Moderne Theorie der Unternehmung [Reprint 2018 ed.] 9783486783889, 9783486221831

Recht, Volkswirtschaftslehre und Organisationstheorie bilden die Bezugsbereiche auf dem Weg zu einer ökonomischen Organi

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Moderne Theorie der Unternehmung [Reprint 2018 ed.]
 9783486783889, 9783486221831

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis Der Abbildungen
Abkürzungsverzeichnis
Kapitel I: Einleitung
Kapitel II: Klassisch-Neoklassische Grundlagen Einer Theorie Der Unternehmung
Kapitel III: Frühe Impulse Im Rahmen Einer Modernen Theorie Der Unternehmung
Kapitel IV: Neue Ansätze Einer Modernen Theorie Der Unternehmung
Kapitel V: Schluß
Autorenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Personenregister
Epilog

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Moderne Theorie der Unternehmung Von Universitätsprofessor

Dr. Siegfried G. Schoppe Institut für Außenhandel und Überseewirtschaft der Universität Hamburg

Dr. Andreas Graf Wass von Czege Dr. Malte-Maria Münchow Dr. Ingo Stein Dr. Klaus Zimmer mit einem Nachwort von

Oliver E. Williamson University of California, Berkeley

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Herausgeberanschrift: Institut für Außenhandel und Überseewirtschaft der Universität Hamburg Von-Melle-Park 5 20146 Hamburg FAX: 040/41236115

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Moderne Theorie der Unternehmung / von Siegfried G. Schoppe ... Mit einem Nachw. von Oliver E. Williamson. München ; Wien : Oldenbourg, 1995 ISBN 3-486-22183-3 NE: Schoppe, Siegfried G.

© 1995 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Tutte, Passau Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3 - 4 8 6 - 2 2 1 8 3 - 3

Vorwort Das vorliegende Werk ist aus der Idee der Autoren entstanden, ihrem gemeinsamen Akademischen Lehrer Professor Dr. Karl-Ernst Schenk zur Emeritierung am 9. September 1994 ein bleibendes Geschenk zu überreichen. In diesem Zusammenhang traf es sich sehr gut, daß der Jubilar vornehmlich auf Gebieten forschte, die zur Fortentwicklung der Theorie der Unternehmung beitrugen. Von da war es dann ein kleiner Schritt bis zu der Entscheidung, ein Lehrwerk für höhere Semester zu verfassen, das den gegenwärtigen Stand der „Modernen Theorie der Unternehmung" widerspiegelt. Damit soll einerseits eine Lücke am Lehrbuchmarkt geschlossen werden, die dadurch entstanden ist, daß der Schwerpunkt der Ausbildung an den Universitäten traditionell auf der neoklassischen Unternehmenstheorie liegt; andererseits soll eine Zusammenschau der wichtigsten bisher entwickelten Neuansätze zur Unternehmenstheorie geboten werden, indem die künstliche Trennung volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Sichtweisen aufgehoben wird. Herrn Dipl.-Volkswirt Martin Weigert vom R. Oldenbourg Verlag sei hiermit für seine intensiven Bemühungen gedankt, diesem Werk zum Erscheinen zu verhelfen. S. G. Schoppe

Inhaltsübersicht Vorwort

V

Inhaltsverzeichnis

IX

Kapitel I:

Einleitung

1

Kapitel II:

Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung

5

Kapitel III: Frühe Impulse einer Modernen Theorie der Unternehmung . .

21

1. Die Wachstumstheorien der Unternehmung 2. Die Managertheorien der Unternehmung 3. Verhaltenstheoretische Ansätze Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung . . . 1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten 2. Agency Theorie 3. Die organisationsstrukturelle Dimension der Unternehmung 4. Der Unternehmer in der Modernen Theorie der Unternehmung Kapitel V:

21 52 103 135 135 180 234 281

Schluß

293

Autorenverzeichnis

295

Stichwortverzeichnis

296

Personenregister

298

Epilog (O. E. Williamson)

300

Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht

VII

Verzeichnis der Abbildungen

XV

Abkürzungsverzeichnis

XIX

Kapitel I:

EINLEITUNG

1

Kapitel II:

KLASSISCH-NEOKLASSISCHE G R U N D L A G E N EINER T H E O R I E DER U N T E R N E H M U N G

5

1. 2. 3. 4.

Die klassische Theorie der Unternehmung Die neoklassische Theorie der Unternehmung Von der Neoklassik zur „Industrial Organization Theorie" Literatur

Kapitel III: F R Ü H E IMPULSE EINER M O D E R N E N THEORIE DER U N T E R N E H M U N G 1. Die Wachstumstheorien der Unternehmung 1.1 Einleitung 1.1.1 Einführung 1.1.2 Der Begriff des Unternehmenswachstums 1.1.3 Arten des Unternehmenswachstums 1.1.4 Unternehmenswachstum in der Modernen Theorie der Unternehmung 1.2 Der Zusammenhang zwischen der Größe und der Wachstumsrate eines Unternehmens 1.3 Wachsen durch Erfahrung - die Wachstumstheorie von Leibenstein 1.4 Einige einfache produktions- und investitionstheoretische Wachstumsmodelle 1.4.1 Das Gesetz der Massenproduktion: Zwangsläufigkeit des Wachstums 1.4.2 Das Akzelerationsprinzip: Kapazitätsanpassung an Nachfrageänderungen 1.4.3 Der Lohmann-Ruchti-Effekt: Wachstum durch reinvestierte Abschreibungsbeträge 1.5 Unternehmenswachstum als organischer Prozeß: biologisch orientierte Wachstumsmodelle 1.6 Managementkapazität als Wachstumsrestriktion Die Wachstumstheorie von Penrose 1.7 Modelle gleichgewichtiger Wachstumsraten 1.7.1 Die gewinnmaximale Wachstumsrate Ein einfaches Wachstumsmodell von Baumol . . . . 1.7.2 Wachstum unter verschiedenen Zielsetzungen Die Erweiterung durch Williamson 1.7.3 Gleichgewichtige Wachstumsschübe - die Theorie von Frazer

5 10 18 19

21 21 21 21 22 23 24 25 26 28 28 29 29 30 33 36 36 37 44

X

Inhaltsverzeichnis

1.8 Zusammenfassung und kritische Würdigung 1.9 Literatur 2. Die Managertheorien der Unternehmung

48 49 52

2.1

Der Ausgangspunkt: Die Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in der modernen Publikumsgesellschaft 52 2.2 Die Theorie des Managerkapitalismus 55 2.3 Das Umsatzmaximierungsmodell von Baumol 56 2.3.1 Das (statische) Grundmodell 56 2.3.2 Statisches Umsatzmaximierungsmodell mit Werbeaktivitäten 60 2.4 Das Wachstumsmaximierungsmodell von Marris 62 2.5 Das Ausgabenpräferenz-Modell von O. E. Williamson . 68 2.6 Erweiterungen und Varianten der Managertheorie . . . . 72 2.6.1 Die Erweiterungen von Yarrow 72 2.6.1.1 Variable Restriktionen 72 2.6.1.2 Die Einbeziehung von Unsicherheit 76 2.6.2 Die Erweiterungen von Monsen und Downs . . . . 79 2.6.3 Eine modifizierte Sichtweise von Demsetz 81 2.6.4 Managerial Discretion in sozialistischen Wirtschaftssystemen 81 2.6.5 Die Lebenszyklustheorie von D . C . Mueller 83 2.6.6 Die Reduzierung des Unternehmerrisikos als Wachstums- und Diversifikationsmotiv 85 2.6.7 Eine mögliche Preispolitik zur Erhaltung des diskretionären Spielraumes 86 2.7 Zusammenfassung der Managertheorien im Überblick . 87 2.8 Die empirische Ü b e r p r ü f u n g der Managerial Discretion 87 2.9 Kritische Würdigung und Ausblick 97 2.10 Literatur 100 3. Verhaltenstheoretische Ansätze 3.1 Anspruch und Ziele einer verhaltensorientierten Theorie der Unternehmung 3.2 Das Fundament: Simons Theorie der eingeschränkten Rationalität („bounded rationality") 3.2.1 Prämissen und Fragestellungen 3.2.2 Bausteine des Konzepts 3.2.3 Der Erkenntnisgewinn: Entscheidungsverhalten in Organisationen 3.2.4 Kritische Würdigung 3.3 Vom individuellen zum organisatorischen Entscheidungsverhalten: Die Arbeiten der Carnegie-Schule 3.3.1 Das Basiskonzept von Cyert und March 3.3.2 Die vier Konzepte organisatorischen Entscheidens 3.4 Weitere verhaltensorientierte Ansätze 3.4.1 Die Integration des Konzepts der eingeschränkten Rationalität in andere Forschungsprogramme . . . . 3.4.2 Das Modell der Organisierten Anarchie von Cohen, March und Olsen

103 103 104 105 106 107 109 110 111 115 116 116 119

Inhaltsverzeichnis

3.4.3 Die Theorie der X-Effizienz von Leibenstein 3.4.4 Das Evolutionsmodell der Unternehmung von Nelson und Winter 3.5 Kritische Würdigung der verhaltensorientierten Ansätze einer Theorie der Unternehmung 3.5.1 Die Auseinandersetzung mit der Neoklassik 3.5.2 Folgen des neuen Rationalitätsbegriffs 3.5.3 Schwächen der Simulationstechnik 3.5.4 Marktgleichgewichts- und Oligopolproblematik . . 3.6 Literatur Kapitel IV: N E U E ANSÄTZE EINER M O D E R N E N THEORIE DER U N T E R N E H M U N G 1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten 1.1 Coase: The Nature of the Firm 1.2 Property-Rights-Ansatz 1.2.1 Einleitung 1.2.2 Grundlagen des Property-Rights-Ansatzes 1.2.2.1 Verhaltensannahmen 1.2.2.2 Property-Rights 1.2.2.3 Transaktionskosten 1.2.3 Das Unternehmen als Netz vollständiger Verträge (Teamproduktion) 1.2.4 Kritische Würdigung des Property-Rights-Ansatzes 1.3 Transaktionskostenansatz 1.3.1 Einleitung 1.3.2 Grundlagen 1.3.2.1 Verhaltensannahmen 1.3.2.2 Transaktionskosten 1.3.3 Dimensionen von Transaktionen 1.3.3.1 Häufigkeit 1.3.3.2 Unsicherheit 1.3.3.3 Spezifische Investitionen 1.3.4 Transaktionseffiziente Koordinationsformen . . . . 1.3.4.1 Vertragstheorie 1.3.4.2 Effiziente Beherrschungs- und Überwachungssysteme 1.3.4.3 Das Markt- und Hierarchie-Schema: Ein einfaches mathematisches Modell (mit Hybridformen) 1.3.5 Vertikale Integration 1.3.5.1 Vertikale Integration aus transaktionsökonomischer Sicht 1.3.5.2 Anwendungsgebiet Multinationale Unternehmen 1.3.6 Finanzierungsformen 1.3.6.1 Finanzierungsformen aus transaktionsökonomischer Sicht

XI

121 123 125 125 126 127 128 130

135 135 135 137 137 138 138 138 141 142 146 148 148 148 148 149 151 151 152 154 155 155 157 160 163 163 167 170 170

XII

Inhaltsverzeichnis

1.3.6.2 Anwendungsgebiet Banken 1.3.7 Kritische Würdigung 1.4 Literatur

2. Agency Theorie 2.1 Einführung in die Agency Theorie 2.2 Die Ökonomische Agency Theorie 2.2.1 Prämissen 2.2.2 Das Standard-Modell einer Prinzipal-Agent-Beziehung 2.2.3 Modellergebnisse unter Berücksichtigung unterschiedlicher Risikoeinstellungen von Prinzipal und Agent 2.2.3.1 Modellergebnisse bei reiner Erfolgskontrolle 2.2.3.2 Modellergebnisse bei Erfolgs- und Verhaltenskontrolle 2.2.3.3 Modellergebnisse bei Kommunikation . . . 2.2.3.4 Dynamische Modelle und Vertrauen . . . . 2.2.4 Zusammenfassung und kritische Würdigung der Ökonomischen Agency Theorie im Rahmen einer Modernen Theorie der Unternehmung 2.2.5 Literatur 2.3 Die Finanzielle Agency Theorie 2.3.1 Einführung in die Finanzielle Agency Theorie . . . 2.3.2 Agency Kosten als Referenzwert für die Vorteilhaftigkeit einer Vertreterbeziehung 2.3.3 Agency Probleme der externen Eigenkapitalfinanzierung 2.3.3.1 „Konsum am Arbeitsplatz" 2.3.3.2 Horizontproblem 2.3.3.3 Portefeuille-Problem 2.3.4 Agency Probleme der Fremdkapitalfinanzierung . 2.3.4.1 Risikoreiche Investitionspolitik 2.3.4.2 Unterinvestitionsproblem 2.3.4.3 Dividendenpolitik und Kreditaufnahme . 2.3.4.4 Konkurs- und Reorganisationskosten . . . 2.3.5 Agency Probleme der Informationsasymmetrie . . 2.3.6 Agency Theorie und optimale Kapitalstruktur . . 2.4 Möglichkeiten zur Lösung von Agency Problemen der Unternehmensfinanzierung 2.4.1 Die Wirkung von Monitoring- und BondingAktivitäten zur Erzielung des bestmöglichen Vertretervertrages (second best Solution) 2.4.2 Kontrollwirkung eines gut funktionierenden Kapitalmarktes und des „market for corporate control" 2.4.3 Marktunvollkommenheiten als Behinderung einer perfekten Lösung

172 175 176

180 180 182 182 184 187 188 191 193 195

195 196 198 198 200 201 201 204 206 207 207 210 211 212 212 214 217 218 220 221

Inhaltsverzeichnis 2.4.4 Kostenverursachende Kontroll- und Anreizsysteme zur Lösung von Agency Problemen der Unternehmensfinanzierung 2.4.4.1 Unternehmensinterne Kontrollorgane (Aufsichtsrat) 2.4.4.2 Anreizwirkung marktwertbezogener Leistungsentlohnung 2.4.5 Komplexe Kreditvereinbarungen 2.4.5.1 Kreditsicherheiten, Leasingverträge und Beschränkungen der Verfügungsmacht . . . 2.4.5.2 Kündbare Anleihen und Wandelanleihen . 2.4.6 Signale als Instrumente zum Abbau von Informationsasymmetrie 2.4.6.1 Was ist ein Signal 2.4.6.2 Dividendenpolitik als Signal 2.4.6.3 Kapitalstruktur als Signal 2.5 Zusammenfassung und kritische Würdigung der Finanziellen Agency Theorie im Rahmen einer Modernen Theorie der Unternehmung 2.6 Literatur

XIII

222 222 223 224 224 226 227 227 228 229 230 232

3. Die organisationsstrukturelle Dimension der Unternehmung . 234 3.1 Die interne Aufbauorganisation als Fragestellung in einer Modernen Theorie der Unternehmung 3.2 Ansätze zur Beschreibung und Systematisierung der verschiedenen Formen interner Aufbauorganisation . . . 3.2.1 Traditionelle Organisationsprofile: Die stabilisierende Organisation 3.2.1.1 Hierarchiebezogene Organisationsansätze 3.2.1.2 Die divisionale Organisation 3.2.1.3 Mehrdimensionale Ansätze: Von der Matrix- zur Tensororganisation 3.2.2 Organisationsprofile jenseits des Markt-Hierarchie-Paradigmas: Die entwicklungsfähige Organisation 3.2.2.1 Monolithik versus Polyzentrik: Von der Hierarchie zur Netzwerkorganisation . . . . 3.2.2.2 Ouchis Ansatz der Clan-Organisation . . . 3.2.2.3 Unternehmenskultur und Soziostruktur . . 3.2.2.4 Organisationen auf Zeit 3.2.2.5 Modelle der Selbstorganisation 3.3 Erklärungsmodelle der internen Aufbauorganisation . . 3.3.1 Theorien zur Erklärung der Organisationswahl . . 3.3.1.1 Ökonomische Erklärungsansätze 3.3.1.2 Politische Erklärungsansätze 3.3.1.3 Institutionelle Erklärungsansätze 3.3.2 Theorien zur Erklärung der Organisationsdynamik 3.3.2.1 Lebensphasen des Unternehmens und ihre Organisationsprofile

234 236 238 239 241 243 244 246 253 256 258 259 262 262 262 263 264 266 266

XIV

Inhaltsverzeichnis

3.3.2.2 Organisationsstrukturen im Wandel der Zeit 3.4 Der Beitrag der organisationsstrukturellen Ansätze zu einer Modernen Theorie der Unternehmung 3.5 Literatur

269 273 274

4. Der Unternehmer in der Modernen Theorie der Unternehmung 281

Kapitel V:

4.1 Einführung 4.2 Das vielschichtige Bild des Unternehmers 4.3 Die dynamischen Unternehmerfunktionen aus heutiger Sicht 4.4 Zur Definition des Unternehmers 4.5 Literatur

281 281

SCHLUSS

293

284 285 290

Autorenverzeichnis

295

Stichwortverzeichnis

296

Personenregister

298

Epilog

300

Verzeichnis der Abbildungen Seite Abb. II, 1: Ertragsgesetzlicher Verlauf der P r o d u k t i o n s f u n k t i o n nach Turgot (physiokratisch)

6

Abb. II, 2: M o n o p o l m o d e l l nach C o u r n o t (klassische K o s t e n f u n k t i o n )

8

Abb. II, 3: Modell des klassischen vollkommenen Wettbewerbs ohne Markteintrittsbarrieren

9

Abb. II, 4: Die langfristige Durchschnittskostenkurve ( L D K ) als „ U m h ü l l e n d e " der kurzfristigen Durchschnittskostenkurven

11

Abb. II, 5: Neoklassische P r o d u k t i o n s f u n k t i o n

12

Abb. II, 6: D a s Betriebsoptimum bei vollständiger K o n k u r r e n z

13

Abb. II, 7: M a r k t f o r m e n s c h e m a bei atomistischer N a c h f r a g e s t r u k t u r für vollkommene und unvollkommene Konkurrenz

14

Abb. II, 8: Die gewinnmaximierende (K' = E') Regel bei unterschiedlichen Kostenverläufen und M a r k t f o r m e n - bei oo vielen N a c h f r a g e r n (vollkommene Konkurrenz)

16

Abb. II, 9: Die gewinnmaximierende (K' = E') Regel bei unterschiedlichen Kostenverläufen und M a r k t f o r m e n - bei oo vielen N a c h f r a g e r n (unvollkommene K o n k u r renz)

17

Abb. III, 1.1: Mögliche M a ß g r ö ß e n des U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m s

22

Abb. III, 1.2: Arten des Wachstums

23

Abb. III, 1.3: Die Wahl der optimalen Einstiegsgröße im Modell von Leibenstein

27

Abb. III, 1.4: Die Ermittlung der gewinnmaximalen Wachstumsrate im Modell von Baumol

37

Abb. III, 1.5: Ermittlung der gewinnmaximalen Thesaurierungsrate im Modell von Williamson

41

Abb. III, 1.6: Die Ermittlung der wachstumsmaximierenden Thesaurierungsrate im Modell von Williamson

42

Abb. III, 1.7: Die Ableitung der umsatzmaximalen Wachstumsrate im Modell von Williamson

43

Abb. III, 1.8: Negative Wachstumsraten im Modell von Williamson

44

Abb. III, 1.9: D e r Expansionsprozeß im Modell von Frazer

45

Abb. III, 1.10: Übersicht über die wichtigsten Wachstumstheorien der Unternehmung

46 f

Abb.III,2.1: Umsatzmaximierung ohne Gewinnrestriktion

57

Abb. III, 2.2: Umsatzmaximierung mit Gewinnrestriktion

58

Abb. III, 2.3: D e r Einfluß einer Fixkostenerhöhung bzw. Pauschalbesteuerung auf die umsatzmaximierende Unternehmenspolitik

59

Abb. III, 2.4: Der Einfluß einer proportionalen Gewinnsteuer und einer E r h ö h u n g der variablen Kosten auf die umsatzmaximierende Unternehmenspolitik

59

Abb. III, 2.5: Werbeerlösfunktionen im erweiterten Modell von Baumol

60

Abb.III, 2.6: K o s t e n f u n k t i o n e n im erweiterten Modell von Baumol Abb. III, 2.7: Bestimmung der optimalen Menge eines Umsatzmaximierers bei variablem Werbebudget

61 61

Abb. III, 2.8: Optimale Wachstumsrate eines Wachstumsmaximierers bei k o n s t a n t e r Mindestbewertungsrate

66

XVI

Verzeichnis der Abbildungen Seite

Abb. III, 2.9: Optimale Wachstumsrate eines Wachstumsmaximierers unter Einbeziehung einer N u t z e n f u n k t i o n

67

Abb. III, 2.10: D a s Personalausgabenmodell von Williamson

69

Abb. III, 2.11: Die Wirkung proportionaler Gewinnsteuern im Personalausgabenmodell von Williamson

70

Abb. III, 2.12: Die Wahl zwischen diskretionärem Gewinn und diskretionärem Eink o m m e n im Modell von Williamson

71

Abb. III, 2.13: D a s Umsatzmaximierungsmodell bei variablem Mindestgewinn und proportionaler Gewinnsteuer

74

Abb. III, 2.14: D a s Umsatzmaximierungsmodell bei variablem Mindestgewinn und Pauschalsteuer

74

Abb. III, 2.15: Die W i r k u n g proportionaler Gewinnsteuern im erweiterten Personalausgabenmodell von Williamson

75

Abb. III, 2.16: Die optimale Ausbringungsmenge eines Umsatzmaximierers bei U n sicherheit

78

Abb. III, 2.17: Einfluß einer E r h ö h u n g proportionaler Gewinnsteuern auf die optimale Menge eines Umsatzmaximierers bei Unsicherheit

79

Abb. III, 2.18: Investitionsvolumen eines wachstumsorientierten M a n a g e r s Abb. III, 2.19: Übersicht über die wichtigsten Aussagen der Managertheorien

84 88 ff

Abb. III, 2.20: Ergebnisse der Untersuchungen von Berle/Means und von Larner: Anteil managerkontrollierter Unternehmen an den 200 größten Industrieunternehmen in den U S A

91

Abb. III, 2.21: Ergebnisse der Studien über den Z u s a m m e n h a n g zwischen Unternehmenskontrolle und Unternehmenserfolg

92ff

Abb. III, 2.22: Z u s a m m e n f a s s u n g der Ergebnisse

96

Abb. III, 2.23: Interpretation der Ergebnisse bzgl. der Verhaltensrelevanz der Trennung von Eigentum und Kontrolle durch die A u t o r e n

96

Abb. III, 2.24: Die Ergebnisse der Untersuchungen über die Einflußgrößen auf das Einkommen

97

Abb. III, 3.1: Prozeßmodell f ü r die Outputentscheidung einer U n t e r n e h m u n g

129

Abb. IV, 1.1: Einflüsse der Ausgestaltung von Property Rights

140

Abb. IV, 1.2: Property Rights-Verteilung in verschiedenen U n t e r n e h m e n s f o r m e n

144

Abb. IV, 1.3: Transaktionskostenarten

150

Abb. IV, 1.4: Beispiele für Transaktionen

158

Abb. IV, 1.5: Effiziente Beherrschung und Ü b e r w a c h u n g

159

Abb. IV, 1.6: H y b r i d f o r m e n zwischen M a r k t und Hierarchie

159

Abb. IV, 1.7: Transaktionskostenvergleich M a r k t versus Hierarchie

162

Abb. IV, 1.8: Transaktionskosteneffiziente H y b r i d f o r m e n

162

Abb. IV, 1.9: Vertikale, horizontale und k o n g l o m e r a t e Integration

163

Abb. IV, 1.10: M a r k t b e z u g und interne Leistungserstellung

166

Abb. IV, 1.11: Transaktionseffiziente Finanzierungsformen

172

Abb. IV, 2.1: Ergebnisverteilungen zwischen Prinzipal (P) und Agent (A) bei unterschiedlichen Risikoeinstellungen

190

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. IV, 2.2: Prinzipal-Agent-Beziehungen der Unternehmensfinanzierung

XVII Seite 199

Abb. IV, 2.3: „ K o n s u m am Arbeitsplatz" im Vergleich

203

Abb. IV, 2.4: Wahrscheinlichkeitsverteilung und Erwartungswerte zweier Investitionsprojekte mit unterschiedlichen Varianzen

208

Abb. IV, 2.5: Einfluß der Varianz auf den M a r k t w e r t von Eigen- und Fremdkapitalanteilen

209

Abb. IV, 2.6: Agency-Kosten des Verzichts auf Investitionsvorhaben mit positivem Barwert

211

Abb. IV, 2.7: Einfluß von Steuern und Konkursrisiko auf die optimale Kapitalstruktur

215

Abb. IV, 2.8: Einfluß von Agency-Kosten auf die optimale Kapitalstruktur

217

Abb. IV, 2.9: Einfluß von Monitoring- und Bonding-Aktivitäten auf den M a r k t w e r t von Eigenkapitalanteilen

218

Abb. IV, 3.1: Organisationsprofil-Bewertungsraster

237

Abb. IV, 3.2: Dimensionen einer stabilisierenden Organisation

239

Abb. IV, 3.3: G r u n d s c h e m a einer Linienorganisation

240

Abb. IV, 3.4: G r u n d s c h e m a einer Stab-Linien-Organisation

241

Abb. IV, 3.5: G r u n d s c h e m a einer Spartenorganisation

242

Abb. IV, 3.6: G r u n d s c h e m a einer P r o d u k t / M a r k t - M a t r i x o r g a n i s a t i o n

243

Abb. IV, 3.7: Vor- und Nachteile der Matrixorganisation

245

Abb. IV, 3.8: Dimensionen einer entwicklungsfähigen Organisation

246

Abb. IV, 3.9: D a s Modell der überlappenden G r u p p e n von Likert

248

Abb. IV, 3.10: Skizze einer Cluster-Organisation

249

Abb. IV, 3.11: Die zirkuläre Organisation nach Ackoff

250

Abb. IV, 3.12: Kontrollmechanismen zur Vermeidung von Organisationsversagen

255

Abb. IV, 3.13: Merkmale japanischer und amerikanischer Organisationen

256

Abb. IV, 3.14: Unternehmensentwicklung mit Strukturtypen im St. Galler M a n a g e ment-Konzept

267

Abb. IV, 3.15: Lebensphasen im Organisationsprofil-Bewertungsraster

268

Abb. IV, 3.16: Organisationsformen und Entwicklungsphasen eines Unternehmens

269

Abb. IV, 3.17: Organisationsstrukturen zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung

270

Abb. IV, 3.18: Eigenschaften organischer und mechanistischer Strukturen

271

Abb. IV, 4.1: Die statischen U n t e r n e h m e r f u n k t i o n e n

282

Abb. IV, 4.2: Die Ausbildung der verschiedenen Schulen in Folge von Cantillons Vorarbeiten

282

Abb. IV, 4.3: Die dynamischen U n t e r n e h m e r f u n k t i o n e n

283

Abb. IV, 4.4: Transaktionskosten der unternehmerischen nach Casson

Koordinationsfunktion

Abb. IV, 4.5: Klassifikation der dynamischen U n t e r n e h m e r f u n k t i o n e n im R a h m e n der M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g

285 286

XVIII

Verzeichnis der Abbildungen Seite

Abb. IV, 4.6: Synopse der Unternehmermodelle von Kirzner, Schumpeter und Casson im Hinblick auf ihre Implikationen für die Moderne Theorie der Unternehmung

287

Abb. V, 1: Vergleichende Darstellung einiger Ansätze der Theorie der Unternehmung

294

Abkürzungsverzeichnis A AT FAT GE GPS GSP I ICL LBO LDK LEN M-Form MM-Annahme MNE MSF M-Signal ÖAT P PA PPBS PR REMM TK U-Form V X

Agent Agency Theorie Finanzielle Agency Theorie Geldeinheit General Problem-Solving Program (NEWELL/SIMON) Globale Strategische Partnerschaft (oder: Allianz) Investitionsvorhaben International Corporate Linkages Leveraged Buy Out Langfristige Durchschnittskostenkurve Linear-Exponentional-Normal-Modell (SPREMANN) Divisionale Organisationsstruktur (WILLIAMSON) MODIGLIANI-MILLER-Theorem Multinational Enterprise Managerial Security Function (YARROW) Monitoring Signal (Prinzipal Agent Ansatz) Ökonomische Agency Theorie Prinzipal Prinzipal Agent Ansatz Planning - Programming - Budgeting System (RAND-Corporation) Property Rights Ansatz Resourceful, Evaluative, Maximizing Man (Property Rights Ansatz - M E C K L I N G ) Transaktionskosten Ansatz Funktionale Organisationsstruktur (WILLIAMSON) Value (Marktwert von Unternehmensanteilen) (In-)Effizienzmaß bei LEIBENSTEIN: Abweichung der tatsächlichen Kosten von den geringstmöglichen Kosten (organizational slack)

Kapitel I: Einleitung Die Moderne Theorie der Unternehmung hat in den vergangenen Jahrzehnten eine stürmische Entwicklung erfahren. Entsprechend liegen heute umfangreiche Forschungsergebnisse vor. Eine umfassende und aktuelle Darstellung in deutscher Sprache steht jedoch aus. Diese Lücke soll der vorliegende Band schließen, indem er zentrale Erklärungsansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung systematisch darstellt. Bislang besteht keine Einigkeit über den Untersuchungsgegenstand, die relevanten Fragestellungen und die Ausrichtung der Modernen Theorie der Unternehmung. So stellt Archibald ([1987, S. 357]) in einem Übersichtsartikel fest: ,,It is doubtful if there is yet general agreement among economists on the subject matter designated by the title „theory of the firm", on, that is, the scope and purpose of the part of economics so titled." Die Unbestimmtheit dessen, was unter dem Begriff der Modernen Theorie der Unternehmung zu verstehen ist, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß der dieser Theorie zugrundeliegende Untersuchungsgegenstand vielfältige Fragestellungen aufweist: „Warum gibt es Unternehmen?"; „Wie verhalten sich Organisationen?"; „Was für Auswirkungen haben bestimmte Organisationsstrukturen auf Entscheidungs-, Kommunikations- und Koordinationsprozesse im Unternehmen?", „Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in Publikumsgesellschaften?" usw. Die Vielfalt dieser und weiterer Fragestellungen kann in einem einzelnen theoretischen Ansatz nicht sinnvoll, d.h. aussagekräftig erfaßt werden. Die Moderne Theorie der Unternehmung ist deshalb als ein Konglomerat unterschiedlicher Ansätze zu verstehen, die sich den vielfältigen Aspekten des Untersuchungsgegenstands „Unternehmung" von verschiedenen Seiten nähern. Das vorliegende Werk verfolgt das Ziel, den gegenwärtigen Entwicklungsstand der Modernen Theorie der Unternehmung darzustellen. Es wird hierbei nicht angestrebt, eine Verbindung und Verdichtung der zahlreichen und detaillierten Einzelerkenntnisse der vorgestellten Ansätze zu einer eklektischen Theorie der Unternehmung vorzunehmen. Dieser Entwicklungsschritt steht noch aus und soll weiteren Forschungen vorbehalten bleiben (vgl. Krüsselberg [1993]). Zur Klassifikation der im folgenden berücksichtigten Ansätze und zu ihrer Abgrenzung von anderen Forschungsbereichen wird der Gegenstand der Modernen Theorie der Unternehmung wie folgt definiert: Gegenstand der Modernen Theorie der Unternehmung ist die Erklärung der Existenz, des Wachstums und der Organisationsstrukturen der Unternehmung für gegebene rechtliche und soziale Rahmenbedingungen auf der Grundlage des methodologischen Individualismus und des zielorientierten rationalen Verhaltens. Die wesentlichen Bestandteile dieser Definition und deren Bedeutung sollen kurz erläutert werden: 1. Die Moderne Theorie der Unternehmung ist ein Erklärungsansatz. Sie entwickelt im Gegensatz zu den entscheidungsorientierten Ansätzen der Betriebswirtschaftslehre keine Modelle, aus denen konkrete Handlungsvorschläge für die Pra-

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Kapitel I: E i n l e i t u n g

xis abgeleitet werden können. Es werden für das Entstehen, die Existenz und das Verhalten von U n t e r n e h m e n zwar Ursachen, wie z. B. die Einsparung von Transaktionskosten genannt (vgl. Abschnitt IV, 1). Derartige Aussagen dürfen jedoch nicht als Entscheidungsempfehlung f ü r konkrete Unternehmensgründungen mißinterpretiert werden. Sie bedeuten in dem konkreten Fall vielmehr, d a ß unabhängig von den tatsächlichen Gründungsmotiven die dauerhafte Existenz einer Unternehm u n g nur d a n n gesichert ist, wenn die internen Koordinierungskosten geringer als die Transaktionskosten auf dem M a r k t sind. 2. Die M o d e r n e Theorie der U n t e r n e h m u n g ist ein institutioneller Ansatz. Sie n i m m t das institutionelle Arrangement der U n t e r n e h m u n g nicht als gegeben an, sondern stellt es in den Mittelpunkt der Analyse. Auf diese Weise unterscheidet sie sich deutlich von der aus der Volkswirtschaftslehre stammenden - und inzwischen „klassisch" gewordenen - neoklassischen Theorie der U n t e r n e h m u n g (vgl. hierzu Kapitel II) und den funktionellen Anwendungen der Betriebswirtschaftslehre, wie z. B. in der Produktion und Finanzierung. Aus der Perspektive der M o dernen Theorie der Unternehmung werden die Existenz sowie die internen und externen Organisationsstrukturen von U n t e r n e h m e n zu einem zentralen Untersuchungsgegenstand. Dies ermöglicht neuartige Einsichten, z.B. in die multidivisionale Organisationsform (Abschnitt IV, 3) oder die Gestaltung von Arbeitsverträgen (Abschnitt IV, 2). 3. Die M o d e r n e Theorie der U n t e r n e h m u n g ist ein postkonstitutioneller Ansatz. In ihr ist die Wirtschaftsordnung mit ihren rechtlichen und sozialen Institutionen Bestandteil der Prämissen und wird d a m i t als gegeben betrachtet. D u r c h die Variation der Prämissen, wie z. B. die Berücksichtigung öffentlichen Eigentums an U n t e r n e h m e n (vgl. Abschnitt IV, 1), ist es möglich, die Auswirkungen unterschiedlicher konstitutioneller Rahmenbedingungen zu untersuchen. Hieraus ableitend ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht eine stärkere Verknüpfung der Modernen Theorie der U n t e r n e h m u n g mit volkswirtschaftlichen Fragen der Wirtschaftso r d n u n g , des Wettbewerbs u.ä. zu fordern. A n s a t z p u n k t e hierfür k ö n n t e eine allgemeine Theorie der Institutionen liefern (ein frühes Beispiel ist der Institutional Choice-Ansatz von Schenk [1982]). 3. Die M o d e r n e Theorie der U n t e r n e h m u n g ist ein wahlrationaler Ansatz. Sie unterstellt, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen, individuelle Entscheidungen bei eingeschränkter Rationalität. Die gemeinsame Wurzel und damit das Referenzmodell aller Ansätze ist die neoklassische MikroÖkonomie. Ihr strenges Rationalitätsprinzip wird in der Modernen Theorie der U n t e r n e h m u n g durch realistischere Verhaltensannahmen ersetzt. Hierdurch findet z. B. in den Bereichen Finanzierung, Personalwirtschaft und Organisation eine Rückbesinnung der Betriebswirtschaftslehre auf die mikroökonomische Basis statt und es wird generell eine A n n ä h e r u n g zwischen Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre betrieben. Die neoklassische Theorie der U n t e r n e h m u n g bildet das U n t e r n e h m e n als Prod u k t i o n s f u n k t i o n ab, in der, ohne Koordinationskosten zu verursachen, die gewinnoptimale Relation von Faktoreinsatz und Gütermenge automatisch und sim u l t a n herbeigeführt wird. Eine solche Verkürzung der Perspektive unternehmenstheoretischer Fragestellungen ist f ü r eine Analyse auf sehr hohem Abstraktionsniveau angemessen. F ü r die Untersuchung der Veränderungen gesamtwirtschaftlicher Preis- u n d Mengengleichgewichte bei unterschiedlichen M a r k t f o r m e n und gegebenem Informationsstand der A k t e u r e ist sie sogar sehr hilfreich (vgl. Kapitel

Kapitel I: Einleitung

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II). Diese Spezialisierung hatte aber zur Folge, d a ß die Bedeutung institutioneller Aspekte der U n t e r n e h m u n g vernachlässigt und anderen Disziplinen überlassen wurde. Die in diesem Band behandelten Ansätze der Modernen Theorie der Unternehmung h a b e n durch größere Realitätsnähe das Spektrum der zu untersuchenden unternehmenstheoretischen P h ä n o m e n e erweitert. Hierzu war es erforderlich, zwei zentrale A n n a h m e n des neoklassischen Ansatzes aufzubrechen: -> Die statische Betrachtung und -> die Sichtweise der U n t e r n e h m u n g als Produktionsfunktion. Dies geschieht im ersten Fall durch die Einbeziehung des F a k t o r s „ Z e i t " u n d bei der zweiten A n n a h m e durch eine realitätsnähere Spezifikation der Verhaltensa n n a h m e n , d . h . durch die stärkere Berücksichtigung des F a k t o r s „ M e n s c h " . U n geachtet dieser Modifikationen teilen die Ansätze der M o d e r n e n Theorie der U n ternehmung mit der neoklassischen Theorie die grundlegende A n n a h m e , d a ß sämtliche unternehmenstheoretischen P h ä n o m e n e mit individuellem, wahlrationalem Verhalten erklärt werden können. Die in diesem Band behandelten Ansätze sind insofern neoklassischen U r s p r u n g s und können deshalb auf das entsprechende Referenzmodell zurückgeführt werden. Der A u f b a u der Kapitel II bis IV lehnt sich im wesentlichen an die zeitliche Entstehung der behandelten Ansätze an. So wird in Kapitel II als Referenzmodell zunächst die klassische und neoklassische Theorie der U n t e r n e h m u n g dargestellt. Kapitel III enthält die ersten Ansätze der Modernen Theorie der U n t e r n e h m u n g . Hierzu zählen die Wachstumstheorien, die Managertheorien und die verhaltenstheoretischen Ansätze. • Die Wachstumstheorien betrachten explizit dynamische Prozesse; hierbei geht es insbesondere um die Allokation des Kapitals und um zukünftige Preis- und Mengenentscheidungen. • Die Managertheorien betrachten die potentiellen Folgen der Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in modernen Kapitalgesellschaften und untersuchen das Verhalten von U n t e r n e h m e n bei unterschiedlichen Zielsetzungen des Managements. • Die verhaltenstheoretischen Ansätze sind von der grundlegenden Einsicht geleitet, d a ß nicht die Unternehmen selbst, sondern die in ihnen agierenden Individuen für deren Verhalten verantwortlich sind. Zentral ist hierbei das Konzept der begrenzten Rationalität. Kapitel IV u m f a ß t d a n n die jüngeren Ansätze, also die Internalisierungsansätze der Markt-versus-Hierarchie-Diskussion, die agenturtheoretischen Ansätze, die organisationsstrukturellen Ansätze und die Theorien des Unternehmers. • Die Internalisierungsansätze (Property Rights und Transaktionskostenansatz) untersuchen, unter welchen Bedingungen Austauschbeziehungen kostengünstiger über den M a r k t oder die U n t e r n e h m u n g bzw. andere K o o r d i n a t i o n s f o r m e n abgewickelt werden können. • Die agenturtheoretischen Ansätze befassen sich einerseits mit der pareto-optimalen Formulierung von Vertreterverträgen wie z. B. Arbeitsverträgen (Ökonomische Agency Theorie) sowie andererseits mit der Lösung von Problemen, die sich bei der Unternehmensfinanzierung aus dem eigennützigen Verhalten der U n t e r n e h m e n s m a n a g e r ergeben (Finanzielle Agency Theorie).

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Kapitel I: Einleitung

• Die organisationsstrukturellen Ansätze gehen von einem engen Zusammenhang zwischen der internen Aufbauorganisation und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Unternehmen aus. Ziel ist es, Kosten und Nutzen unterschiedlicher Organisationsformen und darauf aufbauend die beobachtbare Vielfalt der Organisationsstrukturen zu erklären. • Die Theorie des Unternehmers stellt den spekulierenden, koordinierenden und innovationsfreudigen Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung und betont damit die dynamischen Aspekte der Unternehmung im Marktphasenzyklus.

Literatur Archibald, G.C.: Theory of the Firm, in: The New Palgrave, Vol. 2, Hrsg. Eatwell, J./Milgate, M./ Newman, P.: London 1987, S. 357-363 Krüsselberg, U.: Theorie der Unternehmung und Institutionenökonomik. Die Theorie der Unternehmung im Spannungsfeld zwischen neuer Institutionenökonomik, ordnungspolitischem Institutionalismus und Marktprozeßtheorie, Heidelberg 1993 Schenk, K.-E.: „Institutional Choice" und Ordnungstheorie, Tübingen 1982 Schenk, K.-E.: Märkte, Hierarchien und Wettbewerb, München 1981

Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung Die traditionelle „Volkswirtschaftliche Theorie der F i r m a " , die im Gegensatz zu modernen Ansätzen die Einheit von Eigentum u n d Verfügungsmacht betont, geht auf die liberale klassische Tradition von A d a m Smith (The Wealth of Nations, 1776) zurück. Die Grundvorstellung war, d a ß die Zielfunktion des Unternehmers identisch sei mit der des Unternehmens und d a ß in dem für damalige Verhältnisse typischen (kleingewerblichen) Einzelunternehmen die „invisible h a n d " des Wettbewerbs d a f ü r sorge, d a ß der Eigentümerunternehmer durch das Motiv der Gewinnerzielung dazu angehalten werde, durch sein wirtschaftliches Verhalten eine Steigerung des Gemeinwohls herbeizuführen. Organisations- und Management- sowie Anreiz- und Kontrollprobleme treten in einer so einfach strukturierten Unternehmung, die in ihrer neoklassischen Abstraktion zur reinen P r o d u k t i o n s f u n k t i o n bzw. zur „representative firm" (Marshall 1890) wird, nicht auf (Ridder-Aab, 1980, S. 12). F ü r die traditionelle Theorie der U n t e r n e h m u n g ist das Unternehmensinnere eine nicht weiter zu hinterfragende „black b o x " , ein „Optimierungsautomat", der sich passiv an die jeweils gegebenen Umfeldbedingungen anpaßt. In diesem Kapitel soll die Entwicklung der klassisch-neoklassischen Modellwelt komprimiert dargestellt werden, bevor zu den realitätsnäheren Ansätzen der Modernen Unternehmenstheorie übergegangen wird, in denen die Rede sein wird von internen Interessenkonflikten innerhalb von nicht mehr auf eine Person bezogenen G r o ß u n t e r n e h m e n (Prinzipal-Agent-Problematik), von Transaktionskosten, die es auf vollkommenen M ä r k t e n nicht gibt, von Informationsasymmetrien, von „verdünnten Verfügungsrechten" usw.

1. Die klassische Theorie der Unternehmung (ca. 1770-1870) Die Volkswirtschaftliche Theorie der U n t e r n e h m u n g ist seit den Physiokraten, die nur die landwirtschaftlichen Unternehmer als produktive Bevölkerungsklasse einstuften (Quesnay, 1766, „Tableau économique"), entscheidend durch die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion bestimmt worden. Dieses gilt sowohl f ü r die klassische als auch f ü r die neoklassische N a t i o n a l ö k o n o m i e - selbstverständlich mit entscheidenden Modifikationen. Dem Physiokraten Turgot gebührt das Verdienst, das „Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs" f ü r die landwirtschaftliche Produktion entwickelt und ausformuliert zu haben. Hiernach (Turgot, 1768) ergibt sich ein S-förmiger Verlauf des Gesamtertrages in Abhängigkeit von der Veränderung nur eines Produktionsfaktors; der Ertragszuwachs ist im relevanten Bereich degressiv steigend, d a n n bis in den negativen Bereich progressiv fallend. Der Durchschnittsertrag ist ebenfalls zunächst degressiv steigend und d a n n progressiv fallend und wird zudem im Maximum von der Grenzertragsfunktion geschnitten. Entsprechend lassen sich lehrbuchmäßig die Kostenfunktionen ableiten (Abb. II, 1). Zu beachten ist, d a ß Turgot auch den ökonomisch unsinnigen Fall übermäßiger F a k t o r a u s d e h n u n g nicht ausschließt (zuviel D ü n g e r kann die Erträge mindern),

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische G r u n d l a g e n einer Theorie der U n t e r n e h m u n g (a) S-förmiger Ertragsverlauf

(b) S-förmige Kostenfunktion

Abb. II, 1: Ertragsgesetzlicher Verlauf der Produktionsfunktiori nach Turgot (physiokratisch) Quelle: eigene Darstellung

so daß die Kostenfunktion „umschlägt", d. h. bei sinkendem Output weiter ansteigt. Die sogenannte „Klassische Schule" mit ihren Hauptvertretern Smith, Ricardo, Malthus, Mill, Say und von Thünen hat Turgot's (physiokratisch-landwirtschaftliches) Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs verabsolutiert, indem sie den ersten Abschnitt bis zum Wendepunkt, also den Bereich zunehmenden Ertragszuwachses, eliminierte. In einem zunehmend industriellen Umfeld ging die praktische Bedeutung der Landwirtschaft zurück und mit ihr auch das spezielle Interesse der Klassiker an deren besonderen Produktionsbedingungen.

1. Die klassische Theorie der Unternehmung (ca. 1770-1870)

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A n die Stelle des S-förmigen Kostenverlaufes t r a t d e r progressive Kostenverlauf mit U-förmigen Durchschnittskosten. D a s g r ö ß t e P r o b l e m bereitete den Klassikern die F r a g e nach der Preisbildung. O b w o h l erhebliche P r e i s s c h w a n k u n g e n u n d - a b w e i c h u n g e n von der vorherrschend e n A r b e i t s w e r t l e h r e b e o b a c h t e t w u r d e n - diese besagt, d a ß die M a r k t p r e i s e im G r u n d e d u r c h ihre D u r c h s c h n i t t s k o s t e n , und hier vor allen Dingen d u r c h ihre A r b e i t s k o s t e n , b e s t i m m t werden hielt m a n an der Idee der langfristig d u r c h die P r o d u k t i o n s k o s t e n determinierten Preise fest. (Auf diesem Gebiet sollte die Neoklassik s p ä t e r mit ihren nachfrageorientierten K n a p p h e i t s p r e i s e n den entscheid e n d e n D u r c h b r u c h erzielen). W ä h r e n d die Klassiker insgesamt nicht in der Lage waren, die Preisbildung n a c h A n g e b o t u n d N a c h f r a g e auf unterschiedlichen M ä r k t e n zu erklären, k a n n die Leistung des Ö k o n o m e n gar nicht h o c h genug eingeschätzt werden, der als erster ein M o n o p o l - und ein Oligopolmodell entwickelte ( C o u r n o t , 1838). Offensichtlich e r k a n n t e n die Klassiker den Stellenwert der C o u r n o t ' s c h e n Arbeiten nicht, die d e m e n t s p r e c h e n d erst nach seinem Tode d u r c h die Neoklassiker „wiederentd e c k t " w u r d e n . I m Monopolmodell von Cournot beutet der alleinige A n b i e t e r die Möglichkeit aus, bei b e k a n n t e r P r e i s - A b s a t z - F u n k t i o n den gewinnmaximalen Preis festzulegen, bei d e m die K o n s u m e n t e n deutlich schlechter gestellt werden als im neoklassischen Referenzmodell der vollständigen K o n k u r r e n z : Die M e n g e wird bei einem weit über den D u r c h s c h n i t t s k o s t e n liegenden Preis künstlich verk n a p p t u n d es wird nicht zu minimalen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n p r o d u z i e r t ( A b b . II, 2). D a s C o u r n o t ' s c h e M o n o p o l ist d a s erste voll a u s f o r m u l i e r t e Modell der Theorie der Unternehmung. Es hat seinen Platz in der Neoklassik b e h a u p t e n k ö n n e n , weil seine F o r m a l i s i e r u n g u n d „ B e r e c h e n b a r k e i t " den Bedürfnissen der M a r g i n a l a n a lyse im besten Sinne entspricht. Wie n o c h zu zeigen ist, erfüllt d a s M o n o p o l - M o d e l l v o n C o u r n o t die Prämissen des v o l l k o m m e n e n M a r k t e s (Präferenzlosigkeit, M a r k t t r a n s p a r e n z ) . D e r einzige A k t i o n s p a r a m e t e r des M o n o p o l u n t e r n e h m e n s ist die B e s t i m m u n g des gewinnmaximalen Preises auf der P r e i s - A b s a t z - F u n k t i o n ents p r e c h e n d der Regel: G r e n z k o s t e n = Grenzerlös. I m G e g e n s a t z z u m M o n o p o l f a l l h a t der von C o u r n o t e n t w o r f e n e Dyopolfall m e h r K r i t i k als A n e r k e n n u n g g e f u n d e n . C o u r n o t ging in seinem Beispiel von zwei A n b i e t e r n aus, die in der Lage waren, Mineralquellwasser „ g r e n z k o s t e n l o s " an d e n M a r k t zu bringen. Diese modellvereinfachende A n n a h m e ( G r e n z k o s t e n der W a s s e r e n t n a h m e gleich Null) w a r es aber nicht, die angegriffen wurde; vielmehr w a r es die - wie in j e d e m Oligopolmodell erforderliche - A n n a h m e über d a s Verhalten d e r K o n k u r r e n t e n : Im D y o p o l von C o u r n o t n i m m t jeder A n b i e t e r a n , d a ß seine Strategie, d a s A n g e b o t ' d e s a n d e r e n als gegeben a n z u n e h m e n , keine R e a k tionen b e i m K o n k u r r e n t e n h e r v o r r u f t . Gleichzeitig a b e r besteht f ü r beide der Anreiz, die P r o d u k t i o n a u s z u d e h n e n . Ein Gleichgewicht wird n u r erreicht, w e n n die D y o p o l i s t e n aus ihren Erfahrungen, d a ß der a n d e r e d o c h reagiert, nicht lernen. D e r Lerneffekt, d a ß die eigene A n n a h m e über d a s Verhalten des K o n k u r r e n t e n falsch ist, d a ß d o c h R e a k t i o n e n h e r v o r g e r u f e n w e r d e n , d a r f nicht eintreten; das Gleichgewicht ist also a b h ä n g i g von d e m inneren M o d e l l w i d e r s p r u c h , d a ß R e a k tionen n i c h t e r w a r t e t werden, a b e r d e n n o c h laufend erfolgen. D a s C o u r n o t ' s c h e D y o p o l ist heute n u r noch ein Grenzfall in der Oligopol-Systematik von Stackelb e r g (1934), die weiter unten dargestellt wird.

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung

Abb. II, 2: Monopolmodell nach Cournot (klassische Kostenfunktion) Quelle: eigene Darstellung

W ä h r e n d der monopolistische Anbieter mit Hilfe der konjekturalen Preis-AbsatzF u n k t i o n die für ihn ideale Kombination von Angebotspreis und Absatzmenge wählen kann, m u ß der oligopolistische Anbieter immer mit der Reaktion seiner Konkurrenten rechnen, um gewinnmaximale Entscheidungen zu treffen. Dagegen verliert der einzelne Anbieter im klassischen Wunschmodell des vollkommenen Wettbewerbs mit freiem Marktzugang jegliche Entscheidungsfreiheit: Der

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1. Die klassische Theorie der U n t e r n e h m u n g (ca. 1770-1870)

Anbieter wird zum reinen Mengenanpasser bei gegebenem - nicht zu beeinflussendem - Marktpreis, wenn auch dieses Phänomen in der Klassik noch nicht so deutlich herausgearbeitet wurde wie später in der Neoklassik. Der Zusammenhang von Marktpreis und Gleichgewichtsmenge, von Angebot und Nachfrage sei hier in der heute üblichen Form geometrisch dargestellt; aber es sei hinzugefügt, daß nur im Idealzustand Knappheitspreis und „natürlicher Preis" übereinstimmen: Nach klassischer Meinung wohnt den schwankenden Marktpreisen die langfristige Tendenz inne, den Gleichgewichtszustand mit dem (stückkostendeterminierten) natürlichen Preis herzustellen (vgl. Abb. II, 3). Diese Tendenz - wenn vorhanden - kann vom Unternehmen jedoch nicht wahrgenommen werden, da der jeweilige Gleichgewichtspreis eines Marktes sowohl für den Anbieter als auch für den Nachfrager unumstößliches Datum ist (Preisnehmer). Wenn der aktuelle Knappheitspreis (p*), wie in Abb. II, 3 angenommen, die totalen Durchschnittskosten eines „repräsentativen Branchenanbieters" A1 überdeckt, dann wird dieser als „homo oeconomicus" die gewinnmaximale Menge mit Hilfe des Schnittpunktes von Preis ( = gegebener Grenzerlös) und Grenzkosten

• \ N

A

P= E'

Abb. II, 3: Modell des klassischen vollkommenen Wettbewerbs o h n e Markteintrittsbarrieren Quelle: eigene Darstellung

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung

festlegen. Potentielle P r o d u z e n t e n , die diese Gewinnerzielung w a h r n e h m e n , werd e n d a n n wegen des Fehlens von M a r k t e i n t r i t t s b a r r i e r e n beim v o l l k o m m e n e n W e t t b e w e r b zusätzliche M e n g e n anbieten u n d den Preis bis z u m b r a n c h e n t y p i s c h e n (durchschnittlichen) S t ü c k k o s t e n m i n i m u m d r ü c k e n , so d a ß d a n n neben d e m Marktgleichgewicht simultan auch d a s „ n a t ü r l i c h e " Produktionspreisgleichgewicht hergestellt ist. Dieses Modell zeigt sehr anschaulich, wie sehr die Klassiker v o n einer natürlichen O r d n u n g auch in d e n Wirtschaftswissenschaften ausgingen u n d wie sehr sie mit ihren Gleichgewichtsvorstellungen die Neoklassik v o r g e p r ä g t h a b e n . Die M a r k t a n p a s s u n g e n f a n d e n bei den Klassikern j e d o c h n o c h in einer „historischen Z e i t " statt, w ä h r e n d die Neoklassiker später in ihren nicht-evolutionären (statischen) Modellen von der Zeit im eigentlichen Sinne a b s t r a h i e r t e n . W ä h r e n d A. Smith u n d a n d e r e noch a n den A n p a s s u n g s v o r g ä n g e n interessiert waren, verk ü r z t e n ihre marginalistischen Nachfolger d e n Blickwinkel auf die k o m p a r a t i v e Statik (Vergleich v o n Gleichgewichten), o h n e die d y n a m i s c h e n A b l ä u f e n ä h e r zu untersuchen.

2. Die neoklassische Theorie der Unternehmung (ca. 1870-1940) Die neoklassische T h e o r i e wird vor allen D i n g e n mit Walrasianischen Gleichgewichtsmodellen identifiziert (Walras, 1883). A u f der Suche n a c h einem allgemeinen Gleichgewicht blendet Walras alle S t ö r f a k t o r e n wie u n v o l l k o m m e n e K o n k u r r e n z , Unsicherheit der E r w a r t u n g e n und W a c h s t u m aus. In einer derartigen Gleichgewichtstheorie, die v o n allen relevanten P h ä n o m e n e n a b s t r a h i e r e n m u ß , u m rechenb a r zu bleiben, sind alle Variablen deterministisch verknüpft, so daß es zum Verhalten von U n t e r n e h m e r n nichts zu sagen gibt. Es ist nicht ü b e r r a s c h e n d , d a ß die neoklassische Diskussion der U n t e r n e h m u n g beherrscht wird von einem anderen Neoklassiker, von M a r s h a l l (Principles of Economics, 1890), d e m Begründer der sog. C a m b r i d g e School, der bestrebt war, die R e a l i t ä t s n ä h e der klassischen Lehre mit den theoretischen Bedürfnissen der G r e n z nutzenschule zu verbinden; d a s gelang ihm nur z u m Teil u n d mit der Selbstbes c h r ä n k u n g auf partielle Gleichgewichte o h n e eindeutige L ö s u n g f ü r ein T o t a l m o dell. Eine wichtige Rolle spielt bei Marshall die „representative firm": Solange m a n die K o s t e n k u r v e n der atomistischen A n b i e t e r einperiodig (statisch) betrachtet, ist die Betriebsgröße gegeben u n d damit auch d a s Verhältnis der fixen zu den variablen Kosten. Langfristig j e d o c h k a n n die Betriebsgröße variiert werden, so d a ß in der „ o p e r a t i o n a l time u n i t " (Viner, 1932) alle K o s t e n variabel sind. Z u r O p t i m i e r u n g der Betriebsgröße gilt es, entsprechend den k o m p a r a t i v - s t a t i s c h zu vergleichenden kurzfristigen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n k u r v e n die langfristige (umhüllende) D u r c h s c h n i t t s k o s t e n k u r v e ( L D K ) zu ermitteln. In der A b b . 11,4 wird gezeigt, wie dieses graphisch geschieht. Bei S-förmigem G e s a m t k o s t e n v e r l a u f gibt es also ein langfristiges D u r c h s c h n i t t s k o s t e n m i n i m u m , d a s d a d u r c h gekennzeichnet ist, d a ß sich die M i n i m a der lang- u n d der zugehörigen kurzfristigen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n f u n k t i o n decken. Dieser P u n k t wird v o n u n t e n her k o m m e n d v o n der kurzfristigen und langfristigen (hier nicht eingezeichnet) G r e n z k o s t e n f u n k t i o n geschnitten.

2. D i e n e o k l a s s i s c h e T h e o r i e der U n t e r n e h m u n g (ca. 1 8 7 0 - 1 9 4 0 )

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x

Abb. II, 4: D i e l a n g f r i s t i g e D u r c h s c h n i t t s k o s t e n k u r v e ( L D K ) als „ U m h ü l l e n d e " d e r k u r z f r i stigen D u r c h s c h n i t t s k o s t e n k u r v e n Quelle: e i g e n e D a r s t e l l u n g

Sieht m a n von der limitationalen Walras-Leontief-Produktionsfunktion (Leontief, 1941) mit fixen Produktionskoeffizienten ab, die Walras für die Ableitung eines allgemeinen Gleichgewichtes vorzog und die Leontief f ü r seine I n p u t - O u t p u t Analyse verwendete, so hat sich in der Neoklassik wie schon in der Klassik zunächst die substitutionale F u n k t i o n vom abnehmenden Ertragszuwachs durchgesetzt; wie schon in der klassischen Schule entfällt dabei der Bereich zunehmender Ertragszuwächse, den Turgot (1768) postuliert hatte, aber darüber hinausgehend wird jetzt auch der Bereich negativer Grenzproduktivität eliminiert. C o b b und Douglas (1928) entwickelten die nach ihnen benannte homogene Produktionsfunktion, die von allen neoklassischen Produktionsfunktionen am meisten verwendet wurde. Zu dieser Produktionsfunktion gehören progressiv-steigende Gesamtkosten und steigende Grenzkosten (vgl. A b b . II, 5). (Heute gehören auch die linearen, degressiv-steigenden und S-förmigen Kostenverläufe zum selbstverständlichen mikroökonomischen Lehrbuchrepertoire). Eine H a u p t f r a g e , die die Neoklassiker besonders bewegte, war die Frage nach der optimalen Ressourcenallokation unter gegebenen Bedingungen. Marshall leitete unter der A n n a h m e vollständiger Konkurrenz, d. h. im neoklassischen Sinne bei unendlich vielen atomistisch kleinen Anbietern und Nachfragern, das sogenannte Betriebsoptimum ab (Abb. II, 6), bei dem unter Einhaltung der Gewinnmaximierungsbedingung der U n t e r n e h m u n g das volkswirtschaftliche Allokationsoptimum im Sinne Pareto's (1906) erreicht wird: Die vollkommene K o n kurrenz sorgt d a f ü r , d a ß alle Branchenanbieter mit identischen Produktionsfunktionen im Kostenminimum anbieten und dabei zwar alle F a k t o r k o s t e n einschließlich U n t e r n e h m e r l o h n und Eigenkapitalverzinsung gedeckt sind, jedoch das Gewinnmaximum gleich Null ist. D a das U n t e r n e h m e n sich mengenmäßig bei Preisschwankungen nach der Regel Grenzkosten = Preis ( = Grenzerlös bei vollständiger Konkurrenz) auf das Gewinnmaximum einstellt, ist der obere Ast der Grenzkostenkurve (oberhalb der Durchschnittskostenkurve) gleichzeitig die individuelle Angebotsfunktion dieses Marktteilnehmers. Durch Aggregation der einzelnen Grenzkostenkurvenabschnit-

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung (5a) A b n e h m e n d e r Ertragszuwachs

(5b) Progressive Gesamtkosten

Abb. II, 5: Neoklassische Produktionsfunktion Quelle: eigene Darstellung

te ergibt sich die jeweilige Gesamtangebotsfunktion eines homogenen Produktes auf einem vollkommenen Markt. Die neoklassische Unternehmenstheorie ist nun dadurch geprägt, daß sie im Hinblick auf beobachtete Marktabweichungen vom Idealmodell der vollständigen Konkurrenz bestimmte Annahmen aufgibt und dementsprechend Ergebnisse ableitet. Bei einer Variation der Zahl der Marktteilnehmer kommt vor allen Dingen der Angebotsseite entsprechende Bedeutung zu, so daß Monopol-, Polypol- und Oligopol- (hier i.d. R. Dyopol-)Märkte unterschieden werden. Diese Märkte können jeweils als vollkommene Märkte (d.h. mit voller Markttransparenz und absoluter Präferenzlosigkeit) oder unvollkommene „monopolistische" Märkte ausdifferenziert werden. Unterstellt man in jedem Fall eine atomistische Nachfragestruktur, dann erhält man die in Abb. II, 7 aufgeführten Marktformen. In Deutschland ist es vor allen Dingen Gutenberg (1955) zuzuschreiben, daß dem Cournot'schen Angebotsmonopol sowie dem Marshall'schen Polypol jeweils das Pendant für unvollkommene Märkte gegenübergestellt wurde. Bezüglich des homogenen Angebotsoligopols hat von Stackelberg (1934) die

2. Die neoklassische Theorie der U n t e r n e h m u n g (ca. 1870-1940)

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Abb. II, 6: Das Betriebsoptimum bei vollständiger K o n k u r r e n z Quelle: eigene Darstellung

folgende Systematisierung als bahnbrechende Leistung der Dyopoltheorie vorgenommen: Fall 1: Beide Anbieter nehmen die Abhängigkeitsposition ein, indem sie die Ausbringung des Konkurrenten als Datum akzeptieren. Eine Reaktion des anderen Marktteilnehmers auf die eigene Produktionsmenge wird nicht erwartet. (Dieses ist der bereits besprochene Cournot-Fall, der wegen der fehlenden Lernfähigkeit beider Anbieter als unlogisch angesehen werden muß.) Fälle 2 und 3: Ein Anbieter (A oder B) übernimmt die Führungsrolle, der andere paßt sich an (B oder A). Der Abhängige paßt seine Ausbringungsmenge an die des Unabhängigen an, seine Reaktion geht in den Optimierungskalkül des Branchenführers ein. Der Führer (A oder B) kann seinen Gewinn zu Lasten des Abhängigen (B oder A) erhöhen. (Dieses sind die Stackelberg-Fälle 1 und 2, auch asymmetrisches Dyopol genannt.)

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische G r u n d l a g e n einer Theorie der U n t e r n e h m u n g Sehr viele Nachfrager (-> oo) nein: homogene K o n k u r r e n z

ja: heterogene, monopolistische Konkurrenz

Vollkommener M a r k t (vollkommene Konkurrenz) = K o n k u r r e n z unter h o m o g e n e n (gleichen) G ü t e r n bei vollkommener M a r k t t r a n s parenz

Unvollkommener Markt (unvollkommene Konkurrenz) = K o n k u r r e n z unter heterogenen (ungleichen) G ü t e r n bei (un)vollkommener M a r k t transparenz

Sehr viele ( - oo)

H o m o g e n e s AngebotsPolypol (Marshall 1890) = vollständige K o n k u r r e n z = atomistische K o n k u r r e n z (Preis als Datum)

Polypoloid (Gutenberg 1955) z. B. doppelt geknickte PreisAbsatz-Funktion

Wenige

H o m o g e n e s AngebotsOligopol

(Sonderfall: 2)

(Dyopol) ( C o u r n o t 1838) (Stackelbcrg 1934) (Bowley 1924)

Oligopoloid z. B. kinky-demand-curve (Sweezy, H a l l / H i t c h 1939)

\

Marktin\ transpa\ renz und Zahl \ Präfeder \ renAnbieter \ zen

Einer

(Dyopoloid) (Chamberlin 1933) (Krelle 1961)

H o m o g e n e s AngebotsMonopol

Monopoloid z.B. vertikale Preisdifferenzierung auf isolierten M ä r k t e n

( C o u r n o t 1838)

(Gutenberg 1955)

Abb. II, 7: M a r k t f o r m e n s c h e m a bei atomistischer N a c h f r a g e s t r u k t u r f ü r vollkommene und unvollkommene K o n k u r r e n z Quelle: eigene Darstellung

Fall 4: Beide Anbieter streben danach, die günstigere Führungsrolle zu übernehmen (Bowley-Fall); solange nicht entschieden ist, wer sich d a m i t durchsetzt, handelt es sich hierbei u m den für beide Anbieter schädlichsten Fall der sog. „cut throat competition" („ruinöse Konkurrenz"). W ä h r e n d die soeben vorgestellten Fälle sogenannte Mengendyopole sind, sollen hier der Vollständigkeit halber noch das Bertrand- sowie das Chamberlin-Modell (1933) genannt werden. Bei diesen ist der Aktionsparameter jeweils der Preis u n d nicht die Angebotsmenge. Der Bertrand-Fall sieht vor, d a ß der Absatz zu gleichen Teilen auf die Anbieter entfällt, die gemeinsam den niedrigsten Preis setzen, während die anderen (potentiellen) Marktteilnehmer nichts absetzen. Das angebotene G u t ist vollkommen homogen. Dagegen leitet das Chamberlin-Modell zur heterogenen Konkurrenz über. Chamberlin war der erste, der ein Preismodell für differenzierte Produkte entwikkelte; in diesem Modell sind die Absatzmengen stetige F u n k t i o n e n aller Preise. W ä h r e n d in den bisher geschilderten Fällen Punktlösungen erreicht werden auch wenn diese nicht stabil sein mögen führen die kinky-demand-curve von Sweezy und Hall/Hitch (1939) sowie die Krelle-Theorie (1961) bei heterogener

2. Die neoklassische Theorie der U n t e r n e h m u n g (ca. 1870-1940)

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Konkurrenz zu sog. Gebietslösungen. Diese Gebietstheorien zeigen auf, w a r u m in Oligopolen häufig eine gewisse Preisstarrheit zu beobachten ist. Auch bezüglich der Kostenfunktionen hat die neoklassische Schule sich als sehr anpassungsfähig erwiesen, so d a ß heute lineare, degressive, progressive sowie Sförmige Gesamtkostenverläufe diskutiert werden. Kombiniert m a n nun lehrbuchmäßig die vier Kostenverläufe mit den jeweils drei M a r k t a n g e b o t s f o r m e n , d a n n erhält m a n zwölf Anwendungsfälle f ü r h o m o gene und zwölf Anwendungsfälle f ü r heterogene Konkurrenz. In den Schaubildern II, 8 und 11,9 werden alle Varianten unter dem Aspekt der Grenzkosten = Grenzerlös-Regel dargestellt, um jeweils gewinnmaximale PreisMengen-Kombinationen zu bestimmen. Diskussion einiger Marktmodelle homogener Konkurrenz D a s Angebotsmonopol führt unabhängig von der Kostenstruktur in jedem Fall zu dem Ergebnis, d a ß der Monopolpreis weit über dem Durchschnittskostenminimum liegt; es erhebt sich aber die Frage, o b hohe Monopolgewinne nicht K o n k u r r e n t e n anlocken werden. Bei vollständiger Konkurrenz führen progressive und S-förmige Gesamtkosten zu gewinnloser Produktion, während die K ' = E' - Regel bei linearen Kosten keine eindeutige Lösung liefert u n d bei degressiven Kosten Verluste erzwingt; so taucht hier die Frage auf, ob unter solchen Bedingungen ü b e r h a u p t ein Angebot zustande käme. Im Falle der Preisführerschaft im Dyopol (hier angenommener Spezialfall des Angebotsoligopols) würden jeweils Gewinne erzielt, jedoch nicht in dem A u s m a ß wie beim Monopol; aber auch hier gibt es eine kritische Frage aus der Sicht der Realität: Können stillschweigende oder verabredete Preiskartelle auf D a u e r Bestand haben, wenn m a n die Eigeninteressen der Beteiligten betrachtet und an wettbewerbspolitische Restriktionen denkt? Diskussion einiger Marktmodelle heterogener Konkurrenz Wenn es dem Monopol gelingt, durch Preisdifferenzierung auf isolierten M ä r k t e n im jeweiligen M a r k t den Gewinn zu maximieren, so steigt der Gesamtgewinn im Vergleich zur Einheitspreisgewinnmaximierung noch einmal an. Diese Situation gegenüber potentiellen Konkurrenten und N a c h f r a g e r n auf D a u e r geheimzuhalten, dürfte sich auf D a u e r als unmöglich erweisen. D a s Polypol k a n n bei heterogener Konkurrenz (monopolistischer Bereich bzw. doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion durch Präferenzenbildung) bei jedem denkbaren Kostenverlauf Gewinne machen; insofern unterscheidet sich die polypolistische heterogene Konkurrenz f u n d a m e n t a l von der vollständigen K o n k u r renz, dem bei näherem Hinsehen gar nicht so strahlenden Idealbild der Neoklassik. Jedoch können sich jeweils mehrere Schnittpunkte der Grenzerlös- und G r e n z k o stenkurven ergeben. Als Problem wird angesehen, ob ein polypolistischer Anbieter jeweils den zuerst erreichten Schnittpunkt (also bei relativ geringer Menge) realisiert, oder ob er das Risiko der größeren Produktionsmenge (bei vielleicht höherem Gewinn) anstrebt. Im Oligopolfall gibt die „kinky-demand-curve" (Sweezy, 1939; Hall/Hitch, 1939) einen guten Eindruck von der Wirkung von Präferenzen bei wenigen Anbietern, wenn ein Anbieter damit rechnet, daß die Konkurrenten bei Preiserhöhungen durch

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische G r u n d l a g e n einer Theorie der U n t e r n e h m u n g

Abb. II, 8: Die gewinnmaximierendc (K' = E') Regel bei unterschiedlichen Kostenverläufen und M a r k t f o r m e n - bei cc vielen Nachfragern (vollkommene Konkurrenz) Quelle: eigene Darstellung

2. Die neoklassische Theorie der U n t e r n e h m u n g (ca. 1870-1940)

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Abb. II, 9: Die gewinnmaximierendc (K' = E') Regel bei unterschiedlichen Kostenverläufen und M a r k t f o r m e n - bei oo vielen N a c h f r a g e r n (unvollkommene Konkurrenz) Quelle: eigene Darstellung

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung

ihn nicht mitziehen werden, während sie bei Preissenkungen ebenfalls die Preise senken. Beobachtete Preisstarrheiten in Oligopolen bei Kostenänderungen lassen sich d a d u r c h erklären, d a ß die Grenzkosten-Grenzerlös-Regel einen „Spielraum" läßt, sofern das Gewinnmaximum „im K n i c k " liegt. Kostensteigerungen und -Senkungen würden zwar die H ö h e des Gewinns des Anbieters verändern, jedoch nicht den gewinnmaximalen Preis u n d die zugehörige Menge.

3.

Von der Neoklassik zur „Industrial Organization Theorie" (ca. 1940 bis heute)

Anliegen der klassischen Theorie war es ursprünglich, dem protektionistischen Weltbild des Merkantilismus das Leitbild des freien Wettbewerbs entgegenzusetzen, o h n e dabei eine beste M a r k t f o r m zu definieren. D u r c h die Mathematisierung der neoklassischen Theorie k a m es d a n n zur realitätsfremden Idealform vollständiger Konkurrenz (homogene G ü t e r und M a r k t transparenz, Preisnehmerschaft, Polypol), bei der sämtliche Konturen eines U n ternehmens u n d / o d e r Unternehmers - im Außen- und im Innenverhältnis - völlig verschwunden sind ( G r a u m a n n , 1993, S. 659). O b w o h l die bereits behandelten Marktunvollkommenheiten der heterogenen K o n k u r r e n z mit neoklassischen Methoden angegangen werden, k ö n n t e m a n bei strenger Abgrenzung zu dem Ergebnis kommen, d a ß diese von den Realitäten der M ä r k t e erzwungenen Modifikationen (Kaldor, 1935; Robinson; 1933; Sraffa, 1926; Chamberlin, 1933) nicht mehr zur neoklassischen Schule im eigentlichen Sinne gehören. Dem soll hier nicht gefolgt werden, weil auch der unvollkommene Wettbewerb mit statischen Gleichgewichtsmodellen abgebildet zu werden pflegt, dem typisch neoklassischen Instrumentarium. Jedoch führen alle weiteren Versuche, die Unternehmenstheorie in ihrem jeweiligen wettbewerblichen Umfeld zu verbessern, zur Dynamisierung von M ä r k t e n u n d Unternehmen. Dabei handelt es sich vornehmlich um die Einbeziehung • des technischen Fortschritts (Clark, 1961), • der Marktevolution (Arndt, Heuss, 1965), • der optimalen Wettbewerbsintensität (Kantzenbach, 1967) a u f b a u e n d auf dem Konzept des „workable competition" (Clark, 1940), • der Z u s a m m e n h ä n g e von Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnissen (Chandler) bzw. des Industrial Organization Ansatzes. Hauptzielrichtungen der klassischen und neoklassischen sowie Industrial-Organization-Forschung waren wettbewerbstheoretische Aussagen über das Wechselspiel von Anbieterstrukturen und M ä r k t e n sowie Aussagen über die jeweiligen Marktergebnisse. Die Unternehmen als solche standen nicht im Mittelpunkt des Interesses. Aus diesem G r u n d treten Phänomene der modernen Publikums-Aktiengesellschaft weit in den Hintergrund, so d a ß unterschiedliche Zielfunktionen von M a n a g e r n und Eigentümern, interne Unternehmensstrukturprobleme, Motivationsaspekte und Finanzierungsfragen keine Rolle spielen. G e r a d e diesen Fragen soll aber in der modernen Unternehmenstheorie nachgegangen werden. Dabei ist nicht zu übersehen, daß alle in den folgenden Kapiteln behandelten Modelle im G r u n d e weiterhin auf der Neoklassik basieren, wobei jedoch einzelne Prämissen variiert werden. D e n n bei aller Kritik wurde die Präzision des neoklas-

3. Von der Neoklassik zur „Industrial Organization Theorie" (ca. 1940 bis heute)

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sischen Denkens bisher durch nichts übertroffen; diese Präzision allerdings wurde durch zu enge Prämissen erkauft. Übrigens greift auch die moderne Theorie des Unternehmers, die am Ende des Kapitels IV dargestellt wird, nach vielen Umwegen wieder auf neoklassisches Gedankengut zurück. 4. Literatur Blattner, W.: Volkswirtschaftliche Theorie der Firma, Berlin 1977 Braun, W.: Die Ö k o n o m i k der U n t e r n e h m u n g , 2. Aufl. Wiesbaden 1988 Bowley, A. L.: Mathematical G r o u n d w o r k of Economics, Oxford 1924 Chamberlin, E., The Theory of Monopolistic Competition, Cambridge (Mass.) 1933 Chandler, A.D., Scale and Scope, The Dynamics of Industrial Capitalism, H a r v a r d 1990 Clark, J . M . , Toward a Concept of Workable Competition, in: A E R , 30 (1940), S. 2 4 1 - 2 4 6 Clark, J . M . , Competition as a D y n a m i c Process, Washington, D . C . 1961 Cobb, P. H./Douglas, C.W.: A Theory of Production in: A E R , Papers a n d Proceedings, 18 (1928), S. 1 3 9 - 1 6 5 Cohen, K.J./Cyert, R. M.: Theory of the Firm. Resource Allocation in a M a r k e t Economy, Englewood Cliffs (N.J.) 1965 Cournot, A.: Untersuchungen über die mathematischen Grundlagen der Theorie des Reichtums (1838). Deutsche Ausgabe Jena 1924 Frambach, H . A . , Die Evolution m o d e r n e r ökonomischer Kategorien. Entstehung und Wandel zentraler Begriffe der neoklassischen ökonomischen Theorie. Berlin 1993 Graumann, ML: Leitbilder der Wettbewerbstheorie, wisu 8 - 9 / 1 9 9 3 , S. 6 5 9 - 6 6 2 Gutenberg, E.: G r u n d l a g e n der Betriebswirtschaftslehre, 2. Bd. Absatz, Berlin 1955 Hall, R.L./Hitch, C.J.: Price Theory a n d Business Behavior, in: Oxford Economic Papers, 2/1939, S. 1 2 - 4 5 Heuss, E.: Allgemeine Markttheorie, Tübingen u. Zürich 1965 Hirsch H.: Alfred Marshalls Beitrag zur modernen Theorie der U n t e r n e h m u n g , Berlin 1965 Holmström, B. R./ Tirole, J.: The Theory of the F i r m , in: H a n d b o o k of Industrial Organization, Vol.1, Ed. Schmalensee, R./ Willig, R . D . : Amsterdam et al. 1990, S. 6 1 - 1 3 3 Kantzenbach, E.: Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, Göttingen 1967 Kieps, K.: Staatliche Preispolitik. Theorie und Realität in M a r k t - und Planwirtschaft, M ü n chen 1984 Koutsoyiannis, A.: M o d e r n Microeconomics, 2nd ed. L o n d o n 1979 Krelle, W.: Preistheorie, Tübingen 1961 Krüsselberg, U.: Theorie der U n t e r n e h m u n g und Institutionenökonomik, Heidelberg 1992 Leontief, W.: The Structure of the American E c o n o m y , 1919-1939, New York 1941 Malthus, T.R.: Essay on Population, L o n d o n 1798 Marshall, A.: Principles of Economics, L o n d o n 1890 Mill, J.St.: Principles of Political Economy, L o n d o n 1848 Neuberger, D.: D a s Stackelberg-Gleichgewicht im Oligopol, WiSt H. 12/1993, S. 6 1 7 - 6 2 3 Ott, A.E.: Grundrisse der Preistheorie, 3. Aufl. Göttingen 1979 Quesnay, F.: Tableau économique, Paris 1766 Ricardo, D.: O n the Principles of Political Economy and Taxation, L o n d o n 1817 Ricketts, M.: The Economics of Business Enterprise, Brighton 1987 Ridder-Aab, Ch.-M.: Die moderne Aktiengesellschaft im Lichte der Theorie der Eigentumsrechte, F r a n k f u r t a . M . und New York 1980 Robinson, J.: The Economics of Imperfect Competition, L o n d o n 1933 Say, J.-B.: Traité d'Economie Politique. Paris 1803 Schenk, K.E.: Die neue Institutionenökonomie - Ein Überblick über wichtige Elemente u n d Probleme der Weiterentwicklung, in: Zeitschrift f ü r Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (ZWS), 112. Jg.: H. 3, 1992, S. 3 3 7 - 3 7 8 Scherer, E M . / Ross, D.: Industrial M a r k e t Structure and Economic Performance, 3rd ed. Dallas 1990

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Kapitel II: Klassisch-neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung

Schuke, A.: Theorie des Unternehmens, Frankfurt a. M. 1977 Schumpeter, J.A.: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Berlin 1911 Siebke, J.: Preistheorie, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 2, 5. Aufl. München 1992, S. 61-121 Smith, A.: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Oxford 1776 Sraffa, P.: The Laws of Returns under Competitive Conditions, in: Economic Journal, Vol. 36 (1926), S. 535 ff Stackelberg, H. von, Marktform und Gleichgewicht, Wien und Berlin 1934 Streißler, E.: Kritik des neoklassischen Gleichgewichtsansatzes als Rechtfertigung marktwirtschaftlicher Ordnungen, in: Zur Theorie marktwirtschaftlicher Ordnungen, Hrsg. Streißler, E./ Watrin, Ch.: Tübingen, 1980, S. 38-69 Sweezy, P.M.: Demand under Conditions of Oligopoly, in: Journal of Political Economy, 47/1939, S. 568-573 Thünen, J. von, Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie, Rostock 1826 Tirole, J.: The Theory of Industrial Organization, Cambridge (Mass.) a. London 1988 Turgot, A.R.J.: Sur le mémoire de Saint-Péravy, Paris 1768 Vehlen, T. B.: The Theory of Business Enterprise, New York 1904 Viner, J.: Cost Curves and Supply Curves, in: Z.f. Nat. ök.: Nr. 3 (1932), S. 2 3 - 4 6 Walras, L.: Théorie mathématique de la richesse sociale, Paris 1883 Williams, Ph.: The Emergence of the Theory of the Firm, London 1978 Williamson, O.E./ Winter, S.G. (eds.), The Nature of the Firm. Origins, Evolution, and Development, New York 1991 Wohl, R. R.: The Significance of Business History, in: Business History Review, 28 (1954), S. 128-140 Walras, L.: Théorie mathématique de la richesse sociale, Paris 1883

Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Modernen Theorie der Unternehmung 1. Die Wachstumstheorien der Unternehmung 1.1 Einleitung 1.1.1 Einführung Dieser Abschnitt befaßt sich mit den Wachstumsmodellen, die einer Modernen Theorie der Unternehmung zugerechnet werden können. Die hiermit vorgenommene Einbeziehung von dynamischen Aspekten ist eine Erweiterung der klassisch-neoklassischen (statischen) Produktionsfunktion. Innerhalb dieser Vorstellungswelt ist Wachstum lediglich eine Bewegung hin zur optimalen Unternehmensgröße im Minimum der langfristigen Durchschnittskosten. In der klassisch-neoklassischen Theorie kann Wachstum also kein Unternehmensziel sein, da sich die Unternehmung lediglich gewinnmaximierend an die als gegeben betrachteten Umfeldbedingungen anpaßt. Spätere Ansätze der Klassik-Neoklassik identifizierten jedoch auch die Erzielung von economies of scale als Wachstumsmotiv bzw. Innovationen und Produktdifferenzierung als Wachstumsmöglichkeiten (Kieser, 1976; siehe auch Kapitel II: Klassisch - neoklassische Grundlagen einer Theorie der Unternehmung). Die Wachstumstheorien innerhalb der Modernen Theorie der Unternehmung untersuchen dagegen, wie der Wachstumsprozeß eines Unternehmens unter verschiedenen Zielsetzungen erklärt werden kann. Dies erfolgt bspw. durch die Ermittlung der optimalen Werte für wichtige Wachtumsvariable (bspw. Umsatz, Thesaurierungsrate von Gewinnen etc.), die zu einer gleichgewichtigen Wachstumsrate führen. Eine Wachstumsrate ist dann im Gleichgewicht, wenn kein anderes Wachstum die Ziele des Unternehmens besser erfüllt (Albach 1965, S.46). Während die Betriebswirtschaftslehre das Unternehmenswachstum in erster Linie als Entscheidungsproblem auffaßt (siehe z.B. Kieser, 1970; Kürpick, 1981; Roemer, 1988, Zahn 1971), untersucht die Volkswirtschaftliche Theorie der Unternehmung, welchen Wachstumsverlauf ein Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen und Zielsetzungen nehmen wird. Aus der Flut von Wachstumsmodellen, die in den unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaftstheorie zu finden sind, sollen im folgenden nur die vorgestellt werden, die größere Bekanntheit erlangt haben und die mit der Fragestellung der Modernen Theorie der Unternehmung in Einklang gebracht werden können. Es gibt im Bereich der Wachstumstheorien jedoch nicht eine einheitliche Fragestellung. Es gibt fast genau so viele unterschiedliche Betrachtungsweisen wie hier vorgestellte Modelle. An dieser Stelle sei aber bemerkt, daß auch andere Bereiche der Modernen Theorie der Unternehmung sich mit dem Unternehmenswachstum beschäftigen. Beim Transaktionskostenansatz (siehe Abschnitt IV, 1) wächst eine Unternehmung durch die Internalisierung von Markttransaktionen. Weitere Wachstumsmodelle finden sich bei den Managertheorien in Abschnitt III, 2 wieder. Ihr Schwerpunkt liegt in der Erfassung der Auswirkungen von Wachstumsmotiven der Manager auf das Verhalten von Unternehmen.

22

Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

1.1.2 Der Begriff des Unternehmenswachstums Wieviele unterschiedliche Betrachtungsweisen mit dem Phänomen des Unternehmenswachstums verbunden sind, wird aus der Fülle von Definitions- und Meßmöglichkeiten für diese Größe ersichtlich. Unternehmenswachstum wird z. B. als „ . . . die Vergrößerung der Maßzahl des Unternehmens über einen längeren Zeitraum" (Albach, 1965, S. 10), als „positive Veränderung der Unternehmensgröße" (Finger, 1968, S. 4; Wittmann, 1961, S. 497), als „Änderung der gesamten Unternehmung im Zeitablauf in quantitativer und qualitativer Sicht" (Hahn, 1970, S. 609) oder als „langfristige Zunahme von Outputgrößen der Unternehmung als positiver Beitrag zur Zielerfüllung" (Bea, 1982, S. 449)

Kriterium

Maßgrößen

Beurteilung

Einsatz der Produktionsf a k t o r e n in der Zeiteinheit

Anzahl der Beschäftigten, Verbrauch an Rohstoffen, Abschreibungen etc.

bildet Produktivitätsveränderungen (technischen Fortschritt) schlecht ab; Anzahl der Beschäftigten nur in K o m b i n a t i o n mit P r o d u k t i o n s f a k t o r Kapital relevant

Kapitaleinsatz

Gesamt-/Eigen-/betriebsnotwendiges Kapital

Problem der Handlungsspielräume bei der bilanziellen Bewertung; Interpretationsschwierigkeiten

Kapazität

Produktion in der Zeiteinheit, Anzahl der M a schinen zu einem Zeitpunkt etc.

Problem: Altersstruktur der Maschinen nicht erfaßt; keine Berücksichtigung immaterieller Wirtschaftsgüter

Leistung in der Zeiteinheit

Produktions-/Absatzmenge, U m s a t z , Wertschöpfung

Interpretation bei i n h o m o genen und sich ä n d e r n d e n Produktionsprogrammen schwierig; U m s a t z ist die am häufigsten verwendete Maßgröße, aber nur Wertschöpfung erfaßt quantitative Auswirkungen einer vertikalen Integration

Erfolg

Gewinn, Marktwert des Unternehmens, Kapitalwert, Ertragswert

für investitionstheoretische Modelle, bildet Leistungszuwachs nicht in seiner Dynamik ab; M a r k t w e r t hängt von Bewertung des Kapitalmarktes und von Dividendenpolitik a b

Abb. III, 1.1: Mögliche Maßgrößen des U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m s Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Finger, 1968, S . 4 f f , Ergun, 1972, S. 52ff, H a b e r l a n d t , 1970, S.63ff, Kürpick, 1981, S.28ff

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

23

definiert. Je nach Untersuchungsgegenstand bzw. Erklärungsziel der jeweiligen Modellformulierung wird eine bestimmte Maßgröße für das Unternehmenswachstum verwendet (Hellwig, 1990, S. 125; Zahn, 1971, 14ff.). Jedes Maß spiegelt immer nur einen Teilaspekt der Unternehmensentwicklung wider. Aus den ausgewählten Definitionen wird ersichtlich, daß Wachstum die (langfristige) Veränderung der Unternehmensgröße darstellt. Folglich werden für die Messung bzw. Abbildung des Unternehmenswachstums in Modellen Maßgrößen verwendet, die die Unternehmensgröße beschreiben (Finger, 1968, S.4ff.). Diese lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen (vgl. Abb. III, 1.1). In den in diesem Abschnitt vorgestellten Modellen werden fast alle aufgeführten Maßgrößen verwendet, was auf die Vielfalt der Betrachtungsweisen hindeutet. 1.1.3 Arten des Unternehmenswachstums Auch die Möglichkeiten, die Art des Unternehmenswachstums zu beschreiben, sind zahlreich. Sie werden in der folgenden Abbildung III, 1.2 dargestellt. Die einzelnen Arten des Wachstums schließen einander nicht aus.

Kriterium

Art des Wachstums

Richtung der Expansion

horizontal (gleiche Produktionsstufe), vertikal (vor-/nachgelagerte Produktionsstufen), konglomerat (ohne Z u s a m m e n h a n g zum bisherigen Leistungsprogramm) geographisch (grenzüberschreitend)

Art der P r o d u k t - M a r k t Beziehung (nach Ansoff, 1965): „Ansoff-Matrix"

M a r k t d u r c h d r i n g u n g (bisheriges P r o d u k t , bisheriger Markt), Produktentwicklung (neues P r o d u k t , bisheriger Markt), Marktentwicklung (bisheriges Produkt, neuer Markt), Diversifikation (neues Produkt, neuer M a r k t )

Art der Marktentwicklung

internes Wachstum (eigene Entwicklung), externes Wachstum (Beteiligungen, Akquisitionen, Kooperationen)

Art des Zusammenschlusses

Fusion, Mehrheitsbeteiligung, Minderheitsbeteiligung, Joint Venture, Lizenzvergabe/Lizenzerwerb, strategische Allianz

Ausrichtung

Quantitatives Wachstum (Kapazität) Qualitatives Wachstum (Verbesserung des Leistungsangebotes)

Art der technologischen Erweiterung

multiples Wachstum (Kapazitäten werden um ein Vielfaches erhöht) dimensioniertes Wachstum (Übergang auf Anlagen mit größeren Dimensionen) mutatives Wachstum (Veränderung im Produktionsprozeß, technologische Neuerungen)

Abb. III, 1.2: Arten des Wachstums

24

Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Die Wachstumsmodelle innerhalb der Modernen Theorie der Unternehmung berücksichtigen nicht explizit die unterschiedlichen Arten des Wachstums, sondern sind allgemein gehalten. Unternehmenswachstum wird also global durch die Veränderung einer der soeben angegebenen Größen (1.1.2) abgebildet.

1.1.4 Unternehmenswachstum in der Modernen Theorie der Unternehmung Gemäß Kieser (Kieser 1976; Kieser u.a. 1977) weisen die Wachstumsmodelle der Theorie der Unternehmung die folgenden Eigenschaften auf: 1. Es wird das maximal mögliche Wachstum unter verschiedenen dynamischen Bedingungen für Input- und Outputbeziehungen aufgezeigt. Die Wachstumsergebnisse einer Periode bestimmen die Bedingungen für das Wachstum der nächsten Periode. Wird z. B. das Wachstum einer Periode durch einbehaltene Gewinne (niedrigere Dividende) finanziert, so reduziert dies die externe Eigenkapitalfinanzierung der nächsten Periode. 2. Gewöhnlich wird in diesen Modellen das Wachstum durch ein dynamisches Gleichgewicht (Gleichgewichtspfad) dargestellt (oft exponentielles Wachstum). 3. Die Modelle enthalten eine Nutzenfunktion, ternativen Wachstumspfaden festlegt.

die die Entscheidung zwischen al-

Neben den Wachstumsmodellen aus der Theorie der Unternehmung unterscheidet Kieser noch die folgenden Gruppierungen: • Operations-Research-Modelle bestimmen die optimale Investitions- und Finanzpolitik des Unternehmens im Zeitablauf. • Metamorphosemodelle stellen das Unternehmenswachstum als eine Abfolge von mehreren Organisationsstrukturen im Laufe der Zeit dar. Sie werden teilweise im Abschnitt IV, 3 dargestellt. • Simulationsmodelle versuchen bei einem Verzicht auf Optimierungs- oder Maximierungskalküle alternative Wachstumsstrategien durch Simulationsverfahren zu bewerten. • Daneben existiert eine Reihe von empirischen Untersuchungen, die den Einfluß wichtiger Variablen auf das Unternehmenswachstum (insb. F&E) oder einzelne Aspekte untersuchen (z.B. die Änderung der Kostenstruktur im Verlauf des Wachstumsprozesses, die Bedeutung des Wachstumsziels etc.). Die im folgenden vorgestellten Theorien erfüllen nicht alle die von Kieser aufgestellten Kriterien. Diese treffen am ehesten für die unter 1.7 dargestellten Modelle des gleichgewichtigen Wachstums zu. Fast jedes der vorgestellten Wachstumsmodelle hat eine andere Fragestellung als Grundlage. Deshalb ist es auch unmöglich, das Wachstum von Unternehmen durch ein allumfassendes Modell vollständig zu erklären. Brändle (1970) unterscheidet bei den Modellen des Unternehmenswachstums zwischen Partial- und Totalmodellen. Bei einer Totalbetrachtung werden in relativ globaler Weise sämtliche Aktionsparameter eines Unternehmens im Modell erfaßt. Von den in diesem Abschnitt vorgestellten Theorien trifft dies nur auf das PenroseModell zu 1.6). Partialmodelle erfassen nur einen Teil der Parameter, wobei der Übergang zwischen beiden Arten von Modellen eher fließend ist. Partialmodelle beschäftigen sich mit den einzelnen betriebswirtschaftlichen Funktionen, sind also

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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bspw. investitionstheoretisch, absatzwirtschaftlich, finanzwirtschaftlich oder produktionswirtschaftlich orientiert. Dieses Kriterium wird für die Klassifizierung der Ansätze im letzten Teil dieses Abschnitts verwendet. Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts werden zunächst die verschiedenen Hypothesen über den Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem Unternehmenswachstum dargestellt. Diese haben ihren Ursprung in der klassisch-neoklassischen Theorie, da ihre Überlegungen auf der optimalen Betriebsgröße aufbauen, bzw. auf der Frage, ob es diese überhaupt gibt. Auch die anschließend vorgestellte Erfahrungstheorie von Leibenstein baut auf diesem Modell auf. Danach werden einige einfachere Modelle des Unternehmenswachstums dargestellt, die ihren Ursprung in ganz anderen Bereichen der Wirtschaftstheorie haben. Nachfolgend werden einige Ansätze beschrieben, die das Unternehmenswachstum als einen biologischen Prozeß abbilden. Der Wachstumstheorie von Penrose wird anschließend ein eigener Abschnitt gewidmet. Im letzten Teil werden einige Modelle präsentiert, die auf dem Konzept der gleichgewichtigen Wachstumsrate basieren. Eine tabellarische Übersicht und eine kritische Würdigung beschließen die Darstellung der Wachstumstheorien.

1.2 Der Zusammenhang zwischen der Größe und der Wachstumsrate eines Unternehmens Eine Reihe von Untersuchungen versucht, auf empirisch-statistischem Wege einen Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Wachstumsrate herzustellen und daraus einfache Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. Die theoretische Fundierung basiert überwiegend auf der langfristigen Durchschnittkostenkurve in einer Branche. G e m ä ß dem neoklassischen Modell der vollständigen Konkurrenz, das in Kapitel II dargestellt wurde, produzieren alle Unternehmen einer Branche im Minimum der langfristigen Durchschnittskosten (LDK). Wachstum ist insofern lediglich der Nebeneffekt zur Erreichung dieses Ziels. Nun gibt es aber unterschiedliche Annahmen über den Verlauf der LDK. Weist sie einen U-förmigen Verlauf auf, so könnte Wachstum tatsächlich als eine Bewegung hin zum Stückkostenminimum verstanden werden. So ist im Gleichgewicht die Größenverteilung der Firmen in einer Branche fest vorgegeben, wie es Viner 1932 in seinem klassischen Artikel darlegt. Sind die Durchschnittskosten ab diesem Minimum jedoch konstant oder weisen sie gar einen ewig sinkenden (asymptotischen) Verlauf auf (keine kostenminimale Betriebsgröße), so kann das Unternehmen auch weiter wachsen. Was bedeutet dies nun für die Wachstumsrate von Unternehmen? Wachsen kleinere Unternehmen schneller als größere? Eine Reihe von Untersuchungen hat sich mit dieser Fragestellung beschäftigt und unterschiedliche Hypothesen aufgestellt: • Der bekannteste Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Unternehmenswachstum ist das Gibrat-Gesetz (Gibrat 1931). G e m ä ß seinen empirischen Untersuchungen ist die Verteilung der Wachstumsraten unabhängig von der Unternehmensgröße und dem vergangenen Wachstum. Gibrat fand zudem eine Normalverteilung der Unternehmensgrößen in seiner Grundgesamtheit vor, was der Häufigkeitsverteilung aller Unternehmensgrößen die F o r m einer ausgeprägten Lorenz-Kurve gibt, das heißt, ein Großteil des gesamten Betriebsvermögens geht auf wenige Unternehmen zurück. Das Gibrat-Gesetz, auch „Gesetz der

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

proportionalen Entwicklung" genannt, dominierte lange Zeit und konnte von einer Reihe von Untersuchungen zumindest von der Tendenz her bestätigt werden (unter ihnen Hart/Prais (1956), Hymer und Pashigan (1962), Simon und Bonini (1958), Hall (1987)). Eine theoretische Erklärung für die aufgezeigten Zusammenhänge könnte darin liegen, daß ab dem stark degressiven Bereich der langfristigen Durchschnittskostenkurve die Stückkosten relativ konstant sind (konstante Skalenerträge), so daß Unternehmen in jeder Größenordnung im Durchschnitt gesehen die gleiche Möglichkeit haben, im Verhältnis zu ihrer jetzigen Größe zu wachsen oder zu schrumpfen (Simon/Bonini, 1958, S. 609). Wenn dagegen „diseconomies of scale" wieder zu steigenden Stückkosten führen, müssen große Unternehmen langsamer wachsen als kleine. Ständig fallende Durchschnittskosten brauchen nicht unbedingt zu bedeuten, daß große Firmen schneller wachsen. Sie stellen auch für kleine Firmen einen hohen Anreiz dar, möglichst schnell zu wachsen, um an den Skalenerträgen partizipieren zu können (Hymer/Pashigan, 1962, S.566Q. • Andere Untersuchungen kamen zum Ergebnis, daß kleine bzw. jüngere Unternehmen eine höhere Wachstumsrate aufweisen [zu ihnen zählen Meyer und Kuh (1957), Mansfield (1962), und Jovanovic (1982), Evans (1987)], Unternehmen wachsen also in einer Art Lebenszyklus. Jovanovic (1982) erklärt in diesem Zusammenhang mit einem Effizienzmodell: Unternehmen lernen ihre eigene Effizienz im Verlauf des Produktions- und Absatzprozesses kennen. Insbesondere entdecken einige, daß sie effizienter sind als andere. Effiziente Firmen wachsen und überleben, die ineffizienten Firmen schrumpfen und scheiden aus. • Ein weiteres Ergebnis einiger Untersuchungen ist, daß die Schwankung der Wachstumsrate mit zunehmender Betriebsgröße abnimmt [z. B. bei Hymer/Passhigan (1962), Mansfield (1962), Evans (1987) und Jovanovic (1982)]. Hymer und Pashigan beispielsweise bestätigen sowohl das Gibrat-Gesetz als auch die abnehmenden Schwankungen, wofür sie die folgende Erklärung finden: Bei kleinen Firmen ist sowohl die Wahrscheinlichkeit, daß sie aus dem Markt ausscheiden als auch die Wahrscheinlichkeit, daß sie aufgrund sinkender Durchschnittskosten schneller wachsen als größere Unternehmen, um die für das Überleben notwendigen Skalenerträge zu erzielen, sehr hoch. Dies bedeutet im Durchschnitt eine gleich große Wachstumsrate bei beiden Größenklassen, aber eine höhere Varianz der Wachstumsraten bei den kleinen Unternehmen (Hymer/ Pashigan, 1962, S. 566ff.). Festzuhalten bleibt, daß ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Wachstumsrate nicht zu begründen ist, was insbesondere daran liegt, daß genaue Kausalitäten nicht erfaßt werden können. Einfache Plausibilitätsannahmen können kein Erklärungsmodell ersetzen (Brändle 1970, S. 26). 1.3 Wachsen durch Erfahrung - die Wachstumstheorie von Leibenstein Der Ausgangspunkt für Leibenstein (1960) ist wiederum das Modell der vollkommenen Konkurrenz, bei der alle Firmen im Minimum ihrer langfristigen Durchschnittskostenkurve produzieren. Da alle Firmen über die gleiche technische Information verfügen, sind sie in der Lage, die Minimalkostenkombination zu realisieren. Produziert ein Unternehmen, das in den betreffenden Markt einsteigt, nicht sofort mit der optimalen Betriebsgröße, so bedeutet dies bei vollkommener Information und Einheitspreisen einen unnötigen Verlust. Mithin dürfte es Unternehmenswachstum eigentlich gar nicht geben.

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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Der Grund dafür, daß Unternehmen nicht sofort mit der optimalen, sondern mit einer kleineren Betriebsgröße in den Markt einsteigen, kann nach Leibenstein nur darin liegen, daß die Produktionsfaktoren nicht zu gleichen Bedingungen für alle Unternehmen erhältlich sind. Dies gilt insbesondere für das ManagementKnow-How. Unterschiede zwischen Unternehmen in den Betriebsgrößen können auf Erfahrungsunterschiede zurückzuführen sein. Von daher kann es sinnvoll sein, mit einer kleinen Betriebsgröße zu beginnen und im Verlauf des Wachstumsprozesses Erfahrungen zu sammeln. Da die Prämisse der vollkommenen Information in der Realität nicht gilt, entstehen vornehmlich drei Arten von Unsicherheit: Unsicherheit bezüglich des Verhaltens der Konsumenten, der Reaktion der Konkurrenten und der Qualität der eigenen Managementfähigkeiten. Das Ausmaß des damit verbundenen Risikos ist abhängig vom Informations- und Erfahrungsstand eines Unternehmens. Die Kosten der Wissensbeschaffung und der Akkumulation von Erfahrung senken die erwarteten Gewinne. Die Kosten sind nach Leibenstein um so höher, je größer das Unternehmen ist, da auch die Verluste bei Fehlentscheidungen entsprechend hoch sind. Wird auf der anderen Seite eine zu kleine Betriebsgröße gewählt, so kann es sein, daß die gesammelten Erfahrungen nicht ausreichend sind für weiteres Wachstum. Die Wahl der optimalen Einstiegsgröße verdeutlicht Leibenstein anhand des folgenden Schaubildes:

Abb. III, 1.3: Die Wahl der optimalen Einstiegsgröße im Modell von Leibenstein Quelle: Leibenstein, 1960, S. 269

Die Kurve P v gibt den Verlauf der erzielbaren Renditen in Abhängigkeit von der Betriebsgröße bei Annahme vollkommener Information wieder. Bei festen Preisen und einer U-förmigen langfristigen Durchschnittskostenkurve ist der Gewinn bei der optimalen Betriebsgröße V im Minimum der Durchschnittskostenkurve am höchsten. Die oben erwähnten Unsicherheiten führen jedoch dazu, daß bei der Bewertung der erwarteten Gewinne ein Risikozuschlag bei der Diskontierung verwendet wird. Dies führt dazu, daß sich die Kurve nach links unten verschiebt. Bei Markteintritt könnte die Kurve z. B. die Form P E aufweisen. Im Zeitablauf führen die erworbenen Managementfähigkeiten und Informationen zu einem Abbau der Unsicherheit, der Risikozuschlag auf den Kalkulationszins verringert sich und die Kurve verschiebt sich nach rechts oben (P w ).

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im Rahmen einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Eine Alternative wäre ein Markteinstieg mit der optimalen Betriebsgröße. In diesem Fall m ü ß t e m a n die höheren Erfahrungs- und Informationskosten auf sich nehmen, hätte auf der anderen Seite bedingt durch die G r ö ß e aber auch niedrigere operative Kosten u n d höhere Erfahrungsgewinne. F ü r eine geringere Betriebsgröße sprechen jedoch auch die möglichen Reaktionen der etablierten Anbieter, die zum Beispiel mit einem ruinösen Preiswettbewerb antworten könnten. Jeder Marktteilnehmer verliert um so mehr, je größer die Betriebsgröße des Einsteigers ist. Von daher k a n n es besser sein, klein einzusteigen und zunächst k a u m merklich zu wachsen. Eine weitere Restriktion stellt der Kapitalmarkt dar. G e m ä ß Leibenstein steigt die Einschätzung des Risikos durch die Kapitalgeber mit der Einstiegsgröße des Unternehmens. D a s bestehende Management m u ß seine Fähigkeiten zunächst einmal im Verlauf des Wachstumsprozesses beweisen. A u ß e r d e m bewertet der Kapitalmarkt ein U n t e r n e h m e n nicht auf Basis der erwarteten Wachstumsrate, sondern der aktuellen Ergebnisse. So bleibt dem M a n a g e m e n t nichts anderes übrig, als klein zu beginnen (Leibenstein, 1960, S. 274ff.). Schließlich bringt Leibenstein als G r u n d für den Start mit einer kleineren Betriebsgröße das Sicherheitsstreben der M a n a g e r an (siehe dazu auch Abschnitt III, 3). Es ist sicherer, zunächst auf einem niedrigeren Niveau zu operieren und im Zeitablauf Wachstumserfolge aufzuweisen. Ein hohes Niveau würde die Erwartungen für die nächste Periode in die H ö h e schrauben (Baumol, 1960, S. 274 ff.).

1.4 Einige einfache produktions- und investitionstheoretische Wachstumsmodelle 1.4.1 Das Gesetz der Massenproduktion: Zwangsläufigkeit des Wachstums Als eine der ältesten Wachstumstheorien wird das von Bücher (1910) entwickelte Gesetz der Massenproduktion angesehen, das auf den Grundüberlegungen von Karl M a r x über die Akkumulation des Kapitals a u f g r u n d der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise beruht: Bessere und kapitalintensivere Produktionsverfahren mit niedrigeren variablen und höheren fixen Kosten rentieren sich aufgrund des Degressionseffektes der fixen Kosten erst a b einer bestimmten Mindestausbringungsmenge (Nutzschwelle der Massenproduktion). Erfolgen Kapazitätserweiterungen, d a n n k o m m t es zu Unternehmenswachstum. Der Übergang von einem Produktionsverfahren (alternative Substitution) zu einem kostengünstigeren (in der Terminologie Büchers: vollkommeneren) ab einer bestimmten Produktionsmenge läßt sich durch die langfristige Durchschnittskostenkurve abbilden, die wiederum die G r u n d l a g e der Theorie der optimalen Betriebsgröße ist (siehe oben unter 1.2). Aus diesem Gesetz läßt sich jedoch noch keine Zwangsläufigkeit des Unternehmenswachstums ableiten, sondern lediglich ein Optimalitätskriterium. Es läßt sich nur argumentieren, d a ß ein Unternehmen, das das Ziel der Kostenminimierung verfolgt, a b einer bestimmten Schwelle immer seine Produktionskapazität wachsen läßt (Brändle, 1970, S.46). Schmalenbach (1928) sieht jedoch in dieser Gesetzmäßigkeit einen Wachstumszwang. D a die einzelnen Produktionskapazitäten eines Betriebes nie harmonisch aufeinander abgestimmt werden können, ergeben sich wegen der Unteilbarkeit der Anlagen immer ungenutzte Teilkapazitäten. Weil aber diese freien Kapazitäten nach Sättigung drängen, um die hohen Fixkosten zu verteilen, wird der Betrieb

1. Die Wachstumstheorien der Unternehmung

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auch bei m a n g e l n d e r N a c h f r a g e vergrößert, u m a u c h diese A n l a g e n zu beschäftigen. D a d u r c h werden wieder ungenutzte Teilkapazitäten ( D i s h a r m o n i e n ) a n anderen Stellen geschaffen, die wiederum d e n F i x k o s t e n d r u c k e r h ö h e n usw. A u f diese Weise wird W a c h s t u m als ein mechanischer P r o z e ß erklärt. Diese Ü b e r l e g u n g wurde auch von Penrose (siehe 1.6) ü b e r n o m m e n . 1.4.2 Das Akzelerationsprinzip: Kapazitätsanpassung an Nachfrageänderungen Ein eher aus der M a k r o ö k o n o m i e b e k a n n t e s Modell ist d a s Akzelerationsprinzip (Clark, 1917), d a s unter a n d e r e n als V e r h a l t e n s a n n a h m e in gesamtwirtschaftliche W a c h s t u m s m o d e l l e [so z.B. beim H a r r o d - M o d e l l , H a r r o d (1939)] und K o n j u n k turmodelle eingebaut wird. D a s Akzelerationsprinzip geht d a v o n aus, d a ß die U n t e r n e h m e r sich bei ihren Kapazitäts- bzw. Investitionsentscheidungen allein an der V e r ä n d e r u n g der N a c h f r a g e orientieren. G e n a u e r gesagt, die realen (also in Mengeneinheiten a u s g e d r ü c k t e n ) Nettoinvestitionen zu einem b e s t i m m t e n Zeitp u n k t t richten sich nach der Differenz zwischen der m e n g e n m ä ß i g e n N a c h f r a g e nach F e r t i g p r o d u k t e n im Z e i t p u n k t t u n d der im Z e i t p u n k t t-1: It = a - t N . - N , ^ ) , wobei I,: Nettoinvestition in Z e i t p u n k t t (reale G r ö ß e ) a: A k z e l e r a t o r 0 < a < 1 N: m e n g e n m ä ß i g e N a c h f r a g e . A b s t r a h i e r t m a n v o m technischen F o r t s c h r i t t , geht also v o n einer gegebenen P r o d u k t i o n s f u n k t i o n aus, d a n n ist a (die K a p i t a l p r o d u k t i v i t ä t ) der reziproke Wert des durchschnittlichen Kapitalkoeffizienten. D e r KapitalkoefFizient ist d e r Q u o tient R e a l k a p i t a l / A u s b r i n g u n g s m e n g e , gibt also a n , wieviel Einheiten an Kapital im D u r c h s c h n i t t b e n ö t i g t werden, u m die zusätzliche N a c h f r a g e zu befriedigen. Eine Besonderheit dieses Modells ist es, d a ß ein Anstieg der N a c h f r a g e zu einem p r o z e n t u a l h ö h e r e n Anstieg der Nettoinvestitionen f ü h r t . Ein N a c h f r a g e r ü c k g a n g dagegen f ü h r t zu einem ü b e r p r o p o r t i o n a l h o h e n R ü c k g a n g der Nettoinvestitionen. U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m ist also das Ergebnis nachfrageorientierter Investitionsentscheidungen, die f ü r einen sehr k u r z e n Z e i t r a u m gefällt werden und äußerst sensibel a u f N a c h f r a g e ä n d e r u n g e n reagieren. Diese A n n a h m e n sind natürlich sehr f r a g w ü r d i g , z u m a l Investitionen normalerweise f ü r einen längeren Planungszeitr a u m getätigt werden u n d sich an der langfristigen E n t w i c k l u n g der N a c h f r a g e orientieren. Ein k o n s t a n t e r Wert f ü r den Akzelerator impliziert z u d e m , d a ß Investitionsentscheidungen sozusagen a u t o m a t i s c h gefällt werden und nicht d a s Ergebnis eines Entscheidungsprozesses i n n e r h a l b der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g sind. Weitere M a ß n a h m e n , um auf kurzfristige N a c h f r a g e v e r ä n d e r u n g e n zu reagieren, wie z u m Beispiel eine A n p a s s u n g der L a g e r b e s t ä n d e oder eine Variation der A u s l a s t u n g (es wird i m m e r Vollbeschäftigung unterstellt) werden ebensowenig beachtet. 1.4.3 Der Lohmann-Ruchti-Effekt: Wachstum durch reinvestierte Abschreibungsbeträge D a ß U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m unter b e s t i m m t e n Bedingungen allein aus der Reinvestition von A b s c h r e i b u n g s b e t r ä g e n , also o h n e Z u f ü h r u n g neuer Mittel vollzogen werden k a n n , zeigt d a s Modell von L o h m a n n (1949) u n d R u c h t i (1953), auch Kapazitätserweiterungseffekt g e n a n n t . D i e wichtigsten P r ä m i s s e n sind:

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

• Abschreibungsverlauf der Anlagen (linear) und Nutzungsverlauf stimmen überein • ausreichend Absatzmöglichkeiten und Deckung von Vollkosten einschließlich Abschreibungen durch die Preise sind gegeben • laufende Reinvestition der Abschreibungsbeträge in gleichartige Anlagen ist möglich • zusätzliche Mittel zur Finanzierung der E r h ö h u n g des U m l a u f v e r m ö g e n s stehen zur Verfügung. Der Kapazitätserweiterungseffekt ergibt sich aus folgendem P h ä n o m e n : Aus den verdienten Abschreibungsbeträgen des gesamten neu angeschafften Anlagebestandes nach dem ersten J a h r werden sofort neue Anlagen gekauft. Diese erweitern den Anlagenbestand im zweiten Jahr, da nach einem J a h r ja noch kein verschleißbedingter A b g a n g einer Anlage erfolgt. Dies setzt sich über die nächsten Jahre fort, wobei a u f g r u n d des wachsenden Anlagenbestandes die Abschreibungssumme immer größer wird. Ein Bruch ergibt sich, wenn die im ersten Jahr angeschafften Anlagen das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben u n d a u s dem Bestand hera u s g e n o m m e n werden. Der Anlagenbestand sinkt sprunghaft, liegt aber immer noch über dem Niveau der ersten Periode. Er steigt noch einmal an und erreicht d a n n einen Gleichgewichtszustand, in dem sich Zu- und Abgänge entsprechen. Der Kapazitätserweiterungseffekt ergibt sich also dadurch, d a ß der Abschreibungsbetrag früher anfällt, als er f ü r die verschleißbedingte Erneuerung der A n lagen benötigt wird. Der Rückfluß der in den Anlagen gebundenen Mittel und ihr physischer A b g a n g fallen zeitlich auseinander und ermöglichen so über die Reinvestition dieser Mittel eine Erweiterung des Bestandes. Eine Minderung durch Steuern oder Gewinnausschüttungen wird durch Gesetzgebung und Bewertungsvorschriften verhindert. Dieses Modell betrachtet jedoch lediglich einen Teilaspekt und k a n n deshalb höchstens als ergänzende Erklärung für das Wachstum von U n t e r n e h m e n herangezogen werden. D o m a r (1953) und Eisner (1952) bauen neben dem einfachen Kapazitätserweiterungseffekt auch noch mit konstanter Rate steigende Bruttoinvestitionen ein, wobei sich ein infinites Wachstum ergibt.

1.5 Unternehmenswachstum als organischer Prozeß: biologisch orientierte Wachstumsmodelle Einige A u t o r e n versuchen, das Wachstum von Organisationen mit dem Wachstum von organischen Systemen zu vergleichen u n d daraus Rückschlüsse insbesondere über mögliche Gleichgewichts- (ökologisches Gleichgewicht u n d gleichgewichtiges Unternehmenswachstum) und Stabilitätsbedingungen zu ziehen. Hierbei werden U n t e r n e h m e n als lebendige Organismen angesehen, die einen biologischen Wachstumsverlauf aufweisen. Innerhalb der biologisch orientierten Wachstumsmodelle lassen sich mehrere Ansätze unterscheiden: • Haire (1964) vergleicht eine Organisation mit einem Organismus, dessen biologische Gesetzmäßigkeiten einen gewissen Z u s a m m e n h a n g zwischen seiner F o r m , G r ö ß e und inneren Funktionsweise herbeiführen. Er bezieht sich insbesondere auf das ,,square-cube-law", nach dem der Inhalt eines Organismus mit einer kubischen F u n k t i o n und die Oberfläche lediglich quadratisch wächst. Insbesondere die Schwerkraft erlaubt es nicht, d a ß Organismen jede beliebige F o r m annehmen können. Auch die innere Funktionsweise eines Organismus verändert

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sich mit seiner Größe und Form. Während ein Einzeller bspw. Luft über die Haut aufnehmen kann, ist bei größeren Organismen schon ein spezialisiertes System von Venen und Arterien notwendig. Ähnliche Gedankengänge lassen sich auf Organisationen übertragen. Je größer eine Organisation wird, desto mehr Kontroll- und Koordinationsfunktionen müssen eingebaut werden, um die Informationsströme innerhalb des Unternehmens verarbeiten und lenken zu können. Und analog zur biologischen Gesetzmäßigkeit, daß der Anteil an Knochen schneller steigt als die Körpermasse, die sie zu tragen haben, wachsen die organisatorischen Kapazitäten in einem Unternehmen schneller als die produktiven. Mit zunehmender Größe m u ß also sowohl bei Organismen als auch bei Organisationen eine adäquate äußere F o r m sowie eine entsprechende innere Struktur gefunden werden, die in der Lage ist, die Masse zu tragen. Ohne diese entsprechenden Veränderungen werden Organismen - und analog Organisationen schwächer. Folglich müßte man durch die Analyse von Schwachpunkten innerhalb von Organismen auch zu Schwachpunkten von Organisationen kommen. Haire versucht aus der Unternehmensgeschichte Bestätigung für seine biologischen Analogien zu finden. Die Tatsache, daß der Wachstumsverlauf von Unternehmen mit relativ einfachen Wachstumsfunktionen abgebildet werden kann, läßt ihn auf eine Art Naturgesetz schließen. Außerdem versucht er das „Square- cubelaw" durch die Entwicklung der Zahl der Beschäftigten einer Firma zu beweisen. Dabei wird der „Inhalt" einer Organisation durch die Anzahl der Angestellten abgebildet, die sich mit den internen Funktionen beschäftigen (z. B. Buchhaltung), während die Oberfläche durch die Angestellten dargestellt wird, die den Kontakt zur Außenwelt herstellen (z. B. Vertrieb). Mit Hilfe der Regressionsanalyse gelingt ihm die empirische Bestätigung der Gesetzmäßigkeit: Die Anzahl der intern orientierten Beschäftigten steigt schneller als die der extern orientierten. Levy und D o n h o w e (1962) ermittelten darüber hinaus Unterschiede im Verhältnis der beiden Arten von Angestellten zwischen verschiedenen Industriezweigen, was sie auf die Anpassung der Organisation an unterschiedliche Umfeldbedingungen zurückführen. • Eine andere Theorie versucht, die Entwicklung eines Unternehmens mit den Naturgesetzen zu erklären, nach denen sich der Lebenszyklus eines Organismus vollzieht. Die einzelnen Entwicklungsstufen sind hierbei eine Funktion des Alters, die Vitalität einer Firma nimmt im Zeitablauf ab (Marshall, 1920; Boulding, 1950). Nach dieser Annahme müßte es demzufolge möglich sein, durch die Übertragung dieser Naturgesetze Rückschlüsse auf das Wachstum von Unternehmen zu ziehen. Die Gesetzmäßigkeiten sind nicht näher betrachtet und der Lebenszyklusansatz auch nicht weiterentwickelt worden. Der größte Unterschied zwischen dem Wachstum von Unternehmen und von Organismen ist der, daß der Wachstumsprozeß bei Organismen nur sehr begrenzt beeinflußbar und auch nicht unbedingt gewollt ist, während das Wachstum von Unternehmen das Resultat von Entscheidungen einer G r u p p e von Individuen ist. Diese Entscheidungen werden vom Umfeld des Unternehmens sowie von der Kapazität der Entscheidungsträger bestimmt, und nicht von irgendwelchen Naturgesetzen. Überdies hat der Lebenszyklus von Organismen ein natürliches Ende, während sich für Unternehmen das „going concern concept" durchgesetzt hat - außer bei sogenannten „Heimfallunternehmen".

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Im Ansatz von Marshall speziell führen die Vitalität, der Ehrgeiz, die Opferbereitschaft u n d die Persönlichkeit des G r ü n d e r s zum Aufstieg eines Unternehmens. Die zweite Generation dagegen versucht lediglich, das Erbe zu halten, während die dritte Generation ganz das Interesse verliert (Marshall, 1920). Doch dies sind lediglich Beobachtungen, keine Gesetzmäßigkeiten, und sie gelten fast ausschließlich f ü r Familienunternehmen, nicht für die moderne G r o ß u n t e r n e h m u n g . • Alchian (1950) entwickelt eine am Darwinismus orientierte Überlebenstheorie der Firma. A u f g r u n d von Unsicherheit über zukünftige Umfeldzustände ist das Ziel der Gewinnmaximierung für ihn kein geeigneter Ausgangspunkt für eine Theorie der Unternehmensentwicklung, da m a n keine Wahrscheinlichkeitsverteilung maximieren kann. Folglich leitet er ein einfaches Naturgesetz ab: Ein U n t e r n e h m e n m u ß Gewinne machen, u m zu überleben. Firmen, die Gewinne machen, werden von ihrem Umfeld (der „ N a t u r " ) ausgewählt, die anderen verschwinden. Dabei ist es völlig gleichgültig, o b ein Unternehmen explizit nach Gewinnen strebt, es k a n n von seinem Umfeld auch durch Glück gewählt werden, weil es zufällig die richtigen Voraussetzungen aufweist, um unter den veränderten Umfeldbedingungen ebenfalls Gewinne zu machen. D a Unternehmen a u f g r u n d der Unsicherheit nicht genau wissen, wie sie Gewinne erzielen sollen, imitieren sie erfolgreiche Innovationen ( „ M u t a t i o n e n " ) anderer Unternehmen. D a m i t bek o m m t Alchians Theorie auch einen evolutorischen Charakter: Erfolgreiche Innovationen werden vom Umfeld a n g e n o m m e n und durch Imitation auf andere U n t e r n e h m e n übertragen (Alchian, 1950, S. 211 ff). Alchians Ansatz blendet die Motive und das Handeln der Individuen völlig aus; die natürliche Auslese erfolgt außerhalb ihrer Kontrolle. Dies ist ebenso wenig realistisch wie die implizite Annahme, d a ß der Mensch seine Umfeldbedingungen (die die Auslese bestimmen) nicht beeinflussen kann. Zudem sind M u t a t i o n e n in der Regel nicht umfeldinduziert, während Innovation sehr oft der Versuch von Firmen ist, auf ihr Umfeld Einfluß zu nehmen (Penrose, 1952, S. 809 ff.). Bei Alchian wird das einzelne Unternehmen nicht mehr mit einem individuellen Organismus, sondern mit einer Spezies verglichen, so d a ß dieser Vergleich schon vom Ansatz her hinkt. • Eine weitere Richtung innerhalb der biologisch orientierten Theorie stellt der homöostatische Ansatz dar. Innerhalb eines Organismus führen bestimmte Regelvorgänge dazu (built-in-flexibility), d a ß das normale Gleichgewicht erhalten bleibt (z.B. Blutdruck oder Körpertemperatur). In einem Unternehmen k ö n n t e ein solches Gleichgewicht bspw. durch die Bilanz (Bilanz = Waage) abgelöst werden. F ü r jede Bilanzposition gibt es bestimmte Idealwerte, und jede Abweichung löst K r ä f t e aus, die das Gleichgewicht wieder herstellen. So gibt es auch eine homöostatische Wachstumsrate, die sich über die Entwicklung bestimmter Bilanzvariablen festlegen läßt. Liegt die Wachstumsrate unter diesem Wert, d a n n werden z. B. über Dividendenkürzungen neue Investitionen finanziert (Boulding, 1950, 1952). In der Tat existieren in vielen Unternehmen feste Regeln (formula flexibility), oft ausgedrückt durch Kennzahlen wie Verschuldungsgrad, Lagerumschlag, Kapitalrentabilität, Debitorenlaufzeit etc. Ein Abweichen von diesen Kennzahlen k a n n Routineentscheidungen hervorrufen, die um so wichtiger werden, je komplexer eine Organisation ist. Der homöostatische Ansatz ist jedoch nichts weiter als eine Beschreibung, er liefert keine E r k l ä r u n g dafür, wie diese Regeln ent-

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stehen und unter welchen Bedingungen sie geändert werden (Penrose, 1952, S. 8161T.). Die kurze Übersicht über die biologisch orientierten Ansätze zur E r k l ä r u n g von Unternehmenswachstum hat gezeigt, d a ß es eine Reihe von Unterschieden zwischen biologischen und ökonomischen Wachstymsprozessen gibt, die die Übertragung fragwürdig erscheinen lassen. Insbesondere die Tatsache, d a ß das Alter eines Unternehmens als einzige Erklärungsvariable angesehen und die Bedeutung der rationalen Planung und der U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g f ü r das Wachstum eines Unternehmens überhaupt nicht erfaßt wird, läßt die Frage zu, ob diese Modelle überhaupt einen Realitätsbezug zur modernen G r o ß u n t e r n e h m u n g haben (Albach, 1965, S. 41 f.). So läßt sich mit Penrose die Einschätzung folgendermaßen formulieren: „Biological analogies contribute little either to the theory of price or to the theory of growth and development of firms and in general tend to confuse the nature of the important issues" (Penrose, 1952, S. 804).

1.6 Managementkapazität als Wachstumsrestriktion Die Wachstumstheorie von Penrose Die umfassendste und meistzitierte Wachstumstheorie der U n t e r n e h m u n g wurde von Penrose in ihrem Buch „ T h e Theory of the G r o w t h of the F i r m " (1959) formuliert. Für Penrose stellt die Wachstumsmaximierung das oberste Ziel einer Firma dar, und zwar a u f g r u n d der in Abschnitt III, 2 beschriebenen persönlichen Motive der Manager (Prestige, höhere Entlohnung, interessante Tätigkeitsfelder etc.). Aber im Gegensatz zu den Managertheorien stellen für sie die Wachstumsmaximierung und die langfristige Gewinnmaximierung kongruente Ziele dar. Wie viele andere Wissenschaftler, die sich mit der Theorie der U n t e r n e h m u n g beschäftigt haben, bemängelt auch Penrose an den klassisch-neoklassischen Ansätzen, d a ß diese das Verhalten einer Firma nur als Preis- und Outputentscheidungen beschreiben. F ü r sie läßt sich eine Firma durch zwei wesentliche Merkmale charakterisieren: • als a u t o n o m e administrative Planungseinheit, die durch das Topmanagement zentral koordiniert wird. D a s Topmanagement leitet das U n t e r n e h m e n nicht in seiner Gesamtheit, sondern greift nur in kritischen Bereichen ein und k ü m m e r t sich um die langfristige strategische Planung. Managementerträge müssen bei zunehmender Firmengröße nicht unbedingt abnehmen, wie z. B. von Coase behauptet wird (siehe Abschnitt IV, 1). Die drohende zunehmende Ineffizienz kann durch entsprechende Anpassungen in der Organisationsstruktur und in den Managementfunktionen aufgefangen werden; • als A n s a m m l u n g produktiver Ressourcen (materielle und Humanressourcen). Eine Ressource definiert sie als Bündel potentieller Leistungen, die erbracht werden können, was wiederum von der Art und Weise abhängt, wie m a n die Ressource nutzt. Die G r ö ß e einer Firma ergibt sich somit als Nettogegenwartswert aller Ressourcen. Dieser wird von ihr durch den Wert des Anlagevermögens angenähert. Der Wachstumsprozeß stellt das Auffinden und Ergreifen produktiver Möglichkeiten (productive opportunities) dar. Er hängt zu einem Großteil von der Qualität und der Antriebskraft des Unternehmers (vgl. IV, 4) ab, der wiederum sein Topmanagement für die Umsetzung seiner Ideen einsetzt.

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Der Rolle des Managements widmet Penrose in ihrem Ansatz einen breiten R a u m , da dieses entscheidend für U m f a n g , Geschwindigkeit und Richtung des Wachstums ist: • M a n a g e m e n t e r f a h r u n g e n ergeben sich zu einem großen Teil aus der Arbeit in einem bestimmten Team. Von daher ist es unmöglich, über einen bestimmten P u n k t hinaus durch die A u f n a h m e neuer Manager zu wachsen. Sollte das U n ternehmen schneller wachsen als das M a n a g e m e n t in der Lage ist, neue Erfahrungen zu sammeln, d a n n nähme die Effizienz der Managementleistungen ab. • Die Expansionsmöglichkeiten einer Firma hängen also in erster Linie von den Leistungen des bestehenden Managements und der Fähigkeit, neue Mitarbeiter zu absorbieren, ab. Auch externe Beraterleistungen müßten mit dem Management erst abgesprochen werden. • Auch die Planung der Expansion bindet Managementkapazität, die d a n n wieder bei der U m s e t z u n g der Pläne fehlt. Ein U n t e r n e h m e n m u ß also seinen Gleichgewichtspfad zwischen Planung und Umsetzung finden. • D a s Leistungsvermögen des Managements nimmt auf der anderen Seite aber auch durch weiteres Unternehmenswachstum und durch die A u f n a h m e von neuem Personal zu. • Ein Großteil des Managementwissens ist firmen- bzw. umfeldspezifisch. Dies gilt zum Teil f ü r das formale Wissen (Produkte, Märkte, Preise etc.), besonders aber für die LernefFekte, die sich aus der Arbeit in einem bestimmten Umfeld ergeben. Dieses Wissen ist nicht übertragbar und bleibt ungenutzt, wenn die F i r m a nicht wächst. Entsprechend besteht ein Anreiz zum Unternehmenswachstum. • Mit zunehmender Expansion nimmt aber auch das Unternehmensrisiko zu. Im Falle eines risikoscheuen Unternehmers, der hohe Risikozuschläge in seiner Kalkulation vornimmt, kann die Risikorestriktion vor der Mangamentrestriktion greifen, so d a ß Managementkapazitäten ungenutzt bleiben. Auf der anderen Seite läßt sich aber auch Unsicherheit durch die Sammlung und Verarbeitung von I n f o r m a t i o n e n und Risiko durch entsprechende risikopolitische M a ß n a h men (z. B. Diversifikation, flexibles P r o d u k t i o n s p r o g r a m m ) einschränken. Dies wiederum sind Aufgaben des Topmanagements, deren Schwierigkeitsgrad mit zunehmender Unsicherheit steigt. Mithin sind die Management- und die Risikorestriktion wechselseitig voneinander abhängig. Penrose sieht neben der Rolle des Managements auch das Zusammenspiel der Ressourcen als wichtigen Wachstumsfaktor an. Ungenutzte Ressourcen stellen einen permanenten Wachstumsantrieb für eine U n t e r n e h m u n g dar. Penrose nennt drei G r ü n d e , w a r u m dies immer der Fall sein wird: 1. die Unteilbarkeit einiger Ressourcen. Der O u t p u t m u ß sich immer nach dem E n g p a ß f a k t o r richten. So kann die Menge auf einer Produktionsstufe unter der Kapazität der betreffenden Maschine liegen, da sie durch die geringere Kapazität auf der vorigen Stufe begrenzt wird. Auf diese Weise bleiben immer einige Ressourcen unausgelastet (siehe dazu auch die Überlegungen Schmalenbachs, Abschnitt 1.4.1); 2. der Z w a n g zur Spezialisierung. U m einen effizienten Einsatz der Ressourcen zu gewährleisten, ist eine Arbeitsteilung vonnöten. Diese wiederum erfordert einen gewissen Mindestoutput und somit weiteres Unternehmenswachstum, um die Größenvorteile der Spezialisierung überhaupt erst entstehen zu lassen;

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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3. die Heterogenität der Ressourcen, die in einem Unternehmen gebunden sind. Sie führt dazu, d a ß sich durch die Kombination unterschiedlicher Ressourcen immer wieder neue Expansisonsmöglichkeiten ergeben, insbesondere durch die Interaktion zwischen personellen (Unternehmer, Manager, Forscher) und materiellen Ressourcen. Gleiche Ressourcen können auf unterschiedliche Weise verwendet werden, je nachdem, welche Ideen der Benutzer hat. Das Bündel potentieller Leistungen wächst mit zunehmendem Erfahrungsstand. Werden weitere materielle Ressourcen am M a r k t erworben, so verändert sich die Palette an Leistungen eines U n t e r n e h m e n s durch das Zusammenspiel mit den personellen Ressourcen. So können sich bei unveränderten externen Bedingungen neue Expansionsmöglichkeiten ergeben. Ein großes Gewicht k o m m t in diesem Z u s a m m e n h a n g Unternehmensakquisitionen zu, die neben weiteren Bündeln an produktiven Leistungen auch neues M a n a g e m e n t - K n o w - H o w einbringen. Dies ist d a n n von Bedeutung, wenn ein U n t e r n e h m e n entscheidet, seine eigenen Ressourcen durch den Eintritt in ein neues Geschäftsfeld zusätzlich zu nutzen. Der Erwerb komplementärer Ressourcen ist oft ein wichtigeres Argument für den Kauf eines Unternehmens als die Überwindung von Markteintrittsbarrieren oder die Ausschaltung von Wettbewerb. Die genannten G r ü n d e führen dazu, d a ß sich die Ressourcen eines Unternehmens nie im Gleichgewicht befinden, sondern d a ß allein schon intern ständig neue Wachstumsanreize gegeben sind. Hinzu k o m m e n weitere Expansionsanreize durch das M a r k t w a c h s t u m oder durch die Veränderung der Nachfrage. Ein weiteres Kernstück der Arbeit von Penrose ist die Unterscheidung zwischen „economies of size", also den bekannten Größenvorteilen wie z.B. Skalen- und Verbundvorteile, und „economies of g r o w t h " . Größenvorteile sind statisch und drücken sich beispielsweise in niedrigeren Stückkosten der Fertigung aus. Daneben identifiziert Penrose Vorteile, die ein U n t e r n e h m e n im Prozeß des Wachsens gegenüber einem anderen haben kann. So können große U n t e r n e h m e n beim Aufbau neuer Geschäfte auf vorhandene F & E - sowie Marketingabteilungen, auf bekannte M a r k e n n a m e n , auf niedrigere Finanzierungskosten, auf Managementkapazitäten etc. zurückgreifen. Die Einführung eines neuen Produktes würde einem kleineren U n t e r n e h m e n wesentlich schwerer fallen, wenn nicht unmöglich sein (Gutowski, 1962, S. 446). Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt, d a ß ein kleineres U n t e r n e h m e n dieses Produkt nicht zu den gleichen Kosten herstellen k a n n wie ein großes. Es kann f ü r einzelne Produkte eine optimale Unternehmensgröße geben, nicht aber für ein Unternehmen. Auch zur Richtung des Wachstums hat sich Penrose einige G e d a n k e n gemacht. Wächst die Nachfrage so schnell, d a ß das M a n a g e m e n t voll ausgelastet ist, wird sich a m P r o d u k t i o n s p r o g r a m m k a u m etwas ändern. Ist dies nicht der Fall, so sind die Wachstumsvorteile d a n n am größten, wenn bei der Erweiterung des Prod u k t p r o g r a m m s auf die gleiche technologische Basis zurückgegriffen werden kann und die gleichen Märkte beliefert werden können wie bisher. Die nächste Stufe wäre die H i n z u n a h m e neuer M ä r k t e oder die Belieferung der gleichen M ä r k t e mit Produkten, die mit neuen Verfahren hergestellt werden. Die letzte Stufe wäre eine Belieferung neuer M ä r k t e mit neuen Produkten, die aus einer neuen technologischen Basis heraus entstehen. Diese Erkenntnisse, die heute fester Bestandteil eines jeden Lehrbuches zur Unternehmensstrategie sind, waren zu jenem Zeitpunkt noch neu und wurden insbesondere von Ansoff (1965) und Chandler (1962) zur strategischen Diversifikationstheorie ausgebaut (Ansoff-Matrix).

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

1.7 M o d e l l e gleichgewichtiger Wachstumsraten 1.7.1 Die gewinnmaximale Wachstumsrate - Ein einfaches Wachstumsmodell von Baumol Baumol entwickelte 1962 ein Wachstumsmodell, in dem er unter sehr restriktiven Annahmen versucht, eine gewinnmaximale gleichgewichtige Wachstumsrate für ein Unternehmen abzuleiten. Er geht von folgenden Prämissen aus: 1) 2) 3) 4)

Input- und Outputpreise sind Daten (vollständige Konkurrenz). Die Produktionsfunktion ist linear - homogen. Das Management strebt eine feste Wachstumsrate an. Oberstes Unternehmensziel ist die Gewinnmaximierung.

Baumol unterscheidet zwei Arten von Kosten: Neben den normalen Produktionskosten, die sich einer bestimmten Betriebsgröße zuordnen lassen, gibt es noch die Expansionskosten, die im Verlauf des Wachstumsprozesses anfallen. Der Nettogegenwartswert der Nettoerlöse eines Unternehmens in Abhängigkeit von seiner Wachstumsrate ergibt sich aus folgender Formel:

1 +i Symbole: P: R: g: i: t:

Nettogegenwartswert der Nettoerlöse eines Unternehmens Nettoerlös zum Ausgangszeitpunkt = Bruttoerlös — Produktionskosten Wachstumsrate Kalkulationszins Periodenindex

Erläuterung: Aufgrund der Prämissen 1 und 2 wachsen Bruttoerlöse und Produktionskosten jeweils mit der gleichen Rate g, so daß man den Nettoerlös einer Periode t als Wachstumsfunktion des Ausgangserlöses berechnen kann: P = R(1 + g)'. Diesen diskontiert man d a n n mit einem von Baumol nicht näher spezifizierten Kalkulationszins i nach der Formel 1/(1 + i ) \ Ohne weitere Restriktionen würde der Nettogegenwartswert P(g) mit jeder Zunahme von g weiter wachsen, theoretisch sogar gegen unendlich gehen, je weiter sich g an i annähert (Der Fall g > i wird von Baumol ausgeschlossen. Eine plausible Begründung hierfür wird von Williamson hergeleitet; siehe 1.7.2). Eine Grenze setzen jedoch die diskontierten Expansionskosten in Verbindung mit der Prämisse der Gewinnmaximierung (Prämisse 4): Steigende Organisationskosten, sinkende Managementerträge und ein zunehmendes Unternehmensrisiko führen dazu, d a ß ab einer bestimmten Wachstumsrate die Grenzexpansionskosten höher sind als der Grenznettoerlös, mithin also der Gewinn wieder abnimmt. Die gewinnmaximale Wachstumsrate ist die, bei der gilt: Grenzerlös = Grenzkosten. Abb. III, 1.4 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Die Nettoerlöskurve P(g) steigt mit zunehmender Wachstumsrate g und konvergiert gegen i, wenn man von der Bedingung g < i ausgeht. Auch die Expansionskostenkurve E(g), die die diskontierten Expansionskosten zu jeder Wachstumsrate zeigt, steigt mit zunehmendem g, die Steigung ist aber ab einem bestimmten Punkt größer als die von P(g). Die gewinnmaximale Wachstumsrate gg ist die, bei der der Abstand zwischen beiden Kurven am größten ist, bzw. bei der die Steigungen beider Kurven gleich groß sind.

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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Abb. III, 1.4: Die Ermittlung der gewinnmaximalen Wachstumsrate im Modell von Baumol Quelle: Baumol, 1962, S. 1081

Symbole: P(g): E(g): R: gg:

Nettoerlöskurve Expansionskostenkurve Ausgangsnettoerlös gewinnmaximale Wachstumsrate

Ein Ansteigen des Kalkulationszinses schmälert den Nettoerlös zu jeder Wachstumsrate und f ü h r t somit zu einer Abflachung der P(g)-Kurve zu P ' ( g ) . Folglich ist die gewinnmaximale Wachstumsrate viel geringer (g^), wie A b b . III, 1.4 verdeutlicht. Natürlich ist Baumols Modell wegen seiner einschränkenden Prämissen (vollständige Konkurrenz!) nur von geringem Erklärungsgehalt. Auch werden ihm einige theoretische Defizite angelastet. So gilt die A n n a h m e der konstanten Produktionskosten bei vollständiger K o n k u r r e n z nur f ü r die jeweilige optimale Betriebsgröße in einer Branche. Wächst das U n t e r n e h m e n über diese G r ö ß e hinaus, so steigen die Produktionskosten. A u ß e r d e m unterstellt Baumol, d a ß d a s Unternehmen jedes Jahr über unendlich hohe Investitions- und somit Wachstumsmöglichkeiten verfügt (Schwartz, 1965). 1.7.2 Wachstum unter verschiedenen Zielsetzungen Die Erweiterung durch Williamson Williamson (1966) erweitert Baumols einfaches Grundmodell durch die Einbeziehung weiterer Variablen, wie die Umsatzhöhe, die Thesaurierungsrate der Gewinne und die H ö h e des Eigenkapitals. Ziel ist es, a n h a n d dieses Modells zu zeigen, welche Auswirkungen die jeweiligen Zielsetzungen Gewinnmaximierung, Maximierung der Wachstumsrate und Umsatzmaximierung auf die betrachteten Variablen haben. G e m ä ß Williamson m u ß dieses Modell nicht unbedingt nur für den vollständigen Wettbewerb gelten, sondern kann auch für einen oligopolistischen Anbieter Gültigkeit besitzen, der a u f g r u n d seiner Diversifikationsmöglichkeiten seine

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Preise nicht senken m u ß und der steigende Faktorpreise durch technischen Fortschritt (höhere Faktorproduktivität) ausgleichen kann. D a s Modell wird aus den folgenden G r u n d a n n a h m e n zusammengesetzt: • Der Nettoerlös [ = Bruttoerlös - operative (also einer bestimmten Betriebsgröße zugehörige) Kosten] ist eine Funktion des Bruttoerlöses. (1)

R = R(S)

R: Nettoerlös

S: Bruttoerlös

R steigt mit z u n e h m e n d e m S zunächst an und sinkt dann. Es handelt sich also um die übliche Gewinnlinse. • Die sogenannten Wachstumskosten einer Periode setzen sich zusammen aus den Nettoinvestitionen und den Expansionskosten ä la Baumol. Die Nettoinvestitionen entsprechen dem Zuwachs des Gesamtkapitals in jeder Periode. (2) X: I: C(g): g: K:

X = I + C = g - K + C(g) Wachstumskosten Nettoinvestitionen Expansionskosten Wachstumsrate Gesamtkapital

• Die Wachstumsrate ist eine Funktion der Wachstumskosten. Eine Steigerung der Wachstumsrate führt zu zunehmend höheren Wachstumskosten. (3)

g = g(X)

g' > 0

g" < 0

• Die Finanzierung des Wachstums kann durch Gewinnthesaurierung oder durch die Emission neuer Aktien erfolgen. Der Preis einer Aktie in Periode 0 ergibt sich durch den Wert der Aktie in Periode 1, m , , diskontiert auf den Gegenwartszeitpunkt. Die Finanzierung des Wachstums in Periode 0 erfolgt also über: P r e i s einer A n z a h l d e r Aktie Aktien

W

X0 = r . R 0 +1 +^i T 7 T = r - R 0 + ( l + i f)'(Ml +l f ) u

thesaurierte Nettoerlöse

r: f: m,: F0: Mj:

u

emittiertes Eigenkapital

Thesaurierungsrate Wachstumsrate des Eigenkapitals Wert einer Aktie in Periode 1 Anzahl der Aktien in Periode 0 Marktwert des Unternehmens in Periode 1 = m j • F 0

• Der Marktwert eines Unternehmens ergibt sich aus dem Nettogegenwartswert aller Dividendenzahlungen, den die Aktionäre in Periode 0 erwarten können. Der Nettoerlös einer beliebigen Periode t beträgt (1 + g)' • R. Es wird aber nur (1 — r)(l + g)' • R ausgeschüttet, da der Anteil r thesauriert wird. Auch davon bekommen die Aktionäre, die ihre Anteile in Periode 0 erwerben, nicht alles, da in jeder Periode neue Aktien emittiert werden, auf die der ausgeschüttete Gewinn aufgeteilt werden muß. Der Anteil pro Aktie in einer beliebigen Periode t beträgt mithin:

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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F / ( l + f ) ' • F, also 1/(1 + f 1 ). Wir erhalten folgenden Marktwert:

1+1

(5) M 0 = X

( 1 + 0 ( 1 + 1)

1 = 0

(l-r)(l+f)(l+i) i - g + f+i-f

(1 - r) • R = 1 -

1+]

(1 - r) • R =

(l+f)(l+i)-

R

Der Marktwert ergibt sich also aus dem ausgeschütteten Nettoerlös (1 — r), der mit der Rate g jedes Jahr zunimmt, mit den Kapitalkosten i der Aktionäre diskontiert und auf eine wachsende Anzahl von Aktien (f) verteilt wird. • D a a u f g r u n d konstanter F a k t o r - und Absatzpreise und unveränderlicher Technologie der Nettoerlös in jeder Periode genau um die Wachstumsrate steigt (siehe Baumol, 1.7.1) und alle weiteren G r ö ß e n in Formel (5) zeitunabhängig sind, gilt auch f ü r den Marktwert: (6)

M , = (1 + g) • M 0

• Setzt m a n zunächst (6) und d a n n (5) in (4) ein, so erhält m a n f ü r die Wachstumskosten

(V)

X = r • R +

(l-r)(l+g)-f-R i - g + f+i-f

A n dieser Stelle lassen sich die ersten Schlußfolgerungen ziehen: Eine häufig getroffene A n n a h m e ist, d a ß es einen trade-off zwischen interner und externer Finanzierung gibt: Eine niedrigere Thesaurierungsrate und damit eine höhere Gewinnausschüttung f ü h r t zu höheren Aktienpreisen und damit zu einer größeren externen Kapitalaufnahmefähigkeit, jedoch auf Kosten eben dieser thesaurierten Gewinne, u n d umgekehrt. So k o m m t man zu einer optimalen Finanzpolitik, die die K a p i t a l a u f n a h m e maximiert. Im Modell von Williamson jedoch gibt es so ein O p t i m u m nicht. Die beiden ersten (partiellen) Ableitungen, ÖX SX — und — sind > 0, so d a ß ein lokales M a x i m u m (erste Ableitung = 0) nicht ör r(i — g) und somit zu r < 1, was den Tatsachen entspricht. Die Tatsache, d a ß X nicht größer werden kann als R führt zu der wichtigen Erkenntnis, d a ß eine Wachstumssteigerung nicht durch zusätzliche Eigenkapitalaufnahmen erzielt werden kann, sondern praktisch „ v o n innen h e r a u s " entstehen muß. Es sieht so aus, als existierte eine Indifferenz zwischen externer und interner Eigenkapitalfinanzierung. Dies wird in den folgenden Schritten gezeigt: Die erforderliche Wachstumsrate des Eigenkapitals läßt sich ermitteln, wenn die Firma eine Entscheidung über zukünftige Nettoinvestitionen gefällt hat, und somit die Wachstumskosten X und die Wachstumsrate g feststehen. Aus Gleichung (7) folgt: (9)

f = [(i - g ) ( X / R - r)]/[(i - g)r + (1 + g) - X / R ( l + i)]

Setzt man (9) in (5) ein, erhält m a n (10)

M = (l+i)(R-X)/(i-g)

Die Vermutung wird bestätigt: Der Wert der U n t e r n e h m u n g ist unabhängig von der Art der Eigenfinanzierung ( r ; f ) , ähnlich wie bei Modigliani und Miller (1958) bei alternativer Eigen- oder Fremdfinanzierung. Der Wert wird maßgeblich durch die Differenz R — X bestimmt, und es ist gleichgültig, o b die Wachstumskosten X über Gewinnthesaurierung (r) oder über Eigenkapitalaufnahme (f) finanziert werden. Von daher soll im folgenden nur noch von der ersten Möglichkeit ausgegangen werden, also X = r - R , d . h . das Wachstum wird nur aus thesaurierten Gewinnen finanziert. An dieser Stelle k a n n auch eine Begründung d a f ü r gegeben werden, w a r u m immer gelten m u ß : i > g. Wie wir gesehen haben, ist X maximal = R, und dies bei r = 1. Der Zähler k a n n also nicht negativ werden. Wird Gewinn ausgeschüttet (r < 1), gilt: R > X. Bei g = i wäre der Gewinn des U n t e r n e h m e n s unendlich groß. Am K a p i t a l m a r k t würden die Zinsen in diesem Fall solange ansteigen, bis wieder gilt: i > g. U n t e r der A n n a h m e , daß der Wert eines Unternehmens positiv und endlich ist, k a n n die Wachstumsrate also niemals größer als i sein. Im folgenden soll dargelegt werden, welchen Bruttoerlös S u n d welche Thesaurierungsrate r eine Firma wählt, die ihren M a r k t w e r t maximieren will (Gewinnmaximierung). A u s X = r • R (Wachstum wird aus reiner Thesaurierung finanziert) und g = g ( X ) folgt: g = g(r • R). Die Wachstumsrate ist also eine Funktion der aus einbehaltenen Gewinnen finanzierten Wachstumskosten. Wir erhalten also folgendes Modell: Maximiere

M = (1 — r)(l — i) • R/(i - g)

unter den Nebenbedingungen

g = g ( r -R) R = R(S)

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48

Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

d a n n aus diesen verschiedenen Vollendungszeitpunkten wiederum der mit dem höchsten Kapitalwert ermittelt, so d a ß m a n zur optimalen Expansionsphase und damit auch zur optimalen Wachstumsrate gelangt. Mit der Berücksichtigung der Expansionsphase und des Wachstums in Schüben stellt dieses Modell eine Verfeinerung der Überlegungen von Baumol dar. Allerdings wird auch hier von einer immer konstanten Wachstumsrate ausgegangen, Schwankungen im Unternehmenswachstum können also nicht erklärt werden. Zudem wird auch bei Frazer von sicheren Erwartungen und von der Kenntnis aller Investitionsmöglichkeiten ausgegangen. Auch die Interdependenzen zu anderen, sich überlappenden Investitionsprojekten werden nicht erfaßt. Überdies ist die Prämisse des als gegeben angesehenen relevanten Planungszeitraumes kritisch zu betrachten, da diese höchstens f ü r Routineentscheidungen gelten k a n n (Albach, 1965, S. 51 ff., Brändle 1970, S.57f.).

1.8 Zusammenfassung und kritische Würdigung Die Wachstumstheorien haben die Darstellung einer U n t e r n e h m u n g gegenüber der klassisch-neoklassischen Produktionsfunktion um die Einbeziehung dynamischer Elemente erweitert. Der statische Allokationsprozeß innerhalb der U n t e r n e h m u n g (black box) wurde um die Betrachtung der Entwicklung bestimmter G r ö ß e n ergänzt. Dennoch haben die Wachstumstheorien als geschlossene G r u p p e innerhalb der M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g nie die Bedeutung erlangt wie z. B. die Agency-Theorie (vgl. IV, 2) oder der Transaktionskostenansatz (vgl. IV, 1). Dies liegt zum einen daran, d a ß es keine einheitliche Fragestellung bzw. Betrachtungsweise gibt. Die Theorie der kostenminimalen Betriebsgröße, die das Gesetz der Massenproduktion als Grundlage hat, erklärt, bis zu welchem P u n k t U n t e r n e h m e n wachsen sollten. D a s Erfahrungsmodell von Leibenstein baut auf diesen Überlegungen auf u n d beschreibt den Wachstumspfad bis zu dieser Unternehmensgröße. Die biologisch orientierten Ansätze beschreiben ebenfalls, wie Unternehmen wachsen, geben aber kein Optimalitätskriterium vor. D a s gleiche gilt für das Akzelerationsprinzip, das Wachstum durch eine Art Automatismus erklärt. Der Kapazitätserweiterungseffekt beschreibt, wie Wachstum allein durch reinvestierte Abschreibungswerte finanziert werden kann. Die Theorie von Penrose dagegen geht neben der Frage nach dem „Wie" auch der Frage nach, warum U n t e r n e h m e n wachsen und welches die wichtigsten Wachstums schranken sind. Sie ist folgerichtig auch die bekannteste Wachstumstheorie. Die Modelle der gleichgewichtigen Wachstumsrate sind typische Entscheidungsmodelle, die die optimale Ausprägung der betreffenden Wachstumsvariablen unter ihren jeweiligen Zielsetzungen ermitteln. Auch komplexere Wachtumsmodelle, wie bspw. die von Odigiari (1981) und Eriksson (1978), die mehrere betriebswirtschaftliche Funktionsbereiche in ein Totalmodell integrieren, k ö n n e n nicht alle Determinanten des Unternehmenswachstums erfassen. Darüber hinaus ist die Wachstumsentscheidung das Ergebnis eines unternehmensinternen Entscheidungsprozesses, so d a ß auch behavioristische Elemente (siehe Abschnitt III, 3) berücksichtigt werden müßten. Ein weiterer G r u n d , w a r u m sich Wachstumstheorien nie richtig als selbständiger Zweig innerhalb einer M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g durchsetzen konnten, ist die Tatsache, d a ß Unternehmenswachstum von den anderen Theoriebereichen oft mitbehandelt wird. So ist beispielsweise die Wachstumstheorie von Marris (1964) eines der zentralen Erklärungsmodelle innerhalb der Managertheorien

1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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(siehe Abschnitt III, 2). U n t e r n e h m e n wachsen, weil M a n a g e r eine starke Präferenz f ü r Wachstum haben. Auch in der Transaktionskostentheorie (siehe Abschnitt IV, 1) wird Unternehmenswachstum erklärt, nämlich durch die Internalisierung von Markttransaktionen. Unternehmenswachstum kann darüber hinaus auch Ergebnis der Antriebskraft des Unternehmers sein (siehe Abschnitt IV, 4). In den organisationsstrukturellen Ansätzen schließlich wird die A n p a s s u n g der Organisationsstruktur an eine zunehmende Unternehmensgröße beschrieben (Abschnitt IV, 3). Abschließend bleibt festzuhalten, d a ß eine klare Abgrenzung der Ansätze, die der Modernen Wachstumstheorie der U n t e r n e h m u n g zugerechnet werden können, nicht in dem M a ß e möglich ist, wie bei anderen Theoriebereichen. Auch die Zusammenstellung in diesem Abschnitt ist zwangsläufig nicht ohne Willkür. Insbesondere die Abgrenzung gegenüber der Betriebswirtschaftlichen Theorie der Unternehmung fällt schwer. Der kleinste gemeinsame Nenner bei der Klassifizierung der Modelle innerhalb der Monographien zu diesem T h e m a sind die Ansätze von Penrose, Williamson und Baumol sowie das in Abschnitt III, 2 vorgestellte Modell von Marris (1964). D a d u r c h ist es für die Wachstumstheorien auch schwer möglich, sich als eigenständiger Bereich innerhalb der M o d e r n e n Theorie der Unternehmung durchzusetzen. Trotz alledem bilden die einzelnen Theorien einen wichtigen Beitrag zu der in der Einleitung präsentierten Fragestellung einer M o d e r n e n Theorie der Unternehmung. Wer das Verhalten von Unternehmen erklären will, m u ß auch den Wachstumsprozeß beschreiben. Die Autorin E. Penrose z.B., die das U n t e r n e h m e n als Bündel produktiver Ressourcen darstellt, gibt ganz neue Einblicke in den unternehmensinternen Allokationsprozeß und seine Entwicklung im Zeitverlauf. Das Modell von Williamson zeigt das Zusammenspiel von Finanzierung, Outputentscheidungen und Unternehmenswachstum unter verschiedenen Zielsetzungen. Diese und andere Ansätze sind wichtige Beiträge zum Verständnis des Verhaltens von Unternehmen. In Abb. III, 1,10 werden die hier besprochenen Ansätze tabellarisch zusammengefaßt.

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

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1. Die Wachstumstheorien der U n t e r n e h m u n g

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer Mod. Theorie d. U n t e r n e h m u n g

2. Die Managertheorien der Unternehmung 2.1 Der Ausgangspunkt: Die Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in der modernen Publikumsgesellschaft In der U n t e r n e h m u n g , wie sie durch die klassisch-neoklassische Theorie beschrieben wurde, gibt es keine Interessenkonflikte, was die Unternehmenspolitik und die Zielsetzung angeht. Der Unternehmer ist gleichzeitig Kapitalgeber und Eigentümer. Er trägt das gesamte unternehmerische Risiko, übernimmt die gesamte H a f tung u n d besitzt die uneingeschränkte Verfügungsmacht über die Ressourcen des Unternehmens. Sein Einkommen besteht aus den Überschüssen, die durch seine unternehmerische Tätigkeit nach der Entlohnung aller Produktionsfaktoren übrigbleiben. Was für ein anderes Ziel sollte er also verfolgen, als die Maximierung des Unternehmensgewinns? Unter diesen Voraussetzungen k a n n sich die klassischneoklassische Theorie darauf beschränken, ein Unternehmen als P r o d u k t i o n s f u n k tion abzubilden, das sich gewinnmaximierend an seine Umfeldbedingungen anpaßt. Ein solches Unternehmensmodell läßt sich jedoch nur auf sogenannte Eigentümer-Unternehmen anwenden, also z. B. kleine und mittelständische Familienbetriebe. Es eignet sich nicht für die Beschreibung einer modernen Großunternehmung. Dieser Unternehmenstyp, der seit Beginn der industriellen Revolution das wirtschaftliche Geschehen in den industrialisierten Ländern prägt, hat eine Reihe von Vorteilen. So lassen sich z.B. wesentliche Ersparnisse durch Skalen-, Verbundund Mehrbetriebsvorteile oder durch vertikale Integration und Spezialisierung der Arbeitskräfte erzielen (vgl. z. B. Kallfass, 1989). Es ist klar, d a ß für die Finanzierung von Unternehmen dieser G r ö ß e n o r d n u n g die Kapitaleinlagen eines Eigentümer-Unternehmers nur selten ausreichen. U n d deshalb erlangte die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, insbesondere die Aktiengesellschaft, eine besondere Bedeutung. Aktiengesellschaften weisen eine Reihe von Vorteilen auf, die für die Finanzierung von Großprojekten von Bedeutung sind. Sie übernehmen die Rolle von Kapitalsammelbecken. Sie eignen sich zur Zusammenfassung großer und verstreuter Kapitalbeträge, da die Eigenkapitalgeber auch mit geringen Einlagen partizipieren und darüber hinaus ihre Haltedauer durch den Handel dieser Beteiligungen an S e k u n d ä r m ä r k t e n frei bestimmen können. Den Erwerbern von Anteilen an Aktiengesellschaften bietet sich die Möglichkeit, durch eine Streuung ihres Anlagebetrages auf mehrere Unternehmen die aus der Portefeuille Selection Theory bek a n n t e n Vorteile der Diversifikation auszuschöpfen. Die Handelbarkeit der Anteile ermöglicht eine flexible Umschichtung des nach individuellen Präferenzen zusammengestellten Portfolios. D a s von den Aktionären übernommene Risiko beschränkt sich auf den Börsenkurs, da sie nicht mit ihrem persönlichen Vermögen haften. Dieses Risiko ist, wie bereits erwähnt, durch die Bildung eines Portefeuilles aus verschiedenen Titeln diversifizierbar. Sie übernehmen keine weiteren Pflichten. Ihre Rechte beschränken sich auf einen quotenmäßigen Anteil am Reingewinn (Dividende) u n d einen möglichen Liquidationserlös, den Bezug neuer Aktien bei Kapitalerhöhungen (Bezugsrecht), d a s Stimmrecht auf der Hauptversammlung sowie die Möglichkeit der Abw a n d e r u n g durch den Verkauf der Aktien an den Sekundärmärkten. Die H a f t u n g der A G beschränkt sich, im Gegensatz zum mit seinem persönlichen Vermögen haftenden Eigentümer-Unternehmer, auf das Gesellschaftsvermögen.

2. Die Managertheorien der Unternehmung

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Die Aktionäre haften also lediglich mit ihren (diversifizierbaren) Einlagen. Dies ermöglicht die Ü b e r n a h m e risikoreicher Projekte durch die Aktiengesellschaft. Mit steigendem Haftungskapital erhöht sich die Fremdkapitalaufnahmefähigkeit. Durch die theoretisch unbegrenzte Lebensdauer der A G , die nicht an die Person und an das Vermögen eines Eigentümer-Unternehmers gebunden ist, ergibt sich de facto eine unbefristete Fremdkapitalversorgung (going concern concept). Ein wichtiges Merkmal der A G , das praktisch den Ausgangspunkt der M a n a gertheorien bildet, ist die Geschäftsführung. Sie obliegt dem vom Aufsichtsrat gewählten Vorstand, nicht den Aktionären. W ä h r e n d der Eigentümer-Unternehmer klassisch-neoklassischer Prägung noch Kapitalgeber und Geschäftsführer in einem war, findet hier eine deutliche Trennung beider Funktionen statt. U n d dies kann dazu führen, d a ß es zwischen beiden G r u p p e n zu divergierenden Interessen kommt. Die Managertheorien, die ihre Blütezeit in den 60er und 70er Jahren erlebten, und bei denen es seit den 80er Jahren keine wesentlichen Fortentwicklungen mehr gab, beschäftigen sich mit dem Verhalten der modernen Aktiengesellschaft. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Trennung von Eigentum und Leitungsmacht in Aktiengesellschaften, genauer gesagt in Publikumsgesellschaften, in denen das Eigenkapital breit gestreut ist. Aktiengesellschaften, die von G r o ß a k t i o n ä r e n beherrscht werden, weisen dagegen eher den C h a r a k t e r von Eigentümer-Unternehmungen auf. Die bahnbrechende Arbeit, die sich mit dem Wesen der modernen Publikumsgesellschaft auseinandersetzt, wurde 1932 von Berle und Means veröffentlicht (Berle/Means, 1968). Sie stellen vier Thesen auf: 1. Die wirtschaftliche Macht konzentriert sich immer mehr auf einige wenige Firmen. Die meisten Industriezweige werden von wenigen großen Kapitalgesellschaften beherrscht (Berle/Means, 1968, S.18ff.). 2. Die Anteile an diesen U n t e r n e h m e n sind über eine große Anzahl von Aktionären gestreut. Die Rolle des Eigentümers hat sich von einer aktiven in eine passive gewandelt. Er übt als Einzelner keine Kontrolle mehr aus, besitzt keine Macht, übernimmt keine Verantwortung. Sein Eigentum beschränkt sich auf symbolische Rechtstitel in F o r m von Aktien (Berle/Means, 1968, S. 18 ff.). Die Verfügungsmacht über die Ressourcen des Unternehmens wird auf eine Gruppe von Managern übertragen, die selber meist nur über geringe Anteile am U n t e r n e h m e n verfügen. Sie übernehmen also die klassisch-neoklassische aktive Eigentümerfunktion, ohne selber Eigentümer zu sein (Berle/Means, 1968, S.47ff.). „ T h e concentration of economic power separate from ownership ha"s, in fact, created economic empires, and has delivered these empires into the hands of a new f o r m of absolutism, relegating owners to the position of those who supply the means whereby the new princes may exercise their power" (Berle/Means, 1968, S. 116). 3. Die Kontrolle des Verhaltens der Managerelite durch die Kleinaktionäre ist schwierig, d a entsprechende Mehrheiten zur Durchsetzung einzelner Ziele gewonnen werden müssen. Im Fall von Interessenkonflikten ziehen die A k t i o n ä r e den Verkauf ihrer Anteile den Kosten und d e m U m s t a n d des A u f b a u s einer Opposition vor. Eine Überwachung durch die Kleinaktionäre führt zu hohen Kontrollkosten, wenn etwa unabhängige Analysen der Marktbedingungen und der Rationalisierungsmöglichkeiten des Unternehmens, eine Ermittlung von Be-

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung w e r t u n g s k r i t e r i e n f ü r M a n a g e m e n t l e i s t u n g e n und A b s t i m m u n g e n d e r Kontrolla n w e i s u n g e n u n t e r e i n a n d e r v o r g e n o m m e n werden müssen. Die E i n i g u n g s k o sten steigen mit der A n z a h l der A k t i o n ä r e . Je breiter d a s K a p i t a l gestreut ist, d e s t o schwieriger wird die Kontrolle der M a n a g e r d u r c h die A k t i o n ä r e (siehe z . B . Leipold, 1981, u n d B ö b e l / D i r r h e i m e r , 1983). A n z u m e r k e n ist a u c h , d a ß ein Einblick in die tatsächliche G e s c h ä f t s l a g e des U n t e r n e h m e n s f ü r den einzelnen A k t i o n ä r quasi unmöglich ist. Er m u ß sich auf G e s c h ä f t s b e r i c h t e bes c h r ä n k e n , die er lediglich mit d e n D a t e n ü b e r ähnliche U n t e r n e h m e n vergleichen k a n n , u m auf diese Weise eine „ Q u a s i - B e w e r t u n g " des M a n a g e m e n t s d u r c h z u f ü h r e n (Thonet, 1977, S. 35). Die M a n a g e r b r a u c h e n sich d e s h a l b a u c h n u r a n der durchschnittlichen B r a n c h e n r e n d i t e zu orientieren. So k a n n d a s M a n a g e m e n t relativ a u t o n o m handeln, weil es nicht zu einem organisierten Wid e r s t a n d k o m m t (Berle, Means, 1968 (1932), S. 69ff.). Hierbei ist zu beachten, d a ß im d e u t s c h e n Aktienrecht eine K o n t r o l l e des Vorstandes d u r c h den d u r c h die H a u p t v e r s a m m l u n g gewählten A u f s i c h t s r a t festgeschrieben ist. In amerik a n i s c h e n Aktiengesellschaften ist der Chief Executive OfTicer o f t a u c h selber C h a i r m a n des B o a r d of Directors (Aufsichtsrat), in welchem w i e d e r u m ein Teil des Vorstandes als Mitglied vertreten ist. A b e r a u c h von a u ß e r h a l b k o m m e n d e B o a r d - M i t g l i e d e r werden nach d e n P r ä f e r e n z e n des Vorstandes ausgesucht, so d a ß d a s T o p m a n a g e m e n t sich quasi selber kontrolliert.

4. D e r sich a u s dieser Trennung e r g e b e n d e diskretionäre Spielraum der Manager wird v o n diesen f ü r die Verfolgung ihrer persönlichen Ziele a u s g e n u t z t . Sie verfolgen eine U n t e r n e h m e n s p o l i t i k , die sich nicht a n den Zielen der Anteilseigner ( M a x i m i e r u n g des Vermögens bzw. M a r k t w e r t e s ) orientiert, s o n d e r n a n ihren individuellen N u t z e n f u n k t i o n e n ( B e r l e / M e a n s , 1968, S. 119 ff.). Diese Feststell u n g von Berle u n d M e a n s hat erst ü b e r zwanzig J a h r e später zur E n t w i c k l u n g der M a n a g e r t h e o r i e n geführt, die die P a r a m e t e r dieser N u t z e n f u n k t i o n e n u n d die A u s w i r k u n g e n auf d a s Verhalten von sog. m a n a g e r k o n t r o l l i e r t e n (im Gegensatz zu eigentümerkontrollierten) U n t e r n e h m e n untersuchen. „ M a n a g e r s exercise m o r e f r e e d o m in the use of the firm's resources t h a n w o u l d exist if the firm were m a n a g e d by its owner(s), o r at least, if o w n e r s h i p interests were m o r e c o n c e n t r a t e d " (Demsetz, 1983, S.375). G e g e n ü b e r d e r traditionellen Theorie der U n t e r n e h m u n g tritt der M a n a g e r j e d o c h a u c h d e s h a l b in d e n Vordergrund, weil m a n in diesen Ansätzen nicht m e h r d a v o n a u s g e h t , d a ß die A k t i o n s p a r a m e t e r eines U n t e r n e h m e n s n u r d u r c h exogene F a k t o r e n ( M a r k t , Wettbewerb) bestimmt werden, denen m a n sich g e w i n n m a x i m i e r e n d a n p a ß t . Die Erkenntnis, d a ß U n t e r n e h m e n (bspw. d u r c h ihre G r ö ß e bzw. M a r k t m a c h t ) in der Lage sind, einige W e t t b e w e r b s p a r a m e t e r zu kontrollieren u n d der e x t r e m e n F o r m des Wettbewerbs a u s z u w e i c h e n (siehe H y p o t h e s e 1 v o n Berle u n d M e a n s ) , verlagert d a s Interesse von der A l l o k a t i o n s f u n k t i o n des M a r k t e s hin zu d e n internen K o o r d i n a t i o n s m e c h a n i s m e n der M a n a g e r (Cleland, 1960). Bei einem h o h e n W e t t b e w e r b s d r u c k wäre ein U n t e r n e h m e n p e r m a n e n t gezwungen, a u f d r o h e n d e G e w i n n r ü c k g ä n g e zu reagieren, so d a ß d e m M a n a g e m e n t gar nichts anderes ü b r i g bliebe, als d a s Ziel der G e w i n n m a x i m i e r u n g zu verfolgen, d e n n jede a n d e r e R e n d i t e w ü r d e u n t e r d e m N o r m a l n i v e a u liegen. Erst wenn bspw. der Eintritt neuer K o n k u r r e n t e n d u r c h genügend h o h e Eintrittsbarrieren verhindert wird u n d die etablierten Wettbewerber auf allzu ehrgeizige Expansionsziele verzichten, ergibt sich ein diskretionärer H a n d l u n g s s p i e l r a u m f ü r die M a n a g e r ( M a c h l u p , 1967, 5. 17 ff.).

2. Die Managertheorien der Unternehmung

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D e r W a n d e l in der S t r u k t u r der E i g e n t u m s r e c h t e im U n t e r n e h m e n v e r ä n d e r t e die F u n k t i o n des Privatkapitals in der Gesellschaft. W ä h r e n d in d e n klassischen u n d neoklassischen Modellen die d u r c h die K r ä f t e des Wettbewerbs gesteuerte u n d begrenzte U n t e r n e h m e n s p o l i t i k der G e w i n n m a x i m i e r u n g d a s Bindeglied zwischen Privateigentum u n d effizienter R e s s o u r c e n a l l o k a t i o n darstellte, f ü h r t e die A u f t e i l u n g der Eigentumsrechte in der m o d e r n e n Publikumsgesellschaft zu einer Verfolgung k o n k u r r i e r e n d e r Ziele (Demsetz, 1983). Mit dem m o d e r n e r e n I n s t r u m e n t a r i u m der Property Rights- u n d der Agency Theorie, d a s in Kapitel IV u n t e r 1. und 2. vorgestellt wird, läßt sich dieser Sachverhalt noch wesentlich g e n a u e r darstellen u n d analysieren. Von d a h e r sind die M a n a g e r t h e o r i e n als eine Entwicklungsstufe von den klassisch-neoklassischen A n s ä t z e n hin zur M o d e r n e n T h e o r i e der U n t e r n e h m u n g zu verstehen, welche auf deren Erkenntnissen a u f b a u t . Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden die b e k a n n t e s t e n H y p o t h e s e n über d a s Verhalten der M a n a g e r u n d die A u s w i r k u n g e n auf die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k dargestellt.

2.2 Die Theorie des Managerkapitalismus Die A r b e i t von Berle u n d M e a n s hat z u m einen zur E n t w i c k l u n g von T h e o r i e n über den sog. M a n a g e r k a p i t a l i s m u s g e f ü h r t . Es handelt sich hier u m Extremszenarien, die sich a u s der T r e n n u n g von L e i t u n g s m a c h t u n d K o n t r o l l e in G r o ß u n t e r n e h m e n ergeben. Die Verbreitung der g r o ß e n Publikumsgesellschaften f ü h r t d e m n a c h zu einschneidenden Veränderungen in der W i r t s c h a f t s o r d n u n g u n d in der Gesellschaft, die n u n v o n M a n a g e r e l i t e n beherrscht wird. D e r b e k a n n t e s t e Vertreter dieser R i c h t u n g ist J. K. G a l b r a i t h ( G a l b r a i t h , 1967; ein ähnlicher, n o c h radikaler formulierter A n s a t z ist der v o n B u r n h a m , 1941). D e r wissenschaftlichtechnische Fortschritt f ü h r t zu verbesserten M a n a g e m e n t t e c h n i k e n u n d zu q u a litativen Veränderungen in den E n t s c h e i d u n g s k o m p e t e n z e n in g r o ß e n Kapitalgesellschaften. D e r E n t s c h e i d u n g s p r o z e ß i n n e r h a l b der g r o ß e n O r g a n i s a t i o n e n erfolgt d u r c h die Bereitstellung von I n f o r m a t i o n e n d u r c h eine G r u p p e eng z u s a m m e n a r b e i t e n d e r technischer Spezialisten, die sogenannte T e c h n o s t r u k t u r . A u ß e n stehenden, seien es Eigentümer o d e r Banken, mangelt es a n Wissen, um a n diesen h o c h k o m p l e x e n Entscheidungsprozessen teilzunehmen; sie werden d u r c h I n f o r m a t i o n s u n v o l l k o m m e n h e i t e n entmachtet. U m weiterhin u n a b h ä n g i g zu bleiben, m u ß die Technostruktur d a r a u f achten, d a ß ein M i n i m u m a n G e w i n n e n gewährleistet wird. Dieses sichert die weitere Vers o r g u n g mit Kapital, das zur F i n a n z i e r u n g d e r Managerziele, also in erster Linie des W a c h s t u m s der U n t e r n e h m u n g , eingesetzt werden k a n n . G a l b r a i t h n e n n t u . a . einige W a c h s t u m s m o t i v e , die in den n ä c h s t e n A b s c h n i t t e n dieses Kapitels besprochen w e r d e n , wie z.B. Selbstbestätigung. Seine spezifische E r k l ä r u n g a b e r liegt in der P r ä f e r e n z f ü r die technologische Virtuosität der a n g e b o t e n e n P r o d u k t e seitens der T e c h n o s t r u k t u r . Eine fortschrittliche Technologie bedeutet Arbeitsplätze u n d Aufstiegsmöglichkeiten f ü r technische Spezialisten und ebnet den Weg f ü r weitere Expansionen. V e r ä n d e r u n g e n in der I n d u s t r i e s t r u k t u r wie die z u n e h m e n d e N o t w e n d i g k e i t der Spezialisierung bei P r o d u k t i o n s p r o z e s s e n , A r b e i t s k r ä f t e n , I n p u t f a k t o r e n u n d F o r schung u n d Entwicklung sowie eine z u n e h m e n d e Kapitalintensität und Betriebsg r ö ß e f ü h r e n d a z u , d a ß die A l l o k a t i o n über den klassischen M a r k t m e c h a n i s m u s d u r c h die P l a n u n g ersetzt werden m u ß , d a die Anpassungsflexibilität eingeschränkt wird. S t a t t K o n s u m e n t e n p r ä f e r e n z e n zu folgen, werden P r o d u k t i n n o v a t i o n e n ,

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

Mengen und Preise im voraus festgelegt und den Konsumenten über Marketingm a ß n a h m e n aufgedrängt („Management der gezielten Nachfrage"). Diese Planung ist notwendig, um den Mindestgewinn nicht zu gefährden und das Risiko des hohen Kapitaleinsatzes f ü r die Entwicklung neuer Technologien gering zu halten. Bei der Durchsetzung der Planungsziele ist die Technostruktur auf den Staat angewiesen. Dieser reguliert die Gesamtnachfrage, stabilisiert Löhne und Preise, bildet das Personal aus, kauft die fortgeschrittensten Technologien, gewährt Subventionen. Er hebt die Unwägsamkeiten des freien Marktes (bspw. Konjunkturschwankungen) an vielen Stellen auf. Durch die hohe Übereinstimmung der Ziele des Staates (Wachstum, Stabilität, Militärausgaben, Beschäftigung etc.) mit denen der Technostruktur übt diese eine gewisse Macht auf ihn aus. Das Ergebnis ist die Beherrschung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems durch eine Technostruktur, die ein Wachstum um jeden Preis anstrebt und einen starken Einfluß auf Märkte, Konsumenten, zu einem gewissen Grad auf die Regierungen, auf Gewerkschaften und auf Eigentümer ausübt. Dieser mehr globalen Betrachtungsweise wurde im Zeitablauf immer weniger Beachtung geschenkt. Das Interesse konzentriert sich mehr auf die Ansätze, die sich mit der Spezifikation der Nutzenfunktion eines Managers und den Auswirkungen auf unternehmerische Entscheidungen sowie auf das Unternehmensergebnis beschäftigen. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden zunächst die drei bekanntesten Modelle und anschließend einige Erweiterungen dargestellt.

2 . 3 D a s Umsatzmaximierungsmodell von Baumol 2.3.1 Das (statische) Grundmodell In seiner vielbeachteten Arbeit „Business Behavior, Value and G r o w t h " (1959, insb. Kapitel 6, 7 und 10, überarbeitete Fassung 1967) liefert W.J. Baumol ein Modell für das von ihm beobachtete Phänomen, daß Oligopolisten nicht den Gewinn, sondern eher den Umsatz maximieren. Die Motive, die er für die Verfolgung dieses Ziels durch die Manager in den betreffenden Unternehmen angibt, sind recht vage formuliert, etwa im Vergleich zu den Ansätzen von Marris oder Williamson, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels besprochen werden. Als Begründung für das Ziel der Umsatzmaximierung gibt er an, daß die Entlohnung der Manager sich eher an der Größe des Unternehmens als an seiner Rendite orientiert (Baumol, 1959, S.46). Des weiteren äußert er die Vermutung, daß hohe Umsätze in der Gesellschaft mit höherer Anerkennung bedacht werden als hohe Gewinne. Sinkende Umsätze dagegen führen zu einem Reputations- und Vertrauensverlust seitens der Konsumenten, der Händler, der Aktionäre, des Arbeitsmarktes und der Kreditgeber. Sie reduzieren zudem das Gewinnpotential und den monopolistischen Wettbewerbsspielraum. Aus diesen Gründen werden bspw. unprofitable Marktsegmente nur ungern aufgegeben. Eine Politik der Gewinnmaximierung entspricht auch nicht dem Sicherheitsstreben der Manager: Zum einen würde diese die Verfolgung risikoreicherer Projekte (mit höheren Ertragsaussichten) bedeuten, die im Falle eines Mißerfolges zu persönlichen Konsequenzen führen können (Einkommens-, Arbeitsplatz-, Reputationsverluste). Zum anderen wird im Falle der Erzielung außergewöhnlich hoher Gewinne die Meßlatte für gute Managementleistungen in der Zukunft höher gelegt. Aus diesem G r u n d wird auch eine konstante Wachstumsrate ohne diskontinuierliche Innovations- und Wachstumszyklen angestrebt. U m das Unternehmer- und

2. Die Managertheorien der U n t e r n e h m u n g

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damit d a s eigene Beschäftigungsrisiko einzudämmen, werden hohe A u f w e n d u n g e n für Informationsbeschaffung u n d F & E geleistet. Leibenstein (1960) bietet bezugnehmend auf das Umsatzmaximierungsmodell von Baumol eine weitere Hypothese für die Begründung dieses Managerziels: Ein M a n a g e r k a n n nur nach meßbaren Kriterien beurteilt werden. Qualitative Beurteilungskriterien sind schwer zu finden und zu überprüfen und solange die Ergebnisse sich in einem befriedigenden R a h m e n bewegen, wird diese G r ö ß e als Kriterium herangezogen. Deshalb wird ein karriereorientierter M a n a g e r lieber eine akzeptable Leistung in einem großen Wirkungskreis als eine brilliante Leistung in einem kleinen Umfeld bringen. U n d eine E r h ö h u n g der Umsätze ist meistens der erfolgreichere Weg, um zu einem größeren Verantwortungsbereich befördert zu werden, als eine Gewinnsteigerung durch die Hinnahme von Umsatzeinbußen, d.h. Marktanteilsverlusten (Leibenstein, 1960, S. 278ff.). D a s Ziel der Umsatzmaximierung k a n n von Managern großer Publikumsgesellschaften jedoch nicht uneingeschränkt, sondern nur unter der Erhaltung der Nebenbedingung durchgeführt werden, d a ß ein gewisser Mindestgewinn aufrechterhalten wird, der den Interessen der Anteilseigner gerecht w i r d : , , . . . minimum earnings must supply funds sufficient to pay dividends and to reinvest in such a m o u n t s that the combination of dividend receipts and stock prices rise can remunerate stockholders adequately" (Baumol, 1959, S.51). Genaue Angaben darüber, wie dieser Mindestgewinn bestimmt wird, macht Baumol nicht. Er bemerkt lediglich, d a ß dieser so hoch sein muß, d a ß einerseits eine „wettbewerbsfähige" Dividende ausgezahlt werden kann und andererseits ausreichend Mittel f ü r zukünftige Investitionsvorhaben zur Verfügung stehen (Baumol, 1959, S. 53). A u f b a u e n d auf diesen G r u n d a n n a h m e n präsentiert Baumol eine Reihe von Umsatzmaximierungsmodellen, die später von anderen Autoren erweitert wurden. Die graphische Lösung des statischen Grundmodells, bei dem unterstellt wird, daß der Oligopolist über einen monopolistischen Preissetzungsspielraum verfügt, sieht folgendermaßen aus:

K(x)

G A K

u

P(x)

I I

I I

J.G v * — c c hängt von der Verteilung der Anteilseigner und von den Parametern der Interventionskostenfunktion ab. Für den zweiten Fall, also die Gefahr einer Übernahme, verläuft die Berechnung analog. Die Parameter n und p haben jetzt die Ausprägung 1, da der Raider nun mit der Koalition gleichzusetzen ist. Ist der Raider jedoch selber ein Nutzenmaximierer, dann sind keine eindeutigen Aussagen mehr möglich, da seine Bewertungsrate des zu übernehmenden Unternehmens ebenfalls unter v* liegt, und durch die Übernahme, sofern diese nicht mit Wertzuwächsen durch economies of scale u.a. verbunden ist, noch weiter sinken kann. Dadurch begibt er sich selber in Gefahr, übernommen zu werden. Generell wird ein nutzenmaximierendes Management solange auf der sicheren Seite sein, wie die aktuelle Bewertungsrate des Unternehmens v und die Transaktions- und Integrationskosten der Übernahme c den maximal möglichen Marktwert v* übersteigen. v + c > v* Im Unterschied zu den konstanten Parametern, die Baumol, Marris und Williamson als Untergrenze ansetzen, wird hier berücksichtigt, daß v* bspw. aufgrund von Veränderungen im Wettbewerbsumfeld einen anderen Wert annehmen kann. Und dies verändert die Modellergebnisse, wie im folgenden am Beispiel von Baumol und Williamson dargelegt wird. 2.6.1.1.1 Variable Restriktionen im Umsatzmaximierungsmodell von Baumol Überträgt man die variable Mindestbedingung auf das Umsatzmaximierungsmodell von Baumol, so lautet diese nun G°(x) > G ( x * ) — c wobei x* die gewinnmaximale Menge darstellt, G ° ist der Mindestgewinn. In Abb. 111,2.13 sollen nun die Auswirkungen der Erhöhung einer proportionalen Gewinnsteuer aufgezeigt werden. Diese führt zu einer Abflachung der Gewinnfunktion. Mit sinkendem realisierbaren Gewinn sinkt natürlich auch die Mindestgewinngrenze, im Schaubild dargestellt durch die Parallelen zur x-Achse. Der Rückgang des tatsächlichen Gewinns ist bei einer proportionalen Gewinnsteuer jedoch bei jeder Absatzmenge außer der gewinnmaximalen (x*) geringer als der des Mindestgewinns. Der Mindestgewinn wird über den versteuerten Maximalgewinn festgelegt, also dort, wo der absolute Rückgang am größten ist. An jeder anderen

74

Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

• Abb. III, 2.13: D a s Umsatzmaximierungsmodell bei variablem Mindestgewinn und proportionaler Gewinnsteuer Quelle: Yarrow, 1976, S.273

Stelle wird ein geringerer Gewinn mit dem gleichen Steuersatz multipliziert, so daß die absolute Minderung geringer ist. Oder anders ausgedrückt: An jeder Stelle außerhalb des Gewinnmaximums sinkt der Mindestgewinn stärker als der tatsächliche Gewinn. Das bedeutet, daß sich der „Spielraum" zwischen Gewinnrestriktion und tatsächlichem Gewinn vergrößert, so daß die Absatzmenge gewinnsenkend und gleichzeitig umsatzsteigernd ausgedehnt werden kann ( x f , x ^ ) . Yarrow kommt somit zum genau entgegengesetzten Ergebnis wie Baumol (siehe Abb. III, 2.4). Ein fixe Gewinnrestriktion führte hier dazu, daß das umsatzmaximierende Management seine Absatzmenge gewinnsteigernd zurückfahren mußte, um die Gewinnrestriktion noch erfüllen zu können. Im Fall einer Pauschalsteuer (Abb. III, 2.14) würden sich sowohl die Gewinnfunktion als auch der Mindestgewinn um den gleichen Betrag nach unten verschieben. Das bedeutet, daß wir im Gegensatz zum Modell von Baumol (Abb. III, 2.3)

Steuer

Quelle: eigene Darstellung

2. Die Managertheorien der U n t e r n e h m u n g

75

nun zu dem Ergebnis kommen, daß der umsatzmaximierende Manager seine Preis-/ Mengenentscheidung nicht verändert, was erstaunlicherweise auch das Ergebnis des gewinnmaximierenden Verhaltens wäre! 2.6.1.1.2 Variable Restriktionen im Personalausgabenmodell von Williamson In Williamsons Modell wird der Mindestgewinn durch den diskretionären Gewinn definiert, der ja definitionsgemäß der über dem erforderlichen Minimum liegende Gewinn ist. Wenn man nun die modifizierte Nebenbedingung gemäß Yarrow in die Zielfunktion des Personalausgabenmodells von Williamson einbaut, dann enthält diese folgende Gestalt: U = U ( S ; G D ) mit G D = G ( S ) - [G(S*) - C)] U: S: G: GD: S*: C:

Nutzen des Managers Personalausgaben Gesamtgewinn diskretionärer Gewinn gewinnmaximale Personalausgaben Parameter, der die Sicherheitszone begrenzt

Die H ö h e des Gesamtgewinns m u ß mindestens das Niveau des maximal möglichen Gewinns abzüglich der Sicherheitszone erreichen. Alles, was über dieser Differenz [G(S*) — C] liegt, ist diskretionärer Gewinn. In der folgenden A b b . I I I , 2.15 verändern externe Faktoren wie z.B. Steuererhöhungen auf zwei Arten die Höhe des diskretionären Gewinns: 1. sie verändern den Gesamtgewinn G ( S ) 2. sie verändern die Höhe des maximal erzielbaren Gewinns G(S*) und damit wiederum die Höhe des Mindestgewinns Im Grundmodell von Williamson tritt nur der erste Effekt ein: Abb. III, 2.15 zeigt die Auswirkungen einer Erhöhung proportionaler Gewinnsteuern. Die Funktion des diskretionären Gewinns verändert ihre Gestalt in zwei

U,(S,GD) U2(S,Gd)

s*

SM

SM •

s

Abb. III, 2.15: Die W i r k u n g proportionaler Gewinnsteuern im erweiterten Personalausgabenmodell von Williamson Quelle: Yarrow, 1976, S.276

76

Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

Richtungen: der Gesamtgewinn sinkt zunächst in der Weise, wie es in Abb. III, 2.13 dargestellt wurde. Nun sinkt aber gleichzeitig auch der erforderliche Mindestgewinn, da das ursprünglich mögliche höhere Gewinnmaximum nicht mehr erreicht werden kann. Das Resultat ist eine Gewinnfunktion, bei der außer im Gewinnmaximum bei jedem Niveau an Personalausgaben ein höherer diskretionärer Gewinn erzielt wird: G,D = G(S)(1 — t) — (G(S*)(1 — t) — C) Im Gewinnmaximum (S = S*) erreicht die Höhe des diskretionären Gewinns unabhängig von der Höhe des Steuersatzes den Wert C, da hier genau der Betrag, der an Steuern vom Gewinn abgezogen wird, durch die gleichhohe Reduzierung des Mindestgewinns kompensiert wird. In allen anderen Punkten fällt die Reduzierung des Gewinns um den proportionalen Steuersatz geringer aus als die Verringerung des Mindestgewinns, da sich letztere aus der proportionalen Besteuerung des Maximalgewinns ergibt. Ein Vergleich der Funktionen des diskretionären Gewinns vor und nach Steuern verdeutlicht noch einmal den Sachverhalt: Diskretionärer Gewinn vor Steuern: G D = C + G(S) - G(S*) Diskretionärer Gewinn nach Steuern: Gj 5 = C + (1 - t)(G(S) - G(S*)) Bei S = S* stimmen beide Gewinngrößen überein. Bei jedem anderen G ( S ) < G(S*) ist der diskretionäre Gewinn um den Faktor (1 — t) höher. Vom konstanten Wert der Sicherheitszone C wird also jeweils eine um den Faktor (1 — t) geringere Differenz (G(S) — G(S*)) abgezogen. Man erkennt auch, daß der diskretionäre Gewinn bei steigendem Steuersatz zunimmt. Dies hat zur Folge, daß der Manager ein höheres Nutzenniveau erzielt, da er zu jedem Gewinn-Niveau mehr Personalausgaben leisten kann. Das Ergebnis sind erheblich höhere Personalausgaben bei einem geringfügigen Rückgang des diskretionären Gewinns. Im Grundmodell von Williamson hing es von der Gestalt der Nutzenfunktionen und der Gewinnfunktion ab, ob die Personalausgaben steigen oder sinken (Abb. III, 2.11). Eine Pauschalsteuer hätte keine Auswirkung auf die Gestalt der Funktion des diskretionären Gewinns, da die beiden gegenläufigen Wirkungen sich genau aufheben.

2.6.1.2 Die Einbeziehung von Unsicherheit Eine andere Möglichkeit, den begrenzten Spielraum des Managers bei der Verfolgung seiner Ziele zu berücksichtigen, ist die Einbeziehung von Unsicherheit (Yarrow, 1973). Ein Manager kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit p(X) = h[g(X)] davon ausgehen, daß er seine Position im Unternehmen nicht behält. X ist dabei ein Vektor, der all die Variablen enthält, die einen Einfluß auf den Nutzen des Managers haben. g(X) ist die Höhe des Gewinns, die sich bei einer bestimmten Ausprägung dieser Variablen ergibt. Statt nun einen konstanten Parameter als Mindestgrenze anzugeben, wird eine Beziehung h[g(X)] zwischen der Höhe des erzielten Gewinns und dem Verbleib eines Managers im Unternehmen hergestellt. Also: bestimmte Ausprägungen der Nutzenvariablen X des Managers führen zu einer bestimmten Gewinnhöhe g(X), von der wiederum seine Entlassungswahrscheinlichkeit p(X) abhängt.

2. Die Managertheorien der Unternehmung

77

Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein M a n a g e r n u n d a m i t rechnen k a n n , d a ß er seine Position behält, beträgt folgerichtig: s ( X ) = 1 — p ( X ) . s ( X ) wird von Yarrow „Managerial Security Function" ( M S F ) g e n a n n t . A u s diesen A n n a h m e n läßt sich n u n die N u t z e n f u n k t i o n des M a n a g e r s bestimmen: E [ U ( X ) ] = U ( X ) • [1 - p ( X ) ] + U ' • p ( X ) = U ( X ) • s ( X ) D e r erwartete N u t z e n E [U (X)] h ä n g t v o n d e r Wahrscheinlichkeit seines Verbleibs im Betrieb ab. Seine Verbleibenswahrscheinlichkeit beträgt [1 — p ( X ) ] u n d f ü h r t z u m N u t z e n U ( X ) . Im Fall einer Entlassung, die mit der Wahrscheinlichkeit p ( X ) d r o h t , sinkt der N u t z e n auf U ' , wobei in folgenden a n g e n o m m e n wird, d a ß er in diesem Fall den Wert Null a n n i m m t . D i e B e s t i m m u n g dieser Wahrscheinlichkeit hat der M a n a g e r selbst in der H a n d , nämlich d u r c h sein Verhalten, d a s sich in den A u s p r ä g u n g e n der Variablen des Vektors X niederschlägt. Eine A u s p r ä g u n g X * w ü r d e z u m G e w i n n m a x i m u m g ( X * ) u n d d a m i t zur h ö c h sten A u s p r ä g u n g von s (X), nämlich s (X *) f ü h r e n . D a m i t läßt sich d e r H a n d l u n g s spielraum eines M a n a g e r s ( M a n a g e r i a l Discretion) definieren als alle A u s p r ä g u n gen v o n X 4= X * , bei denen s ( X ) > 0 , also alle M a ß n a h m e n , die zwar zu einer A b w e i c h u n g v o m G e w i n n m a x i m u m f ü h r e n , aber nicht u n m i t t e l b a r u n d mit absoluter Sicherheit zur E i n b u ß e der M a n a g e r p o s i t i o n f ü h r e n . Diese F o r m u l i e r u n g ist r e a l i t ä t s n ä h e r als die A n g a b e eines k o n s t a n t e n P a r a m e t e r s , dessen m a r g i n a l e U n t e r s c h r e i t u n g s o f o r t R e a k t i o n e n auslöst, w ä h r e n d seine m a r g i n a l e Überschreit u n g absolute Sicherheit g e w ä h r t . Die A u s w i r k u n g e n dieser alternativen F o r m u l i e r u n g sollen n u n a m Beispiel des U m s a t z m a x i m i e r u n g s m o d e l l s v o n B a u m o l dargelegt werden: Unsicherheit im Umsatzmaximierungsmodell von Baumöl Die Wahrscheinlichkeit des Verlustes der M a n a g e r p o s i t i o n h ä n g t v o n der Abweic h u n g des maximal möglichen G e w i n n s G ( x * ) v o m realisierten G e w i n n , G ( x ) , ab: L(x) = ( l - t ) [ G ( x * ) - G ( x ) ] wobei

x: Menge t: Steuersatz L: Differenzfunktion

Von d e m Vektor X der N u t z e n v a r i a b l e n des M a n a g e r s wird hier nur die Ausb r i n g u n g s m e n g e x betrachtet. So läßt sich die Z i e l f u n k t i o n eines M a n a g e r s folg e n d e r m a ß e n formulieren: V(x, t, z) = U [ E ( x ) ] • s [ ( l — t ) ( G ( x * ) — G ( x ) , z] wobei:

E : Erlös z: P a r a m e t e r der M a n a g e m e n t Security F u n c t i o n

D e r N u t z e n U des M a n a g e r s wird d u r c h die H ö h e des Erlöses E ( x ) b e s t i m m t . Er wird multipliziert mit der Verbleibenswahrscheinlichkeit s, die w i e d e r u m eine F u n k t i o n der A b w e i c h u n g v o m m a x i m a l möglichen G e w i n n ist. z ist ein P a r a m e t e r , der die Gestalt der M a n a g e r i a l Security F u n c t i o n ( M S F ) bestimmt. M i t steigendem z n i m m t der diskretionäre Spielraum bspw. a u f g r u n d externer F a k t o r e n wie etwa a b n e h m e n d e m W e t t b e w e r b s d r u c k zu.

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

Die Bestimmung der optimalen Ausbringungsmenge x M läßt sich anhand einer Graphik darstellen:

Abb. III, 2.16: Die optimale Ausbringungsmenge eines Umsatzmaximierers bei Unsicherheit. Quelle: Yarrow, 1973, S.160

In dem Verlauf der Managerial Security Function s(x) spiegelt sich die Tatsache wieder, daß eine zunehmende Abweichung von der gewinnmaximalen Ausbringungsmenge x* zu einer abnehmenden Verbleibenswahrscheinlichkeit führt. Ein Manager kann sich aber auch bei gewinnmaximierendem Verhalten seines Arbeitsplatzes nicht absolut sicher sein, da s in der Graphik nie den Wert 1,0 annimmt. U ist eine Isonutzenfunktion mit unterschiedlichen Kombinationen aus Sicherheit und umsatzerhöhender Produktionsmenge mit gleichem Nutzenniveau. Der Tangentialpunkt ergibt die optimale Menge xM, die erneut höher ist als die gewinnmaximale Menge x* und niedriger ist als die umsatzmaximale Menge xu (maximal mögliche Menge bei gleichem Nutzenniveau). xu geht von einer Irrelevanz der Gewinnrestriktion aus (siehe Abb. III, 2.1), während in diesem Wahrscheinlichkeitsmodell die Gewinnrestriktion bei jeder Umsatzhöhe über die Verbleibenswahrscheinlichkeit indirekt greift. Die komparativ statische Analyse soll den Vergleich mit dem Grundmodell von Baumol vervollständigen: Eine Erhöhung der proportionalen Gewinnsteuer t führt im Gegensatz zum Grundmodell von Baumol (Abb. III, 2.4) zu einer Mengenzunahme. Dies liegt, ähnlich wie im Modell variabler Restriktionen (Abb. III, 2.15) daran, daß die Differenz zwischen dem versteuerten Maximalgewinn und dem versteuerten tatsächlichen Gewinn bei jeder Absatzmenge außer der gewinnmaximalen geringer wird, da der Maximalgewinn bei einer proportionalen Steuer am stärksten reduziert wird. Zu jeder Menge bis auf die gewinnmaximale wird deshalb die Steigung der Managerial Security Function flacher (zu jeder Absatzmenge eine größere Verbleibenswahrscheinlichkeit), der Spielraum des Managers steigt, die Kosten entgangener Sicherheit pro zusätzlicher Mengeneinheit sinken. Es wird ein höheres Nutzenniveau bei einer höheren Ausbringungsmenge und einer größeren Verbleibenssicherheit erzielt. Dies wird in Abb. III, 2.17 noch einmal verdeutlicht.

2. Die Managertheorien der U n t e r n e h m u n g

79

sA 1,0 --

0,5 --

x

Abb. III, 2.17: Einfluß einer E r h ö h u n g proportionaler Gewinnsteuern auf die optimale Menge eines Umsatzmaximierers bei Unsicherheit Quelle: eigene Darstellung

Eine Erhöhung der Fixkosten und die Erhebung einer Pauschalsteuer verändern die Gestalt der Managerial Security Function nicht und haben, ähnlich wie im Modell variabler Restriktionen und bei der Zielsetzung der Gewinnmaximierung, aber anders als im Grundmodell von Baumol (Abb. III, 2.3), keinen Einfluß auf die optimale Menge. Eine Änderung des Parameters z, also der Gestalt der Gewinnfunktion, beeinflußt die optimale Ausbringungsmenge nur, wenn dadurch die Punktelastizitäten der Sicherheitsfunktion beeinflußt werden, sich also entweder die Steigung oder die horizontale Lage verändert. Eine Parallelverschiebung der Sicherheitsfunktion nach oben oder unten beeinflußt x M nicht. 2.6.2 Die Erweiterungen von Monsen und Downs Monsen und Downs (1965) ergänzen die Managertheorie der Unternehmung um einige wichtige Differenzierungen in den Grundaussagen. 1. Die Manager sind bzgl. ihrer Zielsetzungen und der Art und Weise, wie sie ihre Ziele verfolgen, keine homogene Gruppe, sondern weisen erhebliche Unterschiede je nach Hierarchiestufe (Managementebene) auf. Allen gemein ist, daß sie versuchen, ihr monetäres und nicht-monetäres Lebenseinkommen (Freizeit, Prestige, Macht etc.) zu maximieren. 2. Die Anteilseigner präferieren eine gewisse Stetigkeit, die sowohl die Dividendenzahlungen als auch die Kurssteigerung der Aktien betrifft. Dies hat zur Folge, d a ß potentielle gewinnmaximierende Unternehmensstrategien, die zu starken Schwankungen in den Aktienkursen führen, von den Managern nicht verfolgt werden können, da dies unter Umständen zu einer schlechten Beurteilung führen würde. 3. Die Abweichung der Unternehmenspolitik von den Zielen der Anteilseigner ist insbesondere auf die bürokratische Struktur der betreffenden Unternehmen zurückzuführen, innerhalb derer ein Manager sein Lebenseinkommen (pekuniäres und nicht-pekuniäres) am ehesten dadurch maximiert, d a ß er den Wünschen und Vorstellungen seiner Vorgesetzten gerecht wird. Dieses Verhalten

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . Theorie d. U n t e r n e h m u n g

führt zu einer Reihe von bürokratischen Verzerrungen, wie z. B. zur Zurückhaltung von ungünstigen Informationen und zur Nichterfüllung von Aufgaben, die für das eigene Fortkommen im Unternehmen ohne Bedeutung sind oder dieses beeinträchtigen. Eine Überwachung des Verhaltens der unteren Hierarchieebenen ist aufgrund der Größe des Unternehmens nur unvollständig möglich. Monsen und Downs identifizieren typische Verhaltensweisen für verschiedene Managementebenen innerhalb einer bürokratischen Struktur: • Das Topmanagement ist aufgrund der hohen Besteuerung des Einkommens eher an einer Entlohnung durch Optionsscheine interessiert und weist dadurch eine hohe Präferenz für das Ziel der Marktwertmaximierung auf. Um seine Position zu sichern, ist es um die Wahrung eines positiven Unternehmensimages bei Anteilseignern, Gewerkschaften, Regierung etc. bemüht. Denn das Image des Unternehmens dient den Anteilseignern in Ermangelung näherer Informationen als Maßstab für die Qualität des Managements. Dementsprechend gestaltet das Topmanagement auch seine Kommunikations- und Informationspolitik nach außen. Aufgrund der bereits angesprochenen Präferenzen der Anteilseigner für ein stetiges Wachstum werden riskante Projekte vermieden (was die Konkurswahrscheinlichkeit und die Ertragsschwankungen verringert) und eine geringere Wachstumsrate angestrebt als bei einer gewinnmaximierenden Unternehmung. Starke Gewinnrückgänge könnten zu Kursrückgängen führen und die berufliche Existenz des Topmanagements gefährden. Zur Risikopolitik des Topmanagements zählen auch ein hoher Diversifikationsgrad, Zugeständnisse an Gewerkschaften und die Vermeidung von sprunghaften Produktinnovationen. • Das mittlere Management ist auf eine positive Beurteilung durch das Top-Management angewiesen, um befördert zu werden und somit sein Einkommen zu steigern. Die Konsequenzen können Risikoaversion bei Entscheidungen sowie mangelnde Kreativität und geringe Innovationsbereitschaft sein. Infolgedessen wird eine ganze Reihe lukrativer Gewinnmöglichkeiten ausgelassen. • Die untere Managementebene hat aufgrund ihres Ausbildungsstandes weniger Möglichkeiten, in höhere Positionen versetzt zu werden. Ihr Einkommen richtet sich eher nach der Anzahl der Jahre im Unternehmen, so daß ihre Strategie vornehmlich darin besteht, eine einmal erreichte Position so lange wie möglich zu erhalten. Die Leistungen dieser Manager lassen sich im Gegensatz zu den anderen Ebenen viel eher an objektiven Kriterien wie Produktionsquoten, Produktqualität etc. messen. Da sie sich streng an vorgegebene Regeln halten, ist auch hier wenig Kreativität, Innovationsfreude und Risikobereitschaft zu erwarten. Die beschriebenen Verhaltensweisen sind gemäß Monsen und Downs um so weniger ausgeprägt, je dezentralisierter die Unternehmensstruktur ist, da die Eigenverantwortlichkeit für die erzielbaren (Teil-)Ergebnisse zunimmt. Der Ansatz von Monsen und Downs zeigt also, daß die Abweichung vom Ziel der Gewinnmaximierung • nicht nur auf die Präferenzen der Manager, sondern auch auf die der Anteilseigner zurückzuführen ist und • durch bürokratische Verzerrungen innerhalb hierarchischer Strukturen verstärkt wird.

2. Die Managertheorien der Unternehmung

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2.6.3 Eine modifizierte Sichtweise von Demsetz Demsetz (1983) hält den K o n s u m während der Arbeitszeit bzw. am Arbeitsplatz (,,on the j o b c o n s u m p t i o n " ) nicht unbedingt für einen Widerspruch zur Gewinnmaximierung, wenn es sich um eine Eigentümer-Unternehmung handelt. Die neoklassische Theorie behält den Konsum den privaten Haushalten vor, da sie davon ausgeht, d a ß er dort am effizientesten vollzogen werden kann. Auch ein Unternehmer strebt gemäß dieser Betrachtungsweise die Gewinnmaximierung nur an, um sein Unternehmereinkommen nutzenmaximierend privat zu konsumieren. Dies m u ß aber nicht unbedingt der Fall sein. Konsummöglichkeiten während der Arbeitszeit werden d a n n wahrgenommen, wenn bei gleichhohem Nutzen die Kosten d a f ü r niedriger sind als das entgangene Mehreinkommen, das für nutzenstiftende Konsumzwecke im privaten Haushalt hätte verwendet werden können. „On-thejob-consumption, when known, occurs only if there is a Utility advantage to consuming at the firm, because the equivalent value in larger take home pay is more fungible than is on-the-job-consumption" (Demsetz, 1983, S. 379). (Im Kapitel IV dieses Buches wird unter P u n k t 2.3.3.1 der „ K o n s u m am Arbeitsplatz" noch einmal behandelt.) Dies gilt nicht nur für die M a n a g e r eines Unternehmens, sondern f ü r alle Beschäftigten; selbst ein Eigentümer-Unternehmer wird den K o n s u m am Arbeitsplatz vorziehen (bspw. durch die Schaffung einer angenehmen Arbeitsatmosphäre), wenn die Kosten des d a d u r c h entstehenden Nutzenzuwachses geringer sind als der Einkommensverlust, der einen vergleichbaren Konsumnutzen im privaten Haushalt hätte finanzieren können (der Kostenvergleich erfolgt f ü r jedes Wirtschaftssubjekt auf der Basis von Kosten pro empfangene Nutzeneinheit). Firmen, die einen Teil ihrer Ressourcen f ü r die Produktion von on-the-job K o n s u m gütern einsetzen, sind in der Lage, diese zu einem höheren Nutzen pro Geldeinheit herzustellen als wenn die Beschäftigten diesen Konsum zu Hause befriedigen würden. Diese Regel gilt jedoch nur, wenn die Überwachung der Leistung der Beschäftigten keine Kosten verursacht. In diesem Fall würde das Einkommen in L o h n bzw. Gehalt und in on-the-job-consumption aufgeteilt werden. Verursacht die Überwachung jedoch Kosten, so ist es für den einzelnen möglich, on-the-job-consumption zu Lasten der gesamten G r u p p e zu betreiben (shirking), da eine direkte Zurechnung der Einkommensbestandteile nicht mehr möglich ist. Die Eigentümer (Aktionäre) an großen Publikumsgesellschaften ziehen dagegen überhaupt keinen Nutzen aus dem Arbeitsplatzkonsum der Beschäftigten, sondern erleiden durch diesen Wohlfahrtsverluste. Sie können nicht am Arbeitsplatzkonsum teilnehmen, sondern müssen Einkommensverluste aus niedrigeren Marktwerten bzw. Dividenden hinnehmen. Ein Nutzen ergibt sich nur für einen Eigentümer-Unternehmer, der mitarbeitet und an diesem K o n s u m teilnimmt. 2.6.4 Managerial Discretion in sozialistischen Wirtschaftssystemen Einige Ansätze beschäftigen sich auch mit dem Verhalten des Managers in sozialistischen Wirtschaftssystemen. Die bekanntesten Beiträge stammen von F u r u b o t n und Pejovich, die sich mit staatlichen U n t e r n e h m e n in der ehemaligen Sowjetunion und mit der Arbeiterselbstverwaltung im ehemaligen Jugoslawien beschäftigt haben ( F u r u b o t n , Pejovich, 1974a, b; M o o r e , 1974, 1981). Im ehemaligen sowjetischen Modell, in dem Prämien f ü r die Erfüllung staatlich vorgegebener Produktionsquoten gewährt werden, wäre das Pendant zur „kapitalistischen" Gewinnmaximierung die Outputmaximierung. D o c h ähnlich wie im

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

ersten Fall gibt es a u c h in diesem System g e n ü g e n d Anreize, v o n diesem Ziel a b zuweichen. F u r u b o t n u n d Pejovich legen dar, d a ß es i m Interesse eines sowjetischen M a nagers liegt, a u f L a g e r zu produzieren statt vollständig zu liefern, u m a u c h d a n n die P r o d u k t i o n s q u o t e erfüllen zu k ö n n e n , w e n n widrige interne oder externe U m s t ä n d e eintreten. A u f diese Weise t r ä g t er zur Sicherheit seines eigenen Arbeitsplatzes bei u n d h a n d e l t so im eigenen Interesse. U m die f ü r die unterschlagene zusätzliche P r o d u k t i o n s m e n g e benötigten I n p u t s von d e n staatlichen B e h ö r d e n zu b e k o m m e n , m u ß er z u d e m die wirkliche P r o duktionseffizienz seines Betriebes verschweigen. Es bestehen sogar Anreize, effizienzsteigernde Innovationen zu initiieren und durchzusetzen, solange diese den Behörden verborgen bleiben. „ I n other words, c o n t r a r y to the conclusions of m o s t a u t h o r s , the Soviet system h a s a built-in incentive for the m a n a g e r to search f o r cost-saving i m p r o v e m e n t s , provided t h a t the m a n a g e r can c h o o s e the rate a t which the effects of these i m p r o v e m e n t s are k n o w n to the State" ( F u r u b o t n , Pejovich, 1974a, S. 215). Eine Ü b e r e r f ü l l u n g des Planes bringt zwar kurzfristig h ö h e r e P r ä m i e n u n d A n e r k e n n u n g , f ü h r t a b e r d a z u , d a ß die P l a n v o r g a b e e r h ö h t wird, d a m a n seitens der staatlichen B e h ö r d e n Rückschlüsse von der P r o d u k t i o n s m e n g e auf die Effizienz zieht ( F u r u b o t n , Pejovich, 1974a). Die Tatsache, d a ß d a s U n t e r n e h m e n s e r g e b n i s o f t nicht im rechten Verhältnis zur Leistung der M a n a g e r steht, s o n d e r n d u r c h u n v o r h e r g e s e h e n e Ereignisse wie Lieferengpässe, politische Veränderungen (die die A r b e i t s m o r a l der Arbeiter beeinflussen) u n d a n d e r e Umwelteinflüsse verzerrt wird, hat nach Ansicht von M o o r e (1974, 1981) die K o n s e q u e n z e n , daß: • die B e w e r t u n g ihrer Leistungen d u r c h ihre Vorgesetzten schwieriger wird • ihre M o t i v a t i o n mit z u n e h m e n d e r Unsicherheit des P r ä m i e n e r h a l t e s sinkt. Beides hat zur Folge, d a ß sie sich den Spielraum f ü r die E r f ü l l u n g a n d e r e r N u t z e n p a r a m e t e r n e h m e n (können). Diese unterscheiden sich wenig von denen ihrer westlichen Kollegen. Eine Ü b e r w a c h u n g ihrer Leistung ist a u f g r u n d des Fehlens eines K a p i t a l m a r k t e s u n d der Komplexität der b ü r o k r a t i s c h e n S t r u k t u r e n extrem schwierig ( M o o r e , 1974, 1981). Beim ehemaligen jugoslawischen Modell der Arbeiterselbstverwaltung ergeben sich ähnliche Schlußfolgerungen. In diesem System entscheidet der M a n a g e r im A u f t r a g der Arbeiter ü b e r die Aufteilung des G e w i n n s a u f einen Investitions- u n d einen E i n k o m m e n s f o n d s . Bei der F o r m u l i e r u n g der Z i e l f u n k t i o n ist zu beachten, d a ß Investitionen erst zu einem späteren Z e i t p u n k t E r t r ä g e erbringen, w ä h r e n d das ausgeschüttete E i n k o m m e n sofort angelegt werden k a n n . A u f g r u n d dieser Tatsache müssen die v o r g e n o m m e n e n Investitionen eine wesentlich h ö h e r e R e n d i t e versprechen als alternative Geldanlagen, insbesondere w e n n m a n b e d e n k t , d a ß die R e c h t e eines A r b e i t e r s auf diese E r t r ä g e mit d e m Ausscheiden a u s der F i r m a erlöschen. D e r M a n a g e r eines selbstverwalteten Betriebes dagegen sieht sich einem inneren Zielkonflikt gegenüber. Auf der einen Seite ist er, ähnlich wie die Arbeiter, an einer M a x i m i e r u n g des laufenden E i n k o m m e n s zu L a s t e n von Investitionen interessiert. A u f der a n d e r e n Seite h ä n g t seine langfristige Karriere a u c h von d e m A u s m a ß ab, in d e m er den Vorstellungen der staatlichen Behörden gerecht wird. F u r u b o t n u n d Pejovich entwickeln auf G r u n d l a g e dieser Ü b e r l e g u n g e n ein Ver-

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m ö g e n s m a x i m i e r u n g s m o d e l l , d e m sie m e h r p r a k t i s c h e Relevanz e i n r ä u m e n als einem E i n k o m m e n s m a x i m i e r u n g s m o d e l l ( F u r u b o t n , Pejovich, 1974b). M o o r e f ü g t hinzu, d a ß die Anreize eines M a n a g e r s zur E r b r i n g u n g seiner M a ximalleistung d a d u r c h eingeschränkt w e r d e n , d a ß der d a d u r c h resultierende M e h r gewinn gleichmäßig auf d a s Kollektiv verteilt wird u n d ihm n u r zu einem kleinen Bruchteil zufällt. Die O p p o r t u n i t ä t s k o s t e n seines Arbeitseinsatzes sind d a d u r c h wesentlich geringer als bspw. bei einem E i g e n t ü m e r - U n t e r n e h m e r , d e m d e r gesamte G e w i n n zufällt. Dies steigert den Anreiz zu diskretionärem Verhalten. Eine Ü b e r w a c h u n g u n d Kontrolle seines Verhaltens d u r c h die Arbeiter wird in diesem System n o c h d a d u r c h besonders erschwert, d a ß es a u f g r u n d unterschiedlicher K o n s u m p r ä f e r e n z e n u n d unterschiedlicher G r a d e a n Risikoaversion auch Zielkonflikte inn e r h a l b des Kollektivs gibt ( M o o r e , 1974). M a n e r k e n n t , d a ß die B e t r a c h t u n g der M a n a g e r d i s k r e t i o n in sozialistischen Systemen zu ähnlichen Ergebnissen f ü h r t wie in kapitalistischen. Die R a h m e n b e d i n gungen sind n u r unterschiedlich, w e n n a u c h v o m C h a r a k t e r her oft ähnlich. So sind bspw. die Arbeiter im jugoslawischen Selbstverwaltungssystem in gewisser Hinsicht vergleichbar mit den K l e i n a k t i o n ä r e n in der m o d e r n e n Publikumsgesellschaft. 2.6.5 Die Lebenszyklustheorie von D. C. Mueller Eine d y n a m i s c h e M a n a g e m e n t t h e o r i e ist die Lebenszyklustheorie v o n D . C . Mueller (Mueller (1969, 1972); G r a b o w s k i , Mueller 1975). Sie verdeutlicht, d a ß die Ziele der Anteilseigner u n d die des M a n a g e m e n t s nicht immer k o n k u r r i e r e n müssen, s o n d e r n d a ß dieses P r o b l e m erst in den fortgeschritteneren P h a s e n des Lebenszyklus eines U n t e r n e h m e n s a u f t a u c h e n k a n n (Marris, Mueller, 1980). Ein typischer Lebenszyklusverlauf eines E i n p r o d u k t u n t e r n e h m e n s k ö n n t e folg e n d e r m a ß e n aussehen: Ein U n t e r n e h m e n bringt eine P r o d u k t i n n o v a t i o n a u f den M a r k t , d e r e n M a r k t f ä h i g k e i t noch recht unsicher ist. D e m e n t s p r e c h e n d h o c h wird der Risikozuschlag auf den M a r k t z i n s sein. In der W a c h s t u m s p h a s e beginnt sich der E r f o l g einzustellen, die G e w i n n e steigen. M a n a g e r und Anteilseigner werden gleichermaßen eine Reinvestition v o n G e w i n n e n u n d A b s c h r e i b u n g e n einer Auss c h ü t t u n g vorziehen, in E r w a r t u n g weiter steigender Gewinne. Die Selbstfinanzier u n g ist z u d e m a u f g r u n d der noch h o h e n F r e m d k a p i t a l z i n s e n u n d der teuren Eigenk a p i t a l f i n a n z i e r u n g der externen F i n a n z i e r u n g vorzuziehen. Im L a u f e der Zeit tritt eine Stabilisierung der G e w i n n e ein (Reifephase). Ein eigentümerorientiertes M a n a g e m e n t w ü r d e in dieser Phase mit der A u s s c h ü t t u n g der G e w i n n e beginnen. In dem M a ß e , in d e m d a s M a r k t p o t e n t i a l der I n n o v a t i o n sinkt, sollten die D i v i d e n d e n z a h l u n g e n steigen. Dieser Prozeß wird d a n n solange fortgesetzt, bis letztlich auch der L i q u i d a t i o n s e r l ö s den Anteilseignern zufließt. F ü r die diversifizierende U n t e r n e h m u n g gilt ein ähnlicher Prozeß. U m den Verlauf des Lebenszyklus zu verlängern wird, ausgehend von der P r o d u k t i n n o v a t i o n , n a c h n e u e n P r o d u k t i d e e n gesucht. D i e A u f n a h m e neuer P r o d u k t e k a n n zunächst zu Skalen- u n d Verbundvorteilen im M a n a g e m e n t b e r e i c h f ü h r e n ( m a n a g e r i a l economies). M i t w a c h s e n d e r U n t e r n e h m e n s g r ö ß e steigt aber die A n z a h l der zu bewältigenden I n f o r m a t i o n e n und der I n f o r m a t i o n s v e r z e r r u n g e n . Eine Dezentralisierung d e r O r g a n i s a t i o n s f o r m wird nötig, die U n t e r n e h m u n g wird in einzelne a u t o n o m e Divisionen aufgeteilt, deren L e i s t u n g s p r o g r a m m e nur noch sehr wenig mit der ursprünglichen P r o d u k t i d e e zu t u n h a b e n , so d a ß ihre L o s l ö s u n g eine

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Kapitel III: F r ü h e Impulse im R a h m e n einer M o d . T h e o r i e d. U n t e r n e h m u n g

logische Folge ist, und sie den Lebenszyklusverlaufeines Einproduktunternehmens annehmen. Mueller hält jedoch die Vorstellung eines wachstumsorientierten Managers f ü r realistischer. Dies f ü h r t zu einer etwas anderen Investitionspolitik im Verlauf des Lebenszyklus. Schaubild 111,2.18 soll diesen Sachverhalt verdeutlichen.

Abb. III, 2.18: I n v e s t i t i o n s v o l u m e n eines w a c h s t u m s o r i e n t i e r t e n M a n a g e r s Quelle: eigene D a r s t e l l u n g

A u f g r u n d von abnehmenden lukrativen Investitionsmöglichkeiten und zunehmenden „managerial diseconomies" wird f ü r die reife U n t e r n e h m u n g eine fallende Grenzertragsrate des Kapitals unterstellt. Ein eigentümerorientiertes M a n a g e m e n t würde Gewinne bis zu dem Punkt reinvestieren, an dem die Rendite des U n t e r nehmens den Kapitalkosten der Anteilseigner, die hier mit dem risikolosen M a r k t zins© angenähert werden, gleicht (A). Ein wachstumsorientiertes M a n a g e m e n t hat eine niedrigere Zeitpräferenz für Gewinne aus dem Unternehmen (m), d a das Wachstum im Vordergrund steht. Es diskontiert weitere Investitionsmöglichkeiten folglich mit einem niedrigeren Kalkulationszins. M a n k a n n auch argumentieren, d a ß weiteres Wachstum ( i — m ) den Vorrang vor Rendite (i) hat. Zur Verfolgung des Wachstumsziels wird somit das Investitionsvolumen O B eingesetzt. Eine Möglichkeit der Expansion ist die Ü b e r n a h m e eines anderen Unternehmens. D a der wachstumsorientierte Manager die zukünftigen Gewinne eines anderen U n t e r n e h m e n s mit einem niedrigeren „wachstumsorientierten" Kalkulationszins diskontiert als der K a p i t a l m a r k t oder ein eigentümerorientierter Manager, eröffnet sich ihm ,,a seemingly boundless set of merger opportunities" (Mueller, 1969, S. 163), da sein subjektiver M a r k t w e r t immer höher ist. Die Differenz zwischen i und m wird im Gegenzug jedoch durch die G e f a h r der Ü b e r n a h m e durch andere U n t e r n e h m e n bei sinkendem Marktwert eingeschränkt. 2.6.6 Die Reduzierung des Unternehmerrisikos als Wachstums- und Diversifikationsmotiv Aus der Merger-Theorie k o m m t ein eigenständiger Erklärungsbeitrag, der die Präferenz des M a n a g e m e n t s für Wachstum durch Diversifikation zu erklären versucht (vgl. A m i h u d , Lev, 1981). Für konglomerate Akquisitionen (Expansion in völlig neue Geschäftsfelder) wird als Begründung insbesondere der Aspekt der Risiko-

2. Die Managertheorien der U n t e r n e h m u n g

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Streuung im R a h m e n der Portfolio-Theorie b e t o n t . Die H i n z u n a h m e von Geschäftsfeldern, deren E r t r a g s e n t w i c k l u n g nicht vollständig positiv mit der des Restu n t e r n e h m e n s korreliert, f ü h r t zu einem Risikoausgleich, der sich in einer Verstetigung der Erträge a u s d r ü c k t . Die S c h w a n k u n g e n der U n t e r n e h m e n s e r g e b n i s s e (Varianz) n e h m e n ab. Als Kritik a n diesem A r g u m e n t wird v o r g e b r a c h t , d a ß diese Politik nicht im Sinne der Anteilseigner ist. Diese k ö n n e n nämlich ihre gewünschte R i s i k o / E r t r a g s - K o m b i n a t i o n d u r c h die Erstellung eines individuellen Wertpapierportefeuilles realisieren (in d e m die Aktien des betreffenden U n t e r n e h m e n s n u r einen kleinen Teil a u s m a c h e n ) , o h n e dabei die o f t m a l s h o h e n A k q u i s i t i o n s p r ä m i e n zahlen zu müssen. So f ü h r t die Suche nach plausiblen E r k l ä r u n g s g r ü n d e n in den Bereich der M a n a g e r t h e o r i e n . Die A r g u m e n t a t i o n l ä u f t d a r a u f hinaus, d a ß M a n a g e r k o n g l o m e r a t e Akquisitionen v o r n e h m e n , um d a s eigene Beschäftigungsrisiko zu reduzieren. Dieses läßt sich nicht so o h n e weiteres diversifizieren wie d a s Portfoliorisiko eines Investors, da H u m a n k a p i t a l nicht beliebig teilbar und auf M ä r k t e n h a n d e l b a r ist. (Vgl. hierzu auch Abschnitt IV, 2.3.3.3 dieses Buches, wo im R a h m e n der Prinzipal-AgentBeziehung von Jensen u n d Meckling ähnlich a r g u m e n t i e r t wird.) Ein M a n a g e r verfügt nicht ü b e r ein Portfolio von Angestellten, sein E i n k o m m e n u n d mithin sein Schicksal h ä n g t maßgeblich v o m A b s c h n e i d e n des U n t e r n e h m e n s ab, f ü r das er arbeitet. E r t r a g s s c h w a n k u n g e n h a b e n viel größere A u s w i r k u n g e n auf sein persönliches P o r t f o l i o (bestehend a u s seinem H u m a n k a p i t a l , Anteilen a n d e m U n t e r n e h m e n und a n d e r e n Anlagen) als auf d a s wohldiversifizierte W e r t p a p i e r p o r tefeuille der Investoren. Die Ü b e r n a h m e a n d e r e r U n t e r n e h m e n stellt die Möglichkeit dar, die Ertragsentwicklung zu stabilisieren bzw. das K o n k u r s r i s i k o (mit allen negativen A u s w i r k u n g e n auf sein z u k ü n f t i g e s E i n k o m m e n ) zu reduzieren. „ T h u s , c o n g l o m e r a t e mergers, while n o t of obvious benefit to investors, m a y benefit managers by reducing their e m p l o y m e n t risk, which is largely undiversifiable in capital o r o t h e r m a r k e t s " ( A m i h u d , Lev, 1981, S.606). A u f die R e d u z i e r u n g des Beschäftigungsrisikos geht a u c h der A n s a t z v o n R ö p k e ( R ö p k e , 1977) ein. M a n a g e r verfügen seiner Ansicht nach ü b e r vier Möglichkeiten, auf eine h o h e U m w e l t k o m p l e x i t ä t ( a u s g e d r ü c k t d u r c h den G r a d der K o m p l e x i t ä t sowie die D y n a m i k , mit der sich U m w e l t f a k t o r e n ä n d e r n ) zu reagieren. 1. Eine Steigerung der E i g e n k o m p l e x i t ä t (eigene Fähigkeiten) u n d m i t h i n der Reaktionsmöglichkeiten des U n t e r n e h m e n s . 2. Eine S e n k u n g der Vielfalt der U m w e l t z u s t ä n d e und somit eine B e s c h r ä n k u n g des Möglichkeitsbereichs d u r c h a) N o r m e n , Regeln, Werte etc., b) A u s s c h a l t u n g der Quellen der Vielfalt, bspw. d u r c h Preis- o d e r Kapazitätsa b s p r a c h e n (kollusives Verhalten), c) A u s s c h a l t u n g der P r o d u z e n t e n der Vielfalt d u r c h alle A r t e n v o n Z u s a m m e n schlüssen (Akquisitionen, Beteiligungen, K o o p e r a t i o n e n etc.). Die reaktive Verbundenheit i n n e r h a l b eines Oligopols f ü h r t zu einer unerwünschten Ungewißheit, die m a n d u r c h die Ü b e r n a h m e von K o n k u r r e n t e n ausschalten k a n n . Es k o m m t sozusagen zu einer „Internalisierung von S t ö r u n g s q u e l l e n " ( R ö p ke, 1977, S.339) bzw. zu einer Eliminierung von R i s i k o o b j e k t e n . D a s Mittel der A k q u i s i t i o n wird d a n n angewendet, wenn die K o n k u r r e n t e n nicht bereit sind, auf die a n d e r e n Mittel der K o m p l e x i t ä t s r e d u k t i o n einzugehen. D a b e i sind besonders solche U n t e r n e h m e n potentielle A k q u i s i t i o n s o b j e k t e , die entweder nicht zur Ko-

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

Operation bereit sind o d e r die P r o d u k t e u n d technische Verfahren entwickeln, welche die auf traditionellen P r o d u k t e n b e r u h e n d e M a r k t p o s i t i o n g e f ä h r d e n . Potentielle Ü b e r n e h m e r dagegen sind eher i n k o m p e t e n t e U n t e r n e h m e n , die a u f diese Weise versuchen, d a s oligopolistische Existenzrisiko o d e r die A u f g a b e n schwierigkeit des M a r k t e s d u r c h eine B e s c h r ä n k u n g des Wettbewerbs a u f ein M a ß zu senken, d a s Ü b e r l e b e n s - u n d E x p a n s i o n s c h a n c e n sichert. D a s Sicherheitsstreben wird v o n R ö p k e nicht n u r in Verbindung mit den M a n a g e r n gebracht, es ist strukturell in O r g a n i s a t i o n e n verankert u n d somit A u s d r u c k psychischer u n d organisatorischer I n k o m p e t e n z einer mißerfolgsmotivierten U n t e r n e h m u n g . Eine B e s c h r ä n k u n g des Wettbewerbs d u r c h externes U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m senkt d e n Herausforderungsgrad an das Management ( R ö p k e hält f ü r d a s M a n a g e m e n t e i n e n mittleren H e r a u s f o r d e r u n g s g r a d f ü r optimal) u n d p a ß t die U m w e l t seinem Fähigkeitsniveau a n . Die Ü b e r n a h m e v o n Rivalen mit überlegener Fähigkeit ist somit die b e d e u t e n d s t e Strategie der I n k o m p e t e n t e n . Es läßt sich zusamm e n f a s s e n d festhalten, d a ß „externes W a c h s t u m . . . tendenziell den W e t t b e w e r b in seiner F u n k t i o n der E n t d e c k u n g u n d A u s w a h l der Fähigsten und Eliminierung der U n f ä h i g e n " beseitigt ( R ö p k e , 1977, S. 381). S o m i t tragen Akquisitionen z u m Sicherheitsstreben der M a n a g e r u n d nicht zur V e r m ö g e n s m a x i m i e r u n g der A n teilseigner bei. Je g r ö ß e r ein U n t e r n e h m e n , desto geringer sind seine internen F ä higkeiten, auf den W e t t b e w e r b reagieren zu k ö n n e n , u n d desto m e h r ist es auf A k q u i s i t i o n e n angewiesen.

2.6.7 Eine mögliche Preispolitik zur Erhaltung des diskretionären Spielraumes Es w u r d e eingangs dargelegt, d a ß der diskretionäre Spielraum eines M a n a g e r s sich a u c h aus der Intensität des Wettbewerbs u n d d e m d a r a u s resultierenden Wettb e w e r b s d r u c k ergibt. Bei v o l l k o m m e n e m W e t t b e w e r b z. B. w ü r d e n U n t e r n e h m e n , die a u f g r u n d v o n alternativen Managerzielen nicht ständig eine gewinnmaximierende Politik verfolgen, langfristig a u s d e m M a r k t g e d r ä n g t werden. Von b e s o n d e r e m Interesse f ü r einen sicherheitsorientierten M a n a g e r ist die Gef a h r des Eintritts neuer K o n k u r r e n t e n in eine oligopolistische Branche, in der die etablierten Oligopolisten d u r c h kollusives Verhalten den W e t t b e w e r b auf ein M a ß reduziert h a b e n , d a s den M a n a g e r n dieser U n t e r n e h m e n einen ausreichend g r o ß e n d i s k r e t i o n ä r e n Spielraum läßt. Die Literatur zur I n d u s t r i e ö k o n o m i k , insb. die g r u n d l e g e n d e A r b e i t von Bain (1956), hat das K o n z e p t des markteintrittverhind e r n d e n Preises entwickelt, der es potentiellen neuen A n b i e t e r n unmöglich m a c h t , die M a r k t e i n t r i t t s b a r r i e r e n dieser Branche zu überwinden, d a die G e w i n n e nicht ausreichen, u m den Eintritt finanzieren zu k ö n n e n . A u s diesem K o n z e p t leitet Qualls (1976) seine H y p o t h e s e über die Preispolitik eines risikoaversen M a n a g e r s ab, der d a r u m b e m ü h t ist, seinen diskretionären Spielraum zu erhalten. Er wird einen im Vergleich zu den S t ü c k k o s t e n sehr niedrigen Preis wählen. Eine eigentümerkontrollierte U n t e r n e h m u n g w ü r d e zwar ebenfalls einen m a r k t e i n t r i t t s v e r h i n d e r n d e n Preis setzen, aber mit dem Ziel der Gew i n n m a x i m i e r u n g . Dieser Preis liegt bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Eintritt neuer K o n k u r r e n t e n über d e m eines m a n a g e r k o n t r o l l i e r t e n U n ternehmens, d a s G e w i n n e opfert, u m das Wettbewerbsrisiko des eigenen M a n a g e m e n t s auszuschalten. A u c h hier gilt, ähnlich wie in A b s c h n i t t 2.6.6, d a ß die Anteilseigner a n d e m betreffenden U n t e r n e h m e n d a s M a r k t e i n t r i t t s r i s i k o neuer A n b i e t e r d u r c h individuelle Portefeuillemischungen diversifizieren k ö n n e n , w ä h -

2. Die Managertheorien der Unternehmung

87

rend ein M a n a g e r in vollem U m f a n g der G e f a h r z u n e h m e n d e n Wettbewerbs, sink e n d e r M a r k t a n t e i l e u n d d e m d a m i t einhergehenden A b b a u des b ü r o k r a t i s c h e n A p p a r a t e s ausgesetzt ist (vgl. a u c h A b s c h n i t t IV, 2.3.3.3 dieses Buches).

2.7 Zusammenfassung der Managertheorien im Überblick I m folgenden soll eine tabellarische Ü b e r s i c h t die wichtigsten A u s s a g e n der M a nagertheorien zusammenfassen. Ausgangspunkt: • T r e n n u n g v o n E i g e n t u m u n d K o n t r o l l e in m o d e r n e n Publikumsgesellschaften und • a b n e h m e n d e r Wettbewerbsdruck d u r c h z u n e h m e n d e wirtschaftliche M a c h t (oligopolistische S t r u k t u r , M a r k t e i n t r i t t s b a r r i e r e n ) e r ö f f n e n M a n a g e r n der U n t e r n e h m e n einen diskretionären Spielraum, den sie unter B e a c h t u n g gewisser Restriktionen f ü r die Verfolgung ihrer persönlichen Ziele nutzen k ö n n e n (vgl. A b b . III, 2.19 auf d e n folgenden Seiten).

2.8 Die empirische Überprüfung der Managerial Discretion Wie soll m a n die empirische Relevanz der M a n a g e r t h e o r i e n ü b e r p r ü f e n ? Die im bisherigen Verlauf dieses Kapitels skizzierten Modelle n e h m e n a u s einer unübers c h a u b a r e n Vielfalt von M o t i v e n der M a n a g e r u n d der zu optimierenden Variablen eine Aggregation auf einige wenige G r ö ß e n vor, die d a n n den M o d e l l a u f b a u bestimmen ( U m s a t z , Bewertungsrate, P e r s o n a l a u s g a b e n etc.). A b e r auch ein Test einzelner G r ö ß e n ist trotz des h o h e n Aggregationsgrades schwer d u r c h f ü h r b a r , da j e d e einzelne G r ö ß e sich i m m e r n u r auf eine begrenzte A n z a h l von Fällen bes c h r ä n k t (mit a n d e r e n Worten, einige U n t e r n e h m e n maximieren eher den U m s a t z , a n d e r e die W a c h s t u m s r a t e etc.). D e m z u f o l g e wird in erster Linie eine Herangehensweise gewählt, die sich auf d a s U n t e r n e h m e n s e r g e b n i s als a b h ä n g i g e Variable beschränkt. A u s g a n g s p u n k t der empirischen Ü b e r p r ü f u n g e n ist die H y p o t h e s e , daß der diskretionäre Spielraum der Manager, den sie für die Verfolgung eigener Interessen nutzen, zu einer Abweichung von einer gewinnmaximierenden Unternehmenspolitik führt. Folglich müßten eigentümerkontrollierte Unternehmen profitabler sein als managerkontrollierte. Als a b h ä n g i g e Variable wird deshalb zumeist die Eigenkapitalrendite gewählt. Als u n a b h ä n g i g e Variable dient in erster Linie eine 0/1-Variable, die angibt, o b eine U n t e r n e h m u n g eigentümer- o d e r m a n a g e r k o n t r o l l i e r t ist. Eine solche Ü b e r p r ü f u n g w u r d e bereits v o n Berle u n d M e a n s (1932) v o r g e n o m m e n . D e r G r a d des Streubesitzes von A k t i e n w a r f ü r sie das U n t e r s c h e i d u n g s k r i t e r i u m : Eine U n t e r n e h m u n g gilt als m a n a g e r k o n t r o l l i e r t , w e n n es keine G r u p p e gibt, die m e h r als 20 % der stimmberechtigten Aktien hält. Die Ergebnisse v o n Berle u n d M e a n s werden z u s a m m e n mit d e n e n der b e k a n n testen U n t e r s u c h u n g , der von L a r n e r (1966), in der A b b . III, 2.20 dargestellt. In beiden Studien w u r d e der nach G r ö ß e n k l a s s e n gestaffelte Anteil m a n a g e r k o n t r o l lierter U n t e r n e h m e n an den 200 g r ö ß t e n I n d u s t r i e u n t e r n e h m e n in den U S A ermittelt. L a r n e r verwendete d a s gleiche U n t e r s c h e i d u n g s k r i t e r i u m wie Berle und Means.

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Kapitel III: Frühe Impulse im Rahmen einer Mod. Theorie d. Unternehmung

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In Abbildung IV, 1.7 liegt der Schnittpunkt der Beherrschungs- und Überwachungskostenkurve von M a r k t und Hierarchie in k. D a m i t erhält m a n folgende Aussage: M ä r k t e sind bei denjenigen Transaktionen überlegen, bei denen k < k ist, Hierarchie ist bei Transaktionen mit k > k vorteilhaft. In der U m g e b u n g von K ist der Vorteil des einen oder des anderen Koordinationsmusters nicht bedeutend, d a der Kostenunterschied zwischen den beiden Beherrschungs- und Überwachsungssystemen gering ist. Mit diesem „Übergangsbereich" k a n n die Entstehung von H y b r i d f o r m e n erklärt werden. Bei Hybridformen

162

Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

Transaktions-

(Spezifität)

Abb. IV, 1.7: Transaktionskostenvergleich Markt versus Hierarchie nach Williamson (1990b, S.23)

wird die geringere Anpassungsfähigkeit der Hierarchie teilweise zugunsten der höheren Anpassungsfähigkeit des Marktes aufgegeben. Dadurch können im Bereich mittlerer Spezifität Kostenvorteile erzielt werden (vgl. Abb. IV, 1.8). Das Koordinationsmuster der Hybridform wird in Abhängigkeit von der Spezifität als X = X (k) bezeichnet. Williamson [1990b, S. 24] argumentiert, daß die Hybridform sowohl im Ordinatenabschnitt als auch in der Steigung zwischen den Kostenkurven von Markt und Hierarchie liegt. Folglich gilt: (1 a) (2a)

M (k) < X (k) < H (k) M (k)' > X (k) ' > H (k)' > 0

wenn k = 0

Damit lassen sich drei Bereiche transaktionseffizienter Organisationsformen unterscheiden (vgl. Abbildung IV, 1.8): Transaktions-

(Spezifität)

Abb. IV, 1.8: Transaktionskosteneffiziente Hybridformen nach Williamson (1990b, S. 24)

1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

163

1. Märkte: k < Iq; 2. Hybridformen: Iq < k < K2; 3. Hierarchie: k > Ic2. 1.3.5 Vertikale Integration 1.3.5.1 Vertikale Integration aus transaktionsökonomischer Sicht Auf einen einfachen Nenner gebracht besagt der Transaktionskostenansatz, daß Transaktionen mit spezifischen Investitionen kostengünstig in Hierarchien zu organisieren und unspezifische Investitionen über Marktbeziehungen abzuwickeln sind. Damit ist ein wichtiges Element zur Erklärung der Entstehung von Unternehmen gegeben. Was aber bestimmt die optimale Unternehmensgröße! Sind spezifische Investitionen kostengünstig in einem Großunternehmen, einer kleinen Gruppe von mittleren Unternehmen, einer großen Gruppe von Kleinunternehmen oder einem Konglomerat, bestehend aus Unternehmen unterschiedlicher Größe zu organisieren?

Abb. IV, 1.9: Vertikale, horizontale und konglomerate Integration Quelle: eigene Zusammenstellung

164

Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

Spezifische Investitionen, z. B. in S t a n d o r t - , Sach- u n d H u m a n k a p i t a l , definieren einen strategischen K e r n des U n t e r n e h m e n s . U m diesen K e r n k ö n n e n d u r c h horizontale, vertikale u n d k o n g l o m e r a t e I n t e g r a t i o n zusätzliche T r a n s a k t i o n e n internalisiert, d . h . u n t e r n e h m e n s i n t e r n abgewickelt werden (siehe A b b i l d u n g IV, 1.9). Bei der h o r i z o n t a l e n Integration werden G ü t e r der gleichen P r o d u k t i o n s stufe p r o d u z i e r t . Es h a n d e l t sich also u m eine A u s w e i t u n g auf d e n bisherigen M ä r k ten. D i e vertikale I n t e g r a t i o n erfolgt bei A u s l a g e r u n g auf vorgelagerte (Vorwärtsintegration) o d e r nachgelagerte ( R ü c k w ä r t s i n t e g r a t i o n ) P r o d u k t i o n s s t u f e n . Bei der Vorwärtsintegration w e r d e n E n d p r o d u k t e hergestellt oder eigenständig vertrieben. D a b e i werden nachgelagerte P r o d u k t i o n s s t u f e n u n d Distributionsbereiche internalisiert. Bei der Rückwärtsintegration wird die Herstellung v o n V o r p r o d u k t e n u n d R o h s t o f f e n , d . h . die Lieferantenbeziehung internalisiert. Die konglomerate Integration ist eine A u s w e i t u n g auf bisher nicht v e r w a n d t e M ä r k t e u n d P r o d u k t linien. D u r c h die verschiedenen I n t e g r a t i o n s f o r m e n werden zusätzliche Aktivitäten internalisiert u n d d a m i t die Unternehmensgrenzen ausgedehnt. M i t w a c h s e n d e r U n t e r n e h m e n s g r ö ß e k ö n n e n in der P r o d u k t i o n Skalen- u n d Verbundeffekte u n d im R i s i k o m a n a g e m e n t Diversifikationsvorteile genutzt werden. Diesen A u s d e h n u n g s vorteilen stehen j e d o c h interne K o o r d i n a t i o n s k o s t e n entgegen. Die d u r c h Skaleneffekte u n d Verbundeffekte oder Diversifikation erzielbaren Vorteile werden mit steigendem W a c h s t u m des U n t e r n e h m e n s z u n e h m e n d d u r c h die u n t e r n e h m e n s internen Kosten der K o m m u n i k a t i o n , K o o r d i n a t i o n u n d E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g k o m p e n s i e r t ( K a y [1983], P e t e r s / W a t e r m a n [1983], Teece [1983]). In einer M a r g i n a l b e t r a c h t u n g sind die effizienten G r e n z e n eines U n t e r n e h m e n s d o r t erreicht, wo die m a r g i n a l e n Kosten einer zusätzlichen internen Leistungserstellung gleich d e m d a d u r c h erzielten m a r g i n a l e n N u t z e n sind. D a s U n t e r n e h m e n h a t im wesentlichen zwei P a r a m e t e r , um seine effiziente U n ternehmensgrenze zu beeinflussen: Erstens die S e n k u n g der internen T r a n s a k t i o n s kosten d u r c h Verbesserung der internen O r g a n i s a t i o n s s t r u k t u r und zweitens die Integration zusätzlicher T r a n s a k t i o n e n . Die O r g a n i s a t i o n s s t r u k t u r wird hier nicht behandelt. Z u r Diskussion der funktionalen (U-Form) u n d divisionalen (M-Form) O r g a n i s a t i o n s f o r m u n d der d a r a u s abgeleiteten M - F o r m H y p o t h e s e vgl. A b s c h n i t t IV, 3.3.1.1. D i e folgenden Überlegungen konzentrieren sich a u f die vertikale Integration a u s t r a n s a k t i o n s ö k o n o m i s c h e r Sicht. Die vertikale I n t e g r a t i o n k a n n mit verschiedenen F a k t o r e n b e g r ü n d e t werden. Weitverbreitet ist die Vorstellung, d a ß f ü r die vertikale I n t e g r a t i o n Skalen- u n d Verbundeffekte, d . h . unterschiedliche P r o d u k t i o n s t e c h n o l o g i e n ausschlaggebend sind. So wird a r g u m e n t i e r t , d a ß die R ü c k w ä r t s i n t e g r a t i o n in die Eisengewinnung bei der Stahlerzeugung Energieeinsparungen ermöglicht. Diese Vorstellung b e r u h t j e d o c h auf d e r A n n a h m e u n t r e n n b a r e r Technologien, wie sie in A b s c h n i t t 1.2.3 am Beispiel der T e a m p r o d u k t i o n diskutiert w o r d e n sind. Bei u n t r e n n b a r e n Prod u k t i o n s p r o z e s s e n k ö n n e n die Skalen- u n d Verbundeffekte n u r bei einer vollständigen I n t e g r a t i o n realisiert werden. Bei einem Aufsplitten der P r o d u k t i o n s p r o z e s s e steigen die P r o d u k t i o n s k o s t e n stark a n u n d im Extremfall wird eine P r o d u k t i o n unmöglich. A l c h i a n / D e m s e t z [1972] veranschaulichen diesen Extremfall a m bereits e r w ä h n t e n Beispiel zweier Arbeiter, die ein schweres G u t n u r z u s a m m e n , aber nicht einzeln verladen k ö n n e n . Es m u ß j e d o c h kritisch g e f r a g t werden, o b die technische Untrennbarkeit die Regel u n d nicht die A u s n a h m e ist. Tatsächlich sind, wie inzwischen auch A l c h i a n [1984] a n e r k e n n t , viele P r o d u k t i o n s p h a s e n technisch

1. M a r k t versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

165

trennbar. Damit stellt sich die Frage, wie die vertikale Integration auch bei trennbaren Produktionstechnologien erklärt werden k a n n . Aus Sicht des Transaktionskostenansatzes ist die Einsparung von Transaktionskosten das H a u p t a r g u m e n t f ü r die Erklärung der vertikalen Integration. Dies bedeutet, d a ß die vertikale Integration nicht als eine Folge der eingesetzten Technologie oder der Transportkosten, sondern als Ergebnis einer Wahl zwischen M a r k t und Hierarchien zu verstehen ist. Es liegt eine - im angelsächsischen als makeor-buy bezeichnete - Entscheidung zwischen Fremdbezug ( M a r k t ) und Eigenerstellung (Hierarchie) vor. Williamson [1990a, S. 99] betrachtet den Fall zweier getrennter Produktionsprozesse. In der ersten Produktion (Produktionsstufe I) werden Vorprodukte für den zweiten Produktionsprozeß (Produktionsstufe II) hergestellt. Ein Unternehmen auf Produktionsstufe II steht vor folgender make-or-buy Entscheidung: Es k a n n sich einen qualifizierten Zulieferer suchen oder rückwärts integrieren und die Vorprodukte selber erstellen. Williamson versucht die vertikale Integration unabhängig von den Produktionskosten zu erklären und unterstellt deshalb, d a ß in beiden Fällen eine identische Produktionstechnologie zum Einsatz k o m m t . Ferner werden Verzerrungen durch Steuern und regulierungsinduzierte Kosten ausgeschlossen. In der Realität haben diese Kostenarten einen Einfluß auf die Organisation von Unternehmen. Dennoch ist die A n n a h m e sinnvoll, um die vertikale Integration auf ökonomische und nicht politische Entscheidungen zu konzentrieren. Beide A n n a h m e n sind eine Vereinfachung, die ohne Änderung der grundlegenden Ergebnisse aufgehoben werden kann. Anders verhält es sich bei den Transportkosten. D a s U n t e r n e h m e n der Produktionsstufe II k a n n die Transportkosten in seiner Entscheidung zwischen Eigenerstellung oder Fremdbezug berücksichtigen. Der Lieferant des Vorproduktes kann aber die gleiche Entfernung zur Produktionsstufe II wählen wie das U n t e r n e h m e n bei Selbsterstellung. Die Einsparung von Transport- bzw. Lagerkosten ist somit eine F r a g e des Standorts und nicht der gewählten Organisationsform. Der Transaktionskostenansatz stellt die These a u f , d a ß die Spezifität der Investition der H a u p t f a k t o r zur Erklärung der vertikalen Integration ist. Erfordern beispielsweise die Produktionsstufen I und II ausschließlich unspezifische Mehrzweckinvestitionen, dann können problemlos Standort und Einsatz der Produktion geändert werden. Unter dieser Bedingung sind K ä u f e r und Lieferant nicht voneinander abhängig, da sie jederzeit andere Lieferanten bzw. K ä u f e r wählen können. Anders ist dieses bei spezifischen Investitionen. Hier entsteht durch die Festlegung der Investition für einen bestimmten Zweck eine Abhängigkeit, die von der anderen Seite nach Vertragsabschluß zu opportunistischen Verhaltensweisen ausgenutzt werden kann. Welche Auswirkungen ergeben sich hieraus für die vertikale Integration? Die Transaktionskosten sind eine F u n k t i o n der Koordinationsform und der kostenrelevanten Dimensionen der Transaktion, insbesondere der Spezifität der Investition (vgl. Abb. IV, 1.10). Die setup-Kosten des Marktes sind deutlich geringer als die eines Unternehmens. Die Kurve AG gibt die Transaktionsvorteile des Marktes gegenüber dem U n t e r n e h m e n durch den Ordinatenabschnitt wieder. Die negative Steigung der Kurve AG beschreibt den fallenden Transaktionskostenvorteil des Marktes bei zunehmender Spezifität der Investition (k). In P u n k t k ist der Kostenvorteil des Marktbezugs vollständig kompensiert. Bei ausschließlicher Betrachtung der Transaktionskosten ist demzufolge bei allen Investitionen mit erheblicher Spezifität (k < k) die vertikale Integration sinnvoll. Umgekehrt ist der

166

Kapitel IV: Neue Ansätze einer M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g

Marktbezug bei geringer Spezifität (k < k) der Leistungserstellung im Unternehmen überlegen. Bisher wurde die Produktionstechnologie als unbedeutend angenommen und die Entscheidung zwischen Markt und Unternehmen ausschließlich von Transaktionskosten abhängig gemacht. Offensichtlich ist dies eine sehr vereinfachende Annahme, die jetzt in einer erweiterten Betrachtung fallengelassen wird. Der Marktbezug weist gegenüber der internen Leistungserstellung einen Produktionskostenvorteil auf, wenn durch die Bedienung verschiedener Nachfrager, z. B. der Produktionsstufe II, Skalen- und Verbundeffekte realisiert werden. Aber warum nutzt ein Unternehmen der Produktionsstufe II die bei der Produktion des Vorproduktes mögliche Größendegression nicht selber? Bei der Beantwortung dieser Frage müssen zwei Fälle unterschieden werden. Im ersten Fall kann ein Unternehmen, das für den Eigenbedarf produziert, Kostenvorteile voll realisieren. Unter dieser Bedingung bietet der Marktbezug keine Produktionskostenvorteile. Die make-or-buy Entscheidung ist hier ausschließlich durch die Höhe der Transaktionskosten bestimmt (vgl. AG in Abbildung IV, 1.10). Im zweiten Fall kann das Unternehmen für den Eigenbedarf die Kostenvorteile nicht ausschöpfen. Das Unternehmen muß dann die Produktion ausdehnen, um die Kostenvorteile nutzen zu können. Die über den Eigenbedarf hinausgehende Produktion ist dann aber an Mitbewerber und sonstige Interessenten zu verkaufen. Die damit verbundenen Abhängigkeiten werden Mitbewerber dazu veranlassen, entweder über den Markt von einem Unternehmen der Produktionsstufe I das Vorprodukt zu erwerben oder es unter Inkaufnahme erhöhter Produktionskosten selber zu erstellen. D.h., nur im zweiten Fall weist der Marktbezug gegenüber der internen Erstellung einen Produktionskostenvorteil auf und Produktions- und Transaktionskosten müssen zusammen betrachtet werden. Die Kurve AC in Abbildung IV, 1.10 beschreibt mit einem hohen Absolutbetrag und stets positiven Werten den Produktionskostenvorteil des Marktbezugs gegenüber der internen Leistungserstellung. Bei zunehmender Spezifität der notwendigen Kostenvorteile des Marktes

k (Spezifität der Aktiva)

Abb. IV, 1.10: Marktbezug und interne Leistungserstellung nach Williamson (1990a, S.93) AC Produktionskostenvorteile des Marktes gegenüber der U n t e r n e h m u n g (Fremdbezug vs. Eigenfertigung) AC Koordinationskostenvorteile des M a r k t e s gegenüber der U n t e r n e h m u n g ( M a r k t vs. Hierarchie) k G r a d der Spezifität der Aktiva (von 0 bis 1)

1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

167

Investition n i m m t der P r o d u k t i o n s k o s t e n v o r t e i l des M a r k t b e z u g s a b , d a die P r o d u k t e weniger standardisiert sind u n d d a m i t der M a r k t kleiner wird. Dies erklärt den fallenden Verlauf der K u r v e . Im Extremfall v o l l k o m m e n spezifischer Investitionen (k = 1) findet der P r o d u z e n t des V o r p r o d u k t e s nur noch einen Besteller. Lieferant u n d A b n e h m e r werden die gleiche E i n z w e c k - P r o d u k t i o n s t e c h n o l o g i e einsetzen u n d d a m i t die gleichen P r o d u k t i o n s k o s t e n erzielen. Zwischen M a r k t b e zug u n d Eigenfertigung besteht d e s h a l b bei v o l l k o m m e n spezifischen Investitionen kein nennenswerter P r o d u k t i o n s k o s t e n u n t e r s c h i e d . Die K u r v e AC n ä h e r t sich asymptotisch der Abszisse an (geht gegen Null). O h n e die Berücksichtigung v o n T r a n s a k t i o n s k o s t e n w ü r d e die m a k e - o r - b u y Entscheidung - abgesehen von d e m Extremfall v o l l k o m m e n spezifischer Investitionen - stets z u g u n s t e n des M a r k t e s ausfallen. Betrachtet m a n ausschließlich T r a n s a k tionskosten, d a n n ist beim P u n k t k der Wechsel v o m M a r k t b e z u g zur internen Leistungserstellung sinnvoll. D a s U n t e r n e h m e n m u ß j e d o c h P r o d u k t i o n s - u n d Transaktionskostenvorteile z u s a m m e n betrachten. Bei einer A d d i t i o n der beiden K o s t e n e i n s p a r u n g s k u r v e n in K u r v e AC + A G verschiebt sich dieser P u n k t nach rechts zu k . Welche Schlußfolgerungen k ö n n e n aus diesem Ergebnis abgeleitet werden? 1) D e r M a r k t b e z u g hat unter Berücksichtigung v o n Skalenerträgen u n d Transa k t i o n s k o s t e n d o r t Vorteile, wo die f ü r die P r o d u k t i o n o p t i m a l e Spezifität der Investition gering ist (k < k ) . 2) Die interne Leistungserstellung ist d o r t vorteilhaft, wo die optimale Spezifität der Investition erheblich ist (k < k). 3) D a s U n t e r n e h m e n ist p r o d u k t i o n s k o s t e n m ä ß i g d e m M a r k t unterlegen. Eine vertikale Integration ist deshalb nicht alleine a u s P r o d u k t i o n s k o s t e n g r ü n d e n sinnvoll, s o n d e r n setzt eine h o h e Vertragsproblematik voraus, die ein hierarchisches K o o r d i n a t i o n s m u s t e r e r f o r d e r t . 4) Bei Investitionen mit mittlerer Spezifität (k) ist die jeweilige Kostendifferenz gering. H i e r a u s ergeben sich zwei K o n s e q u e n z e n : Erstens ist die m a k e - o r - b u y E n t s c h e i d u n g wegen der geringen K o s t e n u n t e r s c h i e d e nicht d u r c h die Transaktionskosten, sondern andere Faktoren, z.B. Unternehmensphilosophie, geprägt. Es werden deshalb einige U n t e r n e h m e n den M a r k t b e z u g wählen, w ä h rend sich a n d e r e f ü r die interne Leistungserstellung entscheiden. Zweitens entstehen H y b r i d f o r m e n , die die geringere A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t der Hierarchie teilweise z u g u n s t e n der höheren A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t des M a r k t e s a u f h e b e n (vgl. A b s c h n i t t 1.3.4.3). D e m U n t e r n e h m e n steht somit eine K o n t i n u u m von Internalisierungsformen zur Verfügung, d a s d u r c h die E x t r e m f o r m e n reiner M a r k t b e z u g u n d vollständige Internalisierung begrenzt ist (vgl. Schenk [1992, S. 166]). 1.3.5.2 Anwendungsgebiet Multinationale Unternehmen Eine genaue Definition des M u l t i n a t i o n a l e n U n t e r n e h m e n s h a t sich bisher nicht durchgesetzt. Allgemein k a n n d a s M u l t i n a t i o n a l e U n t e r n e h m e n als ein V e r b u n d von U n t e r n e h m e n mit einheitlicher Leitung charakterisiert werden, d a s einen bed e u t e n d e n Teil seines U m s a t z e s und seiner Investitionen auf m e h r e r e Staaten verteilt h a t (vgl. Woll [1992, 492]). M u l t i n a t i o n a l e U n t e r n e h m e n sind ein b e d e u t e n d e r F a k t o r in d e n i n t e r n a t i o n a len Wirtschaftsbeziehungen. Zwischen einem Drittel u n d einem Viertel des Welt-

168

Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

handels wird nicht über die internationalen M ä r k t e abgewickelt, sondern erfolgt zwischen den Einheiten internationaler Unternehmensgruppen (ausführliche D a r stellung bei Stein [1992, S. 18-35] und Schoppe [1994, S.44]). Was veranlaßt Unternehmen, eigenständig im Ausland zu produzieren und abzusetzen, in einem Umfeld, mit dem sie nicht vertraut sind? W a r u m wird das Auslandsengagement nicht auf Exporte beschränkt, sondern eine weitergehende Kontrolle angestrebt? Die Theorie der Multinationalen U n t e r n e h m u n g steuerte einige bedeutende Weiterentwicklungen bzw. Anwendungen der Internalisierungstheorie bei (für eine ausführliche Übersicht über die einzelnen Theorien siehe Stein [1994]). Bei der Darstellung der Multinationalen U n t e r n e h m u n g wird im Wesentlichen zwischen zwei Modellen unterschieden: • die horizontal integrierte Unternehmung, die in mehreren Ländern auf der gleichen Produktionsstufe produziert (insbesondere in technologieintensiven Branchen der verarbeitenden Industrie) • die vertikal integrierte Unternehmung, die im Ausland auf vor- bzw. nachgelagerten Produktionsstufen tätig ist (insbesondere Rohstoffgewinnung). Die allgemeine Aussage der Internalisierungsansätze lautet: Multinationale U n ternehmen entstehen und/oder wachsen, weil es aufgrund von M a r k t u n v o l l k o m menheiten effizienter ist, bestimmte internationale Transaktionen unternehmensintern anstatt über M ä r k t e abzuwickeln. Grenzüberschreitende Transaktionen (also Exporte, Lizenzgeschäfte etc.) sind den Unvollkommenheiten des internationalen Marktverkehrs ausgesetzt. Diese führen zu Transaktionsschwierigkeiten, die entweder ein Marktversagen (also d a s Scheitern von Transaktionen) oder die Hinn a h m e hoher Transaktionskosten bewirken. Dies hat zur Folge, d a ß einer G r u p p e von weltweiten Anbietern innerhalb einer Branche Gewinne entgehen oder diese durch Transaktionskosten geschmälert werden. Erlangt nun ein U n t e r n e h m e n durch die Ü b e r n a h m e der aktuellen oder potentiellen Transaktionspartner bzw. durch den A u f b a u eigener Auslandsgesellschaften eine zentrale Kontrollmöglichkeit über die Aktivitäten, so läßt sich ein Großteil der Transaktionskosten einsparen. Im folgenden sollen einige wichtige Argumente f ü r horizontale u n d vertikale Direktinvestitionen aus der Literatur skizziert werden. Gründe für die horizontale Integration • Allgemeine

Unvollkommenheiten

auf dem Markt für

Informationen

Die Marktunvollkommenheiten, die beim Handel mit dem G u t K n o w H o w entstehen, gehören zu den zentralen Argumenten innerhalb der Internalisierungstheorie. Stellvertretend soll hier eine Aussage von Teece [1981, S. 7] angeführt werden: „Perhaps the most important efficiency property of the multinational firm is that it is an organizational mode capable of transferring this knowledge a n d skill a b r o a d in a relatively efficient fashion." Die einschlägige Literatur identifiziert die folgenden allgemeinen Marktunvollkommenheiten beim Austausch kommerziell nutzbaren Wissens (insbesondere über Lizenzverträge): 1. D a s Kodifizierungsproblem: K n o w - h o w läßt sich nicht immer auf schriftlichem Wege übertragen, da es oft in F o r m von H u m a n k a p i t a l an die Mitarbeiter des U n t e r n e h m e n s gebunden ist. D a s heißt, der Transfer von Personen, o f t eines ganzen Teams, ist in diesem Fall unabdingbar. Zudem reicht in diesen Fällen

1. M a r k t versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

169

ein einmaliger Vertrag, der auf den E i n f ü h r u n g s z e i t r a u m begrenzt ist, nicht aus. Technologietransfer ist oft n u r ü b e r eine enge, langfristige K o o p e r a t i o n möglich. Ein Beispiel f ü r einen Bereich, in d e m eine enge Z u s a m m e n a r b e i t bes o n d e r s sinnvoll ist, stellen Industrien d a r , die h o h e E r f a h r u n g s g e w i n n e verzeichnen. 2. D a s E n t h ü l l u n g s p r o b l e m : Z u Schwierigkeiten bei der Preisbildung k a n n es k o m m e n , weil der potentielle K ä u f e r den Wert des K n o w - h o w schwer einschätzen k a n n , bevor er es nicht selber kommerziell eingesetzt hat. In diesem Z u s a m m e n h a n g t a u c h t d a s I n f o r m a t i o n s p a r a d o x o n auf: U m den Wert des Wissens besser einschätzen zu k ö n n e n , benötigt der potentielle K ä u f e r zusätzliche Inf o r m a t i o n e n . Sobald er diese j e d o c h b e k o m m t , hat er d a s Wissen k o s t e n l o s erworben. 3. D a s B e w e r t u n g s p r o b l e m : Dieses bezieht sich j e d o c h nicht n u r auf d a s reine Wissen. Zu Uneinigkeiten k a n n es bei der Einschätzung des Beitrages des Lizenzgebers z u m E r f o l g des Einsatzes dieses lizenzierten Wissens d u r c h d e n Liz e n z n e h m e r k o m m e n . Z u d e m m u ß der Lizenzvertrag a u f g r u n d der Schwierigkeiten einer E r f o l g s p r o g n o s e sowohl d a s Risiko des Lizenznehmers a b d e c k e n , einen zu h o h e n Preis bezahlt, als a u c h d a s des Lizenzgebers, einen zu niedrigen Preis verlangt zu h a b e n . Die Schwierigkeiten einer vertraglichen Festlegung ergeben sich dabei a u s der Tatsache, d a ß der M a r k t e r f o l g sowohl von der vermittelten Technologie als auch von den Fähigkeiten des Lizenznehmers a b h ä n g t . Diese P r o b l e m e f ü h r e n dazu, d a ß es beim grenzüberschreitenden A u s t a u s c h v o n Wissen zu Schwierigkeiten bei der Preisbildung bzw. bei den Vertragsabschlüssen k o m m t , w a s h o h e ex a n t e u n d ex post T r a n s a k t i o n s k o s t e n verursacht, o d e r d a ß gar kein M a r k t p r e i s vereinbart werden k a n n . Folglich verbleibt d e m U n t e r n e h m e n n u r der Weg der Direktinvestition ins A u s l a n d u n d somit der eigenständigen Verw e r t u n g des K n o w - h o w , u m die h o h e n T r a n s a k t i o n s k o s t e n bzw. u n ü b e r w i n d b a r e n Transaktionsschwierigkeiten zu umgehen (Teece [1981/1983], Buckley/Casson [1976], H e n n a r t [1982]). •

Weitere

Argumente

Eine alternative A r g u m e n t a t i o n läuft d a r a u f hinaus, d a ß mit d e m Verkauf v o n K n o w - h o w h o h e Kosten f ü r die Definition, beim A u s t a u s c h , bei der Ü b e r w a c h u n g u n d bei d e r D u r c h s e t z u n g von E i g e n t u m s r e c h t e n entstehen ( M c M a n u s [1972]). So k a n n ein Lizenznehmer das K n o w - h o w a n d e r s einsetzen als dies vom Lizenzgeber gewünscht wird. Er k a n n diesen in seinem eigenen M a r k t angreifen o d e r seinen R u f d u r c h Qualitätsabstriche schädigen. Letzteres ist insbesondere d a n n der Fall, wenn G o o d w i l l v e r m a r k t e t wird ( M a r k e n n a m e n , F r a n c h i s e - Verträge). Z u d e m ist in L ä n d e r n mit m a n g e l n d e m P a t e n t s c h u t z K n o w - h o w der G e f a h r der A u s b e u t u n g d u r c h I m i t a t o r e n ausgeliefert ( H e n n a r t [1982]). Wissen hat d e n C h a r a k t e r eines öffentlichen G u t e s , d . h . keiner k a n n physisch von seinem K o n s u m ausgeschlossen werden ( J o h n s o n [1970]). Von d a h e r ist eine Direktinvestition o f t die einzige Alternative, u m sich die vollen E r t r ä g e aus den h o h e n Investitionen, die U n t e r n e h m e n in die G e n e r i e r u n g kommerziell n u t z b a r e n K n o w - h o w s leisten, aneignen zu k ö n n e n ( M a g e e [1977 a, b]). Gründe für die vertikale Integration • Eines der b e k a n n t e s t e n A r g u m e n t e ist d a s Fehlen von Zukunftsmärkten f ü r Zwis c h e n p r o d u k t e , in denen bereits z u m jetzigen Z e i t p u n k t ein Preis fixiert w e r d e n k a n n . D a d u r c h entsteht d e m p r o d u z i e r e n d e n U n t e r n e h m e n ein h o h e s Risiko,

170

Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

das insbesondere bei verderblichen (z. B. landwirtschaftlichen Produkten), kapitalintensiven und zeitintensiven (z. B. Generierung von Know-how) Produkten der Fall ist. Durch Direktinvestitionen schafft das Unternehmen seine eigenen Zukunftsmärkte und kann so die Produktionsprozesse besser koordinieren (Buckley/Casson [1976]). • Ferner kann eine Qualitätskontrolle zwischen mehreren Produktionsstufen zu niedrigen Transaktionskosten erfolgen, wenn diese innerhalb des gleichen Unternehmens erfolgt. Dieses Argument ist insbesondere in Branchen von Bedeutung, in denen ein hoher Qualitätswettbewerb herrscht (Casson [1985], Dunning [1988]). • Schließlich ist eine Vorwärtsintegration in den Branchen von Bedeutung, bei denen der Erfolg einer Produktdifferenzierung maßgeblich von den Leistungen auf der Handelsstufe abhängt (Gebrauchsgüter) und nicht in erster Linie über das Produkt selbst oder über den Markennamen läuft (Verbrauchsgüter). In diesem Fall kann die Koordination über Verträge zu prohibitiv hohen Transaktionskosten führen (Hennart [1982]).

1.3.6 Finanzierungsformen 1.3.6.1 Finanzierungsformen aus transaktionsökonomischer Sicht Der Transaktionskostenansatz hat sich bislang überwiegend mit „realen" Transaktionen befaßt. Ein Schwerpunkt ist die im vorangegangenen Abschnitt dargestellte Analyse der vertikalen Integration bei Industrieunternehmen. Eine Anwendung auf Finanzdienstleistungen steckt hingegen noch in den Kinderschuhen (vgl. Williamson[1988], Schmidt[1981], Zimmer [1993], Münchow[1993]). Imfolgenden wird die Analyse von Finanztransaktionen, kulminierend im Beispiel der Bank dargestellt. Was zeichnet eine Bank im Gegensatz zu anderen Unternehmen aus? Die Bank vergibt an eine große Zahl von Letztanlegern Kredite und finanziert sich bei einer großen Zahl von Einlegern über hochliquide Einlagen. Dadurch wird die Kreditfinanzierung in dem hierarchischen Koordinationsmuster der Bank internalisiert. Mit dieser Vertragsstruktur bietet die Bank eine Form der indirekten Fremdkapitalfinanzierung an, die im Wettbewerb mit der direkten Fremdkapitalfinanzierung zwischen Letztanleger und Kreditnehmer steht. Damit liegt auch für die Organisation von Finanztransaktionen eine Markt- versus Hierarchie- Entscheidung vor. Aus der Perspektive des Transaktionskostenansatzes ist deshalb zu prüfen, ob die typische Vertragsstruktur der Bank als transaktionseffiziente Finanzierungsform zu interpretieren ist, mit der Transaktionskosten eingespart werden können. Hierzu ist eine Analyse unvollkommener Vertragsbeziehungen erforderlich, die den Zeitraum nach Abschluß des Vertrags und damit die Überwachungs- und Durchsetzungskosten (ex post Transaktionskosten) in den Vordergrund rückt. Auf niedrigem Aggregationsniveau beginnend werden die Finanztransaktion, und darauf aufbauend als Finanzinstitution höherer Komplexität die Bank, untersucht (bottom-up Vorgehensweise). Analog zu den Koordinationsmustern Wettbewerb und Hierarchie unterscheidet Williamson [1988] bei Finanzbeziehungen zwischen Eigenkapitalfinanzierung („Equity") und Fremdkapitalfinanzierung („Debt").

1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

171

Die Fremdkapitalfinanzierung weist die für einen Kreditvertrag charakteristische ergebnisunabhängige Teilungsregel auf. Der Kapitalgeber ist bei vertragsgemäßem Verhalten des Kapitalnehmers mit begrenzten Verfügungs- und Kontrollrechten ausgestattet und erhält nur bei Nichterfüllung, z.B. im Konkursfall, erweiterte Verfügungs- und Eigentumsrechte über das investierte Kapital. Die Errichtungskosten (setup-costs) sind gering, da die Fremdkapitalfinanzierung keine aufwendigen Beherrschungs- und Kontrollmechanismen erfordert bzw. bei Nichterfüllung das allgemeine Mahn-, Vollstreckungs-, Konkurs- und Insolvenzrecht genutzt wird. Durch den Rückgriff auf die öffentliche Gerichtsbarkeit können Skaleneffekte eines zentralen Rechtssystems genutzt werden. Die Eigenkapitalfinanzierung enthält im Gegensatz hierzu eine ergebnisabhängige Teilungsregel. Der Kapitalgeber verfügt über weitreichende Kompetenzen, wie z. B. Informations- und Mitwirkungsrechte, durch die er einen diskretionären Einfluß auf das Investitionsprojekt ausüben kann. Hierzu sind spezielle Beherrschungs- und Kontrollmechanismen erforderlich, da die Rückgriffsmöglichkeiten auf externe Durchsetzungsmechanismen, z.B. Gesellschaftsrecht, begrenzt sind. Die setup-costs sind deshalb höher als bei der Fremdkapitalfinanzierung. Williamson begründet die transaktionseffiziente Zuordnung von Transaktionen mit der Spezifität der zu finanzierenden Sachinvestition. Bei hoch (niedrig) spezifischen Investitionen sinkt (steigt) der Wert der Konkursregel, nimmt folglich die Wirksamkeit externer Kontroll- und Durchsetzungsmechanismen ab (zu) und gleichzeitig der Spielraum für opportunistisches Verhalten des Kapitalnehmers zu (ab), so d a ß der Kapitalgeber zum Schutz seiner Investition umfangreiche (geringe) Verfügungs- und Eigentumsrechte benötigt. Vor Vertragsabschluß weist die Fremdkapitalfinanzierung Kostenvorteile auf. Unabhängig von dem Grad der Spezifität der Sachinvestition (k), der Werte zwischen 0 (vollkommen unspezifisch) und 1 (vollkommen spezifisch) annehmen kann, sind die aufzuwendenden Transaktionskosten (setup-costs) der Eigenkapitalfinanzierung ( T K e k ) höher als bei der Fremdkapitalfinanzierung (TK F K ). (1)

T K f k (k) < T K f k (k)

wenn k = 0

Nach Vertragsabschluß ist dieser Vorteil der Fremdkapitalfinanzierung nicht mehr in jedem Fall gegeben. In Abhängigkeit von der Spezifität der finanzierten Sachinvestition bieten Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung unterschiedliche Möglichkeiten, sich vor opportunistischem Verhalten des Vertragspartners zu schützen. Während bei der Eigenkapitalfinanzierung mittels umfangreicher Kontroll-, Informations- und Mitspracherechte Ansprüche auch bei spezifischen Investitionen durchgesetzt werden können, gelingt dies bei der Fremdkapitalfinanzierung nur noch begrenzt. Die Kosten der Fremdkapitalfinanzierung steigen deshalb bei zunehmender Spezifität der Sachinvestition stärker an als bei der Eigenkapitalfinanzierung. F ü r die Grenzkostenbetrachtung gilt: (2)

T K f k (k)' > T K e k (k)' > 0

Der Schnittpunkt der Kostenkurven T K e k und TKF1C definiert einen kritischen G r a d der Spezifität (K). Unter diesem Wert ist die Fremdkapitalfinanzierung und darüber die Eigenkapitalfinanzierung transaktionseffizient (vgl. Abbildung IV, 1.11).

172

Kapitel IV: Neue Ansätze einer M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g

Transaktionskosten

TKFK(k)

Fremdkapitalfinanzierung

Eigenkapitalfinanzierung

0

k

k (Spezifität)

Abb. IV, 1.11: TransaktionsefTiziente Finanzierungsformen nach Wiiliamson (1990b, S.23)

1.3.6.2 Anwendungsgebiet Banken Bei den bislang untersuchten Formen der Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung stehen Kapitalgeber u n d Kapitalnehmer in einem direkten Austauschverhältnis (direkte Finanzierung). Neben der direkten Finanzierung gibt es auch F o r m e n der indirekten Finanzierung über Intermediäre, wie z. B. Banken. Die indirekte Finanzierung hat bislang im Transaktionskostenansatz keine Rolle gespielt, weil von einem engen Kapitalbegriff ausgegangen worden ist, der zweckgebundenes Sachvermögen, Sachkapital und H u m a n k a p i t a l , aber nicht das für Finanztransaktionen charakteristische Finanzkapital umfaßt. D a d u r c h wird übersehen, d a ß Finanzkapital eine eigene Spezifität aufweist, da es zumindest kurzfristig keiner anderen Verwendung zugeführt werden kann und deshalb ohne entsprechende institutionelle M a ß n a h m e n bei Mißbrauch bzw. Verlust zu 100 Prozent sunk costs darstellt. Finanzkapital ist deshalb grundsätzlich vollkommen spezifisch. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen werden an einem Beispiel der Fremdfinanzierung, dem Kreditvertrag, verdeutlicht. Aus Sicht des Kreditgebers ist der Koordinationsbedarf durch die Bonität des Kreditnehmers, d . h . seine Kreditfähigkeit u n d Kreditwürdigkeit bestimmt. Als kreditfähig wird ein Kapitalnehmer bezeichnet, der seinen vertraglichen Verpflichtungen n a c h k o m m e n kann. Neben dem Risiko der Projektinvestition, das nur zu einem Teil durch die Spezifität der Investition bestimmt ist, sind hier das Geschäftsrisiko des Unternehmens, die kaufmännischen Fähigkeiten, Sicherheiten etc. entscheidend. Die Kreditwürdigkeit hängt hingegen von den charakterlichen Eigenschaften des Kreditnehmers ab, d . h . o b der Kreditnehmer seinen vertraglichen Pflichten n a c h k o m m e n will. Der Kreditgeber k a n n wegen Verhaltens- u n d Qualitätsunsicherheit die Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit des Kapitalnehmers nicht direkt einsehen. Zu Beginn der Transaktionsbeziehung besteht deshalb zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber eine vollständige Informationsasymmetrie. Der Kreditgeber wird nur dann bereit sein, Finanzkapital zur Verfügung zu stellen, wenn er von einer sicheren Rückzahlung ausgehen kann. Zur Risikobeurteilung benötigt er zusätzliche Informationen über die Bonität des Kapitalnehmers, die durch selbsttätige Infor-

1. M a r k t versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

173

mationsgewinnung (Screening), Informationsbereitstellung durch den Kapitalnehmer (Signalling) und Selbsteinordnung durch den Kapitalnehmer (Seif Selection) gewonnen werden k a n n (vgl. Schmidt [1979, S. 127ff.]). In einer mehrperiodigen bzw. langfristigen Austauschbeziehung gewinnt der Kreditgeber durch Beobachtung Insiderinformationen über den Kreditnehmer. D u r c h sein vergangenes Verhalten (Goodwill) k a n n der Kreditnehmer ein Reputationskapital aufbauen, das die asymmetrische Informationsverteilung weiter reduziert und seine Bonität verbessert (vgl. Klein/Leffler [1981], Sharpe [1990]). Die zur Schaffung der Insiderinformationen u n d zum A u f b a u des Reputationskapitals aufgewendeten Ressourcen können als partnerspezifische Investitionen interpretiert werden, die die Transaktionskosten der Finanzierung zwischen den Vertragspartnern senken, aber bei einem A b b r u c h der Austauschbeziehung vollständig sunk costs sind. Durch die partner-spezifische Investition findet eine fundamentale Transformation statt: Die vor Vertragsabschluß zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer offene Wettbewerbssituation wird in ein „small number exchange" umgewandelt. Die Aufteilung der durch die partner-spezifische Investition erzielten Transaktionskosteneinsparung („Quasirente") hängt von der Verhandlungsstärke der beiden Vertragsseiten ab. Die partner-spezifischen Investitionen sind der G r u n d , warum Kredite schwer handelbar sind. Der potentielle K ä u f e r des Kreditvertrags m u ß eine vollständige Bonitätsprüfung vornehmen, da er einerseits die Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit des Kreditnehmers nicht direkt einsehen und andererseits den Angaben des Verkäufers des Kreditvertrags nicht vertrauen kann. Er wird deshalb nur gegen einen Abschlag bereit sein, den Kredit anzukaufen. In dem Kreditvertrag wird eine ergebnisunabhängige, aber risikobehaftete feste Teilungsregel vereinbart. Diese gibt dem Kreditnehmer keine Anreize, den Arbeitseinsatz zu reduzieren oder den realisierten Gewinn zu verschleiern. N a c h Vertragsabschluß kann der Kreditnehmer den Kreditgeber jedoch durch die Veränderung der Finanzierungsstruktur, die E r h ö h u n g der Risikoübernahme oder Betrug schädigen. Gegen diese F o r m e n des ex post O p p o r t u n i s m u s kann sich der Kreditgeber durch verschiedene Vertragsbestimmungen in F o r m von Sicherheiten, Informations- und Finanzierungsauflagen, absichern. Zur Ü b e r p r ü f u n g der Einhaltung dieser Bestimmungen ist nach Vertragsabschluß eine kontinuierliche Beobachtung erforderlich. Im folgenden wird argumentiert, d a ß die indirekte Fremdkapitalfinanzierung über eine zentrale Vergabe von Krediten durch eine spezialisierte Überwachungsinstanz - als Bank bezeichnet - gegenüber der direkten Fremdkapitalfinanzierung zwischen Letztanleger und Kreditnehmer Kostenvorteile bietet. Durch die zentrale Vergabe von Krediten können technische und stochastische Skaleneffekte genutzt werden. Bonitätsprüfung, Vertragsabschluß und -Überwachung verursachen Kosten, die nicht teilbar sind. Bei Unteilbarkeit entstehen bei einer Menge (m) von Gläubigern, die alle die erforderlichen Kontrollkosten in H ö h e von (K) aufbringen, Gesamtkosten von (m • K). Wegen sich überschneidender Kontrollanstrengungen und hieraus resultierender R e d u n d a n z e n liegen die Gesamtkosten der Kontrolle weit über den zur Disziplinierung des Kapitalnehmers erforderlichen Kosten (A^). Gleichzeitig ist die Qualität des Kredits ein kollektives G u t , da kein Gläubiger von dem Nutzen wirksamer Kontrollaktivitäten ausgeschlossen werden kann. F ü r jeden Gläubiger bestehen deshalb Anreize, zu Lasten anderer die eigenen Kontrollan-

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

strengungen einzuschränken. Diese Form des Trittbrettfahrerverhaltens reduziert systematisch die Kontrollanstrengungen und kann zu einem Kontrolldefizit führen. In einem Gläubigerkollektiv droht deshalb entweder ein durch Redundanzen verursachtes Übermaß an Kontrolle oder ein durch Trittbrettfahrerverhalten bewirktes Kontrolldefizit. In beiden Fällen entstehen Wohlfahrtsverluste. Das Dilemma kann kostenminimierend gelöst werden, wenn eine Überwachungsinstanz von den Kapitalgebern stellvertretend mit der Kreditüberwachung beauftragt wird. Mit der Zentralisierung können Skaleneifekte genutzt werden, die die Gesamtkosten der Kreditprüfung, des Vertragsabschlusses und der Vertragsüberwachung auf die erforderlichen Kontrollkosten (K) senken (Diamond [1984]). Außerdem ist zu beachten, daß der einzelne Einleger wegen unvermeidbarer Losgrößenprobleme und begrenzter Vermögenswerte nicht in eine Vielzahl von Projekten investieren kann. Seine Diversifikationsmöglichkeiten sind deshalb begrenzt und mit einer systematischen Erhöhung seiner Risikokosten verbunden. Eine Verbesserung der Diversifikation ist möglich, wenn das Kapital einer Vielzahl von Einlegern gesammelt und zentral in einem Kreditportfolio angelegt wird. Unter der Annahme voneinander unabhängiger Ausfallrisiken verteilt sich dann der Verlust eines Kredites auf eine große Zahl von Krediten. Dadurch können stochastische Skaleneffekte genutzt und systematisch Risikokosten eingespart werden. Der einzelne Einleger wird jedoch nur dann bessergestellt, wenn die Bank ihn nicht durch opportunistische Verhaltensweisen, z.B. Reduktion des Arbeitseinsatzes, Meldung falscher Ergebnisse, Veränderung der Finanzierungsstruktur und Erhöhung der Risikoübernahme, schädigt. Welche vertragliche Lösung bietet sich für diese Problematik an? Bei der festen Teilungsregel erhält der Einleger einen festen Zins und die Bank den über diesen Zins hinausgehenden Ertrag. Aus diesem Grund gibt die feste Teilungsregel der Bank Anreize, die Kontrollaktivitäten und die Diversifikation des Kreditportfolio bis zu dem Punkt auszudehnen, an dem der ihr zukommende Grenzertrag gleich den Grenzkosten aus Kontrolle und Kompensationszahlungen an die Letztanleger ist. Sie belohnt deshalb einen hohen Arbeitseinsatz der Bank und gibt keine Anreize, die realisierten Gewinne zu verschleiern (vgl. Diamond [1984], Diamond/Dybvig [1986]). Mit der festen Teilungsregel kann sich der Einleger jedoch nicht vor anderen Formen ex post opportunistischen Verhaltens, wie z. B. Verschlechterung der Finanzierungsstruktur und exzessive Risikoübernahme, schützen. Die Lösung dieser Anreizproblematik wird erkennbar, wenn man die Einlage als einen Kreditvertrag mit fester Teilungsregel und unbegrenzter Laufzeit interpretiert. In diesem Vertrag verpflichten sich die Einleger, im Prinzip Bankgeld zu halten. Dem gegenüber verpflichtet sich die Bank zu einer festen Verzinsung und garantiert eine hohe Liquidität der Anlage. Die konkrete Verwendung der mit dem Einlagenvertrag übertragenen Mittel bleibt offen. Dies bedeutet, daß die Bank uneingeschränkt über die Anlage dieser Mittel, etwa Stückelung, Fristigkeit und Gefährdung der finanzierten Investitionsprojekte, aber auch anderer Geschäftsentscheidungen, z. B. die Wahl der Finanzierungsstruktur entscheiden kann. Der Einlagenvertrag zeichnet sich somit nicht durch die für den Bankkredit typischen Sicherungsmaßnahmen aus. Aber der Einleger kann den für die formell kurzfristige Fremdfinanzierung typischen Sanktionsmechanismus der Prolongationsverweigerung nutzen. Durch die hohe Liquidität der Einlage verfügt der Einleger über einen einfachen Kontrollmechanismus, mit dem er schnell und zu ge-

1. Markt versus Hierarchie: Property Rights und Transaktionskosten

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ringen Kosten sein Guthaben sichern kann. Es kann damit transaktional erklärt werden, warum der Einlagenvertrag nicht die für den Bankkredit üblichen umfassenden Kontrollelemente enthält, sondern im Gegenteil eine hohe Liquidität mit geringen Einflußrechten und Sicherheiten verbindet. Damit ist auf der Grundlage des Transaktionskostenansatzes die typische Vertragsstruktur einer Bank erklärt worden, die sich bei einer großen Zahl von Letztanlegern über hochliquide Einlagen finanziert und an eine große Zahl von Kapitalnehmern Kredite vergibt. Mit dieser Vertragsstruktur können die Finanzierungskosten durch die Ausnutzung technischer und stochastischer Skaleneffekte gesenkt werden. Die hohe Liquidität der Einlage in Verbindung mit einer festen Teilungsregel ist ein kostengünstiges Kontrollinstrument zur Begrenzung des ex ante und ex post opportunistischen Verhaltens der Bank. 1.3.7 Kritische Würdigung Der grundlegende Gedanke des Transaktionskostenansatzes ist, d a ß jeder Austausch Kosten verursacht, die durch die Wahl einer auf die Erfordernisse des Austausches angepaßten Organisationsform minimiert werden können. Der Ansatz bedeutet gegenüber Coase [1937] und Alchian/Demsetz [1972] in zweifacher Hinsicht eine bemerkenswerte Weiterentwicklung des theoretischen Instrumentariums: Das Konzept der unvollständigen Verträge und das modifizierte Konzept der Transaktionskosten. Das Konzept unvollständiger Verträge geht davon aus, daß in einer durch Unsicherheit und Komplexität gekennzeichneten Umwelt die Akteure bei begrenzter Rationalität und opportunistischem Verhalten die Z u k u n f t nur unvollständig antizipieren können. Dies hat zur Folge, daß die Akteure in den Verträgen ex ante keine vollständigen Vorkehrungen treffen können, sondern nach Vertragsabschluß auf Anpassungs- und Durchsetzungsmechanismen angewiesen sind. Aus diesem G r u n d legt der Transaktionskostenansatz - im Gegensatz zu dem Property-RightsAnsatz und dem Principal-Agent-Ansatz - seinen Schwerpunkt auf die Koordinationsprobleme nach Vertragsabschluß. In dieser Perspektive k o m m t der Spezifität von Investitionen eine Schlüsselbedeutung zu. Spezifische Investitionen haben nur eingeschränkte bzw. keine alternativen Verwendungsmöglichkeiten und sind deshalb nach Vertragsabschluß durch unvorhergesehene Ereignisse bzw. opportunistisches Verhalten besonders gefährdet. Stark vereinfacht besagt der Transaktionskostenansatz, daß Transaktionen mit spezifischen Investitionen kostengünstig in Hierarchien zu organisieren sind und unspezifische Investitionen über Marktbeziehungen abzuwickeln sind. Ein zentraler Kritikpunkt am Transaktionskostenansatz ist - ähnlich wie bei Coase - der Vorwurf der Tautologie, der mit der mangelhaften Begriffsbestimmung und Operationalisierung der Transaktionskosten begründet wird. Durch ein modifiziertes Konzept der Transaktionskosten wird dieser Vorwurf erheblich abgeschwächt. Der Transaktionskostenansatz gibt eine Methode vor, mit der aus beobachtbaren Einflußgrößen, z. B. Häufigkeit, Unsicherheit und Spezifität indirekt auf die relative Höhe der Transaktionskosten geschlossen werden kann. Das kardinale Konzept der Transaktionskosten, das direkte und absolute Meßbarkeit unterstellt, wird somit durch das indirekte und relative Verfahren des Institutionenvergleichs ersetzt. Die Fokussierung auf Transaktionskosten ist Stärke und Schwäche des Ansatzes zugleich. Die Stärke ist eindeutig die Verstärkung des theoretischen Elements ge-

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Kapitel IV: N e u e Ansätze einer M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g

genüber Coase und dem Property-Rights-Ansatz. Die Schwäche ist die monokausale Erklärung. Der Transaktionskostentheoretiker gleicht einem kostenorientierten Controller, der anhand von wenigen Kostenarten die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erklären will und Gefahr läuft, die langfristige Entwicklung der Erlöse und Produktionskosten aus dem Auge zu verlieren.

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

2. 2.1

Agency Theorie

Einführung in die Agency Theorie

In den v o r a n g e g a n g e n e n A u s f ü h r u n g e n w u r d e schon m e h r f a c h a u f den f u n d a m e n talen Einfluß eingegangen, den die A b k e h r von d e m „ b l a c k - b o x " - D e n k e n der N e o klassik f ü r die E r k l ä r u n g der Existenz und des Verhaltens v o n U n t e r n e h m e n hat. Es w u r d e gezeigt, d a ß nicht allein der exogen gegebene Marktpreis und die endogen gewählte Produktionsfunktion für d a s Verhalten der in einer F i r m a z u s a m m e n g e f a ß t e n W i r t s c h a f t s s u b j e k t e verantwortlich sind. In d e n M i t t e l p u n k t d e r Betracht u n g rückten vielmehr die Folgen, die sich a u s der Trennung von Eigentum und Verfiigungsmacht in modernen Kapitalgesellschaften bei eigennützig h a n d e l n d e n W i r t s c h a f t s s u b j e k t e n ergeben. Z u n ä c h s t m a c h t e n Berle u n d M e a n s [1932] u n d nach ihnen die Vertreter der M a n a g e r t h e o r i e n (vgl. A b s c h n i t t II, 2) d a r a u f a u f m e r k s a m , d a ß mit Arbeitsteilung ( K o o p e r a t i o n ) und Spezialisierung nicht n u r die v o n A d a m Smith aufgezeigten Vorteile (economies of scale) v e r b u n d e n sind. Sie zeigten vielm e h r , d a ß a u f u n v o l l k o m m e n e n M ä r k t e n mit der Delegation von Verfügungsm a c h t a n einen D r i t t e n a u c h ö k o n o m i s c h e Nachteile v e r b u n d e n sein k ö n n e n . A u f diesen E r k e n n t n i s s e n b a u t a u c h die in diesem A b s c h n i t t b e h a n d e l t e Agency T h e o r i e (AT) auf. In ihr wird wirtschaftliches H a n d e l n als Vertreter- bzw. AgencyBeziehung zwischen zwei o d e r mehreren W i r t s c h a f t s s u b j e k t e n angesehen, bei der einer der Beteiligten, der Prinzipal, Verfügungs- oder H a n d l u n g s r e c h t e (PropertyRights) a n einen a n d e r e n , den Agenten, delegiert. Als U r s a c h e f ü r d a s Z u s t a n d e k o m m e n einer d e r a r t i g e n Vertreterbeziehung ist a u s Sicht des Prinzipals dessen begrenzte zeitliche u n d intellektuelle K a p a z i t ä t a n z u s e h e n . In einer u n v o l l k o m m e nen Welt h a t dieser weder die Zeit noch die Fähigkeit, alle seine W o h l f a h r t tangierenden H a n d l u n g e n so auszuüben oder zu beeinflussen, d a ß sein N u t z e n h i e r d u r c h maximiert wird. H a t er j e d o c h die Möglichkeit, mit Hilfe eines f ü r ihn h a n d e l n d e n Vertreters diese natürlichen G r e n z e n zu überschreiten, so wird er versuchen, eine Vertreter-Beziehung in F o r m eines impliziten o d e r expliziten Vertrages einzugehen. Ä h n l i c h e Überlegungen bestimmen auch die Bereitschaft eines Agenten, eine vertragliche Beziehung zu einem Prinzipal einzugehen. K a n n dieser d u r c h die ihm a n g e b o t e n e n Arbeits- und E n t l o h n u n g s m o d a l i t ä t e n seine W o h l f a h r t steigern, d a n n ist er a u c h bereit, eine Agency-Beziehung einzugehen. Vertreter-Beziehungen in der beschriebenen F o r m gibt es sowohl im Privat- als a u c h im G e s c h ä f t s l e b e n in großer Zahl. Sie b e s c h r ä n k e n sich nicht n u r auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber ( = Prinzipal) und A r b e i t n e h m e r ( = Agent), A k t i o n ä r (P) und M a n a g e r (A) o d e r Kapitalgeber (P) u n d K a pitalnehmer (A) im R a h m e n des hier behandelten U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d e s „ U n t e r n e h m u n g " . Agency-Beziehungen treten überall d o r t auf, w o die W o h l f a h r t des delegierenden Prinzipals von d e n Leistungen eines verfügungsberechtigten A g e n t e n direkt o d e r indirekt b e r ü h r t wird. Dieses ist z. B. a u c h in d e m Verhältnis zwischen Arzt (A) u n d Patient (P), Steuerberater (A) u n d M a n d a n t (P) oder Architekt (A) u n d B a u h e r r (P) der Fall. D a r ü b e r h i n a u s wird in einer allgemeineren Definition a u c h d a n n v o n einer Agency-Beziehung gesprochen, wenn keine vertraglichen Vereinbarungen vorliegen, die H a n d l u n g e n eines W i r t s c h a f t s s u b j e k t e s (Agent) über externe Effekte aber die W o h l f a h r t eines a n d e r e n (Prinzipal) b e r ü h r e n ( A r r o w [1985]). I m M i t t e l p u n k t der Agency Theorie steht a b e r weniger die eben aufgezeigte Vielfalt verschiedener A u s p r ä g u n g e n von Vertreter-Beziehungen. Von v o r r a n g i g e m

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Interesse sind vielmehr die A u s w i r k u n g e n , die Marktunvollkommenheiten a u f die W o h l f a h r t der Beteiligten u n d d a m i t die F o r m u l i e r u n g p a r e t o - o p t i m a l e r AgencyVerträge h a b e n . Soll ein A g e n t im A u f t r a g seines Prinzipals h a n d e l n u n d wird ihm hierbei R a t i o n a l v e r h a l t e n unterstellt, d a n n f ü h r e n Unsicherheit über z u k ü n f tige U m w e l t z u s t ä n d e u n d Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal u n d A g e n t zwangsläufig zu Interessenkonflikten. In welcher Weise dies der Fall ist, d u r c h welche F a k t o r e n die Konflikte im einzelnen b e s t i m m t werden, inwiefern sie sich auf die W o h l f a h r t der Beteiligten auswirken u n d v o r allem wie sie im Sinne einer effizienten A l l o k a t i o n k n a p p e r R e s s o u r c e n vermieden werden k ö n n e n , d a m i t beschäftigt sich die Prinzipal-Agent-Theorie. Seit A n f a n g der 70er J a h r e sind in der wissenschaftlichen L i t e r a t u r zwei g e t r e n n t e Wege beschritten worden, aus der Vertreterbeziehung zwischen Prinzipal u n d A g e n t eine T h e o r i e zu entwickeln, die das Verhalten v o n U n t e r n e h m e n u n d die Existenz von Institutionen erklärt. H e u t e wird allgemein unterschieden zwischen d e r normativ ausgerichteten „Ökonomischen Agency Theorie" ( = principal-agent literature) und der „Finanziellen Agency Theorie" ( = positive theory of agency). Hierbei geht die U n t e r s c h e i d u n g zwischen n o r m a t i v e r u n d positiver Agency T h e o r i e auf Jensen [1983] u n d die U n t e r s c h e i d u n g zwischen Ö k o n o m i s c h e r u n d Finanzieller Agency T h e o r i e auf B a r n e a / H a u g e n / S e n b e t [1985] zurück. (Vgl. hierzu die im Literaturverzeichnis angegebenen Originalquellen oder die Übersichten bei Sprem a n n [1987, S. 3 11] und N e u s [1989, S. 1 0 - 1 8 ] . ) Die ö k o n o m i s c h e Agency Theorie, zuweilen a u c h als Agency Theorie im engeren Sinne bezeichnet, konzentriert sich vorwiegend a u f die entscheidungslogische, mathematische Beschreibung der A u s w i r k u n g e n von M a r k t u n v o l l k o m m e n h e i t e n auf Vertreterbeziehungen. Es werden unter z u m Teil sehr restriktiven A n n a h m e n A n reiz-, E n t l o h n u n g s - u n d Risikoverteilungsverträge formuliert, die d e m A n s p r u c h der P a r e t o - O p t i m a l i t ä t entsprechen. Im G e g e n s a t z dazu ist die „positive t h e o r y of a g e n c y " eher empirisch ausgerichtet. A u c h in ihr werden z u m Teil k o m p l e x e Modelle formuliert. In erster Linie ist es j e d o c h das Ziel, die in der Praxis zu b e o b a c h t e n d e n Designs verschiedener Agency-Verträge und d a s Verhalten v o n Vert r a g s p a r t n e r n der U n t e r n e h m e n s f i n a n z i e r u n g zu erklären. Hierbei wird a n g e n o m men, d a ß unter K o n k u r r e n z d r u c k a m M a r k t nur die institutionellen A r r a n g e m e n t s ( U n t e r n e h m e n s f o r m e n , Verträge, Kontrollsysteme, A n r e i z s c h e m a t a , F i n a n z i n s t r u m e n t e u.s.w.) überleben, die sich im Hinblick auf die bei einer Vertreterbeziehung a n f a l l e n d e n Kosten als effizient erweisen. I n s o f e r n k a n n die Finanzielle Agency Theorie als eine A n w e n d u n g der Ö k o n o m i s c h e n Agency T h e o r i e auf d a s F i n a n zierungsverhalten von U n t e r n e h m e n angesehen werden. Beide F o r s c h u n g s r i c h t u n g e n , die sich a u f sehr unterschiedliche Weise demselben U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d „ U n t e r n e h m u n g " n ä h e r n , sollen in diesem A b s c h n i t t vorgestellt und ihr Stellenwert im R a h m e n einer M o d e r n e n Theorie der U n t e r n e h m u n g analysiert werden. E n t s p r e c h e n d dieser Zielvorgabe b e s c h r ä n k e n sich die Verfasser a u f die Darstellung v o n Agency-Beziehungen i.e.S., d . h . a u f vertragliche Beziehungen, die die explizite Delegation von V e r f ü g u n g s m a c h t a n einen A g e n t e n z u m Inhalt h a b e n . G e m e i n t sind hiermit vor allem die Beziehungen zwischen M a n a g e r (A) u n d A k t i o n ä r (P), F r e m d - u n d Eigenkapitalgebern (P), Vorgesetzten (P) u n d Mitarbeitern (A) oder A u f s i c h t s r a t (A) u n d A k t i o n ä r (P). Im folgenden werden zunächst die g r u n d l e g e n d e n A n n a h m e n der Agency T h e o r i e aufgezeigt und die wesentlichen Elemente d e r (normativen) Ökonomischen Agency Theorie dargestellt. D a n n wird auf die (positive) Finanzielle Agency Theorie mit den in der Praxis a n g e w a n d t e n Lösungsmöglichkeiten eingegangen.

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

2.2

Die Ökonomische Agency Theorie (ÖAT)

2.2.1 Prämissen In ihren V e r h a l t e n s a n n a h m e n b a u t die A g e n c y - T h e o r i e a u f der neoklassischen, m i k r o ö k o n o m i s c h e n T h e o r i e auf. Es wird v o n u n b e g r e n z t rational h a n d e l n d e n W i r t s c h a f t s s u b j e k t e n ausgegangen, die eine Maximierung ihres eigenen Nutzens a n s t r e b e n . D i e Möglichkeit, bei der E r r e i c h u n g dieses Ziels den V e r t r a g s p a r t n e r zu schädigen, wird billigend in Kauf g e n o m m e n (Opportunismus). D a s eigennützige H a n d e l n aller anderen M a r k t t e i l n e h m e r sowie deren P r ä f e r e n z e n u n d H a n d l u n g s alternativen werden e r k a n n t und die hiermit v e r b u n d e n e n A u s w i r k u n g e n a u f die eigene W o h l f a h r t antizipiert. Für eine Vertreterbeziehung h a b e n diese A n n a h m e n z u n ä c h s t zur Folge, d a ß der Agent die a n ihn delegierten E n t s c h e i d u n g s b e f u g n i s s e solange zur M a x i m i e r u n g seines eigenen N u t z e n s einsetzen wird, wie der Prinzipal ihn hieran nicht h i n d e r t . Soll ein Vertretervertrag abgeschlossen werden, ist zu berücksichtigen, d a ß die hiermit v e r b u n d e n e n Wohlfahrtseffekte f ü r Prinzipal u n d A g e n t nicht gleichgerichtet sind. F ü r den A g e n t e n setzt sich der N u t z e n a u s zwei K o m p o n e n t e n , der vere i n b a r t e n Entlohnung u n d den von ihm a u f z u w e n d e n d e n Anstrengungen, zusamm e n . D i e E n t l o h n u n g seiner Leistung, die a u f finanzielle, materielle o d e r ideelle A r t erfolgen k a n n , stiftet hierbei einen positiven N u t z e n . Jedweder Einsatz geistiger o d e r körperlicher A n s t r e n g u n g wird hingegen als w o h l f a h r t s m i n d e r n d e s „ A r b e i t s leid" e m p f u n d e n . Als opportunistischer N u t z e n m a x i m i e r e r wird der A g e n t A n s t r e n g u n g e n zur E r f ü l l u n g seiner Verpflichtungen gegenüber d e m Prinzipal entsprechend n u r in d e m U m f a n g v o r n e h m e n , in welchem seine „ E r l ö s e " hieraus h ö h e r sind als seine „ K o s t e n " ; oder a n d e r s a u s g e d r ü c k t , der A g e n t wird als r a t i o n a l h a n d e l n d e r N u t z e n m a x i m i e r e r g e m ä ß d e m neoklassischen M a r g i n a l p r i n z i p g e n a u das Anstrengungsniveau realisieren, bei dem die hiermit empfundenen Grenzkosten den Grenzerlösen der Entlohnung entsprechen. W ä h r e n d der N u t z e n des Agenten in diesem Sinne z u m i n d e s t z u m Teil eigenb e s t i m m t ist, werden die a u s einer Agency-Beziehung resultierenden W o h l f a h r t s effekte f ü r den Prinzipal ausschließlich extern, d . h . d u r c h die von d e m A g e n t e n p r o d u z i e r t e Leistung, determiniert. A u s der Sicht des Prinzipals wird die H a n d l u n g des A g e n t e n als o p t i m a l angesehen, die er selbst bei gleichem I n f o r m a t i o n s - u n d W i s s e n s s t a n d o h n e eine Vertreterbeziehung in einer v o l l k o m m e n e n Welt vorgen o m m e n h ä t t e (first-best-solution). D a unterstellt wird, d a ß mit z u n e h m e n d e m Arbeitseinsatz des A g e n t e n die Wahrscheinlichkeit f ü r den höchstmöglichen E r f o l g seiner H a n d l u n g e n steigt, ist der Prinzipal entsprechend a n d e m höchstmöglichen Arbeitseinsatz seines Vertreters in F o r m v o n Arbeitszeit, Arbeitsgeschwindigkeit oder A r b e i t s g r ü n d l i c h k e i t interessiert. Jede A b w e i c h u n g v o n diesem (fiktiven) O p t i m u m ist f ü r ihn gleichbedeutend mit einer N u t z e n m i n d e r u n g , die er als K o s t e n der Vertretung (agency costs) zu t r a g e n h a t . (Auf eine genaue Darstellung dessen, was unser „agency c o s t s " verstanden wird, wird im R a h m e n der Finanziellen A g e n cy T h e o r i e noch n ä h e r eingegangen.) Die v o n e i n a n d e r a b w e i c h e n d e n N u t z e n f u n k t i o n e n in einer Vertreterbeziehung f ü h ren d a z u , d a ß es zwischen Prinzipal und A g e n t zu einem „ n a t ü r l i c h e n " Interessenkonflikt k o m m t . In einer Welt vollkommener T r a n s p a r e n z , in der die A n s t r e n g u n g e n und Leistungen eines Agenten k o s t e n l o s u n d zweifelsfrei b e o b a c h t e t werden k ö n n e n und in der über zukünftige Ereignisse Sicherheit herrscht, hätte dieser Interessenkonflikt f ü r die Ausgestaltung eines Vertretervertrages keine K o n s e q u e n zen. Eine L ö s u n g des Interessenkonflikts zwischen A u f t r a g g e b e r und A u f t r a g n e h -

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mer wäre auf erstbeste Weise möglich, da das opportunistische Verhalten des Agenten in jedem Fall erkannt und entsprechend sanktioniert werden kann. In einer derartigen Welt hätte beispielsweise ein Aktionär (Prinzipal) die gleichen Kenntnisse über das bestmögliche Ergebnis der Investitionspolitik seines Managers (Agent) wie der Manager selbst. Er könnte an der erwirtschafteten Rendite erkennen, ob der Manager das maximal Mögliche getan hat, um den Gewinn der Unternehmung zu maximieren. Weicht die erzielte Rendite von dem bestmöglichen Ergebnis ab, kann der Prinzipal seinen Agenten für das „Fehlverhalten" durch Zahlung eines geringeren Gehalts „bestrafen". Der Manager würde in einer vollkommenen Welt im ureigensten Interesse darum bemüht sein, die first-best-solution zu erzielen und auf diese Weise sowohl seinen eigenen als auch den Nutzen des Aktionärs maximieren. In der von der Agency Theorie betrachteten Welt besteht die beschriebene vollkommene Transparenz jedoch nicht. Über zukünftige Ereignisse, die Einfluß auf das von dem Agenten erzielbare Handlungsergebnis haben können, besteht Unsicherheit. Vor Abschluß des Vertretervertrages ist es weder dem Agenten noch dem Prinzipal möglich, sichere Prognosen über zukünftige, die Handlungen des Agenten beeinflussende Umweltbedingungen zu treffen. Darüber hinaus ist die Beziehung zwischen den beiden Wirtschaftssubjekten durch ungleich verteiltes Wissen (Informationsasymmetrie) gekennzeichnet. Es wird unterstellt, daß der Prinzipal sowohl hinsichtlich aller möglichen Handlungsalternativen des Agenten (hidden Information) als auch des von diesem aufzuwendenden Anstrengungsniveaus und Leistungsvermögens (hidden action) schlechter informiert ist als der Agent selbst (Arrow [1985]). Aus der Unsicherheit über zukünftige Umweltzustände und der Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent resultieren die Probleme, die durch die Formulierung optimaler Vertreterverträge gelöst werden sollen. Aufgrund der U n sicherheit und der Informationsassymmetrie besteht die Gefahr, d a ß der Agent seinen Informationsvorteil im Eigeninteresse nutzt, ohne daß dieses Verhalten von dem Prinzipal erkannt und entsprechend sanktioniert werden kann. Auch wenn das Handlungsergebnis des Agenten unmittelbar und unverzerrt beobachtet werden kann, ist es für den Prinzipal aufgrund der Informationsasymmetrie nicht möglich, zweifelsfrei zu erkennen, welche Ursachen für dessen Zustandekommen verantwortlich sind. So können die Aktionäre einer Aktiengesellschaft z. B. nicht beurteilen, ob ein guter (schlechter) Jahresabschluß auf das hohe (niedrige) Aktivitätsniveau der Manager oder auf zufällige positive (negative) Umwelteinflüsse zurückzuführen ist. Es ist nicht auszuschließen, daß der Agent zur Maximierung seines eigenen Nutzens nur geringe Anstrengungen aufgewendet hat und ein schlechtes Ergebnis mit unglücklichen Ereignissen rechtfertigt oder ein guter Jahresabschluß bei höherem Einsatz des Managers noch besser hätte ausfallen können. Die hiermit für den Prinzipal verbundene Unmöglichkeit, bei Unsicherheit und Informationsasymmetrie eine direkte Verbindung zwischen dem Verhalten des Agenten und dem meßbaren Ergebnis seiner Leistung herzustellen, ist dem Agenten bekannt und wiederum d a f ü r verantwortlich, daß dieser bei der Ausübung seiner Tätigkeit eigene Ziele verfolgt und damit den Prinzipal schädigt. Eine Lösung des Interessenkonfliktes zwischen Agent und Prinzipal auf erstbeste Weise ist in der beschriebenen Situation unvollkommener Märkte nicht möglich. Selbst bei vollständigem Abbau der Informationsasymmetrie wird das theoretische Wohlfahrtsmaximum einer vollkommenen Umwelt nicht erreicht. Ursache hierfür sind die (Agency-) Kosten, die mit der Installation und D u r c h f ü h r u n g der beschrie-

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

benen I n f o r m a t i o n s - , Kontroll-, Anreiz- u n d E n t l o h n u n g s s c h e m a t a v e r b u n d e n sind. D a s Ziel eines Prinzipals m u ß es d e m z u f o l g e sein, den bestmöglichen Vertretervertrag (second-best-solution) zu f o r m u l i e r e n und abzuschließen. H i e r u n t e r ist bei r a t i o n a l h a n d e l n d e n W i r t s c h a f t s s u b j e k t e n i m m e r die V e r e i n b a r u n g a n z u sehen, die die erhältlichen I n f o r m a t i o n e n effizient, d. h. k o s t e n m i n i m a l , einschließt u n d bei der es nicht m e h r möglich ist, eine der beteiligten Parteien zu begünstigen, o h n e die a n d e r e gleichzeitig schlechter zu stellen. M i t d e r F o r m u l i e r u n g derartig pareto-optimaler Vertreterverträge b e f a ß t sich die Ö k o n o m i s c h e Agency Theorie. In der L i t e r a t u r werden vornehmlich zwei Wege diskutiert, auf denen es d e m Prinzipal d u r c h die Ausgestaltung von Vertreterverträgen möglich ist, seinem Inf o r m a t i o n s n a c h t e i l zu begegnen u n d d u r c h Herstellung v o n Z i e l h a r m o n i e zwischen ihm u n d seinem A g e n t e n potentielle Wohlfahrtsverluste zu vermeiden. Z u m einen k a n n der A u f t r a g g e b e r mit Hilfe von K o n t r o l l - u n d I n f o r m a t i o n s s y s t e m e n versuchen, sich Kenntnisse ü b e r das Verhalten des Agenten zu beschaffen, u m diese d a n n als Bemessungsgrundlage u n m i t t e l b a r in das zu v e r e i n b a r e n d e Anreiz- o d e r Sanktionssystem zu integrieren. A u f diese Weise soll z. B. d e m Anreiz, sich zu Lasten des Prinzipals vor der Arbeit zu d r ü c k e n (shirking), entgegengewirkt werden. G r ö ß e r e B e d e u t u n g h a b e n j e d o c h sowohl im R a h m e n der Ö k o n o m i s c h e n Agency T h e o r i e als a u c h in der Praxis ergebnisorientierte Anreizvereinbarungen, in d e n e n die E n t l o h n u n g des Agenten a n d e n zu b e o b a c h t e n d e n O u t p u t seiner H a n d l u n g e n g e k n ü p f t wird. Im f o l g e n d e n wird a n h a n d des S t a n d a r d - bzw. G r u n d m o d e l l s der Ö k o n o m i s c h e n Agency T h e o r i e aufgezeigt, in welcher Weise versucht wird, die z u v o r beschriebenen P r o b l e m e einer Agency Beziehung f o r m a l zu erfassen u n d zu lösen. Hierbei orientieren sich die A u s f ü h r u n g e n in erster Linie a n d e n M o d e l l f o r m u l i e r u n g e n v o n R o s s [1973], Mirrless [1976] u n d H o l m s t r ö m [1979], o h n e dabei j e d o c h auf alle technischen u n d m a t h e m a t i s c h e n Einzelheiten einzugehen. D i e D a r s t e l l u n g wird hier b e w u ß t auf einem niedrigen A b s t r a k t i o n s n i v e a u gehalten, um die wesentlichen Erkenntnisse der Ö k o n o m i s c h e n Agency T h e o r i e f ü r eine M o d e r n e T h e o r i e der U n t e r n e h m u n g herausstellen zu k ö n n e n . In den anschließenden A b schnitten werden d a n n die wichtigsten E r k e n n t n i s s e verschiedener A n w e n d u n g e n des S t a n d a r d - M o d e l l s dargestellt. Hierbei wird bei unterschiedlichen Risikoeinstellungen z u n ä c h s t auf erfolgsorientierte u n d d a n n a u f erfolgs- u n d verhaltensorientierte M o d e l l ö s u n g e n eingegangen. Abschließend werden noch kurz Modellerweiterungen skizziert, bei denen k o m m u n i k a t i v e und d y n a m i s c h e Aspekte Berücksichtigung finden.

2.2.2 Das Standard-Modell einer Prinzipal-Agent-Beziehung D a s S t a n d a r d - M o d e l l der Agency Theorie ist einperiodig und b e s c h r ä n k t sich auf die Beziehung zwischen einem Agenten (A) u n d einem Prinzipal (P). Die Beteiligten entscheiden unter Unsicherheit, es besteht Informationsasymmetrie in der oben beschriebenen A u s p r ä g u n g , beide Seiten besitzen zustandunahhängige Nutzenfunktionen, verhalten sich rational und streben die Maximierung ihrer eigenen Wohlfahrt a n . Als K o s t e n der Vertreterbeziehung werden nur die an den A g e n t e n zu zahlenden Beträge berücksichtigt. D. h. Kosten der Vertragsgestaltung o d e r der I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g werden z u n ä c h s t außer Acht gelassen. E b e n s o finden keine Vertragsverhandlungen zwischen Prinzipal u n d A g e n t statt. Der A g e n t k a n n den ihm a n g e b o t e n e n Vertretervertrag n u r a n n e h m e n o d e r a b l e h n e n .

2. Agency Theorie

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Durch die Übertragung von Entscheidungs- oder Verfügungsrechten auf den Agenten hat dieser die Aufgabe, aus einer ex ante sowohl ihm als auch dem Prinzipal bekannten Anzahl von Handlungsalternativen (A) eine Aktion (a) zu wählen. Es wird unterstellt, daß die von dem Agenten gewählte Handlung, die als Anstrengung, Arbeitseinsatz oder Aktivitätsniveau interpretiert und von dem Prinzipal nicht beobachtet werden kann, das zu erzielende Handlungsergebnis (e) mit abnehmender Rate positiv beeinflußt. D.h., bei einem höheren Anstrengungsniveau (a 2 ) steigt die Wahrscheinlichkeit für ein gutes Periodenergebnis, während bei geringem Arbeitseinsatz des Agenten ( a ^ diese Wahrscheinlichkeit sinkt. Für die Dichtefunktion des Periodenergebnisses [f(e)] gilt somit: (1)

f [e ( a j ] g f [e (a 2 )]

mit a e A

Aufgrund der am M a r k t bestehenden Unsicherheit wird das in Geldeinheiten zu messende Ergebnis (e) der Handlungen nicht nur durch das gewählte Anstrengungsniveau, sondern auch durch einen zufälligen Umweltzustand (z) beeinflußt. Es gilt entsprechend: (2)

f (e) = f [e (a,z)]

mit z e Z

Hierbei wird angenommen, daß Agent und Prinzipal in bezug auf den Zufallseinfluß (z) und dessen Wirkung auf das Ergebnis der Handlungen vor Abschluß des Agency-Vertrages (ex ante) homogene Erwartungen haben. Diese auf den ersten Blick sehr restriktive Annahme ist so zu interpretieren, daß der Prinzipal aus Mangel an besseren Kenntnissen die Erwartungen seines Agenten teilt. Mit dieser Prämisse wird der Tatsache Rechnung getragen, daß eine Agency-Beziehung von dem Prinzipal gerade deshalb eingegangen wird, weil dieser den Informationsvorsprung des Agenten zur Steigerung seiner Wohlfahrt nutzen möchte. Unter diesen Bedingungen ist es das Ziel des Prinzipals, einen Vertretervertrag zu formulieren, der Anreize für ein pareto-optimales Verhalten des Agenten bietet. Als Bemessungsgrundlagen für die Entlohnung des Agenten sind hierbei nur die Determinanten geeignet, die von beiden Vertragspartnern identisch wahrgenommen werden können. Da es dem Prinzipal nach Abschluß des Vertrages (ex post) weder möglich ist, das Verhalten des Agenten (a) noch den eingetretenen Umweltzustand (z) zu beobachten, trifft dieses allein für das am Ende der Periode erzielte Handlungsergebnis (e) zu. Dieses wird von dem Prinzipal entsprechend als Bemessungsgrundlage für die Entlohnung (B) des Agenten in den Vertretervertrag einbezogen. Es gilt: (3)

f(B) = f(B(e)) = f ( B ( e ( a , z ) ; z ) )

Wird angenommen, daß sich die Entlohnung des Agenten nicht nur an dem Handlungsergebnis ausrichtet, sondern auch aus diesem bestritten wird, dann ist das Ziel der Formulierung eines pareto-optimalen Anreizvertrages gleichzusetzen mit der pareto-optimalen Verteilung des in Geldeinheiten ausgedrückten Periodenertrages (e) zwischen Agent und Prinzipal. Hierbei erhält der Agent eine von dem erzielten Ergebnis abhängige Entlohnung (B(e)) und der Prinzipal das verbleibende Residuum (x = e-B(e)). (Wie später noch gezeigt wird, kann die Entlohnung in Abhängigkeit von der Risikoeinstellung des Agenten neben dem ergebnisabhängigen Bestandteil auch ein ergebnisunabhängiges Fixum (F A ) beinhalten.) Das auf die jeweilige Prinzipal-Agent-Beziehung anzupassende Anreiz- und Entlohnungsschema hat damit folgendes Aussehen:

186 (3a)

Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

B (e) = k • e + F A

mit 0 ^ k g 1,

wobei über die Höhe der Konstanten (k) die Anreize für den Agenten gesteuert werden, das aus Sicht des Prinzipals optimale Anstrengungsniveau einzusetzen. Bedingung für ein pareto-optimales Anreizsystem ist die Maximierung der positiv gewichteten Summe der Zielfunktionen von Prinzipal und Agent. Diese Bedingung ist leicht zu erfüllen, wenn für Agent und Prinzipal identische Nutzenfunktionen unterstellt werden können. Aufgrund des „natürlichen" Interessenkonfliktes ist diese Situation jedoch nicht gegeben. Für den Prinzipal wird angenommen, daß dessen Nutzenfunktion (U p ) monoton steigt und allein durch den Handlungserfolg (e) und die an den Agenten zu zahlende Entlohnung (B) bestimmt wird. Dessen Ziel ist es entsprechend, den Erwartungsnutzen (E) des Nettoertrages der Agency-Beziehung zu maximieren. Für diesen gilt: (4)

E[U p (e-f(B))] -

max!

bzw. (4a)

E [ U p ( e - ( k e + FA)] -> max!

Im Gegensatz hierzu wird der Nutzen des Agenten nicht allein durch die Entlohnung, sondern auch durch seinen Arbeitseinsatz bestimmt. Während ein steigendes Einkommen dessen Wohlfahrt mit abnehmender Grenzrate positiv erhöht, geht das Arbeitsleid als negativer Ertrag (Kosten) mit zunehmender Grenzrate in seine Nutzenfunktion (U A ) ein. Letztere ist dem Prinzipal bekannt und muß bei der Formulierung eines Entlohnungsschemas als Nebenbedingung berücksichtigt werden: (5)

E [UA (B)] = E [UA f (e (a,z); z)] £ R

Bei der Formulierung des Vertretervertrages hat der Prinzipal zudem zu beachten, daß der Agent diesen nur dann annimmt, wenn ihm ein Mindestnutzen garantiert wird, der seinen exogen gegebenen Opportunitätskosten entspricht. Diese auch als Reservationsnutzen (R) bezeichnete Restriktion (Kooperationsbedingung) kann sich z. B. an dem Honorar bemessen, das der Agent in einer anderen AgencyBeziehung in der gleichen Periode erzielen könnte. Mit dieser Nebenbedingung wird berücksichtigt, daß der Prinzipal eine Agentenleistung auf einem wettbewerblichen Markt nachfragt. Vollständig formuliert ist der Vertretervertrag erst dann, wenn auch das eigentliche Agency-Problem berücksichtigt wird. Durch die unterstellte Informationsasymmetrie ist es dem Prinzipal nicht möglich, die Handlungen seines Agenten vollständig zu beobachten. Entsprechend wird dieser seinen Arbeitseinsatz immer so wählen, daß sein eigener Nutzen und nicht der des Prinzipals maximiert wird. In der Modellformulierung muß die gewählte Aktion (a) somit der Menge der Handlungsmöglichkeitcn (Argumente) angehören, mit der dieses Ziel erreicht wird. Für diese Bedingung gilt: (6)

a e argmax E[U A (e(a,z); a)]

Damit ist das Grund-Modell einer Prinzipal-Agent-Beziehung spezifiziert. Die auf diese Weise erzielte Aufteilung des Ergebnisses zwischen Prinzipal und Agent weicht aufgrund des beschriebenen Interessenkonfliktes und der Unmöglichkeit, ein Fehlverhalten vollständig zu erkennen, aus Sicht des Prinzipals zwar von der erstbesten Lösung ab, ist aber pareto-optimal. Jede andere Formulierung würde zu einer Auf-

2. Agency Theorie

187

teilung f ü h r e n , die d e n E r w a r t u n g s n u t z e n eines d e r beiden Beteiligten zu Lasten des a n d e r e n v e r ä n d e r t . A u s den E r l ä u t e r u n g e n sollte deutlich g e w o r d e n sein, d a ß d a s G r u n d m o d e l l auf der einen Seite sehr einfach konzipiert, gleichzeitig a b e r d u r c h einige, die R e a lität n u r bedingt widerspiegelnde A n n a h m e n , a u c h sehr restriktiv ist. Vorteil der einfachen S t r u k t u r ist, d a ß h i e r d u r c h verhältnismäßig leicht Aussagen über d a s Design v o n Anreizverträgen u n t e r den gegebenen Bedingungen abgeleitet werden k ö n n e n . Dieses gilt j e d o c h d a n n nicht mehr, w e n n versucht wird, d u r c h Modifikationen des G r u n d m o d e l l s realitätsnähere A u s s a g e n f ü r die Praxis abzuleiten. Die hiermit v e r b u n d e n e m a t h e m a t i s c h e K o m p l e x i t ä t f ü h r t in der Regel d a z u , d a ß eine f o r m a l e H e r l e i t u n g von Ergebnissen o d e r L ö s u n g e n so gut wie unmöglich ist. In der L i t e r a t u r w u r d e n einige Versuche u n t e r n o m m e n , diese wenig zufriedenstellende Situation zu überwinden. So hat u . a . S p r e m a n n (1987) mit d e m sogen a n n t e n L E N - M o d e l l ( L i n e a r - E x p o n e n t i a l - N o r m a l - M o d e l l ) einen A n s a t z f o r m u liert, der explizite L ö s u n g e n ermöglicht. Mit Verweis auf die inzwischen zahlreich v o r h a n d e n e L i t e r a t u r wird auf eine D a r s t e l l u n g der Vorteile dieses Ansatzes gegenüber d e m G r u n d m o d e l l hier verzichtet. (Vgl. zu A n w e n d u n g e n des L E N - M o dells auf unterschiedliche Prinzipal-Agent-Beziehungen u . a . Blickle-Liebersbach [1990], L a u x [1990], Meyer [1992] o d e r W a g e n h o f e r / E w e r t [1992]). Im folgenden sollen vielmehr die wesentlichen Erkenntnisse aufgezeigt werden, die aus Weiterentwicklungen des G r u n d m o d e l l s sowie dessen A n w e n d u n g f ü r die G e s t a l t u n g von Vertreterverträgen in der Praxis g e w o n n e n w u r d e n . Im V o r d e r g r u n d stehen hierbei z u n ä c h s t die A u s w i r k u n g e n , die unterschiedliche Risikoeinstellungen von Prinzipal u n d A g e n t auf p a r e t o - o p t i m a l e Anreizverträge h a b e n . Anschließend wird d a n n auf Modelle eingegangen, die neben einer Ergebniskontrolle auch verhaltensorientierte A s p e k t e berücksichtigen. 2.2.3 Modellergebnisse unter Berücksichtigung unterschiedlicher Risikoeinstellungen von Prinzipal und Agent Bei der bisherigen M o d e l l f o r m u l i e r u n g w u r d e unterstellt, d a ß die N u t z e n f u n k t i o nen der beiden Vertragspartner allein von d e m erwarteten H a n d l u n g s e r g e b n i s (Prinzipal) o d e r a b e r d e m H a n d l u n g s e r g e b n i s u n d den h i e r f ü r a u f z u w e n d e n d e n A n s t r e n g u n g e n (Agent) b e s t i m m t werden. N i c h t berücksichtigt w u r d e hingegen, d a ß in realen Agency-Beziehungen die W o h l f a h r t d e r Beteiligten a u c h d u r c h deren Risikoeinstellungen beeinflußt wird. Diese N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g bzw. die implizite Unterstellung v o n Risikoneutralität ist insofern eine wesentliche Modellvereinfachung, als bei U n t e r s t e l l u n g von Unsicherheit das oben formulierte Anreizschema nicht n u r eine Verteilung des in Geldeinheiten zu messenden Betriebsergebnisses, s o n d e r n gleichzeitig a u c h eine Verteilung des Betriebsrisikos beinhaltet. Bei der F o r m u l i e r u n g des bestmöglichen Vertretervertrages hat der Prinzipal also neben der F r a g e n a c h der optimalen Ergebnisverteilung gleichzeitig auch die der optimalen Risikoallokation zwischen ihm u n d d e m A g e n t e n zu berücksichtigen. M i t den A u s w i r k u n g e n , die unterschiedliche Risikoeinstellungen von A g e n t u n d Prinzipal auf die F o r m u l i e r u n g effizienter E n t l o h n u n g s - oder Anreizverträge haben, beschäftigt sich eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten. A u f eine detaillierte D a r s t e l l u n g der einzelnen z. T. sehr k o m p l e x e n m a t h e m a t i s c h e n Modelle wird hier verzichtet. Z u m Verständnis der Rolle von Anreizverträgen im R a h m e n einer M o d e r n e n T h e o r i e der U n t e r n e h m u n g , reicht es aus, die wesentlichen Ergebnisse

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

k u r z aufzuzeigen. Dieses soll in d e n folgenden A b s c h n i t t e n geschehen. (Tieferen Einblick in die P r o b l e m e der F o r m u l i e r u n g anreiz- u n d r i s i k o o p t i m a l e r Vertreterverträge bieten einerseits die Orginalquellen wie z. B. R o s s [1973], H a r r i s / R a v i v [1976], Mirrless [1976], H o l m s t r ö m [1979], Shavell [1979], Rees [1985a u n d 1985b], R o g e r s o n [1985] o d e r a b e r die z u s a m m e n f a s s e n d e n Darstellungen bei Levinthal [1988], E i s e n h a r d t [1989], N e u s [1989] oder L a u x [1979, 1990]). 2.2.3.1 Modellergebnisse bei reiner Erfolgskontrolle A u s g a n g s p u n k t f ü r die Darstellung der Folgen, die sich f ü r die F o r m u l i e r u n g p a r e t o - o p t i m a l e r Anreizverträge aus unterschiedlichen Risikoeinstellungen ergeben, soll eine kurze R ü c k b e s i n n u n g a u f die oben beschriebene first-best-solution sein. D a s erstbeste Ergebnis einer Vertreterbeziehung wird aus Sicht des Prinzipals imm e r d a n n erreicht, wenn dieser entgegen den bisherigen A n n a h m e n die Aktivitäten des A g e n t e n vollständig b e o b a c h t e n k a n n u n d somit eine moral hazard Situation ( h i d d e n action) nicht existiert. In einer derartigen Konstellation k a n n der Prinzipal bei d e r F o r m u l i e r u n g eines Vertretervertrages auf die oben unter (5) definierte N e b e n b e d i n g u n g , mit der der E r w a r t u n g s n u t z e n des Agenten berücksichtigt wurde, verzichten u n d den Agenten zu der Handlungsweise „ z w i n g e n " , die seinen eigenen N u t z e n m a x i m i e r t (vgl. Rees [1985a, S. 6]). Dieses auch als „ f o r c i n g cont r a c t " bezeichnete E n t l o h n u n g s s c h e m a wird so formuliert, d a ß der A g e n t n u r d a n n einen Anteil am H a n d l u n g s e r g e b n i s erhält, wenn er d a s A n s t r e n g u n g s n i v e a u realisiert, mit d e m die W o h l f a h r t des Prinzipals maximiert wird. D e r Prinzipal m u ß d e m A g e n t e n lediglich zusichern, d a ß er bei d e m gewünschten Verhalten den Res e r v a t i o n s n u t z e n ( R ) erzielt. Die u n t e r diesen Voraussetzungen verwirklichte firstb e s t - L ö s u n g ist als Referenzwert f ü r die Effizienz der L ö s u n g e n a n z u s e h e n , die u n t e r Berücksichtigung unvollständiger T r a n s p a r e n z , Unsicherheit u n d vor allem unterschiedlicher Risikoeinstellungen erzielbar sind. U n t e r den gegebenen M a r k t u n v o l l k o m m e n h e i t e n ist ein Anreiz- und E n t l o h n u n g s s y s t e m immer d a n n die bestmögliche Lösung (second-best-solution), wenn das mit diesem erzielte Ergebnis die Differenz zur first-best-Lösung minimiert (vgl. hierzu im Überblick S p r e m a n n [1987, S. 13 ff.]). Risikoneutraler Prinzipal - Risikoneutraler Agent F ü r d e n Fall, d a ß s o w o h l der Prinzipal als a u c h der A g e n t risikoneutral ist, k ö n n e n relativ einfache L ö s u n g e n eines Agency-Vertrags f o r m u l i e r t werden. D e r Prinzipal k a n n einen Verteilungsvertrag konzipieren, bei dem er selbst ein k o n s t a n t e s , v o m Betriebsergebnis u n a b h ä n g i g e s F i x u m ( F p ) erhält u n d d e m Agenten d e n Residuale r t r a g überläßt. E n t s p r e c h e n d der o b e n in (3a) allgemeingültig f o r m u l i e r t e n F u n k tion f ü r die E n t l o h n u n g des Agenten (B (e)) ergibt sich hieraus: (7)

B ( e ) = k - e + FA = l - e + 0 - F

p

= e-Fp

M i t dieser Ergebnisverteilung wird sowohl die erstbeste Risikoallokation als auch die erstbeste Motivation f ü r den A g e n t e n bewirkt. Die G e f a h r , N u t z e n e i n b u ß e n d u r c h d a s eigennützige Verhalten d e r Agenten zu erleiden, besteht f ü r d e n Prinzipal nicht. D e r A g e n t t r ä g t nicht nur d a s gesamte Ertragsrisiko, er wählt d a r ü b e r hinaus a u c h d a s A n s t r e n g u n g s n i v e a u , d a s er a u s ü b e n w ü r d e , wenn er selbst Prinzipal w ä r e . Insofern entstehen d e m Prinzipal keine Agency-Kosten in der F o r m , d a ß er v o n dem f ü r ihn maximal möglichen Ergebnis Teile f ü r die E n t l o h n u n g an den A g e n t e n abtreten m u ß . Er setzt in d e m E n t l o h n u n g s v e r t r a g vielmehr f ü r sich selbst d e n F e s t b e t r a g (F p ) ein, den er bei A u s ü b u n g d e r H a n d l u n g e n glaubt, selbst erzielen

2. Agency Theorie

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zu können, und realisiert auf diese Weise die first-best-solution (vgl. Harris/Raviv [1976] oder Shavell [1979]). Risikoscheuer Prinzipal - Risikoneutraler Agent Gleiches gilt für eine Situation, in der der Agent weiterhin risikoneutral, der Prinzipal aber risikoscheu ist. Auch bei dieser Konstellation erhält der Auftraggeber (Prinzipal) ein fest vereinbartes Fixum und überläßt dem Agenten den Residualertrag seiner Handlungserfolge. Es k o m m t auf diese Weise sowohl zu einer paretooptimalen Risikoallokation als auch zu einer effizienten Ergebnisverteilung. D a Agency-Kosten f ü r den Prinzipal nicht anfallen, ist auch hier die erstbeste Lösung des Interessenkonfliktes zwischen Prinzipal und Agent möglich. Risikoneutraler Prinzipal - Risikoscheuer Agent Eine veränderte Situation ergibt sich erst, wenn sich der Agent risikoscheu verhält. U n a b h ä n g i g von der Risikoeinstellung des Prinzipals kann das in (7) abgebildete Entlohnungsschema in diesem Fall nicht mehr als Grundlage eines Vertretervertrages dienen. Wird dem Prinzipal eine risikoneutrale H a l t u n g unterstellt - und dieses ist in der überwiegenden Anzahl der Modelle der Fall - d a n n ist es zunächst noch relativ einfach, durch ein Anreizschema zumindest eine effiziente Risikoallokation herzustellen. Diese wird erreicht, wenn der Prinzipal das gesamte Erfolgsrisiko trägt und der Agent für seine Arbeit eine feste, vom erzielten Ergebnis unabhängige Vergütung erhält. F ü r das in Gleichung (3a) angegebene Entlohnungsschema hätte dieses zur Folge, d a ß die Konstante (k) gleich Null ist. Solange jedoch das Aktivitätsniveau des Agenten nicht beobachtet werden k a n n , wäre die hiermit vereinbarte Ergebnisverteilung zwischen Agent und Prinzipal alles andere als effizient. A u f g r u n d der festvereinbarten Entlohnung wird der Agent zur Maximierung seiner eigenen Wohlfahrt das geringstmögliche Aktivitätsniveau wählen u n d auf diese Weise eine Nutzenmaximierung des Prinzipals verhindern. Ein Anreiz, sich stärker einzusetzen, ergibt sich erst, wenn das Gehalt des Agenten zumindest zu einem Teil an das zu beobachtende Ergebnis gekoppelt wird. Die Konstante (k) m u ß entsprechend einen Wert größer Null annehmen. Durch diese Beteiligung am Erfolg seiner Handlungen trägt der Agent jedoch zwangsläufig auch einen Teil des Erfolgsrisikos und wird zum Abschluß eines Agentenvertrages nur bereit sein, wenn ihm hierfür eine Risikoprämie gezahlt wird. Bei der Formulierung eines effizienten Vertretervertrages stellt sich für den Prinzipal somit die Aufgabe, die pareto-optimale H ö h e der Risikoprämie festzusetzen. Hierbei k a n n er einerseits davon ausgehen, d a ß mit einer hohen Risikobeteiligung des Agenten auch dessen Motivation zunimmt, sich für ein hohes Periodenergebnis einzusetzen. Auf der anderen Seite steigt mit einer Abwälzung von Risiko auf den Agenten aber auch die von diesem geforderte Prämie und damit aus Sicht des Prinzipals der Preis (die Kosten) der Vertreterbeziehung. Hinzu k o m m t , d a ß von jeder Vereinbarung, die nicht nur dem Agenten, sondern auch dem Prinzipal einen variablen Teil des Periodenertrages zuweist, eine demotivierende W i r k u n g auf die Arbeitsmoral des Agenten ausgeht. Insofern wird deutlich, d a ß bei risikoscheuem Agenten eine erstbeste Lösung der Probleme aus Unsicherheit und Informationsasymmetrie nicht möglich ist. Ziel des Prinzipals m u ß es entsprechend sein, ein Anreizsystem zu formulieren, das die auftretenden Agency-Kosten in F o r m der Risikoprämie minimiert. Im Sinne einer pareto-optimalen Lösung der Agency-Probleme ist anzunehmen, d a ß diese um so höher ausfallen wird, je größer das Er-

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Kapitel IV: Neue Ansätze einer Modernen Theorie der Unternehmung

folgsrisiko, d. h. die Varianz des erwarteten Betriebsergebnisses ist, je stärker der Agent an diesem Risiko beteiligt werden soll und je stärker seine Risikoaversion ausgeprägt ist (Shavell [1979]). Risikoscheuer Prinzipal - Risikoscheuer Agent Eine ähnliche Konstellation ergibt sich auch für den Fall, in dem sich sowohl Prinzipal als auch Agent risikoscheu verhalten. Eine vollständige und aus Sicht des Prinzipals damit optimale Abwälzung des Umweltrisikos auf den Agenten würde diesen dazu veranlassen, den ihm angebotenen Agency-Vertrag abzulehnen. Zu einer Vertragsannahme kommt es erst, wenn auch der Prinzipal zumindest einen Teil des Risikos trägt. Holmström [1979] formuliert für diese ungleich komplexere Situation ein Anreizsystem, das neben dem zu beobachtenden Betriebsergebnis insbesondere die Variablen berücksichtigt, die die Risikoeinstellung von Prinzipal und Agent determinieren. Hierbei kommt er zu dem Ergebnis, daß der Anteil des Agenten am Betriebsergebnis um so größer ausfallen muß, je weniger risikoscheu dieser ist. Ist der Agent in Relation zu dem Prinzipal sehr risikoscheu, wird sein ergebnisabhängiger Lohnanteil vergleichsweise gering ausfallen. Zu einer gänzlichen Risikoübernahme durch den Prinzipal in der Form, daß der Agent nur ein Fixum erhält, kommt es jedoch in keinem Fall. In einer derartigen Konstellation bestände, wie oben schon angeführt, durch die Nichtbeteiligung am Betriebsergebnis für den Agenten keine Motivation zu einem hohen Anstrengungsniveau. Die Gefahr eines Wohlfahrtsverlustes durch das opportunistische Verhalten des Agenten wäre auf Seiten des Prinzipals entsprechend groß. Durch den nicht gänzlich auszuräumenden Zielkonflikt zwischen Risiko- und Ergebnisverteilung kann eine erstbeste Lösung des Agency-Problems auch hier nicht erzielt werden. Der Prinzipal muß in jedem Fall, unabhängig von dem Ausmaß seiner eigenen Risikoeinstellung, Agency-Kosten in Form einer Risikoprämie aufwenden und stellt sich insofern schlechter als in einer Welt ohne Unsicherheit und Informationsasymmetrie. Eine qualitative Aussage darüber, in welchem Umfang bei Risikoaversion des Agenten die erzielte second-best-Lösung von der erstbesten Lösung abweicht, hat Shavell [1979] aufgezeigt. Er kommt in seinem Modell zu dem Ergebnis, daß die bestmögliche Ergebnisverteilung immer dann sehr nah an der erstbesten liegt, d.h. die Kosten der Agency-Beziehung sehr niedrig sind, wenn die Arbeitseffizienz des Agenten entweder sehr gering oder aber sehr hoch ist. Anders ausgedrückt: bei sehr hoher (niedriger) Arbeitseffizienz des Agenten kann durch relativ kleine Entgeltänderungen ein vergleichsweise großer Anreiz für ein hohes Aktivitätsniveau geschaffen werden.

p

risikoneutral

risikoavers

risikoneutral

P = Fixum (Fp) A = Residualertrag (