t im E i n s a t z d e r P e r s o n s e l b s t ist die M ö g l i c h k e i t e r ö f f n e t , um d a s S e i n des D u r c h - s i c h - S e i e n d e n a u c h zu »wissen«. (M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, 1947, Neudruck, S. 84ff.) Das Phänomen der Gnostisierung des modernen Denkens, von dem das christliche Denken ja nicht unberührt ist, stellt uns sehr dringend vor die Frage, unter welchen Voraussetzungen es aufzutreten pflegt. Daß man ihm theologisch eher mit den Mitteln eines Irenäus oder Clemens Alexandrinus als eines Epiphanius von Salamis beikommen kann, ist das, was d e r Mann seine Schüler auf jeden Fall lehren wollte, dem diese Überlegungen gewidmet sind.

Dritte Abteilung

Zu den Evangelien

Das Doppelgebot der Liebe Von Günther Bornkamm (Heidelberg, Eckener Str. 1)

Der Vergleich der Perikope Mc 12 28-34 mit ihren Parallelen Mt 22 34-40 und Lc 10 25-28 ergibt nicht unerhebliche Differenzen. Der augenfälligste, aber sachlich unwichtigste Unterschied ist der, daß Lukas das Überlieferungsstück überhaupt aus dem bei Markus und Matthäus gegebenen Kontext entfernt und es dem Zusammenhang der »Reise« einfügt. Wichtiger ist die bei allen drei Evangelisten verschiedene Tendenz, der das gleiche Traditionsstück dienstbar gemacht ist. Markus bietet es als ein stilgerechtes Schulgespräch, in dem Jesus die durchaus unverfänglich gestellte Frage nach dem obersten Gebot mit dem Deut 6 4f. und Lev 19 18 zu einer Einheit verbindenden Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe beantwortet, was der γραμματεύς als Gesprächspartner mit Beifall aufnimmt, wiederholt und durch die Gegenüberstellung von Liebesgebot und Opferdienst in seiner Bedeutung hervorhebt. Darauf bestätigt Jesus ihm die »Verständigkeit« seiner Antwort und sein Nichtfernsein vom Reiche Gottes. Jeder der beiden Gesprächspartner spricht in dem zweifachen Gesprächsgang die in Frage stehende Grundwahrheit aus, ja, dem jüdischen Schriftgelehrten ist es vorbehalten, in Konsequenz dieser Wahrheit die Kritik an den kultischen Opfern hinzuzufügen. Die Absicht dieses zu voller Übereinstimmung Jesu und des Schriftgelehrten führenden Gespräches ist deutlich diese, den Einklang der Antwort Jesu mit dem recht verstandenen jüdischen Gesetz und die innere Verwandtschaft und Nähe dieses geläuterten Gesetzes Verständnisses und der Reich-Gottes-Botschaft Jesu zu erweisen. Das unserem Text zu Grunde liegende Gesetzesverständnis läßt sich, wie im folgenden deutlich werden soll, aber näher bestimmen. Offensichtlich spricht sich in ihm das hellenistische Judentum aus; zu seinem Sprecher ist der γραμματεύς von dem Evangelisten gemacht. Freilich nicht schon die Frage nach dem ersten und größten Gebot weist in das hellenistische Judentum hinein. Sie ist auch dem palästinischen Judentum nicht fremd und ist als gestellte Frage für Jesu Verkündigung mit Sicherheit vorauszusetzen. Nicht so sicher ist, ob auch Jesu Antwort — die Verbindung von Gottes- und Näch-

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G. B o r n k a m m

stenliebe — schon einer in dem Judentum seiner Zeit und Umwelt gegebenen Antwort entspricht. Die Möglichkeit, daß auch ein Jude bereits so antworten konnte, ist zwar nicht von der Hand zu weisen, wie denn Lukas dem νομικός die Worte in den Mund legt, die nach Markus/Matthäus Jesus spricht. Indessen gehen die etwa anzuführenden Belegstellen nicht darüber hinaus, der Tora mit ihrer Unzahl von Verboten und Geboten gelegentlich eine knappe Zusammenfassung zu geben, wie Hillel in der goldenen Regel1 oder Akiba im Gebot der Nächstenliebe (Lev 19 is)2. Aber das sind offensichtlich pointierte pädagogische Grundregeln, nicht in einem prinzipiellen und erschöpfenden Sinn gemeint3. Zugespitzt ließe sich sagen, daß zum Prinzip des jüdischen Gesetzes Verständnisses gerade die Ausschließung und Abwehr der Frage nach einem Prinzip des Gesetzes im ganzen gehört. So sind auch die mancherlei Reflexionen über schwerere und leichtere, gewichtige und geringe Gebote — entsprechend die Bestimmungen über Kapitalsünden (Götzendienst, Unzucht, Blutvergießen usw.) — wie auch die Unterscheidung von »Grundgeboten« und »Satzungen« nur ein Produkt der kasuistischen Praxis, aber bedeuten in keinem Fall ihre Aufhebung. Kein Jude darf die »Satzungen« mit geringerem Respekt behandeln*. Die Zusammenfassung der ganzen Tora in dem Gebot der Gottesund Nächstenliebe ist also doch mit Markus und Matthäus als das Besondere der Verkündigung Jesu zu bezeichnen, wenn auch vereinzelt das Judentum zu knappen paränetischen Weisungen wie Test. Isasch. 5, 2 »liebt nur den Herrn und euern Nächsten« imstande sein mochte5 und jedenfalls Jesu Wort den Juden unter die Autorität des Schriftwortes ruft, unter der der Jude immer schon steht. Jesu Wort bedeutet also nicht die Einführung eines neuen Gottesgedankens und einer neuen moralischen Idee. Völlig fern liegt ihm das im hellenistischen Judentum wirksame Motiv, das Gesetz als vernünftig zu erweisen und damit faktisch das in der Schrift gegebene Gesetz nach den Kriterien der Vernunft zu messen. Die Spuren eben dieses hellenistisch-jüdischen Denkens sind aber nun deutlich in der Markus-Perikope zu erkennen. Bezeichnend ist hierfür bereits die Eingangsformel des Sch'ma Israel (Deut 64), die Mc 12 29 in Jesu Antwort auf die Frage nach 1

b Schabbath 31a. Weitere Parallelen bei Bousset, Religion des Judentums, 3. Aufl., S. 138; Billerbeck I S. 460. 2 Sifr Lev 19 18. Zum Verständnis dieser und der unter Anm. 1 genannten Stelle vgl. Billerbeck I S. 357f. 3 Über die Frage nach dem »ersten« Gebot vgl. J. Abrahams, Studies in Pharisaism and the Gospels I, 1917, S. I8ff.; Ε. Lohmeyer, Das Evangelium des 4 Markus (195111), S. 260. Näheres bei Billerbeck I S. 901 ff.: TTT S. 36f. • Vgl. auch Test. Benj. 3, 8.

Das Doppelgebot der Liebe

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dem höchsten Gebot begegnet, und ihre Hervorhebung in dem bestätigenden Wort des Schriftgelehrten v. 32. Man wird an der Formulierung v. 32 beachten müssen, daß sie Jesu Wort in zwei Sätze zerlegt, und zwar nicht, wie man erwarten sollte, den beiden Geboten Deut 6 5 und Lev 19 18 entsprechend, sondern so, daß der Eingang des Sch'ma, hier in freier, wenn auch in sich gut jüdischer6 Paraphrase wiederholt, als erster Lehr- und Grundsatz der jüdischen Religion formuliert wird: Gott ist einer und es gibt keinen außer ihm. Ihm folgt, syntaktisch von dem ersten abgehoben7, als zweiter Grundsatz: Gottes- und Nächstenliebe gelten mehr als Opfer. Damit wird dem »monotheistischen« Bekenntnis eine eigene, starke Betonung gegeben. Der Glaube an einen Gott im Gegensatz zu aller heidnischen Vielgötterei ist hier das Grundgebot. Von v. 32 aus wird deutlich, daß Deut 6 4 in Mc 12 29 also nicht nur als die jedem Juden geläufige Einleitungsformel zum Gebot der Gottesliebe verstanden werden darf. Es versteht sich, daß das Sch'ma Israel diese Ausdeutung und Verwendung erst im Diaspora-Judentum und also auf griechischem Sprachboden8 erhalten konnte. Ursprünglich hat es diesen religiösweltanschaulichen Sinn nicht, sondern ist das wohl schon im Tempelkult, sicher aber im Gottesdienst der Synagoge und im Gebet jedes männlichen Israeliten beheimatete Bekenntnis, das die Exklusivität des Herrschaftsanspruches Jahwes, die Erinnerung an die Israel widerfahrenen Wohltaten und die Verbindlichkeit der göttlichen Gebote ausspricht9. Von hier aus ist es darum durchaus nicht selbstverständlich, daß der Eingangssatz des Sch'ma unter Verselbständigung seines Inhaltes wie in unserer Perikope im Rahmen einer Antwort auf die Frage nach dem höchsten Gebot erscheint10. Tatsächlich versagen hier auch die rabbinischen Parallelen. Auf palästinischjüdischem Boden lassen sich einzig Reflexionen und Äußerungen darüber erwarten und belegen, daß das R e z i t i e r e n des Sch'ma ein oberstes Gebot11 und der ganze Dekalog in ihm zusammengefaßt • Beachte die Vermeidung des Gottesnamens. Zu ούκ Ιστιν άλλος vgl. Exod. 7 Das doppelte dycnräv ist Subjekt des zweiten Satzes. 8 Die LXX spiegelt und befördert diese Deutung von Deut 6 4 durch die Wiedergabe des Gottesnamens mit dem Appelativum κύριος und die prädikative Fassung von *ΤΠΚ tant que refuge ou abri tutelaire. La comparaison avec l'arabe peut etre d'autant plus interessante qu'il a remplace, dans les contrees bibliques, lesautres parlers semitiques, et qu'il en a conserve l'echo, dans les noms de lieux en particulier. C'est ce qui apparait en Syrie-Palestine, oü les sites portant le nom de ^ l i ou serrant de pres les formes de ja rencontrees, d'une racine commune, sont ou bien des promontoires rocheux, ou bien des rochers caverneux. Un exemple precis et typique du premier cas nous est offert par le Um^JUI C-oJÜ, le chateau du roc, forteresse legendaire du Vieux de la Montagne, sur un eperon, au confluent de trois vallees profondes, entre Horns et Lattaquie. Mais il faut constat er que le terme de t w i ^ vise egalement 1'entree en caverne, du seul chemin d'acces creuse dans le rocher47. Le second cas oü cette derni£re observation nous conduit de ja, se rencontre sans melange dans un autre c-m*^ en Transjordanie, ä une quinzaine de kms au Sud de Amman48. II s'agit ici de la roche creuse et creusee, dont les grottes sont devenues des tombeaux. Une legende analogue ä celle des Sept Dormants s'y rattache. D'autre part, les Sept Dormants sont appeles en arabe: les Sept de la caverne (les Sept qui ont trouve asile dans la caverne l-jIx^oi49. Un exemple analogue ou sur cette ligne semantique, v-m-^ deviendrait 1'asile sepulcral, la tombe creusee dans le rocher, semble avoir ete signale en Arabie50. Mais, d'autre part, en Afrique du Nord, et notamment en Algerie et en Tunisie, oü de nombreux sites portent le nom de c'est la premiere acception, celle de bloc ou promontoire rocheux, dominant et puissant, qui semble avoir prevalu. Le cas le plus typique est celui de la ville d'El Kef, ^ b ü l , en Tunisie, l'ancienne Sicca Veneria, construite sur une hauteur commandant l'OuedMellegue51. 4

· Ainsi, au sens de fulmina: Ps 77 18; de littus, ripa: Gen 22 17, Jos 4 18, Jes 19 7. Cf. supra, note 44, Die. cit., k Κ5Έ . 47

Cf. Guide de Syrie Palestine, Iraq, Transjordanie, p. 255, Paris 1932 (les 48 guides bleus). Ibid. p. 641. 4 · Cf. H. A. Salmon«*: Arabic Dictionary, vol. I, p. 889, London 1890 (i-JM^)· 80 Cf. G. Dalman: Neue Petra-Forschungen und der heilige Felsen von Jerusalem, p. 61, Leipzig 1912. Cf. Bei Kassem Ben Sedira: Dictionnaire de l'arabe par Ιέ en Algirie et Tunisie, Alger 1886 (^jli). Sur El Kef, et les sites portant le nom de eil* - , cf. Guide Bleu Alg^rie-Tunisie, pp. LXXII, 508—510, et table des matteres, Paris 1950. On y trouvera la description, de 17 lieux, tous en crete, eime, falaise ou promontoire rocheux.

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Η. Clavier

2. P o u r q u o i Symeon a - t - i l έίό surnomme Kepha? Le moment ou Symeon, de Bethsaida, a 6t6 surnomme Kepha η'est pas indifferent pour determiner la nuance de cette appellation et le jeu que le grec a voulu rendre en traduisant Πέτρος — πέτρα58. Si, comme nous le pensons, la tradition johannique est ici fiddle68, c'est d6s sa premiere vocation que Symeon a reήμα καθ' όλης της 'Ιουδαίας, άρξάμενος άττό της Γαλιλαίας μετά τό βάπτισμα δ έκήρυξεν ' Ιωάννης, Ίησοΰν τον άττό Ναζαρέθ, ώς εχρισεν αυτόν ό θεός πνεύματι άγίω και δυνάμει, δς διήλθεν ευεργετών και ίώμένος πάντας τοϋς καταδυναστευομένους ίπτό του διαβόλου, δτι ό θεός ή ν μετ' αύτου* και ημείς μάρτυρες ττάντων ών έττοίησεν εν τε τη χώρα των 'Ιουδαίων και 'Ιερουσαλήμ· δν και άνεϊλαν

κρεμάσαντες επί ξύλου (Act 10 37-39) sowie die noch viel kürzere Fests t e l l u n g : τοις συναναβασιν αύτω άπό της Γαλιλαίας είς 'Ιερουσαλήμ

(Act 13 31). Die Annahme liegt nicht fern, daß es sich hier um einen 3

Siehe hierzu R . H. Lightfoot,

S. 48ff. 4

Dodd, a. a. O. S. 17ff.

The Gospel Message of St. Mark

(1950),

Η. Riesenfeld

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ursprünglichen Grundzug des Lebens Jesu handelt, der schon die frühesten Stadien der Evangelientradition beherrschte. Perikopen mit ausdrücklicher geographischer Verankerung (ζ. B. die Kapernaum-Erzählungen in Kap. 1, das Ereignis im Jüngerkreise bei Cäsarea Philippi, 827ff. und das von Jerusalem mit Umgebung Berichtete, Kap. 11—13) sind wohl von Anfang an mit den betreffenden Abschnitten des Lebens Jesu in Verbindung gebracht worden 6 . Neben der genannten Gliederung, welcher der wirkliche oder der stilisierte Verlauf des Lebens Jesu zugrunde liegt, läuft jedoch eine andere, die systematischer oder christologischer Art ist und einen deutlichen Einschnitt zwischen 8 2β und 8 27 aufweist. Nach der Einleitung, die das Auftreten des Täufers und die Taufe Jesu umfaßt®, kommt der erste Hauptabschnitt, der sich mit der Überschrift »Der Menschensohn und Israel« kennzeichnen läßt 7 und der seinerseits sowohl die Schilderung der Wirksamkeit Jesu als auch die des sich gegen ihn erhebenden Widerstandes enthält (1 u—8 2β). Der zweite Hauptteil vor der Leidensgeschichte, der sich über die Kap. 8 27— 13 87 erstreckt, behandelt das Thema »Der Messias als Lehrer und Richter«, wobei die erste Unterabteilung, 8 27—10 52, durch das Petrusbekenntnis in der Gegend von Cäsarea Philippi und die Verklärung eingeleitet wird und dann hauptsächlich die Unterweisung der Jünger durch ihren Meister, den Messias, beschreibt, während die zweite Unterabteilung, 1 1 1 — 1 3 37, mit der messianischen Demonstration des Einzuges in Jerusalem anhebt, um dann zur Unterweisung über Vollmacht und Vollendung überzugehen, die ihrerseits die Vorbereitung der Leidensgeschichte darstellt. Diese letztgenannte Gliederung läßt sich unzweifelhaft als das Ergebnis theologischer Reflexion des Evangelisten oder seiner Vorgänger bezeichnen. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Sammlung und Formung des Stoffes in der ersten Unterabteilung des zweiten Hauptabschnittes, also 8 27—10 52, sozusagen die Situation der Kirche nach Ostern und Pfingsten voraussetzen. Im Unterschied vom ersten Teil des Evangeliums, in dem die Krafttaten und das predigende Auftreten Jesu und seiner Jünger in Galiläa im Vordergrund stehen, ist in dem darauf folgenden Abschnitt vor allem die Rede von der Unterweisung der Jünger, die über den Weg der Nachfolge und das Leben in der Gemeinschaft belehrt werden 8 . Daß diese Konzentration des für die Gefolgschaft bestimmten Lehrstoffes sich nicht im ursprünglichen Uberlieferungsstoff vorfand, sondern das Zur Rekonstruktion des historischen Ablaufes der Wirksamkeit Jesu siehe T. W. Manson, The Servant-Messiah (1953), S. 65ff., 77ff. • Siehe darüber Lightfoot, a. a. O. S. 16ff. 7 A. Fridrichsen, Markusevangeliet (19521. S. 41. 8 Vgl. ζ. B. Lightfoot a. a. O. S. 13 8

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Tradition und Redaktion im Markusevangelium

Werk der ordnenden Hand des Evangelisten ist, läßt sich an einigen charakteristischen Einzelheiten zeigen9. Wäre die Scheidung zwischen dem wunderwirkenden und dem den immer ungläubigeren Galiläern predigenden Jesus einerseits und dem seine Jünger lehrenden Meister und Messias andererseits bis ins einzelne konsequent durchgeführt, so müßte sich dies auf das Vorkommen einer solchen Wortgruppe wie der von διδάσκειν auswirken. Wörter dieses Stammes oder dieser Bedeutung müßten dann nämlich hauptsächlich in dem inhaltlich zweiten Hauptteil des Evangeliums zu finden sein. Indessen ist dem nicht so. Schon vom ersten Kapitel an heißt es bei Markus, daß Jesus lehrte und daß er dies »mit Macht« tat: in den Synagogen und vor dem Volke trat er als Lehrer auf, und dabei wird das Lehren nicht als gleichbedeutend mit der prophetischen Verkündigung betrachtet10. Von seinen Begleitern wurde er demnach mit dem Titel »Lehrer«, d. h. als Rabbi angeredet11. Die ausgesandten Jünger, die den Auftrag hatten, die Tätigkeit ihres Meisters zu repräsentieren, werden auch als lehrend bezeichnet12. Bei alledem ist es indessen charakteristisch, daß im ersten Teil des Evangeliums das Lehren zwar des öfteren genannt, aber in keiner Weise inhaltlich beschrieben wird. Von dieser Regel gibt es nur eine, allerdings bedeutsame Ausnahme, nämlich die Sammlung der Himmelreichsgleichnisse in Kap. 4. Diese Art der Unterweisung ist demnach unauflöslich mit dem Auftreten Jesu vor der Bevölkerung Galiläas verbunden. Im Unterschied hiervon läßt es sich dagegen feststellen, daß von Mc 8 27 ab das Lehren Jesu in der Darstellung des Evangelisten einen konkreteren Inhalt aufweist. Schon rein äußerlich tut sich dies darin kund, daß nunmehr das Verbum διδάσκειν wo es vorkommt, syntaktisch eine nähere Bestimmung erhält. Diese kann ein Akkusativobjekt 18 oder ein durch δτι eingeleiteter Aussagesatz sein14. Anderweitig werden Jesusworte mit einer Angabe eingeleitet, daß es sich um eine Unterweisung von selten Jesu handelt16. Eine allgemeine, dem Inhalt nach nicht näher bestimmte Angabe über das Lehren Jesu kommt im zweiten Teil des Evangeliums nur einmal vor, und zwar * Über die Systematisierung des Traditionsstoffes bei Markus siehe vor allem Lightfoot S. 31—47. 1 0 διδάσκειν Mc I21.22 2 i 8 4 1.2 6 2 . 6 . 3 4 . — διδαχή Mc I22.27 4 2. — Der Gebrauch von διδάσκειν unterscheidet sich merklich von dem von κηρύσσειν. Die Verbindung mit einem Objekt wie τό εύαγγέλιον sowie mit dem Begriff μετάνοια (612) und ferner die Parallelisierung mit Wundertaten ist nur bei dem letzteren denkbar. 1 1 διδάσκαλος Mc 4 88 5 85 et passim. — £αββί Mc 9 5 10 51 1121 14 45. « Mc 6 80. » Mc 1214. " M c 8 81 981. u Mc I I 1 7 12 86.88; Tgl. 101. Ntl. Studien f. Bultmann

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Η. Riesenfeld

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um das Eingreifen der leitenden Kreise der Hauptstadt angesichts des Erfolges der Lehrtätigkeit Jesu anzudeuten 16 . Was besagt dieser Befund? Unzweifelhaft ist die Lehrtätigkeit Jesu in dem ursprünglichen Traditionsstoff fest verankert und dort sowohl für die Zeit des Wirkens in Galiläa wie auch für die Wanderungen in Judäa und die Tage des letzten Aufenthaltes in Jerusalem bezeugt. Jesus war nicht nur Vei künder der guten Botschaft vom Himmelreiche im prophetischen, proklamativen Sinne, sondern er war auch Lehrer, der, an die Lehrtraditionen seines Volkes anknüpfend, in den Synagogen, im Kreise von Anhängern und Jüngern oder in den Säulengängen des Tempels unterweisend, auslegend und erziehend wirkte 17 . Mit diesem von der Überlieferung gebotenen Bilde kreuzt sich jedoch die Intention des Redaktors, den überkommenen Stoff zu systematisieren, wobei er eine Zweiteilung etwa im Sinne von »Appell und Gefolgschaft« durchzuführen sucht. Die urkirchliche Entsprechung, die wahrscheinlich zu dieser Systematisieiung beigetragen hat, begegnet uns in der Zweiheit von Missionspredigt und Gemeindeunterricht 18 . Das Eigentümliche ist nun, daß der letztere augenscheinlich auf die Art, wie Markus die Unterweisung der Jünger durch Jesus darbietet, abgefärbt hat, während Krafttaten und Gleichnispredigt Jesu einerseits und die kerygmatische Verkündigung der Urkirche andererseits sich in diesem Falle nur schematisch entsprechen. Abgesehen von dem, was sich aus dem Bericht über das Petrusbekenntnis bei Cäsarea Philippi rein historisch rekonstruierend über die Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Jüngern und ihrem Meister entnehmen läßt 1 9 , so kommt den Worten des Petrus: συ et ό χριστός (Mc 829), im Hinblick auf den Inhalt der folgenden Kapitel ein ähnlicher Platz zu wie in der Situation der Urkirche dem Taufbekenntnis, welches das Eingangstor zum internen Unterricht im Rahmen der einzelnen Gemeinden bildet 20 . E s ist wohl auch kein Zufall, daß der kirchlich bedeutsame Titel χριστός bei Markus, von der Einleitung (1]) abgesehen, erst von der Cäsarea-Philippi-Perikope ab vorkommt 21 . Bezeichnend ist in dieser Hinsicht die Ausdrucksweise ότι Χρίστου έστε (9 4i), die wohl direkt die Ausdrucksweise der Mc 11 is; vgl. 14 49. Vgl. Κ. H. Rengstorf, διδάσκω, Theol. Wörterbuch zum NT, Bd. 2 (1935), S. 138ff. 1 8 Siehe hierüber jüngstens K. Stendahl, The School of St. Matthew (Diss. Uppsala 1954), S. 13ff. 1 9 Diese Problematik behandelt Τ. W. Manson a. a. Ο. S. 71f., sowie Journ. of Theol. Stud., N. S. 2 (1951), S. 201. 2 0 Vgl. vor allem Act 8 37 und siehe dazu Ο. Cullmann, Les premieres confessions de foi chr0tiennes (2e 1948), S. 14ff. 1 1 Daher wohl in Mc 1 34 (u. a. BWG) nicht ursprünglich. 18

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Tradition und Redaktion im Markusevangelium

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Kirche spiegelt. Ohne daß hier auf den Inhalt der Didache-Kapitel bei Markus näher eingegangen wird, möge nur die für den urchristlichen Unterricht charakteristische Verbindung von Christologie und ethischer Unterweisung bzw. Paränese hervorgehoben werden. Mehr für sich steht das Kapitel des eschatologisch-apokalyptischen Unterrichts (Mc 13), welches indessen auch seinerseits das Lehren Jesu mit dem Lehren der Kirche verbindet. Zu den kleinen Inadvertenzen. die angesichts der ordnenden Absicht des Evangelisten die Beharrlichkeit des Traditionsstoffes zeigen, gehören im didaktischen Teil die Angaben über die Hörer, an die sich die Unterweisung Jesu richtet. Der Gruppierung und Formung des Materiales angemessen wäre es, wenn ausschließlich die Jünger als die Empfänger der Lehre genannt wären. Dies ist in einigen der in Fi age kommenden Perikopen der Fall 22 . In anderen jedoch wendet sich Jesus außer an die Zwölf auch an »die Scharen«, die ihm folgen, und dies auch in Worten über die Nachfolge, die sonst schon die Prägung der kirchlichen Situation tragen 23 . Die notwendige Folgerung kann hier nur wieder die sein, daß die vor der Arbeit des Evangelisten liegende Überlieferung nicht eine exklusive Konzentration des Unterrichts Jesu auf die »kirchliche« Erziehung des engeren Jüngerkreises kannte. Die soeben an einigen Punkten dargelegte redigierende Arbeitsweise des Markus kann auch von einer anderen Seite aus ergänzend beleuchtet werden. Die Mehrzahl der Belichte über Wunder Jesu findet sich im Markusevangelium bekanntlich in dem bis 8 26 reichenden ersten Hauptteil, wo sie den gewichtigsten Zug des Bildes vom Auftreten und Wirken Jesu bilden. Wie kommt es aber, daß Markus — wenn es mit der bei ihm angenommenen Gliedeiung des Stoffes eine Bewandtnis hat — doch auch in dem didaktischen Abschnitt Wundererzählungen unterbringt ? Die Antwort ergibt sich aus einem Blick auf die betreffenden Perikopen: die Heilung des epileptischen Knaben (9 14-29), die Heilung des blinden Bartimäus (10 46-52) und die Verfluchung des Feigenbaumes (1112-14. 20-25). Die Erzählung vom epileptischen Knaben hat ihre Eigentümlichkeit darin, daß sie nicht nur vom Wunder und vom Glauben der durch das Wunder Berührten handelt, sondern daß in ihr in apophthegmatischer Form das Problem angeschnitten wird, inwiefern auch die Jünger Wunder zu vollbringen vermögen (9 18. 28f.). Es ist zu vermuten, daß Markus gerade wegen des Vorkommens dieser Problematik die Perikope in den Zusammenhang der Lehre über die Jüngerschaft gebracht hat. Die Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaumes wiederum hat ihren M

Μ

Zum Beispiel Mc 831 9 28. 31.83 u . a .

Mc 8 34 101.17.46. 11*

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R i e s e n f e l d , Tradition und Redaktion im Markusevangelium

geeigneten Platz im Zusammenhang der unter dem Vorzeichen der κρίσι$ stehenden messianisch-eschatologischen Aussagen und Demonstrationen der Kap. 11 und 12. Bleibt nun noch die Heilung des Bartimäus, die ja eine reine Wundergeschichte ohne ein auffälliges Jesuswort ist. Wieso dann deren Vorkommen im didaktischen Teil ? Aller Wahrscheinlichkeit ist die Erklärung in der geographischen Verankerung der Erzählung zu suchen: sie war eben unauflöslich mit der Gegend von Jericho verknüpft (10 4β). Aus diesem Grunde konnte der Evangelist sie nicht in dem nach Galiläa und angrenzenden Gebieten verlegten ersten Teil seiner Disposition unterbringen, demjenigen, der sonst von den verkündenden Taten Jesu handelt. Stattdessen mußte sie im Rahmen des Beiichtes über den Zug nach Jerusalem ihren Platz finden, obwohl sie damit aus dem systematischen Zusammenhang herausfällt. Dies bedeutet also wiederum eine Konzession von selten des Evangelisten an die ihm vorliegende Überlieferung. Die eingangs postulierte Erscheinung bestätigt sich: die festen Daten der Tradition und die theologischen Intentionen der Redaktion lassen sich nicht ohne weiteres vereinen, sondern sie überschneiden sich hier und dort und geben den Anlaß zu Inkonsequenzen. Gerade dies schenkt uns indessen eine Möglichkeit, das für die Literaturart der Evangelien kennzeichnende Ineinander von Geschehnis und Deutung plastisch greifbarer zu erfassen.

The Structure and Significance of Luke 24 by Paul Schubert (New Haven, Conn., 409 Prospect Street)

Few writings of the New Testament yield as much evidence for the use of "sources" of all kinds and of conscious structural-literary propensities on the part of the author as does the two-volume work Luke-Acts. The elaborate over-all prologue to the whole work (Lc 11-4 J1 deserves all the attention it has received from modern scholarship. It is, no doubt, purely conventional (chiefly Hellenistic but also Septuagint-"Biblical") in its syntactical structure and in its tenor. It is also quite original as regards the meaning of every major clause, phrase and term, and indicative of the literary methods and theological purposes of the whole work. Equally prominent and unmistakable is the obvious and close literary transition from volume I (Lc 24 50-53) to volume II (Act 11-4), however obscure and puzzling, textually, grammatically and exegetically, its details have proved to be2. Furthermore, both the (Lucan) Gospel (11—4 so) and Acts (11—4 31) have substantial introductory sections in which by deliberately planned statements of basic interests and propositions the full stage is set for what is to follow. For a long time classical works like The Beginnings of Christianity and The Making of Luke-Acts3 have dealt definitively with the structural, formal features of Luke-Acts and with its interpretation generally. Creed's commentary on the Lucan Gospel4 and Bauernfeind's on Acts 6 made profitable use of these and other studies. More recently, due to a notable combination of interests, new life has come to the study of Luke-Acts. These new studies are characteristically con1

See the basic analyses in The Beginnings of Christianity, edd. F. J. Foakes Jackson and K . L a k e , I —V (New York, 1920—1933), II, pp. 489—510 (Commentary on the Preface of Luke, by H. J. Cadbury); ibid., 133—204, vol. V, pp. 1—7, Άηά passim. H. J . Cadbury, The Making of Luke-A cts (New Yorkl927), esp.pp. 194—201. (The general line which thepresent analysis follows was laid down ibid,., pp. 302— 305.) More recently Cadbury added some important details (especially on the phrase τταρηκολουθηκότι δνωθεν ττασιν) in a paper read in New York (see the notice in J B L 71 (1952), XVII, "Lexical Notes on Luke-Acts". 1 See Beginnings of Christianity, IV, ad loc. 3 For t h e bibliographical data see in. 1. 4 J . M. Creed, The Gospel According to St. Luke (London 1930). • O. Bauernfeind, Die Apostelgeschichte (Leipzig 1939).

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cerned both with detailed literary-structural analysis and with the content and purpose of the two-volume work as a whole. Especially in the study of Luke-Acts it has become more and more obvious that textual and "source" criticism, structural and literary analysis, and exegesis must be pursued together, since both methods and findings in all these aspects of the interpretative task constantly bear on one another. Dibelius' interest in Acts first came to light in 1923®, and was effectively sustained to the end of his life 7 . His chief, though not exclusive, interest was the application of the formgeschichtliche method to the study of Acts. Partly under Dibelius' influence and of the renewed and reshaped interest in "history" and "theology of history" several other studies have recently been produced by Morgenthaler, Vielhauer and Conzelmann8. Important contributions are made by all three. None of the studies here listed, inspite of their central interest in the structural analysis of Luke-Acts has asked the question with regard to the literary significance of Luke 24 and Acts 28. More precisely the question is whether these two final chapters of the two parts of the whole work constitute or contain anything which may or should be regarded as a conscious literary conclusion and as a theological climax. Is it that the excusable preoccupation with the "prologue" and the "transition" have prevented interpreters from asking t h i s question ? Or is it that there are here no literary conclusions or theological climaxes ? Or is it that conclusions and climaxes are of such a • »Stilkritisches zur Apostelgeschichte«, in Eucharisterion für Η. Gunkel (Göttingen 1923), II 2 7 - 4 9 . 7 These excellent studies, extending from 1923 to 1948, were edited by H. Greeven as Aufsätze zur Apostelgeschichte (Göttingen 1953). An English translation is planned by the S. C. M. Press (London). 8 R. Morgenthaler, Die Lukanische Geschichtschreibung als Zeugnis, 2 vols. (Zürich 1948). Ph. Vielhauer, Zum Paulinismus der Apostelgeschichte, Evangelische Theologie 10 (1950/51), 1—15, and Das Benedictus des Zacharias, ZThK 49 (1952), 255—272. H. Conzelmann, Zur Lukasanalyse, ZThK 49 (1952), 16—33, and Die Mitte der Zeit ·. Studien zur Theologie des Lukas (Tübingen 1953). — Morgenthalers' thesis of "double-witness" is often helpful. Conzelmann's thesis that Luke-Acts advocates a salvation-history scheme of three periods (Israel and the Law; Jesus' witness to the Kingdom of God — dieMitte der Geschichte —; the age of the Church and the Spirit) is well-argued and very suggestive. (Does it make Luke's theology of history even more schematic than it is, and add to it an esoteric side which it does not have ?) — Vielhauer's earlier essay ably reassesses Franz Overbeck's question (ZWTh 15 (1872), 305—349) as t o the "Paulinism" of Acts, in the light of present-day research. — In spite of considerable differences in outlook all three studies contain a wealth of fresh literary and exegetical analyses and solid conclusions.

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nature as to affect the modern interpreter as inconclusive and as anti-climactic ? This essay addresses itself to these and related questions. The data suggest the following procedure. First we ask what are the decisive elements which determine the literary structure of Luke 24 1-53 (1). In (II) we assess the literary and material significance of our findings (A) and relate these in turn to the relevant data throughout Luke-Acts, especially to Luke, chapters 1—9 (B). I Whatever one may think about the ending of Mark, this gospel, from the point of view of literary structure, achieves a simple and effective conclusion with the story of the empty tomb (15 47—16 s). It functions as a climax which is consistent with and satisfactory in view of everything which led up to it. Matthew adds to the story of the empty tomb (28 i-ιο) an account of the measures taken by highpriests and elders (vss. 11-15; cf. also 27 62-ββ), and of Jesus' appearance to the eleven disciples in Galilee, where Jesus delivers the Great Commission to the Gentiles (vss. ie-20), — a climax of great literary effectiveness. All church history testifies to its religious and historical effectiveness. Luke also begins his "conclusion" of the gospel with the story of the empty tomb (23 55—2411). As usual, both Matthew and Luke omit and transpose Marcan details, but Luke here goes further even than he usually does by giving to the whole story a meaning which is quite different from the meaning which the Matthean, the Marcan and the "original" versions share. In these latter versions the point is not so much to report the physical resurrection as an historical inference from the "historical" fact of the empty tomb, but to convey the assurance by the νεανίσκος (Mark) or by the άγγελος (Matthew) that Jesus was raised from the dead (ήγέρθη), and that he is preceding "the disciples" to Galilee (Mc 16 6-8 Mt 28 5-8). Luke (24 4-11) makes the following singular points: (1) the women were at a loss (άττορείσθαι) on their finding the stone rolled away and the tomb empty (vs. 4a); (2) two men "in dazzling apparel" (angels; see vs. 23) take the place of the one angel or young man. (Morgenthaler correctly explains the change by reference to Luke's predilection for "double witness" 9 .) The first statement of the two men is in the form of a question: "Why do you seek the living among the dead?" With this simple and profound rhetorical question Luke (in contrast to Mark and especially to Matthew 27 62—2815) noticeably diminishes the interest in the • op. cit., I, pp. 98. 181; II,

PP. 7 - 1 0 .

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empty tomb as providing by itself direct or even inferential evidence for the fact of Jesus' resurrection. (3) This is followed by the most noteworthy and positive change which Luke makes in the story of the empty tomb; the two men go on to say: "Do remember how he told you, when he was still in Galilee, that the Son of Man must be delivered (δει παραδοθηναι . . . σταυρωθηναι . . . άναστησαι) into the hands of sinful men, and be crucified and on the third day rise'. And they remembered his words, and returning from the tomb they told all this (ταύτα πάντα) to the eleven and to all the rest. It was Mary Magdalene and Joanna and Mary the mother of James and the other women with them [all of whom had come from Galilee with Jesus; see 23 55] who told this to the apostles." The two angels, instead of testifying (like Mark and Matthew) that "he is not here; he is risen"10 are made to pronounce what is one of Luke's most central ideas, which will come to our attention again and again. It is no accident that Luke in the gospel calls the twelve "apostles" (in five other passages) and that the term is confined to the twelve (28 occurrences in Luke-Acts; no occurrences in Acts 17—28 as over against 23 occurrences in Paul's homologumena11). Only in 14 14 are Barnabas and Paul spoken of as apostles (with deliberate, emphatic casualness?). (4) Vs. n : "but these words [the report of the women to the eleven apostles] seemed to them an idle tale, and they did not [or: could not bring themselves to12] believe them". We shall see that this statement too (preceded by άπορεΐσθαι αύτάξ, v. 4) is a stage within a progressive climax. The length, the vividness and the details of the Emmaus story (vss. 13-85) furnish a first indication that this account dominates the whole of Luke 24. The immediately following appearance of Jesus to the "eleven" and "the others" (ot λοιποί) is inseparably linked to it in several ways. Thereupon the gospel closes (50-53) with a brief but impressive statement of Jesus' departure, or rather disappearance18 10

D and it, at the beginning of Luke 24 6 read ούκ Ιστιν ώδε, άλλά ήγέρθη. Our interpretation decisively supports the evidence that this is a "Western", harmonizing interpretation. Vs.23 also implies that vs. 6a did not belong to the Lucan text. 11 In Paul's homologumena (seven letters, excluding II Thessalonians, Colossians and Ephesians) the term is never used of t h e T w e l v e as an exclusive group. In the light of I Cor 12 28 we may well conclude that there is a sharply pointed deliberateness in Paul's omission of άττοστόλοις after δώδεκα in I Cor 15 4. 1! ήττίστουν; conative imperfect ? 13 I am sure that διέστη (άττέστηΌ) άττ' αύτών has the same meaning as does άφαντος έγένετο άττ' αύτών in vs. 31. Vs. 31 expresses the same idea subjectively, vs. 51 objectively. Compare also ϊστη έν μέσω αύτών (vs. 36) with διέστη άττ' αύτών (νβ. 51).

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at Bethany. This last statement is the direct and explicit transition, in form and content, to the second volume. In it are gathered up favorite terms, phrases and ideas which occur through the whole work: ενλογεϊν occurs fourteen times in the gospel (six times in the "infancy stories" and four times in chapter 24) and twice, thematically, in Act 3 25f.14; χαρά is characteristically used in the gospel (eight times) and in Acts (four times); παρρησία in Acts (five times) is closely related to Luke's use of χαρά; for δια παντός see Act 3 25 10 2 and many direct or paraphrastic synonyms; τό Ιερόν is strikingly prominent throughout the two volumes16. What are, more specifically, the elements and interests which dominate the Emmaus story, and, with it, the whole of chapter 24 ? (1) We note that three appearances are recorded in the same close, literary context (vss. 13-49), namely (a) the appearance to Cleopas and his unnamed companion on the way to and in Emmaus, (b) the appearance to Simon (vs. 34) and (c) the appearance to the eleven and "to those who were with them" (vs. 36-49). I Cor 15 5-7 throws some light on this matter of Luke's three appearances. Paul says that Christ "appeared to Cephas, then to the twelve; thereupon he appeared to more than five hundred brethren at once;. . . thereupon he appeared to James and then to all apostles". It is clear that Luke (24 34) and Paul agree that the first appearance of the risen Lord was to Peter (Mc 16 7 seems to hint at the same early tradition), though Luke, in the context of chapter 24, mentions it only briefly and, in spite of Peter's eminence in Acts, only in order to heighten the dramatic effect on the reader of the developments arising from the Emmaus story with its immediate consequences and its significance. It is more difficult (and perhaps impossible) to say whether the third appearance in Lc 24 36ff. has a parallel in I Cor 15 5-7. The parallel in Paul's list could conceivably be the appearance "to the twelve", or "to the five hundred brethren", or "to all apostles". The latter is the most likely parallel, since the term "apostle" is more inclusive in Paul's usage than in Luke's; at the same time Paul here has a smaller and more exclusive group in mind than the five hundred brethren. Thus Paul's appearance "to all apostles" might possibly This characteristic L X X verb occurs only six times (I) in Paul and is equally rare elsewhere in the New Testament. Does Luke's theology, like his language, have a stronger "Biblicistic" ( L X X ) strain, manifesting itself in several ways, than any other New Testament author? Paul, though he lives in the L X X , as Luke does not, is not thus dominated by its vocabulary, syntax and theology. u Conzelmann, op. ext., pp. 60—65 and passim, bases an elaborate and suggestive theory on this observation. — For a different analysis of Lc 24 50-53 see the essay in this volume by Ph. H. Menoud on "Remarques sur les textes de l'ascension dans Luc-Actes". 14

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be thought to cover Luke's "eleven and those who were with them" (24 33; see also vss. 9-10). — It goes without saying that there is no conceivable parallel in I Cor 15 5fi. to the Emmaus appearance. At any rate I Cor 15 5ff. makes clear, at least as far as the appearance to Peter is concerned, that Luke, with all the freedom which he employs as a literary and theological interpreter, works with traditional materials, some of which he must have been at pains to secure, and some of which we are more or less able to classify as early or late, as "reliable" or "unreliable". I incline to think that an older and simpler Emmaus tradition circulated somewhere where Luke came to know it as an independent unit of tradition. Similarly a separate, independent appearance story is back of verses 36-43, but the datum that this appearance was "to the eleven and to those who were with them" (vs. 33) is Luke's own contribution, based on separate information through tradition, to t h i s l i t e r a r y c o n t e x t . (2) The phrase "those who were with" the eleven (vs. 33; see also vss. 10 and 24a) is certainly worth the attention of the exegete. Of course it is possible to argue that Luke carefully uses the phrase because he already had in mind the idea which he develops in his account of the "election" of Matthias (Act 115-26). This account is of thematic importance throughout Acts. It establishes the significance of t h e Twelve. Matthias is chosen to fill the place of Judas Iscariot, "as one of the men who have been going with us all the time that the Lord Jesus went in and out among us beginning from the baptism of John until the day when he was taken up from us". Thus he could "become with us a witness to his resurrection" (Act 1 21 f.), because he was one of "those who were with 'the eleven' " (Lc 24 33; see also the even more specific and fuller "requirements" stated in the first "sermon" addressed to the gentiles, Act 10 27-43). But it can also be argued that these accounts in Acts stand on their own feet, and need no such — partial — advance support. Moreover, it is better to argue that the Lucan phrases (24 9.10 and 33) are an expression of the author's judgment, based on the information which had come his way that there were a great many appearances to individuals, to small and larger and to mixed groups. I n t h i s g e n e r a l r e s p e c t Luke gives a total picture similar to Paul's in I Cor 15 5-7. Moreover, there is evidence elsewhere throughout Luke-Acts that the author's way of working and composing was to fit larger units of tradition (including written sources?) as well as little bits of information diligently collected directly into his account, and to make them subservient to his over-all literary intentions and theological purposes. In fact, these intentions and these purposes too are s t r i c t l y t r a d i t i o n a l and in no sense original and individualistic as was Paul's literary artistry and theology. As an historian Luke no doubt modeled

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himself on the Old Testament (LXX) and, chiefly, on Greek historiography. As a theologian — he in fact must be regarded as one of the most theologically minded among the New Testament authors — he is even more traditional. What his main theological interests are we shall see more clearly in the course of our analysis, but here it is helpful to point out that in his whole two-volume work he gives coherent and effective, even systematic and certainly conscious expression to a type of theology which was becoming increasingly popular in the Hellenistic Christian churches of the late first century A. D. This type of thinking may be regarded as Biblical or Biblicistic, as the case may be; Heb r e w s , I Clement, R e v e l a t i o n and B a r n a b a s , each in its own way, are other variations of t h i s same basic type of theology16. In all of them the LXX is Holy Scripture in a massive sense in which it never was so regarded by Jesus or Paul or the Fourth Evangelist. In short, when Luke set out to produce his work he had "followed all things closely (άκριβως; with keen interest?) for some time past" so that he might give "an orderly account" (καθεξής γράψαι; Lc 1 3), he fully meant what he said and from his point of view we can say that he accomplished this task with a recognizable measure of success. "Following all things with keen interest" and "writing an orderly account" meant for him but, one thing to collect and select traditional material and bits of information and to base on them an account that would make sense, the sense which his own understanding of the Christian faith (όδόζ) made. He did not state these principles as an historian or as a theologian, for he knew nothing of such a distinction; he wrote as one who thought that he could give to others a fuller understanding (έτπγνως) and full certainty (την άσφάλειαν) of things which his intended readers already knew and understood after a fashion. (Lc 11-4; see also Act 1θ3β; here the ύμεΤς οϊδατε and the whole structure of verses 34-44 plainly show that Peter's "sermon" to the Cornelius household is really addressed to the readers of Acts!) 17 . (3) A third aspect of the structure and purpose of the Emmaus appearance in particular and of the whole of chapter 24 in general is what may be called the theological significance which attaches to the appearances as such. What are the data ? 1β

This is the way one might today restate the concern of Franz Overbeck's rightly famous essay Über das Verhältnis Justins des Märtyrers zur Apostelgeschichte, ZWTh 15 (1872), 3 0 5 - 4 9 . See Vielhauer, op. cit. (Ev. Theol.). 17 Modern historians and theologians may and must take Luke t o task without mercy; but they might also profitably ponder the conviction, which all great historians share with him, that there can not be any kind of study or writing of any history without a commensurate order of understanding.

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We have said that for Luke, in contrast to Mark and Matthew, the traditional empty tomb story as such has only slight, if any, significance18. This depreciation is articulated explicitly within the Emmaus story (vs. 24): "And some of our company (τίνες των σύν ήμϊν) went to the tomb, and found it just as the women had said; but him they did not see". There was no appearance at the empty tomb (in contrast to Mt 28 8-10). The effect of the women's report was that the apostles did not believe them (vs. 11). Next we observe that, as regards the appearance at Emmaus, no stress is laid on the significance of the appearance itself. The accent lies on the "recognition scene" in Jesus' blessing, breaking and giving of the bread (vs. 31). Then the eyes of the two travelers, which up to this moment "had been held" from recognizing him (vs. ie), "were opened". It is worth noting that a f t e r their return to Jerusalem they reported (έξηγοΟντο!) what had happened on the road and how he was known to them in the breaking of the bread. I think it safe to conclude that the Emmaus story, as Luke found it, ended with verse 31, which is a very effective and truly dramatic climax of the recognition appearance! We shall soon see (4) that this "original" version was very much shorter and simpler than Luke's. It is in the final, third appearance (vss. 36-43) that the question of the "nature" and significance of the appearance itself is explicitly raised and answered. The suspicion of the beholders that they saw a mere πνεΟμα (or φάντασμα, D Marcion; vs. 37) is dispersed by Jesus' offering his hands and feet to their sight and touch, and then, to clinch the matter (vss. 41-42), he eats a piece of broiled fish before their eyes. The familiar parallels to this appearance-story in John 20 19-20. 27 and 21 5. 9-13 confirm the conclusion that Luke 24 36-43 is as it stands (excepting possibly one or two very minor, verbal changes) a complete, fairly popular and fairly late tradition. There can be no doubt that the early Christians had a vital interest in protesting the judgment that the appearances of the risen Lord were mere phantasmata, although we know that by no means all of them countered the literalistic doubt with literalistic faith. There can be no doubt that Luke shared in the appreciation of traditions which expressed this massive historicizing and naturalistic theology. He makes this clear in another thematically strategic context, Act 10 39-41: "And we are witnesses to all that he did in the country of the Jews and in Jerusalem . . . God raised him on the third day and made him manifest, not to all the people but to us who were chosen by God as witnesses, who a t e a n d 18

This judgment strengthens the case for the omission of the well-attested but doubtful reading which comprises the whole of Luke 24 12. It is a clumsy and unnecessary attempt to fill out the statement of vs. 24».

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d r a n k w i t h him after he rose from the dead". There is at least one unmistakable and important reference here (vs. 4ia) to Lc 24 (vss. 47-48), but the phrase "we ate and drank with him" could at best be regarded only as a very loose inference from Lc 24 36-43 (appearance to the eleven) or from Lc 24 30 (appearance to the two "disciples"). In fact John 211-14 is the only appearance-story in which some few of the disciples are actually reported as having eaten with the risen Lord. To complete the data it is not amiss to refer to a much neglected passage inLc 13 23-27. This obviously late pericope, half dialogue and half parable, contains the phrase, put into the mouth of some followers of Jesus, "we ate and drank in your presence, and you taught in our street" (13 26). This entire complex of data which are no doubt related somehow, hardly allows of a neat, clear-cut and complete genetic or literary explanation. But these important conclusions can safely be drawn, namely that Luke in this case (and presumably in other specific cases) felt free, on the one hand, to draw subjective inferences from data of tradition or not to draw them, and, on the other hand, his mind was filled with connotations of specific traditions which he knew no doubt in several forms. That is to say, sometimes his so-called "inferences" from his own materials may in reality be parts or echoes of near-parallel materials known or unknown to us19. (4) The consideration of the fourth formative and material element which produced and characterizes the structure and function of Luke 24 is the most important one. The various materials of tradition which make up the chapter were not much more than a miscellany of data. The empty tomb story, the Emmaus story and the appearance to the eleven as the three large units have in their "original" version little in common, and little to bind them together, to say nothing of the smaller items of information which we identified. It is the fourth feature which brings these materials together into a whole, in which not only a noticeable degree of literary coherence and effectiveness is achieved but also a substantial massive program is set forth which is no less than the summary of volume I and the skeleton of volume II. Luke pulls the three major items of his materials together by furnishing each of them with the same climax which we may briefly call "the proof from prophecy" that Jesus is the Christ20. 19

C. S. C. Williams, The Date of Luke-Acts, The Expository Times 64 (1953) 283f., tries t o determine the literary history and character of Luke-Acts from data of the kind here referred to. This purely literary-genetic method has no doubt its contributions t o make, but it is no cure-all. As a cure-all the method defeats itself, since t h e data, if they are fully assembled and analyzed, lead t o self-contradictory conclusions which raise new questionable questions. *o This clumsy phrase will be used frequently on t h e following pages, because it is commensurate t o t h e data we are studying. However, the warning should be

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(a) The climax of the story of the empty tomb (vss. 5-9): Here the two angels tell the women: "Why do you seek the living among the dead ? Do remember how he told you, while he was still in Galilee, that the Son of man must be delivered into the hands of sinful men and be crucified and on the third day rise.' And they remembered his words and returning they told all this to the eleven and to all the rest.

It is apparent that for Luke Jesus' own predictions of his suffering, death and resurrection, continuing, confirming and elaborating Scriptural prophecies, are regarded as the d e c i s i v e proof t h a t J e s u s is the Christ, and t h a t God has raised him from the dead. Note that the women remembered these words of Jesus (this is Luke's contribution), but that the apostles, on hearing their report "could not believe" it (vs. 10). This last statement was most likely part of the empty tomb tradition which Luke used. (b) The climax of the Emmaus story: It occupies the whole of the story (vss. 13-31) with the exception of verses 13, 15b, ie, 28-31. These few verses are the only parts left of the "original" story as Luke found it. It is perhaps not possible to reconstruct this earlier form completely, but it is not difficult to see that these few verses contain nearly everything of the original story. It was an appearance-story which was dominated wholly and exclusively by the motif of a recognition scene which is so familiar from ancient mythology, legend and literature. Here are the chief items which show what Luke made of this story (vss. 17-27. 32. 35a): The as yet unrecognized Lord says to the two travelers: "What is this conversation which you are holding?" Cleopas, one of the two, answered: "Are you the only visitor to Jerusalem who does not know what happened there these very days . . . as regards Jesus of Nazareth, who was a prophet mighty in deed and word before God and all the people and how our chief priests and rulers delivered him up to be condemned to death and crucified him . . . " (etc., to vs. 24). added that the proof-from-prophecy theology of Luke-Acts is but the hard rational core of what we should more adequately call Luke's theology of history. To this fact Cadbury has called attention almost twenty years ago in a particularly fine passage of his The Making of Luke-Acts, pp. 302—305.

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And [Jesus] answered them: "O foolish men, and slow of heart to believe all that the prophets have spoken. Was it not necessary (ούχΐ ταΟτα ?δει) that the Christ should suffer these things and enter into his glory ? " And beginning with Moses and all the prophets he fully explained (διηρμήνευσεν21) to them in all the scriptures the things concerning himself. ( v s s . 25-27).

[When they had recognized Jesus] they said to each other, "Were not our hearts burning within us while he was talking to us on the road opening to us the scriptures?" And they rose that same hour and returned to Jerusalem and they found the eleven gathered and those with them, who said, "The Lord has really (δυτως) risen, and has appeared to Simon." Then they themselves told what had happened on the road [i. e., the proof from Scriptures] and how he was known to them in the breaking of the bread (vss. 32-35).

(c) The climax of the Jerusalem appearance: The account of the appearance itself (vss. 36-43) is left essentially unchanged by Luke. But without much ado Luke immediately tacks on to it (the best he could do once he decided to use this account) the following words of the risen Lord: "These are my words which I spoke to you while I was still with you, that all the things written about me in the law of Moses and the prophets and the psalms must be fulfilled." It was then (τότε) that he opened their minds to understand (συνιέναι) the scriptures. He told them: "Thus it is written that the Christ should suffer and on the third day rise from the dead, and that repentance and forgiveness of sins should be preached (κηρυχθήναι) in his name to all nations, beginning from Jerusalem. You are witnesses of these things. 81 Cf. the longer text of D. h, sy1"11« of Acts 18 6, ττολλοϋ δέ λόγου γινομένου καΐ των γραφών διερμηνευομένων.

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P. S c h u b e r t And behold, I send the promise of my father upon you; but stay in the city, until you are clothed with power from on high." (vss. 44-49). And he led them out as far as Bethany, and . . . disappeared from them (διέστη άττ' αυτών) . . . (vss. 50-52).

II A. It is not necessary and possible within the confines of this paper to examine all the details which in the passages just quoted demand attention. It suffices to make the following points: (1) Summing up22 we conclude that Luke's proof-from-prophecy theology is the heart of his concern in chapter 24. It is the structural and material element which produces the literary and the theological unity and climax of the gospel. The editorial devices which Luke employed to achieve this conclusion are, in a general way, clearly discernible. Since this proof-from-prophecy theology is Luke's central theological idea throughout the two-volume work, he had no difficulty or hesitancy in incorporating it into any materials he liked for the purpose, and thus transforming these traditional materials more or less drastically and effectively. (2) From Luke's theological point of view the stories of the empty tomb, of the Emmaus and the Jerusalem appearances, because of their climactic significance (both literary and theological) were especially effective as settings for his proof-from-prophecy theology. Also, they were in need of such support and elaboration. Luke's indifference to the "point" of the traditional story of the empty tomb, and his indirect admission that even appearances by themselves can be explained away, are in his view completely robbed of their force by the assurance that the attested events of the life, death and resurrection of Jesus as the Christ are guaranteed beyond doubt, by the longforetold and on-going prophecies which unfold in history the "will and plan" of God (see Act 2 23 4 28 13 36 20 27). (3) The clearly noticeable, progressive change which begins with the statements of perplexity (vs. 4) and disbelief (vs. 11) and then progresses steadily from the remembering of the words of Jesus (vs. 8) M

We may also mention in passing that the analysis of Lc 24 offered so far may help to clear up some of the numerous and difficult text-critical problems raised in this chapter by the manuscript evidence. Recent studies from many different perspectives seem to point to the conclusion that neither the "Western" nor the non-Western variants represent as a group the better readings throughout.

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to the rebuke of disbelief and the first explanation of scriptural prophecy (vss. 25-27), to the burning of hearts (vs. 32), to the opening of minds to the understanding of the scriptures (vss. 44-46), to the authorization (of the twelve) as witnesses to these fulfilled events, which they are to proclaim in Jesus' name to all nations (vss. 47-48), to the promise of power from above (the Holy Spirit) (vs. 49), and, finally, to the return to Jerusalem with j oy where they continually praised God in the temple (vss. 52-53), — these stages together represent a literary climax of considerable effectiveness, resting upon and giving "heart-warming" expression to Luke's dominant theological conviction23. (4) This theological conviction itself is presented, in its three successive parts, with conscious climactic effect. First, the angels at the empty tomb simply call to mind Jesus' own earlier words on the subject; but they also add in a brief formula the main items of Luke's version of the "kerygma" — passion, crucifixion and resurrection (vss. 5-8; cf. I Cor 15 3-5!). In the second part (see esp. vss. 19-27) the setting (early stage of the Emmaus story) prevents the elaboration of the Lucan "kerygma" beyond the death of Christ; this — quite logically — is furnished in the early chapters of Acts (2 32-34 3 18-21 5 31); but it is extended into the past by including the mighty deeds and words "before God and all the people" (vs. 19; see also Act I 21-25 2 2 2 f f . ; esp. 10 36-39). In the third part (vss. 44-49) (a) "all the scriptures" of vs. 27 are specified as Moses, all the prophets and the psalms; the kerygma includes the proclamation (κηρυχθηναι) (b) of repentance and forgiveness of sins in his name (see also Act 5 31 I I 18 20 21), (c) which is to go to all nations (e. g., Act 2 5 10 35 11 1. is 17 26 18 β 28 28), (d) that the "apostles" are to be the witnesses of these things (e.g., Act 1 8. 22 2 32 10 39-41 22 15 Paul!; 26 16 Paul!), (e) and the coming of the Holy Spirit (see Act 1 2.5 2 1-21; 1 9 2 2 8 2 s ) 2 4 . 23

The only wavering note in this steadily mounting melody is the reference to the fright and fear of the disciples in vs. 37. But this reference was the indispensable negative note of this short, traditional context of vss. 36-43. Here certainly is a case where the exception (slight as it is) proves "the rule". One lower note does not blur the ascending line of the melody; it emphasizes the ascent. M I trust it may have occurred to the reader that our analysis of Luke 24 bears a close family-likeness to M. Dibelius' work. (See his Aufsätze, esp. »Die Bekehrung des Cornelius«, pp. 96—107). The parallel is not deliberate or artificial. Having begun the study of Luke 24 without particular prejudices, I can only hope that the data asked for the methods and for the conclusions, as they did in Dibelius' analyses. — In this volume in honor of Professor R. Bultmann it may be permissible to recall a conversation in which Bultmann made the point, quietly and effectively, that the student of Luke-Acts must never fail t o consider the possibility of written sources. Dibelius has gone on record that he shares this principle. As regards my Ntl. Studi. n f. Hultmann

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P. S c h u b e r t

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Β. 1. We need to consider the statement of 24 6-8, especially the clause "remember how he told you, while he was still in Galilee that . . .". In other words, we have to ask how the "proof-from-prophecy theology" is presented throughout the Gospel of Luke. The fact that Luke himself urges the reader to do so renders this task all the more necessary and rewarding. The καθώς είπεν ύμϊν of Mc 16 7 (see also Mt 28 β) has little if anything to do with Luke's statement. For Luke has been at pains from the very beginning of his gospel to develop his theology of "proof-from-prophecy", of which chapter 24, recording the resurrection of Jesus as the Lord, is but the literary, historical and theological climax. While there are several specific passages (such as 9 43b-45 and 18 31-34) which more than others are intended to point explicitly to 24 e-8.17-27. 44-49, it is better to deal with the relevant data from the beginning of the gospel in the structural order of their literary sequence. This procedure will enable us to see that the proof-from-prophecy theology is a dominant feature of the literary structure of the gospel as a whole. Also, we shall gain an impression of the scope and quality of this central Lucan interest. Thus we find at once that this interest pervades the infancy stories of chapters 1 and 2. Here several of the main "actors" appear not only as the objects of the fulfilment of scriptural prophecy but also as full-fledged messianic prophets themselves. They are speaking "filled with the Holy Spirit" (115.17. 35. 4i. 67. 80 2 25-27). The Holy Spirit is (contrary to wide-spread modern opinion) a strictly eschatological reality for Luke, as these chapters and Act 2 1-14 emphatically show. The extraordinary emphasis on the Holy Spirit throughout Luke-Acts is but a part of his eschatological theology of history. Note the following prophets who speak ,of the "redemption of Jerusalem' (2 38) in terms of the imminent coming of John the Baptist and of Jesus (a) (b) (c) (d) (e) (f)

The angel to Zechariah (111-20) Gabriel to Mary (1 26-38) Elizabeth to Mary (1 39-45) Mary's Magnificat (46-56) Zechariah's Benedictus (67-80) The angel(s) to the shepherds (2 8-20).

analysis of Lc 24 I would say that Luke may have followed a written source which contained in direct succession a more or less traditional version of the empty tomb story, a brief and simple version of the Emmaus-appearance and a more or less unchanged version of the "Jerusalem" appearance. This assumption would not essentially affect the methods and conclusions of the analysis here offered.

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The structure and significance of Luke 24

The structural and material similarities25 of this double scene (f) to the whole of Lc 24 1-53 are surely more than accidental. In both cases we have an angelic announcement (to the shepherds in the field, — to the women at the empty tomb); a sequel to it (the shepherds go to see the new-born babe in the manger, — the disciples see the risen Lord); the same emotional climates, — fear changing into joy and the praising of God "for all they had seen and heard". g) Simeon's Nunc Dimittis (2 25-35) (h) Anna's prophetic teaching in the temple (2 36-40). The poetic, liturgical, prophetic and didactic character of Luke 1 and 2 may serve as a wholesome warning to us not to overestimate the rationalistic and historizing tendency of Luke's theology2®, even though this tendency certainly does significantly distinguish the theology of Luke from Paul's or the Fourth Evangelist's. 2. Luke's peculiar opening scene of the ministry of Jesus, his appearance in the synagogue at Nazareth (4 14-32), consists simply of the thesis that the messianic prophecy of Isaiah 611-2 is now being fulfilled in the "deeds and words" of Jesus; ήρξατο δέ λέγειν (Biblical Greek! see 24 27 άρξάμενος . . . διηρμήνευσεν) ττρός αύτού$ δτι σήμερον πεττλήρωται ή γραφή αύτη έν τοΐζ ώσΐν υμών (See 9 44 24 6a. θ). (Notable and worthy of analysis are the natural and structural similarities and dissimilarities of this "speech" at Nazareth relative to the speeches of Acts27.) 3. In his answer to John the Baptist's question (7 18-23) Jesus replies in terms which make clear to t h e r e a d e r (as much as to John u

I prefer here this phrase t o the once more fashionable term "typological". R. Bultmann, Theologie des Neuen Testaments (Tübingen 1953), pp. 460—63 shows that Luke has "historicized" the earlier Christian kerygma and eschatology. Bultmann himself gives in other works, especially in »Das Problem der Hermeneutik«, ZThK 47 (1950), 47—69, sufficient indication that he would agree with the judgment that Luke's historicizing is in one important respect very different from the nearly inescapable "historicizing" of twentieth century "Western" historians. Luke "historicizes" the revelation of God in Jesus as the Christ within a conception of history in which the creator-God of Israel's prophets is regarded as sovereign, while we, as twentieth-century historians, historicize within a conception of history in which man, or man's science, or a universally valid scheme of cause and effect, or even the historians as such are regarded as sovereign. M

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The "geographical" movement of Jesus in the Gospel of Luke is directly from Galilee to Jerusalem (see Conzelmann, op. cit., pp. 48—60, and passim·, also his »Zur Lukasanalyse«, ZThK 49 (1952), 16—33). That of Acts is from Jerusalem to Samaria, to Antioch, to Galatia, to Europe, to Athens, to Ephesus, t o Rome. In both volumes all these movement have over-all and specific theological sanctions or implications. 12·

Ρ, Schubert

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the Baptist) that here too he regards himself as the fulfilment of Isaianic prophecy (Jes 611-2 29 ΐδ-ΐθ 35 5-6). The comparison with Matthew's version (11 2-6) of this pericope shows that it occupies structurally a very important place in both gospels, though, of course, in very different ways. In Matthew it serves as an impressive summary and climax of the preceding blocks (4 11—111) of teachings (5 1—7 28 9 35—111) and of miracles (81—9 34). In this first large section of the gospel Matthew has taken great care to furnish at least one specific and detailed illustration of every item in the synoptic list of Isaianic prophecies (11 4; see also 10 7-8): "Go and tell John what you hear and see: the blind receive their sight (9 27-31) and the lame walk (8 5-18 9 1-8), lepers are cleansed (8 1-4) and the deaf hear (9 32-34), and the dead are raised up (9 18-26) and the poor (see 5 3 10 8b-l0 11 28) hear the gospel" (5 1-7. 28 9 35—11 1 1 1 28-30).

It is clear that the whole of Mt 11 2-30 brings to an impressive climax the first comprehensive presentation (4 11—Hi) of Jesus' ministry which was announced in the initial proposition of Matthew 4 23-25. Luke offers precisely the same specific list of various miracles (based on Jes 29 18-19 35 5-6 611-2), but he did not trouble to relate t h e m i r a c l e s t o r i e s of 4 33 to 7 17 to the pericope of the Baptist's question. Instead he is at pains to emphasize in various summary statements the fact of Jesus' healing and exorcising power and of the great effect it had (4 36b. 40-41 (!) 5 15.17. 26 617-19 (!) 7i6-i8). It is even more remarkable and characteristic that Luke made John's two disciples the witnesses "at that hour" of Jesus' curing "many of diseases and plagues and evil spirits", and of restoring sight to many who were blind (7 21). All these data lead the conclusion that in Luke the pericope of John's question to Jesus (about the latter's messianic status) has become an important follow-up to t h e N a z a r e t h scene (416-30), and a strategic stage in the deliberate unfolding of Luke's proof-from-prophecy theology. 4. Lc 918-22 is Luke's version of Mark's account of Peter's confession and of Mark's "first" of the three predictions of the passion. Luke has all three Marcan predictions, but the well-planned rhythm and climax which Mark achieved by placing them at 8 31 9 30 and 10 31 is lost in Luke's use of them. They come in Luke at 9 21 9 43 (!) and 18 31 (!). Mark's t h e o l o g i c a l significance of the three predictions is, largely, the gradual disclosure of the "messianic secret" (see Mc 14 61-62). Luke, having his own theological convictions and intentions,

The structure and significance of Luke 24

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simply used the three Marcan predictions, along with many other shared and singular data, as stages in the development of his prooffrom-prophecy scheme. We must therefore consider them here as parts of the Lucan structure. In the "first" prediction Luke made no great changes from Mark, but we may quote the following details, since, small as they are, they represent characteristic items of Luke's theological vocabulary. For Mark's ό Χριστός and Matthew's Χριστός ό υιός του θεοΟ του ζώντος Luke (vs. 20) has τόν Χριστόν του θεοϋ (see Act 3 is and other similar, though more paraphrastic equivalents in Acts). For Mark's μετά τρεις ήμέρας Luke has (vs. 22) τη τρίτη ήμέρςί (έγερθηναι) which he alone among the Synoptists uses consistently. Of considerable importance is the familiar fact that while the impersonal verbal form δει (τταθεϊν) (Lc 7 22) occurs here in all three synoptic witnesses, and while Mark and Matthew use it (very sparsely) in christological-theological contexts elsewhere, δει has become a typical theological term throughout Luke-Acts. I count from Lc 2 49 to Act 27 2β forty-two occurrences. In most cases Luke's δει has fully technical, theological denotations and connotations. 5. A few sentences later (9 28-36) Luke yielded to the irresistible temptation to make use of Mark's majestic transfiguration scene as a majestic stage in the development of his proof-from-prophecy structure. While Mark and Matthew merely state the bare fact of Moses' and Elijah's conversing (ήσαν συλλαλοΟντες) with the transfigured Lord, Luke tells his r e a d e r s (it remains curiously, perhaps intentionally, doubtful — see vss. 32. 33 and 36 — whether the three disciples overheard the conversation) in no uncertain terms what Jesus' conversation with these two foremost prophets of the Old Testament was about, — ϋλεγον τήν Ιξοδον αύτοϋ ήν ήμελλεν πληρούν έν 'Ιερουσαλήμ (vs. 31). We also observe four small but characteristic details, (a) In the introductory statement Luke inserts the brief and significant phrase μετά τοΟς λόγους τούτους. Thus the transfiguration scene is not so much linked to Peter's confession (as is the case in Mark and Matthew); rather it is more specifically and very deftly linked to the prediction of the passion, death and resurrection (vs. 22) and to the attending sayings about the nature of true discipleship (vss. 23-27). (b) The Marcan account, very appealing and somewhat clumsily worded, that Peter's suggestion to build three booths was induced by the shock of the apparitions which prevented him from knowing what to say, is neatly turned by Luke into the short words, "not knowing what he was saying" (vs. 33b). That is to say, Peter, in view of what Jesus, Moses and Elijah had spoken about, was unaware of, or did not realize how inadequate his hearty and well-meaning suggestion was

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P. S c h u b e r t

to this solemn and fateful occasion on which the £ξοδος of the Christ was discussed, if not decided, (c) Mark's (ό utog μου) ό α γ α π η τ ό ς becomes in Luke (vs. 35) ό έκλελεγμένος. — Εκλέγειν and όρίζειν are closely related and typically Lucan theological terms used frequently to express the action of God which finds its expression in the prooffrom-prophecy scheme (see Lc 6 13 Act 1 2. 24 15 7; — Lc 22 22 Act 2 23 10 42 17 2β.3ΐ). (d) Noteworthy also is the singular addition which states (vs. 36) t h a t the disciples, "in those d a y s " (until Pentecost?) kept silence about this experience. 6. I t is noteworthy t h a t Luke omits the discussion of the theory of Elijah's return which takes place on the descent from the mountain (Mc 9 9-13 Mt 17 9-13). W h a t Luke wanted from this material he had in his own way placed into the transfiguration scene itself. W h a t was left would have most seriously obscured the significance of h i s version of t h a t scene, as well as of what follows in Lc 9 37-51. This particular omission on the part of Luke is directly motivated b y his literary and theological intention to carry the development of his proof-from-prophecy scheme to a decisive point at vs. 51. 7. A single miracle story (9 37-43; an exorcism, retained from the Marcan order) serves Luke to connect the transfiguration scene with the next explicit statement of his proof-from-prophecy scheme (43b-45). Luke's own statement (vs. 43a), "all were astonished at the majesty of God", is not only the conclusion of this particular connecting link, b u t a kind of key-sentence which conveys Luke's own and elicits the reader's reaction to the climactic events which he is recording not only from 9 18 to 9 50 b u t also from the very beginning of the gospel to 9 51. The wording of verse 43b confirms this conclusion: π ά ν τ ω ν δέ θαυμαζόντων έπΐ πασιν οίς Ιποίει. J . Μ. Creed is right in saying 28 t h a t π ά ν τ ω ν here means the world: "The world (Creed says) was wondering at all his [Jesus'] deeds", but Creed simply moralizes in continuing without a break, "and the wonder of the world made it necessary t h a t the disciples should be forewarned as to what lay before h i m " . Luke knows t h a t " t h e w o r l d " — all his potential readers (see Act 26 26) — needed to be so forewarned. In the words of Luke himself, the majesty (μεγαλειότης) of God was indeed made manifest in " J e s u s of Nazareth, who was a prophet mighty in deed and word before God and all the people" (Lc 24 19), but the majesty of God is for Luke even more marvelous; it is the "definite plan and foreknowledge of G o d " (Act 2 23 in the context of 2 14-36) which, having been disclosed to and through the prophets, find their fulfilment in the mighty deeds and words of Jesus the Christ of God. This majestic plan of God i n c l u d e s the suffering, death and resurrection of Christ (see Lc ie

The Gospel According to St. Luke (London 1930), ad loc.

The structure and significance of Luke 24

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918-22, etc.). The "warning" may indeed have been "necessary",

but Luke himself tells us that the disciples did not even understand it (Lc 9 45) until, after his resurrection, the Christ himself disclosed to them the full plan of God (see Lc 24 6-8.25-27.44-49, and all the speeches of Acts; note esp. 20 27). At any rate, Lc 9 43a and b, summing up the whole of the deeds and words of Jesus so far recorded, serves to introduce one more prophecy of his deliverance "into the hands of men" (vs. 44). Here we have some very close and deliberate, literary relationships to chapter 24 μέλλει τταραδίδοσθαι είς χείρας άνθρώττων (g44) and τταραδοθηναι εις χείρας άνθρώττων αμαρτωλών. The impressive exhortation delivered in Biblical idiom (see LXX, Ex 17 14)29, θέσθε ύμεϊς εις τά ώτα ύμών τούς λόγους τούτους (vs. 44; cf. also 9 28) is recalled to the minds of the women (and thus of the reader) at the empty tomb (24 6f.): μνήσθητε ώς έλάλησεν ύμϊν ετι ών έν τη Γαλιλαία λέγων . . . It is clear that Luke, in writing 9 43-45, had a clear notion of what he intended to say in the conclusion of this volume (ch. 24), and that in chapter 24 he refers back repeatedly and specifically to things he has said earlier, in 9 4 4 - 5 5 and elsewhere. 8. With 9 51 begins the much discussed, so-called "Jerusalem journey" (to 1928 or to 19 37, or to 22 10-14 P)80. We are here concerned only with the light which this single verse throws on our analysis of Luke's proof-from-prophecy scheme, and the light which this analysis in turn throws on verse 51. The yield is considerable both ways, since the verse is an important datum for our analysis, and is in many ways one of the most remarkable and characteristic sentences Luke composed. The whole sentence and every single verb and noun in it has Biblical (LXX) flavor and eschatological meaning. tyivrro δέ έν τ ώ συμπληροίίσθαι τάς ή μέρας τής άναλήμψεως αύτοΟ

καΐ ανττόί τό ττρόσωττον έστήρισεν του ττορεύεσβαι είς Ιερουσαλήμ.

When it became doubtful whether this verse is the beginning of a travel diary which the reader, with a good map before him, can easily follow, the reference to Jerusalem became even more puzzling. It need not be, since Jerusalem is c o n s t a n t l y in the foreground of Luke-Acts, from the infancy stories of the gospel to the last scenes of Acts. Its mention in 9 51 is but one item, a very important one indeed, in the historically presented, progressive and elaborate unfolding of Luke's proof-from-prophecy theology. Somehow Jerusalem M

Quoted by Creed, op. ext., ad loc. The most recent thorough treatment of this subiect is offered by Conzelmann, op. cit., pp. 18—79. 30

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P. S c h u b e r t

is for Luke the place of the full manifestation of Jesus as the Christ31. The whole clause (έγένετο δέ) έν τω σνμπληροΰσθαι τάς ή μέρας της άναλήμψεως αυτού is admittedly hard to translate. The irksomely familiar difficulties of adequately translating συμΊτληροΟσθοα are increased by the plural τάς ημέρας and by the uncertainties of the rare noun άνάλημψις. Our preceding analysis does by no means overcome all lexicographical and syntactical difficulties. I therefore merely offer the suggestion that, if the passage is read in the light of our findings, we may translate verse 51 thus: "When the time leading to82 his ascension was in process of fulfilment, he himself decided (τό πρόσωπον έστήρισεν)33 to go to Jerusalem". The difficulties which the interpreters and translators of 9 51 have faced are in large part due to the mistake of looking at the verse as the beginning of a chronological-topographical travelogue. If it is also read in the light of the preceding part of the gospel, many of the difficulties disappear. We have shown that Luke in chapters 1—9 has progressively developed his proof-from-prophecy theology of history for which he fashioned an impressive climax in connection with the events reported from 9 18-45. Moreover, it is not hard to see that the incidents ("Dispute about Greatness" and "The Strange Exorcist", vss. 4β-5θ), taken over from the order of Mark, in no wise weaken the effect which 9 51 makes when it is thus read as a critical turning point in the history of the ministry of Jesus. 9 51 is closely linked to what precedes and by virtue of t h i s fact it sets the stage for what is to follow. We need no longer doubt that άνάλημψις means (Christ's) "ascension" (for various forms of Αναλαμβάνω, " I am taken up", see Act 1 2.11. 22 10 16). The most important support for this interpretation comes from properly and fully relating την εξοδον ήν ήμελλεν πληρούν έν 'Ιερουσαλήμ (9 3ΐ) to 9 5ia, έγένετο δέ έν τω συμπληροΰσθαι . . . καΐ αύτός . . . έστήρισευ. This correspondence is deliberate and close; 9 5ia complements 9 31. The inclusive Ιξοδος leads to its final stage as άνάλημψις; the semi-futuristic ήμελλεν πληρούν becomes the Paul does in no way share this view, but it is well t o remember t h a t t o h i m (as t o Luke too) " J e r u s a l e m " is a fairly serious theological problem; see R m 15 27 31

9 4 G a l 1 1 7 — 2 10 4 21-31). 3 2 I take τη? άνσλήμψεωξ because of the plural ή μέρας and of the literal and Biblical meaning of συμπληρονσθαι as a genitive of temporal "direction and purpose". See Blaß-Debrunner, Grammatik . . . 7 , §166. — I am going one step beyond W. Bauers Wörterbuch . . . s. v., in translating συμττληροΟσθαι. The verb occurs only in two additional New Testament passages with the same plain meaning (Lc 8 23 and Act 2 l). 3 3 See Creed, op. cit., ad, loc., on the Semitic-Biblical background and flavor of this idiom.

The structure and significance of Luke 24

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realized έγένετο δέ iv τώ συμπληρουσθαι . . . και αυτός . . . έστήρισεν; the simple πληρούν becomes the composite συμπληροϋσθαι with intensifying and effective force; 'Ιερουσαλήμ remains 'Ιερουσαλήμ. The bearing of 931 on 9δΐ has often been envisaged before 34 ; it seems clear that our analysis of the two passages in the context of the literary and theological structure of Luke-Acts substantially eases this particular crux interpretum. In several important instances we have found that the forward and the backward look are important aspects of both Luke's literary method and of his theology of history. It is this theology which determines his chronological interest. The latter does not determine his theology. Luke's theology is of a radically different cast from Paul's. It is considerably simpler, cruder, more naive, more rational and rationalistic than Paul's. As a writer Paul is "weighty and impressive" 86 , but he is not a near-professional like Luke. Luke is a l i t t ^ r a t e u r of considerable skill and technique. His literary methods serve his theology as his theology serves them. In short, Luke's theology of history has a grandeur all its own. Many "fundamentalists" and many critical "liberals" who are left cold or repelled by Paul feel and appreciate it. In what they thus positively feel and appreciate they are no doubt right; especially since Luke himself, with all his Biblicism, was neither a fundamentalist, nor a liberal, with all his pride in the place which the Christians (Act 11 26 26 28) were beginning to make for themselves in history (see Act 26 26) and in the theology of history περί των πεπληροφορημένων έν ήμϊν πραγμάτων. We have reached a point where our analysis may justifiably come to rest, even though Luke 9 51—23 56 and the whole of Acts — inspite of our numerous cross-references — still should be analyzed in detail. There is at least one result of the analysis of Acts which, in the light of our findings, we may state confidently. The concluding double scene of Acts (28 17-31), Paul's two meetings in Rome with the local leaders of the Jewish community and with a "fairly large audience" (πλείονες), is a deliberate and close parallel, structurally, formally and materially (proof-from-prophecy scheme) to Luke 24 1-53. That is to say, the conclusions to volume I and to volume II were carefully planned. Both give expression to the same theme, a theme which pervades the whole work. The detailed 34

See, e. g., Creed, op. cit., ad loc. This judgment is taken over from his dearest and very able enemies: see II Cor 10 10. 34

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P. S c h u b e r t , The structure and significance of Luke 24

analysis of Luke 10—23 and of Acts may modify the analysis here offered. Certainly it will raise a multitude of questions of its own, textual, literary, exegetical·, historical and theological. The older modern studies of Luke-Acts do furnish a solid starting-point and reliable directions; the more recent ones contribute numerous promising leads. The study of Luke-Acts is still going forward μετά πάσης παρρησίας άκωλύτως.

Vierte Abteilung

Zur Apostelgeschichte und Zu den Briefen

Ein Witz des Apostels Paulus und die Anfänge des christlichen Humors Von Hans Frhr. von Campenhausen (Heidelberg, Ladenburger Str. Θ9)

Es gehört zum Wesen des Witzes, daß er überhört oder mißverstanden werden kann, und diese Gefahr wächst mit dem geschichtlichen und kultürlichen Abstand. Jedes Volk, jede Landschaft, jede Zeit hat ihren eigentümlichen und eigentümlich stilisierten Witz und Humor. Bedarf es immer schon einer gewissen Begabung, um Witze zu »verstehen«, so erschließt sich bei größerer Entfernung ein Witz, der nicht ganz an der Oberfläche liegt, nur einer geschärften Aufmerksamkeit. Man muß auch wissen, was einer bestimmten Epoche und Kultur jeweils als Witz erschienen ist und was ihr an Witz möglich war; sonst gerät man leicht auf Abwege. Die Witze, welche Franz Overbeck unter den »Akrobatenkünsten der altkirchlichen Exegese« zu entdecken meinte1, dürften beispielsweise den altkirchlichen Autoren selbst kaum je komisch erschienen sein. Dagegen sind die tatsächlich begegnenden zahlreichen Witze der Kirchenväter m. W. bis jetzt noch niemals gesammelt worden. Und gibt es nicht — um diese Frage vorweg zu stellen — möglicherweise Witze oder doch bewußt witzige Formulierungen auch schon innerhalb des NT? Eine gewisse Schwierigkeit bei allen griechisch formulierten Texten liegt in der Frage, wie das Wortspiel unter diesem Gesichtspunkt beurteilt werden soll. Wir kennen es im Deutschen vorzüglich in der wenig geistreichen Form des »Kalauers«; in ernsthaften Zusammenhängen gebraucht, wirkt eine derartige Verzierung leicht frostig und geschmacklos. Die griechische — und ähnlich die lateinische — Sprache verwenden diese Figur dagegen sehr gerne und schlechterdings in jeder denkbaren Form literarisch gepflegter Rede. Sie erscheint als das natürlichste Mittel zur Verschönerung, Erhebung, Zuspitzung und Unterstreichung einer Aussage, und kommt daher auch in scherzhaftem Zusammenhang zur Geltung. Aber ihre bloße Anwendung macht noch keinen Witz aus, muß zum mindesten nicht ohne weiteres scherzhaft verstanden werden. Am deutlichsten ist die spöttisch-lächerliche Wirkung dieses Stilmittels dann, wenn Franz Overbeck, Geistlicher Witz, Von der Bibel und ihrer Auslegung, VI, in: Christentum und Kultur, Gedanken und Anmerkungen zur modernen Theologie, hrsg. von C. A. Bernoulli (1919), 91—94. 1

190

Η. ν. C a m p e n h a u s e n

es in einer polemischen Rede gebraucht wird. Das ist ein Zusammenhang, für den auch christliche Schriftsteller das sonst mehr oder weniger unschickliche »Lachen« empfehlen, also das Auslachen der abgefertigten heidnischen oder häretischen Gegner. In dieser Weise heißt beispielsweise der kynische Philosoph Crescenz bei Justin ein φιλόψοφος καΐ φ ι λ ό κ ο μ π ο ς , — ο ύ γ α ρ φ ι λ ό σ ο φ ο ν ά ξ ι ο ν ε ίπειν τ ό ν ά ν δ ρ α 2 .

Oder Hippolyt meint, daß der Monarchianer Noet — lucus a non lucendo — überhaupt nichts »verstünde« (νοεϊν) 8 , und die Didaskalia warnt die Witwen, welche sich von Haus zu Haus streifend gerne die »Taschen« füllen, sie, die χ ή ρ α ι , sollten keine π ή ρ α ι werden — ein Scherz, den der lateinische Text mit der Übersetzung viduae — vituli nicht ungeschickt aufnimmt4. Hier darf man wohl auch an die »Lügenagapen« des II. Petrusbriefes (2 13) erinnern; denn auch an dieser Stelle handelt es sich, wie Käsemann richtig bemerkt hat5, in der Entgegensetzung von ά π ά τ α ι und ά γ ά π α ι um ein absichtliches, ironisches Wortspiel. Von hier aus ist es nur noch ein Schritt bis zu einem paulinischen Text wie Phil 3 2, da die Vorkämpfer einer kirchlichen π ε ρ ι τ ο μ ή vielmehr ingrimmig als κ α τ α τ ο μ ή gebrandmarkt werden. Doch gerade an dieser Stelle wird der vieldeutige Charakter des reinen Wortspiels wieder unmittelbar deutlich: Paulus führt den Gedanken positiv fort, indem er die Christen als die wahre, geistliche π ε ρ ι τ ο μ ή bezeichnet, und angesichts dieser neuen Wendung entschwindet natürlich sofort jede Möglichkeit, eine beabsichtigt komische Wirkung des Satzes auch nur ins Auge zu fassen. Es gibt bei Paulus m. E. nur eine einzige Stelle, wo er, zum höchsten Zorn gereizt, einen grausigen »Witz« macht; das ist Gal 5 12. Paulus empfiehlt den Beschneidungsaposteln eine noch gründlichere Verstümmelung, nämlich die »Verschneidung«: όφελον και ά π ο κ ό ψ ο ν τ α ι ot άναστατοΟντεξ ύμας. Im Griechischen findet sich hier nicht, wie ausnahmsweise im Deutschen, ein Wortspiel; der Gedanke der »Steigerung« ergibt sich rein von der Sache her. So gesehen, handelt es sich aber um einen in jeder Hinsicht »blutigen« Witz. Mag die Zusammenstellung der Beschneidung mit der Verschneidung in einem « Just. apol. II 8 (9). 8 Hippol. frg. 3 (Lagarde). Einen analogen Scherz müssen sich die Ebioniten, •rift τττωχείας διανοίας έττώνυμοι, immer wieder gefallen lassen: Orig. princ. IV 3,8; Hieron., Jes. 1, 3; Epiph. haer. X X X 17. 1 - 3 . 4 Didasc. apost. III 6, 4. Ich verweise noch auf die polemische Umdeutung des Antimontanisten bei Euseb, hist. eccl. V 16,12: έττειδή τοίνυν καΐ ττροφητοφόνταί ή μας άπεκάλουν, δτι μή τούς άμετροφώνους αύτών προφήτας έδεξάμεθα . . . 6 Ε. Käsemann, Eine Apologie der altchristlichen Eschatologie, ZThK 49 (1952). 274.

Ein Witz d. Apostels Paulus u. d. Anfänge d. christl. Humors

191

juristischen Text auch einmal ernsthaft begegnen·, hier handelt es sich natürlich nicht um eine Erörterung wirklich bestehender Möglichkeiten, sondern um einen gänzlich irrealen, höhnisch gereizten Wunsch — das Äußerste, was sich in dieser Richtung überhaupt wagen und sagen ließ. Die Vorkämpfer des heiligsten Sakraments jüdischer Religion sind danach bereits auf einem Wege, der bei dem in Israel von jeher streng verurteilten Greuel der Kastration endet; Paulus bezeichnet sie in ihrem Eifer für die Beschneidung gleichsam als halbe Kastraten. Die Pointe dieses für jüdische Ohren blasphemischen Ausfalls wird durchaus verdorben, wenn man ihn in der Nachfolge Lütgerts 7 in der Weise ernst nimmt, daß man die angegriffenen Gegner vom Kybelekult beeinflußt sein läßt, dessen Priester bekanntlich kastriert wurden, oder wenn man aus dem Text die allzu tiefsinnige Folgerung herausliest, Paulus wolle damit als letzte Konsequenz des Judaismus den Rückfall ins Heidentum herausstellen. Es handelt sich hier um reinen Spott und Hohn, einen »grimmigen Spott«8 und eine wilde »Ironisierung der Beschneidungsforderung«9 und weiter um nichts. Die Frage, ob Paulus »ernstlich mit der Erfüllung seiner Aufforderung gerechnet habe«, wirkt daneben selbst ein wenig komisch und sollte besser nicht gestellt werden, auch wenn das δφελον in der neutestamentlichen Gräzität nicht mehr notwendig n u r irreale Wünsche eröffnet 10 . Weitere Texte, die sich eindeutig als »Witz« nehmen ließen, dürften sich innerhalb des NT kaum mehr nachweisen lassen11. Doch ist der eine paulinische Witz in mancher Hinsicht typisch auch für die Folgezeit. Es wurde schon angedeutet, daß auch die frühkirchliche Literatur den Witz nur im polemischen Zusammenhang, als Waffe des Spottes und der Karrikierung des Gegners überhaupt kennt und duldet. Das bleibt so mindestens bis Konstantin 12 . Einzig Tertullian, der Meister in jeder Art von Witz, kann sein Temperament auch nach dieser Seite hin so wenig bändigen, daß ihm gelegentlich — ausnahmsweise und gleichsam wider Willen — auch ein Witz rein um des Witzes willen und ohne erkennbare polemische Absicht mitunter• Modestinus, Digest. XLVIII, 8, 11, zitiert bei B. Oepke, Der Brief des Paulus an die Galater (1937), 96. Auf die gründliche Erörterung und Materialsammlung dieses Kommentars z. St. sei ein für allemal verwiesen. 7 W. Lütgert, Gesetz und Geist, zur Vorgeschichte des Galaterbriefs (1918), 31 ff. 8 H. Schlier, Der Brief an die Galater (1949), 173. » H. Lietzmann, An die Galater (19323), 38. 10 Oepke S. 96; vgl. Schlier S. 173 Anm. 2. 11 Vielleicht könnte noch Mt 23 29 Lc 11 47 unter unserem Gesichtspunkt erwogen werden. 18 Von diesem selbst wird eine scherzhafte theologische Anekdote überliefert: Socr. hist. eccl. I 10.

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Η. ν. C a m p e n h a u s e n

läuft18. Man ist überzeugt, daß in den heiligen Versammlungen der Apostel niemals ein Scherz oder Lachen begegnen konnte, die der Sinnlichkeit allzu nahe benachbart scheinen14; etwas derartiges gehört also auch nicht in eine theologische Abhandlung, so wenig wie in eine Predigt. Doch im Angriff gegen die Feinde der Wahrheit ist der Spott und somit auch der Witz durchaus erlaubt. Ein Mann wie Klemens übt ihn mit klassischer, »platonischer« Feinheit15; aber auch Origenes, der dazu sicher wenig natürliche Neigung besaß, kann ihn bei solcher Gelegenheit stilgerecht gebrauchen16, und selbst Vater Irenäus bemüht sich, wenn er die häretische Torheit widerlegen muß, gelegentlich darum, witzig zu werden17. An einer Stelle scheut er auch vor einem kräftigen Scherz nicht zurück18. Die jähe Derbheit des paulinischen Ausbruchs wird nicht nur bei Tertullian erreicht und bis zur Unflätigkeit überboten. Die Neigung, »unanständige« Dinge als Witz aufzugreifen, findet sich auch sonst, und es ist nicht immer leicht zu sagen, wo die antike »Unbefangenheit« auf diesem Gebiet in die typische Plumpheit der cölibateren Kleriker und Asketen übergeht10. Wirklicher »Humor« ist in der frühen Zeit dagegen noch nirgends zu finden, und auch bei Paulus sollte man an der fraglichen Stelle nicht von Humor reden20. Es läßt sich ziemlich genau ausmachen, wo innerhalb der Kirche der eigentliche, eigentümlich christlich bedingte Humor seinen Anfang nimmt: das geschieht innerhalb des frühen Mönchtums, das soziologisch, psychologisch und theologisch alle Voraussetzungen mitbringt, um in seinem intimen und intensiven Zusammenleben, in seiner Verbindung von Ernst und Freiheit und angesichts der Radikalität der eigenen Forderungen die wehmütige Tiefe Vgl. cult. fem. II 7; Marc. I 2; V 7. Eine auch nur andeutende Besprechung des tertullianischen Witzes würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen. 14 Ps. Cypr., sing. der. 26; vgl. schon die Sektenrolle IV § 6 2 (Bardtke). Für die orthodoxen Juden hat Gott erst nach der Tempelzerstörung das Lachen verlernt: Aboda Zara 3 b (zitiert bei H. J. Schoeps, Aus frühchristl. Zeit [1950], 152). 18 Vgl. seine eigenen Bemerkungen zu diesem Thema: paed. I 76 — 81; II 4 5 - 4 8 . 57. 18 Vgl. ζ. B. Cels. VI 50; princ. IV 3, 8. » Haer. I 11, 4; 13, 2; 21, 1; IV 35, 4. 1 8 Haer. I 4, 4; in feinerer Form ähnlich Orig. Cels. V 55. 1 9 E. Caspar, Geschichte des Papsttums 1 (1930), 176 Anm. 1 verweist auf »eine recht kräftige blasphemische Zote« des Athanasios, hist. Ar. 39. Ein harmloserer, typisch schultheologischer Witz ist dagegen die pneumatomachische Polemik gegen die zwei Söhne, zwei Brüder oder den Enkel in der Trinität; vgl. K. Holl, Amphilochius von Ikonium (1904), 170. i 0 Vgl. etwa G. Dehn, Gesetz oder Evangelium ? Eine Einführung in den Galaterbrief (19383) 175, der sie als »einen Ausruf grimmig-scharfen Humors« bebezeichnet. 18

Ein Witz d. Apostels Paulus u. d. Anfänge d. christl. Humors

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der Erfahrung zu gewinnen, in der — jenseits des Lächelns bloßer Auguren — der echte Humor anhebt 21 . Der Mönch lernt es, »innerlich zu wehklagen und doch zugleich heiter zu lächeln«22, und erst von ihm haben es die Kleriker und die Gemeinden gelernt. Das Lächeln hat sich dann mitunter bis zu einem recht kräftigen Lachen fortgebildet: das Zweifelhafte solchen Verhaltens wird zwar gefühlt, aber es verschwindet doch nicht mehr und wird vielfach auch geduldet. Jedenfalls hat sich der Humor in der Kirche viel früher ein Heimatrecht erworben als die komplementäre Äußerung eines tragischen Lebensgefühls, und das ist wohl zu begreifen. Beide aber sind — in Resignation oder Pathetik — dem ursprünglichen Christentum gleich fremd. Die Gleichnisse Jesu kann man in ihrem Ernst nicht tragisch, und man sollte sie in ihrer Heiterkeit auch nicht humoristisch nennen. Nur ist das humoristische wie das tragische Empfinden innerhalb der Kirche gleichwohl nicht von ungefähr entstanden. Sie weisen gleichsam als Abfallprodukte zur Rechten und zur Linken immer noch auf die eigentliche »Mitte« und den andersartigen Ursprung des Glaubens selber zurück. Sie sind als solche unvermeidlich und darum zu dulden, mag auch die Orthodoxie nach einem Wort unseres Jubilars »keinen Humor«23 und der Pietismus umgekehrt kein Verständnis für das Tragische haben. Beide, das Tragische wie das Humoristische, haben innerhalb des Christentums auch eine besondere Gestalt gewonnen und ihre Geschichte gehabt. Wenn das Verhältnis des Tragischen zum Christlichen in neuerer Zeit wiederholt untersucht worden ist, so sollte das Problem und die Geschichte des christlichen Humors daneben nicht vergessen werden24. 11

Ich denke hierbei in erster Linie schon an die Apophthegmenliteratur, der K. Heussi, Der Ursprung des Mönchtums (1936) 246 ff. Humor und Ironie allerdings absprechen möchte. Auf eine Auseinandersetzung kann ich mich hier nicht einlassen. 22 Joh. Climacus, Scala par. 7. m R. Bultmann, Formen menschlicher Gemeinschaft, in: Glauben und Verstehen 2 (1952) 269. ** Vgl. zum Grundsätzlichen einstweilen G. J a c o b i , Langeweile, Muße und Humor und ihre pastoraltheologische Bedeutung (1952); weitere Literatur bei F. Blanke, Luthers Humor. Scherz und Schalk in Luthers Seelsorge (19&4). — Ich hoffe, den historischen Zusammenhängen wenigstens innerhalb der alten Kirchengeschichte einmal näher nachgehen zu können, und wäre Lesern, die meine patristische Sammlung humoristischer Lesefrüchte vermehren wollen, aufrichtig dankbar. Es fehlt ja noch völlig an irgend welchen nennenswerten Vorarbeiten.

Ntl. Studien f. liultmann

13

»Was von Anfang war« Von H a n s Conzelmann (Heidelberg-Ziegelhausen, Mühlwee 5 b)

I.

Das Verständnis der frühchristlichen Eschatologie ist immer wieder dadurch beeinträchtigt, daß man nach dem »neutestamentlichen« Befund überhaupt fragt und erst nachträglich die Differenzen zwischen verschiedenen Entwürfen berücksichtigt. Aber gerade die Unterschiede stellen ja die Entwicklung dar und lassen das Verhältnis der einzelnen Typen als ein geschichtliches verstehen. Wir versuchen, die Verschiebung des eschatologischen Aspekts an einem bestimmten theologischen Typ zu beobachten, am johanneischen1. Vielleicht gewinnen wir dabei auch einen Gesichtspunkt für die Beurteilung des literarischen Verhältnisses von Johannesevangelium und Johannesbriefen. Das Problem ergibt sich aus dem seltsamen Nebeneinander von Übereinstimmung und Abweichungen2. Es genügt nun nicht, Evangelium und Briefe einfach zu konfrontieren; man muß nach der kirchen- und dogmengeschichtlichen Situation fragen, in welche die Briefe einzustellen sind3. Für einen Vergleich wird es methodisch geboten sein, bei den D i f f e r e n z e n einzusetzen. Denn das Problem ist nicht schon durch das Vorhandensein johanneischer Begriffe und Motive in den Briefen an sich gestellt, sondern durch die Weise ihrer Rezeption: sie werden durchreflektiert. Die Verschiebung des p a u l i n i s c h e n Entwurfs läßt sich ζ. B. am IIThessalonicherbrief studieren. I Thessalonicher setzt Naherwartung voraus. Nun läßt sich diese nicht einfach tradieren. Ist sie ursprünglich Botschaft, die ein Weltverhältnis herstellt, so wird sie durch bloße, wörtliche Weitergabe mit der Zeit zu einer Lehre, die ihren Vertretern selbst Schwierigkeiten bereitet und zu Apologie zwingt. Das »Dennoch« des Festhaltens an ihr trotz Verzögerung der Parusie bedeutet einen Strukturwandel der eschatologischen Einstellung. Naherwartung kann durch bloßes Festhalten schwärmerisch werden. Die Gegner des II Thessalonicher sind offenbar »orthodoxe« Pauliner, die nicht gemerkt haben, daß sich ihre Position gerade durch Konservativismus ins Schwärmerische verschoben hat. 2 C. H. Dodd, The Johannine Epistles, 1946, X L V I I f f . Auf detaillierte literarkritische Analyse können wir hier verzichten. Für diese ist auf die Arbeiten von Bultmann (Jülicherfestschr., 1927, 138ff.) und H. Braun (ZThK 1951, 262ff.) zu verweisen. Die Stellen, welche für uns in Frage kommen, gehören auf jeden Fall der Redaktionsarbeit des Verf. an. Auch die etwaige Ausscheidung von Glossen (Bultmann in In mem. E. Lohmeyer, 1951, 189ff.) können wir offen lassen. 3 E. Käsemann, Z T h K 1951, 292ff. 1

Was von Anfang war

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Ein auffälliger Unterschied besteht durch die Irrlehrerpolemik des ersten Briefes. Dessen Leistung besteht u. a. darin, daß er sich der Situation hinsichtlich ihrer prinzipiellen Neuartigkeit bewußt wird. Sind ursprünglich Glauben und Erkennen die klärenden Faktoren, so muß jetzt die R i c h t i g k e i t des Glaubens festgestellt werden, und das Erkennen ist zur Reflexion auf sich selbst genötigt4. Im Evangelium wird durch die Offenbarung der Unglaube als solcher entdeckt und qualifiziert; im Brief besteht die neue Lage, daß f a l s c h e r G l a u b e existiert. Gab es zur Zeit der Abfassung des Evangeliums bereits Häresie, so bildet sie doch keine Größe, die theologisch aufgearbeitet würde. Im Brief dagegen finden wir be wußte Besinnung auf die kirchliche Tradition als sachliche Voraussetzung der Polemik. II. Wir gehen von einem symptomatischen Sprachgebrauch aus. Der Anfang des Briefes greift auf Joh 1 1 zurück; dadurch ist die Frage zu beantworten, ob , * η Z.Q-J U? "that they did not direct themselves toward the truth of the Gospel". In both versions the root used is ^L and the basic idea is of straightness or uprightness in position or direction and this dominates most uses of the derivatives. The Peshitta has the adverb which can mean "uprightly" in a moral sense though its first meaning is straight or upright in position, recte rather than probe. The translator understood πρός not of motion toward a goal but of accompanying circumstances. The Harclean has the pe'al of gL which is here used intransitively as a verb of motion 'se dirigere ad', ττρόζ is connected immediately with the verb with the sense of motion toward a goal. In these respects the Harclean comes nearer to the Latin rendering than does the Peshitta. The C o p t i c versions give us little help®. όρθοποδεϊν occurs a number of times in e c c l e s i a s t i c a l w r i t e r s 7 , but Lightfoot and subsequent commentators suggest that those who use the word depend on the passage in Galatians. This is clearly true of the following instances: B a s i l , Ep. 204.7 (MPG. xxxii. 753 C) τώυ μή όρθοττοδούντων προς τήν άλήθειαν. — M a c a r i u s Aegyptius, de Carit. 28 (MPG. xxxiv. 932 Α) μέχρις άν πάλιν όρθοττοδίσειεν ή ψυχή ττρός τη ι» τοΟ -πνεύματος εΰαρέστησιν. — Cone. C h a l c . Acta 4 (ACO. II. i. 3 p. 101. 22) ύττομιμνήσαντες αυτούς ίνα ή όρθοποδήσωσι ττρός τήν άλήθειαν καΐ εϊξωσι ττασι τοις δόξασι τη άγίςτ ταύτη συνόδω. — T h e o d o r e Stud., Ep. ii. 138 (MPG. xcix. 1440 ΓΜ τ Ο 0 μή Θέλειν σε θεόν θεροατεύειν μηδέ όρβοΊτοδεΤν ττερί τήν άλήθειαν. • Dr. Ρ. Ε. Kahle informs me by letter about the renderings of the Coptic versions as follows: — As regards Gal 2 14 the Sahidic is literally translated: .When saw that they are not upright in the truth of the Gospel'. The Bohairic is: ,. . . that they do not stand in the truth of the Gospel'. 7 Some of these instances are taken from Sophocles, Greek Lexicon of the Roman and Byzantine Periods, and Stephanus, Thesaurus Linguae Graecae, but most of them come from the files for the Lexicon of Patristic Greek. I am indebted t o the courtesy of the editor, Prof. G. W. H. Lampe, and of his fellow workers who have made this material readily accessible t o me.

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G. D. K i l p a t r i c k

The use of the term as an expression for orthodoxy may derive from this. Examples are B a s i l , Ep. 263. 2 (MPG. xxxii. 977 Α) Τνα ή όρθοποδήσαντες, γνησίως ώσι σύν ήμϊν, ή μένοντες έπΐ της διαστροφής, έν έαυτοϊς μόνοις τήν βλάβη ν έχωσι. — E p i p h a n i u s , Haer. 42, 11, 15 (GCS. xxxi. 145, 6) σχόλιον νβ . . . δλα ταύτα παρέκοψεν. "Ελ. νβ ίνα έν μηδενΐ όρθοποδήση, μή όρθοποδών δέ έλέγχηται |!>αδιουργών κατά πάντα τρόπον (cf. Marcion); Haer. 69, 46, 1 (GCS. xxxvii. 193. 9) καΐ ού δύνασθε άντειπεϊν τ η άληθείςι. έάν γάρ μή Θελήσητε όρθοποδησαι πρός τόν Totov/Tov νοΟν έλεγχθήσεσθε. — C y r i l , Ερ. 50 ad Val. (ACO. I. i. 3 p. 101. 22) Ινα μή ταράττωσι τούς έθέλοντας όρθοποδεΤν; de Ador. i. 23 (MPG. lxviii. 169 C) τόν γε ώς άληθώς όρθοποδεϊν ήρημένον; in Ps. ix. 28ff. (MPG. lxix. 784 A) ol γάρ άπατώντες τούς όρθοποδοϋντας; contra Iulianum v. 165 (MPG. lxxvi. 753 Β) έπιγάννυται δέ τοις έρηρεισμένοις καΐ όρθοποδεϊν εΙωθόσι καΐ τό διαπίπτειν έπ' &μφω παραιτουμένοις; in Jn. XV. 1 (MPG. lxxiv. 337 C) έπειδή δέ πάλιν ήμδς όρθοποδεϊν έλομένους ό πικρός των δι' έναντίας περικροτεΐ λόγος; Theodore Stud. Ερ. ii. 115 (MPG. xcix. 1384 D) έντεΟθεν γάρ ούκ Ιρχεταί τις είς τό όρθοποδεϊν ούδέ θεοπρεπώς πορεύεσθαι.

So far the use of όρθοποδεϊν may be regarded as a mere development from its occurrence in Gal 2 14, but when, in ancient Christian writers, it is contrasted with lameness this implies an understanding of the term which goes beyond anything that is explicit in Galatians and must rest on an independent knowledge of its meaning. Such a contrast seems to be present in the following passages: Origen, Mat. xvi. 24 (on Mt 21 Uff., GCS. xl. 557ff.) έν . . . τη έκκλησίφ ού πάντες είσΐ βλέποντες ούδ' (ϊν' ούτως όνομάσω) όρθοποδοϋντες (Lat. recte ambulantes). είσΐ γάρ τίνες καΐ τυφλοί καΐ άλλοι χωλοί των άθροιζομένων. — Cyril, in II Reg 5 6 (MPG. lxix. 684 Α) άντέστησαν τ ω πάντων Σωτήρι Χριστώ κατά τόν της άποδημίας αύτοΟ καιρόν ο! της ' Ιερουσαλήμ οΐκήτορες χωλοί καΐ τυφλοί- ού γάρ ήδεσαν όρθοποδεϊν; in Ps 39 6 (MPG. lxix. 985 C) όρθοποδεϊν ?μαΘον ot πάλαι χωλεύοντες; Jes 3 3 (xxiii. 24, MPG. lxx. 737 D) Ιουδαίοι μέν γάρ, καίτοι τό όρθοποδεϊν δύνασθαι λαχόντες άπό γε της έν νόμω παιδαγωγίας, είς προνομήν δίδονται τ φ σατανφ. οΐ δέ γε έξ έθνών καίτοι χωλεύουσαν Ιχοντες τήν διάνοιαν κτλ; in Sach 11 ist. (MPG. lxxii. 201 Β) έκστρέψει δέ καΐ τούς άστραγάλους ίνα μή τις έχη τό όρθοποδεϊν δύνασθαι. — Theodore Stud. Ερ. ii. 162 (MPG. xcix. 1508 D—1509 Α) άλλά τί βούλοιο . . .; μή όρθοποδησαι χωλεύοντα; Ερ. ii. 209 (MPG. xcix. 1632 C) πρός τε τά έξης βαδιούμεθα όρθοποδοϋντες μηδ' όλως σκελιζόμενοι.

There now remain a few passages where the word may have a different sense as at Const. Porph. Cer. I 496 16 (Reiske) εί δέ καΐ βούλεται όρθοποδησαι είς τήν πόλιν, "but if he wish to go straight into the city". This refers to occasions when the emperor wished to enter Constantinople without any deviations or delays. Cyril, in Hos 9 14 (MPG. lxxi. 236A), ττάντι ττλανώντί καΐ άττοφέροντι της ευθείας όδου τους όρθοποδεϊν είωθότας, έν πίστει δή, λέγω, "καΐ κατευθύνοντας έν ταΐς όδοϊς αΟτών" ( = Prov 9 15), seems to be using the word in the same way. There is an unusual conjunction of ταπεινός and όρθοπό-

Gal 2 14 όρθοττοδοΟσιν

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δησις in Theodore of Studium, Ep. ii. 10 (MPG. xcix. 1141 Β), καΐ εχαιρον ό ταπεινός έττι τη ορθοποδήσει αυτών. όρθοποδεΐν and όρθοποδία between them occur three times in papyri. In the Harvard Theological Review, xxxiv (1941) 161f J. G. Winter published part of a letter in the Michigan collection of papyri (of the third century A. D.) containing the verb όρθοποδεϊ. The text runs: 21

τ[ό ·ιτεδ]είον όρθοποδεϊ έν έμοί εΐνα καΐ τοΰτο καΐ oö5as δδει τό ττεδείον τό όρφανεικόν ιταρ' έμ[οϋ] έσθεΐν καΐ χερί-

8& αν ?χω άναλωμάτων αύτή.

Professor Winter suggested the translation "the child is getting on in my house, and that you may know this too, the orphan is eating at my cost and I myself have need of money for expenses". The meaning here given to όρθοποδεϊ is quite suitable, but the word may mean the opposite of χωλεύειν as in the passages cited from Jerome and the Greek writers above. If that is so the clause may be rendered, "the child is walking properly with me", as distinct from walking lamely. C. H. Roberts in / . T. S. xl. 55 f drew attention to Papiri della R. Universita di Milano, 24, of 7 December A. D. 117, containing the passage γράφεις μ[ο]ι λέγων; "έάν δυνηθης, άνάπλευσον" νή την σήν μοι σωτηρίαν καΐ την του τεκνίου μου και όρθοποδίαν, ής πέπεισμαί σε κήδεσθαι ουκ ελασσόν μου, ήθελον μηδέν πράσσιν (1. πράσσειν) άλλο εί μή την όψιν σου προς τά εδάφη σου προσκυνεΐν, άλλ' ου δεδύνημαι, ουδέ δύναμαι. (lines 6—12). He argued that the term was not used "in any moral sense" but meant "rather 'progress' and so 'success'." This seems to fit the context best, from whichever sense of όρθοποδεΐν we derive the meaning 'progress' or 'success'. The third instance is dated to the end of the second century and occurs in P. Philadelphia, 35 4-6, θαυμάζω πώς ορθοποδου |τες καΐ πέμψατός μου καΐ έπιστο λιν 8 . Even if we take ορθοποδου |τες as a mistake for όρθοποδοϋντος as πέμψατος is for πέμψαντος it is not easy to see what the particular sense is. The general meaning of the passage is clear: "Even though I have sent you a letter I have heard nothing from you." It may be possible in view of the passages quoted above from Constantine and Cyril that the word means 'to go straight to something' and 'so to go straight ahead with a piece of business.' If this is so, the rendering will be: " I marvel how when I am going straight ahead with things and have sent you a letter" etc. Having surveyed the relevant material 9 we may now return to Gal 2 14. Here the following conclusions may be regarded as pro* I owe this reference to Mr. C. H. Roberts. • It is noteworthy that the Greek commentators, the ancient lexica and graeco-latin glossaries do not give us any information about the word.

Ntl. Studien f. Uultmann

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G. D. K i l p a t r i c k , Gal 2 14 όρθοποδοΰσιν

bable. First, όρθοποδεϊν is a verb of motion used metaphorically. Second, Trpos has its primary meaning of 'to, towards'. Third, όρθο- in όρθοποδεϊν signifies 'straight' or 'upright' of position, or direction. Any attempt to import a moral sense into the word seems mistaken. Thus όρθο- in compounds means 'straight, correct' rather than 'morally right'. Thus ορθογραφία is not 'morally right writing' but 'correct writing', in particular 'correct spelling'. In the same way όρθοέπεια is 'correct diction', όρθότης is 'correctness' rather than 'moral uprightness'. This is supported by the use of όρθοποδεϊν. Even when it describes orthodoxy this use is secondary and dependent on Gal 2 u. Only the Peshitta rendering can have a moral implication and even this is uncertain. The other senses of the word have no ethical implications. We now have to see which of these senses is applicable to Galatians. The first and most widely attested treats όρθοποδεϊν as the opposite of χωλεύειν. Second is the sense, found in some Latin texts, of being on the right road. The third is "to go straight toward" a goal, as found in Constantine and Cyril and possibly the Latin rendering (a). All three renderings are possible but the second seems the more likely. We can understand ότι ούκ όρθοποδοΰσιν προς κτλ as equivalent to ότι χωλεύουσιν πρό$ κτλ or we can render "that they were not going straight toward the truth of the Gospel". The context, however, must be considered. St. Peter and his fellows had first been associating with the Gentiles. Then under pressure they went back on this course and withdrew from the Gentiles. At that point "they were not on the right road toward the truth of the Gospel". This seems to accord best with the context. Whichever of the three renderings we adopt the passage suggests that the truth of the Gospel is not something necessarily gained at the moment of becoming a Christian, but something which may be acquired only in time. This may not imply a progressive revelation but a revelation progressively comprehended.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I, Cor 736-38) Von Werner Georg Kümmel ( M a r b u r g / L a l i n , Wilhelmstr. 15)

Im Zusammenhang der Erörterung von Ehefragen handelt Paulus im ersten Korintherbrief (7 25 ff.) auch vom rechten Verhalten der παρθένοι. Am Ende dieser Ausführungen, die sich zu allgemeinen Aussagen über die Wünschbarkeit der Beibehaltung des verheirateten oder unverheirateten Standes ausgeweitet hatten, wird offensichtlich ein besonderer Fall ins Auge gefaßt: ein Mann steht »seiner Jungfrau« unsicher gegenüber und weiß nicht, ob er der Heirat dieser Jungfrau zustimmen oder sie ablehnen soll (7 36-38). Der Sinn dieser andeutenden Ausführung ist seit den Tagen der Alten Kirche umstritten 1 . Doch haben sich bis gegen das Ende des X I X . Jh.s nur Ausführlicher haben sich in den letzten 80 Jahren mit I Cor 7 3 6 - 3 8 folgende Arbeiten beschäftigt, die im weiteren nur mit dem Verfassernamen angeführt werden: J . W.Straatman, Bijdragen tot de kritiek en exegese des N.Testaments, Theol. Tijdschrift 8, 1874, 400ff.; W. C. van Manen, De verloofden te Korinthe (I Cor V I I : 3 6 - 3 8 ) , ebd., 607ff.; C. Holsten, Das Evangelium des Paulus I, 1, 1880, 306ff.; J . M . S. Baijon, De tekst der brieven van Paulus aan de Romeinen, de Corinthiers en de Galatiers als voorwerp van de conjecturaalkritiek beschouwd. Diss. Utrecht 1884, 65f.; P. W. Schmiedel, Die Briefe an die Thessalonicher und an die Korinther (Handcommentar zum NT I I , 1), 1891, 106f.; C. Weizsäcker, Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche, 2 1892, 661; C. F. G. Heinrici, Der erste Brief an die Korinther (Meyers Kommentar 6), 8 1896, 244ff.; E . Gräfe, Geistliche Verlöbnisse bei Paulus, Theol. Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen Prediger-Verein, N. F . 1, 1897, 67ff.; H. Achelis, Virgines subintroductae. Ein Beitrag zu I Cor VII, 1902; A. Jülicher, Die geistlichen Ehen in der Alten Kirche, Arch. f. Rel. Wiss. 7, 1904, 372ff.; J . Sickenberger, Syneisaktentum im ersten Korintherbrief?, Bibl. Ztschr. 3, 1906, 44ff.; H. Koch, Vater und Tochter im ersten Korintherbrief, ebd., 401 ff.; A. van Veldhuizen, De raadselachtige παρθένοι in I Cor 7 : 3 6 - 8 8 , Theol. Studien 24, 1906, I85ff. (der Aufsatz desselben Verf. über »Vrouwen van Korinthe«, Nieuwe Theol. Studien 2, 1919, 297ff. enthält nur einen Rückverweis auf den Aufsatz von 1906); C. Weyman, Zu I Cor 7 3eff., Bibl. Ztschr. 6, 1908, 377; J . W e i ß , Der erste Korintherbrief (Meyers Kommentar 6), β · 10 1910 ( = 1926), 206ff.; A. Robertson and A. Plummer, A Critical and Exegetical Commentary on the First Epistle of St. Paul to the Corinthians (The Intern. Crit. Commentary), 1911, 168ff.; F . Fahnenbruch, Zu I Cor 7 3 6 - 3 8 , Bibl. Ztschr. 12, 1914, 391 ff.; R . Steck, Geistliche Ehen bei Paulus? (I Cor 7 3 6 - 8 8 ) , Schweiz. Theol. Ztschr. 34, 1917, 177ff.; F. Herklotz. Zu I Cor 7 36 ff., Bibl. Ztschr. 14, 1917, 344f.; W. Bousset, Die Schriften des Neuen Testaments neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt, I I , 8 1917, 108; A. Jülicher, Die Jungfrauen im ersten Korintherbrief, 1

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zwei Auslegungen gegenübergestanden. Die traditionelle Auslegung, die auch von der Mehrzahl der altkirchlichen Väter vertreten wird2, bezieht die Ausführung auf einen Vater oder Vormund, der seine Tochter oder sein Mündel verheiraten oder vor der Ehe bewahren will3. Weil bei dieser Erklärung die Hochschätzung der JungfräulichProt. Monatshefte 22, 1918, 97ff.; A. Juncker, Die Ethik des Apostels Paulus II, 1919, 191ff.; Ph. Bachmann, Der erste Brief des Paulus an die Korinther (Zahns Kommentar 7), ®1921, 287fl. (die Nachträge von E. Stauffer in der 4. Aufl., 1936, bieten zur Stelle nur Literaturnachträge); K. Müller, die Forderung der Ehelosigkeit für alle Getauften in der Alten Kirche, 1927, 8; H. Preisker, Christentum und Ehe in den ersten drei Jahrhunderten, 1927, 133f.; St. Schiwietz, Eine neue Auslegung von I Cor 7 36-38, Theologie und Glaube 19, 1927, I f f . ; Κ. Holzhey, Zur Exegese von I Co 36-87 (sie!), ebd., 307f.; M. S. Enslin, The Ethics of Paul, 1930, I76ff.; G.Delling, Paulus Stellung zu Frau und Ehe, 1931, 86ff.; H. Lietzmann, An die Korinther I. II (Handbuch z. NT 9), »1931, 36ff. (die in der 4. Aufl., 1949, von mir beigefügten Nachträge werden im Folgenden mit verwertet); H. D. Wendland, Die Briefe an die Korinther (Das NT Deutsch 7), 1932, 39f.; A. Schlatter, Paulus der Bote Jesu, 1934, 246f.; E.-B. Alio, Saint Paul. Premiere öpttre aux Corinthiens (fitudes Bibliques), 1934, I84ff.; S. Belkin, The Problem of Paul's Background: Marrying One's Virgin, J . B. L. 64, 1935, 49ff.; J . Moffatt, The First Epistle of Paul to the Coiinthians (The Moffatt New Testament Commentary), 1938, 98ff.; G. Schrenk, θέλημα, Th. Wb. z. NT III, 1938, 60f.; O. Kuß, Die Briefe an die Römer, Korinther und Galater (Das NT übersetzt und kurz erklärt 6), 1940, z. St.; P. Ketter, Syneisakten in Korinth ? Zu I Cor 7 36-88, Trierer Theol. Ztschr. 56, 1947, 175ff.; W.Meyer, Der erste Brief an die Korinther (Prophezei) I, 1947, 288ff.; J . Höring, La premiere 0pitre de Saint Paul aux Corinthiens (Commentaire du Nouveau Testament VII), 1949, 60ff.; L.-A. Richard, Sur I Corinthiens (VII, 86-38). Cas de Conscience d'un pöre Chretien ou »mariage asc&tique« ? Un essai d'interpretation, Memoria] J . Cbaine (Bibliothfeque de la Faculty catholique de thöologie de Lyon 5), 1950, 309ff.; E. Alzas, L'apötre Paul et le cölibat, Rev. de thöol. et de philos., N. S. 38, 1950, 226ff.; A. Oepke, Irrwege in der neueren Paulusforschung, Th. L. Z. 77, 1952, 449ff.; F. W. Grosheide, Commentary on the First Epistle to the Corinthians (The New Internat. Comm. on theN. T.), 1953, I82ff.; H. D. Wendland, die Briefe an die Korinther (Das NT deutsch 7), «1954, 57 f. ' J . Sickenberger, 49ff. nennt Chrysostomus, Theodoret, Epiphanius, Ps.Basilius De virginitate, Ambrosius, Augustin, Ambrosiaster, Pelagius (bestätigt durch die Ausgabe von A. Souter, Pelagius' Expositions of Thirteen Epistles of St.PaulII, 1926,169f.). A. Jülicher (1918), 10ff. fügt Severianusund Clemens Alexandrinus hinzu. Dazu kommen jetzt Theodor v. Mopsuestia, Oecumenius und Photius bei K. Staab, Pauluskommentare aus der griechischen Kirche, 1933, 183.438. 516. 8 P. W. Schmiedel, C. F. G. Heinrici, J . Sickenberger, H. Koch, A. Robertson-A. Plummer, A.Juncker, Ph. Bachmann, St. Schiwietz (nur für v.88), H. D. Wendland (1932), A. Schlatter, E . Alio, Ο. Kuß, P. Ketter, W. Meyer (zögernd), E. Alzas, A. Oepke, F. W. Grosheide; ferner W. Gutbrod, Die paulinische Anthropologie, 1934, 68; H.-W. Jensen, Christliche und nichtchristliche Eheauffassung, Diss. Tübingen 1939, 66f.; R. Liechtenhan, Gottes Gebot im NT, 1942, 101 Anm. 17; St. Lösch, Christliche Frauen in Korinth, Th. Qu. Sehr. 127, 1947, 224.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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keit nicht genügend zum Ausdruck kam, haben Methodius4 und einige lateinische Väter6 die Anweisung auf die Pflicht zur Bewahrung der eigenen Jungfräulichkeit bezogen, und diese allegorisierende Auslegung hat seltsamerweise in neuerer Zeit noch einen Verteidiger gefunden®. Von diesen wenigen Ausnahmen abgesehen, herrschte die traditionelle Auslegung aber fast unbestritten, bis W. C. van Manen 1874 in einem Aufsatz erklärte, der Text weise für den unbefangenen Leser durch nichts auf einen Vater und seine Tochter hin, es sei vielmehr von zwei Verlobten die Rede, die ihre Ehe noch nicht begonnen hatten, und denen Paulus anrate, zu heiraten oder besser Verlobte zu bleiben7. Gegen dieses Verständnis wandte aber dann E. Gräfe ein, daß selbst innerhalb der christlichen Gemeinde die Entstehung naher Beziehungen zwischen den beiden Geschlechtern nur schwerlich möglich war, daß bei dieser Deutung die Übersetzung von ύττέρακμος als »über die Reife hinaus« keine überzeugende Begründung für das Verhalten des Mannes darstelle, und daß παρθένος als Bezeichnung der Braut sehr seltsam sei. Er schlug darum im Anschluß an eine Andeutung C. Weizsäckers8 vor, die Ausführungen des Paulus auf eine »geistliche« Ehe zu beziehen, wie sie vom III. Jh. an zweifellos bezeugt ist, wie sie aber vielleicht schon Hermas voraussetzt9. H. Achelis ging noch einen Schritt weiter und postulierte für die korinthische 4

Methodius, Symposion III, 14; ed. N. Bonwetsch (Griech. Christi. Schriftsteller). 1917. 44. 5 Hieronymus, Gegner des Augustinus, Gaudentius (nach A. Sickenberger und A. Jülicher, siehe Anm. 2). β K. Holsten, der zwischen den Möglichkeiten schwankt, v. 87 als Einschiebung anzusehen oder eine kürzere Form des Verses als ursprünglich zu postulieren. 7 W. C. van Manen setzt sich in dieser Arbeit mit dem vorausgegangenen Aufsatz von J . W. Straatman auseinander, der unter der Voraussetzung, Paulus rede von einem Vater und seiner bereits zur Ehe v e r s p r o c h e n e n Tochter, in v. 86 ύττέγγυος ( = verpfändet) statt ύττέρακμος und όφείλει statt όφείλει γίνεσθαι lesen wollte. Van Manen fand Zustimmung bei P. D. Chantepie de la Saussaye, Studien 4, 1878, 86f.; J. M. S. Baijon, A. van Veldhuizen, G. Schrenk, H. D. Wendland (1954), während S. Belkin unabhängig davon die gleiche Deutung vertrat. — Schon A. L. C. Heydenreich, Commentarius in priorem Divi Pauli ad Corinthios epistulam I, 1826, 494 polemisiert gegen Alii, die »παρθένον v. 86. 87 sponsam significare existimant« und erklärt dazu: »Aperte omnes istae interpretationes sunt mirum in modum coactae«. Es ist mir nicht möglich gewesen festzustellen, wer die hier bekämpften Alii sind. * »Es scheint . . , eine Art von geistlicher Angelobung der Jungfrau an einen Mann stattgefunden zu haben, welche ihm das Schutzrecht und die Aufsichtspflicht gewährte, aber . . . auch eine Quelle von Gefahren bildete.« • Die Schilderung eines Liebesspiels zwischen Hermas und 12 Jungfrauen d>s άδελφόξ καΐ οΰχ ώς άνήρ in Herrn, sim. 9, 10, 6ff. hat mit dem Syneisaktentum nur die Tatsache einer ungeschlechtlichen engen Gemeinschaft zwischen Menschen beiderlei Geschlechts gemein, ist im übrigen aber zweifellos von einer profanen

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Gemeinde die Sitte der virgines subintroductae in ihrer vollen Ausbildung, also das Gelübde der Jungfräulichkeit von Seiten der eine geistliche Ehe eingehenden Männer und Mädchen, wollte dann freilich die Anweisung des Paulus in 7 88 dahin deuten, daß der geschlechtlich überreizte Mann das Mädchen einem andern Christen als Gattin zuführen solle. Während diese sonderbare Deutung von 7 38 keine Anhänger gefunden 'hat 10 , hat sich die Anschauung weitgehend durchgesetzt, daß Paulus in I Cor 7 36-38 die Sitte des ungeschlechtlichen Zusammenlebens eines Mädchens mit einem Mann voraussetze und als das zu empfehlende, wenn auch nicht immer aufrecht zu erhaltende Verhalten billige11. erotischen Vorlage abhängig (siehe M. Dibelius, Der Hirt des Hermas, 1923, 618f. ί A. van Veldhuizen, 192 hält den Text für reine Phantasie, die den Geschmack de s Verfassers verrate). Der Text beweist darum nicht sicher das Vorhandensein de r Sitte der virgines subintroductae, aber weist deutlich auf die Hochschätzung eines ungeschlechtlichen Verkehrs zwischen Christen beiderlei Geschlechts hin. Ob Did 11, 11 προφήτης . . . ποιών εις μυστήριον κοσμικών έκκλησίος »sich auf .geistliche Ehen' von Propheten bezieht« (H. v. Campenhausen, Die Askese im Urchristentum, 1949, 41 Anm. 192; vgl. auch R . Knopf, Die Lehre der zwölf Apostel, Die zwei Clemensbriefe, 1920, 32f. und H. Preisker, 158f.), ist schwerlich sicher zu entscheiden (A. Broek-Utne, Ztschr. f. Kirch. Gesch., 3. F . 6, 1935, 576ff. vermutet mit guten Gründen, es sei von einem prophetischen Handeln auf Grund eines geschauten Gottesgeheimnisses die Rede). 1 0 In der Alten Kirche hat freilich Ephräm in seinem armenisch erhaltenen Kommentar zu den Paulusbriefen die gleiche Lösung vertreten, wie F . Herklotz nachgewiesen h a t . 11 J . Weiß, F. Fahnenbruch, R . Steck (der um dieser Deutung willen den ganzen I. Korintherbrief dem Paulus abspricht), W. Bousset, A. Jülicher (1904 hatte J . noch von einem Liebespaar gesprochen, das ursprünglich heiraten, jetzt aber auf Vorschlag des Mannes die Jungfräulichkeit wahren wollte; und auch 1918 betont J . , man dürfe »den Gegensatz zwischen der Braut im gewöhnlichen Sinne und der Jungfrau, die einer sich zur Lebensgefährtin in gemeinsamer Jungfräulichkeit erwählt hat« nicht zu stark unterstreichen), K. Müller, H. Preisker, K . Holzhey (denkt in v. 88 im Gegensatz zu v. ae. 87 an eine Störung des Verhältnisses, die von der Jungfrau ausgeht; Paulus empfehle in diesem Falle eine Verheiratung des Mädchens an einen anderen Mann), M. S. Enslin, G. Delling (ebenso Th. Wb. z. NT, V, 1964, 836), H. Lietzmann, J . Moffatt, J . Hiring, L.-A. Richard (gibt die Meinung von J . Chaine wieder, nach dem der Fall vorausgesetzt ist, daß eine junge Christin sich durch eine fiktive Ehe unter den Schutz eines Glaubensbruders stellte, was aber nicht immer durchführbar blieb); ferner R . Knopf, Das nachapostolische Zeitalter, 1906, 410; T. W. Manson, The Corinthian Correspondence, Bull, of the John Rylands Library 16, 1941/2, 110; E . Stauffer, Thl. Wb. z. NT I, 1933, 660; M. Goguel, La naissance du Christianisme, 1946, 294; H. Schlier, Über das Hauptanliegen des I. Korintherbriefs, E v . Theol. 1949/60, 469; W. Bauer, Griechischdeutsches Wörterbuch zu den Schriften des NT, 4 1962, 273; M. Albertz, Die Botschaft des NT, I, 2, 1962, 302; R. Bohren, Das Problem der Kirchenzucht im N T , 1962, 40 Anm. 49; R . Bultmann. Theologie des NT, 1963. 102. 664.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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So stehen sich heute in der Deutung von I Cor 7 36-38 zwei Auffassungen gegenüber, die beide sehr zahlreiche Anhänger haben, die freilich beide recht erheblichen Bedenken unterliegen. Man hat nun aber bei der exegetischen Erörterung dieses Textes meistens unterlassen, die von Seiten der Korinther und des Paulus vorausgesetzten kulturellen und rechtlichen Tatbestände ernstlich ins Auge zu fassen, und die Folge davon ist, daß beide Auslegungen geschichtlich nicht ausreichend begründet sind, darum aber ohne wirkliche Überzeugungskraft sich gegenseitig ausschließen. Es soll darum im Folgenden versucht werden, unter Heranziehung zeitgeschichtlichen Materials zu einem sichereren Verständnis des Textes zu gelangen. I Der ohne ernstlich in Frage kommende Varianten überlieferte Text, wie ihn alle modernen Ausgaben bieten, sieht einen nicht näher gekennzeichneten Tis (bzw. δς) einem Mädchen gegenüberstehen, das als »ή παρθένος αύτου« bezeichnet wird. Der Mann kann nach Paulus zwei verschiedene Haltungen dem Mädchen gegenüber einnehmen: entweder er glaubt »schamlos« ihr gegenüber zu handeln, weil er oder sie ύττέρακμος ist; in dieser Zwangssituation (εί ούτως οφείλει γίνεσθαι) empfiehlt Paulus die Heirat des Mädchens, ohne daß deutlich gesagt würde, mit wem die Heirat stattfinden soll. Oder der Mann fühlt sich durch nichts in eine Zwangssituation versetzt (μή εχων ανάγκην) und hat schon beschlossen, »seine Jungfrau zu bewahren«; das hält Paulus für den besseren Weg. Beide Möglichkeiten werden in v. 38 dahin zusammengefaßt, daß ό γαμίζων την εαυτού παρθένον gut und ό μή γαμίζων besser handle. Die t r a d i t i o n e l l e A u s l e g u n g geht von diesem Abschlußvers aus, der von einem »Verheiraten« zu reden scheint, und deutet von da aus die beiden vorhergehenden Verse auf den Mann, der über ein Mädchen die Verfügungsgewalt hat, den Vater oder auch Vormund gegenüber der Tochter oder dem Mündel. Bei dieser Auslegung ist dreierlei vorausgesetzt: 1. ή παρθένος αύτου kann »die Tochter« (oder auch »das Mündel«) bezeichnen; 2. die Begriffe άσχημονεϊν, υπέρακμος, έξουσίαν εχει περί τοΰ ίδίου θελήματος passen zum Verhältnis von Vater und Tochter; 3. der Vater kann frei über die Verheiratung seiner Tochter oder die Verweigerung ihrer Verheiratung entscheiden. Die erste Voraussetzung trifft rein sprachlich zu: ή παρθένος μου u.dgl. wird mehrfach im Sinne von »meine Tochter« gebraucht12; u

So Sophokles, Oedipus Tyrannos, 1464 ταΐν δ' άθλίαιν οίκτραΐν τε τταρΘένοιν έμαΐν; ein Papyrusbeleg bei F. Preisigke, Wörterbuch der griechischen Papyrusurkunden . . . II, 1927, 269; einen späten Beleg bietet W. Bauer (s. Anm. 11), 1142: Theodoros Prodromos, Κατά 'Ροδάνθην καΐ Δοσικλέα I, 292ff. ( = Erotici Scriptores Graeci, ed. R. Hercher, II, 1869, 298): "θύμοι, πάτερ . . . έγώ τό σόν γέννημα, τήν σήν παρθένον ζωής άττεστέρησα . . . Έπεγκάλει μοι της övyarpös τόν

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freilich ergibt sich dieser Sinn dann immer aus dem Zusammenhang, und der Zusammenhang weist in I Cor 7 3β-3β nicht auf einen Vater und seine Tochter hin. Vielmehr ist παρθένος in I Cor 7 2 5. 28. 34 zweifellos im Sinn des noch unverheirateten und, neben ή γυνή ή άγαμος, wohl auch des unberührten Mädchens gebraucht, und es liegt darum auf alle Fälle wesentlich näher, auch in 7 36 ff. an die Beziehung eines Mannes zu einem unverheirateten Mädchen zu denken, das durch αύτου als ihm irgendwie nahestehend gekennzeichnet ist. Andernfalls müßte Paulus innerhalb des sachlichen Zusammenhangs von Kap. 7 von παρθένος = unverheiratetes Mädchen zu παρθένος = unverheiratete Tochter übergehen, was durchaus unwahrscheinlich ist13. Doch läßt sich von hier aus keine sichere exegetische Entscheidung fällen. Dagegen ist schon die zweite oben genannte Voraussetzung äußerst fraglich. 'Ασχημονεΐν έπΐ την παρθένον αύτου kann nur aktivisch ein sittenwidriges Verhalten gegen die Jungfrau bezeichnen, also ein Verhalten, das der Jungfrau Schande bereitet. Man kann nun darauf hinweisen, daß I Cor 7 85 als das Ziel der gesamten Ratschläge des Paulus angegeben war προς τό εύσχημο ν καΐ εύπάρεδρον τω κυρίω άπερισπάστως, und-daraus folgern, daß άσχημονεΐν ganz allgemein gebraucht sein müsse und nicht auf das geschlechtliche Verhalten eingeschränkt werden dürfe14. Aber dagegen ist einmal zu bemerken, daß es sehr auffällig wäre, wenn Paulus die Verhinderung einer Heirat der Tochter durch den Vater und damit das »Sitzenbleiben« des Mädchens als eine Schande bezeichnete, die ein christlicher Vater ernstlich zum Motiv seines Handelns machen dürfte, nachdem Paulus 7β.2β das Unverheiratetbleiben als das wünschenswerteste Verhalten bezeichnet hatte. Daß die Schande aber dadurch zustande käme, daß das am Heiraten gehinderte Mädchen sich der Unzucht hingäbe, könnte Paulus schwerlich durch άσχημονεΐν . . . έπί ausdrücken. Andererseits aber spricht gegen die allgemeine Deutung von άσχημονεΐν, daß Paulus Rm 127 άσχημοσύνη und I Cor 1223 τά άσχήμονα (μέλη) deutlich im geschlechtlichen Sinn verwendet15, und daß άσχημονεΐν auch sonst häufig für geschlechtliche Fehltritte gebraucht wird16. Wäre demnach bereits φόνον. — C. Weyman weist nach, daß virgo mehrfach »Tochter« heißt, und P h . Bachmann, 289 Anm. 2 zitiert Corn. Nepos, Epam. 3, 61, wo die Tochter eines Freundes als virgo amici nubilis bezeichnet wird. E s stimmt daher nicht, daß τταρθένος niemals ce sens de »fille« habe (gegen L.-A. Richard, 311f.). 1 3 Die Annahme von J . Weiß, I93ff., Paulus handle von 7 25 an von παρθένοι, die dauernde Jungfräulichkeit gelobt haben, und es seien auch Männer in diesem Begriff mitgemeint (so dann auch R . Steck und M. S. Enslin), ist von A. Jülicher (1918), llOff. mit Recht als unhaltbar abgelehnt worden. M J . Sickenberger, 64. Belege für di< sen allgemeinen Sprachgebrauch bei Ph. Bachmann, 290. 1 6 I Cor 1 3 5 steht ferner in fast allen Handschriften ή άγάττη . . . οΰκ άσχημο νεί. Der genauere Sinn ist aber hier nicht feststellbar, wenn nicht überhaupt mit p 4 * zu lesen sein sollte ουκ εύσχημο υεΐ, wie A. Debrunner, Conjectanea Neotestamentica 11, 1948, 37ff. annimmt. 1 8 Dionysius Halic., Ant. Rom. (ed. Ja oby II, 1888, 109) IV, 6 5 : wenn du Widerstand zu leisten versuchst, um den Ans and zu wahren, werde ich dich töten

Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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άσχημονεΐν έττΐ την παρθένον αύτοΰ für das Verhalten eines christlichen Vaters gegen seine Tochter, der er die Eheschließung untersagt, nur schwer verständlich, so gilt das erst recht für έάν ή ντττέρακμοζ. Ist der tIc der Vater der παρθένος, so kann ύττέρακμος sich nur auf das Mädchen beziehen; man deutet dann ύττέρακμοζ als »vollerblüht« oder »über die Jahre hinaus«17, wobei sich sprachlich nur die zweite Übersetzung verteidigen läßt 18 . Bezeichnet aber ύττέρακμος ein Übermaß, so ist die sprachlich an sich mögliche Deutung auf die zeitliche Überschreitung des Höhepunktes geschlechtlicher Entwicklung bei dem Mädchen im Zusammenhang sinnlos. Denn »there would be no point in marrying off a woman after she bad reached a certain age of maturity«19, und es bleibt neben άσχημονεΐν ΙπΙ τήν παρθένον αύτου νομίζει nur die Möglichkeit, das Οττέρακμον είναι als die Ursache dieses möglichen άσχημονεΐν auf zu großen geschlechtlichen Anreiz zu beziehen. Dafür spricht auch, daß nicht nur einer der und einen deiner Sklaven und die Leichen zusammen legen καΐ φήσω κατειληφώς άσχημονοΟσάν σε μετά τοΟ δούλου. — Plutarch, Vitae parallelae, Κάτων 24, 6 (ed. Lindskog-Ziegler I I , 1, 1932, 74): τό δ ' αϊσχιστον, ούδ' ή γυνή του Κάτωνος Άτιλία τοιούτων έκαθάρευσεν Αμαρτημάτων, άλλά καίττερ έξ αύτης δύο παιδία ττεττοιημένος, άνάγκην 2σχεν έκβαλεϊν άσχημονοΟσάν. Vgl. auch Philo, de Cher., § 94 und Methodius, a. Anm. 4 a. Ο. 44, 6, dazu die Tatsache, daß Chrysostomus immer von άσχημονεΐν der Syneisakten und ihrer Patrone gegeneinander redet (H. Achelis, 23). Die erste Übersetzung etwa bei St. Schiwietz, der auf die sahidische Übersetzung verweist (»wenn sie erwachsen oder groß geworden ist«), E . Alio, A. Oepke; die zweite Übersetzung etwa bei A. van Veldhuizen: »De dagen der jeugd gaan voor het meisje langzamerhand voorbij«, ähnlich Viele. " Soranus, Γυναίκεια, I. 22 (Corp. Med. Graec. IV, 1927, 15, 8 ) : der B l u t fluß ist zunächst bei den Frauen nur schwach, όλ{γαις χάρ παντελώς καΐ ταύτας ϋττεράκμοις ( = über die Reife hinaus) ττρό της διακορήσεως άθροΰν έττιφαίνεται. — Eustathius, Manuelis Comneni laudatio funebris, Kap. 32 ( = Opuscula, ed. T . L . F. Tafel, 1832, 203, 5 3 ) : Έσφράχιστο . . . έν toTs ψυχικοϊς θησαυροϊς θειότερον" τά ττολλά δέ καΐ έκ τταιδός μέχρι καΐ ε!ς τό ύττέρακμον ( = bis ins hohe Alter) διεσώζετο. — Eustathius, Comm. in Horn. Odyss., zu Od. 21, 407, p. 1916, 20f. (ed. Leipzig I I , 1826, 2 6 7 ) : οΐττέρ είσιν ol, ώς έρρέθη, άκολαστα(νοντες ύττέρακμα ( = über die Reife hinaus ausschweifend; es ist von Päderastie die Rede). — Suidae Lexicon, ed. A. Adler I V , 1936, 660: Ύττέρακμος* ύττεκδραμών τήν ώραν. — Vgl. auch die bohairische Übersetzung zu I Cor 7 86 »falls er die Blüte gemacht hat« und die armenische Übersetzung »wenn sie über das Maß hinausgekommen ist« (nach St. Schiwietz, 13). — Ebenso hat auch ύττερακμάζω immer den Sinn des Übermäßigseins: Myron von Priene (Fragm. d. griech. Historiker ed. F . J a c o b y I I B, 1929, Fragm. 2, S. 610, l l f . : εϊ τίνες ύπερακμάζοιεν τήν οίκετικήν έττιφάνειαν, έττέθηκαν ζημίαν θάνατον. — Papiri Greci e Latini 6, 1920, Nr. 666, 18 ( I I I . J h . n. Chr.): χίνωσκε δέ δτι (ή ?)δη τά οΙνάρια ύπερήκμακεν. — Demgegenüber kann es nicht als Beweis für wirklich vorhandene Bedeutung »ausgewachsen sein« gelten, wenn Hesychius (Lexicon . . . ed. M. Schmidt IV, 1862, 203) angibt: ύττέρακμος: μέχας, und wenn (nach der Mitteilung von St. Schiwietz, 13) die äthiopische Übersetzung έάν ύττέρακμος ή durch »falls er zum Mann herangewachsen ist« wiedergibt. 1 1 J . Moffatt, vgl. auch St. Schiwietz, 4 Anm. 6 und J . Höring. 17

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profanen Belege ύττέρακμος in diesem Sinne gebraucht20, sondern daß auch andere Wörter des Stammes άκμή starke geschlechtliche Erregtheit ausdrücken21. Kann demnach auch ύττέρακμος in diesem Zusammenhang nur auf ein Verhältnis bezogen werden, das durch eine geschlechtliche Spannung gekennzeichnet ist, so bleibt die Frage relativ unwichtig und kann auch kaum sicher beantwortet werden, ob Subjekt dieses Sätzchens εάν ή ύττέρακμος der τίζ oder die παρθένος ist, da dem Sinn nach beide Deutungen gleich gut passen. Freilich wird man doch eher an den τίς zu denken haben, weil dadurch ein unnötiger Subjektswechsel vermieden wird22. Noch ein dritter Ausdruck läßt sich bei der Deutung auf das Verhältnis eines Vaters zu seiner Tochter nur schwer verstehen: έξουσίαν Ιχει περί του ιδίου Θελήματος. Schon das wäre ja äußerst auffällig, daß so stark betont wäre, daß der Vater die freie Verfügungsgewalt über seinen eigenen Willen hat, ohne in einer Zwangssituation zu stehen23. Denn dem Tatbestand, daß nach der Formulierung des Paulus bei dieser Deutung der Vater seltsamerweise auch n i c h t die Verfügungsgewalt über seinen Willen haben k ö n n t e , die Tochter unverheiratet zu lassen, kann man nicht durch die Behauptung entgehen, der v. 37 erwähnte Vater befinde sich eben in der glücklichen Lage, daß der Wille der Tochter seinen Willen nicht kreuzt24. Denn das ist ja doch gerade die Lage des Mannes in v. 37, daß er έν τη ίδίςχ καρδίς* sich völlig frei fühlt und über sein θέλημα frei verfügen kann, und das kann man doch schwerlich von einem Vater sagen, der nicht schwankt, ob er seine Tochter verheiraten dürfe und solle oder nicht. Dazu kommt aber, daß Paulus das Wort Θέλημα sonst ausschließlich für G o t t e s Willen gebraucht, also nur I Cor 7 37 von diesem biblischen Sprachgebrauch abweicht. Dann fällt aber ins Gewicht, daß im profanen Sprachgebrauch das sehr seltene Wort Θέλημα besonders für das geschlecht Eustathius, Comm. in Horn. Od. 21, 407 (s. Anm. 18). Belege für άκμή = höchste sinnliche Erregtheit bei G. Delling, 88 Anm. 194, dazu Methodius, a. Anm. 4 a. O., 44, 4. — Clementina, ed. P. Lagarde, 8, 17 ( = Brief des Clemens an Jakobus, Kap. 7): auch die schon Älteren sollen die Ehe nicht vernachlässigen; ένίοις y i p καΐ γηράσασιν άκμαία Ινεστιν έτπθυμία. — Syntipas (M^moires de l'Acad. imp6r. des sciences hist.-phil., t. XI, 8 m e s£r., P6tersbourg 1912, 10, 14): dein Vater ist schon durch Alter verbraucht und seine ganze Kraft ist verfallen, σύ δέ σφριγά ττ) £ώμη καΐ άκμώζεις τι) νεότητι. — Constitutiones Apostolorum 3, 2, 1 (ed. F. X . Funk I, 1905, 185): αί νεώτεροι χήραι . . . μήιτοτε ττροφάσει του μή δύνασθαι κρατεϊν της άκμήξ έττΐ δευτερογαμίαν έλθοϋσαι έν πράγματι γένωυται. 22 So die Mehrzahl der Anm. 11 genannten Exegeten. Der Einwand von A. Juncker, 197, daß Paulus in diesem Falle »wohl seiner Gewohnheit gemäß (vgl. ζ. B. gleich v. 37 oder 8, 7; 9, 19. 20; 11, 4. 7) ύττέρακμος ών geschrieben hätte«, ist falsch, wie etwa Rm 7 3 a I Cor 7 40 II Cor 9 4 beweisen. 28 Die Verbindung Ιξουσία ττερί T I V O S scheint selten zu sein, als Parallele wird nur genannt IV Macc 4 5 λαβών τήν ττερί αύτών έξουσίαν = Vollmacht über eine Sache erhalten (siehe W. Foerster, Thl. Wb. z. NT II,.563). « H. Koch, 405. 20

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Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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liehe Begehren des Mannes gebraucht wird25, und Joh 1 13 liegt dieser Sprachgebrauch ebenfalls sicher vor26. In dem I Cor 7 3ef. vorliegenden Zusammenhang, der von dem Verhältnis eines Mannes zu einer παρθένος redet, das durch geschlechtliche Spannung gekennzeichnet ist, bleibt dann aber keine andere Möglichkeit, als έξουσίαν εχει περί του ιδίου θελήματος zu verstehen als »er hat Verfügungsgewalt über seinen eigenen Trieb«. Und dazu paßt κέκρικεν . . . τηρεΐν την Ιαυτου παρθένον vorzüglich, wenn auch dieser Ausdruck nichts Sicheres für die Deutung des Kontextes ergibt27. Die Beziehung von I Cor 7 36-38 auf das Verhalten eines Vaters seiner Tochter gegenüber ist somit schon durch die Besprechung der beiden sprachlichen Voraussetzungen dieser Beziehung als kaum haltbar erwiesen. Das gilt aber erst recht und abschließend, wenn wir die dritte Voraussetzung dieser Beziehung ins Auge fassen. Immer wieder wird nämlich behauptet, die patria fiotestas sei so uneingeschränkt gewesen, daß ein Vater völlig frei entscheiden konnte, ob er seine Tochter verheiraten wolle oder nicht; auch sei der Verkehr der unverheirateten Mädchen so beschränkt gewesen, daß für sie keine Möglichkeit bestand, mit einem jungen Mann Bekanntschaft als Voraussetzung einer Eheschließung zu machen 28 . Und diese Annahme ist ja auch unumgänglich, wenn hier dem Vater die alleinige Entscheidung über Heirat oder Nicht-Heirat der Tochter zugeschrieben sein soll. Nun wäre es ja schon sehr auffällig, wenn Paulus dem Vater eine solch unbeschränkte Verfügungsgewalt über seine Tochter in einer Angelegen85

Siehe die Nachweise bei G. Schrenk, Thl. Wb. z. N T III, 53, 10ff.; 64, 17ff.; 60, 22ff. Vgl. Papyri Graecae Magicae, hrsg. von K. Preisendanz I, 1928, Nr. 4, 1521f. (Liebeszauber): έμέ μόυον στεργέτω, τ ά έμά θελήματα π ά ν τ α ττοιείτω . . . εως Ιλθη ττρός έμέ . . . φιλοΟσά με καΐ ττοιήση π ά ν τ α τά Θελήματά μου und Corp. Herrn. X I I I , 1/2. 4 (Corp. Herrn, ed. A. D. N o c k — A . - J . Festugtere II, 1945, 200f.): ά γ ν ο ώ . . . Ιξ οίας μήτρας άνθρωπος έγεννήθη, σποράς δέ ποίας. Τ ί 0 τέκνον, σοφία νοερά έν σ ι γ ή καΐ ή σ π ο ρ ά τό άληθινόν άγαθόν. Τίνος σπείραντος, ώ πάτερ; . . . ΤοΟ θελήματος του θεοΰ, ώ τέκνον. — τίς έστι γενεσιουργός της παλιγγενεσίας; Ό τ ο υ θεοΰ παις, άνθρωπος εις, θελήματι θεοϋ. Μ S. W. Bauer, D a s Johannesevangelium, 1933, 22. 87 Eine genaue Parallele wäre Achilles Tatius ( = Erotici Scriptores Graeci, ed. R. Hercher I, 1858, 212) VIII, 18, 2: παρθένον γ ά ρ τήν κόρην μέχρι τούτου τετήρηκα (es spricht der Liebhaber), während Heracliti Quaest. Homericae 19 (ed. Soc. Phil. Bonn., 1910, 30, 3f.) διό δή καΐ παρθένον αυτήν Ιτήρησαν (sc. die Athene) wohl zu übersetzen ist: »Sie ließen sie eine Jungfrau bleiben«. Der Einwand von G. Delling, 87, Anm. 193, τηρεΐν heiße » s e l b s t bewachen« ist gegenstandslos, da τηρεΐν in diesem Falle ja tatsächlich » s e l b s t behüten« bedeutet. " Vgl. etwa J. W. Straatman, 409; C. F. G. Heinrici, 245; A. Juncker, 199 (»der patria potestas eignete nach griechischem wie jüdischem Bewußtsein der Charakter voller Unbedingtheit«); St. Schiwietz, 2 (»die Brautleute lernten sich in der "Regel erst am Hochzeitstage kennen«) usw.

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heit zuschriebe, die ja in erster Linie das persönliche Leben der Tochter betraf, wo Paulus ja sonst doch so deutlich die Forderung aufstellt, daß die Väter ihre Kinder nicht »erbittern« sollen, damit sie nicht mutlos werden (Col 321). Und man kann dem nicht mit der Annahme ausweichen, daß nach v. 87 der Mann seine Meinung erst bilde, »wenn er des weiblichen Teils völlig sicher geworden ist«29; denn in v. 87 ist allzu deutlich davon die Rede, daß der Mann έδραΐος in seinem Herzen ist und über seinen Willen Gewalt hat. Aber es trifft ja schon nicht zu, daß der Vater in der Zeit des Urchristentums nach griechisch-hellenistischer Sitte und Anschauung allein über die Heirat seiner Tochter entschied. Zwar fehlen uns offensichtlich für Recht und Sitte des hellenistischen Griechenland wirklich ausreichende Quellen, doch kann man die allgemeinen Züge der Zeitanschauung durchaus erkennen. Für das klassische Griechenland galt wie für das klassische Rom, daß der Vater das Mädchen in jungen Jahren aus freien Stücken verheiratete80, und dasselbe zeigen noch zahlreiche griechische Eheverträge auf Papyrus81. Aber zwei Tatbestände lassen es schon ganz allgemein als fraglich erscheinen, ob dieses Recht und diese Sitte auch für das Griechenland des I. Jh.s nach Christus und damit für die korinthischen Christen jener Zeit galten. Einmal hatte sich seit dem I. Jh. vor Christus von der römischen Sitte aus im römischen Reich eine immer größere Gleichstellung der Frau mit dem Mann durchgesetzt, was eine freiere Stellung der Frau und im Rahmen des Rechts in vielen Fällen einen Verzicht des Vaters auf die patria potestas auch der Tochter gegenüber bedeutete82. Andererseits wissen wir ja gerade für die korinthische Gemeinde, daß ihre Glieder zum größten Teil aus sozial niederen Klassen stammten (I Cor 1 seff.), und es gilt nur »in höheren Kreisen und im guten Mittelstand« als Regel, daß die Ehe von den Eltern der Beteiligten geschlossen wird88. Aber noch stärker gegen die Annahme eines freien Entscheidungsrechts des Vaters über die Eheschließung der Tochter zur Zeit des Paulus sprechen zwei Beobachtungen. 1. Hatte schon Aischylos es als »unheilig« bezeichnet, wenn eine Ehe gegen den Willen der Ehepartner geschlossen wurde34, so war in der hellenistischen Zeit durch Sitte und dann seit Tiberius auch durch das » A. Jülicher (1918), 106, ähnlich E . Alio, 186. Κ. F . Hermann, Lehrbuch der griech. Privataltertümer, 3. Aufl. von H. Blümner, 1882, 261; W . Erdmann, Die Ehe im alten Griechenland, 1934, 226f.; L. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms I, 1 0 1922, 273. 8 1 L. Mitteis und U. Wilcken, Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde II, 1, 1911, 216; R . Taubenschlag, Die patria potestas im Recht der Papyri, Ztschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. 37, Rom. Abt., 1916, 187. 8 1 J . v. Müller-Α. Bauer, Die griechischen Privat- und Kriegsaltertümer, Ί 8 9 3 , 153f.; W . Schubart, Die Frau im griechisch-römischen Ägypten, Intern. Monatsschr. f. Wissenschaft, Kunst und Technik 10, 1916, 1623; B. Förtsch, Die politische Rolle der Frau in der römischen Republik, 1935, 25ff.; J . Carcopino, Das Alltagsleben im alten Rom zur Blütezeit des Kaisertums, 1950, 127ff. 88 U. Kahrstedt, Kulturgeschichte der römischen Kaiserzeit, 1944, 286. M Aischylos, Hiketiden 227f. πώς δ ' δν γαμών δκουσαν άκοντος πάρα I άγνός νένοπ' dv; (siehe L . Schmidt, Die Ethik der alten Giiechen II, 1882, 203). 80

Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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Recht festgelegt, daß der Vater auf die Tochter bei der Heirat keinen Zwang ausüben dürfe, wenn sie den Gatten (und dann natürlich auch die Verheiratung überhaupt) ablehnt 36 . 2. Schon seit dem II. Jh. vor Christus begegnen in rein griechischen Eheverträgen auf Papyrus Ehen, die durch den consensus der beiden Ehepartner geschlossen werden, ganz unabhängig davon, welche Rechtsform die betreffende Ehe jeweils hatte8®. In allen diesen Fällen ist also die Braut ebenso wie der Bräutigam selbständiger Partner der Eheschließung, und von einer freien Verfügung des Vaters ist nicht mehr die Rede. Nehmen wir alle diese Tatbestände zusammen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß zur Zeit des Paulus auch in Griechenland, zum mindesten in den Kreisen, denen die Christen entstammten, keine unfreiwilligen Verheiratungen christlicher Mädchen (und dementsprechend auch keine Eheverhinderungen) von Seiten der Väter stattgefunden haben können. Und dem entspricht die positive Tatsache, daß in der Zeit des Hellenismus die Mädchen keineswegs mehr ohne die Möglichkeit einer Berührung mit dem andern Geschlecht in den γυνοακάρια einU. Kahrstedt (siehe Anm. 33), 64; W. Erdmann (siehe Anm. 30), 227· Siehe Ps.-Plutarch, ΈρωτικαΙ Διηγήσεις 1, p. 772 A (Moralia IV, ed. C. Hubert, 1938, 397): ein Mädchen hat zwei Bewerber; auf Veranlassung des einen της παιδός ό Θεοφάνης (d. h. der Vater) έττυνθάνετο ίν δψει πάντων, ή δέ τόν Καλλισθένην προύκρινεν. J . Carcopino (siehe Anm. 32), 138 verweist auf den unter Hadrian lebenden Juristen Salvius Julianus (Dig. X X I I I , 1, 11): NupHae consensu contrahentium fiunt, nuptiis filiam familias consentire opportet. 86

Vgl. besonders St. G. Huwardas, Beiträge zum griechischen und graekoägyptischen Eherecht der Ptolemäer- und frühen Kaiserzeit, 1931, 22f., 47ff., aber auch L. Mitteis-U. Wilcken (siehe Anm. 31), 216; W. Schubart (siehe Anm. 32), 1625 und Ρ. Μ Meyer, Juristische Papyri, 1920, 42. An sicheren Belegen für eine (teilweise in Anwesenheit des Vaters oder Bruders der Braut) durch Braut und Bräutigam selber geschlossene Ehe sind mir die folgenden bekannt geworden: Griechische Papyri im Museum des oberhessischen Geschichtsvereins zu Gießen (hrsg. von E . Kornemann und O. Eger) I, 1, 1910, Nr. 2, 8ff.: έξέδοτο έαυτήν Όλυ(μ)πιάς Διονυσίου . . . μετά κυρίου τοϋ έαυτής πατρός Διονυσίου Μακεδόνος . . . Άνταίωι Άθηναίωι . . . γυναίκα γαμετήν (Ε. Kornemann, a. a. Ο., 6 und St. G. Huwardas, a. a. O., 5 Anm. 3 nehmen hier ägyptische Beeinflussung an, L. Mitteis, a. a. O. und R . Taubenschlag, a. Anm. 31 a. O., 187f. dagegen makedonische); Aegyptische Urkunden aus den königlichen Museen zu Berlin, Griechische Urkunden IV, 1912, Nr. 1060, 6f. (Zeit des Augustus): Συγχωροϋσιν Μσίδωρα καΐ Διονύσιος συνεληλυθέναι άλλήλοις πρός γάμον; ebd. Nr. 1061, 7f. (Zeit des Augustus): Συγχωρ(οϋσι Λύ)καινα καΐ Ίέραξ συνεληλυθέναι άλλ(ήλοις) πρός βίου κοινωνίαν; dieselbe Formulierung ebd. 1062, 5ff. (Zeit des Augustus); ebd. 1099, 6ff. (Zeit des Augustus): συγχωρουμεν (συνεληλυ)θέναι άλλήλοις πρός βίου κοιν(ωνίαν); ebd. 1084, 7ff. (Zeit des Alexander Severus): θέων . . . καΐ ή τούτου γυνή Σαραπιάς . . . φάμενοι συνεΐναι έαυτοϊς άγράφως; dieselbe Formulierung bei F . Preisigke-F. Bilabel, Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten I I I , 2, 1927, Nr. 7239 (140/41 n. Chr.) und Papiri Greci e Latini V I I , 1926, Nr. 777 (1./2. J h . n. Chr.). Auch der γάμος άγραφος war eine wirkliche Ehe, vgl. R . G. Huwardas a. a. O. 49. M

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geschlossen lebten. Schon Plato hatte für den idealen Staat gefordert, daß bei den monatlichen Götterfesten Mädchen und Jünglinge sich durch Tanz kennenlernen sollten im Hinblick auf die Eheschließung, und Menander berichtet von solchem Kennenlernen bei einem Dionysosfest 37. Den gleichen Sachverhalt bezeugen hellenistische Schriftsteller38, und für die Freiheit des Verkehrs der Geschlechter in jener Zeit sprechen weiterhin die Notwendigkeit der Aufstellung einer sittenpolizeilichen Behörde in Athen 39 und die Beteiligung der Frauen an den kultischen Begehungen der Mysterienreligionen40. Es kann darum kein Zweifel sein, daß zur Zeit des Paulus die Möglichkeit reichlich bestand, daß junge Männer und Mädchen sich kennenlernten, und von Liebesheiraten hören wir darum auch mehrfach 41 . Und wenn παρθένοι zu den Christengemeinden gehörten (I Cor 7 25-38), so besteht nicht der geringste Grund zu der Annahme, daß sie nicht in gleicher Weise wie die verheirateten Frauen und Männer an den Gemeindeversammlungen und Gemeindemahlen teilgenommen haben. Aus allen diesen Gründen ist es darum unrichtig, daß I Cor 7 36-38 von einem Vater die Rede sein könne, der seine Tochter verheiratet oder nicht, vielmehr schließen Wortlaut wie Sitte der Zeit diese Deutung völlig aus. II Man hat deswegen, wie gezeigt, häufig die Annahme vertreten» Paulus setze hier die Sitte der »geistlichen Ehe« voraus und emp37

Plato, Leges VI, p. 777 D/E: die Zusammenkünfte sollen erstens wegen der Götter, zweitens wegen des gegenseitigen Kennenlernens stattfinden, πρός yap δή τήν των γάμων κοινωνίαν καΐ ξύμμιξιν άναγκαίως έχει τήν άγνοιαν έξαιρεΐν. — Menander, Fragm. 558 (Com. Att. Fragm. ed. Th. Kock III, 1888, 170): Διονυσίων μέν ήν πομπή . . . ό δέ μ' ήκολούθησεν μέχρι τοϋ πρός τήν θύραν' Ιπειτα φοιτών καΐ κολακεύων έμέ τε Kai τήν μητέρα Ιγνω μ' (übernommen von Plautus, Cistellaria 1,1, 89ff. = Plauti Comediae ed. G. Goetz et F. Schoell III, 8). Vgl. dazu L. Schmidt (siehe Anm. 34), 168f. 38 Plutarch, Mulierum virtutes 12 p. 249 D (= Moralia ed. W. Nachstädt, W. Sieveking, J. B. Titchener II, 1936, 241): Ταΐς Klcov παρθένος Ιθος ήν els Ιερά δημόσια συμπορεύεσθαι καΐ διημερεύειν μετ' άλλήλων, ol δέ μνηστήρες έθεώντο παίζουσας καΐ χορευούσας. — Xenophon von Ephesus, Ephesiaca (ed. G. Dalmeyda, 1926) I, 2, 2f.: "Ηγετο δέ της 'Αρτέμιδος έπιχώριος έορτή* άπό της πόλεως έπΐ τό Ιερόν . . . πολϋ δέ πλήθος έπΐ τήν θέαν . . . καΐ γαρ εθος ήν έκείνη τή πανηγυρ!? καΐ νυμφίους ταϊς παρθένοις εύρίσκεσθαι καΐ γυναίκας τοϊς έφήβοις. 39 J. ν. Müller-A. Bauer, a. Anm. 32 a. Ο. 40 Apuleius, Metamorph. XI, 9.10 (ed. R.Helm, 1913, 272f.); die vatikanische Isisprozession (abgebildet z. B. bei J. Leipoldt, Bilderatlas z. Religionsgeschichte 9—11, 1926, Nr. 56); die Niinionpinax (ebd., Nr. 193); Neapler Satyrepielvase (Abb. z. B. bei M. Bieber, Jahrb. d. Deutsch. Arch. Inst. 43, 1928, 307); ägypt. Kulttanz aus Ariccia (Abb. bei J. Leipoldt, a. a. O., Nr. 17). " Belege bei G. Delling, 37 Anm. 347.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I. Cor 7 36-38)

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fehle sie grundsätzlich. Bei dieser Auslegung lassen sich alle sprachlichen Anstöße in v. 36 und 37 beheben; in v. 36 bleibt der Tis Subjekt bis γαμείτωσαν, wo die παρθένος leicht in den Plural hinzuzudenken ist. Und daß dabei vorausgesetzt ist, daß die παρθένος mit dem Beschluß des seinen Trieben verfallenen oder standhaltenden männlichen Partners einverstanden ist, kann man ohne weiteres voraussetzen. Eine sprachliche Schwierigkeit bildet dagegen γαμίζων in v. 3 8, und um dieser Schwierigkeit willen ist oft genug behauptet worden, daß keine andere Deutung in Frage komme als die auf das Verhalten eines Vaters gegenüber seiner Tochter, die er verheiratet oder nicht verheiratet 2. Man beruft sich dabei auf eine Bemerkung des alexandrinischen Grammatikers Apollonius Dyscolus (II. Jh. n. Chr.) -3, der yapίζω als Kausativum von γαμέοο unterscheidet. Nun handelt es sich freilich bei γαμίζοο offensichtlich um ein sehr seltenes Verbum, das außerhalb des NTs und der von ihm abhängigen Väterliteratur nur bei diesem Grammatiker begegnet44, und die alten Übersetzungen von I Cor 7 38 gehen selbstverständlich von der Gesamtdeutung des Textes aus und sind darum keine selbständigen sprachlichen Zeugen. Infolgedessen muß gefragt werden, ob sich über den Sinn des Wortes aus anderen neutestamentlichen Stellen oder aus Analogien sonst etwas entnehmen läßt. Vergleicht man das Vorkommen des Wortes in den Evangelien, wo es allein sonst noch im NT begegnet (Mt 22 30 par. Mc 12 25 par. Lc 20 35; Mt 24 38 par. Lc 17 27), so ist auch da die Bedeutung nicht eindeutig. Zwar wird man in Mc 12 25 und Par. (bei der Auferstehung ούτε γαμοΰσιν ούτε γαμ(ζονται) übersetzen müssen »sie heiraten nicht und sie lassen sich nicht heiraten«, weil im Zusammenhang von Mc 12 18ff. und Par. ja nur von dem Heiraten der sieben Brüder und dem Geheiratetwerden der einen Frau die Rede sein kann 46 . Und auch Lc 17 27 (ήσθιον, επινον, έγάμουν, έγαμίζοντο) liegt dieser Sinn sehr nahe, während in der Parallelstelle Mt 24 38 τρώγοντες και πίνοντες, γαμοΟντες και γαμίζοντες die Übersetzung »heiraten und verheiraten« näher liegt. Man kann darum durchaus sagen, daß das NT die Bedeutung von γαμίζομαι = »geheiratet werden« neben der von γαμίζω = »verheiraten« kennt, und der Sinn des seltenen Wortes in I Cor 7 38 kann darum 42

So sämtliche Anm. 3 genannten Ausleger, aber auch H. Achelis, 24 und Ph. Schiwietz, 10. 43 Apollonius Dyscolus, de Syntaxi III, § 153 p. 280b ( = Grammatici Graeci III, 2, 1910, ed. G. Uhlig, 399f.): άριστώ unterscheidet sich von άριστίζω so, daß άριστώ am Frühstück teilnehmen, άριστίζω jemand Frühstück darreichen bedeutet . . . τήν αυτήν διαφοράν καΐ τό γαμώ ττρός τό γαμίζω" lern γάρ τό μέν πρότερου γάμου μεταλαμβάνω, τό δέ γαμίζω γάμου τινΙ μεταδίδωμι. τό γε μήν γαμώ τταθητικώ$ κλίνεται ( = wird auch passivisch gebraucht), weil es sich auf ein lebendes Wesen bezieht. — Auch sämtliche alten Übersetzungen geben diesen Sinn wieder. 44 Auch die seit Preisigkes Papyruswörterbuch veröffentlichten Papyrustexte bieten das Wort nicht, wie mir freundlicherweise Herr Prof. E. Kießling, der Leiter des Marburger Instituts für Papyrusforschung, mitteilte. 45 So mit Recht W. C. van Manen, 612; J. M. S. Baijon; A. van Veldhuizen, 197. Vgl. auch E. Gräfe, 69.

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W. G. Kümmel

auf diesem Wege nicht eindeutig festgestellt werden. Nun hat aber schon H. Lietzmann darauf verwiesen, daß die Regel des Apollonius Dyscolus mit der Praxis nicht übereinstimmt, doch läßt sich das Material stark vermehren 4 6 . Daß im späteren Griechisch die Verben auf -{ζω eine starke Tendenz zur Vermehrung zeigen 47 , würde nicht viel besagen, wenn nicht zugleich zu beobachten wäre, daß Bildungen auf -ίζω in völlig gleichem Sinn neben andere Bildungen desselben Stammes treten 4 8 . So ist es nur natürlich, daß auch Verben auf -έω und -{ζω miteinander wechseln 49 . Man kann darum nicht auf Grund der Regel des Apollonius Dyscolus bestreiten, daß Paulus γ α μ ί ζ ω im Sinne von »heiraten« gebraucht haben könne. Vielmehr war offensichtlich dieses Verbum in seinem Sinn nicht eindeutig festgelegt, und es ist darum methodisch allein gerechtfertigt, den Sinn von γ α μ ί ζ ω ν in I Cor 7 38 von v. 36 und 37 aus zu bestimmen, weil auch die Leser diesen Sinn nur in dieser Reihenfolge erkennen " Vgl. A. van Veldhuizen, 197; L.-A. Richard, 316f.; J . H. Moulton and G. Milligan, The Vocabulary of the Greek New Testament II, 1916, 121. 47 E. Mayser, Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit I, 1906, 83f.; G. N. Hatzidakis, Einleitung in die neugriechische Grammatik, 1892, 394f.; S. B. Psaltes, Grammatik der Byzantinischen Chroniken, 1913, 326ff.; E . Schwyzer, Griechische Grammatik I, 2, 1939, 736. 4 8 Paulus verwendet neben dem häufigen γιυώσκω das Verbum γνωρίζω im Sinne von »wissen« in Phil 1 2a, obwohl bei ihm sonst γνωρίζω immer »bekannt machen« bedeutet (ebenso Josephus, Ant. II § 97 neben VI § 102); βάπτω und βαπτίζω heißen in gleicher Weise »eintauchen« (Aischylos, Prometheus 863: Δίθηκτον έν σφαγαϊσι βάψασα ξίφος neben Josephus, Bell. Jud. II § 476 δλον els τήν έοΛΓΓοΟ σφαγή ν έβάπτισεν τό ξίφος); καθαίρειν (Joh 16 2) begegnet neben καθαρίζειν (häufig im NT) ohne Bedeutungsunterschied, ebenso (5>Πτίζεσ6αι (Jac 1 e) neben ^ίιττεσθαι (Mt 9 3β). φεραντισμέυος ( H b r l 0 22) neben έρραμμένος (Ape 19 is v. 1.), αίρετίζω (Mt 12 18) neben αίρέομαι (Phil I22); vgl. auch άμφιάζειν (Lc 12 28) parallel zu άμφιενυύυαΐ (Mt 6 30), wobei derselbe Matthäus 11 8 in Übereinstimmung mit Lc 7 25 ήμφιεσμένος schreibt; Θυσιάζειν τήν θυσίαν (II Chr 7 s) neben θύματα βύειν (Plato, Polit. 290 Ε). 4 9 Vgl. ε! τι αϋ δέοι φθάνειν, ήττον &ν ύστερίζειν (Xenophon, Anab. VI, 1, 18) neben ol Β' ύστερήσαντες (die zu spät Gekommenen; Xenophon, Hell. V, 1, 3). — άπολογέομαι und άπολογίζομαι begegnen nebeneinander (so G. N. Hatzidakis, siehe Anm. 47), aber nicht im gleichen Sinn. — Die Angabe von E. Mayser (siehe Anm. 47), daß άργέω und άργίζω in Pap. Lond. I, Nr. 131 in gleichem Sinn nebeneinander begegnen, ist falsch, da die Endung dort gerade ergänzt ist. Diese falsche Angabe hat Arth. Müller, Zur Geschichte der Verba auf -ίζω im Griechischen, Diss. Freiburg 1915, 57 übernommen. Die weitere Angabe Müllers, daß αύθεντίζω als Neubildung zu αύθεντέω begegne (Liddell-Scott, A Greek-English Lexicon I, 1940, 276 nennen dann als Beleg für dieses Verbum Berl. Griech. Urk. 103, 3), ist ebenfalls fraglich, da in diesem späten Papyrus (abgedruckt bei Mitteis-Wilcken, a. Anm. 36 a. Ο., I, 2, Nr. 134) αύθεντίσεις neben αύθεντΐς im Sinne von »in die Hand nehmen« wohl Itazismus von αύθεντέω ist (beachte die erste Forml). Dagegen hat Müller, 82 nachgewiesen, daß die Verba auf -ίζω im s u b j e k t i v e n Sinn zunehmen wegen des Absterbens anderer Denominativklassen mit speziell subjektiver Bedeutung, wie z. B. der Verba auf -έω.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I Cor 7 36-38)

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konnten60. Sprachlich ist infolgedessen gegen die Beziehung von I Cor 7 ae-88 auf eine »geistliche Ehe« nichts einzuwenden, sie ist vielmehr sprachlich völlig sicher begründet.

Dagegen erheben sich erhebliche sachliche Einwendungen gegen diese Auslegung. Schon das wäre sehr auffällig, daß eine so extrem asketische Sitte so früh entstanden wäre, ohne daß sie bis zum Anfang des III. Jh.s wesentliche oder auch nur sichere Weiterwirkungen aufzuweisen gehabt hätte 51 . Denn so deutlich I Cor 7 1.5. 25 f. beweist, daß in Korinth die Neigung zur Meidung oder Beschränkung der Ehe bestanden hat, so weit ist von da der Weg zu einer Einrichtung, die die Ehe durch ein asketisches und dazu g r u n d s ä t z l i c h ungeschlechtliches Zusammenleben ersetzt. Und dazu kommt, daß in der späteren Auseinandersetzung über Recht oder Unrecht des Syneisaktentums I Cor 7 36-38 von keiner Seite erwähnt wird, also offensichtlich kaum in diesem Sinne verstanden worden ist 62 . Noch wesentlicher ist ein Zweites: Paulus warnt I Cor 7 2. 5b. 9 vor jedem Verhältnis zwischen Mann und Frau, das der Versuchung zur άκρασία eine Handhabe bietet, und lehnt I Cor 10 8.11 f. ausdrücklich das Sich-in-Versuchung-Begeben gegenüber der πορνεία ab. Und er vertritt zwar das Ideal der Ehelosigkeit διά την ένεστώσαν άνάγκην (I Cor 7 2β), zur Befreiung von weltlicher Sorge und mit dem Ziele der ungeteilten Hingabe an den Herrn (I Cor 7 32 ff.). Aber er sieht in der geschlechtlichen Verbindung an sich nichts Sündhaftes (I Cor 7 28.36), und so sehr er den ehelosen Stand vorzieht (I Cor 7 i ) , so wenig sieht er in der έγκράτεια eine L e i s t u n g , die der Mensch sich abringen sollte t r o t z entgegenstehenden Triebes (I Cor 7 7.9). Eine solche asketische Leistung aber gegenüber einer dem asketisch gesinnten Christen p e r s ö n l i c h nahestehenden παρθένος würde in I Cor 7 37 vorausgesetzt, wenn hier an eine »geistliche Ehe« gedacht wäre III Schließen schon die genannten beiden Gründe die Beziehung von I Cor 7 36-38 auf eine Frühform der wirgines subintroductae« aus 68 , so zeigt sich die Unmöglichkeit dieses Verständnisses in dem Auch Methodius, s. o. Anm. 4 a. O., 44, 21 6 δέ μή δυνάμενος, γαμίζων δέ νομίμως καΐ μή λαθροφθορών, καλώς (sc. ποιεί) gebraucht das aus I Cor 7 38 übernommene Wort eindeutig im Sinne von »heiraten« (J. Sickenberger, 63, Anm. i ergänzt, um diesem Schluß auszuweichen, unbegründeterweise zu γαμίζων: τήν 6 1 Vgl. Anm. 9. έαυτοΟ σάρκα). 6 2 J . Sickenberger, 67f.; Α. Juncker, 197f. Das Gegenargument von H. Achelis, 28, Anm. 3, daß die kirchliche Entwicklung ein richtiges Verständnis der Stelle ausschloß, ist nicht überzeugend. 8 8 L.-A. Richard, 317f. möchte lieber daran denken, daß die christlichen Mädchen, die sich der Jungfräulichkeit gewidmet hatten, angesichts der Gefahren der verdorbenen Großstadt sich »par un mariage tout fictif« unter den Schutz eines 60

Nil. Studi. n f. Dultraanri

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Augenblick ganz, wo wir die Frage stellen, ob nicht von den Voraussetzungen des paulinischen Denkens aus die Beziehung des Textes auf ein B r a u t p a a r am überzeugendsten ist 54 . Zwei Einwände gegen diese Annahme sind leicht zu widerlegen. Man weist darauf hin, daß es in Griechenland keine Verlobung und damit auch kein bräutliches Verhältnis gegeben habe55. Das stimmt zweifellos für die klassische Zeit, doch kann man immerhin fragen, ob die zur Zeit des Plinius in Rom bereits üblich gewordene Sitte der feierlichen Verlobung nicht auch schon an andern Orten im römischen Reich üblich geworden war 66 . Aber auch wenn dieser Schluß nicht berechtigt sein sollte, so ist die Voraussetzung ja keineswegs notwendig, daß es sich bei dem Verhältnis eines Korinthers zu seiner παρθένος um eine formal vollzogene Verlobung gehandelt haben müsse, über deren Existenz in Korinth zu jener Zeit wir eben nichts Sicheres wissen. Aber deswegen ist auf alle Fälle der 2. Einwand hinfällig, daß Paulus in diesem Falle nicht παρθένος CCUTOÖ gesagt haben könne, sondern νύμφη, ήρμοσμένη oder μνηστευθεΐσα gesagt haben müsse 7 . Νύμφη bezeichnet, wenn diese Sonderbedeutung überhaupt vorliegt, im nichtbiblischen Griechisch68 immer die zur Hochzeit sich bereitende Jungfrau, hat also den Sinn des englischen Wortes »bride«; und die beiden Partizipialausdrücke sind weder geprägte Begriffe noch begegnen sie überhaupt im griechischen Kulturbereich als Bezeichnungen für »Verlobte«. Andererseits ist es natürlich richtig, daß παρθένος so wenig »Braut« wie »Tochter« heißt. Aber es ist durchaus leicht zu denken, daß παρθένος im Sinn von »unverheiratetes Mädchen«69 zur Bezeichnung des Mädchens werden konnte, das einen Mann heiraten will oder soll, und so Bruders stellten, der sie vor Zudringlichkeiten bewahrte, aber ihre Jungfräulichkeit zu respektieren sich verpflichtete, was sich nicht immer durchführen ließ. Aber der Gedanke des männlichen S c h u t z e s ist hier völlig eingetragen, und das von Paulus so eindeutig abgelehnte Sich-in-Gefahr-Begeben läge in diesem Falle genau so vor. — Beachtlich ist übrigens, daß H. Achelis, 26 Anm. 1 und A. Jülicher (1918), 103 die Deutung auf die Syneisakten als keineswegs unbedenklich hinstellen. 6 4 Siehe Anm. 7. Gegen die Annahme von St. Schiwietz, Paulus handle von der Frage, ob ein christlicher κύριο; seine Sklavin heiraten solle oder nicht, spricht nicht nur, daß ein solches Verhältnis durch nichts angedeutet ist, sondern auch die Beobachtung, daß man nicht voraussetzen darf, daß ein κύριος nur e i n e Sklavin hat (siehe K. Holzhey). 8 6 E . Gräfe, 60; vgl. L . Friedländer (siehe Anm. 30), 276; W. Erdmann (siehe Anm. 30), 239f. M S. J . Carcopino (siehe Anm. 32), 133; er verweist auf Plinius d. J., ep. 1,9, der den Besuch von sponsalia aut nuptiae zum nichtigen Alltagsgeschehen zählt, und zeigt, daß eine solche Verlobung in einem gegenseitigen Versprechen der Brautleute unter Zustimmung ihrer Väter bestand, wobei die Braut einen Verlobungsring erhielt. " G. Delling, 87 Anm. 193. 68 Vgl. außer G. Delling, a. a. O. noch Liddell-Scott (siehe Anm. 49) II, 1184 s. v. Nr. 1. 5 9 Belege bei G. Delling, Thl. Wb. z. NT V, 1964, 826, 6ff. und Liddell-Scott II, 1339 s. v. Nr. 1 und 2.

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Verlobung und Heirat bei Paulus (1 Cor 7 36-38)

begegnet denn auch παρθένος gelegentlich im Sinn von »Geliebte«60. Infolgedessen bildet die Ausdrucks weise des Paulus την παρθένο ν αύτου kein Hindernis für die Annahme, Paulus denke hier an ein »Brautpaar«. Ein anderer Einwand gegen diese Annahme spricht im Gegenteil sehr entscheidend d a f ü r , daß Paulus ein solches Verhältnis im Auge habe. Man weist darauf hin, daß diese Deutung »dem Apostel zumutet, er lobe den, der seinen Brautstand zu einem lebenslänglichen macht«®1. Man hat sich dabei aber nicht überlegt, von welcher Grundanschauung aus Paulus dieses Verhältnis betrachtet, über das er durch die Korinther angefragt worden war. Denn das muß und darf man natürlich voraussetzen, daß Paulus davon weiß, daß in Korinth solche Männer und Mädchen in der Gemeinde vorhanden waren, die zu heiraten vorhatten, denen dieses Vorhaben aber angesichts der Haltung des Paulus zur Ehe in seiner Erlaubtheit fraglich geworden war 62 . Nun pflegt Paulus aber in allen Fällen, wo die christliche Überlieferung ihm keine neuen ethischen Grundsätze darbot (wie beim Verbot der Ehescheidung I Cor 7 ίο oder des Redens der Frauen im Gottesdienst ICor 1433 f.), die ethische Entscheidung im einzelnen von den ihm selbstverständlichen jüdischen Voraussetzungen aus zu fällen. Das gilt, um nur einige besonders eindeutige Beispiele zu nennen, für die Vorschrift, daß die Frauen beim Beten eine Kopfbedeckung tragen sollen (I Cor 11 2ff.); denn hier liegt nicht die Ablehnung einer Emanzipationsbewegung der korinthischen Frauen vor, sondern das Bestreben, eine jüdisch-orientalische Sitte auch für die korinthische Gemeinde als maßgeblich zu erklären 63 . Es gilt ebenso für die Forderung, das Pro40

Ps.-Plutarch, ΈρωτικαΙ διηγήσεις I, p. 772 C ( = Moralia ed. C. Hubert IV, 1938, 397): ά δέ Στράτων φανερώς έτπκατέσφαζεν έαυτόυ τη τταρθένω. — Theodoros Prodromos (siehe Anm. 12) III, 331 ff. (S. 331): der Liebhaber schmeichelt dem Δοσικλής, dem Bruder της κόρης, um durch ihn της έρωμένης zu erlangen. τ (ι) τταμμάταιος καΐ τταράφρων καρδία, 1 άν εΐ ττροδοΟναι τήν έαυτοϋ τταρθένον I όσατράττης ήλτπζε τόν Δοσικλέα. — Wie es zu diesem Sprachgebrauch kommen kann, zeigt schön der Ehevertrag von 190 n. Chr. (Catalogus Papyrorum Raineri, Ser. Graec. I, 1921 = Studien zur Paläographie und Papyruskunde 20, Nr. 16, 6): Θαΐσ]αρίω [Ήρ]ακλείδου τΓαρ[6]ένω ούση συνερχομ[ένη αΰ]τω ττρός γάμον (wiederholt Ζ.24f.). Ich verdanke diesen Beleg aus dem Material zur Fortsetzung des Papyruswörterbuchs der Freundlichkeit von E. Kießling. β1 E. Gräfe, 68; F W. Grosheide, 182. Umgekehrt meint G.Delling, 88, τηρεΐν τήν έαυτοϋ τταρθένον schließe ein Brautpaar aus: »wäre eine definitive Trennung gemeint, dann müßte ein anderes Verbum gebraucht werden, das mehr das Von-sich-lassen zum Ausdruck brächte«. • 2 Ob das Paar schon als verlobtes Paar Christ wurde (A. van Veldhuizen, 201; S. Belkin, 52), oder ob das Mädchen »noch keine νύμφη oder μνηστευθεϊσα« war (G. Schrenk, 61, 31), kann man selbstverständlich nicht entscheiden, ist aber für das Verständnis des Textes ohne Bedeutung. 43 Siebe die Nachweise in meinen Nachträgen zur 4. Auflage von H. Lietzmanns Kommentar zu den Korintherbriefen, 1949, I83f. lft*

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zessieren vor nichtchristlichen Gerichtsbehörden zu unterlassen (I Cor 6 iff.), da die gleiche Forderung für die Diasporajuden galt 64 . Es gilt in besonders auffälliger Form für die ohne Einschränkung formulierte Anweisung, jeder έξουσία als einem von Gott eingesetzten Machtträger Gehorsam zu leisten (Rm 13 iff.), da diese Haltung seit Daniel im Judentum im wesentlichen unbestritten war 65 . So ist es von vornherein wahrscheinlich, daß Paulus auch bei dieser von den Korinthern ihm vorgelegten Frage von den ihm selbstverständlichen jüdischen Voraussetzungen ausgeht, soweit seine christlichen Anschauungen nicht dagegen stehen. Nach jüdischer Anschauung 88 geht (im Gegensatz jedenfalls zum älteren griechischen Recht) der Eheschließung eine Verlobung voraus, die direkt zwischen Bräutigam und Biaut geschlossen wird; der Vater handelt dabei nur für die u n m ü n dige Tochter. Die Verlobung aber stellt eine Verpflichtung dar, die einer Ehe rechtlich völlig gleichwertig ist mit dem einzigen Unterschiede, daß der Ehevollzug noch aussteht. Eine Verlobung kann darum nur durch Scheidung aufgelöst werden. Die jüdische Braut war daher rechtlich einer Ehefrau völlig gleichgestellt (sie wurde auch als bezeichnet), aber vor dem Beginn des eigentlichen ehelichen Zusammenlebens war sie noch eine »Jungfrau«®7. Nun darf man selbstverständlich nicht voraussetzen, daß die korinthischen Christen ihrerseits diese jüdischen Anschauungen über Verlobung und Eheschließung geteilt hätten; die oben als wahrscheinlich erwiesene Annahme, daß die korinthischen Verlobten auf Grund persönlicher Zuneigung die Absicht hatten zu heiraten, genügt vollständig. P a u l u s aber, der wegen der etwaigen Eheschließung solcher Paare angefragt worden war, entscheidet einerseits von seiner Höherschätzung des Unverheiratetbleibens, andererseits von den ihn selbstverständlichen jüdischen Voraussetzungen aus. Daß die Eheschließung eines solchen M

S. E. Dinkier, Zum Problem der Ethik des Paulus, Ztschr. f. Th. u. Kirche 49, 1962, 176 (mit Literaturangaben). w Vgl. E. Stauffer, Gott und Kaiser im NT (Bonner Reden und Aufsätze, 2), 1935, 7ff., 26ff.; O.Eck, Urgemeinde und Imperium, 1940, 81ff.; M. Dibelius, Rom und die Christen im ersten Jahrhundert, Sitzungsber. d. Heid. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl. 1941/42, 2, 7 ff.; E. Gaugier, Der Christ und die staatlichen Gewalten nach dem NT, Int. Kirchl. Ztschr. 1960, 139ff. u Vgl. J. Neubauer, Beiträge zur Geschichte des biblisch-talmudischen Eheschließungsrechts ( = Mitt. d. Vorderas. Ges. 24/26), 1919/20, 24.56.143. 164f. 184; (H. Strack-)P. Billerbeck, Kommentar z. NT aus Talmud u. Midrasch II, 1924, 375. 393ff.; S. Belkin. Dort die Belege. • 7 Bei der von der Verlobung zeitlich getrennten Eheschließung durch den Eingang der Verlobten unter die ΠΩΠ wird die Jungfräulichkeit der Braut durch den Brautführer kontrolliert: Tos. Keth. 1, 4, S. 261 ed. M. Zuckermandel; übersetzt bei (Strack-)Billerbeck I, 46.

Verlobung und Heirat bei Paulus (I Cor 7 36-38)

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Paares keine Sünde ist, entspricht der schon 7 28 ausgesprochenen Anschauung; und daß sie geschehen soll, wenn die sexuelle Notlage dazu Veranlassung gibt, entspricht genau 7 2. Dazu kommt aber nun, daß für Paulus gemäß seiner jüdischen Tradition eine Verlobung keine bloß persönliche Abmachung, sondern ein rechtlich bindender Akt ist. Er kann gar nicht anders, als darauf aufmerksam machen, daß eine V e r p f l i c h t u n g (όφείλει γίνεσθαι) für die Verlobten zum Vollzug der Eheschließung besteht, wenn die Situation es erfordert. Von einer Übergehung des Willens des Mädchens kann darum im Sinn des Paulus bei erfolgender Eheschließung überhaupt nicht die Rede sein, da sie sich ja nach seiner Voraussetzung als Verlobte zur Eingehung der Ehe mit dem betreffenden Mann v e r p f l i c h t e t hat. Liegt aber keine solche Notwendigkeit vor, ist vielmehr der Bräutigam Herr seiner Triebe, so hält Paulus es nach der 7 i. 8. 27 ausgesprochenen Anschauung für besser, wenn die Heirat unterbleibt. Weil offensichtlich die Triebhaftigkeit des Bräutigams die eigentliche Zwangssituation hervorrufen kann, wird in v. 37 auch nur von der Triebbeherrschung des Mannes geredet, und man wird kaum fremde Gedanken eintragen, wenn man voraussetzt, daß das Mädchen auch in diesem Fall als mit dem Verzicht auf die Heirat einverstanden gedacht ist88. Da für Paulus die Verlobung ein rechtlich bindender Akt ist, der nur durch Scheidung aufgehoben werden könnte, da Paulus aber die Ehescheidung nach Jesu Gebot ablehnt (7 lOf.), kann er in diesem zweiten Fall nicht anraten, daß der Mann und »seine Jungfrau« sich einfach trennen sollen; er fordert vielmehr, daß der bestehende Zustand des Verlobtseins aufrecht erhalten bleibe, natürlich unter Aufgabe der Absicht der Eheschließung. Da nun nach jüdischem Recht der Bräutigam seine Braut auch dann zu unterhalten hat., wenn er keine Ehe mit ihr eingeht 69 (der Ausweg der Scheidung kommt ja für Paulus nicht in Frage), wollte S. Belkin aus der Formulierung κέκρικεν τηρείν τήν έ α υ τ ο υ παρθένον entnehmen, daß Paulus dem die Eheschließung unterlassenden Bräutigam auferlege »to 'keep' her«70. Aber τηριϊν την παρθένον έαυτοΟ kann nicht heißen »seine Jungfrau unterhalten«, M

Wenn Ph. Bachmann 288 behauptet, »die Beziehung (von 7 3β) auf den Bräutigam würde einen vollen Widerspruch zu 27 bedeuten, da ja alsdann 87 den Verzicht des schon Gebundenen auf die Verehelichung empfehlen würde«, so liegt dem eine Mißdeutung von 7 27 zu Grunde, δίδεσαι bezeichnet im Parallelismus zu λέλυσαι zweifellos das Verheiratetsein und nicht die Verlobung. · · Keth. 6, 2: »Man gibt einer Jungfrau, sobald der Mann sie aufgefordert hat (sc. zur Eheschließung), 12 Monate, um sich auszustatten . . . Wenn die Zeit herangekommen ist und sie nicht geheiratet wurden, so erhalten sie aus seinem Besitz den Unterhalt« ΠΚ ΟΠΒ1? V s W ίΠΠ "IPS O'W ΠΠΓα1? f i l m )

obwa m^mx 70

S. Belkin, 52.

ρτ srin . . . nass?

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hat vielmehr den Sinn »seine Jungfrau (als solche) erhalten«71. Paulus vertritt also tatsächlich gemäß seinen jüdischen Voraussetzungen die Anschauung, daß die Verlobung für die kurze noch bevorstehende Zeit (ό καιρός συνεσταλμένος έστίν) bestehen bleiben solle, und es ist durchaus denkbar, wenn auch sprachlich nicht erweisbar, daß er dem Bräutigam die Pflicht der Fürsorge für das Mädchen zuspricht. Diese Aufrechterhaltung der Verlobung kann aber gerade nach jüdischen Voraussetzungen nicht bedeuten, daß der Bräutigam das Mädchen als seine Braut bei sich behält 72 , sondern nur, daß der Bräutigam, ohne an dem bestehenden Zustand des Verlobtseins etwas zu ändern, das Mädchen unberührt läßt und sich selber in Zucht hält, um so dem Mädchen und sich selbst das μεριμναν τά του κυρίου, den Dienst τω κυρίω άπερισττάστως (7 33-35) zu ermöglichen73. Und weil solches Verhalten eben diese Möglichkeit schafft, darum gilt davon: κρεΐσσον ποιήσει. Mit dieser Deutung des umstrittenen Textes sind aber nicht nur alle sprachlichen Probleme befriedigend gelöst, ordnet sich der Text nicht nur den geschichtlichen Verhältnissen der frühen Christengemeinden mühelos ein, sondern entspricht er auch völlig dem paulinischen Gesamt denken. Paulus fordert ja unbedingt das μεριμναν τά του κυρίου (I Cor 7 32. 34), und das bedeutet natürlich, daß jedes Verhalten ausgeschlossen sein muß, das den Christen unnötig an den κόσμος bindet. Die Ehe wird darum als ein Wert an sich von ihm abgelehnt, und so kann Paulus den Rat zur Eheschließung der beiden Verlobten nicht uneingeschränkt geben. Aber so sehr Paulus es um der ungeteilten Hingabe an den Herrn willen empfiehlt, daß die Verlobten keine Ehe schließen sollten, so wenig will dieser Rat die Wirklichkeit der irdischen Existenz εν σαρκί übergehen. Darum könnte Paulus auch nicht zu einem Verhältnis zwischen Männern und Mädchen zuraten, das diese Wirklichkeit überfliegen und dadurch ein Ικ του κόσμου έξελθεϊν (I Cor 5 10) bedeuten würde. Und erst recht kann er nicht zu einer Beziehung zwischen einem Mann und einem Mädchen raten, die als άφειδία σώματος (Col 2 23) und in der Haltung der την ίδίαν (δικαιοσύνην) ζητουντες στήσαι (Rm 10 3) durch eine besonders anerkennenswerte Enthaltsamkeitsleistung sich vor Gott hervortun möchte. Die asketische Unternehmung einer »geistlichen Ehe«, welche Begründung sie bei ihren Vertretern auch immer finden mochte, kann daher von Paulus nicht gebilligt worden sein74, vielmehr ist es auch in dieser Frage die άγόατη, die das letzte Wort zu reden hat. 71

Siehe Anm. 27 und W. Bauer, Wörterbuch (siehe Anm. 11), 1480. »haar maagd te laten en als zijn meisje steeds bij zieh te houden« (W. C. 73 van Manen, 616). So auch G. Schrenk, 61, 34ff. 74 Es ist mir darum fraglich, ob man Paulus in seinem Verhalten gegenüber der Ehe und dem Geschlechtsleben als »Asketen« ansprechen kann, wie es Η von 72

Verlobung und Heirat bei Paulus (I Cor 7 36-38)

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Wollte Paulus freilich sagen, daß ein Vater auf Grund der freien Verfügung über seinen eigenen Willen seine Tochter unverheiratet lassen kann, so wäre ein solches Verhalten des Vaters wirklich ein ζητεϊν τά εαυτής, also ein Verhalten, das Paulus der άγάττη abspricht (I Cor 13 5); denn Paulus betrachtet ja die Ehe und die mit ihr gegebene fleischliche Verbindung nicht als sündig und darum ihre Meidung als auf alle F ä l l e erstrebenswert, und die Zustimmung der Tochter zu der Verweigerung der Ehe durch den Vater darf man, wie wir sahen, nicht einfach eintragen. Wohl aber ist die άγάττη die richtunggebende Macht, wenn Paulus hier einem Verlobten anrät die Ehe zu schließen, wenn die irdischen Triebe es nahelegen, und sie zu meiden, wenn kein solcher Zwang vorliegt. Denn die durch den Zwang der Triebe geforderte Eheschließung von Seiten des Verlobten geschieht in der Absicht, ίνα μή ττειράζη ύμας δ σατανάς διά την άκρασίαν υμών (I Cor 7s), und erreicht der Verlobten gegenüber τό μή τιθέναι πρόσκομμα τω άδελφω ή σκάνδαλον (Rm 14 13). Die Aufrechterhaltung des Verlöbnisses und der Verzicht auf die Eheschließung durch den Verlobten aber geschieht unter Vermeidung der Freiheit είς άφορμήν τή σαρκ{ und erfüllt die Forderung: διά τής άγάττης δουλεύετε άλλήλοις (Gal 5 13). So zeigt bei richtiger Deutung auch die Anweisung von I Cor 7 36-38: »Die christliche Freiheit ist die Freiheit von allen menschlichen Konventionen und Wertmaßstäben«, weil die christliche Freiheit ihre Richtung erhält durch das einander in der Liebe Dienen 7 5 . Denn auch die Liebe der christlichen Verlobten in Korinth soll nach dem Rate des Paulus dem Nächsten nichts Böses antun (Rm 1310), sondern danach streben, daß »ein jeder von uns dem Nächsten gefalle zum Guten, zur Auferbauung« (Rm 15 2). Campenbausen (siehe Anm. 10), 30ff. tut. Richtiger W. Jentsch, Urchristl. Erziehungsdenken, 1951, 222 »eschatologisch bedingte Hochschätzung des Jungfräulichen an sich«). 75 R. Bultmann (siehe Anm. 11), 339.

Die Gnosis der Männer nach Ι· Ptr 37 Von Bo Reicke (Basel, Schweiz, Spalentorweg 24)

Nachdem der Verfasser des Ersten Petrusbriefes in 3 l-e die verheirateten Frauen zu Gehorsam und Geduld ermahnt hat, wendet er sich in v. 7 den Männern zu. Er betont dabei vor allem, daß die Männer mit den Frauen κατά γνώσιν zusammenleben sollen. In I Ptr 3 7 findet sich also ein Beispiel für jene praktische Bedeutung der christlichen Gnosis, die R. Bultmann einmal durch folgende Worte gekennzeichnet hat 1 : »Das theoretische Moment bestimmt zunächst den Begriff, aber die praktischen Konsequenzen sind stets einbegriffen. Und charakteristisch ist, daß nicht das Interesse einer (christlichen) Wissenschaft leitend ist, sondern die Erbauung der Gemeinde, der die γνώσις des Einzelnen zur Förderung dienen soll (Rm 15 14 I Cor 14 β I Clem 48 5 Did 11 2).« In diesem Zusammenhang hat Bultmann auch I Ptr 37 angeführt 2 : »Der christliche Ehemann führt seine Gemeinschaft mit seiner Frau κατά γνώσιν I Ptr 3 7«. Da es also feststeht, daß im NT die praktisch ausgerichtete Gnosis auch in den lebenswichtigen Beziehungen der Männer zu den Frauen eine Rolle spielt, muß sich aber die Frage erheben, auf welche Weise diese Beziehungen sich unter dem Zeichen der Gnosis eigentlich zu gestalten haben. Auf diese Frage soll eben I Ptr 3 7 die Antwort bringen, wenn man den Vers in seiner Ganzheit liest. Nun ist aber I Ptr 3 7 nicht eindeutig. Schon der Aufbau des Satzes läßt sich verschieden auffassen, was auch darin zum Ausdruck kommt, daß die Textausgaben nicht einmal dieselbe Interpunktion vertreten. Dann bieten auch die einzelnen Ausdrücke manche exegetische Schwierigkeiten dar. In der Tat ist der Vers nicht so leicht zu verstehen, wie er vielleicht zunächst aussieht. Zu den verschiedenen Problemen der sprachlichen und der damit verbundenen sachlichen Ausdeutung von I Ptr 3 7 möchten folgende Zeilen einen kleinen Beitrag geben, damit der Begriff der christlichen Gnosis in diesem Punkte etwas näher beleuchtet werde. 1. Der A u f b a u des S a t z e s In den Textausgaben von C. Tischendorf, H. v. Soden und E. Nestle hat I Ptr 3 7 diese Form: 1 2

R. Bultmann, γινώσκω usw.: Theol. Wörterb. z. NT, 1 (1933), S. 707. Bultmann, ibid., S. 708.

Die Gnosis der Männer nach I Ptr 3 7

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Ot άνδρες όμοίως, συνοικουντες κατά γνώσιν cos άσθενεστέρω σκεύει τω γυναικείος, άττονέμοντες τιμήν ώς καΐ συγκληρονόμοι? χάριτος ζωής, eis το μή έγκότττεσθαι τάς ττροσευχάς ύμών. Was die Textüberlieferung betrifft, so gibt es hier eine wichtige Variante zu dem von Codex B, von einigen Minuskeln und Übersetzungen vertretenen συγκληρονόμοι? ( Ν hat diese Lesart nur als Korrektur). Die meisten Handschriften nämlich, darunter die Codices Α und C, der Koine-Text, viele Minuskeln, einige Altlateiner und orientalische Übersetzungen lesen hier den Nominativ, συγκληρονόμοι. Und das hat wesentliche Bedeutung für das syntaktische Verständnis des Satzes. Wenn man den Nominativ liest, so kann ώς καΐ συγκληρονόμοι einfach kein Dativobjekt zu άττονέμοντες τιμήν sein. Sondern es muß dann eine Apposition zu ώς άσθενεστέρω σκεύει τω γυναικείω bilden, indem diese Worte sich als ein dem Verbum vorhergehendes Dativobjekt erweisen. Die dabei zwischen den beiden mit ώς eingeleiteten Wendungen bestehende Kasusinkongruenz erklärt sich dadurch, daß letzterer Ausdruck sich halb auf dem Wege zum Subjekt eines neuen Satzes befindet (vgl. die syrische und die äthiopische Übersetzung: »Weil auch sie mit euch Erben sein werden«).8 Also wenn man συγκληρονόμοι im Nominativ liest, erhält der Satz einen anderen Aufbau und muß anders interpunktiert werden als bei Tischendorf und Nestle. Schematisch aufgestellt, erhält der Satz dann folgende Gestalt: Οί άνδρες δμοίως συνοικουντες κατά γνώσιν, ώς άσθενεστέρω σκεύει τω γυναικείω άττονέμοντες τιμήν, ώς καΐ συγκληρονόμοι χάριτος ζωής, είς τό μή έγκόπτεσθαι τάς ττροσευχάς υμών. Von der schematischen Aufstellung abgesehen, hat sich hiermit dieselbe Textform ergeben, die Westcott und Hort in ihrem griechischen NT als die beste betrachtet haben. Aus verschiedenen Gründen scheint man nun dieser Textform einen gewissen Vorzug einräumen zu dürfen. Erstens hat die Lesart συγκληρονόμοι die überwiegende Mehrzahl der griechischen Handschriften sowie auch einige alte Übersetzungen für sich. Zweitens bedeutet sie eine Lectio difficilior. Drittens erhält der Satz, auch unabhängig von der Frage über συγκληρονόμοι oder συγκληρονόμοις, auf diese Weise eine mehr logische Struktur, als wenn die Worte ώς . . . γυναικείω auf das vorhergehende Verbum συνοικοΰντες bezogen werden. Denn werden letztere Worte als Dativobjekt zu συνοικοΟντες verstanden, so erhält das nachschleppende τ φ γυναικείω einen allzu Über die Inkongruenz der Apposition vgl. Fr. Blass und A. Debrunner, Grammatik des neutest. Griech., 7. Aufl. (1943), § 136. 137 (hier wäre I Ptr 3 7 v . l . hinzuzufügen). 3

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Bo Reicke

großen Nachdruck. Es ist doch selbstverständlich, daß es sich um ein häusliches Zusammenleben der Männer gerade mit den Frauen handelt. Bei dieser syntaktischen Einteilung scheint aber der Verfasser den Männern empfohlen zu haben, mit dem weiblichen Gefäß zusammenzuleben, weil dieses als ein schwächeres Gefäß sich für ein solches Zusammenleben besonders eigne. Um einen so unsinnigen Gedanken zu vermeiden, hat man die betonte Stellung von τω γυναικείω aufzuheben. Und das läßt sich einfach dadurch machen, daß man ώς άσθευεστέρω usw. auf das folgende Verbum bezieht. Dann erhält man die gute Meinung: »indem ihr, als einem schwächeren Gefäß, dem Weiblichen (oder dem weiblichen Gefäß) Ehre erweist, als Miterben der Gnade des Lebens«, oder, wie es in der Lutherübersetzung heißt: »Und gebet dem weiblichen als dem schwächsten Werkzeuge seine Ehre, als auch Miterben der Gnade des Lebens.« Es ist dabei gar nicht störend, daß zwei Wendungen mit ώς aufeinander folgen4, sondern das hat eine genaue Analogie etwa in Gal 4 14: ώς αγγέλου ΘεοΟ έδέξασθέ με, ώς Χριστόν ' ΙησοΟν. Aus textkritischen und noch mehr aus syntaktischen Gründen ist also der Satz im ganzen wohl so zu verstehen, wie die schematische Aufstellung oben angegeben hat. Nachdem der Aufbau des Satzes auf diese Weise einigermaßen hervorgetreten ist, kann ein Versuch gemacht werden, die Einzelheiten mit Hilfe dieses Grundrisses näher auszulegen. 2. Die e i n z e l n e n A u s d r ü c k e des S a t z e s Οί άνδρες. In 3 i-6 hat der Verfasser die christlichen Frauen ermahnt, ihren Männern Untertan zu sein und sich diesen gegenüber treu und geduldig zu erweisen, damit der Geist des Evangeliums auch auf die eventuell heidnischen Ehemänner wirke. Unmittelbar darauf folgt in v. 7 die hier zu untersuchende Ermahnung an die Männer, sich den Frauen gegenüber κατά γνώσιν zu benehmen. Schon wegen des engen Zusammenhangs mit v. 1-6 dürfte diese Ermahnung in einem gewissen Verhältnis stehen zu den an die Frauen gerichteten Worten. όμοίως. Der Verfasser hat auch direkt angegeben, daß er sich eine wirkliche Korrespondenz zwischen dem Benehmen der Frauen und dem der Männer vorstellt, indem er die Ermahnung an die Männer durch ein όμοίως charakterisiert, das noch deutlicher als in 3 ι eine wirkliche Entsprechung andeutet. Die Bedeutung ist hier etwa »auf entsprechende Weise«. Wegen dieses Ausdrucks muß einfach das folgende συνοικουντες κατά γνώσιν so gedeutet werden, daß eine Überein' Gegen R. Knopf, Die Briefe Petri und Judä (1912), S. 130.

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Stimmung mit der an die Frauen gerichteten Ermahnung zum Gehorsam und zur Demut hervortritt. Es ist allerdings nicht so, daß auch die Männer zum Gehorsam ermahnt werden, denn sie behalten natürlich prinzipiell die Patria potestas, die ihnen nach v. l-e zukommt. Aber wie der Verfasser den Frauen Gehorsam und Demut empfiehlt, so ermahnt er dann die Männer, auf ein strenges Ausüben ihrer Patria postestas zu verzichten und die Frauen nicht mit Tyrannei oder Verachtung zu behandeln. In dieser Richtung dürften seine Gedanken gehen, wenn er von den Männern »auf entsprechende Weise« ein συνοικείν κατά γνώσιν verlangt. Dasselbe geht daraus hervor, daß man nach dem folgenden den Frauen Ehre erweisen soll, weil diese Miterben der Gnade sind. Der Kontext macht es also wahrscheinlich, daß συνοικείν κατά γνώσιν mit einem rücksichtsvollen Behandeln zu tun hat.