mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-ĝal2: Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk 9783963271021, 3963271027

Zwanzig Studien sind dem Altorientalisten Konrad Volk gewidmet. Unter anderem haben C. Mittermayer und P. Attinger eine

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mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-ĝal2: Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk
 9783963271021, 3963271027

Table of contents :
Umschlag
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Konrad Volk – Eine Würdigung
Schriftenverzeichnis von Konrad Volk
A. Bagg: Das altmesopotamische Technikverständnis
M. Ceccarelli: Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis auf den Gott Enki
G. Elsen-Novák / M. Novák: Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien? Ein Beitrag zu den mittelbronzezeitlichen Handelsrouten
A. Fuchs: Aufruf zur Eliminierung von „Sargon I.“ und Sargon „II.“ von Assyrien, sowie von „Sargon“ von Akkad
U. Gabbay / S. Mirelman: “Skipped Lines” (MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ) in Balag and Eršema Prayers
A. Gadotti / A. Kleinerman: Between Tradition and Innovation. Two New Larsa Hymns in a Private Collection
M. Krebernik: Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)
St.M. Maul: Der Segen von Bergen und Flüssen. Neues zum assyrischen tākultu-Ritual
W. Meinhold: Zur Beendigung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit. Der Fall des Ilī-u-Šamaš aus Nippur
C. Mittermayer / P. Attinger: Enmerkara und Ensukukešdana
G. Neumann / H. Neumann: Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?E inige weitere Überlegungen zur Genese der Hörnerkrone in Mesopotamien
H. Niehr: Zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus
M. Ossendrijver: Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu. On a Group of Colophons from Seleucid Uruk
D.I. Owen: On the Mother of Šu-Suen. Another Confirmation
P. Pfälzner / B. Faist: Eine Geschichte der Stadt Mardama(n)
W. Sallaberger: Zur Genese der mesopotamischen Götterwelt. Eine Auseinandersetzung mit Thorkild Jacobsens Central Concerns
H. Schaudig: Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi
C. Schmidt / St. Döpper: Die Anfänge der Kupferproduktion in Oman und ihre Verbindung zu den archaischen Texten aus Uruk
C. Wilcke: Zum Anfang der Hymne Lipit-Eštar B. Überlegungen zur Versstruktur
C. Wunsch: Grundzüge des babylonischen Erbrechts in neubabylonischer und frühachämenidischer Zeit
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dubsar 17 mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-g῀ al2

Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk

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mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-g῀ al2 Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk Herausgegeben von Jessica Baldwin und Jana Matuszak unter Mitarbeit von Manuel Ceccarelli

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16.02.2020 16:04:18

mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-£al2 Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk

Herausgegeben von Jessica Baldwin und Jana Matuszak unter Mitarbeit von Manuel Ceccarelli

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

dubsar Altorientalistische Publikationen Publications on the Ancient Near East Band 17 Herausgegeben von Kristin Kleber und Kai A. Metzler

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-£al2 Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk

Herausgegeben von Jessica Baldwin und Jana Matuszak unter Mitarbeit von Manuel Ceccarelli

Zaphon Münster 2020 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Illustration auf dem Einband: Tontafel, Hilprecht-Sammlung der Universität Jena, HS 2940 (Kopie M. Krebernik), cf. S. 147.

mu-zu an-za3-še3 kur-ur2-še3 ḫe2-£al2. Altorientalistische Studien zu Ehren von Konrad Volk Herausgegeben von Jessica Baldwin und Jana Matuszak unter Mitarbeit von Manuel Ceccarelli dubsar 17

© 2020 Zaphon, Münster (www.zaphon.de) All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means, electronic, mechanical, photo-copying, recording, or otherwise, without the prior permission of the publisher. Printed in Germany. Printed on acid-free paper. ISBN 978-3-96327-102-1 ISSN 2627-7174 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Konrad Volk

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................................. 1 Jana Matuszak Konrad Volk – Eine Würdigung ........................................................................... 3 Schriftenverzeichnis von Konrad Volk ................................................................. 7 Ariel M. Bagg Das altmesopotamische Technikverständnis ...................................................... 13 Manuel Ceccarelli Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis auf den Gott Enki ...................................................................................................... 29 Gabriele Elsen-Novák – Mirko Novák Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien? Ein Beitrag zu den mittelbronzezeitlichen Handelsrouten .................................. 49 Andreas Fuchs Aufruf zur Eliminierung von „Sargon I.“ und Sargon „II.“ von Assyrien, sowie von „Sargon“ von Akkad .......................................................................... 69 Uri Gabbay – Sam Mirelman “Skipped Lines” (MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ) in Bala£ and Eršema Prayers .............. 87 Alhena Gadotti – Alexandra Kleinerman Between Tradition and Innovation. Two New Larsa Hymns in a Private Collection ............................................... 117 Manfred Krebernik Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940) ....... 131 Stefan M. Maul Der Segen von Bergen und Flüssen. Neues zum assyrischen tākultu-Ritual .... 149 Wiebke Meinhold Zur Beendigung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit. Der Fall des Ilī-u-Šamaš aus Nippur ................................................................. 163 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Inhaltsverzeichnis

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger Enmerkara und Ensukukešdana ........................................................................ 191 Georg Neumann – Hans Neumann Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf? Einige weitere Überlegungen zur Genese der Hörnerkrone in Mesopotamien 263 Herbert Niehr Zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus ..................... 283 Mathieu Ossendrijver Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu. On a Group of Colophons from Seleucid Uruk ................................................ 313 David I. Owen On the Mother of Šu-Suen. Another Confirmation ........................................... 337 Peter Pfälzner – Betina Faist Eine Geschichte der Stadt Mardama(n) ............................................................ 347 Walther Sallaberger Zur Genese der mesopotamischen Götterwelt. Eine Auseinandersetzung mit Thorkild Jacobsens Central Concerns .............. 391 Hanspeter Schaudig Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi ............................................. 413 Conrad Schmidt – Stephanie Döpper Die Anfänge der Kupferproduktion in Oman und ihre Verbindung zu den archaischen Texten aus Uruk ............................................................................ 433 Claus Wilcke Zum Anfang der Hymne Lipit-Eštar B. Überlegungen zur Versstruktur .......... 445 Cornelia Wunsch Grundzüge des babylonischen Erbrechts in neubabylonischer und frühachämenidischer Zeit ................................................................................. 453

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Vorwort Es ist uns eine Herzensangelegenheit und damit nicht nur eine Ehre, sondern auch eine Freude, mit der Herausgabe dieser Festschrift einen besonderen Wissenschaftler und einzigartigen Menschen ehren zu dürfen. Konrad Volks weiter Horizont ermöglichte nicht nur die Vielfältigkeit seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeiten, sondern bot auch die Grundlage seiner exemplarischen Förderung von thematisch weit gefächerten Projekten anderer. Als ein Zeichen unserer Dankbarkeit für seine unermüdliche und kontinuierliche Unterstützung und Kollegialität haben wir in diesem Band thematisch diverse Beiträge von ehemaligen und derzeitigen Doktorand*innen, Mitarbeiter*innen und engen Kolleg*innen versammelt. Wir sind uns jedoch sicher, dass damit die Zahl derer, die dem Jubilar ihre Anerkennung und Verbundenheit ausdrücken wollen, längst noch nicht erschöpft ist. Wir hoffen, dass die Beiträge dennoch repräsentativ für das breit gefächerte Interesse des Jubilars stehen und die Lektüre ihm Freude bereiten wird. Nach Jahren Deines persönlichen Engagements, einhergehend mit stetiger Horizonterweiterung bei Dir und durch Dich, ist es nun an uns, lieber Konrad, Dir etwas zurückzugeben und dafür zu sorgen, dass „Dein Name bis zum Horizont, bis zum Fuß der Berge etabliert sei!“ mu-zu an-za 3-še 3 kur-ur 2-še 3 ḫe 2-£al 2 (Ur-Namma B 45; 51) Wir möchten an dieser Stelle allen herzlich danken, die zu dem Gelingen dieses Bandes beigetragen haben. Dafür gilt unser aufrichtiger Dank allen Autor*innen sowie Kristin Kleber und Kai Metzler, die den Band in die Reihe dubsar aufgenommen und seine Entstehung professionell betreut haben. Jana Matuszak übernahm die Koordination und die erste Kontaktaufnahme mit den Autor*innen, redaktionelle Arbeiten und die Korrektur der deutsch-sprachigen Einreichungen. Jessica Baldwin übernahm den Kontakt mit dem Verlag, die Korrektur der englisch-sprachigen Beiträge und die Erstellung des Manuskripts. Manuel Ceccarelli hat einen Großteil der Bibliographien überarbeitet und Hinweise zu einzelnen Beiträgen beigesteuert. Die Herausgeberinnen Jessica Baldwin

Jana Matuszak

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Konrad Volk – Eine Würdigung

Jana Matuszak (SOAS University of London)

Mit Konrad Volk ehren wir einen außergewöhnlichen Wissenschaftler und Menschen, der insbesondere die deutsche Altorientalistik in vielfältiger Weise geprägt hat. Geboren 1955 in Lörrach/Baden als jüngstes Kind einer Akademikerfamilie, zeichnete er sich durch eine Vielzahl von Talenten aus. Erst dem Violinstudium zugeneigt, entschied er sich 1975 schließlich für das Studium der Assyriologie, Vorderasiatischen Archäologie, Judaistik und Musikwissenschaft an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg, blieb der Musik aber bis heute in Theorie und Praxis treu. Gefördert durch ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes (1979–1985) stieg er schnell zu einem integralen Mitglied des Freiburger (Alt-)Orientalistischen Seminars unter der Leitung von Burkhart Kienast und Horst Steible auf. Besonders prägen sollte ihn aber auch ein einjähriger Studienaufenthalt bei J. J. A. van Dijk am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom. Sofort nach seiner Ankunft in Rom erklärte sich K. Volk dazu bereit, gemeinsam mit S. Votto van Dijks Lugal-e-Manuskript auf der Schreibmaschine abzutippen und das Editionsprojekt dadurch zu retten. Damit war nicht nur der Grundstein für K. Volks eigene Editionsprojekte gelegt und das Interesse an sumerischer Literatur geweckt, auch dem von van Dijk erlernten Kopierstil (unauffindbare Pelikan InkaTinte musste es sein!) ist er bis heute – mit einigen individuell vorgenommenen Anpassungen – treu geblieben. Wieder zurück in Freiburg, wurde er 1986 mit einer viel beachteten, 1989 in den Freiburger Altorientalischen Studien publizierten Arbeit über „Die Bala£-Komposition úru àm-ma-ir-ra-bi“ promoviert. Insbesondere Studierenden weltweit ist K. Volk als der Autor des „Sumerian Reader“ bekannt, und tatsächlich kann man an Hand dieses Werks seine Karriere exemplarisch nachverfolgen. Früh hat er Standards gesetzt, denen er stets treu geblieben ist – und dies wurde von der Fachwelt entsprechend hoch geschätzt. Die erste Ausgabe erschien bereits 1978 – drei Jahre nach Studienbeginn – im Selbstverlag unter dem Titel „Sumerische Chrestomathie“. Sie war so erfolgreich, dass er bereits 1980 eine zweite, verbesserte und um ein zweisprachiges Glossar erweiterte Auflage, immer noch im Selbstverlag, nachlegen musste. Die definitive Ausgabe wurde dann, in englischer Übersetzung von seinem Freund und Kollegen © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Jana Matuszak

vom Bibelinstitut, S. Votto, und unter der Mitarbeit von A. Ganter (jetzt Zgoll) unter dem Titel „A Sumerian Reader“ 1997 in Studia Pohl: Series Maior, Rom, veröffentlicht. Erneut war die Chrestomathie so schnell vergriffen, dass schon ein Jahr später die zweite, leicht verbesserte Ausgabe gedruckt werden musste. Inzwischen ist das unter Mitarbeit von S. Votto und J. Baldwin auf den neusten Stand gebrachte Werk unter dem Titel „A Sumerian Chrestomathy“ in der Reihe Subsidia et Instrumenta Linguarum Orientis bei Harrassowitz erhältlich und wird zweifellos noch viele Generationen von Studierenden beim Erlernen des Sumerischen begleiten. Nach seiner Promotion in Freiburg wurde K. Volk dort sogleich von B. Kienast als wissenschaftlicher Assistent am Orientalischen Seminar angestellt. Von 1986–1991 arbeiteten beide an dem Projekt „Altakkadische Urkunden und Briefe“, dessen Resultate 1996 in der Monographie „Die sumerischen und akkadischen Briefe des III. Jahrtausends vor der III. Dynstie von Ur“ publiziert wurden. Das außerordentliche Engagement K. Volks, das er in das gemeinsame Projekt investierte, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass er – gegen Empfehlung des ehemaligen Lehrers – auf eigene Kosten für Kollationen in den Pariser Louvre reiste. 1991 wechselte K. Volk an die Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er bis 1996 als wissenschaftlicher Mitarbeiter von D. O. Edzard und C. Wilcke am Institut für Assyriologie arbeitete und 1994 mit seiner Textedition und historisch-politischen Deutung von „Inanna und Šukaletuda“ habilitiert wurde. Das Buch erschien bereits ein Jahr später bei Harrassowitz; wie auch seine Dissertation wurde es zu einem Standardwerk. Nachdem C. Wilcke 1993 die Leitung des neugegründeten Altorientalischen Instituts der Universität Leipzig übernommen hatte, folgte K. Volk, um dort von 1996–1998 an seinem groß angelegten Projekt „Kindheit und Erziehung in Babylonien und Assyrien“ zu forschen. Ergebnisse seiner diesbezüglichen Untersuchungen wurden in mehreren Zeitschriftartikeln und Beiträgen in einschlägigen Sammelbänden veröffentlicht. Die Arbeit an seiner groß angelegten monographischen Bearbeitung des Themas wurde jedoch durch die vielfältigen Aufgaben, die seine Berufung 1998 als ordentlicher Professor für Altorientalische Philologie an die Eberhard Karls Universität Tübingen mit sich brachten, verzögert. Tatsächlich hat der Jubilar dem Fach Altorientalistik und der Universität Tübingen in zahlreichen Funktionen gedient. Nicht nur fungierte er von seiner Berufung im Jahr 1998 bis 2009 als Direktor des Altorientalischen Seminars und Mitglied des Direktoriums Museum Schloß Hohentübingen. Von 2001–2006 sowie im Wintersemester 2008/2009 war er auch als Studiendekan und Fakultätsvorstand der Fakultät für Kulturwissenschaften tätig. Darüber hinaus war K. Volk von 2000–2004 Hauptgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG); seit 2003 ist er wissenschaftlicher Beirat der Deutschen Orient-Gesellschaft

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Konrad Volk – Eine Würdigung

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(DOG) und seit 2007 wissenschaftlicher Beirat für „Propylaeum: Virtuelle Fachbibliothek Altertumswissenschaften“. Seit 2015 ist er zudem Mitglied des Stiftungsrats der Friedrich-Lurk-Stiftung zur Förderung der Musik und Musikwissenschaft an der Universität Tübingen. Besonders hoch angerechnet werden muss K. Volk jedoch, dass er 2009 federführend bei der Gründung des Instituts für die Kulturen des Alten Orients (englisch: Institute for Ancient Near Eastern Studies, kurz: IANES) beteiligt war, als dessen geschäftsführender Direktor er von 2009–2011 fungierte. Der Zusammenschluss von Altorientalischer Philologie, Vorderasiatischer Archäologie und Ägyptologie stärkte die Position und universitätsinterne wie auch nationale und internationale Präsenz dieser „kleinen Fächer“ und so ist es auch der zukunftsorientierten Leitung von K. Volk zu verdanken, dass die Tübinger Altorientalistik 2016 ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte. Doch natürlich diente K. Volk der Tübinger Altorientalistik nicht nur in administrativer Funktion. Er betreute während seiner Tübinger Zeit zwölf Dissertationen, davon zehn als Erstbetreuer; drei weitere Dissertationen befinden sich derzeit in Vorbereitung. Bemerkenswert ist auch die Anzahl von eingeworbenen Drittmittelprojekten, mit denen K. Volk zahlreiche Kolleginnen und Kollegen auch über sein eigenes Spezialgebiet hinaus unterstützte und sich somit die dankbare Verbundenheit vieler sicherte. Die von ihm betreuten Projekte reichen von der Stammbildung des luwischen Nomens (DFG-Förderung 2000–2003; Durchführung: F. Starke) über spätbabylonische mathematische Astronomie (DFG-Förderung 2007–2011; Durchführung: M. Ossendrijver) bis hin zum Erbrecht in Babylonien und Assyrien nach keilschriftlichen Quellen des 1. Jt. (DFG-Förderung 2001–2004; Durchführung: C. Wunsch) bzw. nach Quellen des 3. und 2. Jt. v. Chr. (DFG-Förderung 2010– 2014; Durchführung: W. Meinhold) sowie den Pfründen in Babylonien in altbabylonischer Zeit (DFG-Förderung 2014–2019; Durchführung: W. Meinhold). Darüberhinaus fungierte er als Projektpartner der Universitätsbibliothek Tübingen bei der Erstellung einer „Virtuellen Fachbibliothek Altertumswissenschaften – Alter Orient“ (DFG-Förderung seit 2008) und kooperierte mit Hans Neumann von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie der Universitätsbibliothek Tübingen im Rahmen des Projekts „Keilschriftbibliographie Online“ (http://vergil.uni-tuebingen.de/keibi/). Ebenfalls im Dienste der Förderung „kleiner Fächer“ stand auch seine Beteiligung an der Master Class Keilschriftepigraphie, die von 2016–2018, gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, in Kooperation mit der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg durchgeführt wurde. Weiterhin engagierte sich K. Volk für die von der DFG geförderten und in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Berlin) sowie der Ludwig-Maximilians-Universität München und der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführten Ausgrabungen am Tell Ha-

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Jana Matuszak

laf in Syrien. Hervorzuheben ist auch sein persönliches Engagement für die Erforschung des Sirkeli Höyük in Kilikien unter der Leitung von M. Novák (jetzt IAW Bern). Doch nicht nur die Vielzahl der von K. Volk unterstützten bzw. mitbetriebenen Projekte lassen sein außerordentlich breit gefächertes Interesse erkennen, das sich bereits in der Wahl seiner vier Studienfächer andeutete. Auch seine Monographien, die das vor-Ur-III-zeitliche, sumerisch-akkadische Briefkorpus aus dem späten 3. Jahrtausend, die Textedition eines sumerisch-sprachigen Literaturwerks des frühen 2. Jahrtausends und die Edition einer hauptsächlich aus dem 1. Jahrtausend überlieferten zweisprachigen kultischen Klage umfassen, sowie seine zahlreichen Aufsätze, die von Problemen sumerischer Orthographie bis hin zu Imkerei, Kinderkrankheiten, Erziehungsmethoden und Musik im Alten Orient reichen, sprechen für die Weite und Breite seines wissenschaftlichen Horizonts. Aber seine Projekte sind noch lange nicht abgeschlossen! Nachdem er 2015 den Band „Erzählungen aus dem Land Sumer“ – die erste groß angelegte Anthologie sumerisch-sprachiger Literaturwerke in deutscher Übersetzung – herausgab, für die er zahlreiche Kolleginnen und Kollegen gewinnen konnte und für die er selbst zahlreiche Übersetzungen beisteuerte, widmete sich K. Volk in den letzten Jahren mit vollem Elan der Publikation der sumerischen literarischen Texte in der Martin Schøyen Collection, Oslo, die einen neuen Höhepunkt seiner langen und erfolgreichen Karriere bilden wird. Und wer weiß, vielleicht findet der eine oder andere Text aus Oslo eines Tages Eingang in eine Neuauflage der „Sumerian Chrestomathy“?

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Schriftenverzeichnis von Konrad Volk Monographien – Sumerische Chrestomathie, Eschbach 1978. – Sumerische Chrestomathie. 2. verbesserte und um ein zweisprachiges Glossar erweiterte Auflage, Eschbach 1980. – Die Bala£-Komposition úru àm-ma-ir-ra-bi. Rekonstruktion und Bearbeitung der Tafeln 18 (19ff.), 19, 20 und 21 der späten, kanonischen Version (Freiburger Altorientalische Studien 18), Stuttgart 1989. – (zusammen mit B. Kienast) Die sumerischen und akkadischen Briefe des III. Jahrtausends vor der III. Dynastie von Ur (Freiburger Altorientalische Studien 19), Stuttgart 1995. – Inanna und Šukaletuda. Zur historisch-politischen Deutung eines sumerischen Literaturwerkes (SANTAG 3), Wiesbaden 1995. – A Sumerian Reader. With the Collaboration of S. Votto and A. Ganter (Studia Pohl. Series Maior 18), Rom 1997. – A Sumerian Reader. With the Collaboration of S. Votto and A. Zgoll. 2nd edition (reprint with minor corrections) (Studia Pohl. Series Maior 18), Rom 1999. – Alter Orient. Katalog und wissenschaftliche Kommentierung der beschrifteten Objekte der Sammlung des Altorientalischen Seminars der Universität Tübingen, Museum Schloß Hohentübingen, Tübingen 2005. – A Sumerian Chrestomanthy. With the Collaboration of S. Votto and J. Baldwin (Subsidia et Instrumenta Linguarum Orientis 5), Wiesbaden 2012. – (zusammen mit J. Matuszak) Sumerische literarische Texte in der Schøyen Collection; Vol. III. Unter Mitwirkung von I. Deubelbeiss, A. R. George, C. Mittermayer, N. Rudnik, L. Vacín und A. Westenholz (Cornell University Studies in Assyriology and Sumerology 20 = Manuscripts in the Schøyen Collection – Cuneiform Texts 20), Pennsylvania 2021 (in Vorbereitung)

Herausgeberschaft – (zusammen mit W. Sallaberger und A. Zgoll) Literatur, Politik und Recht. Festschrift für Claus Wilcke (Orientalia Biblica et Christiana 14), Wiesbaden 2003. – Die Welt des Orients (Mitherausgeber 2007–2008).

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Schriftenverzeichnis

– (illustriert von K.-H. Bohny) Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015. – Sumerian Literary Texts in the Schøyen Collection (Series Editor).

Aufsätze und Beiträge zu Sammelwerken – Eine bemerkenswerte nach-Fāra-zeitliche Urkunde, in: Orientalia N.S. 57 (1988) 206–209. – Zur Lesung von teme (NAG̃ A-inversum) und téme (NAG̃ A), in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1990/54. – (m)armaḫḫum – mar-maḫ „ein Obstbaum?“, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1992/17. – Puzur-Mama und die Reise des Königs, in: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 82 (1992) 22–29. – Ad CT 58 Nr. 31, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1993/80. – Improvisierte Musik im Alten Mesopotamien?, in: W. Fähndrich (Hrsg.), Improvisation II, Winterthur / Schweiz 1994, 160–202. – Zum Alter der Drittelpacht, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1994/25. – Nachträge zu FAOS 19, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1996/9. – Korrektur zu SANTAG 3, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1996/10. – Methoden altmesopotamischer Erziehung nach Quellen der altbabylonischen Zeit, in: SAECULUM 47 (1996) 178–216. – Zur Lesung von URU׊È-tenû = *uru x(-b ), in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1997/60. – Imkerei im Alten Mesopotamien?, in: H. Klengel / J. Renger (Hrsg.), Landwirtschaft im Alten Orient. Ausgewählte Vorträge der XLI. Rencontre Assyriologique Internationale. Berlin 4.–8.7.1994 (Berliner Beiträge zum Vorderen Orient 18), 1999, 279–290. – Kinderkrankheiten nach der Darstellung babylonisch-assyrischer Keilschrifttexte, in: Orientalia N.S. 68 (1999) 1–30. – Eine weitere Nebukadnezar II. Backsteininschrift, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1999/2. – Zur zweiten Auflage von A Sumerian Reader (Rom 1999), in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 1999/4. – Edubbaʼa und Edubbaʼa-Literatur: Rätsel und Lösungen, in: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 90 (2000) 1–30. – Die Profession des «Ur-é», in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 2000/4. – An Ur-III Business Document from „Kharayeb“, in: Bulletin d’archéologie et d’architecture libanaises 4 (2000 [2002]) 179–184 und 9 (arab. Teil). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Schriftenverzeichnis

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– Entwicklung der Schrift im Alten Orient, in: B. v. Freytag gen. Löringhoff (Hrsg.), Museum Schloß Hohentübingen, Tübingen o. J. (= 2001), 26–27. – Altorientalische Tontafel, Keilschrift, ca. 2048 v. Chr., in: H.-G. Rösch / G. Straub (Hrsg.), Gratianus-Stiftung, Sammlungskatalog 1, Reutlingen 2004, 21–23. – Vom Dunkel in die Helligkeit: Schwangerschaft, Geburt und frühe Kindheit in Babylonien und Assyrien, in: V. Dasen (Hrsg.), Naissance et petite enfance dans l’Antiquité. Actes du colloque de Fribourg, 28 novembre – 1er décembre 2001 (Orbis Biblicus et Orientalis 203), Fribourg / Göttingen 2004, 71–92. – Beschriftete Objekte aus Tall Mozan / Urkeš. Mit Anmerkungen von G. Wilhelm zur Deutung des Namens Sa-da-ar-SIG5-ad/t, in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 136 (2004) 87–101. – Old Babylonian Balag, to the Mother Goddess Aruru, in: I. Spar / W. G. Lambert (Hrsg.), Cuneiform Texts in the Metropolitan Museum of Art 2: Literary and Scholastic Texts of the First Millennium B.C., New York 2005, 3–10, Tf. 1–2. – Musikalische Praxis und Theorie im Alten Orient, in: Th. Ertelt / H. von Loesch / F. Zaminer (Hrsg.), Geschichte der Musiktheorie 2. Vom Mythos zur Fachdisziplin: Antike und Byzanz, Darmstadt 2006, 1–46. – Von Findel-, Waisen-, verkauften und deportierten Kindern: Notizen aus Babylonien und Assyrien, in: A. Kunz-Lübcke / R. Lux (Hrsg.), „Schaffe mir Kinder, wenn nicht, so sterbe ich.“ Beiträge zur Kindheit im alten Israel und in seinen Nachbarkulturen (Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 21), Leipzig 2006, 47–87. – Inanna’s ‚Tischlein Deck’ Dich‘. Vorläufiger Bericht zur Rekonstruktion der 17. Tafel von úru àm-ma-ir-ra-bi, in: Baghdader Mitteilungen 37 (2006 [2007]) 91–116. – Eine neue Inschrift des Königs Sîn-iddinam von Larsa, in: A. George (Hrsg.), Cuneiform Royal Inscriptions and Related Texts in the Schøyen Collection (Cornell University Studies in Assyriology and Sumerology 17 = Manuscripts in the Schøyen Collection – Cuneiform Texts 6), Bethesda, 2011, 59–88; 287– 310; pl. XXVI–XXXII. – Verloren und gefunden: Die Urkunde F. R. Kraus, RA 84 (1990) 152f., in: Orientalia N.S. 80 (2011) 81–86. – Über Bildung und Ausbildung in Babylonien am Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr., in: Orientalia N.S. 80 (2011) 269–299. – Ein zweisprachiger Übungstext zu Lipit-Eštar B, in: C. Mittermayer / S. Ecklin (Hrsg.), Altorientalische Studien zu Ehren von Pascal Attinger: mu-ni u 4 ulli 2 -a-aš ĝa 2 -ĝa 2 -de 3 (Orbis Biblicus et Orientalis 256), Fribourg / Göttingen 2012, 359–368. – Schlafe, mein Prinz, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 83–88. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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– Tanzt! Tanzt!, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 89–91. – Süße Liebe, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 93–95. – Die Schule – Hort der Bildung, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 99. – Aus dem Leben eines Schülers der altbabylonischen Zeit, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 101–107. – Der Dialog zwischen Schulaufseher und Schulabsolvent, in: K. Volk (Hrsg.), Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 109–116. – Drei Urkunden der Ur III-Zeit aus dem Museum Alte Kulturen der Universität Tübingen, in: K. Kleber / G. Neumann / S. Paulus (Hrsg.), Grenzüberschreitungen. Studien zur Kulturgeschichte des Alten Orients. Festschrift für Hans Neumann zum 65. Geburtstag am 9. Mai 2018 (dubsar 5), Münster 2018, 773– 780 – Eine neue Akkad-zeitliche Urkunde über ein unbebautes Hausgrundstück, in: I. Arkhipov / L. Kogan / N. Koslova (Hrsg.), The Third Millennium. Studies in Early Mesopotamia and Syria in Honor of Walter Sommerfeld and Manfred Krebernik (Cuneiform Monographs 50), Leiden 2020, 675–685. – Die Sîn-iddinam-Inschrift AOST 112 – ein Duplikat zu VA 3611? (in Vorbereitung) – Die Tafeln 17 und 18 der Bala£-Komposition úru àm-ma-ir-ra-bi. Unter Mitwirkung von J. Matuszak (in Vorbereitung) – Zwei neue Rechtsurkunden des 3. Jahrtausends (in Vorbereitung) – Profitable Geschäfte?! Der altbabylonische Brief AOST 120 (in Vorbereitung)

Lexikonbeiträge – Musik (Alter Orient), in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike 8 (2000) 516–517. – Musikinstrumente (Alter Orient), in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike 8 (2000) 536–540. – Nin-giriš, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 367. – Nin-tula, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 506. – Nin-ul, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 509. – Nin-ul-šutag, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 510. – Nin-uru(b), in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 528.

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– Nin-URUbarra, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 9 (1998–2001) 528. – Pädiatrie, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 10 (2003–2005) 188. – Palme, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 10 (2003–2005) 283–292. – Pfeife, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 10 (2003–2005) 455–456. – Ḫammurapi, in: K.-H. Leven (Hrsg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 374–375. – Mesopotamische Medizin, in: K.-H. Leven (Hrsg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München 2005, 608–609. – Puzurmama, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 11 (2006–2008) 132–133. – Schöpfwerk, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 12 (2009–2011) 246–248. – Schreibgriffel, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 12 (2009–2011) 280–286. – Streitgespräch, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 13 (2011–2013) 214–222. – Šukaletuda, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 13 (2011–2013) 266–267. – URU×ganatenû, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 14 (2014–2016) 445–446. – Wachs, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 14 (2014–2016) 607–609. – Wachstafel, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 14 (2014–2016) 209–613. – Witzel, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 15 (2016–2018) 124.

Laudationes und Nachrufe – Dietz Otto Edzard (28. August 1930 – 2. Juni 2004), in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 137 (2005) 7–10. – Horst Steible 70 Jahre alt, in: Freiburger Universitätsblätter 192/2 (2011) 159– 160.

Rezensionen – Oberhuber, K., Sumerisches Lexikon zu „George Reisner, Sumerisch-babylonische Hymnen nach Thontafeln griechischer Zeit (Berlin 1896)“ (SBH) und verwandten Texten (Innsbrucker Sumerisches Lexikon, Abt. 1, Band 1.). Innsbruck 1990, in: Bibliotheca Orientalis 49 (1992) 764–772. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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– Hayes, J. L., A Manual of Sumerian Grammar and Texts (Aids and Research Tools in Ancient Near Eastern Studies 5), Malibu 1990, in: MESOPOTAMIA 27 (1992) 297–300.

Wissenschaftliche Beratung – Libretto der Oper ‚THE HULUPPU TREE‘. Mediale Oper nach der sumerischen Zählung Inannas Gang zur Unterwelt von Helga Pogatschar; Libretto und Regie: Károly Koller (Premiere: 19. Oktober 2001, München). Eine Veranstaltung der ARTIONALE 2001 in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und dem Kulturreferat der LH München.

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Das altmesopotamische Technikverständnis

Ariel M. Bagg (Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg)

Die homerischen Epen und die Werke Hesiods1 werden zu Recht als die ersten Zeugnisse der griechischen Literatur betrachtet, in denen über das technische Handeln reflektiert wird.2 Sie stehen am Anfang einer Tradition, die über eine Überarbeitung des Prometheusmythos im 5. Jh. durch Aischylos3 in verhältnismäßig kurzer Zeit zu einer ausgereiften Theorie der Technai und ihrer Bedeutung innerhalb der Zivilisation führte, die in Platons Interpretation des Prometheusmythos4 und in der aristotelischen Mechanik ihren Niederschlag fand. Darüber hinaus war die theoretische Analyse der Techne einer der entscheidenden Faktoren, die zur Entstehung einer technologischen Fachliteratur beitrug.5 Dagegen blieb der Beitrag der altmesopotamischen Kulturen zu einer Theorie des technischen Handels und zur Herausbildung der Fachliteratur in der technikgeschichtlichen Forschung bislang unbeachtet. Aus der umfangreichen keilschriftlichen Überlieferung des Zweistromlandes, die sich über fast drei Jahrtausende erstreckt, sind keine Texte erhalten, die explizite Überlegungen in Bezug auf das technische Handeln zum Thema haben oder zumindest beinhalten. Stattdessen stehen der Forschung zwei Textgruppen zur Verfügung, in denen verschiedene technische Tätigkeiten und Verfahren beschrieben oder Götter durch ihre Beziehung zur Technik charakterisiert werden. Die größte Gruppe stellen die literarischen Werke in sumerischer und akkadischer Sprache dar. Die zweite, wesentlich kleinere Gruppe besteht aus Texten vornehmlich in akkadischer Sprache, die mangels eines besseren Begriffes als „Fachliteratur“ bezeichnet wird.

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Theogonie 521–529, Erga 42–105. Schneider 1989, 11–51. 3 Der gefesselte Prometheus. 4 Protagoras 320c–322a. 5 Das Korpus Hippocraticum, das ein Vorbild für die Definition einer Techne darstellte und somit die Entwicklung der Fachliteratur beeinflusste, stammt aus dem Ende des 5. und Anfang des 4. Jh., Schneider 1989, 132–150. 2

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Auch wenn eine differenzierte Terminologie für die einzelnen handwerklichen Berufe sowohl im Sumerischen wie auch im Akkadischen vorhanden ist, wurde ein abstrakter Begriff für „Handwerk“ selten benutzt. Der sumerische Terminus für „Handwerker, Sachkundiger, Fachmann“ ist ummia, der in literarischen Quellen selten vorkommt, und dann meistens mit der Bedeutung „Gelehrter“ im Zusammenhang mit Schreibern. Ein entsprechendes abstraktes Nomen *namu mmia, „Handwerk o. Ä.“, ist nicht bezeugt. Während u mmia hauptsächlich in Texten aus dem 3. Jt. bezeugt ist, wird galam, „fachkundig, geschickt, kunstvoll (sein/werden)“ – akkadisch nakālu, naklu –, nur in Texten aus dem 2. Jt. verwendet. Die nominale Bildung namgalam, die ausschließlich in der sumerischen Literatur des 2. Jt. vorkommt, wird meist als „Geschicklichkeit“ interpretiert, doch sie kann in manchen Kontexten als „Kunstgewerbe“ gedeutet werden.6 Das akkadische Wort ummânu wurde aus dem Sumerischen abgeleitet und mit der gleichen Bedeutung „Fachmann, Gelehrter“ verwendet.7 Die abstrakte Nominalform ummânūtu, „Handwerkskunst, Gelehrsamkeit“, ist relativ selten und meist in Texten aus dem 1. Jt. belegt.8 Ein altmesopotamisches Wort für „Technik“ im heutigen Sinne oder für altgriechisch techné in seiner ursprünglichen Bedeutung als menschliche Tätigkeit, die mit der handwerklichen Produktion oder mit der Beherrschung der Natur in Beziehung steht, gibt es eigentlich nicht. Dem akkadischen Terminus šipru, der ein breites semantisches Feld abdeckt – einerseits „Sendung, Botschaft, Bote“, andererseits „Arbeit, Werk, Tun“ u. a. –, könnte dennoch in bestimmten Fällen eine derartige Bedeutung zugrunde liegen, und zwar, wenn er in Königsinschriften aus dem 1. Jt. und in literarischen Texten im Sinne von „Handwerk, Kunstfertigkeit“ benutzt wird.9 Das entsprechende sumerische Wort ki£2 wird meistens mit der Bedeutung „Arbeit, Werk“ bzw. „arbeiten“ übersetzt.10 Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Aussagen in den sumerischen und akkadischen Quellen zur Technik, das heißt, zu jenem Bereich, in dem „der Mensch naturgegebene Stoffe und Energien intelligent so umformt, dass sie seinem Bedarf und Gebrauch dienen.“11 Das literarische Korpus in sumerischer Sprache stammt größtenteils aus dem 18. Jh., aus der so genannten altbabylonischen Zeit, also ca. drei Jahrhunderte nach der letzten Blütezeit der sumerischen Kultur. Die literarische Tradition der Sumerer ist aber wesentlich älter. Die ältesten Texte stammen aus der Mitte des

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Siehe ePSD s. v. u m m i a , g a l a m und n a m g a l a m . AHw 1415f., CAD U/W, 108–115, s. v. ummânu 2. 8 AHw 1414, CAD U/W, 115f. 9 CAD Š/3, 82–83 s. v. šipru 6a. 10 Siehe ePSD und ETCSL s. v. k i £2 . 11 Stork 1977, 1; auch Schneider 1989, 8 basiert seine Untersuchung des griechischen Technikverständnisses auf dieser Technikdefinition. 7

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Das altmesopotamische Technikverständnis

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3. Jt.12 Die meist auf mündlich überliefertem Material basierten Kompositionen wurden im Laufe der Zeit überarbeitet und in der Schule weiter tradiert, als das Sumerische als gesprochene Sprache nicht mehr existierte.13 Dies führt zu der methodologischen Frage, wie aussagekräftig sumerische literarische Werke hinsichtlich des Technikverständnisses der Sumerer sind. Einerseits spiegeln die mythologischen und epischen Texte die menschliche Welt wider. Die Hauptfiguren (Götter, Mischwesen, frühzeitliche Herrscher) mögen imaginär sein, aber die Bühne, auf der sie ihre Taten vollziehen, ist nicht reine Erfindung, sondern fußt auf den Kenntnissen und Erfahrungen der Verfasser. Andererseits sind Angaben zur materiellen Kultur in den Texten explizit vorhanden. Da sie in der Regel eine sekundäre Rolle spielen, ist es anzunehmen, dass sie bei der Überarbeitung des Stoffes nicht wesentlich geändert wurden. Außerdem sind die in den literarischen Texten erwähnten Techniken, Einrichtungen und Geräte größtenteils auch in altund neusumerischen Quellen wie z. B. Bauinschriften und Wirtschaftsurkunden bezeugt. Aus diesen Gründen scheint es berechtigt, mythische und epische Erzählungen als Quelle für eine sumerische Technikgeschichte zu betrachten.14 Enki war der sumerische Gott der Weisheit und der Künste15 und unter verschiedenen Beinamen Beschützer bestimmter handwerklicher Tätigkeiten und Berufe.16 Er herrschte im Süßwasserozean (sumerisch abzu ) und war auch für die Quellen und Flüsse zuständig; sein Hauptkultort war die Stadt Eridu in Südmesopotamien (Tall Abū Šahrain). Enki gehörte im 3. Jt. zusammen mit An und Enlil zu den Hauptgottheiten des sumerischen Pantheons und spielte auch im akkadischen Pantheon im 2. und 1. Jt. eine relevante Rolle, wo er als Ea bekannt war. Er war für die Menschen eine wohlwollende Gottheit, nicht nur als Beschützer der Zivilisation, sondern auch als deren Schöpfer, was in mehreren literarischen Werken thematisiert wurde: Enki war für die Erschaffung des Menschen verantwortlich („Enki und Ninmaḫ“), rettete diesen vor der Sintflut (sumerische Sintfluterzählung), kontrollierte die göttlichen Kräfte, sumerisch me, die alle Aspekte des menschlichen Lebens regeln („Inanna und Enki“), und verteilte die kulturellen Aufgaben an einzelne Götter („Enki und die Weltordnung“). Nach der mythologischen Erzählung „Enki und Ninmaḫ“17 mussten die Götter in der Urzeit für ihren Lebensunterhalt hart arbeiten. Unter anderem mussten sie 12

Texte aus Fāra und Tall Abū Ṣalābiḫ im südlichen Irak (ca. 2600–2500). Siehe dazu Sallaberger 2004. 14 Averbeck 2003, 23–26. 15 Zu Enki im sumerischen Pantheon s. Kramer / Maier 1989; ferner Ebeling 1938. 16 Galter 1983, 20–21 (CT 24, Taf. 42, Z. 108–137) und 23 (CT 25, Taf. 48, Z. 1–23) = Litke 1998, 237–240 (Z. 119–148); ferner Ebeling 1938, 377. 17 Benito 1969, 9–76; Ceccarelli 2016 (ETCSL 1.1.2). Im Folgenden werden bei der Angabe der sumerischen Quellen zunächst die wichtigste(n) Textpublikation(en), dann die Kodierung im Electronic Text Corpus of Sumerian Literature (http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/, ETCSL) angegeben; Zeilenzählung und Konventionen für die Transliteration nach ETCSL. 13

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große Massen an Erde bewegen, um Kanäle zu graben, und diese Arbeitslast machte sie unzufrieden (Z. 10–11). Namma überbringt ihrem Sohn Enki die Klage der Götter und der schlaue Gott schlägt vor, den Menschen zu schaffen, damit dieser die Arbeit übernehme und die Götter versorge. Um die Götter mit Speisen zu versorgen, muss sich nun der Mensch der Landwirtschaft und Viehzucht widmen. Die Umwelt, in der er sein Leben zu Diensten der Götter verbringen muss, ist aber menschenunfreundlich. Der Mangel an Regenwasser und der Überschuss an Flutwasser zwingen zu Regulierungsmaßnahmen, die umfangreiche Wasserbauten erfordern. Die Bewässerungslandwirtschaft setzt nicht nur eine komplexe Arbeitsorganisation voraus, sondern auch die Existenz von Werkzeugen und entsprechender metallurgischer Kenntnisse. Unter solchen Umständen kann nur der zivilisierte Mensch die Aufgaben erfüllen, für die er geschaffen wurde. Die erforderlichen technischen Kenntnisse, die wie die Arbeit von dem menschlichen Dasein untrennbar sind, wurden dem Menschen von den Göttern übertragen. Diese wichtige Aufgabe wird auch von Enki übernommen und ist in einer Komposition geschildert, die in der Forschung als „Enki und die Weltordnung“ bekannt ist.18 Die Weltordnung erfolgt demnach in zwei Schritten: zuerst stellt Enki die natürlichen Ressourcen samt der für ihre Nutzung notwendigen Techniken und Werkzeuge dem Menschen zur Verfügung. Dann weist er die verschiedenen Techniken dem Zuständigkeitsbereich einer Gottheit zu. Es werden nicht alle Bereiche der materiellen Kultur erwähnt, sondern paradigmatisch Landwirtschaft (Z. 250–334), Bautechnik (Z. 335–348), Grenzziehung (Z. 368–380) sowie Weberei (Z. 381–386). So aktiviert Enki zum Beispiel den Euphrat und den Tigris, die Hauptadern des sumerischen Ökosystems, und setzt den Gott Enbilulu als „Inspektor der Wasserläufe“ ein (Z. 267–273). Nachdem die Wasserversorgung gewährleistet wurde, wendet sich Enki der Landwirtschaft zu. Er aktiviert zuerst die Pflüge und Ochsengespanne, die in den Zuständigkeitsbereich des Enkimdu (Z. 318–325), des „Herrn der Deiche und der Gräben“, fallen. Anschließend werden die anbaufähigen Felder und die Gerste (Z. 326–334) genannt, die der Göttin Ezina zugewiesen werden. Ebenfalls in zwei Stufen wird der Menschheit die Bautechnik dargeboten: zuerst werden die Hacke und die Lehmziegelform (Z. 335– 340), dann die Anlage von Fundamenten und der Bau von Häusern genannt (Z. 341–347) und jeweils den Göttern Kulla und Mušdama unterstellt. Nachdem das Land Sumer in Stadtgebieten mit den entsprechenden Anbaufeldern durch Grenzziehung organisiert wird (Z. 368–380), wird zuletzt die Weberei präsentiert und unter den Schutz der Göttin Uttu gestellt (Z. 381–386).19

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Benito 1969, 77–160 (ETCSL 1.1.3). Zur Gliederung und Analyse des Mythos s. Averbeck 2003 und Vanstiphout 1997a. 19 Weder im Fall der natürlichen Ressourcen noch in dem der Geräte und Techniken ist von „schöpfen“ die Rede. Die Marschen (Z. 274), der Regen (Z. 309) und die Anbaufelder (Z. 326) werden „gerufen“ (g u 3 - - d e 2 ); die Pflüge, das Joch mit den Gespannen (Z. 318) © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Das altmesopotamische Technikverständnis

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Dieser Text zeigt, dass die Sumerer nicht nur in der Lage waren, technische Sachverhalte zu erfassen, sondern auch die kategorialen Begriffe Material, Werkstoff und Technik unterschieden. Dem Menschen wurden nicht nur die natürlichen Ressourcen, sondern auch die geeigneten Werkzeuge und Geräte und die entsprechenden Techniken anvertraut. Somit wird der Zusammenhang zwischen dem handwerklich-technischen Tun und dem Gebrauch von Werkzeugen erkannt. Die Erfindung von Werkzeugen und Geräten wird dem Menschen nicht überlassen, sondern stammt von den Göttern. In „Enki und Ninmaḫ“ zum Beispiel werden die wichtigsten Objekte des mesopotamischen Instrumentariums erwähnt: Hacke (£ešal), Pflug (£ešapin), Joch (£eššudu l 2 ), Ziegelform (£ešušu b ). Darüber hinaus werden in Verbindung mit der Metallurgie der Pfriem (bu lu£) und der Stichel (mangara) genannt (Z. 407). Die Bedeutung von Werkzeugen und Geräten wird auch in anderen literarischen Werken betont. In einem Streitgespräch zwischen einer Hacke und einem Pflug20 schildert die Hacke ausführlich die Aufgaben, die sie erfüllen kann: vom Kanal- und Deichbau im landwirtschaftlichen Bereich bis zum Haus- und Tempelbau in der Stadt. Eine ganze Komposition, das so genannte Gedicht der Hacke, wird dem Lob dieses Werkzeugs gewidmet.21 In diesem Text wird hervorgehoben, dass der Gott Enlil sich einer Hacke bediente, um Himmel und Erde zu trennen. Nach einem unvollständig erhaltenen Text, der in der Forschung als die „Königsliste von Lagaš“ bekannt ist,22 wird berichtet, dass nach der Sintflut in ¤irsu (Tello), einer der bedeutendsten Städte des Stadtstaates Lagaš, Hungersnot herrschte. Der Stadtgott Nin£irsu half den Menschen, indem er ihnen die für die Landwirtschaft notwendigen Werkzeuge gab: Hacke (£ešal), Spaten (£ešmar), Korb (£ešdusu) und Pflug (£ešapin; Z. 50–55). „Enki und die Weltordnung“ ist mit den geoklimatischen Verhältnissen im Land Sumer eng verbunden. Deswegen spielen Landwirtschaft, Viehzucht und die entsprechenden handwerklich-technischen Tätigkeiten eine zentrale Rolle. Das Handwerk ist jedoch von der Stadt nicht trennbar, da die Welt, in der der Mensch seine technischen Fähigkeiten entfaltet, eine urbane Welt ist. So werden in der mythischen Erzählung „Inanna und Enki“ Sparten des städtischen Kunstgewerbes unter den göttlichen Kräften erwähnt (sumerisch me), die Inanna ihrem Vater Enki raubt.23 Hier werden über hundert me aufgelistet; sie umfassen staatliche und religiöse Institutionen (Königtum und Priesterämter), Tugenden (Hel-

und die Ziegelform (Z. 335) werden „in Ordnung gebracht, d. h. zum Gebrauch vorbereitet“ (s i - - s a 2 ). Siehe dazu Vanstiphout 1997a, 120–122. 20 Attinger 2010–15; Civil 1965; Vanstiphout 1997b; Mittermayer 2019, 285–354 (ETCSL 5.3.1). 21 Edzard 2000 (ETCSL 5.5.4). 22 Glassner 2004, 146–155; Sollberger 1967 (ETCSL 2.1.2). 23 Farber 1973 (ETCSL 1.3.1). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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denmut, Gerechtigkeit, Weisheit) und u. a. auch Berufe (I, 65–72). Genannt werden die Handwerkskünste des Schreiners (namnag ar), des Schmiedes (n amtib ira), des Schreibers (n amdub sar), des Metallgießers/Bronzeschmieds? (namsimug), des Gerbers (namašgab), des Walkers (namazlag 2 ), des Baumeisters (namšidim) und des Rohrflechters (namad KID). Als Hüter der göttlichen Kräfte und Stifter der Weltordnung verfügt Enki über die materiellen und geistigen Aspekte der Zivilisation und überträgt Letztere dem Menschen. Was das technische Tun anbelangt, erschöpft sich Enkis Funktion nicht in der bloßen Vermittlung technischer Kenntnisse. Er zeigt wiederholt, dass er selbst diese Kenntnisse in die Praxis umsetzen kann. Im Epos „Lugalbanda und der Anzu-Vogel“24 wird ihm von Enmerkar, einem vorzeitlichen König von Uruk, die Leistung zugeschrieben, das Marschgebiet um Uruk herum trockengelegt zu haben (Z. 290–302, bes. 300–301).25 Ein weiteres Beispiel bietet der Mythos „Enkis Reise nach Nippur“,26 in dem Enki als Erbauer seines eigenen Tempels erscheint (Z. 1–17). Die Tatsache, dass der Beschützer des Kunstgewerbes selbst als Fachmann fungiert, verstärkt seine Autorität und erhöht den Respekt seitens seiner menschlichen Verehrer. In zwei literarischen Werken erhalten die Menschen gleich nach deren Schöpfung Werkzeuge, damit sie ihre Bestimmung als Gottesdiener erfüllen können. Es handelt sich einerseits um einen zweisprachigen Schöpfungsmythos, der in einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 2. Jts. vorliegt,27 und andererseits um das bereits angesprochene Gedicht der Hacke.28 Im ersten Fall bekommen die Menschen Hacke und Tragkorb, um Tempel zu bauen und Landwirtschaft zu betreiben (KAR 3, 28–69), im zweiten Fall werden sie lediglich mit der Hacke versehen (Gedicht der Hacke, 34). Diese Texte bestätigen die Auffassung, dass Arbeit, Werkzeuge und technische Kenntnisse zum Menschendasein gehören. In einigen wenigen Texten gibt es Hinweise darauf, dass es nach einer anderen Tradition eine Zeit gegeben hat, in der der Mensch in unzivilisiertem Zustand lebte. Im „Streitgespräch zwischen Mutterschaf und Getreide“29 wird die Lage folgendermaßen geschildert: „Die Menschen aus dieser Urzeit wussten nicht, Brot zu essen. Sie wussten nicht, Kleider zu tragen; im Land gingen sie mit nackten 24

In der Forschung auch „Lugalbanda II“ genannt; Wilcke 1969 (ETCSL 1.8.2.2). Wiederholt in Z. 357–368, bes. 366–367. 26 Al-Fouadi 1969; Ceccarelli 2012 (ETCSL 1.1.4). 27 Pettinato 1971, 74–81 (KAR 4). 28 Edzard 2000 (ETCSL 5.5.4). In KAR 3 entschließen sich die Götter, in Uzumua (wörtlich „wo Fleisch wuchs“) den Menschen zu schaffen. Das Blut geschlachteter Götter soll den Menschen sprießen lassen. Im „Gedicht der Hacke“ beeilen sich die Götter, Himmel und Erde zu trennen, damit der Mensch am gleichen mythischen Ort Uzumua (Variante Uzua) wachsen kann. In beiden Texten wird das Verbum m u 2 , „wachsen“, verwendet. Pettinato 1971, 29–40 spricht daher von zwei Schöpfungsweisen: Emersio (Sprießen) und Formatio (Bildung). 29 Alster / Vanstiphout 1987; Mittermayer 2019, 163–227 (ETCSL 5.3.2). 25

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Gliedern. Wie Schafe fraßen sie Gras mit ihrem Mund und tranken Wasser aus den Gräben/Gartenbeeten“ (Z. 20–25).30 Die Götter entscheiden, Mutterschaf und Getreide zu schaffen, doch behalten sie diese zunächst für sich selbst. Da sich dadurch weder ihr Hunger noch ihr Durst sättigen lassen, entschließt sich Enlil – einem Vorschlag von Enki folgend –, Mutterschaf und Getreide den Menschen zur Verfügung zu stellen. Im Text wird nicht erklärt, warum der Mensch geschaffen wurde, doch sein tierischer Zustand war für die Götter nutzlos und für die Menschen selbst nicht besonders reizvoll. Erst die Gabe der zivilisatorischen Eigenschaften, einschließlich der notwendigen technischen Kenntnisse, machte den Menschen zum Menschen. Er muss zwar für die Götter arbeiten, aber bekommt zugleich die Chance, sich zu entfalten und sich über seine ursprüngliche tierische Existenz zu erhöhen. Die bereits erwähnte „Königsliste von Lagaš“ enthält ebenfalls eine einleitende Entwicklungsgeschichte der Menschheit in zwei Phasen (Z. 1–65). Nach der Sintflut kannten die Menschen weder das Königtum noch den Ackerbau.31 Der Gott Nin£irsu hatte damals die Hacke, den Spaten, den Tragkorb und den Pflug den Menschen noch nicht gegeben. Nach einer hundertjährigen sorglosen Jugend lebte der Mensch weitere hundert Jahre. Da er aber die Bewässerungstechnik nicht kannte und für seinen Unterhalt nichts machte, verkümmerte er. In ¤irsu herrschte Hungersnot; die Menschen waren auf den Regen angewiesen. Auch nach dieser mythologischen Erzählung verbrachte der Mensch eine Zeit lang in unzivilisiertem Zustand. Selbst wenn er lange leben konnte, hatte er auf Dauer keine Überlebenschancen. Diese Tradition bestätigt einerseits, dass der Mensch ohne die notwendigen technischen Kenntnisse und Hilfsmittel nicht existieren kann.32 Andererseits betont sie die Bedeutung, die technische und handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse in der sumerischen Weltanschauung besaßen. Die Zeit vor der Einführung der Arbeit wird nicht als ein „goldenes Zeitalter“ dargestellt, sondern als eine 30 In der Komposition „Wie das Getreide nach Sumer kam“ (Bruschweiler 1987, 54–56; ETCSL 1.7.6) steht ebenfalls in Z. 1, dass die Menschen, bevor sie das Getreide kannten, wie Schafe Gras mit ihrem Mund fraßen. 31 Obwohl in diesem Text die Zustände nach der Sintflut behandelt werden, spiegeln sich hier Schöpfungsvorstellungen wider, wie Pettinato 1971, 39 mit Recht meint. 32 Ein weiterer Hinweis auf eine Urzeit ohne Zivilisation bietet der Mythos „Enki und Ninḫursa£a“ (Attinger 1984; ETCSL 1.1.1.). Enki hatte der Göttin Ninsikila Dilmun (Baḥrain) geschenkt. Sie beklagt aber, dass es dort keine anbaufähigen Felder gebe. Enki veranlasst, dass Wasser emporsteigt und die Becken in Dilmun füllt. So wird das salzige Brunnenwasser trinkbar und die Felder werden fruchtbar (Z. 1–62). Die Lage in Dilmun vor der Einführung der Landwirtschaft wird als ein Zeitalter beschrieben, in dem die Tiere nicht wussten, dass man Getreide essen konnte, keine Krankheiten bekannt waren und die Menschen nicht alterten. Diese sorglose, aber sterile Lage wird von Ninsikila nicht als positiv empfunden, da sie nicht weiß, was sie mit einer solchen Stadt anfangen soll, einer Stadt ohne Kaimauer und Anbaufelder (Z. 11–39).

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Phase, in der die Menschen wie Tiere oder in einem beinahe vegetativen Zustand lebten. Die Arbeit, besonders die landwirtschaftliche, und die damit verbundenen technischen Kenntnisse, handwerklichen Berufe und Werkzeuge bedeuten daher keine Verschlechterung des menschlichen Daseins, sondern haben ganz im Gegenteil eine positive Wirkung, insofern als sie die sumerische Kultur überhaupt möglich machen. Auch in der akkadischen Literatur findet sich nach sumerischem Vorbild die Auffassung wieder, dass die Menschen geschaffen wurden, um die Götter von der Arbeit zu entlasten. Davon zeugen zwei der bedeutendsten mythologischen Werke in akkadischer Sprache, nämlich das babylonische Weltschöpfungsepos Enūma eliš und der Atram-ḫasīs-Mythos. Letzterem zufolge wird der Mensch aus Lehm und dem Blut eines geschlachteten Gottes von Ea, der akkadischen Entsprechung des sumerischen Enki, und der Muttergöttin geschaffen.33 Die Menschen verrichten die gewünschte Arbeit und dank Bewässerungsfeldbau können sie die Götter und sich selbst versorgen.34 Doch die Menschen vermehren sich im Laufe der Zeit, und ihr Lärm stört den Gott Enlil. Nach drei Plagen, die die Menschheit dezimieren sollten, aber infolge der Einmischung Eas erfolglos blieben, wird die vernichtende Strafmaßnahme der Sintflut verhängt.35 Ea lässt seine Geschöpfe nicht im Stich, sondern rettet sie durch eine List: er warnt den weisen Atram-ḫasīs vor der bevorstehenden Vernichtung und befiehlt ihm, ein Schiff zu bauen.36 Nach der Version der Sintfluterzählung, die in der elften Tafel des Gilgameš-Epos überliefert ist,37 befanden sich in der Arche die ganze Sippe des Retters, Vieh, wilde Tiere sowie Vertreter aller Künste.38 Dass der weise Atramḫasīs bzw. Uta-napišti, wie er im Gilgameš-Epos genannt wird, nicht nur Verwandte und Tiere, sondern auch Fachleute rettet, zeigt einmal mehr die Bedeutung des technischen Wissens für die Menschheit. Hinweise auf technische Verfahren, handwerkliche Tätigkeiten oder Werkzeuge sind in der akkadischen Literatur selten. Der Gott Ea hat auch im Pantheon des 2. und 1. Jt. einen wichtigen Platz, jedoch hauptsächlich als Gott der Weisheit und der Beschwörungen.39 Die Taten, die mit der Einführung der technisch-handwerklichen Berufe und Kenntnisse zu tun haben, werden nicht mehr thematisiert. Dass dieser Aspekt nicht mehr eine zentrale Rolle spielte, mag daran liegen, dass die sumerischen Mythen, insbesondere die Enki-Mythen, eine enge Beziehung zum sumerischen Ökosystem hatten. Die technischen Maßnahmen, die zum Überleben nötig waren, standen daher im Mittelpunkt. Dagegen war im 2. und 1. Jt. 33

Atram-ḫasīs I, 189–243. Ähnlich Enūma eliš, VI, 1–40. Atram-ḫasīs I, 337–339. 35 Atram-ḫasīs I, 352–II, viii, 35. 36 Atram-ḫasīs III, i, 1–ii, 55. 37 Gilg. XI, 9–206. 38 Gilg. XI, 86. 39 Zu Ea in der akkadischen Überlieferung s. Galter 1983. 34

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das Problem der Ernährung technisch schon gelöst, obwohl Anlagen fortdauernd gebaut und restauriert wurden.40 Diese thematische Verschiebung in der akkadischen Literatur zu Lasten der handwerklich-technischen Themen fußt keineswegs auf einer negativen Einstellung zur Technik. Erstens sind negative Bewertungen weder explizit noch indirekt bezeugt. Zweitens werden in nicht-literarischen Quellen wie Bauinschriften die technischen Leistungen weiterhin gepriesen. Ausführliche Beschreibungen technischer Verfahren sind sowohl in der akkadischen wie auch in der sumerischen Literatur eher selten. Auffällig ist die Tatsache, dass die wenigen Beispiele aus dem Bereich des Schiffbaus stammen. Bereits am Ende des 3. Jt. sind solche Verfahren in der sumerischen Literatur bezeugt. In einer Hymne (Šulgi R)41 werden zum Beispiel die verschiedenen Bauteile eines Prozessionsschiffes und die dazu notwendigen Materialien en détail beschrieben (Z. 1–39). In der sumerischen Erzählung „Nanna-Suens Reise nach Nippur“42 werden auch die Bauteile und Materialien eines Schiffes minuziös aufgelistet (Z. 37–82). Im Gilgameš-Epos wird der Bau des Schiffes, das die Menschen vor der Sintflut retten soll, eingehend beschrieben.43 Der Grund ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass in diesen Werken die Schiffe eine besondere Funktion erfüllen und es sich beim Schiffsbau um eine verhältnismäßige komplizierte Arbeit handelte, die nur von Fachleuten durchgeführt werden konnte. Diese technischen Beschreibungen führen uns zu einer Gruppe von Texten, die oft als „Fachliteratur“ bezeichnet wird. Es handelt sich um Sammlungen in akkadischer Sprache von Parfüm-,44 Glas-45 und Kochrezepten46 sowie von Vorschriften zum Trainieren von Pferden.47 Diese Werke sind in der Forschung auch als procedural instructions bekannt.48 Zu ihnen wird ein weiterer Text gezählt, der die Anweisungen eines erfahrenen Bauers an seinen Sohn enthält.49 Obwohl

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Kramer / Maier 1989, 126, 129. Klein 1990, 80–136 (ETCSL 2.4.2.18). 42 Ferrara 1973 (ETCSL 1.5.1). 43 Gilg. XI, 28–80; dagegen im Atram-ḫasīs-Mythos nur sehr fragmentarisch erhalten, Atram-ḫasīs III, i, 25–29 u. ii, 10–14 (davor und danach abgebrochen). In der sumerischen Sintfluterzählung (Civil 1969; ETCSL 1.7.4), die leider nur in wenigen Fragmenten vorliegt, wird die Arche als £ešm a 2 gu r 4 -g ur 4 , „gewaltig großes Schiff“ bezeichnet, doch von seinem Bau ist nichts erhalten. Siehe ferner Finkel 2014. 44 Ebeling 1950. 45 Oppenheim et al. 1970. 46 Bottéro 1995. 47 Ebeling 1951. 48 Oppenheim 1978, 649. 49 Civil 1994 (ETCSL 5.6.3). Der in Z. 1 genannte „alte Bauer (uru 4 )“ ist eigentlich der Gott Ninurta, der in Z. 108–109 als „treuer Bauer (enga r) des Enlil“ bezeichnet wird. 41

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eine Untersuchung dieser Texte als Korpus noch nicht vorliegt,50 seien an dieser Stelle einige Bemerkungen erlaubt. Die erwähnten Quellen zeigen als formale Gemeinsamkeit, dass sie in der zweiten Person Singular verfasst wurden: Ein erfahrener Fachmann erklärt einem Anfänger schrittweise, wie er ein bestimmtes technisches Verfahren durchführen muss. Weder die Verwendung der zweiten Person noch die rezeptartige Gestaltung sind exklusive Merkmale dieser Textgruppe. Rezepte und verfahrenstechnische Anweisungen sind in der mesopotamischen Pharmazie, Medizin und Beschwörungskunst üblich und haben eine lange Tradition.51 Darüber hinaus sind sowohl die kurzen Rezepte als auch die ausführlicheren Anweisungen nichts anderes als Listen von Handlungsabfolgen und die Liste ist das strukturierende Prinzip der sumerisch-akkadischen „Wissenschaftsliteratur“, der so genannten lexikalischen Listen. Was unsere Texte zu einem abgrenzbaren Korpus macht, ist die Tatsache, dass sie von technisch-handwerklichen Tätigkeiten handeln, die von Fachleuten durchgeführt wurden. Sie bedienen sich alle einer differenzierten Fachterminologie, deren Deutung uns heute nicht immer gelingt. Es ist davon auszugehen, dass die Fachleute weder lesen noch schreiben konnten.52 Umgekehrt dürften die Schreiber nicht in der Lage gewesen sein, die von ihnen niedergeschriebenen Verfahren in die Praxis umzusetzen. Dies wirft die Frage nach Sinn und Zweck dieser Texte auf, worauf am Ende noch eingegangen werden soll. Die Glastexte stammen aus der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal in Ninive, der im 7. Jh. lebte.53 Die fünf Tafeln enthalten über zwanzig Vorschriften zur Herstellung von farbigem Glas. Stilistische Merkmale sowie die Struktur der Texte, die Serien bilden, zeugen von einem umfangreichen redaktionellen Prozess durch ausgebildete Schreiber.54 Die Parfümtexte und die hippologische Vorschriftensammlung wurden in der assyrischen Stadt Assur im AssurTempel gefunden. Sie datieren aus dem 11. Jh. und gehörten wahrscheinlich zur Bibliothek einer Schreiberfamilie.55 Die Gruppe der so genannten Parfümrezepte besteht aus mehreren fragmentarisch erhaltenen Texten mit Rezepturen zur Anfertigung wohlriechender Salben und Öle.56 Die Texte gehören nicht zu einer Serie und scheinen noch keinem Standardisierungsprozess unterzogen worden zu 50

Dass die Texte ein Korpus darstellen könnten, haben bereits Bottéro 1995, 7 und Oppenheim 1978, 649–651 gesehen. Letzterer bietet auch einen Überblick. 51 Prozedurale Texte für die Anfertigung von astronomischen Tabellen sind auch bekannt. 52 Siehe Oppenheim et al. 1970, 61. 53 Zu den drei Texten, die nicht in Assurbanipals Bibliothek gefunden wurden (zwei mittelbabylonische Texte, darunter einer aus Babylon, und ein Text aus Boğazköy), s. Oppenheim et al. 1970, 22–23 und 37. 54 Oppenheim et al. 1970, 22–29. 55 Die Bibliothek könnte sich ebenfalls im Tempel oder im Palast befunden haben, Pedersén 1985, 31–32. 56 Die Texte wurden von Ebeling 1950 publiziert. Eine neue Edition ist fällig. Es handelt sich um die Texte Nr. 21, 30, 33 des Archivs M2 (Pedersén 1985) und Nr. 34 und 56 des © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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sein.57 Die hippologischen Texte sind ebenfalls leider nur bruchstückhaft erhalten. Es handelt sich um über 20 Fragmente mit Anweisungen zum Training und zur Pflege, Fütterung und Tränkung von Wagenpferden.58 Ihr Ziel ist, dass gespannte Streitwagenpferde verschiedene Gangarten auf unterschiedlichem Terrain erlernen. Die kulinarischen Texte sind die ältesten im Korpus und stammen aus dem 18. Jh. Es sind insgesamt drei Tafeln unterschiedlichen Formats, Inhalts und Aufbaus mit jeweils drei Sammlungen von teils sehr knapp verfassten (YOS 11, 4), teils langen (YOS 11, 5 und 6) Rezepten zur Vorbereitung von Gemüse- und Fleischbrühen (YOS 11, 4)59 sowie Geflügelgerichten (YOS 11, 6). Obwohl Ingredienzen und Verfahren ausführlich beschrieben werden, sind Kochzeiten kaum und Mengen nicht immer angegeben. Der sumerische Text mit den Anweisungen eines Bauers an seinen Sohn ist in ca. vierzig Exemplaren erhalten, die meist aus dem 18. Jh. stammen.60 Mehrere Textvertreter, die nur Teile der Komposition enthalten, sind Übungen, die im Schulbereich entstanden sind.61 Wie der Text selbst angibt, handelt es sich um eine „Anweisung“, sumerisch na de ga,62 in der die landwirtschaftlichen Operationen im Verlauf eines Jahres erklärt werden, von der ersten Bewässerung vor der Aussaat bis zur Dresche. Betrachtet man die erwähnten Quellen als Korpus, so ergeben sich folgende Bemerkungen zu ihrer Entstehung und Anwendung. Die stilistische und strukturelle Gestaltung der Texte zeigt, dass sie aus der Hand von Schreibern stammen. Die Unterschiede zwischen den Textvertretern deuten ferner auf verschiedene Bearbeitungszustände über einen längeren Zeitraum hin. Die Schreiber griffen dabei höchstwahrscheinlich auf mündliche Erfahrungsberichte der Fachleute zurück. Nur so lassen sich die präzise Fachterminologie und die genauen Verfahrensbeschreibungen erklären. Die „Parfümrezepte“ und die hippologische Textsammlung nennen explizit jeweils eine Parfümeurin (fmuraqqitu)63 und einen PferArchivs N1 (Pedersén 1986). Darüber hinaus ist ein neuassyrischer Text aus Kalḫu bekannt (GPA 215). S. auch Jursa 2003–2005. 57 Oppenheim et al. 1970, 28. 58 Ebeling 1951; es handelt sich um die Texte Nr. 1, 3, 5, 6, 24, 26, 34, 37, 39, 42–46, 48, 52–56 des Archivs M2 (Pedersén 1985). Zu den hethitischen Pferdetrainingstexten s. Kammenhuber 1961, Starke 1995 u. die zusammenfassende Darstellung von van den Hout 2003–2005, 487. 59 Am Ende des Textes wird die Gesamtzahl der Rezepte angegeben: 21 Sorten Fleischbrühe, 4 Sorten Gemüsebrühe. 60 Zu den Textvertretern s. Civil 1994, 7–11; zum archäologischen Kontext Civil 1994, 11–12. 61 Civil 1994, 12. 62 Der Text wird nach seiner ersten Zeile in mehreren altbabylonischen Katalogen genannt: ETCSL 0.2.01, Z. 53 (Nippur); 0.2.03, Z. 22 (Ur); 0.2.04, Z. 35 (Ur); 0.2.11, Z. 22. 63 ina pî fTappûti-dBēlet-ekallim fmuraqqite našḫa „der Vorschrift (wörtlich: aus dem Mund) der Tappûti-Bēlet-ekallim, der Parfümeurin, entnommen“, KAR 220, iv, 9 (Ebeling 1950, 32). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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detrainer (susânu)64 als Quelle.65 Dass ausschließlich technische Verfahren zur Herstellung von gefärbtem Glas, wohlriechenden Salben und raffinierten Speisen oder Anweisungen zum Training von Streitwagenpferden überliefert sind, mag zufällig sein. Es ist dennoch auffällig, dass die erwähnten Produkte zum kultischen und höfischen Bereich gehören. Vielleicht erfolgte die ursprüngliche Niederschrift aufgrund eines spezifischen Anlasses, über den wir keine Nachrichten besitzen, um danach in die Gelehrtentradition aufgenommen und weitertradiert zu werden. Es ist außerdem bemerkenswert, dass abgesehen von den Glastexten keine weiteren Vertreter dieser Gattung in der Bibliothek Assurbanipals, einer der größten Sammlungen literarischer Keilschrifttexte, gefunden wurden. Vielleicht ist dies ein Hinweis auf die beschränkte Produktivität dieser Textgattung.66 Die besprochenen Texte sind daher keine Handbücher,67 die von Fachleuten für Fachleute verfasst wurden. Die technischen Kenntnisse wurden hauptsächlich mündlich tradiert und vielleicht nur in besonderen Fällen durch die Vermittlung von Schreibkundigen niedergeschrieben. Es sind keine Traktate, sondern Kompilationen von Schreibern auf der Grundlage von technischen Erfahrungen der Spezialisten. Die altmesopotamischen Fachleute sahen nicht die Notwendigkeit noch hatten sie das Bedürfnis, ihre technischen Fachgebiete zu definieren oder ihre Fachkenntnisse zu sammeln.68 Wenn es eine Reflexion über das eigene technische Handeln gab, dann wurde sie nicht niedergeschrieben, doch im Gelehrtenkreis schienen einige Verfahren bedeutend genug zu sein, um sie in die literarische Tradition aufzunehmen. Dies gilt auch für die sumerischen Anweisungen, die zumindest sekundär in der Schule benutzt wurden, und zwar nicht um sich die landwirtschaftlichen Techniken anzueignen, sondern vielmehr um das entsprechende Vokabular zu lernen.69 Fassen wir zusammen: In der sumerisch-akkadischen Literatur ist ein Interesse an technischem Handeln erkennbar. Die Mythen zeugen von der Fähigkeit, technische Sachverhalte differenziert wahrzunehmen und darzustellen. Für das altmesopotamische Technikverständnis ist die untrennbare Verbindung zwischen technischem Handeln und Menschendasein charakteristisch. Dies drückt sich in einer positiven Einstellung zum handwerklich-technischen Tun aus. Das Interesse an 64

[ina? qāt? …]-ki-ni su-sa-ni „[nach (wörtlich: von der Hand des)] …kini, des Pferdetrainers“, VAT 10450, Rs. 5 (Ebeling 1951, 11). 65 Die Glastexte nennen in zwei Fällen einen Personenammen als Quelle, wahrscheinlich ein Spezialist: ša qātē IWa-a-[x-(x)], D, § I, 16' (Oppenheim et al. 1970, 50) und ša? qātē? [I…]-dajjānu, D, § q, 20' (Oppenheim et al. 1970, 53); s. dazu Oppenheim et al. 1970, 61; 81. 66 Es findet sich kein einziges Beispiel unter den babylonischen Texten aus der Bibliothek Assurbanipals (laut online Datenbank http://www.fincke-cuneiform.com/nineveh/ index.htm [Zugriff am: 9. Sept. 2018]). 67 Oppenheim 1978, 650; dagegen Bottéro 1995, 152–153, Moorey 1999, 16. 68 Contra Oppenheim 1977, 324 u. Oppenheim 1978, 649. 69 So auch Civil 1994, 3–4. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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technischen Leistungen findet seinen Ausdruck nicht nur in den Schöpfungsmythen, sondern auch in anderen literarischen Werken. Eine technische Fachliteratur im Sinne von Werken, die von Fachleuten für Fachleute verfasst wurden, mit dem Ziel, die gesamten Kenntnisse eines Berufes für Lehre und Praxis zu erfassen, gab es im alten Mesopotamien nicht. Schriftliche Zeugnisse über eine theoretische Reflexion sind nicht erhalten. Die Form der prozeduralen Anweisungen war bekannt, wurde aber nicht für das Verfassen von technischen Traktaten benutzt. Die kleine Gruppe von technischen prozeduralen Anweisungen entstand im Kreis der Schreiber, die die Erfahrungen der Fachleute schriftlich festhielten. Sie zeugen von dem Interesse, solche Verfahren in die literarische Tradition aufzunehmen. Die dargebotenen Ausführungen haben – bei allen Einschränkungen – hoffentlich gezeigt, dass der Geschichte des technischen Denkens noch zweitausend Jahre angerechnet werden müssen. Dem Jubilar möge dies eine Freude bereiten.

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Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis auf den Gott Enki

Manuel Ceccarelli

Im Sommersemester 2000 besuchte ich als Tübinger Student Konrad Volks Seminar Grundlagen der babylonisch-assyrischen Götterwelt. Im Seminar lasen wir unter anderem auch altbabylonische sowie mittel- und neuassyrische Götterlisten.1 Dem Jubilar und meinem ehemaligen Doktorvater, der mich in die Sumerologie eingeführt hat und mir die Edition von Enki und Ninmaḫ als Dissertationsthema vorschlug, widme ich nun die Edition einer Götterliste aus dem zweiten Jahrtausend sowie eines altbabylonischen Siegels mit Lobpreis auf den Gott Enki. Beide Objekte stammen aus einer Privatsammlung und werden zum ersten Mal publiziert.2

1. Götterliste Herkunft: unbekannt; 5,5 × 11,5 cm (Abb. 2–10). Die Tafel hat einige äußerliche Besonderheiten. Sie ist auffällig dick in der Mitte, so dass die Rückseite stark gewölbt ist. In die obere Hälfte des linken Randes wurden nicht weniger als 16 einzelne Keile – etwa das Zeichen AŠ – dicht aneinander eingedrückt. Ein großer Teil der Oberfläche der Vorderseite wurde geglättet, so dass viele Zeichen nicht mehr erkennbar sind. Paläographisch lässt sich die Tafel in die altbabylonische oder mittelbabylonische Zeit datieren.

1

Das Seminar ist mir allerdings auch deswegen in Erinnerung geblieben, weil es völlig unerwartet ältere Senioren und Seniorinnen anlockte, die gerne gewagte Vergleiche zwischen der mesopotamischen Religion und der jüdischen Kabbala anstellten. Die Abkürzungen richten sich nach dem Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Darüber hinaus beachte folgende Abkürzung: DCCLT = Digital Corpus of Sumerian Lexikal Texts (http://oracc.museum.upenn.edu/dcclt/). Ich danke Dr. Jana Matuszak und Jessica Baldwin M.A. für das Korrekturlesen des Manuskripts und ihre Anmerkungen. 2 Der Besitzer der Sammlung möchte anonym bleiben. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

30

Manuel Ceccarelli

Bei der hier veröffentlichten Tafel handelt es sich wohl um einen Auszug aus einer nicht erhaltenen Götterliste (= [An = Anum-]Vorläufer X), die – soweit man es an Hand des vorliegenden Auszugs beurteilen kann – wohl näher an der kanonischen An = Anum-Liste als an deren Vorläufer TCL 15 10 stand.3 Als erster Gott erscheint Ugude, der Name der Wettergottgestalt in Zabban.4 Ob dies damit zusammenhängt, dass unsere Tafel aus dieser Stadt stammt, ist möglich, doch nicht beweisbar.5 Der Auszug fügt mehrere Götterkreise zusammen, deren Reihenfolge meistens jener der An = Anum-Götterlisten entspricht.6 28 der aufgelisteten Gottheiten kommen ebenfalls in An = Anum vor, da aber Innanas Kreis in An = Anum sehr lückenhaft ist, dürfte es wohl weitere Entsprechungen gegeben haben. 26 Gottheiten erscheinen auch in TCL 15 10. Die Reihenfolge der einzelnen Gottheiten innerhalb der jeweiligen Kreise entspricht jedoch nur zum Teil jener der anderen Götterlisten. Einige Gottheiten werden offensichtlich anders als in An = Anum charakterisiert. Ein Beispiel dafür ist der Gott Zilzil, der in An = Anum als Sohn Ninmarkis im Kreis des Mondgottes, in unserem Auszug (und höchst wahrscheinlich auch im Vorläufer X) jedoch im Nanaja-Abschnitt innerhalb von Innanas Kreis aufgelistet wird. Unsere Tafel bezeugt die Vielschichtigkeit der theologischen Tradition, die das Pantheon systematisierte und in der kanonischen An = Anum-Liste gipfelte.7 Demnach existierten im zweiten Jahrtausend mehrere Vorläufer von An = Anum, die zwar ähnlich aufgebaut waren, doch im Detail voneinander abwichen. In welchem Verhältnis diese Vorläufer zueinander standen, lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Daten nicht eruieren. TCL 15 10 und Vorläufer X könnten zwei gleichzeitige, voneinander unabhängige Vorläufer von An = Anum gewesen sein. Eine andere Möglichkeit ist, dass Vorläufer X überlieferungsgeschichtlich zwischen TCL 15 10 und der kanonischen An = Anum steht.

3

S. den Kommentar zu den einzelnen Gottheiten. Die Lokalisierung von Zabban ist noch nicht endgültig geklärt. Frayne 1997 schlug vor, die mit Zabban identifizierte Stadt Simurrum mit Qalʻah Šīrawāna, einer Stadt am Fuß des Ǧebel-Ḥamrīn, zu identifizieren. Schwemer 2001, 62 zu 222; 88 Anm. 584; 610 übernimmt diesen Vorschlag. Frayne 2009–2011, 510–511 hat eine neue Lokalisierung vorgeschlagen: Simurrum sei mit Šamīrīan, 14 km östlich von Ḥalabǧa, Zabban mit dem modernen Dorf Azaban, 7 km nordöstlich von Šamīrān, zu identifizieren. 5 Anders als in An = Anum und TCL 15 10 erscheint Ninisina in unserem Auszug als erste der Heilgöttinnen. Könnte dies dafür sprechen, dass Vorläufer X aus Isin stammt? 6 Dazu gehört möglicherweise auch die Götterliste N 7764+N 7783, s. Peterson (2009, 79– 80). 7 Zur Geschichte von An = Anum s. Veldhuis 2014, 201 (TCL 15 10); 237–238 (kanonische An = Anum-Liste). 4

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

Die Struktur der Götterliste kann folgendermaßen dargestellt werden:8 Vorderseite Götterkreis Wettergott

Stellung9

Gottheit 1. du 4-gu 3-[de 2]

Iškurs Beiname

d

2. ša-l[a]

Iškurs Gattin

3. d˹me˺-[d ]im 2-˹ša 4˺

-"-

d

5. sub i-nun-na

Iškurs Tochter

6. dusan

Innana als Gestirn

4. ˹šu ˺-[za]bar-k u 3 Innana

d

7. m[aḫ -d ]i-an -na

Ninsianas Gatte (Kabtas Beiname) Ninsiana (Innana als Gestirn) - "? -

8. dn[in-si 4]-an-na 9. d˹DI?-x˺-[(x)]-DU 10. de 2?-˹x-x-x˺-[m]u 2-a 11. dk [ab 2]-ta 12. n [in ]-an-na

Innanas Beiname

13. dm[a]ḫ -di-an -ki d

?

14. [x-…]-nun ([-na ])

? Innana

d

Dumuzi

16. du mu -zi 17. dama-ušumgal˹an ˺-na 18. dna-na-a d

9

?

d

15. innana

8

- "? Ninsianas Gatte

d

(An = Anum: Mondgott)

-"-

d

-"Nanaja

19. si 4-da

Nanajas Beiname?

20. dzil 2-˹zil 2˺ 21. dmu 6-a-t[i]

? (An Anum: Ninmarkis Sohn) Nanajas Gatte

22. dbe-li-l[i]

Dumuzis Schwester

23. dŠEŠ-an -t[u r]

Innanas Diener

Trennlinie = Götterkreis. Die Stellung basiert auf Angaben aus weiteren Quellen, vor allem An = Anum. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

31

32

Manuel Ceccarelli

Rückseite d

24. nin-igi-zi-bar-r[a] Innanas Diener 25. dnin-me-ur 4-u r 4 d

26. subi-an-na 27. dtišpak

- "? Tišpak

d

28. šuš[un x] 29. dnin-s[ubu]r

An

-"-

(An = Anum: Tišpaks Sohn) Ans Wesir

30. dama-sag 3sag7-nu-[di] Ninsuburs Gattin (An = Anum: Zababa)

31. d£a 2-tum 3-d u 10

Heilgöttinnen

32. dnin -isin si-na 33. dnin-kar-ra-ak d

34. gu-la

-"-"-

d

Ninisinas Gatte

d

Ninisinas Sohn

35. pa-b il 2-sa£ 36. da-mu d

-"-

d

?

d

Gulas Diener

d

41. dur-ma-šum

Schutzgeist des Egalmaḫ Gulas Wesir

42. dnin -tin -ug 5-˹ga˺

Heilgöttin

43. dnin -[u rta]

Ninurta

44. nimin -[DU]

Ninurtas Gattin

37. gu-nu-ra 38. gu -x -n a 39. nin -ḫi-nun -n a 40. šu-maḫ

Ninurta

¤atumdu (An = Anum: Lamma-BaUs Beiname) Heilgöttin

45. ša 3-dubur-[x] d

ki

46. nin-nibru[ ] 47. nin -k ar-nun -[n a]

-"-"Ninurtas Barbier

In den folgenden Tabellen werden die relevanten Abschnitte verschiedener Götterlisten miteinander verglichen.10

10

Eingerahmte Gottheiten = Götterkreis; grau unterlegte Gottheit = Gottheit, die in der jeweiligen Götterliste in einem unterschiedlichen Götterkreis als in jenem von Text Nr. 1 erscheint. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

12

11

3: 223

1. du 4-gu 3-[de 2]

4: 173

6. du san 4: 172

4: 18712

12. dn [in ]-an-na

Rs i 25

Rs i 21

Rs i 24

Rs i 16

TCL 15 10 IGLb

117

114a

115

30

29

2811

NGLc

N 7764+d

11: 24

11: 26

11: 25

aB-Diri Nippure

207

209

205

187

WGLf

u 4-g u 3-d i . Ninana erscheint auch in 4: 2.

a: Litke (1998); b: Isin-Götterliste (Wilcke 1987); c: Nippur-Götterliste (Peterson 2009); d: (Peterson 2009, 79–80); e: MSL 15, 36–37; f: Weidner-Götterliste, nach DCCLT Q000263; g: An = Anu(m) ša amēli (Litke 1998).

4: 188–89

11. dk[ab 2]-ta

10. de 2 ?-˹x-x-x˺-[m]u 2-a

9. ˹DI -x˺-[(x)]-DU

?

8. dn[in-si 4]-an -na

d

4: 188

7. m[aḫ-d]i-an-na

d

3: 249

5. sub i-nun-na

d

4. ˹šu ˺-[za]bar-k u 3

3: 242

3: 241

3. d˹me˺-[d ]im 2-˹ša 4˺

d

3: 240

2. ša-l[a]

d

An = Anuma

Vorderseite 59 f.

55

AAšAg

Ein Vorläufer und Einneuer neuerAn An==Anum Anum-Vorläufer und ein ein Siegel Siegel mit mit Lobpreis Lobpreis … 33

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

14

13

23. dŠEŠ-an- t[ur]

Rs i 36

Rs i 35

63

Rs i 34

B i 10'

52

13

50

54

NGL

Rs i 29

Rs i 26

Vs v 5 f.

TCL 15 10 IGL

uš u m g a l. Eine Göttin Belili erscheint in An = Anum 1: 19, s. jedoch den Kommentar.

4: 97

22. be -li-l[i]

3: 78

4: 1

An = Anum

14

d

21. mu 6-a- t[i]

d

20. dzil 2-zil 2

19. si 4-da

d

17. a ma-ušumgal-˹a n˺na d 18. na -na-a

d

16. dumu-zi

d

15. dinnana

14. d[x-…]-nun([-na ?])

13. m[a ]ḫ-di- an-ki

d

i' 3'

i' 1'

N 7764+

22

20

18

aB-Diri Nippur WGL

AAšA

34 Manuel Ceccarelli

4: 73 4: 80?

24. dnin-igi-zi-bar-r[a]

25. dnin-me-ur 4-u r 4

5: 286

28. dšuš[un x] -nu -[di] 1: 46

si-na

h: MSL 14.

36. da-mu

5: 165

5: 125

35. dpa-b il 2-sa£

d

5: 137

5: 129

5: 128

34. gu-la

d

33. nin -kar-ra-ak

d

32. nin -isin

d

31. d£a 2-tum 3-d u 10

30. ama-sag 3 5: 62

1: 45

sag7

d

29. nin-s[ubu]r

d

5: 273

27. dtišpak

26. subi-an-na

d

An = Anum

Rückseite

Rs ii 10

Rs iii 27

Rs iii 22

Rs iii 31

Rs iii 30

Rs iv 28

Rs iv 20

A ii+ 1 / B ii 4

A v+ 7 / B vi 4'

A ii+ 5 / B ii 8

A ii+ 12 / B ii 15

A ii+ 11 / B ii 14

TCL 15 10 IGL

40

43

44

42

113

65

NGL

157

177

151

176

176

21

195

28

258

WGL

75

74

AAšA

8/1: 170

8/1: 169

Aah

9: 62

8: 61

Eah

Ein Vorläufer und Einneuer neuerAn An==Anum Anum-Vorläufer und ein ein Siegel Siegel mit mit Lobpreis Lobpreis …

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35

1: 242

1: 205; 227 1: 206 1: 207

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

16

Vs ii 12 Vs ii 14 Vs ii 1518 Vs ii 16 Vs ii 24

Rs i 13 Rs iv 10 Rs iv 916 Rs iii 26

5: 187 5: 174 5: 16915 5: 122 A ii 2 / B ii 5

A ii 13 / B ii 16

TCL 15 10 IGL Rs iv 7

An = Anum

u r-ma š . u r-ma š . 17 u r-me -š u m (VS 24 20 Vs iii 7'). 18 ša -du bur-re ?.

15

43. nin-[urta ] 44. nimin-[DU] 45. ša 3-dubur-[x] 46. dnin-nibru[ki] 47. nin-kar- nun-[na ]

d

37. gu-nu- ra 38. dgu-x- na 39. dnin-ḫi-nun-na 40. dšu-ma ḫ 41. dur-ma-šum 42. dnin-tin- ug 5-˹ga ˺

d

12'

34

NGL

38

9317

WGL

70

AAšA

Aa

Ea

36 Manuel Ceccarelli

Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

37

Kommentar19 1–5. Den Kreis des Wettergottes in den Götterlisten hat Schwemer (2001, 16–92) ausführlich behandelt. 1. Ugude „Brüllender Sturm“ ist der Name des Wettergottes in Zabban. Zum Adad-Kult in Zabban s. Schwemer (2001, 62; 610; 646). 2. Zu Šala, der Gattin des Wettergottes, s. Schwemer (2001, 66–67 zu 239– 245; 170–172; 397–403). 3. Medimša ist bereits in den Texten aus Tell Abū Ṣalābīkh bezeugt, s. Schwemer (2001, 85 zu 23; 171–172; 401–402). In CT 25 10 Vs. i 37' wird sie als Šāla ša kullati „Šāla der Gesamtheit“ bezeichnet. 4. Zu Šuzabarku „Die mit glänzender Bronzehand“ s. Schwemer (2001, 400; 402 mit Anm. 3373). In CT 25 10 Vs. i 36' wird sie als Šāla ša nēmeqi „Šāla der Weisheit“ bezeichnet. 5. Subinuna ist bereits im frühdynastischen Adab bezeugt, s. Such-Gutiérrez (2005–2006, 33). Sie gilt in An = Anum 3: 249 als Tochter des Wettergottes, s. Schwemer (2001, 69 zu 249–251). Im Bala£ Udam gudede b+51 (CLAM II 431) kommt Subinuna (šu-ba-nu-na) als Šālas Beiname vor. Paläographisch sehr interessant ist die Form des Zeichens MUŠ2. Der Schreiber hat die Gunierung nicht am unteren mittleren Keil durchgeführt, sondern am Anfang des Zeichens vor dem Kopf des waagerechten Keils, so wie bei einem GI4. Diese Variantenform von MUŠ2 erscheint ebenfalls in Z. 26–28 in den Götternamen Subiana, Tišpak und Šušun. 6–14. Innanas Kreis beginnt erstaunlicherweise nicht mit Innana selbst, sondern mit Usan, ihrer Erscheinungsform als Abendstern. Maḫdiana, Ninsiana und Kabta erscheinen in mehreren Götterlisten gemeinsam, s. Peterson (2009, 58–59); Usan kommt in den Götterlisten der An = Anum-Gruppe hinzu. 7. Zu Maḫdiana, „Erhabener des Himmels“, s. Attinger (1993, 601). Maḫdiana gilt in An = Anum 4: 188 als Kabtas sumerischer Name; er kommt in der Regel unmittelbar vor bzw. nach Kabta. In der Weidner Götterliste und in der NippurGötterliste sind sie durch eine einzelne Gottheit (Meteana bzw. Timua), hier dagegen durch drei getrennt. 8. Zur Venusgottheit Ninsiana s. Richter (2004, 131–132) und Steinkeller (2013, Anm. 6). Ninsiana kommt in den An = Anum-Götterlisten sowie in der Nippur-Götterliste vor Maḫdiana und Kabta vor. Bemerkenswert in unserer Liste ist Ninsianas Position zwischen Maḫdiana und Kabta, die eigentlich als Beinamen ihres Gatten gelten. Auf der Basis von An = Anum 4: 172–189 und TCL 15 10 Rs. i 16–25 würde man zuerst alle Namen von ,Innana als Gestirn‘ vor ihrem Gatten Maḫdiana/Kabta erwarten.20 19

Für einen Überblick und weiterführende Literatur zu den einzelnen Gottheiten soll man stets die jeweiligen Einträge im Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie nachschlagen; sie werden hier nicht einzeln zitiert. 20 Sowohl die Nippur-Götterliste als auch die Weidner-Götterliste und aB-Diri aus Nippur © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

38

Manuel Ceccarelli

9–10. Diese zwei Götternamen vermag ich nicht zu ergänzen. Durch den Vergleich mit der Nippur-Götterliste 116 und An = Anum 4: 176 könnte man in Z. 10 die Göttin d til 3 -mu 2 -a erwarten, das erste Zeichen scheint jedoch ein E2 zu sein. 11. Zu Kabta s. oben zu Z. 8. 12. In An = Anum kommt der Götternamen Ninana zweimal vor: als erster Beiname Innanas (4: 2) und als Innanas Name als ištar kakkabi direkt vor Maḫdiana und Kabta (4: 187). Da die Reihenfolge der Gottheiten dieses Abschnittes jener in An = Anum nur zum Teil entspricht (s. oben zu Z. 8), könnte es sich bei Ninana tatsächlich um Ninana ištar kakkabi handeln, auch wenn sie hier nach Kabta erscheint. In Z. 13–14 könnten dann zwei Gottheiten aus der Entourage Maḫdianas/Kabtas vorliegen, dessen Abschnitt in An = Anum leider sehr fragmentarisch ist (4: 190 ff.). Nach Z. 14 würde dann der ,eigentliche‘ Innana-Abschnitt beginnen. Identifiziert man Ninana mit der Ninana in An = Anum 4: 2, müsste man annehmen, dass hier drei Beinamen Innanas dem Namen ,Innana‘ vorangehen. 13. Den Götternamen Maḫdianki, „Erhabene(/Erhabener) des Himmels und der Erde“ kann ich sonst nicht nachweisen. 14. Die Ergänzung des Namen als Ninḫinuna ist insofern problematisch, als sie in An = Anum 4: 160 als Innanas Bote erscheint (vgl. auch TCL 15 10 Rs. i 16); es wäre sehr merkwürdig, wenn hier Innanas Bote vor Innana aufgeführt wäre. 15–26. Die meisten Gottheiten dieses Abschnittes lassen sich in der sehr lückenhaften 4. Tafel von An = Anum nicht mehr erkennen. Interessanterweise folgt Dumuzi unmittelbar seiner Gattin Innana; zum Kreis Innanas s. Richter (2004, 291–297). 19. Sida ist bereits in Ur-III-zeitlichen Personennamen aus Umma belegt. Da sie zwischen Nanaja und Muati eingeschoben worden ist, könnte sie hier als Nanajas Beiname gegolten haben. Bemerkenswert ist das Fehlen Sidas in TCL 15 10. 20. Zilzil erscheint in An = Anum 3: 78 im Kreis des Mondgottes als Ninmarkis Sohn, doch unsere Liste folgt hier der älteren Zuordnung von Zilzil zum Nanaja/Muati-Abschnitt, s. dazu Peterson (2009, 80), Drewnowska-Rymarz (2008, 28 mit Anm. 87) und Richter (2004, 306–307 mit älterer Literatur). 22. Belili dürfte hier Dumuzis Schwester sein. Die Belili, die in An = Anum 1: 19 unter Ans Vorfahren erscheint, ist wohl kaum mit unserer Belili identisch, s. Alster (1972, 119 zu 199). 23–26. Mit ŠEŠantur beginnt ein kurzer Abschnitt mit Innanas Dienern. 23. ŠEŠantur erscheint in An = Anum 4: 97 als Innanas di£ir -gub-ba „Göttin, die sich zu Diensten gestellt hat“, s. auch Linssen (2004, 238), der auf das Vorkommen von ŠEŠantur bei einem Ištar-Fest in Uruk hinweist.

weisen die umgekehrte Reihenfolge auf, d. h. zuerst der Gatte Maḫdiana/Kabta und dann Ninsiana. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

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24–25. Ninigizibara galt als vergöttlichte Harfe Innanas. Ninmeurur, „die Herrin, die alle me sammelt“, lässt sich möglicherweise auch in An = Anum 4: 80 erkennen: d nin-me-˹x˺ […]. Beide Göttinnen kommen gemeinsam in der IsinGötterliste vor, jedoch im Kreis der Heilgöttinnen, s. Richter (2004, 222). 26. Subiana „der Strahlende des Himmels“ erscheint noch in einer Inschrift Gudeas als Epitheton des Gottes NinKARs, s. Steinkeller (2011, 19–20). Die Inschrift wurde anlässlich des Baus von NinKARs Tempel in Ni£en angefertigt. Die Eigenschaften von NinKAR sind nicht klar. NinKAR wird in An = Anum 3: 226 mit Aya, der Gattin des Sonnengottes, identifiziert, doch in der Inschrift wird er als männlich charakterisiert (lug al). Steinkeller erörtert die Möglichkeit, dass „NinKAR = Šuba-ana was an alter ego of Nin-si 4 -an -na, who had both male and female form.“21 Unsere Liste identifiziert Subiana nicht als Gestalt Ninsianas, denn sie listet sie erst nach den Dienern Innanas auf. 27–28. Tispak und Šušun kommen auch in den lexikalischen Listen Aa und Ea gemeinsam vor. An = Anum 5: 273 beschreibt Šušun als Tišpaks Sohn. Diese Gleichung dürfte sekundär und mesopotamischen Ursprungs sein, denn es lässt sich wohl ausschließen, dass Šušun, Stadtgott vom mächtigen Susa, in seiner Stadt als Sohn des Gottes von Ešnunna galt. In An = Anu(m) ša amēli werden beide Götter als Ninurtas Erscheinungsformen aufgeführt: Tišpak ist „Ninurta der Waschung (ramkūti)“ und Šušun ist „Ninurta des Schweigens (qūlti)“. Man beachte, dass die zwei Götter in An = Anum nach dem Kreis der Heilgöttinnen erscheinen. Zu diesen und weiteren Schlangengottheiten s. Wiggermann (1997). 29–30. Ninsubur ist hier wohl der Wesir des Himmelsgottes, denn Amasa£nudi erscheint als seine Gattin in An = Anum 1: 46, im Kreis des Himmelsgottes. In unserer Liste entspricht die Position dieser Gottheiten nicht jener in An = Anum. 31. ¤atumdu wird auch in An = Anum in BaUs Kreis aufgeführt und mit BaU gleichgesetzt; ob dieselbe Vorstellung auch unserer Liste zu Grunde lag, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Auch in An = Anum folgt der Kreis der Heilgöttinnen dem BaU-Kreis. 32–42. Zum Kreis der Heilgöttinnen s. Richter (2009, 183–225). Dieser beginnt hier mit Ninisina, in An = Anum mit Nintilmud/Nintinuga und in TCL 15 10 mit Abba/Gula, s. Richter (2009, 197). 36. Zu Damu, Ninisinas Sohn, s. Richter (2009, 208–210); er kommt in TCL 15 10 in einem anderen Zusammenhang vor Geštinana vor, s. Richter (2009, 219). 37. Zu Gunura, Ninisinas Tochter, s. Richter (2009, 210–211). 38. Das zweite Zeichen dieses Namens ist mir unklar (dgu -DIN?!-na?22).

21 22

Steinkeller 2011, 19. Vorschlag von Jana Matuszak. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

40

Manuel Ceccarelli

39. Zu Ninḫinuna „wohlduftende Herrin“23 s. Schwemer (2001, 65), Richter (2009, 212 mit Anm. 922) und Wagensonner (2008, 290 zu 42). In TCL 15 10 wird Ninḫinuna in Innanas Hofstaat aufgeführt. 40. Zu Šumaḫ s. Wagensonner (2008, 279; 288 zu 12) und Richter (2009, 213– 214). 41. Zu Urmaš „Hundezwillinge“ s. Richter (2009, 211; 215–216) und Peterson (2009, 54–55 zu 84). 43–47. Die Reihenfolge der Gottheiten in Ninurtas Kreis entspricht jener in An = Anum und TCL 15 10. Merkwürdig ist jedoch die Stellung dieses Abschnittes nach jenem der Heilgöttinnen, da Ninurta und sein Kreis relativ am Anfang von An = Anum und TCL 15 10 erscheinen.

2. Ein neues altbabylonisches Siegel mit Lobpreis auf Enki Herkunft: unbekannt; Material: Chromchalcedon;24 1,4 × 2,4 cm (Abb. 1). Zwei Lamma-Schutzgöttinnen in langem Falbelgewand mit erhobenen Händen flankieren eine dreizeilige Legende. Stilistisch ähnliche Siegel ermöglichen die Datierung in die altbabylonische Zeit.25 1. den-ki 2. zi a-kur du 10 3. nu£ un kalam-ma šum 2-m[u ] 1. Enki, 2. der Leben(sunterhalt), süße reichliche Fluten 3. und den ‚Samen des Landes‘ spendet. Stilistisch und inhaltlich lässt sich das Siegel am ehesten mit dem Siegel VA 333226 vergleichen: zwei Lamma-Schutzgöttinnen flankieren folgende Inschrift: d en-ki en gal / zi kalam-ma šum 2 -mu „Enki, der große Herr, der den Lebensunterhalt des Landes27 spendet.“ 23

ḫ i - n u n ist keine Graphie von ḫ e 2 - n u n , s. Attinger 2010/2019, Anm. 31, der Sallabergers Übersetzung mit „parfum“ zitiert. 24 Das Siegel stammt aus der Auktion Timelinesauction, 22.–27. Mai 2018, Lot 2115. Die Bestimmung des Materials erfolgte laut der Katalogbeschreibung durch Dr. Ronald Bonewitz. 25 Von der Osten 1936, Nr. 78 = RIME 4 2.14.2011 erwähnt Rīm-Sîn I von Larsa. Vgl. auch Al-Gailani Werr 1988, Nr. 216 k, ein Siegelabdruck auf einer Tafel aus dem 31. Regierungsjahr Ḫammurapis. Weitere Beispiele sind Nr. 477–487 in Moortgat 1988. 26 Moortgat 1988, Nr. 482. 27 z i k a l a m - m a š u m 2 - m u findet man als Epitheton Iškurs in Sîn-iddinam E 26 (= RIME 4 2.9.15) und auf mehreren Siegeln, s. Schwemer 2001, 181 mit Anm. 1265; 328; 385– 386 (Siegel). ETCSL und Frayne 1990, 178 übersetzen mit „who gives sustenance to the land/nation“, doch zeigen die zahlreichen Belege für z i k a l a m - m a „Leben des Landes“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

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Beide Legenden bestehen aus einem kurzen Lobpreis auf Enki ohne Erwähnung des Besitzers und seines Verhältnisses zu dem Gott.28 Ob das Siegel als Amulett diente, sei dahingestellt. 1. Die Etymologie des Götternamens Enki bleibt umstritten. Es ist längst vorgeschlagen worden, dass auf Grund der altbabylonischen Schreibung d en -ki-gake 4 das ki in Enki nicht ki „Erde“, sondern ein Lexem *kig darstelle, das eventuell im Emesal-Verb ki-ig a£ 2 „lieben“ erscheint. Für *k ig wurde die Bedeutung „Gunst“ vorgeschlagen.29 In einem wichtigen Beitrag hat Keetman die Lautgestalt dieses Lexems mit Verweis auf die neusumerische und altsumerische Graphie d en-ki-ka(-ke 4 ) zurecht in Frage gestellt.30 Wie er richtigerweise bemerkt hat, sprechen die Belege gegen die Existenz eines Lexems *kig im dritten Jahrtausend. So bespricht er die Möglichkeit, dass enki.k eine Genitivbildung sei, wobei die Graphie d en -k i-ga-ke 4 auf eine Dissimilation /kVk/ > /kVg/ zurückzuführen sei. Die Annahme eines diachronischen Wandels /k/ > /g/ untermauert er mit dem Verweis auf die Graphien des Verbs luk „leben, sich aufhalten (von Tieren gesagt)“ (nach der Ur-III-Zeit > lug) und auf die Graphien des Substantivs ka.k „Mund“ (aS ka.k; Ur-III ka.g; aB ka.k 31). Wie Keetman aber selber bemerkt, scheint gerade der Genitiv {ak} von diesem Wandel nicht betroffen worden zu sein; die Graphie d en-ki-g a mit /kGen./ > /g/ wäre nun eine Ausnahme. Er schlägt vor, die Abfolge zweier /k/ hintereinander könnte diese Ausnahme bewirkt haben. Doch berücksichtigt man sowohl die diachron verteilten Schreibungen (z. B.: Dumuzi Innana W 11; Lipit-Eštar A 43; Enlil A 69; Ur-Namma A 23; Enkis Reise nach Nippur 58) sowie die Konstruktion von š u m 2 mit dem Direktiv (z. B. U N - e + š u m 2 : Gud. Zyl. A xi 24; Nungal A 34; Enki und die Weltordnung 193; Ibbi-Sîn C 56), dass z i k a l a m - m a š u m 2 - m u lieber mit „der den Lebensunterhalt des Landes spendet“ zu übersetzen ist. Die Konstruktionen U N - e z i š u m 2 - m u „der dem Land/dem Volk Lebensunterhalt spendet“ ist ebenfalls belegt, s. dazu Schwemer 2001, 385–386. 28 Vgl. z. B. auch ähnliche Lobpreise auf Iškur, die Schwemer 2001, 385–386 zusammengestellt hat. 29 Dieser Vorschlag geht auf Sollberger 1966, 141 zu 393 zurück. Die Literatur zum Thema hat Espak 2015, 140–143 zusammengestellt. S. auch Lissman 2013, 141–150 und Ceccarelli 2016, 3–4. 30 Keetman 2017. 31 Keetmans Aussage, das Wort für Mund sei nach Ur-III k a - g ( a ) geschrieben worden, soll mit Verweis auf Attinger 2005, 48 zu 2 korrigiert werden. In altsumerischer Zeit wird regelmäßig k a - k a geschrieben; k a - g a und k a - g e sind Ur-III-zeitliche Graphien. Altbabylonisch wird der Auslaut unterschiedlich geschrieben: – k a - k a : z. B. Angim 98 k a - k a - n a ; Dumuzis Traum 70 k a - k a - n a ( / - n i ) ; Gilgameš und Ḫuwawa A 99 k a - k a - n i ( / - n e ) ; Išme-Dagan C 11 k a - k a ; Išme-Dagan K 33 k a - k a ; Išme-Dagan 44 k a - k a ; Dumuzi-Innana Y 49 k a - k a - n i - g e n 7 ; Dumuzi-Innana Y 56 k a - k a ; Išbi-Erra E 37 k a - k a . – k a - g e : z. B. Išme-Dagan H 16 n i £ 2 k a - g e d i b - b a - a m 3; Išme-Dagan C 11 n i £ 2 k a - g e d u 7-a m 3; Išme-Dagan W a 53 n i £ 2 k a - g e d i b - b a . © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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d

en -ki.k ~ den-ki.g als auch den diachronischen Wandel /k/ > /g/ sowie die unveränderte Orthographie des Genitivs, so ist es möglich, dass in Enki.k/g nicht ein Lexem *kig , sondern ein Lexem *kik zugrunde lag, das nach der Ur-III-Zeit ki-g(a) geschrieben wurde; die Bedeutung „Herr Gunst“ bleibt nach wie vor spekulativ. 2. a-kur ist wohl mit a-kur = mi-lu4 ma-ʼ-du „reichliche Flut“ in Antagal C 105 identisch, s. PSD A/I 98f. Hier bezeichnet der Ausdruck wohl die Fluten von Tigris und Euphrat (wörtlich: „Wasser (des) Berg(es)“). Ein weiterer Beleg für a-kur mit dieser Bedeutung, jedoch mit einer eindeutigen negativen Konnotation, liegt möglicherweise in einer neuassyrischen Beschwörung vor, Nougayrol (1970, 67 Zeilen 5–10): lu 2 ki£ 2-ge 4-a / dumu nam-tar-me-[eš ?] / abulla kur-nu-g[e(-a)] / im-ta-e !-me-e[š] / lu 2 £ e 6-na a-kur-ḫi-a / ra-ra-meš „Es sind die Boten / die Söhne Namtars. / Sie kommen aus dem Tor des ,Landes ohne Wiederkehr‘. / Sie sind es, die nachts32 den Menschen mit kräftigen Fluten33 (schlagen =) überschwemmen“

du 10(-ga) wird mehrmals auf Flutwasser bezogen, s. die Belege in PSD A/I, 3. 2–3. Die syntaktische Struktur von zi a-kur du 1 0 ist mehrdeutig. Ich verstehe sie als eine asyndetische Reihung.34 nu £un kalam-ma „Samen des Landes“ ist als literarische Bezeichnung für die Menschheit belegt: Preislied der Hacke 3 d en -lil 2 nu £un kalam-ma ki-ta e 3 -de 3 „Enlil, um den Samen des Landes aus dem Erdboden herauskommen zu lassen (…)“; s. auch Išme-Dagan S 10 n ib ru k i iri nu£un u£ 3 šar 2 -ra i-i „Nippur, die Stadt, wo der Samen der zahlreichen Menschen hervorkam.“ Unsere Stelle impliziert, dass Enki den Menschen Nachkommen schenkt, vgl. auch Enki und die Weltordnung 52 [aia] [ d ]en-ki u£ 3 nu£un-a e 3 -ni nu£un zi ḫ e 2 -i-i „Als [Vater] Enki zu den Menschen hinging, die zeugungsfähig sind,35 kam guter ,Samen‘ hervor.“ 3. zi + šu m 2 „Leben geben“ wird von Iškur gesagt, s. Ur-Ninurta F b 14–15 en ku 3 £al 2 an ki U N ku 3 zi šum 2 / aia d išku r en ku 3 £ al 2 an ki U N ku 3 zi ˹šum 2 ˺ „der Herr, der Kanalinspektor des Himmels und der Erde, der dem reinen Land? Leben spendet, / Vater Iškur, der Kanalinspektor des Himmels und der Erde, der dem reinen Land? Leben spendet“.36 Sowohl in unserem Siegel als auch in Ur-Ninurta F ist mit ,Leben‘ wohl das Wasser gemeint.37

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£ e 6 - n a für £ e 6 - u 3 - n a . Nicht ausgeschlossen ist es, dass hier a k u r - ḫ i - a im Sinne von „Wasser der Unterwelt“ verstanden wurde. 34 Es ist auch möglich, dass a - k u r d u 1 0 in Apposition zu z i steht. 35 Wörtlich: „Menschen des Samens“. 36 Für z i k a l a m - m a + š u m 2 und UN-e z i + š u m 2 s. oben Anm. 27. 37 Im Fall von Iškur handelt es sich natürlich um Regenwasser. 33

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Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

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Abbildungen

Abb. 1: Siegelabrollung.

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Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

Abb. 2: Vorderseite oben.

Abb. 3: Vorderseite.

Abb. 4: Vorderseite, Kopie.

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Abb. 5: Rückseite, oberer Rand.

Abb. 7: Rückseite.

Abb. 6: Rückseite, unterer Rand.

Abb. 8: Rückseite, Kopie.

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Ein neuer An = Anum-Vorläufer und ein Siegel mit Lobpreis

Abb. 9: Rechter Rand.

Abb. 10: Linker Rand.

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Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien? Ein Beitrag zu den mittelbronzezeitlichen Handelsrouten

Gabriele Elsen-Novák (Universität Bern) und Mirko Novák (Universität Bern)

In nahezu allen Abhandlungen zum interregionalen Handel der Mittelbronzezeit und auf den dazugehörigen Karten wird das Ebene Kilikien, die fruchtbare Alluvialebene an der Schnittstelle zwischen Anatolien, Syro-Mesopotamien und Zypern, ausgespart – zumindest in denjenigen, die ausschließlich auf textlichen Quellen basieren.1 Und in der Tat lässt sich kein einziges in den Archiven der assyrischen Händler im kārum von Kaniš (modern Kültepe) genanntes Toponym zweifelsfrei in Kilikien verorten.2 Dieser epigraphische Befund steht in deutlichem Widerspruch zum archäologischen, der durchaus enge Beziehungen Kilikiens sowohl zum nordsyrischen als auch zum zentralanatolischen Raum erkennen lässt. In den folgenden Ausführungen versuchen wir, diesen Widerspruch zumindest ansatzweise zu erklären. Ausgangspunkt hierfür sind die archäologischen Funde und Befunde im Sirkeli Höyük, einem Fundort 40 km östlich der Großstadt Adana in Kilikien. Auch wenn die Thematik weit vom traditionellen Forschungsfeld des Jubilars Konrad Volk wegführt, so hätte der folgende Beitrag ohne ihn nicht geschrieben werden können. Als die Verfasser dieser Zeilen im Jahr 2005 aus einem großen Projekt der Eberhard Karls Universität Tübingen ausgeschieden sind und sich nach einem neuen Tätigkeitsfeld umsahen, wurde ihnen vom Tübinger Archäologen Manfred O. Korfmann (†) das seit 1997 ruhende Projekt Sirkeli Höyük angetragen. Sein unvermittelter Tod ließ jedoch an der Realisierung zweifeln, so dass sie sich einem anderen Projekt auf dem Tall Ḥalaf in Syrien widmeten. Die Übertragung der Grabungslizenz für den Sirkeli Höyük an Mirko Novák im Jahre 2006 1

Siehe beispielsweise Barjamovic 2011, Kartenbeilage. Dies gilt jedoch nur unter der Prämisse, dass das altassyrisch bezeugte Luḫuzattiya von dem großreichszeitlichen Lawazantiya in Kizzuwatna abgekoppelt wird. Während Barjamovic 2011, 133–143 ersteres in, bei oder unweit von Elbistan ansetzt, wird letzteres von Tremouille 2001 und Forlanini 2013 im Osten des Ebenen Kilikien verortet.

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eröffnete jedoch die Chance, diesen Fundort archäologisch zu untersuchen. In den schwierigen Anfangsjahren ohne solide Finanzierung war es vor allem Konrad Volk zu verdanken, dass das Projekt mit allen Einschränkungen begonnen und erste, wichtige Ergebnisse erzielt werden konnten. Diese ermöglichten es ab 2012, nach Überführung des Projektes an die Universität Bern, eine großzügige Förderung durch den Schweizerischen Nationalfonds einzuwerben. In all dieser Zeit unterstützte uns der Jubilar als Förderer, Wissenschaftler und Freund. Mit großer Leidenschaft gab er immer wieder kritische und wegweisende Ratschläge. Daher möchten wir ihm die folgenden Ausführungen in großer Dankbarkeit widmen und hoffen, dass sie sein Interesse und Wohlgefallen finden.

Das Ebene Kilikien und die „Kilikische Transversale“ Das Ebene Kilikien (griechisch Kilikia Pedias, lateinisch Cilicia Campestris) ist eine sehr fruchtbare, wasserreiche, alluviale Landschaft im Süden der heutigen Türkei, die durch markante geografische Barrieren deutlich definiert und gegenüber den Nachbarregionen abgegrenzt wird (Abb. 1):3 dem Taurus-Gebirge im Westen und Norden, dem Amanus-Gebirge im Osten und dem Mittelmeer mit dem Golf von İskenderun im Süden. Sie stellt eine eigenständige Region dar, die an der Schnittstelle der deutlich größeren Nachbarregionen Anatolien, Zypern und Syro-Mesopotamien gelegen ist. Die großen prä-hellenistischen Ruinenhügel im Ebenen Kilikien bilden eine von Osten nach Westen verlaufende Linie, die offenkundig als antike Handelsund Verkehrsroute zu deuten ist. Sie beginnt am Amanus, verläuft zentral durch die Ebene und endet am Unterlauf des Göksu (antik Kalykadnos) an der Grenze zum Rauhen Kilikien (griechisch Kilikia Tracheia, lateinisch Cilicia Trachea).4 Im Osten ist die Route über die beiden wichtigen Pässe durch den Amanus – die Amanische Pforte (mod. Bahçe Pass) im Norden Richtung Antep und die Syrische Pforte (mod. Belen Pass) im Süden Richtung Antakya und Aleppo – in das Straßensystem der Nordlevante eingebunden. Im Westen schließt sie über das GöksuTal an das zentralanatolische Verkehrsnetz in der Konya-Ebene an. M. Forlanini nannte diese zentrale Achse „Transvers Highway of Kizzuwatna“ bzw. „Cilician Transvers Highway“.5 Von dieser Transversale zweigen zwei Routen nach Norden ab, die weitere Zugänge zu Zentralanatolien bieten: ab Tarsus eine Straße, die durch die „Kilikische Pforte“ nach Niğde führt und deren Verlauf auch die im 19. Jh. errichtete „Baghdad-Bahn“ sowie eine moderne Autobahn folgen, und bei Sirkeli eine Route über Anazarbos, Kozan (antik Sīs), Fekke, den Gezbel-Pass und Fıraktın bei Develi nach Kayseri (Abb. 2).6 3

Siehe hierzu ausführlich Rutishauser 2017 und Novák / Rutishauser 2017. Novák / Rutishauser 2017, 135. 5 Forlanini 2013, 2–3. 6 Novák / Rutishauser 2017, 144; Kozal 2018, 227 4

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Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien?

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Die großen Ruinenstätten des Ebenen Kilikien sind in annähernd gleichen Distanzen zueinander entlang der Transversale angeordnet, von Osten nach Westen sind dies:7 Kinet Höyük (an der Route Richtung Syrischer Pforte), Tatarlı Höyük (unterhalb der Amanischen Pforte), Sirkeli Höyük, Misis Höyük, Adana-Tepebağ, Tarsus-Gözlükule, Mersin-Yumuktepe und Soli Höyük. Mit Ausnahme von Soli Höyük (und eventuell auch Misis) ist für alle diese Orte eine signifikante Besiedlung während der Mittelbronzezeit bezeugt,8 was seinerseits wiederum eine Nutzung der „Kilikischen Transversale“ als Verkehrsroute in dieser Zeit wahrscheinlich macht. Auffällig ist, dass in Kilikien offenkundig sowohl zentralörtliche Systeme als auch „Gateway Communities“ fassbar werden.9 Die Frage ist nun, inwieweit sich ein überregionaler Handel dieses kilikischen Siedlungssystems nachweisen lässt. Um diese Frage zu beantworten, soll das Material des Sirkeli Höyük den Ausgangspunkt liefern.

Der Sirkeli Höyük in der Mittelbronzezeit und seine interregionale Anbindung Der Sirkeli Höyük liegt ca. 40 km östlich von Adana am linken Ufer des CeyhanFlusses unmittelbar an dessen östlichen Eintritt in eine enge Passage durch die Misis-Berge. Durch diese strategisch definierte Lage, die eine Positionierung an der Peripherie des eigenen Hinterlandes bedingte, repräsentiert der Sirkeli Höyük in hohem Maß eine Gateway Community. Der eigentliche Hügel misst 350 × 300 m und erhebt sich deutlich sichtbar über die umliegende Ebene. Wie die seit 2006 laufenden Arbeiten zunächst der Universitäten Tübingen und Çanakkale, seit 2011 der Universität Bern zeigen konnten, handelt es sich bei diesem lediglich um die Zitadelle der antiken Siedlung und damit um einen kleinen Teil einer wesentlich weitläufigeren, komplexen Stadtlandschaft (Abb. 3).10 Bislang konnte die genaue Ausdehnung der mittelbronzezeitlichen Unterstadt und die Frage, ob sie wie ihre eisenzeitliche Nachfolgerin mit einer Fortifikationsanlage befestigt war, nur ansatzweise geklärt werden. Der intensiv durchgeführte, von einer geophysikalischen Prospektion begleitete innerörtliche Survey zeigte eine weite Streuung mittelbronzezeitlicher Keramik in den Bereichen nördlich und westlich der Zitadelle. Obwohl sich im Oberflächenmaterial der südöstlichen Unterstadt keine mittelbronzezeitlichen Scherben fanden, beweisen die in einer Sondage unter der eisenzeitlichen Stadtmauer in Sektor F (Abb. 4) freigelegten, stark verbrannten Wohnhausstrukturen der Mittelbronzezeit eine Ausdehnung der Siedlung in diesem Bereich über die Grenzen der eisenzeitlichen Stadt 7

Rutishauser 2017, 137, Abb. 13. Cilician Chronology Group 2017, 182. 9 Wawruschka 2012. 10 Zu den Befunden der Surveys und Ausgrabungen in Sirkeli Höyük siehe Novák / Kozal / Yaşin 2019 und zur Siedlungsstruktur Kozal / Novák 2013. 8

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hinaus (Abb. 5). Die massive spätere Überbauung und die dicke Sedimentation des nahebei fließenden Ceyhan haben verhindert, dass keramisches Material in relevanter Quantität aus diesen tiefen Schichten an die Oberfläche gelangte, obgleich hier ganz offenkundig eine Bebauung vorlag. In der südlichen Unterstadt – mehrere Hundert Meter entfernt – wurden immerhin einige mittelbronzezeitliche Scherben an der Oberfläche entdeckt. Angesichts der geringen Aussagekraft des Oberflächensurveys, zumindest für diese Periode, kann der Befund nur wenig Auskunft über die tatsächliche Dichte und Ausdehnung der mittelbronzezeitlichen Bebauung in der Unterstadt geben. Die Streuung insgesamt deutet aber auf eine Unterstadt, die größer war als diejenige der Eisenzeit. Auch im Bereich der Vorstadt auf der gegenüberliegenden Flussseite steht das mittelbronzezeitliche Fundmaterial quantitativ nur wenig hinter dem der Eisenzeit zurück.11 Dagegen erbrachte die Oberflächenbegehung auf dem Berg Bekçi Kulubesi südlich des Zitadellenhügels, der in der Eisenzeit innerhalb der Stadtmauer lag, keine eindeutigen Siedlungsspuren aus der Mittelbronzezeit. Aus den Befunden lässt sich schließen, dass die Stadt in der ersten Hälfte des 2. Jt. v. Chr. eine Ausdehnung von mindestens 50 ha besaß, sich beiderseits des Flusses erstreckte und aus einer Zitadelle, einer Unterstadt und einer Vorstadt bestand. Wie die bisherigen Ausgrabungen auf der Zitadelle und ein Scraping mit anschließender Oberflächenabsammlung an deren Südhang zeigten, sind die mittelbronzezeitlichen Schichtpakete im Hügel ca. 8 m dick und liegen von ca. 34 m bis 42 m über NN, stehen somit also etwa 5 m unter der rezenten Oberfläche an. Die jüngsten Baubefunde der Mittelbronzezeit, die im Sektor F in der südöstlichen Unterstadt erfasst wurden, liegen bei 17,10 m über NN und somit knapp 25 m tiefer als die kontemporären Schichten auf der Zitadelle. Im Nordwesten der durch die Keramikstreuung nachgewiesenen mittelbronzezeitlichen Unterstadt, nordwestlich des Zitadellenhügels, fanden sich 2007 unmittelbar am Südufer des Ceyhan mehrere große Steinblöcke, die in einer Reihe angeordnet waren (Abb. 6). Der Befund wurde leider durch modernen Steinraub zerstört, ehe er genauer erforscht werden konnte. Somit kann die damals gestellte These nicht mehr überprüft werden, ob es sich dabei um Reste einer Kaimauer und somit eines Flusshafens handelte. Dass ein solcher denkbar und damit auch die Flussschiffahrt auf dem Ceyhan und den anderen wichtigen Flüssen Kilikiens grundsätzlich möglich war, legen die hydrografischen Bedingungen nahe: Die Unterstadt des Sirkeli Höyük liegt lediglich 28 m über NN, die Strömung des Flusses ist somit zwar stark, aber doch für Schiffe zu bewerkstelligen.12 Weiterhin

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Siehe Halama et al. in: Novák / Kozal / Yaşin 2019. Belegt wird dies u. a. durch eine Episode während des 1. Kreuzzuges: Im Winter 1108 griff Tankred von Antiochia Kilikien an (Runciman 2001, 365). Ein Teil seiner Truppen marschierte von Antiochia aus über den Amanus, der andere ruderte mit pisanischer Hilfe von See her kommend auf Triremen den „Saron“ (gemeint ist jedoch der Pyramos, modern

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ist der genaue Küstenverlauf während der Bronzezeit noch keineswegs geklärt; nicht wenige Hinweise deuten darauf hin, dass er deutlich weiter nach Norden verschoben war als heute und lediglich die Südausläufer der Misis-Berge als Kap in das Mittelmeer hinausragten.13 Über den Unterlauf des Ceyhan wäre Sirkeli somit an den maritimen Handel im östlichen Mittelmeer angebunden gewesen, was für die Mittelbronzezeit durch Funde zyprischer Importkeramik in Sirkeli Höyük – wie auch an anderen kilikischen Fundorten wie Kinet Höyük oder Tarsus-Gözlükule – nahegelegt wird.14 Doch auch levantinische Importe könnten über den Seeweg nach Kilikien gelangt sein. Die Frage nach der Anbindung des Ortes an einen internationalen Güter- und Kulturaustausch muss angesichts fehlender Textquellen mit Hilfe archäologischer Fundmaterialien beantwortet werden. Zuallererst betrifft dies die Keramik. Dominierend im keramischen Fundkorpus ist die sogenannte „Syro-Kilikische Ware“, eine bemalte Keramik, die eine enge Verwandtschaft zur Levantine Painted Ware und zur älteren Ḫābūr Ware aufweist (Abb. 7).15 Vereinzelte Beispiele dieser Keramik fanden sich auch in Zentralanatolien (Acemhöyük, Kültepe) und auf Zypern, stellen dort aber Importe dar.16 In Sirkeli und anderen kilikischen Fundorten bildet sie zusammen mit form- und matrixidentischen, jedoch unbemalten Gefäßen die Standardkeramik im mittelbronzezeitlichen Repertoire, weswegen sie sicher lokal hergestellt wurde. Petrografische Analysen bestätigen, dass das Produktionsgebiet dieser Keramik in Kilikien und Nordsyrien, v. a. im Amuq-Gebiet, lag.17 Anders dagegen verhält es sich mit einigen unbemalten, typologisch deutlich abweichenden Keramikgefäßen aus Sirkeli Höyük, die aufgrund enger Vergleiche zur Keramik aus Kültepe (sowohl Schicht II als auch Ib) als zentralanatolische Importe in Kilikien angesprochen werden können.18 Ceyhan) hinauf, bis zu der heute noch genutzten Brücke, die die beiden Teile von Mamistra (= Mopsuhestia, Misis) miteinander verbindet. Nach Angaben von Anna Komnena (Alexias Buch XII, 2 §4) wurde der Stratopedarch Oschin, der die Stadt regierte, bei diesem Angriff überwältigt und abgesetzt. 13 Ein aus dem 13. Jh. stammender Brief aus Ugarit (RS 94.2406:1–10) beschreibt die Rückreise der hethitischen Königin von Ugarit nach Ḫattuša. Sie nimmt zunächst das Schiff und geht bei MLWM in Kizzuwatna an Land (Forlanini 2013, 5). Dieser Ort ist vermutlich mit dem späteren Mallos am Ceyhan zu identifizieren, das in der Gegend des heutigen Domuztepe III zu lokalisieren ist und damit gut 40 km von der heutigen Küste entfernt liegt. Ein interdisziplinäres Projekt namens „Habitat Cilicia. Subsistence Strategies in Periods of Stability and Crisis“ unter der Beteiligung des IAW der Universität Bern will u. a. der Frage nach der antiken Hydrografie und den Küstenverläufen nachgehen. 14 Kozal in: Novák / Kozal / Yaşin 2019; Kozal / Novák 2017, 307. 15 Bagh 2003. 16 Bulu 2017, 104–105. 17 Nigro 2002, 312–313; Bulu 2017. 18 Kozal 2013, 215. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Somit indiziert die Keramik in ihrer Gesamtheit primär eine enge, wohl auch kulturelle Verbindung Kilikiens zum nordsyrischen Raum, daneben aber auch Beziehungen zu Zentralanatolien und, wie erwähnt und in deutlich schwächer ausgeprägtem Maße, zu Zypern. Wie nun sieht es mit anderen Artefaktgruppen aus? Zu nennen wären beispielsweise anthropomorphe Terrakottafigurinen, die hier anhand zweier Stücke diskutiert werden. Im Bereich unterhalb des großreichszeitlichen Steingebäudes oberhalb der Felsreliefs kam während der von H. Ehringhaus geleiteten Kampagne 1997 in mittelbronzezeitlichen Kontexten die obere Hälfte einer Terrakottafigurine zum Vorschein (Abb. 8).19 Sie besitzt ein stilisiertes, schmales Gesicht mit einer spitz vorstoßenden Nase mit geradem Rücken und applizierten großen runden Augen. Die Pupillen erscheinen als ebenso runde Vertiefungen und waren möglicherweise aus anderem Material eingelegt. Ein Mund ist nicht dargestellt. Stattdessen befindet sich nur wenig unterhalb der Nase ein Wulst, der möglicherweise zur Kleidung gehört und eine Art Kragen veranschaulicht. Er verläuft nicht rundum, sondern endet spitz zulaufend an ihrer Flanke, was vermutlich jedoch daher rührt, dass die Rückseite der Figur nicht weiter ausgeführt ist. Dieser Kragen wird an der Oberseite von einer Reihe kleiner Kerben verziert, gleichermaßen wie man es an der hohen rundlich-spitz zulaufenden Kappe mit verdickter Krempe und den von den Schultern aus schräg über die Brust verlaufenden Trägern/Gurten erkennen kann. Die Arme angewinkelt, hält sie die rundlich gebildeten, stilisiert dargestellten Hände vor die Brust. Ähnliche Gesichts- und Kopfputzdarstellungen zeigen Stücke aus Çatal Höyük im AmuqGebiet,20 Qaṭna21 und Halawa Tall A,22 die als „Frühe Reiterfiguren“23 gedeutet werden und deren Herkunfts- und Verbreitungsgebiet sich zwischen Orontes und Euphrat einengen lässt.24 Aus den neuen Ausgrabungen stammt weiterhin das Fragment einer in der Model gefertigten Figurine, die eine nackte Frau wiedergibt (Abb. 9). Erhalten ist der Bereich von der Körpermitte abwärts bis oberhalb der Füße. Die Taille ist stark eingezogen, die Beine sind in einem Stück gearbeitet und nur durch leichte Wölbungen voneinander geschieden. Die Vulva ist mittels Einritzungen und Einkerbungen dargestellt. Vergleiche sind u. a. aus Qaṭna25 und Tall Ǧudaida26 bekannt. Altsyrische nackte Frauenfigurinen in verschiedenen Varianten zeigen wie unser Stück immer eine deutlich eingezogene Taille und zu-

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Ehringhaus 1999, 125–126, Abb. 27. Pruß 2010, 84, Nr. 95 und 96 mit Tafel 11. 21 Novák / Pfälzner 2001, 191, Abb. 22. 22 Meyer / Pruß 1994, 23 und 61–63 (Typ AII.1) mit Abb. 5–7 sowie ebenda, 67, Nr. 135 mit Abb. 13 23 Pruß 2010, 80–82. 24 Pruß 2010, 376, Karte 7. 25 Novák / Pfälzner 2002, 233–234 mit Abb. 18. 26 Pruß 2010, 70, Nr. 65 mit Abbildung auf Tafel 7. 20

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meist – anders als hier – eine vertikale eingeritzte Beinlinie. Sie können als geradezu typisches Produkt der Mittelbronzezeit in Nordwest-Syrien im Raum um Ebla bis ins Amuq-Gebiet und an den Euphrat gelten.27 Bei beiden Stücken aus Sirkeli Höyük scheint es sich um Importe aus dieser Region zu handeln, da eine lokale Produktion angesichts der wenigen Vergleichsbeispiele aus Kilikien selbst wenig wahrscheinlich ist. Allerdings ist die mittelbronzezeitliche, lokale Terrakottaproduktion bislang kaum bekannt. Während die anthropomorphen Terrakotten nach Nordsyrien verweisen, zeigt eine andere, ebenfalls aus Terrakotta hergestellte Artefaktgruppe wiederum nach Zentralanatolien. Es handelt sich dabei um halbmondförmige, oft gestempelte Gewichte aus gebranntem Ton mit Perforationen an den Enden,28 die in größeren Mengen u. a. aus Kaniš (Kültepe) und Karahöyük29 bekannt sind (Abb. 10). Im Gegensatz zu den anthropomorphen Figurinen tauchen diese überzeugend mit der Textilproduktion in Verbindung gebrachten Objekte30 in Sirkeli Höyük31 wie auch an anderen kilikischen Fundorten in so hoher Quantität auf, dass von einer lokalen, anatolisch beeinflussten Produktion ausgegangen werden kann. Einen weiteren Hinweis auf zentralanatolische Kontakte des Sirkeli Höyük zeigt ein in der Ausgrabungskampagne des Jahres 1992 unter der Leitung von B. Hrouda in sekundärem Kontext entdecktes Stempelsiegel aus einem dunkelgrauen Stein mit dreiblättriger Stempelfläche und abgebrochenem Knauf auf der Oberseite (Abb. 11). Dargestellt ist ein Raubvogel mit ausgebreiteten, stilisiert durch Linien dargestellten Schwingen und mächtigem, gebogenem Schnabel über einem kauernden Feliden mit erhobenem Schwanz. Ähnliche Siegel fanden sich an mehreren Fundorten Zentralanatoliens, z. B. in Kültepe, Karahöyük bei Konya und Boğazköy, und datieren zumeist in die Phase des Kārum Ib.32 Bislang wurden in Sirkeli noch keine Rollsiegel dieser Zeitstellung gefunden, doch legen Funde im nur 30 km entfernten Tatarlı Höyük nahe, dass dies primär der Fundsituation geschuldet sein dürfte. Dort kamen fünf Rollsiegel zu Tage, die enge Parallelen sowohl nach Karahöyük bei Konya als auch nach Alalaḫ und Ebla zeigen.33 Besonders das fein gearbeitete Siegel A6 gehört ganz offenkundig der Steinschneideschule von Yamḫad mit seiner Hauptstadt Aleppo an. Dazu kommt ein Stempelsiegel, das wiederum Vergleichsstücke aus Kültepe kennt,34 sowie ein

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Pruß 2010, 75–77 und 374, Karte 5. Maner 2018, 48–49; Lassen 2013. 29 Weingarten 1990; Blasweiler 2019, 75–79. 30 Maner 2018, 48–49; Lassen 2013. 31 Ahrens 2019. 32 Hrouda 1997, 97 mit Fn 16 und Angabe von Vergleichsstücken. 33 Girginer / Collon 2014, 63–67, Siegel A1–A3, A5–A6. 34 Girginer / Collon 2014, 65, Siegel A4. 28

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weiteres, das nach Ebla verweist.35 Somit bezeugen auch die glyptischen Funde Beziehungen gleichermaßen nach Nordsyrien wie nach Zentralanatolien. Der archäologische Befund aus Sirkeli Höyük zeichnet, ebenso wie derjenige aller anderen größeren Fundorte in Kilikien, ein Bild, das deutlich von einem materiellen Austausch mit Nordsyrien, Zentralanatolien und – in bescheidenerem Ausmaß – Zypern geprägt ist. Alle diese Objekte mögen einzeln wenig Aussagekraft haben, sind in ihrer auffälligen Kumulation aber doch als eindeutige Hinweise für Handelskontakte Kilikiens zu deuten.

Kilikische Handelsrouten in der Mittelbronzezeit Der archäologische Befund steht nun evident dem Schweigen der Textquellen gegenüber: Kilikien – wie auch immer es in der Mittelbronzezeit genannt wurde und politisch organisiert war – war nicht nur in das internationale Austauschsystem eingebunden, es wies v. a. sehr enge Beziehungen zum nordsyrischen Raum zwischen Orontes und Euphrat auf, dem Gebiet des altsyrischen Königreiches Yamḫad mit seinen Zentren Aleppo, Alalaḫ und Ebla. Gerade die Keramik-Koiné der Syro-Kilikischen Ware Kilikiens mit dem Amuq- und Orontes-Gebiet, die Terrakottafigurinen und die Glyptik (Tatarlı) lassen dies erkennen. Eine weitere starke Beziehung deutet sich nach Zentralanatolien und hier v. a. zur Konya-Ebene hin an, wie die Beispiele keramischer Importgüter und des Stempelsiegels sowie der lokal adaptierten halbmondförmigen Gewichte belegen. Leider ist bislang unbekannt, welche aus den Texten bekannte politische Einheit sich in der Konya-Ebene verorten lässt; eine Option wäre das bedeutende Königreich Purušḫaddum, eine andere Ušša.36 Deutlich weniger ausgeprägt, aber erstmalig im archäologischen Befund fassbar werden die in dieser Zeit offenbar einsetzenden Beziehungen Kilikiens zu Zypern: Die ältesten Belege zyprischer Importkeramik stammen aus Schicht 16 in Kinet Höyük und damit aus der Mittelbronzezeit II.37 Dies passt dazu, dass das mit dem bronzezeitlichen Zypern (oder einer Stadt auf der Insel) zu identifizierende Alašiya seit dieser Zeit auch in Keilschrifttexten bezeugt ist.38 Die wesentlichen Verkehrsstraßen durch Kilikien wurden bereits beschrieben. Neben der „Kilikischen Transversale“ spielten die Taurus-Routen entlang des Göksu-Tales, durch die Kilikische Pforte und über den Gezbel-Pass eine wichtige Rolle. Die letztgenannte, die von Sirkeli Höyük in das Halys-Tal bei Kayseri führte, wurde in der Hethitischen Großreichszeit ab dem 13. Jh. v. Chr. von einer Kette von Felsreliefs markiert und dürfte zumindest zu der Zeit eine besondere

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Girginer / Collon 2014, 67–68, Siegel A7. Siehe zur kontroversen Diskussion die Beiträge von M. Forlanini und von G. Barjamovic in Weeden / Ullmann 2017. 37 Kozal 2018, 221. 38 Kozal 2016, 51–52; Mantzourani et al. im Druck. 36

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Bedeutung inne gehabt haben: Sirkeli39 – Hemite40 – Gezbel/Hanyeri41 – Gezbel/ İmamkulu42 – Taşçı43 – Fıraktın44 (Abb. 2).45 Sie scheint jedoch bereits in der Mittelbronzezeit genutzt worden zu sein;46 eine Least-Cost-Berechnung des kārum-zeitlichen Handels zeigt, dass sie Teil der kostengünstigsten Verbindung von Assur bzw. Mari nach Kaniš gewesen wäre.47 Dennoch wurde sie – zumindest von den assyrischen Händlern – offenkundig nicht genutzt, die stattdessen über die kostenintensiveren Alternativen durch Nordmesopotamien über Elaḫut (Pir Hüssein bei Diyarbakir?)48 und Mama (Maraş)49 zogen.50 Die Gründe hierfür sind nicht ganz klar ersichtlich, dürften aber weniger ökonomischer als vielmehr politischer Natur gewesen sein. A. Palmisano erkannte hierzu: „Cilicia and the Amuq valley may have been left outside the Old Assyrian Trade and belonged to another competing trade system, which excluded the Assyrian presence. Hence, in the light of the absence of any Cilician toponym from the Assyrian written sources, the results of this first scenario make us reject the hypothesis stating that the topography of Upper Mesopotamia, in terms of terrain slope, alone affected the movement of Old Assyrian caravans.“51 Welches war aber das konkurrierende Handelssystem, dass für diesen Umstand verantwortlich gewesen ist? Der Handel der syrischen Reiche Mari, Qaṭna und Yamḫad/Aleppo mit Anatolien ist verhältnismäßig schlecht erforscht,52 wiewohl Händler aus Ebla bereits in den Archiven der Schicht II im kārum von Kaniš bezeugt sind53 und sich syrische Glyptik recht zahlreich im Fundrepertoire von Kültepe identifizieren lässt. Für die Zeit der Schicht Ib kann aufgrund der glyptischen Evidenz gar eine Zunahme der Präsenz syrischer Händler angenommen werden. Nach Aussage der archäologischen Befunde gab es – wie dargelegt – ein Handelssystem, welches von Orten wie Kültepe, Acemhöyük und vor allem Karahöyük bei Konya über 39

Ehringhaus 2005, 95–101. Ehringhaus 2005, 107–111. 41 Ehringhaus 2005, 76–80. 42 Ehringhaus 2005, 70–76. 43 Ehringhaus 2005, 65–70. 44 Ehringhaus 2005, 59–65. 45 Kozal 2018, 228. 46 Blasweiler 2019, 117. 47 Palmisano 2018, 141–142, Fig. 6.22a. 48 Lipinski 2000, 153. 49 Miller 2001. 50 Barjamovic 2011, Kartenbeilage. 51 Palmisano 2018, 141. 52 Blasweiler 2019. 53 Veenhof 1988, 260; Palmisano 2018, 28. 40

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Kilikien bis ins Amuq-Gebiet und nach Nordwest-Syrien reichte. Ob dieses System nun seinerseits direkt mit Mari und damit auch Babylon verbunden war oder mit Yamḫad und Qaṭna seine östlichen Endpunkte und ihre Organisatoren hatte, lässt sich einstweilen noch nicht sicher erkennen (Abb. 12). Das archäologische Material deutet momentan auf Yamḫad als die entscheidende Größe hin, obgleich Mari nach Auskunft vereinzelter textlicher Hinweise sehr wohl Kontakte beispielsweise zu Anum-ḫirbi, dem König von Mama, Ḫaššu und Zalwar, unterhielt.54 Wenn nun aber dieses syrische und das assyrische Handelssystem deutlich getrennt voneinander funktionierten und vielleicht sogar bewusst gegeneinander abgegrenzt wurden, wäre dies eine Erklärung dafür, weswegen assyrische Händler eine nördliche Route wählten bzw. wählen mussten und nicht nur Kilikien mieden, sondern vor allem und ursächlich wohl auch das Territorium von Yamḫad. Gerade dies würde darauf hinweisen, dass Yamḫad als Konkurrent Assurs tätig war und seine eigenen Routen nach Anatolien betrieb. Dabei scheint der Fokus nicht auf Kaniš als primärem Partner gelegen zu haben, sondern auf einem weiter westlich gelegenen Ort, möglicherweise Purušḫaddum.

Schlussbemerkungen In Ermangelung aussagekräftiger Textquellen können nur archäologische Hinweise für die Rekonstruktion von Handelsrouten und Kulturkontakten zwischen Kilikien und seinen Nachbarregionen in der Mittelbronzezeit herangezogen werden. Wie problematisch diese sein können, zeigt der Befund im kārum von Kaniš, in dem bis auf die Texte selbst und die darauf abgerollten Siegel fast nichts auf die Präsenz assyrischer Händler hinweist, die Archäologie folglich hier auf ihre Grenzen stößt. Umgekehrt können aber archäologische Funde, v. a. wenn sie in signifikanter Quantität auftreten, Kontakte bezeugen, die in den Texten aus vielfältigen Gründen keine Erwähnung fanden. Im hier diskutierten Fall lässt der Befund kaum Zweifel daran, dass Kilikien nicht außerhalb der internationalen Handelssysteme lag, sondern vielmehr vollwertig in diese integriert war. Gerade die Kontakte zum östlichen Nachbarn, dem Königreich Yamḫad, sind evident, ebenso wie diejenigen nach Zentralanatolien. Hypothetisch kann angenommen werden, dass Yamḫad sein eigenes Handelssystem betrieb, welches mit Assur konkurrierte und dessen Händler zwang, Verkehrsrouten nördlich des Einflussgebietes von Yamḫad zu wählen, um Zentralanatolien zu erreichen. Yamḫad wiederum hätte dann seine eigene, südliche Route durch Kilikien genutzt. Beweisen lassen sich diese Annahmen gegenwärtig noch nicht. Es bleibt aber zu hoffen, dass die seit einigen Jahren intensivierten Forschungen in Kilikien weitere Erkenntnisse hierzu liefern werden. 54

Miller 2001; dies aber zur Zeit Šamšī-Adads I., als Mari und Assur unter dessen Herrschaft vereint waren. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Dass der Sirkeli Höyük zu den Orten gehört, die zu dieser Diskussion beitragen können, ist nicht zuletzt Konrad Volk zu verdanken!

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Abb. 1: Karte Kilikiens mit den wichtigsten bronzezeitlichen Fundorten (© Susanne Rutishauser, IAW, Universität Bern).

Abbildungen

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Abb. 2: Karte Kilikiens mit den Verkehrsrouten und Felsreliefs (© Susanne Rutishauser, IAW, Universität Bern).

Abb. 3: Die antike Siedlung des Sirkeli Höyük mit Zitadelle sowie Ober-, Unter- und Vorstadt (© Susanne Rutishauser, IAW, Universität Bern). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Abb. 4: Sirkeli Höyük, eisenzeitliche Stadtmauer in Sektor F in der Unterstadt mit Sondage, in der mittelbronzezeitliche Baustrukturen anstehen.

Abb. 5: Topografischer Plan des Sirkeli Höyük (© Susanne Rutishauser, IAW, Universität Bern).

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien?

Abb. 6: Steinsetzung am Flussufer des Ceyhan nordwestlich des Sirkeli Höyük.

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Gabriele Elsen-Novák – Mirko Novák

Abb. 7: Gefäß der bemalten „Syro-Kilikischen Ware“ aus Sirkeli Höyük.

Abb. 8: „Reiterfigurine“ aus Sirkeli Höyük. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Eine kārum-zeitliche Route durch Kilikien?

Abb. 9: Terrakottafigurine einer nackten Frau aus Sirkeli Höyük.

Abb. 11: Stempelsiegel aus Sirkeli Höyük.

Abb. 10: Halbmondförmiges Gewicht für die Textilproduktion aus Sirkeli Höyük. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Abb. 12: Rekonstruktion des mittelbronzezeitlichen Straßensystems in Vorderasien (© Gabriele Elsen-Novák und Mirko Novák, IAW, Universität Bern).

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Aufruf zur Eliminierung von „Sargon I.“ und Sargon „II.“ von Assyrien, sowie von „Sargon“ von Akkad

Andreas Fuchs (Eberhard Karls Universität, Tübingen)

Gewisse Ansichten genießen, auch wenn sie unzutreffend sind, ganz einfach deshalb ein hohes Maß an Akzeptanz, weil sie oberflächlich überzeugen und sich im täglichen Gebrauch als praktisch erweisen. Einen derartigen Fall bietet die Behandlung der drei in der Überschrift aufgezählten altorientalischen Könige, die sich anhaltender Beliebtheit erfreut. Auf das Einfachste reduziert, geht es dabei um folgende Annahmen: 1. dass es drei altorientalische Herrscher mit Namen Šarru-kīn bzw. Šarrukēn gegeben habe, für die sich in allen drei Fällen die im Alten Testament überlieferte Namensform „Sargon“ verwenden lasse.1 2. dass der neuassyrische König Sargon „II.“ seinen Namen selbst gewählt habe, um damit auf den berühmten „Sargon“ von Akkad anzuspielen. 3. und dass der späteste der drei Herrscher als Sargon „II.“ zu zählen sei, um ihn von dem altakkadischen „Sargon“ bzw. von dem altassyrischen „Sargon I.“ zu unterscheiden. Zu meinem großen Bedauern muss ich leider auch mich selbst zu jenen zählen, die dazu beigetragen haben, diese Vorstellungen gedankenlos zu pflegen und weiterzuverbreiten. Da scheint mir die Festschrift, die Konrad Volk gewidmet ist, einem der korrektesten und genauesten Menschen, die ich jemals kennengelernt habe, gerade der richtige Ort zu ein, um die Behebung dieser Irrtümer anzuregen. Es war und ist mir ein Vergnügen, mit Konrad Volk seit nunmehr fast zwanzig Jahren zusammenzuarbeiten. 1

So umschreibt Grayson 1975, 235ff. und ibid. 1981, 134 alle drei Namen unterschiedslos mit Šarru-kîn bzw. Šarru-kīn. Die Glossare der Reihe State Archives of Assyria, sowie beispielsweise auch Mayer 1995, 318f., Edzard 1998–2001, 107, Radner 2005, 34f. und Elayi 2017, 27 geben den Namen des neuassyrischen Sargon in der Form Šarru-kēn/kīn an. Siehe auch van de Mieroop 1999a, 329: „Sargon of Agade and Sargon II of Assyria obviously had something in common: their throne-name.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Šarru-kīn, Šarru-ukīn oder Šarru-kēnu? Als erstes stellt sich die Frage, wie der Name der drei Herrscher tatsächlich gelautet hat. Für „Sargon“ von Akkad2 lässt sich das nicht mit absoluter Gewissheit sagen, da sein Name in seiner eigenen Epoche mit erstaunlicher Konsequenz in akkadischen Texten Śar-ru–gi, in sumerischen Texten fast immer Śar-um–gi geschrieben wird, ohne dass dabei jemals die Lesung des zweiten Namensbestandteiles preisgegeben worden wäre.3 In altbabylonischer bzw. altassyrischer Zeit war man offenbar der einhelligen Überzeugung, dass der Name Šarru(m)-kīn/kēn gelautet haben müsse, da er in dieser Form sehr häufig in syllabischer Schreibung vor allem in den zahlreichen Erzählungen begegnet, die sich mittlerweile um diesen König rankten.4 Da er die wohl markanteste historische Gestalt der altorientalischen Geschichte war und somit sein Name stets geläufig geblieben sein dürfte, so spricht einiges dafür, dass dies die tatsächliche Namensform gewesen ist. Sehr viel später, in der Abschrift einer Chronik aus seleukidisch-parthischer Zeit, heißt er plötzlich Šarru-ukīn (Ilugal–ú-kin).5 Hier ist der Name des neuassyrischen Sargon (s. u.) wohl irrtümlich auf den Akkad-Herrscher übertragen worden. Was den altassyrischen „Sargon I.“ anlangt, so ist der Sachverhalt klar und eindeutig, denn für diesen Herrscher sind in zeitgenössischen Texten die Schreibungen Lugal–ki-in und sogar Ša-ru–ki-in bezeugt.6 Da also auch er Šarru-kīn

2 Siehe Westenholz in Sallaberger / Westenholz 1999, 34 bzw. Sommerfeld 2009–2011, 44f. 3 Zur Namensform Śar-ru–gi in Inschriften in akkadischer Sprache siehe Frayne 1993, E2.1.1.2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 17, 2001, 2002, 2003 und 2005. Die Schreibung Śar-ru–gi begegnet ebenso in einem altakkadischen Brief aus der Zeit des Šar-kali-šarrī, siehe Kienast / Volk 1995, 102 Gir 26 Vs. 8. Sowohl in sumerischer wie akkadischer Sprache überlieferte Inschriften verwenden jeweils Śar-um-gi in der sumerischen, Śar-ru-gi in der akkadischen Fassung, Frayne 1993, E2.1.1.1 und E2.1.1.11. Für Jahresdaten gilt dieselbe Regel, siehe Kienast / Sommerfeld 1994, 63f. Eine Ausnahme stellt die Inschrift der En-ḫedu-anna dar, die sich, obgleich in sumerischer Sprache verfasst, dennoch der Form Śar-ru–gi bedient, siehe Frayne 1993, E2.1.1.16. 4 Ša-ru–ki-in: Westenholz 1997, Text 11; Text 6:120; Text 7:i 9' und iv 4'; Text 11:i 10. Šar-rum–ki-in: Westenholz 1997, Text 6:57; Text 10:i 3. Siehe auch Cooper 1983, 74:4 Textvertreter Q1, bzw. Glassner 2004, 122:vi 31, vi 37 und vi 41. Lugal–ki-in: Alster / Oshima 2007, S. 9, 1. Šar-ru–gi-in: Westenholz 1997, Text 8:r. 9'. Šar-ru–gi-en: Westenholz 1997, Text 9B (Amarna!): Vs. 18, 20, 23, Rs. 10', 15', 17', 19', 27'. 5 Schaudig 2001, 592 P4 III, 21', III, 25' und III, 29'. Schaudig verwendet in seiner Übersetzung dennoch unbeirrt die historisch sicherlich korrekte Namensform Šarrum-kīn. 6 Veenhof 2003, 7 und 43f. So auch Grayson 1981, 105 §9 B und C. Siehe auch Michel 2009–2011. Als ILugal-ki-in begegnet dieser Herrscher auch in Königslisten des 1. Jts.,

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Aufruf zur Eliminierung von „Sargon I.“

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hieß, trug er denselben Namen wie schon der Herrscher von Akkad. Ob es die Verehrung für den Letzteren war, die zu dieser Benennung geführt hat, ist unklar.7 Alles wäre wunderbar einfach, wenn sich hinter dem neuassyrischen Sargon „II.“ ebenfalls ein Šarru-kīn/kēn verbergen würde,8 doch ist gerade diese Namensform nirgendwo für ihn bezeugt. Stattdessen findet sich in einer Reihe sehr unterschiedlicher Quellen übereinstimmend der Name Šarru-ukīn (ILugal/xx–úkin), und zwar: 1. In einigen wenigen von Sargons eigenen Inschriften: a. Auf einem Emailknauf aus Assur. Es ist dies die einzige Inschrift des Königs, in der er sich selbst als Sohn Tiglatpilesers III. zu erkennen gibt.9 b. Auf einem Ziegel aus dem Assur-Tempel.10 c. In einer Tonzylinder-Inschrift und auf mehreren Ziegeln aus dem Eanna-Tempel in Uruk.11 2. In Kolophonen des Gelehrten Nabû-zuqup-kēnu.12 3. In vier von unterschiedlichen Absendern aus Babylonien verfassten und direkt an ILugal–ú-kin adressierten Briefen.13 Einer dieser Briefe bezieht sich auf Tiglatpileser III. als den Vater Sargons (Nr. 46 r. 10–11). 4. Im Datum einer Kaufurkunde des Jahres 693: Eponymat des Iddin-aḫḫē, des Statthalters von [uruBàd–luga]l–ú-k[in].14 Es handelt sich um einen der ganz seltenen Fälle, in denen der Name von Sargons Stadt wenigstens zum Teil syllabisch geschrieben wird.15 5. In einem Brief aus der Zeit Asarhaddons oder Assurbanipals, in dem ein goldener Tisch erwähnt wird, den einst ILugal–ú-kin hatte anfertigen lassen.16 siehe Glassner 2004, 136:33. Vgl. Veenhof 2000, 138f., Veenhof 2003, 43 bzw. Veenhof 2008, 29. 7 S. Veenhof 2003, 44. 8 S. etwa Elayi 2017, 14: „he was sometimes called ‘the second Sargon’ (Šarru-ukīn/kīn(u) arkû).“ Ganz so groß, wie hier angenommen, ist die Variationsbreite dann doch nicht. 9 Weidner 1933–1934, 79. 10 Messerschmidt 1911, Nr. 38:2. 11 Frame 1995, B.6.22.3:i 26, B.6.22.4:i 1 und B.6.22.6:4. 12 May 2018, 124ff. Text 1:rev. 10'; Text 6:9'; Text 9:14' und Text 23:3'. Siehe auch die Tabelle unten. 13 Dietrich 2003, Nr. 22:2; Nr. 39:1 und 3; Nr. 46:1 und Nr. 88:2. In Nr. 40:1 und 3 ist der Name lediglich ergänzt. 14 Kwasman / Parpola 1991, 106:rev. 7–8. 15 In offenkundig verstümmelter Form auch uruBàd–lugal–i-˹ku˺(?) (Lanfranchi / Parpola 1990, 47:rev. 9). Dūr-Šarru-ukīn lässt sich vom nordbabylonischen Dūr-Šarrukku nicht immer eindeutig unterscheiden. So ist im Falle von uruBàd–Sa-ru-uk-ka (Fales / Postgate 1995, 94:rev. 4) unklar, welche der beiden Städte hier gemeint ist. 16 Cole / Machinist 1998, SAA 13 Nr. 134:10. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Anders als Šarru-kīn/kēn „Der König ist legitim“ ergibt der offenkundig verkürzte Name Šarru-ukīn keinen Sinn. Ist hier der König als Objekt aufzufassen, erfahren wir nicht, wer den König legitimiert hat. Sollte der König hingegen das Subjekt sein, bleibt unklar, welcher König gemeint sein soll,17 und wir erfahren in diesem Fall auch nicht, wen oder was der König denn eigentlich legitimiert hat.18 Gerade die Unklarheit dieses Namens spricht dafür, dass Šarru-ukīn der Geburtsname Sargons war. Hätte er bei seinem Herrschaftsantritt seinen Namen ändern und sich einen Thronnamen19 zulegen wollen, so wäre es am einfachsten gewesen, ebenso wie seine Vorgänger eine Wahl unter dem altehrwürdigen, traditionellen Namensangebot der Dynastie zu treffen.20 Die Namensform Šarru-kīn wäre mit ihrer klaren Aussage ohne weiteres in Frage gekommen, doch gewiss nicht das verstümmelte Šarru-ukīn. Wäre ein historischer Bezug entweder zum sagenhaften Gründer von Akkad oder zum altassyrischen Šarru-kīn erwünscht gewesen, so hätte man sich gleichfalls für diesen letzteren Namen, nicht aber für Šarru-ukīn entschieden.

17

Entgegen der anderslautenden Behauptung von Galter 2006, 286f. mit Anm. 57 scheint es bislang keine überzeugenden Argumente für die Annahme zu geben, der Namensbestandteil Šarru- sei womöglich selbst als das theophore Element anzusehen. Die von ihm aufgeführten Literaturhinweise enthalten derartige Argumente jedenfalls nicht. Unter den in The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire Vol. 3/II 1233–1252 aufgeführten Namen aus neuassyrischer Zeit gibt es kein Beispiel, in dem das Element Šarru- eindeutig nicht den König, sondern eine Gottheit meint. 18 Der Deutung Wincklers 1889, XIV: „der könig hat geordnet, ordnung verschafft, sichere zustände geschaffen“ steht im Wege, dass das Verb kunnu gerade in Fällen, in denen es um politische Stabilität geht, stets ein Objekt benötigt, siehe CAD K 166ff. kânu A 3 f, g und k. Anders, wenn es um das Ablegen einer Zeugenaussage geht (CAD K 168f. kânu A 4 a). Siehe auch AHW 439f. sub kânu D. Derselbe Einwand gilt für Galter 2006, 286, wo Šarru-ukīn mit: „der König schafft Gerechtigkeit“ übersetzt wird. Davon abgesehen hätte der Name dann Šarru-ukān lauten müssen. 19 Die Frage, ob ein assyrischer König bei seiner Ernennung zum Kronprinzen einen neuen Namen erhielt, anlässlich seiner Thronbesteigung einen Thronnamen wählte oder ganz einfach seinen Geburtsnamen beibehielt, kann nur im Einzelfall geklärt werden (sofern das überhaupt noch möglich ist), da es hierzu keine Regel gegeben zu haben scheint, siehe Radner 2005, 33–35. In diesem Zusammenhang ist etwa auf den Vater Šamšī-Adads III. zu verweisen, der Išme-Dagan hieß, siehe Grayson 1981, 107 sub § 27. Da dieser IšmeDagan zwar der Sohn eines Königs (Kidin-Ninua) und der Vater eines Königs war, er selbst aber nie auf dem Thron saß, kann sein Name kein erst nachträglich vergebener oder angenommener Thronname gewesen sein. Obwohl dieser Prinz nie als Thronfolger vorgesehen war, trug er dennoch einen traditionellen Königsnamen. Zum Problem der Verwendung von Thronnamen siehe auch Frahm 2005, 47. 20 Für Sargon hätten beispielsweise Šamšī-Adad, Aššur-nārārī, Tiglatpileser, Adad-nārārī, Aššur-dān oder Tukultī-Ninurta (aber aus naheliegenden Gründen nicht Salmanassar) zur Auswahl gestanden. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Aufruf zur Eliminierung von „Sargon I.“

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Auch wenn sie jeder griffigen, naheliegenden oder einleuchtenden Beantwortung der damit verbundenen Fragen im Wege steht, so führt kein Weg an der Einsicht vorbei, dass Sargons Name schon vor seiner Thronbesteigung Šarru-ukīn gelautet haben muss, und dass er diesen Namen als König beibehielt. Wenn Sargon im Alter von etwa 40 Jahren den Thron bestiegen hat,21 so müsste er um das Jahr 760 herum geboren worden sein. Sein Vater, der spätere Tiglatpileser III., war zwar immerhin ein Bruder des damals regierenden Königs Aššur-dān III., doch war zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs absehbar, dass er eines Tages selbst den Thron besteigen würde, ganz im Gegenteil: Dass Aššurdān keine Söhne hinterlassen würde, konnte damals sehr wahrscheinlich noch niemand wissen, und darüber hinaus hatte dieser König ja noch (mindestens) einen weiteren Bruder, den späteren König Aššur-nārārī V. Wenn die Berechnungen hinsichtlich seines ungefähren Geburtsjahres stimmen, so dürfte also mit dem König, auf den sich Sargons Name bezieht, Aššurdān III. gemeint gewesen sein.22 Auch wenn unklar bleibt, wie der Name Šarruukīn in seiner ursprünglichen, vollständigen Form gelautet hat, so werden Sargons Eltern diesen Namen für ihren Sohn23 sehr wahrscheinlich mit dem Ziel gewählt haben, ihre Loyalität zu ihrem König zu demonstrieren. Sargon hat vermutlich inmitten des schweren Bürgerkrieges das Licht der Welt erblickt, der Assyrien von 763 bis 758 erschütterte,24 und in derart unsicheren und gefährlichen Zeiten werden Loyalitätsbeweise gegenüber der eigenen Kriegspartei durchaus opportun gewesen sein. Mit der Benennung seines neugeborenen Sohnes könnte der spätere Tiglatpileser III. bekundet haben, dass er seinen Bruder Aššur-dān (III.) als legitimen Herrscher betrachtete, den er folglich zu unterstützen versprach. Seinen eigenen Inschriften zufolge hat Sargon seinen Namen weder von seinen Eltern erhalten, noch hat er selbst ihn gewählt, vielmehr sei er ihm von den Göttern verliehen worden, „um Recht und Gerechtigkeit zu bewahren, um dem Machtlosen zum Recht zu verhelfen und damit dem Schwachen kein Unrecht geschehe.“25 Es ist unschwer ersichtlich, dass diese Interpretation aus dem zweiten Namenselement, dem Verb kunnu oder kânu, abgeleitet ist. Mit dem Namen ist diesem König demnach von göttlicher Seite zugleich auch eine Ermahnung mit auf den Weg gegeben worden, die er – die Inschriften werden 21

Fuchs 2009–2011, 53. Ähnlich auch Melville 2016, 58f., die jedoch die Geburt Sargons auf S. 56 in der Zeit Aššur-dāns III., allerdings auf S. 58f. erst in der Zeit Aššur-nārārīs V. ansetzt. Edzard 1998–2001, 107 nimmt an, dass sich auch der Name des altakkadischen Šarru-kīn nicht auf diesen selbst, sondern auf denjenigen König bezog, der zur Zeit der Geburt des späteren Reichsgründers regierte. 23 Sargon war wohl nicht ihr Erstgeborener, dies dürfte der spätere Salmanassar V. gewesen sein. 24 Fuchs 2008, 86–89. 25 Fuchs 1994, 39 und 293 Zyl. 50. 22

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nicht müde, es zu betonen – selbstverständlich immer und stets aus vollster Überzeugung beherzigt und umgesetzt habe. Aus diesem Grunde sei seine Rede (zikri pīja kēnum), die ebenfalls das Attribut kēnum verdient habe, den Göttern wohlgefällig gewesen und ihnen eingegangen wie Öl.26 Überhaupt habe sich Šarru-ukīn als ein šarru kēnu, ein rēʼû kēnu oder ein rubû kēnu, d. h. als ein rechtmäßiger / korrekter / aufrichtiger / ehrlicher / wahrhaftiger / authentischer / etc. König, Hirte oder Fürst erwiesen.27 Es ist eine dieser Interpretationen, die in der Form Šarru-kēnu in einer Inschrift in Dūr-Šarru-ukīn an die Stelle von Sargons Namen tritt. Es handelt sich um eine Türschwelleninschrift vom häufig verwendeten Typ S3, die im Tor P des Palastes angebracht war. Weder die Art der Inschrift noch ihr Standort sind irgendwie bemerkenswert, doch von all den Inschriften in Dūr-Šarru-ukīn ist sie die einzige, die Sargons Namen syllabisch, und zwar in der ansonsten nirgendwo bezeugten Form [Ilugal–ke]-e-nu wiedergibt.28 Hierfür gibt es bislang keine Erklärung. Wenn es sich um eine spezielle Namensform gehandelt haben sollte, deren Verwendung in Sargons neuer Residenz vielleicht gewünscht oder sogar vorgeschrieben gewesen wäre, so verwundert, warum sie dann nicht häufiger zur Geltung gebracht worden ist. Sollte es sich dagegen um ein bloßes Versehen etwa eines gelangweilten Schreibers handeln, so ist anzumerken, dass Fehler in den zahlreichen Inschriften, die sich in Dūr-Šarru-ukīn finden, insgesamt doch bemerkenswert selten sind. Das Namenselement kunnu ermöglichte es jenen, denen es oblag, das Image ihres Königs in der bestmöglichen Weise für die Nachwelt aufzupolieren, ihren Šarru-ukīn (bzw. vielleicht auch Šarru-kēnu) in wohltuender Weise von finsteren Gestalten wie seinem ganz anders gearteten Vorgänger oder dem gar gegen den Willen der Götter über Babylon herrschenden Marduk-aplu-iddina abzuheben, denen das Gütesiegel kēnu selbstredend abzusprechen war. Erscholl der Name Šarru-ukīn, so verhieß dessen Klang (zikir šumi) den gutwilligen, gehorsamen Untertanen Gerechtigkeit,29 während er die Bösen mit lähmendem Entsetzen er-

26

Fuchs 1994, 40 und 293 Zyl. 55. Für Belege hierzu siehe zuletzt Fuchs 2011, 1239f. bzw. Frahm 2005, Anm. 24; Fuchs 2009–2011, 52. 28 Siehe Botta 1849, Tome I Pl. 6 bzw. Pl. 115: Saal VIII ist durch die drei Tore M, P und Q mit Hof N verbunden. Tor P ist eines der beiden kleineren Tore, die das mittlere, größere Tor M flankieren. P und Q sind mit den Türschwelleninschriften vom Typ S3, M mit einer solchen vom Typ S4 versehen, siehe Fuchs 1994, 254ff. bzw. 259ff. Die fragliche Schreibung findet sich ausschließlich in der Inschrift des Tores P, siehe Botta 1849, III: Pl. 21 (Tor P) 1) [é.gal Ilugal–ke]-e-nu, Pl. 9 (Tor Q): 1) é.gal Ilugal-gi.na, Pl. 7 (Tor M): 1) é.gal I lugal-[…]. 29 Die Episode über die Entschädigung der Eigentümer des zur Errichtung von Dūr-Šarruukīn benötigten Baulandes ist in dieser Hinsicht das deutlichste Beispiel, siehe Fuchs 1994, 39f. und 293 Zyl. 50–52, bzw. Kataja / Whiting 1995, Nr. 19:19'–22'. 27

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füllte, letzteres allerdings weniger als Folge von des Herrschers Rechtschaffenheit, sondern weil der Träger des Namens an der Spitze seiner Heerscharen ohne Unterlass Furcht und Schrecken um sich her verbreitete.30 Die Namensform (nibīt šumi) enthielt in ihrer schriftlichen Ausprägung überdies eine verborgene Offenbarung, denn der Wissende vermochte aus den Zeichen, aus denen sich der Name zusammensetzte, den genauen Umfang der Stadt Dūr-Šarru-ukīn, nach Ellen gezählt, zu errechnen.31 Wenn nun aber die betreffende Zahl mit dem Namen Šarru-ukīn untrennbar verbunden war, dann konnte das nichts anderes bedeuten, als dass die Götter mit der Verleihung dieses Namens auch bereits die Gründung der Stadt Dūr-Šarru-ukīn beschlossen hatten – lange bevor der Bauherr selbst den Plan dazu gefasst hatte!32 So betrachtet tat der König, indem er sein extrem aufwändiges Lieblingsprojekt verwirklichte, wieder einmal nur das, wozu ihn sein Name verpflichtete. Da die beiden anderen Könige den, wenn auch nur geringfügig anderslautenden Namen Šarru-kīn trugen, und da es allein der neuassyrische König Šarru-ukīn ist, auf den sich die biblische Namensform Sargon bezieht, so sollte diese Verballhornung seines Namens allein ihm vorbehalten bleiben.

„Der spätere Sargon“ Die Namen Šarru-ukīn und Šarru-kīn waren zwar nicht identisch, einander aber ähnlich genug, dass man am Hof Sargons eine Verbindung zwischen ihm und einem der beiden früheren Herrscher ziehen zu können glaubte. In diesem Sinne bezeichnete man ihn als Šarru-ukīn arkû, was sich mit „der spätere Sargon“, oder, nach Olmstead (1923, 206), mit „Sargon the younger“ übersetzen lässt. Wie N. N. May (2018, 116f.) herausgestellt hat, ist die Verwendung des Ausdrucks bislang ausschließlich für Sargons Hofgelehrten Nabû-zuqup-kēnu und den mit ihm eng verbundenen Inūrta-uballissu bezeugt:33

30

Fuchs 1994, 176 und 337 Anm. 397. Variante Saal II: „Vom (Wüten) der ungeheuren Streitkräfte Assurs hörten sie, und (schon) auf die (bloße) Erwähnung meines Namens hin (ana zikir šumīja) fürchteten sie sich und es wurden ihnen die Arme schwach.“ 31 Fuchs 1994, 42 und 294f. Zyl. 65 mit Anm. 88. Bedauerlicherweise hat sich in unseren Tagen bislang noch kein solcher Wissender gefunden, dem es gelungen wäre, die Berechnung nachzuvollziehen und so dieses Rätsel zu lösen. Siehe auch Frahm 2005, 48 und Radner 2005, 131. 32 Die andere theoretisch mögliche Schlussfolgerung, die sich ebenfalls ziehen ließe, dass nämlich Sargon den Umfang seiner Stadt so berechnet hätte, dass dieser seinem Namen entsprach, war sicher nicht beabsichtigt. 33 May 2018, 116f. Die folgende Tabelle beruht auf Appendix 2 (S. 124ff.) ihres Aufsatzes. Von den dort aufgeführten Textstellen wurden hier nur jene berücksichtigt, in denen die entscheidenden Teile des Ausdruckes ganz oder teilweise erhalten sind. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

76 Jahr 716 712 713 711 709 708 707 706 716 711 ?

Andreas Fuchs Namensform I lugal–ú-kin egir-˹ú˺ I lugal–ú-kin egir-[ú] [Ilugal–ú-kin/gi.na] ˹egir˺-ú lugal–gi.na egir-[ú] aš lugal–ú-kin egi[r-ú] [Ilugal]–ú-[kin egir-ú] ˹I˺˹lugal˺–g[i.na egir-ú] I lugal–gi.na ˹egir˺-[ú] I lugal–gi.[na] egir-ú [I]˹lugal˺–˹gi˺.[na egi]r-˹ú˺ [Ilugal]–gi.na egir-ú I lugal–gi.na egir-ú I lugal–gi.na egir-ú [Ilugal]–gi.na egir-˹ú˺ I lugal–gi.na egir-[ú] I lugal–gi.na egir-ú I lugal–ú-[kin egir-ú] [Ilugal–ú-kin/gi.na egir]-˹ú˺

May (2018) 125 Text 1 Rev. 10' 125 Text 2 8' 127 Text 5 8' 151 Text 51 10' 127 Text 6 9' 129 Text 9 Rev. 14' 141 Text 31 Rev. 8' 141 Text 32 3' 142 Text 35 7' 143 Text 36 Rev. 3' 143 Text 37 Rev. 3' 145 Text 40 5' 146 Text 42 12' 148 Text 45 Rev. 7' 148 Text 46 9' 134 Text 20 34 136 Text 23 3' 150 Text 50 2'

Autor

Nabû-zuqup-kēnu

Inūrta-uballissu (Name nicht erhalten)

Angesichts dieses Befundes haben wir guten Grund zu der Annahme, dass „der spätere Sargon“ wohl ein Konstrukt eben dieses Nabû-zuqup-kēnu war. Der glückliche Erfinder selbst hat den Ausdruck spätestens seit 716 kontinuierlich verwendet, und möglicherweise haben neben Inūrta-uballissu34 auch noch andere Gelehrte aus seinem Umfeld von ihm Gebrauch gemacht. Davon abgesehen ist „der spätere Sargon“ jedoch nirgends sonst bezeugt, vor allem hat er nie Eingang in die Inschriften des Königs gefunden, obgleich diese in ihrer überwiegenden Mehrheit doch gerade in den Jahren entstanden sind, in denen Nabû-zuqup-kēnu nachgewiesenermaßen tätig war. Auf die offizielle Darstellung des Königs hatte seine Idee offenkundig keinen Einfluss. Und es haben sich auch keineswegs alle Hofgelehrten des Königs für die Vorstellung vom „späteren Sargon“ erwärmen können.35 Das Ganze ließe sich als eine isolierte Angelegenheit abtun, die über bestimmte Hofkreise nie hinausgelangt ist, fände sich nicht in der Liste babylonischer Herrscherdaten des Claudius Ptolemäus dort, wo Sargon zu erwarten wäre, unter korrekter Angabe seiner fünf Regierungsjahre (als König von Babylon, 710–705) der Eintrag ’Αρκεανου, der in der Tat dem von Nabû-zuqup-kēnu verwendeten arkû recht ähnlich ist.36 Offenbar ist die Idee vom „späteren Sargon“, auf welchem Wege auch immer, über das Ende Assyriens hinaus weitergetragen

34

May 2018, 117. Der Gelehrte Zaia etwa verwendet den Ausdruck nicht, siehe May 2018, 135 Text 21 (aus dem Jahr 714). 36 Siehe May 2018, 117 mit Anm. 67. 35

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worden, bis schließlich irgend ein absoluter Ignorant, der mit assyrischen Herrschernamen rein gar nichts mehr anzufangen wusste, den „späteren Sargon“ unter Weglassung des eigentlichen Namens zum nur mehr „Späteren“ verstümmelt hat. Wie aus der Tabelle ersichtlich, verwendete Nabû-zuqup-kēnu Sargons tatsächlichen Namen, also Šarru-ukīn, und dort, wo er ihn logographisch wiedergab, geschah dies ausschließlich unter Verwendung der zeitgenössisch gängigen Formen. Obgleich man Inschriften „aus der Zeit vor der Flut“ durchaus kannte und etwa Assurbanipal sich später damit brüstete, solche auch tatsächlich mit Erfolg entziffert zu haben,37 so ist doch im vorliegendem Fall kein Versuch des Nabûzuqup-kēnu erkennbar, aus einem „alten“ Text die Schreibweise etwa der altakkadischen Zeit zu übernehmen oder zumindest an die Namensform Šarru-kīn anzuknüpfen. Nabû-zuqup-kēnu hatte also entweder keinen Zugang zu einschlägigen Vorlagen oder es lag ihm kleinliche Exaktheit ganz einfach fern. Die assyrischen Königsinschriften sind voll von einfachen Wortgleichungen, die auf ähnlichem Klang basieren, die Namen selbst bedeutender Orte wie Bābili oder Arba-il bezeugen die Beliebtheit derartiger Wortspiele oder Pseudoetymologien, bei denen es auf eine exakte Übereinstimmung der fraglichen Begriffe nicht ankam. Und so darf vermutet werden, dass auch Nabû-zuqup-kēnus „späterer Sargon“ auf nichts anderes als die bloße Beobachtung zurückging, dass der Name seines eigenen Königs dem aus uralter Zeit überlieferten Herrschernamen ausgesprochen ähnlich war. Und sofern man sich bei der Wiedergabe rein auf die Verwendung von Logogrammen beschränkte, waren die beiden Namen überhaupt nicht unterscheidbar.

„Der spätere Sargon“ und „Sargon“ von Akkad Man kann mit einiger Sicherheit annehmen, dass Nabû-zuqup-kēnu, wenn er seinen Herrn als „späteren Sargon“ bezeichnete, diesen mit dem ehrfurchtgebietenden Šarru-kīn von Akkad vergleichen wollte, und nicht etwa mit dem vergleichsweise farblosen altassyrischen König gleichen Namens.38 Dabei stellt sich die Frage, welche Gemeinsamkeiten aus der Sicht des Nabû-zuqup-kēnu und seiner Zeitgenossen den neuassyrischen und den altakkadischen König noch über den ähnlichen Namen hinaus verbunden haben könnten. Anders als der altakkadische Šarru-kīn, der sich aus den untersten Schichten der Gesellschaft und, wenn er tatsächlich ein Findelkind war, aus völliger sozialer Beziehungslosigkeit erst langsam von ganz unten hochgearbeitet haben soll, wuchs Sargon zunächst als Enkel eines Königs, dann, nach dem erfolgreichen Putsch seines Vaters, als Sohn eines Königs vermutlich sehr komfortabel auf. Von 37

Zuletzt Novotny 2014, Text 18:22–23. So auch Cancik-Kirschbaum 2003, 67. Beweisen lässt sich das allerdings nicht, denn die Frage nach der Identität des nirgends thematisierten „früheren Sargon“ wird ja nirgendwo beantwortet.

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Geburt an gehörte er gesellschaftlich nicht nur den oberen Zehntausend, sondern eher noch dem obersten Dutzend der assyrischen Gesellschaft an.39 Anders als Šarru-kīn war er auch weder der Gründer eines (Welt)reiches noch einer Dynastie, denn mit seiner gewaltsamen Machtübernahme hat er lediglich innerhalb desselben Herrscherhauses, das schon seit vielen Jahrhunderten über Assyrien herrschte, die Linie seines Bruders Salmanassar V. gekappt und durch die Linie seiner eigenen Nachkommen ersetzt.40 Natürlich beanspruchte auch der neuassyrische Sargon, „Herrscher der Welt“ (šar kiššati) zu sein – doch welcher neuassyrische Herrscher tat das nicht? Wenn überhaupt, so hat Tiglatpileser III. die einzigartige Großmachtstellung Assyriens begründet, Sargon hat den von ihm vorgezeichneten Weg lediglich weiterverfolgt. In dieser Hinsicht bestand keine Ähnlichkeit zwischen dem Quereinsteiger Sargon und dem Selfmademan Šarru-kīn. Konkrete oder gar direkte Bezüge zu Šarru-kīn von Akkad existieren in den Inschriften Sargons nicht. Die Sprache, in der diese Texte gehalten sind, ist literarisch ausgefeilt,41 doch findet sich kein einziges Zitat, das eine erkennbare Verbindung zu auch nur irgendeiner der zahlreichen Geschichten liefern würde, die über Šarru-kīn von Akkad im Umlauf waren.42 Bei alledem ist noch nicht einmal klar, welche dieser Geschichten am Hof Sargons tatsächlich bekannt waren.43 Es verbleibt die sogenannte „Sargon-Geographie“, die jedoch in der uns vorliegenden Form erst nach Sargon entstanden sein kann, da dieser Text Namen von Ländern enthält, die weder er selbst, noch der altakkadische König, sondern erst Asarhaddon erreicht hat.44 Natürlich ist es möglich, darin eine aktualisierte Fassung eines früheren Textes zu sehen,45 der zum neuassyrischen Sargon vielleicht besser gepasst hätte, bislang jedoch liegt eine solche Version nicht vor. Beide Herrscher, der neuassyrische wie der altakkadische, waren in der Tat überaus erfolgreiche Kriegsherren, doch besteht ein wesentlicher Schönheitsfehler dieses möglichen Anknüpfungspunktes darin, dass Nabû-zuqup-kēnu den Bezug zwischen seinem König und dem Akkad-Herrscher schon sehr früh, nämlich 39

Die in seinen Inschriften immer wieder betonte göttliche Erwählung ist kein Hinweis auf das Gegenteil. Welche andere Art der Legitimierung verblieb denn einem Herrscher, der sich nicht darauf berufen konnte, seinen Thron vom Vater geerbt zu haben? 40 Der Begriff „Sargoniden“, der heute gern zur Bezeichnung dieser neuen Linie verwendet wird, hatte keine zeitgenössische Entsprechung. 41 Van de Mieroop 1999a, 337 und Galter 2006, 290 mit Anm. 81 und 293 mit Anm. 113. 42 Der einzige literarische Text, der sich bislang in der Bibliothek des Nabû-zuqup-kēnu gefunden hat, ist eine Abschrift der zwölften Tafel des Gilgameš-Epos, die, so die These von Frahm, der Gelehrte vielleicht auf die Nachricht vom Tod seines königlichen Gönners hin kopierte. Abschriften von „Sargon“-Legenden hat der mutmaßliche Erfinder des „späteren Sargon“ offenbar nicht hinterlassen. Siehe Frahm 1999, 78–79. 43 So auch van de Mieroop 1999a, 339. 44 Horowitz 1998, 67–95. Hinsichtlich der Datierung des Textes folge ich Liverani 1999– 2001, 65 mit Anm. 36 und 75. 45 Van de Mieroop 1999a, 330f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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spätestens 716 hergestellt hat. In diesem seinem sechsten Regierungsjahr jedoch war von einer irgendwie herausragenden Größe Sargons noch nichts zu spüren.46 Nach seiner unfreundlichen Übernahme des Thrones war er bis dahin hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, Krisenherde innerhalb des Reiches unter Kontrolle zu bringen und verschiedentlich Übergriffe rivalisierender Mächte eher notdürftig abzuwehren, ohne jedoch den Verlust Babyloniens verhindern zu können. Seine Hauptfeinde, also Marduk-aplu-iddina von Bīt-Jakin, der zu dieser Zeit unangefochten in Babylon regierte, Rusa von Urartu und Mitā von Mušku, waren 716 allesamt noch unbesiegt, die spektakulären Erfolge der Jahre 714 und 710 lagen noch in der Zukunft. Auch die Erschließung neuer Pfade und Räume sowohl in Urartu wie auf dem iranischen Hochland sollte erst 714 und 713 erfolgen, in den Jahren vor 716 blieben Sargons Feldzüge innerhalb desselben geographischen Rahmens, den bereits die Feldzüge Tiglatpilesers III. abgesteckt hatten.47 Gerade in Zentralanatolien, und damit auf dem Schauplatz, der in den Legenden um den altakkadischen Herrscher eine so bedeutende Rolle spielt, hat Assyrien unter Sargon an Einfluss sogar verloren. Außergewöhnliche, bereits errungene militärische Erfolge seines Königs können es also nicht gewesen sein, die Nabû-zuqup-kēnu zum Vergleich mit dem siegreichen Akkad-König angeregt haben. Wenn er seinen Herrscher als „späteren Sargon“ bezeichnete, so war das eine Schmeichelei, mit der er der Erwartung (oder Gewissheit) Ausdruck verlieh, dass sich sein Sargon erst noch in Richtung des bewunderten „früheren Sargon“ entwickeln werde. Zwei Gemeinsamkeiten wiesen die beiden Herrscher jedoch unbestreitbar auf: Zum einen hatten Sargon und Šarru-kīn von Akkad gekonnt ihre jeweiligen Vorgänger abserviert, um auf den Thron zu gelangen. Dass aber Nabû-zuqup-kēnu es gewagt haben sollte, seinen Herrn an diesen dunklen und problematischen Abschnitt seines Lebensweges erinnern zu wollen, können wir getrost ausschließen. Zum andern hat sich jeder der beiden Herrscher eine komplett neue Hauptstadt erbauen lassen. Im Jahre 716 war von Dūr-Šarru-ukīn zwar noch kaum etwas zu sehen, doch ist die Stadt immerhin im Jahr zuvor gegründet worden.48 Wenn also Nabû-zuqup-kēnu seine Idee vom „späteren Sargon“ tatsächlich erst 716 (oder frühestens 717) entwickelt hat, und nicht doch noch Belege früheren Datums auftauchen, so könnte ihn die Gründung von Dūr-Šarru-ukīn und dessen Assoziation mit dem legendären Agade inspiriert haben. Darüber hinaus hat Sargons Stadtgründung auch die wissenschaftliche Mythenbildung beflügelt. Den Anlass dazu haben zwei chronikartige, wohl erst im 46

Siehe Fuchs 2009–2011 zu einem Überblick über die Regierungszeit Sargons. Der Feldzug des Jahres 716 drang bereits sehr weit ins iranische Hochland vor. Da aber die früheste Erwähnung des „späteren Sargon“ bereits am 29. Simānu, d. h. etwa im Juni dieses Jahres bezeugt ist (May 2018, 125 Text 1:rev. 9'–10'), also während der laufenden Feldzugssaison und noch vor der Rückkehr des Heeres, so kann auch der Umfang dieses Unternehmens die Überlegungen des Nabû-zuqup-kēnu noch nicht beeinflusst haben. 48 Millard 1994, 46f. sub 717 B4r5'. 47

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1. Jt. entstandene Texte geboten, die dem Herrscher von Akkad unterstellen, er habe sich Marduks Gunst verscherzt, indem er vor oder in der Nähe der (bereits bestehenden) Stadt Agade eine neue Stadt erbaut und diese dann Babylon genannt habe. Der darüber schwer verärgerte Marduk habe anschließend dafür gesorgt, dass des Königs weiterer Lebensweg eine deutliche Wendung zum Schlechteren genommen habe.49 Nach M. van de Mieroop verbirgt sich hinter diesen anachronistischen und auch reichlich wirren Konstrukten heimliche Kritik an Sargons großem Bauprojekt Dūr-Šarru-ukīn: Dieses sei als verwerflich empfunden worden, weil die Gründung von Städten eine Domäne ausschließlich der Götter gewesen sei. Für Sterbliche sei es dagegen ein Akt der Hybris gewesen, sich als Stadtgründer zu versuchen.50 Dem lässt sich entgegenhalten, dass Sargon beileibe nicht der erste gewesen ist, der eine neue Stadt gegründet und nach sich selbst benannt hat. Einige Jahrzehnte vor ihm waren Städte wie Dūr-Nergal-ēreš und Dūr-Bēl-Ḫarrān-bēlu-uṣur von assyrischen Funktionären gegründet worden,51 und damit von Personen, die noch nicht einmal Könige, geschweige denn Götter gewesen waren und sich dennoch in den Namen ihrer neuen Siedlungen ganz unbefangen und mit sichtlichem Stolz verewigt haben. Angesichts dessen kann also weder an einer Stadtgründung noch an einer derartigen Benennung irgendetwas etwas Verwerfliches gewesen sein. Derselben Ansicht muss natürlich auch Nabû-zuqup-kēnu gewesen sein, wenn für ihn die Gründung von Dūr-Šarru-ukīn der Anlass war, seinen König hinfort als „späteren Sargon“ zu bezeichnen. Für ihn und seine Zeitgenossen wäre es schon deshalb absurd gewesen, seinen König mit dem erwähnten, anachronistischen Zerrbild des altakkadischen Šarrukīn gleichen zu wollen, der sich angeblich mit Marduk überworfen haben soll, weil sich doch gerade Sargon wie kein anderer assyrischer König um Babylon und Marduk bemüht hat. Als einziger von allen neuassyrischen Herrschern hat er sogar volle drei Jahre lang (710–707) in Babylon residiert! Ein Zerwürfnis mit dem Gott Marduk ist für ihn nirgends bezeugt, sehr wohl aber das genaue Gegenteil, der posthum an ihn gerichtete Vorwurf nämlich, die Götter Babylons allzu einseitig bevorzugt zu haben!52 Wäre da nicht der ähnliche Name, so würde wohl niemand zögern, die oben genannten, späten Erzählungen über Šarru-kīn als Ausdruck der Kritik nicht an Sargon, sondern am nicht minder bauwütigen Sanherib aufzufassen, dessen Verhältnis zu Marduk tatsächlich gestört war und der ein mindestens so unerfreuliches Ende wie Sargon gefunden hat. Dūr-Šarru-ukīn wurde nach dem Tode Sargons keineswegs verlassen, die Stadt ist als Sitz eines Statthalters noch in den Jahren 693 und 664 bezeugt. Als 49

Glassner 2004, 266f. Nr. 38:56–61 und 270f. Nr. 39:18–23. Van de Mieroop 1997, 59, van de Mieroop 1999a, 334–338, van de Mieroop 1999b, 72– 74, Galter 2006, 295 und zuletzt Melville 2016, 191. 51 Grayson 1996, 211 A.0.104.7:16 und 242 A.0.105.2:14. 52 Siehe Fuchs 2019, Abschnitt II.5: Sanherib und Sargon. 50

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Königssitz war sie allerdings in der Tat ein kompletter Misserfolg, doch zum Verhängnis wurde ihr dabei nicht irgendein ominöser Fluch, sondern die in ihr hemmungslos verwirklichte Egozentrik ihres Gründers. Wie hätte ein König Sanherib inmitten all der Inschriften und Bilder seines Vaters, die ausnahmslos dessen Lob verewigten, überhaupt existieren sollen? Ein Weltenherrscher, der auch nur das Mindeste auf sich hält, möchte schließlich sein eigenes Lob verkündet und seine eigenen Gebäude emporwachsen sehen. Für zusätzliche, neue Palastbauten bot Dūr-Šarru-ukīn jedoch keinen Platz. Und möglicherweise war die Lage dieser Stadt eben doch nicht so günstig, eignete sie sich als Reichszentrum vielleicht doch nicht so gut, wie Sargon sich das eingeredet hatte.

„Sargon I.“ und Sargon „II.“ Wer die mittlerweile üblich gewordene Zählung des neuassyrischen Königs als Sargon „II.“ beibehält, geht wohl mit Galter (2006, 279) davon aus, „dass Sargon II. von Assyrien (722–705) von uns deshalb so genannt wird, weil bereits in altassyrischer Zeit ein Sargon in Assyrien regierte, dass er selbst und mit ihm wahrscheinlich auch die Mehrzahl seiner Zeitgenossen diesen Namen aber in erster Linie mit dem weit älteren Sargon von Akkad in Verbindung brachten.“ Es werden also beide gleichzeitig, sowohl der altakkadische wie auch der altassyrische Šarru-kīn, als „Sargon I.“ behandelt. Das Problem, das sich hier offenbart, besteht darin, dass sich die zeitgenössische Vorstellung vom „späteren Sargon“ mit den heute üblichen Gepflogenheiten der Geschichtswissenschaften nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Die Nummerierung mit römischen Zahlen ist deshalb aus den folgenden beiden Gründen aufzugeben: Erstens ist die Verwendung von Ordnungszahlen zur Unterscheidung von Herrschern identischen Namens eine vergleichsweise moderne Erscheinung, die im Alten Orient keine Entsprechung hatte. Dort fügte man zur eindeutigen Identifizierung den jeweiligen Vatersnamen hinzu, was zumeist, aber nicht immer die gewünschte Klarstellung ermöglichte. Wenn etwa von „Tiglatpileser, Sohn des Aššur-rēšī-išši“ die Rede ist,53 bleibt unklar, ob hier Tiglatpileser I. (1115–1076), Sohn des Aššur-rēšī-išši I. (1133–1115), oder Tiglatpileser II. (967–935), Sohn des Aššur-rēšī-išši II. (972–967), gemeint ist. Im Falle von Nabû-zuqup-kēnus „späterem Sargon“ drückt das nachgestellte arkû keine Zählung im eigentlichen Sinne aus, wie es die Wiedergabe durch „II.“ fälschlicherweise nahelegt. Die Verwendung von arkû erlaubte es, innerhalb eines konkreten Erzählzusammenhanges der möglichen Verwechslung von genau zwei

53

Siehe etwa Grayson 1991, 150 A.0.99.2:52–53 oder Grayson 1996, 55 A.0.102.10:iv 44f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Personen gleichen oder ähnlichen Namens vorbeugen zu können. Im offenbar einzigen weiteren belegbaren Fall, in dem arkû dem Namen einer historischen Person nachgestellt wurde, ging es in den Inschriften Assurbanipals um die Statue eines „Tammaritu arkû“, die sich unter der Beute aus Susa befunden habe. Da es Assurbanipal in Elam mit einer nicht geringen Anzahl an Personen gerade dieses Namens zu tun hatte, stellt der Text klar, dass die betreffende Statue jenen Tammaritu darstellte, den Assurbanipal vor kurzem erst (und auch nur vorübergehend) in Susa als König eingesetzt hatte und nicht jenen anderen Tammaritu, dem er einige Jahre zuvor die Herrschaft über Elams östliches Teilkönigreich Ḫidali anvertraut hatte.54 Auch hier hat die Kennzeichnung eines der beiden Könige durch nachgestelltes arkû dazu geführt, dass man die beiden Herrscher zu Tammaritu I. und Tammaritu II. gemacht hat – zu Unrecht, da die beiden Tammaritu mit unterschiedlicher Funktion und in unterschiedlichen Teilen Elams aktiv gewesen sind.55 Ist der Gebrauch des Ausdruckes arkû lediglich in zwei Fällen zur näheren Identifizierung von Herrschern bezeugt,56 so existiert kein einziger Beleg dafür, dass ein bestimmter König jemals als maḫrû, als der frühere von zwei Namensvettern bezeichnet worden wäre.57 Die beiden Ausdrücke arkû und maḫrû haben mit fortlaufender Zählung oder übergeordneter Systematik nichts zu tun und dienten nur im Ausnahmefall zur Unterscheidung historischer Persönlichkeiten. Da sich mit ihrer Hilfe nie mehr als zwei Personen auseinanderhalten ließen, wäre man mit diesen beiden Begriffen ohnehin nicht weit gekommen: So hätten sich etwa Tiglatpileser I. als „der frühere“ von Tiglatpileser II. als dem „späteren“ gerade noch voneinander unterscheiden lassen, doch schon mit Tiglatpileser III. wäre man überfordert gewesen. Zweitens und zu guter Letzt darf sich nach den heutigen Gepflogenheiten die Verwendung fortlaufender Ordnungszahlen ausschließlich auf solche Herrscher gleichen Namens beziehen, die ein und demselben Reich zuzurechnen sind. Verknüpft man Sargon / Šarru-ukīn mit dem altakkadischen Šarru(m)-kīn, so ist keine der beiden Voraussetzungen gegeben, da weder der Name noch das Reich der betreffenden Herrscher identisch waren. Betrachtet man hingegen den altassyrischen Šarru-kīn als „Sargon I.“, so gehörten beide Herrscher zwar immerhin demselben Reich an, doch trugen sie eben nicht denselben Namen. Aus dem Konstrukt

54

Novotny / Jeffers 2018, Ashurbanipal 9:v 38 (Tammaritu arkû) und iii 70ff. (Tammaritu, König in Susa) bzw. ii 67–71 (Tammaritu, König von Ḫidali). 55 Fuchs 2003, 134f. 56 CAD A/II 286 arkû 1.b) later in time – 1' said of rulers. 57 CAD M/I 110f. maḫrû sub 3. Former, earlier, previous – a) referring to dead kings. Gerade maḫrû wird in einem vagen bzw. allgemeinen Sinne ohne Namensnennung gebraucht, oft mit der erkennbaren Absicht, die genaue Identität des früheren Königs, von dem die Rede ist, gerade nicht preisgeben zu müssen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Šarru-ukīn arkû kann infolgedessen in der Übersetzung zwar ein „späterer Sargon“ oder ein „jüngerer Sargon“, allenfalls ein „zweiter Sargon“ werden, keinesfalls aber Sargon „II.“

Fazit Es sind drei jeweils einzigartige Herrscher voneinander zu unterscheiden: 1. Šarru(m)-kīn/kēn, der Gründer des akkadischen Reiches. 2. Der altassyrische König Šarru-kīn. 3. Der neuassyrische König Šarru-ukīn (bzw. Šarru-kēnu?). Die der biblischen Überlieferung entnommene Namensform Sargon sollte allein diesem Herrscher vorbehalten sein.

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– Rezension zu: M. W. Waters, A Survey of Neo-Elamite History (State Archives of Assyria Studies 12), in: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 93 (2003) 128–137. – Sargon II, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 12 (2009–2011) 51–61. – Šarru-kēnu, Šarru-kīn, Šarru-ukīn, in: The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire 3/II (2011) 1239–1247. – Eine Flotte, zwei Versager und ein Winter. Sanherib und sein Wirken insbesondere in den Jahren 694 bis 689, in: H. Grieser / H. Frielinghaus / S. Grätz / L. Körntgen / J. Pahlitzsch / D. Prechel (Hrsg.), Der Herrscher als Versager?! Vergleichende Perspektiven auf vormoderne Herrschaftsformen, Göttingen 2019, 63–141. Galter, H. D., Sargon der Zweite. Über die Wiederinszenierung von Geschichte, in: R. Rollinger / B. Truschnegg (Hrsg.), Altertum und Mittelmeerraum: Die antike Welt diesseits und jenseits der Levante. Festschrift für Peter W. Haider zum 60. Geburtstag (Oriens et Occidens 12), Stuttgart 2006, 279–302. Glassner, J.-J., Mesopotamian Chronicles (Writings from the Ancient World 19), Atlanta 2004. Grayson, A. K., Assyrian and Babylonian Chronicles (Texts from Cuneiform Sources 5), Winona Lake 1975. – Königslisten und Chroniken. B. Akkadisch. § 3.9 Assyrian King List, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 6 (1981) 86–135. – Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC I (1114–859 BC) (The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods 2), Toronto / Buffalo / London 1991. – Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC II (858–745 BC) (The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods 3), Toronto / Buffalo / London 1996. Horowitz, W., Mesopotamian Cosmic Geography (Mesopotamian Civilizations 8), Winona Lake 1998. Kataja, L. / Whiting, R., Grants, Decrees and Gifts of the Neo-Assyrian Period (State Archives of Assyria 12), Helsinki 1995. Kienast, B. / Sommerfeld, W., Glossar zu den Altakkadischen Königsinschriften (Freiburger Altorientalische Studien 8), Freiburg 1994. Kienast, B. / Volk, K., Die Sumerischen und Akkadischen Briefe des III. Jahrtausends aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (Freiburger Altorientalische Studien 19), Stuttgart 1995. Kwasman, Th. / Parpola, S., Legal Transactions of the Royal Court of Nineveh Part I. Tiglath-pileser III through Esarhaddon (State Archives of Assyria 6), Helsinki 1994.

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Andreas Fuchs

– Cuneiform Texts and the Writing of History. Approaching the Ancient World, London / New York 1999 (= van de Mieroop 1999b). Veenhof, K. R., Old Assyrian Chronology, in: Akkadica (2000) 119–120, 137– 150. – The Old Assyrian List of Year Eponyms from Karum Kanish and its Chronological Implications (Atatürk Supreme Council for Culture, Language and History; Serial VI-64), Ankara 2003. Veenhof, K. R. / Eidem J., Mesopotamia. The Old Assyrian Period (Orbis Biblicus et Orientalis 160/5), Fribourg / Göttingen 2008. Weidner, E., Mitteilungen, in: Archiv für Orientforschung 9 (1933–34) 79. Westenholz, J. G., Legends of the Kings of Akkade (Mesopotamian Civilizations 7), Winona Lake 1997. Winckler, H., Die Keilschrifttexte Sargons. Nach den Papierabklatschen und Originalen neu herausgegeben. Band 1. Historisch-sachliche Einleitung, Umschrift und Übersetzung, Wörterverzeichnis, Leipzig 1889.

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” (MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ) in Bala£ and Eršema Prayers

Uri Gabbay (Hebrew University of Jerusalem) and Sam Mirelman (SOAS University of London)

To Konrad Volk, in appreciation

I. Introduction: Emesal prayers and performance The performance of Emesal prayers, especially Bala£ and Eršema prayers, was a central component of the temple cult during the first millennium BCE, and probably earlier as well. Bala£ and Eršema prayers were sung, to the accompaniment of musical instruments, by the kalû priest in the various temples of Babylonia and Assyria during the regular cult, as well as on special calendrical and non-calendrical occasions. About 1500–2000 tablets belonging to the corpus of the kalû are known today, dating from the beginning of the second millennium BCE up to the very end of the first millennium BCE.1 Although Emesal prayers are known to us today as a textual corpus, it is important to keep in mind that unlike other literary works, these texts were first and foremost performed texts. This is demonstrated by the many ritual texts that refer to the cultic performance of Emesal prayers, by colophons that indicate the performative contexts and singing of Emesal prayers, by syllabic orthography (especially in the Old Babylonian period), and by performative indications in the form of melismatic chains of vowels and short musical notations that are found on tablets containing Emesal prayers.2

1

For a selection of studies on, and editions of this corpus, see Krecher 1966; Cohen 1972; Cohen 1974; Kutscher 1975; Cohen 1981; Cohen 1988; Maul 1988; Volk 1989; Black 1991; Maul 2005; Löhnert 2009; Gabbay 2014; Gabbay 2015; Shibata, forthcoming. 2 Löhnert 2009, 55–86; Gabbay 2014, 63–192; Delnero 2015; Mirelman 2018. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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II. Skipped lines: Abbreviation in Emesal prayers The performative nature of Emesal prayers is also reflected in the choices made by the copyists of tablets containing Emesal prayers, in terms of textual layout, formatting, and also the use of abbreviations (Gabbay / Mirelman 2017). The use of abbreviation in the writing of Emesal prayers suggests that whole prayers, and especially litanies, were memorized by the kalû; the use of abbreviation is also likely to have been motivated by a need to save space on tablets. One abbreviation, which occurs frequently in Late Babylonian manuscripts of Emesal prayers, is the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ “skipped lines” (Mayer 1990, 32–33). This scribal annotation is also known in some Neo-Assyrian and Neo-Babylonian tablets of such prayers from Nineveh. It usually refers to the textual omission of sections of text, ranging from a few lines to up to over a hundred lines, that contain lists of gods or cities and temples, usually incorporated in repetitive litanies, a characteristic of Emesal prayers.3 These litanies are often shared between various Emesal compositions, and the series of gods, cities, temples, and epithets within such litanies, even when different in content, follow well established patterns (Gabbay 2014, 38–58). The frequent use of repetition, and of standardized lists of gods and cities or temples, meant that the use of abbreviation is entirely expected in the writing of Emesal prayers. The annotation x MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ (“skipped lines”) indicates that a specific number of lines are omitted from the tablet. It usually appears after the first or second line of the litany, often written in a smaller script on a blank space on one of these lines. The identification of these missing lines is only possible by the use of parallel manuscripts where litanies are written in full, by analogy with well-established litanies which are shared between various compositions, or by analogy with standard sequences of names (even when the content of the litanies themselves differs). Through such comparisons, it is usually possible to deduce probable missing lines. The identification of such skipped lines is of importance, not only for the reconstruction of complete compositions as they existed in performance. It is also of interest for the identification of passages which were deemed to be so well known by the writers of Emesal prayers, that they were not always written out in full. Before dealing in detail with attestations of the annotation “skipped lines,” it is worth examining a case in which a similar phenomenon occurs, but without this annotation. As will be seen below, usually the annotation “skipped lines” occurs between the first line(s) and last line(s) that are written in full. However, the same practice of writing down the first and last lines, but without this annotation, occurs as well. It is attested in TCL 6, 55 (= TCL 16, 41) from Late Babylonian Uruk. It is significant that this tablet is a summary tablet or “compendium.” Writing “compendia” tablets, i. e., summary tablets reducing entire compositions to key lines, 3

For litanies, see Krecher 1966, 42–45; Black 1991, 29–31; Löhnert 2009, 52–54; Gabbay 2014, 38–58. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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is a practice known particularly in first millennium BCE manuscripts (Gabbay 2014, 232–233), motivated by either performative and/or pedagogic reasons. TCL 6, 55 (= TCL 16, 41) is probably a compendium tablet representing an entire Bala£ to Enlil, summarized in the form of extracts, incipits, and final lines of sections. The tablet also summarizes a litany. In this tablet, the standard city litany, which, as discussed below (§VI), is one of the key litanies omitted with the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ in various tablets, is omitted, but without using this annotation. This entire litany is condensed in an abbreviated form into lines 10'–11' on the tablet (Cohen 1988, 162:b+179–188): 10' úr u-zu U na -an- šub-bé A.AN I dè -ra- ab-bé ˹E˺ 11' unug ki-ga é-a n-na Ú na( -a n-šub-bé A.AN I dè- ra-a b-bé E) : Ú édà ra-a n-na Ú ˹na˺(-a n-šub-bé A.AN I dè- ra-a b-bé E) 10' “Do not abandon your city,” may (the gods) each say to you! 11' “Do not (abandon) Uruk, Eana,” (may the gods each say to you!) … “Do not (abandon) Edaraʼana,” (may the gods each say to you)! Line 10 is the first line of a passage, beginning a well-known stock phrase with the general mention of “your city,” and proceeding in the next lines with a list of toponyms that repeats the same stock phrase. In this tablet, only the first and last lines of this list are written down. The first line, mentioning Uruk and Eana, indicates that the litany here is a local Urukean variation on the standard first millennium city litany (as preserved also in MLC 1852:rev. 24'ff.; cf. Gabbay 2014, 219). The unabbreviated form of this passage would have had a list of eleven more toponymns between Uruk/Eana and Edaraʼana (see §VI below). In other instances, where this or similar litanies are abbreviated, the annotation “skipped lines” appears. However, TCL 6, 55 routinely omits large sections of text. Thus, in the case of this tablet, there is no need to indicate the omission of a litany with the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ “skipped lines.” Building on the work of Mayer (1990, 32–33), the following attempts to identify and contextualize sequences of lines which are skipped, in tablets which include the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ. The significance and meaning of this annotation was recognized by G. A. Reisner (1896, xv–xvi). However, the reading of GU4.UD as a logogram for the verb šaḫāṭu “to jump, leap” was first recognized by B. Meissner (1908). The precise verbal form implied is uncertain, although a stative is expected (Mayer 1990, 32–33). This scribal annotation is to be distinguished from the annotation ḫepi “broken,” or the less frequently attested annotation x MU.MEŠ GAZ.MEŠ “x broken lines,” which refer to missing lines or signs on the Vorlage from which writers copied tablets (Worthington 2012, 24–27). By contrast, MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ refers to the writer’s deliberate omission of lines, the writing of which is optional, as they are well known, and probably already committed to memory by kalûpriests. The performative context of this annotation may be suggested by the fact © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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that it is only attested in Bala£s and Eršemas, two closely associated genres which are known to have been sung; it has not (yet) been identified in other genres of Emesal prayers such as Eršaḫu£as and Šuilas. This is of interest, due to the fact that Eršaḫu£as, and especially Šuilas, also feature extensive repetition. However, Bala£s, in which most of the attestations of MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ are known, are by far the longest, multi-sectional category of Emesal prayers. Thus, it is likely that the adoption of this annotation was motivated, at least in part, by a need to save space in the writing of Bala£ tablets, a practice which may have then been applied to Eršemas. In addition, Bala£s and Eršemas were performed in the regular, daily temple cult; this contrasts with Eršaḫu£as or Šuilas, which were often performed on special occasions (Maul 1988, 25–56; Gabbay 2014, 158–168; Shibata, forthcoming). This may suggest that, due to their regular, daily performance, repetitive sections in Bala£s and Eršemas were truly committed to memory, and the writing of such passages was considered optional. Indeed, the memorization and musical performance of Bala£s and Eršemas was an essential feature of these compositions; this contrasts with Eršaḫu£as or Šuilas, which were recited, not sung (Gabbay 2014, 12–13; 81–154).

III. Skipped lines in texts that are not Emesal prayers All the attestations of the annotation “skipped lines” appear in Emesal texts, apart from two. One line of the Standard Babylonian Epic of Gilgameš, on a manuscript from Achaemenid/Seleucid Uruk (IM 76941), includes the annotation. As discussed by A. R. George (2003, 808), in this instance it appears that the scribe wrote 5 MU.MEŠ GU4.[UD.MEŠ] “5 lines are skip[ped]” (II, 260) instead of GAZ (ḫepi) “broken,” due to the fact that five lines (II, 254–259) were mostly broken in the Vorlage from which the scribe was working. Thus, the scribe used this term as an efficient means of indicating the omission of an extended passage, which was mostly broken in the manuscript from which the copy was being made.4 A colophon belonging to a Late Babylonian manuscript of the Nippur Compendium (BM 38413; George 1992, 162; cf. Gabbay 2016, 14) includes the annotation indicating skipped lines within a context which seems to refer to the role of oral transmission in a scholarly setting. The colophon refers to the text being “heard according to the mouth of a scholar” (a-na pi-i UM.ME.A ša-mu-ú), and to 4

VAT 17476 (VS 24, 30, obverse; cf. Gabbay 2014, 235, n. 59), a tablet belonging to an unidentified Bala£, includes a passage which belongs to the shorter version of the long god litany, a litany for which the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ is often used (see §V below). However, in this case each line is followed by iš-šá-aḫ-iṭ “skipped.” Following a double line, line 15' reads [ ] x PAP? ÉR.MEŠ iš-šá-aḫ-iṭ. It is unclear what is intended here, as an indication that a refrain is omitted would be excessive if it is repeated in every successive line. It is possible that, as in the Gilgameš example cited above, the verb šaḫāṭu “to jump, leap” is used where we may expect ḫepi “broken,” if we assume that the scribe is referring to the absence of the right column in a Vorlage from which he is working. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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a lesson (malsûtu). Not all the terminology in this colophon is clear. However, the colophon concludes with MU.ME ina bi-re-e-tú GU4.UD.ME a-mi-r[u] ana TIL.LA GAR-an, which may be translated as “the lines in between are skipped; the reader may complete them.” The reason for the skipping here may be related to the scholarly or didactic setting of the text, rather than the broken Vorlage as in the previous line, or the cultic performative context in the Emesal prayers examined below. Before dealing with the rest of the attestations, all in Emesal texts, it is worth mentioning the use of the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ in two colophons of Emesal texts. These attestations refer to skipped lines in the context of a line count of the total number of lines on the tablet. BM 38742 (Bala£ a ú ru -£u 10 im-me, unpublished; cf. Gabbay 2014, 236, n. 63) and BM 66635 (unidentified Enlil Bala£, unpublished; cf. Gabbay 2014, 236, n. 63) refer in their colophons to their total line count, followed by “with (EN = adi) two/three lines skipped.” It is unclear what these “skipped lines” refer to, since otherwise a larger number of lines are skipped in litanies of Emesal prayers.

IV. Provenance and dating of “skipped lines” attestations The annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ in Emesal texts is first attested at seventh century BCE Nineveh, in tablets written in both Assyrian script (K.3585, probably also K.4427+), and Babylonian script (K.3315+, K.5160+, K.5168+). Chronologically, the annotation next appears in Achaemenid/Seleucid Uruk. The so-called “Converse Tablet,” although unprovenanced, was written in Dēr according to its colophon, but is likely to have been brought to Uruk in antiquity, and is likely to originate in Square U18 (Gabbay 2014, 262). The other Uruk tablets that contain this annotation originate from the Rēš Temple (BaM Beih. 2, nos. 21, 22, 30; VAT 7824). The majority of attestations are known from tablets of Emesal prayers published in SBH and CTMMA 2 (= Maul 2005), which may be considered a single group. These tablets are unprovenanced, but their origin from Babylon is shown by their colophons, which also date them to the late second to early first centuries BCE. Some of the collection may date earlier, and may have been brought to Babylon from other locations such as Borsippa (Gabbay 2014, 245–250). The remaining attestations consist of unprovenanced Late Babylonian tablets from the British Museum, which are likely to come from Babylon or Borsippa, and one unprovenanced Late Babylonian tablet, perhaps from Babylon or Borsippa, from the Yale Babylonian Collection (MLC 382). Finally, a variation of the phrase MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ appears in a Bala£ tablet from the Royal Ontario Museum, perhaps from Late Babylonian Nippur, edited in the appendix below.

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V. Long god litanies There are several long god litanies, which typically occur at the end of Bala£s, and feature the ancestors of Enlil and other deities.5 It should be emphasized that although referred to as “litanies” in Assyriological scholarship, they differ from other litanies which include a repetitive phrase with alternating names of gods, since they only contain a long list of names and epithets without any repetitive phrase. Such long god litanies exist in various recensions, within the same period, and between periods (Gabbay 2014, 56–58).6 For example, the 98 lines of an Old Babylonian version expand to 129 lines in a first millennium BCE version.7 NBC 1315, an Old Babylonian manuscript of the Bala£ e-lum gu 4-sún, includes the scribal annotation ilū adi iggammarū “the gods, until they are complete” (Cohen 1988, 280:e+174), skipping over most of the lines from this long litany. This annotation is, in fact, an Old Babylonian precursor to the first millennium BCE annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ. On NBC 1315, the identification of skipped lines as a reference to this specific litany is based on the fact that the first and third lines of the litany are included immediately before the scribal annotation (it is unclear why NBC 1315 omits the second line of this litany), followed by a double ruled line, and a subscript indicating the completion of the tenth kirugusection of the Bala£: A = NBC 1315 (Bala£ e-lum g u 4-sún; collated from photograph) B = VS 2, 118 (Bala£ e-lum g u 4-sún) A B

r.14' iv 1

d

B

iv 2

an dura š ki še gu-nu-e

A B A B A A

d e n-ki dnin-ki de n- mul dnin -mul [(x)] r.15' d iv 3 e n-ki dnin-ki de n- ul dnin -ul r.15'a i-lu a-di ig-ga-am-ma-ru iv 4ff. (rest of litany of over 100 lines, written in full)

r.16'

d

mu- ul-líl- lá dam-a- ni dnin -líl-lá -˹a ?˺ [(x)] mu- ul-líl- le dam-a- ni dnin -líl-le

ki-ru- gú 10 kam-ma

5

The late R. Borger’s (unpublished) Die Emesal Götterlitaneien, announced in Maul 2005, 83, is reportedly a study of the long god litanies. We have no other knowledge of the work, and have not seen Borger’s unpublished manuscript. 6 Besides the examples discussed in this section, two fragments from Late Babylonian Uruk probably contain further references to this litany being skipped. They are BaM Beih. 2, 30:2'–3' and BaM Beih. 2, 22, 5'. 7 Such a tendency towards the expansion of Old Babylonian litanies in the first millennium BCE is known elsewhere (Löhnert 2009, 52–54). 8 VS 2, 11 (VAT 607+) reportedly belongs to the same tablet as TCL 15, 2 (AO 3924; see Cohen 1988, 272, source C), although we have not yet been able to confirm this. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Parallel Old Babylonian manuscripts include the rest of this litany (Cohen 1988, 280–291:e+172–e+280; see Löhnert 2009, 396–398). Although the litany in its Old Babylonian version is slightly shorter than the first millennium BCE version, NBC 1315 skips over, not only the litany but also the concluding eight lines featuring the “mother in prayer” (a ma šùd-dè), which are not omitted in first millennium BCE manuscripts. This litany is skipped in several first millennium BCE manuscripts, where the gap is annotated by MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ. K.3315+ (Bala£ am-e b ára -an-na ra ; Babylonian script) and K.3585 (unidentified Bala£) both omit this litany, as shown by their inclusion of the opening and closing lines of the litany, before and after the annotation “skipped lines”: K.3315 (BL 163)+K.9154 (BL 15; BA 10/1, 12)+K.8706 (BA 10/1, 10) +Sm.1204 (Gabbay 2015, pl. 8) (Bala£ a m-e bá ra-a n-na- ra; cf. Gabbay 2015, nos. 14–15): ii 4' šùd a n ˹ur aš˺ ki še gu-nu-r [a ] ii 5' d+e n-ki dnin-ki d+e n-ul dni[n- ul] ii 5a' 1.UŠ.47 (= 107) MU.MEŠ [GU4.(UD.)MEŠ] ii 6' ˹a ma šùd-dè˺ é-a ér-[r a] ii 7' [ina um-ma-t]i-šá i-kar-rab ana É (for continuation, cf. Cohen 1988, 241ff.:c+360ff.) K.3585 (BA 10/1, 10a; unidentified Bala£): r.3 [an ura š] ki še gu- nu-ra r.4 [de n-ki dnin-ki] de n-ul dnin-u[l] r.4a [107? MU.M]EŠ GU4.MEŠ r.5 [ama šùd-dè] é-a ér-r[a ] r.6 [ina um-ma-ti-šá] ˹i-ka?-rab˺ ˹É˺ (for continuation, cf. Cohen 1988, 241ff.:c+360ff.) Both of these manuscripts include the longest skipped sections that we have identified in first millennium BCE manuscripts. Skipping this litany was not a consistent practice at Nineveh, as shown by the two-column tablets K.4629 (SBH III)+Rm.132 (5R, p. 52, no. 1) and K.2442 (SBH 49a)+K.5148 (Cohen 1988, 838)+K.17282 (Gabbay 2015, pl. 7), which both include the litany concluding the Bala£ mu-tin nu-nus dím-ma (for these tablets, see Gabbay 2015, 72– 73). Later first millennium examples, where skipped lines are marked, do not skip such a large number of lines. In fact, it is interesting to note that tablets belonging to the group published in SBH and CTMMA 2, which include many attestations of MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ, write out most of this long litany. SBH 48 (unidentified

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Bala£; Cohen 1988, 234–235:c+250–263, 303–304:c+124–137) writes out the entire litany except for the opening ten lines, which are marked as “skipped lines”: d mu-ul-líl-le dam-a-ni dnin-líl-le 5' 6' an uraš ki še gu-nu -ra d+ en-ki dn in -ki d+en-mul dnin-mul 7' 7'a 10 MU.MEŠ GU4.MEŠ d nuska á-maḫ udug é-kur-ra 8' 9'ff.: text continues with the full litany of over 100 lines; see Cohen 1988, 235ff.:c+264ff. // 304ff.:c+138ff.

Shorter versions of this litany begin almost the same as the longer version, but end differently. An exact reconstruction of these shorter versions is not yet possible. This is due to the fact that manuscripts which do write out the litany are not fully extant.9 These shorter versions consist of approximately forty or fifty lines. Some of these shorter versions begin with the familiar phrase: an uraš ki še gu -n u -ra “An (and) Uraš, earth where barley sprouted,” followed by forty or fifty skipped lines. Three tablets belonging to the Marduk/Nabû tradition refer to a 41-line section, perhaps identical in all three, with the annotation “skipped lines.” See the following attestations, followed by discussion: BaM Beih. 2, pl. 19, no. 21 (Bala£ en zu sá mar-mar; collated): 4 [umun-ra mu-lu a-ra-z]u -k e 4 a-ra-zu dè-ra-˹ab˺-[bé] ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ 5 [an u raš ki še g ]u -nu -ra : 40! MU.ME GU4!.ME! ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ 6 [šùd -d è še]-eb É re-eš ki NE-en-gi 4 -[gi 4 ] ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ 7 [ki-šú-b]i-im [bala£ an-na-ke 4/kam] (followed by Eršema nam-mu-un-šub-bé-en) K.5160+ (Babylonian script; for information on the different fragments of the tablet, see Gabbay 2015, no. 22; second and final tablet of Bala£ en zu sá mar-mar): r.iii 25' [an uraš] ˹ki˺ še gu-nu-[ra] r.iii 25'a [39? MU].˹MEŠ˺ ˹GU4.UD˺.[MEŠ] r.iii 26' [d ìm-me-er an -na] d ìm-me-er ki-[a] ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ 9

See especially SBH 13:20 (Cohen 1988, 389–390, ms. J, b+129ff.): a n u r a š k i š e g u n u - r a etc., but only the first eight lines are (partially) extant. Cf. also Lambert 1971, 351, n. 19, for fragments which may be used in the reconstruction of this litany in its first millennium version. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

r.iii 27' r.iii 28'

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[šùd-dè še -e b é-sa £-í]l-la ˹ki˺ ˹NE˺-e n-g[i 4-gi 4] [ina ik-ri-bi l]i-bit-ti É.MIN ana áš-˹ri˺-š[á? litūr(?)]

r.iii 29' [ki-šú-bi-im ] ba la £ ˹d˺[ma rduk- ke 4/ka m] (followed by Eršema na m- mu-un- šub -bé-e n) “Converse Tablet” (Bala£ ukkin-ta e š-ba r til-la ; Lambert 1971; Cohen 1988, 491–492:f+207–247): r.18' r.18'a r.19' r.19'a r.20' r.21' r.22' r.23' r.24'

MIN U

r.25'

ŠUB

u m u n-r a m u -l u a - r a- z u - ke 4 E ana be-lu4 šá tés-li-tú a n dur a š 25 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ é g i zi - da A a - a ug u- z u a m a u gu - z u m u - ud- na U ki - á £- z u s uk ka l -a n- na ga ša n - š ub ur -r a

a - r a -z u U d è- r a -a b - bé tés-li-tú liq-bu-šú k i š e g u - nu - r a A d

AU U

u m u n- u g s á nga -m a ḫ a b z u - ke 4 E UU A

r.26' a d - g i 4- gi 4 r.27' MEZE LÁ a d - g i 4- gi 4 g a š a n- š ùd - dè - a n- n a r.28' [ŠÈM D]U a m a u r -s a £ - £ á g a ša n- ti n -l u - b a

AU U AU A U

AU U

r.29'

um un a d - hal a n du r a š- a -r a

r.30'

[š ù ]d- d è š e - e b é -z i - da - ta

r.31'

[k i -š ]ú - bi -i m ba la £ dn a - bi - um - ke 4

A

ki

k i -š a 6 A nu - n u s š a 6- g a A a s al - l ú- ḫ i- k e 4 E d p a 4- n u n - an - k i- k e 4 E g a š a n - g ù- t éš - a -s ì -g a - k e 4 E s u k k a l m aḫ - d i k i ng a l ! d nuska E d u r - s a £ g a l d u g 4- g a - a bš u - g i 4- gi 4 I d e n - n u n- d a £ al - la - «na » A a d- g i 4- g i 4 d u g 4- g a - ni k ì r i- z a l u r - s a £ g a l um u n dd i- k u d m a ḫ - àm dì m- m e- e r a n - na A d ì m- m e- e r ki- a d

NE-e n - gi 4- gi 4

BaM Beih. 2, 21 and K.5160+ both contain the same compositions, namely the Bala£ e n zu sá ma r-ma r to Marduk followed directly by the paired Eršema to this Bala£ (nam-mu- un-šub-bé -en; Gabbay 2015, no. 22). Therefore, it is likely that the long god litany in both tablets is identical, indicating that in K.5160+ we should restore the same number of skipped lines as in BaM Beih. 2, 21 minus one, since K.5160+ does include the last line of the litany, which is included in the forty skipped lines of BaM Beih. 2, 21. Nevertheless, a word of caution is due: BaM Beih. 2, 21 exhibits local Urukean variations. Note the concluding line, contextualizing the Bala£ in relation to the Rēš temple rather than the expected Esa£il; the same can be said for the Bala£’s paired Eršema which is also included on this tablet (see Gabbay 2014, 109, 111; Gabbay 2015, 219–220). Therefore, one cannot disregard the possibility that the long litany was also different in BaM Beih. 2, 21. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Uri Gabbay – Sam Mirelman

The “Converse Tablet” contains a different composition, namely the Bala£ ukkin-ta e š ba r til- la to Nabû. But it is very possible that its litany was identical to that of the Bala£ en zu sá mar -ma r.10 The “Converse Tablet” indicates that twenty-five lines of this litany are skipped. The tablet then continues with ten further “skipped lines.” However, these ten “skipped lines” actually represent the final fifteen lines of the litany, since five physical lines on the tablet contain two “literary” lines each (ll. 24, 25, 27, 28, 29). Added to the twenty-five skipped lines, this makes a total of forty skipped lines, and, including the introductory line, a total of forty-one lines for the litany overall. It is difficult to answer the question why the scribe skipped only the first twenty-five lines but wrote down the remaining fifteen lines in full. It is likely that certain passages were so well-known that there was no need to write them down. Perhaps the first twenty-five lines, dealing mostly with Enlil, were especially well known from various compositions, while the last fifteen, dealing especially with Nabû, were more specific to this composition, and not as well-known as other sets of epithets. A fourth example, BM 38756, containing the Bala£ úru a- še -e r-ra of Enki, begins differently, but also includes the annotation “40 skipped lines,” followed by the final line of the litany. If taken literally, this would mean that the total number of lines would be forty-two, not forty-one, as in the other short version of this litany: BM 38756 (end of Bala£ úru a-še-er-ra, Gabbay 2015, no. 2, pl. 1): r.? 6' r.? 7' r.? 7'a r.? 8'

d

mu- ul-líl- lá [dam-a- ni dnin -líl-lá ?] an uraš k[i še gu-nu-ra ] 40 MU.ME GU4.ME dìm-me -er an- n[a dìm-me-e r ki- a]

r.? 9' r.? 10'

šùd-dè še -e b é-˹ZU˺.[AB-ta ki NE-e n-gi 4-gi 4] ina ik-ri-bi li-b[it-ti E.MIN ana ašrišu litūr (?)]

r.? 11'

ki-šú- bi-im [bala £ de n-ki( -ga)-ke 4]

SBH 23 includes the conclusion to the Utu-focused Bala£ dutu ? […] é ?-kur-r a, with the same concluding line, and the annotation “50 skipped lines.” If taken literally, this would make a total of fifty-two lines:

10

Note that this concluding section with the long god list is preceded by the same section that precedes the god list in the Bala£ e n z u sá ma r-m a r (um un úru-ni-a na -á £ z é -e b ba -a n-ta r-re ). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

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SBH 23 (end of Bala£ du tu ? […] é ?-k u r-ra; Cohen 1988, 420:a+47–98; collated from photograph): r.23 r.23a r.24

˹E MIN/A˺ an uraš-[a] ki še gu-[nu-ra] 50 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ ˹ŠUB?˺ dìm-me-er an-na A dìm-[me-er ki-a]

The parallel manuscript to this passage, K.4427 (BL 96)+K.4620 (BA 5, 9), most probably also included an annotation “50 skipped lines” in lines 29'–30' (see Cohen 1988, 420:a+47–98): 29' 29'a 30'

[an uraš-(a)] ki še gu-[nu-ra] [50 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ](?) [d ìm-me-er a]n -na dìm-me-er [ki-a]

MMA 86.11.349+MMA 86.11.365 (Bala£ nir-£ál lú è- NE to Ninurta; Maul 2005, no. 4) features yet another variant of the shorter version of this litany, which begins differently, using epithets of Ninurta, but ends with the same concluding lines as in the attestations above. It also contains the annotation “40 skipped lines,” which can be partially reconstructed according to parallel manuscripts (cf. Maul 2005, 40): r.31' ég i-ru -ma a[ma gal dnin-líl]-lá r.31'a (ras.) ru-ba-tú URU u E [u]m-[m]u GAL-tu4 dMIN d ˹a˺-[ru -ru nin (9) dmu-ul-líl-lá-r]a r.32' r.32'a 40 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ r.33' dìm-me-er an -na [d ìm-me-er ki]-a ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ r.34' šùd-dè še-eb é-šu-me-˹ša 4˺ [ki NE-en -g i 4]-g i 4 ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ r.35' ki-šu -b i (ras.)-im [b ]a[la]£ [dnin-ur]ta-ke 4

VI. Toponym litanies The standard first millennium BCE toponym litany consists of thirteen names of cities and temples, which are usually written using a smaller number of physical lines on the tablet, since some of the items appear in the same line. It follows the order Nippur-Sippar-Babylon-Borsippa, with associated temples and shrines. The litany can also appear in a longer version, including seven more items related to Kiš, Kutha and Dilbat (Gabbay 2014, 43, Table 4). The “Converse Tablet,” in its long version, skips fifteen lines (rev. 14'), consisting of the standard first millennium BCE city litany. This litany begins with Nippur and the Ekur, which are included (rev. 13'–14') before the indication “15 skipped lines.” These skipped lines are preserved in full in K.5160+, which

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Uri Gabbay – Sam Mirelman

contains the same section and sequence in its litany;11 see Cohen 1988, 490– 491:f+184–204: A = “Converse Tablet” (Lambert 1971) B = K.5160+ (see §V above; collated from photographs) A r.13' A r.14' A r. 14'a B iii 1'

A E MIN

B iii 2' B iii 3' B iii 4' B iii 5' B iii 6' B iii 7' B iii 8' B iii 9' B iii 10' B iii 11' B iii 12' B iii 13' B iii 14' B iii 15' B iii 16'

úru-na AA nib ru ki U-na

E

na-

še-eb é-k ur-ra 15 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ ˹še-eb ˺ é-[ku r-ra

E

nana-]

ki-ùr ˹é˺-[n am-ti-la zimbir ki ˹é˺-[babbar úru-na tin-tir ˹ki˺ ˹še˺-eb é-sa£ -˹íl˺ ú ru -˹na˺ ˹b àd ˺-si-˹ab ˺-[ba ki] še-eb ˹é˺-zi-˹d a˺ é-maḫ-ti-la é-te-me-an -ki é-d àra-an -na é-n am-bi-zi-da é-ur 4-me-imin-an-ki é-šìr-sa£ -ús-sa kiš ki é-dub -ba é-me-te-ur-sa£ gú-du 8-a ki é-mes-lam

na-] na-] [n a-] [na-] [na-] [n a-] [na-] ˹na˺˹na˺˹na˺nanananana-

A r.15' B iii 17'

MIN

dil-bat ki é-i-bí-da-nu-um dil-bat ki é-i-bí-da-nu-um

E

A r.16' B iii 18'

MIN

na-ᣠzé-eb ba-an-tar-re na-ᣠzé-eb ba-an-tar-re

d

na˹na˺-

mu -zé-eb -ba-sa 4-a ˹mu ˺-[zé-eb -b a-sa 4-a]

‹d›

The shorter version of this litany, which begins with Nippur and the é-kur and ends with é-dàra-an-na, is skipped in the following five passages of the Bala£ en zu sá mar-mar, indicated by “6/7 skipped lines,” depending on whether Nippur and Ekur appear in the same line or not:

11

It is a significant feature that K.5160+ includes this litany in full, but it skips the long god litany in its shorter version (see §V above). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

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A = K.5168+K.5703A+K.6099+K.8728+K.10728+K.11219+K.13412+ K.13935+K.13939+K.13949+K.16931(+)K.5189(+)K.5171+K.5354 (+)K.18724 (cf. Cohen 1988, 401); first tablet of Bala£ en zu sá marmar (same sequence of tablets and scribe as K.5160+ below; unpublished transliteration, courtesy of D. Shibata) B = BM 38552 (first tablet of Bala£ en zu sá mar-mar; unpublished transliteration, courtesy of D. Shibata) C = SBH 11 (// first tablet of Bala£ en zu sá mar-mar; Cohen 1972, 148– 157, no. 5; unpublished transliteration, courtesy of D. Shibata; collated from photographs provided by A. Heinrich) D = SBH 39 (// first tablet of Bala£ en zu sá mar-mar; Cohen 1972, 308– 313, no. 27; unpublished transliteration, courtesy of D. Shibata). 1. A iiia 19 nibru ki é-kur na-(an-šub-bé-en dè-ra-ab-bé) a-(ra-zu dè-ra-ab-bé) ] A iiia 19a 6 MU.MEŠ [ B iii 23' [ ] ˹é˺-kur [ ] B iii 23'a ˹6? MU.ME˺ GU4.UD.ME ki !? C r.19' [n ib ru é-k ]u r na-anC r.19'a 6 MU.MEŠ GU4.˹UD˺.MEŠ A iiia 20 é-dàra-an-na B iii 24' ˹é-dàra-an˺-na C r.20' [é-dàra-an-n]a 2. B iii 47' ˹ú ru ˺-zu nibru ki B iii 47'a B iii 48' ˹é˺-dàra-an -na 3. A A B B

iv 5' iv 5'a iv 2' iv 2'a

A iv 6' B iv 3'

na-a- (vacat) na-[ ]x na-an- (vacat)

me-n a ì-x -[ ] 7 MU.ME GU4.UD.ME me-n a ì-x -[ ]

[… nibru ki mu-un-ḫu]l-a

u6 7 MU.MEŠ GU4.UD.[MEŠ] u 6] [… nib ru ki mu -un -ḫul-a 7 MU.ME GU4.UD.ME [é-dàra-an-na mu]-˹un˺-ḫul-a [é-dàra-an -na mu -un-ḫ]ul-˹a˺

u 6 (vacat) ˹u 6˺ (vacat)

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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4. A B B D D

Uri Gabbay – Sam Mirelman

iv 30' šà -gi- kár- ga -˹zu˺ [ ] iv 27' šà -gi- ká[r- ga-zu] ˹nibru˺ki é -kur ˹ḫé˺iv 27'a 6 MU.ME GU4.UD.ME ki 24' [ ] nibru[ é -kur]-ra ḫé 24'a 6 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ

A iv 31' B iv 28' D 25' 5. A B B D D

šà -ge -kár- ga-z[u ] šà -ge -kár- g[a-zu] ˹é˺-dà ra- an-na ˹ḫé ˺- (vacat) [ ] é -dàr a-a n-na [ḫé ]-dù (vacat)

iv 34' nibru k[i -r ]a ? ki ? d iv 31' ˹nibru˺ ˹é˺-[ku r] ˹ utu-gin 7˺ ˹zé˺-zé iv 31'a ˹6˺ MU.ME GU4.UD.ME 28' nibru ki x x x x x zé 28'a 6 MU.MEŠ ˹GU4.UD.MEŠ˺

A iv 35' B iv 32' D 29'

é-˹dà ra-a n˺-[na ˹é-dà ra˺-[an-na] é -˹dà ra˺-[an-na

] (vacat) ˹zé˺-zé (vacat) ]

VII. Enlil and Marduk litanies A standard sequence in litanies, especially in Enlil and Marduk Bala£s and Eršemas, lists the gods Enlil-(Enki)-Marduk/Nabû and their epithets as follows (Gabbay 2014, 40, Table 1): 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

umun kur- kur-ra umun du 11-ga zi-da d mu- ul-líl a-a ka -na £-£á sip a sa £-£i 6-ga i-bí du 8 ní te -na a m é rin-na d i-di ù lul- la ku-ku (da m-an-ki) d a sa r-lú- ḫi d e n-bi- lu-lu d mu- zé -eb- ba -sa 4-a d di- ku 5-maḫ-à m

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

101

This list is skipped in the following passage of the Bala£ en zu sá mar-mar: A = K.5168+(+) (see §VI above) B = BM 38552 (see §VI above) C = SBH 20b (// first tablet of Bala£ en zu sá mar-mar; Cohen 1972, 218– 222, no. 15; unpublished transliteration courtesy of D. Shibata) A B B C C

ii 20' [ ] bar-r[a ] ii 21' umun ˹kur-kur-ra˺ ˹bar-ra˺ me-[a] ii 21'a 10 MU.MEŠ GU4.UD.ME r.9' umun kur-kur-ra bar-ra me-a r.9'a 7 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ

A ii 21' B ii 22' C r.10'

[ ] ˹b ar˺-[ra ˹u mu n ddi-ku 5-maḫ˺-a [barumun ddi-ku 5-maḫ-àm bar- (vacat)

] ]

The ten skipped lines in BM 38552 signify the ten epithets and names between the first and last epithets written in full in this manuscript. However, the parallel manuscript SBH 20b indicates that only seven lines of the same litany are skipped. We are unable to offer a certain explanation for this discrepancy. Sometimes physical lines on the tablet do not correspond exactly to the number of literary lines. Possibly, this phenomenon may explain the discrepancy; perhaps the tablet from which SBH 20b was copied, included one or two physical lines within which more than one epithet was written. This litany is also abbreviated, presumably skipping the full ten lines, in the following: SBH 46 (Bala£ mu -tin n u-nu s dím-ma; Cohen 1988, 222:a+54–65) r.15 [umun kur-kur]-ra mu-lu u 6-di r.16 [10] MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ r.17 umun ddi-ku 5-maḫ-a mu-lu Another SBH manuscript contains a litany ending with Dikumaḫa, as in the previous case. However, the beginning of the litany is slightly different, and the litany is identical to the litany discussed above, only from the epithet sipa sa£ -£i 6-ga onwards, i. e., from what is the fourth line in the litany discussed above. The tablet includes the beginning of the litany, until sip a sa£ -£i 6-ga. It then indicates seven skipped lines, which follow the sequence of the litany discussed above, followed by the concluding item of the list, umun d˹di˺-[ku 5]-˹maḫ-àm˺; see Cohen 1988, 329:f+216–226:

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Uri Gabbay – Sam Mirelman

VAT 37+442+1735+(SBH 70)+VAT 2173+(SBH 85)+VAT 1803 (Bala£ am-e bára-an -n a-ra): 16' 17' 18' 19' 19'a

eden-na-aš lu-lu ši-˹in˺-di šìr-r[a ] x [ ] ana É dul-lu-ḫiš il-lak ṣir-ḫi i-[qab-b]i d mu-ul-líl ši ka-na£ -£á dMIN na-piš-tì m[a]-˹a˺-ti sipa sa£-£i 6-ga ši-  umun d˹di˺-[ku 5]-˹mah -àm˺ 7 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ

Another standard variation of the litany discussed above begins with “great An” (an gu-la), followed by Enlil, but then followed by different gods depending on the focus of the text. As expected, the Marduk Bala£ en zu sá mar-mar contains Enki and Marduk/Nabû epithets at this point, and the list and sequence is as follows (Gabbay 2014, 41, Table 3): 1 2 3 4 5 6 7 8

an gu -la (dmu-ul-líl) ku r gal a-a dmu-ul-líl (dam-an-ki) d asar-lú-ḫi d en-bi-lu-lu d mu -zé-eb -ba-sa 4-a d di-ku 5-maḫ-àm

Two passages in this Bala£ contain the first and last lines of this litany, with five skipped lines in between. The two passages are as follows: A = K.5168+(+) (see §VI above) B = BM 38552 (see §VI above) C = SBH 11 (see §VI above) 1. A A B B C C

iib 2 ˹an˺ ˹gu˺-la iib 2a 5 [MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ] ii 66' an gu-la ˹e˺-[ne-è£ -£á-ni] ii 66'a [5 MU.ME GU4.UD.ME] 19' [an g u-la] e-ne-è£-£á-ni 19'a [5 MU.MEŠ] ˹GU4?˺.[UD.MEŠ]

A iib 3 B ii 67' C o.20'

umun ddi-ku 5-ma[ḫ -a ] d u mun di-˹ku 5˺-maḫ -˹a˺ ˹e˺-[n e-è£-£ á-ni (vacat)] u mun ddi-ku 5-˹maḫ -àm˺ e- (vacat)

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

2. A A C C

103

iii 30' e-n e-è£ -b i e-n e-è£ an gu-la-k[e 4?] iii 30'a [5 MU.MES G]U4?.UD?.MES? r.26' [ an g]u-˹la˺ a-ba ! r.26'a 5 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ

A iiib 1 B iii 31' C r.27'

˹e˺-n [e-è£ ] d e-n e-è£-b i e-n e-è£ di-ku 5-ma[ḫ-a] ˹a˺-ba (vacat) d d]i-ku 5-maḫ-àm a-ba (vacat) [

VIII. Inana litanies The standard Inana litany includes the following epithets (see Gabbay 2014, 53, Table 15): 1 2 3 4 5 6 7

mu -gig an -na gašan -an-na ku r gul-g ul gašan é-an-na an al-dúb-ba gašan (é-)£i 6-pàr-ra ki sìg-ga gašan é-an-ki-ke 4 d líl-lá-en -na gašan tù r-amaš-a ama é-a dda-da nu -nu s sa 6-ga d na-na-a dumu-sa£ é-a

This litany is skipped in SBH 54. The tablet contains the first and last lines, and, as expected, five lines are skipped in between: SBH 54 (Bala£ a-še-er £i 6-ta; Black 1985, 27, 32:279–285; Cohen 1988, 714:b+187–193)12 3 [mu-gig a]n-na gašan-an-na-ke 4 3a 5 ˹MU.MEŠ˺ [GU4.UD.ME]Š 4 [dna-na-a] dumu-sa£ é-a-ke 4 The same litany is probably also skipped in the tablet ROM 910.209.570 (see appendix). Later on in SBH 54, another Inana litany is skipped. This standard litany refers to Inana as lady of Uruk, Zabalam, Kiš, and Babylon (Gabbay 2014, 54, Table 16): mu-gig ga-ša-an-an-na gašan é-an-na gašan ki unug ki 12

Collated from a photograph. Note that this reading is based on a join which is not indicated in Reisner’s copy. Several fragments have been joined to the tablet after the publication of SBH, only some of which are included in the Nachtrag to SBH (p. 154). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Uri Gabbay – Sam Mirelman

ga ša n ga ša n ga ša n ga ša n

ki za balam ki ḫur -sa £-ka lam-ma é -tùr -kala m- ma tin-tir ki

The tablet contains the first and last lines, and the annotation “5 skipped lines” in between, as expected: SBH 54 (see above) (Cohen 1988, 716:b+235–243; Black 1985, 29:328–336, 32): 54 54a 55

mu-gig an-na -ke 4 e din-na-na ér 5 MU.MEŠ GU4.UD.M[EŠ] ga šan tin-tir ki-ke 4 edin-na -na é r (vacat)

Another manuscript belonging to the same Inana Bala£, SBH 63+CTMMA 2, 7, probably included the first line of the litany followed by an annotation indicating skipped lines (Maul 2005, 59, no. 7:23', 62).13 MMA 86.11.288+MMA 86.11.557 (CTMMA 2, 14) contains three Ritual Eršemas (Eršemas ur-sa £ (d)ut- u 18-lu, ku r-ga l a-a dmu-ul-líl, and i- lu-ke 4 i- lu-ke 4; Gabbay 2015, nos. 60, 71, 78). In the latter Eršema it skips four lines (l. 27) of an Inana litany, in a version which is unique to first millennium Eršemas, and in which Eana of Uruk is replaced with Eḫursa£kalama of Kiš (Gabbay 2014, 53, Table 15) (cf. also possibly in ROM 910.209.570 in the appendix below). The skipped lines are preserved in the duplicate BM 132093 (CT 42, no. 12): Eršema i- lu-ke 4 i- lu-ke 4 (Gabbay 2015, no. 78) A = BM 132093 (CT 42, no. 12) B = MMA 86.11.288+MMA 86.11.557 (CTMMA 2, 14) 3 A 29 a mu-gìb an- na gašan-a n-na-[ke 4] B 27 mu-gìb an- na gašan-a n-na-ke 4 B 27a 4 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ 4 5 6 7

A 30 A 31 A 32 A 33

8 A 34 B 28

i-lu-u-ak-ke-e

kur gul-gul ga ša n ḫur -s[a£-ka la m-ma-ke 4] an al-dúb-ba ga ša n é- t[ùr-ka la m-ma -ke 4] MIN A d líl-lá-e n-na gaša n [tùr-a ma š-a-ke 4] MIN a ma é-a d[a-da nu- nus ša 6-ga ] MIN

MIN A d d

na -na-a A [dumu-sa £ é -a- ke 4] na -na-a dumu-sa£ é- a-ke 4

13

BM 132096 (CT 42, 20; new copy in Black 1985, ms. B, 75–76) contains the same litany, but with two additional toponyms, é -b á ra -dúr-£ a r-ra (temple of Inana at Nippur), and Nippur (see Black 1985, 29:329'–335'), reflecting a presumed Nippur origin of this tablet (Gabbay 2013, 117, n. 31; Gabbay 2014, 220, n. 221). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

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IX. Other skipped sections 1. BaM Beih. 2, pl. 19, no. 21 contains the end of the Bala£ e n zu sá mar- ma r followed by the Eršema nam-mu- un-šub-bé- en (Gabbay 2015, no. 22). This Eršema is known from Nineveh manuscripts representing a Babylonian version, directed towards Marduk. BaM Beih. 2, no. 21 belongs to a different recension of the same Eršema, which is directed towards Anu, consistent with its provenance from Seleucid Uruk. Line 12a indicates seven skipped lines: 8 9 10 11 12 12a

[na m-m]u-un-šub-bé -e n umun- £u 10 [nam-mu-u n-šub- bé- en] la ta-nam-dan-ni be-lu [la ta-nam-dan-ni] [umun a]n ga l- e na m-mu-un- šub- bé-e n [(…)] [umun unu ]g ki na m-mu-un-šub-b é-e n [(…)] [umun É r]e-eš na m-mu-un-šub-bé -e [n (…)] 7 MU.ME GU4.ME

The skipped lines cannot follow the Babylonian parallel, which lists Marduk and Babylon/Borsippa epithets (see Gabbay 2015, 111). Instead, the writer of this tablet must have intended Anu epithets, or possibly standard Enlil epithets (Gabbay 2015, 118). On line 13a of the same tablet, a further annotation indicates that six(?) lines are skipped. The tablet is broken at this point. We may expect that the skipped lines intended here would parallel the corresponding lines of the Babylonian version (composite lines 15–20). These lines are a plea from the supplicant to the deity, not to be abandoned. However, this is not certain, especially since the skipping of lines which are not litanies is unusual, although possible (see §III above and no. 2 immediately below). 2. The entire section dilmun ki ni£in- na úru-zu u 6 £á -e-dè of the Bala£ mu- tin nu -nus dím-ma in SBH 46, rev. 27–30 contains the first and last lines of the section dilmu n ki ni£in- na, with an annotation for the lines skipped in between: r.27 r.28 r.29 r.30

dilmun ki ní£in- ù [ú ]r u-zu u 6 ga -e- dè kab-tu4 na-às-ḫi-ram-m[a] URU-ka ḫi-i-iṭ 42 MU.MEŠ G[U4.UD.M]EŠ e -sír la-la- bi [nu]-gi 4-gi 4

Based on the parallel manuscripts we expect 49 lines to be skipped at this point (see Gabbay 2015, no. X, text III). The skipping of this entire Bala£ section is unusual. It is an Enlil-focused section, appearing in different versions both as a section of different Bala£s and as an independent Ritual Eršema, and was thus perhaps particularly well-known.

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3. CTMMA 2, 14 (see §VIII above) contains three Ritual Eršemas, all three of which feature a heart pacification unit which seems to be unique to these compositions (Gabbay 2015, 8). The writer of this tablet wrote the heart pacification in full at its first appearance on the tablet (ll. 12–23). At each of the subsequent repetitions of this heart pacification unit on this tablet, nine lines of the passage are omitted, although opening and closing lines are included in order to indicate the passage intended. Eršema kur-gal a-a dmu-ul-líl ll.16–26 (Gabbay 2015, no. 71), Eršema i-lu-ke 4 i-lu-k e 4 I:11–21 (Gabbay 2015, no. 78) (restoration according to Eršema ur-sa£ ut-u 18-lu ll. 13–23, see Gabbay 2015, no. 60): šà-ab ur-sa£ gal šà-ab ḫu£ -e-ta 9 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ Restored lines: šà dut-u 18-lu šà-ab ḫu£-e-ta šà umun ddi-ku 5-maḫ -àm šà-ab ḫu£ -e-ta šà dba-b a 6 nu-nus ša 6-ga šà-ab ḫu£-e-ta šà gašan-tin-lu-ba šà-ab ḫu£-e-ta šà gašan-ì-si-in ki šà-ab ḫu£ -e-ta šà gašan-g ù-téš-a-sì-ke-ke 4 šà-ab ḫu£ -e-ta šà gašan-£u 10 dna-n a-a šà-ab ḫ u£-e-ta šà gašan ḫur-sa£-kalam-ma šà-ab ḫu£ -e-ta šà gašan é-tùr-kalam-ma šà-ab ḫu£-e-ta égi gašan tin-tir ki-ra šà-ab ḫu£-e-ta MLC 382, one of two other tablets which include the same three Ritual Eršemas preserved in CTMMA 2, 14 (with variants) on the same physical tablet, follows a similar practice. The heart pacification unit is written in full at its first appearance on the obverse of the tablet (ll. 2'–19', Gabbay 2015, 193–195). At its second appearance only the first and last lines are written in full, with the indication that sixteen lines in between are skipped (rev. 11a, Gabbay 2015, 229–231). As noted, these sixteen lines can be partly restored according to the identical section appearing in an earlier Eršema on the same tablet (cf. also the possible restoration in ROM 910.209.570 in the appendix below). MLC 382: rev. 11–12 (Gabbay 2015, no. 78, pl. 19): r.11 [u 4 šà-ab ḫu£]-e-ta u 4 bar ˹ḫu£ ˺-e-ta r.11a 16 MU.ME GU4.UD.ME Restored lines: šà/égi(?) … u 4 šà-ab ḫ u£ -e-ta šà/égi(?) … u 4 šà-ab ḫ u£ -e-ta šà/égi(?) … u 4 šà-ab ḫ u£ -e-ta © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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šà/égi(?) … u 4 šà-a b ḫu£-e- ta šà/égi(?) … u 4 šà-a b ḫu£-e- ta šà/égi(?) … u 4 šà-a b ḫu£-e- ta šà/égi(?) ga ša n ki unug ki-ga-ke 4 u 4 šà-a b ḫu£-e- ta šà/égi(?) ga ša n ki za balam ki-ma u 4 šà-a b ḫu£-e -ta šà/égi(?) ga ša n ḫur -sa £-ka la m-ma u 4 šà-a b ḫu£-e- ta šà/égi(?) ga ša n é- ur 5-šà- ba u 4 šà-a b ḫu£-e -ta šà/égi(?) ga ša n é- dur-a n-ki u 4 šà- ab ḫu£-e -ta šà/égi(?) ga ša n tin-tir ki-ra u 4 šà-a b ḫu£-e -ta šà/égi(?) ga ša n bà d-si-a b-ba ki u 4 šà-a b ḫu£-e- ta é gi(?) g ašan é-zi-da u 4 šà-a b ḫu£-e -ta ga ša n-£u 10 dna- na-a u 4 šà-a b ḫu£-e- ta é gi ma ḫ da -r u-ru u 4 šà -a b ḫu£-e- ta r.12

[ga ša n é -a gašan d]ìm-me- er-e -ne u 4 (vacat)

4. The tablet SBH 21 (Bala£ e-lum gu 4-sún) contains a litany beginning with Martu and ending with Nanaya, with a reference to six skipped lines in between. This litany can be restored according to an occurrence of the same list earlier on the same tablet (see Cohen 1988, 301:82–89): r.25 [dma r-tu mu- lu ḫu]r- sa £-£á -ke 4 šu (bí-in-è ) r.25a 6 MU.MEŠ GU4.˹UD.MEŠ˺ Restored lines (according to SBH 21:25'–30', see SBH p. 42; Cohen 1988, 299:32–39): d

a m-a n-ki a m úr u-zé -eb ki-ba -ke 4 a ma èš-ma ḫ dda m-ga l-nun-na-ke 4 d a sa r-lú- ḫi umun tin-tir ki-ke 4 mu- ud-na ki-á £-zu dpa 4-nun-a n-ki-ke 4 sukka l zi dmu- zé -eb- ba-sa 4-a é -gi 4-a dumu -sa £- dura s-a r.26

é gi ˹zi-da ˺ ˹ga ša n˺-[£u 10] dna -na-a šu (vacat)

5. BM 68609 (Eršema ušum gùd nú-a, Gabbay 2015, no. 3) begins with a litany featuring Amanki (Enki) and Asarluḫi, followed by the annotation “4 skipped lines,” and the final line of the litany mentioning Dikumaḫa. Another tablet contains part of the last two of these four skipped lines, with Muzebassaʼa in the fourth line, perhaps preceded by Enbilulu; see Gabbay 2015, no. 3:22–29: 12' umun-ra a -r a-zu-a šà-ba ab-ḫu£-£e 26-e- ne 13' šá be-lí i-na te-es-li-ti lìb-ba-šú ú-na-aḫ-ḫu 14' da m-a n-ki a -ra- zu-a ba r- bi a b-sed- ne © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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15' 16' 17'

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šá dé-a ina te-es-li-ti ka-bat-ta-šú ú-šap-šá-ḫu d a sa r-lú- ḫi a -ra- zu-a šà- (vacat) 4 MU.ME GU4.UD.ME

Restored lines, according to BM 38116:1'–2' (Gabbay 2015, no. 3:27–28, text C): [DN a -ra-zu-a bar-bi a b-sed-ne ] [DN a -ra-zu-a šà -ba ab-ḫ u£-£e 26-e- ne] ˹d+?˺[en -bi-lu-lu(?) a-r a-zu- a ba r-bi ab-se d-ne] d ˹mu ˺-[zé- e]b-˹ba -sa 4-a˺ [a-ra -zu-a šà-ba ab-ḫu£-£e 26-e- ne ] 18' umun ddi- ku 5-maḫ-à m a -ra- zu-a bar- bi (vacat) An exact reconstruction of these four lines is not entirely certain. A. R. George (1988, 161) has suggested that it follows the standard epithets of Marduk, Nabû, and affiliated deities, and it is likely that it would be similar to the standard EnkiAsarluḫi litany (Gabbay 2014, 46, Table 6), although it does not seem to conform to this entirely. 6. Skipped lines are indicated in two manuscripts of a passage, which in its Old Babylonian version, is essentially a hymn to Enlil and his Ekur temple, together with associated shrines, gates and courtyards of Nippur. The passage, discussed in detail by A. Löhnert (2009, 48–50), is featured in the first kirugu of the Bala£ d utu -gin 7 è -ta , and the first kirugu of the Bala£ zi-bu-ù zi- bu-ù of Enlil (Löhnert 2009, 11–121, 178–257, 392–395, 407–432). This passage is also featured in two Late Babylonian manuscripts, VAT 7824 and SBH 5, in which lines are skipped. The Late Babylonian Uruk tablet VAT 7824 skips thirty-four lines, and according to collation it appears that the same number of lines are skipped in SBH 5. The problem with the reconstruction of this section of text is due to the fact that it is attested mostly in Old Babylonian manuscripts, and it is therefore difficult to reconstruct in its first millennium BCE version. The longest first millennium exemplar of this passage is K.7138+ (Löhnert 2009, 120, Ku9), but it only preserves the opening lines of this section. Both the Old Babylonian and first millennium BCE versions begin with Ekur. But SBH 5 and VAT 7824 indicate that é -dàra -an- na concludes the passage (Löhnert 2009, 49–50): A = SBH 5 (Bala£ a n-na e -lum-e ; Cohen 1988, 208–221; collated from photographs) B = VAT 7824 (// Bala£ a m-e bá ra-a n-na- ra, Kutscher 1975, pls. 1!–2!; Cohen 1988, 319–341) A A B B

22 23a 7 8

[é]-kur-˹r a˺ é -šà -ge -pàd-da-na A ˹34!˺ ˹MU.MEŠ˺ GU4.UD.MEŠ é -kur- ra é -šà -ge -pàd-da-[na ] šá É.MIN bi-it i-tut kun-nu ŠÀ-šú […] © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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B 8a A 23 B 9 B 10

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34 MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ [ ]-˹£ á ?˺ é-dàra-an-na-na A umun ka-na£-£ á é-dàra-an-na-n [a] be-lu4 ma-a-tú ana É.MIN

The é-dàra-an -n a, a cella of Zarpanītum in the Esa£il of Babylon, does not appear in the Old Babylonian version. Indeed, it would not be expected in the Old Babylonian version, as its introduction to this passage is indicative of the Babylonization of Emesal prayers in the first millennium BCE. 7. A unique use of the annotation appears in BM 48485 (unidentified Bala£, Gabbay and Mirelman 2017, 31): 15' 15'a

[…] im-ši- E (£en-na-ta) A 24 MU.MEŠ ta-a-a-ár-tu4 GU4.UD.˹MEŠ˺

A precise reconstruction of the twenty-four skipped lines is not possible here, at least partly due to the broken context. Perhaps it contained a sequence known from Nabû Bala£s, but this is uncertain (see Gabbay and Mirelman 2017, 31). We argue that the usage of tayyartu “repetition,” here most probably serves to reinforce the meaning of the annotation “skipped lines.”

X. Conclusion Most of the passages discussed above must have belonged to the basic repertoire of every kalû priest. Where reconstruction is possible, the content of skipped lines in litanies is generally as expected, reflecting an emphasis particularly on Enlil, and the Babylon and Marduk focus of Bala£ and Eršema prayers in the first millennium BCE. The majority of skipped passages may be reconstructed with confidence. However, it is noteworthy that there still remain some passages for which a precise reconstruction is not possible. The annotation discussed above is used mostly for skipped lines in litanies, but occasionally it is also used for other passages. It may also be significant that the one clear instance where an entire Bala£ section is skipped, is focused on Enlil (Bala£ section dilmun ki n i£in-na urúzu u 6 £á-e-dè; see §IX above), probably the foremost deity in the corpus of Bala£ and Eršema prayers. The collection of Ritual Eršemas discussed above (§§VIII–IX; MMA 86.11.288+MMA 86.11.557 and MLC 382) is an example where the annotation is clearly used as a means of scribal economy; the heart pacification unit is shared between the compositions, and the annotation is used in order to avoid repetition on the same physical tablet. However, in the majority of cases, it is not entirely clear that this annotation is used only due to the demands of scribal economy in the writing of tablets. Instead, or perhaps in addition to the

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need to save space on tablets, the indication of skipped lines indicates the existence of well-known passages, which were committed to memory by all kalûs, and which were not routinely written down.

Appendix: ROM 910.209.570 The tablet ROM 910.209.570 (CDLI P417311; see plate 1), published here with the kind permission of the Royal Ontario Museum, contains the section á b-gin 7 gù dé- dé, probably belonging to a Bala£ of Inana.14 Since the section does not begin in the first column of the tablet, and probably not on its first line either, the tablet should not be identified as containing the Bala£ á b-gin 7 gù dé -dé of Inana. Indeed, at least in its Old Babylonian version, this Bala£ seems to differ from the text on our tablet (see Cohen 1988, 533–535; see also below, note to lines 2'–5'). The section á b-gin 7 gù dé -dé is known from the Bala£ úr u ḫu l-a -ke 4 of Inana (Cohen 1988, 653:b+44–45), which would perhaps indicate the composition to which our tablet belongs. However, the incipit there also contains the temple name é -kur-r a (see below, note to lines 2'–5'), which seems to be missing in our tablet (although this phrase would have occurred where the line in our tablet breaks, there is probably no space to restore it). Nevertheless, Ekur is mentioned in the following lines of our tablet, and therefore it is possible that our tablet should be identified with this Bala£ after all, perhaps in a slightly variant version.15 Transliteration Left column 1' [ 2' [ 3' [ 4' [ 5' [ 6' [ Rest broken

]-˹£u 10?˺ ] x-£u 10? ]-˹ta ?˺- £u 10? ]-˹e ?-ba˺-ba ]-an-SUM? ]x

Right column 1' [ ]x[ ] 2' [áb-gi]n 7 gù dé -dé gù ˹dé -dé ˺ [(0)?] 14

We thank Dr. Clemens Reichel, Associate Curator at the Royal Ontario Museum, for allowing us to publish the tablet. We are most thankful to Prof. Enrique Jiménez for notifying us about this tablet and for sending us excellent digital photographs. The tablet measures 4.1 × 3.2 cm. 15 Note also that the previous section of the Bala£ úru ḫ ul-a -ke 4 of Inana contains the verb gù-d é with the Ekur temple (Cohen 1988, 652–653:b+41–42). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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3' [k]i-ma lit-ti iš-ta-na-˹as-si˺ [MIN? (0)?] 4' mu-gig an-n a ga šan-a n-na- k[e 4] 5' dna -na-a 7 GU4?.UD?.ME? dumu-sa£-é-˹a ˺ 6' á b-gin 7 gù dé -dé é-kur- ra-k[e 4?] 7' gù an-na ba -te gù ki-šè ba -t[e] 8' ˹nu ˺-gig é -kur-˹ra˺ gù dé -d[é ?] 9' [ ] ˹é ?-kur ?-r a˺ ˹gù ?(“SAG”?) dé ?˺-d[é ?] Rest broken Translation Left column too broken for translation Right column 1' […] … […] 2' The one crying, crying like a cow, [(…)], 3' (Akk.: She cries over and over like a cow […]), 4' Hierodule of heaven, Gašanana, 5' Nanaya, seven skipped (lines)(?) firstborn of the House, 6' The one of Ekur crying like a cow, 7' The cry reached heaven, the cry reached earth, 8' Hierodule of Ekur, crying, 9' […] of Ekur, crying, Rest broken Notes Left column: 3'–4'. Cf. Cohen 1988, 554:23, 25 (Old Babylonian Bala£ úru à m- ma- irra -bi, cf. also Cohen 1988, 544:109, 111), ending with the verbs la-ba-ra- abè -ta -£u 10, and ši-im-e -ba-ba-e, respectively, paralleled in the first millennium BCE version of the Bala£ úru à m-ma -ir -ra- bi (Cohen 1988, 562–563: 135, 137, 141) by la -ba-r a-è -da- £u 10, [la- ba]-ra -è-[da -£u 10], im-ta- baba -eš. Right column: 2'–5'. The incipit and litany are preserved in five other tablets. The first two belong to the Bala£ úr u ḫul-a- ke 4 of Inana, the third one may belong either to the same Bala£ or to the Bala£ á b-gin 7 gù dé-dé, and the identification of the fourth and fifth tablet is uncertain: (1) 80-7-19, 117 (Cohen 1988, 815), ii:6'–10' (Nineveh, Neo-Assyrian period); see Cohen 1988, 653:b+44–45 (collations from photographs marked with an asterisk): 6' 7'

á b-gin 7 gù dé -d[é gù-dé -dé ] (vacat) é- [ku r-ra (…)]

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8' ki-ma lit-ti ˹iš˺-[ta-na-as-si] 9' (vacat) ˹ana?˺* [é-kur? (…)] 10' [m] u*-˹gig ˺* ˹a n˺*-[na ga ša n-an-n a] Rest broken (2) MLC 1868 (Cohen 1988, 809), rev. 18'–19' (Uruk, Late Babylonian period); see Cohen 1988, 653:b+44–45 (collation from photographs marked with an asterisk): 18'

xx á b-gin 7 gù dé -dé [(x) d é - d é * A E ˹g ù ˺ ˹d é ˺-[d é (…)]

19' [m]u !?-[g i]g !? a [n !?-na Rest broken

(x)

gù] ˹dé ˺-dé E é-k ur-ra

áb-g in7 gù

] ˹ga šan *-an *-na *˺ [(…)] A g a š a n

an-na

(3) BM 114056, obv. (unpublished; Ur, Late Babylonian period) 1 á b-gin 7 gù dé -[dé ] ] 2 ki-ma lit-tu4 i[š-ta-na-as-si 3 mu-gig an-n a [ga ša n-a n-na] 4 kur gul- gul [ga ša n é -an- na] 5 a n a l-[dúb-b a ga šan é-£i 6-pàr-ra] 6 k[i ]? s[ìg ?-ga ga ša n é -a n-ki-ke 4 (?)] Rest broken (4) VAT 17177 (VS 24, 36), ii?:6–21 (Babylon; Neo-/Late Babylonian period) (collated from photograph) 6 [áb-gin 7 gù dé -d]é é- kur-ra gù dé -dé 7 [ki-ma lit-ti iš-ta-na-ás-si] ˹ana˺ é-kur iš-ta-na-ás-si 8 [mu-gig a n-na ] ga ša n-a n-na -ke 4 9 [kur gul-gu l ga š ]an ḫur-sa£-ka la m-ma-ke 4 10 [an al-dúb-b a ga šan] ˹é˺-tùr -kala m- ma- ke 4 11 [ki-sìg-ga (?) gašan é -ur 5]-˹šà˺-ba-ke 4 12 [ gaša n dur ?-a]n ?-ki (or: [ ga ša n é -a]n ?-ki) d 13 [ líl-lá-e n-na ga ša n (é - )tùr-a m]a š !-a- ke 4 14 [ama é-a dda- da n]u- nus ša 6-ga 15 [dna -na-a dumu-sa£ é ]-˹a˺-k e 4 16 [áb-gin 7 gù dé -dé é-kur-ra (?) g ù] dé -dé 17 [gù a n-na ba -te gù ki-šè ba ]-te 18 [ana AN-e iṭ-ḫe ana K]I-tì iṭ-ḫe 19 [nu- gig é -kur-r a gù dé-dé (?) gù dé]-dé 20 [ iš-t]a-na-as-si 21 [ gù dé]-dé 22 [ ]xx[ ] Rest broken © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

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A fifth noteworthy text to be cited here is an Old Babylonian tablet that begins with a very similar, but different, litany probably reflecting the Bala£ á b- gin 7 gù dé -dé : (5) CBS 6890 (PBS 10/2, 17), i:1–7; see Cohen 1988, 533:1–7 (collated from photograph): 1 á b-gin 7 gù dé -dé ga-ba -ra-è / e de n-šè ga -ba-r a-è 2 mu-gig an-n a ga -ša-a n-an -na- £e n 3 kur gul- gul ga -ša- an é-an- na - £e n 4 ˹a n˺ [d]úb-b a ga -ša-a n £i 6-pàr-ra- £e n 5 [dlíl-lá]-˹e n˺-na ga -ša-a n tùr -a ma š-a- £e n 6 [ama é-a dd]a -da nu-nus ša 6-ga 7 [dna -na-a d]u 5?-mu ša 6 é -e -ke 4 (for continuation, see Cohen 1988, 533) At first glance, texts 1–3 seem to include the standard 7-line sequence of names and epithets of Inana (see §VIII above), which were preserved in a shorter version of six lines during the Old Babylonian period, as reflected in text 5 (Gabbay 2014, 52–53 with Table 15). However, text 4 contains a different sequence, eight lines long, not known from any other text (although combining elements and sequences known elsewhere, see Gabbay 2015, no. 60, II a+11–13, no. 78, I 3–8, II 3–9, no. 83, rev. iii:0'–5'; see §§VIII, IX above), and it is not clear whether this is a unique variant or that texts 1–3, and consequently our text as well, should be restored according to it. Our tablet preserves the first and last lines that are common to both the standard sequence and the unique sequence in text 4, but skipping the middle with a scribal annotation. This makes it impossible to determine which of the sequences should be restored. Additionally, the number of lines counted in this annotation is seven (while six would have been expected in both cases), indicating that either the distribution of epithets over the lines was different (i.e., that two lines were written as four lines) or that the tablet contained a different version of one of the litanies, perhaps including local epithets. Since the tablet may have come from Nippur as other tablets in the Royal Ontario Museum collection (Gabbay and Jiménez 2019, 83) and since other tablets (probably from Uruk, but exhibiting a Nippur tradition) contain local additions to other litanies (Gabbay 2014, 220–221; Gabbay 2017; see also above, n. 13), it is possible that this tablet too contained local additions to the litany. Alternatively, since the reading of the annotation here is not entirely certain and differs from the regular annotation, it may not necessarily refer to skipped lines (see note to line 5' below). Perhaps it notes a total of seven lines in the litany after the first line, i.e., six skipped © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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lines plus the final line. It may also be significant that the remark is found on the last line and not on the first line or right after it. 5'. The tablet seems to contain a variation of the annotation MU.MEŠ GU4.UD.MEŠ, with only the second part of the phrase (GU4.UD.ME). However, the signs are not certain and the vertical of what is read here as UD together with what is read here as ME may actually be the sign A. In addition, one cannot rule out the possibility that the first sign is not GU4, but together with the beginning of what is read here as UD, is actually MU, yielding the unique sequence MU.A. 7'. For this line, compare a line from the Old Babylonian version of the Bala£ úru à m- ma -ir-ra -bi from Me-Turan (Volk 1989, 26, xxiii:13): mu- gig-bi gù a n-na ba -ta gù ki-šè ba -te The line is different in the first millennium BCE parallel (Cohen 1988, 567:c+221; Volk 1989, 57:30): mu-g[ig ?] [g ]ù ?-bi ri-gim-šá ˹an˺- na ana šá-me-e ba- iṭ-ṭe-ḫi te. As noted by Volk (1989, 68), the line also occurs in the composition Inana and the Numun-plant (Kramer 1980, 93:60): gù a n-e ba -te g ù ki-šè b a-te. For further parallels, see references in Volk 1989, 68.

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“Skipped Lines” in Bala£ and Eršema Prayers

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© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Uri Gabbay – Sam Mirelman

Mirelman, S., Text and Performance in the Mesopotamian Liturgical Tradition, Ph. D. Dissertation, Institute for the Study of the Ancient World, New York University 2018. Reisner, G. A., Sumerisch-babylonische Hymnen nach Thontafeln griechischer Zeit, Berlin 1896. Shibata, D., Die Šu’ila Gebete im Emesal (Heidelberger Emesal-Studien 3), forthcoming. Volk, K., Die Bala£-Komposition úru àm-ma-ir-ra-bi: Rekonstruktion und Bearbeitung der Tafel 18 (19’ff), 19, 20 und 21 der späten, kanonischen Version (Freiburger Altorientalische Studien 18), Stuttgart 1989. Worthington, M., Principles of Akkadian Textual Criticism (Studies in Ancient Near Eastern Records 1), Boston / Berlin 2012.

Plate

Pl. 1: ROM 910.209.570

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Between Tradition and Innovation Two New Larsa Hymns in a Private Collection

Alhena Gadotti (Towson University, MD) and Alexandra Kleinerman (Cornell University, NY)

The study of Sumerian royal hymnology has a long history, which is tied to scholars’ interests in Mesopotamian history, and the literature produced during the late third and early second millennium BCE.1 Best attested in connection with the commemoration of the rulers of the Third Dynasty of Ur, royal hymns continued to be used in the ensuing dynasties ‒ Isin, Larsa, and Babylon, to name a few ‒ in an attempt to legitimize their power.2 Until recently, the best known and studied among the Sumerian royal hymns were those produced at the courts of the Ur III and Isin rulers.3 Of late, N. Brisch (2007) published the so-called Larsa Court Literature, which includes “sixteen royal hymns, not all of which are complete, an excerpt of a royal hymn, and three fragments. Additionally, there are probably four royal letter-prayers” (ibidem, 38). The hymns in this publication include Sumerian praise songs for Gungunum, Suen-iddinam, Suen-iqišam, and Rim-Suen. More recently, J. Peterson (2016) published two additional hymns, an adab for Warad-Suen and a hymn to Utu for Suen-iddinam. Even so, Sumerian hymns are currently not attested for all rulers of the Larsa dynasty. PC-1 and PC-2 are two Old Babylonian tablets preserved in a private collection in Europe.4 Each contains an unparalleled hymn to a Larsa king, 1

For a discussion of the classification of these documents see Tinney 2011, 585. For the meaning and usage of the term “hymn” see Rubio 2008, 118. For the challenges in distinguishing between royal hymns and royal inscriptions in the Larsa corpus see Wagensonner 2011, 11–14. 2 For a recent overview of the genre and the literature see Brisch 2007, 10–31. 3 See among others Flückiger-Hawker 1999; Klein 1981; Ludwig 1990. 4 We are grateful to Prof. David I. Owen for bringing these tablets to our attention, and for the generosity of the owner in allowing us to study them. We would like to thank Drs. Jeremiah Peterson, Jana Matuszak and Manuel Ceccarelli for reviewing our manuscript and for offering several important suggestions for improvement. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Suen-iddinam and Rim-Suen respectively. It is not surprising to find one-off liturgical compositions such as these; of the 377 Old Babylonian tablets which Tinney (2011, 585) identified as containing liturgical texts, 243 are distinct compositions.5 It is our pleasure to offer this study to Konrad Volk in celebration of his long and productive career in the investigation of Sumerian literature.6

A Hymn to Suen-iddinam (PC-1) PC-1 (75×68×24 mm) is an unparalleled hymn to Suen-iddinam.7 There are at present four hymns to this ruler, with PC-1 being the fifth.8 The manuscript is unfortunately not well preserved and there is no indication that the entire text was copied on the tablet. The hymn celebrates Suen-iddinam in his role as shepherd of the land. The language and the imagery employed contain similarities to royal hymnology, as is to be expected, and reflects the high level of intertextuality common in OB Sumerian literature. Transliteration Obverse 1. nun dsuen-i-din-na-nam 2. mu mah sa 4-a-zu ˹x˺ [(…)] 3. ud nam-til 3 -la-ni su 13-su 13-ud -mu ˹x˺ [(…)] 4. gana 2 zi-de 3 dašnan ab-sin 2 x ˹x˺ / gu 2-bala amar u 3 sila 4-ni ˹x x˺ 5. nun dsuen-i-din-na-nam / x-gin 7 ku ru šda ? tur 3 gur-e 6. gu 2 hu-mu-un-na-gur 4-gu r 4 7. šag 4-tum 2-ma he 2-si ! hu-mu !-b ala 8. {erasure} x nam he 2-£ar-£ar {erasure} 9. {erased} 10. amaš-ni he-en-e-[dur 2?] 11. ab 2 amar-bi he 2-em-da-lu-lu 12. u 8-da sila 4 he 2-em-da-lu-lu 5

See further discussion also in Delnero 2015, 89–90. Alexandra Kleinerman is especially grateful for the time that Konrad invested in her when she studied under him in Tübingen, and the continued interest he has taken in, and influence he has had on, her pursuit of Sumerian. 7 The typology of PC-1 is uncertain. The current shape of the tablet is vaguely lenticular, but the presence of this hymn on a lentil is surprising and, with few exceptions, does not conform to the usage of such tablets thus far attested from Old Babylonian schools, see Delnero 2012, 19. More likely, PC-1 was an oblong tablet, Sumerian i m g i d a, misshapen either in antiquity or by the modern dealer (J. Matuszak, personal communication). 8 For a discussion of the extant Suen-iddinam hymns see Brisch 2007, 45–48. For the edition of Suen-iddinam A, B, and C see Brisch 2007, 122–140. For a hymn to Utu for Sueniddinam see Peterson 2016, 11–15. 6

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Reverse 1. a-a ˹den-lil 2-la 2?˺ [...] 2. ˹x x x˺ h u -mu -˹£a 2?-£a 2?˺ (remainder of tablet blank) Translation Obverse 1. Noble Suen-iddinam, 2. you have been given a majestic name, … 3. Lengthen the days of his life … 4. In the fertile field, Ašnan … the furrows, his calves and his lambs … (by) the nape of the neck. 5. Noble Suen-iddinam, the animal fattener? who turns the stalls like ..., 6. shall make them (i. e. his calves and lambs) thick-necked. 7. He shall fill and transform the pasture land. 8. … piling up abundance … 9. … 10. May (the sheep) [reside?] in his sheepfold. 11. May the cows and their calves multiply. 12. May the ewes and their lambs multiply. Reverse 1. Father Enlil … 2. shall establish … Remarks 1. For the epithet nun in connection with Suen-iddinam see Suen-iddinam C o. 15', 22' (restored), 24' (restored). 2. The expression mu mah sa 4 is uncommon but is attested in Samsu-iluna E 3 and Keš Temple Hymn 58a. 2–3. The hymn begins by addressing Suen-iddinam in the second person, but then switches to third person in line 3, and maintains it throughout the remainder of the text. 3. Compare for instance Rim-Suen E l. 73: ud nam-til 3 -la-ka-ni su 3 -ud ba-ni-ib. J. Peterson (personal communication, September 2018) suggested that here we would have a third person speaker first addressing the king, and then, possibly, pleading with a god, but acknowledged that this type of statements should occur at the end, as opposed to the beginning, of a hymn. It is worth remarking that at present we do not know whether PC-1 l. 1 corresponds to the actual first line of the composition. 5. We tentatively suggest the reading ku rušda for ku 7 based on context. 6. Following J. Peterson (personal communication, September 2018) we opt to understand gu 2 gur 4 as a variant of the more common expression gu 2 peš. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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8. This line contains erased signs at the beginning and at the end and is followed by a line erased in its entirety. 10. Restored following Ur Lament l. 362: udu-zu a ma š-bi-a ba -ra-muun-du r 2 -ru. 11. Compare Winter and Summer l. 51: ab 2 amar- bi-ta im- da- an-lu-lu i 3 ga mu- un-£a r-£a r. 12. A similar concept is expressed in Enmerkar and the Lord of Aratta l. 596: [ga -nam] im-da- lu-lu ar atta k i -a š u 8 -da sila 4 -bi.

An Adab to Rim-Suen (PC-2) PC-2 (114×67×28 mm) is an unparalleled hymn to Enki by Rim-Suen heavily influenced by Išme-Dagan D.9 The rubric of the composition classifies it as an adab, commonly understood as a hymn praising a deity described as providing blessings and rewards upon the ruler.10 The text is written on a single column tablet and is preserved in its entirety. The discovery of this hymn refines our understanding of Larsa royal hymnology. Brisch (2007, 73) argued that “[h]ymns to deities such as Enlil, Enki, or Ninurta (including prayers for the king) do not exist at all in the Larsa material, and their absence may be explained by the exclusion of the Larsa praise poetry from the Nippur curriculum. Another possible explanation might be that this constitutes a conscious effort on behalf of the Larsa rulers to seek novel ways of royal legitimization.” However, this hymn suggests that the Larsa scribal school was still, at least to an extent, inspired by and dependent on the Isin tradition. Naturally, since only one copy of this text survives, it is impossible to determine how widespread this phenomenon was.11 It remains, however, that the picture of the Larsa scribal curriculum may have been more complex than we originally thought. For completeness sake, we offer an edition that compares PC-2 (hereafter RS, for Rim-Suen) to Išme-Dagan D (IDD) consistently.12 9

This is not a unique phenomenon. For example, Išme-Dagan S borrowed from Šulgi V, for which see Klein 1990. 10 Brisch 2007, 17; see further Delnero 2016, 17. 11 For instance, as Delnero 2016, 16 reminds us, “The extent to which copies of liturgical hymns and divinatory texts vary strongly suggests that the content of these types of texts was edited frequently and substantially to adapt it to the particular performative or practical purpose the text was intended to serve in each instance.” Moreover, the content was “continually modified to accord with the situations in which they were used.” 12 For the edition of this text see Sjöberg 1973, 13–16 and 1977, 29–32. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Segment A IDD 1. RS 1.

en gal mah x di£ir-re-e-ne di-zu galam u 18-ru [en gal] ˹mah-di˺ di£ir-re-˹e-ne˺ di-zu galam u 18-ru Great lord, exalted among the gods, your judgments are clever and powerful.

IDD 2. RS 2.

a-a den-ki nir-£al 2 ušum zag-dib nam ki-bi-še 3 tar-re a-a den-ki nir-£al 2 ušum zag-dib nam ki-bi-še 3 tar-re Father Enki, respected one, supreme dragon, who sets fate in its place,

IDD 3. RS 3.

me lu-lu-a-ba dur 2 £ ar-ra ˹še˺-er-zi-de 3-eš gun 3-a me lu-lu-a-ba dur 2 £ar-˹ra˺ še-er-zi-de 3-eš gun 3-a who has taken his seat upon the numerous divine powers in vivid radiance.

RS 4.

{indent} bar-sud-am 3 (a musical notation)

IDD 4. RS 5.

˹n un ˺ gal sa£ keše 2 [di£ir]-re-e-ne […] x an kug-ga nun gal ˹sa£˺ [k eš]e 2 di£ir-re-e-ne dumu sa£ an kug -ga Great prince, the guardian of the gods, foremost son of bright An,

RS 6.

£eš[tug 2](¤EŠ.TU[G2.PI]) [x] an u raš-e tu -d a šag 4-ta im-ri-a the one who […] wisdom, born of An and Uraš, released from the womb,

RS 7.

nun ˹me gu r 3-ru ˺ me nun ama-gan -bi še-er-k a-an -e-eš «ud » du 11-ga noble one who carries the cosmic powers, the noble cosmic powers adorned by his birth mother,

RS 8.

di£ir mah ad gi 4-gi 4 an gal-la inim-inim-e he 2-du 7 majestic god, advisor of great An, perfect with respect to (his) pronouncements,

RS 9.

gal-zu mah den-lil 2-da di ku 5-ru eš-bar si sa 2 majestic wise one, who judges together with Enlil, the one who puts decisions in order,

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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RS 10.

Alhena Gadotti – Alexandra Kleinerman

a -a de n-ki

KA-bi

nu-ka r 2-ka r 2 ni£ 2-na m ki-bi- še 3 £a r

Father Enki does not speak slanderously, setting everything in its place. RS 11.

{indent} šag 4-ba -tuk-am 3 (liturgical rubric)

RS 12.

e n ˹ni 2˺-gur 3-«ni 2-gur 3»-ru na m- nun-na bara g ku 3-ge he 2-du 7 The lord infused with awesome luminosity, magnificently worthy of the bright dais,

RS 13.

d

nu-dim 2-mud an ki ni£in 2-na -ke 4 sa £-e n 3-tar-bi-me -e n

Nudimmud, the one who roams around heaven and earth, you are the one who cares for them. RS 14.

inim-zu {erasure} n i 2 im-da -ri inim kug-zu ˹dugud-d a˺ Your word imposes awesomeness; your bright word carries weight.

RS 15.

{indent} bar- sud 2- kam-ma -am 3 (musical notation)

Segment B IDD 1. IDD 2. IDD 3. RS 16.

x (x) IM […] KA ki- zu […] na m tar- ra-zu ki-bi-še 3 ši- £a r de n-lil 2 ba n 3-da -me- ˹e n˺ na m tar -ra-zu ki- bi-še 3 ši- £a r de n-lil 2 ba n 3-da -me- en You set in their (proper) place the fates you determined, you are the junior Enlil.

IDD 4. RS 17.

d d

a -nun-na di£ir gal-ga l-e -ne me šu-mu-ni- ib 2-ha l-ha -x a -nun-na di£ir gal-ga l-e -ne me ša -mu-ne -ib 2-ha l-ha

You distribute the divine powers among the Anuna, the great gods. IDD 5. RS 18.

ki- ur 3 ki- tuš kug mu-ne -£a 2-£a 2 nir ˹sa £ il 2˺-bi-me -en ki-ur 3 ki tuš kug mu-ne -£a 2-£a 2-an nir sa £ il 2-bi-me- en You establish for them a foundation, a sacred dwelling place; you are their proud lord.

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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IDD 6. RS 19.

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na m-mah- zu ni£ 2 šu nu-te- £e 26-da m a -ra 2 x […] na m- mah -zu ni£ 2 šu nu-te- £e 26-dam a -ra 2-zu ni£ 2-ga la m-ma-a m 3 / x NAM x IA Your greatness is unapproachable, your activities are skillful.

IDD 7. RS 20.

a bzu kur me nun-na du 3-a ki sikil- la […] a bzu kur me nun-na du 3-a ki sikil- la ri-a You are the one who placed the Abzu, the mountain built with noble divine powers, in a pure place.

IDD 8. RS 21.

sug ga l sug muš- a la 2-a er idug ki eš 3 […] sug-zu sug mu š 3-a la 2-a e ridug ki eš 3-u 6-nir-ra il 2-la You are the one who extended (yourself) over your marshes, marshes of snakes, who lifted Eridu over the Unira sanctuary.

IDD 9. RS 22.

sa- gid 2-da- [a m 3] {indent} sa-gid 2-da -am 3 (a musical notation)

IDD 10. a -a de n-ki diš-me- dda- gan […] ki ? tu r ga l he 2-x […] RS 23. a -a de n-ki luga l dri-im- dsuen du mu de n-lil-la 2 / ki gal he 2-en- na-a -a £ 2 Father Enki, you have greatly loved king Rim-Suen, son of Enlil. IDD 11. £iš-gi 4-£a l 2 sa-gid 2-[da -bi-im] RS 24. £iš-gi 4-£a l 2-bi-i[m] (a musical notation) IDD 12. RS 25.

d d

e n-ki e n dumu-sa £ a n- na […] e n-ki e n dumu-sa £ a n- na- me-e n ša 3-g[e pa 3?-da ?]

Enki, lord, you are the firstborn son of An, [chosen in (his)] heart. IDD 13. dnu-dim 2-mud gud ga l a bzu- a x […] (r) RS 26. dnu-dim 2-mu d gu 4-ud ga l a bzu-a ba rag k ug-za h[ul 2-la ?] Nudimmud, great bull of the abzu, who re[joices] on your bright dais. IDD 14. nitalam-zu kug dda m-ga l-n un-na […] he 2-me -da-a n-[…] RS 27. nita la m-zu kug dda m-ga l-n un-na hi-li-a hu-mu-˹e -da˺-[x(-x?)] May your spouse, bright Damgalnuna, … attractively with you. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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IDD 15. a-a den-ki gu 2-da hu -mu-e-x -[la 2 (x)] šag 4 hu -mu-da-ab-˹kuš 2˺-[u 3] RS 28. a-a den -k [i gu 2-da hu ]-mu -ri-in -la 2 šag 4 hu-mu-e-da-ab-k[uš 2-u 3] / ˹KA x˺ […] Father Enki, may she embrace you, may she soothe you. IDD 16. inim sag 9-ga diš-me- dda-[gan-na] […] RS 29. [inim sag 9-ga lug]al dri-im-dsuen ˹hi-li !˺-eš hu-mu-£ al 2-£al 2 At (his) favorable word, may everything attractive be there for king Rim-Suen. IDD 17. nam-šita 2 lugal-la 2 su 3-˹ra 2˺ […] RS 30. nam-[šita 2] lugal-la su 3-ra 2-a-še 3 zi-de 3-eš hu-mu-ra-ab-be 2 May he (Enki) truthfully pronounce for you the king’s prayer until distant days. IDD 18. gu 3 zid de 2-a den-lil 2-la 2 x […] RS 31. gu 3 zid [d ]e 2-a an den-lil 2-la 2 he 2-am 3 gu 3-bi zid ˹x-x˺ / ˹x˺ […] May he (Rim-Suen) be the one blessed by An and Enlil, … IDD 19. RS 32.

d

iš-me-dda-gan sipad inim-ma […] dumu den-lil 2-˹la 2˺ […] d ri-im-dsuen sipad inim-ma si 3-ga dumu den-lil 2-la 2-˹ke 4˺ Rim-Suen, the eloquent shepherd, the son of Enlil,

IDD 20. me-lem 4-a-ni kalam-ma šu mu-ra-an-[…] an ki zag x […] RS 33. me-lam-ma-ni kalam-ma-ta mu -ra-an-u 5 an -ki zag du 3-zu His awesomeness, which you superimposed on the outer limits of heaven and earth, is counted for you in the land. IDD 21. nir he 2-£al 2 kur-k ur lu-a-ba g aba gi 4 na-[…-tuku] RS 34. nir he 2-£al 2 kur-k ur lu-a‹-ba› gab a-gi 4 na-an -tuk -tuk May he have authority, may he have no equal among the many foreign lands.

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IDD 22. RS 35.

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d

iš-me- dda-gan sig-da igi-nim-še 3 […] d ri-im- dsuen sig-ta igi-nim-še 3 sipad zid-bi he 2-a Rim-Suen shall be be their true shepherd from the lower to the upper lands.

IDD 23. mu-na-ab-du 7 di£ir kalam-ma-ke 4 šir 3-re […] RS 36. mu-na-ab-du 7 di£ir kalam-ma-še 3 ˹šir 3˺ zi-da hi-li du 3 He is perfect for him, as he establishes a truthful and appealing song for the god of the land. IDD 24. RS 37.

id2

idigna id2buranuna-e si hu-mu-x […-sa 2 (x)] he 2-£al 2 hu-mu-na-ab-[tum 2-mu] id2 idigna id2bu ranuna-[e si hu ]-mu -na-ab -sa 2 he 2-£ al 2 hu-mu-˹na-ab-tum 2˺ May the Tigris and the Euphrates be ordered for him, may they bring abundance for him.

IDD 25. ubur an-na-ke 4 £al 2 hu-mu-na-ab-da 13-[da 13] buru 14-bi he 2-na-[…] RS 38. ubur an-na-ke 4 £al 2 hu-mu-na-[ab ?]-˹d a 13˺‹-da 13› nesa£ -bi he 2-en-da-˹de 2˺ May the udders of heaven open for him, may their offerings pour forth for him. IDD 26. gana 2 gal-gal-la še ziz 2 gig gu 2-˹nida˺ […] he 2-[na-…] RS 39. gana 2 gal-gal-la še ziz 2 gu 2-nida šu tag-ga he 2-em-me May there be barley, emmer, and gu-nida grain adorning vast fields. IDD 27. guru 7(X.MAŠ.U) d u 6-e gu 2 ha-mu-na-[ab-gur] dezina 2 hu-mu-x-[…] RS 40. guru 7 du 6-de 3 ˹gu 2˺ hu -mu-na-ab-gu r-re dezin a 2 he 2-en-˹gur 10-g u r 10˺ May grain heaps pile up in mounds for him. May Ezina be reaped (for him). IDD 28. {indent} sa-£ar-ra-[am 3] RS 41. {indent} sa !-£ar-ra-am 3 (a musical notation)

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IDD 29. a-‹a› den-ki diš-me- dda-gan RS 42. a-a d[en-ki] lugal dri-im-[dsu en ] Father Enki, the one who bestows upon king Rim-Suen IDD 29. nam-lugal […] bala he 2-£al 2-la sa£-eš 2 […-rig 7] RS 43. nam-lugal […]-DU bala he 2-£al 2-la sa£ -me-eš ˹rig 7([PA].HUB.DU)-ga˺ kingship, […] and a reign of abundance. IDD 30. £iš-gi 4-˹£al 2˺ sa-[£ar-ra-bi-im] RS 44. £iš-[g]i 4-£al 2-b i-im (a musical notation) RS 45.

e[n ? …d u 11?-g]a ? u 18!-ru pap d i£ir-re-e-ne […], whose statements are powerful, preeminent among the gods.

RS 46.

a-a [den-ki …] ˹x˺ mah dug 4-ga u 18-ru pap di£ir-re-e-ne Father [Enki], majestic […], whose statements are powerful, preeminent among the gods.

RS 47.

˹x˺ […] e 2-na-ke 4 inim zid du 11-ga-ni After he spoke truthful words in the … of his temple.

RS 48.

[…] h e 2-am 3-bi bi 2-in -šir 3? … he sang “so be it.”

RS 49.

[u 19-ru 12]-bi-im a-da-ab den-ki-ga-kam Its uru. An adab of Enki

Remarks RS 1. This text confirms Sjöberg’s (1977, 31) suggestion to read mah-[d]i. RS 4. For a discussion of the rubrics, such as sa-gid 2 -da, used in this text, see Delnero (2015, 92–93). RS 6. an uraš-e tu-da occurs in Išme-Dagan E 1. 11. a šag 4 ri is well attested, and must be what was intended here, although the a is missing. RS 8. For a similar expression see Enlil A l. 160. RS 9. For u 5 di as a phonetic variant of u 6 di see Sjöberg (1988, 172). RS 12. For similar language see the second half of l. 79 of Ur-Ninurta A. RS 13. A parallel to this line is attested in Gungunum A Seg A l. 14 : […] x ni£in 2 -na-bi sa£ en 3 tar-bi-me-en, “… you care for them.” © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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RS 19. Given the size of the signs in the indented line this is likely an Akkadian gloss. However, the sign sequence is unclear to us. RS 21. For e 2 -u 6 -nir-ra see Rim-Suen B 9. RS 23. For this expression see Išme-Dagan M version A segment B l. 31. RS 26. Compare Ewe and Grain l. 108: lu gal b arag-ga-na im-mi-in hu l 2 -le. RS 28. Here, too, given the size of the signs in the indented line, this is likely an Akkadian gloss. However, the sign sequence is unclear to us. RS 31. The construction at the end of the line was probably g u 3 zid de 2 , but the verb is not preserved. In the indented line, given the size of the signs, this is likely an Akkadian gloss. However, there are not sufficient traces for us to suggest a transliteration or translation. RS 32. Cf. inim-ma sig 1 0 -ga in Ur-Ninurta B l. 3. RS 33. For the use of the ablative-instrumental marker (-ta) with a locative function at Larsa and elsewhere see Brisch (2007, 95–97). RS 45, 46. For du g 4 -ga u 1 8 -ru see Išme-Dagan S l. 1. RS 47. For inim zid dug 4 see Man and His God 38.

Bibliography Brisch, N., Tradition and the Poetics of Innovation. Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 2003–1763 BCE) (Alter Orient und Altes Testament 339), Münster 2007. Civil, M., Enlil and Ninlil: the Marriage of Sud, in: J. M. Sasson (ed.), Studies in Literature from the Ancient Near East by Members of the American Oriental Society Dedicated to Samuel Noah Kramer (American Oriental Society 65), New Haven 1984, 43–66. Delnero, P., The Textual Criticism of Sumerian Literature (Journal of Cuneiform Studies, Suppl. 3), Boston 2012. – Texts and Performance. The Materiality and Function of the Sumerian Liturgical Corpus, in: P. Delnero / J. Lauinger (eds.), Texts and Contexts: the Circulation and Transmission of Cuneiform Texts in Social Space (Studies in Ancient Near Eastern Records 9), Berlin / New York 2015, 87–118. – Scholarship and Inquiry in Early Mesopotamia, in: Journal of Ancient Near Eastern History 1 (2016) 1–35. Flückiger-Hawker, E., Urnamma of Ur in Sumerian Literary Tradition (Orbis Biblicus et Orientalis 166), Fribourg / Göttingen 1999. Klein, J., The Royal Hymns of Shulgi King of Ur: Man’s Quest for Immortal Fame (Transactions of the American Philosophical Society 71, VII), Philadelphia 1981. – Šulgi and Išmedagan: Originality and Dependency in Sumerian Royal Hymnology, in: J. Klein / A. Skaist (eds.), Bar-Ilan Studies in Assyriology Dedicated to Pinhas Artzi, Ramat-Gan 1990, 65–136. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Ludwig, M.-C., Untersuchungen zu den Hymnen des Išme-Dagan von Isin (SANTAG 2), Wiesbaden 1990. Peterson, J., The Literary Corpus of the Old Babylonian Larsa Dynasties. New Texts, New Readings, and Commentary, in: Studia Mesopotamica 3 (2016) 1– 89. Rubio, G., Review of N. Brisch, Tradition and the Poetics of Innovation: Sumerian Court Literature of the Larsa Dynasty (c. 2003–1763 BCE), in: Journal of Cuneiform Studies 60 (2008) 117–124. Sjöberg, Å., Miscellaneous Sumerian Hymns, in: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 63 (1973) 1–55. – Miscellaneous Sumerian Texts, II, in: Journal of Cuneiform Studies 29 (1977) 3–45. – A Hymn to Inanna and Her Self Praise, in: Journal of Cuneiform Studies 40 (1988) 165–186. Tinney, S., Tablets of Schools and Scholars: a Portrait of the Old Babylonian Corpus, in: K. Radner / E. Robson (eds.), The Oxford Handbook of Cuneiform Culture, Oxford 2011, 577–596. Wagensonner, K., New Light on ‘Sîn-iddinam and Iškur’, in: Kaskal 8 (2011) 11– 41.

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Plates

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

Manfred Krebernik (Friedrich-Schiller-Universität, Jena)

Das Inventarbuch der Hilprecht-Sammlung vermerkt unter der Nummer 2940: „lit. Text“, „sumer?“ (mit Bleistift geschriebener Zusatz), „1 Frgm. lose bei Ankunft hinzugefügt.“1 Besagtes Fragment, das seinerseits aus zwei Fragmenten zusammengesetzt ist, umfasst die rechte obere Ecke sowie einen Teil des rechten Randes der Tafel. Das Hauptfragment enthält den oberen Rand und 22 Zeilen Text, bevor es abbricht. Nach dem Krümmungsverlauf des Querschnitts zu schließen, markiert der Bruch ungefähr die Mitte der Tafel. Die erhaltene Höhe beträgt 6,4 cm, die Breite 5,3 cm, die maximale Dicke 2,5 cm. Die Vorderseite ist leicht konkav, die Rückseite konvex gewölbt. Die Beschriftung ist auf der Vorderseite kompakter und etwas kleiner als auf der Rückseite. Die Zeilen sind nicht durch Linien getrennt, nur das Textende auf der Rückseite ist durch eine Linie von dem folgenden Subskript abgesetzt. Der Rest der Rückseite ist unbeschrieben. Wie die Mehrzahl der Texte aus Hilprechts Nachlass dürfte HS 2940 aus Nippur stammen. Anhand von Zeichenformen, Graphie und Parallelen ist die Tafel in die spätere altbabylonische Zeit zu datieren. Obwohl fast die Hälfte der Beschriftung verloren ist, darf man aus inhaltlichen Gründen annehmen, dass Vorder- und Rückseite dieselbe Komposition repräsentieren, nämlich ein Lied aus der Gruppe der „Dumuzi-Inanna-Lieder“.2 Das Subskript lautet šir 3 nam- sipa- da d dumu-zi-da- kam „Ein Hirtentumslied des Dumuzi ist es.“ Mehrere mit šir 3 „Lied“ gebildete Gattungsbezeichnungen sind lexikalisch und / oder als Subskripte bezeugt.3 šir 3 na m-sipa-da „Hirten1

Der Eintrag stammt von J. Oelsner, der seine Tätigkeit in Jena 1966 aufnahm. Zur Geschichte der Sammlung und ihrer Katalogisierung s. zuletzt Oelsner 2018 mit Lit. 2 Zusammenfassende Edition: Sefati 1998. – Für Hinweise auf Parallelen (Subskript, Texte C und D nebst Sekundärliteratur) und einige kritische lexikalische Anmerkungen danke ich herzlich Pascal Attinger, dem ich eine erste Umschrift und Übersetzungsskizze von HS 2940 mitteilte. 3 Vgl. die Zusammenstellung in Shehata 2009, 262–264. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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tumslied“ findet sich in Verbindung mit Inanna als Subskript von DI R4 sowie in dem Literaturkatalog HS 1477+1478.5 Der Titel „Hirtentumslied des Dumuzi“ als ganzer ist allerdings, soweit ich sehe, bisher nicht bezeugt. Zum Text selbst gibt es mehrere Parallelen unterschiedlicher Dichte und Länge: A1

Sumerian Proverb Collection 3

Nr. 66 Nr. 77

// 11–12 // 19–20

A2

Sumerian Proverb Collection 16

B 78

// 11–12

B

„Mutterschaf und Getreide“9

8–9

// 13–14

C

BM 9669210

34–35 38 39 40 41–41 (22; 30

// 13–14 // 15–16 // 17–18 // 19–20 // 21–22 // Rs. 10')

4

Sefati 1998, 238, ergänzt durch Sefati / Klein 2012, 328. TMH 3, 53 (+ TMH 4, 54) ii 14–18 nennt vier Incipits, die in ii 19 als š i r 3 n a m - s i p a d a d i n a n n a - m e - e š „Hirtentumslieder der Inanna“ klassifiziert sind. Die Erstedition (Bernhardt / Kramer 1956, 391–393) überspringt in diesem Abschnitt eine Zeile. Die Tafel ist dort wie folgt beschrieben: „Unglücklicherweise ist die Tafel nicht in gutem Erhaltungszustand, und nicht wenige der Titel sind ganz oder teilweise unlesbar. Überdies – nach der Schrift zu urteilen – kann das Dokument von einem späteren Datum sein, vielleicht aus der frühen Kassitenzeit um 1500 v. Chr.“ Diese bloß als Möglichkeit angedeutete Datierung wurde gemeinhin übernommen, bis S. Tinney (apud Vanstiphout 2010, 8) klarstellte, dass die Tafel noch in die altbabylonische Zeit gehört, woran Peterson 2015, 54 erinnert. Für eine Zusammenstellung identifizierter Titel s. Viano 2016, 80f. 6 Editionen: Falkowitz 1980, 149f.; Alster 1997, 79 mit 377; ETCSL 6.1.03.6. – Weitere Lit. zu den Sprichwortsammlungen: Attinger, Compléments, 26f. 7 Editionen: Falkowitz 1980, 149–154; Alster 1997, 79f. mit 377; ETCSL 6.1.03.7; Alster 1990. 8 Editionen: Alster 1997, 232; ETCSL 6.1.16.b7. 9 Editionen: Alster / Vanstiphout 1987; ETCSL 5.3.2. Weitere Lit.: Attinger, Compléments, 21f. 10 Autographie: CT 58 (= Alster / Geller 1990), Nr. 7. Eine Teilbearbeitung mit Berücksichtigung des syllabischen Duplikats CT 58, 8 Vs. findet sich in o. c., S. 10. Annähernd gleichzeitig erschien eine vollständige Bearbeitung durch S. N. Kramer mit eigener Autographie und Photo (Kramer 1990). 5

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

D

VAT 6077 (VS 10, 123) iii'11

E

„NN 100“12

F

VAT 1387 (VS 2, 30)

Rs. 1'–5' // 18?–22 Rs. 8'–11' // Rs. 6'–9'

G

DI H

5–8

// Rs. 6'–8'

H

DI A13

2a

// Rs. 14'

I

Ninisina C (Ninisina’s Journey to Nippur)14

37–39

// Rs. 6'–8'

8'–9' 10' 11'–12' 13'–14'

133

// 13–14 // 15–16 // 17–18 // 21–22 // 15–16

Der Text lässt sich inhaltlich folgendermaßen gliedern: A (1–6): Direkte Rede Dumuzis im Kohortativ, auch als Ausdruck seiner Gedanken interpretierbar. Dumuzi möchte einen guten Weideplatz finden und beschließt (deshalb?), einen Boten zu seiner Geliebten Inanna zu senden.

11 Eine Bearbeitung von VS 10, 123 Vs. iii'–Rs. i findet sich bei Falkowitz 1980, 151–154. Die Tafel wurde von mir kollationiert, meine in einigen Lesungen abweichende Transliteration beruht darauf. 12 Entspricht Text „C“ bei Civil 1987, 47f. und ist unten danach zitiert. Als Quelle gibt Civil l. c. an: „VAT 1350 (+) 1387 (VAS 2 30) + NN 100 (courtesy W. G. Lambert, my join)“. Dazu führt er in Anm. 17 aus: „Of the fragments published under no. 30 in VAS 2, only VAT 1387 and VAT 1351 belong to the same tablet (to which NN 100 must be added), while VAT 1385 + 1386 belongs to another tablet.“ Der Versuch einer Autopsie der Stelle im Vorderasiatischen Museum verlief leider ergebnislos. Die in VS 2 unter Nr. 30 publizierten Fragmente VAT 1351, VAT 1385+1386 und VAT 1387 (aus mehreren Fragmenten zusammengesetzt) befinden sich in einer Schachtel, die als VS 2, 3 publizierten Stücke VAT 604+614+1350 und VAT 1370 in einer anderen. Keines dieser Stücke enthält den von Civil wiedergegebenen Textpassus. Er kann also nur auf „NN 100“ gestanden haben. Diese Signatur ist im Vorderasiatischen Museum unbekannt. Möglicherweise stammt sie von W. G. Lambert und steht für „No Number“. Ein Notizheft W. G. Lamberts mit Aufzeichnungen aus dem Vorderasiatischen Museum, das Andrew George freundlicherweise durchsah, enthält allerdings keinen Hinweis auf das fragliche Fragment. Dass VAT 1350 und VAT 1387 zur selben Tafel gehören, ist m. E. aus physischen und paläographischen Gründen unwahrscheinlich. 13 Edition: Sefati 1998, 120–127; ECTSL 4.08.01; Attinger, Dumuzi Innana A. Parallel zu (und ergänzt nach) den vorangehenden Zeilen, die mit m i 2 n a - m u - e enden. 14 Edition: Cohen 2017, 85–101.

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Manfred Krebernik

B (7–10): Der lückenhafte Passus mit negierten Verbalformen scheint Dumuzis Nöte zu schildern, die mit Inannas Abwesenheit und / oder mit dem Warten auf sie einhergehen. C (11–12): Wenn richtig ergänzt, ist dies Inannas Zusage (wie A im Kohortativ formuliert), rasch zu kommen. D (13–22): Nun werden offenbar die positiven Folgen von Inannas Zusage geschildert: die Ziegen und Schafe werfen reichlich Junge, …, und es gibt Milch und Käse im Überfluss. E (Lücke von ca. 40 Zeilen) F (Rs. 1'–14'): Zunächst ist von der Begegnung der beiden Liebenden die Rede, dann umarmen und liebkosen sie einander, wie es die Muttertiere mit ihren Jungen tun.

HS 2940: Transliteration mit eingeschobenen Textparallelen Vs. 1

u2 ga-am3-ki£2 edin ga-am3-zu!

2

MI2.UŠ.DAM-£u10-ur2 ˹LU2.DU˺

3

edin-na ki-ša-bi [ga-a]m3-zu

4

d

5

udu-£u10 ka u2 gu7 ga-[mu-ni-i]b2?-£ar

6

d

7

lu2

8

d

9

gu2 ˹id2-da˺ igi nu-ra!-˹x˺-[(x)]-˹x˺

10

d

11

lu2

A1 A2 A1 A2

13

inana LU2.DU ga-[mu-ši-i]n-gi4

nin-e2-gal-la LU2.DU g[a-mu-ši-in]-˹gi4˺ sip[a-d]e3 u2 nu-˹x˺ […]

dumu-zi-de3 udu!?-ni ˹u2˺ ˹sikil?˺ [nu?-(x-)-g]u7? dumu-zi-de3 nin9-a-ni-˹še3?˺ [x]-˹x˺ sipa-de3 u4-da ga-£[e]n u4-da ga-£en na-gada-kam u4-da ga-£en na-ga[da-kam]

d

12

˹ga˺-mu-ši-˹in-gi4˺

dumu-zi-de3 u4 ul-la ga-£[e]n u4 ul-la ga-£en SIPA.TUR-ra-kam u4 ul-la ga-£en SI[PA.TUR-ra-kam]

u8-e sila4 2 ki ba-an-˹da˺-tag B8 C 34 D iii' 8'

u8-e sila4 2 nu-ub-tu-ud ˹u8-e˺ 2-am3 mu-na-u3-tu 2-a-bi kir11(MUNUS.SILA4)-am3 u8-e sila4 ki ba-an-da-ab!*-tag £uruš-e edin-na © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

14

ud5-de3 maš2 3 ki ba-an-da-tag B9 C 35 D iii' 9'

15

ud5-de3 maš2 3 nu-ub-tu-ud [ud5-de3 1]+2-am3 mu-na-u3-tu 3-a-bi ašgarx(MUNUS.GAR3)-am3 ud5-de3 maš2 ki ba-an-da-ab-tag £uruš-e edin-na

Z1 ur2 ša3-ba Z2 nu-[me-a] C 38 D iii' 10'a E d

16

C 38 D iii' 10'b E

17

[x (x) š]a3!?-ba Z3 nu-me-a BAD (über Rasur) ša3-ba U2.Z4 nu-me-a [… š]a3-ba u3-gu-ur2-ba nu-me-a

dumu-zi-ra £ešU2.GIR2-gunû mu-n[a-ab-la2] £eš

U2.GIR2 mu-na-ab-la2 {x} U2.GIR2-e mu-na-ab-la2 ki-ši-ge mu-na-ab-la2

ga-u2 a eštub nu-me-[a] C 39 D iii' 11'a d

18

C 39 D iii' 11'b F Rs. 1'

19

[ga-a]-˹u2˺ a eštub nu-me-a ga-a-u2 a eštub nu-me-a

dumu-zi-ra a-gar3-ra m[u-…-de2] a-gar3-ra mu-na-an-de2 {x} a-gar3-e mu-na-an-de2 [a-ga]r3?-r[a? …]

ga i-te-er-da gu2-en-n[a nu-me-a] A C 40 D iii' 12'a F Rs. 2' d

20

A C 40 D iii' 12'b

21

ga i3-ti-ir-da gu2-en-na nu-me-a [ga i(3)-t]i-ir-da g[u2-en-n]a nu-me-a ga i3-ti-i[r]-˹da˺ gu2-en-na nu-me-a i-te-er-[da …]

dumu-zi-ra ki-in-dar m[u-na-ab-TAR] ki-in-dar mu-da-ab-TAR ki-in-dar mu-na-ab-TAR {ki} ki-in-˹dar˺ mu-da-ab-TAR

[ga]-˹ara3˺ di4-di4 du6-še3 mu-n[a-du8] C 41 D iii 13' F Rs. 3'

22

[ga-ara3 TU]R.TUR [du6-še3 mu-na]-du8 sipad-ra amaš-a-na ga-ara3 TUR.TUR du6-še3 mu-na-du8 £uruš-e ga-ra di-d[i-la(2) …]

[ga-ar3 gal-gal PA]-˹še3˺ ˹mu˺-n[a-nu2] C 42 D iii 14' F Rs. 4'

23ff.

[ga-ara3 gal-gal PA-še3 mu-n]a-nu2 ddumu-zi-ra amaš-a-na ga-ara3 gal-gal PA-še3 mu-na-nu2 £uruš-e edin-na ga-ra gal-gal P[A-še3 …]

(abgebrochen)

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Manfred Krebernik

Rs. 1ff.

(abgebrochen)

1'

[ku3?] dinana […]

2'

[nin9?] ˹nu˺-u8-geg dili-ni […]

3'

[ILL]AR? an-edin-na ˹x˺ […]

4'

[U]Š.DAM-a-ni gaba ˹x˺ […]

5'

[ni]n9? nu-geg an-edin […]

6'

d

F Rs. 8' G5 G6 I 37

7'

dumuzi-de3 gaba ˹x˺ […] ku3 dinana-ke4 ga[ba? …] gaba mu-un-ri gaba mu-un-ri u3-mu-un ku-li an-na gaba mu-un-ri MI2.UŠ.DAM-a-ni ur-sa£ dpa-bil-sa£ gaba nam-ma-da-ri

šu-ni-a šu im-m[a-an-du3] F Rs. 9' G7 I 38

8'

šu-ne-a šu im-˹x˺ […] u3-mu-un-e šu-ni-a šu im-ma-an-du3 šu-un-ni-a šu im-ma-an-du ḪUL2.ḪUL2-e im-ša3

gu2-ni gu2-da im-[ma-an-la2] F Rs. 10' G8 I 39

9'

˹gu˺-ne gu-d[a …] d ušumgal-an-na gu2-ma3-a gu2-da ba-an-la2 gu2-un-ni-a gu4-da im-da-la2 mi2-du-ge-eš mu-un-ne2

amaš ku3-ga-ni-a i[m-x]-˹(x.)x˺ F Rs. 11'

a-ma-aš ku3-g[a …] ILLAR!?-ni

10' (C 22 (C 30

sud-e ga-[x]-e

£eš

ILLAR-£u ˹UR˺

£eš

ILLAR-a-ni

˹dugud˺ ˹ba-ma-ra-ab˺) dugud im-ta-an-ba)

11'

u8 sila4-bi mi2 z[i d]u11?‹-ga?›

12'

UŠ.DAM-a-ni

13'

ud5-de3 maš2-bi ˹mi2˺ ˹zi˺ [du11]-ga

14'

ku3 dinana-ra mi2-zi ˹na˺-m[u-u]n-e H 2a

mi2-zi [mu-u]n-e

˹ku3˺ dinana-ra mi2 zi na-mu-[e]

––––––––––––––––––––––––––––––– 15'

šir3 nam-sipa-da ddumu-zi-[d]a-kam (Rest der Rs. unbeschriftet)

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

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HS 2940: Übersetzung Vs. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

„Gras will ich suchen, die Steppe erkunden! Zu meiner Geliebten will ich einen Boten senden! Den schön(st)en Ort der Steppe will ich erkunden! Inanna – einen Boten will ich [zu ihr] senden! Meine grasenden Schafe will ich [dorthin] setzen! Nin-egala – einen Boten will ich [zu ihr] senden!“ Der Hirt […] kein Gras, Dumuzi lässt seine Schafe (!?) [kein(?)] reines (?) Gras [fres]sen (?). Vom (?) Ufer des Flusses das Auge […] nicht, Dumuzi […] seine Schwester. „Hirt, (noch) heute will ich gehen, Dumuzi, sogleich will ich gehen!“ (Da) warf bei ihm das Mutterschaf zwei Lämmer, Bei ihm warf die Geiß drei Zicklein. … wie ḫarub-Früchte hingen für Dumuzi am kišig-Strauch; gaʼu-Milch wie das „Karpfenwasser“ (Frühjahrsflut) [rann] für Dumuzi auf der Flur, Buttermilch(?) [wie] Schlick grub für Dumuzi Erdspalten. Kleine Käse schichteten sich für ihn zu Hügeln. [große Käse leg]ten [sich für ihn] (aufeinander) zu [Stämmen.] […]

Rs. 1' 2' 3' 4' 5' 6' 7' 8'

[…] [Die strahlende(?)] Inanna […] […] die Hierodule, sie allein […] [Das Wurfh]olz(?) (in) der „Hochsteppe“ […] ihr Geliebter […] begegnete [ihr.] [Die Schwe]ster(?), die Hierodule (in) der „Hochsteppe“ […] Dumuzi traf [sie]. Er nahm sie bei der Hand, er umarmte sie. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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9' 10' 11' 12' 13' 14'

„In seinem reinen Pferch […] sein Wurfholz(?) will ich weit […].“ (Wie) das Mutterschaf, das sein Lamm liebkost, liebkost er seine Geliebte; die Geiß liebkost ihr Zicklein, (und so) liebkost er die strahlende Inanna.

15'

Ein Hirtenlied des Dumuzi ist es.

HS 2940: Kommentar 1. u 2 ki£ 2 „Gras / Weide suchen / finden“ erscheint z. B. auch in SP 3.13415 als typische Tätigkeit des Hirten: di£ ir lu 2 -lu 7 sipa u 2 -ki£ 2 -£a 2 lu 2 -lu 7 -kam „Der (Schutz-)Gott eines Menschen ist ein Weide suchender / findender Hirte für den Menschen.“ 2. Die Zeichengruppe MI2.UŠ.DAM, konventionell nit(a)lam u. ä. gelesen, ist, worauf mich P. Attinger hinwies, £ešdan(a) zu lesen16 und muss sich hier aufgrund des Parallelismus auf die in Z. 4 genannte Inanna beziehen. Dasselbe Wort erscheint auf der Rs. (Z. 12') in der Schreibung UŠ.DAM = NIT(A)LAM2 = £ešdan(a) 2. LU2.DU „Bote“ kommt z. B. auch in dem ähnlichen Text VS 2, 123 vor (Vs. iii' 18'). Wahrscheinlich ist der Ausdruck lu 2 -du zu lesen, da er mit lu 2 -di wechseln kann, s. „Brief des Ugu-bi an seine Mutter“,17 Z. 1. 3. ša ist hier offenbar eine syllabische Schreibung für ša 6 (= sa 6). 5. ka u 2 g u 7 könnte hier als ein auf die Schafe bezogenes Bahuvrihi-Kompositum zu verstehen sein: „ein grasfressendes Maul (besitzend)“, „grasfressend“. Dies jedoch unter Vorbehalt, da der Ausdruck in verschiedenen, nicht immer ganz klaren Kontexten vorkommt. So konnte er auch substantivisch im Sinne von „Futter“ gebraucht werden wie in „Ur-Ninurta A“,18 Z. 26 und ähnlich in einer Inschrift Enlil-bānis.19 Damit käme als Wiedergabe unserer Zeile vielleicht auch in Frage: „Meinen Schafen will ich dort Futter bereiten.“ Die erwähnten und weitere Belege notiert Attinger, Lexique, 72, der als Grundbedeutung „(faire) brouter de l’herbe“ ansetzt. 6. Nin-egala kommt in den Dumuzi-Inanna-Texten häufig als Beiname Inannas vor, s. Sefati 1998, 415 (Index). 15

Alster 1998, 102; ECTSL 6.1.03.134. Eine unklare, möglicherweise verderbte Fassung ist MS 2108 obv. 4.1 (Alster 2007, 78). 16 Vgl. Attinger, Lexique, 88. 17 Kleinerman 2011, 158–160 und 276–277 (SEpM 16); Attinger, SEpM 16; ECTSL 3.3.07. 18 Sjöberg 1977; ETCSL 2.6.6.1. 19 RIME 4, 89, E.4.1.10.1001 v 16. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

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7. Ob LU2 vor sipa als Determinativ (lu2sipa „Hirt“) oder als Wortzeichen (lu 2 -sipa „Hirtenmann“) aufzufassen ist, vermag ich nicht sicher zu entscheiden, ersteres ist jedoch aufgrund der folgenden Indizien wahrscheinlicher: In den Dumuzi-Inanna-Texten variieren Schreibungen mit und ohne LU220 (was freilich auch stilistische Gründe haben könnte) und in dem ähnlichen Text BM 80758 (CT 58, 8; vgl. Anm. 10 und 19) Vs. 4f. stehen su-ba (ES für sipa) und ddumuzi parallel. 11f. In Z. 11 ist nicht ganz sicher abzuschätzen, ob die Lücke zwischen den beiden zusammengeklebten Fragmenten Raum für ein weiteres Zeichen bietet. In der parallelen Zeile 12 ist dies jedoch unwahrscheinlich. Ich rekonstruiere daher für beide Zeilen in Übereinstimmung mit den Parallelen A1 und A2 die Verbalform ga-£en „Ich will gehen!“. Diese intransitive Form – theoretisch in Frage kommendes „ich will bringen“ ist vom Kontext her unwahrscheinlich – impliziert, dass die jeweils am Satzanfang stehenden Formen lu2sipa-de 3 bzw. ddumu-zide 3, die wie Ergative aussehen, als Topikalisierungen oder besser als Vokative zu verstehen sind.21 Die genaue Bedeutung von u 4 ul-la in dem Wortpaar u 4 -da – u 4 ul-la ist umstritten, vgl. Attinger, Edubbaʼa A 2, Anm. 1, der zu dem Schluss kommt: „L’hypothèse la moins invraisemblable est que l’expression signifie quelque chose comme «le jour est (ancien =) avancé», d’où «vite, tout de suite, dépêche-toi».“ Das passt an unserer Stelle hervorragend, wo somit eine Klimax „heute / jetzt“ – „sogleich / eilends“ vorliegt. Sicherlich gehört ul-la in dieser Wendung zu ul 4 = ḫamāṭu „eilen“, vgl. insbesondere ul 4 -la = ḫumuṭ „eile!“ in OBGT IX 149 (MSL 4, 109). 15–20. Die drei Verse Z. 15–16, 17–18 und 19–20 enthalten jeweils nu-me-a, das hier vorab kurz diskutiert werden soll. Wörtlich könnte man die negierte, nominalisierte Verbalform übersetzen mit „… nicht seiend“ oder „ohne … zu sein“. In der Literatur wird sie verschieden interpretiert bzw. wiedergegeben, vgl. z. B. die unten im Kommentar zu Z. 15 zitierten Übersetzungen von Civil („with-out being …“) und Attinger („Quoique n’étant pas …“). Ich nehme jedoch an, dass nu -me-a eine lexikalisierte Verwendungsweise im Sinne von „wie“ besitzt, die eben hier vorliegt. Für diese Bedeutung lassen sich auch andere Belege anführen, wie z. B. „Šulgi F“ 21: ni£ 2 - N E . R U na 4 maḫ nu-me-a engur-ra tab-e-de 3 „Um das Böse wie einen gewaltigen Stein im Ozean zu versenken.“

20

Vgl. Sefati 1998, 78 mit Anm. 114. Die dort erwähnte Emesal-Form LU2.s u 8 - b a neben s u 8 - b a könnte für ein Determinativ sprechen, da man ansonsten m u - l u für l u 2 erwarten sollte. Vgl. auch ES LU2.s u - b a in BM 80758 (= CT 58, 8) Rs. 11. 21 Zu topikalisierenden und vokativischen Funktionen von - e vgl. bereits Christian 1959 und aus neuerer Zeit vor allem Woods 2001, 302–305. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Lämmerhirt übersetzt in seiner Edition:22 „um das Böse, das freilich kein großer Stein ist, im engur festzuhalten“ und sagt dazu im Kommentar: „Dass mit nu-me-a ‚… ist es nicht‘ irreale Komparativsätze (‚als ob, wie wenn‘) gebildet werden, legen insbesondere die Belege in ‚Fluch über Akkad‘ nahe: [Zitat „Fuch über Akkad“ 142–145].“ Hier streifen wir ein grundsätzliches Problem des Übersetzens aus nicht mehr gesprochenen Sprachen, nämlich das Erkennen und Wiedergeben grammatikalisierter oder lexikalisierter Sprachelemente, die etymologisch transparent sind oder zu sein scheinen. Man ist hier auf aussagekräftige Kontexte, plausible semantische Erklärungsmodelle und typologische Parallelen aus anderen Sprachen angewiesen. Der vorliegende Kontext sowie die gerade erwähnten Belege würden m. E. die vorgeschlagene Deutung stützen. Semantisch ist ein Zusammenhang zwischen „wie“ und „nicht sein“ evident: A sieht aus wie B, ist aber in Wirklichkeit nicht B. Schließlich kann auch auf Parallelen außerhalb des Sumerischen verwiesen werden. So gibt es im vedischen Indisch eine äußerlich und höchstwahrscheinlich auch etymologisch mit der Negation ná identische Vergleichspartikel.23 Hier ein Beispiel aus dem Rig-Veda (3.45.1C): mā́ tvā ké cin ní yaman víṃ ná pāśíno „Nicht sollen dich irgendwelche (Leute) festhalten wie die Schlingensteller den Vogel.“24 Unabhängige Parallelentwicklungen derselben Negation gab es im Altrussischen und Altlitauischen.25 Strukturelle Vorstufen kann man in volkssprachlichen Rätseln und Gleichnissen sehen wie etwa russisch ne grom gemit, ne stuk stučit, govorit tut Iljuška svomu barjuške „es donnert kein Donner, es klopft kein Klopfen, hier spricht Ilja zu seinem Priester.“26 Beispiele aus dem keilschriftlichen Kulturraum finden sich in der hurritisch-hethitischen Bilingue aus Boğazköy: „Ein Rehbock weidet diesseits an den Flüssen. Die jenseitigen Auen (aber) faßte er fortwährend ins Auge. Die diesseitige (Weide) betrat er nicht (mehr?), die jenseitige aber bekam er nicht zu sehen. Ein Rehbock ist (es) nicht. (Es) ist ein Mensch. …“27 15f. Der Vers enthält eine paläographisch-lexikalische Crux in Gestalt der beiden hier mit Z1 und Z2 wiedergegebenen Zeichen sowie ihrer Entsprechungen Z3 bzw. Z4 in den Textparallelen C und D. Aus dem Muster der ähnlich strukturierten 22

Lämmerhirt 2012, hier S. 38 (Text), 55 (Übersetzung), 72 (Kommentar). Für eine ausführliche Diskussion der vedischen Vergleichspartikel und ihrer Entstehung aus der Negation und Hinweise auf ältere Lit. s. Zeilfelder 2001, 95–106. 24 Übersetzung nach Witzel / Gotō / Scarlata 2013, 80. 25 Zur vedischen Vergleichspartikel und den altrussischen und altlitauischen Parallelen s. Dunkel 2014, 546f. 26 Kireěvskij, Pěsni I, 1860, 25, zitiert nach Dunkel 2014, 547. 27 Neu 1996, 78, Übersetzung der hurritischen Fassung. 23

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

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folgenden Verse ergibt sich die Rohübersetzung: „Z1 … wie (nu-me-a) Z2 hängen für Dumuzi am kišig-Strauch“. Ich gehe zunächst auf das Comparatum des Vergleichs ein, da dieses lexikalisch klarer ist. Für den dornigen kišig-Strauch, akkadisch ašāgu genannt, sind verschiedene Schreibungen mit GIR2-gunû (= KIŠIG2, KIŠI17) als zentralem Element gebräuchlich, darunter auch die hier vorliegende, (£eš)U2.GIR2(-gunû) = (£eš)kišig. Sie wird durch syllabisches ki-ši-ge in der (mir nicht verifizierbaren) Textparallele E bestätigt. Die Frucht des in der Steppe verbreiteten und für Hirten wichtigen kišig-Strauches heißt sum. ḫ arub = akk. ḫarūbu.28 Es liegt daher nahe, dass Z2 // Z3 // Z4 dieses Wort repräsentieren, wie dies bereits Falkowitz29 für Z3 und Civil für Z3 // Z4 angenommen hatten. Letzterer konnte sich zudem auf einen eindeutigen altbabylonischen Beleg mit Auslautschreibung -ba stützen, die syllabische Entsprechung u 3 -gu -ur 2 -ba in Textparallele E reflektiert ihm zufolge „u 2 + ḫarub + ak “.30 Die erwähnten Zeichenformen werden in der folgenden Abbildung zusammengestellt:

Wie ersichtlich, sind Z1 und Z2 in HS 2960: 15 wahrscheinlich voneinander verschiedene Zeichen, was auch durch die Vergleichsstruktur, die beide involviert, nahegelegt wird. Das in Z2 eingeschrieben Zeichen könnte ein verkürztes 28

Zur botanischen Identifikation mit Prosopis farcta und zur Bedeutung dieser Pflanze zitiert Civil 1987, 47 mit Anm. 16 und Guest 1966, Bd. 3, 41. Das akk. Wort ist aufgrund seiner arab. Entsprechungen ḫarrūb, ḫarnūb vielleicht ebenfalls mit geminiertem r anzusetzen. Die Übersetzung „Johannisbrot“ in AHw. I 329 ist nicht korrekt, Landsberger hatte in MSL 3, 145 (Sb B 250) noch „Johannisbrot (falsches)“ übersetzt. 29 Falkowitz 1980, 152 las s a ḫ a r - ḫ a r u b ! „carob dust“. 30 Civil 1987, 47f., Kommentar zu Z. 25f. des von ihm edierten Textes N 3512+6322 // CBS 15163, einer „enumeration of the subset of plants grazed upon by sheep inserted into a lyrical frame typical of Dumuzi-Inanna poems.“ Die Fruchtschoten werden dort mit aufgehängten „Wasserschläuchen“ verglichen: kušu m m u d d a g - s i l a 2 ˹ x . x ˺ - £ u 1 0 / u 2 - £ u 1 0 u 2 - ḫ a r u b - b a - £ u 1 0 u d u - £ u 1 0 ḫ a - m a - g u 7 - e „May my sheep eat my plant, my ḫarub-pods, waterskins hanging from the saddle, […].“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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sein. Vor Z3 steht nach Kollation klar ein U2; das in Z3 eingeschriebene Zeichen sieht wie U+GA aus – ein Zeichen, das u. a. mit itirtum „Buttermilch(?)“ geglichen ist,31 von der unten in Z. 19 die Rede sein wird. In Z4 ist U2 und dahinter vielleicht ein verkürztes GIR2 eingeschrieben. Später wurde das Zeichen ḪARUB zu DAG+KIŠIM5×(U2.GIR2) = KIŠI9 normiert, was nach Sb B 249–25132 auch für kiši 9 = kulbābu „Ameise“ und kisim = kisimmu „Sauermilch“ stehen konnte.33 Der Ausdruck Z1 ur 2 ša 3 -ba, der das Comparandum des Vergleichs darstellen oder enthalten muss, ist mir unklar. Wie schon erwähnt, nehme ich an, dass Z1 von Z2 in derselben Zeile zu unterscheiden ist. Auszuschließen ist ferner die Identität von Z1 mit AMAŠ, das unten in Rs. 9' vorkommt. In der Textparallele D entspricht nach Kollation ein BAD, unter dem winzige Reste eines getilgten Zeichens sichtbar sind. Möglicherweise ist BAD hier keine Textvariante, sondern ein paratextliches editorisches Symbol, das auf ein problematisches Zeichen der Vorlage (Z1) verweist. Als textkritische Marker sind anderswo NU und/oder KUR2 bezeugt,34 doch ist BAD hier deutlich von NU in derselben Zeile unterschieden; auch die Lesungen ga bzw. ˹dug˺35 sind auszuschließen. ša 3 -ba für sich würde heißen „darin“ und könnte sich entweder auf den unmittelbar vorangehenden Ausdruck oder auf den weiteren dieser Zeile vorangehenden Kontext (Steppe) beziehen. Erstere Annahme liegt der Übersetzung von Falkowitz zugrunde, letztere der von Civil, die hier zum Vergleich zitiert seien: GIR2

„The carob dust which was not contained in the milk hung on the thorn bushes for him.“36 „His milk jugs, without being ḫarubs, hung from the kiši-plants in the middle (of the desert).“37 Das in HS 2940 vor ša 3 stehende ur 2 könnte man mit diesem zu einem Dvandva ur 2 -ša 3 verbinden, also ur 2 -ša 3 -ba „im Schoß und im Inneren davon“, was den Bezug auf den Steppenhintergrund wohl ausschließen würde und sich auf das 31

Ea IV 38 (MSL 14, 537). MSL 3, 145. Weitere Belege sind z. B. „Chicago Syllabary“ 65 (Hallock 1940, 17), BM 93042: 25 (CT 12, 27; Hallock 1940, 30), K. 10013: 3' (Meek 1920, 168; P373856). 33 In MSL 3, 145 mit „Käsemade“ übersetzt. AHw. I 486 nimmt (wohl wegen des Determinativs U2 und des Vorkommens in der Pflanzenliste Uruanna) an, es handle sich um „ein Kraut“; dagegen CAD K 421: „soured milk, casein glue(?)“ mit Verweis auf das alternative Logogramm GA.ḪAB „stinking milk“. Zu entsprechenden Deutungen s. Attinger, Dumuzi et Enkimdu, 6 Anm. 46 mit Lit. 34 S. dazu aus jüngerer Zeit: Schwemer 2015, 225f., George 2016, 167–168 mit pl. CXLVI (no. 74:10) und Stadhouders / Johnson 2018, 566. NU kommt in dieser Funktion auch in dem mittelbabylonischen lexikalischen Text HS 2944 vor, der demnächst vom Verfasser publiziert werden wird. 35 So Falkowitz 1980, 152 bzw. Civil 1987, 48. 36 Falkowitz 1980, 152. 37 Civil 1987, 48. 32

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

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vorangehende Z1 beziehen müsste. Ferner könnte man erwägen, ob ur 2 ein phonetisches Komplement zu Z1 darstellt (vgl. das ähnliche Zeichen UBUR, das später zu DAG+KIŠIM5×GA normiert wird?), aber auch dies führt zu keiner plausiblen Lösung. 17. ga(-a)-u 2 bezeichnet eine Art Milch. In „Dumuzi und Enkimdu“ 53f. werden KAŠ.bir 8(A.SU3) „Dünnbier“ und ga-u 2 einander gegenübergestellt.38 Ich vermute, dass das Wort mit dga-a-a-u 2, dem Namen eines Hirten des Mondgottes, identisch ist, der logographisch auch mit dem Zeichen für „Mutterschaf“, dU8, geschrieben werden kann (An = Anum III 86f, s. Litke 1988, 127). 19f. i-te-er-da, anderswo auch i (3) -ti-ir-d a geschrieben, wird üblicherweise als „Buttermilch“ interpretiert.39 Der sum. Terminus ist offensichtlich aus dem Akkadischen entlehnt, das Ausgangswort ist in AHw. I 404 als itirtu(m) und in CAD I 298 als itirtu B verzeichnet. Es dürfte als PiRiS-t zu watārum „über / übrig sein“ gehören (< *witirtum) und wäre dann mit itertum „Beiladung“ (AHw. I 403) identisch. Die Benennung bezieht sich vermutlich auf den Herstellungsprozess, bei dem dieses Produkt „übrig bleibt“. Allerdings scheint der anschließende Vergleich mit „Schlamm“ auf etwas Dickflüssiges hinzuweisen; ebenso der Vergleich in VAT 6077 (= VS 10, 123) Rs. i 4: ga i-ti-ir-da imgin 7 i 3 -im-ru-e 40 „die i-ti-ir-da-Milch läuft wie Lehm“. Das will nicht recht zu „Buttermilch“ passen, weshalb ich diese Übersetzung oben mit einem Fragezeichen versehen habe. Das vor i-te-er-da stehende GA ist wohl logographisch als ga „Milch“ zu verstehen, wozu i-te-er-da dann eine Spezifizierung darstellt. Es ist aber nicht völlig auszuschließen, dass GA hier als Determinativ fungiert, vgl. selbständiges i-te-er-[da] in VAT 1387 (VS 2, 30) Rs. 2'. Zu den verschiedenen Bedeutungen von gu 2 -en -na s. Civil (1983, 50f.). Bedeutung Nr. 1, „river sediment (in a fluid state), beer dregs“, wird dort durch VS 10, 123 iii' 12' illustriert (= unser Paralleltext D). 21f. Die Lesung di 4 -di 4 von TUR.TUR in diesem Kontext ergibt sich aus der als „F“ zitierten syllabischen Parallele VAT 1387 Rs. 3'. Die Folge ga-ara 3 di 4 -di 4 – ga-ara 3 gal-gal „kleine Käse – große Käse“ kommt auch in „Dumuzi und Enkimdu“ 60 vor.41 Die umgekehrte Reihenfolge mit Einschub von ga-ara 3 gazi „(mit) Kresse (gewürzter) Käse“ findet sich in „Enlil und Sud“ 114.42 38

Sefati 1998, 327; Attinger, Dumuzi et Enkimdu, 3 und 6 mit Anm. 48: „Probablement lait coupé d’eau et parfumé aux herbes.“ Dort auch eine Übersetzung unserer Textparallele C: „Quoique n’étant pas les eaux en crue du printemps, le lait au a été versé pour lui (Dumuzi) sur les champs.“ 39 So z. B. Attinger, Lexique, 97 („babeurre“) mit Belegen. 40 Lesung nach Kollation; Falkowitz 1980, 152 las i 3 ˹ i n ˺ - t a g 4 - e „separates from the cream“ anstelle von i 3 - i m - r u - e . 41 Sefati 1998, 327; Attinger, Dumuzi et Enkimdu, 3. 42 Civil 1983, 56; ETCSL 1.2.2; Attinger, Compléments, 5. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Manfred Krebernik

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

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Ein neues Dumuzi-Inanna-Lied aus der Hilprecht-Sammlung (HS 2940)

Abbildung

Abb. 1: HS 2940 (Kopie M. Krebernik)

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Der Segen von Bergen und Flüssen Neues zum assyrischen tākultu-Ritual

Stefan M. Maul (Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg)

Zu den zentralen rituellen Aufgaben eines assyrischen Königs zählte es, für Land und Leute das Wohlwollen der Götter zu erwirken und dauerhaft zu erhalten. Dem König oblag als oberstem Priester die Hege und Pflege des Assur und aller anderen Gottheiten seines Landes.1 Er hatte sich um Erhalt, Ausstattung und Versorgung der Gotteshäuser zu kümmern sowie den Göttern in Festen und Ritualen demütig als Repräsentant der ihm anvertrauten Menschheit gegenüberzutreten.2 Nur wenn der assyrische König diesen bis in Einzelheiten genau festgelegten Aufgaben gerecht wurde, durfte er mit Stabilität und Erfolgen rechnen. Von der mittelassyrischen Zeit an ist eine aufwendige Zeremonie belegt, deren Ziel es war, den Segen aller Götter auf die Stadt Assur, das gesamte Land sowie auf den König und sein Volk herabzurufen.3 Dabei hatte der assyrische Herrscher alle Gottheiten der Stadt Assur und auch die Götter des Landes mit einer besonderen Mahlzeit zu ehren, die aus Wasser und Brot4 bestand und wohl durch Tieropfer ergänzt wurde.5 Unter dem Pflaster des großen Vorhofs des Assur-Tempels6 fanden sich Reste von einer ganzen Reihe großer tönerner Bottiche, deren auf der Gefäßlippe angebrachte Beschriftung zeigt, daß sie eigens für eine solche tākultu („Mahlzeit“) genannte Götterspeisung angefertigt worden waren. Aus dem Bereich des Anu-

1

Maul 2008 und 2013. Van Driel 1969, 139–169; Maul 2000; Pongratz-Leisten 2017. 3 Zu dem Ritualgeschehen siehe Frankena 1954 und 1961; van Driel 1969, 159–162; Ermidoro 2015, 143–150 und Pongratz-Leisten 2017, XXXVI–XLVII. Die tākultu-Zeremonie dürfte ihren Ursprung in alten sumerischen Enlil-Riten haben (vgl. Sallaberger 1993, 143–145). 4 Siehe Meinhold 2009, 419, b+151ff. und unten VAT 19808, Vs. 3. 5 Siehe Meinhold 2009, 389, c+239 und c+246; ebd., 393, f+391; ebd. 398, i+514 und ebd., 399, k+543. 6 In den Planquadraten iB4I, iB4II, iB4V, iC4IV, iC4V und iC5I. 2

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Stefan M. Maul

Adad-Tempels stammt wohl ein weiteres solches Gefäßbruchstück mit Inschrift.7 Die Gefäße, die man im Auftrag Adad-nīrārīs I. (1307–1275 v. Chr.),8 seines Nachfolgers Salmanasser I. (1274–1245 v. Chr.)9 und vielleicht auch weiterer Herrscher der mittelassyrischen Zeit hergestellt hatte, waren wohl dazu bestimmt, die für die Zeremonie benötigte Opfermaterie aufzunehmen. Einer dieser Tontöpfe, dessen oberer Rand einen Durchmesser von etwa 60 cm aufwies, fand laut Inschrift für die Göttermahlzeit Verwendung, die Adad-nīrārī I. anläßlich seines Amtsantritts ausgerichtet hatte.10 Die beschrifteten Lippen anderer, teilweise noch größerer Vorratsbehälter zeugen davon, daß das Göttermahl nicht allein beim Regierungsantritt eines Königs stattfand. Die Gefäßinschriften lassen keinen Zweifel daran, daß ein und derselbe König die Götterspeisung in seiner Amtszeit drei-11 oder sogar viermal12 vollzogen hatte. Wir wissen freilich nicht, ob dies in regelmäßigen Abständen, anläßlich von Jubiläen oder aber zu einem gegebenen Anlaß als Zeichen des Dankes geschah, oder aus dem Wunsch heraus, sich in einer Notlage göttlichen Wohlwollens zu versichern.

7

Die Gefäßscherbe Ass 7221 wurde im Planquadrat eC5III gefunden (zu Einzelheiten siehe Pedersén 1997, 115 und Grayson 1987, 213f., A.0.77.25). Dort ist der Name Salmanassers I. genannt, aber der Verweis auf die tākultu-Zeremonie nicht erhalten geblieben. Die bereits von R. Frankena vorgeschlagene Ergänzung (Frankena 1954, 52) ist wahrscheinlich, aber letztlich nicht beweisbar. 8 Siehe Anm. 10. 9 Gefäßscherbe Ass 18537 (siehe dazu Pedersén 1997, 125 mit weiterführenden Angaben und Grayson 1987, 215, A.0.77.27) sowie Gefäßscherbe Ass 18984+ (siehe dazu Pedersén 1997, 126 mit weiterführenden Angaben sowie Grayson 1987, 214, A.0.77.26). 10 Gefäßscherbe Ass. 18516 A (siehe dazu Pedersén 1997, 124f. mit weiterführenden Angaben sowie Grayson 1987, 161, A.0.76.27). Die Inschrift lautet: ša tākulti / ša rēš šarrūti ša Adad–nīrārī ukli. Das in Graysons Textrekonstruktion vorangestellte š[a bīt Aššur] fehlt im Original bzw. wurde dort mit Absicht ausradiert. Darüber hinaus kann König Adadnīrārī I. mit Sicherheit lediglich ein weiteres entsprechendes Gefäßrandstück zugewiesen werden (Ass 18548; siehe Pedersén 1997, 125). Die von O. Schroeder in Schroeder 1922 als KAH II, Nr. 32 präsentierte Inschrift (= Grayson 1987, 162, A.0.76.28) wurde aus mehreren Fragmenten rekonstruiert, die nicht zu demselben Gefäß gehören, so daß die Zuweisung an Adad-nīrārī I. vorerst einer sicheren Grundlage entbehrt. 11 So laut der Inschrift der Gefäßscherben Ass 18667 (zu Einzelheiten siehe Pedersén 1997, 125) und Ass 18714 (siehe ebd., 126). In beiden Inschriften ist der Name des Königs, der das Mahl hatte ausrichten lassen, nicht erhalten. 12 So laut der Inschrift der Gefäßscherben Ass 18203 a+b (zu Einzelheiten siehe Pedersén 1997, 123), Ass 18528 (siehe ebd., 125), Ass 18705 a+ (siehe ebd., 126) und Ass 18803 (siehe ebd., 126). Der Name des Königs, der das Mahl hatte ausrichten lassen, ist in keiner der Inschriften erhalten. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Der Segen von Bergen und Flüssen

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Aus der neuassyrischen Zeit wurden zwar keine entsprechend beschrifteten Vorratsgefäße bekannt, doch aus dieser Epoche stammen mehrere Texte, die uns eine Vorstellung vom Verlauf der tākultu-Zeremonien vermitteln.13 Demnach erstreckte sich die Speisung der zahlreichen Götter in den Gotteshäusern der Stadt Assur über mehrere Tage14 und wurde zumindest in einigen Fällen sowohl am Morgen als auch am Abend durchgeführt.15 Während der König in einem Tempel oder vor einer Gruppe von Gottheiten seine Opfergaben präsentierte,16 wurden die jeweiligen Gottheiten vermutlich von einem Beschwörer17 jeweils einzeln namentlich angerufen und dann gemeinsam in einem kurzen Gebet um ihren Segen als Gegengabe gebeten. Ein Textzeuge aus der Zeit des Aššur-etel-ilānī (631–627 v. Chr.) läßt erkennen, daß im Rahmen der tākultu-Zeremonie nicht allein den Göttern der Stadt Assur und denen des assyrischen Reiches, sondern auch den Mauern und Stadttoren Assurs,18 dem Tigris und seinen Kiesinseln, den Wolken, den Meeren, den Sternen und selbst den Winden Speis und Trank dargebracht wurde, um sie dann um ihren Segen zu bitten.19 So sollte der gesamte Kosmos auf das Wohl Assyriens verpflichtet werden. Auch die Berge und Flüsse wurden angerufen.20 Im Verlauf der Götterspeisung berücksichtigte man sogar die Darstellungen von Bergen und Flüssen, die sich im Assur-Tempel befanden.21 Es scheint, daß selbst sie mit Speisen versorgt wurden.

13

Editionen der einschlägigen Texte liegen vor in: Frankena 1954 und 1961, Menzel 1981, Band 1, Texte Nr. 53–61, T 113–T 144 und Meinhold 2009, 377–425. Siehe außerdem Parpola 2017, 103–128, Texte Nr. 38–48 (diese Textbearbeitungen sind teilweise stark veraltet). Die englische Übersetzung eines im Rahmen der tākultu-Zeremonie gesprochenen Gebetes findet sich in Foster 2005, 335, Abschnitt III.5b. Ein weiterer, erst jüngst bekannt gewordener Textvertreter (VAT 10630 = Jakob 2018, 107–109, Text Nr. 53) stammt aus mittelassyrischer Zeit. R. Frankenas Vermutung, die neuassyrischen Textvertreter „go back to older middle-Assyrian texts“ (Frankena 1954, 128), findet in diesem Stück Bestätigung. 14 Siehe Frankena 1954, 129 und die Belege in Meinhold 2009, 387, b+191f. und ebd., 398, i+514–516. 15 Siehe Meinhold 2009, 387, b+191f.; ebd., 390, d+285, Textvertreter B und ferner ebd., 392, e+336. 16 Das Agieren des Königs ist explizit in Meinhold 2009, 399, k+543f. erwähnt. 17 Dazu siehe unten. 18 Siehe Meinhold 2009, 417, a+85–92. 19 Siehe Meinhold 2009, 418, b+107–123. 20 Siehe Meinhold 2009, 418, b+99–101 und b+113f. Siehe außerdem ebd., 382, 50; ebd., 387, ebd., b+177f.; ebd., 395, g+450f. und ferner ebd., 393, f+375 sowie den Beleg aus mittelassyrischer Zeit in Jakob 2018, 102, Text Nr. 53, Rs. 12f. 21 Siehe Meinhold 2009, 380, 26–27 und ebd., 381, 35. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Stefan M. Maul

VAT 19808 (Abb. 1–6)22 Aus dem Tafelbestand des sog. Hauses des Beschwörungspriesters23 in Assur wird nun ein Tontäfelchen bekannt, das die an Berge und Flüsse gerichtete Segensbitte enthält, die bei einer von König Assurbanipal (669–631 v. Chr.) ausgerichteten Götterspeisung gesprochen werden sollte. Der Beschwörer (mašmaššu) Kiṣir-Aššur hatte sie, wie dem Kolophon zu entnehmen ist, niedergeschrieben.24 Hierfür verwendete er, wie häufig, um Notizen zu machen oder kurze Textauszüge festzuhalten, eine kleine querformatige Tafel.25 Am Anfang des stark beschädigten Kolophons dürfte, so wie bei vielen vergleichbaren Stücken, die Bemerkung gestanden haben, daß der Schreiber den Text „zur Vorbereitung der Durchführung“26 (der Götterspeisung) aufgeschrieben hatte. Bewahrheitet sich diese Ergänzung, war es der Heiler und Beschwörer Kiṣir-Aššur, der wohl in seiner Eigenschaft als mašmaš bīt Aššur27 die tākultu-Zeremonie des Assurbanipal leitete, die Gottheiten namentlich anrief und die Segensbitte sprach. Das vorliegende Gebet ist, so wie einige weitere tākultu-Segensbitten, in der 1. Pers. Plural verfaßt.28 Der König wird dort als „unser Herr“ bezeichnet. Diese Formulierung kann als Hinweis darauf verstanden werden, daß die Segensbitten öffentlich, in Anwesenheit eines Publikums laut und vernehmlich vorgetragen wurden, und der Beschwörer dabei im Namen der Bevölkerung Assurs und des ganzen assyrischen Königreichs sprach.

22 Photographien im Auftrag der Assur-Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und des Vorderasiatischen Museums zu Berlin von E. Korinth. 23 Zu dem sog. Haus des Beschwörungspriesters und der dort entdeckten Tontafelsammlung siehe Pedersén 1986, 41–76 und Maul 2010, 189–228 jeweils mit weiterführender Bibliographie. 24 Von der Fundnummer der Tafel ist nur noch der Buchstabenindex a bekannt, der mit Tinte auf die Tafel geschrieben wurde. Die Zugehörigkeit zu dem Tafelbestand aus dem sog. Haus des Beschwörungspriesters ergibt sich aus dem Kolophon. 25 Der linke und der untere Seitenrand der Tafel sind abgebrochen. Die Tafel besitzt eine Länge von 68 mm, eine Breite von 99 mm und eine maximal Dicke von 24 mm. 26 ana ṣabāt epēši. 27 Aufgrund von Kolophonen kann die Laufbahn des Kiṣir-Aššur vom „jungen Assistenten“ (šamallû ṣeḫru) bis zum „Beschwörer des Assur Tempels“ (mašmaš bīt Aššur) rekonstruiert werden (siehe Maul 2010, 208). Es war bereits bekannt, daß der Höhepunkt seiner Karriere in die Regierungszeit des Assurbanipal fiel (siehe ebd., 205). 28 Siehe VAT 19808, Vs. 4 und 10 und die im Kommentar zu Vs. 4 genannten Parallelstellen.

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Der Segen von Bergen und Flüssen

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Wie die vergleichbaren bekannten tākultu-Segensbitten aus neuassyrischer Zeit29 ist auch das mit VAT 19808 bekanntwerdende Gebet in einem von Assyriasmen30 durchsetzen Standard Babylonian gehalten. In Stil, Wortwahl und Wendungen unterscheidet sich der Text kaum von bereits bekannten tākultu-Gebeten, so daß schwer zu entscheiden ist, ob die an Berge und Flüsse gerichtete Segensbitte eigens für die von Assurbanipal veranstaltete tākultu-Zeremonie formuliert wurde oder aber auf eine ältere Textvorlage zurückgeht. Ein Vergleich des Gebetes, das anläßlich der Thronbesteigung des Assurbanipal gesprochen wurde, mit der vorliegenden Segensbitte liefert jedoch ein Argument für die Annahme, daß die tākultu-Segensbitten der jeweiligen Zeit und dem jeweiligen Anlaß angepaßt wurden. Während nämlich bei der Inthronisation des Assurbanipal für den König die „erste Stellung unter den Königen“31 erbeten wurde, erwünschte man sich bei der tākultu-Zeremonie des Assurbanipal, daß des Königs „Nachfahren erste Stellung unter den Königen“32 einnehmen mögen. Dies klingt so, als habe die von Assurbanipal ausgerichtete Götterspeisung viele Jahre nach seiner Krönung stattgefunden, als seine Vormachtstellung zwar unstrittig war, aber die Sorge vor der nahenden Zeit eines Thronwechsels laut wurde. VAT 19808 wirft darüber hinaus ein ganz neues Licht auf die tākultu-Zeremonie. Während bislang kein Zweifel daran zu bestehen schien, daß Speis und Trank für die Götter als Spende des Königs galten, belehrt uns Z. 3 des hier vorgelegten Textes, daß es Brot und Wasser des Assur waren, die der König den Gottheiten darbrachte. Aus einer Segensbitte wird auf diese Weise ein Segensverpflichtung, denn mit der aus einem Segen bestehenden Gegengabe haben Flüsse und Berge nicht den assyrischen König zu beschenken, sondern den obersten Gott Assur, der in Z. 2 unseres Textes explizit als deren Liebling und Herr bezeichnet ist. Die für König, Stadt und Land ausgesprochenen Segenswünsche mögen auch für den Jubilar, dem ich mich seit Jahrzehnten verbunden fühle, in Erfüllung gehen! 29

Siehe Meinhold 2009, 387, b+185–192 (Segensbitte an die Gottheiten der Stadt Assur); ebd., 390, d+278–287 (Segensbitte an die Gottheiten der Stadt Ninive); ebd., 392, e+359– 361 (Segensbitte an die Gottheiten der Stadt Arbela); ebd., 393, f+378–383 (Segensbitte an die Gottheiten der Stadt Tua) und f+384–394 (Segensbitte an die Gottheiten der Stadt Ganina); ebd., 395f., h+452–486 (Segensbitte an alle Gottheiten Assyriens); ebd., 419, b+144–171 (Segensbitte an die Gottheiten Assurs und Assyriens). Vgl. auch das verwandte Gebet aus dem sog. Krönungsritual Assurbanipals LKA 31 (Livingstone 1989, 26– 27, Text Nr. 11). 30 So die assyrische Bezeichnung des Subjunktivs mit dem Suffix -ni in Rs. 6' (i-ḫa-ṭu-u-ni; i-˹gu˺-[ú(-ni)]), der assyrische Genitiv Sg. auf -e in Vs. 9 (a-šá-red-du-te) und in Rs. 7' (še-b]u-u-te), der assyrische Genitiv / Akkusativ Pl. auf -ē in Vs. 9' (šu-me), die nach GAG § 10a–b unterbliebene Angleichung von a zu e in pa-ti-tu in Vs. 6 (statt bab.: petītu) sowie der assyrische Imperativ raddiʼā in Vs. 12 (statt bab.: ruddâ). 31 Livingstone 1989, 27, Text Nr. 11 (LKA 31), Rs. 1f. (ašareddūtu eli šarrānī). 32 VAT 19808, Vs. 9. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Umschrift Vs. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

[i-na ta-kú]l-ti KUR.MEŠ ÍD.MEŠ dAš-šur ik-kàr-r[a-ab] [ ]-x-ma dAš-šur Á¤-ku-nu EN-ku-nu ˹ú˺?-[ ] d [aklu DÙG.G]A šá Aš-šur ak-la A.MEŠ DÙG.GA.MEŠ šá d˹Aš˺-˹šur˺ [šitâ] [kur-ba a-n]a URU dAš-šur kur-ba a-na KUR dAš-šur kur-ba a-na I Aš-šur–DÙ–A E[N-ni] [mit-gur-t]ú taš-mu-ú sa-li-mu ṭu-ub lìb-bi ḫu-ud lìb-[bi] [ge]r-ra-a SIG5 ABUL pa-ti-tu a-na URU dAš-šur b[i-la]-˹a˺ [UD.M]EŠ GÍD.DA.MEŠ MU.AN.NA.MEŠ da-ra-˹a˺-ti [kakku da]n-nu BAL-ú ar-ku MU.AN.NA.MEŠ ṭuḫ-di DÙG.GA.MEŠ [pér-ʼi NUMU]N šu-me a-šá-red-du-te UGU LUGAL.MEŠ-ni [a-na] ˹I˺Aš-šur–DÙ–A EN-ni di-na-niš-šú [ ] x-ku-nu SAḪAR.ḪI.A G̃ ÌRII-ku-nu tub-ka [ ] x ḫa-ši-mu ra-di-a ? [šá ] x x x-tú ta-˹dir˺-tú pu-luḫ-˹tú˺ [ LU]GA[L?-ut-s]u u[s-ḫa] [ ]x[ ] (abgebrochen)

Rs. 1' 2' 3' 4' 5' 6' 7' 8' 9' 10'

[ ] x.MEŠ KUR.[MEŠ? ] d [ ] Aš-šur la ta-ḫab-˹ba˺-ta x x [ ] [ (-)l]i-ti la ta-nam-˹di˺-[na ] [ ](-)li-ti ma-rat KUR x [ ] [ ] x GI-da-ti la ta-šak-k[a-na] [š]á a-na dAš-šur i-ḫa-ṭu-u-ni a-na KUR ˹d˺˹Aš˺-˹šur˺ i-˹gu˺-[ú(-ni)] [i-na še-b]u-u-te a-a il-[lik] [ ]-lil BÀD-šú li-sa-˹pi˺-˹iḫ˺ [ ] x SAḪAR.ḪI.A lim-[mi-lu (?)] [ ] x ŠÚ? dUTU li-im-ṭ[a-a]

11'

[ana ṣabāt epēši] ˹I˺˹Ki˺-˹ṣir˺–˹AN˺.˹ŠÁR˺ ˹DUMU˺ ˹I˺.˹d˺[Nabû– bēssun(u) issuḫa] (leer; dann Rand)

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Der Segen von Bergen und Flüssen

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Übersetzung Vs. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

[Beim tāku]ltu-Mahl für die Berge (und) die Flüsse wird Assur geseg[net]: [ (Imperativ Pl.?) ]… und dann wird Assur, euer Liebling, euer Herr, [euch? …]. [Das gu]te Brot des Assur eßt, das gute Wasser des Assur [trinkt]! [Segnet] die Stadt Assur, segnet das Land Assur, segnet Assurbanipal, [unseren] He[rrn]! [Die Bereitschaft übereinzukomm]en (?), die Bereitschaft Folge zu leisten, Frieden, Wohlbefinden, Freude, guten [Leu]mund (und) ein offenes Stadttor bringt der Stadt Assur! Gebt lange [Ta]ge, ewige Jahre, [eine] star[ke Waffe], eine lange Amtszeit, gute Jahre der Fülle, [Sprößlinge, Sam]en, Nachfahren von erster Stellung unter den Königen [dem] Assurbanipal, unserem Herrn! [Den …] eurer …, den Staub eurer Füße schüttet auf, (und) für das Lagerhaus gebt noch [ ] dazu! [ ] …, Depression, Furcht, [ ] des[sen Kö]nig[tum] rei[ßt aus (?)]! [ ]…[ ]. (abgebrochen)

Rs. 1' 2' 3' 4' 5' 6' 7' 8' 9' 10'

[ ] …, Berg[e ]. ? ]! [Das Land ] (des) Assur dürft ihr nicht ausrauben … [ ? [ ] … dürft ihr (es ) nicht ge[ben]! [ ]…[ ]. [ ] … dürft ihr nicht bereitstellen! [W]er sich gegen Assur versündigt, das Land Assur vernach[lässigt], möge das [Greisen]alter nicht erleben. [Sein … möge nicht rein] sein (?), seine Mauer möge sich auflösen! [Sein ] möge Staub ver[finstern?]! [Seine Leute (?) ] … mögen Mangel leiden!

11' [Zur Vorbereitung der Durchführung (der tākultu-Zeremonie) hat] KiṣirAššur, der Sohn des [Nabû-bēssun(u), (dies) abgeschrieben]. (Rand) © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Stefan M. Maul

Kommentar Vs. 1. Die Schreibung ta-kúl-ti findet sich auch in weiteren tākultu-Texten (siehe Meinhold 2009, 419, b+151, b+169 und ferner b+166 sowie AHw 1309). Vs. 2. Die in der Übersetzung vorgeschlagene Ergänzung der Zeile bleibt unsicher. Am beschädigten Zeilenende könnte auch ein zu bēlu, „Herr“, gehöriges attributives Adjektiv gestanden haben. Die Übersetzung müßte dann folgendermaßen lauten: [ (Imperativ Pl.?) ] … den? Assur, euren Liebling, euren … [ ] Herrn. Vs. 3. Die Gabe von Brot und Wasser ist auch dem tākultu-Skript KAR 214 (VAT 10126) zufolge das zentrale Geschehen der Zeremonie. Siehe Meinhold 2009, b+151–155: šá ta-kúl-ta ši-a-ti / e-pu-šu NINDA.MEŠ u A.MEŠ / a-na DI¤IR.MEŠ SUM-nuni / ar-ka ma-aʼ-da ra-ap-šá / a-na i-tap-pu-li di-na-niš-šú „Demjenigen, der dieses tākultu-Mahl ausrichtete und Brote und Wasser den Göttern gab, gebt im Gegenzug lang, viel und reichlich!“ Vs. 4. Vgl. die Parallelstellen in Meinhold 2009, 393, f+380–381 und 395, h+452–453 sowie ferner ebd., 387, b+187–189; 390, d+282–284; 392, e+360– 361. Vs. 5. Die Ergänzung des Zeilenbeginns ist unsicher. Sie richtet sich nach einer Formulierung aus dem sog. Krönungsritual Assurbanipals LKA 31, Vs. 14 (mit-gur-tu sa-li-mu [ina māt Aššurk]i liš-šá-kín). Die Ergänzung [kit-t]ú wäre allerdings ebenso möglich. Vs. 5–10. In dem Gebet des sog. Krönungsrituals Assurbanipals LKA 31 findet sich in den Zeilen Vs. 21–Rs. 2 eine sehr ähnliche Passage mit guten Wünschen für König Assurbanipal. Sie lautet: ūmī arkūti šanāti maʼdāti / kakku dannu palû arku šanāti ṭuḫdi ṭābāti! / [nīb šumi] ṭūb libbi ḫūd libbi gerrâ damqu u ašareddūtu / eli šarrānī ana Aššur– bāni–apli šar māt Aššur bēlīni dināniššu „Gebt lange Tage, viele Jahre, eine starke Waffe, eine lange Amtszeit, gute Jahre der Fülle, [die Benennung eines Sohnes], Wohlbefinden, Freude, guten Leumund und erste Stellung unter den Königen dem Assurbanipal, dem König des Landes Assur, unserem Herrn!“ Zwei Abschnitte aus tākultu-Gebeten weisen ebenfalls große Ähnlichkeit mit dem Passus Vs. 5–10 auf. Der eine ist aus IIIR 66 (K 252) und dem Duplikat STT 88 (+) STT 88A bekannt (siehe Meinhold 2009, 395, h+454–466) und lautet: […] / nīb šumi ṭūb libbi / ḫūd libbi / epēš ṣabûtu / epēš LUḪ SIG5 / abul pīti qātē / ana URU Aššur petâ / ūmī arkūti / šanāti dārâti kakku dannu / palâ arka / šanāti ṭuḫdi rapšāti / ašarēdūtu eli šarrānī / ana šarri (var.: Sîn– ahhē–erība) bēlīni dinā © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Der Segen von Bergen und Flüssen

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„Um …, der Benennung eines Sohnes, Wohlbefinden, Freude, der Erfüllung von Wünschen, der gelungenen Ausführung kultischer Waschungen, eines offenen Stadttors willen öffnet die Hände für die Stadt Assur! Gebt lange Tage, ewige Jahre, eine starke Waffe, eine lange Amtszeit, ausgedehnte Jahre der Fülle (und) erste Stellung unter den Königen dem König (var.: dem Sanherib), unserem Herrn!“ Der andere blieb in der spätneuassyrischen Tafel KAR 214 (VAT 10126) erhalten (siehe Meinhold 2009, 419, b+144–150). Er lautet: ūmī [arkūti / šanāti dārâti] / [kakku dannu] palû arku / šanāti ṭuḫdi ṭābāti / perʼī zēru šumē ašarēdūte / eli šarrānī / ana Aššur–etel–ilānī / dināniššu. „Gebt [lange] Tage, [ewige Jahre, eine starke Waffe], eine lange Amtszeit, gute Jahre der Fülle, Sprößlinge, Samen, Nachfahren von erster Stellung unter den Königen dem Aššur-etel-ilānī.“ Vs. 9. Die Ergänzung des Zeilenanfangs richtet sich nach KAR 214, Kol. IV, 3 (= Meinhold 2009, 419, b+147). Vs. 11. Am Zeilenanfang ist wohl -r]i-ku-nu zu lesen. Die Raumverhältnisse sprechen gegen eine chiastische Satzstruktur mit einem Imperativ Pl. am Zeilenbeginn. Da hier Berge und Flüsse angesprochen werden, ist wohl in dieser und der folgenden Zeile von Gaben die Rede, die Gebirge und Wasserläufe hervorbringen und den Leuten von Assur zugute kommen sollen. Mit dem „Staub eurer Füße“ dürften edle Metalle gemeint sein, die aus den Bergen nach Assyrien gebracht wurden (siehe dazu AHw 223a s. v. eperu(m) 3b und c). Vs. 12. redû / radāʼu D wird hier mit doppeltem Akkusativ konstruiert. Vs. 13. Möglicherweise begann mit dieser Zeile ein Fluch über den Feind Assurs. Vs. 14. Die Ergänzung des Zeilenendes, von dem nur wenige Zeichenreste erhalten blieben, ist unsicher. Rs. 1'. Vielleicht wurden Flüsse und Berge an dieser Stelle noch einmal direkt angerufen so wie in Vs. 2. Rs. 2'. Die am Zeilenende erhaltenen Spuren passen gut zu der Lesung ˹a˺-n[a …]. Möglicherweise stand dort eine Zeitangabe wie beispielsweise ana dārâti. Es scheint so, als würden hier Berge und Flüsse beschworen, der Stadt und dem Land Assur (etwa durch Naturkatastrophen) keinen Schaden zuzufügen. Rs. 4'. Die Zeichenfolge ](-)li-ti ist wohl zu einem syllabisch geschriebenen Nomen im Genitiv zu ergänzen, dem entweder ein Nomen im status constructus oder eine Präposition voranging. Rs. 5'. Die Bedeutung der Zeile bleibt weitgehend unklar. gi-da-ti könnte der Plural zu gīdu, „Sehne (eines Tieres)“, sein (siehe AHw 287b). Da die gīdātu genannten Tiersehnen zur Bogenherstellung Verwendung fanden (siehe AHw 1359a s. v. tilpānu(m) 1), ist nicht vollkommen auszuschließen, daß in der vorliegenden

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Stefan M. Maul

Zeile der Bitte Ausdruck verliehen wurde, Berge (und Flüsse) mögen keine Tiersehnen hervorbringen, die für die feindliche Waffenproduktion verwendet werden können. Oder sollte GI-da-ti zu qiddatu(m), „Beugung“, (siehe AHw 920f.) zu stellen sein? Rs. 6'. Für die durchaus denkbare Ergänzung des Zeilenanfangs als [LUGAL š]á etc. steht wohl nicht genügend Raum zur Verfügung. Die Raumverhältnisse sprechen auch gegen eine Ergänzung des assyrischen Subjunktivmarkers -ni am Zeilenende. Rs. 8'. In der ersten Zeilenhälfte dürfte eine Form des Verbs elēlu(m), „rein sein / werden“, gestanden haben. Hier wurde angenommen, daß eine Form des GStamms vorliegt. Die Ergänzung einer Form des D-Stamms oder des Dt-Stamms erscheint ebenfalls möglich. Es könnte von der Reinheit der Stadt Assur die Rede gewesen sein. Dies würde am besten zu der im folgenden erwähnten Mauer passen. Stattdessen könnten freilich auch (unreine) Opfer, Riten etc. Gegenstand des ersten Teils des Fluches gewesen sein. Rs. 9'. Zu der hier wohl vorliegenden Verbindung von eprū und (w)amālu(m) D siehe AHw 1459a. Falls sich die hier vorgeschlagene Ergänzung als korrekt erweisen sollte, liegt an dieser Stelle vielleicht eine Anspielung auf das AnzûEpos vor (siehe II, 32 und 150: mummilat epri). Rs. 10'. Am Zeilenende ist wohl nicht limdā (Imp. Pl. „erfahrt!“) sondern limṭâ zu lesen. Hierfür spricht auch die vorangehende Folge von Prekativen. Ein Prekativ f. Pl. spräche dafür, daß das feminine pluralische Nomen nišū Subjekt des Satzes war. In der Zeile könnte sinngemäß gestanden haben: „Seine Leute (?) mögen auf Weisung (des … und) des Šamaš Mangel leiden!“ Rs. 11'. Da Kiṣir-Aššur hier wie in vielen weiteren Kolophonen von seiner Hand seinen Titel nicht notierte, läßt sich nicht beweisen, daß er die hier vorgestellte Tafel als hochgestellter mašmaš bīt Aššur schrieb (siehe hierzu Maul 2010, 208).

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Der Segen von Bergen und Flüssen

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Abbildungen

Abb. 1: VAT 19808, oberer Rand

Abb. 2: VAT 19808, Vs.

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Der Segen von Bergen und Flüssen

Abb. 3: VAT 19808, Rs.

Abb. 4: VAT 19808, unterer Rand

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Stefan M. Maul

Abb. 5: VAT 19808, linker Seitenrand

Abb. 6: VAT 19808, rechter Seitenrand

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Zur Beendigung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit Der Fall des Ilī-u-Šamaš aus Nippur

Wiebke Meinhold (Universität Genf)

Vermögensstrafen bis hin zur Versklavung drohten adoptierten Personen, die ihr Adoptionsverhältnis aufkündigten. Trotzdem trat in Nippur während der Regierung Samsu-ilunas ein Mann namens Ilī-u-Šamaš vor Richtern auf und erklärte gegenüber seinem Adoptivvater: „Mein Vater bist du nicht mehr!“ Wie konnte er das wagen? Welchen Hintergrund hatte dieses Rechtsgeschäft? Eine eingehende Untersuchung der entsprechenden Urkunde sowie weiterer Quellen zur Familie des Adoptivsohns gibt Einblicke in die Geschichte einer Familie, die nicht zu den bekannten wohlhabenden Familien Nippurs zählte, sondern mit Schicksalsschlägen und wirtschaftlicher Not zu kämpfen hatte. Die Adoptionsbeendigung im Fallbeispiel wird diskutiert vor dem Hintergrund aller Informationen, welche zu diesem Rechtsakt in altbabylonischen Quellen zu finden sind. Dass sich die Geschichte des Ilī-u-Šamaš bis in seine Kindheit zurückverfolgen lässt, darf mit dem Interesse des Jubilars rechnen. Konrad Volk, zu dessen vielfältigen Forschungsschwerpunkten und Interessengebieten das Thema „Kindheit und Erziehung“ zählt, sei dieser Beitrag gewidmet. Ihm gilt mein Dank dafür, dass er mein Interesse für die altorientalische Rechts- und Sozialgeschichte geweckt und mich in meiner Forschung maßgeblich gefördert hat.

1. Das Archiv des Amurrum-šēmi Die Urkunde SAOC 44, 24, welche die erwähnte Adoptionsauflösung dokumentiert, gehört zum Archiv des Adoptivvaters Amurrum-šēmi, das in den Grabungskampagnen 1951–1952 auf dem sogenannten „Tablet Hill“ in Nippur in Haus N im Grabungsabschnitt TA gefunden wurde.1 D. Charpin hat das Archiv bereits eingehend besprochen.2 Seine Ergebnisse seien hier kurz referiert. Bislang sind 1 2

Stone 1987, 59–64, Pl. 18–24. Charpin 1989, 105–108, und 1990, 11; siehe auch van Driel 1990, 570–572. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Wiebke Meinhold

neun Urkunden aus dem Archiv des Amurrum-šēmi bekannt, publiziert als SAOC 44, 18–26. Soweit das Datum erhalten ist, datieren sie in einen Zeitraum von RīmSîn 37 bis Samsu-iluna 7.3 • Vier der Urkunden dokumentieren, wie Amurrum-šēmi verfallenes, neu zu bebauendes Hausgrundstück ((é) ki-šub-ba 4) von seinem Nachbarn Sapḫum-lipḫur erwarb. Zunächst tauschte er jeweils 36 m2 (1 sar) solchen Hausgrundstücks mit ihm (SAOC 44, 20, RiSi 59). Das im Tausch gegebene Grundstück kaufte Amurrum-šēmi dem Sapḫumlipḫur allerdings später wieder ab, zusammen mit weiteren 36 m2, welche Sapḫum-lipḫur durch Kauf erworben hatte (SAOC 44, 19, ohne Datum5). Mit diesem Kauf erhielt Amurrum-šēmi von Sapḫum-lipḫur dessen frühere Erwerbsurkunden (SAOC 44, 18, RiSi 37; SAOC 44, 21, RiSi 59). • In SAOC 44, 22 (Ḫara 43) forderte Watar-pīša, der in der Regierungszeit Ḫammu-rāpis 144 m2 verfallenes Hausgrundstück an Amurrumšēmi verkauft hatte, nach einem Edikt anlässlich der Thronbesteigung Samsu-ilunas sein Grundstück oder den früheren Kaufpreis zurück. Amurrum-šēmi beschloss, das inzwischen durch ihn bebaute Grundstück zu behalten, und zahlte den Kaufpreis ein zweites Mal. • SAOC 44, 23 (Sail 5) dokumentiert ein verzinsliches Getreidedarlehen, das Amurrum-šēmi bei einer nadītum des Ninurta aufgenommen hatte. Vermutlich hatte er die Urkunde nach der Rückzahlung des Darlehens zurückbekommen und in seinem Archiv aufbewahrt. • SAOC 44, 25 und 26 (Sail 7) beziehen sich auf den Erwerb weiterer Hausgrundstücke. Amurrum-šēmi kaufte von Apil-Amurrum ein Hausgrundstück ungenannter Größe für acht Schuldscheine über insgesamt 3310 Liter (11 gu r 1 bán ) Gerste sowie 18 m2 verfallenen Hausgrundstücks zu einem nicht erhaltenen Preis in Silber.6

3

In der Angabe von Jahresdaten werden Königsnamen im Folgenden so abgekürzt: RiSi = Rīm-Sîn, Dail = Damiq-ilīšu, Simu = Sîn-muballiṭ, Ḫara = Ḫammu-rāpi, Sail = Samsuiluna. 4 Für diese Grundstücksbezeichnung siehe Jahn 2005, 20f. 5 Gemäß der Kopie SAOC 44, 19 enthält die Tafel kein Datum. Keine Angaben wurden aber zum oberen Rand gemacht. Es ist nicht auszuschließen, dass dort das Datum steht. Es sollte nach RiSi 59/10/– liegen, dem Datum der Tauschurkunden SAOC 44, 20 und 21. Eine Kollation wäre erforderlich. 6 Stone 1987, 63, und Charpin 1989, 107f., nahmen an, dass in SAOC 44, 25 die Bezahlung des in SAOC 44, 26 gekauften Grundstücks dokumentiert sei. Dagegen sprechen aber die Preise: In SAOC 44, 19 (Datum abgebrochen) und 22 (Ḫara 43) kosteten 36 m2 k i - š u b - b a 1,25 Schekel Silber. Für das in SAOC 44, 26 gekaufte k i - š u b - b a -Grund© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Zur Beendigung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit

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• SAOC 44, 24 (ca. Sail 26) ist die eingangs zitierte Urkunde über Adoptionsbeendigung, die sogleich ausführlich besprochen wird. Mit Ausnahme der letztgenannten sind alle Urkunden im Archiv des Amurrum-šēmi von Zeugen mit figürlichen Siegeln gesiegelt. Das entspricht nicht der in Nippur gängigen Siegelpraxis. Auf Urkunden bezüglich Veräußerung von Eigentum – z. B. Kauf, Tausch, aber auch Eheschließung und Adoption, in denen Vermögensübertragungen eine wichtige Rolle spielten – siegelte dort stets die Partei, die ein Recht aufgab oder eine Verpflichtung einging, und zwar mit einem sogenannten „burgul-Siegel“, das nur Namen und Filiation der betreffenden Person(en) enthielt, aber keinerlei figürliche Darstellung.7 Hinzu kommen für Nippur untypische Eigenheiten bezüglich Tafelform, Schriftduktus, Formular und Personennamen.8 E. Stone vermutete aufgrund dieses Befunds, die frühen Bewohner von Haus N seien aus einer anderen Region Mesopotamiens nach Nippur gekommen und hätten ihre eigenen Traditionen mitgebracht.9 D. Charpin hingegen hielt es für wahrscheinlicher, dass Amurrum-šēmi ursprünglich in der Nähe von Nippur gelebt habe, in einer Ortschaft, in der Urkunden in der Tradition der Stadt Larsa ausgestellt wurden. Bereits damals habe er wirtschaftliche Verbindungen nach Nippur unterhalten. In den politisch-wirtschaftlichen Wirren des Jahres Samsuiluna 9 habe er dann in Nippur Zuflucht gesucht und den Großteil seines Archivs mitgebracht.10

2. Die Urkunde SAOC 44, 24 Einzig die Urkunde SAOC 44, 24 entspricht in allen Einzelheiten von der Tafelform über das Formular bis hin zur Siegelpraxis mit „burgul-Siegel“ den Gepflogenheiten von Nippur. Zudem ist der erste Zeuge, Apil-ilīšu, der „Aufseher des Tempels der Muttergöttin Di£irmaḫ“ (ugu la é di£ir-maḫ ), auch in anderen stück von 18 m2 Fläche wäre demnach ein Kaufpreis von ca. 0,625 Schekel Silber zu erwarten. Die übertragenen Schuldscheine in SAOC 44, 25 umfassen aber Darlehen von insgesamt 3310 Litern Gerste. Legt man einen Preis von 1 Schekel Silber für 300 Liter (= 1 g u r ) Gerste zugrunde, siehe z. B. Stol 1998, 91, dann ging es hier um mehr als 11 Schekel Silber, ein Vielfaches des in der Kaufurkunde zu erwartenden Preises! 7 Siehe Goddeeris 2012, 216–227. Darlehen-, Pacht- und Mietverträge hingegen wurden auch in Nippur sowohl von den Vertragsparteien als auch von Zeugen mit figürlichen Siegeln gesiegelt. Prozessurkunden tragen je nach Inhalt b u r g u l -Siegel oder figürliche Siegel. 8 Siehe Charpin 1989, 109–111, und Stone 1987, 62 mit Anm. 56 für SAOC 44, 18–21 und 26. 9 Stone 1987, 62, 64. Kritik an Stones Ausführungen übte van Driel 1990, 570f. 10 Charpin 1989, 111–112. Zur wirtschaftlichen Krise in den Jahren Samsu-iluna 8–16 siehe Stone 1977; Charpin 2004, 336–340; Goddeeris 2016, 195, 368 zu TMH 10, 105; Meinhold 2019. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Wiebke Meinhold

Urkunden aus Nippur als Zeuge genannt in einem Zeitraum von Samsu-iluna 8–29.11 Daraus folgerte D. Charpin (1989, 111), dass SAOC 44, 24 wohl der jüngste Text im Archiv des Amurrum-šēmi sein müsse, der nach der Übersiedlung des Archivinhabers in Nippur entstanden sei. SAOC 44, 24 unterscheidet sich in der Thematik von den übrigen Urkunden im Archiv des Amurrum-šēmi. Es geht hier weder um den Erwerb von Grundstücken noch um Darlehen, sondern um die Beendigung eines Adoptionsverhältnisses zwischen dem Adoptivsohn Ilī-uŠamaš und dem Adoptivvater Amurrum-šēmi. Die von E. Stone (1987, Pl. 49) als SAOC 44, 24 publizierte Tontafel wird unter der Museumsnummer IM 58783 im Iraq Museum in Bagdad aufbewahrt. Sie ist in zwei Fragmenten erhalten. Ein kleineres Fragment stammt von der linken oberen Ecke. Das größere Fragment bildet den unteren Teil der Tafel. Zwischen beiden Fragmenten ist höchstens eine kleine Lücke anzusetzen. Das in SAOC 44, Pl. 49, publizierte Hüllenfragment gehört aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu der Tafel SAOC 44, 24, da keine Übereinstimmung festzustellen ist.12 Für die folgende Edition konnte der Text anhand von Fotos der Tafel kollationiert werden,13 die Dr. Anmar Fadhil freundlicherweise für mich angefertigt hat. Dafür gilt ihm mein herzlicher Dank. Ebenso danke ich Professor McGuire Gibson und der Direktion des Iraq Museums, welche die Fotoaufnahmen durch ihre Genehmigungen ermöglichten. Umschrift und Übersetzung Vs.

1 2 3 4 5

I

ì-lí-ù-[dutu du mu ma-ar-ti-er-ṣe-tim] ki ma-ar-ti-er-ṣ[e*-tim ama-ni-ta] Id mar-tu-še-m[i du mu ú-ba-a-a-tum-ke 4] na[m]-ibila-a-ni-š[è ba-an -da-ri] [mu] 20*-àm* […] (abgebrochen)

Den Ilī-u-[Šamaš, den Sohn der Mārti-erṣetim], hatte von Mārti-erṣ[etim, seiner Mutter], Amurrum-šēm[i, der Sohn von Ubajatum], als seinen Erben [adoptiert]. 20 [Jahre waren vergangen (…)]

Lücke von 0–2 Zeilen 8' 9'

[… ba-na]-˹an*-du 11*˺ [Idmar-tu-še-mi] ad-da-ni

[… hat er zu ihm ge]sagt. [Amurrum-šēmi], sein Vater,

11

Siehe unten Kommentar zu SAOC 44, 24: Rs. 4. Umschrift des Hüllenfragments SAOC 44, 24: 1' […] x x - d è - e š / m a 2' […]-de n - ˹ l í l ˺ 3' […] s e s - a - n i 4' […]-dsìn 5' […] x 6'–9' […] 10' […-de ] n ? - l í l 11' [… s ] e s - a - n i 12' [… N]I? EŠ 13' [… r ] a. 13 Zeichen, die aufgrund von Kollation anders gelesen werden, als die Kopie SAOC 44, 24 nahelegt, werden mit „*“ gekennzeichnet. 12

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Zur Beendigung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit

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10' [di-ku 5-e-ne] gaba i-íb-ri 11' [igi-ni] in-£ar-ma

17'

hat sich an [die Richter] gewandt, [ist (vor ihnen) er]schienen und (hat erklärt): [x] mu 20-àm DA* NE È A „[Nachdem] 20 Jahre (seit der Adoption) vergangen waren, hat er (= Ilī-u-Šamaš) ad-da-£u 10 nu-me-en ‚Mein Vater bist du nicht mehr!‘ gesagt.“ im-ma-an-du 11 di-ku 5- e-ne dmar-tu-še-mi-ra Die Richter haben Amurrumšēmi erlaubt (wörtlich: gesagt), nam-ibila-a-ni-ta sar-re-da (ihn, Ilī-u-Šamaš) aus der Stellung als sein Erbe fortzuschicken ù dub enim nu-£ ar-ra und (ihn) eine Tafel mit einem Klageverzicht ausstellen taka 4-e-d a in -n a-an -ne-eš zu lassen. Dass in Zukunft Ilī-u-Šamaš u 4-kúr-šè ì-lí-ù-dutu

1

ù ibila-ne-ne a-na me-a-bi

12'

13' 14'

15'

16'

Rs.

2

3

4

5 6 7

8 9 10

und seine Erben, so viele es sein mögen, d auf eine Stellung als Erben nam-ibila mar-tu-še-mi-ra gegenüber dem Amurrušēmi enim nu-um-£á-£á-a mu keinen Anspruch erheben werden, lugal-bi in-pà hat er (= Ilī-u-Šamaš) mit einem Eid beim König geschworen. igi a-pil-ì-lí-šu ugula é Vor Apil-ilīšu, dem Aufseher des di£ir-maḫ Heiligtums der (Muttergöttin) Di£irmaḫ, igi di£ir-šu-ib-ni-šu dumu vor Ilšu-ibnīšu, dem Sohn von Daššeda(?), da?-aš-še-da [igi] di£ir-ma-an-šúm dumu [vor] Di£ir-manšum, dem Sohn d nanna-an-dùl von Nanna-andul, [igi Šunū]ma- / Šum]ma-di£ir [vor Šunū]ma- oder Šum]mailum, dem Sohn von Nūr-idu mu nu-úr-i-KI KI, [igi x x (x)] x dumu lú-ga-a-a [vor …]…, dem Sohn von Lugāja, [vor …]…, dem Sohn von Sîn[igi x x (x)] x du mu d sìn-re-me-ni rēmēni, [igi x x x (x)] ˹dumu˺ lú-ga-a-a [vor …], dem Sohn von Lugāja,

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[igi x x x x (x)] ˹dumu˺ ga-mi-lum 12 [igi x x x (x) d u mu (x) x] x*-i-din-nam 13 [igi en-nu-gi4-i-na-a-a(?) maš]kim ?* di*-ku 5* 14 [igi ur du-£u 10 a ga-ús pu-úḫ-r u]-um*(?) (abgebrochen)

[vor …], dem Sohn von Gāmilum, [vor …, dem Sohn von …] …-iddinam, [vor Ennugi-īnāja, dem Komm]issär des Richters, [vor Urdu£u, dem Gendarm der Versammlu]ng.

Lücke: Es fehlt wahrscheinlich nur die Siegelabrollung. 1' 2' o.Rd. 3' 4'

i[t i ? …] [mu …]

M[onat … (, Tag …)] [Jahr …]

[…] x (x) […]

[…] … […]

Siegelabrollung: 1 2

ì-lí-ù-dutu dumu ma-ar-ti-er-ṣe-tim

Ilī-u-Šamaš, Sohn der Mārti-erṣetim.

Kommentar Vs. 1–3. Die Einleitung der Urkunde gleicht dem Formular von Adoptionsurkunden aus Nippur, siehe Stone / Owen (1991) Nr. 3–11, 19–23. Ebenso wie in Adoptionsurkunden gibt allein die Reihenfolge, in welcher die Akteure genannt sind, nicht sicher Aufschluss darüber, wer wen adoptierte. Genannt ist hier allerdings die leibliche Mutter Mārti-erṣetim, die ihren Sohn in Adoption gab. Aus der Siegelinschrift wissen wir, dass dieser Sohn Ilī-u-Šamaš ist. Er ist also der Adoptivsohn, Amurrum-šēmi der Adoptivvater. Die Filiation des Ilī-u-Šamaš ist gemäß der Siegelinschrift ergänzt. Der Vatersname des Amurrum-šēmi ist ergänzt nach SAOC 44, 19: 3f. und SAOC 44, 23: 4f., zwei Urkunden seines Archivs. Vs. 2. Der in dieser Zeile stehende Personenname ist in der Siegelinschrift vollständig erhalten. Die syllabische Schreibung ma-ar-ti-er-ṣe-tim zeigt, dass Mārti-erṣetim zu lesen ist, nicht Mārat-erṣetim, vgl. auch SAOC 44, 25: Rs. 4–5: d ma-ar-ti-da-nu/-um-mi. Diese Lesung ist nicht verwunderlich, da beim Nomen mārtum, „Tochter“, die Bildung des Status constructus ohne Pronominalsuffixe sowohl mit eingeschobenem Hilfsvokal -a- (mārat) als auch mit angefügtem -i(mārti) bezeugt ist, siehe CAD M I, 300ff. (z. B. 301a: CT 29, 9a: 10, wo beide Formen direkt nacheinander verwendet sind) und vgl. von Soden, GAG § 64g. Der Name Mārti-erṣetim, „Tochter der Erde“, ist das weibliche Pendant zu dem in Nippur gut bezeugten männlichen Personennamen Mār-erṣetim, „Sohn der

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Erde“, den Stamm (1939, 304f.), zu den Ersatznamen zählte. Für die Identität zwischen Mārti-erṣetim hier und in ARN 81: 5 siehe Abschnitt 3. Vs. 5. Siehe Kommentar zu Vs. 12'. Vs. 5-8'. In diesen bruchstückhaft erhaltenen Zeilen stand vermutlich die Erklärung des Adoptivsohns zwecks Adoptionsbeendigung, die der Adoptivvater in Vs. 12'–13' vor den Richtern noch einmal wiederholte. Die Größe der Lücke zwischen dem mit Vs. 5 endenden kleinen Fragment der linken oberen Ecke und dem mit Vs. 8' beginnenden großen Fragment vom unteren Teil der Tafel bleibt unklar. Da die Wiederholung der Erklärung in Vs. 12'–13' zwei Zeilen umfasst, fehlt möglicherweise gar keine Zeile. Stone (1987, Pl. 49) veranschlagte die Lücke mit zwei Zeilen. Siehe auch den Kommentar zu Rs. 1'. Vs. 9'. Vor ad -d a-ni ist kaum ein anderer Name als der des Adoptivvaters Amurrum-šēmi zu ergänzen. Da die Worte, die zur Beendigung des Adoptionsverhältnisses führten, zum Zeitpunkt des Gerichtsgangs noch nicht gesprochen waren, ist seine Bezeichnung als „Vater“ gegenüber dem Adoptivsohn sachlich richtig. Der leibliche Vater des Ilī-u-Šamaš ist in der Urkunde nirgends erwähnt. Es ist unwahrscheinlich, dass er hier genannt gewesen sein sollte. Vs. 11'. Zur Bedeutungsentwicklung von ig i £ar hin zu einer redeeinleitenden Wendung besonders in der Zeit Samsu-ilunas siehe Dombradi (1996/I, 67) und Falkenstein (1956–57/I, 60f.). Vs. 12'. Diese Zeile enthält eine Zeitangabe von 20 Jahren, die mit der Angabe in Vs. 5 übereinstimmt. Vermutlich liegen zwischen der eingangs beschriebenen Adoption und ihrer in dieser Urkunde dokumentierten Beendigung 20 Jahre, wenngleich der genaue Wortlaut fraglich bleibt. Am Anfang von Vs. 12' fehlt ein Zeichen, das weniger Platz einnimmt als das darunter stehende Zeichen AD. Eine Ergänzung von egir, was inhaltlich passen würde, kommt daher kaum infrage. Auf mu 20-àm folgen die Zeichen DA NE È A. Wie die Zeichen zu deuten sind, bleibt unklar. Die etwas ungewöhnliche Zeichenform von DU ist in aBZL, Nr. 64 verzeichnet; sie findet sich auch anderweitig in Urkunden aus Nippur, z. B. PBS 8/2, 180: 3 (Sail 21). Ein vergangener Zeitraum von mehreren Jahren wird in Urkunden aus Nippur mit den Worten mu …-kam du-ù-bi bezeichnet, siehe z. B. BE 6/2, 42: 7 (Sail 13): mu 2-kam du-ù-bi, „zwei Jahre waren vergangen“, PBS 8/2, 168: 6 (Datum abgebrochen): ˹mu˺ 20 -àm d u -ù -˹bi˺, „zwanzig Jahre waren vergangen“; vergleiche auch MHET 2/2, 162: 11 (Ḫara 11) aus Sippar: mu 3-kam ˹il˺-li-˹ku˺, „drei Jahre waren vergangen“. Vs. 14'–16'. Charpin (1990, 11) übersetzte diese Zeilen so: „les juges lui (= à Ili-u-Šamaš) ont dit de sortir? de son état d’héritier et de laisser une tablette de non-revendication.“ Dazu merkte er an: „Pour la l. 15', faut-il comprendre sar pour sír = nasâḫum? On attendrait plutôt le verbe è. l. 16', cf. ṭuppi la ragâmim ušêzibušu.“ Diese Interpretation, die inhaltlich in die richtige Richtung weist, lässt © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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sich mit Blick auf Grammatik und Lexikon verbessern. Der Dativ in der Verbalform in-na-an-ne-eš (Vs. 16') korrespondiert mit dem Dativ dmar-tu -še-mira (Vs. 14'). Die Richter sprachen also nicht zu Ilī-u-Šamaš, sondern zu Amurrum-šēmi, der sich ja auch zuvor (Vs. 9'–11') an sie gewandt hatte. Aus diesem Grund ist auch keineswegs das Verb è, „herausgehen“, zu erwarten. An dem Zeichen SAR ist epigrafisch nicht zu zweifeln, auch wenn es nach Kollation etwas anders aussieht als von Stone kopiert. Seine Verwendung und Bedeutung sind jedoch anders zu erklären als von Charpin vorgeschlagen. Es ist richtig, dass nasāḫum, „ausreißen, entfernen“, das Verb ist, das man im Zusammenhang mit Enterbung erwartet. Es findet sich in der Mehrzahl der in den folgenden Abschnitten diskutierten Texte: CH 191: a-na tar-bi-tim na-sa-ḫi-im pa-nam iš-ta-ka-an; CT 2, 31: 13 i-na ap-lu-ti-ša 14 i-sú-uḫ; Di 1851 (Van Lerberghe / Voet 1997): Rs. 19 i-na ma-ru-ut dmarduk-na-ṣi-ir 20 na-si-iḫ; YOS 2, 50 (AbB 9, 50): 11 i-na aḫ-ḫu-ti[m] 12 at-ta-sa-aḫ-šu; ARN 36: 13 I ˹ ri-im-diškur˺ n[am-ibila-ni-ta] 14 í[b-ta-an-zi oder -sar]; für weitere Belege siehe CAD N II, 3, nasāḫu 1a–2' und AHw II, 750b, nasāḫu(m) G 11. Allerdings ist eine Gleichung sar = nasāḫum nicht bezeugt. Dafür ist sar mit ṭarādum, „wegschicken“, geglichen (z. B. in MSL 1, S. 9, Tf. 1 III 30, 32, 34, 36), was hier inhaltlich gut passt. Tatsächlich werden in der lexikalischen Serie ana ittīšu beide Termini im Zusammenhang mit der Beendigung einer Adoption aufgeführt, siehe MSL 1, S. 48, Tf. 3 IV 14: [nam]-dumu-a-ni-ta íb-ta-an-sar : ana MIN (= ma-ru-ti-šu) iṭ-ru-su, „aus seiner Sohnesstellung hat er ihn fortgeschickt“ und ebd., 16: [nam-ib]ila-ni-ta íb-ta-an-zi : a-na MIN (= ap-lu-ti-šu) is-su-uḫ-šu, „aus seiner Erbenstellung hat er ihn entfernt (wörtlich: ausgerissen).“ Aufgrund dieser Einträge in ana ittīšu ist davon auszugehen, dass hier sar im Sinne von ṭarādu, „wegschicken“, anzusetzen ist. Vs. 17'–Rs. 3. Ilī-u-Šamaš schwört, dass er und seine Nachkommen in Zukunft nicht behaupten werden, Erben des Amurrum-šēmi zu sein. Mit Beendigung des Adoptionsverhältnisses verliert er seinen Erbanspruch. Rs. 4–14. Der zweite und dritte Zeuge Ilšu-ibnīšu, Sohn von Daššeda(?) (Rs. 5), und Di£ir-manšum, Sohn von Nanna-andul (Rs. 6), sind – soweit ich sehe – bislang nur in diesem Text bezeugt. Dasselbe gilt für den vierten Zeugen (Rs. 7), [Šunū]ma- oder [Šum]ma-ilum, den Sohn von Nu-úr-i-KI (sicher KI, nicht DI, kollationiert). Er ist wohl kaum identisch mit Šunūma-ilum, dem Sohn von Nūr-īde (geschrieben Nu-ri(-i)-de), der als Zeuge eines Darlehensvertrags in BE 6/2, 16: Rs. 13 (Ḫara 39/6/–) bzw. einer Adoption in BE 6/2, 24: Rs. 35 (Sail 4/11/–) bezeugt ist. Die Namen der nachfolgenden Zeugen in Rs. 8–12 sind zu fragmentarisch erhalten, um sie eindeutig identifizieren zu können. Der erste Zeuge Apil-ilīšu, der „Aufseher des Heiligtums der (Muttergöttin) Di£irmaḫ“, ist im Zeitraum von Sail 8–29 auch in weiteren Urkunden aus Nippur als Zeuge genannt: SAOC 44, 42: 25 (Sail 8/4/20); BE 6/2, 30: 1 (Sail 11/4/–); SAOC 44, 75: 16 (Sail 11/10/[…]); PBS 8/2, 133: 28 (Sail 13/5/25); BE 6/2, 42: © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Rs. 16 (Sail 13/12/–); SAOC 44, 47: 16 (Sail 18/5/25); BE 6/2, 64: Rs. 20 (Sail 29/2/20); SAOC 44, 89: Rs. 6 ([Sail …]/5/[…]). Zur Verehrung der Muttergöttin im altbabylonischen Nippur siehe Richter (2004, 144–146). Die Namen der letzten beiden Zeugen (Rs. 13f.) lassen sich aufgrund folgender Überlegungen rekonstruieren: Sollte die Lesung [… maš]kim d i-ku 5 in Rs. 13 zutreffen, so ist im altbabylonischen Nippur bislang nur eine Person belegt, welche diesen Titel trägt, und zwar Ennugi-īnāja, der am Ende der Zeugenlisten in BE 6/2, 47: Rs. 21 (Sail 17/11/–) und BE 6/2, 53: Rs. 36 (Sail 20/12a/25) // BE 6/2, 54: u.Rd. 37 (ohne Datum) erscheint. Ihm folgt in BE 6/2, 53: Rs. 37 noch Urdu£u, der aga -ús pu-úḫ-ru-um; in BE 6/2, 54: u.Rd. 36 geht er ihm voran. Er könnte auch hier in Rs. 14 zu ergänzen sein. Zu den Titeln ma škim di-k u 5 und aga -ús pu-úḫ-ru- um siehe Dombradi (1996/I, 256). Wenn diese Rekonstruktion zutrifft, dann ist mit Rs. 14 vermutlich das Ende der Zeugenliste erreicht. Rs. 1'–4'. Die Rückseite des kleinen Fragments hat Stone (1987) in SAOC 44, 24 nicht in Kopie wiedergegeben, weil die Tafeloberfläche größtenteils abgesplittert ist. Allerdings ist links, im Bereich des Zeilenanfangs, über eine Höhe von ca. drei Zeilen ein kleiner Teil unbeschrifteter Tafeloberfläche erhalten. Vermutlich handelt es sich um einen Leerraum unter oder neben einer nicht erhaltenen Abrollung des Siegels von Ilī-u-Šamaš. Unter dem Leerraum ist möglicherweise noch am Zeilenanfang die Spur von einem waagerechten Keil erkennbar, welcher zum Zeichen ITI gehören und den Beginn der Datumsformel markieren könnte. Danach fehlen ca. zwei Zeilen. Die mir zur Verfügung stehenden Fotos lassen den Anfang einer letzten Textzeile auf dem oberen Rand der Tafel erahnen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich durch eine zukünftige Kollation des Tontafeloriginals der genaue Jahresname noch wird ermitteln lassen. Wenn die im Folgenden (siehe Abschnitt 3) vorgeschlagene Rekonstruktion zutrifft, dass Mārti-erṣetim, die Mutter von Ilī-u-Šamaš, nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr Samsu-iluna 6 gemeinsam mit ihrem Schwager Apil-Amurrum ein Getreidedarlehen aufnahm (ARN 81) und ihren Sohn zur gleichen Zeit oder wenig später in Adoption gab, dann sollte die Urkunde SAOC 44, 24 nach Angabe von Vs. 5' und 12' zwanzig Jahre später datieren, also ca. in das Jahr Samsu-iluna 26 oder wenig später. Siegelabrollung. Wie in Nippur üblich, hat der den Klageverzicht leistende Ilī-u-Šamaš ein Siegel mit der Inschrift seines Namens und seiner Filiation ohne figürliche Bestandteile auf der Tafel abgerollt (sog. burgul-Siegel). Die Abrollungen bedecken die gesamte Tafeloberfläche. Auf Vorder- und Rückseite sind sie größtenteils vom Urkundentext überschrieben worden. Gut lesbar sind sie aber auf den Tafelrändern. Der Text beginnt mit der Vorgeschichte, nämlich der Adoption des Ilī-u-Šamaš durch Amurrum-šēmi zwanzig Jahre zuvor (Vs. 1–4). Von der nachfolgenden Erklärung des Adoptivsohns zwecks Adoptionsbeendigung sind nur geringe Reste erhalten (Vs. 5–8'). Dass sie an dieser Stelle gestanden haben muss, zeigen ein Vergleich mit ARN 36 und ARN 38 (siehe Abschnitt 5 und die Edition der Texte © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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im Anhang) und die Wiederholung in Vs. 12'–13'. Der Text fährt fort mit dem Gerichtsgang des Adoptivvaters (Vs. 9'–12'). Vor Gericht wiederholte dieser die Erklärung seines Adoptivsohns, der zu ihm gesagt hatte: „Mein Vater bist du nicht mehr!“ (Vs. 12'–13'). Daraufhin erlaubten die Richter dem Amurrum-šēmi, den Ilī-u-Šamaš aus seiner Stellung als Erbe fortzuschicken und ihn eine Urkunde über Klageverzicht ausstellen zu lassen (Vs. 14'–16'). Es folgen der mit einem Eid beim König bekräftigte Klageverzicht des Ilī-u-Šamaš und seiner Erben gegenüber der Erbenstellung bei seinem früheren Adoptivvater Amurrum-šēmi (Vs. 17'–Rs. 3) und die Namen von elf Zeugen (Rs. 4–14). Dann bricht der Text ab. Vermutlich fehlen nach der Zeugenliste nur eine Siegelabrollung des Ilī-u-Šamaš, die dafür auf den Rändern der Tafel gut lesbar ist, und das Datum, von dem geringe Spuren erhalten sind.

3. Die familiären Verhältnisse des Adoptivsohns Ilī-u-Šamaš Der Adoptivsohn Ilī-u-Šamaš wird in der Siegelinschrift als „Sohn von Mārtierṣetim“ bezeichnet. Mārti-erṣetim, „Tochter der Erde“, ist ein Frauenname. Gemeint ist damit aller Wahrscheinlichkeit nach die leibliche Mutter des Ilī-uŠamaš. Sie war es, die – wie die Urkunde Vs. 2 berichtet – ihren Sohn in Adoption gegeben hatte. Ihr Auftreten zeigt, dass Ilī-u-Šamaš zum Zeitpunkt der Adoption noch nicht selbst geschäftsfähig, also noch ein Kind war. Der Umstand, dass sein leiblicher Vater nirgends erwähnt ist, lässt vermuten, dass er zum Zeitpunkt der Adoption nicht mehr am Leben war. Warum gab die Mutter ihren jungen Sohn in Adoption? Hier ist ein weiterer Beleg interessant: Gemäß der Darlehensurkunde ARN 81 (Sail 6/11/–) nahmen ein Mann und eine Frau gemeinsam ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 410 Litern Gerste auf, das zur Erntezeit wieder zurückzuzahlen war,14 d. h. etwa im dritten Monat des Folgejahres.15 Der Mann hieß Apil-Amurrum, die Frau Mārtierṣetim. Sie war die „Ehefrau seines Bruders“, also die Schwägerin von ApilAmurrum. 14

ARN 81: Vs. 1 1 (gu r) 1 (ni g id a ) 5 (bá n ) š e -gur 2 m á š in -tu ku 3 ki dum u-er-ṣetim-ta 4 Ia-pil-dm a r-tu 5 ù du mu -mu nu s -er-ṣe-tim da m se s -a -ni 6 š u b a -a n -ti u.Rd. 7 m u-DU u 4 b u ru 14-k a 8 š e ù m áš -b i 9 a l -á £ -e Rs. 1 i gi den -l íl -na-da l ú-guruš ta 2 i gi dnuska-tum d a m -g à r 3 i gi u 4-ta -u 18-lu-ḫ é -t i dub-s a r 4 i ti z í z -a 5 m u urudu a l a n š ùd u -d è 6 dl a mma ˹k ù˺-s i 22 d id l i-da -bi , „Vs. 1 410 Liter Gerste, 2 die Zins trägt, 3 haben von Mār-erṣetim 4 Apil-Amurrum 5 und Mārti-erṣetim, die Ehefrau seines Bruders, 6 empfangen. u.Rd. 7 Beim Einbringen am Tag der Ernte 8 wird er die Gerste und ihren Zins 9 darmessen. Rs. 1 Vor Enlil-nādā, dem Tiermäster, 2 vor Nuskatum, dem Kaufmann, 3 vor Uta'ulu-ḫeti, dem Schreiber. 4 Monat 11, 5 Jahr des kupfernen (Königs)bildnisses in Gebetshaltung 6 und der (Bildnisse von) verschiedenen Schutzgottheiten aus Gold (= Sail 6).“ 15 Zum Zeitpunkt der Ernte und des Fälligwerdens von Gerstedarlehen siehe Landsberger 1949, 260ff., und vgl. auch Stol 2004, 830. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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D. Charpin hat ARN 81 den Texten aus Haus N zugewiesen, weil er davon ausging, dass der darin ohne Filiation genannte Gläubiger Mār-erṣetim identisch ist mit Mār-erṣetim, dem Sohn des Abum-waqar, der seine Tontafeln ebenso wie Amurrum-šēmi in Haus N aufbewahrte.16 Wenn ARN 81 in demselben Haus aufbewahrt wurde wie SAOC 44, 24, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Mārtierṣetim, die Mutter des Ilī-u-Šamaš, in SAOC 44, 24 und Mārti-erṣetim, die Schwägerin von Apil-Amurrum, in ARN 81 identisch sind. Weitere Argumente sprechen dafür: Der Personenname ist in Nippur selten und nur in diesen beiden Belegen bezeugt. Das zeitliche Verhältnis der Belege ist stimmig: Sollte Mārtierṣetim ihren Sohn Ilī-u-Šamaš um das Jahr Samsu-iluna 6 in Adoption gegeben haben, könnte die Auflösung der Adoption zwanzig Jahre später in SAOC 44, 24 ca. in das Jahr Samsu-iluna 26 datieren. Das steht im Einklang mit den in Abschnitt 1 zitierten Überlegungen Charpins und der Datierung des Zeugen Apililīšu. Die Identität von Mārti-erṣetim in SAOC 44, 24 und ARN 81 vorausgesetzt, könnte man sich die Familiengeschichte folgendermaßen vorstellen: Die verwitwete Frau Mārti-erṣetim konnte für ihren Lebensunterhalt nicht aufkommen.17 Da sie als mittellose Frau nicht kreditwürdig war, benötigte sie die Hilfe eines Mannes. Ihr Schwager Apil-Amurrum, der Bruder ihres verstorbenen Mannes, half ihr, ein Getreide-Darlehen aufzunehmen. Zudem war die Witwe eine junge Mutter. Von den kurzfristig geliehenen 410 Litern Gerste musste sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihren kleinen Sohn ernähren. Um ihm auf lange Sicht einen Unterhalt zu sichern, gab die alleinerziehende Mutter ihn schließlich an den wohlhabenden Amurrum-šēmi in Adoption. Gehört ARN 81 zu den Texten aus dem Haus N, kann man außerdem vermuten, dass Mārti-erṣetims Schwager, Apil-Amurrum, identisch war mit ApilAmurrum im Archiv des Amurrum-šēmi.18 Er verkaufte im Jahr Samsu-iluna 7 16

D. Charpin 1989, 108: „Par ailleurs, trois textes issus des fouilles anciennes appartiennent manifestement au même lot d’archives: ARN 81 (prêt de grain par Mâr-ersetim -/xi/Samsuiluna 6) …“ 17 Zu armen Witwen siehe Stol 2016, 278–282. 18 Apil-Amurrum ist in keinem der Textbelege mit einer Filiation versehen. Allerdings findet sich auf der Urkunde SAOC 44, 25 eine Siegelabrollung mit der Inschrift: 1 a-píld m a [r-t u] 2 du m u a-bu-ia-t[um] 3 […], „Apil-Am[urrum], Sohn von Abujat[um], […].“ Apil-Amurrum bekommt in dieser Urkunde von Amurrum-šēmi Guthaben aus Getreidedarlehen übertragen als Bezahlung für ein Hausgrundstück, dass er offenbar an Amurrumšēmi verkauft hatte. Vermutlich bekam Apil-Amurrum die originalen Darlehensverträge von Amurrum-šēmi, während dieser die Urkunde SAOC 44, 25 erhielt als Bestätigung über die Zahlung des Kaufpreises. Nach dem Brauch von Nippur hätte Apil-Amurrum als Verkäufer die Urkunde siegeln müssen. Aber, wie auf den meisten Urkunden aus dem Archiv des Amurrum-šēmi und untypisch für Nippur, haben auf SAOC 44, 25 drei der fünf Zeugen ihre Siegel abgerollt, abgesehen vom Siegel des Apil-Amurrum. Nun heißt © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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zwei Hausgrundstücke an Amurrum-šēmi, das eine für Silber (SAOC 44, 26, Sail 7/6/20), das andere ungewöhnlicherweise für Guthaben an Gerste, die Amurrumšēmi offenbar verschiedenen Personen geliehen hatte, und die diese an ApilAmurrum zurückzahlen sollten (SAOC 44, 25, Sail 7/3/–). Zu dem Hintergrund der Verkäufe geben die lakonisch formulierten Urkunden keine Auskunft. Könnte Apil-Amurrum, einige Monate nachdem er gemeinsam mit seiner Schwägerin ein Getreidedarlehen aufgenommen hatte, in Not geraten und dazu gezwungen gewesen sein, Grund und Boden zu verkaufen? Oder verkaufte er gar, um seine Schwägerin und deren Sohn zu versorgen? Dieses Detail könnte gut in unsere Geschichte passen, auch wenn man sich natürlich vor Augen halten muss, dass mangels Filiationsangaben die Identität von Mārti-erṣetim, Apil-Amurrum und Mār-erṣetim und damit die Rekonstruktion der Zusammenhänge nicht vollends sicher ist.

4. Auflösung von Adoptionsverhältnissen in altbabylonischer Zeit SAOC 44, 24 ist nicht die einzige altbabylonische Quelle, welche die Beendigung einer Adoption thematisiert.19 In Adoptionsurkunden wird die Auflösung des begründeten Vertrags durch die Worte „Du bist nicht mein Vater!“, „Du bist nicht mein Sohn!“ u. ä. unter Strafe gestellt.20 In Fällen wie SAOC 44, 24, in denen die Mutter oder aber auch beide leiblichen Elternteile ihr Kind in Adoption gaben, drohte letzterem bei Anfechtung seiner Adoption, ein Verkauf in die Sklaverei.21

leider auch ein Zeuge Apil-Amurrum, unterschieden vom gleichnamigen Verkäufer durch den Titel n i £ i r , „Herold“, s. SAOC 44, 25: Rs. 14. Daher bleibt unklar, welcher der beiden Männer namens Apil-Amurrum sein Siegel abgerollt hat, der Verkäufer oder der Zeuge, und welcher den Vatersnamen Abujatum trug. 19 Zu sumerischen und akkadischen Termini, welche Enterbung und Adoptionsbeendigung zum Ausdruck bringen, siehe oben den Kommentar zu SAOC 44, 24: 14'–16'. Zur Enterbung bzw. Beendigung von Kindschaftsverhältnissen in der Ur-III-Zeit siehe Falkenstein 1956–57/I, 110f., und II, Nr. 204: 22–33, 34–47 (Sammeltafel). Der Terminus des Verfahrens lautet n a m - i b i l a ( - n i ) - t a í b - t a ( - a n ) - é (sic!), „Er hat ihn/sie aus seiner/ihrer Stellung als Erbe/Erbin hinausgehen lassen.“ Der Ablauf des Verfahrens geht aus dem Text nicht hervor, dafür aber der Grund zur Enterbung. Nach der Deutung Falkensteins entließ in Nr. 204: 22–33, der leibliche Vater seinen Sohn aus der Erbenstellung, damit er adoptiert werden konnte. Zuvor hatte der Vater dem Adoptierenden bereits seine Tochter verkauft. Er handelte also vermutlich aus wirtschaftlicher Not. Gemäß Nr. 204: 34–47 hatte ein Adoptivvater eine seiner beiden Adoptivtöchter aus ihrer Erbenstellung entlassen, damit sie heiraten und in den Haushalt ihres Ehemannes übersiedeln konnte. 20 Allgemein zu den Strafklauseln der altbabylonischen Adoptionsverträge siehe Obermark 1992/I, 47–52; David 1927, 47–53. Westbrook 2003, 393 beschrieb die Auflösung eines Adoptionsverhältnis allein anhand der Strafklauseln; die gleich zu diskutierenden Urkunden ließ er außer Acht. 21 Z. B. VS 8, 127: 13–21; VS 8, 73: 10–14; BE 6/1, 17: 10–17; TCL 1, 146: 9–13; TIM 5, 4: 12–16; UET 5, 93: 16–22; CT 33, 40: 18–22; Goddeeris 2002, 95: 6–10; BE 6/2, © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Ging die Anfechtung vom Adoptierenden aus, musste er mit Verlust von Vermögen, Verlust des Adoptivkindes (falls es ein Sklave war) oder einer Strafzahlung in Silber rechnen.22 Doch in den Adoptionsurkunden ist auch eine Situation erwähnt, in welcher zumindest der Adoptierende die Adoption straffrei beenden konnte. Hatte er nämlich eine erwachsene Person adoptiert (Arrogation) und zu Unterhaltsleistungen verpflichtet, doch kam der Adoptierte dieser Verpflichtung nicht nach, dann verlor er seinen Anspruch auf das Erbe des Adoptivvaters und dieser konnte sich vermutlich einen treueren Adoptivsohn suchen.23 Dasselbe Recht hatten nadītus gegenüber von ihnen eingesetzten Erben, die sie kränkten oder nicht hinreichend versorgten.24 Weitere Regelungen zur straffreien Beendigung einer Adoption finden sich im Codex Ḫammurāpi (CH).25 Ein Adoptivsohn konnte in sein Elternhaus zurückkehren, wenn er noch ein kleines Kind war und seine leiblichen Eltern vermisste (CH 186), wenn sein Adoptivvater ihm nicht sein Handwerk beigebracht hatte (CH 188–189) oder ihn erbrechtlich nicht seinen leiblichen Kindern gleichstellte (CH 190).26 Ein Adoptivvater, der seinen Adoptivsohn zugunsten leiblicher Kinder enterben wollte, hatte ihm ein Drittel des ursprünglich vorgesehenen Erbteils in Mobilien zu übereignen (CH 191).27 Mit David (1927, 25), Driver / Miles (1952, 390f.), und Westbrook (1993) ist davon auszugehen, dass sich diese Paragrafen des Codex Ḫammurāpi auf Adoptionsverhältnisse beziehen, die ohne schriftlichen Vertrag geschlossen wurden und möglicherweise Findelkinder zum 4: 16–19; BAP 95: 15–22; Donbaz / Yoffee, 1986, 71–73, Ki 618 (Hülle): 19–21; UET 5, 92: 14–22; UET 5, 97: 12–22; YOS 8, 152: 12–18; YOS 12, 206: 8–13. 22 Vermögensverlust z. B. in VS 8, 127: 22–27; VS 8, 73: 15–20; TIM 5, 4: 7–11. Verlust des versklavten Adoptivkindes z. B. in BE 6/1, 17: 18–25; TS 13: 19–23; Goddeeris 2002, 95, BM 85456: 11–15. Strafzahlung z. B. TIM 5, 3: 14–17; BE 6/2, 4: 20–26. 23 Z. B. BE 6/2, 28: 23–27; BE 6/2, 48: 27–32; RA 26, 106: 21f. und 32f. 24 Z. B. CT 8, 49b = MHET 2/1, 79: Tafel 16–19; CT 8, 20a: Rs. 13–17; siehe auch CT 6, 47a, eine Urkunde, die festhält, dass vier Männer keinen Erbanspruch gegenüber einer Frau hatten, die vermutlich eine nadītum und vielleicht ihre Schwester war. 25 Für eine eingehende und z. T. kontroverse Diskussion der angeführten Paragrafen siehe Garroway 2014, 58–68, 86–89; Westbrook 1993; Driver / Miles 1952, 388–405; David 1927, 24–40. Mit Westbrook 1993, 200f., gehe ich davon aus, dass sich die Paragrafen CH 168–169, gemäß derer ein Vater seinen Sohn nach wiederholtem schweren Vergehen mit richterlicher Genehmigung enterben konnte, auf die Enterbung eines leiblichen Sohns beziehen, nicht eines Adoptivsohns. So bereits schon David 1927, 92; anders hingegen Driver / Miles 1952, 349, welche die Paragrafen sowohl auf leibliche als auch auf adoptierte Kinder bezogen. 26 War das Adoptivkind hingegen unmittelbar nach seiner Geburt (ina mēšu) adoptiert worden oder war der Adoptierende ein dem Palast dienender gerseqqû-Beamter oder eine sekretum-Frau, dann hatten das Kind und seine leiblichen Angehörigen kein Recht, die Adoption zu beenden (CH 185, 187, 192–193). 27 So mit Westbrook 1993, 199f.; Driver / Miles 1952, 398f.; David 1927, 37. Anders Roth 1995, 119f. und 141f. Anm. 38. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Gegenstand hatten.28 Auf Findelkinder bezieht sich auch ein Teil der die Adoption betreffenden Formulierungen der lexikalischen Serie ana ittīšu.29 Die Serie enthält u. a. Phrasen bezüglich der Beendigung von Adoptionsverhältnissen, die sich z. T. in den Urkunden wiederfinden.30 Die bis hierher angeführten Quellen beschreiben die straffreie Adoptionsbeendigung als einseitigen Akt einer Vertragspartei aufgrund einer Unterlassung oder Verfehlung der anderen. Kündigte eine Partei hingegen den Vertrag ohne eine solche Begründung auf, musste sie mit der vertraglich festgeschriebenen Strafe rechnen. Die Beendigung einer Adoption war somit kein einfacher Akt und barg Streitpotential. Es verwundert, wenn Dombradi (1996/I, 167, § 236a, und 202, § 280) die in Prozessurkunden belegten Auflösungen von Adoptionsverhältnissen zu den „nichtstreitigen Gerichtsverfahren“ rechnet. Dieser Terminus, den Dombradi nicht näher definiert,31 ist nicht glücklich gewählt, suggeriert er doch, in Prozessurkunden wären nur einvernehmliche Adoptionsbeendigungen bezeugt. Das ist nicht der Fall, wie z. B. die von Dombradi selbst angeführte, aus Sippar stammende Urkunde CT 2, 31 zeigt.32 Ihr zufolge hatte eine Frau namens Ḫalijatum einer anderen Frau namens Amat-Šamaš, Tochter des Jakubu, ihre Erbschaft vermacht. Vermutlich handelte es sich um eine Erbeinsetzung unter nadītus des Šamaš, wie bereits oben erwähnt.33 Amat-Šamaš hatte jedoch nicht die vereinbarten Unterhaltsleistungen in Form von Kleidung und Öl erbracht. Ursache der nachfolgenden Enterbung war also nicht gegenseitiges Einvernehmen, sondern ein Vertragsbruch seitens der als Erbin eingesetzten Frau. Ebenfalls nicht einvernehmlich war die Adoptionsbeendigung in der Prozessurkunde Di 1851 aus dem Ur-Utu-Archiv in Sippar.34 Marduk-nāṣir, der Großvater des Ur-Utu, hatte einen Jungen namens Ibni-Marduk adoptiert. Als in Sippar 28

Für Findelkinder plädierten David 1927, 25, und in seiner Folge Westbrook 1993. Driver / Miles 1952, 390f., hingegen ging diese These zu weit. 29 Siehe MSL 1, Tf. 3: III 21–IV 55, und dazu David 1927, 6–18. 30 Besonders MSL 1, Tf. 3: IV 10–16; siehe z. B. oben den Kommentar zu SAOC 44, 24: Vs. 14'–16'. 31 Dombradi 1996/I, 167 vermerkt lediglich: „Rechtsgeschäfte, die vor einem Gericht getätigt worden sind“, ohne nähere Ausführungen. Falkenstein 1956–57/I, 13, sprach die fraglichen Dokumente als „gerichtlichen Beurkundungen“ an, die sich von Prozessurkunden dadurch unterschieden, dass sie kein Urteil und keinen prozessentscheidenden Eid enthielten. 32 Aus der Zeit Sîn-muballiṭs; bearbeitet von Schorr 1913, Nr. 258; übersetzt von Kohler / Ungnad 1909, Nr. 738. Greengus 1969, 518–520, zitierte diese und weitere Prozessurkunden zur Adoptionsbeendigung zum Nachweis dafür, dass das Aussprechen von verba solemnia als Teil von Rechtsgeschäften Geltung hatte und Anwendung fand. 33 Zwar sind die beiden Frauen nicht ausdrücklich so bezeichnet, doch wandten sie sich an Richter des Šamaš-Tempels; die Urkunde trägt die Unterschrift dīn bīt dŠamaš, „Rechtssache des Šamaš-Tempels.“ 34 Aus dem Jahr Abī-ešuḫ e; publiziert von Van Lerberghe / Voet 1997. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Not herrschte, vermutlich in den späten Regierungsjahren Samsu-ilunas, hatte der Adoptivsohn die Stadt verlassen.35 Die Urkunde hält fest, dass er deshalb – sollte er wieder auftauchen – gegenüber den erbberechtigten Kindern des Marduk-nāṣir keine Ansprüche mehr auf Besitz hatte und das Adoptionsverhältnis beendet war.36 Die Beendigung ging hier von den Erben des wahrscheinlich zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung bereits verstorbenen Adoptivvaters aus. Möglicherweise wollten sie das väterliche Erbe teilen und sich gegen zukünftige Ansprüche des entlaufenen Adoptivsohns absichern. Der Adoptivsohn, der durch sein Verschwinden seine Sohnespflichten vernachlässigt und seinen Erbanspruch verwirkt hatte, war bei Ausstellung der Urkunde nicht zugegen. Da er seit mehreren Jahren verschwunden war, lag seine Einwilligung zur Adoptionsbeendigung ganz sicher nicht vor. Eine ganz ähnliche Adoptionsbeendigung dokumentiert der Brief YOS 2, 50, bearbeitet in AbB 9, 50. Der Absender berichtete dem Adressaten, dass seine Adoptivmutter, eine nadītum, einen Jungen adoptiert hatte, dieser aber später weggelaufen war. Vermutlich nach dem Tod der nadītum brachte der Absender den Fall vor ein Gremium von zwanzig Stadtältesten und konnte daraufhin seine Adoptivbruderschaft mit dem Entlaufenen rückwirkend auf drei Jahre beenden. Der Absender legte dies offenbar dar, um nicht gegenüber dem Palast für seinen ehemaligen Adoptivbruder haften zu müssen. Alle bis hierher beschriebenen Adoptionsbeendigungen haben eines gemeinsam – unabhängig davon, ob sie im Codex Ḫammurāpi, in Briefen, Adoptionsoder Prozessurkunden bezeugt sind und ob sie strafbar waren oder nicht: Die Beendigung ging stets von einer der beiden Vertragsparteien aus. Anders verhält sich 35

Die Flucht des Adoptivkindes ist auch in ana ittīšu als Grund für eine Adoptionsauflösung genannt, siehe MSL 1, Tf. 3: IV 11f. 36 Bisher war man der Meinung, der Adoptivsohn, Ibni-Marduk, sei ein Neffe des Adoptivvaters, Maduk-nāṣir, siehe Dekiere 1994, 130, 135; Van Lerberghe / Voet 1997, 150f. Aber hätte es eine so wohlhabende Familie wie die Ur-Utus zugelassen, dass eines ihrer Mitglieder aus wirtschaftlicher Not die Stadt hätte verlassen müssen und dies öffentlich bekannt geworden wäre? Das ist kaum vorstellbar, zumal bei engen Verwandten wie Onkel und Neffe. Man kann den Beginn der Urkunde auch anders verstehen: 1 Iib-ni-dmarduk [mu-ni] 2 ša dmarduk-na-ṣi-ir 3 k i a-wi-li-ja a-ḫi-˹šu˺ 4 a-na ma-ru-tim ˹i-na˺ m u x [x x (x)] 5 il-qú-ú-šu, „(Ein Mann) [namens] Ibni-Marduk, den Marduk-nāṣir von Awīlīja, seinem Bruder, im Jahr … adoptiert (wörtlich: in Sohnschaft genommen) hat, …“ Der Bruder, von welchem Ibni-Marduk in Adoption gegeben wurde, ist m. E. sein eigener Bruder, nicht der Bruder des Adoptivvaters Marduk-nāṣir. Dieser hatte zwar einen Bruder namens Awīlīja, siehe Dekiere 1994, 129f., doch ist Namensgleichheit verschiedener Personen bei diesem häufig bezeugten Kurznamen (zu „Awīl-GN“) nicht verwunderlich. Die in Di 1851 genannten Personen Awīlīja und Ibni-Marduk gehörten damit nicht zur leiblichen Familie des Ur-Utu. Vielmehr waren sie wohl zwei Waisenkinder. Der ältere von beiden, Awīlīja, gab seinen jüngeren Bruder in Adoption, um dessen Lebensunterhalt zu sichern. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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dies in der oben bearbeiteten Urkunde SAOC 44, 24 (ca. Sail 26) und zwei ähnlichen Prozessurkunden, ARN 36 (RiSi 48) und ARN 38 (RiSi 43), die ebenfalls aus Nippur stammen (für Editionen siehe Anhang). Hier erklären beide Parteien, Adoptivsohn und -vater, die Adoption für beendet. Ein Grund für die Beendigung des Adoptionsverhältnisses ist nicht angegeben. Von den Vertragsstrafen der Adoptionsverträge ist keine Rede. Die beidseitige Vertragsaufkündigung erweckt den Eindruck von Einvernehmlichkeit der Parteien. Inwieweit diese wirklich gegeben war, ist eine Frage, auf die in Abschnitt 7 noch einzugehen ist.

5. Das Verfahren Ein Vergleich der drei Prozessurkunden bezüglich der beidseitigen Adoptionsbeendigung ermöglicht es, das Verfahren zu rekonstruieren.37 Es begann damit, dass der Adoptivsohn zum Adoptivvater sagte: a d-da- £u 10 nu-me-e n, „Mein Vater bist du nicht (mehr)!“38 Mit diesen Worten kündigte der Sohn das Adoptionsverhältnis von seiner Seite her auf. Infolgedessen wandte sich der Adoptivvater an eine richterliche Instanz, nämlich an ein Richterkollegium bzw. an die Versammlung von Nippur.39 Z. T. ist auch der Gerichtsgang des Adoptivsohns bzw. beider Vertragsparteien dokumentiert.40 Vor Gericht wurde die Absicht des Adoptivsohns zur Beendigung des Adoptionsverhältnisses wiederholt, und zwar entweder vom Adoptivvater oder vom Adoptivsohn selbst.41 Daraufhin erhielt der Adoptivvater die gerichtliche Erlaubnis, das Adoptionsverhältnis auch von seiner Seite aus zu beenden,42 und er konnte seinen ehemaligen Sohn aus seiner Stellung als Erbe entlassen.43 Beide Verfahrensschritte hängen so eng miteinander zusammen, dass in den Urkunden nur jeweils einer davon notiert ist, der den jeweils anderen impliziert. Abschließend verpflichtete sich der ehemalige Adoptivsohn mit einem Eid beim König, keinen Anspruch auf Erbschaft und Vermögen seines ehemaligen Adoptivvaters zu erheben.44 Er leistete diesen Klageverzicht auch im Namen seiner möglichen Erben und siegelte die Urkunde mit seinem Siegel. 37

Dombradi 1996/I, 202, sah von einer solchen Rekonstruktion ab, da ihr die Anzahl der Belege nicht ausreichend schien. 38 ARN 36: 1–3; ARN 38: 1–4; SAOC 44, 24: 5'–8' (fragmentarisch, nur Reste erhalten). 39 ARN 36: 5–6 (Versammlung von Nippur); ARN 38: 5–6 (Richterkollegium); SAOC 44, 24: 9'–11' (Richterkollegium). 40 ARN 36: 7–8 (Gerichtsgang des Adoptivsohns); ARN 38: 9 (Gerichtsgang beider Parteien). 41 ARN 36: 9–12 (Adoptivsohn); ARN 38: 7–8 (Adoptivvater); SAOC 44, 24: 12'–13' (Adoptivvater). 42 ARN 36: 13–14; in ARN 38: 10–11 ist der entsprechende Passus nur teilweise fragmentarisch erhalten. 43 SAOC 44, 24: 14'–16'. 44 ARN 36: 15–Rs. 1; ARN 38: Rs. 1'–3' (fragmentarisch); SAOC 44, 24: 17'–Rs. 3. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Alle drei in den Blick genommenen Urkunden, ARN 36, ARN 38 und SAOC 44, 24, lassen in ihrem Aufbau das beschriebene Verfahren erkennen, weisen aber auch Unterschiede auf: 1) Während die beiden älteren Urkunden ARN 36 und ARN 38 mit der Erklärung des Adoptivsohns zur Adoptionsbeendigung beginnen, steht in der jüngeren Urkunde SAOC 44, 24 ein Passus voran, in welchem die Begründung der Adoption noch einmal kurz resümiert wird. Außerdem wird hier die Zeitspanne zwischen der Adoption und ihrer Beendigung genannt; sie betrug zwanzig Jahre. 2) Vor Gericht erschienen gemäß ARN 36 und 38 ausdrücklich Adoptivvater und -sohn. Im Gegensatz dazu enthält SAOC 44, 24 nur einen Gerichtsgangvermerk bezüglich des Adoptivvaters. Der Adoptivsohn wird aber auch hier zugegen gewesen sein, da er sein Siegel auf der Urkunde abrollte, die vermutlich im Zusammenhang mit dem Gerichtsgang ausgestellt worden war. 3) Der Adoptivsohn verlieh in ARN 36 seiner Erklärung der Adoptionsbeendigung Nachdruck, indem er den Adoptionsvertrag zerbrach. Vor Gericht wiederholte er nicht seine Erklärung, sondern bestätigte das Zerbrechen der Tafel. In ARN 38 und SAOC 44, 24 hingegen wiederholte der Adoptivvater vor Gericht, dass sein Adoptivsohn zu ihm gesagt habe, er sei nicht mehr sein Vater. Während die ersten beiden Unterschiede nur die Formulierung des Urkundentextes betreffen, bietet der dritte Unterschied eine zusätzliche Information bezüglich des Verfahrens: Der Adoptionsvertrag konnte vom Adoptivsohn zusätzlich zu seiner Aussage „Mein Vater bist du nicht (mehr)!“ zerbrochen werden. Das zeigt, dass zumindest im Fall von ARN 36 die vorangegangene Adoption mit einem schriftlichen Vertrag dokumentiert worden war. Möglicherweise ist zu unterscheiden zwischen den Regelungen im Codex Ḫammurāpi und in ana ittīšu einerseits, die sich wahrscheinlich auf Adoptionsverhältnisse ohne schriftlichen Vertrag bezogen, und den Prozessurkunden andererseits, welche die Beendigung von schriftlich begründeten Adoptionsverhältnissen dokumentierten. Zur Erhärtung dieser These bräuchte es allerdings weitere Urkunden bezüglich Adoptionsbeendigung, welche – wie ARN 36 – die frühere Adoptionsurkunde erwähnen würden, oder den bislang nicht bezeugten Fall, dass beide Urkunden bezüglich Adoptionsschließung und -beendigung erhalten wären. Das Zerbrechen des ursprünglichen Adoptionsvertrags war im Rahmen der Adoptionsbeendigung wahrscheinlich nicht zwingend erforderlich. Die Prozessurkunde mit dem besiegelten Klageverzicht des Adoptivsohns diente dem Adoptivvater und seinen Erben als Nachweis dafür, dass das Adoptionsverhältnis rechtsgültig aufgelöst war und keine Ansprüche vonseiten des Adoptivsohns mehr bestanden. Im Falle eines Rechtsstreits, in welchem mithilfe des Adoptionsvertrags dennoch Ansprüche gegen den Adoptivvater oder seine Erben geltend gemacht worden wären, hätte die Vorlage der diskutierten Urkunden genügt, um die Ansprüche zu entkräften. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Das Verfahren bei einseitiger Adoptionsauflösung bzw. Enterbung verlief entsprechend. Das zeigt CT 2, 31, die oben bereits diskutierte Aufkündigung einer Erbeinsetzung unter nadītus des Šamaš in Sippar wegen mangelnder Unterhaltsleistungen durch die eingesetzte Erbin. Wie in SAOC 44, 24 steht auch in CT 2, 31 am Anfang ein Resümee der ursprünglichen Erbeinsetzung. Wie in ARN 36 und ARN 38 erschienen beide Vertragsparteien gemeinsam vor den Richtern. Ihre Aussagen vor Gericht sind nicht dokumentiert. Doch wie in ARN 36, ARN 38 und SAOC 44, 24 hatte der Gerichtsgang zur Folge, dass die Vermächtnisgeberin das Vertragsverhältnis zu der von ihr eingesetzten Erbin beenden durfte. Die Urkunde, in welcher die Erbin eingesetzt worden war, war – anders als in ARN 36 – nicht zur Hand, weswegen festgehalten wurde, dass sie zu zerbrechen sei, sobald sie wieder auftauche. Auch der Brief YOS 2, 50 (AbB 9, 50) über die Beendigung einer Adoptivbruderschaft zwischen zwei Personen, die von derselben nadītum adoptiert worden waren, lässt das rekonstruierte Verfahren erkennen. Der Absender berichtet, wie er sich an ein Gremium von zwanzig Stadtältesten wandte. Nachdem er ihnen den Fall seines offenbar Jahre zuvor entlaufenen Adoptivbruders dargelegt hatte, durfte er seine Adoptivbruderschaft zu ihm und damit seine Haftung für ihn rückwirkend beenden.

6. Weitere Quellen, die mit Adoptionsbeendigung in Zusammenhang gebracht wurden Kurz ist auf zwei Urkunden einzugehen, die in der Literatur mit der Beendigung von Adoption in Zusammenhang gebracht worden sind. E. Dombradi (1996/I, 202 und II, 163 Anm. 1144), nannte unter entsprechenden Urkunden BE 6/1, 59 (Sail 16, Sippar).45 Dieser Text beschreibt die richterliche Genehmigung einer Ehescheidung wegen Erkrankung der Ehefrau. Die Ehefrau war zuvor schon einmal verheiratet gewesen und hatte aus der früheren Ehe einen Sohn namens IpiqAnunītum in den Haushalt des zweiten Ehemannes Marduk-nāṣir mitgebracht. Anliegen der Urkunde war es, Ansprüche Ipiq-Anunītums gegenüber einem erbberechtigten Sohn des Ehemannes auszuschließen.46 Es sind zwar einige Fälle von Adoption im Rahmen einer erneuten Eheschließung bekannt,47 ob aber im vorliegenden Fall der zweite Ehemann der Mutter deren Sohn aus früherer Ehe tatsächlich adoptiert hatte, ist ungewiss.48 Anlass zum 45

Bearbeitet von Schorr 1913, Nr. 232; übersetzt von Kohler / Ungnad 1909, Nr. 739, und Westbrook 1988, 112f. Auch Suurmeijer 2010, 12, klassifizierte diese Urkunde als „dissolution of adoption.“ 46 Es bleibt unklar, ob dieser erbberechtigte Sohn aus der Ehe mit der Mutter IpiqAnunītums hervorgegangen war, aus einer anderen Ehe Marduk-nāṣirs stammte oder vielleicht sogar von ihm adoptiert worden war. 47 Siehe z. B. Stone / Owen 1991, 49–53, Nr. 14–17, und 63f., Nr. 27 („type 3 adoptions“). 48 Von Adoption gingen Greengus 1969, 518b, und Obermark 1992/I, 36, aus. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Zweifel bieten drei Punkte: 1) Das Verb erēbum, „eintreten“, das verwendet wird, um die Übersiedlung von Ipiq-Anunītum und seiner Mutter in den Haushalt des Marduk-nāṣir zu beschreiben, suggeriert eine Eheschließung, von Adoption ist jedoch keine Rede.49 2) Ipiq-Anunītum sagte zu Marduk-nāṣir, dem zweiten Ehemann seiner Mutter: „Der Sohn des Puzzulum bin ich. Du bist nicht mein Vater.“ Der Satz: „Du bist nicht mein Vater!“, ist hier zweitrangig. An erster Stelle steht die Bekräftigung der Abstammung vom leiblichen Vater, die in oben diskutierten Adoptionsbeendigungen keine Rolle spielt.50 3) Es fehlt ein Vermerk über die Entfernung Ipiq-Anunītums aus dem Erbenverhältnis. Die Argumente sprechen dafür, dass Ipiq-Anunītum nicht von Marduk-nāṣir adoptiert worden war, sondern nur als Sohn seiner Ehefrau mit in seinem Haushalt gelebt hatte. Offenbar hatte er nach dem Tod Marduk-nāṣirs trotzdem versucht, Ansprüche auf dessen Erbe geltend zu machen, was zu einem Rechtsstreit zwischen ihm und einem legitimen Erben Marduk-nāṣirs führte, den letzterer mit der Ausstellung von BE 6/1, 59 gewann. Gewiss keine Adoptionsbeendigung liegt in dem Text OIMA 65 vor, den E. Stone und D. Owen (1991, 38), unter „disinheritance texts“ aufführten.51 Diese fragmentarisch erhaltene Urkunde listet in den erhaltenen Zeilen der Vorderseite Güter auf, darunter Feldgrundstücke. Auf der Rückseite wird der Vertrag als ní£-ba ì-lí-ia-tum dumu šar(Text: ŠE)-rum-d ˹iškur ˺, „Schenkung des Ilijatum, des Sohnes von Šarrum-Adad“, bezeichnet (Rs. 4'–5'). Die Tafel trägt sein Siegel. OIMA 65 ist also ganz offensichtlich eine Schenkungsurkunde. Tatsächlich ist in den Zeilen zuvor von Enterbung die Rede: „Ein Bruder, der seinen (= des Schenkenden) Wunsch nicht erf[üll]t, darf seine (eigene) Eigenschaft als Erbe nicht ausüben.“52 Dieser Einschub – in ähnlicher Form bekannt aus Urkunden bezüglich Adoption, Erbeinsetzung und Verpflichtung zum Unterhalt einer Schwester53 – 49

Siehe Westbrook 1988, 50–52. Das Nehmen oder Geben einer Person in Adoption wird in Sippar ausgedrückt mit ana mārūtim leqûm bzw. nadānum. In Adoptionsverträgen aus Nippur wird ku 4 zwar einige Male für den Austausch von Vermögensleistungen zwischen Adoptierendem und Adoptiertem verwendet, der Abschluss des Adoptionsverhältnisses selbst wird jedoch mit den Worten n a m -i b il a -ni -š è … ri formuliert, siehe z. B. Stone / Owen 1991, Nr. 3–11, 19–20, 23. In ana ittīšu (MSL 1, 48, Tf. 3: III 17–19) im Abschnitt von Phrasen mit Bezug auf Adoption findet sich ein Eintrag [na m]-ga -a n-ku 4 : er-re-bu-tu, „Stellung einer (neu in einen Haushalt) eintretenden Person“. Weitere Belege für diesen Terminus gibt es bislang aber nicht (siehe CAD E, 304, und AHw I, 243b). 50 Der Name des leiblichen Vaters erscheint in keinem der Urkundentexte, in ARN 36 allerdings in der Siegelabrollung. 51 In Stone / Zimansky 1976, 6, hatte Stone dieser Vermutung noch vorsichtig ein Fragezeichen hinzugefügt: „Disinheritance document?“ 52 OIMA 65 (Datum abgebrochen): Rs. 2' s es (über Rasur) šà -ga -ni nu-ub-s [i ? -g ]a ? 3' i bil a -a -n i n u-a k -˹e ˺. 53 ARN 65: Rs. 10f. (Ḫara 30); PBS 8/1, 16: Rs. 23–25 (Dail 13); PBS 8/2, 116: 11–13 (RiSi 50). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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zeigt, dass es sich um eine Schenkung auf den Todesfall handelte und macht die Versorgung des Schenkenden zur Bedingung für den Erhalt der Schenkung.

7. Wer war Initiator der Adoptionsbeendigung? Die Quellen über die einseitige Adoptionsbeendigung zeigen sowohl den Adoptierenden als auch den Adoptierten als möglichen Initiator der Auflösung des Vertragsverhältnisses. Gemäß den Urkunden zur beidseitigen Adoptionsauflösung hingegen war es stets der Adoptierte, der mit der Aufkündigung des Adoptionsverhältnisses begann. Ging in diesen Fällen die Adoptionsbeendigung also immer vom Adoptivkind aus? Für die Diskussion dieser Frage soll noch einmal der Blick auf die oben bearbeitete Urkunde SAOC 44, 24 gelenkt werden. Der Kontext lässt bezweifeln, dass der Adoptivsohn Ilī-u-Šamaš als treibende Kraft hinter der Adoptionsbeendigung zu sehen ist. Er war als kleines Kind von seiner Mutter, einer alleinstehenden Frau, in Adoption gegeben worden. Der Adoptivvater Amurrum-šēmi war zumindest in dem mutmaßlichen Zeitraum, in welchem die Adoption stattfand, ein vermögender Mann, der sein Anwesen durch Zukäufe vergrößerte und mit Getreidedarlehen Geschäfte machte. Das Machtgefüge zwischen beiden war klar: Ilī-uŠamaš war in einer denkbar schwachen Position gegenüber seinem Adoptivvater Amurrum-šēmi. Sollte das Machtgefüge zwischen dem Adoptivvater, Amurrum-šēmi, und dem Adoptivsohn, Ilī-u-Šamaš, während der zwanzig Jahre des Adoptionsverhältnisses unverändert fortbestanden haben,54 ist es kaum vorstellbar, dass Ilī-uŠamaš von sich aus eine Beendigung des Adoptionsverhältnisses angeregt hätte. Er hätte damit seinen Anteil am Erbe seines Adoptivvaters verspielt und für den Fall, dass dieser mit seinem Wunsch nicht einverstanden gewesen wäre, die vorgesehene Vertragsstrafe, vermutlich einen Verkauf in die Sklaverei, riskiert. Vielleicht war es vielmehr der Adoptivvater Amurrum-šēmi, der das Adoptionsverhältnis beenden wollte. Um der Vertragsstrafe, die vermutlich im Adoptionsvertrag für ihn festgelegt war,55 zu entgehen, sprach er die dazu notwendigen verba solemnia nicht selbst aus, sondern veranlasste seinen Adoptivsohn dazu. Im Gegenzug erließ er ihm „großzügig“ seine Strafe. Über mögliche Beweggründe lässt sich nur spekulieren. Am nächsten läge die Annahme, der Adoptivvater habe inzwischen leibliche Söhne bekommen, denen er sein gesamtes Vermögen vermachen wollte. Einvernehmlich und beidseitig war die Adoptionsauflösung dann nur in dem Sinne, dass der mächtigere Vertragspartner sie wünschte und der schwächere nicht in der Position war, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. 54

Wie sich Vermögen und Rangstellung Amurrum-šēmis in den Krisenjahren Samsu-iluna 8–16 entwickelten, ist unbekannt. Zur Krise und ihrer Dauer siehe Literatur in Anm. 10. 55 Bei Adoptionen eines Kindes von seiner Mutter drohte dem Adoptierenden der Verlust von Haus und Inventar, siehe z. B. VS 8, 127: 22–27 (Ḫara 14, Sippar); VS 8, 73: 15–20 (ca. Simu, Sippar); TIM 5, 4: 7–11 (Ibal-pī-El II. 3?, evtl. Tell Harmal). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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8. Schlussfolgerung Wie man am Beispiel des Ilī-u-Šamaš und seiner Familie sieht, stimmt es nicht ohne Weiteres, dass Urkunden nur „harte Fakten“ liefern würden. Eine einzelne Urkunde wie SAOC 44, 24, zudem noch beschädigt, bietet einen breiten Interpretationsspielraum. Generell erzählen Urkunden von Einzelschicksalen und Familiengeschichten oft nur zwischen den Zeilen. Eine auf solchen Erkenntnissen fußende Rekonstruktion bleibt bruchstückhaft und auf Argumente der Wahrscheinlichkeit angewiesen. Eingebunden in den Kontext weiterer Textzeugnisse lohnt sie sich aber trotzdem, weil sie uns durch das Formular der Urkunden hindurch Einblicke in das Leben der alten Babylonier gewähren kann.

Anhang: Editionen von ARN 36 und ARN 38 ARN 36 Vs.

1 2 3 4

5

I

ri-im-diškur [dumu d na nna- t]um nam dna nna-tum [a d-d]a-a -ni ad-da -£u 10 nu-me -e n ba-n a-a n-du 11 kišeb ibila-a -ni in-gaz-ma

Id

6

na nna-tum pu- úḫ-ru- um nibru ki gaba i-[í]b-ri [0]

7

p[u-ú]ḫ-ru-u m nibru ki

8 9

[(I)]˹ri˺-im-diškur igi in-n[a-a n-£a r-m]a Id na nna-tum-r a a d-da- [ni]

10

kišeb ibila-a -ni in-g[az-a ]

11

pu-úḫ-ru-um nibru[ki]

12 13

I

14

í[b-ta -a n-zi oder -sar ]

ri-im-diškur b[a-a n-du 11] ˹Iri-im-diškur˺ n[am- ibila- ni-ta]

Rīm-Adad, [der Sohn von Nannat]um, hat zu Nannatum, seinem [Vate]r gesagt: „Mein Vater bist du nicht (mehr)!“ Die Urkunde bezüglich seiner Stellung als Erbe hat er zerbrochen. Daraufhin hat sich Nannatum an die Versammlung von Nippur gewandt. (Vor) der Versammlung von Nippur ist Rīm-Adad für i[hn erschiene]n. Dass er gegenüber Nannatum, [seinem] Vater, die Tafel seiner Erbenschaft zerbr[ochen hat], hat Rīm-Adad (vor) der Versammlung von Nippur ausg[esagt]. Den Rīm-Adad hat er (= Nannatum) [aus der] St[ellung als sein Erbe] e[ntfernt] oder f[ortgeschickt].

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15 16

u 4-kúr-šè ˹ri-im-d˺iš[ku r] ù ibila-a-ni a-na [me-a-bi]

17

Id

18

Rs.

nanna-tum nam-i[bila-ni-šè] é a-šà £eškiri 6 ù [ní£ -gu r 11]

Dass in Zukunft Rīm-Ad[ad] und seine Erben, soviele [es sein mögen], gegenüber Nannatum [auf] die Stellung als [sein] E[rbe], (und damit auf) Haus, Feld, Garten und [beweglichen Besitz], soviel es sein mag, keinen Anspruch mehr erheben werden,

19

˹a-na˺ me-a-bi en im nu-£ [á-£á]

1

mu lugal-bi in -pà

2

igi u 4-du 7-du 7 dumu lú- dnin-ur[ta] igi im-gu-tum nu -èš […] igi den -líl-gal-zu du mu a-gu-ú-a igi ḫu-pa-tum du mu di£ir-lú-˹ti˺ igi ur-d[u 6-kù -g a ? dumu …] igi e-ri-ša-am dumu x […] igi a-zi-rum dumu ní£ -gu r 11-[…] igi dnanna-zi-mu [dub ?]-˹sar ??˺ [igi n]a-bi-dutu bur-gul (Strich, Leerraum mit Siegelabrollung) iti še-kin-ku 5 mu ki 19 ús-sa d ri-im-dsìn lugal-e ì-si-in ki ba-an-dab 5-ba

3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

hat er (= Rīm-Adad) mit einem Eid beim König geschworen. (9 Zeugen, Datum: RiSi 48/12/–)

Siegelabrollung: 1 ri-im-diškur 2 dumu ša-gi-iš-ki-nu/-um Kommentar Vs. 4. Die Stellung als Erbe wird im Ausdruck kišeb ib ila-a-ni hier und in Vs. 10 einfach mit ibila ausgedrückt, in Vs. 17, in welcher der ehemalige Adoptivsohn seinen Klageverzicht gegenüber der Erbschaft seines Adoptivvaters erklärt, aber vermutlich als nam-i[bila …]; anders Kraus (1969, 48f.). Vs. 7–8. Greengus (1969, 519a) ergänzte die Verbalform in Vs. 8 als igi in-n[a-an-£a]r(Nͤ) und übersetzte: „the Nippur assembly had Rim-Adad appear (before them).“ Der Kopie ARN 36 zufolge endet das letzte Zeichen dieser Zeile auf einen senkrechten Keil und kann daher kaum Nͤ sein, vgl. Nͤ in Rs. 8. Außerdem ist die Lücke zwischen -n[a]- und der Zeichenspur am Ende der Zeile größer. Wenn die Platzverhältnisse richtig wiedergegeben sind, kann nicht nur -an - darin gestanden haben, sondern mindestens noch ein weiteres Zeichen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Nahe liegt eine Ergänzung igi in-n[a-an -£ar-m]a in Entsprechung zu in-gaz-ma in Vs. 4. Allerdings ist fraglich, ob man diese Verbalform als Prädikat zu pu-úḫ-ru-um auffassen kann. Zumindest im Akkadischen verlangt puḫrum ein pluralisches Prädikat, siehe CAD P, 487f., puḫrum A 1b. Davon ging Greengus auch für den vorliegenden, im Wesentlichen sumerisch formulierten Text aus, indem er in Vs. 12 und 14 pluralische Verbalformen ergänzte. Eine Ergänzung von in-n[a-an-£ ar-re-eš-m]a erscheint für die Größe der Lücke aber zu lang. Zu lösen ist dieses Problem, wenn man p[u-ú]ḫ-ru-um nibru ki als adverbiale Bestimmung des Ortes auffasst. Zwar sollte der Ausdruck mit Lokativendung pu -úḫ-ru-um nibru ki -ka lauten, doch steht bereits in Vs. 5 endungsloses pu-úḫ-ru-um nibru ki für den Lokativ oder Lokativ-Terminativ (vgl. Dombradi 1996/I, 66). Ist p[u-ú]ḫ-ru-um nibru ki adverbiale Bestimmung, dann muss Rīm-Adad der Ergativ zu igi in -n [a-an -£ar-m]a sein. Diese Deutung wird dadurch gestützt, dass bislang kein Beleg für eine Vorladung vor Gericht durch eine rechtssprechende Instanz bekannt ist, siehe Dombradi (1996). Falkenstein (1956–1957/I, 60) führte zwar zwei Belege für die „Ladung vor Gericht“ an, diese wurde aber von einer Prozesspartei gegenüber der anderen ausgesprochen, nicht von Richtern oder dem Gericht selbst. Vs. 9–12. Greengus (1969, 519a) ergänzte die Verbalform in Vs. 12 als b [a-gi-ne-eš] und übersetzte: „the Nippur assembly con[firmed] that RīmAdad broke his tablet of heirship before Nannatum [his] father“. Es ist m. E. wahrscheinlicher, dass Vs. 11–12 parallel zu Vs. 7–8 zu verstehen sind. Das Verb gi = kunnum wird Dombradi (1996/I, 93f.) zufolge in altbabylonischen Prozessurkunden verwendet zur Bestätigung von Rechten oder zum Nachweis eines Vergehens. Beide Bedeutungen passen hier nicht gut. M. E. ist daher hier besser die verbale Wurzel du 11, „sagen, sprechen“, zu ergänzen, die auch in ARN 38: 8 und SAOC 44, 24: 8' in der Bestätigung der Adoptionsbeendigung vor Gericht verwendet wird. Vs. 13–14. Greengus (1969, 519a) ergänzte: ˹Iri-im-diškur˺ n[am-ibila-nita] í[b -ta-an -zi-eš], „they [removed] Rīm-Adad [from heirshi]p“. In allen bislang bekannten Belegen über Beendigung von Adoption ist es aber der adoptierende Elternteil, der die Adoption beendet, keine gerichtliche Instanz, so ausdrücklich in CT 2, 31: 11–14 und CH 168–169 (in ARN 38 ist der betreffende Passus nicht erhalten). In SAOC 44, 24: 14'–16' geben die Richter dem Adoptivvater die Empfehlung bzw. Genehmigung, seinen Sohn aus der Adoption zu entlassen, vollziehen muss er das aber selbst. Aus diesem Grund ist es wahrscheinlicher, dass auch hier der Adoptivvater Nannatum die Adoption beendete, also eine Verbalform im Singular zu ergänzen ist. Die verbale Wurzel ergänzte Greengus (1969, 519a) als zi mit Verweis auf MSL 1, 48: 16. Alternativ ist auch die Ergänzung mit sar möglich, siehe MSL 1, 48:14 und SAOC 44, 24: 15'.

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ARN 38 Vs.

1 2 3

[(…) Ima-nu-u]m-ki-ma-diškur [dumu Idsìn]-re-me-ni I d ˹ ˺[sìn-r]e-me-ni ad-da-ni-ra

4

ad-˹£u 10 nu˺-me-en ba-an-na-du 11-ma Id sìn-re-me-ni ad-da-ni

5 6 7 8 9 10

[di-ku]5-e-ne gaba i-ib-ri [Ima-n]u-um-ki-‹ma›-dišku r du mu -£ u 10 [ad]-£ u 10 nu-me-en ma(über Rasur)-an -d u 11 [di-ku]5-e-ne igi-ni ˹in-£ar˺-eš-ma [é ?] ˹a-šà ?˺ ní£-gur 11 ˹é ?˺ […]

11

[…] x x […] abgebrochen

1'

[…] x x […]

[(…) Mannu]m-kīma-Adad, [der Sohn von Sîn]-rēmēni, hat zu [Sîn-r]ēmēni, seinem Vater, gesagt: „Mein Vater bist Du nicht (mehr)!“ Daraufhin hat sich Sîn-rēmēni, sein Vater, an die [Rich]ter gewandt: „[Mann]um-kīma-Adad, mein Sohn, hat zu mir gesagt: ‚Mein [Vater] bist du nicht mehr!‘“ Sie sind (beide) vor den [Rich]tern erschienen. Daraufhin … [Haus], Feld, Besitz des Hauses […] […] … […]

Lücke Rs.

2' 3' 4' 5' 6' 7' 8' 9' 10' 11' 12' 13' 14'

[Dass in Zukunft Mannum-kīmaAdad samt seinen Erben, soviele es sein mögen, gegen über Sîn-rēmēnī auf die Stellung als sein Erbe] […] x […] [keinen Anspruch mehr erheben wird,] [mu -lugal-b]i in -p [à (…)] hat er [mit einem Eid beim König] ge[schworen.] [igi x x] x-tum du mu im-gu-˹ú-a˺ (9 Zeugen, Datum: RiSi 43/12/–) [igi lú ]-˹ì˺-si-in ki-na [0 du mu d]u tu -ma-an-šúm [igi ds]ìn-li-di-iš dumu dsìn-en-nam [igi] ì-lí-e-ri-ba-am dumu i-di-ia igi lu-mu-ur-ì-lí ses-a-ni igi ta-ki-k i ag a-ús den-líl-zi-£ ál-a-ni igi ta-ri-bu-um bur-gul ˹igi˺ ur-sa-tum (Rasur) a-ba-a-a [igi] dnanna-tum dub-sar du mu é-a-a-bi [iti] še-kin-ku 5 mu-ús-sa ˹ki 13˺ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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o.Rd. 15' [dr]i-im-dsìn lugal-e 16' [ì]-si-in ki ba-dab 5-ba Siegelabrollung: 1 ma-nu(Kopie: NI)-um-ki-ma-[diškur] 2 du mu dE[N-…] Kommentar Vs. 9. Dombradi (1996/I, 78 mit Anm. 346, siehe II, 83) vertrat die Ansicht, diese Zeile sei gemäß BE 6/2, 10: 16f. (sic!, gegen Dombradi nicht 14–15) zu ergänzen. Dort steht: pu-úḫ -ru -u m nib ru ki -ka / ka enim-ma igi-ne in-du 8 -eš-ma, „In der Versammlung von Nippur hat man die Aussage geprüft.“ Meines Erachtens ist aber eine entsprechende Deutung von Vs. 9 nicht möglich. Die kopierten Zeichenspuren sprechen nicht für eine Lesung ˹in-du 8 ˺-ma, sondern deutlich für ˹in-£ ar˺-eš-ma. Damit gehört diese Zeile noch zum Gerichtsgangvermerk und ist nicht Einleitung eines Beweisverfahrens seitens der Richter. Ein Beweisverfahren ist in Urkunden bezüglich Adoptionsauflösung sonst auch nicht erwähnt.

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© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

Catherine Mittermayer (Universität Genf) und Pascal Attinger (Universität Bern)

Der in der Antike als adamin bezeichnete Wettstreit zwischen Enmerkara und Ensukukešdana hat in den letzten zwanzig Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Nach der Erstedition durch Berlin (1979)1 folgte eine holländische Übersetzung von Vanstiphout (1998, 68–83). Kurz darauf wurde das Werk in ETCSL (1999) und durch Vanstiphout (2003, 23–48) mit rekonstruiertem Text und Übersetzung vorgelegt. Seit 2004 ist eine online-Bearbeitung durch Pascal Attinger (2004/2017) verfügbar, die er regelmäßig aktualisiert. Zwei Jahre später ist eine kommentierte italienische Übersetzung von Pettinato (2006, 66–126) erschienen. Schließlich präsentierte Wilcke (2012) eine wichtige Neuedition des Textes. Catherine Mittermayer bereitete das Werk im Rahmen einer Neubearbeitung mehrerer adamin für eine online-Datenbank auf. Der Text wird 2019 in der „Datenbank der sumerischen Streitliteratur“ (DSSt), welche langfristig die gesamte sumerische Streitliteratur umfassen soll,2 über die Plattform ORACC zugänglich gemacht.3 Bei der Bearbeitung von Enmerkara und Ensukukešdana haben sich sowohl im Hinblick auf die Rekonstruktion des Textes als auch in Bezug auf die Lesungen Abweichungen zu Wilckes Publikation ergeben, wodurch sich eine neue Papieredition gerechtfertigt sieht. Hinzu kommt, dass die Autorin bei einem Aufenthalt in Philadelphia im Rahmen ihrer Habilitation zu den Argumentationsformen in den sumerischen Rangstreitgesprächen die Originale einsehen konnte.4 Da sich

1

S. auch die wichtigen Rezensionen von Heimpel 1981 und Behrens 1983–84. Rang-, Schüler- und Frauenstreitgespräche. Für eine Auflistung und Klassifizierung der Texte siehe Mittermayer 2019, 3–13. 3 Die Erfassung und Aufarbeitung der Streitliteratur für die Datenbank erfolgte in dem durch den Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekt „Streitliteratur im Alten Orient: Ein Editionsprojekt“. Mittermayers Anteil zu dem Artikel entstand im Rahmen dieses Projekts. 4 Für erste Ergebnisse s. bereits Mittermayer 2017. 2

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

die Übersetzung der Autorin stark an derjenigen von Attinger (2004/2017) orientierte, hat sie schließlich den Autor eingeladen, den Text gemeinsam zu edieren. Wir freuen uns sehr, dieses besondere Literaturwerk unserem Freund und Kollegen präsentieren zu dürfen. Ohne es zu wissen, hat der Jubilar zu dieser Neubearbeitung beigetragen, indem er uns freundlicherweise seine Umschrift zu MS 3423 (Text OO) überließ. An dieser Stelle sei ihm herzlichst dafür gedankt.

1. Enmerkara und Ensukukešdana als Rangstreitgespräch Mit Behrens (1983–84, 98–99) und Wilcke (2012, 4) ist Enmerkara und Ensukukešdana aufgrund des Kolophons den Rangstreitgesprächen zuzuordnen.5 Es wurde mehrfach festgestellt, dass der Text inhaltlich und strukturell von den ‚klassischen‘ Rangstreitgesprächen abweicht. Deshalb hat man ihn, angefangen mit Berlin (1979, 3–4) bis hin zu Herrmann (2010, 61) und Jiménez (2017, 13), aus der Diskussion um die Rangstreitgespräche ausgeklammert.6 Auch wenn die Differenzen in Dialog und Handlung nicht von der Hand zu weisen sind, soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, weshalb dieses Werk einst mit dem Terminus a-da-min 3 versehen wurde, der den „Wettstreit (zwischen) zweien“ bezeichnet. Der verbale Wettstreit zwischen den beiden Stadtherren ist in der ersten Hälfte der Komposition wiedergegeben. Nach einem Prolog, in dem Uruks Schönheit und Macht über Arata gepriesen wird, erfahren wir in der ersten Überleitung, dass Ensukukešdana den Herrn von Uruk in einem Wettstreit überragen möchte (vermutlich wegen der Übermacht Uruks).7 Er eröffnet den Wettstreit mit einer 14zeiligen Rede, in der er sich mit seinem Gegner vergleicht. Hauptthema ist hierbei die Beziehung beider Stadtherren zur Göttin Innana. Er instruiert anschließend den Boten, dass er die Rede dem Herrn von Uruk vortragen soll. Der Bote begibt sich nach Uruk und wiederholt vor Enmerkara die Rede seines Herrn. Die Antwort des Herrn von Uruk fällt mit 36 Zeilen wesentlich ausführlicher aus als die des Ensukukešdana. Er nimmt viele Motive und Formulierungen aus der gegnerischen Rede auf, um diese zu überbieten:8

5

S. Wilcke 2012, 3 für eine Diskussion der älteren Klassifizierungen des Textes; s. auch Mittermayer 2019, 11 zur Rechtfertigung der Aufnahme des Textes in die Rangstreitgespräche. 6 Auch van Dijk 1953, 33–34 und Gordon 1960, 145 hatten den Text bereits aus der Kerngruppe der Rangstreitgespräche ausgeschlossen. 7 Nach der Interpretation von Attinger (s. den Kommentar zur Zeile) wäre der Grund, sich mit dem Herrn von Uruk in einem Wettkampf messen zu wollen. 8 S. dazu auch schon Mittermayer 2019, 156–158; für die Technik der Überbietung s. Mittermayer 2019, 145–147. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

Enmerkara Ziegeltempel Bett aus Holz Innana im Traum Gänse mästen

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Ensukukešdana Lapislazulitempel geschmücktes Bett

® ®

Innana im Morgendäm- ® mer nicht Gänse mästen ® versammelte Fürsten ®

193

Enmerkara lebt mit Innana Bett der Heiligen Hochzeit Sexuelle Vereinigung Ensukukešdana ist arm9 unterworfene Fürsten

Enmerkara überbietet problemlos sämtliche Vorlagen des Ensukukešdana. Hierbei behält er soweit wie möglich die Satzstruktur seines Gegners bei und verändert lediglich einzelne Wörter oder grammatikalische Elemente, um die Überbietung zu erzielen. Als Beispiel hierfür sollen die Z. 38//69 und Z. 113 dienen, welche die Argumentation der beiden Herren abschließen: 38(//69) ensi 2 kur- ra gu 2 mu- un-£ar- re-˹e š- a˺ mu-da -a n-gu 7-˹u 3-ne ˺ „die Fürsten des Berglandes, die sich um mich versammelt haben, essen sie (die Gänse) zusammen mit mir“ 113 e nsi 2 ki- en- gi-ra gu 2 ma -an-£ar- re-e š mu-da-gu 7-u 3-˹ne ˺ „die Fürsten von Sumer, die sich mir unterworfen haben, essen sie (die Gänse) zusammen mit mir“ Enmerkara passt den Satz durch den Wechsel von kur zu ki-e n-gi für sich an. Die Überbietung geschieht durch Wechsel vom Direktiv zum Dativ in der ersten Verbalform (mu- > ma -), wodurch sich die Bedeutung des Verbes verändert. Während Ensukukešdana seine Gänse mit den um ihn versammelten Fürsten isst, speist Enmerkara mit den ihm unterworfenen Fürsten. Die Rede Enmerkaras wird bei der Überbringung nicht wiederholt. Dies steht in deutlichem Gegensatz zu Enmerkara und der Herr von Arata, wo sämtliche Reden des Stadtherrn von Uruk wiederholt werden, während die gegnerischen Reden nur dem Herrn von Arata in den Mund gelegt werden (Mittermayer 2009, 55). In dieser Komposition war es aber auch Enmerkara, der den Wettstreit eröffnet und die Unterwerfung seines Gegners gefordert hatte. Beiden Texten gemeinsam ist die verzweifelte Reaktion des Herrn von Arata.10 Ensukukešdana wird nach der Überbringung der Botschaft mit folgenden Worten beschrieben (Z 117–121):

9

Die Überbietung erfolgt in Z. 108 durch Einfügung von a -ne nu-tuku-da -a m 3 „er ist ein Habenichts“, was indirekt Enmerkaras Reichtum unterstreicht. Nur zwei von vier Texten erwähnen im Anschluss, dass Enmerkara seine Gänse mästet. Offenbar war dies allzu evident. 10 S. dazu Mittermayer 2009, 20–21. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

„Ensukukešdana schrie Befehle, er rang um Wörter, die isib-, lumaḫ- und gudu-Priester und das Personal, das im £epar lebt, versammelte er, um sich mit jedem von ihnen zu beraten. ,Was wollen wir ihm (nur) sagen? Was wollen wir ihm (nur) sagen? Was wollen wir (nur) dem Herrn von Uruk, dem Herrn von Kulaba sagen? (…)’“ Enmerkara und Ensukukešdana zeigt in mehrfacher Hinsicht deutliche Parallelen zu den ,klassischen‘ Rangstreitgesprächen. Der Verlierer des Wettstreits (Ensukukešdana) ist seinem Gegner verbal klar unterlegen. Er wird außerdem in den narrativen Passagen zwischen den Reden deutlich negativer beschrieben als Enmerkara. Während letzterer nach Überbringung der Rede über fünf Zeilen als mächtiger Anführer und Herrscher beschrieben wird (Z. 70–74), reagiert Ensukukešdana kopflos und verzweifelt. Die Wiederholung der Rede des Herrn von Arata unterstreicht seine Minderwertigkeit und darf möglicherweise als Parodie zu Enmerkara und der Herr von Arata gedeutet werden.11

2. Der magische Wettstreit Mit Z. 135 wird ein neuer Textabschnitt eingeleitet. Der Zauberer Uralimnuna aus Ḫamazu betritt die Szene. Nach der Zerstörung von Ḫamazu war er nach Arata gebracht worden,12 wo er nun als Sklave im Schatten eines Hauses seiner Zauberei nachgeht.13 Er erhält die Erlaubnis, dem Herrn von Arata einen aberwitzigen Plan zur Unterwerfung Uruks vorzutragen. Ensukukešdana in seiner Naivität ist begeistert und belohnt ihn reichlich für die brillante Idee. Der Zauberer begibt sich aber vorerst nach Ereš,14 wo er die Kühe und Ziegen der Nisaba verzaubert, so dass die Milch ausgeht. Nachdem sich zwei Hirten bitterlich bei Utu über die Situation beklagt haben, tritt Nisaba als alte Frau Sa£buru dem Zauberer gegenüber.15 In dem folgenden, magischen Wettstreit werfen die Gegner jeweils eine bronzene Harpune in den Euphrat, woraufhin für jeden ein bis zwei Tiere aus dem Fluss treten:16

11 Dieser Text gehört nicht zu den Rangstreitgesprächen. Der Begriff adamin taucht zwar im Text auf, es fehlt jedoch das für die Rangstreitgespräche typische Kolophon (s. Mittermayer 2009, 321). Für Parodien in den akkadischen Streitgesprächen s. Jiménez 2017, 97– 99. 12 Für die abweichende Deutung von Attinger s. Anm. 36; ebenso Wilcke 2012, 26. 13 Für seinen Sklavenstatus spricht der Terminus kiše in Z. 150, der die Haartracht der Sklaven beschreibt (halbseitig geschoren). 14 Für seine mögliche Motivation s. den Kommentar zur Z. 173. 15 S. dazu den Kommentar zur Zeile. 16 Zu den Tieren vgl. auch den Kommentar zu den Zeilen.

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

Uralimnuna großer Karpfen Mutterschaf und Lamm Kuh und Kalb Rehbock und Damhirsch Gazellenkalb

195

Sa£buru ® ® ® ® ®

Geier und Adler Wolf urmaḫ-Löwe Bergleopard Löwenjunges und urnim-Raubkatze

Die Tiere der Sa£buru sind den Geschöpfen des Uralimnuna überlegen und der Zauberer muss eine herbe Niederlage erleiden. Er versucht sein Handeln noch zu rechtfertigen, doch die alte Frau verurteilt ihn zum Tode und wirft seine Leiche ans Ufer des Euphrats. Der magische Wettstreit des Zauberers mit der Sa£buru spiegelt in mehrfacher Hinsicht den verbalen Austausch der beiden Stadtherren wider. Wie Ensukukešdana eröffnet auch Uralimnuna als Verlierer den Wettstreit und die alte Frau vermag wie Enmerkara jede Vorlage des Gegners zu überbieten. Die fünf Tierduelle reflektieren die fünf Hauptargumente, die von den Stadtherren in ihren Reden vorgebracht werden und bei denen Enmerkara jeweils den Herrn von Arata aussticht (Wohnort mit Innana, Bett mit Innana, Art der Begegnung mit Innana, Gänse, Mahl mit Fürsten). Der Unterschied besteht darin, dass die verbale Argumentation in jeweils einer Rede zusammengefasst wird, während sich die Tiere im magischen Duell alternierend gegenübertreten: Ensukukešdana

1.

Uralimnuna

1. 2. 3. 4. 5.

1 –5

Enmerkara Sa£buru

Eine weitere Parallele ist in der Wandlung des Protagonisten auf der Seite von Arata zu beobachten. Sowohl Ensukukešdana als auch Uralimnuna stürzen sich überheblich in einen Wettstreit, aus dem sie am Ende verzweifelt heraustreten. Während Ensukukešdana nach Worten ringt, verfinstert sich das Gesicht des Zauberers und sein Verstand ist verwirrt.

3. Die Struktur des Textes Mit der Geschichte um den Zauberer aus Ḫamazu wird ein zweiter Handlungsstrang eröffnet, der jedoch mehrere Parallelen mit dem ersten aufweist. In beiden wird nach einem Prolog und der Nennung des Streitgrundes, welche die Schauplätze und Gegner einführen, ein Duell zwischen zwei Parteien ausgetragen (ver© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

bal vs. magisch). Beide Male beginnt der Verlierer den Wettstreit und der Gewinner hat das letzte Wort bzw. den letzten Zauber. Es werden jeweils fünf Argumente bzw. Tiere von jedem Gegner (her)vorgebracht, wobei der Gewinner sämtliche Vorgaben des Gegners überbietet. Am Ende folgt eine Entscheidung, die anders als bei den ,klassischen‘ adamin jedoch in beiden Fällen von einer der Streitparteien gefällt wird. Ensukukešdana verkündet als Verlierer seine Niederlage gegenüber Enmerkara, Nisaba verurteilt als Siegerin den Zauberer zum Tode. Der zweite Handlungsstrang wird in dem Moment eröffnet, wo Ensukukešdana nicht mehr weiter weiß. Er vermag nicht auf die Nachricht von Enmerkara zu reagieren, gleichzeitig möchte er aber lieber mit seiner Stadt untergehen, als sich dem Herrn von Uruk zu unterwerfen. In einem Rangstreitgespräch würde man an diesem Punkt die zweite Überleitung erwarten, in der eine der Parteien vorschlägt, einen Richter aufzusuchen.17 In Enmerkara und Ensukukešdana folgt jedoch auf einer anderen Ebene eine Wiederholung des Wettstreits, in der die Niederlage des Herrn von Arata durch den Tod des Zauberers vorweggenommen wird.18 Wie es sonst gewöhnlich die zweite Überleitung tut, führt hier die Geschichte des Zauberers zur Einsicht und Unterwerfung des Ensukukešdana, die im Schlussteil dargestellt wird. Verbaler Wettstreit: Prolog (1–13): Überleitung 1 (14–24): Wettstreit (25–134): Überleitung 2 (135–277):

Entscheidung (278–284): Kolophon (285–287):

Magischer Wettstreit: Schauplätze Gegner, Streitgrund 1:1 Reden Prolog (135–172): Streitgrund (173–230):

1. Protagonist 2. Protagonist, Schauplatz Wettstreit (231–251): 5:5 Handlungen Entscheidung (252–277): Tod des Zauberers Unterwerfung Ensukukešdanas adamin

Auch im Rangstreitgespräch von Vogel und Fisch erfolgt für einen Moment eine Verlagerung des Wettstreits auf eine andere Ebene. Anders als in Enmerkara und Ensukukešdana bleiben die Protagonisten jedoch dieselben und es handelt sich um eine sehr konkrete, physische Ebene, auf der erst der Fisch den Nachwuchs des Vogels tötet und anschließend letzterer den Fischlaich zerstört. Außerdem ist das „Parallelduell“ wesentlich kürzer und in den verbalen Wettstreit eingebettet.19

17

Zur Überleitung 2 s. Mittermayer 2019, 20–21. Behrens 1983–84, 98–99 hatte im magischen Duell den eigentlichen Wettstreit gesehen, der in dem Fall durch Stellvertreter ausgeführt würde. Die vorangegangenen Botenreden hatte er als Darlegung des Streitpunktes gedeutet. 19 S. dazu Mittermayer 2019, 82–83. 18

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

197

Die Verwendung des Terminus adamin im Kolophon des Textes sieht sich dadurch gerechtfertigt, dass tatsächlich ein verbaler Wettstreit zwischen den beiden Herren ausgetragen wird. Innerhalb des Rededuells werden dieselben Argumentationstechniken angewendet wie in den ,klassischen‘ Rangstreitgesprächen, so z. B. das Selbstlob, die Abwertung, die Überbietung und auch die (Auf-) Forderung.20 Auch hier gewinnt der eloquentere Redner, der – wie es gewöhnlich der Fall ist – die letzte Rede hat. Der Sieger wird zudem sowohl auf der strukturellen (Redezeit) als auch auf der narrativen Ebene (Charakterisierung) unterstützt. Der magische Wettstreit nimmt den Aufbau der Rangstreitgespräche auf, wie z. B. die Einteilung in Prolog, Überleitung mit Streitgrund, Wettstreit und Entscheidung oder auch die Grundstruktur des Wettstreits (Sieger hat den letzten Zug). Die Ausgestaltung ist jedoch unter anderem hinsichtlich der Länge der einzelnen Abschnitte deutlich abweichend. Wie in Enmerkara und der Herr von Arata darf auch Ensukukešdana als Karikatur eines schlechten Herrschers gedeutet werden. Er dient als Negativbeispiel eines Redners, was durch die Wiederholung seiner Rede verstärkt wird. Er muss außerdem erst eine Niederlage seines ,Verbündeten‘ erleben, bevor er sich sein eigenes Unvermögen eingestehen kann.

4. Manuskripte Sigel

Inventarnummer

Kopie / Foto (CDLI)

Zeilen

A

CBS 15107

PBS 5, 10; P269663

Vs. i 1–10 = 1–10; ii 1–7 = 34–40

B

VAT 7832b

VS 17, 39; (P343058)

Vs. 1–15 = 1–15; Rs. 1'–10' = 52–56

C+L

N 1454 + 1779 + 1770 + Ni 4126a

ISET 2, 40 (Ni 4126a); P343654

Vs. i 1'–13' = 6–18; ii 1'–14' = 38–52; Rs. iii 1'–27' = 91–117; iv 1'–11' = 143–151

D

CBS 6096

SEM 19; P263873

Vs. i 1'–30' = 6–35; ii 1–39 = 37–75; Rs. iii 1–35 = 76–110; iv 1–27 = 114–140

E

CBS 7144

SEM 13; P262179

Vs. 1'–9' = 7–15; Rs. 1'–13' = 39–51

20

Vgl. den Katalog von Argumentationstechniken in Mittermayer 2019. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

198

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

Sigel

Inventarnummer

Kopie / Foto (CDLI)

Zeilen

F+I+ GG

CBS 13384 + N 4147 + N 7860 + N 7733

SEM 18+; P268464 (F+I); P281457 (GG)

Vs. i 1'–28' = 10–38; ii 1'–5' = 51–54a

G

Ni 9663

ISET 2, 42

Vs. 1'–15' = 18–32; Rs. 1–17 = 33–49

H

Ni 9886

ISET 1, 193

Vs. ii 1'–8' = 59–66 (oder = 28–35); Rs. iii 1'–4' = 85–88

I

s. F

J

N 3403

„missing“

36–39

K

CBS 11345

PBS 5, 9; P266496

Vs. i 1'–6' = 2–7; ii 1'–11' = 38–49; Rs. iii 1'–12' = 104–116; iv 1'–4' = 150–153

L

s. C (Join von Heimpel 1981, 404; bestätigt von Vanstiphout, NABU 1987/87; übernommen von CDLI)

La

Ni 4126b (Ni 4582)

ISET 2, 40

1'–7' = 126–132

M

N 3751

P278755

Vs. 1'–7' = 66–72; Rs. 1–8 = 73–80

N

Ni 9634

ISET 2, 42

1'–5' = 73–77

O

Ni 2283

SLTNi 1

Rs. iii 1'–7' = 79–85; iv 1'–6' = 126–131

P

3NT 308 = UM 55-21-303

P257245; s. auch Foster (1999, 26f.)

Vs. 1–25 = 98–122; Rs. 1–18 = 123–140

Q

UM 29-13-392

P255359

Vs. 1'–12' = 127–138; Rs. 1–12 = 139–150

R

3NT 352 = IM 58440

Heimpel (1981, 406f.)

Vs. i 1–43 = 140–185; ii 1–37 = 18–223; Rs. iii 1'–40' = 227–267; iv 1–20 = 268–287

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

199

Sigel

Inventarnummer

Kopie / Foto (CDLI)

Zeilen

S+Z +T +LL

UM 29-16-424 + UM 29-16-450 + N 3494 + N 6977

P256922

Vs. i 1–11 = 152–162; ii 1'–11' = 187–196; Rs. iii 1'–16' = 238–253; iv 1'–12' = 277–287

T

s. S (Join von Heimpel 1981, 404; übernommen von Behrens 1983– 84, 100)

U

CBS 15104

P269661

Vs. 1'–8' = 160–167; Rs. 1–10 = 168–178

V

CBS 3843

HAV 17; P260212

Vs. i 1'–8' = 183–189; [ii]; Rs. iii 1'–2' = ?; iv 1–9 = 264–273

W

Ni 4497

ISET 1, 155

Vs. 1'–5' = 205–209; Rs. 1–6 = 210–215

X

CBS 6985 + N 1766 + N 1772 + 1772A

SEM 17 (CBS 6985); P264399

Vs. 1–37 = 215–250; Rs. 1–35 = 251–287

Y

UM 29-15-505

P256270

Vs. 1'–13' = 215–227; Rs. 1'–14' = 248–261

Z

s. S

AA+ BB

N 3664 + N 4207 + N 4334

P278680

Vs. 1'–15' = 238–252; Rs. 1–18 = 253–270

BB

s. AA

CC

CBS 2209

P259263

Vs. 1'–8' = 25–32; Rs. zerstört

DD

N 3205 + N 2505

BPOA 9, 82; P277590

Vs. 1'–12' = 50–61; Rs. 1'–8' = 81–88

EE

N 3770

P278770

Vs. 1'–2' = 208–209; Rs. 1–4 = 210–213

FF

CBS 15084

P269646

Vs. 1'–6' = 196–201; Rs. 1'–6' = 221–226

GG

s. F

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

200

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

Sigel

Inventarnummer

Kopie / Foto (CDLI)

Zeilen

HH

Ni 4400

ISET 1, 152

Vs. 1'–2' = 45–46; Rs. 1'–6' = 102–107

II

W 16743 = VAT 21579

AUWE 23, 96; (P349099)

Vs. 1'–8' = 153–160; Rs. 1–4 = 161–164

JJ

Ni 9857

ISET 1, 189

Vs. 1–5 = 117–121; Rs. 1'–4' = 150–153

KK

N 1367 + N 6595 + N 6609

BPOA 9, 83; P276514

Vs. 1'–12' = 29–40

LL

s. S (für Join s. CDLI Foto P256922)

MM

N 7448

P281178

1'–4' = 173–176

NN

N 3610

BPOA 9, 84; P278628

Vs. zerstört; Rs. 1'–5' = 283–287

OO

MS 3423

P252364; Transliteration Volk

Vs. 1–14 = 202–214; Rs. 1'–23'= 255–279; u.Rd. 1–4 = 280–282; li.Rd. 1–5 = 283–287

5. Partitur 1

šeg12 muš2 za-gin3-t[a e3]-a Ai1 B Vs. 1 Kol. C

[ ]-˹a˺ šeg12 ˹x x˺ [x x x (x)] ˹x x˺-a ] ge4-ba šeg12 muš2 za-gin3-t[a ˹kul-aba4ki iriki˺ an ki-˹da˺ mu2-a

2 Ai2 B Vs. 2 K i 1'

[ ] mu2-a ki ki ˹kul-aba4 iri ˺ an ki-˹da˺ m[u2]-˹a˺ [ ]-˹a˺ unuki-˹ga mu-bi dter-an˺-na-gen7

3 Ai3 B Vs. 3 K i 2'

d [ ]˹ter-an˺-na-gen7 ki d unu -˹ga mu-bi ter-an-na˺-[ge]n7 [ -g]en7

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

4

an-ne2 ˹us2-sa˺-bi si-muš3 gunu3-a Ai4 B Vs. 4 K i 3'

an-na ˹gub-ba˺-bi u4-šakar gibil na-nam

5 Ai5 B Vs. 5 K i 4'

[ -b]a-bi u4-šakar gibil na-nam an-na ˹gub-ba-bi u4-šakar gibil na-nam˺ [ ] me ˹gal˺-l[a] nam-nun-na du3-a

6 Ai6 B Vs. 6 C i 1' D i 1' K i 5'

[ n]am-nun-na du3-a me ˹x x˺ nam-nun-na ˹du-a˺ [me] ˹gal˺-*l[a ]-˹a˺ [ ]-a [ ]-˹a?˺ kur sikil u4 du10-ga ki £ar-ra

7 Ai7 B Vs. 7 C i 2' D i 2' E Vs. 1' K i 6' 8

[ d]u10-ga ki £ar-ra kur sik[il] u4 ˹du10˺-ga ˹ki˺ £ar-ra [ku]r sikil u4 du10-*g[a ] ˹£ar˺-ra [ -r]a ˹kur˺ [ ] [ -r]a iti6-gen7 kalam-ma e3-a

Ai8 B Vs. 8 C i 3' D i 3' E Vs. 2'

[U4.dNAN]NA-˹gen7˺ kalam-ma e3-a U4.˹d˺[NANNA].˹U4-gen7˺ kalam-ma [UD].DU-a iti6 (KI rad.) ˹x˺ [x]21 kalam-ma e3-a U]D.DU-a [ U4.˹d˺[NANNA] u4 zalag-gen7 kalam-ma si sa2

9 Ai9 B Vs. 9 C i 4' D i 4' E Vs. 3' 21

[ -s]a-bi si-muš2 gunu3-a an-ne2 ˹us2-sa-bi si-muš3 gunu3-a˺ [ -A].˹AN˺

[ k]alam-e si sa2-[x] u4 [(x)] ˹zalag˺-[ge]n7 kalam-ma ˹si˺ sa2 u4 zalag (x rad.)-gen7 kalam-m[a?] ˹si˺ sa2-e [ ]-si-si u4 [ ]

Lies möglicherweise wie in B U4.dNANNA(KI rad.).˹U4˺-[ge n 7]. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

201

202

10 A i 10 B Vs. 10 C i 5' D i 5' E Vs. 4' F i 1' 11 B Vs. 11 C i 6' D i 6' E Vs. 5' F i 2' 12 B Vs. 12 C i 7' D i 7' E Vs. 6' F i 3' 13 B Vs. 13 C i 8' D i 8' E Vs. 7' F i 4' 14 B Vs. 14 C i 9' D i 9' E Vs. 8' F i 5'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

ab2 ur3 ab2 šar9-gen7 ḫi-nun-˹ta˺ e3-a [ ša]r9-gen7 ˹ḫi˺-n[un] a[b2] ˹ur3? ab2˺ š[ar9]-gen7 ḫi-nun-˹ta?˺ e3-a ab2 *ur3 ab2 šar9-gen7 ḫi-n[un-t]a e3-a [ a]b2 šar9-˹gen7?˺ ḫi-n[un-ta UD.D]U-˹a˺ ab2 *u[r3 ] ] [*ab]2 ˹*ur3˺ [ unuki-ga ka-tar-ra-bi kur-r[e] ba-te ˹unuki-ga˺ k[a]-˹tar˺-[(x)]-˹bi kur˺-ra ba-te unuki-ga ka-tar-ra-bi k[ur-r]e ba-te [ -g]a ka-tar-ra-˹bi˺ kur-˹*x˺ [ ] unuk[i] [u]nuki-ga k[a] me-lim4-bi ku3 me-a zi-da me-lim4-b[i? ] ˹me-a˺ zi-da me-lim4-bi ku3 me-a zi-˹da˺-am3 [me-l]im4-bi ku3 me-a zi-[ ] ] me-l[im4me-lim4-bi ˹ku3 me˺-[ ] arataki-a tu9-gen7 ba-˹e˺-dul gada-gen7 ba-e-bur2 aratak[i x]-˹gen7? ba-e˺-dul gada-gen7 ba-e-bur2 arataki-a tu9-gen7 ba-˹e-dul˺ / gada-gen7 ba-e-bu[r2] [LA]M.KUR.RUki ˹tu9˺-gen7 ˹ba-e!-dul!˺ gada-gen7 ba-e-b[ur2] LAM.KU[R.RU ] arataki tu9-gen7 bi2-in-˹dul gada-*gen7˺ [ ] u4-ba u4 en-na-am3 £e6 para10-ga-am3 dutu lugal-am3 [x x] ˹u4˺ en-am3 £[e6 x-g]a dutu lugal-am3 u4-ba u4 en-na-am3 £e6 para10-ga-am3 / dutu lugal-am3 [x (x)] u4 en-na £e6 para10-˹ga˺ dutu lugal-am3 u4-b[a ] u4-ba u4 en-na £e6-a para10-ga dutu lugal-˹*la˺

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

15 B Vs. 15 C i 10' D i 10' E Vs. 9' F i 6' 16

sugal7 en arataki-ka sugal7 an-si12-ga-ri-a mu-ni ḫe2-en-na-nam [ ] ˹x x x sugal7 an˺-[ -e]n-˹na-nam˺ ˹sugal7 en˺ arataki-ka sugal7 an-si12-ga-ri-a / ˹mu˺-ni ḫe2-en-na-nam [x] en arataki-ke4 an-si12-ga-ri-a / mu-ni ḫe2-en-na-nam sugal7 e[n / ] sugal7 en arataki-ka sugal7 an-si12-ga-ri-a / mu-ni ḫe2-en-na-nam sugal7 en-me-er-kara2 (sugal7) en kul-abaki-ka

C i 11' D i 11' F i 7'

[ ]-*k[ara2?]-˹ka˺ sugal7 en kul-aba4ki-še3 / [su]gal7 en-me-er-kara2 sugal7 en kul-aba4ki-ke4 / sugal7 en-me-er-kara2 en kul-*abaki-ka /

16 Forts.

nam-en-na-tum2-ma mu-ni he2-na-nam

C D F

[ ] ˹mu˺-ni ḫe2-en-na-nam nam-en-na-tum2-ma mu-ni he2-en-na(über NAM) nam-en-na-tum2-ma mu-ni he2-na-nam

17 C i 12' D i 12' F i 8' 18 C i 13' D i 13' F i 9' G Vs. 1' 19 D i 14' F i 10' G Vs. 2' 20 D i 15' F i 11' G Vs. 3'

203

en-ri2 e-ne nun-ri2 e-ne [ ]-ne en-ri2 e-ne nun-ri2 e-ne en-ri2 e-ne nun-ri2 e-ne en KU10-ri2 e-ne nun KU10-ri2 e-ne [ ]-˹ne˺ en KU10-ri2 e-ne nun-ri2 e-ne en KU10-ri(-)ne nun KU10-ri(-)ne [ -r]i2? ˹e-ne nun KU10-ri e?˺-[x] en KUKKU2-ri2 e-ne nun KUKKU2-ri2 e-ne en KUKKU2-ri2 e-ne nun KUKKU2-ri2 e-ne en KUKKU2-ri(-)ne nun KUKKU2-ri(-)ne [x KUK]KU2-˹ri2˺ e-n[e] nun KUKKU2-˹ri2? e?˺-n[e] lu2 di£ir-eš2 du2-ud e-ne ˹lu2˺ di£ir-eš2 du2-ud e-ne lu2 di£ir-eš2 du2-ud e-ne [ -e]š2 du2-ud e-n[e]

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204

21 D i 16' F i 12' G Vs. 4' 22 D i 17' F i 13' G Vs. 5' 23 D i 18' F om. G Vs. 6' 24 D i 19' F i 14' G Vs. 7' 25 D i 20' F i 15' G Vs. 8' CC Vs. 1' 26 D i 21' F i 16' G Vs. 9' CC Vs. 2' 27 D i 22' F i 17' G Vs. 10' CC Vs. 3'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

lu2 di£ir-eš2 pa e3 e-ne ˹lu2˺ di£ir-eš2 pa e3 e-ne lu2 di£ir-eš2 pa e3-ne [ -e]š2 pa e3 e-n[e] en unuki-ga en kul-aba4ki-ra ur5-bi a-da-min3-na e3-de3 en unuki-ga en kul-aba4ki-ra ur5-bi / a-da-min3-na e3-de3 en unuki-ga en kul-[ab]a4ki-ka / ur5-bi a-da-min3-na e-de3 [ ]ki-ga en kul-aba[(ki)-r]a ur5-bi a-da-[ ] en arata en-suku5-keše2-an-na-ke4 en arata en-suku5-keše2-an-na-ke4 [en LAM].KUR.RUki ˹en˺-suku6-keše2-an-n[a-x] igi-bi igi unuki-še3 ki£2-ge4-a enim mu-na-ni-ib2-be2 igi-bi igi unuki-˹še3˺ ki£2-ge4-a enim mu-na-ni-ib2-be2 ˹igi -bi ki˺ unu?ki-še3 ki£2-ge4-a-ar / [enim *m]u-na-ni-ib2-be2 [ ] unuki-še3 ki£2-ge4-a enim mu-un-na-ni-˹x˺-[x] e-ne £a2-a-ra gu2 ḫa-ma-an-£a2-£a2 £ešdubsig ḫa-ma-ab-il2-e e-ne £a2-a-ra gu2 ˹ḫa-ma˺-£a2-£a2 £ešdubsig ḫa-ma-ab-il2/-e -m]a-ab-il2-e [ g]u2 ḫa-ma-an-£a2-£a2 / [ [x x £]a2-a-ra gu2 ḫa-ma-˹an˺-£a2-£a2 ˹£ešdubsig ḫa-ma˺-[ ] ] [ £]a2-˹a-ra gu2 ḫa-ma-an˺-[ ˹u4-da˺ gu2 ma-an-£ar gu2 na-ma-an-£ar u3 e-ne £e26-e ˹u4-da˺ gu2 ma-ra-an-£ar gu2 na-ma-an-£ar ˹u3˺ e-ne £e26-e [ ]-£ar gu2 na-ma-an-£ar [ e-n]e u3 £a2-a [x-d]a gu2 ma-an-£ar (£ar rad.?) gu2 na-ma-an-£ar u3 e-ne ˹x˺ [x (x)] [ g]u2 ma-an-£ar gu2 na-ma-a[n- ] [e-ne] dinnana-da e2-šeg12-a-ka ḫu-mu-da-an-til3 [x x] dinnana-da e2-šeg12-a-ka ḫu-mu-da-an-til3 [ -d]a e2-šeg12-a-ka / [ḫ]u-mu-da-an-til3 [x x] ˹d˺innana-da e2-šeg12-a-ka ḫu-mu-da-a[n-x] ] [ ] ˹d˺innana-da e2-šeg12-a-ka ḫ[u-

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Enmerkara und Ensukukešdana

28 D i 23' F i 18' G Vs. 11' CC Vs. 4' 29 D i 24' F i 19' G Vs. 12' CC Vs. 5' KK Vs. 1' 30 D i 25' F i 20' G Vs. 13' CC Vs. 6' KK Vs. 2' 31 D i 26' F i 21' G Vs. 14' CC Vs. 7' KK Vs. 3' 32 D i 27' F i 22' G Vs. 15' CC Vs. 8' KK Vs. 4' 33 D i 28' F i 23' G Rs. 1 KK Vs. 5'

205

[£e26-e] dinnana-da e2 za-gin3 arataki-ka ḫu-mu-da-an-til3-e-en [x x] ˹dinnana˺-da e2 za-gin3 arataki-ka / [x]-˹mu˺-da-an-til3-e-en [ -d]a e2 za-gin3 arataki-ka / [ḫ]u-mu-da-til3-en [x]-˹e?˺ dinnana-da e2 ˹za-gin3˺ arataki-ka ḫu-m[u] d [ ]innana-da e2 za-gin3 ˹arata˺ [ ] / [x]-mu-da-an-˹til3˺-e-[x] [£]eš-nu2 £eš-a-ka ḫu-mu-un-de3-nu2 [ ] ˹ḫu-mu-un˺-de3-nu2 [ ]-ka ḫu-mu-un-de3-nu2 [£]eš-nu2 £eš-a-ka ḫu-mu-un-de3-[x] [ ]-˹a-ka˺ ḫu-˹mu˺-un-[ ] [ ]-˹ka˺ ḫ[u] [š]e-er-gan2-ka u3 du10 ku-ku-da ḫu-mu-un-de3-nu2 ˹še-er-gan2-ka u3 du10 ku-ku-da ḫu-mu˺-un-de3-nu2 [ ] ˹u3˺ du10 ku-ku-de3 / [ḫu]-mu-de3-nu2-en [š]e-er-gan2-ka u3 du10 ku-ku-da ḫu-mu-un-d[e3-x (x)] [ ] ˹u3˺ du10 ku-ku-de3 ḫ[u] ] [ -k]a u3 du10 ku-˹*ku˺-[ e-ne dinnana-da £e6-a ma-mu2-da igi ḫu-mu-ni-in-du8 e-ne dinnana-˹da˺ £[e6]-a ma-mu2-da ig[i ḫ]u-˹mu-ni-du8˺ [ ] ˹d˺innana-da £e6-a ma-mu2-de3 / igi ḫu-mu-ni-in-du8 ˹e˺-ne dinnana-da £e6 ma-mu2-da igi ḫu-m[u] ] [ -d]a £e6 ˹ma˺-[mu2[ ] ˹dinnana-da˺ £e6-a m[a-x]-˹de3?˺ [ ] £e26-e dinnana-da £iri3 babbar2-ra-na enim mu-da-bala-e £e26-e dinnana-da £iri3 babbar2-ra-na enim mu-da-bala-e [£]e26-e dinnana-da £iri3 babbar2-ra-na / enim ˹mu-da-bala-e˺ ] [£]e26-e dinnana-da £iri3 babbar2-ra-na enim m[u[ ] ˹x˺ [ ] [ ] ˹dinnana-da˺ £iri3 babbar2-˹ra-na enim˺ m[u] e-ne kur-ge4mušen še ḫe2-bi2-ib-gu7-e e-ne kur-˹ge4mušen še˺ ḫe2-bi2-ib2-gu7-e [e-n]e kur-ge4mušen še ḫ[e2[ ] ˹še˺ ḫe2-bi2-ib-[ [ k]ur-˹ge4˺mušen še ˹ḫe2˺-bi2-ib-g[u7-

] ] ]

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206

34 A ii 1 D i 29' F i 24' G Rs. 2 KK Vs. 6' 35 A ii 2 D i 30' F i 25' G Rs. 3 KK Vs. 7' 36 A ii 3 F i 26' G Rs. 4 J KK Vs. 8' 37 A ii 4 D ii 1 F i 27' G Rs. 5 J KK Vs. 9' 38 A ii 5 C ii 1' D ii 2 F i 28' G Rs. 6 J K ii 1' KK Vs. 10'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

£e26-e kur-ge4mušen še ba-ra-bi2-ib-˹gu7-e˺ £e26-e kur-ge4 [ ] -b]i2-˹ib2-gu7-e˺ [£]e26-˹e˺ *k[ur[£e26]-˹e˺ kur-ge4mušen še ba-ra-b[i2] muše n ] še ba-ra-bi2-ib-[ ] [ [ ]-˹ge4˺mušen še ˹ba˺-ra-˹bi2˺-ib-g[u7-

]

£a2-a kur-ge4mušen nunus-bi ¤IRI3.LAM-ma ˹amar˺-bi ˹x (x)-e-en˺ £a2-a kur-ge4muš[en ] [ ]-˹e˺ [ ]-˹ge4mušen nunus-bi x-*LAM˺-[x] / [ ] ˹x-e-en˺ ? mušen nunus-bi ¤IRI3.LAM-ma ˹amar˺-b[i ] [ -g]e4 [ ]-˹ge4mušen nunus-bi ¤IRI3.LAM-ma amar˺-bi ˹*x˺ [x x] TUR.TUR dugutul2-£u10-še3

gal-gal urudašen maḫ-£u10-š[e3]

TUR.TUR dugutul2-[

[ [ ?? [

] ]-˹gal˺ urudašen maḫ-£u10-š[e3] dug ]˹utul2˺-£u10-še3 gal-gal urudašen ˹x˺ [ ] ] gal-gal urudašen ma[ḫ-

]

kur-ge4mušen ki-a ba-ra-ab-taka4-a-bi kur-ge4mušen ki-˹a˺ [ ] muše n ] [ * ] ki-a ˹*ba˺-[ [ -*r]a?-ab-taka4-a-bi [ ] ˹ki˺-a ba-ra-ab-taka4-[ ] ?? [ -r]a-ab-˹taka4˺-a-˹bi˺ ensi2 kur-ra gu2 mu-un-£ar-re-˹eš-a˺ mu-da-an-gu7-˹u3-ne˺ ensi2 kur-ra [ / ] [ ] ˹x˺ [ ] [ens]i2 kur-ra gu2 mu-˹un-£ar˺-[ ] [ ]-˹un˺-£ar-re-˹eš-a˺ / [ ]-˹u3-ne˺ [ens]i2 kur-ra-ke4 gu2 mu-un-£ar-r[e] / mu-da-an-gu7-[ ] ?? ˹ensi2˺ [ ] [ ]-˹un-£ar-re-eš-A˺.*A[N] / [ ]-˹*u3?˺-*n[e?]

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Enmerkara und Ensukukešdana

39 A ii 6 C ii 2' D ii 3 E Rs. 1' G Rs. 7 J K ii 2' KK Vs. 11' 40 A ii 7 C ii 3' D ii 4 E Rs. 2' G Rs. 8 K ii 3' KK Vs. 12' 41

en-me-er-kara2-ra ur5-gen7 du11-˹mu-na-ab˺ en-me-e[r-kara2] [en-me]-er-kara2-ra (RA rad.) ur5-˹gen7 du11-mu-na-ab˺ ] [en]-me-er-kara2-ra ur5-gen7 ˹du11˺-[ ] [e]n-me-˹er-kara2˺ [ ] [en-me]-er-kara2ra-ra ˹ur5˺-gen7 du11-[ ?? ] en-me-er-[kara2[ ] ˹*x?˺ ki£2-ge4-a du-ni šeg9-bar-ra-am3 im2-mi-da-ni sur2-du3mušen-am3 ] ki£2-[ge4-a ki£2-˹ge4˺-a du-ni šeg9-bar-ra-am3 / ˹im2˺-mi-da-ni sur2–-du3mušen-am3 ] ˹ki£2˺-ge4-a du-ni šeg9-bar-am3 [ / ] [k]i£2-ge4-a d[u] [ki£2-g]e4-a du-ni ˹šeg9?-bar˺-ra-am3 [ ] / im2-mi-da-ni su[r2–] ki£2-ge4-a ˹du-ni˺ [ [ ]-ni / [ ] u4-da-am3 i3-e3 du2-si4-an-na-am3 i3-ge4-ge4

C ii 4' D ii 5 E Rs. 3' G Rs. 9 K ii 4'

u4-da-[a]m3 i3-e3 du2-si4-an-na-am3 i3-ge4/-ge4 ] u4-dam i3-e11 u2-si4-a-a[n] [*u]4-dam i3-U[D?.DU !? d ] [ ]-e3 usan6-am3 [ ] ˹u4˺-da-am3 i3-e3 du2-si4-a[n-

42 C ii 5' D ii 6 E Rs. 4' G Rs. 10 K ii 5'

bir5mušen u4 zal-le-da-gen7 gaba ki za3 im-DU bir5mu[šen u4] zal-le-da-gen7 gaba ki za3 im-DU -*D]U bir5mušen u4 zal-le-da-gen7 [ ] bir5mušen u4 za[l] [ z]al-˹le˺-da-ge2 gaba ˹x˺ [ ] buru5mušen u4 zal-le-da-gen7 gaba [

43

bir5mušen £e6-ba-gen7 kur-ša3-ge im-si

C ii 6' D ii 7 E Rs. 5' G Rs. 11 K ii 6'

207

˹bir5mušen˺ *£[e6]-ba-gen7 kur-ša3-ge im-si ] bir5mušen £e6-sa9-gen7 kur-ša3-g[e mušen £e6-*b[a] bir5 [ ]-sa9-gen7 kur-˹ša3-ge im˺-[ ] ˹buru5mušen˺ £e6-ba-gen7 kur-ša3-ge im-[x]

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208

44 C ii 7' D ii 8 E Rs. 6' G Rs. 12 K ii 7' 45 C ii 8' D ii 9 E Rs. 7' G Rs. 13 K ii 8' HH Vs. 1' 46 C om. D ii 10 E Rs. 8' G Rs. 14 K om. L om. HH Vs. 2' 47 C ii 9' D ii 11 E Rs. 9' G Rs. 15 K ii 9' 48 C ii 10' D ii 12 E Rs. 10' G Rs. 16 K ii 10'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger £eš

ILLAR-gen7

za3 im-gub-gub-be2

£eš

ILLAR-gen7

˹za3˺ im-gub-gub-be2 ILLAR-gen7 za3 im-gub-gub-[*b]e2? £eš ILLAR-gen7 *z[a3 ] [ -ge]n7 za3 i-˹im˺-gub-˹gub˺-[ ] [£eš]˹*ILLAR˺-gen7 za3 im-gub-gub-[x] £eš

dur3 AS.DU-e dšagan2-gen7 ˹ḫur-sa£˺-e i3-si-il-le dur3 AS.˹DU˺-e dšagan2–-gen7 / kur-˹re˺ i3-si-il-le [d]ur3ur3 AS.DU-e dšagan2-gen7 ˹ḫur-sa£˺ i3-dag-*ge4 dur3 AS.D[U ] d – [ ].DU-e šagan2 -gen7 ˹ḫur˺-sa£ ˹x˺ [ ] [ANSE].ARAD2 AS.DU-e dšagan2–-[x] / [ḫur-s]a£-e i3-si-il-[x] [ -si]-il-le dur3ur3 uru16 gal-gen7 kušu i3-ta3-ta3-ge [d]ur3ur3 uru16 gal-gen7 kušu i3-˹ta3˺-ta3-ge dur3ur3 u[ru16 ] ] [ ] uru16 gal-gen7 kušu i3-ta3-t[a3-

[

-ta3-ta]3-ge

dur3 šal-la KAS4-e ki£2-£a2 ˹KAS4-e? GUNU3.GUNU3˺ [d]ur3 šal-la [KA]S4-e ki£2-£a2-a[m3 ] ˹x GUNU3?.GUNU3?˺ [d]ur3ur3 šal-la KAŠ4-e ki£2-£a2 ˹KAŠ4-*e? *GUNU3.*GUNU3˺ dur3 šal-[ ] ] [ ]-la KAŠ4-e ki£2-£a2-am3 DU i[m?[ANSE].ARAD šal-la ˹DU-e˺ ki£2-£[a2 ] ur-maḫ a-ša3-ga u4 zal-la mur-ma-ra mu-un-ša4 ˹ur˺-maḫ a-š[a3-ga u]4 zal-la-a mur-m[a[u]r-maḫ a-ša3-ga u4 zal-la mur-ma-ra mu-un-ša4 ur-maḫ a-[ [ ] ˹x˺ zal-la-am3 mur-˹ma˺-ra ˹x˺-[ [u]r-maḫ a-ša3-g[a

] ] ] ]

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Enmerkara und Ensukukešdana

49 C ii 11' D ii 13 E Rs. 11' G Rs. 17 K ii 11' 50 C ii 12' D ii 14 E Rs. 12' DD Vs. 1' 51 C ii 13' D ii 15 E Rs. 13' F ii 1' DD Vs. 2' 52 C ii 14' B Rs. 1' D ii 16 F ii 2' DD Vs. 3' 52a B Rs. 2' 53 B Rs. 3' D ii 17 F ii 3' DD Vs. 4'

209

ur-bar-ra sila4 šu ti-a-gen7 ul4-ul4-e im-DU u[r-ba]r-ra sil[a4 ]-˹a˺-gen7 ul4-[ u[r-bar]-ra sila4 šu ti-a-gen7 ul4-ul4-e im-DU ur-bar-r[a [ ] ˹x˺ [ [ ] ˹x˺ [

] ] ] ]

ki tur-tur-bi ˹mu˺-un-£en-na-a KUŠ2-a mu-na-ab-si [ki tur]-˹tur˺-[ ] ˹x˺ [ ] ki tu[r-tu]r-bi ˹mu˺-un-£en-na-a KUŠ2-a mu-na-ab-si ki tur-tu[r] ? [ *m]u-˹*un˺-*£[en ] ki gal-gal-˹bi mu˺-un-£en-na-a bulug-ga mu-na-ab-ta3 k[i ] ki gal-gal-b[i] ˹*mu-*un-*£en˺-na-a bulug-ga mu-na-ab-ta3 ˹ki˺ gal-ga[l] [ -*b]i ˹mu˺-un-£en-na-[ ] [ ] ˹mu-un-£en˺-[ ] en-ra ki ku3-ku3-ga-ni-še3 im-ma-ši-in-ku4-ku4 e[n] [e]n-e ki ˹ku3-ku3-ga-ni˺-še3 im-ma-ši-in-ku4-ku4 en-ra ˹ki˺ k[u3-k]u3-ga-ni-še3 im-ma-ši-in-ku4-ku4 ˹*en-*e *ki? *ku3˺-ku3-[g]a-ni-še3 [ ] [ ] ku3-ku3-ga-ni-še3 i[m]-˹ma-ši˺-i[n- ] en-me-er-kara2 ki ku3-ku3-ga-ni-še3 im-ma-ši-in-ku4-ku4 en-me-er-kara2 ki ku3-ku3-ga-ni-še3 im-ma-ši-in-ku4-ku4 za-a-še3 lugal-£u10 mu-e-ši-in-ge4-nam ze4-e-še3 lugal-£u10 mu-e-ši-in-ge4-nam za-a-˹še3 lugal-£u10˺ mu-e-ši-in-ge4-ge4 za-a-še3 ˹*lugal-*£u10 *mu˺-e-ši-[ ] [ lu]gal-£u10 mu-e-ši-[i]n-gi4-i[n-nam]

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210

54 B Rs. 4' D ii 18 F ii 4' DD Vs. 5'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

en arataki en-suku6-keše2-an-na-ke4 mu-e-ši-in-ge4-nam en arataki en-suku6-keše2-an-na-ke4 mu-e-ši-in-ge4-nam en arata en-˹suku6˺-keše2-an-na-ke4 mu-e-ši-in-ge4-ge4 en arataki en-suku5-keš[e2-an-na] [ LAM.KU]R.RUki en-[suk]u5?-keše2-an-na-˹ke4˺ / [m]u-e-ši-in-˹gi4˺-in-˹nam˺

DD Forts. 54a B Rs. 5' F ii 5' 54b B Rs. 6' 54c B Rs. 7' 54d B Rs. 8' 55 B Rs. 9' D ii 19 DD Vs. 6' 56 B Rs. 10' D ii 20 DD Vs. 7' 57 D ii 21 DD Vs. 8' 58 D ii 22 DD Vs. 9'

lugal-zu du11-ga-ni nam-MU taḫ-a-ni nam-MU lugal-zu du11-ga-ni nam-MU taḫ-a-ni nam-MU lugal-zu du11-ga-ni nam-MU taḫ-˹*a˺-[ ] en-suku6-keše2-an-na-ke4 du11-ni nam-MU taḫ-a-ni nam-MU en-suku6-keše2-an-na-ke4 du11-ni nam-MU taḫ-a-ni nam-MU lugal-£u10 a-na bi2-in-du11 a-na bi2-in-taḫ-am3 lugal-£u10 a-na bi2-in-du11 a-na bi2-in-taḫ-am3 en-suku6-keše2-an-na-ke4 a-na bi2-in-du11 a-na bi2-in-taḫ-am3 en-suku6-keše2-an-na-ke4 a-na bi2-in-du11 a-na bi2-in-taḫ-am3 lugal-£u10 na-ab-be2-a lugal-£u10 na-ab-be2-a lugal-£u10 na-˹ab˺-be2-a [ -£]u10 ˹na˺-[a]b-be2-a e-ne £a2-a-ra ḫa-ma-an-£a2-£a2 £ešdubsig ḫa-ma-ab-il2-e e-ne ¤A2-ra gu2 ḫa-ma-an-£a2-£a2 / £ešdubsig ḫa-ma-ab-il2-e e-ne £a2-a-ra gu2 ḫ[a-*m]a-£a2-£a2 £eš˹dubsig˺ ḫa-ma-ab-˹il2˺ £e š ] ˹dubsig˺ ḫa-ma-ab-˹il2˺-e [ u4-da gu2 ma-an-£ar gu2 n[a-ma-an-£a]r u[3] ˹e-ne˺ £e26-e u4-da gu2 ma-an-£ar gu2 n[a-x-£a]r u[3 e-*n]e ˹*u3˺ £e26-e [ ] ˹e-ne˺ £e26-e e-ne dinnana-da e2 še[g12-a-ka ḫu-m]u-˹da˺-an-til3 e-ne dinnana-da e2 še[g12[

]-an-til3 ḫu-m]u-˹da-an-til3˺

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Enmerkara und Ensukukešdana

59

211

£e26-e dinnana-da e2 za-gin3 a[ratak]i?-ka [ḫu-m]u-da-an-til3-en

D ii 23 £e26-e dinnana-da e2 za-gin3 L[AM. -m]u-da-an-til3-e H ii 1' [ -ti]l3-˹en˺ k i? ]-en DD Vs. 10' [ * ] -ka / [ 60

£eš-nu2 £eš-a-ka hu-mu-˹un˺-de3-nu2

D ii 24 £eš-nu2 £eš-a-ka hu-mu-u[n-de3-*n]u2 H ii 2' [ -u]n-de3-nu2 DD Vs. 11' [ ]-˹nu2˺ 61

še-er-gan2-ka u3-du10 ku-ku-da ḫu-mu-un-de3-nu2

D ii 25 še-er-gan2-ka u3-du10 ku-ku-d[a? -u]n-˹de3˺-n[u2] H ii 3' [ -k]u?-da ḫu-mu-un-de3-‹nu2› DD Vs. 12' [ ]-˹*nu2˺ 62 D ii 26 H ii 4' 63 D ii 27 H ii 5' 64 D ii 28 H ii 6' 65 D ii 29 H ii 7' 66 D ii 30 H ii 8' M Vs. 1' 67 D ii 31 M Vs. 2'

e-ne dinnana-da ˹£e6˺-a ma-mu2-da igi ḫu-mu-ni-in-du8 e-ne dinnana-da ˹£e6˺-a ma-˹mu2˺-[ ] [ ]-mu2-da igi ḫu-mu-ni-in-du8 £e26-e dinnana-da ˹£iri3˺-babbar2-ra-na enim [mu-da]-ab-bala-en £e26-e dinnana-da ˹£iri3˺-babbar2-ra-na eni[m ] [ ]-ke4 enim ˹x˺/-[(x)]-ab-bala-en e-ne kur-ge4mušen ˹še˺ ḫe2-bi2-ib-gu7-e e-ne kur-ge4mušen ˹še˺ ḫe2-bi2-i[b2] [ ḫ]e2-bi2-ib-gu7-e £e26-e kur-ge4mušen ˹še˺ ba-ra-bi2-ib-gu7-˹e˺ ] £e26-e kur-ge4mušen ˹še˺ ba-ra-bi2-*i[b2[ ]-ra-bi2-ib-gu7-˹e˺ £e26-e kur-ge4mušen nunus-bi ¤IRI3.LAM a[mar?-bi (x) l]a2?-˹e?˺-[en]

£e26-e kur-ge4mušen nunus-bi ¤IRI3.LAM *a[mar? [ [ TUR.TUR dugutul2-£u10-še3

] l]a2 -˹e?˺-[x] ] ˹x-e?˺-[x] ?

gal-gal urudašen ˹maḫ-£u10-še3?˺ gal-gal š[en ]-˹*še3?˺ -g]al urudašen ˹maḫ-£u10˺ [(x)]

TUR.TUR dugutul2-£u10-še3(über GAL)

[

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212

68 D ii 32 M Vs. 3' 69 D ii 33 M Vs. 4' 70 D ii 34 M Vs. 5' 71 D ii 35 M Vs. 6' 72 D ii 36 M Vs. 7' 73 D ii 37 M Rs. 1 N 1' 74 D ii 38 M Rs. 2 N 2' 75 D ii 39 M Rs. 3 N 3' 76 D iii 1 M Rs. 4 N 4'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

kur-ge4mušen ki-a ba-ra-ab-taka4-a-bi kur-ge4mušen ki-a ba-ra-[x]-taka4-a-˹bi?˺ [ -r]a-ab-taka4-a-bi ensi2 kur-ra ˹gu2 mu˺-[u]n-£ar-re-eš-am3 ˹mu-da-gu7˺-ne ensi2 kur-ra ˹gu2 mu˺-[u]n-£ar-re-eš-*am3 ˹mu-da˺-[*g]u7-ne [ m]a-an-£ar-re-eš / [ -g]u7-u3-ne en unuki-g[a x] ˹x˺ MUŠ2-bi ša£a-da £ešzi-gan-bi-im en unuki-g[a x] ˹x˺ MUŠ2-bi ša£a-da £ešzi(über x)-gan-b[i-*i]m? [ ] MUŠ2-bi-im / [ ]-gan-bi-im [x] ˹x x˺ [(x)] £ešrab šu RI-bi [x] ˹x x˺ [(x)] £ešrab šu RI-bi [ ] ˹šu˺ RI-bi-im ˹x˺ [

] ˹x˺ ki us2-sa-a-ba

˹x˺ [ [

] ˹x˺ ki us2-sa-a-ba ]-bi

su[r2-du3]mušen an-na dal-le-da-bi gu mušen-na-bi su[r2-du3]mušen an-n[a da]l-e-da-bi gu mušen-na-bi [ -bi]-˹im˺ mu šen [ ] an-na dal-le-bi gu mušen-˹na˺-[x x] še[g12 e2]-gal arataki-ka SUR.SUR ˹maḫ˺-bi-im *še[g12 e2]-*gal ˹arata˺ki-ka / SUR.˹SUR maḫ-bi-im˺ [ m]aḫ-bi-im [ -ga]l? arataki-a-ka SUR.SUR m[aḫ] [x (x)] ˹x˺ gal arataki-a na[m?-m]a?-DU-a-aš [x x x] aratak[i] [ -m]a?-DU-a-aš [x (x)] ˹x˺ gal arataki-a na[m?] [x (x)] ˹x˺ igi i-ni-in-£al2 [x (x)] ˹*x˺ igi i-ni-in-[ ] [ ]-£al2 [x (x)] ˹x˺ igi i-ni-in-[ ] © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

77 D iii 2 M Rs. 5 N 5' 78 D iii 3 M Rs. 6 79 D iii 4 M Rs. 7 O iii 1' 80 D iii 5 M Rs. 8 O iii 2' 81 D iii 6 O iii 3' DD Rs. 1' 82 D iii 7 O iii 4' DD Rs. 2' 83 D iii 8 O iii 5' DD Rs. 3' 84 D iii 9 O iii 6' DD Rs. 4'

213

[im-e k]išeb-gen7 šu bi2-in-ra im-gen7 igi i-ni-in-bar [im-e k]išeb-gen7 šu bi2-in-ra im-gen7 ig[i i]3-n[i- ] [ i]m-gen7 igi i-ni-in-bar [ ] ˹x x˺ [ ] [e-ne d]innana-da e2 za-gin3 arata-ka ḫu-mu-da-an-til3 [x x d]innana-da e2 za-gin3 arata-k[a] ḫu-mu-da-an-ti[l3] *k i ] -ka ḫu-mu-un-da-an-til3 [ ˹£e26-e˺ [x (x) a]n-ta ki-a gub-ba-ni ḫu-mu-da-an-til3-e-en ˹£e26-e˺ [x (x) a]n-ta ki-a gub-ba-ni ḫu-˹mu˺-da-an-til3-e-en [ a]n ta ki-a gub-ba-a / [ ]-da-an-til3-en [ ] / ḫu-mu-d[a] še-er-gan2-na-ka u3 du10 ku-ku-da ḫu-mu-un-de3-nu2 še-er-g[an2-k]a u3 du10 ku-ku-da ḫu-[m]u-un-de3-˹nu2˺ [ ] ˹x x x˺-mu-un-de3-nu2/-en ] še-er-gan2-na-ka u3 du10 ku-ku-˹da˺ ḫ[u£e26-e £eš-nu2 gegerin dinnana-ka u2 za-gin3 bara3-ga-ba £e26-e £e[š-nu2] ˹gegerin˺ dinnana-˹ka?˺ u2 za-gin3 bara3-˹ga-ba˺ £e26-e £eš-nu2 gegerin dinnana-ka / u2 za-gin3 bara3-ga-a-ba [ ] ˹*x *x˺ egir-bi-še3 ug-am3 sa£-˹bi˺-še3 piri£-am3 egir-bi-[ sa]£-˹bi˺-še3 piri£-am3 egir bi-še3 ug-am3 sa£-˹bi-še3˺ [ ] [ ]-˹am3˺ ug-e piri£ ˹im˺-sar-re ˹ug-e piri£ im˺-sar-re ug-e piri£ [ ] [ -sa]r-re piri£-e ug i[m]-sar-re piri£-e ug i[m]-sar-˹re˺ piri£-e [ ] [ -sa]r-re

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85 D iii 10 H iii 1' O iii 7' DD Rs. 5' 86 D iii 11 H iii 2' DD Rs. 6' 87 D iii 12 H iii 3' DD Rs. 7' 88 D iii 13 H iii 4' DD Rs. 8'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

ug-e piri£!(UG) im-[s]ar-re-da-bi ug-e piri£!(UG) im-[s]ar-re-da-˹bi˺ [ -b]i? ˹ug˺ [ ] [ -r]e-˹da-bi˺ piri£-e ug im-˹sar˺-re-da-bi piri£-e ug im-[sa]r-re-da-bi [ ]-bi [ ] ˹*sar-re-da-bi˺ u4 nu-um-zal £e6-[x x] ˹nu-ru-gu2˺ u4 nu-um-zal £e6-[x x] ˹nu-ru-gu2˺ [ -g]u2 [ ]-˹*gu2?˺ £e26-e dinnana-da kaskal dana [x-a]m3 šu ḫu-mu-un-da-[ni£e]n2 £e26-e dinnana-da kaskal dana [x-A].AN / šu ḫu-mu-un-da-[ ] [ -ni£e]n2 [ ] ˹x˺ [x] ˹x x˺ / [ ]

89 D iii 14

d

90

£ e6

£epar ku3-£a2 ba-e-ši-in-[ku4-x]

£ e6

£epar ku3-£a2 ba-e-ši-in-[x x (x)]

D iii 15 91 C iii 1' D iii 16 92 C iii 2' D iii 17 93 C iii 3' D iii 18

d

utu suku5 ku3-£a2 igi nu-mu-u[nutu suku5 ku3-£a2 igi nu-mu-u[n-

d

en-lil2-le aga zi m[u-

]

[

ag]a ˹zi˺ [ en-lil2-le aga zi m[u-

] ]

d

d

] ]

nin-urta dumu den-lil2-la2-k[e4]

[dnin-*urt]a ˹dumu˺ den-lil2-la2-k[e4] nin-urta dumu den-li[l2]

d

£eš kušummu3-da-gen7 ur2 mu-un-˹tal2-tal2˺ [£eš *ku]šummu3-da-gen7 ur2 mu-un-ta[l2-tal2] £eš kušummu3-da-gen7 ur2 mu-[ ]-˹tal2?-tal2?˺

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Enmerkara und Ensukukešdana

94 C iii 4' D iii 19 95 C iii 5' D iii 20 96 C iii 6' D iii 21 97 C iii 7' D iii 22 98 C iii 8' D iii 23 P Vs. 1 99 C iii 9' D iii 24 P Vs. 2 100 C iii 10' D iii 25 P Vs. 3 101 C iii 11' D iii 26 P Vs. 4

d

a-ru-ru nin9 den-lil2-la2-ke4

[d]˹a˺-ru-ru nin9 den-lil2-la2-ke4 a-ru-ru ˹nin9˺ [d]˹en-lil2˺-[ ]

d

˹ubur˺ zi-da-ni ma-an-la2 ubur gabu2bu-ni [ma]-˹an-la2˺ [u]bur zi da-ni ma-an-la2 ubur gabu2bu-[ ] ˹ubur zi˺-da-ni ma-˹an-la2 ubur˺ gabu2bu-ni [ma]-˹an-la2˺ eš3-gal-še3 e11-de3-da-£u10-ne eš3-gal-še3 e11-de3-da-£u10-n[e] eš3-gal-˹še3˺ e11-da-£u10-ne nu-geg-e anzu2mušen amar-ra-gen7 ur5 m[u-ša4] nu-geg-e anzu2mušen amar-ra-gen7 ur5 m[u-x] [nu-g]eg-e anz[u(2)mušen] ˹amar˺-ra-gen7 [ ] min3-kam-ma-še3 e11-de3-da-£u10-n[e] min3-kam-ma-še3 e11-de3-da-£u10-n[e] mi[n3-kam-m]a-še3 DU6.[DU-d]a-£u10-n[e] ˹min3-kam-ma-še3˺ e3-˹da-£u10˺-[ne] uz mušen amar-ra nu-me-en-na še26 mu-[d]a-˹an˺-g[e4] uz mušen amar-ra nu-me-en-na še26 mu-˹*x˺- [(x)] u[z amar]-˹ra nu-me˺-[ -*d]a-˹an˺-g[e4] uz amar-ra nu-me-en-na še26 mu-u[n-ge4] iri du2-da-ni-gen7 NE im-ta-a[n?-x] iri ama du2-da-ni-ta NE im-ta-N[E (x)] iri du2-d[a-N]E? *ki iri du2-da-ni-gen7 NE im-ta-a[n?-x] iri-ni-gen7 iri na-me ba-ra-˹dim2˺ iri-ni-gen7 iri na-me ba-ra-di[m2] iri-ni-gen7 [ -d]im2 iriki-˹ni˺-gen7 iriki na-me ba-ra-˹dim2˺

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215

216

102 C iii 12' D iii 27 P Vs. 5 HH Rs. 1' 103

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger d

innana unuki-ga ḫe2-en-til3 arataki-aš a-na me-a

d

innana unuki-ga ḫe2-en-til3 LAM.KUR.[RU ] innana unuk[i-ti]l3 arata-aš a-na me-a d innana unuki-ga ḫe2-en-til arataki a-na me-a-bi [ ] ˹x˺ [x] d

šeg12 kul-aba4ki-ka ḫe2-en-˹til3˺ kur-me-sikil-še3

C iii 13'f. D iii 28 P Vs. 6 HH Rs. 2'

šeg12 kul-aba4ki-ka ḫe2-en-t[il3] // kur-me-sikil-la-ka šeg12 kul-aba4[ki-e]n-˹til3 kur-me-sikil-la?˺-*še3 ki šeg12 kul-aba -še3 ḫe2-en-til kur-me-sikil-še3 [ ]

103 Forts.

a-na-am3 ab-AK-e

C D P HH

a-na-˹am3˺ mu-˹x˺-[ ] a-na AK a-na-am3 ab-AK-e [m]u-un-na-˹a£2˺

104 C iii 15' D iii 29 K iii 1' P Vs. 7 HH Rs. 3' 105 C iii 16' D iii 30 K iii 2' P Vs. 8 HH Rs. 4' 106 C iii 17' D iii 31 K iii 3' P Vs. 9 HH Rs. 5'

mu 5-am3 mu 10-am3 arataki-aš ba-ra-£en mu 5 mu 10 ˹LAM˺.KUR.RUki-aš ba-r[a-x] -£e]n? mu 5-am3 [ ˹mu 5˺-[ ] mu 5-am3 mu 10-am3 arataki-aš ba-ra-£en [ aratak]i?-a ba-˹ra˺-£en u4 arataki-aš in-ga-an-du-a-ba u4 arataki-aš in-ga-du-a-[x] u4 LAM.KUR.R[U ] *ki u4 arata˹ ˺-[ ] u4 arataki-aš in-ga-an-du-a-ba [ ]-du-a-aš ku3 gal nin e2-an-na-ke4 ku3 ˹gal˺ dnin-e2-an-na-k[e4] [k]u3 gal [ ] ku3 gal nin e2-˹an˺-[na-x] ku3 gal nin e2-an-na-ke4 [ ]-˹x˺-ke4

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Enmerkara und Ensukukešdana

107

ad-bi mu-da-an-ge4-a-aš enim-bi nu-mu-un-zu-a-aš

C iii 18' D iii 32 K iii 4' P Vs. 10 HH Rs. 6'

[a]d-bi mu-da-an-ge4-a-aš enim-bi mu-zu2-˹a˺-aš / ˹*x˺ [x] ˹mu-da˺-[ ]/ ad-bi mu-da-an-ge4-˹*a˺-[aš] / ad-bi mu-un-da-ge4-a enim-bi nu-mu-un-zu-a-aš / ] ˹x˺-da-an-zu-a-aš / [ -a]n-ge4-a-aš / [

107 Forts.

arataki-aš ba-ra-DU

C D K P HH

arataki-aš ba-ra-DU LAM.KUR.[RU ] arataki-aš ba-ra-[x] arataki-aš ba-ra-DU [ ]-DU

108 C iii 19' D iii 33 K iii 5' P Vs. 11 109 C om. D iii 34 K om. P Vs. 12 110 C iii 20' D iii 35 K iii 6' P Vs. 13 111 C iii 21' K iii 7' P Vs. 14

a-ne nu-tuku-da-am3 kur-ge4mušen še ba-ra-bi2-ib-gu7-e a-ne nu-tuku-da-am3 kur-ge4mušen še ba-ra-bi2-ib2-gu7-e -*g]u7-e [x x n]u-tuku-da kur-g[e4 mušen ] a-ne nu-tuku-da-am3 kur-ge4[ e-ne nu-tuku-da-am3 kur-ge4mušen še ba-ra-bi2-ib-gu7-e £e26-e kur-ge4mušen še ḫe2-bi2-ib-gu7-e [x x *ku]r-ge4mušen š[e

]

£e26-e kur-ge4mušen še ḫe2-bi2-ib-gu7-e £a2-a kur-ge4mušen nunus-bi KIŠ.LAM-e ˹amar˺-bi ni£2-la2-e £a2-a kur-ge4mušen nunus-bi KIŠ.LAM-e ˹amar˺-bi ni£2-la2-e [ ] ˹x˺ [ ] £a2-a kur-ge4mušen nunus-bi ¤IRI3.LA[M ] £e26-e kur-ge4mušen nunus-bi KIŠ.LAM-ma amar-bi ni£2-˹la2˺-e TUR.TUR dugutul2-£u10 TUR.TUR

gal-gal šen maḫ-£u10-uš

dug

utul2-£u10 gal-gal šen maḫ-£u10-uš TUR.TUR utul2-£u10 gal-gal še[n? ] TUR.TUR utul2-£u10-še3 gal-gal šen maḫ-£u10-še3 dug

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217

218

112 C iii 22' K iii 8' P Vs. 15 113 C iii 23' K iii 9' P Vs. 16 114 C iii 24' D iv 1 K iii 10' P Vs. 17 115 C iii 25' D iv 2 K iii 11' P Vs. 18 116 C iii 26' D iv 3 K iii 12' P Vs. 19 117

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

kur-ge4mušen ki-a ba-ra-ab-taka4-a-bi kur-ge4mušen ki-a ba-ra-ab-taka4-a-bi kur-ge4mušen ki-˹a ba˺-ra-taka4-a-*b[i?] kur-ge4mušen ki-a ba-ra-ab-taka4-a-bi ensi2 ki-en-gi-ra gu2 ma-an-£ar-re-eš mu-da-gu7-u3-˹ne˺ ensi2 ki-en-˹gi˺-ra gu2 ma-an-£ar-re-eš / mu-da-˹gu7˺-u3-˹ne˺ ensi2 ki-˹en˺-giki-ra gu2 m[a] / mu-da-gu7-u3-n[e] ensi2 kur-ra gu2 mu-un-£ar-re-eš-a mu-e-da-gu7-*e ki£2-ge4-a en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-na-ke4 ki£2-ge4-a en-˹me-er-kara2˺ en-suku6-[ ] [x] en-me-er-[kar]a2 en-suku6-keše2-an-na-ke4 ki£2-ge4-a en-me-er-kara2 en-suk[u6] ki£2-ge4-a en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-na-ke4 £ e6

£epar ku3 ki ku3-ku3-ga-ni-še3

[£]e6£epar ku3 ki ku3-ku3-g[a] £epar ku3 ki ku3-ku3(üb. x?)-ga-ni-še3 £ e6 £epar ku3 ki ˹ku3˺-[ku3]-˹ga-ni˺-[x] £ e6 £epar ku3 ki ku3-ku3-ga-ni-še3 £ e6

ki ku3-ku3-ga ba-da-an-tuš-a enim-bi ba-na-te [x] ˹x-ga˺-a ba-da-tuš-˹a˺ [ ] ki ku3-ku3-ga ba-˹da˺-an-tuš-a enim-bi ba-an-na-˹te˺ [ki] ˹ku3-ku3˺-[ ] ki ku3-ku3-ga ba-da-an-tuš-a enim-bi ba-na-te en-suku6-keše2-an-na-ke4 a2 a£2-£a2 gu3 ba-an-de2

C iii 27' D iv 4 P Vs. 20 JJ Vs. 1

[ ] ˹x (x) x˺ [ ] en-suku6-keše2-an-na-ke4 a2 a£2-˹£a2 gu3 ba-an-de2?˺ / en-suku5-keše2-an-na a2 a£2-£a2 gu3 ba-an-de2 en-suku5?-[keše2]-an-na-k[e4 /]

117 Forts.

enim im-ki£2-ki£2-e

C D P JJ

[ ] [eni]m im-ki£2-ki£2-e enim im-ki£2-ki£2-e [ ]

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Enmerkara und Ensukukešdana

118 D iv 5 P Vs. 21 JJ Vs. 2 119 D iv 6 P Vs. 22 JJ Vs. 3 120 D iv 7 P Vs. 23 JJ Vs. 4 121 D iv 8 P Vs. 24 JJ Vs. 5 122 D iv 9 P Vs. 25 123 D iv 10 P Rs. 1 124 D iv 11 P Rs. 2 125 D iv 12 P Rs. 3

isib lu2-maḫ gudu4 £iri3-si3-ga £e6£epar-ra til3-la [ ]-˹si3-ga £e6£epar˺-ra til3-la isib lu2-maḫ gudu4 £iri3-si3-ga £e6£epar-ra til-la ˹isib˺ [ ] gu2-˹ba˺ mu-ni-in-£ar ša3 mu-da-ab-kuš2-u3 [ ] ˹mu-da˺-ab-kuš2-u3 gu2-˹ba˺ mu-ni-in-£ar ša3 mu-da-ab-kuš2-u3 ˹gu2 x˺ [ ] ˹x˺ [ ] a-na ˹ga˺-an-na-ab-be2 a-na ga-an-na-ab-be2 [ ] ˹ga-an˺-na-ab-be2 a-na ˹ga˺-an-na-ab-be2 a-na ga-an-na-ab-be2 a-˹na ga?-na?-ab?˺-[ ] en unuki-˹ga˺ en kul-˹aba˺ki-ra a-na ga-an-na-ab-be2 [ ]-˹*ab?˺/-be2 ki ki en unu -˹ga˺ en kul-˹aba˺ -ra a-na ga-an-na-ab-be2 [ ] ˹x x˺ [ ] [gud]-˹da-ni gud-£u10-da usu im-da-ab˺-zi [ ] ˹x x˺ [ ]-˹ab˺-zi [x]-˹da-ni gud-£u10-da usu im-da-ab-zi˺ gud unuki-ga-ke4 a2 bi2-ib-£ar [x *un]uki-ga-ke4 a2 bi2-ib-£ar ] gud unuki-ke4 a2 bi2-i[blu2-ni lu2-£u10-da usu im-da-ab-DU [l]u2-ni lu2-£u10-ta usu im-da-ab-DU lu2-ni lu2-£u10-da usu ˹im˺-*d[a?- ] lu2 unuki-ga-ke4 ˹£iri3 x ba˺-ni-ib-[£ar?] ˹lu2˺ unuki-ga-ke4 a2 bi2-ib2-£ar lu2 unuki-ga-ke4 ˹£iri3 x ba˺-ni-ib-[£ar?]

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219

220

126 D iv 13 La 1' O iv 1' P Rs. 4 127 D iv 14 La 2' O iv 2' P Rs. 5 Q Vs. 1' 128 D iv 15 La 3' O iv 3' P Rs. 6 Q Vs. 2' 129 D iv 16 La 4' O iv 4' P Rs. 7 Q Vs. 3' 130 D iv 17 La 5' O iv 5' P Rs. 8 Q Vs. 4' 131 D iv 18 La 6' O iv 6' P Rs. 9 Q Vs. 5'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

ur-ra-ni ur-£u10-da usu im-da-ab-ra ur-ra-ni ur-£u10-da usu im-da-ab-ra [ur-r]a-˹ni ur˺-[ ] [ ] ˹x?˺ ur-ra-ni ur-˹£u10-da˺ usu im-da-ab-r[a?] ur unuki-ga-ke4 gug6 ba-ab-£ar ur unuki-ga-ke4 gug6 ba-ab-£ar ] [ur] unuki-ga-k[e4 [ ]-˹x˺-£ar ur unuki-ga-ke4 gug6 ba-ab-£ar [ b]a-˹ab-£ar˺ unken £ar-ra si sa2-a-na mu-na-ni-ib2-ge4-ge4 unken £ar-ra si sa2-a-na mu-na-ni-ib2-ge4-ge4 [unken] £ar-ra si sa2-n[a ] [ -i]b-ge4-ge4 unken £ar-ra si sa2-na mu-un-na-ni-ib-ge4-ge4 [ ]-˹un˺-na-ni-ib-ge4-ge4 ze4-e-me-en unuki-ga(-še3) dub-sa£-ta ˹ze4˺-e unuki-ga dub-sa£-ta ] [ze4]-˹e˺-me-en ki?(über x) un[u [ ]-ta ze4-e-me-en unuki-ga-še3 dub-sa£-˹ta˺ [ d]ub-sa£-ta ni£2 gal-gal en-me-er-kara2-ra ki£2-ge4-a-aš ba-e-ge4 ni£2 gal-gal en-me-er-kara2-ra ki£2-ge4-a-aš mu-un-ge4 [ ]-gal en-me-er-kar[a2] [ ]-˹x˺-ge4 ni£2 gal-gal en-me-er-kara2-ra ki£2-ge4-a-aš ba-e-ge4 [ ]-ge4-a-aš bi2-ge4 en-me-er-kara2 la-ba-du3-e-en ze4-e-me-en ba-e-du3-e-en en-me-er-kara2 la-ba-du3-e-en ze4-e-me-en / ba-e-du3-e-en [en-me]-er-kara2 li-[ ] ? [ ]-˹du3/-e ˺ en-me-er-kara2 la-˹ba-e˺-du3-e ze4-e-me-en ba-e-du3-e [ -d]u3 ze4-e-me-en ba-e-du3-en © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

132

221

zi ge4-ba ša3-zu nig2 na-me na-an-tum3

D iv 19 La 7' P Rs. 10 Q Vs. 6'

zi ge4-ba ša3-zu nig2 na-me na-an-tum3 / [ ] ˹x x˺ [ ] zi ge4-ba ša3-zu ˹nig2 na˺-me na-an-tum3 / [ nig2-na]m-£e26 nam-*tum3(über x-tum3 rad.) /

132 Forts.

en-na ba-zu-zu

D La P Q

en-na ba-zu-zu [ ] en-na ba-e-zu-zu [en-na *b]a-˹*zu˺-zu-˹*un˺

133 D iv 20 P Rs. 11 Q Vs. 7' 134 D iv 21 P Rs. 12 Q Vs. 8' 135 D iv 22 P Rs. 13 Q Vs. 9' 136 D iv 23 P Rs. 14 Q Vs. 10' 137 D iv 24 P Rs. 15 Q Vs. 11'

iri-£u10 du6 ḫe2-a £e26-e šika-bi ḫe2-me-en [ir]i-˹£u10 du6˺ ḫe2-a £e26-e šika-˹bi ḫe2-me-en˺ iri-£u10 du6 ḫe2-a £e26-e šika-bi ḫe2-me-en [ £]e26-˹e šika˺-bi ḫe2-me-en en unuki-ga en kul-abaki-ra gu2 ba-ra-na-an-£a2-£a2 [ -g]a en kul-aba˹ki˺-ra / [x] ˹ba-ra-na-an˺-£a2-£a2 ki en unu -ga en kul-abaki-ra / gu2 ba-ra-na-an-£a2-£a2 [ ku]l-˹abaki-ra˺ / [ ]-˹na?-an?-£a2?-£a2˺-*an maš-maš dim2-ma-ni dumu ḫa-ma-zu-ke4 [ -z]u-˹ke4˺ maš-maš dim2-ma-ni dumu ḫa-ma-zu-ke4 [ ]-˹zu?ki?-kam˺ ur-alim-nun-na dim2-ma-ni dumu ḫa-ma-zu-ke4 [ ]-˹zu-ke4˺ ur-alim-nun-na dim2-ma-ni dumu ḫa-ma-zu-ke4 [ ]-˹zu˺ki-kam ḫa-ma-zu ḫulu-a-ta arataki-aš bala-a [ LAM.KUR.R]Uki bala-a ḫa-ma-zu ḫulu-a-ta arataki-aš bala-a [ ] ˹x˺

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

222

138 D iv 25 P Rs. 16 Q Vs. 12' 139 D iv 26 P Rs. 17 Q Rs. 1 140 D iv 27 P Rs. 18 Q Rs. 2 Ri1 141 Q Rs. 3 Ri2 142

£essu e2 nam-maš-maš-e da-ga-na mu-un-tuš [ -g]a-na ba-an-tuš £essu e2 nam-maš-maš-e da-ga-na mu-un-tuš [ ] ˹x˺ sugal7 an-si12-ga-ri-a gu3 ˹mu-un-na-de2˺-e [ -a]n-de2 sugal7 an-si12-ga-ri-a gu3 ba-an-de2-*e [ ]-˹*a gu3 mu-un-na-de2˺-e lugal-£u10 ad-da gal-gal iri-ke4-ne [ -*k]e4?-˹ne˺ lugal-£u10 ad-da gal-gal iri-ke4-ne [ ] gal-gal iriki-ke4-ne [ i]riki-ke4-ne [libir-ra uš] ki £ar-ra-ke4-ne [ [

] ki £ar-ra-ke4-ne ] ˹*£ar˺-ra-ke4-ne

[ki maḫ? e2-gal-la-ke4?]22 a-na-aš-am3 nu-um-£a2-£a2-ne -l]a?-ka a-na-aš-am3 / [ -*n]e ] a-na-aš-[am3] nu-um-£a2-£a2-ne /

Q Rs. 4 Ri3

[ [

142 Forts.

ad nu-um-ge4-ge4-ne

Q R

ad nu-um-ge4-ge4-ne ad nu-um-ge4-ge4-ne

143 C iv 1' Q Rs. 5 Ri4 144 C iv 2' Q Rs. 6 Ri5

22

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

[£e26-e i7] ˹unu˺ki-ga-ke4 ga-am3-ba-al [ [ [

-ba-a]l ]-˹ga˺ ga-ba-am3-al (statt ga-am3-ba-al) ] ˹unu˺ki-ga-ke4 ga-am3-ba-al

[AMA ar]ataki-ka gu2 ga-mu-ni-ib2-£ar [ -n]i-ib2-£ar [ ] *ga(über x)-mu-ni-ib-£ar [x LAM].KUR.RUki-ka gu2 ga-mu-ni-in-£al2

Rekonstruktion nach Z. 158 (R). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

145 C iv 3' Q Rs. 7 Ri6 146 C iv 4' Q Rs. 8 Ri7 147 C iv 5' Q Rs. 9 Ri8 148

223

[bad3 unuk]i-ga-ke4? ˹x eme?˺ um-mi-ta3 [ [ [

u]m-mi-ta3 em]e? um-mi-ta3 k i ] -ga-ke4?(über GA) ˹x eme?˺ um-mi-in-ta3

l[ugal-£u10 sig]-ta igi-˹nim˺-še3 ab-ta kur £ešeren-še3 *l[ugal[ [

igi-ni]m-še3 ab-ta / [ £e]šeren-še3 -š]e3 ab-ta kur £ešeren-še3 ]-ta igi-˹nim˺-še3 ˹ab˺-ta kur £ešeren-še3

igi-nim-˹ta kur˺ šem £ešeren-na-še3 gu2 ga-mu-na-ab-£ar igi-nim-˹ta kur˺ š[em] £ešeren-na-še3 / gu2 ga-˹mu˺-na-ab-£ar -*m]u-*un-na-ab-£ar [ še]m? £ešeren-na-še3 / [ [ ku]r šem £ešeren-na-še3 ˹gu2˺ ga-mu-ni-ib-£ar [unuki-ga23] ni£2-gur11 ni2-ba-ke4 £ešma2 ḫe2-em-da-gid2-de3

C iv 6'–7' unuki-ge ni£2-gur11 [x x]-ta // ma2 ḫe2-em-da-gid2 ® Q Rs. 10–11 [ n]i2-ba-ta // [ ]® £eš Ri9 [ ]-gur11 ni2-ba-ke4 ma2 ˹ḫe2˺-em-˹da˺-gid2-de3 149 C iv 7' Q Rs. 11 R i 10 150 C iv 8' K iv 1' Q Rs. 12 R i 11 JJ Rs. 1'

23

[£e]šma2 ḫe2-em-da-la2-e e2 za-gin3 arataki-ke4 ®[ ]-˹em-da˺-la2-e / e2 na4za-g[in3 -k]e4? £e š ki ® [ ] ma2 ḫe2-em-da-la2-e / [ z]a-gin3 arata -*ke4 [ *ḫ]e2?-em-da-la2-e e2 ˹za-gin3 arata˺ki-ke4 sugal7 an-si12-ga-ri-a iri-na mu-ni-zi kiše4-na mu-ni-˹šub˺(-be2-e) sugal7 an-si12-ga-ri-˹a˺ [ ] / kiše4-na m[u] [ i]ri?-˹na? x-zi?˺ / [ -šu]b-*be2-*e [ ] ˹mu-x-ni-zi˺ / [ ] [ an]-si12-ga-ri-a iri-na mu-ni-zi ˹x x˺ mu-ni-˹šub?˺ [ ] ˹x x x˺ [ ] / ˹x x x ˺ [ ]

Rekonstruktion nach Z. 164 (R). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

224

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

151

[ma]š-maš lu2 ˹x x˺ nu-um-m[a-a]n-te

C iv 9' K iv 2' R om. JJ Rs. 2'

[ma]š-maš lu2 ˹x˺ [ [

151 Forts.

˹x˺ [

C K R JJ

˹x˺ [ [

[

[

]/ -a]n-te /

] ˹x˺ nu-um-m[a-

]/

e]nim-ma ba-˹na?˺-an-du11 ] ?

-n]a -an-du11 e]nim-ma ba-n[a?-

]

[maš-maš] ˹ki˺ en-na-še3 lu2 [mu-n]i-in-ku4-ku4

152 ?

C om. K iv 3' R om. S+ i 1 JJ Rs. 3' 153 C iv 10' K iv 4' R om. S+ i 2 II Vs. 1' JJ Rs. 4' 154 C iv 11' R i 12 S+ i 3 II Vs. 2' 155 R i 13 S+ i 4 II Vs. 3'

[

-n]i-in-ku4-ku4

[maš-maš] ˹ki˺ en-na-še3 lu2 [mu-ni-in]-˹ku4˺-[x] [ ] en-na-še3 l[u2 ] ˹ur˺-alim-nun-na ki en-na-˹še3˺ lu2 mu-ni-˹in˺-ku4-ku4 [ [

-š]e3? / [ e]n-na / [

-k]u4? ]-ku4-ku4

˹ur˺-alim-nun-na ki en-˹na-še3˺ / ˹lu2 mu-ni-in-ku4-ku4˺ [ ] ˹x x˺ [ ] [ ]-nun-na ki e[n] / lu2 mu-ni-i[n] maš-ma[š x] sugal7-£a2 an-si12-ga-ri-˹a˺ na-mu-˹un-ne˺-du11-ga [ ]-˹a?˺ / [ ] ? [ ] ˹sugal7 ˺-£u10 an-si12-ga-ri-˹a na˺-mu-ne2-d[u11-g]a maš-ma[š x] sugal7-£a2 ˹an-si12-ga˺-ri-˹a˺ / na-˹mu-un-ne˺-du11-ga [ ] sugal7-£a2 [...-l]i? še-du [...] a[n] ˹x˺-bi šu nu-uš-ma-ab-˹gi4-gi4˺-i[n] ˹x-*bi x˺ šu nu-uš-ma-ab-˹ge4˺-[ ] ˹x˺-bi šu nu-uš-m[a?-a]b?-˹gi4-gi4˺-*i[n] ] [x (x)-b]i? [...] ˹x˺ šu-ni ˹x˺ [...] ˹x˺ [

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

156 R i 14 S+ i 5 II Vs. 4' 157 R i 15 S+ i 6 II Vs. 5' 158

225

lugal-£u10 ad-da gal-gal iriki-ke4-[n]e lugal-£u10 ad-da gal-gal iriki-ke4-[n]e -*ga]l ˹*iri -*ke4˺-[ne] [lugal]-£[u10 [x x a]d-da gal-gal [... a]b-bu ra-bu-tum šu-ta?-[...] [

]

libir-ra uš ki £ar-ra-k[e4-n]e libir-ra uš ki £ar-ra-k[e4-n]e [ ] ˹x˺ [(x)] ˹x˺ DIŠ šu-ut-bi bi-tim i-[...] [

]

˹ki maḫ? e2-gal-la-ke4?˺ a-na-aš-˹am3 nu-um˺-[£a2-£a2-n]e

R i 16 S+ i 7 II Vs. 6'

˹ki maḫ? e2-gal-la-*ke4? a-na-aš-am3 nu-*um˺-[ [ ˹ki-tuš e2˺-gal-la-ka a-na-aš-a[m3

158 Forts.

ad nu-um-[ge4-g]e4-˹ne˺

R S+ II

ad nu-um-[ge4-ge4-n]e [ -g]e4-n[e] ad nu-mu-u[n]

159 R i 17 S+ i 8 II Vs. 7' 160 R i 18 S+ i 9 U Vs. 1' II Vs. 8' 161 R i 19 S+ i 10 U Vs. 2' II Rs. 1

-n]e / ]/ ]/

£e26-e i7 ˹unu˺ki-ga-ke4 ga-am3-ba-˹al˺ £e26-e i7 ˹unu˺ki-ga-ke4 ga-am3-[ba]-˹al˺ [ ]-˹am3˺-ba-˹al˺ [£]e26-e i7 ˹unu˺ki-ga-[ ] AMA

arataki-ke4 gu2 ga-mu-ni-ib2-£ar

arataki-ke4 gu2 ga-mu-˹*ni?˺-[in-*£a]l2 [ ]-ni-ib2-£ar ki ] [ ] -ka [ [AM]A arataki-[ ] AMA

bad3 unuki-ga-ke4 eme? um-mi-ta3 bad3 unuki-ga-ke4 eme? um-mi-in-˹*ta3˺ [ ]-mi-ta3 [ -g]a-ke4 eme? um-m[i] ba[d3 x (x)] ˹x˺ [ ]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

226

162 R i 20 S+ i 11 U Vs. 3' II Rs. 2 163 R i 21 U Vs. 4' II Rs. 3 164 R i 22 U Vs. 5' II Rs. 4 165 R i 23 U Vs. 6' 166 R i 24 U Vs. 7' 167 R i 25 U Vs. 8' 168 R i 26 U Rs. 1 169 R i 27 U Rs. 2 170 R i 28 U Rs. 3

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

lugal-£u10 sig-ta igi-nim-še3 ab-ta kur £ešeren-še3 lugal-£u10 sig-ta igi-nim-še3 ab-ta ku[r £ešer]en-še3 [ ]-ta [ -t]a igi-nim-še3 ab-ta kur £ešeren-še3 luga[l] igi-nim-še3 [ ] igi-nim-[ta] kur šem £ešeren-na-še3 gu2 ga-mu-ni-ib-£ar igi-nim-še3? kur šem £ešeren-na-še3 gu2 ga-mu-˹ni-ib-£ar˺ [ ] kur šem £eš˹eren˺-na-še3 gu2 ga-mu-ni-ib-£ar igi-n[im-ta kur £eš]˹eren˺-[ ] unuki-ga ni£2-gur11 ni2-ba-ke4 £ešma2 ḫe2-em-da-gid2-de3 unuki-ga ni£2-gur11 ni2-ba-ke4 £ešma2 ḫe2-em-da-[g]id2-de3 [ ]-gur11 ni2-bi-˹ta˺ £ešma2 im-da-gid2-de3 unu˹ki˺-[ ] £eš

ma2 ḫe2-em-da-la2-e e2-za-gin3 arataki-še3

£eš

ma2 ḫe2-em-ta-la2-e e2-za-gin3 arataki-še3 [ m]a2 ḫe2-em-da-˹la2-e˺ e2-za-gin3 arataki-ka £eš

en-ra ḫul2-la-gen7 im-ma-na-ni-ib-£ar en-ra ḫul2-la-gen7 im-ma-na-ni-ib-£ar [ ]-˹gen7˺ im-ma-na-ni-ib-£ar 5 ma-na ku3-si22 mu-na-ab-šum2-mu *5 ma-na ku3-si22 mu-na-ab-šum2-mu [ m]u-un-na-ab-šum2-mu 5 ma-na ku3-babbar mu-na-ab-šum2-mu 5 ma-na ku3-babbar mu-na-ab-šum2-mu [ ku3-ba]bbar mu-[na-ab-š]um2-mu u2 nir ˹gu7˺-ba-ab-bi mu-na-ab-be2 u2 nir ˹gu7˺-ba-ab-bi mu-na-ab-be2 [ ]-˹u3˺-ba-bi ˹mu-un˺-na-ab-be2 a nir ˹na£˺-ba-ab-bi mu-na-ab-be2 a nir ˹na£˺-ba-ab-bi mu-na-ab-be2 [ na]£-ba-bi mu-un-na-ab-be2 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

171 R i 29 U Rs. 4 172 R i 30 U Rs. 5 173 R i 31 U om. MM 1' 174 R i 32 U Rs. 6 MM 2' 175 R i 33 U Rs. 7 MM 3' 176 R i 34 U Rs. 8 MM 4' 177 R i 35 U Rs. 9 178 R i 36 U Rs. 10

24

227

u4 nam-ra-aš lu2 be2-AK-am3 u4 nam-ra-aš lu2 be2-AK-am3 [ -r]a?-a[š] lu2 ta-aš-ta-lam ba-e-a-AK-am3 zi-zu kadra2a-še3 šu-zu ḫe2-£al2 mu-na-ab-be2 zi-zu kadra2a-še3(über x) šu-zu ḫe2-£al2 mu-na-ab-be2 [ kadra2]a-še3 [...]-tum-mi šu-za ḫe2-£al2 li-ib-ši mu-un-na-ab-be2 maš-maš engar nu£un sa£-£a2-˹ke4˺ maš-maš engar nu£un sa£-£a2-˹ke4˺ [

en]gar ˹nu£un˺ sa£-[

]

ereš2˹ki iriki˺ dnisaba-še3 £iri3 im-ma-ab-gub-be2-en ereš2˹ki iriki˺ dnisaba-še3 £iri3 im-ma-ab-gub-be2-en [ ] ˹d˺nisaba-še3 £iri3(-)ma-ab-gub-be2 [ ir]i dnisaba-še3 £iri3 i[m] e2 ˹tur3˺-ra e2 ab2 dur2-ru-na-aš ba-te e2 ˹tur3-ra˺ e2 ˹ab2 dur2˺-ru-na-aš ba-te [ ] ˹e2˺ ab2 dur2-ru-na-aš ba-te ] [e2 tu]r3-ra e2 a[b2] ˹dur2-*ru˺-[ ab2-˹e tur3˺-ra sa£ mu-da-ab-sag3 ab2-˹e tur3˺-ra sa£ mu-da-ab-sag3 [ *tu]r3-ra sa£ mu-da-ab-sag3 [ ] ˹x˺ [ ] ab2-˹e enim˺ bi2-in-du11 lu2-lu7-gen7 enim mu-da-ab-bala-e ab2-˹e enim˺ bi2-in-du11 lu2-lu7-gen7 enim mu-da-ab-bala-e [ eme24 ]-ta3 lu2-lu7*lu-˹gen7 enim *mu-*x-*x-*x˺-[x] ab2 i3-zu a-ba-a i3-gu7-e ˹ga-zu a-ba-a i3-na8-na8˺ ab2 i3-zu a-ba-a i3-gu7-e ˹ga-zu a-ba-a i3-na8-na8˺ [ ]-˹gu7-*e˺ [ ]

Für die Rekonstruktion s. Z. 191. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

228

179 R i 37 180 R i 38 181 R i 39 182 R i 40 183 R i 41 V i 1' 184 R i 42 V i 2' 185

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

˹i3˺-£u10 i3-gu7-e d˹nisaba-ke4˺ ˹i3˺-£u10 i3-gu7-e d˹nisaba-ke4˺ [ga]-˹£u10˺ i3-na8-na8 d˹nisaba˺-ke4 [ga]-˹£u10˺ i3-na8-na8 d˹nisaba˺-ke4 [ga-ara3-£]u10 suku6 ku3 galam du11-ga [

-£]u10 suku6 ku3 galam du11-ga

[unu2 gal] unu2 dnisaba-še3 me-te-a-aš im-mi-ib-£al2 [

] unu2 dnisaba-še3 me-te-a-aš im-mi-ib-£al2

i3-£u10 ˹tur3 ku3˺-ta en-na(-)ga-mu-DU-a-aš [ tu]r3 ˹ku3˺-ta en-na(-)ga-mu-DU-a-aš i3-£u10 ˹tur3˺ [ ] ga-£u10 tur3 ku3-˹ta en-na˺(-)ga-mu-DU-a-aš [ ] ˹ku3-ta en-na˺(-)ga-mu-DU-a-aš ga-£u10 tur3 ku3-˹*ta˺ *e[n] u3-sumun2 zi dnisaba dumu-sa£ den-lil2-la2 u3-a lu2

R i 43 V i 3'f.

[ ] ˹*d*nisaba *dumu-sa£ den-lil2-la2 u3-a *lu2? u3-sumun2 zi dnisaba dumu-s[a£ ] // u5-a lu2

185 Forts.

nu-um-mi-in-˹zi-zi˺

R V

nu-um-mi˺/-˹in-zi-zi˺ nu-um-mi-in-*z[i-zi]

186 R ii 1 V i 5' 187 R ii 2 S+ ii 1' V i 6'f.

ab2 i3-zu si-muš3-zu-še3 ga-zu murgu2-z[u-še3] ab2 i3-zu si-muš3-zu-˹še3? *ga˺-[ ] ab2 i3-zu si-muš3-zu-še3 ga-zu murgu2-z[u-še3] ab2 i3-bi si-muš3-bi-še3 ba-ab-[gid2] ga-bi murgu2-bi-še3 ab2 i3-bi si-muš3-bi-še3 ba-ab-[ ] ˹x˺ [ ] /(/) ˹x?˺ [ ] ab2 i3-bi si-muš3-bi-še3 ba-a[b-gid2] // ga-bi murgu2-bi-še3

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

187 Forts.

ba-ab-gid2

R S+ V

[ ] [b]a-a[b-x] ba-ab-gid2 →

188 R om. S+ ii 2' Vi7 189 R ii 3 S+ ii 3' V i 8' 190 R ii 4 S+ ii 4' 191

£iri3 ˹im-*gub˺-b[e2? x] ˹x˺ [(x) i]m?-˹*gub˺-b[e2? x] ] → £iri3 *i[m?amaš ku3 amaš dnisaba-še3 ba-[te] amaš ku3 amaš dnisaba-še3 ˹ba˺-[te] [ ama]š dnisaba-še3 b[a-te] amaš ku3 amaš dnisaba-še3 ba-[te] ud5-de3 amaš-a sa£ mu-da-ab-s[ag3] ud5-de3 amaš-a sa£ mu-da-ab-s[ag3] [ ] ˹amaš *ku3˺-*ga sa£ mu-u[n-

]

u[d5-d]e3 enim bi2-in-du11 lu2-lu7-gen7 enim

R ii 5 S+ ii 5'f.

u[d5-d]e3 enim bi2-in-du11 lu2-lu7-gen7 enim ] // [lu2-l]u7-gen7 ˹enim˺ [x-*d]e3? *emesic! bi2-in-t[a3

191 Forts.

mu-un-˹da˺-a[b-bala-e]

R S+

m[umu-un-˹da˺-a[b-

192 R ii 6 S+ ii 7' 193 R ii 7 S+ ii 8' 194 R ii 8 S+ ii 9'

] ]

˹ud5˺ i3-zu a-ba-a i3-gu7-e ga-zu a-ba-a i3-[na8]-˹na8˺ ˹ud5˺ i3-zu a-ba-a i3-gu7-e ga-zu a-ba-a [i3-na8]-˹na8˺ ] ˹ud5 i3˺-zu a-ba-a i3-*g[u7-x] / ga-zu a-ba-a i3-[ i3-£u10 i3-gu7-e dnisaba-ke4 i3-£u10 i3-gu7-e dnisaba-ke4 ] i3-£u10 i3-gu7-e ˹d˺[ ga-£u10 i3-na8-na8 dnisaba-ke4 ga-£u10 i3-na8-na8 dnisaba-ke4 ] ga-£u10 i3-˹na8˺-[

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

229

230

195 R ii 9 S+ ii 10' 196 R ii 10 S+ ii 11' FF Vs. 1' 197 R ii 11 FF Vs. 2' 198 R ii 12 FF Vs. 3' 199

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

ga-ara3-£u10 suku6 ku3 galam du11-ga ga-ara3-£u10 suku6 ku3 galam du11-ga ] ga-ara3-£u10 [ unu7 gal unu7 dnisaba-ke4 me-te-a-aš im-mi-ib-£al2 unu7 gal unu7 dnisaba-ke4 me-te-a-aš im-mi-ib-£al2 ˹unu2˺ ga[l ] [ -£a]l2 i3-£u10 tur3 ˹ku3-ta en-na˺(-)ga-mu-un-DU-a-aš i3-£u10 tur3 ˹ku3-ta en-na˺(-)ga-mu-un-DU(über A)-a-aš [ -t]a ˹en-na an-ga-mu˺-un-da?-a-aš ga-£u10 amaš ku3-ta en-na(-)ga-mu-un-DU-a-aš ga-£u10 amaš ku3-ta en-na(-)ga-mu-un-DU-˹*a-*aš˺ [ -t]a en-na an-ga-mu-un-DU-a-aš u3-sumun2 zi dnisaba dumu-sa£ den-lil2-la2 ˹u3˺-[a (lu2)]

R ii 13 FF Vs. 4'

u3-sumun2 zi dnisaba dumu-sa£ den-lil2-la2 ˹u3?˺-[x (x)] d [ ]nisaba dumu-sa£ den-lil2-la2-ke4 / [ ]

199 Forts.

nu-um-mi-in-zi-zi

R FF

nu-um-mi-in-zi-zi [ ]-mi-in-zi-zi

200 R ii 14 FF Vs. 5' 201 R ii 15 FF Vs. 6' 202 R ii 16 OO Vs. 1

ud5 i3-zu si-muš3-zu-še3 ga-zu murgu2-zu-še3 ud5 i3-zu si-muš3-zu-še3 ga-zu murgu2-zu-˹še3?˺ [ ]-˹zu-še3˺ ga-zu murgu-zu-še3 ud5 i3-bi si-muš3-bi-še3 ba-ab-gid2 ga-bi ˹murgu2-bi˺-še3 ba-ab-e11 ud5 i3-bi si-muš3-bi-še3 ba-ab-gid2 ga-bi ˹murgu2-bi˺-še3 ba-ab-e11 [ ] ˹*x˺ u4-bi-a tur3 amaš-a e2 si-ga ba-ab-˹du11?˺ u4-bi-a tur3 amaš-a e2 si-ga ba-ab-˹du11?˺ / u4-bi-a ˹tur3 amaš˺-a ˹e2 si-ga˺ ba-ab-˹du11?˺ /

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

202 Forts.

ni£2 ḫa-lam-ma ba-ab-AK

R OO

ni£2 ḫa-lam-ma ba-ab-AK ni£2 ḫa-lam-˹ma ba-ab-AK˺

203 R ii 17 OO Vs. 2 204 R ii 18 OO Vs. 3 205 R ii 19 W Vs. 1' OO Vs. 4 206 R ii 20 W Vs. 2' OO Vs. 5 207 R ii 21 W Vs. 3ʹ OO Vs. 6

akan ab2-ka ga nu-un-£al2 amar-e u4 bi2-[i]n-šuš2 akan ab2-ka ga nu-un-£al2 amar-e u4 bi2-[i]n-šuš2 -£]al2 ˹amar-re u4 bi2-ib2˺-šuš2 ˹akan ab2-ka˺ [ amar tur-bi ša3 su3-ga mu-un-˹£al2 ir2 ge17 i3-še22-še22˺ amar tur-bi ša3 su3-ga mu-un-˹£al2˺ / ˹ir2 ge17 i3-še22-še22˺ amar tur-˹bi ša3 su3-ga? mu?-x x x x x x˺ akan ud5-ka ga nu-un-[£al2] akan ud5-ka ga nu-un-[£al2] [ak]an u[d5] akan ˹ud5-da-ka x x x˺ maš2 ud5-da-bi ša3 ka tab ˹ba˺-an-˹nu2˺ zi-bi mi-ni-i[n?-(x-)tu]m3 maš2 ud5-da-bi ša3 ka tab ˹x˺ [x x x] / zi-bi *mi-ni-*i[n?-(x-)tu]m3 ] maš2 ud5!?-[ maš2 ud5-da-bi ˹x x˺ [ ] ˹ba˺-an-˹nu2˺ zi-bi ˹mi?-ib˺-tum3-tum3 ab2-e amar-bi-še3 gu3 ge17 ˹im-me˺ i[r2? ge17 i3-š]e22-še22 ab2-e amar-bi-še3 gu3 ge17 ˹im-me˺ i[r2? ge17 i3-š]e22-še22 ] / i[r2 ] ab2-e amar [ [a]b2-˹be2˺ amar-bi-še3 ˹gu3˺ g[e17] ˹ba˺-[ ] ˹x x˺ /

OO Forts. 208 R ii 22 W Vs. 4' EE Vs. 1' OO Vs. 7

231

amar-bi ˹x˺ [ ] ˹x x x˺ ud5-de3 maš2-bi mu-na-NI10.NI10? [

]-˹BI/GA nu?-mu?-x˺-te£3-£e26

ud5-de3 maš2-bi mu-na- NI10.NI10? ˹x˺ [x x x]-*te£3-£e26 ] ˹ud5˺-de3 ma[š2 [ -n]i10? / [ ]-˹BI/GA nu?-mu?-x˺-te£3-£e26 [ ] ˹x˺ [ ] ˹x˺ [ ] ˹x˺ [ ] ˹x x x x˺

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232

209

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger dug

šakir3 ku3-ga si-si-ig-*ga [x x x] / ša3 [s]u3-ga

dug

R ii 23 W Vs. 5' EE Vs. 2' OO Vs. 8

šakir3 ku3-ga si-si-ig-*ga [x x x] / ša3 [s]u3-ga ˹x˺ [ ] [ ] ˹x x x x˺ / [ ] du g? [ šakir3 / ]

209 Forts.

mu-un-£al2 ša3 ka ta[b

R W EE OO

mu-un-£al2 ša3 ka ta[b -z]u [ ] [ ] ˹x x˺ [ ]-˹x-nu2˺

209a OO Vs. 9 210

-z]u

˹an-za-x˺ [ ˹an-za-x˺ [

] /

u4-bi-a tur3 amaš-a e2 si-ga ba-ab-˹du11?˺

R ii 24 W Rs. 1 EE Rs. 1 OO Vs. 10

u4-bi-a tur3 amaš-a e2 si-ga ba-ab-[x] / ˹x˺ [x] ˹x x˺ [ ] [ -g]a ba-˹ab-*du11?˺ / u4-bi-a t[ur3 / ]

210 Forts.

ni£2 ḫa-lam-˹ma˺ ba-ab-˹AK˺

R W EE OO

ni£2 ḫa-lam-˹ma˺ ba-ab-˹AK˺ [ ] [ -m]a ib2-AK [ ]

211 R ii 25 W Rs. 2 EE Rs. 2 OO Vs. 11 212 R ii 26 W Rs. 3 EE Rs. 3 OO Vs. 12

]

unu3-de3 £eštukul šu-na ˹bi2-in-šub˺ igi-ni i3-sag3-ge unu3-de3 £eštukul šu-na ˹bi2-in-šub˺ igi-ni [ ] ] unu3-de3 £eš[ £eš [ ]˹tukul šu˺-na in-šub / [i]gi-ni i3-sag3-ge ˹unu3˺-d[e3 ] sipa-de3 šibir za3-ga-na bi2-in-la2 ir2 ge17 i3-še22-še22 sipa-de3 šibir za3-˹ga-na bi2-in-la2˺ / ir2 ge17 i3-še22-š[e22] sipa-de3 ši[bir ] [ ] za3-ga-na bi2-in-la2 / [A.IG]I ge17 i3-še22-še22 ˹sipa˺-d[e3 ]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

213 R ii 27 W Rs. 4 EE Rs. 4 OO Vs. 13 214 R ii 28 W Rs. 5 OO Vs. 14 215 R ii 29 W Rs. 6 X Vs. 1 Y Vs. 1' 216 R ii 30 X Vs. 2 Y Vs. 2' 217 R ii 31 X Vs. 3 Y Vs. 3' 218 R ii 32 X Vs. 4 Y Vs. 4' 219 R ii 33 X Vs. 5 Y Vs. 5'

KAB-bar

233

tur amaš tur3-še3 la-ba-DU? £iri3 kur2 ba-ra-an-dab5

tur amaš tur3-še3 la-ba-DU? / £iri3 kur2 ba-ra-an-dab5 ga-ba-˹ra˺ [ ] [ ] ˹x x x˺ [x x]-˹an?-dab5?˺ ˹KAB?˺-[ ] KAB-bar

ga-IL2 dugad gal-˹še3˺ nu-mu-e-DU? sila kur2 ba-ra-an-dab5 ga-IL2 dugad gal-˹še3˺ nu-mu-e-DU? / sila kur2 ba-ra-an-dab5 ga-IL2 du[gad ] ] ˹ga˺-I[L2 ˹unu3˺ sipa dnisaba-ke4-ne ˹unu3˺ sipa dnisaba-ke4-ne ] [un]u3? [ d [un]u3 sipa nisaba-˹ke4˺-[x] un[u3] ˹x x˺ [ ] dumu du2-da ama AS-me-eš dumu du2-da ama AS-me-eš [x d]u2-*ud-da ama AS-me-˹eš˺ ] dumu ˹du2-x˺ [ tur3 amaš-a a2 e3-a-me-eš tur3 amaš-a e3-a-me-eš tur3 ˹amaš˺-a a2 e3-a-me-eš tur3 ˹amaš˺-a [ ] deš-kam-ma maš2-gu-la mu-ni ḫe2-en-na-nam deš-kam-ma maš2-gu-la mu-ni ḫe2-en-na-˹nam˺ deš-am3 ˹amaš˺-gu-la mu-ni ḫe2-en-na-nam deš-a-˹kam˺ *m[aš2-g]u-la m[u] min-kam-ma ur-edin-na mu-ni ḫe2-en-na-nam min-kam-ma ur-edin-na mu-ni ḫe2-en-na-*n[am] min-[k]am-ma ur-edin-na mu-ni ḫe2-en-na-nam min-kam-ma ˹ur-edin?-na˺ [ ]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

234

220 R ii 34 X Vs. 6 Y Vs. 6' 221

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

min3-na-˹ne˺-ne kan4 maḫ igi dutu e3-a ki u6 di kalam-˹ma˺ min3-na-n[e]-ne kan4 ˹maḫ˺ igi u4 e3-a-˹ke4˺ / [k]i u6 di kalam-ma-[x] ˹*min3˺-[na-n]e-ne kan4 maḫ igi dutu e3-a ki u6 ˹di˺ kalam-˹ma˺ ] ˹min3˺-na-˹ne-ne kan4˺ m[aḫ x] ˹x˺ [

saḫar-tu11-saḫar-tu11-ba ba-an-dur2-ru-ne-eš dutu an-ta

R ii 35 X Vs. 7 Y Vs. 7' FF Rs. 1'

saḫar-tu11-saḫar-tu11-ba ba-an-dur2-ru-ne-[ ] [ -t]u11-ba ba-an-dur2-ru-ne-eš dutu an-ta ˹saḫar-tu11-saḫar˺-tu11-b[a x x]-dur2-r[u] [ ]-ta

221 Forts.

i-im-ge4-ge4-NE

R X Y FF

[ ] i-˹im˺-ge4-ge4-NE [ ] i-im-ge4-ge4-[x]

222 R ii 36 X Vs. 8 Y Vs. 8' FF Rs. 2' 223 R ii 37 X Vs. 9 Y Vs. 9' FF Rs. 3' 224 X Vs. 10 Y Vs. 10' FF Rs. 4'

˹maš-maš˺-e lu2 arataki-ka e2-tur3-ra mu-un-ku4 ˹maš-maš˺-e lu2 arataki-ka e2-t[ur3] [ ].˹X˺.KURki-ka e2-tur3-ra mu-un-ku4 [ma]š-˹maš˺-e ˹lu2 arataki-*ke4˺ e[2-tur3] [ LAM.KU]R.RUki e2-tur3-ra mu-un-ku4 e2-tur3-ra ga ba-an-kal amar tur ba-an-de5-de5 e2-tur3-ra gara2 ba-an-˹kal˺ [ ] 25 [ ] ˹ga˺ ba-e-ni-kal amar tur(-)la(-)ba-an-de5-de5 [e]2-tur3-ra *g[a(ra2)] ˹ba˺-an-kal amar t[ur ] [ g]a(ra2) ba-an-kal / [ama]r tur ba-an-de5-de5 [tu]r3 ˹amaš˺-a n[i£2]-ge17-ga bi2-AK i3 ga ba-e-ni-kal [ ni£2]-ge17-ga bi2-AK i3 *ga ba-e-ni-kal ] [tu]r3 ˹amaš˺-a n[i£2?-g]e17-ga bi2-in-A[K [ g]u2-ni im-ši-in-la2 / [(…) ga(r]a2?) ud5-da ba-an-kal

25

Sandhi-Schreibung; für -/l/-rV vgl. ka s k a l-r in Urdu£u an Šulgi (= CKU 1) 3 (Text N8) und Klage über Sumer und Ur 39 (Text BB). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

225 X Vs. 11 Y Vs. 11' FF Rs. 5' 226 X Vs. 12 Y Vs. 12' FF Rs. 6' 227 R iii 1' X Vs. 13 Y Vs. 13' 228 R iii 2' X Vs. 14 229 R iii 3' X Vs. 15

235

[tur3?] ama[š] ad6-bi i3-šub-šub ni£2 ḫa-lam-ma ba-˹ab˺-AK [ ] *ad6-bi i3-šub-šub ni£2 ḫa-lam-ma ba-˹ab-AK˺ ] [x] ama[š x]-˹bi˺ i3-˹šub-šub˺ [ [ ]-bi i3-šub-šub / [ -l]am-ma ib2-AK [un]u3 si[pa x (x)] enim-bi ba-an-na-te [ ] enim-bi ba-an-na-te [*un]u3 *si[pa x (x)]26 ˹enim-bi˺ [ ] ? [ eni]m -bi ba-an-na-˹*te?˺ [

giri17-š]u?-£al2-la-am3 igi mu-un-na-NI¤IN2.NI¤IN2

[ ] ˹*x˺ [ ] ? [x x x (x) š]u -£al2-la-am3 igi mu-un-na-NI¤IN2.NI¤IN2 [x x] ˹x x x x˺ [ ] [x x] ereški ˹URUDU/DUB˺ an-gur [x x] ereški [ ] [ ] (KI rad.) ˹*URUDU/DUB˺ an-gur [gu2? i]7buranuna˹na˺ i7 na maḫ KA £al2-la i7 di£ir-re-e-ne [x A.EN]GURUD.KIB.N[UNna ] [ UD.KIB].˹NUNna˺ i7 na maḫ KA £al2-la i7 di£ir-re-e-ne

230

˹iriki nam˺-tar-ra an ˹den-lil2-la2-bi?-še3? £iri3˺ bi2-in-gu[b]

R iii 4' X Vs. 16

[iri] ˹nam˺ tar-ra an ˹den-lil2˺-[ ] d ˹*iri˺*k[i ]˹*en-*lil2-*la2-*bi?-*še3? £iri3˺ bi2-in-gu[b]

231

um-ma sa£-bur-ru šu ˹mu˺-un-na-˹an-x˺

R iii 5' X Vs. 17 232 R iii 6' X Vs. 18

um-ma sa£-bur-ru šu [ ] ? um-ma [sa£-bur]-˹*u3 ˺ šu ˹mu˺-un-na-˹an-x˺ min3-na-ne-ne nun i7-˹da i˺-ni-in-šu[b-bu-uš] min3-na-ne-ne nun i7-[ ] ] i7-˹da i˺-ni-in-šu[b-bu-uš] min3-na-n[e-

26

Vor ˹eni m˺ ist das Ende eines langen waagerechten Keils sichtbar, was gegen eine Ergänzung mit [u n ]u 3 s i [p a -d a ] ˹e n im -b i ˺ spricht (vorangestellter Genitiv). Ebenso ausgeschlossen ist eine Ergänzung mit [d u t u -ra ], wie sie von Wilcke vorgeschlagen wurde. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

236

233 R iii 7' X Vs. 19 234 R iii 8' X Vs. 20 235 R iii 9' X Vs. 21 236 R iii 10' X Vs. 22 237 R iii 11' X Vs. 24 238 R iii 12' S+ iii 1' X Vs. 25 AA+ Vs. 1' 239 R iii 13' S+ iii 2' X Vs. 26 AA+ Vs. 2' 240 R iii 14' S+ iii 3' X Vs. 27 AA+ Vs. 3'

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

maš-maš-e su[ḫur galk]u6-e a-˹ta im˺-ta-an-[e3] maš-maš-e suḫurku6 gal-e [ ] maš-maš *su[ḫur galk]u6-*e a-˹ta im˺-ta-an-(DU6 rad.)[DU6.D]U um-ma sa£-bur-ru £ešnu4 ḫu-[r]i2-inmušen a-ta im-ta-an-[e3] [u]m-ma sa£-bur-ru £eš-n[u ] / a-ta im-ta-[ ] um-m[a sa£-bur]-u3 £ešnu4 ḫu-[r]i2-inmušen a-ta im-t[a]-an-e11 ḫu-r[i2-inmušen suḫ]ur galku6-˹e?˺ in-kar an-na ˹ba-e?˺-e11 £eš-˹nu ur2?˺-inmušen-e suḫur˹ku6˺ [ ] / ˹ḫur˺-sa£-še3 ba-[an-ku4] ḫu-r[i2-inmušen suḫ]ur galku6-˹e?˺ in-kar an-na ˹ba-e?˺-e11

min3-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-˹uš˺ min3-kam-ma-aš(über ŠE3) nun i7-da ˹i˺-[ ]-˹uš˺ UD].KA.BAR ˹i7˺-da i-ni-in-šub-bu-˹uš˺ min-kam-m[a maš-maš-e u8 sila4-bi a-ta im-ta-an-[e3] maš-maš-e u8 sila4-bi a-ta im-t[a] maš-maš-e [ ]-bi a-[t]a im-ta-an-DU6.D[U] um-ma sa£-bur-ru ur-bar-ra a-ta im-ta-an-˹e3˺ um-˹ma˺ sa£-bur-ru ur-bar-ra a-ta ˹im-ta-an˺-[UD].DU ˹um˺-[ma ] um-ma *s[a£-bur-u3] ur-bar-ra a-ta im-ta-an-DU6.[DU] [ ]-˹ta im-*ta-*an˺-[ ] ur-bar-ra u8 sila4-bi in-kar edin da£al-še3 ba-an-ur3 ur-bar-ra u8 sila4-˹bi in˺-kar edin da£al-še3 ba-an-ur3 ur-[bar] ur-bar-r[a ]-bi (KI rad.) in-kar edin-na da£al-še3 b[a*edi]n [d]a£al-še3 ba-an-u[r3] [ -*r]a ˹u8˺ si[la4eš5-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-uš ˹eš5˺-kam-ma-aš(über ŠE3) nun i7-da i-ni-in-šub-˹bu˺-uš ] eš5-k[ameš5-kam-m[a *nu]n ˹*zabar˺ i7-da i-ni-in-šub-bu-[x] ˹eš5-kam˺-ma-aš nun ˹zabar˺-[ra i-*n]i-in-šub-bu-uš

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

]

Enmerkara und Ensukukešdana

241

maš-maš-e ab2 amar-bi a-ta im-ta-an-e3

R iii 15' S+ iii 4' X Vs. 28 AA+ Vs. 4' 242

maš-maš-e ab2 amar-bi a-ta im-ta-an-*e3 maš-m[aš ] maš-maš a[b2] amar-bi a-˹ta˺ im-ta-an-e11 maš-maš ab2 amar-˹bi˺ [ ] im-ta-an-*e3 um-ma sa£-bur-˹ru˺ ur-maḫ-˹e˺ a-ta im-ta-an-e3

R iii 16' S+ iii 5' X Vs. 29 AA+ Vs. 5' 243

um-ma sa£-bur-˹ru ur-maḫ-e a-ta˺ im-ta-an-*e3 um-*m[a ] ˹um-ma sa£-bur-u3˺ ur-˹maḫ-e˺ a-ta im-ta-an-e11 um-ma sa£-bur-˹u3˺ ur-maḫ-˹e˺ [ i]m-ta-an-*e3 ur-maḫ-e ab2 amar-bi in-kar geš-ge-še3 ba-an-ku4

R iii 17' S+ iii 6' X Vs. 30 AA+ Vs. 6'

˹ur-maḫ-e˺ ab2 amar-bi in-kar geš-ge-še3 ba-an-ku4 ur-[maḫ/ ] [ ]-˹*e˺ ab2 amar-bi in-kar ˹geš˺-ge-še3 ba-an-ur3 ur-maḫ-e ab2 [a]mar-bi in-kar ˹geš-ge˺-še3 ba-an-˹ur3˺ limmu5-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-uš

244 R iii 18' S+ iii 7' X Vs. 31 AA+ Vs. 7'

limmu5-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-uš limmu5-[ ] [ ] ˹nun˺ zabar i7-da ˹i-ni-in-šub-bu˺-uš limmu5-kam-ma-aš nun zabar-ra i7-da i-ni-˹in˺-šub-bu-uš maš-maš-e šeg9 šeg9-bar-e a-ta im-ta-an-˹e3˺

245 R iii 19' S+ iii 8' X Vs. 32 AA+ Vs. 8'

maš-maš-e šeg9 šeg9-bar-e a-ta im-ta-an-˹*e3˺ ma[š-maš / ] [ šeg9 š]eg9-bar a-˹ta˺ im-ta-˹an-e11˺ maš-maš šeg9 šeg9-bar a-ta im-ta-an-˹e3˺ um-ma sa£-bur-ru nemur2 ḫur-sa£ a-ta im-ta-an-˹e3˺

246 R iii 20' S+ iii 9' X Vs. 33 AA+ Vs. 9'

um-ma sa£-bur-ru nemur2 ḫur-sa£ a-ta im-ta-an-˹*e3˺ ˹um˺-*m[a ] / ˹a-ta im-ta˺-*a[n- ] [ ] sa£-bur-u3 ˹nemur2˺ ḫur-sa£ a-t[a -a]n-˹e11˺ um-ma sa£-bur-u3 nemur2 ḫur-sa£-£a2 a-ta im-ta-a[n-e3]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

237

238

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

247

nemur2 ḫur-sa£-¤A2 šeg9 šeg9-bar in-kar ḫur-sa£-še3 ba-an-˹e11˺

R iii 21' S+ iii 10' X Vs. 34 AA+ Vs. 10'

nemur2 šeg9 šeg9-bar-e in-kar ḫur-sa£-še3 ba-an-ku4 nemur2-e šeg9-bar i[n- ] / ḫur-sa£-še3 ba-an-[ ] [nemur2 ḫu]r?-˹sa£-¤A2˺ šeg9 š[eg9-ba]r in-kar ḫur-s[a£- -DU6.*D]U nemur2 ḫur-sa£-¤A2 šeg9 šeg9-bar in-kar ḫur-sa£-še3 ba-a[n-x] ia2-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-uš

248 R iii 22' S+ iii 11' X Vs. 35 Y Rs. 1' AA+ Vs. 11' 249

ia2-kam-ma-aš nun i7-da i-ni-in-šub-bu-uš ] ia2-kam-ma-še3 nun i7-da i-ni-[ -*u]š [ -m]a nun ˹zabar˺ i7-˹da i-ni˺-i[n[ ] ˹nun x˺ [ ] ˹ia2-kam˺-ma-aš nun zabar-ra i7-da i-ni-in-šu[b-x x] maš-maš-e amar mašda-e a-ta im-ta-an-e3

R iii 23' S+ iii 12' X Vs. 36 Y Rs. 2' AA+ Vs. 12' 250

maš-maš-e amar mašda-e a-ta im-ta-an-*e3 maš-maš-e amar mašda a-ta im-ta-a[n-e11] [maš-*ma]š amar mašda a-[ta] ˹*im-*ta˺-[ ] ? ? ] [ ] amar mašda ˹*a -*ta ˺ [ [ ] ˹*amar *mašda˺ a-ta im-ta-an-*UD.[DU] um-ma sa£-bur-ru ur-GUG4 ur-nim-e a-ta im-ta-an-e3

R iii 24' S+ iii 13' X Vs. 37 Y Rs. 3' AA+ Vs. 13'

um-ma sa£-bur-ru ur-GUG4 ur-nim-e a-ta im-ta-an-*e3 ] / *a-*ta [im]-ta-*a[num-ma sa£-˹bur-ru˺ ur-U2.GUG4 [ [um-m]a sa£-˹bur-u3˺ [ [um-m]a [sa£]-˹bur-ru ur-*GUG4? *ur˺-[*ni]m? ˹a-ta˺ [ [ sa£-bur]-u3 ur-GUG4 ur-nim a-ta im-ta-an-*e3

251

ur-GUG4 amar mašda-e in-kar £ešter-ter-še3 ba-an-ur3

R iii 25' S+ iii 14' X Rs. 1 Y Rs. 4' AA+ Vs. 14'

ur-GUG4 ur-nim-ma amar mašda-e in-kar £ešter-ter-še3 ba-an-ku4 ] ˹ur˺-GUG4 amar MA[Š.DU3 ] / ˹ter˺-[ [ ] amar mašda i[n] ] [ur-G]UG4-e ˹amar mašda˺ i[n-ka]r ˹ter-ter-še3˺ *b[a[ am]ar mašda in-kar ter-še3 ba-an-˹ur3˺

252

maš-maš-e igi-ni ba-kukku2 dim2-ma-ni ba-saḫ4

R iii 26' S+ iii 15' X Rs. 2 Y Rs. 5' om. AA+ Vs. 15'

maš-maš-e igi-ni ba-kukku2 dim2-ma-ni ba-saḫ4 *m[aš] ] [ -*n]i ˹*ba-*kukku2˺ dim2-ma-[ [

] igi-ni ba-kukku2 dim2-ma-ni ba-saḫ4

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

] ] ]

Enmerkara und Ensukukešdana

253 R iii 27' S+ iii 16' X Rs. 3 Y Rs. 6' AA+ Rs. 1 254 R iii 28' X Rs. 4 Y Rs. 7' AA+ Rs. 2 255 R iii 29' X Rs. 5 Y Rs. 8' AA+ Rs. 3 OO Rs. 1' 256 R iii 30' X om. Y Rs. 9' AA+ Rs. 4 OO Rs. 2' 257 R iii 31' X Rs. 6 Y Rs. 10' AA+ Rs. 5 OO Rs. 3' 258 R iii 32' X Rs. 7 Y Rs. 11' AA+ Rs. 6 OO Rs. 4'

um-ma sa£-bur-ru gu3 mu-na-de2-e um-ma sa£-bur-ru gu3 mu-na-de2-e *u[m-ma ] [ ]-˹u3 gu3!?˺ mu-na-[ ] [um-m]a ˹sa£-bur-ru gu3˺ mu-na-d[e2-x] [ s]a£-bur-u3 gu3 mu-un-na-de2-˹e˺ maš-maš nam-maš-maš-zu ḫe2-£al2 dim2-ma-zu me-a maš-maš nam-maš-maš-zu ḫe2-£al2 dim2-ma-zu me-a [ ḫ]e2-˹£al2 dim2-ma˺-*z[u ] [maš-*ma]š nam-maš-maš-zu ḫ[e2-£al2] ˹dim2-ma-zu˺ m[e-a ] [ nam-ma]š-maš-zu ḫe2-£al2 dim2-ma-zu me-˹a˺ a-na-gen7-nam ereš2ki iri dnisaba-še3 a-na-gen7-nam ereš2ki iri dnisaba-še3 [ ] iri dni[saba-x] ] ˹a˺-na-˹gen7-nam˺ [er]eš2˹ki˺ iri [ d ki [ -na]m ereš2 iri nisaba-še3 a-˹na˺-g[en7] iriki nam tar-ra an den-lil2-la2 iriki nam tar-ra an den-lil2-la2 iri nam tar-ra [an] ˹den˺-li[l2[ ta]r-ra an den-lil2-[x (x)] ˹iri nam˺ t[ar-

] ]

iriki ul iri ki a£2 dnin-lil2-la2-še3 iriki ul iri ki a£2 dnin-lil2-la2-še3 [ ] dnin-lil2-la2-š[e3] ] iri ul iri ki ˹x˺ [ ]-l[il2d [ u]l iri ki a£2 nin-lil2-l[a2-x] ] iriki ul iri ˹ki˺ [ nam-maš-maš ke3-de3 a-gen7 im-da-£en-ne-en nam-maš-maš ke3-de3 a-gen7 im-da-£en-ne-en [ ] a-˹gen7 *im-*da˺-£en-ne-e[n] nam-maš-maš ke3-*d[e3] ˹a-x˺ [ ] [ ]-maš ke3-de3 a-gen7 im-˹da-£en˺-[x x] nam-maš-maš ke3-d[e3 ] © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

239

240

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

259

maš-maš-e mu-un-na-ni-ib-ge4-ge4

R om. X Rs. 8 Y Rs. 12' AA+ Rs. 7 OO Rs. 5'

[ m]u-un-na-ni-ib-ge4-ge4 ˹maš˺-maš-e ˹mu-na˺-n[i?] [maš-m]aš-e mu-*un-na-ni-ib-g[e4-x] maš-maš-e [ ] nu-zu-a-£u10-ne i-im-£en-ne-en

260 R iii 33' X Rs. 9 Y Rs. 13' AA+ Rs. 8 OO Rs. 6'

nu-zu-a-£u10-ne i-im-£en-ne-en [ ] i-im-£en-ne-en [nu]-˹zu˺-a-£u10-˹ne˺ i-˹im˺-[ ] [ ]-˹a˺-£u10-ne i-im-£en-˹ne˺-[x] nu-zu-£u10-ne [ ] nam-kur4-ra-zu i3-zu nam-ba-an-sis-e-de3-en

261 R iii 34' X Rs. 10 Y Rs. 14' AA+ Rs. 9 OO Rs. 7'

nam-kur4-ra-zu i3-zu nam-ba-an-sis-e-de3-en [ ]-˹ba-an˺-sis-e-de3-en [ ]-zu ba-zu nam-ba-a[n] [ ]-˹zu˺ nam-ba-an-sis-e-d[e3-x] nam-kur4-zu ba-zu [ ] šu giri17-na i-ni-in-£al2 šudu3 mu-un-na-an-ša4-aš

262 R iii 35' X Rs. 11 AA+ Rs. 10 OO Rs. 8'

šu giri17-na i-ni-in-£al2 šudu3 mu-un-na-an-ša4-aš [ ]-˹in-£al2˺ šudu3? mu-un-na-an-š[a4]-aš ] [ ]-in-£al2 šudu3 m[ušu giri17-na i-ni-[ ] šu ba-mu-u8 nin9-£u10 šu ba-mu-u8

263 R iii 36' X Rs. 12 AA+ Rs. 11 OO Rs. 9'

šu ba-mu-u8 nin9-£u10 šu ba-mu-u8 ˹šu? ba?˺-[ ] ba-am3-u8 [ ] ˹nin9˺-£u10 *š[u b]a-˹am3-u8?˺ šu ba-mu-u8 [ ] silim-ma-£u10 iri-£u10-še3 ga-£en

264 R iii 37' V iv 1 X Rs. 13 AA+ Rs. 12 OO Rs. 10ʹ

silim-ma-£u10 iri-£u10-še3 ga-£en silim-ma-bi iri*ki-£u10-še3 ga-[x] silim-ma-[ ]-˹še3˺ ga-˹£en˺ [ ] ˹ga˺-£en silim-ma-bi-še3 [ ]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

arataki kur me sikil-la-še3

265 R iii 38' V iv 2 X Rs. 14 AA+ Rs. 13 OO om.

arataki kur me sikil-la-še3 arataki (x rad.) kur me sikil-la (x rad.)-*š[e3] / arata [ -š]e3 [ -š]e3

265 Forts.

zi-£u10 ga-ba-ši-in-˹tum3˺

R V X AA+ OO om.

zi-£u10 ga-ba-ši-in-˹*tum3˺ (Anfang Z. 266 rad.) zi-£u10 ga-ba-ši-de2 zi-£u10 ga-ba-ši-in-˹*tum3˺ zi-£u10 ga-ba-ši-DU

266

nam-maḫ-zu kur-kur-ra ga-bi2-ib-zu

R iii 39' V iv 3 X Rs. 15 AA+ Rs. 14 OO Rs. 11'

nam-maḫ-zu kur-kur-ra ga-bi2-ib-zu nam-maḫ-zu kur-kur-ra ga-ba-ab-du11 nam-maḫ-[ ] ga-bi2-ib-zu [ g]a-bi2-ib-zu nam-maḫ-zu [ ] arataki kur me sikil-la-ka / ka-tar-zu ga-si-il

267 R iii 40' V iv 4 X Rs. 16 AA+ Rs. 15 OO Rs. 12' 268

arataki kur me sikil-la-[x] / ka-tar-zu ga-si-[il] arata˹ki˺ kur me sikil-la-ka / ka-tar-zu ga-si-il arataki k[ur ]-še3 zi-£u10 ga-ba-ši-in-*tum3 [ ] ka-tar-zu ga-si-il ki ] arata ˹kur me˺ [ um-ma sa£-bur-ru mu-un-na-ni-ib-ge4-ge4

R iv 1 V iv 5 X Rs. 17 AA+ Rs. 16 OO Rs. 13'

[ ]-˹*ru˺ [ ] um-ma sa£-bur-ru mu-un-na-ni-ib-ge4-ge4 um-ma sa[£] mu-un-na-ni-ib-ge4-ge4 [ mu-u]n-na-ni-ib-ge4-ge4 um-ma sa£-[ ]

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241

242

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

269

tur3 amaš-a ni£2-ge17-ga bi2-AK i3 ga ba-e-ni-kal

R iv 2 V iv 6 X Rs. 18 AA+ Rs. 17 OO Rs. 14' 270

[ ] ˹*bi2-*AK˺ *i[3 ] tur3 amaš-a ni£2-ge17-ga ˹bi2˺-AK / i3 gara2 mu-e-ni-kal tur3 amaš-[ -g]a bi2-˹AK˺ i3 ga ba!(NI¤IN2)-e-ni-kal [ ] ˹ga(ra2)˺ ba-e-ni-ka[l] ] [t]ur3 amaš-˹a˺ [ £eš

bansur an-bar7 £ešbansur ki£2-sig-a ˹mu˺-e-su3

R iv 3 [ ] ˹*an-bar7˺ [ bansu]r ki£2-˹sig˺-*a m[u- ] £eš bansur an-bar7 £ešbansur ki£2-˹*sig-*a˺ [ ] V iv 7 £eš X Rs. 19 bansur a[n] ki£2-sig-[x] ˹mu˺-e-su3 AA+ Rs. 18 [ -˹*su3?˺ £e š OO Rs. 15' [ ] ˹bansur˺ [a]n-˹bar7˺ [ ] ˹x x˺ 271 R iv 4 V iv 8 X om. OO om. 272

ki£2-sig unu2 gal-la i3 ˹ga˺ ba-e-ku5 ni£2-ge17-ga ˹ba-DU˺ ˹*ki£2-*sig *unu7˺ [ ] ˹i3 ga(ra2)˺ ba-e-ku5 ni£2-ge17-ga ˹ba-DU˺ ki£2-sig *unu2 gal-la i3 g[ara2 ] / ni£2-[ ]

nam-da6-zu i3 ˹ga x ki-ba˺ nu-mu-e-tum3

R iv 5 nam-da6-zu i3 ˹ga(ra2)? x ki-ba˺ nu-mu-e-tum3 V om. X Rs. 20 nam-da6-[ ] ˹*x *ki-*ba nu-mu˺-e-tum3 OO Rs. 17' nam-da6 ba-e-dugud [(x)] ˹x x x˺ nu-e-tum3 273

d

nanna lugal tur3 amaš-˹ke4 šu˺-£u10-še3 ba-e-šum2-mu

d R iv 6 nanna lugal tur3 amaš-˹*ke4˺ [x-£]u10-uš ˹ba-e-šum2-mu˺ V iv 9 ˹dnanna lugal˺ t[ur3 ] X Rs. 21 ˹d˺na[nna -k]e4 ˹šu˺-£u10-še3 ba(über GA)-e-šum2-mu b]a-˹e-šum2-mu˺ OO Rs. 16' ˹d˺nanna lugal tur3 ˹amaš˺-[

274

šer7-da i3-£a2-£a2 zi nu-mu-ra-ab-šum2-mu

R iv 7 šer7-da i3-£a2-£a2 zi ˹nu-ra˺-ab-šum2-mu X Rs. 22 [ -m]u-ra-ab?-šum2-mu OO Rs. 18' šer7-da i3-£a2-˹£a2˺ zi nu-mu-ra-ab-šum2-mu

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Enmerkara und Ensukukešdana

275

243

um-ma sa£-bur-ru maš-maš-e tibir-ra-ni sa£-£a2 mu-ni-RU

R iv 8 um-ma sa£-bur-ru maš-maš-e ˹*tibir-*na? *sa£?-*£a2? mu˺-RU X Rs. 23 [ ]-*ra-ni enim-ma-ni mu-ni-in-˹sag3˺ OO Rs. 19' um-ma ˹sa£-bur-ru˺ maš-maš-a tibir-ra-ni sa£-£a2 mu-ni-RU 276

ad6-a-ni gu2 i7buranunana-˹ka˺ / i-im-ma-˹an˺-RU

R iv 9 ad6-a-ni gu2 i7buranunana-˹ka˺ / i-im-ma-˹an-*RU˺ X Rs. 24 [ ] ˹i7buranuna˺na i-ni-in-*RU OO Rs. 20' ad6-bi gu2 i7buranunana im-da-an-˹RU?˺ 277 R iv 10 S+ iv 1' X Rs. 25 OO Rs. 21' 278 R iv 11 S+ iv 2' X Rs. 26 OO Rs. 22' 279 R iv 12 S+ iv 3' X Rs. 27 OO Rs. 23' 280 R iv 13 R Forts. S+ iv 4' X Rs. 28 OO uRd 1

zi nam-til3-la ba-da-kar iri-ni-še3 ˹la-ba-an˺-gur zi nam-til3-la ba-e-da-˹x (x) x˺ / iri*ki-*ni-˹še3 x x-x˺-gur [ -ka]r / [ l]a-˹ba-e˺-gur [ -l]a ba-da-an-kar iri-ni-˹še3 la-ba-an-gur˺ zi nam-til3-la ba-da-kar iri-ni-še3 li-bi2-gur en-suku5-keše2-an-na-ke4 enim-bi £eš ba-an-tuku-a-ta en-suku5-keše2-an-na-ke4 enim-bi £eš ˹ba˺-an-˹tuku-a-ta˺ [en]-˹suku5-keše2-an-na˺-ke4 enim-bi / £eš ba-an-tuku-a-ta [ ]-na-ke4 enim-bi £eš ba-an-˹tuku-a-ta˺ en-˹suku5˺-keše2-an-na-ke4 enim-bi £eš ba-an-tuku-a-˹ta˺ en-me-er-kara2-ra lu2 mu-un-ši-in-ge4 en-me-er-kara2-ra lu2 mu-un-ši-˹in˺-ge4 en-me-er-kara2-ra lu2 mu-un-ši-in-ge4-ge4 [ -kara2]ra-ra lu2 mu-e-ši-in-ge4 ˹en-me˺-er-kara2-ra lu2 mu-un-ši-in-ge4-ge4 ze4-e-me-en en ki a£2 dinnana-me-en dili-zu-ne maḫ-me-en ze4-e-me-en en ki a£2 dinnana ˹*x *x˺-me-en / dili-˹zu-ne˺ maḫ-me-en d [z]e4-e-me-en en ki a£2 innana-me-en / dili-zu-ne maḫ-me-en [ -e]n en ki a£2 dinnana-me-en dili-˹zu˺-ne maḫ-me-en ze4-e-me-en ki a£2 dinnana-me-en dili-˹zu-ne˺ maḫ-me-e[n]

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

244

281

Catherine Mittermayer – Pascal Attinger d

innana-ke4 ur2 ku3-ga-ni-še3 zi-de3-eš mu-un-pa3-de3-en

d R iv 14 innana-ke4 ˹ur2 ku3˺-ga-ni-a / (ZI rad.) zi-de3-eš mu-un-pad3-˹en˺ S+ iv 5'f. ˹dinnana-ke4˺ ur2 ku3-ga-ni-*eš zi-de3-eš / [m]u-un-pa3-de3-en // X Rs. 29 [dinnan]a-ke4 ur2 ˹ku3˺-ga-˹ni˺-še3 zi-de3-eš mu-un-pa3-˹de3˺-en OO uRd 2f. dinnana-ke4 ˹ur2 ku3-ga˺-ni-še3 zi-de3-eš mu-un-pa3-de3-eš // en

281 Forts.

ki a£2-£a2-ni-me-en

R S+ X OO

ki a£2˺-£a2-ni-me-en [ki a£2-£]a2-ni-me-en ki a£2-£a2-ni-me-en ki a£2-£a2-ni-me-en

282 R iv 15 S+ iv 7' X Rs. 30 OO uRd 4 283 R iv 16 S+ iv 8' X Rs. 31 NN Rs. 1' OO liRd 1 284 R iv 17 S+ iv 9' X Rs. 32 NN Rs. 2' OO liRd 2 285 R iv 18 S+ iv 10' X Rs. 33 NN Rs. 3' OO liRd 3

sig-ta igi-nim-še3 en gal-bi ze4-e-me-en £e26-e us2-sa-zu-me-en sig-ta igi-nim-še3 en gal-bi ˹ze4-e˺-me-en / £e26-e us2-sa-˹zu˺-me-en [ e]n gal-bi ze4-e-me-˹en˺ / [£e26]-e ˹us2-sa-zu-me˺-en ˹sig˺-ta igi-nim-še3 en gal-bi ze4-e-me-en £e26-e us2-sa?-*bi-en sig-ta igi-nim-še3 en gal-bi ze4-e-me-en £e26-e us2-sa-zu-me-e[n]

a ri-ta gaba-ri-zu nu-me-en ses-gal-£u10 ze4-e-me-en a ri-ta gaba-ri-zu nu-me-en ses-˹gal-£u10˺ ze4-e-me-en [ ]-en / [ ]-en a ri-a-ta gaba-ri-zu nu-me-en ses-gal ze4-e-me-en [ ] ˹x˺ [ ] [ ] ˹x˺ gaba-ri-a-{ri}-zu nu-me-˹en˺ ses-gal-£u10 Z[A-

]

£e26-e nu-mu-da-sa2-e-en u4 da-ri2-še3 £e26-e nu-mu-da-sa2-e-en u4 ˹da˺-ri2-še3 [ -r]i2-še3 ? £e26-e nu-mu-*e-da-sa2 (sa2 rad.)-˹e u4 da˺-ri2-še3 [ -*s]a2?-en u4 d[a] [ -d]a-sa2-en u4 da-ri2-˹še3˺ en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-na-˹da˺ a-da-min3 du11-ga en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-˹na-da˺ a-da-min3 du11-ga [ ] ˹x x˺ [ ]-ke4? / ˹a-da˺-min3 du11-[g]a ra en-me-er-kara2 en-suku6-˹keše2-an-na a-da˺-min3 du11-ga [ -*kar]a2?ra˺ en-suku6-keše2-an-n[a-x] / ˹a˺-da-min3 du11-[ga] [ -kar]a2 en-suku5-keše2-an-na-˹ke4 a˺-da-min3 du11-˹ga˺

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

286

245

en-me-er-kara2 en-suku5/6-keše2-an-na(-x/ke4) diri-ga-ba

R iv 19 S+ iv 11' X Rs. 34 NN Rs. 4' OO liRd 4

en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-na-˹x diri-ga˺-ba en-me-er-kara2 en-suku5-keše2-an-[na-x] / diri-˹*ga˺ en-me-er-kara2ra en-suku6-˹keše2-an-na˺ diri-ga-a-ba ] [ -kara2]ra en-suku6-keše2-an-n[a-x] / diri-ga-[ [ ]-kara2 en-‹suku5-›keše2-an-na-ke4 diri-ga-˹am3˺ d

287

nisaba za3-mim

d

˹nisaba za3˺-mim nisaba za3-mim d nisaba ˹za3-mim˺ [ ] ˹za3˺-[mim] [ ] x ˹x˺ dnisaba za3-mim

R iv 20 S+ iv 12' X Rs. 35 NN Rs. 5' OO liRd 5

d

Übersetzung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 27

Ziegelwerk, das sich aus einer glänzenden Plattform [erhebt], Kulaba, die Stadt, die mit Himmel und Erde verwachsen ist, wenn der Name von Uruk wie ein Regenbogen an den Himmel grenzt, ist er ein bunt schillerndes … Horn; wenn er am Himmel steht, ist er die Neumondsichel. (Stadt) der großartigen me, in der Tiefe verankert, unberührter Berg, der an einem günstigen Tag gegründet worden war, der sich wie das Mondlicht über dem Land erhebt, der wie das strahlende Sonnenlicht im Land (alles) in Ordnung bringt,27 der sich wie eine ur-Kuh und šar-Kuh im Wohlgeruch erhebt: Die Furcht, die Uruk (ausstrahlt), reichte bis [zum] Bergland, sein (Schreckens-)Glanz, rechtes, lauteres Metall, bedeckte Arata wie ein Wolltuch, er breitete sich darüber aus wie Leinen. Damals war der Tag Herr, die Nacht war Herrscherin und Utu war König. Der Wesir des Herrn von Arata – nennen wir ihn Wesir Ansigaria – und der Wesir von Enmerkara, (der Wesir) des Herrn von Kulaba – nennen wir ihn Namenatuma. Er, jener Herr, jener Fürst, er, jener finstere Herr, jener finstere Fürst, er, jener sehr finstere Herr, jener sehr finstere Fürst, (um gegen) ihn, der wie ein Gott geboren ist, (um gegen) ihn, der wie ein Gott hervorkommt,

// A „der das Land in Ordnung bringt“. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

um gegen den Herrn von Uruk und Kulaba im Wettkampf gemeinsam herauszuragen, sprach der Herr von Arata, Ensukukešdana, (während sie) ihre Augen gen Uruk (richteten), zum Boten: „Er soll sich mir unterwerfen und den Tragkorb hochheben. Wenn er sich mir unterwirft,28 (bin ich zufrieden). Wenn er sich mir aber nicht unterwirft, dann (heißt es) er und ich! [Er] mag mit Innana im Ziegeltempel gelebt haben, [ich] aber lebe mit Innana im Lapislazulitempel von Arata. Er mag sich mit ihr auf ein Bett aus Holz gelegt haben, ich aber lege mich mit ihr auf ein geschmücktes Bett, um süß zu schlummern. Innana mag ihm erlaubt haben, sie in der Nacht im Traum zu sehen,29 ich aber wechsle mit Innana Worte während des Morgendämmertraums. Er mag (seine) Gänse mästen, ich aber mäste (meine) Gänse keinesfalls. Ich (halte es folgendermaßen): Die Eier der Gänse (kommen) in den Korb und ihre Jungen … ich! Die kleinen zu meinen Töpfen, die großen zu meinen riesigen Kesseln! Die Gänse, die übrigbleiben, essen die Fürsten des Berglandes, die sich um mich versammelt haben, zusammen mit mir. So sprich zu Enmerkara!“ Während der Bote lief, war er ein (Wild)hirsch, während er rannte, war er ein Falke. Am Tag kam er hervor und in der Abenddämmerung kehrt er zurück. Wie Heuschrecken bei Tagesanbruch gleitet er über die Erde,30 wie Heuschrecken inmitten der Nacht lässt er sich im Inneren des Berglandes nieder.31 Wie eine Boomerang steht er immerzu bereit, er, der wilde Eselhengst, durchschreitet das Gebirge wie Šagan, wie ein mächtiger, großer Eselhengst rennt er (dahin), (wie) ein fein(gliedriger) Eselhengst, begierig zu rennen, …, er, ein Löwe, der den Tag auf dem Feld verbracht hat, stöhnt auf, wie ein Wolf, der ein Lamm gefangen hat, rennt er eilig fort.

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Text D schreibt „wenn er sich dir unterwirft”; der Bote steht hier stellvertretend für Ensukukešdana. 29 Wörtl. „dank Innana mag er sie in der Nacht im Traum sehen“, d. h. Innana hat ihr Einverständnis dazu erteilt. 30 Wörtl. „legt er (sich?) die Erdoberfläche an die Brust“. 31 Wörtl. „füllte er das Innere des Berglandes“. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

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Diese engen Gebiete, die er durchlaufen hat, haben ihn ermüdet, diese weiten Gebiete, die er durchlaufen hat, haben für ihn … die Grenze … . Er tritt vor dem Herrn in seinen äußerst glanzvollen Ort ein, er tritt vor Enmerkara in seinen äußerst glanzvollen Ort ein. „Mein Herr hat mich zu dir geschickt! Der Stadtherr von Arata, Ensukukešdana, hat mich zu dir geschickt!“ „Dein Gebieter, was (immer) er gesagt hat, was kümmert es mich? Was (immer) er angefügt hat, was kümmert es mich? Was (immer) Ensukukešdana gesagt hat, was kümmert es mich? Was (immer) er angefügt hat, was kümmert es mich?“ „Was (also) ist es, das mein Herr gesagt und angefügt hat? Was (also) ist es, das Ensukukešdana gesagt und angefügt hat? Das ist es, was mein Herr spricht: ,Er soll sich mir unterwerfen und den Tragkorb hochheben. Wenn er sich mir unterwirft, (bin ich zufrieden). Wenn er sich [mir] aber nicht [unterwirft], dann (heißt es) er und ich! Er mag mit Innana [im Zie]geltempel gelebt haben, ich aber lebe mit Innana im Lapislazulitempel von A[rata]. Er mag sich mit ihr auf ein Bett aus Holz gelegt haben, ich aber lege mich mit ihr auf ein geschmücktes Bett, um süß zu schlummern. Innana mag ihm erlaubt haben, sie in der Nacht im Traum zu sehen, ich aber wechsle mit Innana Worte während des Morgendämmertraums. Er mag (seine) Gänse mästen, ich aber mäste (meine) Gänse keinesfalls. Ich (halte es folgendermaßen): Die Eier der Gänse (kommen) in den Korb und [ihre Junge]n … ich! Die kleinen zu meinen Töpfen, die großen zu meinen riesigen Kesseln! Die Gänse, die übrigbleiben, essen die Fürsten des Berglandes, die sich um mich versammelt haben, zusammen mit mir.‘“ Der Herr von Uruk: er ist der … der […], er ist das Steuerruder für die Unterdrückten, von den … ist er ihr Zwingstock, der sie bändigt. Vom … […], der sich auf den Boden stürzt, vom Fa[lken], der am Himmel fliegt, ist er das Vogelnetz. Er ist der Riese, der die Zieg[el] des [Pa]lastes von Arata zerschlägt,32 Weil das große […] … nach Arata gebracht worden war, ließ er sein Auge auf […] … ruhen.

Wörtl. „er ist der riesige Zerschlager der Ziegel des Palastes von Arata“. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

Wie für ein [Si]egel knetete er [Ton], und wie wenn es eine Tontafel wäre, blickte er darauf: „[Er] hat zwar mit Innana im Lapislazulitempel von Arata gelebt, ich aber lebe mit ihr […], wenn sie vom Himmel auf die Erde tritt. Er hat zwar mit ihr auf einem geschmückten Bett, um süß zu schlummern, gelegen, ich aber, nachdem glänzende Kräuter auf dem nach Blumen (duftenden) Bett Innanas ausgebreitet worden sind, – an seinem Fußende ist (das Bett) ein ug-Löwe, an seinem Kopfende ist es ein piri£-Löwe. Der ug-Löwe jagt den piri£-Löwen, und der piri£-Löwe jagt (wiederum) den ug-Löwen. Während der ug-Löwe den piri£-Löwen jagt, und während der piri£-Löwe den ug-Löwen jagt, bricht der Tag nicht an, er stellt sich […] der Nacht nicht entgegen – ich aber habe mit Innana einen Weg von […] Meilen [zurück]gelegt. (In dieser Zeit) hat Utu nicht auf meine glänzende Krone [geblickt]. Ich bin in mein prächtiges ¤epar [eingetreten], Enlil [hat] die rechte Herrschaftskrone […], Ninurta, der Sohn von Enlil, hat (seinen) Schoß weit gemacht wie das Holz eines Wasserschlauches, Aruru, die Schwester Enlils, hat mir ihre rechte Brust gegeben, hat [mir] ihre linke Brust gegeben. Als ich zum Ešgal hinaufging, [schrie] die nuge-Priesterin zu mir wie zur Anzumutter. Als ich zum zweiten Mal hinaufging, sch[rie] sie wegen mir, der ich nicht eine Entenmutter bin. Wie ihre Stadt, wo sie geboren ist, … […], wie ihre Stadt ist keine je geschaffen worden. Innana lebt in Uruk, was ist schon mit Arata? Sie lebt im Ziegelwerk von Kulaba, was könnte sie auf dem Berg der unberührten me tun? Fünf Jahre, zehn Jahre ist sie nie nach Arata gegangen! An dem Tag, an dem sie dabei war, nach Arata aufzubrechen, ging sie, die große Glanzvolle, die Herrin des Eana, weil sie sich mit mir darüber beraten hatte und nichts über die Angelegenheit erfahren (konnte), auf keinen Fall nach Arata. Im Kreis der Armen mästet er (seine) Gänse gewiss nicht, ich aber mäste (meine) Gänse. Ich (halte es folgendermaßen): Die Eier der Gänse in den Korb und ihre Jungen an die Schnur! Die kleinen zu meinen Töpfen, die großen zu meinen riesigen Kesseln! © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

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Die Gänse, die übrig bleiben, essen die Fürsten von Sumer, die sich mir unterworfen haben, zusammen mit mir.“ Der Bote des Enmerkara, den Ensukukešdana in seinem reinen ¤epar, dem äußerst glanzvollen Ort, an einem äußerst glanzvollen Ort hatte Platz nehmen lassen, brachte ihm diese Botschaft nahe. Ensukukešdana schrie Befehle, er rang um Wörter, die isib-, lumaḫ- und gudu-Priester und das Personal, das im ¤epar lebt, versammelte er, um sich mit jedem von ihnen zu beraten. „Was wollen wir ihm (nur) sagen? Was wollen wir ihm (nur) sagen? Was wollen wir (nur) dem Herrn von Uruk, dem Herrn von Kulaba sagen? Seine [Stiere] haben ihre Kraft gegen meine Stiere erhoben, und die Stiere von Uruk waren stärker.33 Seine Männer haben gegen meine Männer Gewalt eingesetzt, und die Männer von Uruk waren über[legen].34 Seine Hunde haben sich meinen Hunden kraftvoll entgegen geworfen, und die Hunde von Uruk haben sie (siegreich) gebissen.“ In seiner einberufenen Versammlung, die ordnungsgemäß dastand, antwortete man ihm: „Du bist es! Von Anfang an hast du zu (den Leuten) von Uruk, dem Enmerkara Prahlereien als Botschaft geschickt. Enmerkara steht dir nicht im Weg, du selbst stehst dir im Weg! Beruhige dich! Du solltest nichts entscheiden, bis du mehr darüber weißt.“ – „Meine Stadt mag ein Ruinenhügel werden, ich selbst mag seine Scherbe werden, aber ich werde mich niemals dem Herrn von Uruk und Kulaba unterwerfen!“ Der Zauberer, aus Ḫamazu stammend,35 Uralimnuna, aus Ḫamazu stammend, der, nachdem Ḫamazu zerstört worden war, nach Arata herübergebracht worden war,36

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Wörtl. „haben den Arm gesetzt“. Wörtl. „haben den Fuß [gesetzt]“. 35 Wörtl. „seine Herkunft war die eines Bewohners von Ḫamazu“, wobei gewiss ein Wortspiel mit di m 2 -ma „Verstand“ intendiert ist. 36 Attinger zieht die Übersetzung „der hinübergangen war” vor. Die Tatsache, dass er den Status eines Sklaven hat (Z. 150), könnte für die Übersetzung von Mittermayer sprechen. 34

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

– (im) Schatten eines Hauses saß er für die Zauberei in seiner (= Ansigaria’s) Nähe –37 sprach zum Wesir Ansigaria: „Mein Herr, die großen Väter der Stadt, [die alten, (die da waren,) als das Fundament] gegründet wurde, warum legt man sie nicht [in die Gruft des Palastes]? Sie beraten sich nicht! [Ich] will (einen Kanal) bis zu dem von Uruk graben38 und (alles) im […] von Arata versammeln. Nachdem ich die [Mauer von Uruk] verzaubert habe,39 werde ich für [meinen] H[errn] von [Süden] bis nach Norden, vom Meer bis zum Zedernbergland, vom Norden bis zum Bergland der duftenden Zedern (alles) unterwerfen. [Uruks] eigener Besitz wird die Schiffe treideln40 und sie den Lapislazulitempel von Arata erreichen lassen.“ Der Wesir Ansigaria ließ ihn in seiner Stadt aufstehen, indem/während er … in/mit seiner kiše-Haartracht. [Der Zau]berer hatte sich (bisher) keinem Mann … genähert, er sprach (jetzt) […] über die Angelegenheit zu ihm. Man ließ [den Zauberer] zum Ort des Herrn eintreten, man ließ Uralimnuna zum Ort des Herrn eintreten. „Zauber[er], das was du meinem Wesir, dem Ansigaria gesagt hast, warum solltest du diese … nicht für mich wiederholen?“ „Mein Herr, die großen Väter der Stadt, die alten, (die da waren,) als das Fundament gegründet wurde, warum [legt man sie] nicht in die Gruft des Palastes?41 Sie [bera]ten sich nicht! Ich will (einen Kanal) bis zu dem von Uruk graben und (alles) im […] von Arata versammeln. Nachdem ich die Mauer von Uruk verzaubert habe, werde ich für meinen Herrn von Süden bis nach Norden, vom Meer bis zum Zedernbergland,

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Eine andere Möglichkeit wäre „(im) Schatten eines Hauses – für die Zauberei saß er in seiner (= Ansigarias) Nähe – sprach er zum Wesir Ansigaria“ (gemeint ist, dass er den Wesir im Schatten eines Hauses anspricht); betont wäre dadurch die Heimlichkeit seines Handelns. Die Wortstellung wäre allerdings unüblich. 38 Wörtl. „[ich] will bis zum [Kanal] von Uruk graben“. 39 Wörtl. „nachdem ich die Sprache die [Mauer von Uruk] habe berühren lassen“. 40 Mit „Uruks eigener Besitz“ sind die Sklaven dieser Stadt gemeint. // C „Uruk wird Schiffe mit ihrem eigenen Besitz treideln“ (in dem Sinne auch Wilcke 2012, 80f.). 41 // II „in die Hinterzimmer des Palastes“. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

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[vom] Norden bis zum Bergland der duftenden Zedern (alles) unterwerfen. Uruks eigener Besitz wird die Schiffe treideln, und sie den Lapislazulitempel von Arata erreichen lassen.“ Das versetzte den Herrn in Freude, so dass er ihm fünf Minen Gold und fünf Minen Silber gab. Er sprach zu ihm „Iss etwas Gutes!“, und er sprach zu ihm „Trink etwas Gutes!“.42 „(Selbst) wenn du Menschen als Beute gemacht haben wirst, wird dein Leben als Geschenk in deinen Händen liegen!“, sprach er zu ihm. „Zauberer, Bauer der ersten Saat, du wirst (deinen) Fuß (aber erstmal) nach Ereš, zur Stadt der Nisaba setzen.“ In der Viehhürde näherte er sich dem Stall, wo die Kühe hausen, die Kühe schüttelten wegen ihm im Stall den Kopf. Er ließ die Kühe Wörter sprechen,43 so dass die Kühe sich mit ihm austauschen konnten, wie wenn sie Menschen wären. „Kuh, wer isst dein Fett? Wer trinkt deine Milch?“ – „Nisaba isst mein Fett, Nisaba trinkt meine [Milch]. (Und) me[in Käse], die glänzende Krone, die kunstvoll gestaltet ist, gereicht dem [großen Speisesaal], dem Speisesaal der Nisaba zur Zierde. Solange mein Fett vom glanzvollen Stall hergebracht wird, und solange meine Milch vom glanzvollen Stall hergebracht wird, wird kein (anderer) die rechte Wildkuh, Nisaba, die große Tochter des Enlil, sättigen (können).“ „Kuh, dein Fett (gehe) in dein … Horn, deine Milch [in dei]nen Rücken!“ Die Kuh: ihr Fett [zog] sich in ihre gebogenen Hörner zurück, ihre Milch zog sich in ihren Rücken zurück. (Dann) ging er weiter. [Er näherte] sich dem glanzvollen Ziegenpferch, dem Ziegenpferch der Nisaba, die Ziegen [schüttel]ten wegen ihm im Pferch den Kopf. Er ließ die Zie[gen] Wörter sprechen,44 (so dass) die Ziegen sich mit ihm [austauschen] konnten, wie wenn sie Menschen wären.

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Gewiss ist ein Wortspiel mit a -n i r „Klage“ intendiert. // U wörtl. „er ließ [die Sprache die Kühe] berühren“ > „er verzau[berte die Kühe]“. 44 // S+ wörtl. „er ließ die Sprache [die Ziegen] berühren“ > „er verzauberte [die Ziegen]“. 43

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

„Ziege, wer isst dein Fett? Wer [tri]nkt deine Milch?“ – „Nisaba isst mein Fett, Nisaba trinkt meine Milch. (Und) mein Käse, die glanzvolle Krone, die kunstvoll gestaltet ist, gereicht dem großen Speisesaal, dem Speisesaal der Nisaba zur Zierde. Solange mein Fett vom glanzvollen Stall hergebracht wird, solange meine Milch vom glanzvollen Pferch hergebracht wird, wird kein (anderer) die rechte Wildkuh, Nisaba, die große Tochter des Enlil, sättigen (können).“ – „Ziege, dein Fett (gehe) in deine gebogenen Hörner, deine Milch in deinen Rücken.“ Die Ziege: ihr Fett zog sich in ihre gebogenen Hörner zurück, ihre Milch trat in ihren Rücken hinaus. An diesem Tag war in Hürde und Pferch – sie waren in ein stilles Haus verwandelt worden – die Zerstörung vollbracht worden. Im Euter der Kuh war keine Milch vorhanden, (der Zauberer) hatte dem Kalb den Tag verdunkelt; ihr kleines Kalb war hungrig, es weinte bittere Tränen. Im Euter der Ziege [war] keine Milch [vorhanden], ihr Zuchtbock lag lustlos da, er war auf der Suche nach einer Zuflucht. Die Kuh muhte bitterlich zu ihrem Kalb und wein[te bittere Träne]n. Die Ziege umkreiste ihr Zicklein vor (dem Zauberer), […] … näherte sich nicht. Die glanzvollen Butterfässer waren still […], (der Jungtiere) Bauch war leer, [sie kann]ten den Hunger. Die anza[m-Becher? …] An diesem Tag war in Hürde und Pferch – sie waren in ein stilles Haus verwandelt worden – die Zerstörung vollbracht worden. Der Rinderhirte warf den Stock aus seiner Hand und schlug sich (die Hände) vor das Gesicht, der Ziegenhirte ließ den Hirtenstab an seiner Seite herabhängen und weinte bittere Tränen. Der Hirtenjunge ging? nicht mehr zu Hürde und Pferch, (sondern) nahm einen anderen Weg. Der Milchträger ging? nicht mehr zu den großen ad-Gefäßen, (sondern) nahm eine andere Straße. Der Rinderhirte und der Ziegenhirte der Nisaba, Söhne, die von einer Mutter geboren worden waren, die in Hürde und Pferch aufgezogen worden waren, der erste – nennen wir ihn Mašgula, der zweite – nennen wir ihn Uredina,

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Enmerkara und Ensukukešdana

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die beiden setzten sich (am) großen Tor, das nach Osten führt, Ort, der das Land staunen läßt, auf Staubhügel und wandten sich (folgendermaßen) an Utu: „Dieser Zauberer, ein Mann von Arata, ist in die Hürde eingetreten. (Daraufhin) ist in der Hürde die Milch rar geworden, die jungen Kälber verenden. Er hat gegen [Hür]de und Pferch eine Schand[ta]t begangen, Fett und Milch hat er rar gemacht. [(In) Hürde? und] Pfer[ch] häufen sich die Leichen,45 die Zerstörung wurde vollbracht.“ [Der Rinder]hirte und der Ziegen[hirte …] ihre Worte erreichten ihn, […] war ein [Ge]bet, Schwindel erfasste ihn. […] Ereš […] war er zurückgekehrt. [Zum Ufer?] des Euphrat, dem Fluss der hohen Stele, an der angeklagt wird, dem Fluss der Götter, zur Stadt, deren Schicksal von An und Enlil entschieden worden war, lenk[te] er den Fuß. Die alte Frau Sa£buru46 streckte die Hand gegen ihn. Beide warf[en] eine Harpune in den Fluss. Der Zauberer ließ einen großen Karpfen aus dem Wasser [auftau]chen, die alte Frau Sa£buru (aber) ließ einen Geier und einen Adler aus dem Wasser auftauchen; der Adler erfasste den großen Karpfen und stieg in den Himmel hinauf.47 Ein zweites Mal warfen sie die Harpune in den Fluss. Der Zauberer ließ ein Mutterschaf und ein Lamm aus dem Wasser auftau[chen], die alte Frau Sa£buru (aber) ließ einen Wolf aus dem Wasser auftauchen; der Wolf erfasste das Mutterschaf und das Lamm und schleppte sie in die weite Steppe fort. Ein drittes Mal warfen sie die Harpune in den Fluss. Der Zauberer ließ eine Kuh und ein Kalb aus dem Wasser auftauchen, die alte Frau Sa£buru (aber) ließ einen urmaḫ-Löwen aus dem Wasser auftauchen; der urmaḫ-Löwe erfasste die Kuh und das Kalb und brachte sie ins Röhricht fort. Ein viertes Mal warfen sie die Harpune in den Fluss.

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Wörtl. „Hürde und Pferch: ihre Leichen“. Gemeint ist wohl Nisaba. 47 // R „der Geier und der Adler [erfassten] den Karpfen und [brachten ihn] ins Gebirge fort.“ 46

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Der Zauberer ließ einen Rehbock und einen Damhirsch aus dem Wasser auftauchen, die alte Frau Sa£buru (aber) ließ einen Bergleoparden aus dem Wasser auftauchen; der Bergleopard erfasste den Rehbock und den Damhirsch und brachte sie ins Gebirge hinauf.48 Ein fünftes Mal warfen sie die Harpune in den Fluss. Der Zauberer ließ ein Gazellenkalb aus dem Wasser auftauchen, die alte Frau Sa£buru (aber) ließ ein Löwenjunges und eine urnimRaubkatze aus dem Wasser auftauchen; das Löwenjunge erfasste das Gazellenjunge und schleppte es in die Wälder fort.49 Zum Zauberer – sein Gesicht war finster und sein Verstand verwirrt – sprach die alte Frau Sa£buru: „Zauberer, du besitzt die Fähigkeit zu zaubern, aber wo ist dein Verstand? Wie (konntest) du (nur) nach Ereš, zur Stadt der Nisaba, der Stadt, deren Schicksal von An und Enlil bestimmt worden war, der (ur)alten Stadt, der Stadt, die von Ninlil geliebt wird, kommen, um Zauberei zu betreiben?“ Der Zauberer antwortete ihr: „Ohne dass ich es gemerkt habe, bin ich hergekommen. Deine Macht ist bekannt, du mögest nicht verbittert sein!“ Er hielt die Hand an seine Nase und richtete ein Gebet an sie. „Lass mich frei, meine Schwester, lass mich frei, ich will heil zu meiner Stadt kommen, ich will mein Leben in Arata, auf dem Berg der unberührten me, in Sicherheit bringen. Deine Erhabenheit will ich allen Bergländern bekannt machen, in Arata, auf dem Berg der unberührten me, will ich dein Lob singen!“ Die alte Frau Sa£buru antwortete ihm: „Du hast eine Schandtat begangen gegen Hürde und Pferch, du hast das Fett und die Milch rar gemacht, du hast den Mittagstisch und den Tisch der Abendspeise geleert, (und) du hast das Fett und die Milch vom Abendessen im großen Speisesaal entfernt, eine Schandtat … Deine Sünde (ist, dass) du das Fett und die Milch … nicht an ihren (Bestimmungs)ort gebracht hast.

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// R und S+ „der Leopard erfasste (den Rehbock und) den Damhirsch und brachte sie/ihn ins Gebirge fort.“ 49 // R „das Löwenjunge und die urnim-Raubkatze erfassten das Gazellenjunge und brachten es in die Wälder fort.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

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Nanna, der Herr der Hürden und Pferche überlässt dich meinen Händen, die Strafe ist festgelegt, das Leben werde ich dir nicht schenken.“ Die alte Frau Sa£buru schlug dem Zauberer ihre Faust auf den Kopf, seine Leiche warf sie ans Ufer des Euphrat. Sie raubte ihm den Lebensatem, er kehrte nicht in seine Stadt zurück. Als Ensukukešdana dies hörte, sandte er einen Mann zu Enmerkara: „Du bist es, du bist der geliebte Stadtherr der Innana! Du allein bist erhaben! Innana hat dich richtigerweise für ihren glanzvollen Schoß erwählt, du bist ihr Geliebter. Vom Süden bis zum Norden bist du der große Herr, ich folge hinter dir. Seit ich erzeugt wurde, bin ich nicht dein Rivale, du bist mein großer Bruder. Niemals werde ich dir gleichkommen können!“ Dafür, dass in dem Wettstreit, den Enmerkara mit Ensukukešdana ausgetragen hat, Enmerkara den Ensukukešdana übertroffen hat, sei Nisaba gepriesen.

7. Kommentar Z. 1. So C (Rand); B ist epigraphisch unklar: Cooper (1997, 109) liest še g 12 ˹kur subi-ta e 3˺-a ; gefolgt von Wilcke (2012, 39). Das in den Katalogen überlieferte Incipit šeg 12 kur subi 2-ta (Cat. N2 40) // [še]g 12 kur subi- ta (Cat. L 25) // šeg 12!? subir !?ki-ta (Cat. U2 38) kann jedoch nicht mit Sicherheit unserem Text zugewiesen werden, da (gegen Wilcke 2012, 39) auf den Ablativ -ta kein Partizip e 3-a folgt. Vgl. zu dieser Zeile auch Civil (2010, 183). Es ist nicht ausgeschlossen, dass muš 2 eher mit „Areal, Gebiet“ zu übersetzen ist; vgl. zu dieser Bedeutung Heimpel (1972, 286) „the lighted area around a light source: halo; the cultivated area around a city: territory“ und zuletzt Peterson (2011, 62) „plain, flat area“. Z. 6. Vgl. vor allem Gudea Zylinder A x 15f. ti-r a-a š 2 abzu -gen 7 / na mnun-n a k i im-ma -ni-£a r „ich habe Tiraš ebenso tief verankert wie das Abzu“. Eine Übersetzung mit „fürstlich gebaut“ ist gleichfalls möglich. Z. 10. Wörtlich „der aus dem Wohlgeruch heraustritt“ oder ähnlich. Wie bereits Sjöberg (2003, 555–556 Anm. 42) gezeigt hat, ist ḫi-nun keine graphische Variante zu ḫe 2-nun, sondern ein anderes Lexem, dessen Bedeutung noch nicht gänzlich geklärt ist. Dennoch bleibt Sjöberg (ibid.) bei der traditionellen Übersetzung „abundance“. W. Sallaberger (mündliche Mitteilung) schlägt als Bedeutung „Parfüm“ (in i 3 ḫi- nun-na -k) vor. Für die Assoziation von ab 2 und ḫ i-nun siehe auch a b 2-ḫi- nun, den Namen des tigi-Instruments von Našše in Ḫendursa£a Hymne 20 und Našše Hymne 40 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

(s. Heimpel 1981, 103–104 und id. 2015, 608–610). Für die Bedeutung „Parfüm“ könnte auch sprechen, dass es sich bei (d)ab (2)-ḫ i-nun (ab Ur-III) und (d)A B -irnun (FD-IIIb) um dasselbe Lexem handelt (s. ibid. 608). Z. 20. Die Übersetzung würde du 2-da (Partizip Passiv) implizieren. Das Partizip Präsens ist wohl als allgemeine Charakterisierung in der Bedeutung „von göttlicher Geburt“ zu verstehen. Z. 22. Für e 3 im Sinne von „herausragen“ s. Ezinam und das Mutterschaf 192 u 8 taka 4-a dezinam e 3-a „das Mutterschaf ist zurückgeblieben, Ezinam ragte heraus“ und Vogel und Fisch 176 ku 6 gaba-ri ˹nam˺-mu-˹un-e 3-de 3˺ mu šen IGI.DU-zu „Fisch, (als) Gegner ragst du nicht heraus, der Vogel hat den Vorrang“. ur 5-bi „gemeinsam“ bezieht sich auf Ensukukešdana und den Boten, was durch die Verwendung des Kollektivs bei igi-bi „ihre Augen“ in Z. 24 unterstützt wird. Ensukukešdana bedarf demnach im Wettstreit gegen Enmerkara eines Gehilfen (= Bote), später im Text versammelt er weitere Personen, um sich mit ihnen zu beraten (Z. 117–119). Diese Darstellung (wenn auch eine Extremform) passt gut zu der aus den sumerischen Rangstreitgesprächen bekannten Opposition eines minderwertigen Verlierers gegenüber einem eloquenten Sieger; s. Mittermayer (2019, 26–27; 155–161). Problematisch bei dieser Interpretation ist jedoch in Manuskript D der Abstand zwischen den Zeichen MIN3 und NA, der eher für na-e 3-de 3 spricht. Attinger zieht die Übersetzung „mit dem Herrn von Uruk und von Kulaba wollte sich dieser messen“ (wörtlich „er möchte gemeinsam einen Wettstreit beginnen“) vor. Problematisch ist hierbei jedoch einerseits die Verwendung von e 3, das in keinem anderen Rangstreit zur Eröffnung des Wettstreits belegt ist (gewöhnlich a-da-min 3 AK / du 11; s. Mittermayer 2019, 10) und andererseits das Verständnis von ur 5-b i („dieser“ < „gemeinsam“). Wilcke (2012, 19; 42; 75) liest als Hauptvariante nach Manuskript F na-e-ne und übersetzt „they together are beginning the contest now told at the Lord of Uruk’s, the Lord of Kulaba’s“; in der Folge wertet er (-)na(-)e 3-NE in Text D als fehlerhaft und korrigiert ihn zu -na ‹na›-e 3-de 3‹-eš› (ibid. 19 Anm. 54), (-)na(-)e 3-NE (ibid. 42) beziehungsweise -na ‹i 3›-e 3-de 3‹-eš› (ibid. 75). Z. 27. Für die Lesung e 2-šeg 12 siehe bereits Wilcke (2012, 43). In den za3-meHymnen 19 ist das Ešeg ein Tempel Innanas in Kulaba. Z. 32. Für die Übersetzung Morgendämmer(traum) s. Zgoll (2006, 66–68). Das akkadische Äquivalent munattu wird in Malku VI 209f. mit šēp ūmi (āliktu) wiedergegeben. Zu munattu s. Deller / Mayer (1984, 121–122) „Halbschlaf am frühen Morgen, […] (Dämmer-)Zustand zwischen Schlafen und Wachen“. George (2015, 4–5) spricht von einer „period of wakefulness or drowsing“, die oft mit Träumen und göttlichen Offenbarungen assoziiert wird. Bei dieser Interpretation geht man davon aus, dass das Possessivsuffix hier und in Šulgi O 43

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Enmerkara und Ensukukešdana

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„eine fest gefügte Wendung“ (Zgoll 2006, 67) ist und sich auf Utu bezieht (wörtl. „an seinem [also Utus] strahlendem Fuß“; ibid. 67). Ausgehend von der Bedeutung „waking, waking time“ für munattu, wie sie im CAD M/2, 200 angegeben wird (s. auch ibid. s. v. munattiš), übersetzt Civil (1976, 92) „he may have a vision at night in a dream about (or: with the help of) Inanna, (but) I converse with Inanna when she is awake“. Attinger neigt eher zu einer Übersetzung mit „in ihrem Wachzustand“ = „wenn sie wach ist“. Wilcke (2015, 210) verweist mit folgenden Worten auf die Zeile: „Da rühmt sich En-such-kesch-ana von Aratta, er unterhalte sich mit Inana bei Morgengrauen, also mit dem Morgenstern.“ Z. 35//66//110. In den Texten scheint eine Variante zwischen der Rede des Ensukukešdana und der Wiederaufnahme des Motivs durch Enmerkara vorzuliegen. Während Manuskript F in Z. 35 mit -e-en eindeutig eine Verbalform (vermutlich ohne Präfixe) aufweist, ist diese in Z. 66 für die Texte H und M sehr wahrscheinlich (Platz für ein Zeichen nach -e in beiden Manuskripten). Z. 110 (= Enmerkaras Antwort) ist parallel zur 1. Zeilenhälfte nominal (ohne VF) gebildet (so gewöhnlich für alle drei Zeilen rekonstruiert). Es ist auffallend, dass auch in den vorangehenden Zeilen 108–109 Varianten zu Ensukukešdanas Rede vorliegen (Z. 108: nu-tuku-da-am 3 hinzugefügt; Z. 109: zwei Duplikate lassen die Zeile aus). Z. 44. Für £ešillar „Boomerang“ s. zuletzt Tammuz (2017, 91–101). Z. 50. Für tur „eng“ s. den Kommentar von Attinger (2014/2017) in der Anmerkung zu Z. 7f. (Nabi-Enlil an Anum-pīšu = ANL 9), wo er außerdem auf UrNinurta 2 vi 8'f. und Innana und Šukaletuda 254 verweist, außerdem Išme-Dagan A 299. Z. 88. Bei der Zeile handelt es sich um eine Parodie von Šulgi A 71/74–73/76 und vermutlich eine metaphorische Beschreibung der sexuellen Begegnung Enmerkaras mit Innana. In Šulgi A legt der König eine Reise von 15 Doppelstunden zurück, bevor die Sonne untergeht. In vorliegender Zeile lieben sich Enmerkara und Innana während [x] Doppelstunden, bevor die Sonne aufgeht. Z. 96. Für die Lesung /ešgal/ statt /erigal/ (so zuletzt Wilcke 2012, 24f. mit Anm. 70) s. Mittermayer (2009, 227–228). Hierfür spricht die unterschiedliche Schreibung der Lexeme, denn „das ‚Grosse Heiligtum‘ wird regelmässig AB-gal geschrieben (z. B. ELA 51, 61f., 82, 92f., 492; EnmEns 96; TplHy 198, Šulgi X 55); für /erigal/, die Unterwelt, hingegen tauchen unterschiedliche Schreibungen wie eri 12(AB)-gal (nur selten), eri 11(AB-g.)-gal, IRIGAL (AB×GAL) und URUGAL2 (AB-g.) auf“ (ibid. 227). Z. 133. Vergleiche das Sprichwort (Alster 2005, 399) Nr. 21: a-gen 7 k i-gub -£ u 10 nu-zu / ma 2-gen 7 kar us 2-£u 10 nu-zu / iri ki-£u 10 du 6 ḫe 2-a £ e 26-e en šika-bi ḫe 2-˹me-en˺ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

„Telle l’eau, j’ignore où je me trouve. Tel un bateau, j’ignore le quai où j’aborderai. Que ma ville devienne un tas de décombres, que moi, le seigneur, je sois l’un de ses tessons!“ (Transliteration und Übersetzung von Attinger 2017). Z. 135f. Ḫamazu spielt auf die Stadt Ḫamazi an, wobei das Lexem durch die Änderung des Auslautvokals (ḫa -ma -zu) die Bedeutung „dies (z. B. die Zauberei) möge mir beigebracht werden“ erhält; s. zuletzt Wilcke (2012, 14). Z. 136. Die Lesung des Namens folgt Peterson (2015). Die konventionelle Lesung u r-£ir i 3-nun- na ist jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen, da in Text P das von Peterson als a lim gelesene Zeichen mit dem ¤IR3 in Vs. 21 (£ir i 3-si 3-ga) und in Rs. 3 (£ir i 3) identisch ist. Z. 141. Wörtlich „die der gelegten Fundamente“; vgl. dazu Lu III iv 77 uru 4u2-ru-ki-£ar- ra = še-e-bu (MSL 12, 128). Z. 142. Zu ki-ma ḫ s. den Kommentar bei Z. 158. Z. 145. Für die Lesung vgl. Z. 177 Text U(?) und Z. 191 Text S+. e me ta 3-g ist wie šu ta 3-g als ,zusammengesetztes‘ Verb zu verstehen; das semantische Objekt steht im Direktiv. Wörtlich bedeutet der Ausdruck „er berührt die Sprache/Zunge auf“ > „er lässt (seine) Sprache/Zunge etwas berühren“. In Z. 145 „berührt die Sprache/Zunge“ die Mauer von Uruk, in den Z. 177 und 191 die Kühe bzw. die Ziegen. In letzteren Stellen steht die Wendung parallel zu e nim du 11 (hier als Kausativ) „Wörter sprechen lassen“ und beschreibt die Verwandlung der Kühe/Ziegen in ein die Menschensprache sprechendes Wesen. Da der Initiator dieser Transformation ein Zauberer ist, darf e me ta 3-g hier eine Doppeldeutigkeit zugeschrieben werden: zum einen wird das Tier konkret mit seiner zukünftigen Sprache berührt, zum anderen ist es aber auch die Sprache (und damit gemeint der Spruch) des Zauberers, die das Tier berührt und dadurch verwandelt. In Z. 145 fällt die konkrete Bedeutung weg (die Mauer von Uruk wird danach nicht sprechen können); es bleibt die Idee von „die (Zauber-)Sprache etwas berühren lassen“, was freier mit „verzaubern“ wiedergegeben wird. Gewöhnlich wird für den Vorgang „etwas mit einem Zauberspruch berühren“ uš 7/11 ta 3-g verwendet. Der Wechsel im nominalen Teil könnte sich mit der dadurch entstehenden Doppeldeutigkeit in den Z. 177 und 191 erklären. Z. 158. Für ki-maḫ s. Wilcke (2012, 58 und 60 mit Anm. 154). Text II hat als Variante ki-tuš, bei dem es sich nach Jahn (2005, 135–138 und 147) um einen Rückraum im hinteren Hausbereich handelt. Z. 173. absin 3 (so Wilcke 2012, 26–27 mit Anm. 82, 61 und 82) würde einen schöneren Sinn ergeben. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass diese archaische Schreibung, die in altbabylonischer Zeit nur sehr selten belegt ist (s. zuletzt Peterson 2018, 45), hier plötzlich in beiden Duplikation vorliegt. Die Lesung e ngar bleibt jedoch merkwürdig. Hier ist anzufügen, dass die zweizeilige Rede (Z. 173–174) insgesamt Schwierigkeiten bereitet. Sie wird gewöhnlich Ensukukešdana in den Mund gelegt, wobei unklar bleibt, weshalb er den Zauberer nach © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Enmerkara und Ensukukešdana

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Ereš statt nach Uruk schickt. Eine andere Möglichkeit wäre, die beiden Zeilen als eine Art Selbstgespräch des Zauberers zu verstehen, in dem er sich selbst mit der 2. Person Singular anspricht. Nachdem er Ensukukešdana seinen absurden Plan vorgetragen hat und reichlich dafür belohnt wurde, verlässt er Arata und beschließt, nach Ereš zu gehen (da ihm klar ist, dass die geplante Unterwerfung Uruks unmöglich ist). Hierbei ist jedoch problematisch, dass nach Edzard (1990) Selbstgespräche in der akkadischen und sumerischen Literatur gewöhnlich in der 1. Person Singular formuliert sind. Dies ist in vorliegender Stelle aufgrund des Vokativs in Z. 173 auszuschließen. Z. 177. Für eme ta 3-g siehe die Diskussion bei Z. 145. Z. 185. Für u 3/u 5-a lu 2 nu -u m-mi-in -zi-zi vergleiche den Ausdruck u 3-a zi-zi in Gudea Zylinder A x 9 und Gudea Zylinder B vi 7 und vii 8. u 3 wird gewöhnlich mit „Schlaf“ übersetzt, was jedoch angesichts des Kontextes als nicht gerechtfertigt erscheint. In allen drei Stellen geht es (ebenso wie in vorliegender Zeile) um Nahrung. Wenn u 3 mit u 5 „Höchststand“ (normalerweise von Wasser gesagt) gleichgesetzt werden darf (wofür die Alternation in unserer Zeile spricht), ist wörtlich „jemanden sich im Höchststand (von Nahrung) erheben lassen“, „jemanden sich in der Sättigung erheben lassen“ zu übersetzen. Freier darf der Ausdruck als „jemanden völlig sättigen“ wiedergegeben werden. In vorliegende Zeile kann man entweder mit „keiner (außer mir) wird die rechte Wildkuh (…) sättigen können“ oder (wenn auch weniger wahrscheinlich) mit „keiner wird die rechte Wildkuh (…) sättigen können“ (weil sie nie genug bekommen kann von meinen Produkten). Bei beiden Lösungen bleibt {b + i} schwierig. Z. 186. Für das Motiv des Milchzaubers im interkulturellen Vergleich s. Ceccarelli (2017). Z. 206. Wörtlich „Bock der Ziege“ = „Zuchtbock“; zu maš 2 ud 5-da-k s. z. B. Heimpel (1968, 239); Alster (1972, 96) mit älterer Literatur; Ferrara (1973, 142) ebenfalls mit älterer Literatur. Z. 231. Für die Identifikation der Sa£buru mit Nisaba s. erstmals Behrens (1983–84, 99); ihm folgten Mittermayer (2009, 70–71) und Wilcke (2012, 12). S. auch Ceccarelli (2019, 107–110) für die ,alte Frau‘ im interkulturellen Vergleich. Z. 232. Für das schwierige nun s. zuletzt Peterson (2007, 398–402); er beschreibt den Ausdruck als „metal object that was involved with catching marine animals, either as a lure, hook, or spear“ (ibid. 401). Z. 234f. Wegen des fehlenden Determinativs nach /£ešnu/ in den beiden Duplikaten denkt Attinger, dass es sich nur um einen einzigen Vogel handelt. In Z. 235 (X) fehlt allerdings /£ešnu/. Z. 250f. Die Schreibung ur- GUG4 wird für zwei verschiedene Lexeme verwendet: ur-šub 5 = mindinu „Gepard“ und ur- GUG4 = gerru „Löwenjunges“. Letzteres ist in lexikalischen Texten oft mit ur-nim assoziiert, weshalb ihm hier der Vorzug gegeben wird. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

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Enmerkara und Ensukukešdana

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– The Nanshe Hymn, in: Journal of Cuneiform Studies 33 (1981) 65–139. – Rezension zu: A. Berlin, Enmerkar and Ensuḫkešdanna. A Sumerian Narrative Poem (Occasional Publications of the Babylonian Fund 2), in: Journal of the American Oriental Society 101 (1981) 404–407. – Balang-Gods, in: J. C. Franklin (Hrsg.), Kinyras: The Divine Lyre (Hellenic Studies 70), Washington D.C. (2015), 571–632. Herrmann, S., Vogel und Fisch. Ein sumerisches Rangstreitgespräch: Textedition und Kommentar, Hamburg 2010. Jahn, B., Altbabylonische Wohnhäuser. Eine Gegenüberstellung philologischer und archäologischer Quellen (Orient-Archäologie 16), Rahden 2005. Jiménez, E., The Babylonian Disputation Poems: With Editions of the Series of the Poplar, Palm and Vine, the Series of the Spider, and the Story of the Poor, Forlorn Wren (Culture and History of the Ancient Near East 87), Leiden / Boston 2017. Mittermayer, C., Enmerkara und der Herr von Arata. Ein ungleicher Wettstreit (Orbis Biblicus et Orientalis 239), Fribourg / Göttingen 2009. – Rezension zu: C. Wilcke, The Sumerian Poem Enmerkar and En-suḫkeš-ana: Epic, Play, Or? (American Oriental Series Essay 12), in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 167/2 (2017) 500–505. – ,Was sprach der eine zum anderen?‘ Argumentationsformen in den sumerischen Rangstreitgesprächen (Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 15), Berlin 2019. Peterson, J., A Study of Sumerian Faunal Conception with a Focus on the Terms Pertaining to the Order Testudines, Ph. D., Univ. of Pennsylvania 2007. – Sumerian Literary Fragments in the University Museum, Philadelphia (Biblioteca del Próximo Oriente Antiguo 9), Madrid 2011. – The Name of the Incantation Priest of Ḫamazu in Enmerkar and Ensuhkešdana, in: Nouvelles Assyriologiques Brèves et Utilitaires 2015/64. – The Divine Appointment of the First Antediluvian King: Newly Recovered Content from the Ur Version of the Sumerian Flood Story, in: Journal of Cuneiform Studies 70 (2018) 37–51. Pettinato G., Dal mare alla montagna dei cedri. Il poemo sumerico di Enmerkar ed Ensuḫgiranna, Torino 2006. Sjöberg, Å. W., Notes on Selected Entries from the Ebla Vocabulary eš2-bar-kin5 (I), in: G. J. Selz (Hrsg.), Festschrift für Burkhart Kienast zu seinem 70. Geburtstage dargebracht von Freunden, Schülern und Kollegen (Alter Orient und Altes Testament 274), Münster 2003, 527–568. Tammuz, O., The Evolution of the Boomerang: On Some Meanings of GIŠ.RU, in: Journal of the Ancient Near Eastern Society 54 (2017) 91–101. Vanstiphout, H., Helden en goden van Sumer. Een keuze uit de heroïsche en mythologische dichtkunst van het Oude Mesopotamië, Nijmegen 1998.

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Catherine Mittermayer – Pascal Attinger

– Epics of Sumerian Kings. The Matter of Aratta (Writings from the Ancient World 20), Atlanta 2003. Wilcke, C., The Sumerian Poem Enmerkar and En-suḫkeš-ana: Epic, Play, Or? Stage Craft at the Turn from the Third to the Second Millennium B.C. with a score-edition and a translation of the text (American Oriental Series Essay 12), New Haven 2012. – Vom klugen Lugalbanda, in: K. Volk (Hrsg.) Erzählungen aus dem Land Sumer, Wiesbaden 2015, 203–272. Zgoll, A., Traum und Welterleben im antiken Mesopotamien. Traumtheorie und Traumpraxis im 3.–1. Jahrtausend v. Chr. als Horizont einer Kulturgeschichte des Träumens (Alter Orient und Altes Testament 333), Münster 2006.

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Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf? Einige weitere Überlegungen zur Genese der Hörnerkrone in Mesopotamien

Georg Neumann (Eberhard Karls Universität, Tübingen) und Hans Neumann (Westfälische Wilhelms-Universität, Münster)

Vorbemerkung Im Rahmen von Untersuchungen seitens der Vorderasiatischen Archäologie zur Götterikonographie und damit zusammenhängender Fragestellungen insbesondere im 3. und frühen 2. Jahrtausend v. Chr. wurden das Aufkommen und die Entwicklung der sog. „Hörnerkrone“ bereits mehrfach thematisiert, ohne dass dabei allerdings die Frage, wann genau und warum in Mesopotamien die Hörnerkrone als göttliche Kopfbedeckung1 in die Ikonographie Eingang fand, befriedigend beantwortet werden konnte. Auch wenn jeglicher Versuch einer Beweisführung hinsichtlich dieses Problems materialbedingt (quantitativ und qualitativ) nach wie vor schwierig ist, soll im Folgenden insbesondere noch einmal der Frage nachgegangen werden, ob es sich bei den überlieferten Darstellungen der „Hörnerkrone“ tatsächlich immer um ein Kleidungsstück oder – zumindest in den fassbaren Anfängen – vielleicht auch um einen Teil des göttlichen Kopfes selbst gehandelt hat.

1

Für Klengel-Brandt 2015, 295 das „eigentliche ‚Abzeichen‘ von Gottheiten im alten Orient“ (vgl. bereits Meyer 1906, 15: „die Hörnerkrone, das ständige Abzeichen der babylonischen Götter“). Vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch Boehmer 1957–1971, 466: „Götter unterscheiden sich im Alten Orient in der Regel durch die fast nur von ihnen getragene Hörnerkrone … sowie durch bestimmte Gewänder von den gewöhnlichen Sterblichen.“ Vgl. auch Boehmer 1972–1975, 431: „Eine Krone, Kappe, Mütze oder ein Helm mit Stierhörnern ist stets ein Zeichen der Göttlichkeit“; vgl. auch Selz 2004, 22f. mit Anm. 6. Vgl. aber auch unten Anm. 45 und 48. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Georg Neumann – Hans Neumann

Mit den hier vorgestellten Überlegungen sollen die hinter der entsprechenden Ikonographie stehenden Vorstellungen hinsichtlich des physischen Erscheinungsbildes von Göttern im frühen Mesopotamien noch einmal hinterfragt und versuchsweise erneut bestimmt werden. Zwar ist es unstrittig, dass spätestens ab der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. eine mit Hörnern verzierte Kopfbedeckung als ‚Göttersymbol‘ verwendet wurde, jedoch scheint dies für die früheren Perioden der altmesopotamischen Kulturgeschichte keineswegs immer eindeutig zu sein. Warum dies so ist, soll im Folgenden noch einmal diskutiert und mit einem neuen Erklärungsansatz versehen werden. Die entsprechenden Überlegungen seien dem Jubilar, für den Philologie und Archäologie im Rahmen kunst- und kulturgeschichtlicher Betrachtungen stets eine Einheit bildeten und bilden, in gemeinsamer freundschaftlicher Verbundenheit gewidmet.

Die „Hörnerkrone“ in der bisherigen wissenschaftlichen Literatur – ein Abriss In der deutschsprachigen Literatur finden sich neben der gängigen Bezeichnung „Hörnerkrone“ auch die Termini „Hörnerhelm“ (zumeist im Zusammenhang mit der entsprechenden Darstellung auf der Siegesstele des Narām-Sîn) und „Hörnermütze“.2 Der deutsche Terminus „Hörnerkrone“ wird wohl erstmals von E. Meyer in seiner 1906 erschienenen Abhandlung „Sumerier und Semiten in Babylonien“ verwendet.3 In der gleichfalls im Jahre 1906 veröffentlichten Dissertationsschrift von K. Frank über „Bilder und Symbole babylonisch-assyrischer Götter“ wird dagegen von „Hörnermütze“ gesprochen.4 In der englischsprachigen Literatur sind die Bezeichnungen „horned cap“, „horned crown“ und „horned helmet“ in Verwendung.5 Den Begriff „horned cap“ verwendet erstmals wohl A. H. Layard in den Beschreibungen seiner 1853 erschienenen Zeichnungen der Reliefs von Ninive.6

2

Vgl. dazu bereits Unger 1938. Zum Terminus „Hörnerhelm“ vgl. auch Meissner 1920, 50; Unger 1926, 105; Boehmer 1957–1971, 466; Strommenger 1984–1985, 303 (dezidiert für „Hörnerhelm“ statt „Hörnerkrone“ bei Narām-Sîn); Boehmer 1989, 279 Anm. 4; Bible Lands Museum 2014, 49; Braun-Holzinger 2017, 125 (mit 129f.). Zur Bezeichnung „Hörnermütze“ in Bezug auf mesopotamische Darstellungen vgl. etwa Douglas Van Buren 1957–1971, 63; Rashid 1957–1971, 659, und passim. 3 Meyer 1906, passim; vgl. ebd. 11 zur „Helmkappe mit großem Nackenschirm und zwei mächtigen Hörnern“ bei Narām-Sîn. 4 Vgl. Frank 1906, 4, 8, 10, 16, 22, 26 und 32. 5 Vgl. etwa Douglas Van Buren 1943; Black / Green 1992, 102; Winter 2008, 76; Cooper 2008, 262; Steinkeller 2017, 129, und passim. Vgl. auch französisch „tiare à cornes“ (z. B. Joannès 2001, 558; Lafont / Tenu / Joannès / Clancier 2017, 181). 6 Vgl. Layard 1853 zu Pl. 6, 13, 25, 37, 38, 39 und 47. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

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Eine erste (ikonographische) Typisierung der „Hörnerkrone“ stammt aus der Feder von E. Unger, der in seinem Beitrag zur „Krone“ in Vorderasien im Reallexikon der Vorgeschichte (1926) die Hörnerkronen in eine „einfache Hörnerkrone“, bestehend aus einem Hörnerpaar, eine „einfache Hörnerkrone mit Federn, auch mit Löwenkopf“, sowie in eine „mehrfache Hörnerkrone“, bestehend aus mehreren übereinander angeordneten Hörnern, unterteilt.7 In einer Studie aus dem Jahr 1943 versucht E. Douglas Van Buren, die verschiedenen Formen der „Hörnerkrone“ mit den keilschriftlichen Quellen zu verknüpfen. Auch verweist sie erstmals auf den starken Symbolcharakter, den dieses ikonographische Element in den Bildwerken der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. in Babylonien besitzt.8 Aus dem Jahr 1967 stammt die grundlegende Untersuchung von R. M. Boehmer zur „Entwicklung der Hörnerkrone von ihren Anfängen bis zum Ende der Akkad-Zeit“, und zwar vornehmlich anhand von Darstellungen auf Siegelbildern.9 Im Rahmen dieser rein stilkritischen Arbeit wird der Begriff „Krone“ zwar nicht weiter hinterfragt, jedoch bringt R. M. Boehmer deutlich zum Ausdruck, dass einige Hörner offensichtlich direkt am Kopf ansetzen bzw. ein Teil des Gottes zu sein scheinen.10 Dabei lässt sich feststellen, dass die ältesten Belege der „Mesilim-Zeit“ (= Frühdynastisch II) wohl lediglich aus einem Hörnerpaar zu bestehen scheinen und elaborierte Ausführungen sich erst zum Ende des Frühdynastikums finden, die im Verlauf der Akkad-Zeit zunehmen. In seinem Beitrag zur „Hörnerkrone“ im Reallexikon der Assyriologie (1972–1975) erweitert R. M. Boehmer die Darstellung auf die der Akkade-Zeit folgenden Perioden und endet mit den entsprechenden Belegen in der achämenidischen Kunst.11 Mit I. Furlong verbindet sich ein weiterer Versuch aus den 1980er Jahren, die Kopfbedeckungen der frühdynastischen Zeit zu deuten.12 Die mesopotamische

7

Unger 1926, 103f.; vgl. daran anschließend in erweiterter Form Unger 1938, 202 (vgl. ebd. 203f. auch zum „Polos mit (einem) Horn“ bzw. „mit Federn und Hörnern“, und ebd., 205f. zum „Helm, mit seitlich abstehenden Hörnern“ und zum „Hörnerhelm mit blumenartigem Aufsatz“). 8 Douglas Van Buren 1943. 9 Boehmer 1967. 10 Vgl. Boehmer 1967, 273f. mit Anm. 8. 11 Boehmer 1972–1975. Vgl. im Anschluss daran Seidl 1998 (sowie Herles 2012, 112– 115), die sich auch zur Hörnerkrone („eine Kopfbedeckung, an der Hörnerpaare sitzen“) als Göttersymbol (für Anu, Enlil und Assur) in der Bildkunst des ausgehenden 2. und der 1. Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. geäußert hat; vgl. Seidl 1957–1971, 486; Seidl 1989, 116f.; vgl. auch Herles 2006, 212–214 und 219f.; Herles 2012, 115–117. 12 Furlong 1987. Besagte Studie konnte sich jedoch auf Grund zahlreicher kleinerer und größerer Mängel, unter anderem auch wegen fehlerhafter Umzeichnungen und der daraus resultierenden Fehlinterpretationen, im wissenschaftlichen Diskurs nicht durchsetzen; vgl. hierzu im Einzelnen die Rezensionen von Asher-Greve 1992–1993 und Boehmer 1989. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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„Hörnerkrone“ in den Darstellungen aus der frühdynastischen Zeit ist auch Gegenstand eines Beitrages von L. Romano aus dem Jahr 2008.13 Aus dem Jahr 2013 stammen die jüngsten Äußerungen zur „Hörnerkrone“ von E. A. Braun-Holzinger, eingebettet in Untersuchungen zu den Götterdarstellungen in der Frühbronzezeit Mesopotamiens.14 Auf einer breiten Materialbasis wird hier detailliert auf die Darstellung von „Göttern (mit Hörnerkronen) in Kultszenen auf Reliefs und Siegeln“ eingegangen,15 um schließlich noch einmal die Entwicklung und die Bedeutung der Hörnerkrone im frühen Mesopotamien zusammenfassend zu thematisieren.16

Die „Hörnerkrone“ in der keilschriftlichen Überlieferung Die sich mit der Hörnerkrone, -mütze oder -helm verbindenden Problemstellungen betreffen zunächst vor allem die Ikonographie, da es bislang kaum textliche Zeugnisse für diese Art von (göttlichen) Kopfbedeckungen gibt.17 Bereits K. Frank wies 1906 auf die aus neuassyrischer Zeit überlieferte, jedoch wohl auf eine Vorlage aus dem kassitischen Babylonien zurückgehende Agumkakrime-Inschrift hin,18 nach der den Statuen des Marduk und seiner Gemahlin Ṣarpānītum „hohe Hörnermützen … aufgesetzt“ worden seien.19 Tatsächlich handelt es sich hier (II 50–III 12) um die Ausschmückung der Marduk-Statue in Babylon mit einer prächtigen gold- und edelsteinverzierten Hörnerkrone (agê qarnī ṣīrāti20).21 13

Romano 2008. Der Artikel kann allerdings auch nicht in allen Belangen überzeugen, nicht zuletzt aufgrund der geringen Materialbasis und einiger zweifelhafter Interpretationen; vgl. dazu im Einzelnen die Kritik bei Braun-Holzinger 2013, 13; 79 Anm. 396; 120; 123 Anm. 602; 145–147 mit Anm. 693, 698 und 703. 14 Braun-Holzinger 2013. 15 Vgl. ebd. 33–57. 16 Vgl. ebd. 143–149. Für Klengel-Brandt 2015, 296 bringt das Buch „zwar kaum neue Erkenntnisse, die über die bisher bekannten Meinungen hinausgehen, stellt aber trotzdem eine unentbehrliche Grundlage für die weitere Forschung dar.“ 17 Vgl. dazu auch Braun-Holzinger 2013, 148 (mit Anm. 704), die darauf abhebt, dass der Versuch, „über die Texte dem Phänomen ,Hörnerkrone‘ näher zu kommen, … an dem sehr allgemein verwendeten Begriff ,aga‘, der unter anderem auch die Hörnerkrone bezeichnen könnte, (scheitert).“ Zur „Krone“ (a ga , agû) „als Symbol der Sakralität des Königtums“ vgl. Sallaberger 2002, 88–90. 18 Zur Inschrift und zu ihrer Authentizität vgl. zuletzt ausführlich Paulus 2018; vgl. ebd. 116 Anm. 5 zur bisherigen Literatur (Editionen, Bearbeitungen und Übersetzungen). 19 Frank 1906, 22; vgl. auch Meissner 1920, 272. 20 II 50f. („Krone mit erhabenen Hörnern“); vgl. im vorliegenden Zusammenhang auch CAD Ṣ 212b; Stein 2000, 155 Anm. 111 (gegen die Deutung von a-ge-e als Plural); Paulus 2018, 134 mit Anm. 105. 21 Zur Stelle II 50–III 12 vgl. etwa CAD A1 154; CAD Q 139; Stein 2000, 155f.; Oshima 2012, 235f. und 242f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Gleichfalls aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. stammend, aber wohl auch auf die mittelbabylonische Zeit zurückgehend, bietet der sog. Göttertypentext22 Beschreibungen von 27 Göttern und Fabel- bzw. Mischwesen.23 Vier höhere Gottheiten tragen einen Polos (mit Hörnern) (šukūsu),24 sieben niedere Gottheiten tragen eine Kappe (mit Hörnern) (kubšu).25 Von den Fabel- bzw. Mischwesen (monsterspirits) haben zwei Hörner, ein weiteres (Niziqtu)26 trägt eine Hörnerkappe.27 Diese wie auch andere Belege28 bieten Erwähnungen (und Beschreibungen) von Kronen bzw. Mützen mit Hörnern frühestens aus der Zeit der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. bzw. aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. Dies korrespondiert mit der Tatsache, dass die Hörnerkrone als typische Kopfbedeckung in der Götterikonographie bzw. als selbständiges Symbol für Götter unzweifelhaft in dieser Zeit präsent ist.29

Götterhörner in der 1. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. – Kopfbedeckung oder Teil des Kopfes? Bei den mesopotamischen Götterdarstellungen mit Hörnern (ohne weitere Zusätze) aus der Zeit der ersten Hälfte und der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. (Frühdynastikum) lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden:

22

Vgl. die Bearbeitung des Textes bei Köcher 1953; zur Datierung vgl. Lambert 1985, 197f.; zum Text vgl. zuletzt ausführlich Wiggermann 2018, nach dem „The Göttertypentext … promotes gods, spirits, and concepts to abstract supernatural forces that define the conditions of life in an oecumene enclosed by walls and protected by doormen … The symbolic cosmos of the Göttertypentext is visualized by a collective of twenty-seven aberrant or distorted figures described in detail“ (ebd. 351); Zu den Textvertretern vgl. ebd. 352 Anm. 1. 23 Allerdings „of limited value for the study of Mesopotamian iconography“ (Wiggermann 1993–1997, 223). 24 Zu šukūsu vgl. von Soden 1967, 122 „š. bezeichnet eine Kopfbedeckung bei Götterbildern“; AHw 1266b: „zylindrische Tiara“; CAD Š3 237a: „(a divine headdress)“; Köcher 1953, 84: „‚Polos‘ oder aber im Gegensatz zu kubšu ... mit ‚hoher Hörnermütze‘ (zu) übersetzen“; vgl. auch Waetzoldt 1980–1983, 201: „meist zylindrische Kappe mit flacher Oberseite (Polos)“; Wiggermann 2018, 368: „horned Polos“. 25 Zu kubšu vgl. CAD K 485f. „(cap) as divine headdress“; Köcher 1953, 85: „eine Art Turban oder flache (Hörner)mütze“; vgl. auch Waetzoldt 1980–1983, 201: „bei Gottheiten wird mit kubšu eine (flache oder ovale?) Kappe mit Hörnern bezeichnet“; Wiggermann 2018, 368: „horned cap“. 26 niziqtu „Kummer, Trauer“, hier als personifizierte Abstraktion; vgl. dazu Wiggermann 2007, 114f.; Wiggermann 2018, 367 („monster-spirit [abstraction]“). 27 Vgl. dazu im Einzelnen Wiggermann 2018, 366–368. 28 Vgl. CAD Q 139. 29 Vgl. Boehmer 1972–1975, 432f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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1. Götter mit zwei Hörnern, die einzeln direkt am Kopf ansetzen30 (Abb. 1), 2. Götter mit einem über eine Wulst miteinander verbundenen Hörnerpaar, das von der Götterstirn durch eine Linie abgesetzt ist31 (Abb. 2). Während bei der ersten Variante unstrittig ist, dass es sich dort um ein natürliches anatomisches Merkmal des Gottes handelt, stellt sich für die zweite Darstellungsart die Frage, ob wir es hier mit einem Aufsatz (als Kopfbedeckung) oder mit der Abbildung des Stirnkamms, wie er für den Ur oder Auerochsen (Bos primigenius) charakteristisch ist,32 zu tun haben. Ein Indiz, das für die letztere Annahme spricht, ist ein rundplastischer Stiermenschenkopf des späten Frühdynastikums aus Ur,33 den bereits R. M. Boehmer erwähnt: Während der Kopf bartlos und rein menschlich geformt ist, „entspringen (die Hörner) dem Schädel nicht unmittelbar“,34 sondern einem wulstig ausgeformten Stirnkamm (Abb. 3). Ob es sich auch bei den verbundenen Hörnerdarstellungen auf Siegeln (Abb. 4) immer um einen Stirnkamm handelt, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, darf jedoch als wahrscheinlich angenommen werden. Im Bereich der Reliefkunst sind steil aufragende, über eine Mittelleiste verbundene Hörner ebenfalls seit dem jüngeren Frühdynastikum belegt (Abb. 5). Diese werden immer en face abgebildet, auch wenn das Gesicht im Profil zu sehen ist. Im Zusammenhang mit der Darstellung von Hörnern mit weiteren Zusätzen35 geht E. A. Braun-Holzinger (ohne weitere Erörterung) davon aus, dass, „wenn … zwischen den Hörnern ein Zierelement auftaucht, … damit zu rechnen (ist), daß eine Hörnerkappe vorliegt, auch wenn die Hörner unverbunden erscheinen.“36 Dies muss u. E. aber keineswegs so sein. Das in der Bildkunst bezeugte Herauswachsen von Pflanzen und seit der altakkadischen Zeit auch das Hervortreten von Lichtstrahlen und Wasser aus dem göttlichen Körper, vornehmlich der Schulter und dem Oberkörper, lassen es durchaus möglich erscheinen, dass – wie Hörner – auch Pflanzen und Symbole bzw. Idole aus dem Kopf einer Gottheit erwachsen können.

30

Vgl. Boehmer 1967, 284 Typ 1 A–D. Vgl. Boehmer 1967, 284 Typ 2 B–D. 32 Vgl. im vorliegenden Zusammenhang Zeuner 1967, 174–183 und 187–191; Brentjes 1971; von den Driesch 2006–2008 (mit Literatur). 33 Vgl. Braun-Holzinger 1984, 32, Nr. 89. Es handelt sich bei dem Objekt um einen Streufund aus dem Bereich des Königsfriedhofs. 34 Boehmer 1967, 274 Anm. 8. 35 Vgl. Boehmer 1967, 285 Typ 3 B–D, 4 A–D, 6 C und 7–8 D; Braun-Holzinger 2013, 145f. 36 Braun-Holzinger 2013, 144. 31

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In diesem Zusammenhang sei hier noch einmal auf die Darstellung einer Göttin auf einem Enmetena-zeitlichen (Frühdynastisch IIIb) Gefäßfragment (Abb. 6) eingegangen.38 Die in ein mantelähnliches Gewand gehüllte Gottheit, aus deren Schultern jeweils drei Pflanzendolden wachsen,39 besitzt dichtes langes Haar, das ihr in Locken über die Schultern und die Brust fällt. Auf dem Kopf befindet sich ein mit einen Stirnkamm verbundenes Hörnerpaar, in dessen Mitte neben einer Idoldarstellung40 Pflanzen hervorsprießen. Eine Absatzleiste trennt den vermeintlichen Kopfputz von den Haaren. Doch was hat es mit der ‚Absatzleiste‘ unterhalb der Hörner auf sich? Handelt es sich um eine Wulst oder einen Saum unterhalb einer Hörnerkappe? Dies erscheint unwahrscheinlich, da die Hörner selbst den unteren Abschluss einer Kopfbedeckung bilden würden. Logischer ist es daher, in der Leiste die Widergabe eines Diadems zu sehen, wie auch E. A. Braun-Holzinger vermutet41 und wie dies z. B. bei frühdynastischen und akkadezeitlichen Metallobjekten und Bildwerken (z. B. Goldhelm des Meskalamdug,42 Geierstele des Eanatum,43 Kupferkopf eines Herrschers der Akkade-Zeit44) der Fall ist. Auch andere frühdynastische Götterdarstellungen zeigen eine entsprechende Diadem-Leiste (Abb. 7). Aus dem Gesagten folgt, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Götterdarstellung nicht um eine Göttin mit Hörnerkrone, sondern möglicherweise eher um eine Göttin mit Diadem, Hörnern und symbolischem wie pflanzlichem Kopfbesatz als Teil ihres Wesens handelt. Von Bedeutung sind im vorliegenden Zusammenhang die ebenfalls von E. A. Braun-Holzinger als Beispiele für die Darstellung einer frühen „Hörnerkrone“ beschriebenen Gründungsnägel der Lagaš-Herrscher Enanatum I. und Enmetena.45 37

37

Zum Problem der Identifizierung vgl. Braun-Holzinger 2013, 159. Vgl. Braun-Holzinger 2013, 170f., Relief 4. 39 Vgl. dazu auch Braun-Holzinger 2013, 159. 40 Vgl. dazu Boehmer 1967, 275; Selz 2004, 27. 41 Vgl. Braun-Holzinger 2013, 145, die jedoch davon ausgeht, dass die Hörner oberhalb des Haarbandes ebenfalls aufgesetzt sind. Dies würde bedeuten, dass die Gottheit gleichzeitig einen Reif (oder Haarband) und eine Hörnerkrone trägt, was aber wenig wahrscheinlich ist. 42 Vgl. Braun-Holzinger 2007, 58 mit Anm. 128 (mit Literatur). 43 Vgl. Alster 2003–2004 sowie Braun-Holzinger 2007, 46–48 und 72 (FD 9). 44 Vgl. Braun-Holzinger 2007, 83 und 104 (Akk 15); zuletzt Neumann 2018. 45 Vgl. Braun-Holzinger 2013, 23–25, die in diesem Zusammenhang betont, dass „der Wechsel von Gründungsnägeln ohne Hörner der Zeit vor und von Urnanše zu Figuren mit Hörnern ab Enannatum I. bei sonst gleich bleibender Ikonographie und Art der Deponierung im Tempelfundament … darauf hin(deutet), daß die Hörnerkrone eine spätere Zutat zu einem schon länger bestehenden Figurentyp ist.“ Mit letzterem dürfte daher „stets das gleiche, in diesem Fall göttliche (übernatürliche) Wesen“ wiedergegeben worden sein (ebd. 23f.). Gleiches gilt für die mit einer Inschrift versehene, höchstwahrscheinlich aus Uruk stammende Nagelfigur des Lugalkisalsi (ebd. 25; 38

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Bei diesen scheinen die Hörner am Hinterkopf miteinander verbunden und kranzartig auf dem Haupt platziert worden zu sein (Abb. 8). Allerdings ist es schwierig zu beurteilen, ob es sich hier um eine nach hinten verlagerte Knochenwulst (also um die Hörner des Gottes) oder an dieser Stelle tatsächlich um ein Hörnerdiadem46 oder vielleicht sogar nur um einen Kranz, dessen leicht aufgebogene Enden den modernen Betrachter an Hörner denken lässt, handelt. Bei einem Diadem würde man allerdings erwarten, dass dieses nicht lose auf dem Haar aufliegt, sondern mittig um den Hinterkopf herum verläuft. Natürlich ist die Befundlage – insbesondere was rundplastische Stücke betrifft, die naturgemäß mehr Informationen hinsichtlich der vorliegenden Fragestellung liefern würden – lückenhaft. Auch lässt sie für Interpretationen nach wie vor einen breiten Spielraum. Trotzdem scheint es u. E. keineswegs so eindeutig zu sein, dass die „Hörnerkrone als allgemeines Göttermerkmal … eine ‚Erfindung‘ der jüngeren frühdynastischen Zeit“ gewesen ist.47 Selbst wenn Darstellungen jener Zeit im Einzelfall eine Nähe zu Kopfbedeckungen vermuten lassen, dürften die den Göttern eigenen Hörner, zum Teil ergänzt durch aus dem Körper und / oder Kopf wachsende Pflanzen und Idole, das eigentliche (hier allerdings immer noch fakultative)48 „Göttermerkmal“ gebildet haben. Dies bedeutet, dass sich göttliche Wesen in frühdynastischer Zeit in ihrer Darstellung also nicht so sehr durch äußerliche Kleidungsbestandteile,49 als vielmehr durch ihr spezifisches und wesenseigenes anatomisches Erscheinungsbild vom „normalen“ Menschen unterschieden haben.

Veränderungen in der Akkade-Zeit Die Hörnerdarstellungen der frühen Akkade-Zeit stehen noch ganz in der Tradition ihrer frühdynastischen Vorläufer. Dies äußert sich darin, dass sowohl das einzelne, über den Stirnkamm verbundene Hörnerpaar als auch Hörner, die direkt am VA 4855), deren Bestimmung als Gottheit interessanterweise durch das Einritzen des Zeichens d i£i r auf der rechten Schulter klar zum Ausdruck gebracht wurde (vgl. Neumann 1981, 77), was aber in der vorliegenden Diskussion bislang keine Berücksichtigung findet (entsprechende Hinweise fehlen etwa bei Hansen 2003, 31f.; Marzahn 2003, 64f.; BraunHolzinger 2007, 63 Anm. 153 und Frayne 2008, 422f.). 46 Vgl. Rashid 1983, 8: „Auf dem Kopf liegt ein kleiner Wulst, dessen Enden wie Hörner ein wenig aufgebogen sind“ (Enanatum I.); ebd. 9: „auf dem Kopfe sitzt … eine bescheidene Hörnerkrone, die aus einem halbkreisförmigen Ring besteht, dessen Enden sich vorne als Hörner hochbiegen“ (Enmetena); Selz 1992, 267 Anm. 60: „diese Gründungsfiguren haben … eine ‚einfache‘ Hörnerkrone“; Braun-Holzinger 2013, 23: „Hörnerkrone, die als einfaches, an den Enden ein wenig hochgebogenes Hufeisen auf dem Kopfe liegt.“ 47 Braun-Holzinger 2013, 148. 48 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Selz 1992, 267 Anm. 62, der „Zweifel an der allgemein postulierten Kennzeichnung eines Gottes durch die Hörnerkrone zumindest in der frühdynastischen Zeit (für) berechtigt“ hält. 49 Vgl. zu diesem Problem im Einzelnen auch Braun-Holzinger 2013, 16–21. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Kopf ansetzen, weiterhin in der Glyptik Verwendung finden.50 Ein vegetabiler Zwischenteil findet sich in vereinfachter Form in der gesamten Akkade-Zeit.51 Neben diesen Varianten kommen nun aber auch verstärkt mehrfach übereinander angeordnete Hörnerpaare bzw. aus einem zentralen Kegel vorsprießende Hörner vor.52 Ob es sich hier bereits um Kopfbedeckungen oder um Versuche der Darstellung von Göttern, die mehrere Hörnerpaare besaßen, handelt, lässt sich nicht eindeutig erweisen. Die oftmals auf Siegelbildern direkt oberhalb der Hörner eingelassene linsenförmige Vertiefung, die häufig als Kappe gedeutet wird, könnte auch als Teil der Frisur bestimmt werden, die durch den oberhalb der Stirn ansetzenden Stirnkamm getrennt dargestellt werden musste (Abb. 9). Akkadezeitliche Götterdarstellungen außerhalb der Miniaturkunst sind nur spärlich belegt. Mit der Narām-Sîn-Stele (Abb. 10) liegt das einzige Großmonument vor, das einen Gott zeigt, und zwar in Gestalt des vergöttlichten Königs, dessen Göttlichkeit eindeutig mittels eines Hörnerhelms zum Ausdruck kommt.53

Die Veränderung des Götterbildes durch die Vergöttlichung eines Menschen Die Vergöttlichung des Königs Narām-Sîn von Akkade (2261–2206 v. Chr.)54 war von großer gesellschaftspolitischer und theologischer Bedeutung, die eine entsprechende Wirkungsmacht auch hinsichtlich des Selbstverständnisses des Königtums der folgenden Jahrhunderte in Mesopotamien entfaltete.55 Die Vergöttlichung eines Menschen und damit verbunden dessen Darstellung als Gott hatte ikonographisch nunmehr allerdings zwangsläufig ein Problem zur Folge: Dem König konnten nämlich (zu Lebzeiten) keine Hörner aus dem Kopf wachsen oder gewachsen sein. Dennoch musste er – wenn vielleicht auch nur in bestimm-

50

Vgl. Boehmer 1967, 284 Typ 1 E–J. Vgl. Boehmer 1967, 285 Typ 3 J und 4 E/J. 52 Vgl. Boehmer 1967, 286 Typ 6 E–G, 7 E–G und J, 8 E–F und J, 9 F und G; 289–291 Typ 12–21 und 24–28. 53 Vgl. im vorliegenden Zusammenhang aber auch Winter 2008, 76, die etwas vorsichtiger formuliert: „his headdress with its single tier of horns echoes, if anything, the status of a minor deity rather than a fully established member of the high pantheon“; vgl. daran anschließend auch Ornan 2014, 573. Eine weitere Darstellung einer Hörnerkappe/eines Hörnerhelms (von Narām-Sîn) findet sich auf einem aus dem Kunsthandel stammenden Steinformfragment (Hansen 2002), dessen Echtheit jüngst allerdings wieder infrage gestellt wurde (ausführlich Braun-Holzinger 2017). Zur Ikonographie des Herrschers auf der Stele wie auch auf anderen Bildwerken vgl. Braun-Holzinger 2007, 91–94; Cooper 2008, 262. 54 Zu den hier verwendeten absoluten Daten vgl. Sallaberger / Schrakamp 2015, 135f. 55 Zur Bedeutung der Königsvergöttlichung vgl. etwa Sallaberger 2002, 93–98; Sazonov 2007, 330–333; zuletzt zusammenfassend Selz 2014–2016, 546f., der in vorliegendem Zusammenhang von einer „theologische(n) Revolution“ spricht; vgl. ähnlich auch Selz 2012, 78. 51

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ten Zusammenhängen, wie auf der Siegesstele des Narām-Sîn manifestiert56 – als Gottheit kenntlich gemacht werden. Die Lösung des Problems bestand darin, dass man die göttlichen Hörner imitierte, wofür ein Helm oder eine Kappe mit Hörnern bestens geeignet waren.57 In der Folge dieses, hier mit den religionspolitischen Entwicklungen in der Akkade-Zeit in Verbindung gebrachten Schrittes wurden nunmehr auch die Götter, die in der Vorstellungswelt des alten Mesopotamien ursprünglich zwar anthropomorph gedacht waren, jedoch – wie oben gezeigt – eigene anatomische Merkmale aufweisen konnten, menschennäher dargestellt. Dies bedeutete, dass das zuvor mit dem Körper verwachsene Merkmal der Stierhörner nach und nach durch eine Kopfbedeckung mit Hörnern ersetzt werden konnte,58 was schließlich dazu 56

Die Darstellung des Königs mit Hörnerhelm bleibt für das 3. Jahrtausend v. Chr. – wenn man von der kontrovers diskutierten Steinform (s. o. Anm. 53) einmal absieht – singulär. Darauf weist auch E. A. Braun-Holzinger bei Selz 1992, 265 Anm. 49 hin, indem sie betont, dass „sich die Ur-III-Herrscher nie mit einer solchen [Hörnerkrone] darstellen ließen“. Angesichts der unbefriedigenden Quellenlage (Fehlen entsprechender rundplastischer Beispiele von Köpfen der [vergöttlichten] Ur-III-Herrscher; gleiches gilt weitgehend auch für Reliefdarstellungen) kann diese Aussage (mit ihren Folgerungen hinsichtlich der dahinter vermuteten Selbstdarstellungsprinzipien der Ur-III-Könige) nur mit Vorbehalt gelten. 57 In den vorliegenden Zusammenhang gehört möglicherweise auch die aus frühaltbabylonischer Zeit stammende sog. Puzur-Eštar-Statue aus Mari, die wohl bereits in altbabylonischer Zeit als Beute nach Babylon gelangte und dort auch gefunden wurde (Braun-Holzinger 2007, 139 NS 10). Der Kopf dieser Statue (VA 8748; vgl. Klengel-Brandt 2008, 121 Nr. 4) zeigt über der Herrscherkappe ein aus zwei aneinandergefügten und vorn aufgebogenen Hörnern bestehendes Diadem, was in der Regel als Göttersymbol gedeutet wird (anders Braun-Holzinger 1991, 277). Von F. Blocher (1999) stammt die Überlegung, dass das Hörner-Diadem erst im 8./7. Jahrhundert v. Chr. durch Umarbeitung hinzugefügt wurde (zustimmend Sallaberger 2006–2008, ablehnend Nagel / Strommenger / Eder 2005, 120–122), was aber trotz seiner Vergleiche mit neubabylonischen Siegeln nicht recht einleuchten will, zumal auch die postulierten „historisch-antiquarischen“ und „magisch-religiösen“ Implikationen u. E. doch etwas gesucht erscheinen. Wen die Statue letztendlich auch darstellen mag, das Hörnerdiadem ist trotz aller stilistischer Bedenken wohl doch eher als zeitgenössisches Produkt der altbabylonischen Zeit zu charakterisieren, das vielleicht auch nach dem Tod des Herrschers durch Umarbeitung hinzugefügt worden sein kann. Wir würden sogar denken, dass die (hinzugefügte) Göttlichkeit der Statue der Anlass für ihre Mitnahme nach Babylon gewesen ist. Aber selbstverständlich ist auch das nur eine Vermutung. 58 Dies muss einen Rückgriff auf bereits vorliegende (allerdings unsichere) Darstellungen der ausgehenden frühdynastischen Zeit nicht ausschließen. Wie eine derartige Kopfbedeckung rundplastisch ausgesehen haben könnte, zeigt die sog. Borowski-Kappe, bei der es sich u. W. um die einzige bekannte, aus Metall gefertigte Hörnerkappe handelt, die ursprünglich wohl auf einer Statuette, die wahrscheinlich aus einem anderen Material bestand, angebracht gewesen ist (Abb. 12); zu dem nur 9,5 cm hohen Objekt vgl. Borowski 1948; Muscarella 1981, 90f. (Nr. 47); Berlejung 1998, 44 mit Anm. 233, 48 mit Anm. 260; © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

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führte, dass seit der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. eine Kappe mit mehrfachen Hörnern als eigenes Symbol für die höchsten Götter des mesopotamischen Pantheons abgebildet wurde.59 Damit war es wahrscheinlich Narām-Sîn, der in der Folge seiner eigenen Vergöttlichung den Göttern sprichwörtlich die Hörner(krone) aufgesetzt hatte.

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Georg Neumann – Hans Neumann

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Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

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Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

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Georg Neumann – Hans Neumann

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Abbildungen

Abb. 1: Abrollung eines Rollsiegels mit Götterbootdarstellung, Kunsthandel; aus: Hempelmann 2004, Nr. 45.

Abb. 2: Siegelabrollung aus Uruk (Stampflehmgebäude); aus: BraunHolzinger 2013, Tf. 20, Siegel 9.

Abb. 3: Bronzekopf eines Stiermenschen (?) aus Ur; aus: Woolley 1934, Pl. 121a–b.

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Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

Abb, 4: Siegelabrollung aus Uruk (Stampflehmgebäude); aus: BraunHolzinger 2013, Tf. 20, Siegel 10.

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Abb. 5: Fragment einer Weihplatte (?) aus Tello, Tell K; aus: Braun-Holzinger 2013, Tf. 12, Relief 6.

Abb. 6: Gefäßfragment, Kunsthandel; aus: Braun-Holzinger 2013, Tf. 11, Relief 4.

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Georg Neumann – Hans Neumann

Abb. 7: Weihplatte aus Nippur; aus: Braun-Holzinger 2013, Tf. 13, Relief 7.

Abb. 8: Gründungsfigur des Enmetena aus Tello; aus: BraunHolzinger 2013, Tf. 4c.

Abb. 9: Abrollung eines Rollsiegels mit Götterkampfdarstellung, Kunsthandel; aus: Boehmer 1965, Tf. 29, Nr. 350.

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Wer setzte den Göttern die Hörner(krone) auf?

Abb. 10: Die sog. Siegesstele des Narām-Sîn aus Susa; aus: Orthmann 1975, Abb. 104.

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Abb. 11: Die sog. „Wasserspendende Göttin“ aus Mari; aus: Strommenger 1962, Tf. 162.

Abb. 12: Die sog. Borowski-Kappe, Kunsthandel; aus: Bible Lands Museum 2014, 49.

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Zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus

Herbert Niehr (Eberhard Karls Universität, Tübingen / Universiteit Stellenbosch)1

1. Einführung: Das Königtum von Damaskus Unsere Kenntnis der Institution des Königtums und der Königsideologie in den aramäischen Königreichen Syriens der Eisenzeit hängt wie immer von der Quellensituation ab, fließen hier die epigraphischen, ikonographischen und archäologischen Quellen doch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Am besten sind wir über das Königtum im Königreich Bīt Baḫiāni mit seiner Hauptstadt Gūzāna / Tell Ḥalaf und dem Kultort Sikānu / Tell Fekheriye2 sowie über das Königtum im Königreich Yādiya / Samʼal mit seiner Hauptstadt Samʼal / Zincirli3 unterrichtet. Im Unterschied zu diesen beiden Reichen ist die Quellenlage im Königreich von Aram / Damaskus sehr begrenzt, zumal in der Hauptstadt Damaskus selbst keine epigraphischen oder literarischen Quellen gefunden worden sind.4 Dieser 1

Für ihre Mithilfe bei der Redaktion des Artikels danke ich meinen Tübinger Mitarbeiterinnen Janca Brenner, Magdalena Bekavac und Susanne Maier sowie für ihre Unterstützung meinen Kollegen und Kolleginnen Julien Aliquot (Lyon), Annie Caubet (Paris), Anne-Sophie Dalix (Paris), Dagmar Kühn (Tübingen), Annick Payne (Würzburg) und Joanna Töyräänvuori (Helsinki). 2 Dazu die Übersicht bei Niehr 2014b, 137f. 3 Dazu die Übersicht bei Niehr 2014b, 170–174 und ders. 2018. 4 Inschriftliche Quellen aus Damaskus umfassen lediglich die Inschrift von Tel Dan (KAI 310), je eine Inschrift aus Nimrud und Arslan-Taš sowie je eine Inschrift aus Eretria und Samos. Vgl. zu diesen Quellen zuletzt Yamada 2000, 309–320; Schwiderski 2004, 41, 202, 409f.; HafÞórsson 2006, 40–65; Weippert 2010, 266–270; Hasegawa 2012, 35–46, 58–62; Robker 2012, 240–274; Fales / Grassi 2016, 132–143; Reinhold 2016, 103–124; Younger 2016, 592–613, 616f., 621f., 632 fig. 9.8; Amadasi Guzzo 2018, 64–66. Alle diese Inschriften gehören in die Zeit des Königs Hazael (ca. 843–803 v. Chr.). Hingegen ist aus paläographischen Gründen die in Hazrak gefundene Inschrift TA.03.A.300 nicht König Hazael, sondern derselben Schreiberschule, aus der auch die Zakkur-Inschrift © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Herbert Niehr

Befund darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in Damaskus mit der Existenz einer königlichen Kanzlei rechnen müssen, deren Einfluss auf das Aramäische im südlichen Syrien nicht zu unterschätzen ist.5 Des Weiteren liegen ikonographische Quellen aus dem aramäischen Damaskus nur in einem sehr eingeschränkten Maß vor.6 Trotzdem aber verläuft die Suche nach der Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus nicht ins Leere. Grundlegend für die Erforschung des Damaszener Königtums und seiner Königsideologie ist die Unterscheidung von zwei Bereichen: Zum einen geht es um die historische Situation, zum anderen um die archäologische Situation der Stadt. Im Hinblick auf die historische Situation von Damaskus lässt sich ausgehend vom 10. Jahrhundert v. Chr. bis hin zur assyrischen Annexion des Königreichs Aram / Damaskus im Jahre 732 v. Chr. zunächst eine Königsliste7 mit den ungefähren Regierungsdaten der Herrscher etablieren: Hadad-ʽIdri I. (drittes Viertel 10. Jh. v. Chr.) Ḥaḏyān I. (letztes Viertel 10. Jh. v. Chr.) Ṭāb-Rammān (Ende 10. Jh. v. Chr.) Bar-Hadad I. (ca. 900–880 v. Chr.) Hadad-ʽIdri II. (ca. 880–843 v. Chr.) Hazael (ca. 843–803 v. Chr.) Bar-Hadad II. (ca. 803–775 v. Chr.) Ḥaḏyān II. (ca. 775–750 v. Chr.) Raḏyān (ca. 750–732 v. Chr.) Diese Könige verteilen sich auf unterschiedliche Dynastien, die im Einzelnen aufgrund der spärlichen Quellenlage nur schwer voneinander abzugrenzen sind. So lassen sich zumindest die von Ḥaḏyān I. begründete Dynastie mit zwei Nachfolgern, Ṭāb-Rammān und Bar-Hadad I., sowie die von Hazael begründete Dynastie mit zwei Nachfolgern, Bar-Hadad II. und Ḥaḏyān II., ausmachen. Über diese Königsliste hinaus ist vor allem aufgrund assyrischer und alttestamentlicher Quellen die Geschichte des Königreichs Aram / Damaskus in ihrem ungefähren Verlauf gut bekannt. Diese Geschichte endete im Jahre 732 v. Chr., als Tiglatpileser III. (754–727 v. Chr.) die von Tyros, Israel und Damaskus angezettelte antiassyrische Revolte niederschlug. Damaskus wurde erobert,

(KAI 202) stammt, und damit König Zakkur, zuzuweisen, vgl. Amadasi Guzzo 2009, 338– 341 und Fales / Grassi 2016, 123, 133. 5 Dazu Gzella 2015, 78–93. 6 S. u. 2.4. 7 Neben dem forschungsgeschichtlichen Überblick bei Reinhold 2016, 45–55 tab. 1–10 vgl. die Listen der Könige von Damaskus bei Pitard 1987, 144; Reinhold 1989, 221f.; Lipiński 2000, 407; Liverani 52006, 119 tavola 3; Röllig 2013, 469; Younger 2016, 653 tab. 9.7. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus

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König Raḏyān hingerichtet und das Königreich Aram zur assyrischen Provinz gemacht.8 Was die archäologische Situation in Damaskus angeht, so ist zu berücksichtigen, dass die Stadt nach vielen Zerstörungen immer wieder an derselben Stelle neu errichtet wurde. Dies hat zur Folge, dass die Besiedlung des aramäischen Damaskus nur sehr unzureichend bekannt ist. Den Fixpunkt der archäologischen Erforschung der Stadt stellt der Temenos-Bezirk des Hadad-Tempels dar, der bis heute dank der Kontinuität des heiligen Ortes zumindest in Teilen im Bereich der Omayyaden-Moschee erhalten ist.9 Des Weiteren sind in der Altstadt von Damaskus vier Hügel auszumachen, die als aramäische Siedlungszentren betrachtet werden. Von diesen Hügeln liegen drei Hügel nördlich der Via Recta, der Tell Taḥt al-Qanaṭīr, der Tell Qaimarīya und der Zufle Tellet, und einer südlich von ihr, der Tell Samak / Tell Naǧǧarīn. Die bis heute offene Frage ist, ob der Tell Taḥt al-Qanaṭīr oder der Tell Samak / Tell Naǧǧarīn die Zitadelle, d. h. den Sitz der aramäischen Könige, getragen hat.10 Diese für die Königsideologie der Herrscher von Damaskus nicht unwesentliche Frage wird sich jedoch nicht ohne archäologische Grabungen klären lassen. Das Thema der Königsideologie, welches im Zentrum des vorliegenden Artikels steht, lässt sich aufgrund der vorhandenen Quellen unter sechs Aspekten behandeln: (1) Die Herkunft des Königs, (2) Königtum und Götterwelt in Damaskus, (3) Die königliche Legitimation, (4) Die königliche Ikonographie, (5) Der Tod des Königs und (6) Die Vergöttlichung des Königs und der königliche Totenkult. Was die Chronologie der Quellen angeht, so stammen die meisten Quellen zur Königsideologie der Herrscher von Damaskus aus der Eisenzeit, setzen sich aber bis in die römische Zeit fort. Angesichts dieser Lage wird die lange Dauer des aramäischen Königtums von Damaskus bzw. seiner Nachgeschichte deutlich.

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Zur Geschichte des Königreichs Aram und der Stadt Damaskus vgl. Kraeling 1918, 46– 52, 73–84, 115–121; Sauvaget 1934; Unger 1957; Mazar 1962; Sader 1987, 231–270; Pitard 1987; Reinhold 1989, 68–88, 106–220; Will 1994, 3–12; Kuan 1995; Dion 1997, 171– 216; Lemaire 1997; Axskjöld 1998; Galil 2000; Lipiński 2000, 347–407; Yamada 2000, 185–195, 205–209; Burns 2005; HafÞórsson 2006; Beyerle 2009; Bagg 2011, 198–200, 207–213, 218–220; Hasegawa 2012; Niehr 2014d, 78f.; Finkelstein 2016; Kleiman 2016; Reinhold 2016, 33–86; Younger 2016, 564–653. 9 Zur Archäologie des Hadad-Tempels in Damaskus vgl. Watzinger / Wulzinger 1921, 3– 42; Dussaud 1922; Creswell 1969; Freyberger 1989; ders. 2006; Akili 2016. 10 Zur Archäologie der Stadt Damaskus vgl. neben der Forschungsübersicht bei Lehmann 2002, 138–162 bes. Watzinger / Wulzinger 1921, 3–42; Sauvaget 1934; ders. 1949; Pitard 1987; Sack 1989; dies. 1997; Will 1994, 12–41; Freyberger 1999; Fansa / Gaube / Windelberg 2000; Gerster / Wartke 2003; Burns 2005 sowie die Beiträge in Ministère de la Culture 2008–2009. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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2. Zur Königsideologie der Herrscher von Damaskus In seiner Untersuchung zur politischen Theologie des Mittelalters stieß E. H. Kantorowicz auf eine fundamentale Differenz in der Konzeption des Königtums: Theologen und Juristen des Abendlandes hatten eine folgenreiche Differenzierung zwischen dem body natural und dem body politic des Königs vorgenommen. Damit ist folgender Sachverhalt gemeint, der auch für die Interpretation des Königtums von Damaskus entscheidend ist: In der Person des Königs überschneiden sich die private Sphäre des Menschen, der die Königsherrschaft ausübt, und die offizielle Sphäre der Königsherrschaft, die das Individuum übersteigt. Somit sind der Amtsinhaber und das Amt zwar voneinander unterschieden, aber nicht getrennt. Steht der body natural für den Menschen mit all seinen Besonderheiten bis hin zur Sterblichkeit, so der body politic für das Königsamt, welches dank der Amtssukzession niemals starb.11 Dies letztlich aus dem Alten Orient stammende Modell der zwei Körper des Königs ist in der jüngeren durch E. H. Kantorowicz’ Monographie angestoßenen Forschung auf unterschiedliche Königtümer Ägyptens, Mesopotamiens, Anatoliens und der westsemitischen Welt mit großem Erkenntnisgewinn angewandt worden.12 Zuletzt hat D. Kühn in ihrer Tübinger Habilitationsschrift alle einschlägigen schriftlichen, ikonographischen und archäologischen Quellen der westsemitischen Kulturen zum Thema der beiden Körper des Königs untersucht.13 2.1. Die Herkunft des Königs Obwohl wir über keine epigraphischen oder mythischen Traditionen aus dem eisenzeitlichen Damaskus verfügen,14 gelingt trotzdem ein kleiner Einblick in den Bereich der königlichen Herkunft. Gestattet wird dieser Einblick aufgrund eines Herrschernamens. Näherhin handelt es sich um den von den Königen Bar-Hadad I. (ca. 900–880 v. Chr.) und Bar-Hadad II. (ca. 803–775 v. Chr.) getragenen Namen Bar-Hadad. In diesem Namen ist deutlich, dass sich das theophore Element ‚Hadad‘ auf den Hauptgott von Damaskus15 bezieht. Des Weiteren ist das Namenselement bar im Sinne von ‚Sohn‘ klar. Somit wird in einem Königsnamen aus Damaskus eine göttliche Sohnschaft ausgesagt. Der Königsname Bar-Hadad findet sich außerhalb von Damaskus noch einmal für einen König von Bīt Agūsi in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. auf der aramäischen Steleninschrift von Breǧ bei Aleppo (KAI 201) belegt.16 11

Kantorowicz 1957. Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Niehr 2015a, 157f. und Kühn 2018, 19–67. 13 Vgl. Kühn 2018. 14 Die in Anm. 4 genannten Inschriften ändern nichts an diesem Befund. 15 Zu Hadad von Damaskus vgl. Schwemer 2001, 623–625 und Niehr 2014a, 194f. 16 Vgl. dazu Niehr 2014b, 152. Sowohl in der Inschrift KAI 201 wie auch auf den Stelen von Antakya und Pazarcık findet sich der Königsname Adramu bzw. Adrame (‚Addu / 12

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Wie es sich genau mit dieser göttlichen Sohnschaft im Rahmen der Königsideologie von Damaskus verhält, ist allerdings offen. F. M. Cross hat dazu folgenden Interpretationsvorschlag unterbreitet: „We are inclined to believe that Bir-hadad is a title received as the adopted son of the god when designated crown-prince or king. The ideology of the adoption of the royal son by the patron god is well known from Canaanite (and biblical) material.“17 Dieser Vorschlag ist im Horizont der semitischen und ägyptischen Königsideologie grundsätzlich plausibel.18 Es gibt auch Beispiele für ein derartiges Konzept von königlicher Abstammung aus dem Bereich des hethitischen Königtums.19 Allerdings fehlen aus Damaskus Mythen, Epen und Rituale, die weitere Einblicke in diesen Bereich gestatten könnten. Dafür verantwortlich ist neben der archäologischen Situation der Stadt die Bevorzugung von Papyrus als dem Hauptschriftträger in den westsemitischen Kulturen des 1. Jahrtausends v. Chr. Trotz alledem scheint die Existenz eines Mythos bzw. eines Epos, welches bzw. welcher die königliche Herkunft der Könige von Damaskus erklärt haben könnte, grundsätzlich als wahrscheinlich. Etwas weiter bei der Beantwortung dieser Frage kommt man mit einem Blick auf den bereits erwähnten König Bar-Hadad von Bīt Agūsi, der während der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr. regierte. Das große Kultzentrum in seinem Königreich war die Stadt Aleppo mit dem Tempel des Wettergottes Addu. Der Kult des Addu von Aleppo lässt sich aufgrund inschriftlicher und archäologischer

Haddu ist erhaben‘), der ebenfalls eine enge Beziehung zwischen einem aramäischen König und dem Gott Hadad erkennen lässt; vgl. Niehr 2014b, 174 mit Anm. 234 zu den Belegen des Königsnamens. 17 Cross 1972, 41 Anm. 22. 18 Zu diesem Motivkomplex von göttlich-königlicher Adoption bzw. Sohnschaft vgl. u. a. Seux 1980–1983, 145–147; Bord 1997; Fossum 21999; Koch 2002; Otto 2002, 34–44; Töyräänvuori 2015, 203–205; dies. 2017; dies. 2018, 229–245; Müller 2017, 200–202; Salo 2017, 307–324. 19 Vgl. etwa das Gebet des Königs Muwatalli II. (1290–1273 v. Chr.) an den Wettergott des Blitzes (CTH 381). Muwatalli sagt hierin: „Mein Vater zeugte mich, aber der Wettergott des Blitzes nahm mich von meiner Mutter und er zog mich groß. Er machte mich zum Priester der Sonnengöttin von Arinna und aller Götter; für das Land Ḫatti setzte er mich in das Königtum ein.“ Vgl. zum Text Klinger 2013, 124–128, hier 126 Rs. III 25–31, und zum Gebet des Muwatalli s. noch Mouton 2016, 612–665. Ebenso ist das Palastbauritual (CTH 414) heranzuziehen, in dem der König sagt: „Infolge dessen lobe ich meinen Vater, den Wettergott.“ Vgl. zum Text Mouton 2016, 94–95 § 8 l. 26 und § 9 l. 30–31. Weiteres zum Thema bei Hutter / Hutter-Braunsar 2017, 156f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Quellen vom frühen 2. Jahrtausend v. Chr. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. nachweisen.20 Die Herrscherideologie des Königreichs Yamḫad im 2. Jahrtausend v. Chr. zeigt nun „that the Addu of Aleppo was seen as the adoptive father of the king.“21 Diese Ideologie überlebte auch die Umbrüche von 1200 v. Chr.,22 allerdings ist der Nachweis dafür in den luwischen Quellen nicht eindeutig. So übersetzt J. D. Hawkins den Passus einer Herrscherinschrift vom Ende des 9. Jahrhunderts v. Chr. als: „Me my fathers the gods loved, and they seated me on my father’s throne.“ (MARAŞ 1 § 2).23 Dieser Übersetzung ist allerdings auch widersprochen worden,24 allerdings mit der grundsätzlichen Einschränkung zu den luwischen Inschriften, dass das Fehlen von Aussagen über die Gottessohnschaft des Königs mit dem Fehlen der relevanten Textgattungen begründet werden muss.25 Somit rückt diese vorsichtige Befundinterpretation den Namen des Königs Bar-Hadad von Bīt Agūsi in die Nähe der Königsideologie Anatoliens bzw. Nordsyriens. Als einen mit dem Königsnamen Bar-Hadad vergleichbaren Fall lässt sich in Südanatolien noch verweisen auf den Namen Bar-Rakkab aus dem aramäischen Königreich Yādiya / Samʼal in Südanatolien, mit dem der Throninhaber als (Adoptiv-)Sohn des Dynastiegottes Rakkabʼel ausgewiesen ist.26 Bei dem Namen Bar-Hadad – sowohl in Bīt Agūsi als auch in Damaskus – muss man deshalb davon ausgehen, dass es sich um einen Thronnamen handelt, den der Kronprinz im Moment seiner Nominierung für den Thron bzw. bei der Thronbesteigung annahm oder der ihm in einem solchen Moment verliehen wurde.27 Zur Untermauerung dieser These ist auch auf den Gebrauch von Thron-

20

Vgl. Kohlmeyer 2000; Schwemer 2001, 211–237; ders. 2008, 162–168; Gonnella / Khayyata / Kohlmeyer 2005; Niehr 2014b: 174f., 201; Pettinato 2018, 293–330. 21 Töyräänvuori 2017, 252 unter Berufung auf den Maribrief A 1121,46–50, in dem der Gott Addu zum König spricht: „Bin ich nicht Addu, der Herr von Ḫalab, der ich dich auf meinem Arm großgezogen und dich auf den Thron deines Vaterhauses zurückgebracht habe?“ (Übersetzung: Schwemer 2001, 214). Zum Verhältnis des Wettergottes von Aleppo zum König vgl. Schwemer 2001, 211–214. 22 Zum Weiterleben hethitischer Traditionen in der luwischen Literatur vgl. die Überlegungen bei Balza / Mora 2015 und zu den Luwiern in Aleppo vgl. Aro 2010. 23 Hawkins 2000, 263. 24 So von Payne 2004, 86; dies. 2012, 53f.; Hutter-Braunsar 2006, 106, die von ‚väterlichen Göttern‘ sprechen und somit für diese Inschrift das Konzept einer Gottessohnschaft des Königs ablehnen. 25 So Hutter-Braunsar 2006, 111. 26 Vgl. Niehr 2014b, 174. Vgl. auch ebd. 158–160 zum Gott Rakkabʼel in Samʼal. 27 So auch Albright 1942, 28 Anm. 16; Cross 1972, 41f. mit Anm. 22; Mazar 1962, 101, 110; Liverani 52006, 121; Hasegawa 2012, 119; Töyräänvuori 2015, 204; Younger 2016, 579, 584. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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namen im zeitgenössischen assyrischen Königtum zu verweisen. Hier gibt es Belege dafür, dass der Vorgänger auf dem Thron dem nachfolgenden Kronprinzen einen neuen Namen verleihen konnte.28 Zugunsten der Annahme von Thronnamen in Damaskus lässt sich sodann noch ein weiteres Argument anführen. König Bar-Hadad II. (ca. 803–775 v. Chr.) war in der Zeit vor seiner Thronbesteigung unter dem Namen Mariʼ (‚Herr‘) bekannt. Dabei handelt sich nicht um einen Titel,29 sondern um einen im aramäischen Onomastikon gut bezeugten Personennamen.30 Erst nach seiner Nominierung für den Thron von Damaskus bzw. mit seiner Thronbesteigung trug Mariʼ den Königsnamen Bar-Hadad. Vielleicht hatte sein Vater und Vorgänger auf dem Thron, Hazael (ca. 843–803 v. Chr.), ihm diesen Namen verliehen.31 Der in den bisher behandelten Königsnamen von Damaskus zum Ausdruck gebrachten engen Beziehung zwischen Königtum und Götterwelt soll im nächsten Abschnitt weiter nachgegangen werden. 2.2. Königtum und Götterwelt in Damaskus Zwei weitere Königsnamen aus Damaskus lassen bei näherem Hinsehen ebenfalls einen engen Bezug zum Gott Hadad erkennen. Es handelt sich um den Namen Ṭāb-Rammān, dessen Träger gegen Ende 10. Jahrhunderts v. Chr. den Thron von Damaskus innehatte, sowie den Namen der beiden Könige Hadad-ʽIdri, von denen der erste im dritten Viertel des 10. Jahrhunderts v. Chr. und der zweite ca. 880– 843 v. Chr. in Damaskus regierte. Im Erstgenannten dieser Namen, Ṭāb-Rammān (‚Gut ist Rammān‘), liegt ein Bezug zum Epitheton rammān des Gottes Hadad vor. Das Epitheton rammān bezeichnet den Gott Hadad als den Donnerer, womit seine Stellung als Wettergott von Damaskus deutlich wird.32 Der Königsname Ṭāb-Rammān zeigt also eine enge Beziehung zwischen dem Träger seines Namens und dem Wettergott von Damaskus auf. Auch zu diesem Thema fehlen angesichts der wenigen Quellen der Aramäer von Damaskus der entsprechende Mythos bzw. das entsprechende Epos. Man kann allerdings ohne weiteres auf die Beziehung des Königs zum Wettergott im spätbronzezeitlichen Ugarit hinweisen, wo diese Relation auch ikonographisch wie z. B. in der Stele des Baʽal au foudre belegt ist.33 28

Zum Vorkommen und zur Vergabepraxis assyrischer Thronnamen vgl. Seux 1980– 1983, 149f. und Radner 2005, 33–35. S. auch den Beitrag von A. Fuchs in diesem Band. 29 So etwa Lipiński 2000, 390 und Röllig 2013, 467. Zum aramäischen Titel mrʼ vgl. Niehr 2016. 30 Vgl. Hasegawa 2012, 119 und Younger 2016, 584–590. 31 Gegen Weippert 2010, 266 Anm. 1, der keine Anzeichen für die Praxis von Thronnamen in Damaskus sehen kann. 32 Zum Epitheton rammān ‚Donnerer‘ vgl. Greenfield 1976; Schwemer 2001, 623–625; ders. 2007. 33 Vgl. dazu Cornelius / Niehr 2004, 45f. mit Abb. 71. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Der Zweite dieser Königsnamen, Hadad-ʽIdri (‚Hadad ist meine Hilfe‘), hat den Beistand des Gottes Hadad für den König zum Thema. Bei Hadad-ʽIdri handelt es sich um einen sog. Danknamen.34 Auch hier fehlt leider die entsprechende Erzählung im Hintergrund, so dass man nicht genau weiß, ob es um die Hilfe des Gottes Hadad etwa bei der Geburt des Thronfolgers oder um einen Thronnamen, der dem Kronprinzen anlässlich seiner Thronbesteigung verliehen wurde, geht. Somit lässt sich zeigen, dass von zehn bekannten Königen aus Damaskus fünf einen namentlichen Bezug zum Hauptgott von Damaskus, dem Gott Hadad, aufweisen. Hierfür dürfte die Praxis der Verleihung bzw. Übernahme von Thronnamen, die die enge Anbindung des Herrschers an den Hauptgott des Damaszener Pantheons veranschaulicht, verantwortlich sein. In das Thema Königtum und Götterwelt gehört auch eine kurze Erwähnung zweier Inschriften mit Nennung des Gottes Hadad und des Königs Hazael.35 Der Text beider Inschriften lautet übereinstimmend: zy ntn hdd lmrʼn ḥzʼl mn ʽmq bšnt ʽdh mrʼn nhr „Das, was gegeben hat Hadad unserem Herrn, Hazael, von Unqi in dem Jahr, in dem unser Herr den Fluss überquerte.“ Die Inschriften auf einer Pferdescheuklappe und auf einem Stirnblech, die beide aus Bronze sind, bezeichnen Beutestücke, die der Gott Hadad dem König Hazael anlässlich seines Feldzuges über den Orontes in das Reich Unqi, vormals Pattina, gegeben hatte. Diese Beutestücke gelangten nach Damaskus, wo sie in der Kanzlei des Königshofes mit den jeweiligen aramäischen Inschriften, die die Herkunft und Widmung der Objekte erklären, versehen wurden.36 Insofern ist anzunehmen, dass es sich bei dem in den Inschriften genannten Gott Hadad um den Hauptgott von Damaskus handelt, der Hazael auf seinem Feldzug nach Unqi beigestanden und ihm zu Sieg und Beute verholfen hatte.37 Über diese mit dem königlichen Onomastikon und den beiden Weihinschriften gegebenen Bezüge zum Thema Königtum und Götterwelt hinaus sind weitere Verweise hierauf nur indirekt zu greifen. Grundsätzlich anzuführen ist das Thema des Königs als Tempelerbauer. Da aber epigraphische, literarische und ikonogra-

34

Vgl. zu diesem Namenstyp Noth 1928 = 1980, 169–195. Grundlegend für die Lesung der beiden Inschriften sind Bron / Lemaire 1989 und Ephʽal / Naveh 1989; vgl. auch Amadasi Guzzo 1996. Zu den beiden Beutestücken vgl. die ausführlichen Angaben bei Niehr 2011, 349f. und seitdem noch Younger 2016, 627– 630. 36 So Ephʽal / Naveh 1989, 197f.; Amadasi Guzzo 1996, 334, 336; dies. 2018, 65. 37 So schon Ephʽal / Naveh 1989, 194f.; Amadasi Guzzo 1996, 331–344; dies. 2018, 65; Fales / Grassi 2016, 135 mit Anm. 200. Anders Bordreuil 1993, 254; ders. 1998, 56f.; Niehr 2011, 349f., die den Gott Hadad von Unqi und seine Priester für die Geber der Beute halten, was aber eher unwahrscheinlich ist. 35

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phische Belege für dieses Thema in Damaskus fehlen, kann man nur sehr allgemein davon ausgehen, dass die Könige von Damaskus mit dem Bau des HadadTempels in ihrer Königsstadt einen engen Bezug zwischen Thron und Altar erkennen ließen. Ein kleiner Hinweis aus dem Umland von Damaskus ist hier noch anzuführen. Der Assyrerkönig Salmanassar V. (726–722 v. Chr.) erwähnt die Beute, die er aus dem Tempel des Mondgottes Šēru (= aramäisch Śahr) erhalten habe. Dieser Tempel lag in der südlich von Damaskus im Hauran zu lokalisierenden Stadt Malaḫa, die in dieser Inschrift als Königsstadt des Hazael bezeichnet wird.38 Auch hier in Malaḫa wird man einen der Könige von Damaskus als Bauherrn des Tempels postulieren dürfen. Darüber hinaus sind auch Themen wie die königliche Sorge für Recht und Gesetz sowie das Eintreten des Königs für das Schicksal der personae miserae anzusprechen. Auch wenn hierfür ebenfalls die direkten epigraphischen und ikonographischen Belege fehlen, so gilt trotzdem das Prinzip: absence of evidence is not evidence of absence. Die aramäischen Könige von Damaskus als typische Vertreter des altorientalischen Königtums werden es an der Sorge für die personae miserae nicht haben fehlen lassen. 2.3. Die königliche Legitimation Das Thema der königlichen Legitimation ist erst kürzlich für unterschiedliche Königreiche des Vorderen Orients im 1. Jahrtausend v. Chr. behandelt worden.39 Dabei spielte das Königtum von Aram / Damaskus keine Rolle, so dass dieses Thema hier eigens zu besprechen ist. Mit der dreizehnzeiligen Inschrift von Tel Dan im nördlichen Israel ist von den königlichen Inschriften aus Damaskus die längste überhaupt erhalten. Nach seiner erfolgreichen Eroberung der Gegend um Dan ließ König Hazael an dieser Stätte einen Orthostaten40 mit einer aramäischen Inschrift errichten, welche die Leistungen Hazaels erwähnt (KAI 310).41 Was den Bereich der Königslegitimation angeht, sind die folgenden Sätze aus dieser Inschrift wichtig: (3) wyškb . ʼby . yhk . ʼl [.ʼbhw]y . wyʽl . mlk . y[ś] (4) rʼl . qdm . bʼrq . ʼaby[. w]yhmlk . hdd [.] ʼ[yty .] (5) ʼanh . wyhk . hdd . qdmy 38

RIMA 3, A.0.102.92 (Grayson 1996, 151). Zur Diskussion um die Lage von Malaḫa vgl. zuletzt Younger 2016, 560. 39 S. dazu etwa Töyräänvuori 2015 und Salo 2017 sowie die Artikel in Levin / Müller 2017. 40 So richtig Weippert 2010, 268, der hervorhebt, dass nichts auf eine Stele hinweist. 41 Vgl. die Inschrift in Donner / Röllig 52002, 76 und in Fales / Grassi 2016, 136–143 sowie die Analysen von Suriano 2007; Weippert 2010, 267–269; Hasegawa 2012, 35–46; Robker 2012, 240–274; Younger 2016, 592–613. Eine Abbildung der Inschrift findet sich in Dayagi-Mendels / Rozenberg 2010, 68 Abb. 6. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Und mein Vater legte sich nieder; er ging zu seinen [Vätern]. Nun hatte der König von I[s](4)rael bereits früher das Land meines Vaters überfallen, [aber] Hadad machte m[ich] zum König, (5) mich! Und Hadad zog vor mir her … . (KAI 310,3–5) Vor einigen Jahren hat M. J. Suriano in überzeugender Weise gezeigt, dass es sich bei diesem Text nicht einfach um eine Siegesinschrift, sondern um eine Gedenkinschrift mit der Apologie des Königs Hazael handelt.42 König Hazael war ein Usurpator, der den Thron von Damaskus übernommen hatte.43 Dies zeigt sich daran, dass in seinen Inschriften eine Filiationsangabe fehlt und er zudem in einem assyrischen Text als „Sohn eines Niemand“ (mār lā mammāna) bezeichnet wird.44 Ebenso bieten die Königsbücher des Alten Testaments einen Reflex dieser Usurpation, wenn sie den Auftrag an Elijah zur Salbung des Hazael als König über Aram mit der Salbung des Usurpators Jehu als König über Israel parallelisieren (1Kön 19,15–17).45 Problematischer in ihrer Deutung ist hingegen im Alten Testament die Erzählung über den Mord an König BenHadad (= Bar-Hadad) von Damaskus (2Kön 8,7–15), da hier Hazael nicht explizit als Königsmörder genannt ist.46 Angesichts der assyrischen und der alttestamentlichen Texttraditionen ist es jedoch bemerkenswert, dass sich König Hazael in der Tel Dan-Inschrift (KAI 310) auf den Umstand beruft, dass der Gott Hadad ihn zum König gemacht habe. Für einige Diskussionen sorgte sodann die Erwähnung des Vaters von König Hazael in der Tel Dan-Inschrift (KAI 310,2–4), da, wenn er selber der Sohn eines Niemand war, diese Behauptung nicht wirklich deutlich ist. Möglicherweise war Hazaels Vater ein wichtiger Stammesführer während der Zeit des Vorgängers König Hadad-ʽIdri II. gewesen.47 Ein weiterer Hinweis auf die Legitimität der Herrschaft des Königs Hazael ist durch die Gegenüberstellung der schlechten Zeit vor seiner Regierung und der guten Zeit nach seinem Thronantritt gegeben. Die Zeilen 3–6 der Inschrift KAI 310 machen deutlich, dass vor dem Thronantritt des Hazael der König von Israel das Land von Aram überfallen hatte. Jetzt aber, nach dem Thronantritt des Hazael, zog der Gott Hadad vor König Hazael einher und in diesem Feldzug gelang es Hazael, die Könige von Israel und Juda zu töten. Somit war die Zeit vor Hazael eine Zeit von Krieg und Unordnung gewesen, da Israel die Grenzen Arams 42

Vgl. Suriano 2007. Zu König Hazael von Damaskus vgl. Niehr 2011 und seitdem noch Hasegawa 2012, 52– 83; Reinhold 2016, 59–71, 75–81; Younger 2016, 591–632. 44 RIMA 3, A.0.102.40 I 26–II 6 (Grayson 1996, 118) und dazu Yamada 2000, 188–190. 45 Vgl. dazu auch Younger 2016, 599. 46 Vgl. dazu Niehr 2011, 341 mit Anm. 22 und zuletzt Younger 2016, 599. 47 Zu solchen Überlegungen vgl. Suriano 2007, 165, 174; Weippert 2010, 266; Younger 2016, 600–603. 43

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nicht respektiert hatte, während in der Regierungszeit des Königs Hazael die Integrität des Reiches wiederhergestellt wurde.48 Diese Argumentation lässt sich in den westsemitischen Königsinschriften mehrfach nachweisen. So etwa in der Inschrift des Königs Mešaʽ von Moab (KAI 181; zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr.), die die Zeit der Okkupation durch das omridische Israel vor der Thronbesteigung des Königs Mešaʽ mit der Epoche von Ordnung und Zurückeroberung der ehemals besetzten Landesteile unter König Mešaʽ kontrastiert.49 Des Weiteren ist auf die Inschrift des Königs Kulamuwa von Samʼal (ca. 840–810 v. Chr.) einzugehen, in der ein Unterschied zwischen der Zeit der Vorgänger auf dem Thron von Yādiya / Samʼal und der positiv dargestellten Zeit des Königs Kulamuwa markiert wird (KAI 24).50 Sodann findet sich diese Argumentation um 800 v. Chr. in der Inschrift des Königs Zakkur von Hamath (ca. 807–780 v. Chr.) (KAI 202), in der die Zeit der feindlichen Belagerung von Hazrak durch den Eingriff des Gottes Baʽalšamem in einen geordneten Zustand überführt wird.51 Auch das Alte Testament geht bei seiner Gegenüberstellung der Herrschaft der Omriden und der Nimsiden (1Kön 16– 2Kön 15) von einer derartigen Epochengliederung aus.52 Darüber hinaus ist der Tel Dan-Inschrift zufolge die Herrschaft des Königs Hazael dadurch legitimiert, dass es der Gott Hadad ist, der vor ihm in die Schlacht zieht und somit in seinen Feldzügen bei ihm ist. Ebenso überwindet Hazael seine Feinde, die Könige von Israel und Juda (KAI 310,7–9). Somit stellt er sich selbst als einen Protégé des höchsten Gottes des Damaszener Pantheons dar, ein Zug, der wiederum perfekt in die altorientalische Königsideologie passt. 2.4. Königliche Ikonographie Bei den Ausgrabungen von Arslan-Taš, dem antiken Ḫadattu, in Nordsyrien kam im Jahre 1928 der bâtiment aux ivoires zutage.53 Hierin fand sich eine Ansammlung von ca. 180 Elfenbeinarbeiten, die heute im Louvre aufbewahrt werden.54 Es handelt sich bei diesen Elfenbeinen um Möbelappliken, die einen Thron, einen Schemel, ein Bett u. a. m. schmückten.55 Die Annahme einer Herkunft dieser Elfenbeinarbeiten aus Damaskus beruht neben stilistischen Überlegungen darauf,

48

Vgl. Niehr im Druck. S. hierzu Suriano 2014, 7–10 und Becking 2017. 50 S. hierzu Merlo 2014, 115f. und ders. 2016. 51 Dazu Niehr 2003, 89–96 und Green 2010, 166–169. 52 Dazu Müller 2017, 222–224. 53 Vgl. Thureau-Dangin et al. 1931a, 41–54 sowie zuletzt Cecchini 2009, 87–89; Cecchini / Venturi 2012; dies. 2018. 54 S. dazu Thureau-Dangin et al. 1931a, 89–138; Thureau-Dangin et al. 1931b, pl. XIX– XLVIII; Cecchini 2009; Winter 2010b, 283–291, 308–311 sowie zuletzt die Artikel und den Katalog in Fontan / Affanni 2018. 55 So Fontan 2018. 49

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dass sich auf einer dieser Elfenbeinplättchen ein schriftlicher Hinweis auf den König Hazael befindet (AT 112).56 Datiert werden die Objekte in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts v. Chr.57 Die Auffindung der Objekte in Arslan-Taš hängt damit zusammen, dass sie als Teil der Tribute von Damaskus an den assyrischen turtānu Šamšī-ilu (787–746 v. Chr.)58 anzusehen sind.59 Von den Elfenbeinobjekten aus Arslan-Taš ist für unsere Argumentation die heute im Musée du Louvre aufbewahrte Darstellung eines Königs von Interesse (AT 43; Abb. 1).60 Es handelt sich um ein Elfenbeinrelief von 15,8 cm Höhe und 5,7 cm Breite. Das Relief bildet einen König in frontaler Stellung ab. Der König trägt eine üppige Lockenfrisur, einen Vollbart und um seinen Körper ein assyrisches Schalgewand. Die Hände hält er wie bei einer Beterfigur vor der Brust gefaltet. Seine in Sandalen steckenden Füße sind seitwärts gewandt, was ein Indiz dafür darstellt, dass hier eine Großplastik in ein Relief überführt wurde.61 Eingerahmt wird der König durch zwei Lotuspflanzen. Was die Interpretation dieser Gestalt angeht, so hatte ein Satz aus dem Ausgrabungsbericht Folgen. F. Thureau-Dangin schrieb: „Il n’est peut-être pas interdit d’y voir un portrait.“62 Dieser Satz legt nahe, dass es sich vielleicht um die Abbildung eines aramäischen Königs von Damaskus handele. Da nun unter den Elfenbeinfunden von Arslan-Taš auch das o. g. Plättchen mit der Nennung des Königs Hazael gefunden wurde, ging man in der Wissenschaft, wenn auch mit Fragezeichen, dazu über, in dem Bild des Königs eine Abbildung des Königs Hazael zu sehen.63

56 Nr. 112; s. dazu Thureau-Dangin et al. 1931, 135–138 mit fig. 49; Winter 2010b, 283, 286f.; Amadasi Guzzo 2018, 64f. mit Abb. 58; Fontan / Affanni (Hrsg.) 2018, 238f. cat. 268. 57 Vgl. Winter 2010b, 308–310. Zuletzt haben Fontan / Caubet / Affanni 2018 darauf hingewiesen, dass sich die zeitliche Ansetzung der Elfenbeine von der Mitte des 9. bis in die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. erstrecken könnte. 58 Zu Šamšī-ilu vgl. Mattila 2000, 110f.; Kuan 2001; Fuchs 2008, 78–98; Liverani 2008; Baker 2006–2008. 59 Vgl. Winter 2010b, 310f. und die weitere Präzisierung bei Cecchini 2009, 92f. und Cecchini / Venturi 2012, 326. Zu den Tributen aus Damaskus an Šamšī-ilu vgl. RIMA 3, A.0.104.8,15–20 (Grayson 1996, 213) und dazu Fuchs 2008, 105 Anm. 127. 60 Inv.: A.O. 11488. Vgl. zum Folgenden Thureau-Dangin 1931, 111f. no. 43; Orthmann 1985, 491 Nr. 431b; Cecchini 2009, 93–95, 103 fig. 4; Fontan / Affanni 2018, 78f. cat. 1. 61 So Orthmann 1985, 491 Nr. 431b. 62 Thureau-Dangin 1931, 111. 63 So etwa Mazar 1962, 115 fig. 8; Reinhold 1989, Taf. 2; ders. 2016, 61 fig. 1; Niehr 2014d, 78 Abb. 6; Fontan / Affanni 2018, 78 cat 1. Bei Lemaire 1997, 25 heißt es: „Das Flachrelief zeigt vermutlich König Hazael.“ Neutral dagegen z. B. Orthmann 1985, 491 Nr. 431b. Cecchini 2009, 94 bemerkt dazu: „… l’hypothèse selon laquelle le personnage frontal serait le roi Hazaʼel est tout à fait fascinante, mais impossible à démontrer.“

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Diese Deutung der Elfenbeinfigur als Individualportrait ist allerdings nicht plausibel. Eher ist es sinnvoll, von der Darstellung eines Damaszener Königs par excellence, d. h. des königlichen body politic, auszugehen. Somit ist nicht ein bestimmter Amtsinhaber dargestellt, sondern das Königtum von Damaskus wird hier in einer Idealdarstellung abgebildet. Diese Art der Königsdarstellung findet sich etwa auch im Syrien der Spätbronzezeit,64 in Ägypten vom Alten bis zum Neuen Reich,65 des Weiteren in Israel66 und Juda67 sowie in Assyrien68 im 1. Jahrtausend v. Chr. Sinnvollerweise spricht man hier von einem Rollenportrait.69 Ein weiteres hier zu diskutierendes Bildwerk, welchem eine Relevanz für die Königsideologie von Damaskus zukommt, wurde anlässlich der Restaurierungsarbeiten in der Omayyaden-Moschee von Damaskus im Jahre 1949 gefunden. Das Basalt-Relief von 80 cm × 70 cm, welches in das 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. zu datieren ist und heute im Nationalmuseum von Damaskus aufbewahrt wird (Abb. 2), war in der Nordostmauer des hellenistischen Temenos als Spolie vermauert.70 Es zeigt einen in seitlicher Ansicht dargestellten, nach links schreitenden Sphinx, welcher eine ägyptische Doppelkrone auf dem Haupt trägt.71 Über den ursprünglichen Aufstellungsort dieses Reliefs ist nichts bekannt. Es muss aber zu einer größeren Reliefwand gehört haben. Möglicherweise gehörte es zu einem zweiten, nicht mehr erhaltenen Sphinx, welche beide entweder ein Tor oder ein Zentralrelief rahmten.72 Auch wenn dies mangels weiterer archäologischer Evidenz von dieser Stätte nicht mehr weiter zu klären ist, so lässt sich doch sagen: „Quoi qu’il en soit, la connotation royale qui s’attache au sphinx en Égypte semble avoir été conservée: il incarne symboliquement la force de la personne royale auprès du dieu.“73

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Vgl. das Elfenbeinrelief aus dem spätbronzezeitlichen Palast von Ugarit mit der Darstellung von Idealszenen aus dem königlichen Leben; vgl. dazu Gachet-Bizollon 2001 und dies. 2007, 130–146. 65 Zu Ägypten vgl. Keel 2018, 31–41. 66 Zu dem Köpfchen einer Königsfigurine aus Tel Abel Beth Maacah vgl. Yahalom-Mack / Panitz-Cohen / Mullins 2018, 154. 67 Zur Diskussion der Königsdarstellungen aus Kuntilled ʽAğrud und Ramat Raḥel vgl. Schmitt 2001, 161–165 Ziffer 2013; Cornelius 2015, 38f.; Ornan 2016, 6–8. 68 Zur Diskussion der Darstellung des Königs Jehu von Israel auf dem Schwarzen Obelisken vgl. Keel / Uehlinger 1994, 396–402 und zum Thema des ṣalam šarrūti (‚Bild des Königtums‘) im Unterschied zum Portrait eines assyrischen Königs vgl. Magen 1986, 44f.; Bahrani 2003, 121–148; Winter 2010a; Oshima 2018, 243–246. 69 Vgl. Keel 2018, 31–34. 70 Vgl. Abd el-Kader 1949, 191f. fig. 1 und pl. VII. 71 Zu diesem Relief vgl. Abd el-Kader 1949; Trokay 1986; Caubet 1993. 72 Vgl. Caubet 1993, 265; vgl. auch die Überlegungen bei Trokay 1986, 108–118. 73 Caubet 1993, 265. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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2.5. Der Tod des Königs Das eingangs zitierte Konzept von den zwei Körpern des Königs wird besonders deutlich im Falle des königlichen Todes, da der Tod des Königs das Auseinandertreten von body natural und body politic des Königs nach sich zieht. Aus diesem Grund muss nach dem Entschwinden des body natural mittels diverser Rituale und Maßnahmen (z. B. durch die Anfertigung von effigies) Sorge getragen werden für das Weiterbestehen der Institution des Königtums, d. h. des body politic.74 Solche Rituale sind aus der Levante im spätbronzezeitlichen Ugarit belegt und lassen sich auch für die Königsbestattung in Byblos und Qatna nachweisen.75 Die Traditionen aus Damaskus bieten nur einen kleinen Einblick in diesen Bereich. Es wurde bereits die Inschrift des Königs Hazael aus Tel Dan zitiert. In dieser fiel auf, dass Hazael das Ableben seines Vaters mit folgenden Worten beschrieb: (3) wyškb . ʼby . yhk . ʼl [.ʼbhw]y . (3) „Und mein Vater legte sich nieder; er ging zu seinen [Vätern].“ (KAI 310,3). Hiermit zeigt sich, dass das Ableben des Königs in geordneter Weise vonstattenging, die Institution des Königtums kam damit allerdings nicht an ihr Ende. Insofern folgt als nächster Satz, dass der Gott Hadad den Hazael zum König gemacht habe. Damit wird ein Sachverhalt zum Ausdruck gebracht, der später im Abendland in Sätzen wie: „rex numquam moritur“,76 „Le roi ne meurt jamais“77 oder „Le roi est mort! Vive le roi!“78 auf den Punkt gebracht wurde. Grundlegend für das Verständnis der formelhaften Wendung des Sichniederlegens und des Eingehens zu seinen Vätern ist folgender Sachverhalt. König Hazael entstammte der Oberschicht des Landes,79 die sich wie jede Oberschicht über die politische Loyalität hinaus auch in ihren Sitten und Gebräuchen dem Königshaus eng verbunden wusste. Was dies für den Bereich von Sterben und Totenkult ausmacht, zeigt ein Blick auf das südanatolische Samʼal, wo ein luwischer Lokalfürst namens Katumuwa während der Zeit des Königs Panamuwa II. (ca. 743–733 v. Chr.) in der Vorsorge für sein Nachgedächtnis Züge des königlichen Totenkultes übernahm. Dies zeigt sich ausweislich seiner Stele im Einzelnen an der Selbstvorstellung des Katumuwa, der Stele als Wohnstatt des Totengeistes, der Nähe Katumuwas zum Gott Hadad, den Opfern sowie der epigraphischen und

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Dazu Kantorowicz 1957, 314–450. Dazu Niehr 2006, 171–178 und ders. 2015a sowie Kühn 2018 für die westsemitischen Kulturen. 76 Dazu Kantorowicz 1957, 314–317. 77 Dazu Kantorowicz 1957, 409–419. 78 Dazu Kantorowicz 1957, 409–419. 79 S. o. die Angaben in Anm. 47. 75

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sprachlichen Verbindung der Stele zu den Inschriften der Könige Panamuwa I. (ca. 790–750 v. Chr.) und Panamuwa II.80 Dementsprechend ist der Passus zum Tode des Vaters des Königs Hazael einzuordnen. Was die inhaltliche Füllung der Aussage des Sichniederlegens und des Eingehens zu den Vätern angeht, so ist grundsätzlich auf die entsprechenden Formulierungen in den Patriarchenerzählungen des Alten Testaments sowie in den Büchern der Könige hinzuweisen.81 Auf dieser Basis zeigt sich, dass die Verwendung dieser formelhaften Wendung durch König Hazael im Horizont der Königsideologie mit dem Ziel, die Herrschaft des Usurpators zu legitimieren, anzusetzen ist.82 2.6. Die Vergöttlichung des Königs und der königliche Totenkult Unsere Hauptquelle für die Vergöttlichung des Königs Hazael nach seinem Tode sowie für seinen königlichen Totenkult ist mit den Antiquitates Judaicae des Flavius Josephus gegeben. Es handelt sich dabei zwar um eine junge Quelle des 1. Jahrhunderts n. Chr., jedoch zeigt diese Quelle die lange Dauer dieses Kultes auf. Bei Flavius Josephus heißt es: „Als nun Adad, der König der Syrer, unversehrt zu Damaskus anlangte und erkannte, dass nicht der Einfall der Feinde in sein Lager, sondern Gott selbst ihm und seinem Heere den Schrecken eingeflößt habe, grämte er sich darüber und verfiel in Schwermut. … Azaël kehrte darauf zum Könige zurück und brachte ihm die Nachricht, mit seiner Krankheit werde es besser gehen. Am folgenden Tage aber warf er ein feuchtes Netz über ihn, erwürgte ihn damit und riss die Herrschaft an sich. Azaël war übrigens ein tatkräftiger Mann und erwarb sich die Liebe der Syrer und des Volkes von Damaskus. Wie Adad wird er auch heute noch vom syrischen Volke göttlich verehrt, das sich der Wohltätigkeit jener Könige und der herrlichen Tempelbauten, womit sie Damaskus verschönert haben, dankbar erinnert. Noch täglich veranstaltet das Volk zu ihrer Ehre glänzende Aufzüge und rühmt ihres hohen Alters, ohne zu wissen, dass sie einer jüngeren Zeit angehören und erst vor kaum eintausendeinhundert Jahren regiert haben.“83 (Ant IX § 4 87–94). Auch wenn man bislang über kein Zeugnis zum zeitlichen Ausgangspunkt der Vergöttlichung des Königs Hazael verfügt, so geht man sicherlich nicht fehl in der Annahme, dass hierfür sein Sohn und Nachfolger, Bar-Hadad II. (ca. 803–775 v. Chr.), verantwortlich sein dürfte. In dem historisch bedeutenden Umstand, dass 80

Vgl. dazu Niehr 2014c. Dazu Suriano 2010, 22–50. 82 So Suriano 2007, 164–166; ders. 2010, 72; Younger 2016, 597–606. Zum Thema der Legitimation der Könige von Damaskus s. o. 2.3. 83 Übersetzung Clementz 1899 = 32011, 428; vgl. noch Marcus 1966, 46–51. 81

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sein Vater Hazael das Königreich Damaskus auf einen vorher nicht gekannten Höhepunkt der Macht gebracht hatte, dürfte der Hintergrund dieser Vergöttlichung und des daraus resultierenden Kultes des Königs Hazael zu suchen sein. Zum Verständnis der sehr viel später von Flavius Josephus getroffenen Aussage, die die Forschung schon lange beschäftigt,84 müssen zwei wichtige Aspekte berücksichtigt werden. Zum einen ist der Gewährsmann für diese Angaben bei Flavius Josephus niemand anders als Nikolaus von Damaskus. Dieser (geboren um 64 v. Chr.; Todesjahr unbekannt) fungierte am Hofe des Königs Herodes d. Gr. (40/37–4 v. Chr.) als Berater und Hofhistoriker. Er kannte die Königsbücher des Alten Testaments in der Form der Septuaginta. Sein Werk ist nur in verstreuten Fragmenten bzw. in einigen Passagen antiker Schriftsteller erhalten.85 Zum anderen ist die Darstellung von Flavius Josephus deutlich geprägt durch eine sogenannte euhemeristische Deutung der Götterentstehung. Diese Art der Religionsdeutung geht zurück auf den Gelehrten Euhemeros von Messina (ca. 340–260 v. Chr.), der die Meinung vertreten hatte, dass frühere Könige aufgrund ihrer Taten nach ihrem Tode als Götter verehrt worden seien.86 Diese Auffassung erwies sich in der griechischen Literatur als sehr einflussreich. Josephus lässt in der oben zitierten Passage den euhemeristischen Charakter seiner Darstellung deutlich werden, da ihm zufolge Adados mit König Bar-Hadad von Damaskus zu gleichen sei und König Hazael als sein Nachfolger bis heute in Damaskus göttliche Ehren genieße. In seiner Darstellung verwechselt Josephus allerdings zwei Dinge: den Kult des Gottes Hadad und den des Königs Hazael, der nach seinem Tode vergöttlicht worden war. Es wurde bereits Nikolaus von Damaskus als Quelle für diese Informationen genannt. Bei Nikolaus von Damaskus ist grundsätzlich davon auszugehen, dass von ihm die religiösen Traditionen von Damaskus im 1. Jahrhundert v. Chr. korrekt wiedergegeben wurden und insofern die Rede von einem Kult des Königs Hazael berechtigt ist. Möglicherweise hat dieser Kult des vergöttlichten Königs Hazael sogar bis zur Christianisierung der Stadt Damaskus bestanden.87 Hierzu fehlen allerdings etwaige antike griechische Quellen aus Damaskus und seiner Umgebung.88

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Vgl. bereits Schrader 1878, 378–394 und Dussaud 1922, 219f. Zu Nikolaus von Damaskus und seinem Werk vgl. bes. Wacholder 1962; ders. 1989; Stern 1976, 227–260; Ilan 1998; Meister 2000; Toher 2003; Parmentier / Barone 2011. 86 Zu Euhemeros von Messina und seiner Religionsdeutung vgl. bes. Ebach 1979, 394– 396; ders. 1990; Fusillo 1998. 87 Vgl. auch Dussaud 1922, 220; Schwemer 2001, 624 Anm. 5037; Niehr 2011, 352; ders. 2014b, 197. 88 Ich danke Julien Aliquot (Lyon) für diese Information. 85

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Einen Nachklang der Aussagen des Josephus findet man noch bei dem römischen Historiker Pompeius Trogus (Ende 1. Jahrhundert v. Chr. – Anfang 1. Jahrhundert n. Chr.), dessen Werk Historiae Philippicae nur bei Justin erhalten ist.89 Hierin werden als Könige von Damaskus u. a. Azelus und Adores, d. h. Adad genannt.90 Zwei zeitgenössische Beispiele für den Kult eines vergöttlichten Königs lassen sich aus der Gegend nördlich und südlich von Damaskus beibringen. Im südlichen Anatolien liegt der Nemrud Dağı. Hier ließ sich der verstorbene König Antiochus I. von Kommagene (ca. 69–36 v. Chr.) in der von ihm errichteten Totenkultstätte verehren, wobei der Aspekt der Verewigung des body politic des Königtums nicht zu übersehen ist.91 Das zweite Beispiel kommt aus Petra im südlichen Jordanien. Ein nabatäischer König namens Obodas wurde nach seinem Tode vergöttlicht und stieg zum einzigen männlichen Gott der Nabatäer neben dem Hauptgott Dušara auf. Dies bezeugen diverse Inschriften aus Petra und Avdat im Negev und der dem Gott Obodas geweihte Tempel von Avdat sowie die sog. Obodas-Kapelle in Petra. Ob es sich bei dem vergöttlichten König um Obodas I. (ca. 96–87/85 v. Chr.) handelt, ist nicht ganz deutlich.92 Für diese Vergöttlichung ist möglicherweise einer seiner Nachfolger auf dem Thron von Petra, Aretas IV. (9/8 v. Chr.–39/40 n. Chr.), aufgrund seiner als nationalistisch und dynastisch bezeichneten Ideologie verantwortlich,93 wobei die Wurzeln eines königlichen Totenkultes weit in den Alten Orient zurückreichen und nicht einfach als Errungenschaft der Diadochenzeit aufgefasst werden sollten.94 Sodann mag die lange Dauer der Memoria des vergöttlichten Königs Hazael in Damaskus überraschen. Hierzu sei nur verwiesen auf das Epitaph des Königs Ussiah von Juda. Die Gebeine dieses um 736 v. Chr. verstorbenen Königs (vgl. 2Kön 15,7) wurden im 1. Jahrhundert v./n. Chr. umgebettet, wie die aramäische Inschrift auf seinem Epitaph ausweist.95 In Damaskus kann man durchaus auch 89

Zu Pompeius Trogus und seinem Werk vgl. Stern 1976, 332f. und Müller 2001. Justin, Epitome XXXVI 2; der Text bei Stern 1976, 335. Vgl. dazu Stern 1976, 339; Dussaud 1922, 220; Schwemer 2001, 624 Anm. 5037; Gatier 2008–2009, 43f. 91 Zur Archäologie des Nemrud Dağı und der damit vermittelten Königsideologie vgl. etwa Jacobs 2000; Wagner 2000; Kühn 2015. 92 Zur epigraphischen, ikonographischen und archäologischen Beleglage sowie zum aktuellen Diskussionsstand um den Gott Obodas und seinen Kult vgl. Healey 2001, 147–151; Nehmé 2012; Roche 2014; Wenning 2015; Monchot 2017. 93 So vorgeschlagen von Healey 2001, 149 und rezipiert bei Wenning 2015, 53. 94 So auch Gzella 2006, 20. 95 Heute befindet sich die aus der Sammlung des russisch-orthodoxen Klosters auf dem Ölberg stammende Kalksteinplatte (Höhe 35 cm; Breite 34 cm; Dicke 6 cm) mit vierzeiliger aramäischer Inschrift, deren ursprünglicher Anbringungsort unbekannt ist, im Israelmuseum in Jerusalem. Vgl. dazu Bieberstein / Bloedhorn 1994, 357f. und Dayagi-Mendels / Rozenberg 2010, 69 Abb. 7. 90

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mit der Existenz einer Totenkultkapelle, in der der Kult des Hazael beheimatet war, noch in der Zeit des Nikolaus von Damaskus rechnen.96 Diese befand sich möglicherweise im Temenos des Hadad-Tempels, so dass die Kulte des Gottes Hadad und des divinisierten Königs Hazael auch in enger lokaler Verbindung praktiziert wurden. Diese Annahme ist allerdings aufgrund des Fehlens epigraphischer und archäologischer Indizien rein spekulativ.97

3. Auswertung und Ausblick Zieht man ein Fazit aus dem bisher Dargelegten, so sieht die Quellensituation zur Erforschung der Ideologie des aramäischen Königtums von Damaskus doch nicht völlig perspektivlos aus. So lässt sich aufweisen, dass es mythische bzw. epische Traditionen über die Herkunft der Könige von Damaskus vom Gott Hadad gab, auch wenn diese nicht mehr in schriftlicher Form erhalten sind. Darauf verweist der Königsname Bar-Hadad. Auch die weiteren Namen Ṭāb-Rammān und HadadʽIdri lassen einen engen Bezug des Königs zum Hauptgott von Damaskus erkennen. Sodann konnten die Strategien der königlichen Legitimation sowie zwei Beispiele für die königliche Ikonographie, die vor allem die Institution des Königtums im Sinne des überzeitlichen body politic in den Vordergrund rücken, aufgezeigt werden. Des Weiteren zeigte sich ein enger Bezug zwischen Götterwelt und Königtum. Das Ableben des Königs wurde eigens beschrieben, ebenso gibt es Indizien für die Vergöttlichung der Könige nach ihrem Tode und das Weiterbestehen des königlichen Totenkultes bis in die frühchristliche Zeit hinein. Die hier gemachten Befunde zur Königsideologie der aramäischen Herrscher von Damaskus lassen sich gut integrieren in das Bild, welches wir von der Königsideologie in den zeitgenössischen aramäischen Königreichen von Bīt Baḫiāni und Yādiya / Samʼal haben.98 Damit kommt ihnen zugleich eine hohe Plausibilität für die Rekonstruktion der Damaszenischen Königsideologie zu.

Im Hintergrund der Umbettung der Gebeine des Königs Ussiah steht der Bericht von 2Chr 26,22–23 über die Bestattung des Königs Ussiah in einem Begräbnisfeld außerhalb der königlichen Grabstätte, da der König zu Lebzeiten an Aussatz gelitten hatte. Vgl. dazu Japhet 2003, 338f. 96 So die Annahme von Kühn 2018, 169. 97 Vgl. allerdings in Jerusalem den Kult der verstorbenen Könige Judas in einer Kapelle unmittelbar neben dem Tempel. Zum Beleg Ez 43,6–9 und den sich hieraus ergebenden Einsichten für den königlichen Totenkult vgl. Niehr 2015b. 98 S. o. die Angaben in Anm. 2 und 3. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Herbert Niehr

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Abb. 1: Elfenbeinrelief eines aramäischen Königs aus Arslan-Taš; aus: Niehr 2014d, 78 Abb. 6.

Abb. 2: Sphingenorthostat aus der Omayyadenmoschee in Damaskus; © Annie Caubet (Paris).

312 Herbert Niehr

Abbildungen

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu On a Group of Colophons from Seleucid Uruk

Mathieu Ossendrijver (Freie Universität, Berlin)

Several scholarly tablets from Seleucid Uruk contain a colophon in which the scribe indicates that he wrote the tablet for his education and placed it in the Rēš temple. The meaning of this statement and the possible reasons for its inclusion in the colophon are analysed through a close reading of the colophons, by identifying features shared by the tablets on which they are inscribed, and by investigating the scholars who produced the tablets. The analysis indicates that most of these tablets have a connection to Kidin-Anu, a legendary scholar of the Ekurzākir clan who was credited with restoring the cult of Anu during the early decades of the Seleucid era. In the Seleucid period the Rēš temple, sanctuary of Anu and Antu, was a prominent center of Babylonian science second only to the Esagil temple in Babylon.1 This is evidenced by three groups of scholarly tablets, each highlighting a distinct period. First, tablets from the library of Anu-ikṣur, a scholar of the Šangû-Ninurta clan who was active around 400 BCE, second, tablets from the library of Iqīšâ of the Ekur-zākir clan, who was active around 320 BCE, and third, tablets from the Rēš temple or produced by its scholars during the period SE (= Seleucid Era) 60– 150 (252–162 BCE).2 Seven tablets (see Table 2), all belonging to the third group, include the phrase “he wrote it for his education … and placed it in the temple” in their colophons. These colophons are investigated in relation to the tablets on which they are inscribed, the scholars who produced them, and cultic and scholarly developments in Uruk. The underlying assumption is that Babylonian scholars composed their colophons deliberately by selecting existing stock phrases, perhaps modifying them, adding new ones and arranging them in a purposeful 1

For the Rēš as a center of scholarship see Proust / Britton 2019. For scholars of the astral sciences with a connection to the Rēš see Ossendrijver 2011a, 2011b, 2019b; for mathematics see Ossendrijver 2019a. 2 For an overview of these libraries see Clancier 2009, 27–103. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

314

Mathieu Ossendrijver

order. The paper is structured as follows. In the first section, the colophons are compared and broken up into the constituent expressions, whose meaning and origin are briefly discussed. In the second section, the content of the tablets and the scholars who produced them are discussed. The paper ends with a summary of the main results and conclusions.

Content and structure of the colophons The seven colophons are not identical duplicates, but they share many constituent expressions and the order of their presentation (Table 1). Six of them preserve a portion of the title of the tablet or of a subsequent tablet in the series (a). This is followed by two optional statements concerning the copying procedure and the nature of the original (b, c). Like nearly all scholarly tablets from the Rēš that preserve a colophon, the present tablets were produced by collaboration between two individuals, an owner and a scribe, who are identified in the phrases “tablet of PN” (ṭuppi PN) and “hand of PN” (qāt PN), respectively (d). Recall that for scholars attested in both functions the last attestation as a scribe always precedes the earliest one as an owner, i.e., they correspond to consecutive career stages (Ossendrijver 2011a, b). As far as can be determined, the owner is invariably a senior scholar, the scribe a junior scholar and often the son of the former. Since in Mesopotamia education was primarily a family matter (Volk 2011, 272–282) this points to a context of advanced education in which junior scholars wrote tablets under the supervision of their masters. The controlled nature of this procedure is often reflected in the careful and calligraphic execution of the tablets.

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lengthening his days, sustaining his life, establishing his position, the absence of his illness (3: illnesses) and revering his lordship he wrote it and

f gid2.da u4.meš-šu2 din zi-ti3-šu2

g kun-nu suḫuš.meš-šu2

h nu gal2-e gig-šu2 (3: gig.meš-šu2) u mud en-u2-ti-šu2

sar-ma

ina unug (1–4, 6–7: u e2 re-eš)

i

j he placed it.

l

u2-kin

the house of his lordship,

k e2 en-u2-ti-šu2

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

[v]

[v]

v

v

v

v

v

v

2

v

v

v

v

v

v

v

v

v

[…]

[…]

v

3

v

v

v

v

v

v

v

v

v

4

v

v

v

v

v

v

v

v

5

7

v

v

v

v

[…]

v

v

[…]

[…]

v

v

v

[…] […]

[…] v

6

This composite transliteration reflects Nos. 4, 1, 7, and 5 (in this order). Individual tablets may employ different logographic or syllabic spellings, but the intended Akkadian text is the same unless indicated otherwise.

3

For his learning,

e a-na a-ḫa-zi-šu2

in Uruk, (1–4, 6–7: i.e., the Rēš temple,)

Tablet of PN1, (titles,) hand of PN2, (titles). v

d im PN1 … qat3 PN2 …

ki

Copy of a (1: an old) wooden board, property of Anu and Antu.

c gaba.ri giš.da (1: sumun-bar) nig2.ga d diš u an-tu4

v

Written like its original, checked and finished.

b gin7 sumun-šu2 sar-ma ba-ru3 u3 uppuš4

v

1

Title or catchline of (subsequent) tablet.

Translation

a …

Transliteration3

Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu 315

[…]

shall return it in the same month to (4: the living quarters of its owner.) He who carries it off, may Adad and Šala carry him off, may he not acquire a son, offspring, someone to bury (him).

q ina ab2-šu2 ana (4: maš-tak-ku en-šu2 ḫe2.gur-šu2)

r ša2 i-tum3-šu2 dšur u dša-la lit-tum3-šu2 mu ki-sit2-ti u qe2-bir nu tuk

s unugki … t […] ša2 ka um.me.a.meš igi ša2-ṭir Table 1. Colophons of Nos. 1–7.

[…]

shall not intentionally make it disappear,

Uruk, date. v […] written according to the word of earlier scholars.

v

[…]

[…]

[…] […]

p ina me-reš-ti-šu2 nu u2-šam-ki-šu2

v

3

shall take care of it and appreciate (it), shall not carry it off (1: by theft),

v

2

n li-iṣ-ṣur-šu2 li-ša2-qi2-ir o (1: ina šur-qu) nu tum3-šu2

v

1

He who reveres Anu and Antu (4: Bēl)

Translation

m mud diš u an-tu4 (4: u.mu.un)

d

Transliteration3

v

v

v

v

v

v

4

v v

v

v

5

v

6

[…]

[…]

v

v

v v

v

7

316 Mathieu Ossendrijver

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

317

In expressions e–l the scribe explains why he wrote the tablet and placed (ukīn, literally “established”) it in the temple.4 These seven tablets were selected on the basis of expression e but, as can be seen in Table 1, all seven include at least e, i, and l, which will be referred to as the “deposition-education clause”. In Uruk, only one other scholarly tablet is known to mention deposition in a temple.5 In Late Babylonian colophons from Babylon and Borsippa this act is frequently reported, but, with one possible exception, never in conjunction with a reference to “learning”.6 Apart from temples, other Babylonian and Assyrian colophons mention palaces and temple libraries as loci of deposition, nearly always using the same verb ukīn.7 Deposition in temples was a widespread Mesopotamian tradition, but the explicit connection to scribal education is unique to the scholars of the Rēš. On six tablets expression e is followed by f, which consists of two parts, here translated as “lengthening his days, sustaining his life”. In nearly all the examples of deposition in a temple from Babylon and Borsippa this is also linked with “sustaining the life” (balāṭ napišti) of the scribe, sometimes along with that of his father (BAK Nos. 166, 449) and house (BAK No. 136). This expression warrants some discussion, because the present translation differs from the more commonly adopted “healing his life”, “his well-being”, or similar. This translation is prompted by two considerations: first, textual evidence suggests that balāṭ napišti often refers to the material conditions of life;8 second, the health of the scribe is addressed by expression h, which is separated from f by g. However, medical and immaterial aspects of life are probably also implied in the phrase “sustaining the life”.9 4

For an overview of the statements of purpose see Hunger 1968, 11–12. AO 7661 (TU 37), a lexical tablet that was “placed in Eanna” (BAK No. 106). In the colophon of AO 6492 (Neugebauer 1955, No. 192), an astronomical tablet from Uruk dating to SE 130, expression i is followed by f–h, so that one expects a second finite verb after h, presumably “(in the temple) he placed it”, but it is lacking, perhaps by mistake (see Neugebauer 1955, Colophon Zc; BAK No. 92). 6 Babylon: BAK Nos. 156, 157, 166; frequently on the Neo-Babylonian school tablets from the Nabû ša Ḫarê temple (Cavigneaux 1981; Gesche 2001, 153–160); Borsippa: BAK Nos. 135, 136, 138, 138a, 139, 140, 140a; Babylonia: BAK No. 449. The only other possible instance of a deposition-education clause, ˹a-na˺ l[a-m]a-du ṭup-šar-[ru-ti], “for learning the scribal art (… he wrote the tablet … brought it into the house of his lordship)”, is contained on BM 77665+, a school tablet from the Nabû ša Ḫarê temple in Babylon (Gesche 2001, 650–652). 7 In a palace: BAK Nos. 318, 319, 323–325, 329, 330, 337; in the “library of the temple TN” (ina girginakki TN): BAK Nos. 327, 328, 338. All these tablets originate from Nineveh. 8 See CAD B, balāṭu 4b, 52. 9 In this connection note BAK No. 327, a colophon from Nineveh in which king Assurbanipal himself states that he wrote the tablet and deposited it in a temple “for sustaining his life” (a-na ti.la zi.meš-šu2). 5

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Mathieu Ossendrijver

At least three tablets continue with expressions g or h or both of them. As argued elsewhere (Ossendrijver 2011a, 642), “establishing his position” (literally: foundations) refers to professional status, perhaps specifically a scholar’s employment as a temple priest.10 Numerous Neo- and Late Babylonian school tablets from Babylon and Sippar, some scholarly tablets from Borsippa, Sippar, and unknown Babylonian sites also include expression g, which was therefore rather common.11 Phrase h expresses the expectation that writing the tablet and placing it in a temple contributes to the scribe’s lasting health. How exactly this was meant to be achieved is not specified, but taking into account the second part, “revering his lordship”, it is clear that Anu, Uruk’s divine patron of cultic and scholarly knowledge, is the implied benefactor. Since the creation of the tablet contributes to the preservation of his cult, the scribe can hope to be rewarded with a long and healthy life. As will become apparent, the converse is also true: the production of false tablets (No. 1) or the deliberate loss of tablets (expression m–r) could trigger divine punishment with disease or death. The link between depositing a tablet in a temple and the absence of any disease of the scribe is also attested in other colophons from Uruk, Babylon, and Nineveh dating back to the Neo-Assyrian period.12 On five tablets phrases e–l are followed by a protective clause (m–r) consisting of an admonition to safeguard the tablet (m–q) and, optionally, a curse (r). The admonition is directed at “the one who reveres Anu and Antu” (m), which shifts the focus from the scribe to the readers of the tablet. Apart from No. 7 the complete sequence m–r occurs only on AO 6452 (TU 1) and AO 6466 (TU 10), two tablets produced in SE 90 and SE 91 by scholars connected to the Rēš,13 which

10 Frequently attested in the colophons of the school tablets from the Nabû ša Ḫarê temple (Cavigneaux 1981; Gesche 2001, 153–166) and the Nabû ša Nikkassi temple in Babylon and the Ebabbar in Sippar (Gesche 2001, 153–166). 11 School tablets from the Nabû ša Ḫarê temple in Babylon: Cavigneaux 1981; BM 77665+, BM 77627, BM 77781+ (Gesche 2001). School tablets from the Nabû ša Nikkassi temple in Babylon: BM 32620, BM 47882, BM 68403 (Gesche 2001), EAH 197 (Frahm 1995, Gesche 1995). Other school tablets: BM 64479 from the Ebabbar in Sippar (Gesche 2001) and BM 60165, unprovenanced (Gesche 2001). Scholarly tablets: BAK No. 139 (from Borsippa); BAK No. 449 (unprovenanced). 12 BAK No. 106 (deposition in Eanna, Uruk); BAK Nos. 166, 449 (deposition in Emaḫgirizal, Babylon); frequently attested in the colophons of the school tablets from the Nabû ša Ḫarê temple (Cavigneaux 1981; Gesche 2001, 153–166), the Nabû ša Nikkassi temple in Babylon, the Ebabbar in Sippar, and the temple of Mār-bīti in Babylon or Borsippa (Gesche 2001, 153–166). BAK Nos. 338AB (deposition in the “library of the temple of Nabû in Nineveh”). 13 AO 6452 (TU 1, BAK No. 96A) and AO 6466 (TU 10, BAK No. 96B), two divinatory texts from SE 90–91 owned by Anu-balāssu-iqbi, son of Anu-aḫ-ittannu, descendant of Aḫûtu, who also owned No. 4. Both colophons lack expressions e–l.

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

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suggests that this clause was put together by such scholars.14 In Uruk, the prohibition to remove the tablet (o) is widely attested without sentence e–l, the earliest example of this is a tablet from the library of Anu-ikṣur (ca. 400 BCE).15 Analogous prohibitions where Anu and Antu are replaced with other deities appear in colophons from other Babylonian sites.16 On Nos. 4, 7, and perhaps 3 this is followed by an instruction to prevent the loss of the tablet (p). It is also found on AO 6452 and AO 6466 and on six tablets from the library of Iqīšâ.17 One of the latter tablets, AO 6458, may have been excavated in or near the Rēš temple along with other tablets of Iqīšâ that were acquired on the antiquities market.18 They testify to a possible transfer of scholarly knowledge from Iqīšâ’s library to the Rēš temple. Expressions very similar to p are attested only on two Neo- or Late Babylonian tablets from Borsippa (BAK Nos. 423, 450), suggestive of a transfer of scholarly practices between Borsippa and Uruk, as may also be inferred from AO 6451 (TU 38),19 a cultic tablet from the Rēš (see below). An alternative version with “he shall not let it be forgotten” (nu u2-ša-am-šeššu), attested on SpTU V 248, a tablet from the library of Anu-ikṣur, sheds light on expression p by suggesting that its focus lies on preventing the interruption of scholarly knowledge. In Nos. 4 and 7 expression p is followed by an instruction to return the tablet to the house of its owner (q). At first sight this is surprising, because the tablets were placed in the temple. The paradox might be resolved by taking into account that access to the temple was limited to priestly personnel (“temple enterers”), so that the instruction could be interpreted as a duty on the part of the scholars to return any borrowed tablet to its proper place within the temple. Nos. 4 and 7 both 14

Only two other tablets contain expression n, namely MLC 1877 (BRM 4 8; BAK No. 87B), a tablet of Anu-aḫa-ušabši (the owner of Nos. 1–3) from SE 61 and, perhaps, BM 34571 (Neugebauer 1955 Nos. 603, 821; BAK No. 178), an astronomical tablet from Baby-lon written around SE 147. The medical tablet AO 6469 (TU 34, BAK No. 100), owned by Iqīšâ (ca. 320 BCE), includes the phrase “He who reveres Gula should appreciate it” (pa-liḫ dME.ME li-ša2-qir), thus far the earliest and only other attestation of “may he appreciate it“ (lišāqir) in a colophon. 15 Other colophons from the Rēš that include this version are BAK Nos. 87B, 94AB, 96AB, 97. The earliest attestation is SpTU V 242, a Šurpu tablet owned by Anu-ikṣur (ca. 400 BCE). Other scholarly tablets produced by Anu-ikṣur and his family employ a version with Anu and Ištar (SpTU III 69, 84) or Anšar and Kišar (SpTU III 90; V 241, 248). One tablet of Iqīšâ (ca. 320 BCE) also employs a version with Anu and Antu (SpTU III 97), six tablets from his library contain a version with Anu, Enlil, and Ea (SpTU I 14; II 37, 38; III 104; IV 140; AO 6458 [BAK No. 97]), and one a version with Anu, Antu, and Ea (SpTU II 6). 16 See Offner 1950, 139–143; Hunger 1968, 14. 17 AO 6458 (BAK No. 97), SpTU I 14; II 6; IV 147 (without ina me-reš-ti-šu2), 158, 220. 18 Frahm 2011, 297. Other tablets in this category are AO 6469 (TU 34; BAK No. 100), AO 6464 (TU 17; BAK No. 113), AO 6471 (TU 50), and MLC 1859 (BRM 4 20; BAK No. 118). 19 Waerzeggers 2010, 115–118; Krul 2018, 103. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Mathieu Ossendrijver

mention “the same month” as the deadline for returning the tablet.20 A sequence of expressions similar to m, o, (p), q is also preserved on AO 6452 and AO 6466 (see above) and on four tablets of Iqīšâ. The former two mention “up to the second day” (ana/a-na 2-i u4-mu), while SpTU III 97, a tablet of Iqīšâ, contains a version with “the same day” (ina u4-mi-šu2). Three other tablets of Iqīšâ (AO 6458, SpTU II 6, SpTU IV 147) contain a version with the sign TE instead of “month” or “day”.21 While TE was previously left untranslated, emended to u 4 , “day” (BAK No. 91), or translated ad-hoc as “evening”,22 it can be suggested that TE is a learned logogram for “month” (arḫu), replacing the more common iti or ab 2 . No textual evidence is available to support this reading yet but note that in Late Babylonian texts the logogram or determinative “star” is usually written mul 2 (TE) and less often mul x (AB2). Hence the meaning “star”, shared by AB2 and TE, could have inspired a transfer of the meaning “month” from AB2 to TE. If this is correct then the deadline of one month, mentioned in Nos. 4 and 7, was the most common one in Seleucid Uruk. The instruction to return the tablet is optionally followed by a curse aimed at those failing to do so (r). It threatens the one “carrying off” the tablet, thereby violating the preceding instruction, with being “carried off” by Adad and Šala in return and with the denial of offspring and burial. The severity of this punishment reflects the importance that was attached to the physical presence of tablets as a condition for the survival of the cult.23 Beyond No. 4 this version of the curse was perhaps written on AO 6492 (ACT 194), an astronomical tablet from Uruk written in SE 130, some 50 years after No. 4. A shorter version, “he who carries it off, may Adad and Šala carry him off”, is attested on AO 6452 and AO 6466 and on several tablets of Iqīšâ or from his library.24 Similar curses, but always involving deities other than Adad and Šala, appear on Neo-Assyrian, Neo-Babylonian, and Late Babylonian tablets from various sites (Hunger 1968, 13–14). The mention of Adad and Šala presumably reflects the role of Adad as a divine judge and the role of both Adad and Šala as deliverers of punishment through natural disaster. It is unclear why this version is unique to Seleucid Uruk, because the mentioned functions of Adad and Šala are expressed in numerous Babylonian and Assyrian divinatory texts, prayers, and rituals from the first millennium BCE.25

20

In No. 4 the reading “month” replaces “day(!)” (BAK No. 91). Instead of TE the copy SpTU II 6 indicates a sign similar to U UD or KUR DIŠ (rev. 49). This is tentatively assumed to be an inaccurate rendering of TE. 22 Stevens 2013, 215, 246–247: No. 30 (AO 6458); No. 32 (SpTU IV 147). 23 See also Stevens 2013, 214. 24 AO 6458 (BAK No. 97); SpTU I 14; II 6, 38 (only Adad); IV 158, 220. 25 For the cult of Adad and Šala in Seleucid Uruk see Schwemer 2001, 648–649; for their role in Late Babylonian literature and scholarship see Schwemer 2001, 663–695. 21

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

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As shown by K. Stevens (2013), the scholars of the Rēš added clauses m–r and s to tablets belonging to their core competence, but rarely to other tablets. Essentially the same applies to secrecy clauses such as “one who does not know may not see it” and “restriction (ikkibu) of the great gods”. Expressions m–s and the secrecy clauses function as “parallel and mutually reinforcing” protective clauses, whose presence correlates with the content of tablets only for each individual scholar (Stevens 2013, 215). While this is not contradicted by Nos. 1–7, it is striking that none of them includes a secrecy clause. Instead, their colophons rather express an intention opposite to the secrecy clauses, namely to display and distribute knowledge about the cult and scholarship of Anu and about the scholars involved. Hence in some situations there were reasons for composing a protective clause solely from statements m–s while avoiding the secrecy clauses. In all probability, all seven colophons concluded with the usual formula mentioning Uruk and the date of writing (s). They cover a period of 57 years from SE 61 to SE 118, corresponding to about two generations of scholars. One tablet (No. 5) includes the phrase “[…] written according to the word of earlier scholars” (t). It is written within the colophon at the height of rev. 3 but, for reasons unclear, upside down from the right edge. This phrase is a variant of “according to the word of a scholar” which is found on numerous scholarly tablets from Uruk, Babylon, Borsippa, and Nineveh.26 The present version, with its explicit reference to earlier scholars, is not attested elsewhere thus far.

Content, owners, and scribes of the tablets No. 1 (MLC 1873) is a ritual for the New Year festival (akītu) of the month Tašrītu (VII) with instructions concerning the procession of Anu’s statue from his cella in the Rēš temple to the Akītu house outside the city.27 As is true for Nos. 3–7, the tablet was acquired from dealers in antiquities ca. 1910–1925, after having been excavated unscientifically in Uruk, probably in or near the Rēš temple. Nos. 1–3 were owned by Anu-aḫa-ušabši, son of Kidin-Anu, descendant of Ekur-zākir, diviner of Anu and Antu, high priest (“big brother”) of the Rēš and scholar of the astral sciences (“scribe of Enūma Anu Enlil”). His scholarly activities can be traced between SE 61 and SE 84 through his ownership of nine scholarly tablets written by four different sons.28 Nos. 1 and 2 were copied in SE 61 by his son Anu-balāssu-iqbi from wooden writing boards that were in the “property of Anu

26

Uruk: BAK No. 120; SpTU I 33, 50, 72; II 38; Nineveh: BAK No. 333; Babylonia: BAK Nos. 471, 486. 27 Copy: BRM 4 7; edition: Linssen 2004, 209–214; see also Krul 2018, 32–34, 53, 58–59, 86, 107, 145, 202. 28 For Anu-aḫa-ušabši see Hunger 1968, 17; Wallenfels 1993, 311–312, 322–323; Linssen 2004, 209; Boiy 2010, 174; Escobar / Pearce 2018, 271–272. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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and Antu”, which indicates their origin as the Rēš temple.29 In view of the question why this tablet was provided with a deposition-education clause note that the New Year festival has political dimensions, since it reaffirmed the legitimacy of kingship and, by extension, that of the societal order in Uruk. No. 2 (W 22289) is a historiographical composition about the legendary Ur III king Šulgi. The tablet came to light during the 27th campaign (1968) of the German excavations in area Ub 18 4, which adjoins area Ue 18, where the living quarters and libraries of the scholars Anu-ikṣur of the Šangû-Ninurta clan (ca. 400 BCE) and Iqīšâ of the Ekur-zākir clan (ca. 320 BCE) were located.30 No. 2 belongs to a very small number of scholarly tablets that were excavated in these areas but date to SE 60–100, several generations after Iqīšâ.31 Perhaps descendants of Iqīšâ or Anu-aḫa-ušabši lived here.32 The tablet was first published by von Weiher (SpTU I 2) and subsequently by Glassner (2004) as Babylonian Chronicle No. 48. Earlier narratives about Šulgi were adapted by shifting the focus from Marduk to Anu.33 Šulgi is presented as an impious king who “inappropriately changed the ordinances of the Anu cult, the regulations of Uruk, the secret teachings of the scholars” and “wrote and left behind a stela of lies, an offensive tablet with purification rites for the gods.”34 In response, the gods punished him with disease, in notable contrast to the good health which the scribes hoped to achieve by depositing their tablets in the Rēš temple. By stipulating reasons why the gods may deny good health to a king-scholar, namely, if he inappropriately changes cultic ordinances or scholarly teachings by writing “false tablets”, the Chronicle reflects on notions of good and bad scholarship as well as good and bad kingship, but given the time and place of composition, the focus is more likely on the former. No. 3 (VAT 7830) is a commentary on Tablet 48(55) of the celestial omen series Enūma Anu Enlil.35 The latter contains omens involving stars and constellations.36 In the commentary they are equated with planets and various terms are 29 This Anu-balāssu-iqbi is not attested on other scholarly tablets, but he might be identified with a witness mentioned in BM 105191 (Corò 2018, No. 51), a lease of a beer brewer’s prebend (sirāšûtu) dating to SE 77. 30 Schmidt 1972, 81 (No. 44); Finkbeiner 1993, 305. 31 SpTU IV 157 (SE 83); SpTU II 33 (ca. SE 100); see also Ossendrijver (forthcoming). 32 No other tablets owned or written by Anu-aḫa-ušabši or his sons found in this area have a known provenance. One of his tablets, W 18828 (UVB 15 40), was excavated in area ME 16 2 near the Rēš temple (Lindström 2003, 228). 33 See Beaulieu 1993, 50; Krul 2018, 100–102. For other chronicles about Šulgi see Grayson 1975, Nos. 19, 20A; Glassner 2004, Nos. 38, 39. 34 SpTU I 2 obv. 13) garza ddiš-u2-tu giš.ḫur.meš ša2 unug[ki], 14) [ni]-ṣir-ti lu2 um-man-nu ša2 la si-mat u2-nak-[kir], 16) na4.ru2.a sur-ra-at ṭup-pi šul-lat.meš 17) [x šu].luḫ.ḫa dingir.ra iš-ṭur-ma e-zib. 35 Edition: Frazer / Frahm 2016. See also Frahm 2011, 150. 36 Tablet 48(55) remains unedited. The number 48 is assigned in the Assur catalogue; in

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

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subjected to an etymological analysis. No exact duplicate of the tablet appears to be known, but the existence of a similar commentary on Tablet 48(55) from Nineveh37 indicates that No. 3 was not an innovative composition at the time of writing and therefore most probably copied from an existing tablet. It was written by Ina-qibīt-Anu, a son of Anu-aḫa-ušabši, who wrote at least three other scholarly tablets for his father between SE 77 and SE 84.38 No. 4 (VAT 7825) is a commentary on Tablet 20 of Enūma Anu Enlil, which is concerned with lunar eclipses.39 It was owned by Anu-balāssu-iqbi, son of Anuaḫ-ittannu, descendant of Aḫûtu, and written by his son Tanittu-Anu in SE 80. A decade later Anu-balāssu-iqbi is attested with the title “mayor of Uruk” (rabû rēš āli ša Uruk) as the owner of the extispicy tablet AO 6452 (TU 1), which indicates his very high official status. As pointed out by H. Hunger (SpTU IV 162) and E. Frahm (2011, 145), the preserved text duplicates, nearly exactly, portions of W 23300 (SpTU IV 162), a tablet of Iqīšâ, although the division into lines is different, presumably reflecting the different sizes of the tablets. W 23300 has a short colophon stating only that the tablet was owned by Iqīšâ and copied from a wooden writing board by Anu-aba-uṣur, son of Anu-mukīn-apli, descendant of Kurî, in year 2 of Philipp Arrhidaeus (322/321 BCE). It is one of very few colophons from Iqīšâ’s library mentioning both an owner and a scribe in the manner of the scholarly tablets from the Rēš temple. Thus, the tablet was produced with special care, but it lacks an indication that it was written for a temple. Theoretically, Tanittu-Anu could have copied No. 4 directly from W 23300, which was ca. 90 years old by then. However, W 23300 was excavated in Iqīšâ’s house,40 which suggests that it was discarded during the lifetime of Iqīšâ’s library and no longer available in Tanittu-Anu’s time. It therefore seems more likely that No. 4 was copied from a later exemplar.

Nineveh this was Tablet 55; its number in Uruk is unknown (Fincke 2001). 37 K 2314 + 6519 + 15255 (Frazer 2017). 38 AO 6486 + VAT 7850 (Weidner 1925); AO 6449 (TU 19; Hunger 1976); MLC 1866 (Beaulieu / Steele 2018, Text D). A scholar Ina-qibīt-Anu, son of Anu-aḫa-ušabši, descendant of Ekur-zākir, diviner of Anu and Antu, is also the owner of VAT 7809 (ACT No. 101), an astronomical table from SE 117 (see the discussion of No. 5). If he is the same individual, then Ina-qibīt-Anu was still young when writing No. 3. 39 Copy: Weidner 1941/44, Pl. VI; editions: Rochberg-Halton 1988, 227–228; Jiménez 2015 (without colophon); colophon: BAK No. 91. See also Frahm 2011, 145. 40 In a small room in layer IV in area Ue 18 1 (Schmidt 1979, 109; Finkbeiner 1993, 328; Clancier 2009, 32). Since layer IV is dated to Anu-ikṣur (ca. 400 BCE), this tablet must be a later intrusion. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

VAT 7830

VAT 7825

AO 6470 +VAT 7814

A 3408

MLC 2653 (YOS 20 87)

3

4

5

6

7

letters (?) of KidinAnu

mathematical astronomy: daily motion table of the Moon

“Uruk catalogue” of EAE

commentary on EAE T. 20

commentary on EAE T. 48(55)

[…, son of …, desc. of …, … of Anu and An]tu, scribe of EAE, […]

[…, son of …, desc. of …]

Anu-aḫa-iddin, son of Nidinti-Anu, son of Anu-bēlšunu, desc. of Ekurzākir, diviner of Anu and Antu, high priest of the Rēš, […]

Anu-balāssu-iqbi, son of Anu-aḫittannu, desc. of Aḫûtu

Anu-aḫa-ušabši, son of [Kidin-Anu, desc. of Ekur-zākir, diviner of Anu and Antu, high priest] of the Rēš, [scribe of] EAE, from Uruk

Anu-aḫa-ušabši, son of Kidin-Anu, desc. of [Ekur-zākir], diviner of [Anu and Antu], high priest of the Rēš, from Uruk

Anu-aḫa-ušabši, son of Kidin-Anu, desc. of Ekur-zākir, diviner of Anu and Antu, high priest of the Rēš, from Uruk

Owner (expression d)

[Anu-aba-utēr (?), son of Anu-bēlšunu (?)], desc. of Sîn-lēqeunninni, lament. priest of Anu and Antu, from Uruk […, son of …, desc. of] Sîn-lēqeunninni

[Anu-aḫa-ušabši, son of Ina-qibīt-Anu, son of Anu-aḫa-ušabši, desc. of Ekurzākir], diviner of Anu and Antu, high priest of the Rēš, scribe of EAE

Tanitti-Anu, his son

Ina-qibīt-Anu, his son

Anu-balāssu-iqbi, [his son]

Anu-balāssu-iqbi, his son

Scribe (expression d)

Table 2. Tablets Nos. 1–7: Museum numbers, content, owners, scribes, and dates.

W 22289 (SpTU 1 2)

2

chronicle about Šulgi

ritual for Akītu festival of month VII

1

MLC 1873 (BRM 4 7)

Content

No. Museum no.

[…] (after SE 37)

13 III SE 118

26 XI SE 117

3 II SE 80

[…]

21 V SE 61

25 IV SE 61

Date (expr. s)

324 Mathieu Ossendrijver

Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

325

No. 5 (AO 6470 + VAT 7814) is known as the “Uruk Catalogue”, a list of incipits of Tablets 1–26 of Enūma Anu Enlil.41 Its colophon does not mention that the tablet is a copy, but this is implied by the presence of a gloss “broken” (ḫe-pi2) in obv. 11. The owner of the tablet, Anu-aḫa-iddin, son of Nidinti-Anu, son of Anu-bēlšunu, high priest of the Rēš, belongs to a branch of the Ekur-zākir clan whose connection to Kidin-Anu is not entirely clear.42 The name of the scribe is completely broken away (rev. 4). Following a proposal by Weidner (1941/44, 187–189), he was thus far assumed to be Anu-aḫa-ušabši, son of Ina-qibīt-Anu, son of Anu-uballiṭ, descendant of Ekur-zākir,43 who wrote four extispicy texts, a lexical text, and a tablet with sheep omens, all in the year SE 99.44 However, this identification would imply a scribal phase, during which he wrote tablets for senior scholars, of at least 18 years, which is unlikely (Ossendrijver 2011a, b).45 A much more plausible identification is suggested by VAT 7809 (ACT 101), a lunar table from the corpus of mathematical astronomy written in SE 117 by Anu-aḫaušabši, son of Ina-qibīt-Anu, son of Anu-aḫa-ušabši, descendant of Ekur-zākir.46 Since No. 5 and VAT 7809 both deal with astral science and were written less than two months apart, No. 5 was more likely written by this Anu-aḫa-ušabši. Note that he is a grandson of the owner of Nos. 1–3 and thus a great-grandson of Kidin-Anu. Also recall that No. 5 includes the remark “written according to the word of earlier scholars” (t), perhaps a reference to his ancestor Kidin-Anu (see below). No. 6 (A 3408) is a table from the corpus of mathematical astronomy with computed daily positions of the Moon. It was written by a lamentation priest (kalû) of the Sîn-lēqe-unninni clan, very likely the astronomer Anu-aba-utēr, son 41

Copies: TU 15 (AO 6470), Weidner 1941/44, Pls. I–II (VAT 7814). Editions: Weidner 1941/44, 186–187; Rochberg 2018, 132–136. Colophon: BAK No. 93. See also Fincke 2001. 42 Thus Ossendrijver 2011a, b; see Wallenfels 1993 and Boiy 2012 for a differing view. 43 BAK No. 93; Rochberg 2018, 132–136; Escobar / Pearce 2018. 44 Extispicy: AO 6452 (TU 2; BAK No. 104B), AO 6457 (TU 3; BAK No. 104C), AO 6454 (TU 4; BAK No. 90A), MLC 1874 (BRM 4 13; BAK No. 95B); lexical series Erimḫus: O 171 (TU 35; BAK No. 90C); sheep omens: AO 6468 (TU 7; BAK No. 103G). 45 Weidner 1941/44, 189, suggested that he also wrote AO 6486 + VAT 7850 (Weidner 1925), a commentary on EAE Tablet 51 from SE 77, resulting in an even less likely duration of 40 years for his junior scribal phase. Weidner based this on a new reading of the name of the scribe’s grandfather as Ina-qibīt-Anu (Weidner 1941/44, 189, fn. 80) instead of Kidin-Anu (Weidner 1925, 358). This appears to have been disregarded in later secondary literature. The correct reading of the name must await collation of VAT 7850, of which no copy or photograph is available. Weidner 1941/44, 189 invoked the implied high age of Anu-aḫa-ušabši to suggest an age-related lack of concentration as a possible explanation for several errors in the Uruk Catalogue. 46 His father Ina-qibīt-Anu is the owner of this tablet. For the colophon see BAK No. 103A; Neugebauer 1955, Colophon J. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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of Anu-bēlšunu. No information about the owner is preserved, since the relevant lines are missing, but the only scholars for whom Anu-aba-utēr is known to have written tablets are his father and Šamaš-ēṭir, son of Ina-qibīt-Anu, son of ŠibqatAnu, descendant of Ekur-zākir (see below). Both are likely candidates for the owner of No. 6. The astronomical content and the possible authorship of Šamašēṭir may connect No. 6 to the scholarly tradition of Kidin-Anu. No. 7 (MLC 2653) was provisionally classified as an administrative document about cultic affairs by L. T. Doty, who published a copy of the tablet (YOS 20 No. 87), which remains unedited. It is divided into eight sections, each containing what appears to be a letter or a report. Their meaning is opaque, because a considerable portion of the left side of the tablet is missing. As summarized by Doty (2012, 22), several sections mention the Rēš temple (Sections 5 and 7), a “scribe of Enūma Anu Enlil” (Sections 4 and 7), and Kidin-Anu (Sections 2 and 6). References are also made to the administration of the palace, statues of the gods returning to Uruk, and cultic restorations (Section 3). Three sections conclude with a date, namely 28 III SE 22 (Section 2), SE 28 (Section 4), and 10 IX SE 37 (Section 8), presumably the dates when the letters or reports were written. After Section 8 there is a colophon, which reads as follows: 40) […] ša2 mki-din-ddiš lu2maš.maš ddiš u an-tu4 41) [… ina bala-e (?) mse-lu]-˹ku˺ u mat-ti-ʼi-ku-su lugal.meš iš-ṭur 42) [… ddiš u an]-tu4 lu2umbisag diš ud ddiš den.lil2.la2 (erasure) 43) [… m]sin-ti-ir2 a-na a-ḫa-zi-šu2 gid2.da u4.meš-šu2 din zi-[šu2] 44) […] sar-ma u2-kin mud ddiš u an-tu4 li-iṣ-ṣur-šu2 li-[ša2-qi2-ir] 45) [… nu] tum3-šu2 ina me-reš-ti-šu2 la u2-šam-ki!-šu2 ina iti-šu2 a-na […] 46) […] (erasure) (40) […] which Kidin-Anu, diviner of Anu and Antu, wrote (41) [… during the reign (?) of Seleu]cus and Antiochus, the kings. (42) [Tablet of …, … of Anu and An]tu, scribe of Enūma Anu Enlil. (43) [Hand(?) of …, descendant of] Sîn-lēqe-unninni. For his learning, lengthening his days, sustaining [his] life (44) he wrote it and placed it. He who reveres Anu and Antu shall take care of it, [appreciate it], (45) [not] carry it off, not intentionally make it disappear, return it in the same month to […].47 (46) […] The presence of a colophon implies that No. 7 is a scholarly tablet and not an administrative document. This is confirmed by the content of the colophon, which states that the tablet was produced for the Rēš temple and could be borrowed, like other scholarly tablets. At first sight the individual mentioned in line 40 might appear to be the tablet’s owner or scribe, but a comparison with other colophons leads to the conclusion that lines 40–41 form the title or incipit of the tablet or of 47

The parallels indicate that the line continued with “house” (bītu) or “living quarters” (maštakku) “of its owner”. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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a subsequent one. The reconstruction “[… during (?) the reign (?) of Seleu]cus and Antiochus” (line 41) is prompted by the colophon of AO 6451 (TU 38), which is discussed below. Considering all the evidence, No. 7 appears to be a collection of letters or reports written by Kidin-Anu, a scholar of the astral sciences and priest of the Rēš temple. Judging from their content he played a prominent role in restoring cultic and scholarly affairs in Uruk during the early decades of the Seleucid era. The three partly preserved dates cover the years SE 22–37, which overlap with the coregency of Seleucus I and Antiochus I (SE 18–31) and that of Antiochus I and Seleucus (SE 32–45),48 but the title seems to refer only to the former. No date when it was written is preserved, but since nearly all datable tablets from the Rēš temple originate from the period SE 60–140 the same can be assumed for No. 7. The references to Kidin-Anu call to mind AO 6451 (TU 38), a Seleucid ritual text concerning the daily offerings in the temples of Uruk with a unique colophon that has received a lot of scholarly attention.49 This colophon is marred by several difficulties, for which a tentative solution can is suggested here, resulting in the following modified translation: (rev. 43) Hand of Šamaš-ēṭir, son of Ina-qibīt-Anu, son of Šibqat-Anu. (44) Wooden writing board with the cultic ordinances of Anuship, the pure purification rites, (from) the rituals of kingship to the divine purification rites of the Rēš temple, the IRIgal temple, (45) the Eanna temple and the (other) temples of Uruk, the ways of the diviners, lamentation priests, musicians, and (46) all (other) scholars, (so) that50 later on everything which the

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For the periods during which these coregencies are mentioned in date formulas see Boiy 2004, 137–145. 49 Editions and translations of the tablet: Thureau-Dangin 1921, 74–86; Farber 1986–1991, 227–232; Linssen 2004, 172–183. For the colophon see BAK No. 107; Beaulieu 1993, 47–50; Frahm 2002, 100–101; Robson 2007; Waerzeggers 2010, 115–118; Boiy 2012; Stevens 2013, 226; Krul 2018, 102–106; Escobar / Pearce 2018, 271–275. 50 “(so) that … a scholar” is a tentative translation of ša2 egir lu2pap a-na ba!-še-e ma-la ša2 lu2 šaman2.mal.la2 kul-lu4 (rev. 46), where the previously read a-na ma-še-e has been emended to a-na ba!-še-e. Inspection of the photograph (CDLI: P363710) reveals that the scribe generally distinguished ma (top horizontal wedge begins leftwards of the other two) from ba (from top to bottom each horizontal wedge is shifted more leftwards) but in obv. 45 an instance of ba is written like ma, which lends some support to the emendation. A reading a-na ma-še-e, “to forget”, is problematic because it results in an implausible narrative by suggesting that “everything which the apprentice holds” is excluded from the tablets copied by Kidin-Anu. One suggested solution has been to translate a-na ma-še-e as “not to mention” instead of “to forget” (Farber 1986–1991, 232; Robson 2007), but there is little or no evidence to support this. If ma-še-e is maintained then an alternative solution could be to assume an omitted negation, a-na ‹la› ma-še-e, “in order ‹not› to forget” (CAD M/1 399–340, mašû 1d; thus Stevens 2013 without explanation). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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apprentice holds (in his hands) will be available (to) a scholar51 in accordance with the tablets (47) which Nabû-apla-uṣur, king of the Sealand, had stolen from Uruk, but then52 Kidin-Anu, the Urukean, (48) diviner of Anu and Antu, descendant of Ekur-zākir, high priest of the Rēš, (49) discovered these tablets in Elam and copied them during the reign of kings Seleucus and Antiochus (50) and brought them to Uruk. Thus, the rituals were copied from a wooden writing board the content of which originated from tablets that were supposedly copied in Elam by Kidin-Anu during the reign of Seleucus and Antiochus. The originals in Elam had been removed, according to the text, from Uruk by Nabopolassar, the seventh century Neo-Babylonian king. In the present translation, line 46 expresses more clearly than previous translations that the rescued tablets were meant to be studied by apprentices as future experts of the cult and scholarship of Anu. Since the Rēš temple did not yet exist in the time of Nabopolassar, modern scholarship considers the account to be a fiction, created in order assert the antiquity and legitimacy of the cult of Anu.53 This is achieved by invoking the time-honored Mesopotamian motif of the discovery of ancient tablets. The role of Nabopolassar is reminiscent of the Uruk Prophecy, a Neo-Babylonian composition in which this king is said to have returned divine statues from Uruk to Susa.54 It is possible that a renovation of the Rēš temple and the associated cultic innovations triggered the creation of the story.55 No date is mentioned in the colophon, but the scribe, Šamaš-ēṭir, is a wellknown scholar of the Ekur-zākir clan, who is attested as the owner of three astronomical tablets in SE 118.56 AO 6451 was therefore most likely produced before SE 118, when Šamaš-ēṭir was still writing tablets as a junior scholar, consistent with the mention of an apprentice in the colophon.57 This points to the renovations undertaken by Anu-uballiṭ/Kephalon around SE 110 as a possible backdrop for 51

The logogram lu2pap was left untranslated in previous editions, because the usual reading nakru, “stranger; enemy”, does not make sense here, but see Wee 2017, 254, who remarks that lu2pap is an erudite logogram for ummānu, “scholar”, or āšipu, “diviner”, in a Babylonian esoteric commentary. 52 The sentence is interrupted here by an anacoluthon (von Soden 1995, 290: §183). 53 Beaulieu 1993, 47–50; Waerzeggers 2010, 115; Boiy 2012; Krul 2018, 105–106; Escobar / Pearce 2018, 272–273. 54 Beaulieu 1993, 47; Beaulieu 2003, 131. For editions of the Uruk Prophecy see Grayson 1975, No. 2; Glassner 2004, No. 21. 55 Beaulieu 1993, 48, points to the renovations of the Rēš and IRIgal temples as reported in inscriptions by Anu-uballiṭ / Nikarchos (SE 68 = 244/3 BCE) and Anu-uballiṭ / Kephalon (SE 110 = 202/1 BCE), Seleucid rulers of Uruk; see also Krul 2018, 56–58. 56 For Šamaš-ēṭir see Boiy 2010; Ossendrijver 2011a, 635–638; Escobar / Pearce 2018. 57 The absence of Šamaš-ēṭir’s clan affiliation from the colophon, which is very unusual for Seleucid Uruk, may indicate that he was in the process of attaching himself to the Ekurzākir clan and to the legacy of Kidin-Anu (Boiy 2010; Escobar / Pearce 2018). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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the creation of AO 6451, while the story itself reflects cultic developments during the coregency of Seleucus I and Antiochus I (SE 18–31).58 The colophon of AO 6451 is clearly related to the content of No. 7. Both tablets mention a scholar Kidin-Anu, diviner of Anu and Antu, in connection with cultic restorations in the Rēš during the twenties and thirties of the Seleucid Era and both were produced within a few decades of the year SE 90 by scholars connected with the Rēš. His affiliation to the Ekur-zākir clan is only preserved on AO 6451 and his connection with astral science is only suggested in No. 7, but there can be little doubt that this is the same individual. If Kidin-Anu’s role in rescuing cultic tablets from Susa was known to the scribe of No. 7, which seems plausible, this could have provided an incentive to produce a scholarly edition of his letters. No scholarly tablets written or owned by Kidin-Anu have been discovered but recall that the owner of Nos. 1–3, Anu-aḫa-ušabši, is the son of a Kidin-Anu, descendant of Ekur-zākir, high priest of the Rēš temple. Since Anu-aḫa-ušabši is attested in SE 60–85, his father must have been active within the period SE 20–50, roughly consistent with the dates mentioned in No. 7 and in the colophon of AO 6451. His father is therefore very likely the same Kidin-Anu.59 Beyond the scholarly corpus he could possibly be identified with a Kidin-Anu, son of Anu-aḫa-ušabši, descendant of Ekur-zākir, who appears as the seller of a temple prebend in a document from SE 3560 and as a witness in numerous other documents.61 Some of these tablets preserve an impression of his seal, which depicts apkallu figures, an appropriate motif for a scholar.62 As there was a tradition in Seleucid Uruk of naming male children after their paternal grandfathers and the

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For this period one may point to excavation layers 2η and 2θ of the Rēš temple and the Anu ziqqurat (Kose 1998, 133–135, 186–191). Also note that the Seleucid empire and Babylonia experienced several periods of unrest around SE 30 that might have affected the cult in Uruk. In SE 30–31 Seleucus I waged a war, in SE 31 he was murdered, and in SE 34 his son and successor Antiochus I faced unrest in Babylonia (Boiy 2004, 139–140). 59 In connection with AO 6451 this identification was adopted by Wallenfels 1993, Boiy 2012, Krul 2018, 103, and Escobar / Pearce 2018. 60 YOS 20 17 (Doty 2012) and its duplicate BM 109956 (Corò 2018, No. 9), written 26 XI SE 35. See Corò 2018, No. 8, a sale of a temple prebend dating to SE 33 for another possible attestation of Kidin-Anu. 61 Wallenfels 1993, 310. 62 He appears to have used two different seals (Wallenfels 1993, 310–313; Tf. 120: Nos. 1, 2; Wallenfels 1994, 39–40, Pl. 11: No. 180). Apkallus are fish-garbed antediluvian sages who mediated knowledge and skills from Enki/Ea to humankind. In Seleucid Uruk the apkallu tradition (Wallenfels 1993, 319–321) is also evident in W 20030/7 (BaM Beih 2 89), a tablet from SE 147 inscribed with a list of apkallus and postdiluvian scholars excavated in the Rēš temple (van Dijk 1962, 44–52). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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scholar Kidin-Anu had a son named Anu-aḫa-ušabši it is plausible that his father was also named Anu-aḫa-ušabši.63 Another possible reference to the scholar Kidin-Anu is contained in the labels “computed table of Kidin-Anu” ([ter]-˹si˺-tu4 ša2 mki-din-diš) and “computed table of Kidinnu” (te-er-si-tu4 ša2 mki-din-nu), which accompany ACT 122 and ACT 123a, two tablets containing mathematical astronomy from Babylon dating to the Parthian era (1st c. BCE). As proposed by H. Hunger (BAK No. 170), m ki-din-diš is a defective writing for mki-din-ddiš = Kidin-Anu and Kidinnu an abbreviation of the same. Both are lunar tables computed with system B, while another lunar table from Parthian Babylon, ACT 18, which was computed with system A, contains the label “computed table of Nabû-rēmanni”.64 Since these individuals are not the owners or scribes of the tablets, their names indicate a type of astronomical table, perhaps lunar systems A and B. At least by the Parthian period they were apparently associated with Nabû-rēmanni and Kidin-Anu, respectively, perhaps because they were considered to have created the underlying computational methods. This could explain why the Greek historian Strabo (ca. 64 BCE – 24 CE) reports that Kidenas and Naburianos, along with Sudines, were Chaldean “mathematicians” representing different schools of astronomical thought.65 The identity of this Kidin-Anu/Kidenas and the scholar Kidin-Anu discussed earlier cannot be considered certain, but it is not contradicted by textual evidence. Lunar system B is generally believed to have been created after lunar system A,66 which points to the early decades of the Seleucid era as the time of its creation. A terminus ante quem is SE 54, the tentative date of the earliest known table computed with lunar system B.67

Summary and conclusions The seven tablets whose colophons preserve a deposition-education clause do not form a completely homogenous group, but several features are shared by most of them. At least five tablets (Nos. 1–3, 5, 7) have some connection to the scholar Kidin-Anu of the Ekur-zākir clan. In four cases the tablet’s owner or scribe, or 63

Nevertheless, the identification of the Kidin-Anu from the legal documents with the scholar cannot be considered entirely certain, because Kidin-Anu was a common name in Seleucid Uruk and there is no confirmation yet from scholarly tablets that his father was indeed named Anu-aḫa-ušabši. 64 See Ossendrijver 2012, 115. 65 Geographica, Book 16:6 (Radt 2009, 283). The identity of Kidinnu and Kidenas was first suggested by Schiaparelli in 1908 (Fotheringham 1928), that of Naburianos and Nabûrēmanni by Schnabel 1923. 66 On the chronology of lunar systems K, A and B see Ossendrijver 2012, 115–116. 67 BM 34162 (ACT 149), an undated table with computed quantities tentatively dated to SE 54–67 by O. Neugebauer. Most other tables with lunar system B are much later or could not yet be dated. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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both of them, are direct descendants of Kidin-Anu (Nos. 1–3, 5), while No. 7 probably contains letters by Kidin-Anu about cultic restorations. That he was considered to have played a role in cultic and scholarly innovations during the early decades of the Seleucid era is confirmed by the colophon of AO 6451 and the labels “computed table of Kidinnu/Kidin-Anu”. Kidin-Anu’s promotion as a cultural hero and legendary ancestor of a branch of the Ekur-zākir clan is not an isolated phenomenon in Late Seleucid Uruk. A similar effort, though involving a much greater timespan, underlies W 20030/7, a list of antediluvian and postdiluvian kings and scholars from SE 147 in which Sîn-lēqi-unninni features as the scholar (ummannu) who was associated with the first postdiluvian king Gilgameš.68 It is certainly not a coincidence that this tablet was written by a member of the Sîn-lēqi-unninni clan. By analogy Kidin-Anu’s reputation could have provided an incentive for his descendants to preserve his legacy and emulate his example. We might even imagine that junior scholars carried their newly written tablets to their destination in the Rēš temple69 in memory of Kidin-Anu’s legendary journey from Susa to Uruk. Other similarities between the tablets concern their subject matter. Four of them deal with astral science in one way or another. Nos. 3–6 contain commentaries on EAE or a table with mathematical astronomy and No. 7 refers to specialists of astral sciences. Except No. 4, these tablets include a protective clause (m–r), which indicates that astral science belonged to the core competence of these scholars (Stevens 2013). Other tablets about astral science owned or written by descendants of Kidin-Anu confirm this.70 For Kidin-Anu himself a dedication to astral science is suggested by references to a “scribe of EAE” in No. 7 and, perhaps, the mentioned label “computed table of Kidin-Anu/Kidinnu” preserved on tablets from Parthian Babylon. The second most common topic is the cult of Anu, which is covered by three tablets (Nos. 1, 2, and 7). They have a notable focus on kingship and on political and historical aspects of the cult, namely the New Year festival (No. 1), king Šulgi’s negligence towards the cult (No. 2), and the restoration of the Anu cult during the early decades of the Seleucid era (No. 7). Moreover, Nos. 3–5 deal with traditional forms of astral divination, which is closely associated with kingship. The cult of Anu and perhaps astral science are also the subjects that appear to have led to Kidin-Anu’s fame as a scholar. Other

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Van Dijk 1962, 44–52. For a copy of the tablet see BaM Beih 2 89. School tablets were excavated in the private libraries of Anu-ikṣur and Iqīšâ but not in the Rēš temple (Clancier 2009), which suggests that scribal education was conducted at home, as is generally assumed for Babylonia (Gesche 2001). The same probably applies to the advanced education of junior scholars. 70 K 3753 (Weidner 1967, 11; BAK No. 88); AO 6486 (TU 18) + VAT 7850 (Weidner 1925); AO 6449 (TU 19; Hunger 1976); HMA 9-1789 (UCP 9; Weidner 1968/69; BAK No. 87C); MLC 1866 (Beaulieu / Steele 2018, Text D). 69

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important fields of Babylonian scholarship such as non-astral divination, medicine, mathematics, and lamentations, are notably absent from the seven tablets. Numerous other tablets from the Rēš temple, some written by descendants of Kidin-Anu, also deal with astral science or cultic topics, but they lack a deposition-education clause. We must therefore conclude that this clause was included only on special occasions. Apart from the descendants of Kidin-Anu, only a few select individuals from other elite clans (No. 4) are known to have used it. It is significant that most of the owners and scribes of the seven tablets belong to the highest ranks of the elites of Uruk. Four tablets (Nos. 1–3, 5) are owned by high priests of the Rēš and the owner of No. 4 was the mayor of Uruk. For these prominent scholars and dignitaries the production of tablets and their deposition in the temple served to affirm their commitment to the cult of Anu and raise their status in the scholarly, priestly, and wider community. Indeed none of the seven tablets includes a secrecy clause, consistent with an intention to spread knowledge about the cult of Anu and those who contribute to its continuity. Given the high status of these scholars it is not surprising that several of the tablets deal with kingship, the New Year festival, and astral divination. A final question to be addressed concerns the location where the tablets were deposited within the Rēš temple. It is ironic that the only tablet with a documented provenance (No. 2) was not excavated near the Rēš but next to the living quarters of the scholar Iqīšâ. Nearly all tablets with a documented provenance from the Rēš were excavated in a small room near the south east gate of the temple,71 but none of them preserve a deposition-education clause. Their colophons mainly mention scholars of the Sîn-lēqi-unninni clan, who could not claim Kidin-Anu as a forefather, but Nos. 6 and 7 were nevertheless written by junior scholars from that clan. Thus, the library near the south east gate cannot be ruled out. However, scholarly tablets were most probably also kept at other locations in the Rēš and one should consider the possibility that tablets Nos. 1–7 were deposited in a distinct and prominent location where they would be visible and accessible to priests and dignitaries beyond the narrow circle of scholars.

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Clancier 2009; Ossendrijver 2019a; Proust / Steele 2019. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Scholars in the Footsteps of Kidin-Anu

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Mathieu Ossendrijver

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On the Mother of Šu-Suen Another Confirmation

David I. Owen (Cornell University, NY) Konrad Volk’s contributions to Assyriology are characterized by his masterful publications of Sumerian literary sources. Throughout his career, when not distracted by endless Tübingen University administrative responsibilities, he has offered us challenging, and insightful interpretations of major literary and historical texts. As a small token of a long and enduring friendship, I offer this publication of a unique Ur III votive inscription in his honor.

Until now the only unequivocal evidence that Abi-simti was the mother of ŠuSuen has been the much-discussed seal impression of her brother Babati’s seal, published by R. M. Whiting1 and replicated in a later Old Babylonian copy published by C. B. F. Walker.2 No other text is known that identifies her as the mother of Šu-Suen. Now, in a carefully inscribed text on a stone platter fragment3 in a private collection, we find a second, and conclusive, affirmation that Abi-simti (whose mother was presumably Taram-Uram) was, in fact, the mother of Šu-Suen and not the wife of Amar-Suen as once proposed by T. Jacobsen.4 The platter,5 likely from a temple in Ur or perhaps from one of the many other temples or memorial shrines (ki-a-na £) in Sumer, presumably held food offerings. The inscription is of the high quality one would expect on a stone vessel 1

Whiting 1976; Wu / Wang 2012. Note also Paoletti 2012, 276–277. Walker 1982 and Mayr / Owen 2004, 145–174, esp. 167, no. 5. (= Tsouparopoulou 2015, 48c). 3 The stone platter fragment is in a private collection, and is published with the owner’s kind permission. The platter has been carefully restored to its full form (Fig. 1). 4 Jacobsen 1953, 45–47. 5 Perhaps it is an example of the Sumerian d íl im , tilimtu, “a type of bowl,” (CAD T 405 s. v.) discussed by Steinkeller 2016. 2

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David I. Owen

emanating from the royal family. It is inscribed without damage on the preserved section of the now restored platter (Fig. 2). Until now, it has been assumed that Šulgi was the father of Šu-Suen6 and that Abi-simti,7 according to both this and the Babati inscriptions, was his mother. However, both P. Michalowski and W. Sallaberger now suggest that Amar-Suen, not Šulgi, was Šu-Suen’s father, and that Abi-simti was his mother. Y. Wu’s recent suggestion that Šulgi’s queen Šulgi-simti must have changed her name to Abisimti after Šulgi’s death is not substantiated by any existing evidence8 and it conflicts with the record of the ki-a -na £ of Šulgi-simti, which indicates that she died at the end of Šulgi’s reign or no later than the beginning of Amar-Suen’s reign, about the same time that Abi-simti begins to appear in the textual record. While the new inscription does not shed any new light on this complex issue, the inscription does substantiate another piece of evidence for the genealogy of the royal family of the Third Dynasty of Ur even though, as with much of the preserved written documentation for the period, it lacks any archaeological provenience or associated context.9 Fortunately, the recently published archives from Iri-Sa£rig,10 in which members of the royal family are particularly well-documented, provide additional evidence for Abi-simti, where she is mentioned in these sources, sometimes in conjunction with other royal women.11 The following summarizes the data. a) In ŠS 6/eze m- dšul-gi/-, Abi-simti appears with Kubatum12 providing ma š-da -ri-a offerings in Nippur (Nisaba 15/1, 366:5–8 [CDLI P453797]).

6

Sallaberger 2012. I have had no access to the dissertation (in Chinese) of J. Wang, “The Archive Reconstruction of the Office of Queen Shulgi-simti of the Animal Center (Š 28 i–Š 48) and the Study on Dowager Abi-simti (AS 1 xi/2–ŠS 9 xii/17) of the Ur III Dynasty in Drehem,” Ancient Civilizations 2 (Changchun, 2010), 17–30, but assume the results were included in Wu / Wang 2012, passim, where it is cited. 8 Wu / Wang 2012, 14ff. Note, however, references to a Šulgi-simti, unlikely the same person, reappear at the beginning of Ibbi-Suen’s reign (ibid., 15) and after the presumed death of Abi-simti in ŠS 9/xii/9 (Steinkeller 1987, n. 92). These references were discussed by Ozaki 2008, 220 and n. 13, and on the death of Šulgi and associated events, see further Michalowski 1977, Michalowski 2013, and Dahl 2007, 6–32. Although it remains problematic, these references must refer to a namesake of Šulgi-simti, since her ki -a -na £ is recorded already in AS 1/iii/28 (Shilejko, ZVO 25 (1921), 134 no. 2:9 [P142619]) along with those of Šulgi and Geme-Ninlila. 9 Emphasizing once again that the lack of archaeological context does not negate the value of written documents, even when “unprovenanced”. 10 Owen 2013a, Owen 2013b, and Sigrist / Ozaki, 2019. 11 Owen 2013b, 31–40 with n. 49. 12 Cf. Paoletti 2012, 277–278. 7

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On the Mother of Šu-Suen

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b) In ŠS 8/še-kí£-ku 5/-, when Abi-simti nin comes from Dēr13 to the “royal place” (in Iri-Sa£rig) (Nisaba 15/1, 458 [CDLI P453857], u 4 A-bí-sí-im-ti BÀD.ANki-ta ki lu ga l-šè ba- £e n-na-a). ŠS 8/-/-, when Abi-simti nin comes from Dēr to the “royal place” (in Iri-Sa£rig) (CDLI P315390, u 4 A-bí-[sí-im]-/ti [nin ] BÀD.ANki-ta [k ] i lugal-šè ba -£e n-na-a ). c) In ŠS 9/-/-, Abi-simti’s sheep are recorded (Nisaba 15/1, 536:3, a-šà ku 5 rá udu A-bí-si!-im-ti) and again in the same year (ŠS 9/-/-) in a similar text (CUSAS 40/2, 332): obverse 1. 2. 3. 4. 5.

180.0.0. še gur a -šà ku 5 -rá udu A-bí-sí-im-ti kìšib Ba-ba-ti Tu-ra-am-ì-lí / ša bra

reverse 6. 7. 8. 9.

tùmu-da m BLANK SPACE mu dŠu-dSuen lug al- /Uri 5ki-ma-ke 4 É-dŠára -Umma ki-ka / mu-dù

d) In an undated text (Nisaba 15/1, 1014, [ŠS 5?]/še- kí£-ku 5/-), presumed to be from Iri-Sa£rig, offerings for the ki-a- na £ of both Šuqurtum and Abi-simti are recorded (ll. 2 and 9). The term, wadaltum, which is mentioned also in this text (l. 24), is attested elsewhere only at Puzriš-Dagan from Š 47/ii/4 => ŠS 1/xii/(BDTNS/CDLI s. v.), suggesting that the Iri-Sa£rig tablet may have come originally from Puzriš-Dagan since there is no internal evidence (or provenance) that indicates it originated at Iri-Sa£rig.

Ur-III platter Transliteration 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 13

d

Šu-dSuen ki-á £-/de n-líl-lá lugal dEn-líl-le ki-á £-šà- ga-na in-pà d lugal-ka la- ga lugal-Uri 5ki-/ma lugal-an-ub-da / límmu-ba -ke 4

Modern Badrah. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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David I. Owen

9. 10. 11.

A-bí-sí-im-/ti ama-ki-ᣠ-£á-/n i-ir in-na-ba

Translation Šu-Suen, beloved of Enlil, the king who Enlil, in his loving heart, appointed (as) the mighty king, the king of Ur, the king of the four quarters, gifted this (stone platter) for Abī-simtī, his beloved mother. Comments Aside from the uniqueness of the dedication, the form of the inscription is paralleled only on royal gift seal inscriptions (cf. Mayr / Owen 2004, note 2). Ll. 3–4. Cf. the composite, reconstructed seal inscription, Sigrist et al. (1988, 379) (Puzriš-Dagan, ŠS 1/x/-), dŠu-dSuen / [sa£-ú s é]-dEn -líl-lá-k a / [Nib ru ki-a] dEn -líl-lá / šà-g a-na / [mu -p à-da] / lugal-kala-[ga] / lugal[Uri 5ki-ma] / A-da-[làl] / dumu Nu-[…] / IR11-[zu] (= Tsouparopoulou [2015], 142, no. 12. [Adallal 4]). Note also Šul-gi dEn -líl-lá k i-ᣠšà-ga-na, ETCSL 2.4.2.4. Shulgi D:13, and the OB copy of a Babati inscription, edited by C. B. F. Walker (1983) with its parallel phrasing but without the mention of Abī-simtī.

Excursus It is the case with Ur III archives that interconnections between individual texts are revealed and that these interconnections often provide information that enhances our understanding of these texts in a wider context. Thus, additional remarks are offered here as an extension of an analysis of the text referenced above, updated and reproduced here with further discussion. The tablet was conserved subsequent to its original publication and was republished with revisions in Lafont / Owen (2019) as FMTL 77.14 Nisaba 15/1, 1014 (P454169) = FMTL 77 (s. Fig. 3) Date: [ŠS 5?]/še-kí£ -ku 5/Not sealed Size: 87 × 44 mm Provenance: Iri-Sa£rig Transliteration obverse 1. 0.0.3. dabin 0.0.2. kaš-du 2. ki-a-na£ -šu-qur-tum 3. 1 sìla eša 2 sìla dabin 14

Lafont / Owen 2019, 149–150. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

On the Mother of Šu-Suen

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

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kèš ki zu-ga-tum šà £eškiri 6 0.0.2. dabin 0.0.2. kaš-du 1 sìla eša 2 sìla dabin zu-ga-tum šà £eškiri 6 0.0.1. dabin 0.0.1 kaš-du ki-a-na£-a-bí-sí-im-ti 0.0.1. dabin 0.0.1. kaš 1 sìla eša é- d£eštin-an-na 1 sìla eša 2 sìla dabin

lower edge 13. ma-at-gi 4-gi 4 reverse 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.

6 sìla zíd-sig 15 1 sìla eša 1 sìla dabin x a-gù-ama-ra 6 sìla zíd-sig 15 0.0.2.4 sìla dabin 2 sìla zú-lum 0.0.1. kaš 1 sìla eša 2 sìla dabin d lugal-pa-HI 5 sìla zíd-sig 15 ½ sìla eša 3 sìla dabin lú-bù-bù 0.0.2. še 0.0.1. kaš-du 1 sìla eša 2 sìla dabin wa-da-al-tum 0.0.1. kaš 1 sìla eša 2 sìla dabin zu-ga-tum šà £eškiri 6 EN?.[ZU?-a-b]u-šu-ta 15 ba-zi

upper edge 28. iti še-kí£ -ku 5 side 29. BLANK Translation 30 liters of semolina (and) 20 liters of ordinary beer for the funerary libation place of Šuqurtum (the royal consort); 1 liter of fine flour (and) 2 liters of semolina (in?) Keš (and the) zugatum(-ceremony) in the garden; 20 liters of semolina (and) 20 liters of ordinary beer, 1 liter of fine flour (and) 2 liters of semolina, for the zugatum(-ceremony) in the garden; 10 liters of semolina (and) 10 liters of ordinary beer for the funerary libation place of Abi-simti; 10 liters of semolina, 10 liters of 15

Tentative restoration is based on the ending -bušu, and would be known only from this frequently attested personal name. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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beer, (and) 10 liters of fine flour for the Temple of ¤eštin-ana; 1 liter of fine flour (and) 2 liters of semolina for Mat-gigi (senior cantor); 6 liters of sig-flour, 1 liter of fine flour, (and) 1 liter of semolina for Agu-amara; 6 liters of sig-flour, 24 liters of semolina, 2 liters of dates, 1 liter of beer, 1 liter of fine flour, (and) 2 liters of semolina for Lugal-paHI; 5 liters of sig-flour, 1/2 liter of fine flour, (and) 3 liters of semolina for the Lu-bubu, 20 liters of barley, 10 liters of ordinary beer, 1 liter of fine flour, (and) 2 liters of semolina for wadaltum; 10 liters of beer, 1 liter of fine flour, (and) 2 liters of semolina for the zugatum(-ceremony) in the garden; Expended by [Suen-ab]ušu, in the Month of the Barley Reaping. Comments L. 2: The funeral libation place of Šuqurtum, Šulgi’s consort (lukur), was known only from a votive base from Ur (Frayne 1997, 182 [ref. P. Michalowski]). Cf. further, Such-Gutiérrez (2012, 330 with fn. 23). Ll. 4, 7: A name, Zugatum, occurs elsewhere only once in the Arad-£u archive, Studevent-Hickman (2018, 5) no. 44: u-bar-ni-a dumu zu-ga-tum (ŠS 5/gangan-è/-). However, it is unlikely a personal name here, given the offerings associated with it, but more likely a ceremony of some sort. The phrase is obscure and is found only three times in this text, twice without Kèški. M. Cohen (personal communication) suggests that the word may be a West Semitic loan for grape (-vine). This text dates to around the early spring, about the time of the festival of the first wine, perhaps indicating such a festival was being held at Keš whose location has been secured at Tūlūl al-Baqarat, along with nearby Tell al-Wilaya, identified now as Iri-Sa£rig by M. Viano (2019), passim. L. 9: This is the funeral libation place for Abī-Simtī, who is now considered Amar-Suen’s queen. L. 11: A temple of ¤eštin-an-na is known otherwise only from Umma (Gregoire, AAICAB 1/1, Ashm. 1911-229: obv. iv 27), Ní£-súd ki (Gregoire, AAICAB 1/1, Ashm. 1911-229 rev. i 3 [P142741]), ¤irsu (Sigrist / Ozaki 2013, 271:3, n. d. [P378868], and Sauren 1969, 176: rev. vi 3', Š 48/vii/- [P113475]). L. 13: Mat-gigi is surely the senior cantor (gala-mah) of Irisa£rig attested in two additional texts, Buccellati, Amorites 18, p. 7 (Amar-Suen 5/xii/29) and Owen (1991), 192:4 (Amar-Suen 5/xii/29). Since these two texts are from the same year and month, it is likely that the Jawad Adra text (FMTL 77) can be dated also to Amar-Suen 5/xii. For the role of the senior cantor, cf. Michalowski (2006). L. 21: Literally, for the “(grass) cutter-men,” probably those who work clearing fields. Cf. Archi (1995), n. 435: 9–10, 0.0.1.8 sìla nin da šà-gal ki lú -bù bù -k e 4 -ne (18 liters of bread, rations for the grass-cutter-men) and CDLI / BDTNS s. v. L. 24: Wadaltum is considered by some as the name of a place in its many references at Puzriš-Dagan where it is written nearly always as šà wa-da-al-tum and almost always without KI, with the single exception in Nikol’skij, Nik. 2 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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(1915) 498:4, transliterated (in BDTNS/CDLI) as [wa]-da-al-tumki-k a ki-b a ba-na-a-£ á-a. However, because the superscripted /ki/, as copied is actually /sá/, followed by a meaningless double genitive /ka/, I would instead read, [wa]-da-al-tum sá-du 11 ki-ba ba-na-a-£á-a. In any case, either reading would be a hapax.

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David I. Owen

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On the Mother of Šu-Suen

Figures

Fig. 1: Restored platter, full view with facing inscription.

Fig. 2: Restored platter, inscription.

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Fig. 3: FMTL 77 after baking and cleaning.

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Eine Geschichte der Stadt Mardama(n)

Peter Pfälzner (Eberhard Karls Universität, Tübingen) und Betina Faist (Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg) Dieser erste Versuch einer Stadtgeschichte von Mardama(n) ist Konrad Volk, der dieses und viele andere Projekte tatkräftig unterstützt und begleitet hat, zum 65. Geburtstag in dankbarer Zuneigung gewidmet.

1. Einleitung Der Name Bassetki ist der archäologischen und altorientalisch-philologischen Fachwelt seit dem Jahr 1975 ein Begriff, nachdem dort eine Kupferbasis mit Inschrift des akkadischen Herrschers Narām-Sîn zufällig bei Straßenbauarbeiten gefunden worden war.1 Lange Zeit war aber nichts Weiteres über den Fundort dieses wichtigen historischen Monuments bekannt. Dies hat sich kürzlich geändert. Seit dem Jahr 2018 wissen wir, dass es sich hierbei um die in altorientalischen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. überlieferte Stadt Mardama(n) handelt. Dies eröffnet die Möglichkeit, erstmals eine Geschichte dieser bedeutenden Stadt Nordmesopotamiens zu schreiben. Hierzu sollen die Erkenntnisse aus den neuen Textfunden in Bassetki, aus den textlichen Bezeugungen der Stadt an anderen Orten sowie aus den archäologischen Funden und Befunden der neuen Ausgrabungen im Bereich der alten Stadtanlage herangezogen werden.

2. Zur Geographie von Mardama(n) Bassetki liegt in der fruchtbaren Selevani-Ebene im nordöstlichen Winkel Mesopotamiens (Abb. 1).2 Die leicht wellige Ebene besitzt fruchtbare Böden und erhält im heutigen Mittel um 500 mm Niederschläge im Jahr.3 Dies entspricht ei1

Al-Fouadi 1976, 63–64. Pfälzner / Sconzo 2015; dies. 2016. 3 Vgl. Wirth 1962, Abb. 7. 2

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nem Wert, der vergleichbar ist mit denen im nördlichsten Streifen des Oberen Ḫaburgebietes in Nordostsyrien. Somit reiht sich die Selevani-Ebene in die bevorzugten Regenfeldbaugebiete Nordmesopotamiens ein. Sie besitzt eine annähernd dreieckige Form, die daraus entsteht, dass sie im Südwesten durch den Tigris, im Nordosten durch den Ǧebel Biḫair (oder Şax-e Bixêr auf Kurdisch), dem äußersten Gebirgszug des Zagros, begrenzt ist. Beide Elemente laufen in spitzem Winkel aufeinander zu und treffen sich an der nach Nordwesten weisenden Spitze der Ebene, dort wo heute das Dreiländereck zwischen Syrien, dem Irak und der Türkei liegt. Mit diesen natürlichen Begrenzungen ausgestattet besitzt die Ebene eine Länge von 50 km und eine maximale Breite von 25 km. Bassetki ist der größte archäologische Fundort in der Selevani-Ebene, zumal für die Bronzezeit. Auffälligerweise liegt der Ort annähend in der Mitte der Ebene, nur leicht weniger vom Gebirge als vom Tigris entfernt. Zum Fluss sind es 16 km, zu den Bergen nur 6 km. Die Siedlung mit einer Gesamtfläche von 50 ha kann als das vorrangige städtische Zentrum der Selevani-Ebene in der Bronzezeit angesehen werden, keine andere Siedlung in der Ebene kommt ihr auch nur annähernd gleich. Die umgebende Ebene prägt die Ortslage von Bassetki in zweierlei Hinsicht: zum einen stellt sie den ökologisch sehr begünstigten Rahmen für eine prosperierende Stadtanlage mit einem reichen agrarischen Umland dar, zum anderen dient die Ebene auch als natürlicher Verbindungsweg. Diese Route verbindet in südost-nordwestlicher Richtung das nördliche Kernland Assyriens mit den Regionen Südostanatoliens und Nordostsyriens. Der Weg über die flachwellige Ebene ist erheblich leichter und kürzer als der theoretisch mögliche parallele Weg durch das Tigristal, weil das Flusstal zu viele Windungen besitzt und zu viele Steilufer aufweist, an welche der Fluss auf beiden Talseiten sehr häufig unmittelbar herantritt. Diese Merkmale machen das Tigristal als überregionalen Verkehrsweg ungeeignet. Der erheblich unbeschwerlichere Weg durch das Hinterland des Tigristals dürfte folglich zu allen Zeiten die bessere Alternative dargestellt haben. Dies gilt bis in die heutige Zeit, in der die Europastraße E90 von Ankara nach Silopi (türkisch / irakische Grenze) und weiter nach Baghdad die Selevani-Ebene und den Ort Bassetki durchquert. Während sich der Mittlere Tigris in diesem Abschnitt nicht als Verkehrsweg in Talrichtung anbietet, so sind in dieser Region doch wichtige Tigrisübergänge vorhanden, die die Selevani-Ebene und damit das Umland von Mardama(n) mit den Regionen westlich des Tigris verbinden. Innerhalb der Region ist die Furt von Fēšḫabur sicherlich die bedeutendste. Sie wurde als ein Tigrisübergang für die Routen der parthisch-römischen und der neuassyrischen Zeit bereits in die Diskussion eingebracht.4 Für die Verbindungen nach Westen und auch nach Anato-

4

Kessler 1980, 37–38, 148, Karte I (dort als Pēšḫabur bezeichnet). Oates 2005, 77, Fig. 5 verweist zusätzlich auf zwei weitere Tigrisfurten bei Abu Ḍahir und Abu Waǧnām, die ebenfalls die Selevani-Ebene mit dem westtigridischen Land nördlich des Ǧebel Sinǧar © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Eine Geschichte der Stadt Mardama(n)

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lien erscheint dieser Tigrisübergang noch geeigneter zu sein als der weiter nördlich gelegene bei Cizre, dem alten Ǧezirat Ibn ʽUmar, da auf dem Weg zu letzterem zusätzlich der Unterlauf des Östlichen Ḫabur überquert werden müsste.5 Neben dem fruchtbaren Ackerland der Umgebung und der Anbindung an überregionale Verkehrswege kommt für die Lage von Bassetki ein weiterer Standortvorteil hinzu: die Verfügbarkeit von Frischwasser. Unmittelbar am Ostrand des Siedlungshügels lag eine reichhaltige, bis vor wenigen Jahren aktive Quelle, deren Wasser sich aus dem Wadi Bassetki speiste, welches vom Fuß des Ǧebel Biḫair seinen Ausgang nimmt. Diese Quelle könnte sogar der Anlass für die erste Siedlungsgründung an dieser Stelle gewesen sein. Der Haupthügel geht nach Ausweis der Oberflächenkeramik auf das späte 4. Jahrtausend v. Chr. (spät-chalkolitische Periode 5) zurück, ein Nebenhügel (Bassetki B03), der nur 300 m nördlich davon gelegen ist, existierte sogar ab der Halafzeit und war über die Obeid-Zeit bis in das Späte Chalkolithikum 1–2 besiedelt.6 Dies veranschaulicht die Attraktivität des Platzes seit prähistorischer Zeit. Viele der im Folgenden darzulegenden historischen Entwicklungen der Stadt Mardama(n) erklären sich zum großen Teil auch aus ihrer Lage und den genannten geographischen Kennzeichen ihrer Umgebung. Die Selevani-Ebene bildet zudem eine naturräumliche Einheit, die sich zur Ausprägung eines städtischen Zentrums mit einem dazugehörigen Umland und zur Ausbildung von klar umgrenzten politisch-administrativen Einheiten anbietet. Auch dieser Umstand wird durch die Geschichte der Stadt, soweit sie bisher erschließbar ist, reflektiert.

3. Die Besiedlungskontinuität von Bassetki Die Ausgrabungen in Bassetki, die im Jahr 2015 durch ein deutsch-kurdisches Team der Universität Tübingen und der Antikendirektion Duhok aufgenommen wurden und seitdem in jährlichen Grabungskampagnen in den Sommermonaten stattfinden,7 haben ein umfassendes Bild der Siedlungschronologie des Ortes erbracht (Tab. 1). Die oben erwähnten prähistorischen Siedlungsperioden sind bisher nur durch Oberflächenkeramik im Survey belegt. Die ergrabenen Schichten setzen am Anfang des 3. Jahrtausends v. Chr., in der Ninive-V-Periode, ein. Die Phasen A25 bis A20 der am Südhang gelegenen Grabungsstelle A datieren in verbinden (vgl. Kessler 1980, 147). Die Beobachtung dieser Tigrisfurten geht auf Sir Aurel Stein zurück, der sie auch kartiert hat (Stein 1942, 157, Karte auf S. 156). Stein 1942, 157 schlug vor, dass Alexander der Große auf seinem Weg nach Gaugamela mit seinem Heer eine dieser drei Furten am Westrand der Selevani-Ebene benutzte. 5 Siehe auch unten, Abschnitt 7. 6 Zu diesem Fundort siehe Pfälzner / Sconzo 2015, 110–111, Abb. 23–24; dies. 2016, 28– 32, Fig. 21. 7 Die Ausgrabungsleitung liegt in den Händen von Peter Pfälzner (Tübingen) und Hasan A. Qasim (Duhok); als Grabungsphilologin ist Betina Faist (Heidelberg) tätig; zu den Kampagnen 2015 bis 2017, siehe Pfälzner / Qasim 2017; dies. 2018. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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diese Zeit. Interessanterweise belegt die Existenz einer Stadtmauer ab der Phase A25 (ca. 2800 v. Chr.) eine florierende Entwicklung der Siedlung bereits in dieser frühen Zeit. Dies kann als Kriterium für die Ausprägung einer Stadtanlage schon zu Beginn der Frühen Bronzezeit angesehen werden. PHASE Areal A

Chronologie

Moderne Zeit

Islamische Zeit Hellenistische Zeit

A1 A2 A3 A4 A 5a – 5b A6 A 7a – 7b

Neuassyrische Zeit Mittelassyrische Zeit Mittanische Zeit Mittelbronzezeit III Mittelbronzezeit II Frühbronzezeit IV (Akkad-Zeit) Frühbronzezeit III

Frühbronzezeit II / Späte Ninive-VPeriode

A 8a – 8b A9 A 10 A 11 A 12 A 13 A 14

PHASE Areal C

Periodisierung

Datierung

C1

Bassetki I

2016 – 1940 AD

Bassetki II a Bassetki II b Bassetki II c Bassetki III

1600 – 1800 AD 1000 – 1400 AD 800 – 1000 AD 330 – 150 v. Chr.

Bassetki IV

900 – 600 v. Chr.

Bassetki V

1300 – 1100 v. Chr.

Bassetki VI

1550 – 1300 v. Chr.

Bassetki VII

2000 – 1550 v. Chr.

Bassetki VIII A

2650 – 2200 v. Chr.

Bassetki VIII B

2800 – 2650 v. Chr.

C2 C3 C4 C 5a – 5c C6 C7 C8 C9

A 15 A 16 A 17 A 18 A 19 A 20 A 21a – 21c A 22a – 22c A 23 A 24 A 25

Tab. 1: Chronologietabelle von Bassetki Im weiteren Verlauf der Frühen Bronzezeit dehnte sich die Stadtanlage merklich aus. Um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. wurde – soweit dies die Oberflächenkeramik besagt – die Unterstadt von Bassetki angelegt. Damit wuchs die Stadt auf eine Größe von ca. 50 ha an, eine Ausdehnung, die sie bis an das Ende der Mittleren Bronzezeit behalten sollte. Die im Hangschnitt am Südhang der

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Oberstadt erfassten Phasen A19 bis A15 belegen diese erste Blütezeit der Stadtanlage von der Mitte des 3. Jahrtausends bis in die Akkad-Zeit. Eine Besiedlungsschicht der Ur-III-Zeit wurde bisher noch nicht erkannt. Da die Stadt aber nach Ausweis der Quellen auch während dieser Zeit bestanden hat,8 ist zu erwarten, dass Schichten dieser Zeit noch an anderer Stelle zum Vorschein kommen. Ob die Siedlung am Übergang von der Frühen zur Mittleren Bronzezeit aufgelassen wurde, wie es viele Stadtanlagen Nordmesopotamiens ereilte, oder ob eine Siedlungskontinuität über diesen Epochenumbruch vorhanden war, wie er beispielsweise in Tall Mozan / Urkeš im Oberen Ḫaburgebiet belegt ist,9 lässt sich stratigraphisch ebenfalls noch nicht mit Sicherheit bestimmen. Die textlichen Belege für die Stadt aus der Ur-III-Zeit lassen Letzteres zumindest möglich erscheinen. Die Mittlere Bronzezeit ist anhand der Phasen A14 bis A11 erfassbar. Hierbei handelt es sich um die zweite Blütezeit der Stadt, soweit dies anhand der Existenz der Unterstadt abzulesen ist. Die in den geomagnetischen Untersuchungen erkennbaren großen Häuser in der westlichen Unterstadt dürften nach Ausweis der Oberflächenkeramik in diese Periode zu datieren sein.10 Sie sind allerdings bislang noch nicht durch Grabungen erschlossen worden. Sicherlich bestand im weiteren Verlauf des 2. Jahrtausends v. Chr. eine Kontinuität in die Mittani-Zeit hinein, die am Südhang durch die Phasen A10 bis A8 belegt ist. Allerdings war die Unterstadt in dieser Zeit bereits aufgegeben worden und wurde nie wieder besiedelt. Ein deutlicher Bevölkerungsrückgang muss also zwischen der Mittleren und der Späten Bronzezeit am Ort eingetreten sein. Nach Ausweis der Ergebnisse des Surveyprojektes EHAS betraf dies in gleicher Weise auch die umgebende Selevani-Ebene.11 In mittelassyrischer Zeit bleibt die Oberstadt ohne erkennbare Siedlungsunterbrechung weiter besiedelt. Reste dieser Zeit sind bisher aber nur am Osthang der Oberstadt nachgewiesen worden, in Form der Phasen C9 bis C7. Diese Besiedlungsphasen dürften vom 13. bis zum 11. Jahrhundert v. Chr. angedauert haben. Die Siedlung besaß in dieser Zeit eine Größe von maximal 7 ha, wobei noch nicht gesichert ist, ob tatsächlich der gesamte Haupthügel besiedelt war. Die neuassyrische Periode ist ebenfalls bislang nur am Osthang erfasst worden. Möglicherweise sind die Phasen C6 bis C4 der neuassyrischen Zeit erst nach einer kurzen Siedlungsunterbrechung entstanden und waren nur auf einen Teil der Oberstadt beschränkt. Eine unmittelbare Kontinuität lässt sich an dieser Periodenschwelle nicht nachweisen, und deshalb verwundert es auch nicht, dass der Stadtname Mardaman in der neuassyrischen Zeit (bisher) nicht belegt ist.

8

Siehe unten, Abschnitt 6. Pfälzner 2010, 2–5; ders. 2012. 10 Pfälzner / Qasim 2017, 20–21. 11 Pfälzner / Sconzo 2015; dies. 2016. 9

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In späterer Zeit ist eine Besiedlung des Ortes in der hellenistischen Ära belegt, sowohl am Südhang (Phase A7) als auch am Osthang (Phase C3) des Siedlungshügels. In der früh- und mittelislamischen Zeit hat der Ort ebenfalls noch bestanden, wie die Phasen A4 bis A6 am Südhang und C2 am Osthang belegen. Die vorläufig letzte Besiedlung erfolgte in moderner Zeit, als hier im 19. und frühen 20. Jahrhundert zunächst ein christlich-aramäisches Dorf bestand, welches den Namen Bassetki trug. Seit der Vertreibung der Christen aus der Selevani-Ebene in den 1930er Jahren im Zusammenhang mit dem sog. Pogrom von Semile / Semel12 bestand auf dem alten Siedlungshügel ein kurdisches Dorf unter gleichem Namen weiter (Phase A3), welches im Jahr 1974 durch die Truppen Saddam Husseins dem Erdboden gleichgemacht wurde. Als Folge dieser Ereignisse bestand zwischen 1974 und 1991 ein Militärstützpunkt und Hubschrauberlandeplatz der irakischen Armee auf dem Hügel (Phase A2). Zusammenfassend verfügt der Siedlungsplatz von Bassetki über eine lange Besiedlungstradition von der Halafzeit bis in die islamische Zeit. Besonders aufschlussreich für die Stadtentwicklung ist die Siedlungskontinuität von der Frühen bis zur Späten Bronzezeit, die allenfalls nur über einen kurzen Zeitraum an der Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend v. Chr. unterbrochen gewesen sein dürfte, was aber noch einer genaueren Untersuchung in zukünftigen Ausgrabungen bedarf.

4. Der Tontafelfund von Bassetki und die Identifizierung von Mardama(n) Während der zweiten Grabungskampagne im Jahr 2016 wurden im Osten des Ruinenhügels, in Areal C, die ersten Tontafeln entdeckt. Es handelte sich um 22 kleine Fragmente mittelassyrischer Tontafeln, die in einer Siedlungsschicht (Phase C9) lagen, welche bereits durch die Keramik in die mittelassyrische Zeit datiert worden war.13 In den beiden folgenden Grabungskampagnen wurden im selben Bereich weitere mittelassyrische Texte gefunden. Aus dem Jahr 2017 stammen insgesamt 93 Keilschrifttafeln und Keilschrifttafelfragmente. Davon waren 29 Texte auf dem Fußboden eines Raumes der mittelassyrischen Phase C9 verteilt,14 während sich die restlichen 64 Texte in einem Keramikgefäß befanden, das in demselben Raum stand (Abb. 2).15 Im Jahr 2018 kamen 100 neue Tafelfragmente hinzu, wobei viele von ihnen nicht auf, sondern unter dem Fußboden lagen 12

Donabed 2015. Die erhaltenen Tafeldatierungen nennen die Eponyme Abī-ilī (BAS16C-i215) und QibiAššur (BAS16C-i207). 14 Erhaltene Eponyme: Adad-umaʼʼi (BAS17C-i427), Aššur-nādin-apli (BAS18C-i423, ehemals BAS17C-i339). Die Anzahl der Texte aus der Kampagne 2017 weicht in Bezug auf die Angaben im Vorbericht (Faist in: Pfälzner / Qasim 2018, 65) leicht ab. 15 Bislang sicher gelesene Eponyme: Abattu (BAS17C-i400), [Adad-šamšī], Sohn des Adad-šumu-lēšir (BAS17C-i385), Adad-bēl-gabbe (BAS17C-i387, BAS17C-i404), Aššur-bēl-ilāni (BAS17C-i406, BAS17C-i422), Aššur-daʼʼān (BAS17C-i377, BAS17C13

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und somit einer leicht älteren Nutzungsphase zuzurechnen sind, die durch einen zweiten Fußboden markiert ist.16 Nach den vorhandenen Datumsangaben dürfen wir die Regierungszeiten Salmanassars I. (1263–1234 v. Chr.) und insbesondere die seines Nachfolgers Tukultī-Ninurta I. (1233–1197 v. Chr.) als allgemeinen Zeithorizont für die Texte ansetzen. Aus anderen Perioden gibt es in Bassetki bislang nur einzelne Tafelfunde: Zwei Mittani-zeitliche Tafeln wurden 2017 in Areal A und ein neuassyrisches Fragment in Areal C gefunden. In der Kampagne des Jahres 2018 kamen schließlich zwei altbabylonische Texte zutage. Von besonderem Interesse für die Stadtgeschichte sind die Texte aus dem mittelassyrischen Keramikgefäß, die daher genauer vorgestellt werden sollen. Die Aufbewahrung von Tontafeln in Keramikgefäßen ist für die mittelassyrische Zeit gut bezeugt, und zwar sowohl für Privatarchive als auch in besonderem Maße für „öffentliche“ Verwaltungsarchive.17 Das Gefäß aus Bassetki ist 38 cm hoch, hat eine bauchige Form mit einem maximalen Durchmesser von 27 cm, eine schmale Standfläche und einen kurzen Hals. Der Bauch ist teilweise mit einer dicken Bitumenschicht bedeckt und am Hals befinden sich zwei, ursprünglich vielleicht drei Löcher.18 Das Gefäß lag zusammen mit zwei größeren Keramikflaschen unter einer Lehmaufschüttung, die sie wahrscheinlich schützen sollte. Bezeichnenderweise befanden sich auf dem Fußboden des Raumes, und teilweise auch unter der genannten Lehmaufschüttung, zahlreiche Scherben von zerbrochenen Gefäßen, i386, BAS17C-i413), Bēr-išmanni (BAS17C-i363), Ellil-ašarēd (BAS17C-i383), Ittabšidēn-Aššur (BAS17C-i402), Libūr-zānin-Aššur (BAS17C-i403), Mušallim-Adad (BAS17C-i395, BAS17C-i415), Qibi-Aššur (BAS17C-i384, BAS17C-i405), Šunu-qardū (BAS17C-i410), Tukultī-Ninurta (BAS17C-i376, BAS17C-i394), Ubru, Sohn des [Šamaš-aḫa-iddina] (BAS17C-i416), Urad-ilāni (BAS17C-i411). 16 Die Ausgrabung dieser Tafeln war besonders schwierig. Sie wurden zusammen mit der Erde, in der sie lagen, in mehreren Blöcken geborgen und im Grabungshaus von dem Restauratorenteam freigelegt. Bei einer ersten, schnellen Durchsicht konnte in einer Datumsangabe der Eponym Šunu-qardū (BAS18C-i27) identifiziert werden. Die absichtliche oder unbewusste Einbringung von entsorgten Tontafeln in das Füllmaterial beim Anlegen von Fußböden ist auch aus anderen Fundorten bekannt. Einige Beispiele (die folgenden Literaturhinweise verdanken wir Kai Lämmerhirt und Hanspeter Schaudig): Jakobsen 1953, 125–126 (Ur-III-zeitliche Wirtschaftstexte aus dem „Registar’s Office“ in Ur), Taylor / Cartwright 2011, 303–304 (altbabylonische Schultexte aus Haus F in Nippur), Bartelmus 2016, 82–83 (kassitische Schultexte aus einem Gebäude in der Innenstadt [Merkes] von Babylon), Cavigneaux 1999, 386–387 (neubabylonische Schultexte aus dem Tempel des Nabû ša ḫarê in Babylon). 17 Siehe zuletzt Radner 2004, 51–52 und Postgate 2013, 83–85. 18 Das beste Vergleichsstück stellt eines der zehn Gefäße, die das Archiv der Opferverwaltung in Assur enthielten, dar (Haller / Andrae 1955, 48b, Taf. 49). Laut Grabungspublikation hat es vier Löcher in Schulterhöhe. Die Funktion der Löcher ist nicht eindeutig. Bisherige Vorschläge sehen in ihnen entweder Lüftungslöcher (so Postgate 2003, 84, Anm. 142 mit Fragezeichen und Maul 2013, 554) oder Löcher zum Aufhängen des Gefäßes mithilfe eines Seils (so Pfälzner / Qasim 2018, 58. Fig. 19). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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die darauf hinweisen, dass der Raum zerstört wurde, bevor die Gefäße mit dem Lehmhaufen bedeckt wurden. Von den beiden größeren Flaschen unter dem Lehmhaufen war eine mit loser Erde gefüllt, die andere war leer, aber enthielt vielleicht ehemals einen Hort, da vor der Gefäßmündung ein goldener Ohrring gefunden wurde. In der neuassyrischen Zeit wurde über dieser Stelle ein Ofen erbaut, der die Lehmaufschüttung teilweise zerstörte. Das zweite Gefäß wurde dabei entdeckt und aufgebrochen, so dass sein eventuell kostbarer Inhalt entnommen worden sein könnte. Die meisten Texte aus dem Keramikgefäß sind sog. Verpflichtungsscheine, die eine typische Textgattung der mittelassyrischen Verwaltungspraxis darstellen. In ihnen werden Lieferungsverpflichtungen aus den verschiedenen Produktionsbereichen wie Viehzucht, Handwerk oder Außenhandel nach einem SchuldnerGläubiger-Modell erfasst, wobei die assyrische Verwaltung, vertreten durch einen Amtsträger, in der Rolle des Gläubigers und der Lieferungspflichtige in der Rolle des Schuldners auftreten.19 Eine zahlreich vorhandene Unterkategorie bilden die sog. šulmānu-Urkunden, in denen in der Regel festgehalten wird, dass ein Amtsträger („Gläubiger“) von einer Person („Schuldner“) ein „Geschenk“ (šulmānu) in Naturalien („Schuldbetrag“) erhalten wird, sobald er deren Angelegenheit untersucht hat. In der Literatur ist häufig von „Bestechungsgeld“ die Rede, was jedoch den vertraglichen Charakter des „Geschenks“ ignoriert. Besser wäre eine Übersetzung mit „Entgelt“ oder „Gebühr“.20 Nach dem gegenwärtigen Bearbeitungsstand kommt in den Texten stets dieselbe Person als „Gläubiger“ vor, nämlich Aššur-nāṣir, Sohn des Iddin-Marduk, Gouverneur von Mardama (bēl pāḫete ša uruMardama). Dies bedeutet, dass wir es mit dem Archiv (bzw. einem Teil des Archivs) eines Provinzgouverneurs zu tun haben. Da die Provinzen nach ihrer Hauptstadt benannt wurden, können wir sicher sein, dass Mardama (geschrieben urumar-da-ma) der alte Name von Bassetki war und dass der Raum, in dem die Tontafeln gefunden wurden, zur Residenz des Gouverneurs, mittelassyrisch stets als „Palast“ bezeichnet, gehörte.21 Abgesehen 19

Zum mittelassyrischen Verpflichtungsschein siehe grundsätzlich Koschaker 1928, 137– 145. 20 Die Verortung der šulmānu-Urkunden im Bereich der „öffentlichen Verwaltung“ folgt der Auffassung von Koschaker 1928, 137–140. Anders Postgate 2013, 248–252, für den šulmānu-Urkunden privatrechtlicher Natur sind. 21 Die anderen Fundobjekte aus dem Raum suggerieren, dass wir es mit einem Lagerraum zu tun haben. Im Einzelnen handelt es sich um typische mittelassyrische administrative Keramik, darunter um mehrere Vorratsgefäße, eine Gussform aus Stein für die Herstellung von Äxten, eine Fritteschale und zahlreiche Glasperlen (Pfälzner / Qasim 2018, 59, Fig. 20; Puljiz in: Pfälzner / Qasim 2018, 62–65, Fig. 25–29). Vgl. den Inventartext Postgate 1988, Nr. 50 aus dem Archiv des Urad-Šerūa, der 24 Tontafelbehälter (quppātu ša ṭuppāte) auflistet, die in einem Lagerraum zusammen mit anderen Gegenständen aufbewahrt waren, darunter einem Wagen, Gefäßen mit Sehnen, Holzgegenständen (Schalen, Löffeln), einem Teil eines Bettes, Speerspitzen, Metallteilen eines Wagens. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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von den neuen Einblicken in das mittelassyrische Verwaltungssystem ist diese Entdeckung für die historische Geographie Nordmesopotamiens von besonderem Interesse. Einerseits waren mittelassyrisch bislang weder die Stadt noch die Provinz Mardama belegt. Andererseits ist aus älteren Perioden seit langem eine Stadt Mardaman bekannt, die sicherlich mit Mardama gleichzusetzen ist. Nach Ausweis der Texte aus der III. Dynastie von Ur und aus Mari gehörte Mardaman damals zum Einzugsgebiet der Hurriter und war ein selbständig agierendes Zentrum. Seine Lage wurde in verschiedenen Gebieten Nordmesopotamiens gesucht22 und darf jetzt als geklärt gelten. Last but not least wird sich möglicherweise die genaue Lage von weiteren Städten bestimmen lassen, die in den Texten zusammen mit Mardama(n) vorkommen. Mit Hilfe der internen wie der externen Textbelege lässt sich nun die Geschichte der Stadt verfolgen, vom späten 3. Jahrtausend v. Chr. über die altassyrisch / altbabylonische Zeit bis in die mittelassyrische Periode. In chronologischer Reihenfolge, beginnend mit den frühesten Belegen, sollen im Folgenden die Schriftzeugnisse vorgestellt und die für die jeweilige Periode vorhandenen archäologischen Indizien vom Ort selbst vergleichend gegenübergestellt werden.

5. Die Stadt Maridaban während der Akkade-Zeit In einer Urkunde aus der Tontafelsammlung des Archäologischen Museums Istanbul ist ein Jahresname überliefert, der den Sieg Narām-Sîns über die Stadt Maridaban festhält.23 Die korrekte Lesung des Ortsnamens geht auf Fritz Rudolf Kraus zurück, der die bis heute mehr oder minder allgemein akzeptierte Gleichsetzung mit Mardaman vorschlug.24 Das Ereignis wird zu den frühen Feldzügen Narām-Sîns gezählt25 und ist im Kontext der Expansion des Reiches von Akkade nach Nordmesopotamien zu sehen. Damit wird nicht nur die Existenz der Stadt während der Akkade-Zeit (ca. 2350–2172 v. Chr.) belegt, sondern darüber hinaus verdeutlicht, dass sie eine gewisse, wenn auch nicht näher einzugrenzende politische Bedeutung besessen haben und zumindest zeitweise unter die Herrschaft des akkadischen Reiches geraten sein muss. Allerdings bleiben sowohl die genaue Art wie auch die Dauer der politischen Abhängigkeit ungewiss. Da nicht von einer 22

Grundsätzlich sind zwei Auffassungen zu unterscheiden: Die eine, die auf Lewy 1952, 265, Anm. 2 und Goetze 1953, 120, Anm. 55 zurückgeht, suchte Mardaman westlich des Tigris (Lewy und Goetze konkret im heutigen Mardin in der Südosttürkei), die andere, die von Ungnad 1936, 137, Anm. 7 zum ersten Mal formuliert wurde, verortete Mardaman östlich des Tigris. Für weitere Literatur siehe zuletzt Ziegler / Langlois 2016, 217–218. Der richtigen Lokalisierung am nächsten war Dominique Charpin, der die Stadt in dem Bereich des Tigris, wo heute die Grenze zwischen dem Irak und der Türkei verläuft, vermutete (Charpin 1994, 180, mit Karte auf S. 183). 23 Siehe Frayne 1993, 113: m u na-ra-am-de n . z u ma-ri-da-ba-anki m u - ḫ u l - a . 24 Kraus 1947, 108, Anm. 38. 25 Frayne 1998–2001, 179; Sallaberger 2007, 428. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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dauerhaften, direkten Beherrschung des Nordens durch Akkade auszugehen ist, erscheint es eher möglich, dass Maridaban zu einem der militärischen Stützpunkte des Reiches avancierte, die das Ziel hatten, strategisch wichtige Punkte, vornehmlich an wichtigen Handelsrouten, zu kontrollieren.26 Möglicherweise ist die Statuenbasis des Narām-Sîn von Akkade, deren Fundkontext bislang nicht bekannt ist, die aber den bedeutendsten Fund der AkkadeZeit aus Bassetki darstellt, vor diesem Hintergrund zu verstehen (Abb. 3). Sie könnte entweder als eine Art Siegesmonument oder als ein Medium zur Verbreitung akkadischer Ideologie fungiert haben und bildete in der einen oder der anderen Weise ein Symbol akkadischer Herrschaft am Ort. Ohne dass die Fundstelle bisher durch das deutsch-kurdische Team archäologisch untersucht worden wäre, ist aus der überlieferten Lage des Zufallsfunds des Jahres 1975 und aus der Oberflächenbegehung des Siedlungsgebietes zu schließen, dass die Statue in einem Stadttor der Unterstadt aufgestellt gewesen sein könnte. Natürlich muss diese Einschätzung durch zukünftige Nachgrabungen an dieser Stelle überprüft werden.27 Einschränkend muss ferner betont werden, dass es zumindest theoretisch ebenso möglich ist, dass die Statue erst zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise während der altbabylonischen Zeit, nach Bassetki gelangte, nachdem sie von ihrem ursprünglichen Aufstellungsort verschleppt worden sein könnte. Der große kulturelle Wert der Statue, der sicherlich schon in der Entstehungszeit des Bildwerks bestanden und gewirkt haben dürfte, wird – neben der Inschrift (s. u.) – auch durch das Material und durch den Stil erzeugt. Die Statue sowie die runde Basis, auf der sie angebracht ist, besteht aus fast reinem Kupfer (98,2 % Cu) und ist als Hohlguss im Wachsausschmelzverfahren gegossen worden.28 Sie be26

Vgl. diesbezüglich Steinkeller im Druck: „… apart from exacting the payment of tribute, the Sargonic empire was never engaged in a systematic economic exploitation of the conquered territories. Nor did the Sargonic kings make any attempt, as far as we know, to annex those lands to Babylonia and to put them under their direct rule. The empire’s involvement in the periphery was limited to the establishment, at various strategically important points, such as Mari, Nagar (Tell Brak), Tuttul, Assur, Nineveh, and Susa, of large military strongholds. Permanently staffed with Akkadian soldiers and administrators, these garrisons overlooked trade routes, safeguarding the free movement of caravans and collecting custom dues.“ Wir danken dem Autor, der uns freundlicherweise sein Manuskript zur Verfügung gestellt hat. 27 Bei der Auffindung der Statue im Jahr 1975 fanden keine Untersuchungen der Fundstelle statt. Nach der Meldung des Fundes durch die Straßenbauarbeiter wurde die Statuenbasis noch am selben Tag durch einen Militärhubschrauber abtransportiert und nach Baghdad gebracht, während der Bau der Straße ohne Unterbrechung fortgesetzt wurde (freundliche Mitteilung durch den Zeitzeugen Muḫtar Akram, den Bürgermeister von Batel). 28 Moorey 1982, 35; Braun-Holzinger 1984, 23; Davey 2009, 150. Zur technischen Beschreibung des eng vergleichbaren Gussvorgangs des akkadischen Kupferkopfes aus © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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sitzt ein Gewicht von 160 kg,29 das ursprünglich noch höher gewesen sein muss, da der Oberkörper abgebrochen ist und fehlt. Der erhaltene Teil der Statue ist 35 cm hoch, die Basis besitzt einen Durchmesser von 67 cm. Ursprünglich könnte die Statue eine Höhe von 70–80 cm besessen haben. Das Objekt ist aus heutiger Perspektive sehr bedeutend, weil es eines der ganz wenigen erhaltenen Großbildwerke der Thoreutik aus dem Alten Orient darstellt. Aber auch für die damalige Zeit muss allein der Material- und Herstellungswert des freiplastischen Objekts beachtlich gewesen sein. Dieser wird durch die sehr sorgfältige, künstlerisch hochwertige bildnerische Arbeit verstärkt. Die Ausformung der Körperpartien erreicht einen für diese Zeit außergewöhnlichen Naturalismus. Dies äußert sich an der sehr plastischen, lebendigen Modellierung von Knien, Waden, Fersen und Zehen der elegant sitzenden Person, die als laḫmu in der Funktion eines Torhüters und in der Form eines Standartenhalters anzusprechen ist. Seine Rekonstruktion als sechslockiger Held ist sehr wahrscheinlich.30 Die feine bildnerische Arbeit verstärkte nicht nur den kulturellen Wert des Objektes für den damaligen zeitgenössischen Betrachter, sondern machte auch die Botschaft, die durch dieses Monument ausgesendet werden sollte, eindringlicher und nachhaltiger. Das Stilmittel des Naturalismus ist dabei als bewusstes Instrument zur Steigerung der Ausdrucksstärke und inhaltlichen „Glaubwürdigkeit“ eines Bildnisses eingesetzt worden. Unabhängig davon, ob die Statue schon seit der Akkade-Zeit in Bassetki / Maridaban aufgestellt war oder nicht, ist sie als Erzeugnis der zentralen, staatlichen, möglicherweise sogar hauptstädtischen Kunstproduktion des Reiches von Akkade anzusehen. Dies wird bereits durch die Inschrift auf dem Postament der Statue deutlich, die auf eine ehemalige Aufstellung am Tor des Tempels für Narām-Sîn in der Stadt Akkade hinweist.31 Die altakkadische Inschrift wurde anlässlich der Vergöttlichung Narām-Sîns und der Errichtung eines Tempels für ihn in Akkade verfasst, nachdem er einen landesweiten Aufstand in neun erfolgreichen Schlachten, die allesamt in einem Jahr stattgefunden haben sollen, niedergeschlagen hatte.32 Die sog. große Revolte, die in einer dem Gott Enlil gewidmeten Inschrift geschildert war, von der lediglich fragmentarische altbabylonische Abschriften überliefert sind, stellte die

Ninive siehe Strommenger 1985, 114–115. 29 Für diese und andere Angaben zu dem Stück siehe Braun-Holzinger 1984, 23–24. 30 Siehe dazu bereits Reschid 1976, Abb. S. 52 (arabischer Teil); Braun-Holzinger 1984, 24. 31 Falls die Statue ehemals als Teil eines Statuenpaares am Tempel für Narām-Sîn in Akkade aufgestellt war, wäre es immer noch denkbar, dass sie noch während der AkkadeZeit von dort nach Bassetki / Maridaban verbracht worden ist. Alternativ wäre vorstellbar, dass solche Statuen in größerer Stückzahl gefertigt wurden, um an wichtigen akkadischen Stützpunkten innerhalb des Herrschaftsgebietes aufgestellt zu werden. 32 Frayne 1993, 113–114. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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größte Krise in der Regierungszeit Narām-Sîns dar.33 Der Aufstand umfasste ganz Südmesopotamien, wobei der akkadische Norden von Ipḫur-Kiš von Kiš und der sumerische Süden von Amar-Girid von Uruk angeführt wurden. Nordmesopotamien hat sich trotz Anstiftung durch Amar-Girid nicht daran beteiligt.34 Die Vergöttlichung Narām-Sîns, der als erster mesopotamischer Herrscher das Gottesdeterminativ in seinem Namen trug, wird von Walther Sallaberger als sozio-politische Maßnahme verstanden, die dem Reich, dem die Auflösung gedroht hatte, „einen neuen geistig-religiösen Identifikationspunkt“ geben sollte.35 Der archäologische Befund in Bassetki zeigt, dass die Stadt, als sie von Narām-Sîn erobert wurde, bereits seit langer Zeit, d. h. seit der Ninive-V-Periode, bestanden hatte. Sie florierte ab der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., als sich eine ausgedehnte Unterstadt entwickelte. Mit einer Größe von 50 ha gehörte Bassetki zu den hervorgehobenen städtischen Zentren im nordöstlichen Mesopotamien. So verwundert es nicht, dass sie zu einem besonderen Ziel der akkadischen Expansionsbestrebungen nach Norden wurde. Sie dürfte von besonderer Bedeutung für die akkadischen Interessen im Norden gewesen sein, weil sie an einem wichtigen Weg in Richtung des nordöstlichen Syrien und des südöstlichen Anatolien lag. In jenen nördlich und westlich anschließenden Regionen hatte Narām-Sîn ebenfalls ökonomisch-politische Interessen, was anhand der akkadischen Zeugnisse in Tell Brak36 im Oberen Ḫaburgebiet und in Pir Huseyn37 am Oberen Tigris deutlich abzulesen ist. Aufgrund der generellen Wegesituationen und der nahegelegenen Tigrisfurten von Fēšḫabur und Cizre38 lässt sich vermuten, dass diese Regionen und Orte für Narām-Sîn über Bassetki / Maridaban zugänglich waren. Vielleicht

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Frayne 1993, 90–94, mit wichtigen Korrekturen und Ergänzungen durch Wilcke 1997 und Sommerfeld 2000. 34 Westenholz 1999, 51–54; Sallaberger 2007, 426–427. 35 Sallaberger 2002, 95–96. In einem altbabylonischen Text, der sich heute in Genf befindet und den Stoff der sog. großen Revolte verarbeitet, wird der sonst unbekannte m du-uḫ-su-su l u g a l mar-da-ma-anki zusammen mit neun weiteren Königen als Gegner Narām-Sîns genannt (zuletzt Goodnick Westenholz 1997, 238–245). Von dieser Koalition kommen lediglich Uruk, Umma, Nippur und Magan in der Inschrift Narām-Sîns vor. Edzard 1987–1990, 357 hat ferner darauf hingewiesen, dass Mardaman in dem altbabylonischen Text „in einer ganz offensichtlich alliterierenden Reihe Mari, Marḫaši, M., Magan“ erscheint. 36 Siehe insbesondere den Narām-Sîn-Palast (Mallowan 1947, 63–68, Pl. LIX–LXI) sowie akkadische Siegelabrollungen (Matthews 1997, 138–143). 37 Hier wurde die bekannte Stele des Narām-Sîn gefunden (Orthmann 1975, 197, Taf. 105). Der Ort, in der Nähe des östlichen Tigrisufers nördlich von Diyarbakir gelegen, scheint ebenfalls eine größere Stadtanlage des 3. Jahrtausends v. Chr. dargestellt zu haben; siehe Peasnall / Algaze 2010. 38 Siehe dazu ausführlicher unten, Abschnitt 7. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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besaß die Stadt sogar die Rolle eines Verkehrsknotenpunktes im akkadischen Wegenetz und für die Handelsrouten dieser Zeit zwischen Mesopotamien, Syrien und Anatolien. Am Ort selbst wird die Existenz der Stadt in der Akkade-Zeit durch die Siedlungsreste der Phase A15 belegt, die in mehrere Subphasen A15a bis A15e zu unterteilen ist. Freilich lässt sich bislang nicht entscheiden, ob diese Schichten der Zeit einer akkadischen Vorherrschaft am Ort zuzuweisen sind oder Phasen vor bzw. nach der akkadischen Intervention repräsentieren. Die erhaltenen Reste zeigen eine breite Steinmauer mit einem antenartigen Abschluss, die eine Abgrenzungsmauer der Oberstadt darstellen könnte. Davor verläuft ein mit Scherben und Steinen gepflasterter Weg, der den Hügelhang hinabzieht und die Verbindung zwischen Oberstadt und Unterstadt gebildet haben dürfte.

6. Mardaman in der Ur-III-Zeit Die Herrscher der III. Dynastie von Ur (2110–2003 v. Chr.) verfolgten, wie ihre altakkadischen Vorgänger, eine aktive Expansionspolitik. Deren Hauptantrieb sieht Piotr Steinkeller ebenso in der Kontrolle und wirtschaftlichen Nutzung der wichtigsten Handelsrouten. Dennoch unterscheiden sich ihm zufolge die Strategien beider Reiche in einem ganz wesentlichen Punkt: „While abandoning the idea of large-scale foreign conquests, and settling instead for a compact, highly centralized native state with a ribbon of defensive periphery, the Ur III kings still aimed at political and economic domination of much of the territories previously impacted by the Sargonic expansion. Rather than by wars, those objectives were to be achieved by diplomacy and mutually beneficial economic exchanges with other powers. The result was an exquisitely designed self-limiting – and largely defensive – imperial strategy.“39 Dies erklärt, warum Mardaman in den Quellen der Ur-III-Zeit vornehmlich als ein Nachbarstaat in Erscheinung tritt, zu dem friedliche Beziehungen gepflegt wurden.40 Die meisten Belege finden sich in Verwaltungstexten aus Puzriš-Dagān, dem modernen Drehem, ca. 10 km südöstlich von Nippur gelegen. Hier befand sich eine Institution, die von Šulgi im letzten Viertel seiner 48 Jahre langen Regierungszeit gegründet wurde und hauptsächlich für die Verwaltung von staatlichem Vieh zuständig war. Aus ihren Beständen kam zugleich das kostbare Fleisch, an erster Stelle Schafs- und Ziegenfleisch, das der König den Gästen seines Landes 39

Steinkeller im Druck. Für die politische Organisation des Ur-III-Reiches siehe grundsätzlich Steinkeller 1991. Allerdings bezeichnet der Autor die Nachbarstaaten als „vassal states“, obwohl ihr politischer Status nicht genau bekannt ist. Eine Karte findet sich in Roaf 1990, 102.

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spendierte, darunter auch Gesandten aus Mardaman.41 Drei der belegten Boten sind namentlich genannt, nämlich Neriš-atal, Naktam-atal und Guzuzu, wobei die ersten beiden Namen mit großer Wahrscheinlichkeit hurritischer Herkunft sind.42 Zusammen mit den Boten aus Mardaman kommen häufig Boten aus Ḫabūra vor, das mit dem altassyrischen und altbabylonischen Ḫabūratum identisch sein und nicht weit von Mardaman entfernt gelegen haben dürfte.43 Anhand besagter Dokumentation aus Puzriš-Dagān hat Walther Sallaberger die Intensität der Beziehungen zu den syrischen und nordmesopotamischen Staaten und deren Bedeutung für das Ur-III-Reich untersucht.44 Ausgehend von der Anzahl der erwähnten Personen, der Anzahl der Texte und der Zeitspanne, die diese abdecken, hat er drei Gruppen herausgearbeitet: „dominating centers“, „second rang centers“ und Orte von „minor importance“. Mardaman gehörte zu den „second rang centers“, während Šimānum der dominierende Staat im Norden des Ur-III-Reiches war, der zudem durch eine dynastische Heirat mit dem Königshaus aus Ur verbündet war. Die diplomatischen Kontakte zwischen Mardaman und dem Reich der III. Dynastie von Ur sind für die Zeit zwischen dem 47. Regierungsjahr Šulgis (2092– 2045 v. Chr.) und dem 8. Regierungsjahr seines Nachfolgers Amar-Sîn (2044– 2036 v. Chr.) nachweisbar. Für die Regierungszeit Šu-Sîns (2035–2027 v. Chr.), dem vierten und vorletzten König der Dynastie, gibt es keine Zeugnisse mehr. Dies könnte kein Überlieferungszufall sein, sondern eine Folge des Feldzugs gegen Šimānum, den Šu-Sîn in seinem 3. Regierungsjahr unternahm, um die dortige Herrscherfamilie, in die eine Prinzessin von Ur namens Kunšī-mātum eingeheiratet worden war und die aus dem Amt vertrieben worden war, wiedereinzusetzen.45 Der Feldzug war erfolgreich und es wäre denkbar, dass Mardaman – zusammen mit Ḫabūra, Talmuš und Ninua, zu denen der diplomatische Kontakt 41

Maeda 1992, 143–149; Sallaberger 2007, 433–441, mit Belegen für Mardaman auf S. 436: l ú k í £ - g e 4 - a l ú m a r - d a - m a - n i ki, „Gesandter aus Mardaman“ (jeweils einer in zwei Texten aus der Regierungszeit Šulgis) bzw. l ú m a r / m a - a r - d a - m a - a n / n a ki, „Mann aus Mardaman“ (jeweils einer in fünf Texten aus der Regierungszeit Amar-Sîns). Die Texte folgen dem b a - z i -Formular, das für Viehausgaben benutzt wurde (siehe zuletzt Liu 2017, 11, 41–42). Einzige Ausnahme ist ein Text des m u - DU-Typs (siehe Liu 2017, 11, 117), der die Lieferung von zwei Hirschen seitens eines Gesandten aus Mardaman an die Verwaltung des Ur-III-Reiches notiert (Opfertiere als Ausdruck des guten Willens?). 42 Gelb 1944, 102, Anm. 43, und 113; Zadok 1993, 226; Richter 2004, 280; Richter 2016, 387–389 (zum Namensbestandteil adal). Für eine eventuelle hurritische Herkunft von Guzuzu siehe Richter 2016, 450–451 (Lexem kuz- II/kuzz-). Statt Naktam-atal (na-ak-táma-tal) lesen Sallaberger 2007, 436 und Liu 2017, 41 Nakdamari (na-ak-da-ma-ri). 43 Siehe hierzu Kessler 1980, 63–64. Zur Identifizierung von Ḫabūra / Ḫabūratum mit dem heutigen Zakho siehe unten, Abschnitt 8, Anm. 72. 44 Sallaberger 2007, 434–441. 45 Sallaberger 2011–2013, 363. Der Autor lokalisiert Šimānum am Oberen Tigris am Tur ʽAbdin. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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ebenfalls abbricht – die Aufständischen unterstützt hatte.46 In seinem siebten Regierungsjahr führte Šu-Sîn einen Feldzug gegen die Šimaški-Länder im ZagrosGebirge, der seine wichtigste militärische Operation werden sollte und in einer Statueninschrift geschildert ist, die als Kopie auf einer altbabylonischen Sammeltafel auf uns gekommen ist. Dieser Feldzug endete nach der eigenen Darstellung mit einem großen Sieg. Es wurden zahlreiche Gefangene gemacht, unter denen sich auch Gefangene aus Mardaman befanden, die in Gold- und Silberminen als Arbeitskräfte eingesetzt wurden.47 Befunde der Ur-III-Zeit sind bisher in Bassetki nicht identifiziert worden. Vielleicht ist dies dadurch zu erklären, dass am Südhang der Oberstadt bereits ab Phase A14 massive Lehmauffüllungen der altbabylonischen Zeit vorhanden sind, die im Zusammenhang mit Baumaßnahmen im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. zu sehen sind. Dadurch könnten ältere Schichten, vor allem solche aus dem späten 3. Jahrtausend v. Chr., an dieser Stelle großflächig kassiert worden sein. Bei den weiteren Grabungen am Ort wird ein Augenmerk folglich darauf liegen, Befunde aus der Ur-III-Zeit an anderen Stellen der Stadt zu erfassen.

7. Mardaman zur Zeit des altassyrischen Handels Aus der Zeit des altassyrischen Handels sind zwei Schreiben an den in der Handelsniederlassung Kaniš residierenden assyrischen Kaufmann Imdīlum überliefert (Kārum Kaniš Schicht II, 20.–19. Jh. v. Chr), die auf Mardaman Bezug nehmen.48 Absender sind in beiden Fällen Aššur-imittī, ein Onkel Imdīlums, sowie drei seiner Angestellten, die in der Mutterstadt Assur für die Versorgung der Handelsniederlassung mit Handelsgütern zuständig waren. Der altassyrische Handel war bekanntermaßen ein Pendelhandel: Die assyrischen Kaufleute brachten hauptsächlich Zinn und Textilien nach Anatolien und tauschten gegen diese Waren Silber und Gold ein, die wiederum in Assur für den Erwerb von Zinn und Textilien verwendet wurden. Die exportierten Zinn- und Textilladungen wurden nicht lokal erzeugt. Zinn kam vermutlich aus Afghanistan und die meisten Textilien aus Südmesopotamien. Das erste Schreiben an Imdīlum gibt Auskunft über den Stand der Abrechnungen mit verschiedenen Personen, darunter einem gewissen Ibni-Adad. Dieser habe nach eigener Aussage 1/3 Mine Silber für zwei mit Zinn beladene Esel, die er (wohl von Assur) nach Mardaman gebracht hatte, ausgegeben.49 Das zweite 46

In einem Verwaltungstext aus Puzriš-Dagān, der aus dem 3. Regierungsjahr Šu-Sîns datiert, sind Viehlieferungen von Soldaten u. a. aus Ḫabūra, Talmuš, Ninua und – nach der Lesung von Frayne 1993, 288 – Mardaman (˹m a ˺- r i - ‹ d a ›- m a - n u - u m ‹ki›) aufgelistet. Nach Maeda 1992, 137 handelte es sich dabei um Tribut, der im Zusammenhang mit dem Feldzug gegen Šimānum stand. 47 Frayne 1993, 305: vi 8–18 ([m a r ]-˹d a ˺- m a - a n ki). 48 Zum Archiv Imdīlums siehe grundsätzlich Larsen 1982. 49 Ichisar 1981, 297, Z. 38: a-na ma-ar-da-ma-an (BIN 6 29). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Schreiben berichtet, dass Ennam-Aššur, wahrscheinlich wie Ibni-Adad ein Händler, nach Assur gekommen sei und gesagt habe, dass in Mardaman, im Haus des Šu-Bēlum, Zinn verschwunden sei.50 Er (d. h. Ennam-Aššur) habe Šu-Bēlum aufgefordert, das Zinn zu ersetzen, worauf dieser ihn nach Assur geschickt habe (danach gibt es eine Lücke im Text). Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass Mardaman Teil des altassyrischen Handelsnetzes war. Bestätigt wird dies durch ein Memorandum über Reisespesen, das Mardaman wahrscheinlich als Station der Reiseroute nach Kaniš nennt.51 Die Rolle Mardamans als Station des überregionalen Handels wird durch einen sehr interessanten archäologischen Befund in Bassetki selbst ergänzt. Im außerstädtischen Gebiet südlich der Unterstadt wurde ein Teil einer Straße freigelegt.52 Sie wird durch einen dicken, sehr dichten Scherbenbelag markiert, in den Kieselsteine eingebettet sind. Die Scherben sind teils großformatig und wurden horizontal verlegt. Die Oberfläche dieses Belags wird von einer verhärteten Lehmschicht abgedeckt, die stellenweise noch erhalten ist. Die Straße hat eine Breite von 5,5 m und ließ sich über eine Länge von insgesamt 180 m verfolgen. Sie verläuft in annähernd nordwest-südöstlicher Richtung und zieht damit südlich der Stadtanlage vorbei. Es handelt sich folglich um eine Überlandstraße. Mit ihrer Ausrichtung entspricht sie auffällig genau dem modernen Verlauf der Straße von Mosul nach Zakho und weiter zur türkischen Grenze, die die Selevani-Ebene in Längsrichtung durchquert. Hierbei handelt es sich um die topographisch beste Routenoption für einen Weg vom linkstigridischen Assyrien in Richtung Anatolien. Folglich könnte es sich um eine alte Straßenverbindung zwischen Assyrien und Südostanatolien gehandelt haben. Die Straße ist eindeutig zu datieren, weil die Scherben des Straßenbelags zum weit überwiegenden Teil in die Mittlere Bronzezeit datieren. Nur wenige ältere, frühbronzezeitliche Keramikstücke finden sich darunter, jüngere Keramik fehlt. Daraus lässt sich die Überlegung ableiten, dass diese Straße Teil des überregionalen Wegenetzes zwischen Assyrien und Anatolien gewesen sein könnte, und dass dieser Weg von den oben genannten assyrischen Händlern benutzt wurde, die zwischen Assur und Kaniš unterwegs waren und die Mardaman als Zwischenstation benutzten oder deren Geschäftspartner dort sogar ansässig waren. Von der archäologisch dokumentierten Straße zweigt auf Höhe der Unterstadt eine weitere Straße rechtwinklig nach Nordosten ab, die in die Unterstadt von Mardaman hineinführt.53 Auf diese Weise war die Stadt an die Überlandstraße angebunden. In südöstlicher Richtung überquert die Straße das Wadi Bassetki,

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Ichisar 1981, 323, Z. 8: i-na ma-ar-da-ma-an (CCT 6 43b). Nashef 1987, 53, VAT 9260: 16': [ma-ar-da]-ma-an. Die Ergänzung geht auf Julius Lewy zurück. Neue Bearbeitung durch Forlanini 2006, 153–159. 52 Pfälzner / Qasim 2017, 33–38, Fig. 23–26. 53 Pfälzner / Qasim 2017, Fig. 24a–b. 51

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welches sicherlich periodisch Wasser geführt haben muss. Hier konnten in Verlängerung der Straße im Wadi einige größere Steine in gerader Linie festgestellt werden, die möglicherweise Reste einer Brücke darstellen. Auch im Umkreis dieser Steinsetzung fand sich überwiegend mittelbronzezeitliche Keramik. Noch während der Mittleren Bronzezeit wurden zudem längs der Straße sowohl Kremationsbestattungen in Urnen als auch Steinkistengräber mit Körperbestattungen angelegt. Im Allgemeinen finden sich Gräber häufig in extraurbaner Lage entlang von Straßen, die in das Umland führen. Der Weg, der von Mardaman in Richtung Anatolien und bis nach Kaniš führte, lässt sich aufgrund geographischer und historischer Indizien plausibel rekonstruieren (Abb. 4 und 5). Die Straße dürfte die Selevani-Ebene bis an deren Nordwestspitze durchquert haben. Hier liegt die bedeutende Tigrisfurt von Fēšḫabur, die sich für eine Überquerung des Flusses anbietet.54 Theoretisch kommt auch die nur 30 km nördlich davon gelegene Tigrisfurt von Cizre, dem alten Ǧezīrat Ibn ʽUmar, in Betracht, allerdings hätte man bei dieser Option zusätzlich den Unterlauf des Östlichen Ḫabur überqueren müssen, was zwar prinzipiell ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, aber einen Mehraufwand für die Reise bedeutet hätte. Die Tigrisfurt von Fēšḫabur ist vom Ort Dērabun am nordöstlichen Ende der Selevani-Ebene aus über ein allmählich abfallendes, rampenartiges Gelände sehr bequem erreichbar. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, ist ein Tal, welches den Aufweg auf das rechtstigridische Plateau erleichtert, das heute im östlichsten Zipfel Syriens liegt. Dieses Tal ist dasjenige des Flusses Safan, der seine berühmte Quelle bei Babil (modern Kebeli) am Fuße des Tur ʽAbdin (dem Kašijari-Gebirge der assyrischen Quellen) hat. Folglich bildet das Safan-Tal (türkisch Sufan Çay55 bzw. Sufandere,56 kurdisch Çemê Sefan, arabisch Nahr esSafān) eine natürliche und direkte Wegverbindung vom Tigris bei Fēšḫabur bis zum südlichen Fuß des Tur ʽAbdin-Gebirges, das sich hier, nördlich von Babil / Kebeli, rampenartig in einem weiten, flach auslaufenden Becken in die nordmesopotamische Ebene öffnet und deshalb an dieser Stelle seine beste Zugangsmöglichkeit bietet (Abb. 4). Von der Tigrisfurt bis zum Fuß des Tur ʽAbdin bei Babil sind es nur 33 km Luftlinie.57 Von der Safan-Quelle bei Babil, die der SubnatQuelle58 der assyrischen Texte entspricht, beginnt die Kašijari-Route, die Kessler und Radner anhand von Textzeugnissen der mittel- und neuassyrischen Zeit überzeugend rekonstruiert haben.59 Sie verläuft über den Pass von Ištarate und über 54

Zu den Tigrisfurten siehe oben, Abschnitt 2. Siehe Radner 2006, 288. 56 Siehe Kessler 1980, 11–13, mit Karte 1 auf S. 21. 57 Diese Route wurde von Comfort (2017, Fig. 8–9) auch als Teil des römisch-sassanidischen Wegenetzes angesehen. 58 Kessler 1980, 13, 31–38. 59 Kessler 1980, 22–76, mit Karten II–III auf S. 77–78; Radner 2006, passim. 55

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die heutigen Städte Midyat (assyrisch Matiātu) und Savur (assyrisch Šūra) bis an den Oberen Tigris bei Kerkh (assyrisch Tīdu?) oder direkt nach Diyarbakir (assyrisch Amēdi). Diese Route kann auch für die altassyrische Zeit als die geeignetste Route nach Südostanatolien angesehen werden, weil sie eine bequeme Überquerung des Tur ʽAbdin ohne geographische Hindernisse erlaubt. Vom Oberen Tigris aus führt die weitere Route in Richtung Kaniš über Malatya und Elbistan in westlicher Richtung (Abb. 5).60 Natürlich ist diese nur eine von mehreren möglichen Routen von Assur nach Kaniš, weiter südlich bzw. westlich verlaufende Routen dürften alternativ ebenso benutzt worden sein.61 Die Route über Mardaman und das Safan-Tal stellt allerdings eine sehr direkte Verbindung dar und ist ferner durch die Einbindung von Mardaman in den altassyrischen Güteraustausch nunmehr indirekt belegt. Ein weiterer Vorteil dieser Route gegenüber einer alternativen Strecke durch das Obere Ḫaburgebiet in Syrien könnte gewesen sein, dass auf diese Weise komplexe politische Einheiten (etwa die Städte, Kleinstaaten und Königtümer in Ida-Maraṣ62), die möglicherweise Zölle erhoben oder andere Handelshindernisse aufgebaut haben könnten,63 umgangen werden konnten. Erst mit der Eroberung Nordostsyriens durch Samsī-Addu könnten solche potentiellen Handelshindernisse mit militärischer Gewalt beseitigt worden sein. Bis dahin – und auch danach – dürfte die Mardaman-Route die beste Option für die altassyrischen Händler auf dem Weg nach Kaniš gewesen sein.

8. Mardaman zur Zeit der Mari-Archive Mehrere Texte aus den Palastarchiven von Mari (18. Jh. v. Chr.) werfen ein Licht auf Mardaman während der altbabylonischen Zeit. In dieser Periode besaß die Stadt ihre größte Ausdehnung und trat als regionales Machtzentrum hurritischer Prägung innerhalb eines großen geopolitischen Raums auf, der durch stark miteinander rivalisierende Kleinstaaten gekennzeichnet war.64 Die ältesten Belege für Mardaman sind in Verwaltungstexten aus der Regierungszeit Jaḫdun-Līms (ca. 1819–1794 v. Chr.) enthalten. Sie legen nahe, dass es diplomatische Kontakte zwischen Mari und Mardaman gab. Unter Jaḫdun-Līm, dem Sohn des Dynastiegründers, erreichte das Königtum von Mari einen ersten Höhepunkt, der sich u. a. an seiner erfolgreichen Expansionspolitik erkennen

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Für den Verlauf der Route in Ostanatolien, östlich von Kaniš, siehe Barjamovic 2011, 212–229. 61 Siehe dazu Michel / Sauvage 2002; Michel 2008, Karte auf S. 72; Barjamovic 2011, 55– 65; Roaf 1990, 113. 62 Guichard 2014, 152–157. 63 Zu den auf der Strecke nach Kaniš erhobenen Zöllen siehe Michel 2008, 75–76: „During the travel, he [the head of the caravan] had to pay custom duties in each kingdom on the goods and people travelling with the caravan“. 64 Siehe Charpin / Ziegler 2003, 263–268, Karte S. 171. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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lässt.65 Den Kernbereich bildeten die Gebiete am Mittleren Euphrat, zwischen Mari und Tuttul, sowie am Unteren Ḫabur. Jaḫdun-Līm gelang es, die Kleinstaaten im Westlichen Ḫabur-Dreieck als „Vasallen“ unter seine Kontrolle zu bringen und geriet dabei in Konflikt mit Samsī-Addu, der Ansprüche auf das Östliche Ḫabur-Dreieck erhob. In Nagar / Tell Brak errang er einen wichtigen Sieg über Samsī-Addu und nahm die Stadt ein. Im Jahr darauf unternahm er einen weiteren Feldzug nach Nordmesopotamien, der die Eroberung von Paḫudar zwischen Ḫabur und Baliḫ zur Folge hatte. Im Laufe dieser Kampagne wurden an mehreren Orten verschiedenartige Textilien sowie Öl ausgegeben, u. a. als Auszeichnung für tapfere Soldaten sowie als Geschenk für lokale Könige und Gesandte.66 Über diese Ausgaben wurde Rechnung geführt. In Ṣubat-Ištar, dem alternativen Namen von Tupḫam,67 wurde einem Elamer und einem gewissen Sîn-iddinam Öl mitgegeben, als diese nach Mardaman aufbrachen.68 In Tarnip, im Westlichen ḪaburDreieck, wurden an einem Tag vier Kleidungsstücke aus barkarrû-Stoff ausgehändigt, eines davon für Muzuggune aus Mardaman.69 Dieser Gesandte, der einen hurritischen Namen trug, erhielt noch ein Kleidungsstück desselben Stoffes in der Hauptstadt Mari.70 Das Kräfteverhältnis zwischen dem euphratischen Reich Jaḫdun-Līms und dem tigridischen Reich Samsī-Addus verschob sich am Ende zugunsten des Letzteren. Knapp zwei Jahre nach Jaḫdun-Līms Tod nahm Samsī-Addu (ca. 1833– 1776 v. Chr.) Mari ein, gliederte das Gebiet am Mittleren Euphrat in sein Reich ein und ließ es von seinem Sohn Jasmaḫ-Addu regieren. Nach einem (teilweise ergänzten) Eintrag in einer Eponymenchronik wurde auch Mardaman von SamsīAddu erobert.71 Die Eroberung soll einige Jahre nach der Einnahme von Mari stattgefunden haben, als sich der König auf dem Höhepunkt seiner Macht befand. In derselben Kampagne bezwang er außerdem Šerwunum und Ḫabūratum, letzteres sicherlich am Östlichen Ḫabur unweit nördlich von Mardaman gelegen.72 65

Siehe Charpin / Ziegler 2003, 38–39, 45–47. Charpin 1994. 67 So nach Arkhipov 2014. Zur möglichen Lokalisierung von Tupḫam siehe unten, Abschnitt 10. 68 Charpin 1994, Nr. 91: 4: a-na mar-da-ma-anki. 69 Charpin 1994, Nr. 105: 4–5: mu-zu-gu-ne lú mar-da-ma-nu-umki. Weitere Empfänger waren u. a. ein Mann aus Burullûm und einer aus Ṣubat-Ištar (vgl. die leicht revidierte Lektüre in http://www.archibab.fr). Zu barkarrû siehe Durand 2009, 99: „[…] une toile forte, éventuellement imperméabilisée ou au moins susceptible de protéger contre la pluie.“ 70 Charpin 1994, Nr. 112: 11–12: mu-zu-um-gu-nu lú mar-da-ma-nu-j[uki]. Hinweis auf hurritische Herkunft des Namens auf S. 199, Anm. zu Z. 11. 71 Siehe Charpin / Ziegler 2003, 82 mit Anm. 51 (Z. 3': [mar-da-m]a-nim) und S. 145. Die Ergänzung geht auf Jean-Marie Durand zurück, ebenso wie der Vorschlag, den Eintrag auf das Eponymat des Ibni-Addu zu datieren. 72 Die Stadt Ḫabūratum möchten wir versuchsweise mit dem heutigen Zakho (kurdisch 66

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Ebenso aus der Zeit Samsī-Addus, wahrscheinlich aber noch vor der Einnahme von Mari, stammt ein Brief aus Tall al-Rimah, das mehrheitlich mit Qaṭṭarā gleichgesetzt wird, in dem ein Mann aus Mardaman Erwähnung findet.73 In dem Schreiben wird ein gewisser Ilī-Šamaš von einem vermutlich höhergestellten Amtsträger angewiesen, ihm zwei Personen zwecks Gerichtsverhandlung zu schicken. Eine der geladenen Personen war ein Mann aus Mardaman, der in Qaṭṭarā wohnte. Nach Samsī-Addus Tod fiel sein Obermesopotamisches Reich auseinander und Mari wurde von der einst vertriebenen Dynastie zurückerobert. Aus dem ersten Regierungsjahr des neuen Herrschers Zimrī-Līm (1775–1762 v. Chr.) ist ein Brief an einen gewissen Tiš-ulme überliefert.74 Der Adressat trägt einen hurritischen Namen und wird in einem anderen, noch unveröffentlichten Brief als König von Mardaman ausgewiesen.75 Zimrī-Līm erläutert ihm, dass überall die alten (von Samsī-Addu abgesetzten) Herrscherfamilien zurückgekehrt seien und man von ihm eine restaurative Politik erwarte. Anschließend fordert er Tiš-ulme auf, die von ihm besetzte Stadt zu verlassen, damit er sie dem ehemaligen Herrscher zurückgeben könne. Als Gegenleistung werde er ihn in einen anderen Ort seiner Zaxo) am Östlichen Ḫabur identifizieren, welches eine große Siedlungsfläche aufweist, bestehend aus Oberstadt und Unterstadt, mit intensiven Besiedlungsnachweisen für die Mittlere Bronzezeit an Hand von Oberflächenkeramik (aufgenommen als Fundorte C85 und C98 im Rahmen des EHAS-Surveys 2016 der Universität Tübingen unter Leitung von P. Pfälzner, örtliche Surveyleitung P. Sconzo). Der Ort war mehr oder weniger durchgehend von der Frühen Bronzezeit bis zur neuassyrischen Zeit besiedelt. Hier befindet sich eine bedeutende Furt über den Östlichen Ḫabur, so dass auch dieser Ortslage Bedeutung im Wegenetz zukommt. Über den sogenannten Korridor von Amēdi / Amadīya (siehe Pfälzner / Sconzo 2015, 98–99) sind von hier aus auch die Zab-Region und weiter östlich liegende Gebiete, wie z. B. die Ranya-Ebene, gut erreichbar. Es handelt sich folglich um einen bevorzugten Siedlungsplatz nördlich von Bassetki / Mardaman. Leider ist der ausgedehnte Fundort (als Zakho-Kiste bezeichnet) durch die moderne Stadt Zakho vollständig überbaut. Die Entfernung von Bassetki / Mardaman nach Zakho beträgt nur 21 km in der Luftlinie bzw. 25 km auf der Straße unter Benutzung des Passes von Zakho, der aus der Selevani-Ebene über den Ǧebel Biḫair (s. o.) direkt nach Zakho führt. Dieser Pass dürfte auch in der Antike die Wegverbindung zwischen Mardaman und Ḫabūratum gebildet haben. 73 Dalley / Walker / Hawkins 1976, Nr. 301: 7: 1 lú urumar-da-ma-na-ju. Für die Datierung des Textes siehe Whiting 1990, 189–202 (group f). Die Eroberung von Qaṭṭarā durch Samsī-Addu wird in einem späteren Brief an Zimrī-Līm evoziert (Charpin 1992). 74 Birot 1989. Neue Übersetzung durch Durand 1997, Nr. 247, dem hier grundsätzlich gefolgt wird. Für den historischen Kontext siehe noch Charpin / Ziegler 2003, 183. 75 Vgl. Birot 1973, 9: „Or, une lettre inédite (A. 434), dont M. G. Dossin a bien voulu me communiquer le texte, nous apprend que ce personnage était roi de la ville de Mardamân et était en relation avec le roi de Ḫaburatum, Nanip-šawiri […].“ Eine Liste der hurritischen Herrscher in den Archiven von Mari bietet Kupper 1978, 123. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Wahl einsetzen. Ein weiterer Brief mit fast identischem Wortlaut richtet sich an zwei andere Machthaber. Es ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, welche Stadt Tiš-ulme in seiner Gewalt hatte, doch es scheint unwahrscheinlich, dass es Mardaman war. Ebenso ungewiss ist die Tatsache, ob er zu jener Zeit bereits König von Mardaman war – und die Verwirrungen nach Samsī-Addus Tod für eigene Expansionspläne ausgenutzt hatte – oder ob er es erst danach wurde, unter Umständen als Folge eines Kompromisses mit Zimrī-Līm. Letzteres scheint jedoch wenig plausibel, besonders wenn man bedenkt, dass der Brief in seiner Hülle ungeöffnet im Palast von Mari gefunden wurde und – wie auch das andere erwähnte Schreiben – nie geschickt worden sein dürfte. Jedenfalls zeigen die anderen Texte aus der Regierungszeit Zimrī-Līms, dass Mardaman ein selbständig agierendes Königreich war, das diplomatische Kontakte zu Mari pflegte. Ein Verwaltungstext aus der Zeit unmittelbar nach der Eroberung von Kaḫat im Südlichen Ḫabur-Dreieck, dem ersten großen militärischen Erfolg Zimrī-Līms am Ende seines ersten Regierungsjahres, verbucht eine (Geschenk-)Lieferung von einem Paar Stiefel und einem blauen Gürtel durch Tiš-ulme.76 Das Geschenk wurde in der Stadt Saggarātum, nahe der Mündung des (Westlichen) Ḫabur in den Euphrat, abgegeben, wo Zimrī-Līm vermutlich einen Etappenhalt auf seinem Weg nach Šubat-Enlil, der ehemaligen Hauptstadt von Samsī-Addus Reich, gemacht hatte.77 Ein Brief, der an Zimrī-Līm von einem hohen Palastbeamten geschickt wurde, vermutlich während der König einen Krieg gegen Ibāl-Addu von Ašlakkā im Westlichen Ḫabur-Dreieck führte, berichtet von einer Karawane aus Mardaman, die in Mari angekommen war.78 Angereist waren u. a. ein Bote aus Mardaman, dessen Begleiter, sowie ein Mann aus Karanā, das sich östlich des Ğebel Sinğar befand79 und eine Reiseroute östlich des Ḫabur-Dreiecks nahelegt. Der Krieg gegen Ašlakkā fand im letzten Regierungsjahr Zimrī-Līms statt und

76

Kupper 1983, Nr. 300. Tiš-ulme wird als lú mar-da-ma-anki, „Mann aus Mardaman“, charakterisiert, eine Bezeichnung, die in Mari auch für einen Herrscher benutzt werden kann; siehe The Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago, Volume 1, A, Part II, 57b unter Punkt d. Für die Übersetzung von patinnu ḫašmānum als „blauen Gürtel“ siehe Durand 2009, 172. 77 Das Geschenk wurde durch den Beamten Jabni-Dagān in Empfang genommen. Zum historischen Hintergrund siehe Birot 1989, 25; Charpin / Ziegler 2003, 186–193. 78 Ozan 1994, 151–153, Nr. 83: 11: 1 dumu ši-ip-ri mar-da-ma-an[(ki)]. 79 Möglicherweise mit Tall Ḥamīrah bei Mahallabīya, 23 km südöstlich von Tall ʽAfar und 20 km östlich von Tall al-Rimah gelegen, zu identifizieren. Der ausgedehnte Ruinenhügel mit einer Größe von 590 × 550 m, einer zentralen Zitadelle und polygonalen Ummauerung ist nur wenig kleiner als derjenige von Tall al-Rimah (Qaṭṭarā) und spricht für die Gleichsetzung mit Karanā (zuerst von Nashef 1989, 36–39 vorgeschlagen). Zu Tall Ḥamīrah siehe auch Fink 2016, 65, Ort Nr. 396 (dort fälschlicherweise als „Tall Kharima“ bezeichnet). Alternativ wird Karanā häufig mit dem (allerdings deutlich kleineren) Tell ʽAfar identifiziert (zuletzt Ziegler / Langlois 2016, 179). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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endete mit der Einnahme der Hauptstadt und der Deportation der Palastbevölkerung.80 Schließlich zeigt ein unveröffentlichter Text, dass auch Zimrī-Līm Gesandte nach Mardaman schickte.81 Die Beziehungen zwischen Mari und Mardaman beschränkten sich nicht auf den diplomatischen Bereich. Ärzte aus Mardaman genossen in Mari einen hervorragenden Ruf, wie zwei Briefe an Zimrī-Līm darlegen. Absender ist in einem Fall Dāriš-lībūr, ein hoher Beamter, der dem an einem Fieberanfall leidenden König zwei Ärzte schickt.82 Der eine Arzt gehört der Palastadministration an, der andere kommt aus Mardaman. Zusammen mit ihnen werden in versiegelten Behältern die benötigten Heilpflanzen gesandt, die allesamt aus den Bergen stammen. Dārišlībūr erinnert daran, dass der König die Zubereitung des „Amtsarztes“ bereits ausprobiert habe. Diejenige des Arztes von Mardaman haben er selbst und zwei weitere Vertraute des Herrschers eingenommen und sie sei wirksam gewesen. Schließlich weist er darauf hin, dass beide Zubereitungen nicht gemischt getrunken werden sollen. Absender des zweiten Briefes ist Jaqqim-Addu, der Gouverneur von Saggarātum.83 Ein Mitglied seines Verwaltungsapparats sei krank geworden. Unter seinem Ohr habe sich ein Abszess gebildet. Zwei Ärzte in seinem Dienst hätten ihm Kompressen aufgelegt, aber die gewünschte Besserung traf nicht ein. Daher bitte er den König um einen Arzt aus Mardaman oder einen erfahrenen Arzt aus Mari. Mardaman muss notwendigerweise ein wichtiges medizinisches Zentrum gewesen sein.84 Es ist vielleicht kein Zufall, dass aus der mittelassyrischen Zeit ein Tempel der großen Heilgöttin Gula am Ort bekannt ist. Gelegentlich finden sich in der Mari-Korrespondenz Hinweise auf Mardamans Rolle auf regionaler Ebene. In einem Schreiben, das aus dem zweiten Drittel der dreizehnjährigen Regierung Zimrī-Līms stammen dürfte, wird dieser darüber informiert, dass Mardaman von zwei Kleinkönigen aus der Region des Ǧebel Sinǧar

80

Siehe Charpin / Ziegler 2003, 239–240. Siehe Durand 1988, 294, Anm. 22 (A. 564). 82 Erstpublikation durch Finet 1954–1957, 134–136, A.2216 5, 19: ša lúa-si-im mar-dama-na-i. Neue Übersetzung durch Durand 1997, Nr. 171. 83 Vollständige Erstbearbeitung durch Finet 1954–1957, 131–132, A.140: 13: lúa-zu mar!da-ma-na-ia-am. Neue Übersetzung durch Durand 1997, Nr. 172. 84 Vgl. Durand 1988, 557 in Bezug auf die Ärzte aus Mardaman: „[…] il s’agit de gens qui restent dans l’anonymat parce qu’on recourt à eux en fonction de la technique particulière qu’ils possèdent. […] Il est vraisemblable qu’il s’agissait de gens itinérants, proposant leurs services au gré de leur déplacements […]. En ce qui concerne le «médecin de Mardamân», il est dénommé d’après une ville sur la périphérie de monde civilisé tel qu’on le comprenait à l’époque. Elle participait de fait, à la frontière du nord-est à la culture des «Peuples de la Montagne», et à un monde minéral, végétal et animal, très différent de celui dont on était familier dans les grandes vallées de l’Euphrate et du Tigre.“ 81

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geplündert worden sei.85 Šarrīja aus Razamā habe zunächst 300 Männer und Frauen nach Ḫatnā verschleppt. Danach haben er und Qarnī-Līm aus Andarig eine Beute von 1000 Menschen zu gleichen Teilen untereinander aufgeteilt, weshalb 2000 Turukkäer (Bewohner des Zagros-Gebirges) ihnen auflauerten. In einem anderen Brief aus dem letzten Drittel der Regierungszeit Zimrī-Līms wird über eine militärische Aktion von Karanā im Land Ḫatnum berichtet.86 Das Land Ḫatnum befand sich am Tigrisufer und ist vielleicht mit dem oben erwähnten Ḫatnā identisch. Jedenfalls wechselte Ḫatnum die Fronten und stellte sich auf die Seite von Kurdā, dem Feind von Karanā und seinem Verbündeten Andarig. Karanā reagierte mit einer militärischen Intervention und brachte fünf Städte von Ḫatnum in seine Gewalt. Der König von Mardaman eilte Ḫatnum zur Hilfe, doch Karanā trug den Sieg davon. Diese Intervention stellt eine Episode im Kampf um den regionalen Vorrang zwischen zwei Bündnisblöcken dar: Kurdā / Ekallātum auf der einen Seite und Andarig / Karanā (von Mari unterstützt) auf der anderen. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Mardaman gegen die Allianz Andarigs, des ehemaligen Plünderers, Partei ergriff. Die letzte Nachricht über Mardaman bildet ein kurzer Vermerk in einem Schreiben, das sich – wie auch die zuvor genannten – vorwiegend auf lokale Auseinandersetzungen im Bereich des Ǧebel Sinǧar bezieht. Darin heißt es, dass der Turukkäerfürst Zazija nach Mardaman gegangen sei und dem Land zweimal eine vernichtende Niederlage beigebracht habe.87 Die im Zagros-Gebirge beheimateten Turukkäer waren „als Konföderation verschiedener, relativ unabhängiger Regionen / Städte“88 politisch organisiert und standen in einer wechselhaften Beziehung zu den Talbewohnern, die nicht frei von Überfällen und Plünderungen war.89 Auch Zimrī-Līm und sein Reich sollten bald vernichtend geschlagen werden. In

85

Durand 1988, Nr. 128: 6: a-na mar-da-ma-anki (in Z. 24 Ortsname ergänzt). Durand erwähnt in seinem Kommentar (S. 294) zwei unveröffentlichte Texte, die Auskunft über die Beziehungen zwischen Mardaman und Ḫabūratum geben: „A.474 (lettre de Sammêtar) indique d’une façon claire que Mardamân et Haburâtum peuvent se faire la guerre directement. Même renseignement à tirer de A.2986 qui parle, elle aussi, de projets de paix entre Mardamân et Nanib-šauri (roi de Haburâtum).“ Die Nummer A. 474 steht versehentlich für A. 434; es handelt sich um denselben Brief, den Birot im oben angeführten Zitat (Anm. 75) erwähnt. 86 Charpin / Joannès / Lackenbacher / Lafont 1988, Nr. 512: Rs. 7': [lugal m]ar-da-ma-nuumki. Der Text wurde von Bertrand Lafont bearbeitet. Für den historischen Zusammenhang siehe seine Kommentare, besonders S. 461–462, 465–467, 474–475. 87 Kupper 1998, Nr. 156: 17–20: [i-n]a p[a-n]a-nu-um [mza-zi-ia] lú [t]u-[ru-uk-ku a-na ma-a-a]t mar-da-ma-anki il-[l]i-kam-ma [ši-ni-šu da]-wi-da-am i-du-u[k]. Vgl. auch die Übersetzung von Durand 1997, Nr. 308. 88 Ziegler 2014–2016, 210a. 89 Siehe Lafont, in: Charpin / Joannès / Lackenbacher / Lafont 1988, 469–471. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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seinem 32. Regierungsjahr nahm Ḫammurapi die Stadt Mari ein, plünderte den Palast und zerstörte ihn zwei Jahre später. Der archäologische Befund zeigt, dass die Stadtanlage von Bassetki ihre zweite Blütezeit während der Mittleren Bronzezeit erreichte, die der altassyrischen / altbabylonischen Periode entspricht. In dieser Zeit war die Unterstadt dicht besiedelt, wie dies aus der geomagnetischen Prospektion abzulesen ist. Es finden sich an mehreren Stellen Straßen, die schräg zueinander verlaufen oder sich in spitzen Winkeln treffen. Orthogonale Straßenzüge sind nicht erkennbar. Dies verweist auf ein unregelmäßiges, nicht geplantes, sondern allmählich gewachsenes Straßensystem in der Unterstadt. Mehrere Hausgrundrisse sind erkennbar, darunter ein großes Hofhaus (225 m2) und ein weiteres, noch ausgedehnteren Formats (530 m2).90 Ein vielräumiger Komplex in der Unterstadt könnte ein öffentliches Gebäude gewesen sein. Da die Oberflächenkeramik an diesen Stellen überwiegend mittelbronzezeitlich ist, lässt sich eine Datierung der erfassten unterirdischen Strukturen in diese Periode recht sicher annehmen. Sie sollen in zukünftigen Grabungskampagnen freigelegt werden. Die Ausgrabung der mittelbronzezeitlichen Phasen A11 bis A13 in der Oberstadt hat einen funktional noch schwer zu deutenden Befund erbracht. Hier liegen große Terrassierungen aus Lehm vor, die zum Rande der Oberstadt hin durch eine Mauer abgeschlossen waren, von der ein breites Steinfundament erhalten geblieben ist. Letzteres wurde in Phase A13 errichtet und in der darauf folgenden Phase A12 teilweise erneuert.91 Möglicherweise könnte es sich um eine Akropolismauer oder die Einfassungsmauer eines Baukomplexes in der Oberstadt gehandelt haben. Die Lehmterrassierungen könnten als Substruktionen für größere Bauten gedient haben. Allerdings zeigt der Bereich innerhalb der Umfassungsmauer keine Reste einer Bebauung, wobei nicht zu entscheiden ist, ob es sich einst um eine Außenfläche handelte oder ob eventuell dort vorhandene Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt abgetragen worden sind. Innerhalb der Terrassierungslagen aus Lehm fanden sich zwei altbabylonische Tontafeln.92 Sie sind die bisher einzigen Textzeugnisse dieser Zeit aus Mardaman. Es handelt sich um eine kleine, nahezu viereckige administrative Tafel, die Getreidemengen notiert, und um ein noch unbestimmtes Fragment einer linken Tafelseite.

9. Die Mittani-Zeit Nach der Zeit der Mari-Archive entwickelte sich in Nordmesopotamien aus den vielen Kleinstaaten ein Großreich, das Mittani-Reich, während dessen Bestehen

90

Pfälzner / Qasim 2017, 20–21, Fig. 9–10. Pfälzner / Qasim 2017, 24, Fig. 12. 92 Fundnummern BAS18A-i139 und BAS18A-i188. 91

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(15.–14. Jh. v. Chr.) die hurritische Kultur ihre größte Ausstrahlungskraft erlangte. Das begrenzte Corpus mittanischer Texte gibt bisher keinen Hinweis auf die Existenz von Mardaman. Allerdings kommt der Stadtname in Texten aus dem nordsyrisch-anatolischen Raum vor, der ebenfalls unter starkem hurritischen Einfluss stand. In einer hethitisch-hurritischen Festbeschreibung zu Ehren der Göttin Šawuska von Tameninga, die in der Königsburg in Ḫattusa gefunden wurde, kommt die Göttin Šuwala von Mardaman als Empfängerin eines Brotopfers vor.93 Der Göttername erscheint als theophores Element in hurritischen Personennamen aus dem syrisch-nordmesopotamischen Raum seit der altbabylonischen Zeit.94 Im hethitischen Reich gehörte Šuwala zum Kreis der aus Nordsyrien stammenden Ḫebat, der Frau des hurritischen Wettergottes Teššub.95 In einem zweiten hurritischen Text aus Ḫattusa, der bruchstückhaft überliefert ist und mehrere Ortsnamen enthält, kommt die Stadt Mardaman vor.96 Andere aufgeführte Toponyme sind Ḫalpa / Ḫalab, Ebla und Ḫatti.97 Im hurritischen Corpus aus Emar, das auf der Inspektion von Schafslebern und Opfervögeln beruhende Omina enthält, gibt es zwei inhaltlich verwandte Texte, welche die Stadt Mardaman nennen.98 Nach einem Vorschlag von Volkert Haas ist in einem der beiden Texte vor dem Hintergrund der oben zitierten Festbeschreibung aus Ḫattusa der Göttername Šuwala zu ergänzen.99 Untermauert wird diese Lektüre durch die Tatsache, dass die Göttin Šuwala (ohne Ortsnamen) in 93

Wegner 1995, Nr. 16: Rs. 17': dšu-u-wa-˹a˺-la uruma-a[r]-ta-ma-an-ḫi. Es handelt sich um eine Tafel aus mittelhethitischer Zeit (15. Jh. v. Chr.; siehe Wegner 1995, 11). Der Text ist in hethitischer Sprache verfasst, während die Opferempfänger in ihrer hurritischen Bezeichnung erscheinen (Wegner 1995, 4). Die Stadt Tameninga / Tamininka wird allgemein im Bereich des Oberen Euphrats lokalisiert (siehe del Monte / Tischler 1978, 392– 393, mit Verweis auf Šamuḫa, S. 338–341). 94 Richter 2016, 116 (Chagar Bazar), Schwemer 2001, 409, Anm. 3432 (Alalaḫ IV und Nuzi). 95 Haas 1994, 389. Belege in Wegner 2004, 233–234. Siehe ferner Haas 1994, 504 für das Aussehen des Götterbildes sowie Trémouille 2011–2013 und Richter 2016, 521 für eine allgemeine Darstellung der Gottheit. 96 Trémouille 2005, Nr. 65: Rs. 7: mar-da-ma-an-ni. 97 Es handelt sich um eine junghethitische Niederschrift (zweite Hälfte des 14. oder erste Hälfte des 13. Jh. v. Chr.). Vgl. aber Wilhelm 2008, 192: „Within the Boğazköy tradition, Ebla is rarely attested, and the few attestations all seem to be part of the Hurrian tradition of texts that preserve remembrances of the Mari period.“ 98 Alle hurritischen Texte aus Emar gehören zur sog. syro-hethitischen Schreibtradition (ca. 13. Jh.). 99 Haas 1994, 389, Anm. 78 in Bezug auf Msk. 74.224: 9': mar-da-ma-an-ni-be d [šu-wa-la] (= Salvini 2015, 26, 119, 215). Im Text kommen auch die Išḫara von Ebla und die Kubaba von Karkemiš vor. In Bezug auf Ebla vgl. den in Anm. 97 zitierten Kommentar von Wilhelm. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Emar durchaus verehrt wird, wie eine Opferliste und zwei Festbeschreibungen, alle drei in akkadischer Sprache, bezeugen.100 Die andere divinatorische Tafel scheint u. a. eine verkürzte Version desselben Textes zu beinhalten,101 die aber auf einer anderen Vorlage beruhen dürfte.102 Die kultische Verehrung der aus dem hurritischen Kulturmilieu stammenden Šuwala von Mardaman im nordsyrisch-anatolischen Bereich in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. legt nahe, dass diese lokale Gottheit überregionales Ansehen genoss. Der Šuwala-Kult in Mardaman selbst muss notwendigerweise älter gewesen sein und war vermutlich schon in altbabylonischer Zeit verbreitet, nach der damaligen Bedeutung der Stadt zu urteilen. Über sein Schicksal nach der assyrischen Eroberung wissen wir (noch) nichts. Durch die Befunde in der Grabungsstelle A von Bassetki ist bekannt, dass die Stadt zur Mittani-Zeit existierte und offensichtlich auch prosperierte. Die Phasen A8 bis A10 datieren in diese Periode. In der Phase A8 bestand ein Haus unbekannten Grundrisses, welches aber einen großen, mit flachen Steinen sorgfältig gepflasterten Hof besaß.103 Auf dem Hofpflaster fanden sich zwei Tontafeln.104 Die besser erhaltene ist eine Notiz über vier abgeschlossene Handelsreisen. Dies verweist darauf, dass die Stadt in mittanischer Zeit weiterhin an überregionale Handelssysteme angeschlossen war. Möglicherweise war das erfasste Haus gar dasjenige eines Händlers. Da die Unterstadt in mittanischer Zeit nicht mehr besiedelt war, müssen sowohl die politischen Institutionen der Stadt als auch die Häuser von ökonomisch aktiven Familien, wie etwa der Händlerfamilien, in der Oberstadt gelegen haben. Hier ist sicherlich auch der Tempel der Šuwala zu suchen. In dem genannten Haus der Oberstadt wurde außer den Tontafeln auch das Terrakottarelief einer brüstehaltenden, nackten Frau gefunden (Abb. 6).105 Terrakottaplatten dieser Art werden in der Forschung häufig als Göttinnendarstellungen angesehen.106 Allerdings gibt es keinerlei Indizien, dieses Bildnis etwa mit der Göttin Šuwala von Mardaman in Verbindung zu bringen. Vielmehr dürften 100

Siehe Pentiuc 2001, 175 und Beckman 2002, 48, beide mit Belegen. Bei den Festen handelt es sich um das kissu-Fest für EREŠ.KI.GAL und für NIN.KUR (Lesung der Götternamen unbekannt). Im ersten Fall fand es nicht in Emar, sondern in der benachbarten Stadt Šatappu statt. 101 Msk. 74.35: 29: mar-da-ma-an-ni-be (= Salvini 2015, 16, 63, 154). Zum Beispiel fehlt bei Ebla und Mardaman der Göttername, bei Kubaba hingegen der Ortsname. 102 Freundliche Mitteilung von Sebastian Fischer in einer E-Mail vom 27.11.2018, dem wir auch einige Literaturhinweise verdanken. 103 Pfälzner / Qasim 2018, 67–69, Fig. 32–33. 104 Fundnummern BAS17A-i166 und BAS17A-i167 (siehe Pfälzner / Qasim 2018, 68, Fig. 35). 105 Pfälzner / Qasim 2018, 68, Fig. 34. 106 So zum Beispiel Starr 1939, 416–417; kritisch dazu hat sich beispielsweise Pruß 2010, 159–162 geäußert. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Terrakotten dieser Art in Ritualen eingesetzt worden sein, die in diesem Fall sicherlich einen hurritischen Kulthintergrund besaßen. Im Kontext solcher Rituale oder nach deren Abschluss dürfte auch das absichtliche Zerbrechen dieser Figurinen stattgefunden haben. Die Figurine aus Bassetki besitzt, wie viele andere ihrer Art aus Nuzi und anderen Orten, keinen Kopf mehr.

10. Die Stadt und Provinz Mardama in mittelassyrischer Zeit Eine Stadt oder Provinz Mardama war bisher in mittelassyrischen Quellen nicht bekannt. Ihre Bedeutung wird allerdings anhand der Texte aus Bassetki deutlich. Die meisten der bisher in Phase C9 der Grabungsstelle am Osthang gefundenen mittelassyrischen Texte sind administrativer Natur: Im Keramikgefäß befanden sich – wie eingangs erörtert – überwiegend sog. Verpflichtungsscheine, in denen der Gouverneur Aššur-nāṣir als Gläubigerpartei vorkommt. Auf dem Boden verstreut lagen hauptsächlich Personenlisten größeren und kleineren Formats, die mit der Organisation von Arbeitskräften zu tun haben. Besonders hervorzuheben ist das Bruchstück einer zweikolumnigen Tafel, das u. a. eine Gruppe von Arbeiterinnen zusammen mit ihren Kindern auflistet. Es wird vermerkt, dass sie aus dem Kašijari-Gebirge, dem heutigen Tur ʽAbdin, kommen und in der Stadt Tupḫam übergeben worden sind.107 Die Texte stammen vorwiegend aus der Regierungszeit Tukultī-Ninurtas I. (1233–1197 v. Chr.), unter dem die assyrische Expansion einen ersten Höhepunkt erreichte. Die eroberten Gebiete wurden mit ihren städtischen Zentren als Provinzen in das Reich und den assyrischen Wirtschaftsraum einbezogen. Sie wurden unmittelbar von assyrischen Gouverneuren regiert, die in der Regel zu den alten Familien aus der Hauptstadt Assur gehörten. Auch der Name des Gouverneurs von Mardama, Aššur-nāṣir, weist auf eine Herkunft aus der Hauptstadt hin. Tafelformate, Paläographie und Formular der Texte entsprechen dem, was wir aus Assur und anderen mittelassyrischen Fundorten kennen. Dies bestätigt die grundsätzliche Beobachtung, die in Bezug auf die schriftliche Überlieferung wie auch auf die Keramik der mittelassyrischen Zeit gemacht worden ist, nämlich, dass die Assyrer sehr einheitliche und standardisierte Verwaltungsstrukturen und -praktiken eingeführt haben. Die Naturalien, die in den Texten vorkommen, geben einen Hinweis auf die ökonomischen Ressourcen der Provinz: Groß- und Kleinvieh (Rinder, Esel, Schafe, Ziegen), Getreide (Gerste, Weizen), Hülsenfrüchte (Linsen), Farbstoffe (Krapp), Metalle (Blei). Der Vorstoß der Assyrer in die Region, in der Mardama lag, beruhte nicht zuletzt darauf, den Zugang zu den Pferdezuchtgebieten im Nördlichen Zagros und Ostanatolischen Hochland zu kontrollieren.108 Pferde wurden zu jener Zeit hauptsächlich als Streitwagenpferde eingesetzt. Als Ele107 108

Fundnummer BAS17C-i334. Siehe Faist 2001, 68–69. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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mente der Stadttopographie sind in den Texten neben dem archäologisch erforschten Gouverneurspalast bisher ein Stadttor (abullu),109 ein Arbeitshaus (bīt nupāre)110 und ein Gula-Tempel (bīt Gula)111 dokumentiert. Ob der Gula-Tempel den früheren Šuwala-Tempel der Stadt (s. o.) ersetzte oder ob er getrennt davon existierte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klären. Von diesen Gebäuden, die sich allesamt in der Oberstadt von Bassetki befunden haben müssen, da auch für die mittelassyrische Zeit keine Besiedlung der Unterstadt nachgewiesen ist, konnte bisher nur der Gouverneurspalast auch archäologisch erfasst werden. Um diesen müsste es sich aller Wahrscheinlichkeit nach bei dem Gebäude handeln, in dem die Tontafeln des Archivs des Aššur-nāṣir gefunden wurden, da davon auszugehen ist, dass die administrativen Dokumente der Provinzverwaltung im Statthalterpalast aufbewahrt wurden. Von diesem Gebäude konnte bisher nur ein Raum ausgegraben werden, zwei weitere Räume schließen sich im Norden an, die aber erst teilweise ausgegraben wurden. Der freigelegte, große Raum I lässt sich als Archivraum bestimmen, da die Texte hier in einem Archivgefäß gelagert waren. Diejenigen Texte, die verstreut auf dem Fußboden und im Versturz darüber gefunden wurden, könnten theoretisch einst auch in Keramikgefäßen aufbewahrt worden sein, von denen sich zahlreiche im Zerstörungsinventar des Raumes fanden. Zu diesem Inventar zählen aber auch mehrere großformatige Keramikgefäße, die sicherlich nicht als Archivgefäße in Frage kamen, sondern auf die Lagerung von Gütern in diesem Raum hinweisen. Möglicherweise wurden hier also sowohl die Lagerung als auch die administrative Verwaltung von Gütern, insbesondere Getreide und Hülsenfrüchte, durchgeführt. Ferner fand sich eine Gussform für Schaftlochäxte aus Metall, die auf Metallproduktion im Gouverneurspalast hinweist. Allerdings gibt es im Raum keine Feuerstelle, die annehmen ließe, dass die Schmiedearbeiten selbst in diesem Raum ausgeführt wurden. Vielmehr dürfte der Raum zur Lagerung der dafür benötigten Arbeitsgeräte gedient haben. Weiterhin gehören Glas- und ‚Fritte‘-Produkte in großen Mengen zum Inventar des Raumes, darunter zahlreiche Glasperlen, Knöpfe aus Quarzkeramik (‚Fritte‘) und eine große, fast vollständige Schale aus Quarzkeramik sowie Fragmente weiterer solcher Schalen.112 Möglicherweise sind diese Gegenstände ebenfalls im Bereich des Statthaltersitzes produziert worden und in diesem Raum gelagert und registriert worden. Dies veranschaulicht die mannigfaltigen ökonomischen Funktionen des Palastes, die auch in den Texten ihren Niederschlag finden. Das Gebäude diente der Produktion, Lagerung, Verwaltung und sicherlich auch Distribution bzw. Redistribution von Gütern der Stadt und ihrer Umgebung. 109

BAS17C-i384: 17 ([a-na/i-na] a-bu-li). BAS17C-i376: 11 (é nu-[pa-a-re]), BAS17C-i403: 13 (é nu-pa-a-re), BAS17C-i406: 10 (é [nu-pa-a]-re), BAS17C-i440: 13 (é nu-pa-˹a˺-[re]). 111 BAS16C-i6: 3' (é ‹d›gu-la). 112 Puljiz, in: Pfälzner / Qasim 2018, 62–65, Fig. 25–29. 110

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Das Territorium der mittelassyrischen Provinz Mardama lässt sich recht präzise umreißen (Abb. 7). Es dürfte den gesamten Bereich der fruchtbaren SelevaniEbene ausgefüllt haben, die als agrarisches Umland des Statthaltersitzes gedient haben dürfte. Hier finden sich – wie in der Geländebegehung EHAS der Universität Tübingen festgestellt werden konnte113 – zahlreiche mittlere und kleine Siedlungen der mittelassyrischen Zeit, die eine dichte Besiedlung und Nutzung der Ebene anzeigen.114 Bezeichnenderweise stammen mehrere der „Schuldner“ in den Verpflichtungsscheinen und šulmānu-Urkunden aus Ortschaften, die Ālu- oder Dunnu-Namen tragen, d. h. typische Namen für ländliche Siedlungen, die in der Umgebung von Mardama gelegen haben müssen. Bassetki / Mardama eignet sich durch seine zentrale Lage innerhalb der Ebene sehr gut als politisches Zentrum dieses Gebietes. Ebenfalls zu dieser Provinz gehörten sicherlich auch die mittelassyrischen Siedlungen in der linksseitigen Flussaue des Tigris, an welche die Selevani-Ebene ohne größere geographische Hindernisse heranreicht, wobei sie zum Teil steil dorthin abfällt, sich zum Teil aber auch flach absenkt. Neben Bassetki wurden im Survey bisher weitere 41 Fundorte der mittelassyrischen Zeit in der Selevani-Ebene und dem linksseitigen Tigristal registriert,115 so dass es sich um eine dichtbesiedelte Region gehandelt haben muss. Der Tigrislauf dürfte die Südwestgrenze der Provinz Mardama gebildet haben. Auf der nordöstlichen Seite stellt der Gebirgszug des Ǧebel Biḫair eine eindeutige Siedlungsgrenze dar. Jenseits des Gebirges, in der Beckenlandschaft des Mittleren Östlichen Ḫabur, sind – von zwei Ausnahmen bei Zakho abgesehen – keine mittelassyrischen Siedlungen nachweisbar. Folglich bildete der Ǧebel Biḫair nicht nur eine klare Grenze der Provinz Mardama gen Norden und Nordosten, sondern dieser Gebirgszug dürfte gleichzeitig die Nordgrenze des mittelassyrischen Reichs dargestellt haben. Mardama kann folglich als mittelassyrische Grenzprovinz gegenüber dem Zagros-Gebirge bezeichnet werden. Nach Osten hin reicht die Selevani-Ebene bis an das relativ stark eingeschnittene Tal des Duhok-Flusses heran, der als natürliche südöstliche Begrenzung der Provinz Mardama in Frage kommt.116 Im Nordwesten stößt die Selevani-Ebene, und damit der vermutliche Bereich der Provinz Mardama, an die Stelle, an der der Östliche Ḫabur in den Tigris einmündet. Hier nehmen wichtige Verbindungswege für die Provinz Mardama ihren Ausgangspunkt. Zum einen gelangt man über den 113

Siehe dazu bisher Pfälzner / Sconzo 2015; dies. 2016. Eine der Kleinsiedlungen der mittelassyrischen Zeit, die durch Ausgrabungen untersucht wird, ist Muqable III; siehe Puljiz / Qasim 2018. 115 Vorläufige Auswertung bis einschließlich der Surveykampagne 2018 durch Paola Sconzo (Universität Tübingen). 116 Die mittelassyrischen Siedlungen im südöstlichsten Teil der Selevani-Ebene sind in der EHAS Geländebegehung nicht erfasst worden, sie liegen im Gebiet des italienischen LoNAP Surveys und sind vom italienischen Team untersucht und kartiert worden (siehe dazu Bonacossi / Iamoni 2015). 114

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Unterlauf des Östlichen Ḫabur in die Silopi-Ebene und zum Tigrisübergang bei Cizre, zum anderen liegt unmittelbar unterhalb der Einmündung des Östlichen Ḫabur der wichtige Tigrisübergang von Fēšḫabur. Hier kann der Tigris überquert werden, ohne zunächst den Östlichen Ḫabur zu durchschreiten. Folglich bietet sich dieser Tigrisübergang für die Provinz Mardama als bevorzugter Verkehrsweg in Richtung Nordostsyrien und zum Tur ʽAbdin an. Wie dies schon für die Handelsrouten der altassyrischen Zeit argumentiert wurde,117 stellt der Weg durch das Safan-Tal die direkteste Verbindung zum Tur ʽAbdin, dem alten Kašijari-Gebirge, her. Es sind, wie oben erläutert wurde, von Fēšḫabur, also der Grenze der Provinz Mardama, nur 33 km bis zur SubnatQuelle, an der bereits Tiglatpileser I. (1114–1076 v. Chr.) in spät-mittelassyrischer Zeit eine Stele errichten ließ.118 Dieser Platz dürfte also – wie in neuassyrischer Zeit119 – bereits in mittelassyrischer Zeit das Eingangstor zum Tur ʽAbdin gewesen sein. Dies erklärt, warum es für Mardama naheliegend und praktikabel war, Arbeiter und Arbeiterinnen aus dem Kašijari-Gebirge für Erntearbeiten und andere Aufgaben ins Land zu holen. Sie dürften bei Fēšḫabur über den Tigris übergesetzt worden sein. In der oben angesprochenen Personenliste aus Bassetki wird erläutert, dass die Arbeiterinnen bei der Stadt Tupḫam übergeben wurden. Diese bislang nur aus altbabylonischen und neuassyrischen Quellen bekannte Stadt könnte folglich am Nordrand der Provinz Mardama gelegen haben. Dafür kommt am ehesten der große Siedlungshügel von Dērabun in Frage, der nur 5 km östlich von Fēšḫabur liegt und den Nordrand der Selevani-Ebene weithin kontrolliert.120 Theoretisch könnte Tupḫam aber auch an einem der Orte in der näheren Umgebung von Dērabun und Fēšḫabur gesucht werden.121

117

Siehe oben, Abschnitt 7. Kessler 1980, 34. 119 Kessler 1980, 31–38; Radner 2006, 284. 120 Auf dem Ruinenhügel von Dērabun wurde Keramik der Mittleren Bronzezeit, der Mittani-Zeit, der mittelassyrischen und der neuassyrischen Zeit festgestellt (EHAS-Projekt der Universität Tübingen, Auswertung: P. Sconzo und P. Pfälzner). Der Hügel besitzt also archäologische Siedlungsbelege für die altbabylonische und die mittelassyrische Zeit, was den textlichen Belegen für die Stadt Tupḫam entspricht. Das quantitativ geringe Vorkommen mittelassyrischer Keramik im Surveymaterial (nur zwei Scherben) könnte taphonomische Ursachen haben. 121 Hierfür kommen mehrere kleinere Siedlungsplätze in Frage, die den Nachweis mittelassyrischer Keramik besitzen: Die kleinen Fundplätze A14 und A15 bei Fēšḫabur, der Fundort A13 zwei Kilometer weiter südlich am Tigris sowie die beiden Hügel A06 (Gire Tusana) und A07 (Gire Mšara) noch ein Stück weiter südlich am Fluss (8 bzw. 12 km südlich von Fēšḫabur). Es handelt sich allerdings allesamt um kleine bis sehr kleine Siedlungsplätze, die nicht das Format einer Stadt besitzen und deshalb für die Identifikation mit Tupḫam nicht sonderlich plausibel erscheinen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um Kleinsiedlungen der mittelassyrischen Zeit im Einzugsgebiet der Stadt Tupḫam. 118

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Die Provinz Mardama war folglich gleichzeitig Grenzland zum Zagros und Verbindungsland zum Kašijari-Gebirge und den nördlich davon liegenden mittelassyrischen Provinzen am Oberen Tigris (Tušḫan u. a.). Dadurch besaß sie eine besondere strategische und verkehrstechnische Bedeutung. Das fruchtbare Hinterland bildete zudem die Grundlage für ertragreichen Ackerbau und Viehzucht unter staatlicher Kontrolle. Dies erklärt, warum der mittelassyrische Staat an dieser Stelle eine eigene Provinz eingerichtet hat.

11. Bassetki in der neuassyrischen Zeit Die Grabungen in Bassetki haben zweifelsfrei ergeben, dass die Oberstadt in neuassyrischer Zeit immer noch besiedelt war. Die Phasen C4 bis C6 datieren in diesen Zeitraum. Über die Funktion der Siedlung in dieser Zeit lässt sich nur so viel sagen, dass hier eine Keramikproduktion angesiedelt war. Zwei Töpferöfen dieser Zeit wurden am Osthang freigelegt.122 Ein neuassyrisches Rollsiegel wurde auf der Oberfläche des Hügels gefunden.123 Ob der Name der Siedlung in neuassyrischer Zeit immer noch Mardama war, ist nicht bekannt. Der Name ist bisher in neuassyrischen Texten nicht belegt. Man kann ferner mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Ort – anders als in der mittelassyrischen Zeit – kein Verwaltungszentrum einer Provinz mehr war. Das einzige Schriftzeugnis aus diesem Zeithorizont ist bislang ein kleines Fragment mit sorgfältiger assyrischer Schrift, Zeilenlinierung und zwei sog. Brennlöchern, das vermutlich divinatorischen Charakter besitzt.124

12. Zusammenfassung Die Gegenüberstellung der philologischen und der archäologischen Befunde veranschaulicht, dass Bassetki / Mardama(n) über einen langen Zeitraum hinweg eine bedeutende Siedlung am nordöstlichen Rand Mesopotamiens war. Sie hatte an den Urbanisierungsprozessen des frühen 3. Jahrtausends v. Chr. teil und entwickelte sich in der Mitte des 3. Jahrtausends zu einer großen Stadtanlage mit Oberstadt und Unterstadt. Diese Bedeutung und ihre strategisch und verkehrstechnisch günstige Lage machte sie zu einem Ziel der Expansionsbestrebungen des AkkadeReiches unter Narām-Sîn. Eine zweite Blütezeit erlebte Mardaman in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr., als es Sitz eines hurritischen Königtums war. Ihre geographische Position nutzte die Stadt in dieser Zeit, um aktiv am altassyrischen Handelssystem beteiligt zu sein. Direkte Beziehungen sowohl nach Assur als auch nach Kaniš lassen sich für die Stadt textlich nachweisen. Bassetki liefert eines der wenigen archäologischen Beispiele für eine außerstädtische Straße, die als Überlandstraße an der Stadt vorbeilief und zudem eine Abzweigung in die 122

Pfälzner / Qasim 2017, 30–32, Fig. 19–20; dies. 2018, 50–55, Fig. 8–14. Puljiz, in: Pfälzner / Sconzo 2015, 114–116. 124 Fundnummer BAS17C-i93 (siehe Pfälzner / Qasim 2018, 55–56, Fig. 15). 123

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Stadt hinein besaß. Möglicherweise war sie Teil des überregionalen Straßensystems zwischen Assur und Kaniš. Ihre Handelsfunktionen verlor die Stadt auch in mittanischer Zeit nicht. Für diese Periode ist ein Heiligtum für die hurritische Göttin Šuwala in Mardaman belegt. In der mittelassyrischen Zeit wurde die Stadt unter dem Namen Mardama zum Statthaltersitz einer Provinz des mittelassyrischen Reiches. Diese Provinz sicherte das Reich nach Norden gegen die Zagrosländer ab, stellte eine Wegverbindung zu den assyrischen Provinzen am Oberen Tigris her und besaß zudem ein produktives agrarisches Umland. Weitere Ausgrabungen in Bassetki in den kommenden Jahren werden hoffentlich weiteres Licht auf die Entwicklung und Bedeutung von Mardama(n) werfen.

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Abbildungen

Abb. 1: Karte der Selevani-Ebene mit Lage von Bassetki / Mardama(n) sowie der Tigrisfurten.

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Abb. 2: Keramikgefäß mit mittelassyrischen Tontafeln.

Abb. 3: Die Statuenbasis des Narām-Sîn aus Bassetki (Museum Baghdad).

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Abb. 4: Die Route von Assyrien nach Kaniš: Der Abschnitt von der Selevani-Ebene zum Kašijari-Gebirge.

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Abb. 5: Die Route von Assyrien nach Kaniš: Die Gesamtroute.

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Abb. 6: Terrakottarelief einer brüstehaltenden, nackten Frau, Mittani-zeitlich, Bassetki, Phase A8.

Abb. 7: Das Territorium der mittelassyrischen Provinz Mardama. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Zur Genese der mesopotamischen Götterwelt Eine Auseinandersetzung mit Thorkild Jacobsens Central Concerns

Walther Sallaberger (Ludwig-Maximilians-Universität, München)

1. Fragestellung Mesopotamische Schriftquellen reichen in so frühe Zeiten – Chalkolithikum und Frühe Bronzezeit – zurück, dass sie immer zu Fragen nach den Ursprüngen einladen. Das betrifft auch das Thema der Religion und dabei insbesondere die Götterwelt.1 Ausgehend von den Anfängen behandelte Thorkild Jacobsen (1904–1993) die mesopotamische Religionsgeschichte 1963 unter dem programmatischen Titel „Ancient Mesopotamian Religion: The Central Concerns“; schon 1970 wurde der Beitrag in der weit verbreiteten Sammlung Toward the Image of Tammuz abgedruckt. 1976 erschien Jacobsens The Treasures of Darkness. A History of Mesopotamian Religion, in der er die Konzeption von 1963 weiter ausführte und durch Texte ausführlich belegte. Explizit stellte Jacobsen Religion in ihrer historischen Entwicklung dar; und auch wenn sich für diese Perspektive leicht Vorläufer, insbesondere der Aufsatz

1

Eine erste Fassung dieses Beitrags entstand unter dem Titel „Natur und Kultur im Spiegel des mesopotamischen Pantheons“ für eine Tagung zu „Gott und Welt – Gott als Welt. Transzendenz in monotheistischen, polytheistischen und philosophischen Konzeptionen“ im Oktober 2009 in Göttingen, nachfolgend trug ich die Überlegungen in München, Mainz und Verona, in Jerusalem und zuletzt auf der 64. Rencontre Assyriologique in Innsbruck vor. Während eines Gastaufenthalts in Verona im Herbst 2016 konnte ich diesen Entwurf im Rahmen einer Religionsgeschichte Mesopotamiens in der Frühen Bronzezeit ausarbeiten. Den jeweils Einladenden sei ebenso herzlich gedankt wie allen Diskutanten, die halfen, den Entwurf stets zu verbessern. Für die verbliebenen Fehler und Unzulänglichkeiten bitte ich um Nachsicht, übernehme aber selbstverständlich die wissenschaftliche Verantwortung. Die bibliographischen Nachweise und Anmerkungen wurden auf ein Minimum beschränkt. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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von Landsberger 1945,2 und zahlreiche Nachfahren anführen lassen, so ist Jacobsens historische Gliederung inzwischen zu Allgemeingut der Altorientalistik geworden. Unter den Darstellungen mesopotamischer Religion ragt Jacobsens Werk sowohl aufgrund der beeindruckenden Kenntnis philologischer und archäologischer Quellen als auch wegen seiner methodischen Stringenz und Konsistenz heraus. Aufgrund der Bedeutung dieser Religionsgeschichte lohnt sich eine fachliche Auseinandersetzung mit dem theoretisch-methodischen Rahmen und mit den Quellen auf aktuellem Forschungsstand; das ist bis heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem ersten Entwurf, noch nicht erfolgt. Eine solche Diskussion erscheint auch deshalb geboten, weil die Perspektive Jacobsens manchmal einfach als gegeben vorausgesetzt wird und man sich gelegentlich wohl nicht vergegenwärtigt, dass manche Lehrmeinungen letztlich durch Jacobsen festgeschrieben wurden. So diskutiert beispielsweise B. N. Porter (2009a) zwar das Gottesbild, setzt dabei aber selbstverständlich das Verständnis von Jacobsen voraus. Selbst ein Religionswissenschaftler wie B. Gladigow übernimmt die in der Assyriologie übliche Sichtweise, wenn er schreibt, dass in Mesopotamien eine „frühe Professionalisierung von Religion greifbar [sei], die mit der kulturellen Überwindung der Abhängigkeit von Natur auch die Gottesvorstellungen und das Binnenverhältnis der Götter zueinander neu formulierte“ (Gladigow 2002, 10) – er geht hier in Nachfolge Jacobsens und anderer von einer frühen Phase der „Abhängigkeit von Natur“ aus (vgl. Abschnitt 3).3 Die in diesem Beitrag skizzierte wissenschaftshistorische Einordnung von Jacobsens Arbeit (Abschnitt 4) zeigt zudem die weite Verbreitung derselben – heute meist wenig berücksichtigten – theoretischen Grundlagen in seiner Zeit, was deren Anhänger wie J. J. A. van Dijk oder K. Oberhuber aber nicht an heftigen Debatten zur Analyse mesopotamischer Religion hinderte (Oberhuber 1963, van Dijk 1967). Dass wir die einstigen Konfrontationen unserer frühen Lehrer als historisch betrachten und fachliche Diskussionen in einem freundschaftlichen Rahmen führen können, dafür sei Konrad Volk dieser Beitrag als Zeichen langer Verbundenheit gewidmet.

2. Die These von Thorkild Jacobsen Jacobsens Ausgangspunkt ist „Religion“ als eine „Antwort“ (response), die aus der Konfrontation mit dem Numinosen hervorgehe. Dabei legt er die von Rudolf

2

Mir ist nur die englische Übersetzung von 1974 zugänglich. Die historische Perspektive auf Religion war in der Leipziger Assyriologie bis 1935 verbreitet, denkt man an Namen wie Zimmern, Landsberger oder Falkenstein. 3 Dabei stützt er sich auf Kienast 1985. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Otto geprägte phänomenologische Begrifflichkeit zugrunde. Die „Erfahrung“ (experience) des außerhalb der Welt Liegenden könne nur in Analogien, in Metaphern erfasst werden. „Such metaphors (since they constitute the only means of communicating the experience of the Numinous), occupy a central place in religious teaching and thought. They form a bridge between the direct and mediate experience, between the religious founders and leaders and their followers.“ (Jacobsen 1976, 3) In den Metaphern kristallisiere sich die Antwort aller Gläubigen einer Kultur an das Numinose, die Wahl der zentralen Metapher deute das Essentielle der numinosen Erfahrung an. Dabei seien historischer Wandel ebenso wie unterschiedliche Textsorten und die sprachliche Formulierung zu beachten, dennoch müsse man als Forscher ein Gespür entwickeln und hinter den oft allzu menschlichen Metaphern die „wahre religiöse Antwort“ (true religious response, ibid. 5) sehen. Als Merkmal spezifisch mesopotamischer Religion beschreibt Jacobsen zuerst die Immanenz, „a tendency to experience the Numinous as immanent in some specific feature of confrontation, rather than as all transcendent“ (Jacobsen 1976, 5), „numinous power as a revelation of indwelling spirit“ (ibid. 6). Deshalb deuteten der Name und die äußere Form von Phänomenen die Erfahrung der numinosen Macht an: die Sonne (šamšu) spricht direkt (zu Enkidu im Gilgameš-Epos, ibid. 7), Nanna ist Mond und Mondgott; ezinu ist Getreide (ibid. 7). „The situationally determined, nonhuman, forms … are all original or old forms or … survivals into a later age. They appear to have had their floruit in Protoliterate or earlier periods“ (ibid. 9). Damit verweist Jacobsen für die Blüte der ursprünglichen religiösen Formen auf die protoliterarische Zeit der archaischen Keilschrift, also die Späte Uruk-Zeit im vierten Jahrtausend. Ab dem dritten Jahrtausend gewinne dann die menschliche Form die Oberhand. In der (älteren) immanenten Sichtweise werde die numinose Macht in ihrer Wirksamkeit auf das Phänomen beschränkt, die Gottheit sei voll und ganz an sie gebunden. Diese Immanenz und Bindung bezeichnet Jacobsen als „intransitiveness“ (ibid. 9), die charakteristisch für die älteren Straten des Pantheons sei, verkörpert in Dumuzi, „the power of fertility and new life in the spring“, und im Gegensatz zu den jüngeren, „transitiven“ Göttern, etwa dem Herrscher Enlil, stünde (ibid. 10). Die Bindung an Phänomene führe letztlich zur Aufgliederung des Numinosen im Polytheismus (ibid. 11–13). Um sich die Präsenz des Phänomens und damit des immanenten Numinosen zu erhalten, dienten Formen des Kultdramas und die Kultstatue (ibid. 13–17). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Jacobsen betont abschließend (ibid. 17–20), dass die Quellen aus einem kulturellem Kontinuum von vier Jahrtausenden stammen und für eine chronologische Gliederung typologische und historische Methoden zu kombinieren seien, um drei zentrale religiöse Metaphern zu identifizieren. Die typologische Gliederung umfasst die wichtigsten Metaphern des Göttlichen: „1. As élan vital, the spiritual cores in phenomena, indwelling wills and powers for them to be and thrive in their characteristic forms and manners. The phenomena are mostly natural phenomena of primary economic importance. 2. As rulers. 3. As parents, caring about the individual worshipper and his conduct as parents do about children“ (Jacobsen 1976, 20). Die chronologische Gliederung ergibt sich wie folgt: 1. „[… T]he first one would appear to be the oldest and most original; for it is the one which is never absent. [… “I]ntransitiveness” […] in sources from the Protoliterate period and earlier, the gods are still shown largely in nonhuman forms […]“ (ibid. 20). 2. „The second metaphor […] appears to be later. [… I]ntimately bound up with social and political forms of relatively advanced character. Our earliest evidence for this metaphor dates from the […] Jemdet Nasr period, and the following Early Dynastic period, when divine names composed with en “lord” begin to appear. The […] assembly of gods meeting in Nippur would appear to reflect historical political conditions not earlier than Early Dynastic. Nippur itself seems to date as a major site from just before Early Dynastic I and so the political mythology connected with it is most likely to be placed in the period of transition from Early Dynastic I to II“ (ibid 20–21). 3. „The third metaphor, that of the parent, centers in the penitential psalms, a genre not much in evidence before Old Babylonian times; after which time it spreads and takes hold more and more in our materials“ (ibid. 20f.). Kombiniert führt das zu folgenden drei Phasen: „1. An early phase representative of the fourth millennium BC and centering on worship of powers in natural and other phenomena essential for economic survival. The dying god, power of fertility and plenty, is a typical figure. 2. A later phase, representative approximately of the third millennium, which adds the concept of the ruler and the hope of security against

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enemies. This phase has as typical figures the great ruler gods of the Nippur assembly. 3. Lastly, there is a phase representative of the second millennium BC, in which the fortunes of the individual increase in importance until they rival those of communal economy and security. The typical figure is the personal god“ (Jacobsen 1976, 21). Der Entwurf Jacobsens besticht gegenüber anderen Religionsgeschichten dadurch, dass er viele Facetten mesopotamischer Religion in einen einheitlichen Deutungsrahmen integriert. Er steht mit seiner Begrifflichkeit auch in der Tradition von Benno Landsberger, der ebenfalls von „Numina“ ausging und die Ausbildung des Pantheons für die frühdynastische Zeit postulierte: „Die Menschengestalt der Götter, die Ersetzung lokaler Numina durch kosmische und Naturgottheiten, und ihre Vereinigung zu einem geschlossenen Göttersystem bilden die markanteste Leistung der frühdynastischen Kultur und geben der sumerisch-babylonischen Kultur für alle Zeiten ihr Gepräge“ (Landsberger 1945, 151).4 Die wissenschaftsgeschichtliche Auseinandersetzung mit Jacobsens Werk aus heutiger Perspektive erfolgt in zwei Schritten, indem erstens die mesopotamische Evidenz für die chronologische Gliederung nach derzeitigem Wissensstand geprüft und zweitens die methodischen Grundlagen kurz angesprochen werden.

3. Diskussion 1: Die ersten beiden Phasen Jacobsens nach heutigem Forschungsstand Jacobsen betont die Tradition in der Kultur Mesopotamiens von der protoliterarischen Epoche, der Späten Uruk-Zeit, an. Doch während uns in der frühdynastischen Zeit ein komplexes Pantheon an ausgeprägten Götter-Persönlichkeiten entgegentritt, lässt sich die Vorstellung von anthropomorphen Göttern in der Späten Uruk-Zeit nicht so einfach nachweisen. Sollte man deshalb für diese Epoche noch präanthropomorphe Machtträger ansetzen, wie das auch Landsberger (1974 [1945]) vermutet, bzw. wurden hier in Anlehnung an Jacobsen die Mächte der Natur noch unmittelbarer erfahren bzw. verehrt? 3.1. Der historische Kontext der Späten Uruk-Zeit: die komplexe Gesellschaft einer Stadtkultur Die Hypothese, in der Späten Uruk-Zeit, Jacobsens Protoliterate period, Frühformen religiöser Vorstellungen mit einer Verehrung von Naturmächten anzusetzen, scheint allerdings den historischen Gegebenheiten zu widersprechen. Denn diese Epoche zeichnet sich durch die Herausbildung urbaner Zentren in Mesopotamien 4

Zitiert nach Oberhuber 1991, 11; zugänglich ist mir nur die englische Übersetzung Landsberger 1974 [1945], 13. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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aus, Uruk selbst war eine riesige Stadt von etwa 5 km2 Größe, die von einem weiten Umland versorgt wurde, mit einem Herrscher (EN), repräsentativen Bauten, einer komplexen Administration, die zur Erfindung der Schrift führte. Das ist genau das Umfeld einer städtischen ‚Hochkultur‘, in dem man aus guten Gründen einen entwickelten Polytheismus ansetzt. Auch boten weder das städtische Ambiente noch die Landschaft Babyloniens Anlass, von einer besonders prägenden Erfahrung von Phänomenen der natürlichen Umwelt auszugehen: es fehlen die eindrucksvollen Erscheinungen in der Landschaft wie Berge, Quellen oder Wälder, erst Bewässerungswirtschaft und Viehzucht ermöglichten ein gesichertes Leben in der Alluvialebene.5 Das historische Pantheon Babyloniens spiegelte genau diese Lebensumwelt der Stadt mit den Grundlagen in Ackerbau und Viehzucht wider. Eine agrarisch genutzte, also menschlich geformte Landschaft wird man aber weniger als Voraussetzung für eine unmittelbare Erfahrung von Phänomenen der Natur ansehen, wie dies Jacobsen als prägend für die Späte Uruk-Zeit, seine erste Phase postuliert. 3.2. Das vielfältige Götterbild in der Späten Uruk-Zeit Abgesehen von den kulturellen Voraussetzungen weist inzwischen eine ganze Reihe von Indizien darauf hin, dass wir für die Zeit der archaischen Texte von Uruk, also die Späte Uruk- und die Jemdet-Nasr-Zeit, von einem gemeinsamen südmesopotamischen, babylonischen Pantheon ausgehen dürfen. Dabei ist die Quellenlage alles andere als ideal, denn die administrativen Texte verzeichnen die Organisationen und Ämter, aber nur selten Götter, und unter den lexikalischen Listen, diesen frühesten gelehrten Texten, gibt es keine Liste von Götternamen. Dennoch lässt sich ein erstes Bild über Gottesvorstellungen zur Uruk-Zeit gewinnen. Ob Uruks Stadtgöttin Inana auf der Uruk-Vase dargestellt sei, bleibt umstritten, wenngleich Steinkeller (2017, 91–92) auf „Bildnisse“ (TAK4.ALAN) der Göttin in Uruk III-zeitlichen Schriftquellen hinweist. Der Herrscher, aus der Ikonographie der Zeit wohlbekannt,6 bringt in dieser Szene der Göttin7 oder einer Vertreterin, vielleicht der Königin,8 die Gaben des Landes dar. Dem Herrscher wird ein Gebilde, das das Zeichen EN repräsentiert, dargeboten: die Göttin verleiht aus ihrem Machtbereich dem Fürsten die Herrschaft. Sie – oder ihre Vertreterin – steht vor ihrem gefüllten Tempel bei Libationsvasen und ist durch eine besondere 5

Hingewiesen sei in diesem Rahmen auf die Darstellung der Landschaft in der Dichtung Sumers von Black 2002. 6 Zusammenfassend zum Herrscher in der urukzeitlichen („frühsumerischen“) Ikonographie s. Braun-Holzinger 2007, 7–21. Er ragte in „Kult, Jagd, Krieg, Sieg, eventuell auch Handwerk“ heraus (ibid. S. 19) und sei deshalb nicht als „Priesterfürst“ o. ä. zu bezeichnen, auch wenn sich solche Bezeichnungen nach wie vor hartnäckig hielten. 7 Braun-Holzinger 2007, 8–11; Steinkeller 2017, 91–94. 8 Suter 2014, 555. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Kopfbedeckung ausgezeichnet. Hinter ihr stehen die der Göttin Inana zugeordneten Standarten, deren Symbol nach Steinkeller (1998) eine Haarbinde (bar-si(g), parsīgu) darstellt, augenfälliges Symbol für Weiblichkeit als Merkmal der Göttin. Dieses Symbol bildet das Schriftzeichen für die Göttin Inana, wörtlich die „Himmelsherrin“ (inana.k < nin an-ak), die in den archaischen Uruk-Urkunden in dreifacher Erscheinungsform als Empfängerin von Opfern erscheint (Szarzyńska 1997 [1993], 115–140): als „morgendliche“ (hud 2) und „abendliche“ (sig ) Inana, also als Repräsentation des Sternes Venus (wie die semitische Ištar), sowie als „inana nun“, die „fürstliche Inana“ (d. h., die des Herrschers oder die Herrschende?). Die Opferurkunden für die morgendliche Inana stammen aus Eana PdXVI-3,9 die für die abendliche aus PdXVI-4, beide aus Schicht III (bzw. „III–II“),10 während die Belege für die „fürstliche Inana“ älter sind und in Schicht IV (bzw. unter IIIc) nahe beim „Roten Tempel“ (Qa XVI-2) gefunden wurden.11 Daneben ist vielleicht eine Inana kur, „vom Berg“, belegt, die besser aus frühdynastischer Zeit bekannt ist.12 Aus der Uruk III-Zeit stammen Urkunden auch aus anderen Orten als Uruk, darunter solche aus Jemdet Nasr und Uqair, die

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Szarzyńska 1997, 123–126 zählt folgende Dokumente aus ATU 1 auf (mit Fundortangaben nach Falkenstein 1936, 69–74): 599 (6066a; wie 600), 604 (6573a: Pd XVI 3, Falkenstein: Schicht III), 601 (7343: Pd XVI-3/4, Schicht III), 602 (6288: PD XVI-3 N, Schicht III), 600 (6066b: PD XVI-3, Schicht II) (dazu VAT 17756, 16881/16742); Schlüsseltext ist 602. 10 Texte nach Szarzyńska 1997, 126f., wieder mit Fundnummern und Fundortangaben laut Falkenstein 1936, 69–74: 605 (5233a), 606 (5233b), 607 (5233c), W 16719; Fundort von 5233 ist Pd XVI-4 („Schicht III–II“). 11 Szarzyńska 1997, 118f. führt folgende ATU 1-Texte an (dazu Fundnummer nach Falkenstein 1936, 69–71 und Fundortangaben nach ibid., 72–74; zum ‚Roten Tempel‘ s. Heinrich 1982, 83; Jordan 1931, 29–48: 334: 9169c; 356: 9656ew; 371: 9169b; 528: 9123ae; 552 (+ 436): 9206b (+9656fq); 537: 9656as; 554: 9656fv; 307: 9579t; 506: 9656fh. Aus Qa XVI2 Schicht IV sind nach Falkenstein 1936, 74: (9070, 9071), 9123, 9169, 9206, 9311, 9312, 9335, 9393, 9578, 9579, 9655, 9656, 9850, 10581; aus diesen Fundorten stammen die meisten der in ATU 1 veröffentlichten Tafeln (nach Nissen in Green / Nissen 1987, 33f. unter Schicht IIIc, insgesamt 778 Tafeln und Fragmente). Die Zuweisung zu den einzelnen Textgruppen erfolgt in der Regel aufgrund der Materie, weil die Unterschrift häufig fehlt. Szarzyńska 1997, 147 weist zudem auf die Rosette W 10220 aus Qa XVI-2 hin, auf deren Schaft das Zeichen AB (= e š 3) eingeritzt ist. 12 Szarzyńska 1997, 108–114, insbes. [1987] 110) zu den möglichen, aber keineswegs klaren Uruk IV-Belegen ATU 65 und ATU 204. Sie stützt sich auf fārazeitliche Zeugnisse, u. a. die Zame-Hymnen aus Abū Ṣalābīḫ. Im Folgenden wird wegen der Unsicherheit, ob es sich in den Uruk IV- und III-Belegen um eine „Inana k u r “ handelt oder nicht vielmehr Elemente eines komplexeren Namens vorliegen, diese mögliche Erscheinungsform nicht mehr berücksichtigt. Marchesi apud Marchesi / Marchetti 2011, 192 Anm. 32 verweist auf die Bedeutung von KURa als „männlich“ in den archaischen Texten. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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charakteristische Opfer von Früchten an die „dreifache Inana“ verbuchen (Steinkeller 2002).13 Fassen wir zusammen: Die Göttin Inana, Stadtherrin von Uruk (Texte mit Lieferungen), aber im ganzen Lande bekannt (Früchtelieferungen), Beschützerin des Herrschers (nun; Uruk-Vase mit EN-Symbol), wird womöglich anthropomorph vorgestellt (Uruk-Vase, Dame von Uruk), die ihr beigefügten Epitheta „morgendlich“ und „abendlich“ verweisen auf den Stern Venus. Sollte sich die Deutung ihres Symbols auf der Standarte als Kopfbinde (ba r-si-g) bewähren, so wird damit die Weiblichkeit Inanas als ihr Charakteristikum in den Vordergrund gestellt. Eine dominante bzw. primäre Naturkomponente ist in der ältesten deutlich greifbaren Phase mesopotamischer Gottesvorstellungen also nicht festzustellen, denn neben der in den Epitheta deutlichen Verbindung mit dem Stern Venus zeigt sich Inana als Frau, als Herrin des Haupttempels der Stadt Uruk, dem besondere Speisen gesandt wurden, sie stand auch in einem Nahverhältnis zum Herrscher. 3.3. Das mesopotamische Pantheon in der Späten Uruk-Zeit Mögen auch unter den archaischen Texten Götterlisten im engeren Sinne fehlen, so gibt es doch eine wichtige Quelle zum frühesten mesopotamischen Pantheon, nämlich – neben den Städtesiegeln – die Liste von Städtenamen (Englund / Nissen 1993, 45). Abgesehen von einem bescheidenen Fragment der Schriftstufe IV (W 24222) datieren die Zeugnisse in Schriftstufe III. Dass die Liste der Orte als Zeugnis für die Götterwelt herangezogen werden kann, liegt in der besonderen Schreibweise begründet: Der Name eines Ortes zeigt oft bildhaft das Symbol des jeweiligen Hauptgottes; die Zuordnung von Gott und Ort ist also schon zur Zeit der Schrifterfindung so fest, dass sie der Bildung von Zeichen Pate steht. Die Deutung der archaischen Liste ist durch die frühdynastischen Nachfolger der FāraZeit (OIP 99, 21. 22; SF 23) übrigens über jeden Zweifel erhaben. Das Prinzip sei anhand der ersten Einträge der Städteliste erläutert: 1. Ur (urim): In der Kombination aus ŠEŠ/URI3 + AB bedeutet ŠEŠ/URI3 die Standarte des Mondgottes Nanna, mit der später auch der Gottesname geschrieben wurde; AB stellt einen Kultsockel dar, kann eš 3 „Heiligtum“ gelesen werden, wobei für die frühe Zeit womöglich ein Verständnis als „Gebäude, Amtsgebäude, Haus; Ort“ anzusetzen ist.14 Auch die Kombination

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Steinkeller 2002, 253f. meint, die dreifache Inana sei die „morgendliche“, „abendliche“ und „fürstliche“ Inana. Das ist zwar nicht auszuschließen, doch sind die drei Formen nicht synchron belegt; siehe zur chronologischen Verteilung Szarzyńska 1997, 143 sowie die vorangehenden Anmerkungen. 14 Vgl. Sallaberger 2004a, 200 zu eš 3(AB) als möglicher Bezeichnung für den „Palast“ in den archaischen Texten aus Uruk und Jemdet Nasr. Michalowski 1993, 122f. hat auf die Wahl des Zeichens UNUG für die Wiedergabe von k i „Ort“ in UD.GAL.NUN-Texten hingewiesen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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des Zeichens AB mit Inana (oder spezifischer sogar der „abendlichen“ Inana, inan a sig ) im archaischen Uruk (Szarzyńska 1997 [1992], 40f.) engt den Begriff AB/eš 3 nicht notwendigerweise auf eine Deutung als „Heiligtum“ ein, sondern eine Übersetzung wie „Gebäude, Tempel“ bleibt ebenso möglich; später spricht man ja auch vom „Haus“ (e 2) eines Gottes. 2. Nippur (nibru): Der Ortsname wird mit dem Ideogramm für Nippurs Hauptgott Enlil geschrieben. Es handelt sich um die Zeichen EN „Herr“ und E2 „Haus“ (zur Schreibung zuletzt Steinkeller 2010, Wang 2011). In unserem Zusammenhang der Repräsentation von Göttern ist vor allem wichtig, dass der Stadtgott nicht mit einer Standarte, sondern gewissermaßen „anthropomorph“ in seiner Funktion als „Person“ durch das Zeichen EN dargestellt ist, das in Uruk den Herrscher bezeichnet. 3. Larsa (ararma): Die Stadt des Sonnengottes erscheint als Kombination des Kultsockels mit dem Zeichen für den Sonnengott, eines eindeutig lesbaren ikonischen Bild- oder Objektzeichens für die aufgehende Sonne. 4. Uruk (unug): Die Stadt Uruk selbst, die unseres Wissens größte Stadt Mesopotamiens zu dieser Zeit, heißt „die Stadt“ (wie Assur; s. Michalowski 1993, 124) und war deshalb wohl nicht nur aufgrund des Fundzufalls der Ort, an dem die Schrift erfunden wurde; ein expliziter Bezug zur Göttin Inana fehlt hier. Für unseren Zusammenhang ist entscheidend, dass – wie auch bei Inana von Uruk (Abschnitt 3.2) – die Götter in den Städtenamen in unterschiedlicher Weise dargestellt werden, indem die Ideogramme auf einen Himmelskörper (3. Larsa: Sonne), auf eine Standarte bzw. ihr Symbol (1. Ur) sowie auf die soziale Rolle als „Herr (des Hauses)“ (2. Nippur: EN) verweisen. Die Städteliste beweist darüber hinaus, dass zur Zeit der Entwicklung der Schrift im ausgehenden vierten Jahrtausend ein ausdifferenziertes gesamtmesopotamisches Pantheon vorlag, sich also nicht erst im Lauf des dritten Jahrtausends lokale Götterkreise zusammengeschlossen hätten.15 Dieses von Anfang der Schriftquellen an deutliche Pantheon mit einer Zuordnung von bestimmten Göttern zu Städten erscheint mir charakteristisch für Mesopotamien. Womöglich diente die Städteliste auch dem Zweck, die kultische Ordnung des Landes abzubilden, wie dies ebenso die Herausgeber der Liste (Englund / Nissen 1993, 35) vermuten, denn in der frühdynastischen Fassung (SF 23) schließt sich an die Städtenamen eine Götterliste an. In Hinblick auf den Entwurf von Jacobsen sei zudem auf die hervorgehobene Stellung von Nippur an Position 3 der Liste zu verweisen, hatte er doch aufgrund des archäo-

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Dieser Schluss gilt übrigens auch, wenn man in Nachfolge von Landsberger (1974 [1945], 13) für die Uruk-Zeit eine präanthropomorphe Gottesvorstellung annimmt; die regionale Gliederung und die enge Verbindung von Gott bzw. Totem und Ort bliebe bestehen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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logischen Befundes auf einen Aufstieg der Stadt und damit ihres Gottes Enlil erst in der ED-I-II-Zeit geschlossen (s. Abschnitt 2). 3.4. Dumuzi-Amaʼušumgalana als Gestalt des Frühdynastikums Mit der bisherigen Argumentation haben wir gezeigt, dass die von Jacobsen als zweite Phase für die frühdynastische Zeit angenommenen Erscheinungsformen des Pantheons mit dem Konzept von Herrschaft und der Rolle von Enlil schon zur Zeit seiner ersten Phase im ausgehenden vierten Jahrtausend in der Zeit der archaischen Texte, der Protoliterate period, vertreten waren. Das korrigiert zwar die Chronologie Jacobsens, doch ist damit seine relative Abfolge noch nicht widerlegt, denn man könnte ja die Schicht der Verehrung von Naturphänomenen, seine erste Phase, weiter zurückdatieren. Doch Jacobsen spekuliert nicht über mögliche Vorläufer, sondern er sieht diese Phase in einer charakteristischen Gestalt der überlieferten Literatur repräsentiert, nämlich Dumuzi. In der sumerischen Dichtung ist Dumuzi der junge Mann, der als Liebhaber und Bräutigam der schönen Inana auftritt und um sie wirbt. Er ist aber auch der von den Dämonen Verfolgte und früh dem Leben Entrissene, der dann von seiner Schwester Geštinana und von seiner Mutter beklagt wird. Erfüllung und Ende eines jungen Lebens spiegeln sich in seiner Gestalt. Dumuzi verkörpert den Jüngling aus der Perspektive der Frauen, der Geliebten, der Schwester und der Mutter – nicht umsonst sind Dumuzi-Feste auch Frauenfeste.16 Die Natur, für die Dumuzi laut Jacobsen steht, ist allerdings die der Landwirtschaft: er ist der wachsame Hirte bei den Schafen, die er in der Steppe weidet. Entscheidend für eine historische Einordnung ist die Tatsache, dass der Name Dumuzi-Amaʼušumgalana selbst sowie die Namen der anderen Gestalten seines Mythenkreises typologisch an frühdynastische Personennamen angeschlossen werden können (Krebernik 2003). Es ist dabei unerheblich, ob in der Gestalt von Dumuzi-Amaʼušumgalana historische Personen aufgegangen sind; entscheidend ist, dass die Namenschicht historisch später als die der archaischen Texte von Uruk anzusetzen ist, also – wie oben gezeigt – auf die Phase eines voll ausgebildeten mesopotamischen Pantheons mit dem Konzept von Herrschaft folgt. 3.5. Zur historischen Abfolge von „Herrschaft, Gesellschaft“ zu „Natur, Fruchtbarkeit“ Halten wir als Fazit fest, dass beim aktuellen Kenntnisstand die von Jacobsen als zentral erachteten Aspekte von Dumuzi als Repräsentant von Fruchtbarkeit in der Natur und von Enlil als Herrscher in umgekehrter historischer Abfolge erscheinen, dass also Herrschaft als wichtiges Konzept schon bezeugt ist, bevor Dumuzi

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Die Arbeit von Fritz 2003 bietet einen konzisen Überblick über die sumerische DumuziLiteratur und die Forschungsgeschichte. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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auftritt. Eine solche historische Entwicklung von einer Perspektive auf die Gesellschaft zu einer auf das Individuum und seine Emotionen sowie die umgebende Landschaft und ihre Fruchtbarkeit darf nicht verwundern, wenngleich die Forschung oft annimmt, dass das, was für „uns“ Moderne als ursprünglich oder archaisch erscheint, auch historisch älter sei. „Natur“ oder „Fruchtbarkeit“ erscheinen dem heutigen Menschen als ursprünglicher als Herrschaft, weil sie stärker das Individuum betreffen. Bei dieser modernen Perspektive mutet man den alten Kulturen auch nicht zu, dass sie selbst im Laufe der Zeit immer weiter führende Konstruktionen von „Urtümlichem“ aufbauen.17 Drei Beispiele für die historisch spätere Konstruktion einer individuell-religiösen Welt seien angeführt: Erstens zeigt sich bei einer Analyse der Weisheitsliteratur, dass im dritten Jahrtausend die Religion bzw. die Götter im Alltag keine Rolle für die Kontrolle des Verhaltens spielten, sie dort erst zaghaft in altbabylonischer Zeit auftauchten, um gegen Ende des zweiten Jahrtausends die Texte über das rechte Leben des Einzelnen zu bestimmen (Sallaberger 2018). Das zweite Beispiel ist der Wandel im Bild von Huwawa, des dämonischen Wächters des Zedernwaldes, der zunächst als heldenhafter Gegner galt, der in der ältesten Fassung verschont (Gilgameš und Ḫuwawa B, Šulgi O; Ur-III-Zeit), in den späteren altbabylonischen Versionen aber getötet wurde; Gilgameš nimmt in der altbabylonischen Fassung seinen Weg in den Zedernwald, dessen Lage durch den historischen Ort Ebla bestimmt wird. In der jungbabylonischen Version erscheint Humbaba aber als ein dämonisches Wesen, Verkörperung alles Bösen, der in einem nicht lokalisierbaren märchenhaften fernen Lande herrscht (Sallaberger 2008, 62f.). Drittens sei auf den Beginn des Königtums in der „Sumerischen Königsliste“ hingewiesen, das schon in der Ur-IIIVersion vom Himmel herabkam; in einer späteren, Larsa-zeitlichen Fassung gehen der Geschichte, die ursprünglich mit der Sintflut begann, noch mythische vorsintflutliche Dynastien voran. In allen diesen drei Beispielen erweist sich also die historisch-‚weltliche‘ Auffassung mit einem Fokus auf die Gesellschaft als die ursprünglichere und frühere, die im Wesentlichen in die Frühen Bronzezeit datiert, die mythisch-religiöse bzw. individuelle als die spätere, die sich ab der altbabylonischen Zeit entwickelt und sich im späten zweiten Jahrtausend voll entfaltet. Jacobsens dritte Phase, die Perspektive auf das Individuum und seinen persönlichen Gott, fügt sich in diese Abfolge hervorragend ein.

4. Diskussion 2: Phänomenologie als theoretischer Rahmen altorientalistischer Religionsgeschichte Jacobsens Entwurf mesopotamischer Religion zeichnet sich, wie schon einleitend hervorgehoben, dadurch aus, dass er einem einheitlichen theoretischen Rahmen 17

Beispiele für eine solche Annahme begegnen übrigens auch bei der Deutung literarischer Texte, wenn archaisch anmutende Darstellungen als historisch ältere Schichten angesehen werden. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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verpflichtet ist. Interessanterweise hat man diesen Rahmen zumindest aus altorientalistischer Perspektive meines Wissens einfach als gegeben akzeptiert, ohne ihn wissenschaftshistorisch zu verorten. Jacobsens auf Rudolf Otto (1917) fußender Religionsbegriff geht von einer subjektiven „Erfahrung“ des Numinosen aus, einem Kreaturgefühl, das sich als Reflex im Gemüt bei der Konfrontation mit dem „ganz Anderen“ einstellt. Jacobsen ist deshalb nur konsequent, wenn er für die Analyse der Textquellen ein Nach-Fühlen, ein Nach-Spüren der Erfahrung der göttlichen Macht anmahnt (s. oben Abschnitt 1 zu Jacobsen 1976, 3–5). Die Theorie der Erfahrung von numinoser Macht gewinnt ihren Charme dadurch, dass man an den Urgründen von Religion angekommen zu sein glaubt: der Einzelne steht unter dem Eindruck einer grundlegenden Erfahrung – Jacobsen nimmt deshalb konsequenter Weise auch Religionsgründer und Gefolgsleute an (s. oben das Zitat von Jacobsen 1976, 3 zu den Metaphern, die weitergegeben werden). Religionswissenschaftlich beschreiben lässt sich aber die Erfahrung des Menschen gegenüber einer nicht weiter differenzierten Macht nicht, „da Religion nicht im Menschen oder in seinem Gefühl, sondern nur in konkreten Religionen faßbar wird“ (Flasche 1998, 254).18 Man spricht in der Rede vom „Heiligen“ dementsprechend von einer „Psychologie des Irrationalen“ (Colpe 1998, 95). Das von Jacobsen angewandte phänomenologische Religionsmodell erlaubt, das Spannungsverhältnis von Transzendenz der Gottheit und ihrer Immanenz in der Welt zu fassen.19 Doch weil diese Erfahrung nicht beschreibbar, nicht rational nachvollziehbar, sondern nur nachfühlbar, erfahrbar ist, bildet die Transzendenz Gottes eine Dimension der Erfahrung und des Nachdenkens des (im Prinzip gläubigen oder zumindest den Gott oder ein Gottesbild voraussetzenden) Subjekts über das Verhältnis von Gott und Welt.20 Im Kern geht es also nicht um eine Dimension eines (religionshistorisch von ‚außen‘ beschreibbaren) Verhältnisses zwischen Gott und Welt. Der altorientalistische Blick zeigt diese Differenz deutlich auf, weil wir uns als Wissenschaftler nicht in die subjektive Perspektive eines Anhängers mesopotamischer Götter begeben können.

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Vgl. zum Beispiel die kritischen Anmerkungen von Colpe 1993, 95 zur „Psychologie des Irrationalen“ im Begriff des Heiligen von R. Otto; in Hinblick auf sog. „Naturgottheiten“ Kohl 1998, 222. Zur Problematik, dass der Begriff des Numinosen aufgrund seiner subjektiven Implikationen zwar theologisch, aber kaum religionswissenschaftlich zu gebrauchen sei, s. Flasche 1998. 19 Die Erfahrung, die sich der einzelne Mesopotamier von der Transzendenz im engeren Sinne des fernen, unbeeinflussbaren Gottes machte, lässt sich in religiösen Texten durchaus greifen; doch das ist ein völlig anderes Thema. 20 Die Dimension der subjektiven Erfahrung bildet ein wesentliches Element verschiedener Transzendenz-Konzepte; vgl. etwa die Übersichten von Schüßler / Harbeck-Pingel 2002 bzw. Gergersen et al. 2005. Figl 2005 weist deshalb aus religionswissenschaftlicher Perspektive insbesondere auf die historisch-kulturelle Bedingtheit des Wirklichkeitsverständnisses hin. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Jacobsens Entwurf der Grundzüge mesopotamischer Religion stammt aus dem Jahr 1963, einer Zeit, als zumindest in der Wissenschaft vom Alten Orient die Religionsphänomenologie in höchstem Ansehen stand, man berief sich auf Rudolf Otto (1917) und wies so auf das Irrationale in der Idee des Numinosen hin. J. van Dijk etwa schrieb im Reallexikon unter dem Stichwort „Gott“: „Vielleicht ließe sich sagen: ‚Gott oder das Göttliche ist das Andere, das Objekt religiöser Scheu‘. Diese subjektiv empfundene Scheu ist konstitutiv für einen Gott oder ein göttliches Wesen. Sie wird hervorgerufen durch die numinose Kraft, die die Gottheit besitzt, oder den numinosen Glanz, der von ihr ausstrahlt“ (van Dijk 1957–71, 532). Durchaus in einer ähnlichen Diktion K. Oberhuber: „Die ‚Macht‘, d. i. das ‚Numinose‘, die dem Totem innewohnt, ist immanent; sie bedarf des ‚pneumatischen Erlebnisses‘, des Gesehen- und Erlebtwerdens“ (Oberhuber 1963, 5). Auch bei Bottéro klingt dieses Thema manchmal an, wenn er (wie Jacobsen) von der Grundlage des „religiösen Gefühls“ ausgeht (Bottéro 1998, besonders 101f.) oder Religion als dreifache Reaktion auf die Erfahrung des Transzendenten, als Verehrung, intellektuelles Erfassen und religiös determiniertes Verhalten beschreibt (Bottéro 2000 [1996], 52). Das „Transzendente“ als das „Irrationale“, das die Reichweite der Erfahrung übersteigt, ist eine Grenzziehung, die letztlich auf Immanuel Kant (1724–1804) zurückgeht: über das „Transzendente“ lasse sich nicht rational sprechen, es bleibe der mystische Bereich der „Gefühlstheologie“, denn ein jenseitiger Gott sei der Vernunft nicht zugänglich. Im 19. Jh. wurde diese Diskussion im Idealismus fortgeführt und eine Verbindung von der Immanenz der Gottheit in der Welt und einem transzendenten Gott gesucht, etwa durch eine Gliederung in immanente Natur- und transzendente Geistreligion.21 R. Otto (1917) machte diese Terminologie für eine Religionsdefinition fruchtbar und gestand mit der Terminologie des „Heiligen“ einer jeden Religion ihren eigenen Rang zu. Aus diesem Grund nahmen die ernsthaftesten Forscher zur mesopotamischen Religion – neben Jacobsen wurden van Dijk, Oberhuber, Bottéro zitiert – dieses Modell wohl auch so dankbar auf, da sich in diesem Rahmen eine vereinfachende evolutionistische Darstellung vermeiden ließ.

5. Konsequenzen für ein Verständnis des Polytheismus 5.1. Zwei Probleme: „Ur-Monotheismus“ und „Immanenz“ Wendet man mit Jacobsen und anderen den Begriff des Numinosen auf eine polytheistische Religion wie diejenige Mesopotamiens an, so sieht man sich immer 21

Zachhuber 2017 fasst die Diskussion bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zusammen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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mit dem Problem konfrontiert, dass die als mysterium tremendum und mysterium fascinans erfahrene numinose Macht auf verschiedene Einzelerscheinungen aufgespalten werden muss: die Macht im Mond, im Wachsen der Natur, usw. Man würde in dieser Form einen Polytheismus immer als Ergebnis einer ‚Zersplitterung‘ entweder eines animistischen oder eines urmonotheistischen Zustandes ansehen, ohne dass es plausible historische Überführungen von den numinosen Erfahrungen zu den ‚Konstruktionen‘ und Strukturen des Polytheismus gäbe. Es erweist sich hier einmal mehr, dass die „Erfahrung“ eines „ganz Anderen“ sehr spezifisch eine monotheistische Gottesvorstellung voraussetzt und als paradigmatische Situation den Religionsgründer vor Augen hat.22 Jacobsen bezeichnete mit dem Begriff der „Immanenz“, dass die Götter Mesopotamiens transzendente Macht in den Naturerscheinungen verkörperten (s. Abschnitt 2). Seinem Verständnis nach könne man eine historische Entwicklung von der Macht im Mond zum Herrn des Mondes konstatieren. Um konsequent innerhalb des vorgegebenen theoretischen Rahmens von Göttern als Verkörperungen numinoser Macht zu verbleiben, muss Jacobsen notwendigerweise eine solche Evolution annehmen. Doch stützen die Quellen tatsächlich diese Entwicklung? Jacobsen zieht sumerische Literatur heran, in denen er Belege für die Naturphänomene als Machtträger (der Mond Suen/Nanna, das Getreide Ezinam) als „ältere Schicht“ bezeichnet, bleibt aber einen eigentlichen Beweis schuldig. Da sich historische und geistesgeschichtliche Veränderungen im Pantheon deutlich niederschlagen, sollte sich der Wandel zum anthropomorphen Gottesverständnis innerhalb der drei Jahrtausende dokumentierter mesopotamischer Religionsgeschichte jedoch nachweisen lassen.23 Einen solchen grundsätzlichen Wandel wird man allerdings selbst dann schwer nachweisen können, wenn man eine anthropomorphe Vorstellung von der Göttin Inana schon in der Uruk-Zeit (Abschnitt 3) bezweifelt, denn noch im achten und siebten Jahrhundert trennen Beschreibungen von Himmelserscheinungen in ihren Formulierungen nicht streng zwischen dem Mond als Gottheit und dem Mondgott als dem Herrn des Gestirns (Rochberg 2009).24

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Das heuristische Problem, dass Forscher, die in einer monotheistisch geprägten Welt leben, implizit Kategorien des Monotheismus auf den Polytheismus übertragen, diskutiert Ahn 1993. 23 Dieses Problem eines Wandels vom Präanthropomorphismus zum Anthropomorphismus behandelt Oberhuber 1991, doch kann hier nicht näher darauf eingegangen werden. 24 Genauer ist der Mond dem Mondgott nachgeordnet: „The moon cannot represent the totality of, but only a manifestation or image of, the god Sin, who was conceived of as transcending the limits of the physical world, yet as manifested in lunar phenomena. Both notions, the transcendent and the immanent, were expressible“ (Rochberg 2009, 89). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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5.2. Substanzialistisches und funktionalistisches Verständnis von Religion in der Altorientalistik Die Altorientalistik verinnerlichte das Konzept von Rudolf Otto (1917), überging aber die etwa zeitgleich erschienene Abhandlung von Émile Durkheim (1912) mit dem Ansatz, Religion als System von Vorstellungen und Handlungen in Bezug auf heilige Dinge zu beschreiben und als ein Ideal einer Gesellschaft zu verstehen. In der Nachfolge von Durkheim mag man Clifford Geertz sehen, der Religion definiert als „(1) a system of symbols which acts to (2) establish powerful, pervasive, and long-lasting moods and motivations in men by (3) formulating conceptions of a general order of existence and (4) clothing these conceptions with such an aura of factuality that (5) the moods and motivations seem uniquely realistic“ (Geertz 1973 [1966], 90). Die Punkte (4) und (5) erklären übrigens einleuchtend, warum die altorientalistische Forschung so leicht religiöse Konzepte der keilschriftlichen Quellen direkt übernimmt. Durkheim formuliert die persönliche Perspektive auf eine Gottheit ähnlich: „Der wirklichen Welt, in der er [der Mensch] lebt, stülpt er eine andere über, die gewissermaßen nur in seinem Denken existiert, der er aber, gegenüber der ersteren, eine Art höherer Würde zumißt. Sie ist also in doppeltem Sinn eine ideale Welt“ (Durkheim 1912, deutsche Übersetzung 2007, 618). Unter den Altorientalisten kommt Jean Bottéro dieser Auffassung Durkheims wohl am nächsten, wenn er annimmt, dass die Mesopotamier hinter den Geheimnissen der Welt sich imaginäre Figuren vorstellten, die nach ihrem Vorbild gestaltet waren, so dass eine Verdoppelung der Welt entstanden sei („on doublait l’univers d’un autre univers parallèle de personnalités surnaturelles, dont le nom était commandé par le rôle“, Bottéro 1998, 102). In einem früheren Werk formuliert Bottéro (1987, 259f.) denselben Gedankengang wie folgt: hinter jedem Phänomen von Natur und Kultur stehe ein übernatürlicher Beweger oder Herr („tel un «moteur» […], un «directeur»“, ibid. 259). Für die „naiven“ Gemüter Mesopotamiens („pour ces esprits encore «naïfs»“, ibid. 260) gewinnen natürliche und kulturelle Welt durch die Verdoppelung durch Gottheiten Sinn: „divinités […] lesquelles ont été par la suite intégrées au système politique […], chacune y jouant de son instrument, à sa place, dans cette symphonie universelle, sous la baguettes des tenants de pouvoir“ (ibid. 260). 5.3. Polytheismus oder die Ordnung der Welt Entscheidend ist meines Erachtens die Beobachtung, dass sich das mesopotamische Pantheon prinzipiell durch die Zuständigkeitsbereiche, die Funktionen der © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Götter gliedert; in gleicher Weise umfassend erweisen sich weder die lokale Zuordnung der Stadtgötter noch die Götterfamilien noch die Repräsentation von Naturphänomenen. Das mesopotamische Pantheon repräsentiert eine Ordnung der Welt, wobei der gesamte kosmos vertreten ist, Gegebenheiten der Natur (wie die wichtigsten Gestirne) ebenso wie Kultur, Ämter und soziale Aufgaben (Sallaberger 2004b). Die Welt wird durch die Zuweisung an Zuständigkeitsbereiche erklärt und begreifbar gemacht. Die ‚Person‘25 eines Gottes wird dadurch gebildet, dass mehrere Aspekte ineinander greifen. Schon die archaische Inana erscheint – wie in Abschnitt 3 dargestellt – als Gestirn Venus, als Schützerin des Herrschers, als Stadtgöttin und als Verkörperung von Weiblichkeit. Eine einzelne Götterfigur erhält auf diese Weise eine komplexe und vielschichtige ‚Persönlichkeit‘, indem Aspekte von Natur und Kultur in Beziehung gesetzt werden. Mit der Einbeziehung von Phänomenen der Natur in die kulturelle Ordnung und mit der Übertragung sozialer Kriterien auf die natürliche Umwelt werden Natur und Kultur zu einem gemeinsamen Kosmos, der durch die Göttergestalten des Pantheons gegliedert wird.26 Wenn beispielsweise der Wettergott auch als Kriegsgott verehrt wird (Schwemer 2001, 7), so wird vordergründig das Unwetter wie ein Krieg gesehen, aber durch die Deutung des Phänomens Unwetter als eine Schlacht wird dieses auch in die kulturelle Ordnung einbezogen.27 Der mesopotamische Polytheismus gründet demnach nicht in der Erfahrung einer göttlichen Macht, sondern in der Strukturierung der Welt.28 Repräsentiert der Polytheismus eine Ordnung des Kosmos in verschiedene (durchaus flexibel zu denkende) Kategorien, so wird jede Kategorie in unterschiedlicher Weise als Gott, Symbol, oder ein anderer Machtträger repräsentiert; etwa als anthropomorph vorgestellter Mondgott, seine Statue,

25

Den Begriff verdanke ich Pongratz-Leisten 2011, 138f.; s. Anm. 29. Bezogen auf die Gottesvorstellung formuliert Gladigow 1993, 32f.: „Die traditionellen Gottesvorstellungen repräsentieren ein Grundmuster einer soziomorphen Interpretation von Welt. Die in einem breiten Spektrum variablen Typen von Gottesvorstellungen haben über alle Differenzen anthropomorpher, theriomorpher, mischgestaltiger oder anikonischer Erscheinungsformen gemeinsam, daß mit diesen Göttern Sozialbeziehungen konzipiert sind.“ Die Grenzen möglicher sozialer Kontakte sind nicht mit den Grenzen menschlicher Gesellschaft identisch. 27 Diesen Ansatz, sogenannte „Naturgottheiten“ zu beschreiben, schildert etwa Kohl 1998, 222. 28 Die gegenteilige Meinung, dass aus einem unbestimmten Polytheismus sich die Struktur des Pantheons entwickelt habe, bietet etwa Lambert 1957–1971, 544: „On first acquaintance the Sumero-Akkadian religion appears as a crude polytheism, but it became in fact quite sophisticated. One form of sophistication was the realization of a distinction between the very god and his several manifestations.“ Von einem „crude polytheism“ hätte Jacobsen wohl nie gesprochen, der sich im Gegenteil ernsthaft den Anfängen näherte. 26

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der Mond, seine Standarte. Wenn man alle diese „Konzentrationen“ einer Ordnungs-Kategorie als gleichzeitig gültige Machtträger ansieht,29 löst sich ein Problem, das sich aus der subjektiven Perspektive der Phänomenologie ergeben hatte: Jacobsen musste annehmen, dass man die Macht als individuelle Erfahrung auf einen anthropomorphen Gott übertragen hatte, von dem sie schließlich auf Objekte weitergegeben wurde.30 Anstelle der persönlichen Situation des Einzelnen vor einer Gottheit bietet die interne Ordnung des Pantheons deshalb einen geeigneten analytischen Ausgangspunkt, da Gottheiten durch ihre Unterscheidung von anderen ihr spezifisches ‚Profil‘ gewinnen. Das Verständnis des Individuums als Teil eines städtischen Gemeinwesens und die Spiegelung des gesellschaftlichen Ideals im Pantheon rechtfertigt nicht nur, sondern fordert sogar einen solchen Zugang. 5.4. Rückblick Thorkild Jacobsen entwarf ausgehend von den Begriffen von Rudolf Otto (1917) ein Modell der mesopotamischen Religion, das sich durch seine Konsistenz auszeichnet und weite Bereiche von Göttervorstellungen, Mythologie und Ritual abdeckt. Dieser Beitrag wollte sowohl die Attraktivität wie die Grenzen des substanzialistischen religionsphänomenologischen Ansatzes herausarbeiten, der durch eine monotheistisch geprägte Perspektive gekennzeichnet ist. Des weiteren zeigte sich, wie weit verbreitet dieser Ansatz in der Altorientalistik war und ist, während funktionalistische Ansätze (etwa von E. Durkheim, C. Geertz) kaum rezipiert wurden. In Hinblick auf die religionshistorischen Befunde ist hervorzuheben, dass bei heutigem Wissensstand – wobei vor allem Forschungen von P. Steinkeller und M. Krebernik zu berücksichtigen sind – die Repräsentation von Herrschaft in der Götterwelt schon in der Uruk-Zeit nachweisbar ist, während der von Jacobsen als urtümlich aufgefasste Dumuzi-Amaʼušumgalana aufgrund seiner Namensform einer späteren Schicht des frühen dritten Jahrtausends angehört. 29

Pongratz-Leisten 2011, 138–152, beschreibt meines Erachtens Eigenheiten des Polytheismus sehr treffend, insbesondere das Prinzip der persona (p. 138f.) „that one defined oneself through the functions and roles one was given in relation to others“ (p. 139) – was im Wesentlichen der Gliederung des Pantheons nach Rollen und Funktionen bei Sallaberger (2004b, 297–299) entspricht – das Zusammenspiel von primary und secondary agents, und die fließende Grenze zwischen menschlicher und göttlicher Sphäre. 30 Porter 2009b, 191 setzt hingegen konsequent das (von ihr vorausgesetzte, Porter 2009a) Gottesverständnis Jacobsens um, wenn sie demgegenüber die Göttlichkeit von Kultobjekten oder Machtträgern wie Harfe oder Krone auf eine „Kontiguität“ (wie bei Reliquien) zurückführt. Übrigens lösen sich viele Fragen nach den Grenzen des Göttlichen (vgl. etwa Hundley 2013 und viele andere), wenn wir von der dem Polytheismus eigenen Ordnung der Welt in Kategorien und nicht von der monotheistisch geprägten Frage nach „Göttlichkeit“ ausgehen; s. etwa Sallaberger 2004b; Pongratz-Leisten 2011 (s. die vorangehende Fußnote). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die Quellen der Uruk-Zeit, insbesondere die schriftliche Repräsentation von Städtenamen durch ihre jeweiligen Götter, deuten die Existenz eines mesopotamischen Pantheons schon im Chalkolithikum an. Man muss deshalb davon ausgehen, dass mit der Differenzierung von Göttern nach ihren Funktionsbereichen schon in der Uruk-Zeit auch eine lokale Gliederung einherging. Im Rahmen der frühen kulturellen Einheit Mesopotamiens sollte man deshalb nicht von einzelnen lokalen Zentren ausgehen, die unabhängig voneinander Panthea entwickelt hätten.31 Solche und viele weitere Überlegungen stellen sich beinahe zwangsläufig ein, wenn man sich mit den central concerns von Thorkild Jacobsen auseinandersetzt, führen aber zu rasch vom zentralen Thema dieses Beitrags fort.

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Das südliche Mesopotamien unterscheidet sich hier grundsätzlich von anderen Regionen der Alten Welt, denkt man an die zahlreichen lokalen Wettergott-Gestalten in Syrien und der Levante oder die Verbreitung der Großen Göttin in Kleinasien. Mag man sich deshalb vorstellen, dass zu einer Zeit, als sich in Mesopotamien komplexe Gesellschaften und damit das Pantheon herausbildeten, die einzelnen Orte eine Differenzierung mit Hilfe ihrer jeweiligen Götter bzw. Symbole anstrebten? Die enge Verbindung zwischen den Orten und ihren Göttern äußert sich ja nicht zuletzt in den Schreibungen der Ortsnamen mit Verweis auf den jeweiligen Gott. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Walther Sallaberger

– Rezension zu: K. Oberhuber, Der numinose Begriff ME im Sumerischen (Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft, Vorträge und Kleinere Schriften 53), in: Orientalistische Literaturzeitung 62 (1967) 229–244. Wang, X., The Metamorphosis of Enlil in Early Mesopotamia (Alter Orient und Altes Testament 385), Münster 2011. Zachhuber, J., Transcendence and Immanence, in: D. Whistler (Hrsg.), Critical History of 19th Century Theology, Edinburgh 2017, 164–181.

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Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi

Hanspeter Schaudig (Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg)

Der Keilschrifttext, der unter der Nummer BM 46543 im British Museum zu London aufbewahrt wird, ist ein ausgesprochen hübsches Exemplar seiner Gattung.1 Der Text stammt aus der neu- oder eher noch spätbabylonischen Zeit. Dies wird durch sein Kolophon und einige sprachliche Phänomene deutlich, die sich gerade auch in den Inschriften der spätbabylonischen Könige finden.2 Da der Schreiber der Tafel bisher aber nicht genauer zu datieren ist, werde ich im Folgenden summarisch den Ausdruck „neubabylonisch“ verwenden. Die Tafel scheint nicht oder nur schwach gebrannt zu sein und ist heute noch fast vollständig erhalten. Nach den Angaben ihres Kolophons handelt es sich dabei um die Wiedergabe einer Inschrift des altbabylonischen Königs Ḫammu-rāpi,3 welcher für den Gott Enlil ein Lagerhaus hat errichten lassen, welches – nach dem Kolophon zu urteilen – wohl dem Tempel Enlils in Babylon mit Namen Enamtila zugeordnet war. Der Schreiber hat den Text wiedergegeben und die Tafel dem Gott der Schreibkunst, Nabû, in dessen Tempel Ezida geweiht. Ob es sich dabei um den Tempel des Nabû in Borsippa oder um seine gleichnamige Kapelle4 im Esa£il zu Babylon gehandelt hat, geht aus dem Kolophon strenggenommen nicht hervor. Der Tempel in Borsippa ist aber von vornherein wahrscheinlicher und nach den dürftigen Informationen zum Fundkontext der Tafel zu schließen, scheint sie tatsächlich im Laufe 1

Der Text wurde zuletzt bearbeitet von Frayne 1990, 336–337, Ḫammu-rāpi Nr. 3 (E4.3.6.3); siehe dort auch die Verweise auf die geringe, ältere Sekundärliteratur, die ich weiter unten besprechen werde. Sicher auch wegen ihrer ästhetischen Qualitäten wurde die Tafel bei Walker 1987, 25 als fig. 10 abgebildet. Eine verläßliche Kopie des Textes wurde von King, LIH I, S. 106–107 als Nr. 59 publiziert. Diese Kopie ist hier als Abb. 1–2 wiedergegeben. Photographien des Textes sind über die Datenbank (Collection Online) des British Museum zugänglich. CDLI listet den Text mit der King’schen Kopie, aber ohne Photo als Nr. P431842. 2 Siehe dazu unten mit Anm. 14. 3 So eine der gängigen Umschriften, die hier auch beibehalten wird. Richtiger wäre der amurritische Name als ʽAmmu-rāpiʼ zu umschreiben. 4 Siehe George 1993, 160, Nr. 1237. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Hanspeter Schaudig

der Ausgrabungen von Hormuzd Rassam in Borsippa in den Jahren 1879–1882 zu Tage gekommen zu sein.5 Wie wir sehen werden, handelt es sich bei diesem Exemplar um einen Text, der von einem angehenden Schreiber in der Ausbildung geschrieben wurde und in diesem Rahmen auch seinen Zweck erfüllte. Konrad Volk hat sich in zahlreichen Studien mit den Themenkomplexen „Kindheit“ und „Schule und Ausbildung“ im Alten Orient beschäftigt, und so hoffe ich, daß dieser Artikel sein Interesse findet. Bevor wir den Text besprechen, wollen wir ihn zuerst in Umschrift und Übersetzung lesen. BM 46543 Vs. (1) a-na den-líl (2) be-li gal-i (3) šá an-e u ki-tim (4) lugal di£ir-di£ir (5) be-li-ia (6) ḫa-am-mu-ra-pí (7) ru-bu-ú me-gir d50 (8) re-ʼu-ú na-ram dnin-líl (9) pal-ḫu še-mu-ú dutu (10) mu-ṭib šà-bi damar-utu (11) lugal dan-nu (12) lugal tin-tirki (13) áš-ru pal-ḫu Rs. (14)

[na-ram] ˹d50˺ ˹a˺-na-k[u] (15) [i-n]u den-líl ù£meš kur-šú (16) ˹a˺-na be-lu-ti e-pe-ši (17) id-di-na ṣer-re-es-sa (18) a-na šu-ia (19) ú-ma-al-li (20) i-nu-šú ‹i-na› tin-tirki (21) iri na-ar-me-šu (22) é šu-tùm-me (23) ḫu-ud lib-bi-šú e-pu-uš ––––––––––––––––––––––––––– (24) šá ugu mu-sar-e šá é-nam-ti-la (25) šá ḫa-am-mu-ra-pí lugal Iri-mut-dgu-la (26) a lú-sa£-érin lúšáman-lá umbisa£! tur iš-ṭur-ma (27) ana tin zime-šú du10-ub šà-bi-šú u £iš-tuk su-pe-e-šú (28) i-na é-zi-da é na-ram dmuati ú-ki-in Vs. Für Enlil, (2) den großen Herrn (3) von Himmel und Erde, (4) den König der Götter, (5) meinen Herrn: (6) Ḫammu-rāpi, (7) der Fürst, der Günstling des Enlil, (8) der Hirt, der Liebling der Ninlil, (9) der Ehrfürchtige, der auf Šamaš hört, (10) der das Herz Marduks zufrieden stellt, (1)

5

Vgl. Reade 1986, 108, Anm. 5. Nach der Datenbank des British Museum sei der Text in „Babylon“ gefunden worden – was anscheinend nicht allzu eng zu verstehen ist – und im Jahre 1881 akquiriert worden (registration no. 1881-8-30,9). CDLI (P431842) gibt den Fundort sicher falsch als „Sippar-Yahrurum (mod. Tell Abu Habbah)“ an. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi

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(11)

der starke König, (12) der König von Babylon, (13) der Demütige, Ehrfürchtige, Rs.

(14)

[der Liebling des] ˹Enlil˺ (bin) ic[h]. [A]ls Enlil die Menschen seines Landes, (16) (sie) zu beherrschen, (17) mir übergab (und) sein (: des Landes) Leitseil (18) in meine Hand (19) (mir) füllte, – (20) damals (23) habe ich (20) ‹in› Babylon, (21) seiner geliebten Stadt, (22) das Bīt-šutumme (23) seiner Herzensfreude (ihm) gebaut. ––––––––––––––––––––––––––– Kolophon (Rs. 24–28) (24–25) (Dies ist das,) was in einer Inschrift des Königs Ḫammu-rāpi in (dem Tempel namens) Enamtila (zu Babylon steht). Rīmūt-Gula, (26) der Sohn des Ša-rēš-ṣābi (/-ummāni), der Geselle,6 der angehende Schreiber, hat es (ab)geschrieben und (28) im Ezida, dem geliebten Tempel des Nabû (zu Borsippa) aufgestellt, (27) auf daß er lebe und gesund bleibe und auf daß seine Gebete erhört werden mögen. (15)

Wie eingangs gesagt, ist der erste Eindruck, den dieser Text hinterläßt, ein ausgesprochen positiver. Die Tafel ist sorgfältig gestaltet, die Oberfläche ist geradezu poliert und die Beschriftung ist überaus gleichmäßig, ästhetisch befriedigend und elegant darauf angebracht. Wie nun das Auge aber durch die Zeilen zu wandern beginnt und das Lesen einsetzt, nimmt man eine Häufung von Absonderlichkeiten wahr, die man in dieser Art noch in keiner anderen Inschrift gefunden hat, die den Anspruch erhebt, aus der altbabylonischen Zeit zu stammen. Die Unterschiede in der Zeichenverwendung fallen wohl zuerst ins Auge. Sie stehen dem Zeichengebrauch des dritten und frühen zweiten Jahrtausends entschieden entgegen, entsprechen aber allesamt dem Zeichengebrauch des ersten Jahrtausends. Zu den ganz offensichtlichen Abweichungen gehört die Verwendung von šá (Z. 3) statt ša, šú (Z. 15, 20, 23) statt šu oder u (Z. 3) statt ù. Die Schreibung d50 (Z. 7, 14) statt den-líl wird man in einer echten Inschrift Ḫammurāpis vergebens suchen, ebenso tin-tirki (Z. 12, 20) statt ká-di£ir-raki als Schreibung für die Stadt Babylon. Diese Orthographien sind erst im späten zweiten Jahrtausend üblich geworden. Weniger auffällig, aber nicht minder bedeutsam sind Schreibungen des Typs KVK statt KV-VK wie in pal (Z. 9, 13) statt pa-al, ṭib (Z. 10) statt ṭi(3)-ib, ṣer (Z. 17) statt ṣe-er oder lib (Z. 23) statt li-ib. Die ausgeschriebene Mimation (Typ *-um/-im/-am) fehlt überall, ebenso wie die Markierung des Waw in *wašrum (Z. 13). Die dadurch entstehenden Formen kann man nicht einfach als orthographische, modernisierende Reduktionen abtun. Auf diese

6

Zum Ausdruck šamallû siehe unten S. 421f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Weise kann sich ein *ru-bu-um der Vorlage niemals in ein ru-bu-ú (Z. 7) verwandeln, ein *re-iu-um niemals in ein re-ʼu-ú (Z. 8) oder ein *wa-aš-ru-um pa-al-ḫuum niemals in ein áš-ru pal-ḫu (Z. 13). Die Zeichenformen sind im Detail oft sehr ungenau. Das Zeichen /na/ (Z. 1, 8, 14, 16, 17, 18, 21) ist durchweg wie ein spätes /aš+ki/ geschrieben. Die altbabylonische Zeichenform sollte jedoch im vorderen Bereich nach dem Waagerechten einen einzigen großen Winkelhaken aufweisen, besser noch zwei schräge Keile, die mit ihren Köpfen an diesem Waagerechten sitzen und von dort nach oben und unten ausschwenken. Das Zeichen /en/ (Z. 1, 15) zeigt mit seinen zwei Kästen aus Waagerechten die ganz späte, aufgeblähte Form, die erst in den archaisierenden Inschriften Asarhaddons und Assurbanipals in Mode kam, daneben nur drei der sonst üblichen vier Winkelhaken.7 Das Zeichen /líl/, welches im vorliegenden Text in den Götternamen den-líl (Z. 1, 15) und dnin-líl (Z. 8) erscheint, sieht aus wie eine ziemlich planlose Archaisierung à la „irgendwas mit Kasten“. Dies ist umso überraschender, als das Zeichen in den genannten Götternamen in der damaligen Umwelt des Schülers in zahllosen historischen Inschriften präsent gewesen sein muß. Das Zeichen /šá/ (Z. 3) ist viel zu weit nach hinten gekippt. Das Zeichen /ḫa/ (Z. 6) – ebenso wie /gir/ (Z. 7) – treibt in der Zeile auf dem Rücken wie ein toter Fisch.8 Bei den Zeichen /am/ (Z. 6) und /mu/ (Z. 6, nicht aber in Z. 10) zeigt der Schreiber ein Faible für mittig gesetzte Senkrechte, die an diesen Stellen der altbabylonischen Monumentalschrift fehlen. Im Falle des Zeichens /am/ (Z. 6) geht der Senkrechte auf den urspünglichen „Stirnstrich“ des „Rindskopfes“ zurück, den das Zeichen abbildet. Die archaisierende Form ist aber dennoch sicherlich auf der Grundlage der neubabylonischen Zeichenform gebildet worden, die diesen „Stirnstrich“ überproportional vergrößert in der Analyse als /pa+ḫi/ beibehalten hat.9 In ähnlicher Weise geht im Falle des Zeichens /mu/ (Z. 6) der Senkrechte auf den Verschluß der dreieckigen „Pfeilspitze“ des Zeichens zurück, der aber in dieser Art erst in den archaisierenden, mittelbabylonischen kudurru-Inschriften zu finden ist.10 Auch die aufwendige Form des Zeichens /tin/ (Z. 12, 20) findet man so nicht in altbabylonischen Texten. Vielmehr sieht das Zeichen aus wie ein archaisierendes /numun/ der nun schon mehrfach genannten mittelbabylonischen kudurru-Inschriften.11 Das Aleph-Zeichen (-ʼu-, Z. 8) gibt es 7

Vgl. etwa die junge Zeichenform bei Fossey 1926, Nr. 7888–7896 (Asarhaddon) und Nr. 7825–7828 (Assurbanipal) gegenüber dem Zeichen in CH I:3 und passim. 8 Diese Formen sind im ersten Jahrtausend allerdings weit verbreitet, sie finden sich etwa auch im Zylinder Šamaš-šumu-ukīns (V R 62, II:4, 9). 9 Vgl. die Form des neubabylonischen Zeichens in Z. 25 im Kolophon. 10 Vgl. Fossey 1926, Nr. 3985–3996, insbesondere etwa Hinke, Kudurru Inscriptions, S. 14–15, Nr. III (Marduk-apla-iddina I.) I:6, II:11, 19, 24 und passim. Diese Zeichenform hat ein langes Leben. Sie findet sich etwa auch noch im oben bereits erwähnten Zylinder Šamaš-šumu-ukīns (V R 62, I:1, 6 und passim, siehe dagegen aber etwa I:8 und II:3). 11 Siehe etwa Hinke 1911, S. 33, Nr. VIII (Marduk-nādin-aḫḫē) I:1, 6, 11, 12 und passim. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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in dieser Form und Verwendung überhaupt erst seit der späten altbabylonischen Zeit. Es wurde sekundär aus dem Zeichen /aḫ/ entwickelt, welches in den Inschriften Ḫammu-rāpis noch konsequent stattdessen verwendet wird.12 In Zeile 11 verwendet der junge Schreiber nach einem neubabylonischen /dan/ ein ebenso neubabylonisches /nu/, wohingegen er in den Zeilen 15 und 20 zwei ziemlich mißglückte archaisierende Formen des Zeichens /nu/ produziert. In Zeile 15 erscheint das Zeichen /ù£/ in seiner modernen, neubabylonischen Form, ebenso in Zeile 22 das Zeichen /é/. In derselben Zeile 22 verrät das Zeichen /uš/, wiewohl archaisierend gespreizt gemalt, mit dem Winkelhaken in der oberen rechten Ecke statt in der unteren die Zeichenauffassung des ersten Jahrtausends. Dagegen erscheint in Zeile 21 die vordere /ši/-Gruppe des Zeichens /ar/ mit ihren beiden schrägen Keilen in einer hypo-archaisierenden altakkadischen Form.13 Das Zeichen /tùm/ in Zeile 22 möchte einem schier das Herz brechen, denn der gute Junge hat statt des Zeichens /gána-tenû/ das Zeichen /šà/ in den /nim/-Rahmen eingeschrieben. Der Kolophon ist in neubabylonischen Zeichen geschrieben und weithin unauffällig – es ist klar, daß der Schüler an diese Schriftform besser gewöhnt war. Dennoch fällt auf, daß er ausgerechnet das Zeichen /umbisa£/ „Schreiber“ (Z. 26) mit einem doppelten, hinteren Senkrechten leicht verschrieben hat. Weiterhin zeigt das Zeichen /du10/ (Z. 27) überraschenderweise eine archaisierende Form, die im neubabylonischen Gewusel des Kolophons aber verschwendet ist. Wenden wir uns also nach diesen Formalia schwerwiegenderen Punkten zu: Dazu gehören einige ganz eklatante Konstruktionsfehler, die nur vor dem Hintergrund des Neubabylonischen zu verstehen sind. Zum einen läßt das Verbum des temporalen Nebensatzes in Zeile 19 die im Altbabylonischen noch unbedingt zu fordernde Endung des Subjunktivs auf -u vermissen. Zum andern zeigt die Wortbildung von *nār(a)mīšu „(in) seiner geliebten (Stadt)“ in Zeile 21, daß wir es hier mit der gerade für die Inschriften der Chaldäerkönige typischen, späten Neubildung des Nomens auf *mapras von raʼāmu (älter râmu) „lieben“ zu tun haben.14 Vgl. dagegen die perfekt imitierte altbabylonische Zeichenform, ebenfalls wie hier in tin-tirki, in einem von Meisterhand geschriebenen Zylinder Nabonids aus Borsippa: Schaudig 2001, 755, Nr. 2.10a I:1. 12 Vgl. etwa na-AḪ-dam = naʼdam in Ḫammu-rāpis Steleninschrift (CH) I:30. 13 Vgl. dazu etwa das Zeichen /ar/ in der Bāsetkī-Inschrift Narām-Sîns von Akkade (Sumer 32, 1976, zweite Tafel nach S. 76, Kol. I:7, 15). 14 Siehe Schaudig 2001, 156–157, § IV.2.1.e zu spätbabylonischem nār(a)mu statt narāmu aus *marʼamu > narʼamu > nāramu von der jungen Wurzelvariante raʼāmu mit starkem Aleph; ebendort 156 bereits zu dem hier vorliegenden Beleg. Noch komplexer wird das Problem dadurch, daß – wohl beeinflußt vom aramäischen Infinitiv auf *maqṭal – neben das späte, attributiv verwendete Nomen nār(a)mu (älter narāmum) ein gleichlautender Infinitiv tritt, welcher älteres râmu/raʼāmu ersetzt (Schaudig 2001, 154–155, § IV.2.1.c–d). Phrasen, welche die Ausdrücke ina āli nār(a)mīšu „in der Stadt, seiner Geliebten“ und āl nār(a)mīšu „die Stadt seines Liebens“ enthalten, klingen gerade nach dem Abfall der Auslautvokale daher oft zum Verwechseln ähnlich, sind aber verschieden zu analysieren. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Haben wir dies bemerkt, fällt auch ins Auge, daß die Form ṣerressa (Z. 17) in der Metapher mit dem „Leitseil“ nicht nur den späten, schwachen Status constructus statt des bei Ḫammu-rāpi üblichen, archaischen *ṣerrat aufweist, sondern daneben auch den hier verständlichen, nichtsdestotrotz aber unidiomatischen und singulären Fehlbezug auf das Land (mātu: -ša) zeigt, anstatt auf die Menschen (nišū: -šina).15 Man mag noch viele Kleinigkeiten bemängeln, zum Beispiel, daß der angehende Schreiber das Zeichen /ú/ (Z. 7, 8, 9, 19) immer nur mit drei Waagerechten statt mit vieren schreibt, aber da wird einem die Kritik zunehmend schal. Denn es ist sicher ein schöner Text, den der junge Schreiber da produziert hat, nur eben nicht „ganz genau wie früher“ (kīma labīrimma) – aber das hat er ja, wenn wir den Kolophon genau lesen, auch nicht behauptet. Alles in allem mag man vermuten: Die Oma wird stolz gewesen sein auf ihren Enkel, die Großgelehrten des Tempels Ezida aber mögen vielleicht eher säuerlich gelächelt haben über dieses Musenopfer. In einer Tabelle gegenübergestellt, verhalten sich die Version von BM 46543 und der Text, den wir in einer authentischen Inschrift Ḫammu-rāpis zu erwarten hätten, mit ihren vielen kleinen Unterschieden in Zeichenverwendung und Textkonstruktion folgendermaßen:16 BM 46543 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

d

a-na en-líl be-li gal-i šá an-e u ki-tim lugal di£ir-di£ir be-li-ia ḫa-am-mu-ra-pí ru-bu-ú me-gir d50 re-ʼu-ú na-ram dnin-líl pal-ḫu še-mu-ú dutu mu-ṭib šà-bi damar-utu lugal dan-nu

Zu erwartendes Akkadisch a-na den-líl be-li-im ra-bi-im ša ša-ma-i/-me-e ù er-ṣe-tim lugal (ša) di£ir-di£ir be-li(2)-ia ḫa-am-mu-ra-pí ru-bu-um mi-gir/-gi4-ir den-líl sipa / re-iu-um na-ra-am dnin-líl pa-al-ḫu-um še-mu17 dutu mu-ṭi(3)-ib li-ib-bi damar-utu lugal da-núm

15

Siehe die Ausführungen unten Anm. 58. Die hier und im Folgenden zum Vergleich herangezogenen Phrasen stammen aus den Inschriften Ḫammu-rāpis und seines Sohnes Samsu-iluna; siehe im allgemeinen Frayne 1990, 332–392, im besonderen Ḫammu-rāpi Nr. 2, 7, 12, 14, 16–17 und Samsu-iluna Nr. 2–3, sowie Ḫammu-rāpis Steleninschrift (CH). Nur in einigen interessanten Ausnahmefällen werde ich aus diesen Inschriften genaue Vergleiche zitieren. Die meisten Phrasen sind Gemeinplätze. 17 Der Status constructus von šēmûm ist bei Ḫammu-rāpi immer kurz: še-mu du t u (CH II:23); Frayne 1990, 335, Ḫammu-rāpi Nr. 2:32 (akk.); [še]-mu de n - l í l ebendort S. 355, Ḫammu-rāpi Nr. 17:10. Vgl. auch še-mu bei Samsu-iluna mit anderen Recta: Frayne 1990, 387, Nr. 7:82 (akk.), 105 (akk.). 16

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12 13 14 15 16 17a 17b 18 19 20 21 22 23

BM 46543

Zu erwartendes Akkadisch

lugal tin-tirki áš-ru pal-ḫu [na-ram] ˹d50˺ ˹a˺-na-k[u] [i-n]u den-líl ù£meš kur-šú ˹a˺-na be-lu-ti e-pe-ši id-di-na ṣer-re-es-sa a-na šu-ia ú-ma-al-li i-nu-šú ‹i-na› tin-tirki iri na-ar-me-šu é šu-tùm-me ḫu-ud lib-bi-šú e-pu-uš

lugal ká-di£ir-raki wa-aš-ru-um pa-al-ḫu-um18 na-ra-am den-líl a-na-ku ì-nu den-líl ni-šì ma-ti-šu19 a-na be-li-im i-din-/id-di-na-am ṣe-er-ra-sí-na (/-sà20) a-na qá-ti-ia u(2)-ma-al-li-ù/-lu-ú i(3)-nu-mi-šu in / i-na ká-di£ir-raki iri na-ra-mi-šu21 é šu-tu-um-mi-im / šutum(2)22 é / ša ḫu-ud li-ib-bi-šu23 e-pu-uš

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Die oben aufgeführten Unstimmigkeiten sind natürlich auch schon früheren Bearbeitern aufgefallen. Ausgerechnet die früheste Bearbeitung aus den Kindertagen der Assyriologie ist die klarsichtigste. Bereits im Jahre 1892 urteilte Peter Jensen:24 „Der Text, laut Unterschrift eine Abschrift aus späterer Zeit, ist ein buntes Gemisch von Schriftzeichen verschiedener Literaturperioden, kann daher auf Originalität wenigstens in der äusseren Gestalt keinen Anspruch machen.“ Es war auch Peter Jensen,25 der schon richtig erkannt hatte, daß na-ar-me-šu (= *nār(a)mīšu, siehe oben mit Anm. 14) in Zeile 21 als Nebenform zu älterem

18

So bei Ḫammu-rāpi nicht belegt, siehe aber in seiner Steleninschrift wa-aš-ru-um / mu-uš-te-mi-qum „der Demütige, viel Betende“ (CH II:18–19). 19 So bei Ḫammu-rāpi nicht belegt. Die nächste Parallele sagt an dieser Stelle kalam ù ni-šì „Land und Leute“ (Frayne 1990, 355, Ḫammu-rāpi Nr. 17:21). 20 Die Affrikate im Altbabylonischen so, wenn überhaupt, denn der Singular ist in dieser Phrase unidiomatisch, siehe die Ausführungen unten in Anm. 59. 21 Vgl. – auch zur Präposition in(a) der vorangehenden Zeile – Frayne 1990, 355, Ḫammurāpi Nr. 17:29: in bar-sí-paki / iri na-ra-mi-šu. 22 Bei Ḫammu-rāpi bisher noch nicht belegt; zu é-šutum(2) aus den sumerischen Texten anderer Könige siehe unten mit Anm. 55. Rīmūt-Gulas Schreibung mit šu-tùm ist dagegen typisch für die neu- und spätbabylonische Zeit, siehe AHw 1294, s. v. šutummu(m). 23 Die Phrase ḫūd libbi „Herzensfreude“ ist, wiewohl das sumerische š à- ḫ ú l gut belegt ist, im Akkadischen der altbabylonischen Zeit in diesem Zusammenhang noch unbezeugt. Zu den sumerischen Phrasen siehe unten Anm. 56. 24 In KB III/1, 120 in Anm. 1 zu Text Nr. 1, f. 25 Ebendort in KB III/1, 121 in Anm. ** zu Text Nr. 1, f. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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narāmu „Geliebter“ zu stellen und nicht von ramû „Wohnung aufschlagen“ abzuleiten ist. Diesen Fehler haben erst die Wörterbücher ein gutes Jahrhundert später lexikalisiert.26 Wenige Jahre später (1898–1900) hat Leonard William King den Text in Kopie, Umschrift und Übersetzung präsentiert, allerdings leider ohne jeden Kommentar.27 Es sollte fast ein dreiviertel Jahrhundert dauern, bis der Text wieder besprochen werden würde. Im Jahre 1970 hat Lucy P. Matthews in ihrer Dissertation „The First Dynasty of Babylon: History and Texts (PhD, University of Birmingham)“ den Text auf den Seiten 149–152 wieder in Umschrift und Übersetzung bearbeitet. Matthews hat den Text nicht ausführlich diskutiert, konstatierte aber immerhin (ebendort 149): „There are several peculiarities about this text. Orthographically it is clearly a late copy but it may well be also a late compilation made up from assorted texts and containing some phrases not elsewhere represented.“ Nur ein Jahr später (1971) haben Edmond Sollberger und Jean-Robert Kupper den Text noch einmal kommentarlos in Übersetzung vorgelegt.28 Etwas mehr als ein Jahrzehnt später hat auch Ilmari Kärki im Jahre 1983 den Text in seiner gewohnt nüchternen Art ohne weiteren Kommentar wieder in Umschrift und Übersetzung gebracht.29 Leider hat er dabei den Kolophon ausgelassen, was den Text wesentlicher Informationen beraubt. Und leider hat ausgerechnet er, der doch wie kein anderer seiner Generation die Standardphrasen der Bauund Weihinschriften kennen sollte, sich dazu hinreißen lassen, widerstands- und kommentarlos die unglückliche Fehlidentifikation des nichtexistenten *narmû „Wohnung“ der Wörterbücher zu übernehmen:30 Als Erster und bisher Einziger übersetzt er nämlich die Zeile 21 nicht mit „in seiner geliebten Stadt“, sondern mit „in seiner Residenzstadt“. Als bisher Letzter hat sich Douglas R. Frayne mit dem Text beschäftigt.31 Auch er hat den Text natürlich in Umschrift und Übersetzung bearbeitet, er hat ihm aber auch einen kurzen Kommentar vorangestellt, in welchem er unter anderem konstatiert:

26

AHw II (1972), 748 s. v. narmû(m) „Wohnung“; CAD N/1 (1980), s. v. narmû „dwelling place“. Immerhin notiert CAD, daß die neubabylonischen Schreiber die Formen wohl als Varianten von narāmu aufgefaßt hätten. 27 King, LIH I, 106–107, Nr. 59 (Kopie); LIH III, 192–193 (Umschrift und Übersetzung). 28 Sollberger / Kupper 1971, 215, IVC6g. 29 Kärki 1983, 10–11. 30 Siehe oben mit den Anmerkungen 14 und 26. 31 Frayne 1990, 336–337, Ḫammu-rāpi E4.3.6.3. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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„Although the copy shows a number of late orthographies, the titulary of the king recorded in it seems to reflect a genuine Ḫammu-rāpi inscription.“ Diese Einschätzung erinnert an den Kommentar von Lucy Matthews, die es für möglich hielt, daß der Text ein Konglomerat von Phrasen aus verschiedenen Texten in neubabylonischer Orthographie sein könnte. Mit dem Monieren „einiger später Orthographien“ ist es aber nicht getan. Man kann sich nicht darauf zurückziehen, zu glauben, daß dieser Text, bei dem jede Zeile „Anachronismus!“ schreit, schon irgendwie doch eine echte Inschrift Ḫammu-rāpis wiedergebe, ohne zu klären, auf welchen Umwegen dies geschehen sein soll und zu welchem Zweck. Immerhin behauptet der Kopist implizit, eine solche Inschrift im Enamtila gesehen zu haben. Diese „Abschrift“ spiegelt aber auf gar keinen Fall das Erscheinungsbild einer echten, altbabylonischen Inschrift des Königs Ḫammu-rāpi von Babylon wider – nicht mit dieser Zeichenverwendung, nicht mit diesen Zeichenformen und vor allem nicht mit dieser Grammatik. Der Inhalt aber klingt unbestreitbar vertraut. So müssen wir uns fragen: Was ist die Natur, der Gegenstand und der Anlaß dieser „Kopie“? Wollte der junge Schreiber mit dieser Fabrikation etwa die Nachwelt, also uns, betrügen? Dies sei ihm verziehen. Aber konnte er erwarten, seine Zeitgenossen, die Großgelehrten von Ezida und gar den Gott Nabû selbst mit dieser Weihgabe zu düpieren? Sicher nicht. An dieser Stelle wird klar, daß wir es mit etwas anderem zu tun haben als mit einer peinlich genauen Abschrift eines älteren Originals und daß wir uns nochmal dem Kolophon zuwenden müssen, um den Text besser zu verstehen und um dem jungen Schreiber Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Rīmūt-Gula bezeichnet sich selbst als šamallû ṭupšarru ṣeḫru (lúšáman-lá umbisa£! tur, Z. 26). Der Ausdruck ṭupšarru ṣeḫru läßt sich wörtlich mit „kleiner“ oder „junger Tontafelschreiber“ wiedergeben und bezeichnet demnach einen Schreiber in der Ausbildung. Der vorangestellte Ausdruck šamallû mag nach seinen Wortzeichen wörtlich „der, dem man das ša ga n/šáman -Gefäß umgehängt hat“ heißen, aber selbst wenn das zutreffen sollte, bliebe uns seine weitere Bedeutung dunkel.32 Üblicherweise übersetzen wir den Ausdruck šamallû mit „Lehrling“ oder „Gehilfe“.33 Leider ist uns selbst im Bereich der einigermaßen gut dokumentierten Schreiberausbildung die genaue Stellung eines šamallû noch ziemlich unbekannt.34 Nach den Kategorien unserer Kultur, in der jedes Kind zur 32

Der von W. von Soden offensichtlich als wörtliche Übersetzung vorgeschlagene Ausdruck „Beutelträger“ (AHw 1153, s. v.) geht wohl auf das Attribut nāš kīsi „der den (Geld)Beutel trägt“ für den šamallû als Kaufmannsgehilfen aus dem großen Šamaš-Hymnus zurück (Lambert, BWL, 134, Z. 139). 33 Siehe CAD Š/1, 291 s. v. šamallû mit der Bandbreite der Übersetzungen „assistant, agent of a merchant, apprentice scribe“ und weiteren Nuancen; AHw III, 1153–1154 s. v. šamallû(m) „‚Beutelträger‘, Gehilfe, Handlungsgehilfe eines Kaufmanns, (Schreiber-, Priester-)Lehrling, Novize“. 34 Siehe zusammenfassend Gesche 2000, 213–216. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Schule geht, mag man für šamallû durchaus die Übersetzung „Lehrling“ verwenden, da wir den „Lehrling“ in unserer Begrifflichkeit vom „Schüler“ absetzen können. Im Alten Orient hingegen mag der šamallû eher dem „Gesellen“ im Rahmen einer Handwerksausbildung entsprochen haben, der bereits die Stufe des blutigen Anfängers hinter sich gelassen hatte. Genau in diesem Sinne kontrastiert auch Konrad Volk in seiner Übersetzung der altbabylonischen, sumerischen Komposition „Der Sohn des Tafelhauses“ den „großen Bruder“ (šeš-ga l) als „Gesellen“ mit dem jungen „Schreiberschüler“ (dub-sa r tur).35 Der šamallû erscheint durchaus auch als Titel in bestimmten Rezensionen der Liste ummia = ummânu „Meister“ an zweiter Stelle, nach dem „Meister“, aber wiederum vor dem normalen, ungelehrten „Menschen“ (awīlu).36 Dies zeigt ziemlich deutlich den Berufsstolz der babylonischen gebildeten Stände. Für unsere Diskussion ist bedeutsam, daß die angehenden Schreiber in ihrer Ausbildung verschiedene Handschriften erlernten, darunter auch archaisierende Zeichenformen.37 Bereits im Laufe der Anfängerausbildung weihten die Lehrlinge von ihnen geschriebene Schülertafeln dem Schreibergott Nabû, wobei sie die Tafeln mit zum Teil aufwendigen Kolophonen versahen.38 Der Bedeutung der Tafeln als Weihgeschenke entsprechend, wählten die Lehrlinge als Material einen kostbaren Ton von einem besonderen, heiligen Ort, nämlich von dem „reinen Ort im Garten des Apsû“, einer Anlage in der Nähe des Ekarzaginna im Komplex des Tempels Esa£il in Babylon. Dies ist der Ort, von dem der Schöpfergott Ea nach Überzeugung der Alten den Ton abgekniffen hatte, um daraus die Welt zu erschaffen.39 Üblicherweise wurden diese Tafeln dem Gott der Schreibkunst, Nabû, geweiht und dargebracht.40 Da die Kinder aber noch nicht zu der Personengruppe gehörten, die berechtigt war, auch die inneren Räume eines Tempels zu betreten – dies war den „Tempel-Betretern“ (ērib bīti) vorbehalten – übergaben sie ihre 35

Siehe Volk 2015, 104 mit Anm. 6. Die oben genannten Ausdrücke sind aus den Abstrakta *na m -d u b-sa r-t u r (Z. 45) und *na m-še š -ga l é -dub-ba -a (Z. 46) der genannten Komposition gewonnen, welche die Ausbildungsstufen bezeichneten. Gut ein Jahrtausend später bezeichnet sich Rīmūt-Gula auch noch als „jungen Schreiber“ (ṭupšarru ṣeḫru, Z. 26), er war aber nach dem vorliegenden Ausweis seines Könnens beileibe kein Anfänger mehr. Die Bezeichnungen hatten sich seit der altbabylonischen Zeit also ein wenig verschoben. Den „großen Bruder“ gab es in der Schreiberausbildung des ersten Jahrtausends ja auch nicht mehr. 36 Zu dieser Liste siehe Gesche 2000, 127–135. 37 Gesche 2000, 72–74, 197. 38 Siehe Gesche 2000, 153–154 zu geweihten Schülertafeln der ersten Schulstufe (Typ 1) und ihren Kolophonen. 39 Siehe Maul 1998, viii–xvi zu der mit einem außergewöhnlich reichen Kolophon versehenen Schülertafel VAT 17035, die wohl ebenfalls aus dem Tempel des Nabû-ša-ḫarê in Babylon stammt; siehe zusammenfassend zum ganzen Komplex Gesche 2000, 154–155. 40 Gesche 2000, 155, Anm. 577; in Sippar wurden sie nach Gesche auch der lokalen Größe Šamaš geweiht. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Tafeln dem Pförtner, der sie im Tempel an dem dafür vorgesehenen Ort deponierte.41 Die vorliegende Tafel gehört von ihrer hohen Qualität her sicher nicht mehr zu diesen Weihgaben aus den ersten Schuljahren. Aber auch wenn ihr Kolophon relativ schlicht gehalten ist, macht er in den Zeilen 27–28 deutlich, daß diese Tafel in den Kreis jener in der Ausbildung geschriebener Texte gehört, deren Zweck es nicht war, als normales Bibliotheksexemplar zu dienen, sondern als Votivgabe an den Schreibergott Nabû. Aus dem neuassyrischen Assur haben sich zwei Texte erhalten, die, wie die vorliegende Tafel, von „Gesellen“ (šamallû) geschrieben worden sind und ebenfalls42 archaisierende Zeichen in ihren Kolophonen aufweisen. Bei dem einen Text handelt es sich um eine Kopie des „Examenstextes A“.43 Der achtzeilige Kolophon beginnt in archaisierenden Zeichen. Nach ungefähr drei Zeilen aber verfällt der Schreiber, der nach eigenen Angaben „unter Druck“ (dulluḫiš) gearbeitet habe, bereits wieder in die ihm gebräuchlichere, neuassyrische Schrift. Bei dem anderen Text handelt es sich um die Kopie eines Namburbi-Rituals, die einen fünfzeiligen Kolophon enthält.44 Die zwei Zeilen, die den Text als eine Kopie einer Vorlage aus Babylon ausweisen, sind in einer etwas ungelenken archaisierenden Schrift gehalten. Sucht man nach anderen Texten aus dem Umfeld der Schreiberausbildung im ersten Jahrtausend, welche sich dem Kopieren historischer Königsinschriften oder dem Einüben archaisierender Zeichen widmen, so kann man etwa auf die Fragmente einer spätbabylonischen Schülertafel verweisen, die im Tempel des Nabûša-ḫarê in Babylon gefunden wurden. Diese Schülertafel enthält auf der Vorderseite Auszüge aus der lexikalischen Liste Urra-ḫubullu III, auf der Rückseite dagegen die Kopie einer Inschrift eines der babylonischen Könige, die den Namen Kurigalzu trugen.45 Grob aus dem nordbabylonischen Raum stammt eine neubabylonische Schülertafel, die auf der Vorderseite einen wohl vom Lehrer in neubabylonischen Zeichen geschriebenen, vierzeiligen, akkadischen Lobpreis auf den Gott Ninurta zeigt, der vom Schüler auf der Rückseite in ein mit gravitätischarchaisierenden Zeichen geschriebenes Sumerisch übertragen wurde.46

41

Der Aufbewahrungsort wird mit dem noch dunklen Ausdruck gunnu bezeichnet; siehe zum gesamten Vorgang Cavigneaux 1999, 389–390; Cavigneaux 1981b, 122–124 mit Belegen; Gesche 2000, 156–157; Waerzeggers 2011, 65. 42 Beim vorliegenden Text war es allerdings nur das im neubabylonischen Kolophon verloren wirkende Zeichen du 10 in Z. 27. 43 Siehe Maul 2012, 202–208; Text: VAT 10382. 44 Maul / Strauß 2011, S. 31, Text Nr. 5 (VAT 14046). 45 Cavigneaux 1981a, 17, Nr. 46; den Hinweis auf diesen Beleg verdanke ich Marie Young (Paris / Heidelberg). 46 Marzahn 2000, 685–691; Text: VAT 7007. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Schulübungen wie diese lassen nun den Verdacht aufkommen, daß es sich im vorliegenden Fall weniger um eine wie auch immer geartete „Abschrift“, als vielmehr um die akkadische Übersetzung einer sumerischen Inschrift des Königs Ḫammu-rāpi handeln könnte, die wiederum in eine entsprechende, archaisierende Gestalt gebracht wurde. Letzteres geschah wohl „freihändig“, da Rīmūt-Gula sonst sicherlich mindestens im Falle des ziemlich verunglückten Zeichens líl in den Götternamen den-líl (Z. 1, 15) und dnin-líl (Z. 8) die richtige Form aus der Vorlage hätte abschreiben können. Er hatte den sumerischen Text des Originals also wohl auswendig gelernt und seine Leistung bestand darin, ihn auf Akkadisch und in archaisierenden Zeichen wiederzugeben. Abgesehen von der altakkadischen Zeit sind uns gerade aus der ersten Dynastie von Babylon und von den Königen Ḫammu-rāpi und Samsu-iluna „Komplementärbilinguen“47 bekannt, die den sich inhaltlich genau entsprechenden sumerischen und akkadischen Text jeweils auf verschiedene Schriftträger verteilen. Die Idee, solch eine Fassung überhaupt anzufertigen, bezog also ihre Inspiration wohl von den real existierenden älteren und echten Exemplaren. Der angehende Schreiber hätte hier also weniger eine Abschrift, als vielmehr eine Übersetzungs- und Stilübung im Rahmen seiner Ausbildung abgeliefert. Das Lesen und Verstehen, aber auch das Reproduzieren von Inschriften „wie in alter Zeit“ gehörte zu den Aufgaben, die ein ausgebildeter Schreiber später gegebenenfalls erfüllen können mußte. Wir wollen hier noch einmal daran erinnern, daß Rīmūt-Gula ja an keiner Stelle behauptet, er habe die Inschrift „ganz genau wie früher“ (kīma labīrimma) abgeschrieben. Man ist versucht, die Einleitung seines Kolophons mit ša muḫḫi mušarê (Z. 24), „das, was auf“ oder „in der Inschrift steht“ hier eher als eine Art „Inhaltsangabe“ oder eben Paraphrase zu verstehen. In anderen Fällen können wir dagegen sicher sein, daß das, was als ša muḫḫi mušarê bezeichnet worden war, auch tatsächlich in dieser Weise auf der Vorlage stand.48 Man mag sich wünschen, daß Rīmūt-Gula im Kolophon seine Hausarbeit deutlich als solche gekennzeichnet hätte. Was hätte man nicht dafür gegeben, das Verbum šubalkutu, welches alle möglichen Nuancen zwischen „Wechsel“ und „Übertragung“ bezeichnen kann, hier und nicht ausgerechnet im Kolophon einer zeichengetreuen Kopie eines Ziegels Ur-Nammas zu finden!49 Vielleicht war aber im vorliegenden Fall die Markierung des Textes als „Stilübung“ auch nicht unbedingt nötig, da den Zeitgenossen klarer war als uns, was von einer solchen Tafel zu halten war, die ein „junger Schreiber“ im Rahmen seiner Ausbildung dem Gott Nabû geweiht hatte. Wie viele lateinische Hausarbeiten mit mehr oder weniger gelungenen Reden, die im Namen Caesars oder Ciceros verfaßt sind, liegen auf den Speichern unserer humanistischen Gymnasien?

47

Zum Ausdruck und Charakter s. Krecher 1976–1978, 124–128, besonders §§ 1 und 3. Siehe etwa Hunger 1968, Nr. 442 und 443: Zeichengenaue neubabylonische Abschriften historischer Königsinschriften. 49 Hallo 2006, 193, 196, Rs. 8: uš-bal-kit „er hat (die Inschrift) übertragen“. 48

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Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi

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Stellen wir den Text der Tafel der vermuteten sumerischen Vorlage gegenüber, so wird an einigen Stellen auch unmittelbar deutlich, daß das ungewöhnliche oder gar fehlerhafte Akkadisch durch die Eigentümlichkeiten des zu erwartenden Sumerischen beeinflußt ist:50 BM 46543 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17a

d

a-na en-líl be-li gal-i šá an-e u ki-tim lugal di£ir-di£ir be-li-ia ḫa-am-mu-ra-pí ru-bu-ú me-gir d50 re-ʼu-ú na-ram dnin-líl pal-ḫu še-mu-ú dutu mu-ṭib šà-bi damar-utu lugal dan-nu lugal tin-tirki áš-ru pal-ḫu [na-ram] ˹d50˺ ˹a˺-na-k[u] [i-n]u den-líl ù£meš kur-šú ˹a˺-na be-lu-ti e-pe-ši id-di-na

Vermutete sumerische Vorlage d

en-líl en gal an -ki-bi-d a lugal di£ir-re-ne lugal-£u 10 (-ra)/-£á 51 ḫa-am-mu-ra-pí nun še-ga d en-líl-lá sipa ki-ᣠd nin-líl-lá ní-tuku d utu -d a £iš-tuku šà-du 10 -ga/du 10 -du 10 d amar-utu (-ka) lugal kalag-ga lugal ká-d i£ir-ra k i sun 5 -na ní-tuku 52 ki-ᣠd en-líl-lá-me-en u 4 d en -líl-le ù£ ma-da-na/-bi-da 53 nam-en-bi kè-dè ma-an-su m-ma-(ta)

50

Die im Folgenden herangezogenen Phrasen stammen wiederum aus den Inschriften Ḫammu-rāpis, im besonderen aus Frayne 1990, Ḫammu-rāpi Nr. 2, 14 und 16. 51 Vgl. etwa: du t u l u g a l - £ á = a-na dutu be-li-ia (Frayne 1990, 335, Ḫammu-rāpi Nr. 2:46/49). 52 Bei Ḫammu-rāpi bisher nicht belegt; vgl. aber aus einer Inschrift Sin-iddinams von Larsa: n u n s u n 5-n a n í - t u k u de n - l í l - l á „der demütige Fürst, der Enlil fürchtet“ (Frayne 1990, 178, Nr. 15:35). 53 So bei Ḫammu-rāpi noch nicht belegt, siehe aber, auf Akkadisch und mit umgekehrter Wortfolge „Land und Leute“: ì-nu den-líl / kalam ù ni-šì / a-na be-li-im / id-di-nu-šum (Frayne 1990, 355, Ḫammu-rāpi Nr. 17:20–23). Die Zeichen /ù£/ „Menschen“ und /kalam/ „Land (Sumer)“ sind sich bei Ḫammu-rāpi noch so ähnlich (vgl. CH I:7 kalam; V:23 -un), daß ich nicht glaube, sie wären zusammen in einer Phrase wie *ù £ k a l a m - m a - n a „die Menschen seines Landes“ verwendet worden, daher der Ersatz durch m a - d a = mātum „Land“. Die Verbindung zwischen einem Gott, hier dem Gott Enlil, und „seinem“ Land mit einem Pronominalsuffix ist aus den Inschriften Ḫammu-rāpi jedenfalls ebenfalls bisher nicht zu belegen. Unter seinem Sohn Samsu-iluna gibt es ähnliche Ausdrücke vereinzelt und in anderem phraseologischen Zusammenhang, siehe etwa „Marduk, der Enlil seines Landes“ (da m a r - u t u / de n - l í l k a l a m - m a - n a // damar-utu / [d]en-líl ma-ti-šu) (Frayne 1990, 381, Samsu-iluna Nr. 5:14–15/13–14), sowie die Ausdrücke „sein Land“ und „seine zahlreichen Leute“ (k a l a m - m a - n i // [k]alam-su; ù £ d a £ a l - l a - n i // ni-ši-š[u ra-a]p-šatim; ebendort, Nr. 5:23, 25). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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17b 18 19 20 21 22 23

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BM 46543

Vermutete sumerische Vorlage

ṣer-re-es-sa a-na šu-ia ú-ma-al-li i-nu-šú ‹i-na› tin-tirki iri na-ar-me-šu é šu-tùm-me ḫu-ud lib-bi-šú e-pu-uš

éš-kìri-bi šu-£u 10 -šè/-£á bí-in-si-a u 4 -ba/-bi-a 54 ká-di£ir-ra k i iri ki-ᣠ-£á-na é-šutum ( 2 ) 55 (é) šà-ḫúl-la-ka-ni / šà-ḫúl-la-na 56 mu-na-dù

In Zeile 16 scheint die Phrase ana bēlūti epēši „um die Herrschaft auszuüben“ bis in die Wortstellung hinein eine wörtliche Übersetzung des Sumerischen mit nam-en = bēlūtu und a 5 (-k)/kè(-d ) = epēšu zu sein. Prosodisch schöner und vollständiger wäre *bēlūssina ana epēši gewesen. Ḫammu-rāpi selbst aber hat sich weder der einen noch der anderen Konstruktion bedient. Er hat in dieser Verbindung stets die verbale Phrase ana bêlim „zum Beherrschen“ verwendet.57 Die Form ṣer-re-es-sa (Z. 17b) läßt zum einen den bei Ḫammu-rāpi stets verwendeten archaisierenden Status constructus als *ṣerrat vermissen.58 Zum anderen hätten die altbabylonischen Schreiber die in Verbindung mit dem Suffix -ša entstehende Affrikate mit -sà wiedergegeben, anstatt mit -sa wie später üblich.59 Am schwersten wiegt aber, daß Rīmūt-Gula hier aus dem Bild gefallen ist. Das 54

Vgl. zu u 4-b a / u 4-b i - a = inūšu „damals“: Frayne 1990, 333, Ḫammu-rāpi Nr. 1:13 (u 4-b a ); 376, Samsu-iluna Nr. 3:18, 29 (beide u 4-b i - a // ì-nu-šu); 381, Samsu-iluna Nr. 5:14 (u 4-b a // ì-nu-šu). Wilcke 2012 unterscheidet in den Inschriften der frühen Könige von Larsa ein u 4- b a „damals“ von einem u 4-BI-a „nun“, welches das nahdeiktische Demonstrativum /-e/ enthalte. Crisostomo 2017 nimmt an, daß u 4-b a perspektivische Veränderungen anzeige, wohingegen u 4-BI-a Folgegeschehen bezeichne. 55 Bei Ḫammu-rāpi bisher noch nicht belegt, siehe aber Frayne 1990, 104, Damiq-ilīšu von Isin Nr. 2:20 (é - š ú t u m ); S. 115, Gungunum von Larsa Nr. 1:14 (é - š ú t u m ); S. 287, RīmSîn I von Larsa Nr. 11:26 (é - š u t u m /-š ú t u m ) und passim. 56 Die Phrase mit š à - ḫ ú l „Herzensfreude“ ist bei Ḫammu-rāpi bisher noch nicht belegt, vgl. aber etwa die Phrasen mit *é / k i - t u š š à - ḫ ú l - l a - ( k a ) - n i „Haus/Wohnung seiner Herzensfreude“ aus den Inschriften Warad-Sîns und Rīm-Sîns von Larsa (Frayne 1990, 208, Warad-Sîn Nr. 5:15; 209, Warad-Sîn Nr. 6:20; 275, Rīm-Sîn I Nr. 3:14). 57 Siehe Frayne 1990, 335, Ḫammu-rāpi Nr. 2:14 (akk.); S. 341, Nr. 7:13; S. 351, Nr. 14:15' (akk.); S. 355, Nr. 17:22; siehe auch bei seinem Sohn: ebendort S. 373, Samsu-iluna Nr. 2:7. Samsu-iluna verwendet tatsächlich – aber in einer anderen Phrase – auch n a m - e n … kè - d a = *bēlūtam … epēšam (Frayne 1990, 378, Nr. 3:97–98//119–121). Daneben auch die ähnlichen Konstruktionen n a m - s i p a - b i k è- d è = ana reʼêm „zum Hüten (übergeben)“ (Frayne 1990, S. 381, Nr. 5:21//19) und in derselben Inschrift n a m - s i p a … k è - d à = rēʼûtam … epēšam (ebendort S. 382, Nr. 5:77–78//73–75). 58 Siehe Frayne 1990, 341, Ḫammu-rāpi Nr. 7:14 und S. 355, Nr. 17:24, beide Belege ṣe-er-ra-sí-na; siehe auch ebendort S. 373, Samsu-iluna Nr. 2:9: ṣe-ra-˹as-si-na˺. 59 Siehe W. Sommerfeld bei von Soden, GAG3, 35–36, § 30, Vorbemerkung. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Bild des „am Nasenseil Führens“ ist natürlich aus der Viehwirtschaft abgeleitet, weshalb die Vorstellung der wie eine Herde gehaltenen Menschen der Metapher zugrunde liegt.60 Das „Nasenseil“ (éš-kìri) wird in den sumerischen Phrasen über das Suffix -bi durchaus direkt mit geographisch-politischen Begriffen wie etwa „Sumer und Akkad“ (ki-en-gi ki uri) verbunden.61 Die entsprechenden akkadischen Phrasen aber, welche älter und ursprünglich zu sein scheinen,62 werden durchweg mit den „Menschen“ (nišū) als Objekt oder mit dem sich auf sie beziehenden Suffix -šina gebildet, als *ṣerrassina „ihr (: der Menschen) Leitseil“.63 In den bei Ḫammu-rāpi belegten Phrasen können die Menschen subintelligiert64 oder zum besseren Verständnis ausdrücklich genannt werden.65 Daher ist *ṣerressa „sein (: des Landes) Leitseil“ zwar bildbar, aber unidiomatisch. Es scheint eine unbedacht wörtliche Übertragung von *éš-kìri-bi zu sein. Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, daß in Zeile 15 im Ausdruck „die Menschen seines Landes“ (ù£meš kur-šú = nišī mātīšu) die Leute sogar ausdrücklich sowohl grammatisch als Regens wie auch der Metapher nach im Vordergrund 60

Siehe CAD Ṣ 136, s. v. ṣerretu A, discussion. Siehe bei Ḫammu-rāpi etwa Frayne 1990, 351, Nr. 14:18–23; S. 354, Nr. 16:23–28. 62 Das „Leitseil der Menschen“ (ṣerrat nišī) scheint zuerst unter Narām-Sîn von Akkade belegt zu sein (Frayne 1993, 97, Nr. 3, V:1–2: ṣé-ra-at / ni-šì). In sumerischen Königsinschriften und -hymnen der Ur-III-Zeit erscheint das „Nasenseil“ unter Ur-Namma unter den Regalia, die ihm von den Göttern verliehen werden als e š k i ri ù £ d a £ a l l u - a „das Nasenseil der zahlreichen, weitverbreiteten Menschen“ (Flückiger-Hawker 1999, 236, Urnamma D, Nippur-Rezension, Z. 17; ebendort S. 119 auch nur als e š k i r i ohne Spezifikation genannt in der Hymne Ur-Namma A, Z. 103a, Susa-Rezension). Sein Sohn Šulgi rühmt sich (Frayne 1997, 134, I:10–11), wie Narām-Sîn von Akkade (Frayne 1993, 97, Nr. 3, V:1–2) das „Leitseil der Menschen“ (ṣerrat nišī) verliehen bekommen zu haben. In der altbabylonischen Zeit ist die Phrase mit dem Leitseil, soweit ich sehe, nur bei Ḫammurāpi und Samsu-iluna bezeugt; siehe, von der vorliegenden Stelle abgesehen, Frayne 1990, 341, Ḫammu-rāpi Nr. 7:14; S. 351, Nr. 14:21 (sum.); S. 354, Nr. 16:26; S. 355, Nr. 17:24; S. 373, Samsu-iluna Nr. 2:9. 63 Siehe CAD Ṣ 136, s. v. ṣerretu A, 4c, 2'; der dort genannte Beleg „ṣir-ri-is-sa“ mit dem singularischen Suffix *-ša aus LIH „95“:17 mit Bezug auf das „Land“ (mātu) ist der vorliegende, mit einem Zahlendreher statt „59“. Der Beleg scheidet also aus. Der Bezug auf die beiden Regionen des „Landes von Sumer und Akkad“ (māt šumerim u akkadîm) wird interessanterweise ad sensum mit Suffixen im Plural masculinum ausgedrückt: k a l a m šu-me-rí-im / ù ak-ka-di-im / ni-ši-šu-nu „des Landes von Sumer und Akkad, ihre Bewohner“ (Frayne 1990, 341, Ḫammu-rāpi Nr. 7:28–30). Dies schließt aus, daß das üblicherweise gebrauchte Suffix -šina sich etwa auf die subintelligierten beiden „Länder“ (*mātātum) beziehe. 64 Siehe Frayne 1990, 341, Ḫammu-rāpi Nr. 7:14 ṣe-er-ra-sí-na nur mit logischem Bezug auf die Bevölkerung des „Land(es) Sumer und Akkad“ (kalam šu-me-rí-im / ù ak-ka-diim; Z. 11–12). 65 Frayne 1990, 355, Ḫammu-rāpi Nr. 17:20–26: ì-nu den-líl / kalam ù ni-šì / a-na be-li-im / id-di-nu-šum / ṣe-er-ra-sí-na / a-na qá-ti-šu / ú-ma-al-li-ù. 61

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stehen. Rīmūt-Gula hat mit dem Suffix -ša mechanisch und unüberlegt einen Verweis auf das zuletzt genannte „Land“ gebildet und damit leider den Stil verfehlt. Daß in Zeile 20 die Präposition ina in der Phrase „in Babylon, seiner geliebten Stadt“ nicht erscheint, liegt wahrscheinlich nicht daran, daß der Schreiber den kurzen, vorderen Waagerechten seines phantasievoll66 rekonstruierten Zeichens /tin/ für /aš/ = ina mitverstanden hätte,67 sondern eher daran, daß seine unterstellte sumerische Vorlage den Lokativ erst im vokalischen Auslaut der darauf folgenden Phrase *iri ki-á£-£á-n a markiert hätte. Rīmut-Gula hat also wohl einfach die Wortfolge der sumerischen Vorlage nachgebildet und dabei, anders als beim ähnlich konstruierten Dativ der Zeilen 1–5, leider verabsäumt, die akkadische Präposition zu Anfang der Phrase einzufügen. In der akkadischen Fassung müssen wir daher die Präposition ina in Zeile 20 ergänzen.68 Insgesamt ist die Tafel also durchaus eine hübsche Arbeit, aber, wie ich meine gezeigt zu haben, eine hübsche Schularbeit mit einer Stilübung à la Ḫammu-rāpi in Wort und Schrift, die wir nicht mit einer zeichengenauen Abschrift verwechseln sollten. Immerhin bewahrt sie uns aber in Übersetzung eine bisher verschollene sumerische Inschrift Ḫammu-rāpis, nach der wir nun Ausschau halten können. Ich selbst habe in den späten 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts bei Konrad Volk in Freiburg Akkadisch und Sumerisch gelernt. Als Übungstexte haben wir gerade auch die „Komplementärbilinguen“ der ersten Dynastie von Babylon gelesen,69 denn das Akkadische war klassisch und das Sumerische noch ganz passabel. Wir haben dabei die Phrasen gelernt und Textblöcke aus den beiden Sprachen hin- und herübersetzt. Es scheint, daß Rīmūt-Gula vor gut drei Jahrtausenden dies auch schon so getan hat.

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66

Siehe dazu oben mit Anm. 11. So kurz erwogen von Jensen 1892, 120–121 in Anm. 17 zu Text Nr. 1, f. Diese Deutung würde sich aber, wie Jensen auch schon gesehen hatte, mit derselben Zeichenform von tin in Zeile 12 beißen: Ein Ausdruck wie „König in Babylon“ ist offenbarer Unsinn. 68 Die Phrase ist zu rekonstruieren wie: in bar-sí-paki / iri na-ra-mi-šu (Frayne 1990, 355, Ḫammu-rāpi Nr. 17:29). 69 Die sumerische Fassung des Inschriftenpaares King, LIH, Nr. 57–58 (Frayne 1990, 347– 349, Ḫammu-rāpi Nr. 12) ist die Nr. 28 in Konrad Volks „Chrestomathie“, die in den 80-er Jahren in Freiburg in einer früheren Gestalt in Gebrauch war. 67

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Eine kalligraphische Stilübung à la Ḫammu-rāpi

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Abbildungen

Abb. 1: Kopie von BM 46543, Vs., nach King LIH I, 106.

Abb. 2: Kopie von BM 46543, Rs., nach King LIH I, 107.

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Die Anfänge der Kupferproduktion in Oman und ihre Verbindung zu den archaischen Texten aus Uruk Conrad Schmidt (Eberhard Karls Universität, Tübingen) und Stephanie Döpper (Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt)

In den archaischen lexikalischen Listen und Verwaltungstexten aus Uruk (Uruk IV und Uruk III, 3300–3000 v. Chr.) wird erstmals der Handel über den Persischen Golf erwähnt.1 Darin kommt auch die Ortsbezeichnung Dilmun vor, was später mit dem Gebiet des heutigen Staates Bahrain, Tarut sowie dem nahegelegenen Küstenstreifen des saudi-arabischen Festlandes zu identifizieren ist.2 Als Handelswaren werden besonders Textilien und Kupfer aufgeführt.3 Außerdem wird in einer Liste eine ‚Dilmun-Axt‘ aus Kupfer oder Bronze genannt, in der Glassner4 einen Hinweis auf Kupferbarren sieht. Auf Grund seiner geologischen Formation besitzt Bahrain jedoch keine eigenen Kupfervorkommen, sodass das in den Keilschrifttexten erwähnte Kupfer aus anderen Regionen des Golfs stammen muss. Dilmun kann daher nur ein Zwischenhändler gewesen sein oder der Name Dilmun bezieht sich Ende des 4. und zu Beginn des 3. Jahrtausends v. Chr. auf die gesamte Golfregion. Anfang des 20. Jahrhunderts analysierte Harold Peake 20 Kupferobjekte aus Südmesopotamien und verglich ihre chemische Zusammensetzung mit Kupfererz aus Anatolien, Iran, Zypern, dem Sinai und Oman, um die genaue Herkunft des Kupfers zu klären.5 Dabei stellte er fest, dass die meisten Objekte einen ungewöhnlich hohen Nickelanteil aufweisen. In seinen Rohmaterialproben identifizierte er einen ähnlich hohen Nickelanteil nur bei den omanischen Kupfererzen. Somit kam er zu dem Schluss, dass die Objekte aus Südmesopotamien aus oma-

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Englund / Nissen 1993; Green / Nissen 1987; Englund / Nissen 2001; Falkenstein 1936; Englund / Boehmer 1994. 2 Heimpel 1987; Crawford 1998, 1–8; Potts 2014–2016. 3 Englund 1983, 35. 4 Glassner 1996, 155. 5 Peake 1928. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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nischem Kupfer hergestellt worden sein müssen. Zwar wurde seine Beweisführung später durch andere archäometallurgische Studien widerlegt, die zeigten, dass auch andere Kupferlagerstätten außerhalb Omans einen hohen Nickelanteil sowie verschiedene Kupferlagerstätten innerhalb Omans keinen hohen Nickelanteil besitzen.6 Dennoch ist inzwischen bestätigt, dass das Rohmaterial mesopotamischer Metallobjekte aus dem späten 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. häufig aus Oman stammt. Anhand von chemischen und isotopischen Analysen konnte Prange7 belegen, dass ein Großteil der von ihm untersuchten Kupferartefakte aus Mesopotamien und Susa auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung aus Erzen omanischer Lagerstätten kommt. Begemann et al.8 konnten darüber hinaus in einer Untersuchung an 180 Metallobjekten aus Mesopotamien eine eindeutige Signatur für omanisches Kupfer in allen Perioden von der Uruk- bis zur AkkadZeit nachweisen, wobei insbesondere in der Frühdynastisch III- und der AkkadZeit über die Hälfte der Objekte aus omanischem Kupfer hergestellt worden ist. Jüngst ergab die Analyse von 89 Kupfer- beziehungsweise Bronzeobjekten aus dem Königsfriedhof von Ur durch Salzmann, Klein und Hauptmann,9 dass das Rohmaterial entweder aus Oman oder Iran stammt. Im scharfen Kontrast zu den genannten Keilschrifttexten und den archäometallurgischen Analysen standen bislang die archäologischen Quellen aus Oman selbst. Zwar sind hier Kupferobjekte seit dem 4. Jahrtausend belegt, wie beispielsweise an den Küstenorten GAS-1 an der Mündung des Wadi Shab10 und Ras alHadd,11 wo mehrere einfache Werkzeuge wie Ahlen und Angelhaken in Schichten des späten 4. und frühen 3. Jahrtausends angetroffen wurden.12 Es gibt jedoch keine Belege dafür, dass zu dieser Zeit bereits Kupfer in Oman geschmolzen wurde. Alle in den Küstensiedlungen gefundenen Artefakte weisen mechanische Herstellungstechniken wie Schneiden und Hämmern auf.13 Daher nimmt Magee14 an, dass die Kupferobjekte aus Hafit-zeitlichen (ca. 3200–2700 v. Chr.) Gräbern in Oman aus Iran stammen. Nachweise für Kupferverhüttung in Oman gab es bislang nur für die Umm an-Nar-Zeit (ca. 2700–2000 v. Chr.). Die ältesten, absolutchronologischen Belege stammen aus Al-Batin im Wadi Nam bei Ibra.15 Hier wurden bei Oberflächenbegehungen ca. 20 Tonnen Schlacke zusammen mit eini-

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Weeks 2003, 18. Prange 2001. 8 Begemann et al. 2010. 9 Salzmann / Klein / Hauptmann 2016. 10 Giardino 2017, 30–31. 11 Ebenda, 43. 12 Ebenda, 29–39. 13 Ebenda, 43. 14 Magee 2014, 94. 15 Yule / Weisgerber 1996, 141. 7

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gen Großsteingeräten gefunden. Die Schlacke konnte mittels Thermoluminiszenzmessung auf 2660 v. Chr. datiert werden. Der größte und bekannteste Fundort für Kupferverhüttung in der frühen Bronzezeit ist jedoch das erst um 2000 v. Chr. datierende Maysar am Wadi Samad. Hier wurde bei Ausgrabungen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum in den späten 1970er und 1980er Jahren intensive Kupferverarbeitung nachgewiesen.16 Neben zahllosen Fragmenten von Schmelzöfen und Schlacke wurden auch einige plankonvexe Kupferbarren in und um mehrere große Häuser aus Stein gefunden. Die Verarbeitung von Kupfer in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. ist, wenn auch in viel geringerem Umfang als in Maysar, ebenfalls auf Umm an-Nar Island17 sowie in Ras al-Jinz RJ-2,18 Bat,19 Zahra im Wadi Fizh20 und Hili 8 in den Phasen IIe und IIf21 belegt. Daher wurde, vor allem basierend auf den Ergebnissen aus Maysar, lange Zeit postuliert, dass der bronzezeitliche Höhepunkt der Kupferverarbeitung in Oman erst ganz an das Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. zu datieren ist.22 Insgesamt kommt Weeks23 auf Grundlage aller archäologischen Quellen aus Oman zu dem Schluss, dass „local production has not been conclusively demonstrated before the Umm an-Nar Period. Thus, the hypothesis that the early third millennium cuneiform references to Dilmun copper reflect primary copper extraction in southeastern Arabia is yet to be verified.“ Neue Erkenntnisse in dieser Frage liefern die seit 2015 stattfindenden Ausgrabungen des IANES der Universität Tübingen in Al-Khashbah im Sultanat Oman. Der Fundort Al-Khashbah befindet sich in der Wilayat von Al-Mudhaybi in der Provinz Ash-Sharqiyah Nord, etwa 17 km nördlich der modernen Stadt Sinaw. Der Fundort ist schon lange für seine archäologischen Hinterlassenschaften aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. bekannt, vor allem ein einzigartiges quadratisches Monumentalgebäude. Abgesehen von kurzen Aufenthalten verschiedener Forscher24 fanden jedoch keine archäologischen Ausgrabungen an diesem Ort vor dem Tübinger Projekt unter der Leitung von Conrad Schmidt statt. Dieses hat zum Ziel, die Herausbildung und sozio-ökonomische Entwicklung komplexer Siedlungen

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Weisgerber 1980; Weisgerber 1981. Frifelt 1995, 70, 188–197. 18 Giardino 2017, 65–69. 19 Leight 2016. 20 Costa / Wilkinson 1987, 97–98. 21 Cleuziou 1989, 74. 22 Weisgerber 1981, 179 Abb. 4. 23 Weeks 2003, 15. 24 Al-Jahwari 2013; Al-Jahwari / Kennet 2010, 203–207; Weisgerber 1980, 99–100; Yule 2001, 384. 17

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im nördlichen Inner-Oman im 3. Jahrtausend v. Chr. zu untersuchen.25 Von besonderem Interesse für die Frage nach der frühen Kupferverarbeitung in Oman sind dabei die Ausgrabungen am Gebäude V.

Karte der omanischen Halbinsel mit der Lage von Al-Khashbah. Das Gebäude V ist ein monumentales Steingebäude, welches am Ostende einer kleinen Hügelkette unmittelbar neben dem Wadi Samad liegt (Abb. 1). Schon bei der Oberflächenbegehung kamen große Mengen an Schlacke sowie Ofen- und Schmelztiegelfragmente zum Vorschein, die eindeutig auf eine Funktion der Anlage als Kupferverarbeitungsstätte hindeuten. Die anschließenden Ausgrabungen in den Jahren 2015 bis 2018 konzentrierten sich auf den Bereich südlich des Gebäudes V sowie auf das Südostviertel in seinem Inneren. Außerhalb des Gebäudes wurden neben der bereits an der Oberfläche sichtbaren, im Durchmesser 25 m messenden Außenmauer drei weitere Steinmauern freigelegt. Die Ablagerungen zwischen diesen Mauern, die alle auf dem anstehenden Felsen gegründet sind,

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Schmidt / Döpper 2017a; Schmidt / Döpper 2017b. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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beinhalteten neben Schlacke, Ofen- und Schmelztiegelfragmenten auch zahlreiche Kupferkügelchen, bei denen es sich um Metallspritzer aus der Verhüttung handelt. Im Inneren des Gebäudes wurden verschiedene kleine Räume mit Steinund Lehmziegelmauern entdeckt, in deren Verfüllung sich ebenfalls viele Abfallprodukte der Kupferverarbeitung befanden. Insgesamt wurden in Gebäude V 33 Kilogramm Kupferschlacke, 6 Kilogramm Kupfererz und 5071 Ofen- und Schmelztiegelfragmente dokumentiert. Hinzu kommen 272 Kupferkügelchen. Die höchsten Konzentrationen dieser Funde stammen aus Ablagerungen direkt über dem gewachsenen Felsen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gebäudes. Ihre große Anzahl ist ein eindeutiger Hinweis dafür, dass die hier produzierten Mengen an Kupfer weit über den Eigenbedarf hinausreichten. Die in Al-Khashbah gefundenen Fragmente der keramischen Ofen- und Schmelztiegelwandungen sind aus grob gemagertem Ton gefertigt und in der Regel 1 bis 4 cm dick. Die Mehrheit der Stücke ist von einem Schlackespiegel überzogen, der verschiedene Einschlüsse, darunter auch metallisches Kupfer, enthält (Abb. 2). Daneben gibt es 61 Rand- und Bodenfragmente von Schmelztiegeln, welche ebenfalls häufig von einem Schlackespiegel überzogen sind. Für das spätere Maysar gehen Hauptmann und Weisgerber26 von birnenförmigen Schmelzöfen aus Ton aus, welche ein Fassungsvermögen von bis zu 15 dm³ besaßen. Der Durchmesser dieser Öfen betrug am Boden ca. 40 cm, während er sich nach oben auf ca. 15 cm verkleinerte. Ihre Gesamthöhe lag um die 40 bis 60 cm. Löcher im unteren Teil der Wandung sorgten für die nötige Ventilation. Grundsätzlich sind zur Herstellung des Endproduktes mehrere Schmelzvorgänge notwendig, da das Zwischenprodukt nach dem ersten Schmelzen noch sehr unrein ist.27 Laut Hauptmann fanden die ersten Schmelzvorgänge in den beschriebenen Schmelzöfen statt, der letzte Schritt wahrscheinlich in Schmelztiegeln. Es ist anzunehmen, dass die Öfen nur für wenige Schmelzvorgänge verwendet und anschließend zerschlagen wurden. Eventuell waren in Al-Khashbah wie in Maysar schon relativ komplexe Schmelzöfen in Gebrauch, die eine einfache Entnahme der Schlacke erlaubten.28 Ein solcher Schmelzofen besitzt eine Öffnung am unteren Ende, von der aus die Schlacke in eine große, flache Grube tropft. Diese Art von Schlacke ist durch eine schwarze, glatte Oberfläche mit charakteristischem Fließmuster gekennzeichnet. Solche Schlacke ist bei Gebäude V in Al-Khashbah allerdings selten. Es ist darauf hinzuweisen, dass in Al-Khashbah bislang weder plankonvexe Kupferbarren, wie sie sonst in Oman im 3. Jahrtausend v. Chr. üblich sind,29 noch andere Arten von Kupferbarren oder Gussformen gefunden wurden.

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Hauptmann / Weisgerber 1981, 134; Hauptmann 1985, 91–92; Weisgerber 2007. Weisgerber 1980, 89–90. 28 Giardino 2017, 96; Weisgerber 1980, 89. 29 Z. B. Weisgerber / Yule 2003; Weisgerber 1981, 209; Frifelt 1995, 188. 27

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Vor dem Schmelzen wird das Mineral zunächst von dem unnützen Teil des Kupfererzes getrennt, um den Schmelzvorgang effektiver zu gestalten und beispielsweise weniger Brennmaterial zu verbrauchen.30 Dazu wird das Kupfererz auf großen Steinen mit Hilfe von Pochsteinen zerkleinert und anschließend sortiert. Erbsengroße Kupferstücke sind am besten zum Schmelzen geeignet. Man kann das Material anschließend zu einer Art Pulver zermahlen und dieses danach mit Wasser auswaschen. Dabei trennt sich das Kupfer vom Restgestein, da es schwerer ist. Auch die Schlacke, die von den ersten Schmelzvorgängen übrig ist, wird zerkleinert, um an darin eingeschlossene kleine Kupfertropfen zu gelangen, sodass diese erneut eingeschmolzen werden können.31 In Gebäude V wurden zahlreiche Großsteingeräte gefunden, die zur Aufbereitung von Kupfererz beziehungsweise Kupferschlacke geeignet sind (Abb. 3 und Abb. 4).32 Dazu gehören 45 Mahlsteine und Mahlsteinfragmente sowie 30 Pochsteine. Der hohe Grad an Fragmentierung bei den Mahlsteinen weist darauf hin, dass sie sekundär als Pochsteine oder Unterlagen verwendet wurden, wie es auch für andere metallverarbeitende Fundorte belegt ist.33 Aus der Verfüllung der Räume im Inneren des Gebäudes V sowie aus den Ablagerungen zwischen den Mauern außerhalb, woher auch die Abfallprodukte der Kupferverarbeitung stammen, wurden bei den Ausgrabungen zahlreiche Holzkohleproben zur Radiokarbondatierung entnommen. Sie liefern ein einheitliches Datum von ca. 3200 v. Chr. (2σ-kalibriert), was dem Beginn der Hafit-Zeit in Oman und der späten Uruk-Zeit in Mesopotamien entspricht. Damit gibt es zum ersten Mal eine archäologische Quelle aus Oman, die zu den frühesten schriftlichen Belegen aus Uruk zum Kupferhandel über den Persischen Golf passt. Ob und wie genau das Kupfer aus Al-Khashbah nach Mesopotamien oder in andere Regionen wie die Indus-Region gelangte, ist bislang noch ungeklärt. In Al-Khashbah selbst wurden keine Importe aus Mesopotamien entdeckt. Grundsätzlich fehlen, bis auf ein spät-Uruk-zeitliches Rollsiegel aus Medinat Zayed in Abu Dhabi,34 auf der Omanischen Halbinsel Uruk-zeitliche Artefakte aus Südmesopotamien und auch aus der folgenden Jemdet-Nasr-Zeit sind nur wenige importierte Keramikstücke bekannt.35 Ausschließlich in Ras al-Hadd HD-6 gibt es dreischiffige Lehmziegelgebäude, die an mesopotamische Architektur der Uruk-Zeit erinnern.36 Überall sonst, Al-Khashbah eingeschlossen, sind solche Einflüsse we-

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Giardino 2017, 91–92; Weeks 2003, 29. Hauptmann 1985, 93. 32 Döpper 2018. 3D-Modelle der Großsteingeräte können eingesehen werden unter: https:// www.archaeoman.de/al-khashbah-3d-modelle-funde/. 33 Webb 2015, 24. 34 Pittman / Potts 2009. 35 Carter 2013, 583–584; Potts 1986. 36 Carter 2013, 584–585. 31

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der in der Hafit-Zeit noch später belegt. Somit besitzen wir mit den neuesten Forschungsergebnissen aus Al-Khashbah nun zwar erstmals einen möglichen Produzenten für das Kupfer, das nach Uruk und andere Städte Mesopotamiens gelangte, direkte Beziehungen zwischen beiden Regionen lassen sich aber nicht nachweisen. Dies hängt möglicherweise unter anderem damit zusammen, dass unbekannt ist, wer den eigentlichen Seehandel über den Golf betrieben hat.

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Die Anfänge der Kupferproduktion in Oman

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– Die Entstehung komplexer Siedlungen im nördlichen Inner-Oman im 3. Jahrtausend v. Chr.: Bericht über die Ausgrabungen 2015 und 2016 in Al-Khashbah, in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 149 (2017) 121–158. (= Schmidt / Döpper 2017b). Webb, J. M., Identifying Stone Tools Used in Mining, Smelting, and Casting in Middle Bronze Age Cyprus, in: Journal of Field Archaeology 40/1 (2015) 22– 36. Weeks, L., Early Metallurgy of the Persian Gulf. Technology, Trade, and the Bronze Age World, Boston 2003. Weisgerber, G., „… und Kupfer in Oman“ – Das Oman-Projekt des Deutschen Bergbau-Museums, in: Der Anschnitt 32/2–3 (1980) 62–110. – Mehr als Kupfer in Oman. Ergebnisse der Expedition 1981, in: Der Anschnitt 33/5–6 (1981) 174–263. – Copper Production as Seen from Al-Moyassar-1, in: S. Cleuziou / M. Tosi (Hrsg.), In the Shadow of the Ancestors. The Prehistoric Foundations of the Early Arabian Civilization in Oman, Muscat 2007, 251–254. Weisgerber, G. / Yule, P., Al-Aqir near Bahlā. An Early Bronze Age Dam Site with Planconvex ‘Copper’ Ingots, in: Arabian Archaeology and Epigraphy 14 (2003) 24–53. Yule, P., Die Gräberfelder in Samad al Shan (Sultanat Oman) – Materialien zu einer Kulturgeschichte (Orient-Archäologie 4), Rahden 2001. Yule, P. / Weisgerber, G., Die 14. Deutsche Archäologische Oman-Expedition 1995, in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 128 (1996) 135– 155.

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Conrad Schmidt – Stephanie Döpper

Abbildungen

Abb. 1: Gebäude V in Al-Khashbah.

Abb. 2: Schmelztiegelfragmente aus Al-Khashbah (a. KSB15H-i0249, b. KSB15H-i0343, c. KSB15H-i0019, d. KSB15H-i0395, e. KSB15H-i0455, f. KSB15H-i0495, g. KSB16H-i1479, h. KSB16H-i1873 und i. KSB17H-i0720). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Die Anfänge der Kupferproduktion in Oman

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Abb. 3: Mahlsteine aus Gebäude V in Al-Khashbah, die wahrscheinlich der Aufbereitung des Materials vor dem Schmelzprozess dienten (a. KSB15H-i1016, b. KSB16H-i0371 und c. KSB17H-i0849).

Abb. 4: Pochsteine aus Gebäude V in Al-Khashbah, die wahrscheinlich der Aufbereitung des Materials vor dem Schmelzprozess dienten (a. KSB16H-i0584, b. KSB17H-i333 und c. KSB17H-i723). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Zum Anfang der Hymne Lipit-Eštar B Überlegungen zur Versstruktur

Claus Wilcke (Leipzig / München)

Die Hymne Lipit-Eštar B beschäftigt die Assyriologie seit H. de Genouillacs Erstbearbeitung von 1928.1 R. Jestin edierte sie 1945 neu2 und A. Falkenstein übersetzte sie 1953 präzis und in schöner Sprache;3 W. H. Ph. Römer untersuchte sie dann im Rahmen seiner umfassenden Studie der sumerischen Königshymnen der Isin-Zeit von 19654 und H. L. J. Vanstiphout legte 1978, 50 Jahre nach der Erstausgabe, eine kritische Edition in ‚Partitur-Form‘ aufgrund aller bis dahin bekannten Textzeugen vor.5 The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature der University of Oxford bietet nun Text und Übersetzung unter c.2.5.5.2.6 Die meisten Textzeugen für diese Königshymne stammen aus Nippur, die am besten erhaltene Quelle, auf die sich die Erstausgabe de Genouillacs stützte, aber aus Larsa. Sie datiert aus dem XII. Monat des Jahres Samsu-iluna 10, d. h. ca. zwei Jahre, nachdem Samsu-iluna den sumerischen Süden nach dessen Aufstand unter Rīm-Sîn II. zurückerobert hatte.7 Eine runde Schultafel mit nur einer Zeile kommt aus Uruk (W16743g, jetzt A. Cavigneaux / A. Falkenstein, AUWE 23, 1996, 93 und 187 Nr. 206), eine weitere aus Ur (UET 1, 269 = 6/2, 351),8 und jetzt gibt es auch ein Fragment mit wenigen Zeilenenden aus Isin (KT Isin9 56; Fundort: Nordabschnitt II, südlicher Teil, auf der NW-Straße, auf die die Tontafel, 1

De Genouillac 1928, 141‒156 (darin, S. 149‒152: Hymne à Lipit-Ištar AO 8863). Jestin 1945, 47‒54: AO 8863 TRSL, II no. 87, pl. CLIII‒CLV. 3 Falkenstein 1953, Nr. 27, 123‒126. 4 Römer 1965, als Nr. 24: S. 3 (Quellen); 23‒29 (Transliteration, Übersetzung); 58 (Anm. 13a); 64‒67 (Anm. 186a‒239). 5 Vanstiphout 1978, mit einigen von M. Civil auf S. 51f. nachgetragenen Quellen. 6 http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/cgi-bin/etcsl.cgi?text=c.2.5.5.2. 7 Dies könnte aufzeigen, dass man dort ‒ gerade unter dem Eindruck dieser Rückeroberung ‒ in den Schulen bewusst an die große sumerische Tradition der Isin-Zeit anknüpfen wollte, die auch in Nippur und Isin hochgehalten wurde. 8 Siehe Leichty apud Vanstiphout 1978, 121, Anm. 10. 9 Wilcke 2018, Nr. 56. 2

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Claus Wilcke

von der es stammt, wohl bei dem Brand des südöstlich angrenzenden Hauses aus dem oberen Stockwerk herabgefallen war).10 Einen weiteren Textzeugen, dessen Fundort unbekannt ist und der heute in der Schøyen Collection in Oslo aufbewahrt wird, veröffentlichte der Jubilar unlängst in der Festschrift für P. Attinger.11 Es ist ein ganz besonderes Exemplar, insofern der Schreiber ‒ gewiss ein Schüler, vielleicht aus Larsa ‒ versucht, die ersten Zeilen des Liedes in altbabylonisches Akkadisch zu übersetzen. Ihm, dem Schlossherrn auf Hohentübingen, der einem modernen Edubbaʼa vorsteht, gratuliere ich mit einigen wenigen Anmerkungen zu diesem Preislied auf den gelehrten König. Der Hymnus auf Lipit-Eštar hat den Preis des Herrschers und das Studium im Edubbaʼa zum Gegenstand ‒ der Bildungsstätte, die in altbabylonischer Zeit Schule und Hochschule zugleich war. Und er gehört zum Lehrmaterial für den Anfangsunterricht im Sumerischen in dieser Schule, wie Vanstiphout aufzeigt.12 Dem Anfangsunterricht dienten sicher auch die sehr kurzen Textzeilen, in denen der Wortlaut des Liedes auf den Tontafeln aller Quellen aufgezeichnet ist: kurze Sätze oder Satzteile (Phrasen), die den Schülern das Auswendiglernen und wohl auch das Verständnis erleichtern sollten. Die modernen Übersetzer und Bearbeiter fassen denn auch in der Regel zwei (manchmal drei) solcher Schriftzeilen zu einer Vers-Zeile zusammen und können sich dafür darauf berufen, dass nicht immer alle Quellen den Wortlaut des Liedes in gleicher Weise segmentieren. Damit kommt aber unvermeidlich ein Element der Unsicherheit in die Struktur des Hymnus; auch die Annahme von Satz- oder Satzteilgrenzen wird zumindest teilweise subjektiv. Die verschiedenen Bearbeiter sind sich zum Beispiel auch sicher, dass sich die attributive Phrase luga l sa £ il 2 „König mit (stolz) erhobenem Haupt“ über die Zeilengrenze der ersten beiden Textzeilen hinweg erstreckt. Das darauf folgende nun para 10-ga gab Falkenstein mit „Fürst auf hohem Thron“13 wieder; so fassten es vielleicht auch Vanstiphout und ETCSL (‚enthroned prince‘) auf. K. Volk14 diskutiert diese Wortfolge, die, wie er feststellt, nur noch ein einziges Mal in einem obendrein nicht aussagekräftigen Kontext bezeugt ist. Er zitiert PSD B 135 und Tinney, Iraq 61, 164, die es als Genitivverbindung verstanden, sowie den Vorschlag von C. Mittermayer, para 10ga als regenslosen Genitiv zu verstehen, was ich aber auch nicht nachvollziehen kann, weil ja par a 10 selbst bereits den Thronenden bezeichnen kann und „einer / 10

Fragment vom rechten Rand einer wohl einkolumnigen Tontafel; Zeilenzahlen nach der Edition Vanstiphouts 1978: Vs. 1'‒8' = Z. 15‒19; Rs. 1'‒8' = Z. 32‒37. 11 Volk 2012. Den Hinweis darauf, dass der Text wie viele andere altbabylonische Tafeln aus der Schøyen Collection nach George 2009, xvi aus Larsa kommen könnte, verdanke ich J. Matuszak. 12 Vanstiphout 1978, 51 und 118‒126. 13 Gefolgt von Römer 1965, 23 „Fürst auf dem Hochsitz“. 14 Volk 2012, 362‒364. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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der des Thrones“ unnötig schwerfällig wirken würde; Volk übersetzt dann „Fürst (geeignet für) den Thron.“ Die Übersetzungen von PSD und Tinney könnten sich jetzt vielleicht auf die mögliche, von Volk publizierte, aber nicht akkadisch gelesene altbabylonische Übersetzung dieser Wörter berufen; denn dort (Z. 5) könnte man ru-bu-um para10ak-ki4 (oder PARA10-ak-ki4) lesen ‒ nur, dass der Schüler dann nicht nur sumerische Lesungen der Zeichen für die akkadische Übersetzung des sumerischen Wortes pa ra 10 .g benutzte;15 der Lehrer müsste ihn obendrein ob des fehlenden status constructus tadeln. Der Schüler könnte dann vielleicht noch versuchen, sich damit herauszureden, er habe einen Akkusativ der Beziehung im Sinn: „Fürst unter den Thronenden.“ Das wäre aber zum Scheitern verurteilt, da (wie schon festgestellt) zwar p ara 10.g, nicht aber parakku zusätzlich zum erhöhten Sitz (= Thron) auch den darauf Sitzenden bezeichnen kann. Sinnvoller erscheint es mir aber, ein Enjambement zur folgenden Zeile anzunehmen, was bisher, soweit ich sehe, kein Bearbeiter (auch der altbabylonische Schüler nicht) in Erwägung gezogen hat: nun para 1 0 -ga / ḫe 2-du 7 „Fürst, bestens geeignet für den/die Thron(e).“ Das entspräche akkadischem *rubûm usum parakki(/ī). Der Schüler hätte in diesem Falle in der akkadischen Übersetzung die sumerische Wortfolge beibehalten ‒ wir wissen nicht, ob bewusst oder mechanisch und irrtümlich nachahmend; beides wäre bei einem Anfänger vielleicht verständlich, wenn auch, weil agrammatisch, kaum verzeihlich. Eine solche Rekonstruktion setzt allerdings voraus, dass wir abweichend von den bisherigen Editionen und Übersetzungen, die 62 (Falkenstein, Römer) oder 63 (Vanstiphout und ETCSL)16 cum grano salis jeweils 2 Schriftzeilen umfassende Verse ansetzten, eine andere Versstruktur mit einer geringeren Anzahl von längeren Verseinheiten und mehr Textzeilen je Verseinheit annehmen. Dies könnte dann so aussehen:17

15

Borger 2010, kennt allerdings einen Lautwert ki 4 (KID2). Der Unterschied liegt nur darin, dass Vanstiphout und ETCSL die in der Preisformel dem Königsnamen vorangestellten Epitheta als eigene Zeile zählen. Aber dazu kommen noch die Zeilen 40a, 42a, 46a, 49a, 50a und 60a, von denen 42a, 46a und 49a in einem oder mehreren Exemplaren jeweils zwei Textzeilen umfassen. 17 Für die Partitur siehe Vanstiphout 1978, 40‒44; 51f. 16

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1)

Li-pi2-it-Eštar2 lugal sa£-il 2 nun para 1 0 -ga ḫe 2 -du 7 £ i š isimu 2 nam-lugal-la d Li-pi2-it-Eštar2 šar-ru-um na-ši-a-am re-ši-im ru-bu-um :: u2-su-um :: ˹para10˺-ak-ki418 pi-ra-aḫ šar-ru-tim

2)

d

Utu -gim gub še-er-zi kalam-ma nam-nu n-še 3 maḫ me-gal-la u 5 ub -da-limmu u£ 3 ki £ar-ra [k]i-ma dŠamaš! i-za-az [š]a-ru-ur ma-ti-im a-na ru-bu-tim ṣi-ir pa-ar-ṣi ra-bu-˹tim˺ šu-ur-ku-ub19

3)

še-ga d En -lil 2 -le d Nin-lil 2 -le ki-a£ 2 šul zi igi gun 3 (-nu) para 1 0 -ga tum 2 -ma men(-zu) aga-zi sa£ me-te £al 2 šibir šu-du 7 sa£-gi 6 -ga

4)

nun dLi-pi2-it-Eštar2 d umu d En-lil 2 -la 2 sipa igi-£ al 2 tuku u£ 3 laḫ 5 -laḫ 5 -e £issu-du 10 -ga u£ 3 20-e ni 2 dub 2 -bu

5)

d

en alim-maḫ an-ne 2 ki-a£ 2 £izki£ ti-zu(-um) ama d Nin-lil 2 -la 2 Li-pi2-it-Eštar2 a 2 -nun ḫu-mu-e-te-£al 2

d

6)

ka lal 3 -gim du 1 0 mu k a-ge du 7 ( / 10 ) ša 3 -ge ȓe 6 -a dam d Inana d En -ki-k e 4 £eštu 2 da£al 21 šum 2 -ma

7)

d

Nisaba munus ul-la gun 3 -a munus zi d ub -sar nin ni£ 2 -nam zu si-zu im-ma si ba-ni-in-sa 2 ša 3 dub-ba-ka gu-sum mi-ni-in-sa 6 -sa 6 gi-dub-ba ku 3 -sig 1 7 -ka šu mi-ni-in-gun 3

8)

gi diš ninda eš 2 -gan 2 za-gin 3 £ i š as 4 -lum li-um igi-£al 2 šum 2 mu d Nisaba-ke 4 šu da£al 2 ma-ra-an-du 1 1

9)

d

Li-pi2-it-Eštar2 du mu d En-lil 2 -la 2 -me-en ni£ 2 zi ni£ 2 gi-na pa ba-e-e 3 22 E N sa 6 -zu an -za 3 -še 3 na-dul

18

Der Text schreibt ... / ru-bu-um para10-ak-ki4 / ḫ e 2 - d u 7 £iši s i m u 3 sar / n a m - l u g a l - l a u2-su-um ... 19 Hier endet der zweisprachige Textzeuge; der Rest der Rückseite ist unbeschriftet. 20 So in Text E nach CDLI-Photo P268459. Vanstiphout 1978, 40, Z. 11 las in den Texten B und E „u 4 ˹s a ḫ a r ?!˺ - e “ und in A „[…]- ˹s a ḫ a r ?!-x˺“; dem folgt ETCSL. 21 Text A liest: £ e š t u 2 - d a £ a l ! dE n - k i - k e 4. 22 So Text A; B: n i £ 2 z i n i £ 2 g i - n a p a b i 2 - e - e 3. 23 Vanstiphout 1978 und andere, die ihm folgten, übersetzten „who walks like Utu.“ Volk 2012, 364 hält fest, dass Utu/Šamaš dem von ihm veröffentlichten Text zufolge steht (izzaz). Er nimmt darum an, „dass ‒ zumindest aus der Perspektive des Schreibers ‒ das zugrunde liegende Bild nicht das des dahinziehenden, sondern das des im Zenit stehenden Sonnengottes Utu ist.“ Aber mit den Worten „Šamaš steht“ bezeichnete man in altbabylonischer Zeit ein sich täglich zweimal ereignendes Trugbild und benannte mit ihnen jeweils einen exakten Zeitpunkt. Für König Ammiṣaduqa ist das der Moment, in dem die Sonne am Abend den Horizont berührt, bevor sie unter ihn hinabsinkt; s. Wilcke 1987, 91 und © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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1)

Lipit-Eštar, König, (stolz) das Haupt erhebend, Fürst, für den Thronsitz geeignet, Sproß des Königtums,

2)

Dastehend wie (der Sonnengott) Utu,23 glänzendes Licht für das Land, erhaben für das Fürstenamt, der große Amtsmacht ausübend24 innerhalb der vier Himmelsecken und -kanten das Volk angesiedelt hat,

3)

Dem Enlil zugetan ist, den Ninlil liebt, richtiger junger Mann mit schillernden Augen, für den Thron geeignet, mit der (/deiner) Königskappe als richtiger Tiara geschmücktes Haupt, mit vollkommenem Szepter für die Schwarzköpfigen,

4)

Fürst Lipit-Eštar, Kind des (Gottes) Enlil, Hirte im Besitz von Weisheit, das Volk zu führen, in wohligem Schatten das Volk ruhen zu lassen,

5)

Herr, von An geliebter, mächtiger Wisent, deine vertraute Stütze ist die Mutter der (Göttin) Ninlil, sie hat dich mit fürstlicher Macht ausgestattet.

6)

Mit wie Honig süßem Mund, mit dem Munde gefälligem Namen, Erwählter und Ehemann der (Göttin) Inana, von (Gott) Enki mit weiter Weisheit begabt,

7)

Nisaba, die in Schönheit bunt gefärbte Frau, die richtige Frau und Schreiberin, die allwissende Herrin, führte deine Finger über den Ton, gestaltete die Zeilen schön auf dem Ton, schmückte sie mit dem goldenen Griffel.

8)

Mit Meßrohr und blauem Meßseil, Lineal? und der Erkenntnis spendenden Wachstafel hat Nisaba dich bestens ausgestattet,

9)

Du, Lipit-Eštar, Kind Enlils, ließest Gerechtigkeit und Recht erstrahlen, sodass dein schöner Rechtsfriede bis zum Horizont (alles) bedeckt.

102 mit Abb. 6 und Anm. 105‒110. Wahrscheinlich hat jedoch der Hymnus auf LipitEštar nicht das Bild des untergehenden Sonnengottes im Auge. Sehr viel wahrscheinlicher ist doch, dass der gerade aufgegangene Sonnengott gemeint ist, der auf der Ebene steht und sein neues Licht über sie und die ‚vier Weltgegenden‘, d. h., die „vier Himmelsecken und -kanten“ ausbreitet. 24 Wörtlich: „auf (dem Vehikel) große Amtsmächte fahrend“. Die (m. E. korrekten) Übersetzungen „riding the great ordinances“ (Vanstiphout), „riding the great divine powers“ (ETCSL) lassen sich im Deutschen nicht nachahmen, da „reiten“ und „(einher)fahren (auf einem Boot oder Wagen)“ bei nicht lenkbaren Objekten (z. B. Wind) intransitiv konstruiert werden und eine Präposition (z. B. „auf“/„in“) benötigten. Volk 2012, 361 übersetzt „befördert die großen ME“ und versteht (S. 364f.) šurkub so, dass es „lediglich die Fähigkeit des Königs anzeigt, die ME dahinfahren zu lassen, resp. zu befördern“, eine Funktion, die ich eher beim Partizip des transitiven Grundstammes suchen würde. Dementsprechend verstehe ich šurkub als Verbaladjektiv zum doppelt transitiven Š-Stamm von rakābum, d. h., „(auf ein Vehikel) gesetzt und von diesem befördert oder getragen.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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10 ) dLi-pi2-it-Eštar2 lug al umu š gal-g al-la ad gi 4 -gi 4 inim-ma nu-kuš 2 -u 3 gal-zu ka-aš bar u£ 3 -e si-sa 2 11 ) £eštu 2 da£al ni£ 2 -nam gal-le-eš zu di kur-kur-ra-ke 4 si sa 2 -sa 2 -e-de 3 inim ša 3 -ga £al 2 -la lul zi-bi mu-e-zu 12 ) dLi-pi2-it-Eštar2 lu 2 erim 2 -ra gur 5 -uš mu-e-ta-ab-e 3 -de 3 -en inim šer 7 -da inim £iri 2 sag 1 1 -ka lu 2 zi-zi-i mu-e-zu 13) nam-tag dugud ka-garaš 2 -ka lu 2 ti-le mu-ni-in-zu a 2 -tuku sa-gaz nu-mu-un-ši-ak-e kala-ga si-ga ḫeš 5 -še 3 nu-mu-un-ak-e 14) ni£ 2 si-sa 2 ki-en -gi ki-u ri-a mu -ni-£ar su kalam-ma mu-edu 1 0 dLi-pi2-it-Eštar2 lugal I 3 -si-in k i -na lu gal ki-en -gi ki-uri-me-en 15) Nibru k i -še 3 dub-sar-re-me-en E 2 -kur-re e 2 d En-lil 2 -la 2 -še 3 d Li-pi2-it-Eštar2 sa£ -us 2 -bi za-e-me-en 16 ) d En-lil 2 d Nin-lil 2 -ra ki-a£ 2 ša 3 -ba-me-en ur-sa£ d Nin-urta maškim kala-ga-zu-um d Nuska sukkal-maḫ a 2 -daḫ inim-ma-zu-um 17 ) išib Keš 3 k i -še 3 d Nin-tu-re zi-de 3 -eš 3 pa 3 -da-me-en Uri 2 k i -še 3 £al 2 -la šul £iš-tuku d Suʼen-na-me-en 18 ) d En -ki-k e 4 Eridu k i -ta aga-zi šum 2 -ma-me-en ki Unu k i -g a ku 3 d Inana-ra dLi-pi2-it-Eštar2 ḫi-li ša 3 -ga-na-me-en 19)

d

Nin-i 3 -si-na-k e 4 I 3 -si-in k i -na para 1 0 maḫ-zu mi-ni-in-ri i-lu ša 3 -g a mu bala sa 6 -ga nun-e nun-uru 1 6 diri gal maḫ-bi

20 ) ad-da-zu (d)Iš-me-dDa-gan lugal kalam-ma-ke 4 bi mu-ra-an-ge-en

£iš

gu -za-ni suḫu š-

21 ) in im du 1 1 -ga An d En-lil 2 -la 2 -ta du 1 7 elam kur-kur-ra si-a mu-ni-in-£ar dLi-pi2-it-Eštar2 du mu d En-lil 2 -la 2 -me-en ni£ 2 -gi-na-zu ka-ka mi-ni-in-£al 2 22 ) za 3 -mi 2 -zu e 2 -d ub -ba-a-ka im-mu -e-n i-du 1 1 -du 1 1 dub-sar-re a-la ḫ e 2 -em-ši-ak-e gal-le-eš ḫe 2 -i-i ar 2 -zu e 2 -dub-ba-a-ka muš 3 nam-ba-an-tum 3 -mu 23 ) sip a gu 2 tuku šul dumu d En -lil 2 -la 2 dLi-pi2-it-Eštar2 za 3 -mi 2

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10) Lipit-Eštar, König mit großen Geistesgaben, unermüdlich Rat spendend, weise, urteilend, das Volk recht leitend, 11) Mit weitem Verstand, alles großartig wissend, um die Rechtsachen aller Länder zu regeln; von den Gedanken kennst du die bösen und die gerechten. 12) Lipit-Eštar, auf den Bösen lässt du deinen Geifer hinabrinnen, weißt Menschen aus verbrecherischen Worten, aus spitzigen Worten zu erretten. 13) Bei schweren Verbrechen, im Verderben Menschen am Leben zu erhalten, hast du gelernt; der Mächtige verübt keinen Raub, der Starke macht den Schwachen nicht zum Häftling. 14) Gerechtigkeit hast du für Sumer und Akkad geschaffen, ließest die Bevölkerung sich wohlfühlen, Du, Lipit-Eštar, König von Isin, König von Sumer und Akkad. 15) Für Nippur ‒ da bist du einer, der Tontafeln schreibt, für das Ekur hier, das Haus Enlils, bist du, Lipit-Eštar, sein Versorger. 16) Für Enlil und Ninlil bist du der, den sie in ihm lieben. Ninurta ist dein starker Helfer,25 Nuska ist dein Wesir und Unterstützer im Prozeß. 17) Du bist der Beschwörungspriester für Keš, den (die Göttin) Nintu auf richtige Weise berufen hat; bist du für Ur da, dann bist du der Jüngling, der (Gott) Suʼen lauscht. 18) Du bist der, dem (Gott) Enki von Eridu her die richtige Tiara gegeben hat. In Uruk bist Du, Lipit-Eštar, für (die Göttin) Inana die Wonne ihres Herzens. 19) Nininsina hat in Isin deinen erhabenen Thronsitz gegründet. Mit Liedern hat darin in einem schönen Amtsjahr dieser Fürst, der mächtige Fürst, größer als die Großen und Erhabenen dort, 20) Dein Vater Išme-Dagan, der König des Landes, seinen Thron und dessen Fundament für dich fest gegründet. 21) Auf das von An und Enlil gesprochene Wort hin hat er den Streit mit Elam und allen Fremdländern zum Schweigen gebracht, und Du, Lipit-Eštar, Kind Enlils, hast dein Gesetz in aller Mund gelegt. 22) Deine Lieder werden denen vom Edubbaʼa immer wieder aufgesagt, damit die Schreiberschaft sich an ihnen erfreue, sie großartig singe. Dein Lobpreis soll unter denen vom Edubbaʼa nicht enden! 23) Dem Hirten, dem Anführer, dem Jüngling, dem Kind Enlils, Lipit-Eštar sei Preis!

25

Siehe Edzard / Wiggerman 1987‒1990, 453f. §3.1.(b). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Bibliographie Borger, R., Mesopotamisches Zeichenlexikon (zweite, erweiterte Auflage) (Alter Orient und Altes Testament 305), Münster 2010. Edzard, D. O. / Wiggerman, F. A. M., maškim, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie 7 (1987‒1990) 449‒455. Falkenstein, A., Sumerische Hymnen und Gebete, in: A. Falkenstein / W. von Soden (Hrsg.), Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, Stuttgart / Zürich 1953, 57–231. De Genouillac, H., Hymnes sumériens en l’honneur des rois d’Isin Idin-Dagan et Lipit-Ištar, in: Revue d’assyriologie et d’archéologie orientale 25 (1928) 141‒ 156. George, A., Babylonian Literary Texts in the Schøyen Collection (Cornell University Studies in Assyriology and Sumerology 10), Bethesda 2009. Jestin, R., Textes religieux sumériens (suite), in: Revue d’assyriologie et d’archéologie orientale 40 (1945) 47‒54. Römer, W. H. Ph., Sumerische ‚Königshymnen‘ der Isin-Zeit, Leiden 1965. Vanstiphout, H. J. L., Lipit-Eštar’s Praise in the Edubba, in: Journal of Cuneiform Studies 30 (1978) 33‒61. Volk, K., Ein zweisprachiger Übungstext zu Lipit-Eštar B, in: C. Mittermayer / S. Ecklin (Hrsg.), Altorientalische Studien zu Ehren von Pascal Attinger, mu-ni u4 ul-li 2-a-aš ĝ a2 -ĝa2 -de3 (Orbis Biblicus et Orientalis 256) Fribourg / Göttingen 2012, 359‒368. Wilcke, C., A Riding Tooth: Metaphor, Metonymy and Synecdoche, Quick and Frozen in Every Day Language, in: M. Mindlin et al. (Hrsg.), Figurative Language in the Ancient Near East, London 1987, 77‒102. ‒ (Hrsg.), Keilschrifttexte aus Isin ‒ Išān Baḥrīyāt, (Abhandlungen / Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Neue Folge 143), München 2018.

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Grundzüge des babylonischen Erbrechts in neubabylonischer und frühachämenidischer Zeit Cornelia Wunsch1 (SOAS University of London)

Das Erbrecht regelt die Übergabe von Vermögen von einer Generation an die nächste und wird stark vom Gewohnheitsrecht geprägt. Es bewegt sich in zwei Prinzipien zwischen Extremen: dem der Teilbarkeit des Nachlasses (ob er ungeteilt bleibt oder an verschiedene Erben geht) und dem der Testierfreiheit (ob der Erblasser selbst bestimmen kann, wer ihn beerbt, oder an bestimmte Regeln gebunden ist).2 Teilbares Erbe kommt den Bedürfnissen aller Kinder und sonstigen Erben entgegen, kann aber – besonders bei vielen Nachkommen und beschränkten Ressourcen – innerhalb weniger Generationen mit viel zu kleinen Anteilen enden, die keinem Erben eine gesicherte Lebensgrundlage garantieren bzw. den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rang und die damit verbundene Machtposition einer Familie untergraben. Besonders bei den Eliten ist dieser Aspekt ein großes Problem.3 Während also der Tod des oder der Erben den Untergang der Familie 1

Die wesentlichen Grundlagen sowie die Textsammlung für diesen Artikel gehen auf meine Arbeiten zum Forschungsprojekt „Erbrecht in Mesopotamien“ an der Universität Tübingen unter der Leitung von Konrad Volk zurück. Für sein Interesse an diesem Gegenstand, seine Förderung und Fürsorge sowie die Möglichkeiten, die er mir eröffnet hat, bin ich ihm sehr dankbar. 2 „Testierfreiheit meint die bis zum Tod bestehende Freiheit einer Person, ihr angesammeltes Eigentum jeglicher Person nach eigenem Ermessen zuzuteilen. … Typische Ausnahmen von diesem Recht betreffen das Recht der Kinder und Enkelkinder auf einen Minimalanteil am Erbe.“ Diskussion in Simon 2006, 218–231, Anm. 22. 3 Teilbares Erbe wird z. B. für die schwache Position der russischen Aristokratie gegenüber dem Zaren verantwortlich gemacht. Allerdings wird dies in der jüngeren Forschung relativiert und auf Methoden verwiesen, die den Effekt der Teilungen abschwächen, z. B. eine Verzögerung der tatsächlichen Teilung (dazu siehe u. a. Kivelson 1994, Farrow 1996). Dies gilt auch bezüglich der Erbmasse von Leibeigenen: „Russian serfs, together with their owners, used the postponement of property division to ensure the economic survival of the newly created households. … Russian © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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bewirkt, gefährden zu viele Erben ebenfalls deren Fortbestehen. Primogenitur, die Übergabe des Besitzes an den Erstgeborenen, schützt die Interessen solcher Familien und ermöglicht gleichzeitig das Aufziehen vieler potentieller Erben ohne Gefahr für das Schicksal der Familie als Ganzes. Bei Europas Adel kann beispielsweise mit der Einführung von Primogenitur ein deutlicher Anstieg der Kinderzahl (besonders der Söhne) beobachtet werden.4 Primogenitur schließt aber die Nachgeborenen vom Erbe aus und wird von diesen meist als sehr ungerecht empfunden. Sie müssen wenigstens mit einer alternativen und standesgemäßen, wenn auch bescheidenen Lebensgrundlage ausgestattet werden, will man Spannungen, Streit oder Meuchelmord verhindern. Was die Testierbarkeit angeht, so schwanken die Regelungen je nach Rechtssystem von völliger Freiheit bis zum generellen Verbot und sind auch heute durchaus unterschiedlich. Die eine Tradition besteht auf dem Recht des Erblassers, vorab zu bestimmen, wer sein Vermögen erhält, und seiner Ansicht nach „Unwürdige“ davon auszuschließen. Ihm mag ein entfernter erbberechtigter Verwandter weniger am Herzen liegen als ein nahestehender Partner. Andererseits besteht die Gefahr, daß der Wille eines kranken oder dementen Erblassers beeinflußt und manipuliert wird. In vielen alten Gesellschaften war die Vergabe von Familienbesitz an Außenstehende ohnehin tabuisiert und selbst der Verkauf von aus Not verpfändeten Grundstücken ging nicht ohne mehrmaligen Versuch der Auslösung durch Verwandte einher.5 In Europa war es zunächst das Interesse der Kirche an Liegenschaften, das Testamente zu ihren Gunsten, erst bei Fehlen, dann unter Ausschluß erbberechtigter Nachkommen sanktionierte, bevor es möglich wurde, nicht-verwandte Personen zu bedenken.6 Mit ähnlichen Gesichtspunkten mußten sich auch die privilegierten babylonischen Familien, deren Archiven wir unsere Kenntnis des Erbrechts im wesentlichen verdanken, auseinandersetzen. Sie hatten einerseits die Langlebigkeit ihres serfs in the first half of the nineteenth century employed a variety of additional inheritance strategies not only to prevent impoverishment, but also to protect the household’s economic standing in the community.“ (Bohac 1985, 23). Interessanterweise findet man, wie gezeigt werden soll, ganz ähnliche Mechanismen im neubabylonischen Erbrecht. 4 Dies ist die Einschätzung bei Boswell 1988, 271f. (mit umfangreicher Literatur zum Thema in Anm. 2): „In most of Western Europe between about 1000 and 1200, legal, social, and cultural structures began to incorporate mechanisms to allow the maintenance of estates in the hands of a single heir, thereby greatly reducing the need to limit the number of legitimate children, as had been the case under previous systems of partible inheritance. … One would expect that this would occasion a considerable increase in the number of children in wealthy households, and the evidence suggests that it did.“ 5 Dies ist in Indien auch heute noch ein aktuelles Thema, siehe Jain 2015. 6 Siehe z. B. die Darstellung in Klippel 2008, 19–20. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

Grundzüge des babylonischen Erbrechts

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Stammes und den Zusammenhalt des Geschäftskapitals im Auge, konnten jedoch die jüngeren Söhne nicht völlig degradieren. Zugleich mußte der Erblasser für angemessene Versorgung für sich und vor allem seine Witwe im Alter sorgen, was in Sonderfällen auch die Übertragung von Vermögenswerten an Nicht-Verwandte erforderte und damit dem Intestatrecht entgegenstand. Um diese Strategien soll es im folgenden gehen.

1. Quellen Für die Erforschung des neubabylonischen7 Erbrechts gibt es, abgesehen von den wenigen erhaltenen Bestimmungen des sogenannten neubabylonischen Gesetzesfragments, keine in ihrem Umfang dem altbabylonischen Kodex Hammurapi vergleichbare Quelle.8 Angesichts der konservativen Natur des Erbrechts sollte es aber berechtigt sein, im Einzelfall die altbabylonische Überlieferung zu vergleichen und in Zweifelsfragen zu Rate zu ziehen. Unsere Untersuchung basiert jedoch vor allem auf den expliziten und unausgesprochenen Angaben in Dokumenten der Rechtspraxis: Erbteilungsurkunden, Prozeßdokumenten, Verkäufen von ererbtem Gut, Mitgiftbestellungen und -übergaben etc. Diese Dokumente stellen unsere ergiebigste Quelle dar, auch wenn sie zahlenmäßig nur einen verschwindend geringen Teil der neubabylonischen Überlieferung ausmachen.9 Das, was mit dem Gewohnheitsrecht konform geht, ist im wesentlichen aus komplexen Erbteilungen zu erschließen. Wo nur ein Erbe den Nachlaß übernimmt, wird kaum ein „tablet trail“ generiert. Interessant sind aber z. B. Klauseln präventiver Natur, die Hinweise auf mögliche Streitigkeiten bzw. die Entscheidungen von Richtern enthalten. Die Praxisdokumente erhellen das angewandte Recht. Da unsere Schlüsse aber oft nur auf Einzelfällen oder gar einem einzigen Beispiel beruhen, ist in manchen Fällen nicht ersichtlich, ob es konkurrierende Rechtsvorstellungen gab und bis zu welchem Grad diese toleriert wurden. Große 7

Die Quellenlage in Babylonien ist für die Zeit des ausgehenden Assyrerreiches, die Zeit des neubabylonischen Reiches und der frühen Achämenidenherrscher bis Darius I. inhaltlich ziemlich homogen, danach folgt ein Bruch in der Überlieferung. Der Begriff „neubabylonisch“ schließt hier taciter die letzten Dekaden des 7. Jahrhunderts und die ersten fünf der Achämeniden bis ca. 485 v. Chr. mit ein. 8 Von den über dreihundert Paragraphen bzw. Abschnitten des Kodex Hammurapi betrifft etwa ein Fünftel Familienangelegenheiten im weitesten Sinne: §§ 128–158 behandeln das Eherecht, §§ 159–184 Erbe und Mitgift, §§ 185–195 Adoption sowie Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern (Roth 1995, 81–142). Das neubabylonische Gesetzesfragment umfaßt acht Abschnitte zum Ehe- und Erbrecht (§§ 8–15), denen eine unvollständige Sammlung anderer Rechtssätze vorausgeht. 9 Jursa 2005, 1 geht von ca. 20.500 publizierten bzw. zugänglichen Texten aus, von denen über die Hälfte aus Tempelarchiven stammt. Die Anzahl derjenigen Texte, die Einblicke in das Ehe- und Erbrecht gestatten, beläuft sich schätzungsweise auf weniger als ein Prozent. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Aussagekraft für unser Thema haben Tafeln, die mit Vergabe, Empfang und Teilung einer Mitgift einhergehen, da sie die Belange zweier Familien und dreier Generationen betreffen, daher erfreulich ausführlich formuliert sind und oft Hinweise auf die Erbansprüche des Bräutigams und seiner Brüder sowie zukünftiger Kinder enthalten. Insgesamt ergibt sich aus der Zusammenschau der verschiedenen Textklassen ein recht kohärentes System. Eine systematische Darstellung zu diesem Thema gab es bislang nicht. Die Zahl der verwertbaren Texte hat in den letzten drei Jahrzehnten dramatisch zugenommen und das generelle Verständnis dieser Textkategorien, insbesondere der fragmentarischen Vertreter, ist gestiegen. Darüber hinaus können auch zahlreiche unpublizierte Tafeln aus dem Britischen Museum in diese Untersuchung einbezogen werden.10 Die wesentlichen Aspekte werden hier durch Urkundenzitate und, wo nötig, in Umschrift belegt. Auf häufig wiederkehrende Sachverhalte wird nur verwiesen; eine Gesamtdarstellung inklusive aller Belegstellen ist im Rahmen eines Artikels nicht möglich. 1.1. Das neubabylonische Gesetzesfragment Das sogenannte neubabylonische Gesetzesfragment11 listet Fälle über die Bestellung, Verteilung und Vergabe von Mitgiften auf, die allgemeinen Charakter haben und abstrakt formuliert sind.12 Über das Wesen und die zeitliche Einordnung des Textes gibt es Meinungsverschiedenheiten. Man ist sich jedoch einig, daß sein „Sitz im Leben“ im Rahmen der Schreiberausbildung zu suchen ist. Vergleicht man den Inhalt der erhaltenen Paragraphen, so stimmen sie mit den in Privaturkunden belegten Regelungen und den Ergebnissen von Rechtsstreitigkeiten überein. 1.2. Terminologie Im Akkadischen gibt es kein Wort für „erben“, sondern lediglich • zâzu, „teilen“.13 • Das ungeteilte Erbe (wie auch ungeteiltes Geschäftsvermögen) wird als karû, wörtlich „Haufen“, bezeichnet, an dem die Erben Anteile, zittu, besitzen.

10

Für die Möglichkeit, unpublizierte Texte im Britischen Museum zu konsultieren und zu bearbeiten, bin ich den Trustees des Britischen Museums, den Museumsassistenten und insbesondere C. B. F. Walker zu großem Dank verpflichtet. 11 Erstpublikation durch Peiser 1898, Anhang, S. 11–16 und Tafeln. Für eine rezente Studie in deutscher Sprache s. Oelsner 1997 mit früherer Literatur. 12 Die Abschnitte beginnen nicht mit šumma, „wenn“, wie der Kodex Hammurapi, sondern mit amēlu ša, „ein Mann, der …“. 13 Darauf weist Skaist 1975, 244 hin. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Ein Erbe „nimmt“ (leqû, šaqālu14) oder „ergreift“ (ṣabātu) den



Nachlaß (arkatu, nikkassu) oder seinen Anteil, zittu.



Eine Tafel über eine Teilung heißt ṭuppi zitti, aber es kommen auch andere Bezeichnungen vor.



Jeder Anteil kann pūt zitti genannt werden, da dies keine Größenangabe darstellt. Vielmehr ist der Begriff aus der Praxis des Grundstücksteilung abgeleitet. Felder haben eine lange Seite (šiddu) und eine Stirnseite (pūtu) am Kanal. Bei Teilung wird längs geteilt, um adäquaten Zugang zum Wasser für alle Beteiligten zu garantieren, wobei die Stirnseite das jeweilige Teilungsverhältnis reflektiert. Daher ist pūt zitti so groß wie der proportionale Anteil des jeweiligen Erben. Der Begriff kann also für jeglichen Anteil verwendet werden, ohne eine genaue Angabe über die Höhe machen zu müssen.15



Der Terminus aḫi zitti bezeichnet einen halben Anteil.



Der (andere) Eigentümer wird bēl zitti (wörtlich „Herr des Anteils“) genannt, mit dem (noch nicht) geteilt wurde: ša itti … (lā) izūzu.

2. Erben nach dem Vater 2.1. Intestaterbrecht Erbberechtigt sind nur leibliche Söhne des Erblassers aus dessen Ehe(n). Es gibt weder ein Ehegattenerbrecht, noch einen Erbanspruch für die Töchter. Letztere werden mit Mitgiften ausgestattet. Außereheliche leibliche Söhne und Adoptivsöhne erben nur dann, wenn ihnen ein Erbanspruch vertraglich zugesichert wurde; derartige Regelungen fallen daher nicht unter das Intestaterbrecht. Solange der Vater lebt, bleibt er als pater familias das geschäftsführende Oberhaupt seiner Familie (bītu, wörtlich „Haus“). Seine Söhne bleiben unemanzipiert bis zu seinem Tod und daher mit minderen Rechten ausgestattet, es sei denn, sie werden ausdrücklich aus dem Haus „entlassen“ oder „weggeschickt“.16 Sie können z. B. ohne Zustimmung des Vaters nicht heiraten, keinen Grundbesitz kaufen 14

Das Verb šaqālu erscheint selten in dieser Bedeutung, vgl. aber BM 33997 (Wunsch 1995–96, Nr. 8) mit Anmerkung zu Z. 22. 15 Selten belegt ist bunnu, offenbar in ähnlicher Bedeutung, siehe die Belege in CAD B, 319 s. v. bunnu A. 16 ana bīt mār banê šapāru, wörtlich „zum Haus eines Freien schicken“. Die Wendung „zum Haus eines Freien gehen“ (mit dem Synonym „gehen, wohin man will“) kommt überwiegend bei Frauen vor, z. B. in Bezug auf Scheidung oder beabsichtigte Heirat. Es handelt sich dabei um den terminus technicus für die Entlassung aus der potestas des Vaters, Ehemannes oder sonstigen Oberhauptes. In CTMMA 3 102 bezieht sie sich auf einen Sohn, der eine Witwe heiratet, die einen eigenen Sohn in die Ehe mitbringt. Dieser Stiefsohn hatte von seinem leiblichen Vater geerbt. Da der Vater des zweiten Ehemannes noch © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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oder verkaufen und keine Kredite aufnehmen,17 es sei denn, ihr Vater ermächtigt sie dazu oder er ist dazu nicht mehr in der Lage. 2.1.1. Keine Söhne vorhanden Verstirbt ein Mann, ohne Söhne zu hinterlassen, so erben seine Brüder bzw. die nächsten männlichen Seitenverwandten. Urkunden darüber sind in der Regel nur dann überliefert, wenn weitere Ansprüche auf den Nachlaß oder einzelne Nachlaßobjekte durch Verwandte oder Gläubiger geltend gemacht werden und ein Bruder, Cousin oder Onkel als Erbe auftritt. Die besten Informationen sind aus Rechtsstreitigkeiten zu erlangen.18 Unabhängig davon, ob eine Klage berechtigt war, belegen solche Urkunden, daß die männliche Seitenlinie nach dem Vater und väterlichen Großvater als Erbe angesehen wurde, wenn es keine direkten männlichen Nachkommen gab.19 Die Ansprüche der Seitenverwandten sind jedoch null und nichtig, wenn der Erblasser anderweitige schriftliche Verfügungen über sein Vermögen getroffen hat. Auch dies ist durch Prozeßurkunden belegt.20 Wenn ein Sohn fehlt, kann ein Ausgleich zwischen den Ansprüchen der Seitenverwandten und der Sorge um angemessene Behandlung und Versorgung für die Frauen der Familie durch familieninterne Heiraten erzielt werden.21 Auf diese am Leben war, hätte dieser als Familienoberhaupt nicht nur Zugriff auf die Mitgift seiner Schwiegertochter, sondern auch auf das Erbe des Stiefsohnes seines Sohnes gehabt. Die Emanzipation des Sohnes zu seines Vaters Lebzeiten verhindet ein solches Szenario. 17 Ausgesprochen wird das Prinzip in den Gesetzen von Ešnunna, § 16: „The son of a man who has not yet received an inheritance share or a slave will not be advanced credit“ (Übersetzung bei Roth 1995, 61). Auch wenn der Text über tausend Jahre älter ist, ist dasselbe Prinzip in neubabylonischer Zeit gültig. 18 YOS 7 66: Rechtsstreit um den Status einer Sklavin. Diese gibt an: „A, meinen Herren, hat das Geschick geholt, und B, der Bruder des A, der den Nachlaß des A an sich genommen hatte …“ BM 42299 (Jursa 1999, Tf. If. und S. 129–131): Prozeßprotokoll. Ein Mann erhebt Anspruch auf eine Pfründe, da sie sein Vater von seinem (kinderlosen) Neffen geerbt habe: „Diese Pfründe gehörte A, dem Sohn meines Bruders, dessen Nachlaß B, ‹mein› Vater, übernommen hat.“ 19 Ob – wie in vielen modernen Rechten – der Großvater seine anderen Abkömmlinge (also z. B. seine anderen Söhne) vom Erbe ausschloß, solange er selbst am Leben war, kann den Texten nicht entnommen werden. In der Praxis wird solch ein Fall ohnehin nur selten auftreten. 20 Nbn 356: Der Bruder eines Verstorbenen klagt gegen dessen Witwe, Tochter und Adoptivsohn auf die Herausgabe des Nachlasses. Die Richter weisen seine Klage ab, da schriftliche Verfügungen zu Gunsten von Witwe, Tochter und Adoptivsohn existieren. Andererseits wird die Gültigkeit von Ansprüchen von Gläubigern des Erblassers gegen dessen Nachlaß explizit bestätigt. 21 VS 6 95: Ein Vater hat seiner Tochter noch zu Lebzeiten eine Mitgift bestimmt, die Mutter arrangiert nach seinem Tod die Heirat. Die Braut wird mit ihrem Cousin (dem Sohn © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Weise wird verhindert, daß Familienvermögen (insbesondere Pfründen) in die Hände von Außenstehenden gelangt. 2.1.2. Legitime Söhne Legitime und damit erbberechtigte Söhne sind die Söhne der Ehefrau(en) sowie leibliche Söhne, die der Vater legitimiert hat. Darüber hinaus kann ein VaterSohn-Verhältnis zu einem Verwandten, Schwiegersohn oder Außenstehenden durch Adoption mit Ausstellung einer entsprechenden Urkunde, einer ṭuppi mārūti, „Tafel der Sohnschaft“ künstlich geschaffen werden. Allerdings bewirkt eine Adoption nicht automatisch einen Erbanspruch. Wenn ein Adoptivsohn erben soll, so muß dies schriftlich erklärt werden.22 Filiation und Erbanspruch Die Filiation (d. h. der Vatersname und der Familienname, wenn dies dem Status der Familie entspricht) gibt in der Regel Auskunft darüber, wer als wessen Erbe gilt und welchen Status er hat.23 Hier sind jedoch Ausnahmen möglich. Als Beispiel ist auf den Fall eines Mannes zu verweisen, der zwar vom Bruder seiner des Bruders des Vaters) verheiratet. Dieser wäre nach den Intestat-Regeln automatisch Erbe bzw. Miterbe ihres Vaters gewesen, hätte dieser keine Verfügung zu Gunsten der Tochter getroffen. Durch die Heirat wird das Familienvermögen nicht auseinandergerissen, der Neffe erhält das Nutzrecht am Nachlaß, und seine eigenen Nachkommen werden diesen Nachlaß ihres Großvaters mütterlicherseits erben. Die Position der Tochter wird durch die Mitgiftbestellung gestärkt. Andernfalls könnte ihr Cousin ihr eine Mitgift nach seinem Gutdünken geben und sie anderweitig – möglicherweise unter ihrer sozialen Stellung – verheiraten. 22 Dies geht aus Adoptionsurkunden hervor, die einen Erbteil (meist so groß wie der eines jüngeren Sohnes) explizit erwähnen. Kienast (1972, 101–103) unterscheidet zwischen „echter“ und „unechter“ Adoption bzw. Ankindung (im Falle eines fehlenden Erbanspruchs). 23 TCL 13 138: Eine Frau sagt gegen ihren Sohn aus, er sei nicht der Sohn des Mannes, den er als Vater beansprucht, da dieser sie nie geheiratet habe (obwohl er möglicherweise der leibliche Vater ist). Vielmehr sei dieser Sohn der älteste Sohn des Ehemannes seiner Mutter. Der Sohn muß sich daraufhin verpflichten, in allen Dokumenten die entsprechende Filiation zu benutzen. BaAr 2 44: Prozeßurkunde. Ein Mann erhebt Anspruch auf das Erbe des Ehemannes seiner Mutter. Die Verwandten argumentieren, er sei mit seiner Mutter in das Haus des (Stief)vaters eingetreten, also nicht dessen Sohn und damit auch nicht erbberechtigt. Er kann aber beweisen, daß Mutter und Schwester des Erblassers ihn in einem offiziellen Dokument als Zeugen benannt und seinen Namen mit der Filiation nach dem Stiefvater angegeben haben. Dies sehen die Richter als Beweis, daß er von den Frauen als potentieller (Mit)erbe angesehen wurde. Damit erreicht er zwar nicht, sofort als Erbe den Nachlaß seines Stiefvaters übernehmen zu können (da es eine schriftliche Verfügung zugunsten von Mutter und Schwester gibt), die Richter setzen ihn jedoch zum Nacherben nach diesen beiden Frauen ein. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Mutter adoptiert worden ist und danach dessen Namen als Filiation benutzt hat, aber dennoch keinen Erbanspruch neben dessen drei leiblichen Söhnen besaß.24 Ein einziger Sohn als Erbe Wenn ein Vater nur einen Sohn hinterläßt, so übernimmt dieser, sofern er alt genug ist, die Geschäftsführung und den Nachlaß seines Vaters, ohne daß dies eines formalen Aktes bedarf. Guthaben und Verbindlichkeiten seines Vaters gehen auf ihn über, und er tritt gegenüber den Geschäftspartnern seines Vaters als Rechtsnachfolger auf.25 Da bei einem einzigen Sohn als Universalerben keine Nachlaßteilung nach dem Vater ansteht, sind normalerweise keine Urkunden zu erwarten, die über den Umfang einer solchen Erbschaft Auskunft geben könnten. Mehrere Söhne und der Vorausanteil Ein wichtiger Grund für die Zuweisung eines konkreten und größeren Erbteils für einen bestimmten Sohn zu Lebzeiten des Vaters konnte mit den Heiratsstrategien der Familie zusammenhängen. Wenn ein Vater die Heirat seines Sohnes arrangierte, so konnte eine verbindliche Zusage über die Höhe des künftigen Erbes helfen, eine begehrte Mitgift samt Braut einzuwerben. Die Vorteile dieser Verbindung würden indirekt auch für die anderen Söhne wirksam, zumindest wenn sich die an die Geschäftsverbindung geknüpften Hoffnungen erfüllten. Blieb allerdings der geschäftliche Erfolg aus, so konnte eine solche Vereinbarung nicht widerrufen werden.26 Zwei Söhne als Erben Wenn mehr als ein Sohn erbberechtigt ist, so erhält der älteste einen Vorzugsanteil. Dieser fällt bei zwei oder drei Brüdern doppelt so hoch aus wie der Anteil eines der Miterben. Bei zwei erbberechtigten Söhnen stehen dem älteren demnach zwei Drittel des Erbes zu, der jüngere erhält ein Drittel. Häufig werden dem jüngeren Bruder konkrete Objekte als Erbe zugewiesen, während der Zweidrittelan-

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CTMMA 3 53 (dazu Wunsch, 2003–04, 186; 197): Es handelt sich um eine Adoption des Sohnes der Schwester durch einen reichen Angehörigen der Egibi-Familie, die großes Prestige besitzt. Der Ehemann der Schwester (d. h. der leibliche Vater) trägt keinen Familiennamen, scheint aber recht vermögend gewesen zu sein. In diesem Fall ist die Adoption ein Mittel, den Nachteil einer nicht standesgemäßen Heirat auszugleichen. 25 Edinb. 69: Prozeßurkunde. Eine Witwe sagt aus, ihr Ehemann sei zum Geschick gegangen (d. h. gestorben) und sein Sohn (d. h. ihr Stiefsohn) habe dessen Vermögen übernommen. YOS 6 143: Nachlaßregelung. Ein Sohn als Rechtsnachfolger seines Vaters teilt das Familien- bzw. Geschäftsvermögen mit seinem Onkel. TCL 12 43: Teilungsurkunde. Zwei Männer, offensichtlich die Rechtsnachfolger ihrer Väter, teilen deren Geschäftsvermögen. 26 Siehe unten Anm. 33 mit Verweis auf das neubabylonische Gesetzesfragment, § 8. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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teil des älteren Bruders die restliche Erbmasse umfaßt. Nicht immer ist in entsprechenden Urkunden der Verteilungsschlüssel explizit angegeben, aber auch dann bekommt der ältere Bruder zahlen- und wertmäßig etwa das Doppelte. Beim Verkauf eines gemeinsam geerbten Grundstücks wird z. B. der Erlös „entsprechend ihren Anteilen“ in 2/3 : 1/3 geteilt.27 Drei Söhne als Erben Teilen sich drei Söhne das Erbe, so erhält der älteste die Hälfte, die beiden jüngeren je ein Viertel. Meist wird dann so verfahren, daß zunächst die Hälfte des Ältesten gegen die Hälfte der beiden Jüngeren abgegrenzt wird (Primärteilung), und sich diese dann untereinander einigen (Sekundärteilung).28 Belege über Teilungen im Verhältnis 1:1 sind daher nicht automatisch ein Beweis, daß alle Brüder zu gleichen Teilen geerbt hätten. Vier Söhne als Erben Belege für Erbteilungen unter vier Brüdern sind selten, aber zwei Teilungsurkunden lassen erkennen, daß die bisher vermutete Art der Verteilung mit einem doppelten Anteil für den ältesten Sohn nicht uneingeschränkt gilt.29 Aus dem in Teilungsurkunden angegebenen Anteil der einzelnen Erben an noch ungeteilten Gut-

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YOS 17 348: Erbteilung (Anfang nicht erhalten). Nach der Aufzählung der Objekte folgt die Zuweisung, dieser Anteil gehöre dem älteren Bruder als sein Zweidrittelanteil „auf ewige Zeiten.“ BM 77484: Dort beträgt der Erbanteil des jüngeren Bruders explizit ein Drittel. BM 26544: In dieser Mitgifturkunde wird auch ein Grundstück in Gemeinschaftsbesitz zweier Brüder erwähnt, an dem der Anteil des älteren 2/3 beträgt. 28 So zum Beispiel in der Erbteilungsurkunde der vierten Egibi-Generation, Dar 379, laut der der älteste Bruder die eine Hälfte erhält und seine zwei Brüder die andere, die sie unter sich zu gleichen Teilen aufteilen. 29 BaAr 2 38: Erbteilung. Vier Brüder (bzw. deren Nachkommen) teilen sich den Nachlaß des Vaters (bzw. Großvaters). Pfründenbesitz, Häuser und Sklaven werden verteilt. Der Schlüssel, nach dem dies geschieht, ist nicht angegeben. Bei der Verteilung der Pfründentage (6 1/3 : 3 : 2 1/3 : 2 1/3) ist kein System erkennbar, weil man offensichtlich Disproportionen beim Grundstücks- und Sklavenbesitz durch mehr oder weniger Pfründentage auszugleichen suchte. Demgegenüber erscheint die Verteilung des Einkommens aus guqqû-Opfern indikativ: Der Nachkomme des Ältesten erhält die Hälfte, die Jüngeren teilen sich den Rest. Ebenso verfährt man mit Guthaben und Schulden. BaAr 2 42: Erbauseinandersetzung vor Richtern zwischen Neffen und Onkel. Der älteste Neffe (als Vertreter der Erben seines Vaters) klagt gegen seinen Onkel (einen jüngeren Bruder seines Vaters) wegen der Verteilung des gemeinsamen Erbes nach dem Großvater. Streitpunkt sind nicht die vom Großvater ererbten Vermögensobjekte, sondern die nach dem Tod des Großvaters getätigten Erwerbsgeschäfte, als sich dessen Söhne noch in ungeteilter Erbengemeinschaft befanden und alle Anschaffungen (zumindest theoretisch) mit Mitteln aus Gemeinschaftsbesitz finanziert wurden. Einer der jüngeren Brüder hatte © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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haben und Außenständen kann auf das zugrundeliegende Verteilungsverhältnis geschlossen werden. Dieses beträgt in beiden Beispielen 1/2 : 3×1/6. Wenn es sich nicht um einen groben Näherungswert für 2/5 : 3×1/5 handelt, dann würde dies bedeuten, daß das Prinzip vom exakt doppelten Anteil des Erstgeborenen bei vier Söhnen nicht immer angewandt wird. Auch die Annahme, der irreguläre Befund ginge auf mehrere Ehen des Vaters zurück, scheidet als Erklärungsmuster aus, denn in einem solchen Fall würden den Nachkommen aus erster Ehe zwei Drittel zustehen. Wenn man das Verteilungsprinzip bei mehreren Brüdern neu definieren wollte, so müßte man die alte Faustregel modifizieren: Der Erstgeborene erhält einen doppelten Anteil, mindestens aber die Hälfte, und die Jüngeren teilen sich den Rest zu gleichen Teilen. Nachkommen aus mehreren Ehen des Vaters Wenn der Vater Söhne aus zwei Ehen hinterlassen hat, so stehen den Söhnen aus erster Ehe zwei Drittel des Nachlasses zu; die Söhne aus der zweiten Ehe teilen sich das übrige Drittel. Die entsprechende Bestimmung findet sich im neubabylonischen Gesetzesfragment § 15.30 Unausgesprochen bleibt dabei, nach welchem Schlüssel die Söhne derselben Mutter ihren Zweidrittel- bzw. Eindrittelanteil aufteilen: Steht dem jeweils Erstgeborenen auch in diesem Fall ein Vorzugsanteil gegenüber seinen Brüdern von derselben Mutter zu? Anzunehmen ist, daß das Prinzip des Vorzugsanteils nur einmal angewandt wird, nämlich auf die Stämme (d. h. auf das Verhältnis der Nachkommen der einen gegenüber der anderen Mutter), während die Söhne derselben Mutter untereinander gleiche Teile erhalten. Praxisbelege sind selten, aber die vorhandenen Beispiele entsprechen dem genannten Prinzip und scheinen zumindest auf eine gleichmäßige Verteilung bei den Söhnen aus zweiter Ehe zu deuten.31 Denselben verschiedene Immobilien ganz für sich reklamiert. Die Richter weisen jedoch den Nachkommen des ältesten Bruders die Hälfte zu, den anderen Brüdern je ein Sechstel. BM 17694: Verpflichtungsschein über Datteleinkünfte. Gegenstand ist der 1/6-Anteil des einen Bruders. 30 § 15 v 32–42: LÚ šá DAM i-ḫu-zu-ma DUMUmeš ul-du-šu-ma DAM-su šim-ti ub-lu DAM šá-ni-ti i-ḫu-zu-ma DUMUmeš ul-du-šú ár-ki AD a-na šim-tum it-tal-ku ina NÍG.ŠID šá É a-bi 2-ta ŠU.IImeš DUMUmeš maḫ-ri-ti u šal-šú DUMUmeš ár-ki-ti i-leq-qu-ú „(Was) einen Mann (betrifft), der eine Ehefrau geheiratet hat, und sie ihm Söhne geboren hat, und seine Ehefrau hat das Geschick geholt; er eine zweite Ehefrau genommen hat, und sie ihm Söhne geboren hat: Nachdem der Vater zum Geschick gegangen ist, werden vom Vermögen des Vaterhauses zwei Drittel die früheren Söhne (d. h. die Söhne aus erster Ehe) und ein Drittel die späteren Söhne (d. h. die Söhne aus zweiter Ehe) an sich nehmen.“ 31 AchHist 15 7: Ein Vater weist seinem ältesten Sohn als Zwei-Drittel-Anteil am Nachlaß bestimmte Grundstücke, Pfründen und Häuser zu (die Liste ist nur fragmentarisch überliefert). Seine drei jüngeren Söhne aus zweiter Ehe (mārīšu tardinnê mārī arkūti) sollen ein Drittel der Pfründen und Grundstücke erhalten. Laut AchHist 15 8 teilen diese drei © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Zweidrittel-Eindrittel-Verteilungsschlüssel für Kinder des Erblassers aus verschiedenen Ehen sieht auch ein Ehevertrag in erfreulicher Ausführlichkeit als Eventualität vor.32 Dem neubabylonischen Gesetzesfragment § 8 zufolge soll das ZweidrittelEindrittel-Prinzip für Nachkommen aus zwei Ehen des Vaters selbst dann gelten, wenn einer der Söhne, vermutlich der älteste, vom Vater einen festen Erbteil vertraglich zugesichert bekommen hatte. Es geht um den Fall, daß ein Vater seinem Sohn ein Erbe in bestimmter Höhe garantiert hatte, um eine Braut einzuwerben. Dem Vater ist untersagt, dieses Erbe zu reduzieren.33 Nach Abzug des verbindlich zugesicherten Anteils soll den Söhnen aus zweiter Ehe lediglich ein Drittel des restlichen Nachlasses verbleiben. Unklar bleibt in diesem Fall, was mit dem Söhne aus zweiter Ehe die Brauerpfründen ihres Vaters; ihr Halbbruder erscheint als Zeuge. Der Verteilungsschlüssel wird nicht genannt; es wird nur konstatiert, jeder erhalte akī zittīšu „entsprechend seinem Anteil“. Die Pfründentage und -einkommen werden detailliert aufgeführt, ihr jeweiliger Wert ist aber für Außenstehende schlecht einzuschätzen. Der mittlere Bruder erhält von den beiden anderen eine Ausgleichsabgabe (takpuštu). Wenn man den Anteil des ersten und dritten Bruders miteinander vergleicht, so springen keine gravierenden Unterschiede ins Auge. Die drei Brüder aus zweiter Ehe scheinen demnach eine gleichmäßige Verteilung zu je einem Drittel (ihres Ein-Drittel-Anteils am Erbe) realisiert zu haben. Für beide Texte und ihren Kontext siehe Waerzeggers 2010, Nr. 7 und 8, mit Kommentar. 32 VS 6 3 (Übersetzung in Ungnad und San Nicolò 1935, Nr. 1 und Roth 1989, Nr. 3): Zweitehe wegen Unfruchtbarkeit zu Lebzeiten der ersten Ehefrau. Wenn die erste Ehefrau einen Sohn gebären sollte, werden ihm zwei Drittel des Vermögens zugewiesen, einem Sohn der zweiten Ehefrau ein Drittel vom Vermögen des Vaters. Wenn die erste keinen Sohn gebären sollte, aber die zweite, gehört das gesamte Vermögen den Kindern der zweiten Ehefrau. Dieselbe Bestimmung dürfte auch in einem anderen Ehevertrag enthalten sein, aber der fragmentarische Erhaltungszustand läßt keine eindeutigen Schlüsse zu: Cyr 183. Die Bestimmung könnte sich auch auf legitimierte Kinder einer Sklavin beziehen. Weitere Urkunden, die eine zweite Ehe des Vaters erwähnen, ohne Aussagen zu den Erbanteilen der Kinder zu machen, sind NBC 4810 (Joannès 1989, Tf xiif.) und TuM 2–3 2. 33 § 8: LÚ šá DUMU.SAL-su a-na DUMU LÚ i[d-di]-nu-ma AD mim-ma ina [im]DUB-šú ú-še-du-ma a-na DUMU-šú id-di-nu u e-mu nu-dun-nu-ú šá DUMU.SAL-šú ú-še-du-ma ṭup-pi it-ti a-ḫa-meš iš-ṭu-ru ṭup-pa-šú-nu ul in-nu-ú a-bi nu-šur-ru-ú ina mim-ma šá a-na DUMU -šú ina ṭup-pi iš-ṭu-ru-ma a-na e-mi-šú ú-kal-li-mu ul i-šak-kan ki-ma AD DAM-šú šim-ti ub-bil DAM EGIR-ti i-taḫ-zu-[ma] DUMUmeš it-tal-du-šú šá-al-šú ina ri-ḫi-it NÍG.ŠID-šú DUMU meš ár-ki-ti i-leq-qu-ú „(Was) einen Mann (betrifft), der seine Tochter dem Sohn eines Mannes gegeben hat, und der Vater etwas in seiner Tafel kundgetan hat und seinem Sohn gegeben hat, und der Schwiegervater die Mitgift seiner Tochter kundgetan hat, und sie gemeinsam eine Tafel darüber ausgestellt haben: Ihre Tafel werden sie nicht ändern. Der Vater wird von dem, was er seinem Sohn in der Tafel zugesichert und dem Schwiegervater gezeigt hat, keinen Abzug machen. Wenn die Ehefrau des Vaters zum Geschick geht, (und) er später eine Ehefrau nimmt und sie ihm Söhne geboren hat, werden die Söhne (der) späteren (Frau) ein Drittel vom Rest seines Vermögens nehmen.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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„Rest“ gemeint ist: das nach den Geschäftsverlusten dem Vater noch verbliebene Vermögen oder dieses Vermögen abzüglich des dem einen, bevorzugten, Sohn zugesagten Erbes? Letzteres ist wahrscheinlicher, da ersteres eine Benachteiligung der jüngeren Söhne aus der ersten Ehe gegenüber den Söhnen aus zweiter Ehe nach sich zöge. Ob und wie diese Bestimmung in der Praxis umgesetzt wurde, läßt sich nicht eruieren, solange uns aussagekräftige Urkunden fehlen. Nur im Falle eines Rechtsstreits wäre etwas darüber zu erfahren. Dergleichen Zeugnisse liegen aber bisher nicht vor. 2.1.3. Illegitime Söhne Illegitimen Söhnen (d. h. Söhnen, die weder einer Ehe des Vaters entstammen noch vom Vater adoptiert oder anerkannt wurden) steht kein Erbrecht zu. Ein Ehemann hatte zwar normalerweise nur eine Ehefrau, konnte aber eine weitere schon zu Lebzeiten der ersten Frau heiraten, etwa, wenn die Erstfrau bislang keine Kinder geboren hatte. Kinder der Zweitfrau waren offensichtlich erbberechtigt.34 2.2. Die Schulden des Vaters Erben übernehmen einen Nachlaß mit allen Rechten und Pflichten. Zu letzteren gehören Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern des Erblassers. Testamentarische Erben können einen schuldenbelasteten Nachlaß ausschlagen.35 Söhne können demgegenüber die Schulden ihres Vaters nicht ausschlagen, sondern müssen sie als Gesamtschuldner übernehmen. Sie sind demnach notwendige Erben.36 Daher findet sich in Erbteilungsurkunden häufig ein Vermerk, demzufolge die Erben alle verbleibenden Guthaben und Außenstände „gemäß ihrem Erbanteil“ übernehmen.

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VS 6 3. TCL 12 122. 36 Sandowicz 2014, 563 führt aus: „In most legal systems, including the Neo-Babylonian one, an option of disclaimer is left open to such unfortunate heirs, allowing them to renounce the liabilities together with the rest of the inheritance.“ Sie schränkt aber ein, daß die Erbausschlagung in dem von ihr zitierten Fall TCL 12 122 nur deshalb möglich war, weil die Erben entfernte Verwandte waren. Gerade weil es sich um testamentarische Erben handelte, kann man dieses Recht der Ausschlagung voraussetzen (gäbe es dieses nicht, könnte jeder mit seinen Schulden einen Beliebigen belasten). Die von der Autorin gewählten Beispiele betreffen auch allesamt Mitgiften, die nicht Teil des väterlichen Nachlasses sind. Eigentlich geht es in den besprochenen Texten gar nicht um ererbte Schulden, sondern um Wege, ungesicherte Mitgiften zu verteidigen. Nbk 138 betrifft einen Verpflichtungsschein über knapp eine halbe Mine Silber zu Lasten der drei Söhne des Erblassers sowie der Ehefrau des ältesten Sohnes, während die Mutter nur als Zeugin erscheint. Die Söhne haben demnach den Nachlaß ungeteilt übernommen und versorgen die Mutter (daher ist sie keine Schuldnerin). Mitschuldnerin ist 35

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2.3. Abweichungen von der Intestatregel Von der Intestatregel kann abgewichen werden, solange dies nicht zur völligen Enterbung der erbberechtigten Söhne führt. Dies hat in schriftlicher Form und vor Zeugen zu erfolgen. Die Bevorzugung eines jüngeren Sohnes gegenüber seinen Brüdern ist legitim, wenn dieser bestimmte Lasten allein auf sich nimmt, z. B. die Pflege der Eltern, die gewöhnlich dem Erstgeborenen obliegt und durch den Vorzugsanteil abgegolten wird. In einem solchen Fall scheint ein zusätzlicher Erbteil für den Jüngeren angemessen; in gewisser Weise wird nur der Vorzugsanteil verschoben.37 2.3.1. Testamente, letztwillige Verfügungen und Erbverträge Die Verfügung eines letzten Willens im Angesicht des Todes oder vor bedrohlichen Situationen ist auch aus neubabylonischer Zeit bekannt. Sie bedient sich derselben Terminologie wie Schenkungen von einzelnen Objekten unter Lebenden oder auf den Todesfall oder wie Zuweisungen eines Erbanteils. Sie unterscheidet sich formal, wenn überhaupt, nur durch die Angabe des Anlasses.38 Eine scharfe Trennung von inheritance und bequest wie in der angelsächsischen Tradition ist nicht auszumachen.39 Das typische Formular aller Eigentumsübertragungen lautet: iknuk-ma pān … ušadgil, etwa wiederzugeben mit „er übertrug als Eigentum unter Ausstellung einer offiziellen Urkunde an …“ aber die Ehefrau des ältesten Bruders, vermutlich, weil der Gläubiger auf ihre Mitgift spekuliert. 37 BaAr 2 33: Der Vater weist dem jüngsten Sohn zwei landwirtschaftliche Grundstücke zu – über den ihm zustehenden Viertelanteil hinaus, den er mit seinen Brüdern gemeinsam erben wird – damit er ihn versorgt und die Sängerpfründe verrichtet. Hier wird die Übernahme von Verpflichtungen, die dem Erstgeborenen obliegen (Pflege des Vaters, Nachfolge im Amt) und die keiner der anderen zu übernehmen fähig oder bereit war, mit einem extra Anteil abgegolten. Der zweitälteste hat z. B. in die Egibi-Familie eingeheiratet und führte Geschäfte großen Stils; er hatte offenkundig kein Interesse an der Ausübung des Sängerdienstes. Über die anderen Brüder sind keine Details bekannt. 38 BaAr 2 34: „Den Iddin-Marduk … hat am Ufer des unteren Meeres eine schwere Krankheit ereilt, und sein Vermögen hat er überprüft und sich entschlossen, einen Anteil für seine Söhne abzuteilen und ein Geschenk für seine Ehefrau zu geben, um über seinen Nachlaß zu entscheiden.“ Ähnlich formuliert der Erblasser in BM 16562 (Stolper 2001, 467–473). 39 In Bezug auf des mittelalterliche Testierrecht schreibt Antenhofer 2017, 177 daß „es jedoch gerechtfertigt [scheint], … den Begriff Testament ebenso wie den der letztwilligen Verfügung allgemeiner und nicht im strengen juristischen Sinn zu verstehen und darunter Verfügungen zu verstehen, die Personen über ihre Habe in Hinblick auf den Tod verfassen. … Ferner sind auch diese weit definierten Testamente einzubinden in eine Reihe weiterer Dokumente, die mit den Vorgängen des Vererbens im Zusammenhang stehen.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Für den Fall, daß nach Ausstellung des Testamentes Krankheit oder unmittelbare Gefahr vorübergehen sollten, behält sich der Erblasser in der Regel das Verfügungsrecht mit folgender Klausel vor: ūm balṭu nikkassašu ina pānišu, „so lange er lebt, steht das Vermögen zu seiner Verfügung.“ Erbeinsetzung der Ehefrau Eine Erbeinsetzung der Ehefrau ist prinzipiell möglich, da Frauen in neubabylonischer Zeit grundsätzlich geschäftsfähig sind, auch wenn sie, bedingt durch das Erbrecht in männlicher Linie, nur geringe Chancen hatten, selbst Eigentum zu erhalten. Als das Oberhaupt der Familie Egibi in dritter Generation kurz nach der Eroberung Babyloniens durch Kyros an den königlichen Hof in Persien reisen mußte, setzte er seine Ehefrau als Erbin ein, indem er ihr sein gesamtes Vermögen überschrieb.40 Sein kleiner Sohn erhielt das Nießbrauchsrecht mit seiner Mutter; den Töchtern wies er konkrete Mitgiften zu. Er schrieb diese in zwei Exemplaren belegte Urkunde eigenhändig, ohne einen fremden Schreiber oder ein anderes schreibkundiges Familienmitglied einzubeziehen. Hintergrund dieses Testamentes war das Mißtrauen gegenüber den geschäftlichen Fähigkeiten seiner beiden Brüder, die im Falle seines Ablebens das gesamte Erbe übernommen hätten, da das Erbe nach ihrem Vater noch nicht aufgeteilt war. Der Erblasser fürchtete zu Recht eine Benachteiligung seiner Kinder. Durch das Testament zugunsten der Ehefrau hätte sein Schwiegervater, mit dem enge Geschäftsverbindungen bestanden, Zugriff auf das ungeteilte Familienvermögen des Erblassers und seiner Brüder erhalten. Die Begünstigung der Ehefrau war also de facto nicht für sie bestimmt, obwohl sie auf Basis des Testamentes berechtigt gewesen wäre, die Geschäfte zu führen. Es ist allerdings bemerkenswert, daß eine solche Erbeinsetzung überhaupt möglich ist, da in vielen Gesellschaften bis zur Neuzeit Frauen weder Besitz41 haben können noch geschäftsfähig42 sind.

nikkassu … mala bašû iknuk-ma … ušadgil: CM 3 260 in doppelter Ausfertigung. Die beiden Brüder erscheinen nicht als Zeugen und dürften von der Existenz dieses Testamentes nichts gewußt haben. 41 Die Mitgift der Frau gelangte in die Hände ihres Ehemannes und stand somit nicht zu ihrer Verfügung. Sie wurde vom Ehemann bewirtschaftet und ging nach dessen Tod an die Kinder über. 42 Auch in Deutschland durften Frauen noch bis 1962 ohne Zustimmung ihres Mannes kein eigenes Bankkonto eröffnen und erst nach 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen: https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/tid-21578/zum-weltfrauentag-meilensteine-der-frauenemanzipation-in-deutschland-die-erste-frau-die-ohneerlaubnis-ihres-ehemannes-arbeiten-darf_aid_605621.html (aufgerufen 16.8.2019). Zur Situation in Frankreich vgl. Kles 2015. 40

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Zuteilung des Erbes an Kinder und Mutter Ein Fall sei als Beispiel herangezogen.43 Der Erblasser teilt zunächst seinen Söhnen ihre Anteile zu, indem er ihnen je eine Pfründe und dem jüngeren ein landwirtschaftliches Grundstück zuweist. Das restliche Vermögen sollen seine Mutter und seine zwei Schwestern bekommen. Seiner Mutter überschreibt er auch das Haus, in dem sie lebt, wie er bereits in einer früheren Verfügung bestimmt hatte. Bezüglich der Pfründen legte er fest, daß der Mutter und den Söhnen das Einkommen zustand und seine Söhne im Gegenzug bei ihr wohnen sollten. Des weiteren sollte sie die Mitgiften für seine Schwestern aus ihren eigenen Mitteln bestellen. Diese Regelung läßt einen frühen Tod der Ehefrau vermuten. Die Söhne waren vermutlich noch recht jung. Die Verfügung gab der Mutter einen großen Handlungsspielraum. Allerdings konnte sie als Frau den Pfründendienst nicht versehen, so daß dieser von den Söhnen ausgeführt werden mußte. Nach Intestatrecht wäre der gesamte Nachlaß an die Söhne gegangen, abzüglich der Vermögenswerte, die zu ihrer Mitgift gehörten (wahrscheinlich das Haus und Sklaven). Durch die Verfügung setzt der Erblasser im Prinzip seine Mutter als eine Art Vormund für seine Kinder und Schwestern ein. Ein Erbteil für die Tochter Die Zuweisung eines proportionalen Anteils in Höhe vom einem Drittel am Vermögen des Vaters an seine Tochter – über die stattliche Mitgift von 24 Minen Silber hinaus – ist ebenfalls bezeugt.44 Dem Sohn sollen offenbar die übrigen zwei Drittel gehören, die dem Erstgeborenen zustehen; die Tochter wird gewissermaßen wie ein jüngerer Bruder behandelt. Angesichts der Mitgift könnten die absoluten Anteile von Bruder und Schwester sogar gleich groß sein. Da die Tochter in einen einflußreichen Zweig der Familie Egibi einheiratet, wird das zukünftige Erbe des Sohnes durch die damit verbundenen geschäftlichen Vorteile vermutlich so stark wachsen, daß es die momentanen Einbußen aufhebt. Erbeinsetzung von anderen Verwandten Sind Söhne des Erblassers nicht vorhanden, können andere Verwandte als Erben eingesetzt werden.45 Dies spielt insbesondere bei solchen Konstellationen eine 43

BM 77643 // BM 92793 (MacGinnis 1991–92, Nr. 6). CM 3 209: 24 MA.NA KÙ.BABBAR nu-dun-nu-ú … šá A DUMU.SAL-šú šá B C ina ŠUII B ma-ḫi-ir … e-lat ú-ìl-tim šá šal-šú ḪA.LA šá A DUMU.SAL-šú šá ina NÍG.ŠID šá B „24 Minen Silber, die Mitgift der A, Tochter des B, hat C von B erhalten … Abgesehen von einer Urkunde über einen Drittelanteil den A, seine Tochter, am Vermögen des B (hat).“ Ähnlich CM 3 137: šal-šú ina NÍG.ŠID šá B e-lat nu-du-un-ni-šú B ik-nu-uk-ku-ma it-ti A DUMU.SAL-šú a-na D id-di-nu „Ein Drittel am Vermögen des B – abgesehen von ihrer Mitgift – hat B unter Ausstellung einer offiziellen Urkunde mit A, seiner Tochter, an D gegeben.“ 45 Nbk 359: Vermögensübertragung. Die Urkunde veranschaulicht die Situation: Erblasser 44

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Rolle, bei denen eine Tochter vorhanden ist, die ohne eine schriftliche Verfügung zu ihren Gunsten nur Anspruch auf eine Mitgift hätte, während der nächste männliche Verwandte des Vaters das Erbe antreten würde. Wäre vorab die Höhe der Mitgift auch nicht schriftlich festgelegt worden, hätte der Erbe freie Hand. Der Erbgang in männlicher Seitenlinie ist zwar traditionell üblich, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Klagen der Intestaterben können vor Gericht erfolgreich abgewiesen werden, wenn eine entsprechende Urkunde zugunsten anderer Personen existiert und vorgelegt werden kann, wie ein Beispiel zeigt.46 Erbeinsetzung von Nicht-Verwandten Die Erbeinsetzung eines Nicht-Verwandten war legitim, wenn keine leiblichen Kinder vorhanden waren und der Erblasser der Versorgung und Pflege bedurfte.47 Hierbei war offenbar eine richterliche Zustimmung notwendig oder zumindest vorteilhaft, um Klagen zu vermeiden. Nachträgliche Änderung von Verfügungen Ob der Erblasser eine Verfügung nachträglich ändern konnte, hängt davon ab, ob er sich dabei einem Verfügungsverbot unterworfen hatte. War dies nicht der Fall, stand es ihm frei, seine Absichten zu ändern. Wenn ein Verfügungsverbot bestand, bedurfte eine Änderung der Zustimmung der ursprünglich begünstigten Partei; es gab demnach die Möglichkeit, ein explizites oder impliziertes Verfügungsverbot einvernehmlich aufzulösen. In einem konkreten Fall waren ursprünglich Ehefrau und Tochter die Begünstigten.48 Es wurde eine neue Urkunde aufgesetzt, in der die vorige für ungültig erklärt, aber das Recht der Tochter auf die bereits in der ersten Urkunde zugesagte Mitgift explizit bestätigt wird. 2.4. Die ungeteilte Brüdergemeinschaft Haben mehrere Brüder Anspruch auf das Erbe, wird es in der Regel nicht sofort geteilt, sondern die Brüder führen die Familiengeschäfte in ungeteilter Erbengemeinschaft fort, normalerweise unter der Regie des ältesten als neuer pater familias. Bereits vom Vater versprochene oder teilweise übergebene Mitgiften und Ehefrau sind kinderlos und wollen den Neffen des Ehemannes und die Schwester der Ehefrau als Erben einsetzen. Wie aus der Prozeßurkunde TCL 12 122 hervorgeht, schlagen diese am Ende die mit Schulden belastete Erbschaft aus. 46 Nbn 356, siehe Anm. 20. 47 BaAr 2 20: Ein Ehepaar bietet einem Außenstehenden Vermögenswerte im Gegenzug für Unterhalt und Pflege an. Die Vereinbarung wird gerichtlich sanktioniert und beurkundet. Anlaß dazu gab es wahrscheinlich, weil der Pflegende bereits seine Zieheltern gepflegt hatte, aber offenbar leer ausgegangen war. 48 Nbk 403: „[Wenn/solange/da] (der Erblasser) lebt, ist diese [Tafel] zerbrochen; das [Vermögen] steht zu seiner Verfügung.“ Diese Urkunde ist nachträglich aufgesetzt worden, als eine Art postscriptum zur Vermögensübertragung. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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werden dann von den Brüdern bzw. vom ältesten Bruder ausgehändigt.49 Einkommen aus dem Vermögen und aus Geschäften gilt als gemeinschaftliches Eigentum,50 und jeder hat Anspruch auf einen Anteil am Gewinn, seinem Erbanteil gemäß, haftet aber auch entsprechend für Verluste. De facto bewirkt die ungeteilte Brüdergemeinschaft also eine Verschiebung der Teilung um eine halbe oder ganze Generation. Beispiele für Geschäfte des Ältesten, bei denen auf die ungeteilte Brüdergemeinschaft Bezug genommen wird, sind zahlreich. In der Regel wird vom Ältesten u aḫḫūšu „und seinen Brüdern“ gesprochen, ohne die Namen der Jüngeren anzugeben. Die Vorgänge betreffen Darlehen,51 Schulden,52 den Verkauf von Grundbesitz,53 Verpachtung54 u. v. a.

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BaAr 2 11. Dar 379: Das Oberhaupt der Familie Egibi in vierter Generation führt 14 Jahre nach dem Tod des Vaters die Erbteilung durch. Seine Brüder bestehen darauf, daß auch die mit der Mitgift der Ehefrau des Ältesten erwirtschafteten Gewinne geteilt werden müssen. 51 AnOr 8 4: „Silber des A vom Silber des Anteils des Vaterhauses, … zu Lasten von B“. Das geliehene Silber stammt demnach aus einem ungeteiltem Gemeinschaftsbesitz. 52 TCL 12 14: Außergerichtliche Einigung. Drei Brüder haben den Nachlaß ihres Vaters übernommen, der seine Familie wegen Verbindlichkeiten, die aus einer Bürgschaft resultierten, ruiniert hatte (ḫe-e-pi). Die andere Seite – zwei Brüder, offenbar Söhne eines Geschäftspartners – bietet eine Kompensationszahlung an. Die drei Brüder hatten sich mit den Worten ŠEŠmeš-ku-nu a-ni-ni „eure Brüder sind wir (doch)!“ (Z. 3) an sie gewandt. Allerdings dürfte damit keine Verwandtschaftsangabe gemeint sein, sondern ein Appell an ihre Großzügigkeit, in brüderlicher Weise die gemeinsame Verantwortung für den geschäftlichen Mißerfolg zu übernehmen, auch wenn es sie nicht selbst getroffen hat. 53 TCL 12 30: Grundstückskauf. Der Verkäufer bürgt für seinen Bruder (pūt … našû, Z. 19), der ansonsten im Dokument nicht genannt ist. Daraus ist zu schließen, daß dieser Bruder Ansprüche auf das Grundstück hatte und der Verkäufer seine Zustimmung zum Vertrag garantiert. BM 46869: Der Verkäufer veräußert einen Anteil ša itti [A] u bēl zittišu lā izūzu „den er mit [A] und dem/n (anderen) Eigentümer(n) seines Anteils (noch) nicht geteilt hat.“ BM 113908 (Wunsch 1999–2000, 254): Regelung eines komplizierten Nachlasses durch die Richter des Königs. Ein Mann vertritt neben seinen eigenen Interessen auch die der Kinder seines verstorbenen Bruders. Ihr Anspruch geht demnach entweder auf den Vater zurück, oder auf die Zeit, als er und sein Bruder in ungeteilter Gemeinschaft agierten. Siehe auch BM 46791; BM 77589; BM 77484 u. a. 54 BM 17694: imittu-Verpflichtungsschein über Pachtauflage, 1/6-Anteil. OECT 10 187: imittu-Verpflichtungsschein über Pachtauflage zu Gunsten von Brüdern. 50

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2.5. Die Teilung 2.5.1. Modalitäten Herauslösung der Mitgiften Hatte der Verstorbene als pater familias die Mitgiften seiner Ehefrau und Schwiegertöchter in das Familienvermögen integriert (wie es üblich war), so müssen diese herausgelöst werden, bevor das Erbe geteilt werden kann. Sie sind nur im Kapitalbetrag zu ersetzen, da das Nutzrecht an der Mitgift beim Ehemann bzw. bei dessen Familie liegt. Erbteilungen belegen diese Praxis.55 Zuweisung der Anteile Häufig wird durch das Los bestimmt, wem welche Erbteile zufallen. Diese Praxis ist schon in früheren Epochen belegt. Freilich ist ein solches Vorgehen auf eine Teilung zu gleichen Teilen beschränkt. Von zwei Schwestern wird ausgesagt, sie hätten zu gleichen Teilen geteilt und gelost.56 Zwar kommt das Wort „Los“ selbst nicht vor, aber nadû, „werfen“, deutet auf diese Praxis hin. Ebenso wird bei Teilungen von Geschäftsvermögen verfahren: „Wo das Los hinfällt, (das) wird jeder als seinen Anteil in Besitz nehmen.“57 Es gibt auch den Fall, daß eine Partei zuerst wählen kann, ašar ṣebû, „wo er will“.58 Echte Erbteilungsurkunden, in denen die Erben den gesamten Nachlaß inventarisieren und aufteilen, haben Seltenheitswert.59 Auch das prominenteste Beispiel aus dem Egibi-Archiv listet nur die Häuser und Sklaven auf und weist den Erben ideelle Anteile an den physisch ungeteilten Feldern und Gärten zu. Die Objekte werden weiterhin zusammen bewirtschaftet, nur der Ertrag wird geteilt. Somit wird die echte Teilung – trotz erfolgter ideeller Teilung – weiter hinausgezögert. Damit reduziert sich der Aufwand, den es kostet, wenn einer der Brüder die Erbteile der anderen kaufen will. Auch dabei fließt manchmal gar kein Geld, sondern die Brüder rechnen nur ihre Anteile an verschiedenen Objekten gegeneinander auf. Weitaus häufiger als Erbteilungsurkunden sind Urkunden belegt, in denen es um die Teilung bestimmter Objekte geht. In solchen Fällen kann man nicht sicher sein, wie groß der gesamte Nachlaß war. Zudem ist nicht auszuschließen, daß es 55

Dar 379, Erbteilungsurkunde: „A und B haben die Mitgiften ihrer Ehefrauen an sich genommen.“ Cyr 129: Im Zuge der Teilung erhält der Ehemann Grundstücke als Gegenwert für das Mitgiftsilber seiner Frau. Da deren Wert den Betrag des Silbers nicht erreicht, soll die Differenz aus dem Gemeinschaftsbesitz beglichen werden. 56 BaAr 2 39: a-na a-ḫa-a-tú id-da-a „zur Hälfte (geteilt und das Los) geworfen.“ 57 Nbn 787: a-šar pu-ú-ru i-ma-aq-qu-tu man-nu a-ki-i ḪA.LA-šú i-ṣab-bat „wohin das Los fällt, wird jeder entsprechend seinem Anteil ergreifen.“ 58 Cyr 168: Mitgiftteilung. 59 YOS 17 348 // VS 20 86: Erbteilung. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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sich um sekundäre Teilungen handelt, beispielsweise, wenn jüngere Brüder untereinander teilen, nachdem der älteste seinen Anteil abgezweigt hat.60 Auch eine Urkunde, die einen Klageverzicht aller Beteiligten nach einer Erbteilung zum Gegenstand hat, ist erhalten. Zwei Brüder hatten den Nachlaß des Vaters nicht offiziell geteilt, aber wohl überwiegend separate Geschäfte betrieben. Nun verzichten die Erben des Ältesten, vertreten durch dessen ältesten Sohn, und der jüngere Bruder des Erblassers auf gegenseitige Forderungen.61 Mitunter war zwischen den Beteiligten keine Einigung zu erzielen und sie gingen vor Gericht. In einem Fall wird berichtet, es habe bereits Handgreiflichkeiten gegeben.62 Es geht um die Frage, ob einer der Brüder, die noch in ungeteilter Erbengemeinschaft leben, für seine Geschäfte auf Familienvermögen zugegriffen habe. Er bestreitet dies, aber die Richter urteilen, daß die Gewinne allen Erben entsprechend ihren Anteilen zustehen. Teilungen von Geschäftsvermögen Es konnte vorkommen, daß sich Erben mit Geschäftspartnern des Vaters bzw. Erblassers arrangieren mußten. Bei solchen Teilungen ähnelt das Formular dem von Erbteilungsurkunden.63 Allerdings geht es meist um zwei Hälften, aḫi zitti, 60

YOS 6 114 betrifft nicht den gesamten Nachlaß, sondern nur ein bestimmtes Objekt, nämlich das „große“ Haus mit Hof und Nebengelaß. Ein Sohn des Erblassers teilt mit den Söhnen seines verstorbenen Bruders. In diesem Fall wären nach Intestatregel 2/3 (= 1/3 + 1/6 + 1/6 der Neffen) : 1/3 (Onkel) zu erwarten, wäre der Onkel selbst ein jüngerer Bruder gewesen. Wäre er der Älteste gewesen, kämen 1/3 (= 1/6 + 1/12 + 1/12 der Neffen) : 2/3 (Onkel) zustande. Wenn wir eine sekundäre Teilung der Anteile von zwei jüngeren Brüdern vor uns hätten, nachdem der Älteste seinen Anteil erhalten hat, käme es zu einem Verhältnis von 1/2 (Onkel) : 1/2 (das sich aus 1/4 + 1/8 + 1/8 für die Neffen ergibt). Bei der Teilung stehen sich zunächst der älteste und jüngste Neffe dem Onkel und mittleren Neffen gegenüber. Das Haus wird wertmäßig halbiert: auf der einen Seite das Haupthaus, auf der anderen der äußere Hof und die Nebengelasse. Da der Wert des Haupthauses den der anderen Objekte übersteigt, gleicht man den Unterschied durch Zahlung von 20 Schekeln Silber aus. Diese Situation würde der Intestatregelung gerecht, wenn man von 1/2 : 1/2 (ältester und jüngster Neffe versus Onkel und mittlerer Neffe) ausgeht. Es wäre zu erwarten, daß man daraufhin das Haus nicht wieder zur Hälfte, sondern zu einem Drittel gegenüber zwei Dritteln geteilt hätte. Dies ist aber nicht der Fall, da Onkel und mittlerer Neffe wiederum halbieren. Demnach hat man bei dieser Teilung beabsichtigt, allen Beteiligten etwa wertgleiche Objekte zuzuweisen; drei Viertel an die Neffen, ein Viertel an den Onkel. Warum dies so geschah, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. 61 Dar 551. 62 BaAr 2 42: a-na UGU za-a-zi zi-it-ti [… a]-ḫi a-ḫa im-taḫ-su-ú-ma ir-šu-ú di-i-ni „wegen der Teilung der Anteile hat ein Bruder den anderen geschlagen und sie haben Rechtsstreit.“ 63 Laut YOS 6 143 einigen sich Sohn und Bruder eines Verstorbenen über die Verteilung von Sklaven. Es ist nicht ersichtlich, ob der Verstorbene und sein Bruder die Geschäfte als Co-Erben führten oder ob eine formale Geschäftspartnerschaft vorliegt. Von Belang ist die Unterscheidung insofern, als das Teilungsverhältnis bei Brüdern 2/3 : 1/3 ist, während sich © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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die bei Erbteilungen – sieht man von Mitgiftgut und sekundären Teilungen ab – selten vorkommen. Beurkundung Erbteilungsurkunden können von professionellen Schreibern ausgestellt werden, aber auch von einer der Parteien.64 Sind Grundstücke, Häuser oder Pfründen in der Erbmasse, von denen Anteile verkauft werden sollen, ist eine Beurkundung durch einen oder mehrere Notare angezeigt. Die mehrfache Ausfertigung liegt im Interesse aller Erben. Einer, meist der Älteste, behält die originale Erwerbsurkunde, ummi eqli. Abschriften davon können ebenfalls angefertigt werden.65 Es ist typisch für die Archive, die auf Zweit- oder Spätgeborene zurückgehen, daß sich für die erste Generation kaum Erwerbsurkunden finden lassen, da diese – wenn es sie gab – beim ältesten Bruder verbleiben. 2.5.2. Ansprüche Dritter Gläubiger mit Forderungen gegen den Nachlaß Schulden des Erblassers müssen aus dem Nachlaß beglichen oder vom Erben übernommen werden. Verfügungen über Vermögensobjekte, die bereits verpfändet sind, sind ungültig, es sei denn, die Forderung samt Zins wird beglichen. Wurden Bürgen gestellt, so sind diese verpflichtet, den Gläubiger zu befriedigen, können aber den Betrag aus dem Nachlaß einfordern. In einem Fall hat ein Mann den mit Schulden belasteten väterlichen Nachlaß übernommen.66 Das verbliebene Vermögen repräsentiert nur noch den Betrag der Mitgiften seiner Ehefrau und seiner Mutter, die sein Vater beide vereinnahmt hatte. Die Richter sprechen den gesamten Nachlaß den Frauen zu und legen ausdrücklich fest, daß die Gläubiger des Erblassers und seines Sohnes auf diese Mitgiftäquivalente nicht zugreifen dürfen. Wenn die Frauen nicht für die Schulden ihrer Männer gebürgt haben und die Mitgift nicht verpfändet war, so sollte man bei Geschäftspartnern die Höhe der Anteile je nach Kapitaleinlage und Arbeitsaufwand bemißt. Die Betonung, der Onkel sei der jüngere Sohn, läßt eher auf eine ungeteilte Brüdergemeinschaft schließen. TCL 13 160 belegt die Auflösung einer Geschäftsverbindung nach dem Tod eines Partners. Die laufenden Geschäfte werden eingestellt bzw. getrennt fortgeführt. Mit keinem Wort ist erwähnt, daß der Sohn des verstorbenen Partners als Vertreter seiner Brüder agiert. Diese Tatsache war für die primäre Teilung irrelevant. Die Brüder hatten zwar schon ihr Erbe geteilt, aber diese Geschäftsverbindung bewußt davon ausgenommen. 64 YOS 17 348 // VS 20 86: Der jüngere von zwei Brüdern schreibt eines der beiden Exemplare. 65 Solche Kopien haben keine Siegelabrollungen der Notare, geben aber oftmals die Vermerke über Siegel und Fingernagelmarken an. Beschädigte Stellen werden mit ḫe-pí „abgebrochen“ bezeichnet, selbst wenn der Kopist die Lücken problemlos füllen könnte. 66 Edinb. 79; Transliteration, Übersetzung und Bearbeitung bei Ries 1984. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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diesem Fall entnehmen, sind sie offenbar nicht für die Rückzahlung verantwortlich. Ein kinderloses Ehepaar mit einem überschuldeten Nachlaß setzte Verwandte als Erben ein.67 Kurz vor ihrem Tod ließ die Frau noch zwei Sklaven frei, ohne zu bedenken, daß diese bereits verpfändet waren und sie dadurch kein Verfügungsrecht mehr hatte. Nachdem die Verwandten die Erbschaft ausgeschlagen hatten, sprach das Gericht die Sklaven demjenigen zu, der für die ursprüngliche Schuld des Ehepaares gebürgt und die Forderungen der Gläubiger des Ehepaares zu begleichen hatte. Das Vermögen von Sklaven Einige Sklaven versahen im Hause ihrer Eigentümer wichtige Funktionen und führten einen Teil der Geschäfte. Zu diesem Zweck hatte sie der Eigentümer mit Mitteln ausgestattet, durch die Gewinn erwirtschaftet wurde. So haben z. B. zwei Brüder gemeinsam Geschäfte betrieben und einer ihrer Sklaven auch, aber unabhängig von ihnen. Sowohl die dem Sklaven übergebenen Mittel als auch die Gewinne, die er auf dieser Basis erzielt hatte, zählen letztlich, wie der Sklave selbst, zum Eigentum des Verstorbenen, selbst wenn das Startkapital nur als Darlehen vorgestreckt und längst zurückgezahlt war.68 Auch bei der Egibi-Erbteilung in der vierten Generation ist von einer Sklavenfamilie (Mann, Frau und sechs Kindern) die Rede, die zwar von der Teilung ausgenommen, aber definitiv mit ihrem Haus und allen auf dem Markt befindlichen Guthaben, die der Sklave erwirtschaftet hatte, zum Vermögen der Egibis gezählt wurden.69 Zu einen späteren Zeitpunkt wurden sie als Sicherheit für hohe Summen an Silber verpfändet und vermutlich verkauft. Diese Beispiele machen deutlich, daß ein Sklave den Freikauf seiner selbst (wie etwa in Griechenland durch Verkauf an eine Gottheit mit darauf folgender Freilassung)70 mangels eigenem Vermögen nicht initiieren konnte. Es wundert daher nicht, dergleichen Urkunden in Babylonien nicht zu finden.

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Nbn 626; dazu Wunsch 1997–98, 68–70 mit Literatur. YOS 6 143. 69 Dar 379: 60–62. A DAM-šú DUMUmeš-šú [(x) É]-šú ù mim-ma-šú ma-la ba-šu-ú gab-bi šá i-na É ù i-na su-ú-qu a-ḫi ḪA.LA B it-ti C ù D i-leq-qé „(Was den Sklaven) A (angeht), seine Frau und seine Kinder, sein Haus und was auch immer ihm gehört und in seinem Haus und auf dem Markt ist: einen halben Anteil wird B mit C und D (seinen jüngeren Brüdern und Miterben) an sich nehmen.“ 70 Zu Sklavenfreilassungen in Griechenland siehe zuletzt ausführlich Zelnick-Abramovitz 2005. 68

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3. Erben nach der Mutter 3.1. Mitgiften Im Gegensatz zur altbabylonischen Zeit, als bei Heiraten Vermögenswerte in beide Richtungen – als Mitgiften71 (šeriktu, nudunnû), und Brautgabe72 (terḫatu, biblu) – verhandelt und übergeben wurden, also beide Herkunftsfamilien das Paar ausstatteten, geht in neubabylonischer Zeit – zumindest in der Oberschicht, deren Urkunden wir haben – der Transfer nur in eine Richtung: als Mitgift, nudunnû, von der Familie der Braut zur Familie des Bräutigams. Deren pater familias konnte die Mitgift in seine Geschäfte investieren. Dieser Umstand erklärt die erstaunlich engen Geschäftsbeziehungen von Schwiegervätern und -söhnen, die in fast allen Archiven aufscheinen. Wenn es um die Frage geht, ob die Mitgift als Erbe oder Erbersatz zu betrachten ist, herrscht kein Konsensus. Dies liegt zunächst an der Definition des Begriffes „erben“. Im engeren, juristischen Sinn erbt eine Tochter nicht, sondern erhält die Mitgift als Abfindung.73 Im weiteren, soziologischen Verständnis repräsentieren Mitgiften ein vorgezogenes Erbe.74 Beide Interpretationen sind aber nicht unumstritten, denn Frauen besitzen ihre Mitgift nicht, sondern der Nießbrauch liegt beim Ehemann und das Eigentum ist ihren künftigen Kindern verfangen. Sie sind also nur Träger oder Medium von Vermögen. Aber de facto bewirkt die Mitgiftbestellung einen nicht unerheblichen Transfer von Reichtum in weiblicher Linie und muß deswegen unbedingt hier behandelt werden.

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In ethnographischen Studien wird die (direkte) Mitgift auch als vorgezogene Vererbung interpretiert: Goody 1989; dazu siehe auch Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie, https://www.univie.ac.at/ksa/cometh/glossar/heirat/egga1.htm. Es ist allerdings anzumerken, daß die Höhe der Mitgift flexibel ist und nicht in einem proportionalen Verhältnis zum Erbe der Söhne steht. 72 Die Brautgabe (vom Bräutigam oder dessen Eltern an die Familie der Braut) wird auch als indirekte Mitgift bezeichnet; es ist sogar von „Kaufehe“ die Rede. Was die neubabylonische Gesellschaft angeht, so ist ein Beispiel eines Frauenkaufs zur Ehe belegt. Es handelt sich jedoch nicht um eine Frau aus der Oberschicht, sondern um eine Ziehtochter, die von ihrer Ziehmutter mit Blick auf ihre Versorgung im Alter aufgenommen worden war. Die Ziehmutter übergibt sie für eine halbe Mine Silber und einen Sklaven von ebendiesem Wert an einen Freigelassenen, dessen ehemaliger Besitzer die Mittel zur Verfügung stellt. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Braut als Sklavin, wie aus einem späteren Gerichtsurteil ersichtlich ist. Dazu Wunsch 1997–98, 62–67. 73 So z. B. Kraus 1969, 13. 74 „… all such transactions including dowry given to a woman at marriage can be considered advance payments of the heritage. Whether they occur pre-mortem or post-mortem they can all be thought of as propter mortem“ (Goody 1962, 279), zustimmend Skaist 1975, 243. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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3.1.1. Terminologie In den meisten Mitgifturkunden ist von nudunnû die Rede, der Terminus terḫatu (der in altbabylonischer Zeit die Brautgabe des Bräutigams bzw. seiner Familie an die Familie der Braut bezeichnet) erscheint nur einmal und wird dort synonym zu nudunnû gebraucht. Selten ist auch biblu, was ein Geschenk von Seiten der Schwiegermutter an ihre Schwiegertochter zu bezeichnen scheint.75 Schwieriger ist die Deutung von mūlugu, das nur dreimal vorkommt und jeweils Personen bezeichnet. Zum einen handelt es sich um zwei Individuen, die Teil einer größeren Gruppe Sklaven sind,76 im zweiten Fall um den Sohn einer als mūlugu bezeichneten Mutter, der ein Sklave (qallu) und Gegenstand einer Vermögensübertragung seiner Eigentümerin an ihre Tochter ist.77 Im dritten Fall geht es um eine Frau oder ein Mädchen (die einzige Person, die neben der betreffenden Mitgift genannt, aber nicht als Sklavin bezeichnet wird).78 Es könnte sich bei mūlugu um einen Terminus für jene Sklaven handeln, die einer Frau direkt gehören und dem Zugriff des Ehemannes entzogen sind – analog zum Silber, das sich ina quppi „in (ihrer) Schatulle“ befindet. Die Mitgift wird vom Vater der Braut (falls dieser nicht mehr lebt, von einem anderen Verwandten, der oder die als Familienoberhaupt agiert) immer mit der Braut an den Bräutigam (oder, falls sein Vater noch lebt, an diesen) übergeben (itti Tochter ana Bräutigam oder dessen Vater iddin). Nicht die Braut erhält also die Mitgift, sondern die Familie ihres Mannes. Zeit ihres Lebens kann der Ehemann Nutzen aus der Mitgift ziehen, danach ihre Kinder. Der Ehemann darf die Mitgift aber nicht veräußern oder in ihrem Wert schmälern (so zumindest in der Theorie). Aus dem Nießbrauchsrecht an der Mitgift ergibt sich die Verpflichtung des Ehemannes, Frau und Kinder standesgemäß zu versorgen. Zwar gab es genug

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Dazu Waerzeggers 2001. Von den drei dort aufgeführten Belegen stammen einer aus Babylonien und zwei aus Susa. 76 VS 5 43 // 44, siehe Baker 2004, Nr. 19a und b: A lúqal-la-šú DUMU šá B fmu-lu-gi-šú „A, ihr Sklave, Sohn der mulūgu B.“ Hier bezeichnet der Begriff die Mutter des Sklaven, die offensichtlich eine andere Stellung als eine amtu oder qallatu hat. 77 VS 4 46: Ein Geschäftsmann zahlt die Schulden seines Schwiegersohnes. Letzterer läßt seine Frau zwei Sklaven ku-um 2-ta a-me-lut-tú ri-iḫ-tú lúmu-lu-gu šá A u B šá C id-daáš-šú-nu-tu „für 2 Sklaven, die restlichen mūlugu-Leute von A und B, die C ihnen gegeben hat“ als Pfand (maškanu) ergreifen. Auch hier bezeichnet mūlugu Personen und wird parallel zu amēlūtu gebraucht. 78 TuM 2–3 1 (Roth 1989 Nr. 9): A mu-lu-gu … nap-ḫar 10 ú-di-e É ar-ku-tú u maḫ-ru-tú B a-na C id-din, „A, die mūlugu, (sowie) …, insgesamt 10 Stück Hausrat, hat B an C gegeben.“ Weder sind die Haushaltsutensilien in mūlugu eingeschlossen, noch ist das Mädchen Teil der Utensilien, noch wird das ganze als nudunnû bezeichent (die nudunnû wird in dieser Urkunde vorher abgehandelt). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Wege, ein Vermögen ohne Wissen der Ehefrau durchzubringen, aber der Empfänger einer Mitgift konnte – anders als in altbabylonischer Zeit – seine Familienangehörigen weder verpfänden noch verkaufen. Die Vorstellung, das ganze Vermögen zu verschwenden und darüber hinaus noch die eigene Frau zu verkaufen mag für uns zu drastisch klingen, aber es ist tatsächlich ein Fall belegt, der diesem Szenario erschreckend nahekommt. Ein Babylonier aus guter Familie hatte nicht nur sein eigenes Vermögen und die Mitgift seiner Frau verbraucht, sondern auch noch auf Schenkungen zugegriffen, die letztere nach dem Tod ihrer Mutter erhalten hatte.79 Zudem gab es zahlreiche Gläubiger mit offenen Forderungen. Auf ihr Ansinnen, er solle ihr angesichts der Mitgift, die sie in die Ehe gebracht hatte, angemessenen Unterhalt geben, beteuerte er, nichts mehr zu besitzen und entließ sie: Sie möge gehen, wohin sie will. Damit hat sie keine weiteren Verpflichtungen ihrem Manne gegenüber, aber auch kein Dach über dem Kopf. Die Scheidung bedeutet, daß sie sich einem Haushalt ihrer Wahl anschließen kann bzw. muß. Obwohl sie keine engen Familienangehörigen mehr hat, bei denen sie unterkommen könnte, erscheint die Scheidung immer noch als die bessere Option gegenüber einer Ehe mit einem notorischen Verschwender. Mit dem Übergang von der mehr oder weniger paritätischen Form von Heiratsgeschenken im zweiten Jahrtausend v. Chr. zu einem Mitgiftsystem hat sich offenbar die Stellung der Frau ihrem Mann gegenüber geändert. Den Aspekt des Erwerbens, Erhandelns oder Erkaufens, der bei Brautgabe bzw. -preis mitschwingt, gibt es nicht mehr – zumindest nicht bei denen, die sich eine Mitgift leisten konnten. Eine Konkurrenz, die Mitbewerber bei der Mitgift zu überbieten und sich deswegen zu verschulden, wie sie aus Indien bekannt ist, scheint es nicht gegeben zu haben. Über die Eheformen unter den Armen liegen wenig Erkenntnisse vor. Diese Familien sind aber auch für die Rekonstruktion des Erbrechtes kaum relevant. 3.1.2. Die Höhe der Mitgift Die absolute Höhe der Mitgift und ihr Verhältnis zu den (künftigen) Erbanteilen der Söhne ist in keiner Weise vorgeschrieben. Sie wird durch das Familienoberhaupt bestimmt und kann sich auf einem völlig anderen Niveau als die Erbteile der Söhne bewegen. Häufig ist zu beobachten, daß das Vermögen zugunsten der Söhne durch bescheidene Mitgiften an die Töchter geschont wird. Es kommt jedoch auf die Familienkonstellation an: wie viele Söhne und Töchter versorgt werden müssen und in welcher Weise die Verbindung mit dem Schwiegersohn von Vorteil ist. Im Kontext von Geschäftsbeziehungen kann eine Braut mit geringer Mitgift aus einer einflußreichen und ökonomisch erfolgreichen Familie durchaus

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BaAr 2 8. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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eine gute Partie sein.80 Bei beschränkten Ressourcen tendieren die Familien zu Heiraten im engeren Verwandtenkreis.81 Dasselbe gilt auch für jüngere Geschwister aus tendenziell erfolgreichen Familien, da dies das Vermögen bündelt.82 Mitgiften enthalten üblicherweise zunächst die Grundausstattung des Hauses: Küchengerät, Lampen, Möbel, Textilien. Darüber hinaus werden Sklavinnen mitgegeben, die Hausarbeit verrichten und die Kinder betreuen. Bei den höchsten Kreisen der Gesellschaft sind auch Häuser, Gärten und Ackerland Gegenstand von Mitgiften. Silberbeträge in unterschiedlicher Höhe sind belegt, von wenigen Schekeln bis zu vierundzwanzig Minen (ca. 12 kg).83 Beurkundung Eine Mitgiftbestellung bedarf der Schriftform (oder mindestens vertrauenswürdiger Zeugen), wie das folgende Beispiel zeigt. Eine Frau erhebt Anspruch auf einen in ihrem Haus dienenden Sklaven, da er zu ihrer Mitgift gehört. Zugleich macht der Tempel Rechte gültig, da der inzwischen verstorbene Schwiegervater ihn dem Tempel geweiht hatte.84 Die Tempelverwaltung fordert die Frau auf, einen Nachweis über die Mitgiftbestellung bzw. den Erwerb des Sklaven vorzulegen. Der Vorzugsanteil der ältesten Schwester Wenn mehrere Schwestern mit einer Mitgift zu versorgen sind, so erhält in manchen Familien die älteste Tochter einen Vorzugsanteil in doppelter Höhe, wie dies auch dem erstgeborenen Sohn zukommt.85 Die Bevorzugung der erstgeborenen

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Roth 1991 hat die Heiratsstrategien der Familie Egibi untersucht. In der dritten und vierten Generation werden Egibi-Frauen mit relativ kleinen Mitgiften verheiratet, aber Bräute mit üppigem Vermögen eingeworben. In dieser Zeit hatte die Familie offensichtlich einen hohen Prestigewert. In der fünften hielten sich die Mitgiften die Waage, was durchaus mit der schwierigen Situation nach der Erbteilung der drei Brüder der vierten Generation und dem allgemein schlechteren politischen Klima zusammenhängen könnte. 81 Waerzeggers 2002. 82 Auch beim Hauptzweig der Familie Egibi gibt es Beispiele für Endogamie bei jüngeren Geschwistern. In der zweiten Generation hat der Archivinhaber Nabû-aḫḫē-iddin („Nabû hat Brüder gegeben“ – der Name deutet auf mindestens zwei ältere Brüder hin) eine Qudašu // Egibi geheiratet; in der dritten Generation der dritte und jüngste Bruder Nergalēṭir eine Sūqāʾītu // Egibi; eine Tochter von Libluṭ (zweiter Sohn in der vierten Generation) heiratet einen Sohn des Kalbaia, des Adoptivsohnes des Nabû-aḫḫē-iddin, der gleichzeitig der leibliche Sohn von dessen Schwester ist. 83 Roth 1989–90 hat Umfang und Zusammensetzung von Mitgiften analysiert. 84 TCL 13 179. Hätte die Mitgiftbestellung bzw. -sicherung zu ihren Gunsten vor der Weihung stattgefunden, wäre die Weihung ungültig. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. 85 In CM 3 260 legt ein Mann testamentarisch fest, welchen Bräutigam seine älteste Tochter heiraten soll und weist ihr zwei kor (ca. 10.800 m2) landwirtschaftliches Grundstück und fünf Sklaven als Mitgift zu. Die jüngere Tochter soll demgegenüber nur ein kor und drei Sklaven erhalten. Laut Camb 214f. hat nach einer Dekade der für die älteste Tochter © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Tochter gegenüber ihren Schwestern scheint aber nicht in allen Familien praktiziert worden zu sein. Es gibt z. B. Fälle, in denen zwei Schwestern Mitgiftfelder oder Grundstücke, die nicht als Mitgiftgut ausgewiesen sind, je zur Hälfte teilen.86 Zwar ist nicht immer auszuschließen, daß noch eine ältere Schwester existiert haben könnte, aber man würde erwarten, daß diese dann ebenfalls einen Grundstücksanteil zugewiesen bekommen hätte und in den Urkunden als Miteigentümerin erwähnt würde. 3.1.3. Mitgiftbestellung Hinweise auf Mitgiftbestellungen sind wesentlich zahlreicher als Eheverträge,87 da die Abwicklung des ganzen Vorgangs langwierig ist und mehrere Familien involviert. In manchen Eheverträgen sind Mitgiften erwähnt, aber nicht in allen. Wenn eine Mitgift fehlt, betrifft die Urkunde meist Regelungen zu Scheidung, Ehebruch und Degradierung zur Zweitfrau. Aus den großen Privatarchiven sind kaum Eheverträge überliefert – wahrscheinlich tat die verbindliche Mitgiftbestellung der Form Genüge und die Absicherung der Braut gegen Verstoßung und Herabstufung war angesichts der Mitgift gegeben. Wer bestellt die Mitgift? Normalerweise bestellt der Vater die Mitgiften für seine Töchter, sofern er nicht verstorben ist. Des weiteren sind Mitgiftbestellungen durch Vater und Mutter gemeinsam,88 durch den Großvater mütterlicherseits,89 die Mutter,90 Bruder und vorgesehene Bräutigam die entsprechende Mitgift immer noch nicht erhalten (wahrscheinlich weil die Braut verstorben ist) und heiratet nunmehr die nächstjüngere Tochter. Die Mitgift beträgt aber nur ein kor und drei Sklaven, wie im Testament für die jüngere Tochter vorgesehen. Sie rückt also nicht in die erste Position nach. 86 BM 45526 betrifft die Teilung eines Mitgiftfeldes zweier Schwestern. Das Grundstück wird, wie üblich, quer zum Wasserlauf geteilt, um beiden Parteien Zugang zur Bewässerung zu geben. Die Stirnseiten am Euphrat sind gleich lang, d. h. die Anteile sind etwa gleich groß. In BaAr 2 30, einer Vermögensübertragung, ist zwar die Beschreibung des Anteils der älteren Tochter nicht erhalten, aber es heißt: „An den geflohenen Sklaven (und) allem, was A (der Mutter) gehört, haben B und C (die Töchter) gleichen [Anteil]“. Hier gibt die Bestimmung über Restposten und Außenstände wie üblich den Verteilungsschlüssel an. BaAr 2 39 zufolge teilen zwei Schwestern ein Grundstück a-na a-ḫa-a-tú „zu gleichen Teilen.“ Weder Größe noch Lage des Grundstücks sind angegeben, nur die Nachbarn an den Längsseiten werden genannt. Von Interesse ist also lediglich, wer welche Hälfte bekommt. 87 Zu den Eheverträgen siehe Roth 1989, Wunsch 2003, Abraham 2005–06, Still 2019. 88 TCL 13 179, OECT 10 43. 89 BM 32205. 90 VS 6 95 (Roth 1989, Nr. 10): Teile wurden bereits zuvor vom Vater bestimmt. TCL 13 200: die Mutter hat die Mitgift zumindest übergeben. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Mutter zusammen91 sowie durch den Bruder oder Brüder.92 War eine Frau verwitwet oder emanzipiert, konnte sie selbst über die Mitgift bestimmen.93 Zusätzliche Mitgift Der Vater und andere Verwandte (z. B. Tante oder Großmutter94) konnten darüber hinaus die Mitgift aufstocken. Frauen setzten dafür entweder Mittel aus der eigenen Mitgift ein oder solche, die aus Schenkungen, ihrer eigenen Schatulle oder Geschäften bzw. Zins von Darlehen herrührten. Wann wird die Mitgift bestellt? Die Mitgift einer Tochter wird spätestens zu ihrer Heirat bestellt, was gewöhnlich noch zu Lebzeiten des Vaters erfolgt.95 Wird der Bräutigam nicht erwähnt, so wird man davon ausgehen können, daß noch kein Bräutigam bestimmt und keine Ehe arrangiert worden ist. Derartige Verfügungen sind insbesondere dann notwendig, wenn ein Mann in fortgeschrittenem Alter eine kleine Tochter, Nichte oder Enkelin zu bedenken hat und die Höhe ihrer Ausstattung nicht dem Gutdünken seiner Erben überlassen will.96 Auch für strategische Familienallianzen können Kinder 91

Roth 1989, Nr. 26. BM 46711; BM 47001; Roth 1989, Nr. 15 (vom Vater bestimmt und noch eine extra Mitgift); Roth 1989, Nr. 28; TBER 93 f.; TCL 13 179 (ursprünglich vom Vater bestimmt, stark reduziert); Brüder: Nbn 990; Roth 1989, Nr. 32. 93 L 1634; Roth 1989, Nr. 29. 94 Cyr 111: Die Schwester des Vaters (a-ḫa-ti […]) bestellt der Nichte (DUMU.SAL ŠEŠ-šú) ein Grundstück und drei Sklaven zusätzlich zur Mitgift, die ihr der Vater bestimmt hat. OECT 10 161: Die Großmutter bestellt der Enkelin zusätzlich vier Minen Silber als Mitgift, die der Ehemann im Empfang nimmt. Zuvor hatte sie bereits Silber (Betrag nicht erhalten) und drei Sklaven als zusätzliche Mitgift gegeben, der Vater hatte darüber hinaus eine Mitgift bestellt (Camb 216). 95 Siehe Roth 1997 zum Heiratsalter: Frauen sind jünger als Männer bei der ersten Heirat, etwa 14 bis 20 Jahre alt; Männer heiraten mit 26 bis 32 Jahren. Allerdings gibt es Fälle, in denen Männer jünger heiraten. 96 AnOr 8 18: Ein Vater bestellt seiner Tochter eine Sklavin als Mitgift. Die sich anschließenden Fluchformeln sind länger als der Vertragstext und lassen vermuten, daß der Vater fürchtet, seine Verfügung könnte nach seinem Tod von den Erben ignoriert werden. Nbk 403: Ein Vater hatte im Angesicht des Todes sein gesamtes Vermögen an seine Ehefrau übertragen und seiner einzigen Tochter eine Mitgift bestellt. Als er sich nachträglich für den Fall seiner Rekonvaleszenz das Nießbrauchs- und Verfügungsrecht über sein Vermögen vorbehält, bestätigt er ausdrücklich die Ansprüche seiner Tochter auf die versprochene Mitgift. Mitgiften, die zu Lebzeiten des Vaters der Tochter bestimmt wurden, ohne daß ein Ehevertrag aufgesetzt wurde: VS 6 95 (= NRV 3; Roth 1989, Nr. 10): Ein Vater hatte seiner Tochter noch zu Lebzeiten eine Mitgift bestimmt und sicher auch den Bräutigam ausgewählt, da es sich um einen engen Verwandten handelt. Die verbindliche Mitgiftbestellung erfolgt aber erst nach seinem Tod durch die Mutter im Rahmen eines Ehevertrages. Ein 92

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schon sehr früh bestimmt werden. Das neubabylonische Gesetzesfragment behandelt u. a. den Fall, daß der Vater stirbt, ohne alle Töchter mit Mitgiften ausgestattet zu haben. Leider ist die Bestimmung nur unvollständig überliefert:97 „Ihre Schwestern, die (noch) im Vaterhaus wohnen, […].“ Auf Basis der Urkundenbelege ist zu erwarten, daß die Verpflichtung, die Schwestern mit Mitgiften auszustatten, dem Erben auferlegt wird. 3.1.4. Die Übergabe der Mitgift Mitgiftversprechen bedienen sich der Formel ana nudunnê iddin, „hat er als Mitgift gegeben“, auch wenn die Übergabe zum Zeitpunkt der Ausstellung der Urkunde noch gar nicht erfolgt ist.98 Die Urkunde bezeugt also nicht die Übergabe, sondern das verbindliche Versprechen. Welche Objekte wirklich übergeben wurden, geht aus Quittungen und Klageverzichten hervor. Stirbt der Vater, bevor er die versprochene Mitgift an den Ehemann der Tochter bzw. dessen Vater übergeben hat, dann obliegt diese Pflicht seinen Erben, in der Regel den Söhnen. Der Frau selbst wird die Mitgift normalerweise nicht ausgehändigt, sondern der neue pater familias verheiratet seine Schwester und regelt die Übergabe an die Familie des Ehemannes. Wenn dies nicht sofort nach dem Tod des Vaters oder im Zuge der Erbteilung in die Wege geleitet wird, wenn etwa der Bräutigam noch nicht bestimmt wurde oder die Braut sehr jung ist, dann steht der Schwester in der Zwischenzeit Unterhalt zu. Eine entsprechende von Richtern bestätigte Regelung als Ergebnis eines Rechtsstreits bzw. einer außergerichtlichen Vereinbarung der Parteien ist überliefert.99 Wann wird die Mitgift übergeben? Der Zeitpunkt der Mitgiftübergabe hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist von Fall zu Fall verschieden, je nachdem, welches Alter die Ehepartner haben und welchen Zweck die Eltern mit der Heirat ihrer Kinder verfolgen. Ging es um Geschäftsinteressen, lieferte man die Mitgift, insbesondere Geldbeträge, sofort oder zügig aus, während man sich mit dem Hausrat Zeit ließ.100 Aber oft wartete man vergleichbarer Fall dürfte auch dem Ehevertrag Roth 1989, Nr. 15 zugrunde liegen: Ein Bruder verheiratet seine Schwester und bestellt ihre Mitgift, darunter ein Grundstück, das ihr Vater bereits als ihre Mitgift vorgesehen hatte. 97 § 15 v 43f.: aḫ-ḫa-ti-šú-nu šá ina É AD áš-ba-a-ma […]. 98 Darauf macht Roth 1989, 8 mit Anm. 40 aufmerksam. 99 BaAr 2 11 mit ausführlichem Kommentar. 100 Die Urkunde CM 3 137 gibt an: [x] MA.NA KÙ.BABBAR ŠÁM GImeš e-lat 1[5+3] MA.NA KÙ.BABBAR nu-dun-nu-ú maḫ-ru-ú šá ina lìb-bi 13 MA.NA KÙ.BABBAR SUM-nu nu-dun-nuú šá A šá B u A DAM-šú ina UGU-ḫi C e-lat 10 LÚ-tú u ú-di-e É šá ina IGI C „x Minen Silber, Kaufpreis eines Hausgrundstücks – abgesehen von 18 Minen früheren Mitgiftsilbers, wovon 13 Minen Silber ausgezahlt sind – die Mitgift der A, (Forderung) von B und A, seiner Frau, (gehen) zu Lasten von C (Vater von A). Abgesehen von 10 Sklaven und Hausrat, die C zur Verfügung stehen.“ Hier hat offensichtlich die Geldzahlung Priorität. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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die Geburt eines Kindes ab, und selbst danach konnte es zu erheblichen Verzögerungen kommen. Wenn die Braut vor der eigentlichen Hochzeit starb, oder kinderlos blieb oder samt Kind die Geburt nicht überlebte, dann bestand kein Anlaß, die versprochene Mitgift zu übergeben. Wenn der Bräutigam bzw. Ehemann sich in einem solchen Falle entschloß, die nächstjüngere Schwester zu heiraten, um die angestrebte Verbindung der Familien dennoch zu knüpfen, so konnte er nicht damit rechnen, die ursprünglich versprochene Mitgift in voller Höhe zu erhalten. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, in welcher wirtschaftlichen Situation sich die Familie der Braut befand, denn es gab diesen Vorgang auch in der gutsituierten Familie Egibi.101 Ein weiteres Beispiel zeigt einen Mann, der seiner Tochter eine Mitgift bestellt hatte.102 Es handelte sich um ein landwirtschaftliches Grundstück, ein Haus, drei Sklaven und zehn Minen Silber. Die Tochter war jedoch gestorben – ebenso ihr Vater – offensichtlich ohne daß die Mitgift übergeben worden war. Nunmehr ist der Bräutigam bzw. Ehemann im Begriff, die jüngere Schwester zur Frau zu nehmen und fordert von deren Bruder eine Mitgift. Der Bruder erklärt, seit dem Tod des Vaters habe sich das Familienvermögen reduziert, und bietet ihm folgenden Kompromiß an: Das landwirtschaftliche Grundstück wird durch ein anderes – von geringerem Wert, wie wir annehmen dürfen – ersetzt. Die drei Sklaven und das Hausgrundstück bleiben Bestandteil der Mitgift, auf die zehn Minen Silber muß der Bräutigam jedoch verzichten. Darüber hinaus verzichtet er auch auf weitere vier Minen Silber, die er und sein Vater dem Vater der Braut für geschäftliche Zwecke geliehen hatten. Dieser Urkunde liegt das Prinzip von § 9 des neubabylonischen Gesetzesfragmentes zugrunde, wonach ein Vater eine bereits verbindlich zugesagte Mitgift reduzieren darf, wenn sich sein Vermögen drastisch verringert hat.103

BM 46962: Mitgiftquittung über drei Minen Silber; der versprochene Hausrat wurde noch nicht übergeben. BM 46711: Mitgiftquittung bzw. -teilquittung sofort bei Mitgiftbestellung. TBER 93 f.: Mitgiftquittung ist im Ehevertrag enthalten. 101 Das bekannteste, aber keineswegs einzige Beispiel (Cyr 143) stammt aus dem EgibiArchiv: Der Vater bestellt (iddin) eine Mitgift für seine älteste Tochter. Neun Jahre später heißt es in Camb 214, von dieser Mitgift habe der Bräutigam noch nichts ausgehändigt bekommen (ul ma-ḫi-ir). Ohne Not wird dem Bräutigam, der die nächstjüngere Tochter geheiratet hat, nur die für die zweite Schwester vorgesehene, kleinere Mitgift bewilligt. 102 TCL 12 32. 103 § 9 iii 23–27: LÚ šá nu-dun-nu-ú a-na DUMU.SAL-šú iq-bu-ma lu-ú ṭup-pi iš-ṭu-ru-šú u ar-ki NÍG.ŠID-šú im-ṭu-ú a-ki-[i] NÍG.ŠID-šú šá re-e-ḫi nu-du[n-n]u-ú a-na DUMU.SAL-šú inam-din. „(Was) einen Mann (betrifft), der eine Mitgift seiner Tochter (verbindlich) zugesagt hat oder ihr (darüber) eine Tafel ausstellen lassen hat, und dessen Vermögen sich danach reduziert hat: Entsprechend seinem Vermögen, das (ihm) verblieben ist, wird er eine Mitgift seiner Tochter geben.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die Besonderheit im vorliegenden Fall ist der Umstand, daß die Familie nicht nur von geschäftlichem Mißerfolg, sondern auch von anderen Schicksalsschlägen betroffen wurde: dem Tod von Vater und Tochter. Daher mußte nicht nur die Mitgift verringert, sondern auch die Braut ersetzt werden. Der Bräutigam, sein Vater und sein Schwiegervater hatten offensichtlich bereits längere Zeit geschäftlich zusammengearbeitet. Die persönlichen Bindungen waren daher stark genug, um einen einvernehmlichen Weg aus der schwierigen Situation zu suchen. Wer erhält die Mitgift? Die Mitgift wird bei der Bestellung mit der Braut an den Ehemann versprochen. Wer sie wirklich in Empfang nimmt, darüber geben nur die Mitgiftquittungen Auskunft.104 Meist quittiert der Ehemann, aber es kommen – je nach Familiensituation – auch andere Empfänger in Frage, z. B. der Vater oder Großvater des Ehemannes. Aus Mitgiftumwandlungen (s. im folgenden) geht hervor, daß es oftmals der Vater des Ehemannes war, der die Mitgiftgüter, insbesondere das Silber, in Empfang genommen und in seine Geschäfte integriert hat. Unvollständige Übergabe der Mitgift Wenn sich die Übergabe der Mitgift hinzog, wurde die Angelegenheit formalisiert und Verpflichtungsscheine über die noch nicht übergebene, also geschuldete, Mitgift ausgestellt. Der nominelle Schuldner war der Vater der Ehefrau oder dessen Rechtsnachfolger, als Gläubiger können der Ehemann oder beide Ehepartner in der Urkunde genannt sein.105 Eine Prozeßurkunde wirft Licht auf einen besonderen Fall: Ein Mann, der die Mitgift der Ehefrau seines Vaters (die wahrscheinlich seine Stiefmutter ist) nach dem Tod des Vaters herausgeben soll, sagt aus, sein Vater habe nur einen Teil davon erhalten: „Von der Mitgifturkunde über vier Minen Silber, die A mit B, meinem Vater, ausgestellt hat, sind mehr als 1 1/2 Minen Silber, einschließlich dem Wert der Sklaven, an meinen Vater nicht gegeben worden. Wegen des Restes des Silbers hat mein Vater einen Vertrag mit A geschlossen.“106 104

Z. B. BM 45534: Mitgiftquittung über drei Sklaven. BM 26544: Mitgiftquittung über zwei landwirtschaftliche Grundstücke im Wert von zehn Minen Silber, zwei Sklaven und Hausrat, entsprechend seiner früheren Urkunde (a-ki-i imDUB-šú, Z. 18). Waerzeggers 2002, Nr. 1: Mitgiftquittung über eine Mine Silber, ein Schekel Gold und Bronzegeräte, entsprechend seiner/ihrer Urkunde (a-ki-i imDUB-šú). 105 BM 46797: Der Bruder der Ehefrau schuldet als Rechtsnachfolger seines Vaters drei Minen Mitgiftsilber, die noch nicht übergeben worden sind; nomineller Gläubiger ist der Ehemann. Es gibt einen Fälligkeitstermin, aber keinen Zins. 106 Edinb. 69: i-na ṭup-pi nu-dun-ni-e šá 4 MA.NA KÙ.BABBAR šá A it-ti B AD-ia taš-ṭu-ru al-la 1 1/2 MA.NA KÙ.BABBAR a-di ŠÁM LÚ-tú a-na AD-ia la na-din aš-šum re-ḫe-et © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Das interessante an diesem Fall liegt darin, daß offenbar die Ehefrau selbst den Rest der Mitgift schuldig blieb. Ihre Mitgift könnte, wenn sie nicht ledig, sondern verwitwet war, noch nicht in vollem Umfang verfügbar gewesen sein, solange sie im Familienvermögen des ersten, verstorbenen Mannes steckte. In solchen Fällen konnte es durchaus vorkommen, daß sie nach viel Zank und Streit nicht mehr intakt zum Vorschein kam. 3.1.5. Die Bewirtschaftung der Mitgift Während der Ehe dient der Ertrag der Mitgift dem Unterhalt der Familie, ohne daß im Idealfall ihre Substanz angegriffen wird. Dieses generelle Prinzip wird zwar nirgends formuliert, das neubabylonische Gesetzesfragment erwähnt es aber im Zusammenhang mit dem Fall einer Frau, die mit einer Mitgift ausgestattet war und nach dem Tod ihres ersten Ehemannes wieder heiratet. Der neue Partner hat mit ihr gemeinsam das Nutzrecht an der Mitgift: „Solange sie lebt, werden sie miteinander daran Nießbrauch haben (wörtlich: Brot davon essen).“107 Es steht dem Ehemann bzw. dessen Vater als pater familias zu, die Mitgift zu bewirtschaften und zu diesem Zweck in das Familienvermögen zu inkorporieren. Während Sklaven Dienst tun und Häuser, Gärten oder Felder selbst genutzt oder vermietet werden können, bringt Silber an sich kein Einkommen, es sei denn, man wandelt es um oder vergibt es als Darlehen. Tut man dies, ist das Silber nicht mehr gegenständlich vorhanden und es droht Verlust. Deshalb ist es unbedingt notwendig, bei Transaktionen die Herkunft des Silbers aus der Mitgift zu erwähnen. Die Vergabe von Mitgiftsilber als kurz- oder langfristiges Darlehen ist gut bezeugt.108 Der Kauf von Grundstücken war ebenfalls einträglich und sicher.109 Auch über die Vermietung von Häusern, Verpachtung von Feldern und Gärten und Vermietung von Sklaven gibt es zahlreiche Belege.

KÙ.BABBAR AD-ú-a

la maḫ-ri AD-ú-a rik-sa-a-tum it-ti A ur-tak-kis. § 13 iv 38–40: a-di UDmeš bal-ṭa-[tu] a-ka-lu it-ti a-[ḫa-meš] ina lìb-bi ik-k[a-lu]. 108 Z. B. Cyr 317 // TCL 13 214: Ein Mann verleiht kurzfristig (für drei Tage) Mitgiftsilber seiner Frau und nimmt ein Grundstück als Pfand. BM 47428: Silber der Mitgift wird gegen Zins verliehen. Der Ehemann erscheint zwar als nomineller Gläubiger des Verpflichtungsscheines, aber eine Zusatzklausel besagt kasap nudunnê ša A „(Es handelt sich um) Mitgiftsilber der A.“ BM 22088: Verpflichtungsschein über [x] Minen zehn Schekel Silber mit Hauspfand und Zinsantichrese. Wie im vorigen Beispiel ist der Ehemann nomineller Gläubiger und es findet sich eine gleichlautende Zusatzklausel, die den Schuldbetrag als Mitgiftsilber ausweist. OECT 10 72 betrifft 30 Schekel Silber, wohl Mitgiftsilber oder das Ergebnis einer Mitgiftumwandlung. Die Frau erhält drei Jahre lang Verpflegung in Form von Datteln als Zins, danach soll sie das Silber zurückerhalten. 109 TCL 13 223: Erbteilung. Es geht u. a. um Häuser und Grundstücke, „die im Namen von A, ihrer Mutter, gekauft worden sind“, šá a-na MU šá A AMA-šú-nu maḫ-ra. 107

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Mitgift und Unterhalt Eine Mitgift begründet ein Recht auf Unterhalt gegenüber demjenigen, der die Mitgift in Besitz hat. Eine unverheiratete Schwester, der der Vater vor seinem Tod eine Mitgift bestimmt hat, kann vom Bruder bzw. den Brüdern, die das väterliche Erbe übernommen haben, Unterhalt beanspruchen, solange sie nicht verheiratet und die Mitgift nicht an ihren Ehemann übergeben ist.110 Es ist generell davon auszugehen, daß ein Ehemann verpflichtet ist, seine Frau und seine Kinder mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen, wobei es keine Rolle spielt, ob und in welcher Höhe er eine Mitgift erhalten hat. Normalerweise setzen die Ehe- und Mitgifturkunden den Unterhalt stillschweigend voraus. Erst dann, wenn der Ehemann diesen Pflichten nicht nachkommt, werden entsprechende vertragliche oder administrative Regelungen getroffen. Daß eine Mitgift einen Unterhaltsanspruch der Ehefrau gegenüber ihrem Ehemann begründet, geht indirekt aus einer Scheidungsurkunde – der einzigen bislang bekannten aus dieser Periode – hervor.111 Da der Ehemann das gesamte Vermögen verbraucht hat und die Frau nicht versorgen kann, ist sie offensichtlich an einer Scheidung interessiert. Allerdings kann sie keine Scheidung aussprechen oder fordern, weil nur der Mann eine Scheidung initiieren kann. Sie verlangt daher die Einhaltung des Ehevertrags – Unterhalt für sich selbst – um ihren Mann zum Offenbarungseid zu zwingen. Im übrigen haben auch Frauen, die keine (oder nur eine sehr geringe) Mitgift in die Ehe gebracht haben, Anspruch auf einen Mindestunterhalt. Wenn der Ehemann diesen nicht leistet, schreiten z. B. bei tempelangehörigen Arbeitskräften die Behörden ein. Eine Urkunde aus dem Tempelarchiv von Sippar behandelt den Fall einer nicht erwartungsgemäß versorgten Frau.112 Sie beklagt sich, daß der Ehemann bis dato keinen Unterhalt, ipru piššatu u lubuštu, „Nahrung, Salböl und Kleidung“, leistet. Der Ehemann erhält die Auflage, Brot, Bier, Öl, Salz, Kresse, Wolle und Schafe bereitzustellen, während die Frau im Gegenzug verpflichtet wird, Kleidungsstücke für ihn anzufertigen. Auch wenn eine Frau das Nutzrecht an ihrem Mitgiftgut zu Lebzeiten ihren Kindern oder anderen Verwandten überträgt, ist damit ein Unterhaltsanspruch verbunden.113 Wenn Vermögensobjekte veräußert oder entzogen werden, die zur

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BaAr 2 11 überliefert eine richterliche Absegnung einer außergerichtlichen Einigung über den Unterhalt, den Brüder ihren unverheirateten Schwestern leisten müssen. Den Frauen wird je ein Liter Brot pro Tag zugesprochen, „bis sie einem Ehemann gegeben werden“, adi muḫḫi ša A ana muti tannamdinu. 111 BaAr 2 8. 112 Cyr 339. 113 BM 45436 und BM 46709: Eine Frau überschreibt ihre (Mitgift)grundstücke an ihren Sohn und ihren Neffen. Im Falle des Sohnes geht das Nutzrecht sofort an ihn über; die © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Mitgift einer Frau gehören oder ihr vertraglich als Ersatz übereignet worden sind – also für ihren Unterhalt als Witwe bestimmt sind – dann obliegt demjenigen, der die Objekte entzogen hat, die Pflicht zur Unterhaltsleistung.114 Wenn Mitgiftgut als Darlehen vergeben wird, kann der Zins entweder ins Familienvermögen fließen (mit Unterhalt durch den Ehemann) oder die Frau erhält ihn, um für sich selbst zu sorgen.115 Die bereits erwähnte Prozeßurkunde um die nicht vollständig übergebene Mitgift zeigt noch ein anderes Detail.116 Nachdem die Richter den Nachlaß des Erblassers geprüft hatten, stellte sich heraus, daß er nur noch den Wert der tatsächlich übergebenen Mitgiften von Stiefmutter und Ehefrau des Erben repräsentierte. Damit war der Ehemann mittellos und hatte vermutlich noch weitere Schulden geerbt. Die Richter urteilten, daß seine Gläubiger keinen Anspruch auf die Mitgiften haben (da beide Frauen offensichtlich weder gebürgt haben noch als Mitschuldner aufgetreten sind), und der Ehemann soll von seiner Frau alimentiert werden. „A wird mit B, seiner Ehefrau, in (Anbetracht) ihrer Mitgift Nahrung und Kleidung nehmen.“ Diese Formulierung unterscheidet sich geringfügig vom normalen Nießbrauch, wenn es heißt: A itti B akalu ikkal „A wird mit B Nutzrecht genießen (wörtlich: Brot essen).“ 3.1.6. Wer erbt die Mitgift? Stirbt der Ehemann, und die Frau hat keine Kinder, so kehrt die Mitgift, die ja ursprünglich zu ihrer Versorgung und als Erbe ihrer Kinder bestimmt war, entweder mit ihr in das Vaterhaus zurück oder wird, wenn ihr Vater schon gestorben ist, an sie selbst ausgehändigt. Dieses Grundprinzip wird in § 10 des neubabylonischen Gesetzesfragmentes folgendermaßen formuliert:117 „(Was) einen Mann (betrifft), der seiner Tochter eine Mitgift gegeben hat, und sie hat weder Sohn noch Tochter, und das Geschick hat sie geholt: Ihre Mitgift kehrt in ihr Vaterhaus zurück.“

entsprechende Stelle in der anderen Urkunde ist weggebrochen aber sicher ebenso zu ergänzen. Im Gegenzug übernehmen Sohn und Neffe die Versorgung der Frau mit dem Lebensnotwendigen. 114 BM 32083: Eine Frau hat Sklaven, die ihr anstelle von Mitgiftgut übertragen worden waren, an ihre Enkelin als Mitgift übereignet. Ihr Sohn (der seine Tochter mit der Mitgift hätte ausstatten müssen) und dessen Ehefrau verpflichten sich, der Mutter, die auf ihren Sklaven zugunsten der Enkelin verzichtet hat, im Gegenzug Unterhalt in Form von Brot, Bier und Kleidung zu geben. 115 OECT 10 72. 116 Edinb. 69: 37a–39: A it-ti B áš-šá-ti-šú a-na nu-dun-ni-e-šú a-ka-lu u lu-bu-uš-tum i-leq-qa. 117 § 10 iii 32–37: LÚ šá nu-dun-nu-ú a-na DUMU.SAL-šú id-di-nu-ma DUMU u DUMU.SAL la ti-šu-ú u šim-ti ub-lu-uš nu-dun-na-a-šú a-na É AD-[šú] i-ta-a-ri. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die folgende Urkunde belegt die praktische Umsetzung dieser Regelung.118 Silber, Kleidungsstücke, Sklaven, Bronzegerät und Hausrat, die der Bruder der verstorbenen Frau als Mitgift übereignet und dem Schwager übergeben hatte, gibt der Schwager nunmehr an die Brüder der Frau zurück. Es wird explizit ausgesagt, daß die Ehefrau keine Kinder (Söhne oder Töchter) geboren hat. Dieses Beispiel beweist indirekt, daß auch die Geburt einer Tochter, nicht nur die eines Sohnes, den Verbleib der Mitgift in der Familie des Ehemannes bewirken würde, da auch eine Tochter auf die Mitgift ihrer Mutter Anspruch hätte. Nicht eindeutig läßt sich die Frage beantworten, was geschieht, wenn eine Frau zwar ein Kind geboren (tūlid), aber keine lebenden Nachkommen hinterlassen hat, weil das Kind vor ihr gestorben ist. Man würde erwarten, daß es dann heißt, sie habe keine Kinder, wie in § 10 (māru u mārtu ul tīši) bzw. es gebe keine Kinder (māru u mārtu iānu / ul ibaššû). Ein eindeutiges Beispiel fehlt bislang. Das neubabylonische Gesetzesfragment regelt in § 12 auch den Fall, daß der Ehemann vor seiner kinderlosen Frau verstirbt:119 Sie erhält das Äquivalent ihrer ursprünglichen Mitgift zurück. Die Anwendung dieser Regel belegt der folgende Fall.120 Nach dem Tod des Ehemannes erhält die Witwe vom Erben ihres Mannes ein Ersatzobjekt für ein Mitgiftgrundstück „Mitgift [für] Mitgift.“ Die Klausel „ihr Rechtsstreit miteinander ist beendet“ deutet auf eine vorausgegangene Auseinandersetzung. Kinder als Erben der Mitgift Söhne und Töchter haben gleichermaßen Anspruch auf die Mitgift und den sonstigen Nachlaß der Mutter. Söhne schließen also die Töchter nicht aus. Der Ehemann erbt nichts, kann aber die Mitgift weiterhin verwalten und das Einkommen nutznießen, solange er die Kinder angemessen versorgt und das Kapital unangetastet bleibt. Geschieht dies nicht, muß die Familie der Verstorbenen im Interesse der Kinder einschreiten, wie der folgende Fall belegt.121 118

BM 54719: DUMU.NITA u SAL A la-IGI B lúDAM-šú [l]a tu-li-du. A šim-tum ú-bil-lu-šú … „Sohn oder Tochter hat A dem B, ihrem Ehemann, nicht geboren, (und) A hat das Geschick geholt …“ a-ki-i imDUB nu-dun-nu-ú MU-tim … „entspreched dieser Urkunde“ (gemeint ist die der Mitgiftbestellung bzw. -übergabe). 119 § 12 iv 9–15: DAM-tum šá nu-dun-na-a-šú mu-ut-su il-qu-ú DUMU u DUMU.SAL la ti-šúú u mu-ut-su ši-im-ti ub-lu ina NÍG.ŠID šá mu-ti-šú [nu]-dun-nu-ú ma-la nu-dun-nu-ú i[n]nam-din-šú „(Was) die Ehefrau (betrifft), deren Mitgift ihr Ehemann an sich genommen hat (und) die weder Sohn noch Tochter hat und deren Ehemann das Geschick geholt hat: (ein Äquivalent) für die Mitgift in Höhe der (ursprünglichen) Mitgift wird ihr gegeben.“ 120 BM 109858: te-er-ḫa-tum [ku-um te]-er-ḫa-ta A a-na B … dib-bi-šú-nu it-ti a-ḫa-[meš qa-tu]-ú. Es sei darauf hingewiesen, daß es sich um den einzigen neubabylonischen Beleg für terḫatu handelt und der Gebrauch des Wortes dem von nudunnû entspricht. 121 BM 82655: 2 MA.NA KÙ.BABBAR [… šá it-ti] A [a-ḫa-t]i-i-ni [a-na nu-du]n-nu-ú n[i-id-d]i-na-ak-ka A [… šim-t]i ú-bi-il-ši-ma e-nin-ni […] ŠUII ma-di-i-ti ta-áš-šá-ki-im-ma B lúqal-lat-ti ta-aṣ-bi-e-ma a-na KÙ.BABBAR tap-ṭar-ra-áš-šú a-na © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Zwei Brüder erinnern den Ehemann ihrer verstorbenen Schwester daran, daß sie dieser zwei Minen Silber als Mitgift mitgegeben hatten. Sie werfen ihm vor, damit verschwenderisch umzugehen, zumal er eine Sklavin ausgelöst bzw. gekauft und zur Ehefrau gemacht habe. Sie fordern ihn auf, seinen gesamten Besitz an seine beiden Söhne aus erster Ehe zu überschreiben. Er gibt nach und überschreibt sein gesamtes Vermögen an seine Söhne. Er behält zeitlebens Nießbrauch am Vermögen, muß sich jedoch gleichzeitig einem vollständigen Verfügungsverbot unterwerfen. Dieses Vorgehen zielt darauf ab, eventuelle Nachkommen aus der Verbindung mit der ehemaligen Sklavin vom Erbe auszuschließen und einen weiteren Verfall der Ressourcen zu verhindern. Offenbar hat sich das Familienvermögen schon so weit reduziert, daß es gerade noch den Wert der Mitgift repräsentiert oder sogar darunter liegt. Nur vor diesem Hintergrund ist die Zustimmung des Ehemannes zu diesen drastischen Maßnahmen zu verstehen. Bei Tod des Ehemannes und Wiederverheiratung der Frau nimmt sie die Mitgift in die neue Ehe mit. Der Fall wird im § 13 des neubabylonischen Gesetzesfragmentes behandelt:122 „Ein Mann hat eine Ehefrau geheiratet, und sie hat ihm Kinder geboren. Dann hat diesen Mann das Geschick geholt, und diese Frau beabsichtigt, in das Haus eines anderen einzutreten: Die Mitgift, die sie aus ihrem Vaterhaus mitgebracht hat, und alles, was ihr ihr Ehemann geschenkt hat, nimmt sie an sich, und der Mann ihrer Wahl (wörtlich: ihres Herzens) wird sie heiraten. Solange sie lebt, werden sie miteinander daran Nießbrauch haben (wörtlich: Brot davon essen).“ Wenn es keine anderweitigen Verfügungen gibt (und auch keine Töchter existieren, wie wir annehmen müssen), teilen die Söhne die Mitgift ihrer Mutter nach dem gleichen Verhältnis wie das Erbe nach dem Vater, d. h. mit einem Vorzugsanteil für den Ältesten. Eine Urkunde liefert einen Praxisbeleg.123 Sie beginnt: „Tafel über den Anteil an einem Hausgrundstück, dem Mitgiftobjekt der A, ihrer Mutter, den B abgeteilt und C, seinem Bruder, (als) seinen Anteil am Haus gegeben hat.“ Der Anteil des jüngeren Bruders beträgt 8 2/3 Rohr. Die Urkunde erwähnt außerdem, daß es wegen der Teilung zu einem Rechtsstreit gekommen war, áš-šá-ti-ka ta-tuturur „Bezüglich der zwei Minen Silber …, die wir mit A, [unserer Schwester, als Mit]gift dir gegeben haben: A hat das Geschick geholt. Jetzt … hast du eine lockere Hand und die Sklavin B hast du genommen und für Silber hast du sie ausgelöst. Zur Ehefrau hast du sie gemacht.“ Ich verdanke die Kenntnis dieses Textes Caroline Waerzeggers. 122 § 13 iv 26–40. LÚ DAM i-ḫu-uz-ma DUMUmeš ú-lid-su ár-ki LÚ šu-a-ti šim-ti ú-bil-šu-ma a-mel-tum šu-a-ti a-na É šá-ni-i e-re-bi pa-ni-šú il-ta-kan nu-dun-na šá ul-tu É AD-šú tu-ub-lu u mim-ma šá mu-ut-su iš-ru-ku-šú i-leq-qé-e-ma mu-t[i] lìb-bi-šú iḫ-ḫas-[si] a-di UDmeš bal-ṭ[a-tu] a-ka-lu it-ti a-[ḫa-meš] ina lìb-bi ik-k[a-lu]. 123 Cyr 128: ṭup-pi ḪA.LA šá GImeš É nu-dun-‹nu›-ú šá A AMA-šú-nu šá B (Filiation) ú-za-i-zu-ma a-na C (Filiation) ŠEŠ-šú ḪA.LA-šú šá É id-di-nu; dazu gehört BM 30504 (Vermessungsprotokoll). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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den die Richter entschieden und den besagten Anteil dem jüngeren Bruder zugewiesen haben. Das zugehörige Vermessungsprotokoll (ohne Ort und Datum) gibt die Gesamtfläche des bebauten Hausgrundstücks mit knapp 26 1/4 Rohr an. Der Anteil des jüngeren Bruders macht demnach ziemlich genau ein Drittel aus. Schwestern werden nicht erwähnt. Töchter als Erben der Mitgift Auf den Nachlaß der Mutter einschließlich Mitgift haben auch die Töchter Anspruch:124 So überträgt ein Mann ein Hausgrundstück und einen Dattelgarten als Ersatz für vier Minen Mitgiftsilber an Ehefrau und Tochter, nachdem sein Schwiegervater Druck auf ihn ausgeübt hatte. Zugleich bestimmt er den Rest seines Vermögens seinen Söhnen. Hier liegt der Verdacht nahe, daß die Söhne aus einer früheren Ehe stammen und daher keinen Anspruch auf die Mitgift der zweiten Ehefrau haben. Daher wird die Tochter als einzige Mit- bzw. Nacherbin ihrer Mutter eingesetzt. Festlegung der Anteile Feste Regeln, nach denen die Mitgift verteilt wird, sind nirgendwo explizit formuliert und wahrscheinlich auch nicht vorhanden. Vielmehr scheint es, als habe die Mutter einen recht großen Spielraum zu bestimmen, wer wieviel erhalten soll, solange es sich bei den Begünstigten um ihre Kinder handelt. Da die Mitgift auch ihrer Versorgung im Alter dient, erhält häufig derjenige einen größeren Anteil oder die gesamte Mitgift, der sie versorgt und in sein Haus aufnimmt, sollte sie nicht beim ältesten Sohn bleiben (der wegen seines Vorzugsanteils grundsätzlich für sie sorgen sollte, wenn er als neuer pater familias ihre Mitgift bewirtschaftet). Ihr Verfügungsrecht endet, wenn nach einer Umwandlung von Mitgiftobjekten der Ehemann die neuen Objekte bestimmten Erben überschreibt.125 Verfügungsbeschränkungen kann sich auch die Frau auferlegen. 3.1.7. Verfügungsbeschränkungen bezüglich der Mitgift Daß dem Ehemann nur das Nutz- aber kein Verfügungsrecht an der Mitgift zusteht, wurde bereits dargestellt. Da die Zuteilung von Mitgiftanteilen von persönlichen Präferenzen und zugesicherten Gegenleistungen beeinflußt ist, muß sich die Geberin manchmal Beschränkungen auferlegen, wie im folgenden:126 Die Mutter hat ihrer Tochter bei deren Heirat ihr gesamtes Vermögen, das sie von 124

BM 26487. Diese Praxis erlaubt dem Ehemann, indirekt über die Verteilung der Mitgift zu bestimmen und damit das Verfügungsrecht der Ehefrau außer Kraft zu setzen. 126 VS 6 95: [UD-mu ma]-la A bal-ṭa-at-tum … ul ta-šal-laṭ-ma mim-ma ina lìb-[bi] a-na man-ma ul ta-nam-din ni-is-ḫu ina muḫ-ḫi ul ta-na-as-sa-ḫu. „[Solange] A lebt, wird sie 125

über … nicht verfügen und nichts davon an jemand anderen geben. Abzüge wird sie davon nicht machen.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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ihren Eltern erhalten hatte, als zusätzliche Mitgift vermacht. Das Vermögen soll aber erst dann an die Tochter übergehen, wenn diese ein Kind geboren hat. Bis dahin erlegt sich die Mutter ein Verfügungsverbot auf, indem sie verspricht, nichts zu verschenken oder anderweitig zu vergeben. Über das Nutzrecht ist nichts ausgesagt, es dürfte aber zunächst noch bei der Mutter liegen. Sollte sie die Mitgift dem Schwiegersohn zur Nutzung überlassen, können wir erwarten, daß sie im Gegenzug von der Tochter bzw. deren Mann versorgt wird. 3.1.8. Sicherstellung der Mitgift Wenn der Ehemann oder dessen Vater Mitgiftsilber in Geschäfte investiert oder Objekte, die zur Mitgift gehören, verkauft, ist das Mitgiftgut nicht mehr gegenständlich greifbar und es liegt die Gefahr nahe, daß die Substanz der Mitgift angegriffen wird. Wie zahlreiche Urkunden zeigen, war dies eine reale Gefahr, und es galt, im Interesse der Frau einzuschreiten. Meist kam der Anstoß von ihren Verwandten, die die Situation im Auge behielten. Hatte die Frau keinen Fürsprecher mehr, konnte sich, ohne von ihr bemerkt zu werden, die Mitgift buchstäblich in Luft auflösen. Dies kann mit verschiedenen Manipulationen erreicht werden. Wird bei Darlehen der Ursprung des Silbers aus der Mitgift nicht vermerkt, behandelt man es wie Ressourcen aus dem Familienvermögen. Wird ein Mitgiftgrundstück ohne Wissen der Ehefrau antichretisch verpfändet (d. h. mit einer Schuld belastet und dem Gläubiger das Nutzrecht überlassen, statt Zins zu zahlen), kann dieser Status jahrelang unverändert bestehen bleiben, da der geschuldete Zins durch den Verzicht auf die Einkünfte erbracht wird. Dieser Tatbestand kann der Ehefrau durchaus verheimlicht werden, da der Eigentumstitel bei Verpfändung nicht an den Gläubiger übergeht.127 Gibt dann jedoch das Vermögen nicht mehr genug her, um das Grundstück auszulösen, war dieser Teil der Mitgift verloren. Es ist nicht notwendigerweise Verschwendungssucht oder Bösartigkeit des Ehemannes, die zum Verlust der Mitgift führen; sie konnte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten oder familiären Notsituationen aufgebraucht werden. Mit Zustimmung der Ehefrau konnte die Mitgift ohne weiteres verpfändet oder verkauft werden. Gründe gab es also viele, warum eine Sicherung der Mitgift zu Gunsten der Frau gefordert wurde. Riskante Geschäftsunternehmen bargen trotz hoher Gewinnerwartung immer Gefahren, zumal dann meist alles verfügbare Silber eingesetzt wurde. So wendet sich z. B. ein Schwiegervater an den geschäftstüchtigen Schwiegersohn:128 127

Erst wenn ein Kauf vollständig abgewickelt ist, erhält der neue Eigentümer den Titel (ummi eqli), der den Kauf oder sonstigen Erwerb durch den nunmehrigen Verkäufer beweist. Die Verpfändung wird nicht – wie in der angelsächsischen Rechtstradition – in einen Kauf und Wiederkauf gekleidet. 128 Nbk 265: 7 MA.NA KÙ.BABBAR 3 a-me-lut-tum ù ú-di-e É e-lat 3 MA.NA KÙ.BABBAR šá ina qu-up-pu it-ti A DUMU.SAL-ia a-na nu-dun-ni-e ki-i ad-dak-ka lúTÚKmeš šá UGU B © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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„(Was) sieben Minen Silber, drei Sklaven und Hausgerät – abgesehen von drei Minen in (ihrer) Schatulle – (betrifft): nachdem ich sie mit meiner Tochter dir als Mitgift gegeben habe, haben die Gläubiger deines Vaters darauf zugegriffen.“ Daraufhin überschreibt der Schwiegersohn seiner Frau sieben Sklaven und „alles, was er hat, in Stadt und Land.“ Weil die Sklaven dem Wert der Mitgift nicht ganz entsprachen, verfügte er noch eine Generalhypothek. Etwas anders liegt der folgende Fall:129 Ein Mann, der seiner Tochter vier Minen Silber mitgegeben hatte, beschwert sich bei seinem Schwiegersohn, daß dieser verschwenderisch damit umgehe. Er fordert den Schwiegersohn auf, Ersatzobjekte an Ehefrau und Tochter zu überschreiben: „Etwas von deinem Vermögen übertrage (als Eigentum) an A (die Ehefrau) und B, ihre Tochter!“ Es folgt die Übertragung von einem Hausgrundstück und einem Dattelgarten an Ehefrau und Tochter. Die Initiative zur Sicherstellung der Mitgift kann aber auch von der Ehefrau selbst ausgehen bzw. in der Urkunde so dargestellt sein:130 „(Was) acht Minen Silber …, die du (als) Mitgift aus dem Hause des A, meines Vaters, mitgenommen hast, und 50 Schekel Silber aus meiner Schatulle, die du (ebenfalls) genommen hast, (betrifft): überschreibe etwas (als Gegenwert) für meine Mitgift und gib [(es) mir]!“ Notfalls muß ein Gerichtsbeschluß erwirkt werden. Die Richter untersagen z. B. in einem Fall, künftig Darlehen einem Mann zu geben, den ein anderer der Verschwendung (qātu zarītu) bezichtigt hat.131 Wer es dennoch tut, geht seines Geldes verlustig. Wer könnte einen solchen Gerichtsbeschluß erwirken? Sicher nur diejenigen, deren Rechte durch die Verschwendungssucht bedroht sind. Das wären die Brüder, solange die Erbengemeinschaft nicht geteilt ist, die Ehefrau, deren Mitgift es zu schützen gilt, und die Kinder, deren Erbe bedroht ist. Darüber hinaus könnten ehemalige Geschäftspartner zu solch drastischen Mitteln greifen, solange es noch Außenstände gibt. In diesem Falle ist kein Verwandtschaftsverhältnis angegeben, aber der Kläger wird wohl in der Familie der Ehefrau zu suchen sein. Im schlimmsten Fall können – wie wir bereits beim Falle der Scheidung wegen Unvermögens, für den Unterhalt der Ehefrau zu sorgen, gesehen haben – die gesamte Mitgift und weitere ererbte Vermögenswerte verloren sein.

AD-ka

nu-šur-ru-ú ina lìb-bi i-šak-ka-nu. BM 26487: en-na ŠUII ma-di-tum ta-at-taš-kan … mim-ma i-na NÍG.ŠID-ka ku-nu-uk-ma pa-ni A ù B DUMU.SAL-šú šu-ud-gil. 130 81-7-27,201 (ohne BM-Nummer): 8 MA.NA KÙ.BABBAR … nu-din-nu-ú ul-tu É A AD-iá ta-at-ta-šú ù 5/6 MA.NA KÙ.BABBAR ul-tu qu-up-pi-iá ta-at-ta-šú mim-ma ku-mu nu-din-ni-e-a ku-nu-uk-ma i-bi-[nam]. 131 TCL 12 86. 129

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Pfandbestellung an die Ehefrau Eine drastische Form, Mitgiftsilber abzusichern, stellt eine Pfandbestellung dar. So wird z. B. ein früheres Guthaben des Brautvaters zu Lasten des Ehemannes, für das ein Haus(teil) als Pfand bestellt war, in eine durch Pfand gesicherte Forderung der Ehefrau gegenüber dem Ehemann umgewandelt:132 „[Drei Minen] Silber, Mitgiftsilber der A (der Ehefrau), hat B, der Ehemann der A, von C (dem Vater der A) erhalten. Der nach Osten gerichtete Hausflügel des B ist Pfand der A für diese drei Minen Mitgiftsilber … Bis … (Termin) wird C den (früheren) Verpflichtungsschein über drei Minen Silber zu Lasten von B, für den der Hausflügel nach Osten als Pfand genommen war, herbeibringen und an B aushändigen.“ Die Ehefrau wird hier zur nominellen Gläubigerin, ihr Ehemann, der ursprünglich Schuldner ihres Vaters war, wird ihr Schuldner, soll aber den Schuldtitel seines Schwiegervaters (der nun kein Gläubiger mehr ist) zurückbekommen. Durch diese Zession ist eine zukünftige Verpfändung desselben Hauses durch den Ehemann nicht möglich. Da das Silber aber als Mitgiftsilber ausgewiesen ist, dessen Nutzung dem Ehemann zusteht, müssen wir annehmen, daß die Ehefrau kein Anrecht auf eventuelle Einkünfte aus der Vermietung des Hauses hatte. Umwandlung von Mitgiftbestandteilen Die übliche Form, auf die Forderung der Ehefrau oder ihrer Verwandten nach Sicherung der Mitgift einzugehen, bestand darin, anstelle der verbrauchten Ressourcen gleichwertige Objekte an die Ehefrau als Mitgiftersatz zu überschreiben. Das Formular ist anders als das der Mitgiftbestellung. Es ähnelt vielmehr dem der Vermögensübertragung, mit einem wichtigen Zusatz. Es lautet: Ehemann Objekt pān Ehefrau kūm nudunnê iknuk-ma ušadgil „der Ehemann hat das Objekt der Ehefrau unter Ausstellung einer offiziellen Urkunde anstelle der Mitgift (als Eigentum) übertragen.“ Auch einem solchen Fall mußten sich die Richter des Königs widmen.133 Eine Frau hatte zu einem früheren Zeitpunkt bereits gegen die Verwandten ihres verstorbenen Mannes geklagt und ein Grundstück von zwei kor (ca. 21.600 m2) als Kompensation für 13 1/3 Minen Mitgiftsilber auf richterlichen Beschluß zugesprochen bekommen, aber immer noch nicht erhalten. Ihr werden nunmehr zwei kor aus dem Vermögen des Beklagten (ihres Schwagers) zugewiesen. Ein Feld 132

BM 46962: [3 MA.N]A KÙ.BABBAR nu-dun-nu-ú šá A (Filiation) B (Filiation) mu-tum šá A ina ŠUII C (Filiation) ma-ḫi-ir É ‹im›KUR.RA šá B maš-ka-nu šá A ku-um KÙ.BABBAR-ʼ 3 MA.NA … a-di … ú-ìl-tì šá 3 MA.NA KÙ.BABBAR «KÙ.BABBAR» šá É ‹im› KUR.RA maš-ka-nu šá ina muḫ-ḫi B C i-na-áš-šá-am-ma a-na B i-nam-din. 133 BM 113908: Wunsch 1999–2000, 254. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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samt Dattelgarten dieser Größe in Stadtnähe wäre tatsächlich so viel wert gewesen, aber die Frau erhielt ein Objekt, das weiter entfernt lag, überwiegend aus Ackerland bestanden haben dürfte, und demnach von wesentlich geringerem Wert war. Diese Urkunde zeigt, daß es für eine Frau sehr schwierig sein konnte, die Verwandten ihres verstorbenen Mannes zur Herausgabe von Mitgiftgut zu veranlassen, selbst wenn ihr Anspruch außer Frage stand. In einem anderen Fall hatte der Ehemann bereits sechs Rohr Hausgrundstück und vier Sklaven seiner Ehefrau überschrieben. Nunmehr fügt er vier weitere Sklaven hinzu, um insgesamt acht Minen Silber und 30 Schekel Gold aus der Schatulle der Ehefrau zu kompensieren.134 Es lassen sich weitere zahlreiche Beispiele anführen. In der Regel wird Mitgiftgut durch Sklaven oder Grundstücke, also gegenständlich greifbare Werte, ersetzt. 3.1.9. Teilung der Mitgift nach dem Tod der Mutter Wenn eine Frau nur einmal verheiratet war und aus dieser Ehe Kinder hervorgegangen sind, so gehört die Mitgift, die sie aus ihrem Vaterhause mitgebracht hat, ihren Kindern. Sie gehört nicht dem Ehemann; dieser kann sie aber im Interesse der Kinder weiterhin verwalten und die Einkünfte verbrauchen, wie ein Beispiel belegt.135 Ob Töchter automatisch einen Anteil an der Mitgift ihrer Mutter beanspruchen können, wenn sie selbst bereits eine Mitgift erhalten haben und Söhne vorhanden sind, kann nicht entschieden werden. Möglicherweise ist dies nur der Fall, wenn es keine Söhne gibt oder der Anteil der Töchter vorab festgeschrieben wurde. Schenkungen, die die Ehefrau vom Vater, vom Ehemann oder von anderer Seite erhalten hat, gehören, sofern keine Nacherben bestimmt wurden, ebenfalls ihren Kindern. Unklar ist auch hier, nach welchem Schlüssel später die Verteilung erfolgt. Wenn es in der Verfügung hieß, die Frau könne die Schenkung demjenigen ihrer Kinder zuwenden, „das sie liebt“, dann sind Präferenzen eindeutig beabsichtigt. Insbesondere sollen dann Pflege und Zuwendung für die Mutter im 134

BM 46654. Einen ähnlichen Fall behandelt TCL 13 200: Der Eheman „gibt“ (iddin) seiner Frau zwei Sklaven anstelle (ku-ú) von zwei Minen Silber ihrer Mitgift, die er von der Schwiegermutter erhalten hatte. Die Sklaven „gehören“ der Ehefrau (pān … tidgulu). OECT 10 43: (zwei Sklaven) lúUNmeš É! šá A šá ku-um 3 MA.NA 10 GÍN KÙ.BABBAR nu-du-un-ni-e šá A DAM-šú B AD-šú šá C ik-nu-ku-ma a-na A id-di-nu „(Zwei namentlich genannte Sklaven) der A, die anstelle von drei Minen und zehn Schekel Silber aus der Mitgift von A, seiner Ehefrau, B, der Vater von C, unter Ausstellung einer offiziellen Urkunde an C gegeben hatte …“ OECT 10 56: Ein Mann überschreibt nach üblichem Formular einen Teil seines Hauses, eine Rohrhütte und einen Sklaven anstelle von (a-ki-i) Mitgiftsilber an seine Ehefrau. 135 BM 82655: Der Ehemann hatte zwei Minen Silber als Mitgift übernommen. Nun überschreibt er seinen gesamten Besitz (nikkassašu mala bašû) an seine beiden Söhne aus erster Ehe. Er behält zeitlebens Nießbrauch am Vermögen (akalu … ina nikkassīšu ikkal), muß sich jedoch gleichzeitig einem vollständigen Verfügungsverbot unterwerfen. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Alter honoriert werden. Wenn eine Schenkung mit dem ausdrücklichem Hinweis auf freie Verfügung erfolgt, steht es der Frau frei, an wen sie die geschenkten Vermögensobjekte vergibt oder veräußert.136 Die Empfänger dürften aber auch dann unter den näheren Verwandten zu suchen sein, es sei denn, mit der Vergabe von Vermögen an Außenstehende sollen Versorgungsleistungen im Alter abgegolten werden. Kinder der Mutter aus verschiedenen Ehen Wenn Nachkommen einer Frau aus mehreren Ehen vorhanden sind, so teilen sich diese die Mitgift zu gleichen Teilen. Dies ist explizit im neubabylonischen Gesetzesfragment formuliert, das den Fall einer Frau behandelt, die ihrem Ehemann Kinder geboren hat, nach dessen Tod noch einmal geheiratet, ihre ursprüngliche Mitgift in die zweite Ehe eingebracht und auch dem zweiten Ehemann Kinder geboren hat:137 „Wenn sie (auch) ihrem (zweiten) Ehemann Kinder geboren hat, haben nach ihr(em Tod) die früheren und späteren Kinder bezüglich ihrer Mitgift gleichen Anteil.“ Problematisch bleibt die Interpretation insofern, als nicht klar ist, ob DUMUmeš als „Söhne“ oder in seiner allgemeineren Bedeutung als „Kinder“ wiederzugeben ist. Von ausschlaggebender Bedeutung wäre dies, wenn aus einer der beiden Ehen nur Töchter (bzw. eine Tochter) hervorgegangen wären. Hätten diese dann gegenüber ihren Halbbrüdern Anspruch auf die Hälfte der Mitgift? Wenn man von dem Grundsatz ausgeht, daß auch eine Tochter die Rückkehr der Mitgift ins Elternhaus der verstorbenen Ehefrau verhindert und daraus folgert, auch die Tochter habe Anspruch auf die Mitgift neben ihren Brüdern, sollte dies auch bei mehreren Ehen der Mutter gelten. Hier läßt die Überlieferung aber keinen klaren Schluß zu. Bislang läßt sich nur der Fall belegen, daß zwei Söhne einer Mutter mit verschiedener Filiation, also aus verschiedenen Ehen der Mutter stammend, ihre Mitgift zu gleichen Teilen erben.138

136

BM 32205 (Wunsch 1995–96, Nr. 2): A … pa-ni B … DAM-šú a-na UD-mu ṣa-a-ti ú-šad-gil. B [a-šar pa-n]i-šú maḫ-ru ta-nam-din. „A hat … an B …, seine Ehefrau, … auf ewige Zeiten (als Eigentum) übertragen. B kann es geben, [wohin sie] will.“ VS 5 129 und VS 5 35 betreffen einen ähnlichen Fall, siehe den Kommentar bei San Nicolò / Ungnad 1935, 28f. 137 § 13 vi 41–46: šum-ma a-na mu-[ti-šú] DUMUmeš it-t[a-al-du] ár-ki-šú DUMUmeš [ár-ku-ti] u DUMUmeš maḫ-[ru-ti] nu-dun-[na-a-šú] a-ḫa-a-t[i šu-nu]. 138 Cyr 168: ṭup-pi ḪA.LA šá A ù B ina nu-dun-ni-e šá C AMA-šú-nu i-uz-zu-zu 6 GImeš šá a-na kàs-pi nu-dun-ni-e šá C AMA-šú-nu ma-ḫír ina lìb-bi 3* GImeš A ku-um ḪA.LA-šú a-šar ṣe-bu-ú i-ṣab-bat 3 GImeš B ku-um ḪA.LA a-ki ṣe-bu-ú i-ṣab-bat … „Tafel über die Anteile, die A und B von der Mitgift der C, ihrer Mutter, abgeteilt haben: (Was) die sechs Rohr (Hausgrundstück), die für Mitgiftsilber der C, ihrer Mutter, gekauft worden sind, © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die kinderlose Witwe Eine kinderlose Witwe, die eine Mitgift oder Schenkung erhalten hat, kann auf diese zurückgreifen, sofern sie noch vorhanden ist. Wenn sie keine Mitgift erhalten hat, sieht das neubabylonische Gesetzesfragment folgendes vor:139 „Wenn sie keine Mitgift hat, werden die Richter das Vermögen ihres Ehemannes ansehen (= schätzen) und entsprechend dem Vermögen ihres Ehemannes wird ihr etwas gegeben.“ Praxisbelege dafür sind nicht nachweisbar. In einem Fall hatte der Ehemann seiner Frau eine Pfründe überschrieben.140 Die kinderlose Witwe sah sich in einer Notsituation zum Verkauf gezwungen, denn „es ist kein Brot im Haus.“ Die Geschiedene Eheverträge können eine Bestimmung enthalten, wonach der Ehemann, sollte er seine Frau verstoßen oder zur Zweitfrau degradieren, fünf oder sechs Minen Silber an sie zahlen muß, obwohl sie selbst nur eine bescheidene oder gar keine Mitgift in die Ehe eingebracht hat. Diese „Scheidungsklausel“ ist eher als Anti-Scheidungsklausel zu charakterisieren und dürfte abschreckenden Charakter haben, da sie jenseits der finanziellen Möglichkeiten des Ehemannes liegt. Ein Urkundenbeleg über die Zahlung eines solchen Betrags fehlt bislang und ist auch kaum zu erwarten. Im folgenden Ehevertrag stellt sich die Situation jedoch anders dar, weil der Mann bei Vertragsbruch bestimmte Objekte aufs Spiel setzt:141 „Wenn A eine andere Ehefrau über B einsetzen sollte, dann gehören eine … Anbaufläche (und) die Anbaufläche, die C, der Vater von A, [… gekauft(?) hat,] der B. Sie kann gehen(!), wohin [sie will].“ Wenn jemand gehen kann oder soll, wohin er bzw. sie will, dann bedeutet dies, aus allen bisherigen Rechten und Pflichten entlassen zu werden.142 Diese Formel kommt als terminus technicus u. a. bei Scheidungen zur Anwendung. Im erwähnten Fall soll die Geschiedene als Entschädigung für die unverschuldete Verstoßung das freie Verfügungsrecht über zwei Grundstücke erhalten, wahrscheinlich (betrifft), so wird davon drei Rohr A als seinen Anteil, wo immer es ihm beliebt, in Besitz nehmen. Drei Rohr wird B als seinen Anteil nach seinem Willen in Besitz nehmen.“ 139 § 12 iv 21–25: š[um-m]a nu-dun-nu-ú la ti-i-ši lúDI.KU5 NÍG.ŠID šá mu-ti-šú im-ma-[ár]-ma ki-i NÍG.ŠID šá mu-ti-šú mim-ma in-nam-din-šú. 140 AchHist 15 115. 141 Roth 1989, Nr. 15 = BM 61434(+)62729: UD-mu A áš-šá-tum šá-ni-tum a-na mu[ḫ-ḫi] B ul-te-ši-bu 1 gur? ŠE.NUMUN zaq-p[i …] ŠE.NUMUN šá C AD šá A [… pa-ni] B id-da-gal a-šar [pa-ni-šú] maḫ-ri ta-lik-ki. 142 Wunsch / Magdalene 2014, siehe auch Anm. 16. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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über das zu ihrer Mitgift gehörige und ein weiteres, das aus dem Familienvermögen des Ehemannes stammt. Somit erscheint diese Klausel nicht nur zur Abschreckung; ihr Inhalt könnte im Ernstfall wohl auch eingeklagt und realisiert werden. Ähnlich realitätsnah mutet die Bestimmung in einem anderen Ehevertrag an, auch wenn nicht klar ist, wie es um die materielle Situation des Bräutigams bestellt ist:143 „Wenn A (der Bräutigam) eine andere Ehefrau heiratet, dann wird A eine Mine Silber an B (die Braut) zahlen.“ Das besondere ist, daß die Braut wahrscheinlich verwitwet war und die Bedingungen ihrer Heirat selbst ausgehandelt hat. Sie bringt eine Mitgift von 20 Schekeln Silber, Braugerät und Hausrat in die Ehe ein. Es ist durchaus möglich, daß sie ein Gewerbe betrieb, und das Scheidegeld scheint unter diesen Bedingungen angemessen. Daß die Frau im Falle einer unverschuldeten Scheidung ihre Mitgift zurückerhält, versteht sich von selbst. Unklar ist hier, ob der Betrag von einer Mine Silber die Mitgift einschließt oder nicht. In einer anderen Urkunde wird dieser Punkt klargestellt, da die Rückgabe der Mitgift zur Strafzahlung noch hinzukommt.144 Die Höhe des Scheidegeldes erscheint hier realistisch, wenn man bedenkt, daß die Braut 2 1/2 Minen als Mitgift erhält und dem Paar darüber hinaus 1 2/3 Minen in der Form einer biblu-Gabe von Seiten der Familie der Braut zur Verfügung stehen. Andererseits hat das Scheidegeld dieselbe symbolische Höhe wie bei den armen Bräuten und dient gleichzeitig als Abschreckungsmittel bei Vertragsbruch. Urkunden über Scheidungen sind extrem selten.145 3.1.10. Verfügungen der Frau bezüglich ihrer Mitgift Es scheint, daß Frauen ein Verfügungsrecht über ihre Mitgift mindestens teilweise zugestanden wird. Eine Frau weist z. B. ihrem Sohn aus erster Ehe und ihrem zweiten Ehemann je die Hälfte ihrer Mitgift (nudunnû) und ihres sonstigen Besitzes (mimmašu mala bašû) zu.146 Der Ehemann soll darüber hinaus von seinem Anteil eine Mine Silber für seine Tochter abzweigen. 143

L 1634 (Joannès 1989, 236f.), Ehevertrag. UD-mu šá DAM-«šú» šá-ni-tú i-ḫa-az-ʼ 1 A a-na B i-na-ad-din. 144 TBER 93f.: Ehevertrag. ki-i A a-na B DAM-šú un-daš-ši-ir ù DAM šá-ni-tum a-na muḫ-ḫi-šú ul-te-šib-bi 5 MA.NA KÙ.BABBAR e-lat nu-dun-nu-ú-šú i-nam-din „Wenn A (der Bräutigam) B (die Braut) entläßt und eine andere Ehefrau über sie stellt, wird er fünf Minen Silber – abgesehen von der Mitgift – zahlen.“ Die Vertragsparteien tragen ägyptische Namen. Die Klausel ist zudem eher prohibitiven Charakters. 145 BaAr 2 8. 146 TCL 13 174. BM 46709: Eine Frau überschreibt eines ihrer Mitgiftgrundstücke an ihren Sohn. Auch das Nutzrecht geht sofort an den Sohn über; im Gegenzug übernimmt er die Versorgung der Mutter mit dem Lebensnotwendigen (ipru piššatu u lubuštu). BM 45436 (vor denselben Zeugen und daher wahrscheinlich am selben Tag wie BM 46709 ausgestellt): Dieselbe MA.NA KÙ.BABBAR

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Das Prinzip, dem zufolge die Mitgift zunächst den Kinder vorbehalten ist, wird auch auf sonstiges Vermögen einer Frau übertragen:147 Unter bestimmten Bedingungen hat die Ehefrau freies Verfügungsrecht über ihre Mitgift. Im neubabylonischen Gesetzesfragment heißt es dazu: „… die Mitgift kann sie ihrem Ehemann, oder wem immer sie will, geben.“148 Leider ist der Anfang dieses Paragraphen, der die Voraussetzungen beschreibt, stark beschädigt. Die Mitgift an den Ehemann allein oder gar Außenstehende zu vergeben, solange Kinder der Frau am Leben sind, scheint undenkbar, denn die Kinder hätten als erste einen Anspruch darauf. Dieser Paragraph gilt also vermutlich für jene Frauen, deren Kinder vor ihnen gestorben sind, oder Kinderlose, die Vater und Brüder überlebt haben, also nicht ins „Haus des Vaters“ zurückkehren können. 3.2. Die Veräußerung von Ehevermögen 3.2.1. Die Ehefrau als Mitschuldnerin Dem Verkauf von Vermögenswerten geht in der Regel ein Schuldverhältnis voraus. Diente ein Grundstück zunächst als Sicherungspfand, wandelte man es bei Zinsschulden in ein antichretisches Pfand um, d. h. dem Gläubiger wird Nutzung bzw. Ertrag zugestanden. Von diesem Moment an muß der Schuldner sein eigenes Haus mieten, sein Feld pachten oder auf die Dienste eines verpfändeten Sklaven verzichten. Unter diesen Umständen ist es umso schwieriger, den ursprünglichen Schuldbetrag zurückzuzahlen. Solche Schuldverhältnisse können über lange Zeit bestehen bleiben, da sie nicht mit weiteren Zahlungen verbunden sind. 3.2.2. Der Verkauf von Mitgiftgut In politisch unruhigen oder wirtschaftlich schwierigen Zeiten – wenn die Ernte mißraten ist und Hunger im Lande herrscht – müssen dennoch Steuern gezahlt und Dienste dem Staat gegenüber geleistet werden. In solchen Situationen bleibt Eheleuten keine andere Wahl als auf das Mitgiftgut zuzugreifen, um zu überleben. Ein solcher Fall wird von einer Ehefrau geschildert, als sie ihren Mann später um Frau überschreibt ihren Anteil an einem weiteren Grundstück, dessen andere Hälfte ihrer Schwester gehört, an ihren Neffen, den Sohn ihres Bruders. Auch in diesem Fall schuldet ihr der Neffe daraufhin Unterhaltsleistungen. 147 VS 6 95: Ehevertrag. Die Mutter bestellt ihrer Tochter zusätzlich zur Mitgift, die der Vater ihr bestimmt hatte (seinen Anteil an der Erbengemeinschaft mit seinem Bruder), ihre eigene Mitgift und ihr gesamtes sonstiges Vermögen als Mitgift. Das Eigentum soll erst nach dem Tod der Mutter oder nach der Geburt eigener Kinder an die Tochter übergehen; die Mutter erlegt sich zwischenzeitlich ein Verfügungsverbot auf. TCL 12 6: Eine Frau überschreibt ihr Vermögen (nikkassu) an ihre Schwester, erklärt aber einen Sohn, sollte sie ihn wider Erwarten doch noch haben, zum Alleinerben. Es ist anzunehmen, daß der Begriff „Vermögen“ hier auch die Mitgift umfaßt. 148 § 11 iv 6–8: n[u-d]un-na-a-šú a-na mu-ti-šú u a-na man-ma šá pa-ni-šú maḫ-ru ta-nam-din. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Übereignung eines angemessenen Gegenwerts für ihren verkauften Sklaven bittet:149 „Als das Tor (wegen Belagerung) geschlossen war, hast du A, meinen Mitgiftsklaven, für Silber gegeben (= verkauft); du und deine Brüder, ihr habt davon gegessen, und die Leute deines Hauses haben überlebt …“ Beim Verkauf von Grundstücken ist häufig die Ehefrau als Zeugin zugegen, um etwaige Ansprüche von ihrer Seite auszuschließen, falls das Grundstück als Kompensation für Mitgiftgut ihr ganz oder teilweise überschrieben worden sein sollte. Auch ein Bruder kann Mitgiftgut veräußern, solange die Mitgift für seine Schwester nicht vollständig übergeben wurde:150 So verkauft in einem Fall ein Bruder, offensichtlich um Schulden zu begleichen, ein Grundstück, von dem sein Vater einen Teil seiner Tochter als Mitgift bestellt hatte: „(Was) das Silber (für) den Kauf dieses Grundstücks (angeht), so ist eine Mine Silber anstelle der Mitgift der A, der Schwester des B. A ist die Tochter des C (Vater des B).“ Auch Sklaven, die verkauft werden, werden gelegentlich als zur Mitgift gehörend bezeichnet.151 3.2.3. Protest der Ehefrau gegen den Verkauf von Vermögensobjekten Die Ehefrau kann sich gegen die Verpfändung und den Verkauf von Mitgiftgut wehren, wenn dies ohne ihre Anwesenheit und Zustimmung geschah. In einem Fall erhebt die Ehefrau Klage (paqāru) gegen den Verkauf eines Grundstücksanteils, den ihr Mann von seinem Vater geerbt hatte und der wahrscheinlich als Kompensation für ihre Mitgift gedient hatte.152 Sie stimmt jedoch zuletzt dem Verkauf zu, da ihr die finanzielle Situation der Familie keine Wahl läßt. 3.3. Sondereigentum der Ehefrau 3.3.1. Die quppu-„Schatulle“ Von Mitgiften abgegrenzt sind gelegentlich Beträge an Silber oder Gold, Schmuck u. ä, die sich ina quppi, „in der Schatulle“ der Ehefrau befinden. Diese Werte kann die Ehefrau zwar ihrem Mann für Geschäfte zur Verfügung stellen, 149

BM 52925 (Roth 1989, Nr. 3), antike Abschrift eines beschädigten Originals, kollationiert: ina e-dil KÁ mdEN-tal-lak nu-dun-nú-a šá AD-ia id-di-nu a-na [K]Ù.BABBAR ki-i ta-ad-di-nu at-[t]a ù ŠEŠmeš-ka ta-ta-kal*-ʼ ù UNmeš É-ka ina lìb-bi ḫe-pí ta-liṭ … 150 BM 38410: KÙ.BABBAR ŠÁM A.ŠÀ šu-a-tì i-na lìb-bi 1 MA.NA KÙ.BABBAR ku-[um n]u-du-un-nu-ú šá A NIN šá B. B DUMU.SAL šá C. 151 YOS 6 201: Sklavenkauf. Ein Ehepaar verkauft gemeinsam einen Mitgiftsklaven; die Schwester der Ehefrau garantiert für Nichtanfechtung des Vertrages. Der Verkauf erfolgt ana šīmi ḫariṣ, was eine Vorgeschichte mit Schuld und Pfandbestellung assoziiert. 152 BM 42305: GImeš šá A … šá it-ti B ŠEŠ AD-šú šá C […] ù D [paqāru] i-pu-uš. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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aber sie gehören ihr allein und nur sie hat das Verfügungsrecht. Wird quppu-Silber investiert, empfiehlt sich wie bei der Mitgift eine Sicherung durch Vermögensübertragung von gegenständlich greifbaren Objekten an die Ehefrau. Allerdings erfolgt diese nicht kūm nudunnê, denn das würde ihr Verfügungsrecht einschränken.153 Solche quppu-Beträge entsprechen einem Erbe für Frauen, nur sind sie fakultativ. Es liegt im Ermessen eines Erblassers, seine Tochter (oder Schwester, Nichte etc.) mit einem solchen Kapital auszustatten und ihr die Verfügungsgewalt zuzugestehen. Die wenigen überlieferten Beispiele zeugen von den tatsächlich existierenden Möglichkeiten, auch wenn in der Praxis selten davon Gebrauch gemacht worden ist. Eine weitere Möglichkeit für Mädchen und Frauen aus vermögenden Verhältnissen eigenen Besitz zu erwerben stellt die Aufnahme und Erziehung von Findeloder Ziehkindern dar. Diese gehören demjenigen, der sie großzieht, und ihr zukünftiger Status liegt in dessen Ermessen. Ein Ehevertrag listet z. B. außer einer Mitgiftsklavin unter dem Vermerk elat, „abgesehen davon“ eine weitere weibliche Person auf.154 Aus dem Archivkontext geht hervor, daß es sich bei dem betreffenden Mädchen um ein Findelkind handelt, das die Braut aufgenommen hat und großzieht. Daher dürfte das Mädchen zum Sondergut der Ehefrau gehören, auf das der Ehemann keinen Zugriff hat. 3.3.2. Schenkungen des Ehemannes an die Ehefrau Schenkungen des Ehemannes an die Ehefrau gehören dieser und sind nach dem Tod des Ehemannes von den Erben herauszugeben, wie es das neubabylonische Gesetzesfragment vorsieht:155 „Wenn ihr Ehemann ihr eine Schenkung gemacht hat, so wird sie das Geschenk ihres Ehemannes mit ihrer Mitgift an sich nehmen, und sie ist abgefunden.“ Ein Ehevertrag scheint zugleich eine Übertragung des gesamten Vermögens an die Ehefrau zu enthalten.156 Die Gründe dafür sind aus der Urkunde nicht ersichtlich.

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In Eheverträgen kommt z. B. Sondergut in Roth 1989, Nr. 32 und 33 vor. Für ein Beispiel mit Nutzung und Sicherung neben der Mitgift siehe Nbk 265. 154 Nbn 990: Ehevertrag. 1-et-tum lúa-me-lut-tum e-lat A „eine Sklavin, abgesehen von A.“ 155 § 12 iv 16–20: šu[m-ma m]u-ut-su ši-rik-tum iš-[ta-r]ak-šú ši-rik-ti šá m[u-ti]-šú it-ti nu-dun-[ni]-e-šú ta-liq-qí-e-ma ap-lat. 156 BM 54158 (Roth 1989, Nr. 1): A ina ḫu-ud lìb-[bi-šú …]-ta-šú šá URU u EDIN ma-la [ba-šu]-ú ù! NÍG.ŠID šá É AD-šú ma-la] ba-šu-ú pa-an B [ú-šad-g]il „A hat freiwillig sein Vermögen in Stadt und Land, soviel es gibt, und! das Vermögen seines Vaterhauses, soviel es gibt, an B als Eigentum übertragen.“ © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die Schenkung von Grundstücken,157 Sklaven158 und sogar Pfründen159 sind belegt. 3.3.3. Schenkungen von Frauen zu Gunsten von Frauen Zusätzliche Mitgiften Eine zusätzliche Mitgift über jene hinaus, die der Vater bestellt hat, können Frauen ihrer Tochter, Enkelin oder Nichte zukommen lassen.160 Wie die eigentliche Mitgift steht sie dem jeweiligen Ehemann zur Nutzung zur Verfügung. Erwerb im Namen der Tochter Eine Mutter erwirbt ein Grundstück als Stellvertreterin (ina našparti) ihrer Tochter.161 Über die Herkunft der dafür aufgewendeten Mittel ist der Urkunde nichts zu entnehmen, offensichtlich verfügte die Mutter selbst über die entsprechenden Ressourcen. Das Grundstück ist weder als Mitgift deklariert, noch wird ein Ehemann erwähnt. Demnach war es zur alleinigen Verfügung der Tochter bestimmt. Schenkungen von Frauen an Männer Schenkungen an männliche Verwandte kommen ebenfalls vor. So übertragen Frauen ihrem Bruder162 bzw. Enkel163 Vermögenswerte. In einigen anderen Fällen ist die Urkunde zu fragmentarisch, um den Vorgang zu klassifizieren.

4. Erbe und Versorgung des Erblassers im Alter Wie die Nutzung der Mitgift durch den Schwiegervater, Ehemann, Bruder oder Sohn mit dem Recht der Frau auf standesgemäßen oder zumindest ausreichenden 157

BM 46744 (Schenkung eines Grundstücks durch den Bruder an die Schwester und deren Ehemann) gibt ausdrücklich an: e-lat nu-dun-ni-e-šú qu-up-pi-šú u ú-di-e É-šú „abgesehen von ihrer Mitgift, ihrer Schatulle und ihrem Hausgerät.“ 158 TCL 12 36: Ein Mann überschreibt eine Sklavin und ihre zwei Söhne an seine Ehefrau. Sie sollen ihr zeitlebens dienen. Als „Nacherbe“ ist der Tempel vorgesehen, in dessen Haushalt die Sklaven nach Freilassung und Weihung auf den Todesfall übersiedeln. 159 AchHist 15 115, siehe auch Anm. 140. 160 Cyr 111: Die Tante väterlicherseits bestellt ihrer Nichte eine zusätzliche Mitgift, aus einem Grundstück und drei Sklaven bestehend. 161 BM 46545: ṭup-pi ŠE.NUMUN … (Grundstücksbeschreibung) [šá A] i-na na-áš-par-tum šá B DUMU.SAL-šú (Filiation) … a-di at-ru it-ti C ṭup-pi KI.LAM it-ti-šú ta-áš-ṭu-ru … „Urkunde über das Grundstück …, [das … A] in Vertretung von B, ihrer Tochter, einschließlich Zugabe von C (gekauft und darüber) einen Kaufvertrag mit ihm ausgestellt hat …“ 162 Nbn 1098: Es handelt sich um ein Grundstück und zwei Sklaven, die nach taknuk-ma tušadgil Formular ohne Zusatzklauseln vergeben werden. 163 BM 77643 // BM 92793 (MacGinnis 1991–92, Nr. 6): Erbvertrag des Vaters zu Gunsten von Söhnen, Mutter und Schwestern. Die Mutter überläßt eine ursprünglich ihr selbst nach dem Tod des Erblassers zugedachte Pfründe ihrem Enkel. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Unterhalt verbunden ist, so muß derjenige, der das Erbe übernehmen will, den Erblasser im Alter versorgen. Einer Urkunde zufolge hat ein Mann ein Haus und ein landwirtschaftliches Grundstück zu einem Drittel an seine Ehefrau und zu zwei Dritteln an seine Mutter überschrieben und seine Tochter unter der Bedingung, die Großmutter zu pflegen, als Nacherbin eingesetzt.164 Es wird auch der Fall berücksichtigt, „wenn A (die Tochter) zu B (ihrer Großmutter) folgendermaßen spricht: ,Mit dir will/kann ich nicht ‹wohnen(?)›, (um dich) will ich mich nicht kümmern!‘“ Die Gründe für die Weigerung der Tochter, sich um die Großmutter zu kümmern, könnten z. B. darin liegen, daß die Tochter bei ihrer Heirat das Haus verläßt und die Großmutter in den Haushalt ihrer Schwiegereltern nicht mitnehmen kann. Es ist also nicht von vornherein böser Wille zu unterstellen. Der Erblasser kalkuliert diese Möglichkeit ein und sorgt dafür, daß seine Mutter im Alter nicht von der Gutmütigkeit oder Willkür der angeheirateten Verwandten abhängig ist. In diesem Fall erhält die Tochter erst nach dem Tod der Großmutter den Rest, der von jenen zwei Dritteln übriggeblieben ist: „wo(hin) B (die Großmutter) will, nimmt sie (ihr Erbe mit). Wenn B zum Geschick geht, werden A jene zwei Drittel Rest gehören.“ Die bereits erwähnte Prozeßurkunde um die nicht vollständig an den zweiten Ehemann übergebene Mitgift widmet sich ebenfalls dem Unterhalt.165 Nachdem die Richter den Nachlaß des Erblassers geprüft hatten, stellte sich heraus, daß er

164

BM 26533 (Zadok 2002, 892f.): 27–31: UD-mu A a-na B taq-ta-bu-u um-ma it-ti-ka ul u ‹…› na-áš-par-ta ul al-{šá}-lak a-šar B ṣe-ba-at ta-leq-qí UD-mu B ana šim-[ti] ta-at-tal-ku 2-ta ŠU.IImeš šá-a-[tú] ri*-ḫi* pa-ni A id-dag-gal. Die Verbalform ta-leq-qí bzw. ta-lik-ki repräsentiert entweder eine Form von leqû, „nehmen“, oder alāku, „gehen“. Man könnte also auch übersetzen: „B wird gehen, wohin sie will“ (ašar … tallak). Dies dürfte sich aber eigentlich nicht auf die Großmutter beziehen, da nicht sie die Enkelin verläßt, sondern umgekehrt die Enkelin sie nicht mehr versorgen will. Soll es eigentlich heißen, daß die Enkelin keine Ablösung (wie eine adoptierte Sklavin oder eine Ziehtochter, die dazu verpflichtet wäre) an die Großmutter zahlen muß, um sich einem anderen Haushalt anzuschließen? Dann wäre aber der Name der Großmutter falsch eingefügt. In beiden Lesarten wäre eigentlich die Großmutter diejenige, die gegenüber dem bisherigen Haushalt abgefunden ist bzw. etwas (mit)nimmt. Dies ist offenbar so zu verstehen, daß es der Großmutter freigestellt ist, an wen sie sich mit der Bitte um Versorgung und Pflege wendet und ihr dafür zeitlebens der Zweidrittelanteil zur Verfügung steht. Diesen würde die Enkelin erst nach dem Tod der Großmutter als „Rest“ erhalten. Dies deutet möglicherweise an, daß dieser notfalls auch in der Substanz angegriffen werden kann, um ihren Unterhalt zu bezahlen. 165 Edinb. 69: 37a–39: A it-ti B áš-šá-ti-šú a-na nu-dun-ni-e-šú a-ka-lu u lu-bu-uš-tum i-leq-qa. Hier ist ana nudunnê sicher im Sinne von ana muḫḫi nudunnê verwendet. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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nur noch den Wert der Mitgiften von Stiefmutter und Ehefrau des Erben repräsentierte. Offenbar hatte keine der Frauen für Schulden des Erblassers gebürgt, so daß etwaige Gläubiger, die noch Forderungen zu Lasten des Erblassers und seines Sohnes hatten, nicht berechtigt waren, auf das Vermögen der Frauen direkt zuzugreifen. Um dies auch in Zukunft zu verhindern, wiesen die Richter den gesamten Nachlaß den beiden Frauen als Ersatz für ihre Mitgiften zu. Der Ehemann war nunmehr mittellos, konnte seine Gläubiger nicht auszahlen und auch keine weiteren Schulden machen. Das Recht, die Mitgift seiner Frau zu Geschäftszwecken zu verwenden, stand ihm jedoch weiterhin zu. Das Gericht entschied aber – auf unkonventionelle Weise – den Nießbrauch beiden Ehepartnern zuzusprechen: „A wird mit B, seiner Ehefrau, angesichts ihrer Mitgift Nahrung und Kleidung nehmen.“ Implizit wird dadurch der Ehefrau das Recht zugestanden, über die Verwendungszwecke ihrer Mitgift mitzubestimmen, sie wird aber auch de facto verpflichtet, ihren Mann zu alimentieren. 4.1. Verfügungen zu Gunsten von Außenstehenden für Alimentation und Pflege Wenn potentielle Erben ihrer Pflicht gegenüber dem Erblasser nicht nachkommen wollen oder können, ist letzteren gestattet, als Gegenleistung für Versorgung und Pflege auch Vermögen an Außenstehende übertragen. Eine solche Vereinbarung sollte vor hochrangigen Zeugen abgeschlossen werden, um sie unanfechtbar zu machen.166

5. Zusammenfassung Das Erbrecht in neubabylonischer Zeit läßt sich nach Auskunft von Praxistexten folgendermaßen beschreiben: Es erben ausschließlich Söhne; diese können nicht per Testament enterbt werden, wenn sie sich nichts Strafbares zuschulden kommen lassen. Ist kein Sohn vorhanden, so erben die Seitenverwandten in männlicher Linie. Einen Erbanspruch für Töchter gibt es nicht. Sie erhalten eine Mitgift, deren Höhe nicht vorgeschrieben ist und vom Ehepartner (bzw. dessen Vater, wenn er noch lebt) bewirtschaftet wird; die Einnahmen dienen dem Unterhalt von Frau und Kindern und die Mitgift gehört nach dem Tod der Ehefrau ihren Kindern, die sie im Gegenzug zu Lebzeiten versorgen. Es gibt kein Erbrecht nach dem Ehepartner, weder für die Witwe noch den Witwer. Das Ehevermögen wird hinsichtlich der Herkunft aus der Mitgift der Frau 166

BaAr 2 20: al-kam-ma na-áš-par-ti-ni […] a-lik PAD.ḪI.A ip-ri piš-šá-tum u lu-[bu-uš-tu] bi-in-na-ši-ma ḪA.LA ina NÍG.ŠID-i-ni ni-ik-nu-uk-ma pa-ni-ka nu-šad-gil „Komm, kümmere dich um uns, … gib uns Unterhalt, Speise, Salböl und Kleidung und wir wollen dir einen Anteil von unserem Vermögen unter Ausstellung einer offiziellen Urkunde als Eigentum übertragen.“ Der Akt findet vor der Versammlung, puḫru, statt. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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bzw. dem Erbe und den Geschäften des Mannes strikt auseinandergehalten. Es deutet vieles darauf hin, daß Gläubiger des Mannes nicht ohne weiteres auf Mitgiftgut zugreifen können, wenn die Ehefrau nicht für Schulden ihres Mannes gebürgt hat. Es herrscht Teilbarkeit des Erbes mit Bevorzugung des ältesten Sohnes. Dieser erhält einen doppelten Anteil bzw. die Hälfte des Nachlasses, wenn mehr als drei Söhne vorhanden sind. Dies stellt einen Mittelweg zwischen Primogenitur und Teilung zu gleichen Teilen dar. Den jüngeren Söhnen verbleiben einige Ressourcen, während der älteste zumindest so viel erbt, daß das ökonomische Überleben der Familie nicht durch Fragmentierung des Vermögens gefährdet wird. Dazu trägt auch der Aufschub der Teilung bei, der dem ältesten Sohn weiterhin die Leitung der gesamten Geschäfte gestattet. Häufig verschiebt sich auf diese Weise der Zeitpunkt der ideellen Teilung des Nachlasses um einige Jahre, der der physischen Teilung durchaus um eine Generation. Die Mitgiften der Töchter werden in der Regel zu Lebzeiten des Vaters bestellt und sind in der Höhe flexibel. Je nach wirtschaftlicher Position, Prestige und Einfluß der betreffenden Familien stellt man durch sie Allianzen zum gegenseitigen Vorteil her. Bezüglich der Testierfreiheit gibt es erhebliche Einschränkungen, wenn Söhne vorhanden sind. Es können den Söhnen zwar statt eines proportionalen Anteils bestimmte Objekte zugewiesen werden, aber auch dies nur etwa im Verhältnis der individuellen Erbteile. Wenn ein bestimmter Sohn Sonderanteile (abgesehen vom Vorzugsanteil des Ältesten) erhält, sind diese normalerweise mit Diensten und Verpflichtungen verbunden. Sind keine Söhne vorhanden, kann der Erblasser durch Testament verhindern, daß der Nachlaß an seine Brüder oder entferntere Verwandte fällt, indem er die Ehefrau oder Töchter als Erben einsetzt oder ihnen bestimmte Objekte zuweist. An familienfremde Personen kann der Nachlaß nur vergeben werden, wenn diese die Alimentation und Pflege des Erblassers im Alter übernehmen. Diese Verpflichtung obliegt sonst dem ältesten Sohn. Söhne sind notwendige Erben und müssen die Schulden des Vaters übernehmen. Nicht-Erbberechtigte können einen mit Schulden belasteten Nachlaß ausschlagen. Alle von der Intestatregel abweichenden Verfügungen bedürfen der Schriftform. Dies betrifft vor allem Schenkungen unter Lebenden oder auf den Todesfall. Solche Vermögensübertragungen haben vor den Richtern Bestand, solange sie nicht dazu dienen, einen Sohn völlig zu enterben. Sie stellen ein flexibles Instrument dar, um auf konkrete Familiensituationen zu reagieren und ermöglichen de facto auch eine Vererbung in weiblicher Linie. Sie sind aber auch wichtig, um die Trennung des Eigentums der Eheleute nach seiner Herkunft aufrechtzuerhalten. Da Mitgiften in der Regel in den Geschäftsbetrieb integriert werden, besteht die Gefahr, daß Mitgiftgut ohne Wissen der Ehefrau verpfändet oder veräußert wird. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-102-1 (Buch) / ISBN 978-3-96327-103-8 (E-Book)

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Die große Zahl von Urkunden, die sich um die Restitution von Mitgiftgut bemühen, kommen meist auf Betreiben der Familie der Ehefrau zustande. Mitgiftgut ist häufig der letzte Vermögensbestandteil, der bei Verschuldung erhalten bleibt. Sofern er nicht verpfändet wurde, sind auch Richter geneigt, Forderungen der Gläubiger des Mannes und Ansprüche der Ehefrau zumindest gleichrangig zu behandeln. In Ausnahmefällen kann eine Frau das Verfügungsrecht über geschenktes bzw. restituiertes Gut unbeschränkt ausüben, aber meist steht ihr nur der Nießbrauch an den Objekten zu. Wenn Nacherben benannt werden, erfolgt eine zeitweilige Trennung von Eigentum und Nießbrauch, so daß der Nacherbe erst geraume Zeit später – meistens nach dem Tod des oder der Erstbegünstigten – in den Genuß des Einkommens kommt. Auf diese Weise wird dem patrilinearen Erbrecht Genüge getan, es aber gleichzeitig auch umgangen, um die Begünstigte finanziell besserzustellen und in ihrem Alter vom Wohlwollen ihrer Verwandten unabhängig zu machen. Das neubabylonische Erbrecht ist bei strikter Beschränkung auf männliche Nachkommen in allen Belangen – Teilbarkeit, Testierfreiheit, Verfügungen – auf Ausgleich bedacht, auf Überleben der Familie, Zusammenhalten des Vermögens, ohne jüngere Kinder völlig mittellos zu entlassen, die Schaffung von Allianzen über Heirat und Mitgift und Stabilität im allgemeinen. Es liegt allerdings einzig in der Hand des Familienoberhauptes, ob neben den Söhnen auch die Frauen der Familie – seine Mutter, Ehefrau und Töchter – von ihrem Recht, Vermögen zu besitzen und zu verwalten, Gebrauch machen können und ob in Krisensituationen die verfügbaren Rechtsinstrumente zur aktiven Gestaltung die Erbfolge genutzt werden.

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Zitierte Texte (Angabe der Fußnote) 81-7-27,201 → 130 AchHist 15 7 und 8 → 31 AchHist 15 115 → 140 AnOr 8 4 → 51 AnOr 8 18 → 96 BaAr 2 8 → 79, 111, 145 BaAr 2 11 → 49, 99, 110 BaAr 2 20 → 47, 166 BaAr 2 30 → 86 BaAr 2 33 → 37 BaAr 2 34 → 38 BaAr 2 38 → 29 BaAr 2 39 → 56, 86 BaAr 2 42 → 29, 62 BaAr 2 44 → 23 BM 16562 (Stolper 2001) → 38 BM 17694 → 29, 54 BM 22088 → 108 BM 25625 → 31

BM 26487 → 124, 129 BM 26498 → 31 BM 26533 (Zadok 2002 S. 892) → 164 BM 26544 → 104 BM 28863 → 159 BM 32083 → 114 BM 32205 (Wunsch 1995–96 Nr. 2) → 136 BM 33997 (Wunsch 1995–96 Nr. 8) → 14 BM 38410 → 150 BM 42299 (Jursa 1999 Tf. If.) → 18 BM 42305 → 152 BM 45436 → 113, 146 BM 45526 → 86 BM 45534 → 104 BM 46545 → 161

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BM 46654 → 134 BM 46709 → 113, 146 BM 46711 → 92, 100 BM 46744 → 157 BM 46791 → 53 BM 46797 → 105 BM 46869 → 53 BM 46962 → 100, 132 BM 47001 → 92 BM 47428 → 108 BM 52925 (Roth 1989 Nr. 3) → 34, 149 BM 54158 (Roth 1989 Nr. 1) → 156 BM 54719 → 118 BM 59574 → 89 BM 77484 → 27, 53 BM 77589 → 53 BM 77643//BM 92793 (MacGinnis 1991–92 Nr. 6) → 43, 163 BM 82655 → 121, 135 BM 61434(+)62729 (Roth 1989 Nr. 15) → 92, 96, 141 BM 109858 → 120 BM 113908 (Wunsch 1999–2000) → 53, 133 Camb 214 → 85, 101 Camb 216 → 94 CM 3 137 → 100 CM 3 209 → 44 CM 3 260 → 40, 85 CTMMA 3 53 → 24 CTMMA 3 102 → 16 Cyr 111 → 94, 160 Cyr 128 → 123 Cyr 129//Cyr 130 → 55 Cyr 143 → 101 Cyr 168 → 58 Cyr 183 → 32 Cyr 317//TCL 13 214 → 108 Cyr 339 → 112 Dar 379 → 28, 50, 55, 69

Dar 551 → 64 Edinb. 69 (Dalley 1979) → 25, 66, 106, 116, 165 FLP 1457 (Waerzeggers 2002 Nr. 1) → 104 Gesetze von Ešnunna (Roth 1997) § 16 → 17 Kodex Hammurapi → 8 L 1634 (Joannès 1989: 236 f.; Roth 1989 Nr. 29) → 93 NBC 4810 (Joannès 1989 Tf xiif.) → 32, 143 Nbk 138 → 36 Nbk 265 → 128, 153 Nbn 356 → 20, 46 Nbk 359 → 45 Nbk 403 → 48, 96 Nbn 787 → 57 Nbn 990 → 92, 154 Nbn 1098 → 162 Neubabylonisches Gesetzesfragment (Peiser 1889; Roth 1989: 29–34) → 8, 30 § 8 → 26, 33 § 9 → 103 § 10 → 117 § 11 → 148 § 12 → 119, 155 § 13 → 107, 122, 139 § 15 → 30, 97 OECT 10 43 → 88, 134 OECT 10 56 → 134 OECT 10 72 → 108, 115 OECT 10 161 → 94 OECT 10 187 → 54 Roth 1989 Nr. 1 → 156 Roth 1989 Nr. 15 → 92, 96, 141 Roth 1989 Nr. 26 → 91 Roth 1989 Nr. 28 → 92 Roth 1989 Nr. 32 und 33 → 92, 153 TBER 93 f → 92, 100, 144 TCL 12 6 → 147

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Grundzüge des babylonischen Erbrechts

TCL 12 14 → 52 TCL 12 30 → 53 TCL 12 32 → 101 TCL 12 36 → 158 TCL 12 43 → 25 TCL 12 86 → 131 TCL 12 122 → 35, 36, 45 TCL 13 138 → 23 TCL 13 160 → 63 TCL 13 174 → 146 TCL 13 179 → 84, 88, 92 TCL 13 200 → 90 TCL 13 223 → 109 TuM 2–3 1 → 78 TuM 2–3 2 → 32 VS 4 46 → 77

VS 5 35 → 136 VS 5 43//44 (Baker 2004 Nr. 19) → 76 VS 5 129 → 136 VS 6 3 → 32, 34 VS 6 95 (Roth 1989 Nr. 10) → 90, 96, 126, 147 Waerzeggers 2002 Nr. 1, siehe FLP 1457 YOS 17 348 // VS 20 86 → 27, 59, 64 YOS 6 114 → 60 YOS 6 143 → 25, 63, 68 YOS 6 201 → 15 YOS 7 66 → 18

Siglen für Texteditionen AchHist 15 → Waerzeggers 2010 AnOr 8 → Pohl 1933 BaAr 2 → Wunsch 2003 Camb → Strassmaier 1890 CM 3 → Wunsch 1993 CTMMA 3 → von Dassow 2000 Cyr → Strassmaier 1889 Dar → Strassmaier 1890 Edinb. → Dalley 1979 Nbk → Strassmaier 1889

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Nbn → Strassmaier 1889 OECT 10 → McEwan 1984 TBER → Durand 1981 TCL 12–13 → Conteneau 19929 TuM 2 → Levy 1933 VS 4–6 → Ungnad 1907–08 YOS 6 → Dougherty 1920 YOS 7 → Tremayne 1925 YOS 17 → Weisberg 1980

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