Mit TRIZ zur Erfindung: Schnell und systematisch zur technischen Lösung 9783662671078, 9783662671085, 3662671077

Zur Lösung eines technischen Problems benötigt ein Erfinder technisches Know-How. Allerdings reicht technisches Know-How

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Mit TRIZ zur Erfindung: Schnell und systematisch zur technischen Lösung
 9783662671078, 9783662671085, 3662671077

Table of contents :
Vorwort
Gesetze
Inhaltsverzeichnis
Über die Autoren
Abkürzungen
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung
1.1 Was ist TRIZ?
1.2 Widerspruch als technische Aufgabe
1.3 Funktionsmodell
1.4 Ideale Maschine
1.5 Innovationscheckliste
1.6 Physikalische Effekte
1.7 Innovative Grundprinzipien
1.8 Stoff-Feld-Analyse/WEPOL-Analyse
1.9 Structurized Inventive Thinking
1.10 MZK-Operatoren
1.11 Zwerge-Methode
1.12 9-Felder-Denken
1.13 Widerspruchsmatrix
1.14 Antizipierende Fehler-Erkennung
2 Grundlagen des Patentrechts
2.1 Was ist eine Erfindung nach dem Patentgesetz?
2.2 Neuheit
2.3 Erfinderische Tätigkeit
2.4 Priorität
2.5 Wirkungen eines Patents
2.6 Gebrauchsmuster oder Patent?
2.7 Varianten von Patenten
2.7.1 Pioniererfindung
2.7.2 Abhängiges Patent
2.7.3 Umgehungslösung
2.8 Online-Zugriff auf Patentschriften
3 Recherche nach Patentdokumenten
3.1 Datenbank DEPATISnet des Deutschen Patent- und Markenamts
3.2 Espacenet des Europäischen Patentamts EPA
3.3 Patentscope des Internationalen Patentamts WIPO
3.4 Google Patents
4 Patentumgehung mit TRIZ
4.1 Patentgrundlage
4.2 Patentstrategie
4.3 Patentumgehung
4.4 Vereinfachter Algorithmus zur Patentumgehung
4.5 Patenthistorie
4.6 Zusammenfassung der Theorie der Patentumgehung
4.7 Umsetzungsbeispiel
5 Aufgabenstellung
5.1 Kurze Beschreibung des Problems
5.2 Ressourcen, Restriktionen, Grenzen
6 Widersprüche als Ausgangspunkt einer Lösung
6.1 Widerspruchsanalyse
6.2 Widerspruchsparameter
7 Physikalische Effekte
7.1 Temperatur messen
7.2 Temperatur erniedrigen
7.3 Temperatur erhöhen
7.4 Ort eines Objekts bestimmen
7.5 Bewegen eines festen Objekts
7.6 Bewegen eines Fluids
7.7 Aerosole bewegen
7.8 Herstellen einer Mischung
7.9 Entmischen
7.10 Fixieren eines Objekts
7.11 Einwirken einer Kraft
7.12 Reibungsänderung
7.13 Brechen eines Objekts
7.14 Speichern mechanischer oder elektrischer Energie
7.15 Übertragen von Energie
7.16 Räumliche Abmessungen bestimmen
7.17 Räumliche Abmessungen ändern
7.18 Oberflächeneigenschaften bestimmen
7.19 Oberflächeneigenschaften ändern
7.20 Bestimmen des Volumens
7.21 Ändern des Volumens
7.22 Ermitteln elektrischer und magnetischer Felder
7.23 Ermitteln von Strahlung
7.24 Erzeugen elektromagnetischer Strahlung
7.25 Erzeugen und Steuern von Licht
8 Grundlegende Innovationsprinzipien
8.1 Zerlegen bzw. Segmentieren
8.2 Trennen
8.3 Schaffen optimaler Bedingungen bzw. anpassen der örtlichen Qualität
8.4 Asymmetrie
8.5 Vereinigung zur Synergie
8.6 Mehrzwecknutzung
8.7 Verschachtelung bzw. Kaskadierung
8.8 Gegengewicht, Gegenmasse bzw. Gegenkraft durch aerodynamische, hydrodynamische, magnetische oder Federkräfte
8.9 Vorspannung bzw. vorgezogener entgegengerichteter Effekt
8.10 Vorbereitung eines eintretenden Ereignisses
8.11 Vorbeugen
8.12 Kürzester Weg
8.13 Umkehrung
8.14 Kugelform
8.15 Optimale Bedingungen durch Anpassung
8.16 Nicht komplette Lösung
8.17 Wechsel der Dimension
8.18 Anpassen der Umgebung des Objekts
8.19 Statt einer konstanten eine intervallartige oder periodische Arbeitsweise
8.20 Kontinuierlicher nützlicher Prozess
8.21 Beschleunigung
8.22 Aus einem Nachteil zum Vorteil
8.23 Rückkopplung bzw. Schädliches durch Schädliches neutralisieren
8.24 Das Unzulässige zulassen oder einen zusätzlichen Schritt zulassen
8.25 Selbststeuerung bzw. Selbstbedienung
8.26 Abbildungen, Modelle und Kopien nutzen
8.27 Langlebigkeit durch Kurzlebigkeit ersetzen
8.28 Wechsel zu einer höheren Form; Ersetzen eines mechanischen Verfahrens
8.29 Pneumatische und hydraulische Effekte
8.30 Elastizität, Dicke oder Durchmesser ändern
8.31 Magnetische Kräfte nutzen
8.32 Ändern der Farbe oder Nutzen von Transparenz
8.33 Gleichartigkeit der Werkstoffe
8.34 Nicht benötigte Teile entfernen
8.35 Ändern der physikalisch-technischen Struktur
9 Structurized Inventive Thinking
9.1 Subtraktion – weniger ist mehr
9.2 Multiplikation – Same same, but different!
9.3 Vereinigung – Use, what you have!
9.4 Division – divide et impera
9.5 Abhängigkeiten – alles ist relativ
9.6 Anwendung in der Praxis
9.7 Wo kann ich das nutzen?
10 Wege zur Idealität
10.1 Unnötige Funktionen eliminieren
10.2 Funktionen werden durch alternative physikalische Effekte erzeugt
10.3 Teile mehrfach nutzen
10.4 Selbsttätigkeitspotenziale
11 Stoff-Feld-Modell

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Thomas Heinz Meitinger Oliver Mayer Philipp Gasteiger

Mit TRIZ zur Erfindung Schnell und systematisch zur technischen Lösung

Mit TRIZ zur Erfindung

Thomas Heinz Meitinger · Oliver Mayer · Philipp Gasteiger

Mit TRIZ zur Erfindung Schnell und systematisch zur technischen Lösung

Thomas Heinz Meitinger Meitinger & Partner Patentanwalts PartGmbB München, Deutschland

Oliver Mayer Bayern Innovativ GmbH Nürnberg, Deutschland

Philipp Gasteiger STI-Consulting GmbH München, Deutschland

ISBN 978-3-662-67107-8 ISBN 978-3-662-67108-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Markus Braun Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Die Unternehmen stehen in einem zunehmend härter werdenden Wettbewerb, der nur von denjenigen Unternehmen bestanden wird, die auf allen Ebenen ihre innovativen Kräfte mobilisieren. Dieses Erfordernis der Innovationstätigkeit stellt viele Mitarbeiter vor erhebliche Nöte. Aus eigener Erfahrung als Patentanwalt, der mit Erfindern aus der Industrie zusammenarbeitet, ist mir die Belastung der Techniker und Entwicklungsingenieure bekannt. Dieses Buch wurde für diejenigen geschrieben, die nach Unterstützung suchen, um ihre Innovationsfähigkeit zu beflügeln. Eine Möglichkeit hierzu ist TRIZ, das einen systematischen Ansatz zur Lösung technischer Probleme bietet. Es gibt bereits eine Vielzahl an sehr guten Büchern, die sich der TRIZ-Methode widmen. Es ist nicht die Aufgabe des vorliegenden Buchs ein weiteres Werk zur Verfügung zu stellen, das die komplette Systematik von TRIZ vorstellt. Dieses Buch soll vielmehr eine praktische Anleitung zur schnellen Lösung technischer Probleme bieten. Es wird dem Leser dennoch die komplette TRIZ-Welt vorgestellt. Allerdings sind die beiden Kap. 7 und 8, die sich der praktischen Ideenfindung widmen, die umfangreichsten Kapitel. In diesen Kap. 7 und 8 werden die Lösungsmöglichkeiten anhand TRIZ mit vielen Beispielen konkreter Patente und Gebrauchsmuster vorgestellt. Ich möchte meinen Co-Autoren, Herrn Professor Dr. Mayer und Herrn Gasteiger, herzlich für ihren Beitrag zum Gelingen dieses Buchs danken. Herr Professor Mayer hat die beiden Kap. 4 und 5 und Herr Gasteiger hat das Kap. 9 geschrieben. Die restlichen Kap. 1 bis 3, 6 bis 8, 10 und 11 stammen aus meiner Feder. München im Mai 2022

Patentanwalt Dr. Thomas Heinz Meitinger

V

Gesetze

EPÜ Europäisches Patentübereinkommen in der Fassung der Revisionsakte vom 29. November 2000 und des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 zur Annahme der Neufassung des Europäischen Patentübereinkommens (ABl. EPA, Sonderausgaben Nr. 4/2001, Seiten 56 ff.; Nr. 1/2003, Seiten 3 ff.; Nr. 1/2007, Seiten 1–88) und der Ausführungsordnung in der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 7. Dezember 2006 (ABl. EPA, Sonderausgabe Nr. 1/2007, Seiten 89 ff.), später geändert durch die Beschlüsse des Verwaltungsrats vom 6. März 2008 (ABl. EPA 2008, 124), vom 21. Oktober 2008 (ABl. EPA 2008, 513), vom 25. März 2009 (ABl. EPA 2009, 296 und 299), vom 27. Oktober 2009 (ABl. EPA 2009, 582), vom 28. Oktober 2009 (ABl. EPA 2009, 585), vom 26. Oktober 2010 (ABl. EPA 2010, 568, 634 und 637), vom 27. Juni 2012 (ABl. EPA 2012, 442), vom 16. Oktober 2013 (ABl. EPA 2013, 501 und 503), vom 13. Dezember 2013 (ABl. EPA 2014, A3 und A4), vom 15. Oktober 2014 (ABl. EPA 2015, A17), vom 14. Oktober 2015 (ABl. EPA 2015, A82 und A83), vom 30. Juni 2016 (ABl. EPA 2016, A100), vom 14. Dezember 2016 (ABl. EPA 2016, A102), vom 28. Juni 2017 (ABl. EPA 2017, A55), vom 29. Juni 2017 (ABl. EPA 2017, A56), vom 13. Dezember 2017 (ABl. EPA 2018, A2), vom 28. Juni 2018 (ABl. EPA 2018, A57), vom 28. März 2019 (ABl. EPA 2019, A31), vom 12. Dezember 2019 (ABl. EPA 2020, A5) und vom 27. März 2020 (ABl. EPA 2020, A36). Gebrauchsmustergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 1986 (BGBl. I S. 1455), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist. Gebrauchsmusterverordnung vom 11. Mai 2004 (BGBl. I S. 890), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 12. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2446) geändert worden ist. Patentgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 (BGBl. 1981 I S. 1), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3546) geändert worden ist. VII

VIII

Gesetze

Patentkostengesetz vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3656), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2357) geändert worden ist. Patentverordnung vom 1. September 2003 (BGBl. I S. 1702), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 12. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2446) geändert worden ist. PCT Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens unterzeichnet in Washington am 19. Juni 1970, geändert am 28. September 1979, am 3. Februar 1984 und am 3. Oktober 2001. PVÜ Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. Marz 1883, revidiert in BRÜSSEL am 14. Dezember 1900, in WASHINGTON am 2. Juni l911, im HAAG am 6. November 1925, in LONDON am 2. Juni 193, in LISSABON am 31. Oktober 1958 und in STOCKHOLM am 14. Juli 1967 und geändert am 2. Oktober 1979.

Inhaltsverzeichnis

1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Was ist TRIZ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Widerspruch als technische Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Funktionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Ideale Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Innovationscheckliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Physikalische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Innovative Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Stoff-Feld-Analyse/WEPOL-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Structurized Inventive Thinking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.10 MZK-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.11 Zwerge-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.12 9-Felder-Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.13 Widerspruchsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.14 Antizipierende Fehler-Erkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 3 3 4 6 6 6 6 7 7 8 8 9

2

Grundlagen des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Was ist eine Erfindung nach dem Patentgesetz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Neuheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Erfinderische Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Priorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Wirkungen eines Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Gebrauchsmuster oder Patent? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Varianten von Patenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Pioniererfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Abhängiges Patent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.3 Umgehungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Online-Zugriff auf Patentschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 13 13 14 14 14 15 16 17 17 17 18

IX

X

Inhaltsverzeichnis

3

Recherche nach Patentdokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Datenbank DEPATISnet des Deutschen Patent- und Markenamts . . . . . 3.2 Espacenet des Europäischen Patentamts EPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Patentscope des Internationalen Patentamts WIPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Google Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 23 24 25 25

4

Patentumgehung mit TRIZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Patentgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Patentstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Patentumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Vereinfachter Algorithmus zur Patentumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Patenthistorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Zusammenfassung der Theorie der Patentumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Umsetzungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 30 30 31 31 32 32

5

Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Kurze Beschreibung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Ressourcen, Restriktionen, Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 40 43

6

Widersprüche als Ausgangspunkt einer Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Widerspruchsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Widerspruchsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 46

7

Physikalische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Temperatur messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Temperatur erniedrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Temperatur erhöhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Ort eines Objekts bestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Bewegen eines festen Objekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Bewegen eines Fluids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Aerosole bewegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.8 Herstellen einer Mischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.9 Entmischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.10 Fixieren eines Objekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.11 Einwirken einer Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.12 Reibungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.13 Brechen eines Objekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.14 Speichern mechanischer oder elektrischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.15 Übertragen von Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.16 Räumliche Abmessungen bestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.17 Räumliche Abmessungen ändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.18 Oberflächeneigenschaften bestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.19 Oberflächeneigenschaften ändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 50 52 54 58 59 61 62 64 68 71 73 73 74 75 78 78 81 81

Inhaltsverzeichnis

7.20 7.21 7.22 7.23 7.24 7.25 8

XI

Bestimmen des Volumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ändern des Volumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermitteln elektrischer und magnetischer Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermitteln von Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erzeugen elektromagnetischer Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erzeugen und Steuern von Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 84 84 84 86 86

Grundlegende Innovationsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Zerlegen bzw. Segmentieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Trennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Schaffen optimaler Bedingungen bzw. anpassen der örtlichen Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Asymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Vereinigung zur Synergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Mehrzwecknutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Verschachtelung bzw. Kaskadierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.8 Gegengewicht, Gegenmasse bzw. Gegenkraft durch aerodynamische, hydrodynamische, magnetische oder Federkräfte . . . . 8.9 Vorspannung bzw. vorgezogener entgegengerichteter Effekt . . . . . . . . . 8.10 Vorbereitung eines eintretenden Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.11 Vorbeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12 Kürzester Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.13 Umkehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.14 Kugelform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.15 Optimale Bedingungen durch Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.16 Nicht komplette Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.17 Wechsel der Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.18 Anpassen der Umgebung des Objekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.19 Statt einer konstanten eine intervallartige oder periodische Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.20 Kontinuierlicher nützlicher Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.21 Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.22 Aus einem Nachteil zum Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.23 Rückkopplung bzw. Schädliches durch Schädliches neutralisieren . . . . 8.24 Das Unzulässige zulassen oder einen zusätzlichen Schritt zulassen . . . 8.25 Selbststeuerung bzw. Selbstbedienung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.26 Abbildungen, Modelle und Kopien nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.27 Langlebigkeit durch Kurzlebigkeit ersetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.28 Wechsel zu einer höheren Form; Ersetzen eines mechanischen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.29 Pneumatische und hydraulische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.30 Elastizität, Dicke oder Durchmesser ändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 89 92 96 98 99 100 104 106 109 112 114 116 117 119 121 126 127 133 135 137 139 141 146 147 150 153 156 158 161 166

XII

Inhaltsverzeichnis

8.31 8.32 8.33 8.34 8.35

Magnetische Kräfte nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ändern der Farbe oder Nutzen von Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichartigkeit der Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht benötigte Teile entfernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ändern der physikalisch-technischen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168 171 172 174 175

Structurized Inventive Thinking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Subtraktion – weniger ist mehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Multiplikation – Same same, but different! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Vereinigung – Use, what you have! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Division – divide et impera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Abhängigkeiten – alles ist relativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Anwendung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.7 Wo kann ich das nutzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185 190 192 193 194 195 197 198

10 Wege zur Idealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Unnötige Funktionen eliminieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Funktionen werden durch alternative physikalische Effekte erzeugt . . . 10.3 Teile mehrfach nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Selbsttätigkeitspotenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199 200 200 200 200

11 Stoff-Feld-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203

9

Über die Autoren

Patentanwalt Dr. Thomas Heinz Meitinger ist deutscher und europäischer Patentanwalt. Er ist der Managing Partner der Meitinger & Partner Patentanwalts PartGmbB. Die Meitinger & Partner Patentanwalts PartGmbB ist eine mittelständische Patentanwaltskanzlei in München. Nach einem Studium der Elektrotechnik in Karlsruhe arbeitete er zunächst als Entwicklungsingenieur. Spätere Stationen waren Tätigkeiten als Produktionsleiter und technischer Leiter in mittelständischen Unternehmen. Dr. Meitinger veröffentlicht regelmäßig wissenschaftliche Artikel, schreibt Fachbücher zum gewerblichen Rechtsschutz und hält Vorträge zu Themen des Patent-, Marken- und Designrechts. Dr. Meitinger ist Dipl.-Ing. (Univ.) und Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH). Außerdem führt er folgende Mastertitel: LL.M., LL.M., MBA, MBA, M.A. und M.Sc. Aus der Feder von Herrn Dr. Meitinger stammen die Kap. 1 bis 3, 6 bis 8, 10 und 11 dieses Buches. Prof. Oliver Mayer ist Leiter des Bereichs Energie bei der Bayern Innovativ GmbH in Nürnberg. Prof. Mayer hat sein Studium an der Technischen Universität München (TUM) abgeschlossen. Er promovierte an der Universität der Bundeswehr in Deutschland zum Dr.-Ing. über solare Wasserförderung. Nachdem er zwei Jahre lang als Berater für solare Wasseraufbereitung in mehreren Entwicklungsländern gearbeitet hatte, trat er in die Firma KMW ein und verantwortete die Systemlogistik. 2004 wechselte Prof. Mayer zur neu eröffneten General Electric-Forschungseinrichtung für Europa in München. Er war verantwortlich für dezentrale, hybride Energieerzeugung sowie Innovationsmethodik und Qualitätsmanagement. Seit 2007 beschäftigt sich Prof. Mayer mit TRIZ. XIII

XIV

Über die Autoren

Heute ist er einer von zwei TRIZ-Master in Deutschland. 2019 wechselte er zur Bayern Innovativ GmbH und leitete dort den Cluster Energietechnik. Seit 2020 ist er für den Gesamtbereich Energie zuständig. [email protected] Aus der Feder von Herrn Professor Dr. Mayer stammen die Kap. 4 und 5 dieses Buches. Dipl.-Ing. Philipp Gasteiger ist Unternehmensberater, Produkt-, Prozess- und Innovationsspezialist in München und hat vielschichtige Erfahrung in unterschiedlichsten Branchen und Methoden sammeln können. Er war zuvor Facilitator bei einer Innovationsberatung aus Israel und leitete eigene Start-Ups im IT- und Online-Bereich. Damals lernte er die SIT-Methode kennen, die er über die Jahre in knapp einhundert Workshops und Trainings weiterentwickelte. Neben seiner Erfahrung in Strategie- und Innovationsmanagement ist er auch mit Methoden wie Lean Six Sigma, Scrum, Lean Start-Up, TRIZ und Design Thinking bestens vertraut. Herr Gasteiger stammt aus München und studierte dort an der Technischen Universität Bauingenieurwesen mit Fokus auf Verkehrs- und Stadtplanung. Über vernetzte Verkehrssteuerungsprojekte lernte er als technikbegeisterter Ingenieur schon früh die Möglichkeiten des Internets und der Digitalisierung kennen. So gründete er 1999, noch während seines Studiums, sein erstes Online-Start-Up mit Projekten rund um regionale Online-Portale, E-Commerce und Preisvergleich und entwickelte daraus erfolgreiche Unternehmen. Seine Erfahrungen als Gründer und Organisationsentwickler sind heute Teil seiner Sicht auf Innovationsprozesse und die Grundlage seiner agilen Vorgehensweisen. Aus der Feder von Herrn Philipp Gasteiger stammt das Kap. 9 dieses Buches.

Abkürzungen

BGH BPatG DPMA EPA EPÜ PCT WIPO

Bundesgerichtshof Bundespatentgericht Deutsches Patent- und Markenamt Europäisches Patentamt Europäisches Patentübereinkommen Patent Cooperation Treaty World Intellectual Property Organization

XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

1.1 1.2 1.3 2.1 2.2 2.3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4.1 4.2

Abb. 4.3 Abb. 4.4 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

5.1 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10

Grundkonzept von TRIZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel eines Funktionsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsmodell eines Automobils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstiegsmaske DPMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstiegsmaske DEPATISnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Basisrecherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DEPATISnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Espacenet Smart Search . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Espacenet erweiterte Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patentscope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Google Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistung einer Windturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RAM-jet Engine für Notfallstromversorgung eines Flugzeugs (© Emt147 [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/lic enses/by-sa/2.5)]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsanalyse des Patentes (Source: GE-GRC Munich, ETS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsanalyse des Patentes mit getrimmten Komponenten (Source: GE-GRC Munich, ETS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . System, Prozess, Funktion und Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 4 der DE112018003232B4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE602004001444T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE102020205183A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1A, 1B, 1C und 1D der DE112010001217T5 . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US2540036 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der US363320 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 bis 5A der US4064428 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2 und 3 der DE129974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE202013103234U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE911056 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 3 8 19 20 21 24 25 26 26 27 33

34 37 38 40 50 51 51 53 54 55 56 57 58 59 XVII

XVIII

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

Abbildungsverzeichnis

7.11 7.12 7.13 7.14 7.15 7.16 7.17 7.18 7.19 7.20 7.21 7.22 7.23 7.24 7.25 7.26 7.27 7.28 7.29 7.30 7.31 7.32 7.33 7.34 7.35 7.36 7.37 7.38 7.39 7.40 7.41 7.42 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9

Fig. 1 und 2 der US293545 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Venturi-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weissenberg-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE102019122981A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE102012019020A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 5 der DE10394232T5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 7 der DE10394232T5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE12509A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 1 und 2 der DE505824 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE403001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE487180 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE415459 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der US1102653 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE69900433T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE417978 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der US514169 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE1250A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE112014005267T5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE328543A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE2629641 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE202020106297U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 bis 5 der DE1273719A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Moiré-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE202017100914U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapazitiver Abstandssensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE202007018014U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE4008141A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE1789046B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 4 der EP2817856B1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE1051400A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE2629641 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE2445369C2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innovationsprinzip „Segmentieren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US20210331749A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der US20200201042A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 18 der US20150271307A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US2967393 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Dampfmaschinen von Newcomen und Watt . . . . . . . . Fig. 1 der US451384 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE202020102801U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 20 der DE102019105738A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 61 61 63 64 65 65 66 67 68 69 70 71 72 73 75 76 76 77 78 79 80 81 82 83 83 85 85 86 87 87 88 90 91 92 93 94 95 96 97 98

Abbildungsverzeichnis

XIX

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

98 99 101 102 102 103 103 104 105 106 107 108 109 110 110 111 111 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 122 123 124 125 125 126 128 128 129 130 130 131

8.10 8.11 8.12 8.13 8.14 8.15 8.16 8.17 8.18 8.19 8.20 8.21 8.22 8.23 8.24 8.25 8.26 8.27 8.28 8.29 8.30 8.31 8.32 8.33 8.34 8.35 8.36 8.37 8.38 8.39 8.40 8.41 8.42 8.43 8.44 8.45 8.46 8.47 8.48 8.49 8.50

Fig. der DE262913 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bifokalbrille von Benjamin Franklin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweizer Taschenmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE102011110312B4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrfachnutzung eines Rohrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US415072 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE202019004288U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der EP2894509 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel einer Verschachtelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 4 der DE455933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transrapid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Treibscheibenförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 6 der DE102013221350A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE1247893B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE102014210057A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 1 und 2 der DE755324A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fliehkraftregler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hauptanspruch der AT51097B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der US465588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der EP171576 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE60118523T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE896312 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1A der US10833379B2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US2390636 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 7 der US637526 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der US5655909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE19531522C2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US3541541 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 1 und 2 der DE508286 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatisches Dimmen der Beleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE3738007A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der US435995A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der EP1600597A2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE102004062998B4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der US10035548B2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klappbarer Transportkarren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bild 2 der DE202006009613U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US5363594 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 11 der US5363594 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE202004005763U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 18 der DE202004005763U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XX

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

Abbildungsverzeichnis

8.51 8.52 8.53 8.54 8.55 8.56 8.57 8.58 8.59 8.60 8.61 8.62 8.63 8.64 8.65 8.66 8.67 8.68 8.69 8.70 8.71 8.72 8.73 8.74 8.75 8.76 8.77 8.78 8.79 8.80 8.81 8.82 8.83 8.84 8.85 8.86 8.87 8.88 8.89 8.90 8.91

Fig. 2 der EP154667 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der EP3793023A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US 223898 der Glühbirne von Thomas Alva Edison . . . . Gekapselter Hochspannungsschalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 2 der DE1922364U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der EP2140977B1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 der DE10219693A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 6, 7, 8 und 9 der EP264673A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der EP49339A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US984254 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 4 der US984254 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2, 3, 4 und 5 der US1773080A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE102017107912A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patentschrift GB185401072A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE10254608A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der EP593999A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE204630 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslöschung durch gegensinnige Überlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der EP2103378A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 3 und 4 der DEP31254DAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 5 und 6 der DE1097117 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE4431085C1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Newcomen-Dampfmaschine erster Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Newcomen-Dampfmaschine zweiter Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 5 und 6 der DE1097117 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der EP76928 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der US2099857A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE1489148A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der EP572787A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patentschrift DE81094 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 6 der DE2300345A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2, 3 und 4 der US408712A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2, 3 und 4 der US 375962A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der EP1216A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der US233692 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2, 3 und 4 der US3495679 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 15 bis 23 der US3142599 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 bis 5 der EP2057916 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 5 der US3780621A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE1944646 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 3 bis 8 der US2906143A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

132 133 134 135 136 137 138 138 140 141 141 142 143 144 144 145 146 147 148 149 150 150 151 152 153 154 155 155 156 157 158 159 160 160 162 163 164 165 166 167 168

Abbildungsverzeichnis

XXI

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

169 170 171 172 173 174 176 177 178 179 180 181 182 183 204 204 205 205

8.92 8.93 8.94 8.95 8.96 8.97 8.98 8.99 8.100 8.101 8.102 8.103 8.104 8.105 11.1 11.2 11.3 11.4

Fig. 9 bis 12 der US2906143A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der US132A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE29510983U1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 und 3 der EP1189094A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 der DE102006049633A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE1496474A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 1 und 2 der DE570511A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 7 der US174465A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 7 der US372786 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 3 und 4 der US1505592A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 2 der DE1986141U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1, 2 und 3 der EP45007A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. 1 und 2 der DE6907975U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fig. der DE1770275U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzip des Elektromotors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung eines Stoff-Feld-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoff-Feld-Modell für das Wirken der Schwerkraft . . . . . . . . . . . . . . . Stoff-Feld-Modell eines Elektromotors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Tabellenverzeichnis

Tab. Tab. Tab. Tab.

1.1 2.1 2.2 6.1

Widerspruchsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte des Patentinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patent versus Gebrauchsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruchsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 15 16 48

XXIII

1

Einführung

In dem Einführungskapitel werden die wesentlichen Elemente von TRIZ kurz erläutert. Hierdurch soll ein grundlegendes Verständnis für die Möglichkeiten von TRIZ geschaffen werden. Das Einführungskapitel, das sich mit dem grundsätzlichen TRIZ-System befasst, muss nicht als erstes gelesen werden, um die nachfolgenden Kapitel zu verstehen. Alternativ kann sofort in diejenigen Kapitel eingestiegen werden, die eine Lösung des eigenen technischen Problems verheißen. Dieses Einführungskapitel stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger. Im Wesentlichen läuft eine Lösung mittels TRIZ nach dem Schema ab, dass das zu lösende Problem zunächst auf eine Meta-Ebene transformiert wird und sich dadurch ein allgemeines technisches Problem ergibt. In dieser Meta-Ebene gibt es bereits geeignete allgemeine Lösungen. Die gewählte Lösung muss dann für das konkrete technische Problem passend gemacht werden. Die Abb. 1.1 verdeutlicht die allgemeine Vorgehensweise der TRIZ-Lösungsansätze. Genrich Saulowitsch Altschuller (geboren am 15. Oktober 1926 in Taschkent, Usbekistan; gestorben am 24. September 1998 in Petrosawodosk, Russische Föderation) war ein Ingenieur und Wissenschaftler. Altschuller entwickelte anhand der Analyse von Patenten systematische Verfahren zum Lösen technischer Aufgaben, die unter der Bezeichnung TRIZ zusammengefasst werden. Außerdem stammt von ihm ein Algorithmus zur Problemlösung, der als ARIZ benannt ist.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_1

1

2

1 Einführung

Abb. 1.1 Grundkonzept von TRIZ

Für Altschuller war es naheliegend, Innovationsprinzipien anhand von Patenten zu untersuchen, denn in einem Patent muss der Lösungsweg beschrieben werden. Altschuller konnte daher anhand der Patentschriften das jeweilige technische Problem und die dazugehörende Lösung ermitteln.

1.1

Was ist TRIZ?

TRIZ ist eine Sammlung von Methoden zur Lösung technischer Probleme. TRIZ ist ein russisches Akronym und steht für „Theorie des erfinderischen Problemlösens“. Mit den TRIZ-Methoden werden Grundprinzipien zur Lösung technischer Probleme auf hohem Niveau bereitgestellt. Altschuller war davon überzeugt, dass einzelne Erfindungen Teilschritte zu einem idealen Design darstellen. Jede Erfindung ist ein Evolutionsschritt, um approximativ zum idealen Produkt mit idealen Eigenschaften zu gelangen. Altschuller glaubte, dass diese Evolutionsprozesse immer nach dem gleichen Verfahren ablaufen, da die Schaffung von Erfindungen nur mit einer endlichen Anzahl an Methoden erfolgen kann. Entsprechend ging Altschuller davon aus, dass durch die Analyse einer genügend großen Anzahl an Patentschriften sämtliche möglichen Erfindungsverfahren ermittelt werden können.

1.2

Widerspruch als technische Aufgabe

Altschuller sah den ersten Schritt in der Lösung eines Problems in dem Erkennen des Widerspruchs zwischen der Realität und einem hierzu vermeintlich unvereinbaren Idealzustand. Der Unterschied bzw. Widerspruch zwischen der Realität und dem Wunschzustand

1.4

Ideale Maschine

3

Abb. 1.2 Beispiel eines Funktionsmodells

ergibt die technische Aufgabe. Beispielsweise ergibt sich ein Widerspruch, wenn man eine stabile Brücke bauen will, die aber gleichzeitig ein geringes Gewicht aufweisen soll, denn eine hohe mechanische Stabilität erfordert üblicherweise viel Material und hierdurch ergibt sich ein hohes Gewicht. Die Bedeutung der Widersprüche bei der Lösung technischer Aufgaben wurde Altschuller durch seine Patentanalysen klar. Das Auflösen eines festgestellten Widerspruchs führte regelmäßig zur gewünschten Erfindung. Altschuller wurde bewusst, dass der Widerspruch zu suchen und formulieren ist, um zur technischen Erfindung zu gelangen. Ein wesentlicher Aspekt von TRIZ ist daher die Fokussierung auf die Widersprüche, um das tatsächliche technische Problem zu verstehen.

1.3

Funktionsmodell

TRIZ arbeitet mit der Zergliederung von Erzeugnissen und Verfahren in Funktionen, wobei nützliche Funktionen und schädliche Funktionen unterschieden werden. Nützliche Funktionen sind zu verstärken und schädliche Funktionen sind auszuschalten oder zumindest abzuschwächen. Mit einer Funktion kann ein Ziel erreicht werden. Funktionen werden mit einem Substantiv und einem Verb beschrieben, beispielsweise „Temperatur messen“ oder „Wasser absaugen“. Funktionen können visuell durch Blöcke oder Kreise dargestellt werden, wobei Funktionen durch Pfeile verbunden sein können, die als „sorgt für“, „verursacht“, „beseitigt“ oder „behindert“, etc. verstanden werden können. In der Abb. 1.2 sind drei Funktionen dargestellt, nämlich „1: Hand greift in“, „2: Lichtschranke erzeugt“, „3: Alarm schließt Tür“. Durch eine derartige Zergliederung können einzelne Funktionen auf deren Nützlichkeit geprüft und optimiert werden. Werden Funktionen ermittelt, die schädliche Folgen haben, können diese eventuell eliminiert oder zumindest reduziert werden. Außerdem können andere Funktionen, die keinen wesentlichen Beitrag leisten, entfallen. Schließlich kann die Funktionsanalyse Funktionen ermitteln, die eventuell zusammengelegt werden können, wodurch sich die Vorrichtung oder das Verfahren vereinfachen und damit effizienter machen lässt.

1.4

Ideale Maschine

Altschuller folgerte aus seinen Erkenntnissen, dass es bei jedem Produkt eine konstante Weiterentwicklung zu einer Idealität gibt. Außerdem ging er von einer idealen

4

1 Einführung

Maschine aus, zu der jede Entwicklungstätigkeit führt und endet. Ein Beispiel für eine derartige, konstante Weiterentwicklung ist der Verbrennungsmotor, der mittlerweile auf dem Stand eines technischen Meisterwerks ist. Allerdings wird nun die Evolution des Verbrennungsmotors beendet, denn der Elektromotor hat sich mittlerweile als Ersatz etabliert. Eine ideale Maschine zeichnet sich dadurch aus, dass alle nützlichen Funktionen maximiert und alle schädlichen Funktionen minimiert sind. Es gibt daher grundsätzlich sechs Strategien, um zur idealen Maschine zu gelangen: • Vermeiden von Funktionen, die nur unterstützen: Es gibt Hilfsfunktionen, die nur eine sekundäre, unterstützende Funktion aufweisen. Diese Hilfsfunktionen können schädliche oder nachteilige Merkmale aufweisen. Eventuell können sie entfallen oder durch andere Hilfsfunktionen ersetzt werden, die weniger nachteilig sind. • Minimieren der Anzahl der Teile: Eventuell können einzelne Teile eines Systems entfallen, falls die Funktionen, die diese Teile erfüllen, von anderen Teilen des Systems zusätzlich übernommen werden. • Selbstbetätigungspotenziale nutzen: „Selbstbetätigungspotenziale“ sind zu bevorzugen. Hierdurch wird das System wartungsfreundlicher bzw. es können Teile oder Vorgänge entfallen. • Ersetzen einzelner Teile: Sehr komplexe Maschinen sollen „vereinfacht“ werden, damit diese wartungsfreundlich und im Betrieb „robust“ sind. Hierzu können Funktionen zusammengefasst werden oder Funktionen dadurch entfallen, dass die Wirkung der Naturgesetze (Schwerkraft und Magnetismus) genutzt werden. • Ein effektives Funktionsprinzip anwenden, beispielsweise ein mechanisches durch ein elektronisches System ersetzen. • Vorhandene Ressourcen optimal nutzen.

1.5

Innovationscheckliste

Bevor es an die eigentliche Problemlösung geht, sollte eine intensive Beschäftigung mit dem Problem, dem gewünschten Ergebnis und den zu beachtenden Restriktionen erfolgen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nicht zunächst eine spezielle Problemlösung angestrebt wird und in diese Zeit und Aufwand investiert wird, um dann festzustellen, dass diese von Anfang an untauglich war. In der Praxis haben sich Checklisten bewährt, um sicherzustellen, dass kein wesentlicher Aspekt der Problemlösungsaufgabe vergessen wird. Durch die Checkliste sollen folgende Punkte abgefragt werden:

1.5

Innovationscheckliste

5

In welchem System ist die Erfindung? • Beschreibung der technischen Aufgabe • Ist die Erfindung ein Teil eines Systems? Was ist das Obersystem? Welche Randbedingungen bestehen daher? • Welche Funktion soll die Erfindung erfüllen? Welche Funktion wurde bislang erfüllt? Wie sieht das Problem konkret aus? • • • •

Welche Eigenschaft, welche Funktion soll verbessert werden? Welcher Nachteil liegt vor und welcher Vorteil wird angestrebt? Wie tritt der Nachteil ein? Gibt es Randprobleme, die ebenfalls gelöst werden müssen?

Stand der Technik? • Welchen vorbekannten Stand der Technik gibt es? • Welche Eigenschaften, welche Funktionen weist der Stand der Technik auf? • Welche Nachteile hat der Stand der Technik? Wie kann das Problem gelöst werden? • Welche Ressourcen liegen vor? • Was ist der Lösungsraum? • Welche Änderungen sind möglich? Welche weiteren Randbedingungen sind zu beachten? • Zeit • Kosten • Aufwand

6

1.6

1 Einführung

Physikalische Effekte

Es gibt eine Anzahl an physikalischen Effekten, mit denen klassische ingenieurwissenschaftliche Aufgaben gelöst werden können. Mithilfe dieser Effekte können typische technische Aufgaben, beispielsweise eine Temperaturmessung oder das Erzeugen einer Anziehungskraft, einfach gelöst werden. Die physikalischen Effekte werden im Kap. 7 ausführlich vorgestellt.

1.7

Innovative Grundprinzipien

Altschuller war davon überzeugt, dass es eine begrenzte Anzahl an Lösungsprinzipien für technische Aufgaben gibt. Altschuller ermittelte 35 Lösungsprinzipien, die aus seiner Sicht grundlegende Lösungsansätze darstellen. Diese Lösungsprinzipien werden im Kap. 8 präsentiert.

1.8

Stoff-Feld-Analyse/WEPOL-Analyse

Die WEPOL-Analyse basiert auf der Erkenntnis, dass ein technisches System aus zwei miteinander in Beziehung stehenden Objekten und mindestens einem Feld besteht. Das Feld kann sich beispielsweise durch die Massenanziehung bzw. die Schwerkraft, durch ein Magnetfeld, durch ein elektromagnetisches Feld, durch ein elektrostatisches Feld, durch ein Temperaturfeld, durch ein Zentrifugalfeld, durch ein akustisches Feld oder durch ein mechanisches Feld ergeben. Zwischen den beiden Objekten wirkt das Feld, beispielsweise die Schwerkraft oder das Magnetfeld. Das Besondere des Stoff-Feld-Modells ist, dass nicht ein komplettes System, sondern nur ein Teilsystem untersucht wird, das aus zwei Elementen und der Wirkung zwischen diesen besteht.

1.9

Structurized Inventive Thinking

Das Structurized Inventive Thinking (SIT) stellt ein vereinfachtes TRIZ-System dar, bei dem nicht mit 35 innovativen Grundprinzipien, sondern mit nur vier grundlegenden Lösungsprinzipien gearbeitet wird. Das Structurized Inventive Thinking basiert insbesondere auf dem Closed-World-Prinzip, das besagt, dass technische Lösungen oft durch kleine Änderungen des bestehenden Systems erzeugt werden können. Das Structurized Inventive Thinking wird detailliert im Kap. 9 beschrieben. Die vier grundlegenden Lösungsprinzipien von Structurized Inventive Thinking sind:

1.11

Zwerge-Methode

7

1. Vereinigungstechnik: Hierbei übernehmen die vorhandenen Elemente eines Systems neue Funktionen. 2. Vervielfältigungstechnik: Es werden in einem System bereits vorhandene Systeme vervielfacht. 3. Teilungstechnik: Ein System wird neu zergliedert und die einzelnen Elemente übernehmen neue Aufgaben. 4. Aufbrechungstechnik: Einheiten werden aufgebrochen.

1.10

MZK-Operatoren

MZK ist das Akronym für Maße, Zeit und Kosten. Die Grundidee der Anwendung der MZK-Operatoren ist es, die Operatoren Maße, Zeit und Kosten zu erhöhen oder zu verringern. Das Arbeiten mit den MZK-Operatoren soll helfen, Denkblockaden zu überwinden. Hierbei werden extreme Situationen bezüglich dieser Aspekte gedanklich durchgespielt. Folgende Fragen können gestellt werden: • Maße: Was passiert, falls das System stetig verkleinert oder vergrößert wird? Was ergibt sich, falls das betreffende Produkt sehr groß oder sehr klein ist? Was passiert, falls sehr viele oder sehr wenige Bauteile vorliegen? • Zeit: Was passiert, falls einzelne Vorgänge in dem System schneller oder langsamer ablaufen? • Kosten: Was passiert, wenn die Kosten erhöht oder gesenkt werden? Was ergibt sich, falls die Bauteile sehr teuer oder sehr billig sind? Diese Methode kann auf alle Parameter eines Verfahrens oder eines Produkts angewandt werden. Es ist empfehlenswert, zunächst mit den systemrelevanten Parametern zu beginnen. Aus diesen Fragestellungen ergeben sich mögliche Realisierungs-Intervalle. Insbesondere kann ein existierendes Lösungskonzept optimiert werden.

1.11

Zwerge-Methode

Bei der Zwerge-Methode stellt man sich eine große Anzahl von Zwergen vor, die jeweils eine kleine Kraft ausüben können, wobei die Richtung der Kraft unterschiedlich sein kann. Auf diese Weise kann man analysieren, wo welche Kräfte erforderlich sind und wie und in welche Richtung diese wirken müssen.

8

1 Einführung

Abb. 1.3 Funktionsmodell eines Automobils

1.12

9-Felder-Denken

Es wird für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft das zu verbessernde System betrachtet. Durch die Hinzunahme der Zeitdimension (Vergangenheit, aktuelle Situation und prognostizierte Zukunft) soll der Denkhorizont erweitert werden. Außerdem werden die Bestandteile des Systems und dessen jeweilige Umgebung, das sogenannte Obersystem, analysiert. Ausgehend von einem zu optimierenden System wird an dessen Untersystem, das Obersystem, an das System in der Vergangenheit und in der Zukunft und an das jeweilige Ober- und Untersystem gedacht, wodurch sich für den Erfinder neue Sichtweisen ergeben. Diese neuen Perspektiven ermöglichen eventuell eine Lösung des technischen Problems aus einer anderen Richtung (Abb. 1.3).

1.13

Widerspruchsmatrix

Es ist eine Binsenweisheit für jeden Entwickler, dass ein neues Produkt mit einer wünschenswerten Eigenschaft zumeist auch eine nachteilige Eigenschaft aufweist oder zumindest ein hoher Aufwand erforderlich ist, um die wünschenswerte Eigenschaft zu realisieren. Dem Entwickler stellt sich daher oft die Aufgabe, die wünschenswerte

1.14

Antizipierende Fehler-Erkennung

9

Eigenschaft des neuen Produkts möglichst ausgeprägt zu erhalten und dabei die nachteiligen Eigenschaften oder den Aufwand zur Herstellung der gewünschten Eigenschaft zu minimieren. Dieses Problem bzw. dieser Widerspruch kann mit zwei Alternativen aufgelöst werden: • Eine erste Lösungsmöglichkeit ist das Ermitteln einer geeigneten Kompromisslösung, wobei der optimale „Mix“ von erwünschter und nachteiliger Eigenschaft ermittelt wird. Diese Variante stellt eine reine Optimierungsaufgabe dar, die keine ausgeprägte erfinderische Tätigkeit erfordert. • Die zweite Alternative ist die Anwendung eines neuen Innovationsprinzips zur Lösung des Widerspruchs. Diese Variante erfordert eine erfinderische Tätigkeit, wobei die Erfindung zumeist durch ein Lösungsprinzip aus einem anderen technischen Bereich gelingt. Die Schwierigkeit bei der zweiten Variante ist es, ein geeignetes Lösungsprinzip zu finden. Altschuller erkannte, dass sich technische Probleme regelmäßig durch dieselben Widersprüche ergeben. Ein klassisches Beispiel eines technischen Widerspruchs ist die Steigerung der mechanischen Festigkeit und die Verringerung des Volumens bzw. des Gewichts. Es ist problemlos möglich, ein Fräswerkzeug dadurch mechanisch stabiler auszuführen, dass es mit einer großen Masse, die ein großes Volumen erfordert, hergestellt wird. Die erwünschte Eigenschaft der hohen mechanischen Stabilität ist daher offensichtlich verbunden mit dem großen Gewicht und dem hohen Volumen. Allerdings kann ein hohes Gewicht und ein großes Volumen die Herstellung erschweren, die Transportfähigkeit einschränken und die Materialkosten erhöhen. Es liegt daher ein klassischer Widerspruch vor, dem sich bereits viele Entwickler gegenübersahen. Altschuller hat 39 sogenannte Widerspruchsparameter festgestellt, die Merkmale eines Produkts sind, und die in einer Paarung mit einem zweiten Widerspruchsparameter zu einem klassischen Widerspruch führen (Tab. 1.1). Die Paarungen von Widerspruchsparametern der Tab. 1.1 führen zu Widersprüchen, die durch Lösungsprinzipien aufgelöst werden können. Die Lösungsprinzipien können dem Kap. 8 entnommen werden.

1.14

Antizipierende Fehler-Erkennung

Die Produktsicherheit nimmt eine immer höhere Bedeutung ein. Vorbeugende Maßnahmen, die Schäden durch fehlerhafte Produkte abwenden, finden daher eine breite Anwendung. Ein gebräuchliches Werkzeug zur Sicherstellung der Produktsicherheit ist die FMEA-Technik. Ein weiteres Instrument, eine hohe Produktsicherheit zu gewährleisten, ist die TRIZ-Methode der antizipierenden Fehlererkennung (AFE).

10 Tab. 1.1 Widerspruchsparameter

1 Einführung

1. Masse/Gewicht eines beweglichen Objekts

21. Leistung, Kapazität

2. Masse/Gewicht eines unbeweglichen Objekts

22. Energieverlust

3. Länge eines beweglichen Objekts

23. Materialverlust

4. Länge eines unbeweglichen Objekts

24. Informationsverlust

5. Fläche eines beweglichen Objekts

25. Zeitverlust

6. Fläche eines unbeweglichen Objekts

26. Materialmenge

7. Volumen eines beweglichen Objekts

27. Zuverlässigkeit (Sicherheit, Lebensdauer)

8. Volumen eines unbeweglichen Objekts

28. Messgenauigkeit

9. Geschwindigkeit

29. Fertigungsgenauigkeit

10. Kraft

30. Äußere negative Einflüsse auf das Objekt

11. Spannung oder Druck

31. Negative Nebeneffekte des Objektes

12. Form

32. Fertigungsfreundlichkeit

13. Stabilität der Zusammensetzung des Objektes

33. Bedienkomfort

14. Festigkeit

34. Reparaturfreundlichkeit

15. Haltbarkeit eines beweglichen Objektes

35. Anpassungsfähigkeit

16. Haltbarkeit eines unbeweglichen Objektes

36. Kompliziertheit der Struktur

17. Temperatur

37. Komplexität in der Kontrolle oder Steuerung

18. Helligkeit

38. Automatisierungsgrad

19. Energieverbrauch eines beweglichen Objektes

39. Produktivität (Funktionalität)

20. Energieverbrauch eines unbeweglichen Objektes

1.14

Antizipierende Fehler-Erkennung

11

Bei der antizipierenden Fehlererkennung wird die TRIZ-Methodik genutzt, um sozusagen Fehler zu erfinden. Ein bereits bestehendes Produkt wird dabei so lange abgeändert, bis es fehlerhaft wird. Anhand des erforderlichen Ausmaßes der Änderung, um den Fehler zu generieren, kann die Fehlerträchtigkeit des betreffenden Produkts festgestellt werden. Ist eine große Änderung erforderlich, um den Fehler zu erzeugen, kann von einer geringen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden, dass dieser Fehler eintritt. Genügt eine geringe Änderung, ist die Fehlerträchtigkeit hoch. In einem ersten Schritt wird die technische Aufgabe des Produkts beschrieben. Daraufhin wird die Problemstellung in ihr Gegenteil verkehrt. Das bedeutet, dass die inverse Aufgabe gestellt wird, beispielsweise dass die Dichtung undicht ist oder dass die Reichweite eines Fahrzeugs gering ist oder dass eine Leuchtanzeige schlecht lesbar ist. Anhand der TRIZ-Verfahren wird dann eine „Lösung“ der inversen Aufgabe gesucht. Die gefundene Lösung der inversen Aufgabe wird daraufhin untersucht, welche Effekte eintreten müssen, damit die Lösung, also der Fehler, eintritt. Die erhöhte Produktsicherheit wird dadurch erreicht, dass das Eintreten dieser Effekte erschwert wird. Bei der Anwendung der antizipierenden Fehlererkennung wird ein Ablaufschema angewandt, das neun Schritte umfasst: 1. Beschreibung der Problemsituation: Um welches Produkt oder System handelt es sich und welche Funktionen soll das Produkt bzw. das System erfüllen? Welche Probleme können sich jeweils aus den Funktionen ergeben und in welchem Problemumfeld ereignen sich diese? 2. Umformulierung zu einem inversen Problem: Es wird die Aufgabe formuliert, das Problem zu erzeugen. 3. Verstärkung des inversen Problems: Es soll das totale Versagen des Systems erzeugt werden. 4. Lösungssuche für das inverse Problem: Wie kann das totale Versagen des Systems erfolgen? 5. Identifizierung und Nutzung von Ressourcen: Mit welchen vorhandenen Ressourcen kann das Versagen des Systems erzeugt werden? 6. Suche nach verursachenden Effekten: Welche chemischen, physikalischen oder mechanischen Effekte können zum Versagen des Systems führen? 7. Erweiterte Lösungssuche: Hier kann TRIZ eingesetzt werden, falls nicht ausreichend Ansätze zum Versagen des Systems gefunden wurden. 8. Rückinversion auf das Originalproblem: Die Ansätze zum Versagen sind zu beseitigen, damit das Versagen des Systems verhindert wird. 9. Erweiterung des Erfahrungsschatzes: Die ermittelten Lösungsansätze sollten standardisiert werden, um für zukünftige Erfindungen einen Erfahrungsschatz aufzubauen.

2

Grundlagen des Patentrechts

Eine Erfindung kann zum Patent oder zum Gebrauchsmuster angemeldet werden. Mit einem Patent erwirbt der Anmelder ein ökonomischen Monopolrecht und kann jedem Dritten die Benutzung der Erfindung verbieten.1 Allerdings muss die Erfindung hierzu gewisse Voraussetzungen erfüllen. Die beiden wichtigsten Patentierungsvoraussetzungen sind Neuheit und erfinderische Tätigkeit der Erfindung. Dieses Kap. 2 stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger.

2.1

Was ist eine Erfindung nach dem Patentgesetz?

Der Begriff der Erfindung wird im Patentgesetz nicht definiert. Grundsätzlich ist eine Erfindung eine technische Lehre zur Lösung eines technischen Problems. Eine Erfindung weist hierzu eine Handlungsanweisung auf, die in wiederholbarer Weise zur Lösung des gestellten technischen Problems führt.2 Eine Erfindung muss einen technischen Charakter aufweisen.

2.2

Neuheit

Die in einer Anmeldung beschriebene Erfindung gilt als patentrechtlich neu, falls es keine Veröffentlichung gibt, aus der die Erfindung entnommen werden kann. Außerdem muss die Veröffentlichung vor dem Anmeldetag der Erfindung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein.3 1 § 9 Satz 2 Patentgesetz. 2 Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Auflage, § 1 Rdn. 15. 3 § 3 Absatz 1 Patentgesetz bzw. Artikel 54 Absätze 1 und 2 EPÜ.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_2

13

14

2 Grundlagen des Patentrechts

Neben Veröffentlichungen gehören öffentliche Benutzungen und mündliche Bekanntmachungen zum Stand der Technik. Der Stand der Technik umfasst daher sämtliche schriftlichen und mündlichen Bekanntmachungen, die der Öffentlichkeit vor dem Anmelde- oder Prioritätstag bekannt gemacht wurden.4

2.3

Erfinderische Tätigkeit

Neben der Neuheit muss eine Erfindung zusätzlich erfinderisch sein, damit sie patentiert werden kann. Erfinderische Tätigkeit liegt definitionsgemäß vor, falls die Erfindung für den Fachmann nicht naheliegend ist.5 In der Praxis bedeutet das, dass sich eine Erfindung nicht aus der Gesamtschau von zwei oder drei Dokumenten ergeben darf. Allerdings müssen diese Dokumente für den Fachmann auch kombinierbar sein. Dokumente sind beispielsweise nicht zu kombinieren, falls in den Dokumenten davon abgeraten wird, die technischen Lehren der betreffenden Dokumente zu verknüpfen. Es genügt daher nicht, dass Dokumente grundsätzlich kombiniert werden können, der Fachmann muss zusätzlich die technischen Lehren der Dokumente als gemeinsam anwendbar betrachten.6

2.4

Priorität

Das Prioritätsrecht gewährt einem Anmelder Anmeldungen in jedem Land der Erde einzureichen und die Priorität einer ersten Anmeldung in Anspruch zu nehmen. Hierdurch wird den späteren Anmeldungen der frühe Zeitrang der ersten Anmeldung zugebilligt. Allerdings müssen die späteren Anmeldungen innerhalb eines Jahres nach dem Anmeldetag der frühen Anmeldung bei den ausländischen Patentämtern eingereicht werden.7

2.5

Wirkungen eines Patents

Dem Patentinhaber steht gegenüber dem unberechtigten Benutzer ein Unterlassungsanspruch zu. Ein Unterlassungsanspruch besteht, falls Wiederholungsgefahr einer Patentverletzung vorliegt oder falls eine Rechtsverletzung erstmalig droht.8

4 § 3 Absatz 1 Patentgesetz bzw. Artikel 54 Absätze 1 und 2 EPÜ. 5 § 4 Satz 1 Patentgesetz bzw. Artikel 56 Satz 1 EPÜ. 6 EPA, „could-would-approach“, https://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/guidelines/d/ g_vii_5_3.htm, abgerufen am 22.9.2022. 7 Artikel 4 C Absatz 1 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ). 8 § 139 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Patentgesetz.

2.6

Gebrauchsmuster oder Patent

Tab. 2.1 Rechte des Patentinhabers

15

Anspruch des Patentinhabers gegen den Unberechtigten

Voraussetzungen

Unterlassung

Wiederholungsgefahr oder drohende erstmalige Verletzung

Auskunft

Rechtswidrige Benutzung

Schadensersatz

Vorsatz oder Fahrlässigkeit

Vernichtung

Verhältnismäßigkeit

Rückruf

Rechtswidrige Benutzung

Außerdem steht dem Patentinhaber ein Schadensersatzanspruch zu, falls eine rechtswidrige Benutzung des Patents vorsätzlich oder fahrlässig erfolgte.9 Damit der Patentinhaber seinen Schaden beziffern kann, gewährt ihm das Patentgesetz einen Auskunftsanspruch. Der Patentverletzer hat dann die Herkunft und den Vertriebsweg der patentverletzenden Produkte darzulegen. Dieser Auskunftsanspruch kann vor dem Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden.10 Es besteht außerdem ein Anspruch auf die Vernichtung patentverletzender Produkte. Allerdings sind hierbei die Interessen sämtlicher Beteiligter zu berücksichtigen.11 Außerdem kann der Patentinhaber verlangen, dass patentverletzende Produkte endgültig aus dem Vertriebsweg entfernt werden. Dem Patentinhaber steht hierzu ein Rückrufanspruch zu (Tab. 2.1).12

2.6

Gebrauchsmuster oder Patent?

Eine Alternative zum Patent ist ein Gebrauchsmuster. Das Gebrauchsmuster muss ebenso neu sein, damit es rechtsbeständig ist. Allerdings ist das Neuheitskriterium nicht so streng im Vergleich zu dem des Patents. Insbesondere werden mündliche Beschreibungen der Erfindung nicht als relevanten Stand der Technik gewertet. Außerdem sind Benutzungen im Ausland nicht schädlich.13 Wichtig zu wissen ist auch, dass das Gebrauchsmusterrecht eine sogenannte „Neuheitsschonfrist“ kennt. Eine Neuheitsschonfrist bedeutet, dass eigene Veröffentlichungen des Anmelders nicht bei der Bewertung der Rechtsbeständigkeit berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Veröffentlichung nicht länger als sechs Monate vor dem Anmeldetag liegt.14 9 § 139 Absatz 2 Satz 1 Patentgesetz. 10 § 140b Absatz 1 Patentgesetz. 11 § 140a Absatz 4 Patentgesetz. 12 § 140a Absatz 3 Satz 1 Patentgesetz. 13 § 3 Absatz 1 Satz 2 Gebrauchsmustergesetz. 14 § 3 Absatz 1 Satz 3 Gebrauchsmustergesetz.

16

2 Grundlagen des Patentrechts

Tab. 2.2 Patent versus Gebrauchsmuster Patent

Gebrauchsmuster

Rechtsbeständigkeit

Neuheit und erfinderische Tätigkeit

Neuheit und erfinderischer Schritt, wobei der erfinderische Schritt in der Qualität der erfinderischen Tätigkeit des Patents entspricht

Stand der Technik

Alle Veröffentlichungen, Präsentationen, mündliche Beschreibungen und öffentliche Benutzungen, die vor dem Anmelde- oder Prioritätstag stattgefunden haben

Wie Patent, allerdings ohne mündliche Beschreibungen und ohne öffentliche Benutzungen im Ausland

Neuheitsschonfrist

Nein

Ja, eigene Veröffentlichungen werden nicht berücksichtigt, solange sie nicht länger als sechs Monate vor dem Anmeldetag erfolgten

Wirkungen

Verbietungsrecht für die Zukunft, Schadensersatz für vergangene unberechtigte Benutzungen, Auskunftsanspruch, Vernichtungsanspruch

Verbietungsrecht für die Zukunft, Schadensersatz für vergangene unberechtigte Benutzungen, Auskunftsanspruch, Vernichtungsanspruch

Maximale Laufzeit

20 Jahre

10 Jahre

Aufrechterhaltungsgebühren

Ab dem dritten Jahr werden jedes Jahr Jahresgebühren fällig

Aufrechterhaltungsgebühren nach 3, 6 und 8 Jahren

Bei einem Gebrauchsmuster muss ein „erfinderischer Schritt“ vorliegen.15 Dieser „erfinderische Schritt“ entspricht in seiner Qualität der erfinderischen Tätigkeit, die eine Patenterteilung voraussetzt (Tab. 2.2).16

2.7

Varianten von Patenten

Es können einzelne besondere Patentvarianten unterschieden werden. Es werden die Pioniererfindung, das „abhängige“ Patent und die Umgehungslösung vorgestellt.

15 § 1 Absatz 1 Gebrauchsmustergesetz. 16 BGH, 20.6.2006 – X ZB 27/05, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 2006, 842 –

Demonstrationsschrank.

2.7 Varianten von Patenten

2.7.1

17

Pioniererfindung

Kann zu einem Patent kein relevanter Stand der Technik bestimmt werden, kann von einer Pioniererfindung ausgegangen werden, denn die technische Lehre des Patents nimmt eine Vorreiterrolle ein. Eine Pioniererfindung stellt eine grundlegende und wegweisende Erfindung dar.

2.7.2

Abhängiges Patent

Eine Erfindung, die in den Schutzbereich eines älteren Patents fällt, kann zu einem eigenständigen Patent, einem sogenannten abhängigen Patent, führen. In diesem Fall ergibt sich bezüglich der rechtlichen Wirkungen eine Patt-Situation, denn die technische Lehre des abhängigen Patents kann nicht ohne die Genehmigung des Inhabers des älteren Patents genutzt werden. Andererseits kann der Inhaber des älteren Patents die technische Lehre des jüngeren Patents nicht ohne Zustimmung des Inhabers des jüngeren Patents anwenden. Dies gilt, obwohl das ältere Patent den besseren Zeitrang aufweist und das jüngere Patent in den Schutzumfang des älteren Patents eingreift. Eine derartige Patt-Situation kann absichtlich herbeigeführt werden, um den Inhaber des älteren Patents zu Lizenzverhandlungen zu zwingen. Möchte ein Unternehmen eine Erfindung benutzen, die bereits patentgeschützt ist und erhält das Unternehmen von dem Patentinhaber keine Lizenz, kann das Unternehmen versuchen, ein abhängiges Patent für eine besonders vorteilhafte und selbstständig erfinderische Ausführungsform zu erwerben. Hat der Inhaber des älteren Patents Interesse, die besondere Ausführungsform zu benutzen, ist er gezwungen, eine Lizenzvereinbarung, insbesondere eine Kreuzlizenzierung, mit dem Unternehmen einzugehen. Allerdings ergibt sich eine Sondersituation, falls die Erfindung des abhängigen Patents im Vergleich zur technischen Lehre des älteren Patents ein wichtiger technischer Fortschritt mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung darstellt. In diesem Fall kann der Inhaber des abhängigen Patents eine Zwangslizenz erwirken.17

2.7.3

Umgehungslösung

Eine Umgehungslösung liegt vor, falls der Schutzbereich eines Patents umgangen wird und dennoch eine technische Lösung entwickelt wurde, die dieselbe vorteilhafte Wirkung des umgangenen Patents aufweist. Eine Umgehungslösung kann auf zwei Wegen erreicht werden. Zum einen dadurch, dass eine Ausführungsform verwendet wird, die nicht sämtliche Merkmale der Erfindung verwendet. Für eine Patentverletzung ist es nämlich erforderlich, dass sämtliche Merkmale 17 §24 Absatz 2 Patentgesetz.

18

2 Grundlagen des Patentrechts

realisiert werden. Wird nur ein Merkmal der Erfindung nicht realisiert, sonst aber alle Merkmale, liegt keine Patentverletzung vor. Außerdem ist zu beachten, dass die Landgerichte aktuell keine äquivalente Patentverletzung anerkennen. Eine äquivalente Patentverletzung liegt vor, falls zumindest ein Merkmal der Erfindung nicht so realisiert wird, wie im Patent beschrieben, sondern anders, aber gleichwertig, mit gleicher Wirkung und ohne dass der Anwender hierzu erfinderisch tätig war. Eine Patentverletzung liegt daher nur vor, falls die Erfindung so wie sie im Patent beschrieben ist vom Unberechtigten benutzt wird.

2.8

Online-Zugriff auf Patentschriften

In den Kap. 7 und 8 werden die physikalischen Effekte bzw. Innovationsprinzipien anhand von Patentdokumenten erläutert. Diese Patentschriften können in vollständiger Fassung von der Website des deutschen Patentamts DPMA heruntergeladen werden. Hierzu gibt man zunächst in seinen Browser die website „www.dpma.de“ ein. Im nächsten Schritt klickt man auf den Reiter „Patente“ und bei der Auswahlleiste auf „Recherche“. Danach erhält man die Abb. 2.1 und klickt auf „DEPATISnet“.18 Die Abb. 2.2 zeigt die sich öffnende Seite der Datenbank DEPATISnet.de des deutschen Patentamts.19 Man klickt auf dieser Seite auf „Basis“. Die Abb. 2.3 zeigt die Seite der Basisrecherche.20 Unter Veröffentlichungsnummer kann das amtliche Aktenzeichen eingegeben werden, das jeweils in den folgenden Kapiteln des Buchs angegeben ist. Es ist dabei darauf zu achten, das komplette Aktenzeichen mit dem vorderen Teil „DE“ für Deutschland einzugeben. Leerzeichen im Aktenzeichen sind zu entfernen. Statt einer Eingabe „DE 10 2004 123 456 A“ ist daher „DE102004123456“ oder „DE102004123456A“ einzutippen.

18 DPMA, https://dpma.de/patente/recherche/index.html, abgerufen am 14.11.2022. 19 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?window=1&space=menu&content=

index&action=index, abgerufen am 14.11.2022. 20 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=basis, 14.11.2022.

abgerufen

am

2.8

Herunterladen einer Patentschrift

Abb. 2.1 Einstiegsmaske DPMA

19

20

Abb. 2.2 Einstiegsmaske DEPATISnet

2 Grundlagen des Patentrechts

2.8

Herunterladen einer Patentschrift

Abb. 2.3 Basisrecherche

21

3

Recherche nach Patentdokumenten

Eine Recherche nach Patentdokumenten kann insbesondere in den Datenbanken der Patentämter erfolgen. Die Datenbanken der Patentämter stellen einen großen Pool an Patentdokumenten zur Verfügung, der einen Großteil des aktuellen technischen Wissens umfasst. Patentdokumente sind erteilte Patente, Patentanmeldungen und Gebrauchsmuster. Die Datenbanken der Patentämter können von einem Erfinder in zweierlei Hinsicht genutzt werden. Zum einen kann der aktuelle Stand der Technik ermittelt werden, um ein „Sprungbrett“ für den Erfinder für seine eigenen Entwicklungen zu schaffen. Außerdem kann durch eine Recherche nach der Schaffung einer Erfindung geprüft werden, ob die eigene Erfindung patentfähig ist. Die Datenbanken der Patentämter sind online und kostenlos zugänglich. Dieses Kapitel stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger.

3.1

Datenbank DEPATISnet des Deutschen Patent- und Markenamts

DEPATISnet ist die öffentlich zugängliche Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamts, die auch von den Prüfern des Patentamts bei ihrer Recherche des Stands der Technik genutzt wird. Die Datenbank enthält über 135 Mio. Patentdokumente aus über 100 Ländern. Die Abb. 3.1 zeigt die Einstiegsmaske der Basisrecherche des DPMA.1 Man erreicht die Datenbank über die Website des DPMA (siehe Abschn. 2.8).

1 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=basis,

abgerufen

am

22.10.2022. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_3

23

24

3 Recherche nach Patentdokumenten

Abb. 3.1 DEPATISnet

3.2

Espacenet des Europäischen Patentamts EPA

Die Datenbank Espacenet des Europäischen Patentamts EPA umfasst über 130 Mio. Patentdokumente. Die Datenbank ist kostenlos unter der Internet-Adresse https://worldw ide.espacenet.com/?locate=de_EP zu erreichen. Die Abb. 3.2 zeigt die Einstiegsmaske der Smart Search des EPA.2 Die Abb. 3.3 zeigt die Einstiegsmaske der erweiterten Suche des EPA.3

2 EPA, https://worldwide.espacenet.com/?locale=de_EP, abgerufen am 22.10.2022. 3 EPA, https://worldwide.espacenet.com/advancedSearch?locale=de_EP, abgerufen am 22.10.2022.

3.4

Google Patents

25

Abb. 3.2 Espacenet Smart Search

3.3

Patentscope des Internationalen Patentamts WIPO

Patentscope ist die Datenbank des internationalen Patentamts WIPO. In dieser Patentbank kann nach 107 Mio. Patentunterlagen recherchiert werden. Es befinden sich ca. 4,4 Mio. internationale Patentanmeldungen darunter. Die Abb. 3.4 zeigt die Eingangsmaske der Datenbank Patentscope des WIPO.4

3.4

Google Patents

Google Patents umfasst Patentdokumente von insgesamt 17 Patentämtern. Insbesondere können in Google Patents Patentunterlagen des United States Patent and Trademark Office USPTO, des Europäischen Patentamts EPA, des Japanischen Patentamts JPO, des Deutschen Patent- und Markenamts DPMA, der Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO und des Chinesischen Patentamts gefunden werden. Die Einstiegsmaske von Google Patents kann unter der Internet-Adresse „https://www. google.com/?tbm=pts“ erreicht werden und entspricht der Suchmaske von Google (siehe Abb. 3.5).

4 WIPO, https://patentscope.wipo.int/search/de/search.jsf, abgerufen am 22.10.2022.

26

Abb. 3.3 Espacenet erweiterte Suche

Abb. 3.4 Patentscope

3 Recherche nach Patentdokumenten

3.4

Google Patents

Abb. 3.5 Google Patents

27

4

Patentumgehung mit TRIZ

Für die Lösung eines Problems gibt es verschiedene Wege, die zum Ziel führen. Eine Möglichkeit ist es, einen zufälligen Geistesblitz zu haben, der zur Problemlösung führt. Dies ist ein sehr zufälliger und meist selten eintretender Lösungsansatz. Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Problem zu analysieren und durch die Bildung von Expertengruppen nach Lösungen zu suchen. Dabei kommen oftmals Werkzeuge wie Brainstorming, Brainwriting oder Ähnliches zum Einsatz. Dieses Prozedere ist der heute übliche Stand der Vorgehensweise in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Eine weitere Möglichkeit systematisch vorzugehen ist es, für das identifizierte Problem nach Patenten zu suchen, die das Problem bereits gelöst haben. Hierbei besteht die Schwierigkeit, dass durch das Patent gegebenenfalls ein Schutzrecht dasteht, das man nicht einfach kopieren und für seine eigenen Zwecke verwenden kann. Der TRIZ Werkzeugkasten bietet hier Hilfen, die im Folgenden detailliert beschrieben werden.

4.1

Patentgrundlage

Die Idee des Patentrechts ist die Förderung der Innovation durch die Regierung. Wenn ich etwas erfinde und jemand anderes es einfach nutzen und damit Geld verdienen kann, würden keine Innovationen mehr gemacht. Wenn ich etwas investiere und nichts davon habe, hat es keinen Wert für mich. Dies würde die Innovationsfähigkeit schwächen. Deshalb schützen Regierungen den Erfinder mit Patenten. Der Begriff Patent bezeichnet ein gewerbliches Schutzrecht, das einer technischen Erfindung gewährt wird. Damit wird ein exklusives Recht in einem bestimmten Bereich für eine begrenzte Zeit eingeräumt, ein Produkt oder Verfahren zu schützen. Patente werden jeweils auf der Grundlage des national geltenden Patentgesetzes erteilt und unterscheiden sich in den Schutzvoraussetzungen von den Gebrauchsmustern dadurch, dass

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_4

29

30

4 Patentumgehung mit TRIZ

Patente auch für Verfahrenserfindungen erteilt werden können und der Erteilung ein Prüfungsverfahren vorausgeht. Für den Schutz muss eine jährliche Gebühr bezahlt werden. Die maximale Schutzdauer beträgt 20 Jahre. Ein Patent stellt das Recht dar, jemanden anderem zu verbieten das nachzubauen was patentiert worden ist. Es ist also kein Recht etwas selbst zu tun. Nehmen wir an, ich habe ein Patent auf einen Sportschuh. Ein ausländischer anderer Sportschuhhersteller geht her und baut einen Schuh entsprechend meinem Patent nach. Er produziert diesen Schuh, er transportiert ihn in Länder, in denen das Patent wirkt und verkauft ihn dort. Damit verstößt der Hersteller gegen das Gesetz. Dies bedeutet gleichzeitig, dass ich, wenn ich ein Patent einreiche, mir streng überlegen muss, wie ich gegebenenfalls ein Plagiat erkennen und wie ich mein Patent auch durchsetzen kann. Wenn ich auf ein Patent stoße, das meine Arbeit blockiert, wird üblicherweise versucht, zu dem System etwas hinzuzufügen und dann zu sagen: mein System kann etwas anderes oder noch mehr als das, was patentiert ist. Dies ist allerdings nicht zielführend. Da eine Funktionalität hinzugefügt worden ist, heißt das, die ursprünglich patentierte Funktion ist immer noch vollständig vorhanden und wurde ergänzt um mindestens eine weitere Funktionalität. Beispiel: Ein Stuhl ist patentiert (Sitzplatte, 4 Füße, Rückenlehne). Wenn ich eine Armlehne als neues Feature hinzufüge, kann ich den Stuhl immer noch nicht herstellen – der Stand der Technik ist immer noch vorhanden. Anspruch (Claim) 1: Sitz, Anspruch 2: Rückenlehne, Anspruch 3: 4 Beine …, – unabhängige Ansprüche, Anspruch 1 + gebogene Beine …. Wenn ich ein Teil (oder mehrere) trimme, das heißt entferne/weglasse und die gleiche Funktionalität habe, dann lasse ich geschützte Merkmale weg, um aus dem Schutzbereich des Patentes zu kommen und erreiche dadurch die Freiheit zu operieren (FTO) oder sogar für ein neues Patent.

4.2

Patentstrategie

Der Begriff „Patent Strategie“ beschreibt den Plan zur Entwicklung der richtigen Patente, um einen technischen Bereich mit strategischem Wert in komplexen Wettbewerbsverhältnissen abzudecken. Eine gute Patentstrategie sollte sowohl den gegenwärtigen Bedarf als auch zukünftige Entwicklungen abdecken und alle Bereiche der potenziellen Abdeckung klar definieren und dann systematisch die Bereiche von strategischer Bedeutung schützen, einschließlich offensiver und defensiver Einreichungen.

4.3

Patentumgehung

Der Algorithmus der Patentumgehung zielt darauf ab, Ansprüche in Patenten von Wettbewerbern zu bypassen, um Konflikte mit fremden Schutzrechten zu vermeiden. Es

4.5

Patenthistorie

31

geht darum, ein bestehendes Schutzrecht auf absolut legitime Weise mit alternativen Technologien oder Konzepten zu umgehen. (VDI 4521) Zudem sollen eigene Wettbewerbsvorteile erlangt werden oder eigene Patente vor einer Umgehung durch Wettbewerber geschützt werden. Patente dienen der wirtschaftlichen Absicherung einer erfinderischen Idee oder eines Konzepts. Ihre Veröffentlichung ruft wiederum weitere erfinderische Entwicklungen hervor, die meist ebenfalls per Patent abgesichert werden. Die weitergehenden innovativen Entwicklungen können sich zum Beispiel an eine schon bestehende Struktur anlehnen, die entweder in Elementen, Funktionalitäten oder computerimplementierten Verfahren gegeben ist.

4.4

Vereinfachter Algorithmus zur Patentumgehung

1. Überprüfen Sie, ob das Patent noch lebt. Wenn das Patent frei wäre, würde ich es verwenden? (normalerweise lautet die Antwort: Ja, aber mit Änderungen). Denken Sie also zuerst an das Patent mit Modifikationen und prüfen Sie dann, ob es noch existiert/lebt. „Tote“-Patente können für den Stand der Technik verwendet werden und gibt FTO (Freedom To Operate). 2. Überprüfen Sie, ob es eine Patentgeschichte gibt (→ FTO, wenn die Äquivalenzlehre nicht anwendbar ist). 3. Analysieren Sie die Patentansprüche, identifizieren Sie das unwichtigste Merkmal pro unabhängigem Anspruch und arbeiten Sie daran. 4. Erstellen Sie eine funktionale Analyse des Patents, indem Sie jedes Substantiv im Patent unterstreichen und seine Funktionen identifizieren (meist ausgedrückt durch ein Verb). 5. Trimmen/entfernen Sie die einfachste Komponente und entwickeln Sie Lösungsideen. 6. Wenn es eine Lösung gibt, verwenden Sie TRIZ, um herauszufinden, wie die neue Erfindung umgangen werden kann und machen Sie damit das Patent robuster.

4.5

Patenthistorie

In einem Patent werden Ansprüche geltend gemacht. Beispiel: Ein Stuhl ist patentiert. Der Anspruch (der immer nach dem Ausdruck „dadurch gekennzeichnet“ beginnt) wird geltend gemacht, dass die Sitzplatte an einem Rahmen mit Schrauben befestigt ist. Jetzt könnte man sagen: “Ich verwende Nieten, Bolzen, Clips, etc.” Das sind ja keine Schrauben, das ist etwas anderes. Aber ein Patent schützt mehr als im Patent explizit beschrieben ist. Alle äquivalenten Befestigungen sind ebenfalls geschützt. Das ist die “Äquivalenzlehre”.

32

4 Patentumgehung mit TRIZ

Patenthistorienanalyse ist die Analyse der schriftlichen Konversation zwischen Prüfer und Erfinder über den Inhalt eines Patents. Wenn ein Anspruch zu „breit“ aufgestellt ist, z. B. der Sitz wird mit Befestigungsmitteln am Rahmen befestigt, wird der Prüfer feststellen, dass dies zu allgemein ist (jemand könnte morgen eine völlig neue Technologie erfinden, die z. B. auf intermolekularen Van-der-Waals-Kräften basiert) und um eine Einschränkung des Anspruchs bitten. Dann ist die Äquivalenzlehre nicht mehr anwendbar! Wenn der Erfinder seinen Anspruch auf „Schrauben“ verengt, können Sie jetzt Bolzen verwenden. Wenn es diese Patenthistorie gibt, dann haben Sie FTO (nicht notwendigerweise ein neues Patent).

4.6

Zusammenfassung der Theorie der Patentumgehung

Seien Sie sich bewusst, dass der Anspruch der wichtige Teil ist. Beschreibung/Zeichnungen dienen nur zur Unterstützung des Verständnisses. Die Reihenfolge der Wichtigkeit in einem Patent (stärker hin zu schwächer) ist: Formulierung, Wortsinn, funktionsorientierte Interpretation. Das Patent ist ein eigenes Lexikon (Definition von Wörtern). Man kann eigene Definitionen, die nicht üblich sind, einfach definieren! Die Methode der Patentumgehung durch Trimmen kann ebenso verwendet werden, um das eigene Patent zu fördern. Verwenden Sie eine andere Gruppe innerhalb desselben Unternehmens, um das Patent mit TRIZ zu umgehen. Neue Lösungen, die gefunden werden, können dann in das ursprüngliche Patent integriert werden, um es resilienter zu machen. Dadurch wird das Patent stärker und schreckt die Konkurrenz von der Umgehung ab.

4.7

Umsetzungsbeispiel

In diesem Kapitel soll die Vorgehensweise der Patentumgehung an einem konkreten Windkraftanlagenbeispiel exemplarisch dargestellt werden. Heute (2020) sind weltweit ca. 660 GW Windenergieanlagen installiert und an das Netz angeschlossen (im Vergleich: 1 Kernkraftblock hat ca. 1 GW Leistung). Bei einer durchschnittlichen Leistung von 1,2 MW pro Turbine (DEWI) bedeutet dies weltweit ca. 550.000 Turbinen. Windkraftanlagen arbeiten nach einer Leistungskurve. Ab einer Mindestwindgeschwindigkeit (vE = Eintrittsgeschwindigkeit) beginnt die Turbine mit der Potenz von 3 (proportional v3 ) auf den Wert der Nennleistung (vN ) zu steigen. Wenn der Wind noch stärker wird, wird die Leistung auf diesen Maximalwert geregelt, bis sie den maximal zulässigen Wert erreicht (in den meisten Fällen ein vA = 25 m/s), wo die Turbine gestoppt werden muss, um eine Beschädigung zu vermeiden. Überdrehzahl beschädigt sowohl Rotor als auch Rotorblätter (Abb. 4.1).

4.7

Umsetzungsbeispiel

33

Abb. 4.1 Leistung einer Windturbine

Um die Rotordrehzahl zu regeln und Überdrehzahlen zu vermeiden, sind Windkraftanlagen mit einem Kontroll- und Sicherheitssystem ausgestattet: Bei Windgeschwindigkeiten über vN dreht das Pitch-Control-System die Flügel in eine Stellung, dass ein konstanter Leistungsbetrieb gewährleistet ist. Darüber hinaus wird das Pitch-System verwendet, um die Überdrehzahl des Rotors zu verhindern. In der „Segelstellung“ wird kein Drehmoment erzeugt, daher stoppt die Rotation. Normalerweise wird das System vom Netz versorgt. Im Falle eines Netzausfalls und eines Sturm-Ereignisses (z. B. Bäume beschädigen aufgrund eines Sturms Stromtrassen, die dann gekappt werden) werden die Pitch-Laufwerke möglicherweise nicht mit Strom versorgt, was zu einer gefährlichen Situation führen kann. Die Aufgabe besteht also darin, unabhängig von der Stromversorgung die Anlage in einen sicheren Zustand zu bringen, indem die Rotorblätter entsprechend gedreht werden können. Schritt 0, der bei jeder Problembehandlung angewandt werden muss ist, dass als allererstes alle Ideen abgefragt werden, seien sie einem selbst eingefallen oder auch vom Team. Auf diese Art und Weise wird gewährleistet, dass man selbst aber auch das Team bereit ist, systematisch an die Problemlösung zu gehen. Denn, wenn man eine Idee im Kopf hat, dann möchte man die erst äußern. Man hat ja quasi schon eine Lösung. Bevor diese Idee(n) nicht aus dem Kopf raus sind, ist es schwer von vorne anzufangen und systematisch an das Problem heranzugehen. Wichtig dabei ist, dass diese Idee(n) aufgeschrieben werden, auch mit Namen von wem sie gekommen sind. Die Liste wird dann beiseitegelegt und später, falls man nach dem systematischen Vorgehen auf eine ähnliche Lösung gekommen ist, kann derjenige die Kredits bekommen, der die Idee schon zu Beginn geäußert hat. Schritt 1 besteht darin zu untersuchen, in welchen, vielleicht auch anderen Branchen ein ähnlich strukturiertes Problem existiert und wie es dort gegebenenfalls gelöst worden

34

4 Patentumgehung mit TRIZ

ist. Hier sollten vor allem Firmen und Bereiche untersucht werden, deren Geschäftsmodell von der Lösung des ähnlichen Problems abhängt, da dort üblicherweise viel Geld investiert worden ist, um das Problem bereits zu lösen. Hat man eine Lösung gefunden, dann ist zu klären, ob sie 1:1 anwendbar ist oder ggf. modifiziert werden muss und ob die Lösung noch patentmäßig geschützt ist oder schon als State-of-the-Art gilt. In unserem Beispiel wurde als spontane Idee die Verwendung einer Batterie mitsamt einem Wechselrichter zum Konvertieren der Gleichspannung in Wechselstrom angedacht, die im Falle einer Netztrennung die Steuerung und die Pitch-Motoren der Rotoren mit Energie versorgt. Bei der Überlegung, wer sonst noch ein ähnliches Problem haben kann, sind wir auf die Luftfahrt gestoßen. Flugzeuge, vor allem der älteren Baureihen wie zum Beispiel die Boeing 737 oder auch der Airbus 320, haben für den Fall, dass die Bordstromversorgung ausfällt kleinere RAM-Jets angebracht, also kleine Propeller, die am Flugzeugrumpf ausgefahren werden können und durch den Segelwind, den das Flugzeug noch hat, angetrieben werden und damit Strom erzeugen, um das Flugzeug im Notfall noch zu steuern. Daraus ist die Idee generiert worden, ob man nicht so einen kleinen Zusatzgenerator auch auf einer Windturbine installiert, die im Falle eines Falles auch bei sehr hohen Windgeschwindigkeiten im Notfall die nötige Leistung erzeugen kann, um die eigentliche Windturbine in eine sichere Position zu bringen (Abb. 4.2). Abb. 4.2 RAM-jet Engine für Notfallstromversorgung eines Flugzeugs. (© Emt147 [CC BY-SA 2.5 (https://creativec ommons.org/licenses/bysa/2.5)])

4.7

Umsetzungsbeispiel

35

Weiterhin wurde überprüft, ob es bereits Patente zu dem dargestellten Anwendungsfall gibt. Dazu wurde in verschiedenen Patentdatenbanken wie ESPACENET, DEPATISnet oder AULIFE, etc. recherchiert. Bei dieser Überprüfung wurde festgestellt, dass es exakt ein solches Patent bereits existiert und, dass dieses Patent genau so 1:1 angewendet werden müsste. Wir hatten also in diesem Fall einen Konflikt.1

Source: https://patentimages.storage.googleapis.com/b0/1d/a5/e9d2e0cd758ca5/US6819086.pdf

In Schritt 2 wurde die Patenthistorie untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass das Patent noch aktiv ist. Eine Einschränkung zum Beispiel Hinsicht des Batterietyps (statt Bleibatterie Lithium Ion Batterie) war aufgrund der Patenthistorie nicht möglich. In Schritt 3 wurden die Ansprüche analysiert und das einfachste Merkmal für die Bearbeitung herausgepickt. In diesem Fall war es der Anspruch, dass eine Batterie mit einem Wechselrichter für die Energieerzeugung verwendet wird. In Schritt 4 wurde eine Funktionsanalyse durchgeführt. Bei der Erstellung einer Funktionsanalyse auf Basis eines Patentes gibt es jedoch Unterschiede zur Erstellung einer Funktionsanalyse auf Basis eines Produktes, das im eigenen Hause entwickelt oder produziert wird. In einem Patent werden nicht alle funktionalen Relationen und gegebenenfalls auch nicht alle Komponenten explizit angegeben. Es gibt auch keine Interaktionsmatrix, die sich verwenden lässt, da sich die Frage, ob sich die Komponenten berühren, nicht direkt klären lässt. Aus diesem Grund werden die Hauptwörter in den Ansprüchen markiert und als Komponenten verwendet. Die Verben werden als Beschreibung der Funktionen, die zwischen den Komponenten stattfindet, angewandt. Auf Basis dieser Vorgehensweise entsteht ein Funktionsmodell des Systems. Hierbei lassen sich auch nicht die Funktionen kategorisieren im Sinne von nützlich und schädlich und auch der Erfüllungsgrad (unzureichend, normal, übermäßig) ist nicht bestimmbar. Dies ist für die Modellierung auch nicht relevant, da es ja nicht darum geht, das System an sich zu 1 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000068190 86B2, abgerufen am 17.4.2023.

36

4 Patentumgehung mit TRIZ

verbessern, sondern zu sehen, ob man auch ohne bestimmte Komponenten die volle Funktionsfähigkeit erreichen kann. Ein weiterer Unterschied zu einer normalen Funktionsanalyse liegt darin, dass in Patenten oftmals Parameter oder Wertebereich für die Parameter zu einer Komponente angegeben werden. Diese sind dadurch relevant, dass wenn man außerhalb dieser Wertbereiche das System zum Laufen bringt, man ebenfalls um das Patent herumgekommen ist. Aus diesem Grund hat es sich als sinnvoll erwiesen, solche Parameter immer als Zusatzinformationen zu den Komponenten dazu zu schreiben. In unserem Beispiel wurden keine Parameter angeführt, darum sind bei den Komponenten auch keine angegeben (Abb. 4.3). In Schritt 5 geht es darum, aus der Funktionsanalyse mindestens eine Komponente, am besten diejenige, die die wenigsten Funktionalitäten aufweist, zu trimmen. Dann ist eine Lösung zu finden, wie die Funktionalität des Gesamtsystems erhalten werden kann. In unserem Beispiel haben wir uns entschlossen, den Wechselrichter zu trimmen. Mit dem Trimmen des Wechselrichters (Trimm Regel A) ist gleichzeitig die Funktionalität der Batterie ausgefallen, weil die einzige Funktion der Batterie auf den Wechselrichter wirkt. Somit konnte gleichzeitig die Batterie getrimmt werden (Abb. 4.4). Im zweiten Teil von Schritt 5 geht es darum, Lösungsideen zu entwickeln, wie man die Funktion des Gesamtsystems erhalten kann, wenn die 2 Komponenten Wechselrichter und Batterie getrimmt worden sind. Die Frage, die sich stellt lautet: woher kommt im Falle eines Notfalls die Leistung, um die Pitch-Motoren anzutreiben? Durch Nutzen eines Ressourcenansatzes sind wir auf folgende Idee gekommen, die bei großer Windstärke immer noch existierenden rotierenden Massen als Energiequelle zu verwenden. Durch das Anbringen eines kleinen Generators an der Rotorwelle kann genügend Energie erzeugt werden, um im Falle eines Falles die Rotorblätter in eine sichere Stellung zu bringen. Als zweite Idee hatten wir bereits die Nutzung eines RAM-Jet Generators. Die technischen Detailprobleme bei der Ausarbeitung der 2 Ideen wurden mit den bekannten TRIZ Werkzeugen (Widersprüche, SuFields, FOS, Adaption etc.) gelöst. In Schritt 6 wurde ein zweites Team gebildet, ohne auch nur einen Teilnehmer aus dem ersten Team, welches die Schritte 1–5 vollzogen hat. Dem neuen Team wurde dieselbe Problemstellung gegeben und zusätzlich die 2 Lösungsideen, die mit Team 1 erarbeitet worden sind. Die Aufgabenstellung war dieselbe für Team 1: Lösungen zu finden, wie man um das Patent herumkommt, aber auch Lösungen zu finden, wie man um die 2 neuen Lösungsansätze herumkommen kann. Eine der vielen weiteren Ideen, die dabei entwickelt wurden, ist, einen Gewichtsgenerator zu verwenden statt dem Generator an der Rotorwelle. Hierbei sollte die Turmhöhe (von ca. 100 m) genutzt werden. Oben in der Gondel wird ein Gewicht an einem Seil befestigt, das im Notfall ausgelöst wird und den Turm hinunterfällt. Dabei treibt es über ein Seil einen Generator an, der die Energie erzeugt, um die Windkraftanlage aus dem Wind zu drehen. Damit wurde eine weitere Lösungsmöglichkeit gefunden. Dies ermöglicht es, das Lösungsgebiet weiter abzudecken und es einem Konkurrenten schwerer zu machen, um die neuen Lösungsansätze herumzukommen.

4.7

Umsetzungsbeispiel

37

AC generator

turns

Blade

holds

Rotor shaft (rotational speed)

moves

Pitch drive

powers

Switch

informs drives drives powers powers

Wind sensor (speed)

informs

Controls powers powers Inverter

informs

powers powers

powers

Grid

powers

Switch

drives

loads

Battery

controls existance

Grid surveillance

Abb. 4.3 Funktionsanalyse des Patentes. (Source: GE-GRC Munich, ETS)

Der Preis für die resiliente Lösungssuche liegt natürlich im Aufwand, der dafür zu betreiben ist. Ob man eine weitere Runde in der Problemlösung mit einem vollkommen neuen Team dreht oder nicht, um damit gegebenenfalls sein eigenes Patent besser zu machen oder nicht, ist am Ende eine betriebswirtschaftliche Frage und auch die Frage, ob sich diese ganzen Lösungsideen im Falle einer Patentverletzung wirklich durchsetzen lassen.

38

4 Patentumgehung mit TRIZ

Abb. 4.4 Funktionsanalyse des Patentes mit getrimmten Komponenten. (Source: GE-GRC Munich, ETS)

5

Aufgabenstellung

Startpunkt eines jeden Projekts ist die gute und präzise Formulierung der Herausforderung oder der Problemstellung. Üblicherweise wird versucht, diese in ein oder zwei Sätzen zu konzentrieren. Wenn man jedoch auf eine Lösung hinarbeitet, ist es sehr sinnvoll die Problemanalyse tiefer und sehr präzise und ausführlich zu machen. Durch die detaillierte Betrachtung entstehen bereits eine Vielzahl von Lösungsansätzen, die sonst verborgen blieben. Zu diesem Zweck bietet der TRIZ Werkzeugkasten die Innovationscheckliste. Hier wird die Problemstellung an sich dokumentiert, aber auch das Supersystem, also der Kontext und auch Ressourcen im System und im Kontext beschrieben, um ein präzises Verständnis des Problems und seiner Umgebung zu bekommen. Die Innovationscheckliste besteht aus 3 Hauptpunkten: 1. Kurze Beschreibung des Problems 2. Genaue Beschreibung der Situation mit folgenden Unterpunkten: • Supersystem – System – Subsystem • Input – Prozess – Output • Ursache – Problem – Effekt • Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft 3. Ressourcen, Restriktionen, Grenzen mit folgenden Unterpunkten • Verfügbare Ressourcen • Erlaubte Änderungen des Systems • Restriktionen und Grenzen • Kriterien für die Auswahl von Lösungskonzepten

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_5

39

40

5.1

5 Aufgabenstellung

Kurze Beschreibung des Problems

Das Problem wird in einem einfachen Satz formuliert. Dies ist die Überschrift des Projekts. Dabei sollte man Alltagssprache verwenden und nicht Fachbegriffe, damit das Projekt für alle einfach und verständlich dargestellt ist. Es ist auch darauf zu achten, dass das Problem formuliert wird und nicht das Ziel, das erreicht werden soll. Beispiel: Ein Motorradhelm soll bekannter Weise den Kopf eines Motorradfahrers bei einem Unfall schützen. Der Schutz des Kopfes ist allerdings ein Ziel, das man erreichen will. Die Funktion des Motorradhelms besteht darin, bei einem Aufschlag die Beschleunigung des Kopfes zu reduzieren und den Impuls auf eine große Fläche zu verteilen. Das heißt, das Problem lautet: wie kann der Helm den Impuls noch besser aufnehmen und die Beschleunigung des Kopfes (abrupter Stopp beim Kontakt mit dem Boden) besser dämpfen? Genaue Beschreibung der Situation Die genaue Beschreibung der Situation mit den entsprechenden Unterpunkten lässt sich grafisch wie folgt darstellen (Abb. 5.1): • Supersystem – System – Subsystem – Systembezeichnung: Hier wird die Bezeichnung angegeben. Weiterhin wird definiert, auf welchem Abstraktionslevel sich das System befindet.

Abb. 5.1 System, Prozess, Funktion und Problem

5.1

Kurze Beschreibung des Problems

41

Beispiel: Bei einem Notebook gibt es das Notebook an sich. Die Unterebene wären Monitor, Tastatur, Mauspad, Batterie, etc. Oder noch eine Ebene tiefer: Platinen. Anschlüsse, etc. Und noch eine Ebene tiefer: elektronische Bauteile, etc. – Systemstruktur: die Systemstruktur beschreibt das System in einem statischen Zustand (also in einem nicht-operativen Zustand). Hier werden alle Subsysteme und alle wichtigen Elemente, die das System beinhaltet, zusammen mit ihren Zusammenhängen zueinander beschrieben. Beispiel: Tastatur eines Notebooks. Die Tastatur besteht aus unterschiedlichen Tasten, die über Federsysteme einen elektrischen Kontakt auf einer Platine betätigen. Die Tasten sind in einer logischen Reihenfolge, (z. B. QWERTZ) angeordnet. Mechanisch gesehen sind Tasten und Platine mit Druckschaltern in einem sehr präzisen mechanischen Verhältnis miteinander fixiert. Auf der Schalterplatine wird mittels Elektronik die gedrückte Taste binär codiert und der Code über ein Bussystem an die Hauptplatine weitergegeben. Die Tastatur beinhaltet Leuchtdioden zum Beleuchten der Tasten und hat einen Anschlusspunkt zur Stromversorgung des Notebooks. – Supersystem und Umgebung Hier werden weitere Systeme beschrieben, die mit dem System interagieren, oder auch einfach in der Nähe vorhanden sind. Dies können Energiequellen, Substanzen, andere Geräte etc. sein. Es geht um die Beschreibung des Kontexts, in dem das System Anwendung findet und betrieben wird. Beispiel: Notebook. Das Supersystem und die Umgebung für den Notebook wären: ein Tisch, auf dem er steht. Die Raumbeleuchtung, die auf den Bildschirm einwirkt. Zusatzmonitore, an die das Notebook angeschlossen ist. Eine Dockingstation, die Kaffeetasse (die beim Umkippen vielleicht den Kaffee über die Tastatur kippt), das Netzteil, welches das Notebook mit Energie versorgt. Die Umgebungstemperatur, die wenn sie zu hoch ist, den Akku beschädigt oder sogar zum Brennen bringt, die Gummi-Füßchen des Notebooks die sich am Tisch abreiben und Gummispuren hinterlassen, der Schweiß der Hand, der an einem heißen Sommertag dafür sorgt, dass Schweißtropfen in die Tastatur fließen, etc. – Systeme mit ähnlichen Problemen Hier werden Systeme benannt, die ähnliche Probleme aufweisen und es wird die Frage beantwortet, ob und wie die Probleme bei den anderen Systemen gelöst wurden. Und warum es nicht möglich ist, die Lösung für die andere Systeme auf das eigene Problem zu übertragen. Beispiel: Kassensysteme in Geschäften. Kassensysteme in Geschäften haben eine ähnliche Struktur wie ein Notebook. Dort gibt es die ähnlichen Gebrauchsprobleme wie mit einem Notebook. Wie wurde das Problem dort gelöst? Zum Beispiel mit einer Folie die über die Tastatur gespannt wird, um sie zu schützen. Oder aber indem man eine Touch-Screentastatur verwendet. Oder aber indem man eine Tastatur auf

42

5 Aufgabenstellung

einen Tisch projiziert und durch Erfassung der Position des Fingers detektiert, welche Taste gerade gedrückt wird. Damit lässt sich das Beschädigen der Tastatur durch Kaffee oder Schweiß vermeiden. • Input – Prozess – Output – Funktionsweise des Prozesses In diesem Punkt wird beschrieben, für welchen Zweck das System entwickelt wurde. Was sind seine nützlichen Funktionen, seine primären Funktionen und was sollte damit erreicht/erfüllt werden? Was ist die Zielkomponente? Was sind die Funktionen in seinem dynamischen, operativen Zustand. Dies dient dem Verstehen der Funktionsweise des Systems auch im Hinblick auf die Interaktion im Supersystem. Beispiel: Notebooktastatur. Die Tastatur überträgt die Information über die gedrückte Taste an die Rechnereinheit. Die Tasten sind so konfiguriert, dass sie dem Nutzer eine Rückmeldung über den erfolgten Tastendruck geben. Sie sind in Größe und Lage so angeordnet, dass sie bequem nutzbar sind und in der Reihenfolge so angeordnet, dass es beim Schreiben kaum Überschneidungen zwischen linker und rechter Hand gibt. Die Tasten und die dazugehörigen Schalter sind so ausgelegt, unterschiedliche Anschlagsarten einwandfrei zu erkennen. – Systemeingänge (Inputs) Hier werden alle Inputs beschrieben, die in das System hineingehen. Beispiel: Notebooktastatur. Druck und Geschwindigkeit des Tastendrucks. Sonnenbestrahlung (UV auf Kunststofftasten). Feuchtigkeit und Raumklima, Spucketropfen, wenn gesprochen wird. Handverschmutzungen (Fette und Feuchtigkeit) durch unsaubere Hände. Staub und Feinteile, die in die Tastaturritzen eindringen. – Systemausgänge (Outputs) Hier werden alle Outputs beschrieben, die durch das System generiert werden und in das Supersystem geliefert werden. Beispiel: Notebooktastatur. Gegendruck beim Drücken der Taste. Identifikation des Tasteninhalts (z. B. welcher Buchstabe gedrückt wird) durch Reflexion (aufgedruckte Buchstabenfarbe). Binäres ASCII Signal an die Rechnereinheit. Klickgeräusch bei Tastenbetätigung als Feedback. • Ursache – Problem – Effekt – Zu lösendes Problem Hier wird das Problem beschrieben. – Mechanismen, die das Problem erzeugen Hier werden ALLE Mechanismen beschrieben, die zum Problem führen können, auch solche, die nur vermutet sind. Hier kann das CECA-Tool helfen (UrsachenWirkungs-Kette) Grundursachen zu identifizieren. – Unerwünschte Konsequenzen, falls das Problem nicht gelöst wird

5.2

Ressourcen, Restriktionen, Grenzen

43

Hier sind alle unerwünschten technischen und sonstigen Konsequenzen aufgeführt, die entstehen oder weiter bestehen, wenn das Problem nicht gelöst wird. Dies können auch Business Konsequenzen sein (z. B. Verlieren von Marktanteilen). – Andere zu lösende Probleme Angenommen, das Problem lässt sich nicht lösen. Was kann alternativ gemacht werden, damit im besten Fall das ursprüngliche Problem nicht mehr gelöst werden muss? • Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft – Geschichte des Problems Hier wird beschrieben, wie das System sich entwickelt hat seit das Problem zum ersten Mal aufgetaucht ist. Welche Entscheidungen wurden getroffen, sodass im System auf einmal das Problem aufgetreten ist? Was hat man schon versucht, um das Problem zu lösen, was waren die Gründe fürs Scheitern? – Vor-Prozesszeit Was kann man vor dem Prozess, in dem das System genutzt wird, ändern/nutzen, um das Problem zu lösen? – Nach-Prozesszeit Was kann man nach dem Prozess, in dem das System genutzt wird, ändern/nutzen, um das Problem zu lösen?

5.2

Ressourcen, Restriktionen, Grenzen

• Verfügbare Ressourcen Ressourcen sind Substanzen, technische Felder, Energie und Informationen, die im oder auf das System einwirken. Die Ressourcen können dabei im System oder im Supersystem verfügbar sein. • Erlaubte Änderungen des Systems Hier wird der erlaubte Grad an Veränderung für das System festgelegt. Dies ist mit Bedacht zu machen, da durch diese Festlegung Lösungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden können. Die Gründe für die Festlegung(en) sind zu dokumentieren. • Restriktionen und Grenzen Hier wird beschrieben, was nicht verändert werden darf. Dies ist mit Bedacht zu machen, da durch diese Festlegung Lösungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden können. Die Gründe für die Festlegung(en) sind zu dokumentieren. • Kriterien für die Auswahl von Lösungskonzepten Jeder Prozess muss eine Messung des Erfolgs ermöglichen. Einige Kriterien sind so offensichtlich, dass sie nicht erwähnt werden müssen, solange sie vom entwickelten Konzept nicht verletzt werden. Um Zeitverschwendung und den Aufwand eines unnützen Konzeptes zu vermeiden, müssen die „Erfolgskriterien“ im Voraus dokumentiert werden.

44

5 Aufgabenstellung

Mit dieser Checkliste ist gewährleistet, dass die Problembeschreibung umfangreich und umfassend durchgeführt wird. Damit ist die Basis geschaffen, um konkret am Problem und an Problemlösungen zu arbeiten. Es kann auch durchaus vorkommen, dass allein durch das konsequente Abarbeiten dieser Checkliste schon Lösungsideen entstehen, die ein weiteres Nutzen der TRIZ Methodik gar nicht mehr erforderlich machen.

6

Widersprüche als Ausgangspunkt einer Lösung

Es ist eine Binsenweisheit für jeden Entwickler, dass ein neues Produkt mit einer wünschenswerten Eigenschaft zumeist auch eine nachteilige Eigenschaft aufweist oder zumindest ein hoher Aufwand erforderlich ist, um die wünschenswerte Eigenschaft zu realisieren. Dem Entwickler stellt sich daher oft die Aufgabe, die wünschenswerte Eigenschaft des neuen Produkts möglichst ausgeprägt zu erhalten und dabei die nachteiligen Eigenschaften oder den Aufwand zur Herstellung der gewünschten Eigenschaft zu minimieren. Dieses Problem bzw. dieser Widerspruch kann auf zwei alternativen Wegen gelöst werden. Dieses Kapitel stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger. Eine erste Lösungsmöglichkeit ist das Ermitteln einer geeigneten Kompromisslösung, wobei der optimale „Mix“ von erwünschter und nachteiliger Eigenschaft ermittelt wird. Diese Variante stellt eine reine Optimierungsaufgabe dar, die keine ausgeprägte erfinderische Tätigkeit erfordert. Die zweite Variante erfordert eine erfinderische Tätigkeit, wobei die technische Lösung zumeist durch die Anwendung von Innovationsprinzipien aus anderen technischen Bereichen gelingt. Bei der zweiten Variante ist es daher erforderlich, ein für das konkrete Problem geeignetes Lösungsprinzip zu finden. Nach Altschuller ist eine Erfindung die Überwindung eines Widerspruchs. Ein Widerspruch kann als ein Zielkonflikt verstanden werden, bei dem gegensätzliche bzw. gegenläufige Anforderungen bestehen. Ein Widerspruch ergibt sich, falls sich aus den zu verfolgenden Zielen sich ausschließende Situationen einstellen.

6.1

Widerspruchsanalyse

Der erkannte „Widerspruch“ stellt den zentralen Ausgangspunkt zur Lösung eines technischen Problems dar. Ein Widerspruch ergibt sich dabei aus sich ausschließenden

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_6

45

46

6 Widersprüche als Ausgangspunkt

Zuständen, die der Realisierung einer Funktion eines Systems entgegenstehen. Die Lösung eines Widerspruchs führt zur Höherentwicklung des Systems. Der erste Schritt zur Lösung eines technischen Problems ist daher das genaue Beschreiben des Widerspruchs. Das Ziel jeder Innovation ist eine Fortentwicklung bzw. eine Höherentwicklung, wodurch der Wirkungsgrad des betroffenen Systems gesteigert wird. Ein System kann in seinen Nutzen und den Aufwand, zum Erreichen des Nutzens unterteilt werden. Die Effektivität bzw. der Wirkungsgrad des Systems wird dadurch erhöht, dass der Nutzen gesteigert wird und der Aufwand verkleinert wird. Es sollte ein Maximum von Nutzen im Verhältnis zum Aufwand angestrebt werden. Ein System kann mit einer Anzahl von Parametern beschrieben werden. Diese Parameter können in ihrer Ausprägung variiert werden, um das System einem Maximum näher zu bringen. Es gibt Parameter eines Systems, die unabhängig voneinander sind. Allerdings gibt es auch Parameter, die sich gegenläufig verhalten, sodass das Optimieren eines Parameters zu einer zunehmend nachteiligen Änderung des gegenläufigen Parameters führt. Diese gegenläufigen Parameter ergeben den zu lösenden Widerspruch. Ein typisches Beispiel für eine Widerspruchsanalyse kann anhand der Konstruktion einer Brücke veranschaulicht werden. Eine Brücke sollte möglichst eine hohe Tragfähigkeit aufweisen. Eine hohe Tragfähigkeit kann dadurch erreicht werden, dass die Brücke massiv gebaut wird. In diesem Fall wäre ein hoher Material- und Arbeitsaufwand erforderlich. Allerdings sind in aller Regel die gegenläufigen Anforderungen an den Bau einer Brücke, nämlich eine hohe Tragfähigkeit mit einem geringen Material- und Arbeitsaufwand gewünscht. Hier liegt ein typischer Widerspruch vor.

6.2

Widerspruchsparameter

Altschuller erkannte, dass Erfinder regelmäßig dieselben Widersprüche zu lösen haben. Ein klassisches Beispiel ist die Steigerung der mechanischen Festigkeit zusammen mit einer Verringerung des Volumens. Es ist kein Problem, beispielsweise ein Fräswerkzeug dadurch mechanisch stabiler auszuführen, dass es mit einer größeren Masse hergestellt wird. Allerdings ist in diesem Fall das Werkzeug schwerer und weist ein größeres Volumen auf. Mit einem größeren Volumen können eventuell sehr feine Fräsungen nicht ausgeführt werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass zur Herstellung des Werkzeugs mehr Material erforderlich ist. Außerdem ist das Werkzeug teurer im Transport und erfordert eine mechanisch stabilere Halterung in der Werkzeugmaschine. Die erwünschte Eigenschaft der hohen mechanischen Stabilität ist daher zunächst verbunden mit dem großen Gewicht und dem hohen Volumen. Es liegt daher ein Widerspruch vor, dem sich bereits viele Entwickler gegenübersahen. Die Widersprüche, denen sich ein Entwickler gegenübersteht, können durch ihre Merkmale definiert werden, sodass sich sogenannte Widerspruchsparameter ergeben. Altschuller hat 39 Widerspruchsmerkmale festgestellt,

6.2 Widerspruchsparameter

47

die regelmäßig bei der Innovation eines neuen Produkts zu gegenläufigen Effekten führen (Tab. 6.1). Die technischen Widerspruchsparameter der Tab. 6.1 stellen Parameter dar, die gemeinsam bei der Entwicklung eines neuen Produkts auftreten können und deren Kombination unerwünscht sein kann. Diese gegenläufigen Parameter führen zu einem Zielkonflikt, der durch die Anwendung von innovativen Lösungsprinzipien aufgelöst werden kann. Es ergibt sich daher bei einem technischen Problem eine oder mehrere Paarungen erwünschter Parameter mit Parametern, die gegenläufig zur erwünschten Eigenschaft der ersten Parameter sind. Zur Lösung dieser Widersprüche hat Altschuller 35 grundlegende Lösungsprinzipien entwickelt, die im Kap. 8 vorgestellt werden.

48 Tab. 6.1 Widerspruchsparameter

6 Widersprüche als Ausgangspunkt

1. Masse/Gewicht eines beweglichen Objekts

21. Leistung, Kapazität

2. Masse/Gewicht eines unbeweglichen Objekts

22. Energieverlust

3. Länge eines beweglichen Objekts

23. Materialverlust

4. Länge eines unbeweglichen Objekts

24. Informationsverlust

5. Fläche eines beweglichen Objekts

25. Zeitverlust

6. Fläche eines unbeweglichen Objekts

26. Materialmenge

7. Volumen eines beweglichen Objekts

27. Zuverlässigkeit (Sicherheit, Lebensdauer)

8. Volumen eines unbeweglichen Objekts

28. Messgenauigkeit

9. Geschwindigkeit

29. Fertigungsgenauigkeit

10. Kraft

30. Äußere negative Einflüsse auf das Objekt

11. Spannung oder Druck

31. Negative Nebeneffekte des Objektes

12. Form

32. Fertigungsfreundlichkeit

13. Stabilität der Zusammensetzung des Objektes

33. Bedienkomfort

14. Festigkeit

34. Reparaturfreundlichkeit

15. Haltbarkeit eines beweglichen Objektes

35. Anpassungsfähigkeit

16. Haltbarkeit eines unbeweglichen Objektes

36. Kompliziertheit der Struktur

17. Temperatur

37. Komplexität in der Kontrolle oder Steuerung

18. Helligkeit

38. Automatisierungsgrad

19. Energieverbrauch eines beweglichen Objektes

39. Produktivität (Funktionalität)

20. Energieverbrauch eines unbeweglichen Objektes

7

Physikalische Effekte

Es gibt eine Anzahl an physikalischen Effekten, mit denen standardmäßig technische Aufgaben, wie die Temperaturmessung, das Senken der Temperatur, das Entmischen von Flüssigkeiten oder das Ermitteln eines elektrischen oder magnetischen Feldes gelöst werden können. Es werden diese physikalischen Effekte und deren praktische Anwendungen anhand von Patentschriften beschrieben. Dieses Kap. 7 stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger.

7.1

Temperatur messen

Thermische Expansion bzw. thermische Kontraktion: Die geometrischen Dimensionen eines festen Körpers ändern sich mit dessen Temperatur. Hierbei ist der Ausdehnungskoeffizient bzw. Wärmeausdehnungskoeffizient maßgeblich, der die Ausdehnung oder das Schrumpfen des Körpers bei einer Temperaturänderung um 1° Celsius angibt. Es kann daher durch eine Vermessung des Volumens eines Körpers vor und nach der Temperaturänderung bei bekanntem Ausdehnungskoeffizienten auf das Ausmaß der Temperaturänderung des Körpers geschlossen werden. Seebeck-Effekt: Gemäß dem Seebeck-Effekt entsteht bei einer Temperaturänderung zwischen zwei elektrischen Leitern aus unterschiedlichen Stoffen eine elektrische Spannung. Ein Beispiel für die Anwendung eines Seebeck-Elements kann der DE 11 2018 003 232 B4 entnommen werden, die eine Vorrichtung zum Kühlen beschreibt. Die Abb. 7.1 zeigt die Fig. 4 der DE 11 2018 003 232 B4 mit einer thermoelektrischen Einheit 400, die eine Sequenz von mäanderförmig angeordneten Thermoelementen 410, 411, 412 und

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_7

49

50

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.1 Fig. 4 der DE112018003232B4

413 aufweist. Die Thermoelemente 410, 411, 412 und 413 erhitzen oder kühlen einen Wärmekontakt 460.1 Curie-Temperatur: Oberhalb der Curie-Temperatur verschwindet eine zuvor vorhandene Magnetisierung eines Stoffs. Die Curie-Temperatur ist für jeden Stoff unterschiedlich. Für Nickel existiert eine Curie-Temperatur von 360° Celsius. Bei Eisen beträgt die CurieTemperatur 768° Celsius. Cobalt weist eine Curie-Temperatur von 1150° Celsius auf. Die DE 60 2004 001444 T2 beschreibt eine Temperaturmessung eines sich drehenden Teils anhand der Messung des Magnetfelds des Teils. Der Temperatursensorvorrichtung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich ein Magnetfeld ändert, wenn sich die Temperatur des Magnets ändert, wobei ab der Curie-Temperatur das Magnetfeld vollständig verschwindet. Die Abb. 7.2 zeigt die Fig. 1 der DE 60 2004 001 444 T2 mit einer Magnetfeldquelle 13, die an einem beweglichen Teil 11 angeordnet ist. Die Magnetfeldquelle 13 erzeugt ein Magnetfeld H, das von einem Sensor 14 erfasst werden kann. Der Magnetfeldsensor 14 ist an einem festen Teil angeordnet. Der Sensor 14 kann eine Änderung des magnetischen Felds H feststellen, die auf eine Temperaturänderung der Magnetfeldquelle 13 zurückzuführen ist.2

7.2

Temperatur erniedrigen

Joule–Thomson-Effekt: Entspannt sich ein Gas, kühlt es ab. Die Verwendung von Gasen kann daher zur Kühlung beitragen. In dem Patentdokument DE 10 2020 205 183 A1 wird der Joule–Thomson-Effekt zur Erzeugung kryogener Temperaturen genutzt. Die Abb. 7.3 zeigt die Fig. 1 der DE 10 2020 205 183 A1 mit der Hochdruckleitung 118, die ein 1 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1120180032 32B4, abgerufen am 14.10.2022. 2 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE6020040014 44T2, abgerufen am 14.10.2022.

7.2 Temperatur erniedrigen

51

Abb. 7.2 Fig. 1 der DE602004001444T2

Abb. 7.3 Fig. 1 der DE102020205183A1

Kältegemisch in die Vorrichtung 110 einleitet. Dieses Kältegemisch kann sich in der Vorrichtung entspannen und ausdehnen und dabei über die Temperaturübertrager 122 und 148 das Kältemittelgemisch in den Volumen 142 und 146 abkühlen. Das resultierende Fluid aus der Leitung 128 ist dadurch erheblich abgekühlt.3 Magnetokalorischer Effekt: Es gibt magnetisierbare Materialien, die sich bei einem vorhandenen Magnetfeld erwärmen und nach Abschalten abkühlen. Der Abkühlprozess kann zur Temperatursenkung genutzt werden. Das Patentdokument DE 11 2010 001

3 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020202051 83A1, abgerufen am 14.10.2022.

52

7 Physikalische Effekte

217 T5 beschreibt die Anwendung eines magnetokalorischen Elements (siehe Abschn. 7.3 Magnetokalorischer Effekt).4

7.3

Temperatur erhöhen

Wirbelströme durch elektromagnetische Induktion: Wirbelströme ergeben sich in einem elektrischen Leiter, der sich in einem konstanten Magnetfeld bewegt oder der sich in einem sich ändernden Magnetfeld befindet. Die Wirbelströme sind elektrische Ströme und erhitzen den Leiter. Peltier-Effekt: Mit einem Stromfluss durch zwei elektrische Leiter aus unterschiedlichen Stoffen kann Wärme erzeugt werden. Der Peltier-Effekt ist die Umkehrung des SeebeckEffekts (siehe Abschnitt 7.1). Magnetokalorischer Effekt: Es gibt magnetisierbare Materialien, die sich bei einem vorhandenen Magnetfeld erwärmen und nach Abschalten abkühlen. Der magnetokalorische Effekt kann zur Erwärmung genutzt werden. Das Patentdokument DE 11 2010 001 217 T5 beschreibt ein Verfahren zur Erzeugung eines Wärmestroms mithilfe eines magnetokalorischen Elements. Die Abb. 7.4 zeigt die Figuren 1A, 1B, 1C und 1D der DE 11 2010 001 217 T5, wobei ein abgeschlossenes Volumen dargestellt ist, an dessen Enden Kolben P angeordnet sind. In der Fig. 1B wird der linke Kolben P nach rechts gedrückt, sodass das Fluid in der kalten Kammer FR durch das magnetokalorische Material MC gedrückt wird. Hierdurch erhält man bei aktiviertem magnetokalorischem Material MC in der Kammer CH ein erwärmtes Fluid. Das Fluid kann durch den rechten Kolben P nach links zurück gedrückt werden, wodurch ein neuer Erwärmungszyklus gestartet werden kann (siehe Fig. 1D). Auf diese Weise kann das Fluid schrittweise auf die gewünschte Temperatur gebracht werden.5 Absorption von Mikrowellen: Mit Mikrowellen können Stoffe, insbesondere Speisen, erwärmt werden. Eine Anwendung der Erwärmung durch Mikrowellen ist der Mikrowellenherd, der von Percy LeBaron Spencer am 26. März 1948 zum Patent angemeldet wurde. Die Abb. 7.5 zeigt die Fig. 1 der US 2540036 mit einem zu erwärmenden Hummer 14 in einem Ofen 1, der durch eine Metalltür 3 zugänglich ist. In den Ofen 1 werden durch eine Leitung 12 Mikrowellen eingeleitet, die von einem Magnetron 5 erzeugt werden.6 Ein Magnetron ist eine Vakuumröhre mit der elektromagnetische Wellen im Bereich von 0,3 bis 95 Gigahertz erzeugt werden.

4 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1120100012 17T5, abgerufen am 14.10.2022. 5 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1120100012 17T5, abgerufen am 14.10.2022. 6 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000025 40036A, abgerufen am 14.10.2022.

7.3 Temperatur erhöhen

53

Abb. 7.4 Fig. 1A, 1B, 1C und 1D der DE112010001217T5

Elektrische Erwärmung: Ein elektrischer Stromfluss durch ein Objekt kann zu dessen Erwärmung führen. Zusätzlich zur Erwärmung kann sich ein Leuchteffekt einstellen. Ein Beispiel hierfür ist die Glühbirne (siehe Abschn. 8.18). Lichtbogen: Ein Lichtbogen entsteht durch Plasmabildung aufgrund einer sehr hohen Spannung zwischen zwei Leitern, die einen sehr kleinen Abstand zueinander aufweisen. Ein Beispiel für die Anwendung eines Lichtbogens ist das Lichtbogenschweißen. Stanislaw Olszewski (geboren am 6. Januar 1852 in Warschau; gestorben am 15. Juli 1898 in Gießen) und Nikolai Nikolajewitsch Benardos (geboren am 26. Juli 1842 in Bernadrosowka; gestorben am 8. September 1905 in Fastow) sind die Erfinder des Lichtbogenschweißens. In dem Patentdokument US 363320 A, das am 17. Mai 1887 zum Patent geführt hat, wird die Erfindung des Lichtbogenschweißens beschrieben. Die

54

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.5 Fig. 1 der US2540036

Abb. 7.6 zeigt die Figuren der US 363320 mit einem Werkstoff r auf dem geschweißt wird, wobei der Werkstoff r mit einer Leitung C auf Masse gelegt wird und einer Elektrode D, sodass zwischen der Elektrode D und dem Werkstoff r eine sehr hohe Spannung angelegt werden kann.7

7.4

Ort eines Objekts bestimmen

Phosphoreszenz, Fluoreszenz, Chemolumineszenz: Mit Marker-Substanzen, insbesondere mit Luminophoren, können räumliche Verhältnisse sichtbar gemacht werden. Ein Luminophor emittiert Licht aus, nachdem es zuvor mit kurzwelligem Licht, ionisierender Strahlung oder auf chemischem Wege angeregt wurde. Richard Taylor van Zandt ist der Erfinder der Leuchtstäbe, die aufgrund von Phosphoreszenz leuchten. In seinem Patent US 4064428, das am 1. November 1976 beim Patentamt eingereicht wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 7.7 zeigt die Fig. 1 bis 5A der US4064428 A mit einer Röhre 20, in der eine große Ampulle 23 und eine kleine Ampulle 24 angeordnet sind. Die Röhre 20 ist von einem Stopfen 21 verschlossen. 7 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000003 63320A, abgerufen am 14.10.2022.

7.4

Ort eines Objekts bestimmen

55

Abb. 7.6 Fig. 1 und 2 der US363320

Die kleine und die große Ampulle 23 und 24 werden von einer Hülle 25 gehalten. Außerdem ist in der Röhre 20 ein Schlagkörper 22 vorhanden, der die Ampullen 23 und 24 durch Schütteln der Röhre 20 beschädigen kann, sodass sich die jeweiligen Inhaltsstoffe vermengen und dadurch den Chemolumineszenz-Effekt auslösen.8 Röntgenstrahlung: Mit Röntgenstrahlen können Materialanalysen oder Untersuchungen eines menschlichen Körpers durchgeführt werden. Wilhelm Conrad Röntgen (geboren am 27. März 1845 in Lennep, heute Remscheid; gestorben am 10. Februar 1923 in München) entdeckte die später nach ihm benannte Röntgenstrahlung, die massive Körper durchdringen kann. Röntgen meldete aus ethischen Gründen kein Patent auf eine Anwendung der Röntgenstrahlen an, denn er wollte die Segnungen seiner Entdeckung für jeden Menschen zugänglich machen.

8 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000040 64428A, abgerufen am 14.10.2022.

56

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.7 Fig. 1 bis 5A der US4064428

Im Gegensatz zu Röntgen beanspruchte Reinhold Burger Patentschutz für eine Anwendung der Röntgenstrahlen. In seinem Patent DE 129974, das 1901 zum Patent führte, beschreibt Burger eine Vorrichtung zum Untersuchen einer Probe mit Röntgenstrahlen. Die Abb. 7.8 zeigt die Fig. 1, 2 und 3 der DE129974 mit der erfindungsgemäßen Röntgenröhre.9 Dopplereffekt: Bewegt sich ein Sender eines Signals bezüglich eines Empfängers, so ergibt sich eine Stauchung oder Dehnung des beim Empfänger ankommenden Signals. Dieser Effekt der Dehnung oder Stauchung wird Doppler-Effekt genannt. Nimmt der Abstand zwischen Sender und Empfänger zu, ergibt sich eine Dehnung des Signals vom Sender zum Empfänger. Nimmt der Abstand zwischen Sender und Empfänger ab, ergibt

9 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000001 29974A, abgerufen am 15.4.2023.

7.4

Ort eines Objekts bestimmen

57

Abb. 7.8 Fig. 1, 2 und 3 der DE129974

sich eine Stauchung des Signals. Bei periodischen Signalen ergibt sich durch die Bewegung des sendenden Objekts eine Frequenzerhöhung, falls sich das Objekt nähert, bzw. eine Frequenzverminderung, falls sich das Objekt entfernt. Das Gebrauchsmuster DE 20 2013 103 234 U1 beschreibt eine Messvorrichtung mit Mikrowellen, die den Dopplereffekt nutzt. Die Abb. 7.9 zeigt die Figur 1 der DE 20 2013 103 234 U1 mit einem Mikrowellenpfad 14, auf dem sich eine Person 24 bewegt. Die Person 24 läuft auf die Mikrowelleneinheit 12a zu und von der Mikrowelleneinheit 12b weg, deswegen erhält die Mikrowelleneinheit 12a ein Signal mit einer höheren Frequenz im

58

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.9 Fig. 1 der DE202013103234U1

Vergleich zu der Mikrowelleneinheit 12b. Die Mikrowelleneinheit 12a hat eine Antenne 18a und die Mikrowelleneinheit 12b weist eine Antenne 18b auf.10

7.5

Bewegen eines festen Objekts

Magnetfeld und elektrisches Feld: ein magnetisches Objekt kann von einem äußeren Magnetfeld beeinflusst werden. Elektrisch geladene Körper können von einem elektrischen Feld bewegt werden. Dieser Effekt wird im Elektronenmikroskop genutzt. Der Erfinder des Elektronenmikroskops ist Friedrich Ruska (geboren am 25. Dezember 1906 in Heidelberg; gestorben am 27. Mai 1988 in Berlin). In der Patentschrift DE 911056 wird das erfindungsgemäße Elektronenmikroskop beschrieben. Die Abb. 7.10 zeigt die Figuren 1 und 2 der DE 911056, wobei zwischen der Kathode 1 und der Anode 2 ein elektrisches Feld vorliegt. Die Kathode 1 ist als Glühwendel ausgeformt, sodass Elektronen eine derart hohe Wärmeenergie erhalten, dass sie sich von der Kathode 1 ablösen können. Die freien Elektronen werden dann von der Anode 2 angezogen und in Richtung des zu untersuchenden Objekts beschleunigt. Die Elektronen treffen auf einen Leuchtschirm 6 auf, der von einem Fenster 8 aus beobachtet werden kann.11 Vibrationen, Oszillationen, Schwingungen: Mit Schwingungen können Objekte bewegt werden. Zentrifugalkräfte: Mit einer Rotation können Zentrifugalkräfte erzeugt werden, mit denen beispielsweise eine Trennung unterschiedlich schwerer Objekte erfolgen kann. 10 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020131032 34U1, abgerufen am 14.10.2022. 11 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000009 11056B, abgerufen am 15.4.2023.

7.6

Bewegen eines Fluids

59

Abb. 7.10 Fig. 1 und 2 der DE911056

7.6

Bewegen eines Fluids

Kapillareffekt: Der Kapillareffekt bzw. die Kapillarität hat zur Folge, dass Flüssigkeiten in engen Hohlräumen entgegen der Schwerkraft nach oben aufsteigen können. Der Grund liegt in der Oberflächenspannung (Adhäsion), die bei kleinen Flüssigkeitsmengen größer als die Schwerkraft ist. Durch den Kapillareffekt können Bäume Wasser aus ihren Wurzeln bis zu einer Höhe von 100 m aufsteigen lassen. Die Kapillarität ist der Grund für das Vollsaugen von porösen Ziegeln und Papier mit Wasser. Bei einem Füllfederhalter wird über eine Metallfeder Tinte auf ein Blatt Papier aufgebracht. Die Tinte fließt aus einem Speicher des Füllfederhalters aufgrund der Kapillarwirkung zur Spitze des Schreibgeräts. Die Tinte wird vom Papier aufgesaugt. Lewis Edson Waterman (geboren am 20. November 1837 in New York; gestorben am 1. Mai 1901) ist der Erfinder des Füllfederhalters. In seinem Patent US 293545 beschreibt er seine Erfindung. Die Aufgabe, die sich Waterman stellte, war, ein kompaktes Schreibgerät zur Verfügung zu stellen, das kein separates Tintenfässchen erfordert. Das Problem war daher, zunächst einen Tintentank in einem Schreibgerät zu integrieren und eine Versorgung der Feder mit Tinte aus diesem Tank sicherzustellen. In der Abb. 7.11 sind die Fig. 1 und 2 der US 293545 dargestellt. Der Füllfederhalter der Fig. 1 zeigt einen Tintentank A, der die Schreibspitze P mit Tinte versorgt. Durch den Kapillareffekt ergibt sich von dem

60

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.11 Fig. 1 und 2 der US293545

Tank A durch den Tintenkanal zur Schreibspitze P ein kontinuierlicher und gleichmäßiger Tintenfluss.12 Toms-Effekt: Durch die Zugabe weniger fadenförmiger Polymere kann die Strömungsgeschwindigkeit eines Fluids in einem Rohr erheblich verringert werden. Venturi-Effekt: Bei einem inkompressiblen Fluid, insbesondere einer Flüssigkeit, gilt, dass sich seine Geschwindigkeit entlang einem Rohr ändert, falls sich der Querschnitt des Rohrs ändert. Die Änderung der Fließgeschwindigkeit verhält sich umgekehrt proportional zur Änderung des Querschnitts: A1 /A2 = v2 /v1 , wobei am Ort 1 das Rohr den Querschnitt A1 und die Flüssigkeit die Geschwindigkeit v1 und am Ort 2 das Rohr den Querschnitt A2 und die Geschwindigkeit v2 aufweist (siehe Abb. 7.12). Weissenberg-Effekt: Rühren mit einem Stab in einer nicht-newtonschen Flüssigkeit führt zum Aufsteigen der Flüssigkeit entlang des Rührstabs. Nicht-newtonsche Flüssigkeiten 12 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000002 93545A, abgerufen am 15.4.2023.

7.7

Aerosole bewegen

61

Abb. 7.12 Venturi-Effekt Abb. 7.13 Weissenberg-Effekt

sind beispielsweise Blut, Ketchup, Teigwaren und Granulate. Der Weissenberg-Effekt tritt bislang vorwiegend störend in Erscheinung, da durch die aufkriechende Flüssigkeit das Rührwerk verschmutzt wird (siehe Abb. 7.13).

7.7

Aerosole bewegen

Ein Aerosol ist ein Gas, insbesondere Luft, das mit festen oder flüssigen Partikeln angereichert ist. Nebel oder Rauch sind Aerosole.

62

7 Physikalische Effekte

Elektrisches oder magnetisches Feld: Sind die Partikel in dem Aerosol elektrisch geladen oder werden die Partikel nachträglich elektrisch geladen, kann das Aerosol mit einem elektrischen oder magnetischen Feld bewegt werden. Strahlungsdruck: Strahlungsdruck ergibt sich dadurch, dass elektromagnetische Strahlung unsymmetrisch auf ein Partikel einwirkt, wobei die Strahlung nur auf eine Seite des Partikels des Aerosols absorbiert, emittiert oder reflektiert wird. Handelt es sich bei der elektromagnetischen Strahlung um Licht spricht man von Lichtdruck. Die Patentanmeldung DE 10 2019 122 981 A1 beschreibt eine Vorrichtung zum Aussortieren von Partikeln durch Strahlungsdruck. Die Abb. 7.14 zeigt die Figur der DE 10 2019 122 981 A1 mit einer Sortiervorrichtung 1, in die ein Medium 14 eingeleitet wird. Das Medium 14 wird entlang der Sortiervorrichtung 1 durch eine laminare Strömung 17 geführt. Innerhalb der Sortiervorrichtung 1 wird es einer Strahlung 9 aus einer Bestrahlungsquelle 12 ausgesetzt. Durch den Strahlungsdruck werden einzelne Partikel der einströmenden Suspension 14 abgelenkt 15 andere bleiben von dem Strahlungsdruck der Bestrahlungsquelle 12 unbeeindruckt und halten die Richtung ein, die sie vor dem Eintritt in die Sortiervorrichtung 1 aufwiesen 16. Auf diese Weise können unterschiedliche Partikel aus dem Aerosol entmischt werden.13

7.8

Herstellen einer Mischung

Ultraschall: In Fluiden breitet sich Ultraschall als Longitudinalwelle aus und kann so einen Schub auf Gase und Flüssigkeiten ausüben, wodurch sich eine Vermischung ergeben kann. In der Patentanmeldung DE 10 2012 019 020 A1 wird eine Vorrichtung vorgestellt, die durch Ultraschall-Bestrahlung Milchschaum für Kaffeegetränke herstellen kann. Die Abb. 7.15 zeigt die Fig. 2 der DE 10 2012 019 020 A1 mit einer Vermischungsvorrichtung, in die über Leitungen 2 Milch 16 in eine Kammer eingeführt wird. In diese Kammer wird ein Gas 9 als Beförderungsmedium zugeführt. Die Milch 16 wird Ultraschallwellen aus einer Ultraschall-Strahlungsvorrichtung 6 ausgesetzt. Außerdem gibt es einen Zerstäuber, der als Rotationselement arbeitet. Ein drittes Element zur Vermischung der Milch 16 mit dem Gas 9 ist ein Schwingungselement 15.14 Kavitation: Kavitation ist die Bildung von dampfgefüllten Hohlräumen in Flüssigkeiten, beispielsweise durch einen rotierenden Propeller. Kavitation stellt oft eine unerwünschte Erscheinung dar, die an den sie erzeugenden Vorrichtungen zu mechanischen Beschädigungen führen kann. Andererseits können die Wirbel durch Kavitation zum Vermischen von Flüssigkeiten genutzt werden. Hierbei sind insbesondere Ultraschallwellen zur Erzeugung von Kavitation geeignet. 13 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020191229 81A1, abgerufen am 17.10.2022. 14 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020120190 20A1, abgerufen am 17.10.2022.

7.8

Herstellen einer Mischung

Abb. 7.14 Fig. der DE102019122981A1

63

64

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.15 Fig. 2 der DE102012019020A1

Kavitation möchte man bei einem Antrieb durch einen Propeller vermeiden, da durch die Kavitation dampfgefüllte Hohlräume entstehen, die an dem Propeller implodieren. Durch das Implodieren entstehen schlagartig hohe Drücke und Temperaturen, die den Propeller beschädigen können. In der DE 10394232 T5 ist eine Anordnung einer Antriebsschraube eines U-Boots dargestellt, mit der Kavitation vermieden werden kann. Die Abb. 7.16 zeigt die Fig. 5 der DE10394232T5 mit der Antriebswelle 23 und der Nabe 19, an der die Blätter 21 angeordnet sind. Die Abb. 7.17 zeigt die Fig. 7 der DE10394232T5, bei der die Antriebswelle 23 und die Nabe 19 eine Schrägstellung 27 gegenüber der Längsachse 15 des anzutreibenden U-Boots aufweisen. Durch diese Schrägstellung 27 kann Kavitation verhindert werden.15 Diffusion: Die Brownsche Bewegung von Teilchen führt unweigerlich zu einem allmählichen Ausgleich von Konzentrationsunterschieden in Flüssigkeiten und Gasen. Kann daher für einen Vermischungsvorgang eine genügend lange Zeitdauer zugelassen werden, kann allein durch die Brownsche Bewegung das Mischen erfolgen.

7.9

Entmischen

Osmose: Für ein Entmischen durch Osmose ist eine selektiv- oder semipermeable Trennschicht erforderlich, die für Partikel, die von einem Lösungsmittel aufgenommen wurden, nicht passierbar ist. Das Lösungsmittel jedoch kann die Trennschicht passieren. Durch Osmose können Partikel aus dem Lösungsmittel gefiltert werden. Statt einer dünnen Membran als Trennschicht kann poröses Material, beispielsweise Ton oder Kohle, verwendet werden. In der Patentschrift DE 12509 A, die am 17. Juni 1880 zum Patent erteilt wurde, 15 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000103942 32T5, abgerufen am 17.10.2022.

7.9

Entmischen

65

Abb. 7.16 Fig. 5 der DE10394232T5

Abb. 7.17 Fig. 7 der DE10394232T5

wird eine Anlage zur Herstellung von Zuckersäften, Melassen und Sirupen durch Osmose vorgestellt. Die Abb. 7.18 zeigt die Figuren 1 und 2 der DE 12509 A, wobei eine Osmose innerhalb mäanderförmig angeordneten Rohren erfolgt.16 16 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000000 12509A, abgerufen am 17.10.2022.

66

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.18 Fig. 1 und 2 der DE12509A

Elektrophorese: Bei der Elektrophorese wird ein elektrisches Feld angelegt, um eine Bewegung geladener kolloidaler Teilchen bzw. Moleküle, also von Teilchen bzw. Molekülen in einem Medium, zu bewirken. Kolloidale Teilchen sind ultrafeine Teilchen, deren Größe im Nanometer- bzw. Mikrometerbereich liegt. Die Bewegungsgeschwindigkeit richtet sich nach der angelegten elektrischen Feldstärke und der Größe der elektrischen Ladung der kolloidalen Teilchen bzw. Moleküle. Elektrophorese ist beispielsweise dazu geeignet, unterschiedlich geladene kolloidale Teilchen bzw. Moleküle voneinander zu trennen. Mit Elektrophorese kann andererseits auch eine Beschichtung eines metallischen Elements, beispielsweise mit einem Kautschuküberzug, vorgenommen werden. In der DE 505824, die am 14. August 1930 erteilt wurde, ist eine Vorrichtung zur Elektrophorese beschrieben, wobei Kautschuk zunächst durch Elektrophorese auf zu beschichtendes Metall abgelagert wird und danach darauf verpresst wird. Die Abb. 7.19 zeigt die Abb. 1 und 2 der DE 505824 mit einem Metallband 1, das in eine wässrige Lösung 26 geführt wird, in das eine Kautschuklösung 21 eingeleitet wird. In der wässrigen Lösung 26 schlägt der Kautschuk durch Elektrophorese gleichmäßig auf dem Metallband 1 nieder. Die Kautschukschicht wird danach auf das Metallband 1 aufgepresst.17 Zentrifugalkraft: Durch die Trägheit eines Körpers ergibt sich bei einer Rotation eine radiale Bewegung des Körpers nach außen. Mit einem Fliehkraftregler kann die Drehzahl 17 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000005 05824A, abgerufen am 17.10.2022.

7.9

Entmischen

67

Abb. 7.19 Abb. 1 und 2 der DE505824

einer rotierenden Motorwelle geregelt werden. In der DE 403001, die am 22. Januar 1924 erteilt wurde, wird ein Fliehkraftregler zur Regelung der Drehzahl eines Elektromotors beschrieben. Die Abb. 7.20 zeigt die Zeichnung der DE 403001 mit der Achse a, die mit der Welle des Elektromotors starr verbunden wird. Durch die Rotation der Welle a bewegt sich die Masse m um das Gelenk a nach oben und zieht die Achse B nach rechts. Dieser Bewegung wirken die Federn k1 , k2 und k3 entgegen. Die Bewegung der Achse B kann zur Regelung der Drehzahl des Elektromotors genutzt werden.18 Absorption: Mit Absorption kann ein Atom, ein Molekül oder ein Ion in eine andere Phase übergeleitet werden. Ein Ion ist ein elektrisch geladenes Teilchen. Atome und Moleküle sind elektrisch neutral. Eine Phase ist ein Bereich mit homogener Dichte,

18 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000004 03001A, abgerufen am 18.10.2022.

68

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.20 Fig. der DE403001

einem bestimmten Brechungsindex und/oder einer definierten chemischen Zusammensetzung. Mit der chemischen Absorption kann die Abluft einer Galvanikanlage gereinigt werden. Das Patent DE 487180, erteilt am 21. November 1929, beschreibt eine Absorptionsmaschine. Die Abb. 7.21 zeigt die Figur der DE 487180 mit dem Absorber 4. Die Vorrichtung umfasst außerdem ein Rektifikationsgefäß 15, einen Entgaser 1 und einen Flüssigkeitsvorrat 22.19 Adsorption: Bei der Adsorption werden Stoffe aus Gasen oder Flüssigkeiten an der Oberfläche eines Körpers gebunden. Die DE 415459, erteilt am 22. Februar 1921, beschreibt ein Verfahren, um aus Adsorptionskohle die adsorbierten Stoffe wiederzugewinnen. In der Abb. 7.22 ist die Zeichnung der DE 415459 gezeigt, die in einem Behälter b die Adsorptionskohle a enthält, wobei die Adsorptionskohle a zwischen Elektroden c und d, die Ausnehmungen aufweisen, angeordnet ist. Federn g pressen die Elektroden c und d auf die Adsorptionskohle a. Durch das Zuführen eines Stroms können die Adsorptionsstoffe zurück gewonnen werden.20

7.10

Fixieren eines Objekts

Elektrisches oder magnetisches Feld: geladene Teile können mit einem elektrischen oder einem magnetischen Feld stabilisiert bzw. fixiert werden.

19 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000004 87180A, abgerufen am 18.10.2022. 20 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000004 15459A, abgerufen am 18.10.2022.

7.10

Fixieren eines Objekts

69

Abb. 7.21 Fig. der DE487180

Gyroskopischer Effekt (Kreiselwirkung): Bei dem gyroskopischen Effekt wird die Trägheit eines rotierenden Körpers genutzt. Ein Gyroskop ist ein schnell rotierender Kreisel, dessen Rotationsrichtung von äußeren Bewegungsänderungen unbeeindruckt bleibt. Voraussetzung ist, dass der Gyroskop derart gelagert ist, dass die Lagerung keinen Einfluss auf die Rotationsrichtung nimmt. Die konstante Rotationsrichtung kann als stabile Referenz zur Steuerung von Flugzeugen oder Weltraumraketen genutzt werden. In dem Patent US 1102653 A beschreibt der Raumfahrtvisionär Robert Hutchings Goddard (geboren am 5. Oktober 1882 in Worcester, Massachusetts; gestorben am 10. August 1945 in Baltimore, Maryland) seinen zukunftsweisenden Entwurf einer Weltraumrakete.

70

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.22 Fig. der DE415459

Die Abb. 7.23 zeigt die Figuren der US 1102653 A mit einem Gyroskop 37, der als stabiler Ausgangspunkt zur Lageregelung der Weltraumrakete genutzt werden soll.21 Der gyroskopische Effekt kann genutzt werden, um eine Orts-Referenz bei der Bewegung eines Roboters zu erhalten. Das Patent DE 69900433T2 beschreibt die Anwendung eines Gyroskops bei einem Roboter, der wie ein Mensch laufen kann. Die Abb. 7.24 zeigt den Roboterkörper 30 beim Erklimmen einer Stufe, wobei anhand des Kreisels 31 die Orientierung während der Bewegung gewahrt wird.22 21 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000011 02653A, abgerufen am 15.4.2023. 22 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000699004 33T2, abgerufen am 18.10.2022.

7.11

Einwirken einer Kraft

71

Abb. 7.23 Fig. der US1102653

7.11

Einwirken einer Kraft

Phasenübergang durch thermische Expansion bzw. Kontraktion: Ein Phasenübergang ist die Transformation eines Stoffes in eine andere Phase. Ein Stoff kann die Phasen fest, flüssig und gasförmig einnehmen. Die Phase eines Stoffs wird durch den Druck, die Temperatur und die chemische Zusammensetzung bestimmt. Durch die Aufnahme von Wärme können Stoffe eine merkliche Volumenänderung erfahren, die zum Erzeugen von Kräften führen kann. Das Ausmaß der Änderung berechnet sich mit dem Ausdehnungskoeffizienten. Quarz weist ab 573° Celsius einen erhöhten Ausdehnungskoeffizienten auf, sodass ab dieser Temperatur bei einer schnellen Temperaturzunahme ein Zersprengen des Quarzes droht.

72

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.24 Fig. 3 der DE69900433T2

Paraffine zeigen eine hohe Änderung ihres Volumens beim Übergang von einem festen in einen flüssigen Zustand. Mit Paraffinen können daher Aktoren aufgebaut werden, die beim Phasenübergang einen erheblichen Hub entfalten. Aktuell werden Paraffine vorwiegend jedoch als Brennstoff für Kerzen und Öllampen verwendet. Wasser weist bei Abkühlung und dem Übergang von dem flüssigen in den festen Zustand eine Anomalie auf, denn bei diesem Übergang nimmt das Volumen von Wasser entgegen der Regel zu. Durch die Zunahme des Volumens vom flüssigen zum festen Zustand durch Abkühlung können große Kräfte auf ein einschließendes Behältnis ausgeübt werden, wodurch dieses gesprengt werden kann. Elektrisches oder magnetisches Feld: Mit einem elektrischen oder magnetischen Feld kann eine Kraft auf ein elektrisch geladenes bzw. magnetisches Teilchen ausgeübt werden. Zentrifugalkraft: Mit einer Rotation können Zentrifugalkräfte, die auf den rotierenden Körper wirken, erzeugt werden.

7.13

Brechen eines Objekts

73

Abb. 7.25 Fig. der DE417978

7.12

Reibungsänderung

Johnsen-Rahbek-Effekt: Legt man eine elektrische Spannung zwischen einem schwach leitenden Material und einem Metall an, die aneinander liegen, ergibt sich eine elektrostatische Anziehung an der Grenzfläche der beiden Materialien. Durch die elektrostatische Anziehung wird die Reibung zwischen dem schwach leitenden Material und dem Metall erhöht. Durch das Ein- und Ausschalten der Spannung kann daher die Reibung zwischen den beiden Materialien variiert und beispielsweise eine Kupplung hergestellt werden. Eine alternative Anwendung ist der Aufbau eines Relais. Das Patent DE 417978, erteilt am 9. September 1922, beschreibt ein sogenanntes Johnsen-Rahbeck-Relais. Die Abb. 7.25 zeigt die Figur der DE 417978 mit einem Halbleiter 1 auf dem eine Metallplatte 3 angeordnet ist. Wird eine Spannung zwischen 4 und 2 angelegt, ergibt sich durch den Johnsen-Rahbeck-Effekt eine starke Haftung zwischen dem Halbleiter 1 und der Metallplatte 3. In diesem Fall wird der Eisenkern 5, der an der Metallplatte 3 befestigt ist, angezogen. Fließt durch die Spule 8 ein Mindeststrom wird der Eisenkern 5 nach oben gezogen, wodurch sich die Relaisfunktion ergibt.23

7.13

Brechen eines Objekts

Explosivstoffe: Der schwedische Chemiker Alfred Nobel (geboren am 21. Oktober 1833 in Stockholm; gestorben am 10. Dezember 1896 in Sanremo, Italien) ist der Erfinder des Sprengstoffs „Dynamit“.

23 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000004 17978A, abgerufen am 18.10.2022.

74

7 Physikalische Effekte

Nitroglycerin war bereits vor der Erfindung des Dynamits als Sprengstoff bekannt. Allerdings war Nitroglycerin hochgefährlich, da es bei der kleinsten Erschütterung explodierte. Das Verdienst von Nobel ist es, Nitroglycerin mit Kieselgur zu mischen und damit einen Sprengstoff zu erhalten, der nicht erschütterungsempfindlich ist. Resonanz: Mit einer sogenannten Resonanzkatastrophe können feste Körper zerstört werden. Nikola Tesla hat sich eine Vorrichtung als Patent schützen lassen, mit der Objekte durch Resonanz zerstört werden können. Jedes Objekt hat eine Eigenfrequenz. Wird das Objekt dauerhaft mit seiner Eigenfrequenz angeregt, können die Schwingungen des Objekts derartig große Amplituden annehmen, dass eine mechanische Zerstörung die Folge ist. In dem Patent US 514169, das am 19. August 1893 beim Patentamt eingereicht wurde, beschreibt Nikola Tesla (geboren am 10. Juli 1856 in Smiljan, Kaisertum Österreich; gestorben am 7. Januar 1943 in New York) seine Erdbebenmaschine, die einem System mit dessen Eigenfrequenz Energie zuführt (siehe Abb. 7.26).24 Energiezufuhr: Wird einem Körper eine hohe Energie zugeführt, kann eine Zerstörung des Körpers erzielt werden. Eine Energiezufuhr ist beispielsweise mit Ultraschall oder Laserbestrahlung möglich.

7.14

Speichern mechanischer oder elektrischer Energie

Gyroskopischer Effekt: Mit der Rotation eines Kreisels kann Bewegungsenergie gespeichert werden. Phasenübergang: Carl Paul Gottfried von Linde (geboren am 11. Juni 1842 in Berndorf; gestorben am 16. November 1934 in München) ist der Erfinder des modernen Kühlschranks. In dem Patent DE 1250, das am 9. August 1877 erteilt wurde, beschreibt Linde seine erfinderische Kälteerzeugungsmaschine. Die grundsätzliche Idee des Kühlschranks ist es, Wärme zu entziehen und damit einen kalten Innenraum des Kühlschranks zu schaffen. Hierzu weist der Innenraum eine röhrenförmige Leitung auf, in der ein kaltes, flüssiges Fluid eingeleitet wird. Dieses Fluid erwärmt sich im Innenraum und entzieht ihm dadurch Wärme. Bei diesem Vorgang wird das Fluid gasförmig. Das gasförmige Fluid wird aus dem Innenraum ausgeleitet und abgekühlt, um es wieder in den Innenraum des Kühlschranks zur erneuten Erwärmung einzuleiten (siehe Abb. 7.27).25

24 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000005 14169A, abgerufen am 15.4.2023. 25 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000000 01250A, abgerufen am 15.4.2023.

7.15

Übertragen von Energie

75

Abb. 7.26 Fig. der US514169

7.15

Übertragen von Energie

Schwingungen, Wellen, Strahlung: Mit elektromagnetischen Wellen kann Energie übertragen werden. Das Patent DE 11 2014 005 267 T5 beschreibt die Übertragung elektrischer Energie von einer Bodenstation an ein Elektrofahrzeug. Die Abb. 7.28 zeigt die Figur 1 der DE 11 2014 005 267 T5 mit einer Hochfrequenzenergiequelle 10, die einen Sender 12 speist. Das Elektroauto weist einen Empfänger 21 auf, der die empfangene Energie an einen Gleichrichter 22 weiterleitet, der den Akkumulator (Batterie) 6 speist. Der Gleichrichter 22 ist erforderlich, da nur eine hochfrequente Spannung kontaktlos übertragen werden kann und andererseits nur eine Gleichspannung einen Akkumulator aufladen kann.26 26 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1120140052 67T5, abgerufen am 18.10.2022.

76

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.27 Fig. 1 der DE1250A

Abb. 7.28 Fig. 1 der DE112014005267T5

Konvektion: Konvektion ist der Transport von Wärme, Materie oder einem Impuls in einem strömenden Fluid. Ein Fluid ist eine flüssige oder eine gasförmige Substanz. Alternativ kann es sich bei einem Fluid um ein Aerosol handeln. Ein Aerosol ist ein Gas, in dem feste Partikel enthalten sind. Durch Konvektion kann sich ein Wärmetransport ergeben. Konvektion ergibt sich insbesondere durch den Transport thermischer Energie in Form von Wärmeleitung oder Wärmestrahlung. Das Patent DE 328543 A, das am 19. Mai 1916 erteilt wurde, beschreibt einen Heizofen für einen Raum. Die Abb. 7.29 zeigt die Figur 1 der DE 328543 A

7.15

Übertragen von Energie

77

Abb. 7.29 Fig. 1 der DE328543A

mit einem Heizkörper 1, in dem Heizschlangen 4 angeordnet sind. Unterhalb der Heizschlangen 4 sind Heizbrenner 5, die eine Flüssigkeit in den Heizschlangen 4 erhitzen. Diese Flüssigkeit fließt entlang den Heizschlangen 4 nach oben und gibt dabei durch Wärmestrahlung ihre Wärme an den Luftraum 2 ab, wodurch der Raum erwärmt wird.27 Lichtreflexion: In einem Lichtwellenleiter kann Licht „eingefangen“ werden. Durch Lichtreflexion an den Wänden des Leiters zurück in das Innere des Leiters kann das Austreten des Lichts verhindert werden und das Licht entlang des Lichtwellenleiters geführt werden. Adolf Goetzberger (geboren am 29. November 1928 in München) ist der Erfinder des Fluoreszenzkollektors. Ein Fluoreszenzkollektor dient dem „Einfangen“ von Licht, das in einem Leiter zu einer zentralen Stelle geführt wird, um dort eine Erwärmung, beispielsweise von Wasser, zu bewirken. Der besondere Trick beim Fluoreszenzkollektor ist, dass hochfrequentes Licht von außen in den Kollektor eintritt und im Kollektor zu niederfrequentem Licht gewandelt wird. Das niederfrequente Licht kann im Gegensatz zum hochfrequenten Licht den Kollektor nicht verlassen. Zur Umwandlung von hochfrequentem in niederfrequentes Licht weist der Fluoreszenzkollektor Fluoreszenzmoleküle auf, die nur einen Teil der Energie eines eindringenden Photons aufnehmen können. Nach einer Erregungsphase geben die Fluoreszenzmoleküle die aufgenommene Energie wieder ab, wobei das entstehende Photon niederfrequenter ist, da es weniger Energie im Vergleich zum Ursprungs-Photon aufweist. Die Abb. 7.30 zeigt einen Fluoreszenzkollektor mit einem einfallenden Photon 1, das auf ein Fluoreszenzmolekül trifft und dadurch in ein niederfrequentes Photon transformiert wird. Das Photon wird in dem Kollektor 2 bis zu einem zentralen Punkt 5 geleitet, um dort beispielsweise Wasser zu erwärmen.28

27 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000003 28543A, abgerufen am 19.10.2022. 28 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000026296 41C3, abgerufen am 15.4.2023.

78

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.30 Fig. 1 der DE2629641

7.16

Räumliche Abmessungen bestimmen

Eigenfrequenz: Die Eigenfrequenz hängt von den geometrischen bzw. räumlichen Gegebenheiten ab. Bringt man daher einen Körper in Resonanz, können Schlussfolgerungen aus der Messung der Eigenfrequenz auf die räumliche Ausdehnung des Körpers gezogen werden.

7.17

Räumliche Abmessungen ändern

Thermische Expansion oder Kontraktion: Die Änderung der Temperatur eines Stoffs oder Körpers hat eine Änderung der räumlichen Ausdehnung zur Folge. In aller Regel führt eine Temperaturerhöhung zu einer räumlichen Ausdehnung. Das Gegenbeispiel ist Wasser, das aufgrund seiner Anomalie eine Ausdehnung beim Übergang vom flüssigen in den festen Zustand aufweist. Magnetostriktion: Ferromagnetische Materialien weisen Weißsche Bezirke auf, die eine magnetische Einheit darstellen. Legt man an ein ferromagnetisches Material ein Magnetfeld an, richten sich die Weißschen Bezirke gleichmäßig aus. Hierdurch ergibt sich eine Deformation des Materials. Die Deformation führt zu einer flexiblen Längenänderung. Auf Basis der Magnetostriktion kann beispielsweise ein Wegsensor erstellt werden. Ein Wegsensor ermittelt den Abstand eines Objekts von einem Referenzpunkt. Der gemessene Wert wird in ein elektrisches Signal gewandelt und kann von einem Mikroprozessor verarbeitet werden. Alternative Bezeichnungen zu Wegsensor sind Abstandssensor, Wegaufnehmer, Positionssensor und Distanzsensor. Die DE 20 2020 106 297 U1 beschreibt einen magnetostriktiven Wegsensor. Die Abb. 7.31 zeigt die Figur 1 der DE 20 2020 106 297 U1 mit dem magnetostriktivem Wegsensor 10, der eine Gerätekomponente 20, einen Impulsgeber 16, einen Messwandler 30, einen Positionsgeber 24 und eine Auswerteeinheit 12 aufweist. Der Impulsgeber 16 gibt einen Stromimpuls 14 auf die magnetostriktive Gerätekomponente 20. Hierdurch ergibt sich ein erstes radiales Magnetfeld 22, das entlang der Gerätekomponente läuft. Der magnetische Positionsgeber 24 erzeugt ein zweites radiales Magnetfeld 26. Beim Zusammentreffen beider Magnetfelder ergibt sich durch Magnetostriktion ein mechanischer Impuls, der sich als Körperschallwelle zum Messwandler 30 fortpflanzt. Der

7.17

Räumliche Abmessungen ändern

79

Abb. 7.31 Fig. 1 der DE202020106297U1

Messwandler 30 wandelt den mechanischen Impuls in ein elektrisches Signal, das von der Auswerteeinheit 12 analysiert wird.29

29 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020201062 97U1, abgerufen am 19.10.2022.

80

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.32 Fig. 1 bis 5 der DE1273719A

Piezoelektrischer Effekt: Wird ein fester Körper durch eine Kraft elastisch verformt, liegt an ihm eine elektrische Spannung an. Ein inverser Piezoeffekt ergibt sich bei Anlegen einer Spannung an den Festkörper, wodurch eine Verformung eintritt. Das Dokument DE 1273719 A beschreibt Halbleiter mit denen Schallwellen durch den piezoelektrischen Effekt erzeugt werden. Die Abb. 7.32 zeigt die Fig. 1 bis 5 der DE 1273719 A mit unterschiedlich aufgebauten Halbleitern, an die eine Spannung angelegt wird, wodurch sich diese verformen. Durch die räumliche Verformung der Halbleiter werden Schallwellen erzeugt. Die Halbleiter können daher als elektroakustische Wandler genutzt werden.30

30 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000012 73719A, abgerufen am 19.10.2022.

7.19

Oberflächeneigenschaften ändern

81

Abb. 7.33 Moiré-Effekt

7.18

Oberflächeneigenschaften bestimmen

Moiré-Effekt: Der Effekt beruht auf der Erkenntnis, dass zwei regelmäßige Muster, die überlagert werden, spezielle Strukturen ergeben können, die in keinem der Ursprungsmuster enthalten sind. Eine Variation der Ausrichtung der Muster zueinander kann zu weiteren speziellen Überlagerungsstrukturen führen. Auf diese Weise kann eine Analyse eines Ursprungsmusters einer zu untersuchenden Oberfläche erfolgen (siehe Abb. 7.33). Magnetischer Barkhausen-Effekt: Eine Magnetisierung eines ferromagnetischen Werkstoffs erfolgt nicht kontinuierlich, sondern diskontinuierlich in Schüben, da einzelne Bereiche gemeinsam magnetisiert werden. Diese Bereiche spiegeln die Struktur des Materials wider, sodass der Vorgang der Magnetisierung Rückschlüsse auf die Struktur des Materials erlaubt.

7.19

Oberflächeneigenschaften ändern

Adsorption: Adsorption ist die Ablagerung von Stoffen an der Oberfläche eines Körpers. Die Stoffe können durch Gase oder Flüssigkeiten an den Körper herangeführt werden und ändern die Oberfläche des betreffenden Körpers durch Ablagerung.

82

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.34 Fig. 3 der DE202017100914U1

UV-Strahlung: Ultraviolette Strahlung weist eine kürzere Wellenlänge wie sichtbares Licht auf und ist daher für das menschliche Auge unsichtbar. Allerdings ist ein kleiner Anteil des Spektrums des UV-Lichts gerade noch als violette Strahlung sichtbar, weswegen das komplette Frequenzspektrum jenseits der violetten Strahlung als ultraviolette-Strahlung (ultra = jenseits) bezeichnet wird. Mit der energieintensiven UV-Strahlung können Druckfarben, Lacke, Klebstoffe, Brillengläser, Kunststoffe oder Verbundglas ausgehärtet werden. Mit der energieintensiven UV-Strahlung können außerdem die Oberflächen von Körpern keimfrei gemacht werden. Das Patentdokument DE 20 2017 100 914 U1 beschreibt die Verwendung von UV-Strahlung zur Desinfektion von Oberflächen. Die Abb. 7.34 zeigt die Figur 3 der DE 20 2017 100 914 U1 mit einem Fahrstuhlinnenraum 1, der Betätigungsvorrichtungen 4, einen Handgriff, einen Bewegungsmelder 3 und eine Lichtvorrichtung 5 mit UV-Elementen 8 aufweist. Stellt der Bewegungsmelder 3 fest, dass in dem Fahrstuhl keine Person ist, schalten die Lichtelemente 7 aus und die UV-Elemente 8 gehen an. Die UV-Elemente 8 sind derart ausgerichtet, dass die Betätigungselemente 4 und der Handgriff von UV-Strahlen bestrahlt werden, wodurch krankmachende Keime und Bakterien abgetötet werden.31 31 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020171009 14U1, abgerufen am 19.10.2022.

7.20

Bestimmen des Volumens

83

Abb. 7.35 Kapazitiver Abstandssensor

Abb. 7.36 Fig. 2 der DE202007018014U1

7.20

Bestimmen des Volumens

Kapazitiver Sensor: Ein kapazitiver Sensor bestimmt anhand des elektrischen Felds zwischen zwei „Kondensatorplatten“ den Abstand der Kondensatorplatten. Eine erste Kondensatorplatte ist als Sensor ausgeformt. Die zweite Kondensatorplatte kann eine Wand eines Körpers darstellen. Die Abb. 7.35 zeigt das Funktionsprinzips eines kapazitiven Sensors mit einer Messelektrode. Zwischen der Messelektrode und einem Untersuchungsobjekt ist ein elektrisches Feld ausgebildet. Aus der Stärke des elektrischen Feldes kann auf den Abstand des Untersuchungsobjekts zur Messelektrode geschlossen werden. Die Abb. 7.36 zeigt die Fig. 2 der DE 20 2007 018 014 U1 mit der Elektrode 5 und der Gegenelektrode 3, wobei in das elektrische Feld F ein Objekt 4 eingeführt ist, das je nach Abstand zur Elektrode 5 das elektrische Feld F ändert.32

32 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020070180 14U1, abgerufen am 20.10.2020.

84

7.21

7 Physikalische Effekte

Ändern des Volumens

Ein Volumen kann beispielsweise durch thermische Expansion oder Kontraktion oder durch Anwendung des Piezoeffekts verändert werden.

7.22

Ermitteln elektrischer und magnetischer Felder

Hall-Effekt: Mit dem Hall-Effekt kann ein Magnetfeld ermittelt werden. Hierzu wird ein stromdurchflossener Leiter in dem Magnetfeld angeordnet. Es ergibt sich im Leiter senkrecht zum Stromfluss und dem Magnetfeld eine Spannung. Die Höhe der Spannung gibt über die Stärke des Magnetfelds Auskunft. Das Dokument DE 4008141 A1 beschreibt einen Sensor für magnetische Felder gemäß dem Hall-Effekt. Die Abb. 7.37 zeigt die Figuren 1 und 2 der DE 4008141 A1 mit einem Magneten 1, auf dem ein Hall-Element 2 angeordnet ist. In der Fig. 1 bildet sich ein Magnetfeld A aus, das nicht das Hall-Element 2 tangiert. Nähert sich ein metallischer Körper 20 und 21 dem Magnetfeld des Magneten 1 ändert sich dessen Magnetfeld. Es entsteht das Magnetfeld B, dessen Feldlinien durch das Hall-Element 2 verlaufen.33 Piezoelektrizität: Ein elektrisches Feld kann sich auf einen Halbleiter derart auswirken, dass sich dieser verformt, wodurch ein Nachweis des elektrischen Feldes geliefert wird.

7.23

Ermitteln von Strahlung

Lumineszenz: Lumineszenz liegt vor, falls ein Körper oder ein Fluid Strahlung aufnimmt und dadurch zunächst angeregt wird und dann in den ursprünglichen Zustand durch Abgabe eines Photons zurückfällt. Durch das Ermitteln von Photonen kann eine Strahlungsquelle detektiert werden. Photoelektromagnetischer Effekt: Beim photoelektromagnetischen Effekt wird eine elektrische Spannung durch einfallendes Licht in einem Halbleiter erzeugt, der sich in einem Magnetfeld befindet. In dem Patent DE 1789046 B, das am 27. September 1968 beim Patentamt eingereicht wurde, wird ein Strahlungssensor auf Basis des photoelektromagnetischen Effekts beschrieben. Die Abb. 7.38 zeigt die Figur 1 der DE 1789046 B mit einem Halbleiter 1, der sich in einem Magnetfeld B befindet. Liegt eine Strahlung 3 vor, so ergibt sich in dieser Messsituation eine Spannung an den Elektroden 5 und 6 des Halbleiters 1, die durch das Spannungsmeter 7 gemessen wird.34

33 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000040081 41A1, abgerufen am 20.10.2022. 34 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000017 89046B, abgerufen am 20.10.2022.

7.23

Ermitteln von Strahlung

Abb. 7.37 Fig. 1 und 2 der DE4008141A1

Abb. 7.38 Fig. 1 der DE1789046B

85

86

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.39 Fig. 4 der EP2817856B1

7.24

Erzeugen elektromagnetischer Strahlung

Tscherenkow-Strahlung: Diese elektromagnetische Strahlung erzeugt ein blaues Leuchten und ergibt sich, falls sich Elektronen in einem Medium schneller als Licht ausbreiten. In der Patentschrift EP 2817856 B1 wird eine Anordnung vorgestellt, die die Tscherenkow-Strahlung anwendet. Die Abb. 7.39 zeigt eine Vorrichtung zum Erzeugen einer Tscherenkow-Strahlung mit einer Lichtquelle (pulsed Fiber Laser), einem optischen Dämpfungsglied (VOA), einer Tscherenkow-Lichtquelle, einem Spektralanalyzer (Autocorrelator/Spectrum Analyzer) und einer Kamera (CCD Camera), die den Prozess dokumentiert.35

7.25

Erzeugen und Steuern von Licht

Elektrolumineszenz: Eine elektrolumineszente Strahlung wird durch Anlegen einer Wechselspannung an den Elektroden eines Kondensators erreicht, wobei innerhalb des Kondensators ein elektrolumineszentes Material, beispielsweise Zinksulfid, angeordnet ist. Die angelegte Spannung muss innerhalb des Kondensators ein starkes elektrisches Wechselfeld erzeugen, sodass die Elektronen des elektrolumineszenten Materials in angeregte Zustände versetzt werden. Die Elektronen strahlen beim Rückfall in den Ausgangszustand ein Photon aus, wodurch sich die elektrolumineszente Strahlung ergibt. Organische Leuchtdioden OLEDs basieren auf diesem Effekt. Das Patentdokument DE 1051400 A, das beim Patentamt am 25. Januar 1957 eingereicht wurde, beschreibt eine Elektrolumineszenz-Leuchtzelle. Die Abb. 7.40 zeigt die Figur der DE 1051400 A mit der Leuchtschicht 6, in der das elektrolumineszente Material enthalten ist. Die Leuchtschicht 6 liegt zwischen den leitenden Schichten 5 und 7,

35 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000028178 56B1, abgerufen am 20.10.2022.

7.25

Erzeugen und Steuern von Licht

87

Abb. 7.40 Fig. der DE1051400A Abb. 7.41 Fig. 1 der DE2629641

die über Elektroden 10 und 11 an eine Wechselspannung angeschlossen sind. Durch die Wechselspannung gibt die Leuchtschicht 6 Strahlung ab, die nach außen austreten kann.36 Totalreflexion: Durch Totalreflexion kann Licht entlang eines Leiters geführt werden. Adolf Goetzberger (geboren am 29. November 1928 in München) ist der Erfinder des Fluoreszenzkollektors, in dem Licht durch Totalreflexion in einem Kanal „gefangen“ ist und zu einer zentralen Stelle zur Erwärmung von beispielsweise Wasser geführt wird. Die Abb. 7.41 zeigt die Fig. 1 der DE 2629641 mit einem Fluoreszenzkollektor 2, der ein einfallendes Photon 1 zu einem zentralen Punkt 5 leitet (siehe Abschn. 7.15 (Lichtreflexion)).37 Elektrooptischer Kerr-Effekt: Die optischen Eigenschaften eines Körpers können durch Anlegen eines elektrischen Feldes verändert werden. 36 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000010 51400A, abgerufen am 20.10.2022. 37 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000026296 41A1, abgerufen am 21.11.2022.

88

7 Physikalische Effekte

Abb. 7.42 Fig. 1 und 2 der DE2445369C2

Magnetooptischer Faraday-Effekt: Durch ein Magnetfeld, das parallel zur Ausbreitungsrichtung einer Welle ausgerichtet ist, kann eine linear polarisierte Welle in einem Medium gedreht werden. In dem Patent DE 2445369 C2, das am 23. September 1974 angemeldet wurde, wird ein magnetooptischer Wandler vorgestellt, bei dem mit einem Magnetfeld auf eine Lichtleitfaser derart eingewirkt wird, dass die Polarisationsebene eines in der Lichtfaser verlaufenden Lichtstrahls gedreht wird. Die Abb. 7.42 zeigt die Figur 1 der DE 2445369 C2 mit der Lichtleitfaser 100 und einem Hochspannungsleiter 10, der das Magnetfeld erzeugt. In die Lichtleitfaser 100 wird über einen Laser 1 Licht eingespeist, das durch den Polarisator 2 erzeugt wurde. Am Ende der Lichtleitfaser 100 ist ein Analysator 3 und ein Detektor 4, mit dem die Polarisationsebene des Lichts nach Durchlaufen der Lichtleitfaser 100 festgestellt wird. Die Figur 2 der DE 2445369 zeigt den Hochspannungs-Stromleiter 1001 in Form einer Toroidspule, um den die Lichtleitfaser 11 gewickelt ist.38

38 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000024453 69C2, abgerufen am 20.10.2022.

8

Grundlegende Innovationsprinzipien

Altschuller ermittelte 35 grundlegende Lösungsprinzipien für technische Aufgaben bzw. Widersprüche. Die Bezeichnungen der einzelnen Lösungs- bzw. Innovationsprinzipien sollten nicht beschränkend aufgefasst werden. Die Benennungen der Lösungsprinzipien können vielmehr als ein grober Anhaltspunkt zur Kategorisierung verstanden werden. Die Innovationstätigkeit soll nicht durch Begrifflichkeiten beschränkt werden. Beispielsweise kann das Lösungsprinzip „kürzester Weg“ auch verstanden werden als „Wege grundsätzlich vermeiden“ oder „Arbeiten an Ort und Stelle“. Dieses Kapitel stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger. Es werden Beispiele aus Patentschriften vorgestellt, mit denen die jeweiligen Innovationsprinzipien erläutert werden. Für eine technische Lösung kann es erforderlich sein, mehrere Innovationsprinzipien anzuwenden. Es gibt daher technische Konstruktionen aus Patentschriften, die zur Illustration mehrerer Innovationsprinzipien verwendet werden. Alle Patentschriften können von der Website des deutschen Patentamts DPMA in vollständiger Fassung heruntergeladen werden (siehe Abschn. 2.8).

8.1

Zerlegen bzw. Segmentieren

Es kann vorteilhaft sein, einen Vorgang oder ein Objekt in mehrere identische oder ähnliche Prozessschritte oder Objekte aufzuteilen. Beispielsweise kann ein Waschvorgang in mehrere Schritte unterteilt werden, wobei der Wasserstrahl statt mit einem konstanten Wasserdruck in Intervallen mit Unterbrechungen mit einem höheren Wasserdruck auf die zu reinigende Oberfläche gespritzt wird. Durch dieses intervallmäßige Abspritzen kann das zu reinigende Objekt optimal gesäubert werden, da dem abgelösten Schmutz Zeit zum Abfließen gegeben wird. Außerdem kann der Wasserstrahl bei jedem Prozessschritt

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_8

89

90

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

neu ausgerichtet werden, um eine gezielte Reinigung zu ermöglichen. Hierdurch kann zusätzlich die erforderliche Wassermenge zur Reinigung verringert werden. Ein anderes Beispiel ist die Segmentierung von Bereichen im Rumpf eines Schiffs, sodass bei einem Leck die unbeschädigten Abteilungen des Schiffsrumpfs gegenüber den beschädigten abgedichtet werden können („Schotten dichtmachen“). Ein Leck kann dadurch nicht zum Volllaufen des kompletten Rumpfs eines Schiffs führen. Ein Sinken des Schiffs kann dadurch verhindert werden (Abb. 8.1). Zerlegen kann die mechanische Stabilität steigern. Beispielsweise ist ein Bündel von Rohren mit kleinem Durchmesser mechanisch stabiler im Vergleich zu einem einzelnen Rohr mit großem Durchmesser (siehe Abb. 8.1). Das Innovationsprinzip der Segmentierung kann alternativ als „modularer Aufbau“ bezeichnet werden. Beispielsweise beschreibt eine gemeinsame Patentanmeldung der Hyundai Motor Company und der KIA Motors Company ein modular aufgebautes Fahrzeug. Die Abb. 8.2 zeigt die Fig. 1 der US20210331749A1mit einem Untersatz 200, einer Fahrgastkabine 100, einem Vorderteil 101 und einem hinteren Teil 103. Die einzelnen Teile des modular zusammensetzbaren Automobils können beliebig kombiniert

Abb. 8.1 Innovationsprinzip „Segmentieren“

8.1

Zerlegen bzw. Segmentieren

91

Abb. 8.2 Fig. 1 der US20210331749A1

werden, sodass dem Käufer eine große Vielfalt angeboten werden kann, bei gleichzeitiger Vereinheitlichung der Produktion.1 Ein weiterer Vorteil ist, dass die einzelnen Module vorgefertigt werden können. Hierdurch ist ein teilweises „auf Lager produzieren“ möglich und damit eine gleichmäßige Produktion gewährleistet. Die Apple Inc. entwickelte eine modular aufgebaute Brille. Die Abb. 8.3 zeigt die Fig. 2 der US20200201042A1 mit den Seitenteilen 200 und dem vorderen Abschnitt 100, wodurch sich eine modular zusammensetzbare Brille ergibt.2 Die Motorola Mobility LLC hat ein modular aufgebautes Smartphone zum Patent angemeldet. In der Abb. 8.4 ist die Fig. 18 der US20150271307A1des modular aufgebauten Smartphones dargestellt.3 Wernher von Braun (geboren am 23. März 1912 in Wirsitz, Deutsches Reich; gestorben am 16. Juni 1977 in Alexandria, USA) entwickelte die Saturn V-Rakete, die die ersten Menschen zum Mond brachte. Seine Erfindung besteht darin, eine große Laval-Düse durch viele kleine Laval-Düsen, die eine geringere Höhe aufweisen, zu ersetzen, um dadurch Platz für große Treibstofftanks zu schaffen. Mit großen Treibstofftanks kann eine große Reichweite ermöglicht werden. Mit einer Laval-Düse werden die Verbrennungsgase einer Rakete gebündelt und gezielt ausgestossen, um den Antrieb zu erzeugen. Es wurde daher das Prinzip des Segmentierens verwendet, um die Reichweite der Weltraumrakete zu vergrößern. 1 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0202103317 49A1, abgerufen am 4.10.2022. 2 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0202002010 42A1, abgerufen am 4.10.2022. 3 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0201502713 07A1, abgerufen am 4.10.2022.

92

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.3 Fig. 2 der US20200201042A1

In der Abb. 8.5 ist die Fig. 1 der US 2967393 dargestellt, wobei links die erfindungsgemäße Weltraumrakete und rechts die konventionelle Rakete dargestellt ist. Bei der erfindungsgemäßen Rakete sind die Düsen sehr kurz (short nozzle), sodass ein großer Treibstoffabschnitt (long fuel area) ermöglicht wird.4

8.2

Trennen

Ein zu optimierendes Objekt kann in seine einzelnen Teile oder Eigenschaften aufgeteilt werden, um dadurch die störenden Eigenschaften abzusondern. Diese nachteiligen Eigenschaften können eventuell durch zusätzliche Objekte an dem eingegrenzten schädlichen Bereich kompensiert werden. Das Prinzip der Abtrennung findet in der chemischen Industrie einen weiten Anwendungsbereich, bei der in chemischen Produktionsverfahren verschiedene Nebenprodukte von einem Hauptprodukt getrennt werden. 4 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000029 67393A, abgerufen am 21.11.2022.

8.2 Trennen

93

Abb. 8.4 Fig. 18 der US20150271307A1

Die erfinderische Idee, die zur Dampfmaschine von James Watt führte, war die Absonderung eines zusätzlich geschaffenen Kondensators von dem Zylinder der Dampfmaschine. Hierdurch konnte der Kondensator dauerhaft kalt und der Zylinder dauerhaft heiß gehalten werden und es war nicht mehr erforderlich den Zylinder abwechselnd abzukühlen und wieder zu erhitzen. Hierdurch benötigte die Dampfmaschine von James Watt für den Betrieb weniger Energiezufuhr und erreichte einen hohen Wirkungsgrad.5 In der Vorgänger-Dampfmaschine von Thomas Newcomen wurde im Zylinder die Funktionen des Kondensators und des Zylinders integriert, sodass dieser Zylinder periodisch abgekühlt und wieder erhitzt werden musste. Die Trennung des Zylinders der NewcomenDampfmaschinen in einen stets heißen Zylinder und einen stets kalten Kondensator stellte die Erfindung von James Watt dar, der hierfür 1769 sein Patent erhielt. Diese Anwendung des Innovationsprinzips des „Zerlegens“ ermöglichte den Siegeszug der Dampfmaschine und war ein wesentlicher Baustein für die industrielle Revolution (Abb. 8.6). In den oberen drei Bildern der Abb. 8.6 sind Betriebszustände der NewcomenDampfmaschine dargestellt. Man erkennt, dass der Zylinder periodisch erhitzt und abgekühlt wird. Die unteren zwei Bilder zeigen Betriebszustände der Dampfmaschine 5 DPMA, https://www.dpma.de/docs/dpma/veroeffentlichungen/gb000176900913a_watt1769.pdf, abgerufen am 14.11.2022.

94

Abb. 8.5 Fig. 1 der US2967393

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.2 Trennen

95

Abb. 8.6 Vergleich der Dampfmaschinen von Newcomen und Watt

von James Watt, wobei ein zusätzlicher Kondensator dargestellt ist, der konstant kalt bleibt. Durch das Abtrennen des Kondensators kann der Zylinder konstant heiß gehalten werden, wodurch sich der deutlich höhere Wirkungsgrad der Dampfmaschine von James Watt gegenüber seinem Vorläufer, der Dampfmaschine von Newcomen, ergibt. Mit Sonnenkollektoren erfolgt ebenfalls eine Abtrennung, wobei an einem Ort eine Erhitzung des Wassers erfolgt, damit an einem anderen Ort warmes Wasser zur Verfügung steht. Die Abb. 8.7 zeigt die Fig. 1 der US451384, die am 28. April 1891 patentiert wurde, wobei Sonnenkollektoren D auf einem Dach dargestellt sind, durch die Wasser strömt, das durch Sonneneinfall erhitzt wird. Das erhitzte Wasser wird in einem Behälter F zur Verfügung gestellt.6

6 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000004 51384A, abgerufen am 4.10.2022.

96

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.7 Fig. 1 der US451384

8.3

Schaffen optimaler Bedingungen bzw. anpassen der örtlichen Qualität

Eine Vorstufe dieses Innovationsprinzips kann die Suche nach dem schwächsten Glied sein, wobei die Erkenntnis zugrunde liegt, dass das schwächste Glied die GesamtPerformance des kompletten Systems bestimmt. Findet man das schwächste Glied und kann dessen Leistungsfähigkeit steigern, erhält man sofort eine höhere Leistungsfähigkeit des gesamten Systems. Ein Beispiel für das Ändern der örtlichen Qualität sind Vorrichtungen, die dem Schutz vor krankmachenden Keimen und Bakterien bei der Verwendung eines Einkaufswagens dienen. Hierzu können besondere Umfassungen an dem Handgriff eines Einkaufswagens vorgesehen sein oder eine Desinfektion durch integrierte Behälter mit Desinfektionsmittel erfolgen.

8.3

Schaffen optimaler Bedingungen bzw. anpassen …

97

Abb. 8.8 Fig. 1 der DE202020102801U1

Die Abb. 8.8 zeigt die Fig. 1 der DE 20 2020 102 801 U1 mit HandgriffSchutzmanschetten 10, die einen händischen Kontakt mit einem Handgriff 201 eines Einkaufswagens 200 verhindern. Die Handgriff-Schutzmanschetten 10 werden für jeden Kunden neu auf den Handgriff 201 aufgelegt.7 Ein weiteres Beispiel der Anpassung der örtlichen Qualität ist das Anordnen einer Sprühvorrichtung an einer Türklinke, sodass bei einem Ergreifen der Türklinke die Sprühvorrichtung aktiviert wird und automatisch einen Sprühstoß auf die Hand abgibt. Die Abb. 8.9 zeigt die Fig. 20 der DE 10 2019 105738 A1, bei der ein Handgriff 43 mit zwei Spritzdüsen 16 dargestellt ist, wobei die Spritzdüsen 16 nach Ergreifen des Handgriffs 43 einen Sprühstoß abgeben.8 Der Hochleistungsscheinwerfer von Heinrich Beck (geboren am 20. September 1878 in Salzungen; gestorben am 17. August 1937 in Meiningen) zeichnet sich durch eine Graphitelektrode mit kleinem Durchmesser aus, wodurch die elektrische Energie des Lichtbogens konzentriert wird und dadurch die Lichtintensität erheblich gesteigert wird. Allerdings besteht bei einer Graphitelektrode mit kleinem Durchmesser die Gefahr, dass in die Graphitelektrode nicht nur ein Krater gebrannt wird, sondern die Graphitelektrode insgesamt abbrennt und dadurch der Lichtbogen erlischt. Die Erfindung des Heinrich Beck besteht daher darin, den Rand der Graphitelektrode mit einem Luftstrom zu kühlen. Es 7 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020201028 01U1, abgerufen am 4.10.2022. 8 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020191057 38A1, abgerufen am 4.10.2022.

98

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.9 Fig. 20 der DE102019105738A1

Abb. 8.10 Fig. der DE262913

werden daher am Rand der Graphitelektrode optimale Bedingungen geschaffen, damit die Graphitelektrode ihre Funktion erhalten kann. In seinem Patent DE 262913, das am 13. September 1910 erteilt wurde, beschreibt Heinrich Beck seine Erfindung. In der Abb. 8.10 ist die Figur der DE 262913 dargestellt mit der Graphitelektrode b, die einen Krater aufweist, wobei zwischen der Graphitelektrode b und der gegenüberliegenden spitz zulaufenden Elektrode ein Lichtbogen besteht. Damit der Lichtbogen nicht den Rand der Graphitelektrode b abbrennt, sondern nur eine Kraterbildung verursacht, wird über die Leitung c kühle Luft zugeführt, die den Rand der Graphitelektrode b umhüllt.9

8.4

Asymmetrie

Dieses Innovationsprinzip beruht darin ein symmetrisches Objekt asymmetrisch auszugestalten, um dadurch zur Lösung zu gelangen. Beispielsweise können die mechanischen Belastungen auf ein Objekt unterschiedlich stark sein, sodass das Objekt an Stellen mit hoher mechanischer Belastung massiv und ansonsten eher weniger stabil ausgeformt ist. Hierdurch kann Material bei der Herstellung gespart und das Gewicht des Objekts reduziert werden.

9 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000002 62913A, abgerufen am 21.11.2022.

8.5 Vereinigung zur Synergie

99

Abb. 8.11 Bifokalbrille von Benjamin Franklin

Ein Beispiel für das Innovationsprinzip der Asymmetrie ist die blendfreie Ausleuchtung einer Fahrbahn durch die Scheinwerfer eines Fahrzeugs. Grundsätzlich sollen Scheinwerfer hell und weit ausleuchten. Allerdings soll der Gegenverkehr nicht geblendet und damit in Gefahr gebracht werden. Der Scheinwerfer, der auf den Gegenverkehr gerichtet ist, wird daher niedriger eingestellt im Vergleich zu demjenigen, der den Bürgersteig ausleuchtet. In Europa, ohne Großbritannien, der Russischen Föderation, China und den USA wird der linke Scheinwerfer niedrig eingestellt (Rechtsverkehr) und in Großbritannien, Indien und Australien der rechte Scheinwerfer (Linksverkehr). Die Bifokalbrille wurde um 1770 von dem Staatsmann Benjamin Franklin erfunden. Es handelt sich dabei um eine Brille, deren Gläser zwei Bereiche mit unterschiedlichen Dioptrien aufweist. Die Abb. 8.11 zeigt eine Bifokalbrille deren oberer Sichtbereich für das Autofahren oder das Kino, also zum weiten Sehen geeignet ist. Der untere Sichtbereich ist für das nahe Sehen, beispielsweise Lesen, vorgesehen. Die Bifokalbrille wurde von der Gleitsichtbrille abgelöst.

8.5

Vereinigung zur Synergie

Dieses Innovationsprinzip kann als Kombinieren von Eigenschaften oder Stoffen verstanden werden, um neuartige Funktionen bereitzustellen. Eine Kombination mehrerer Objekte kann zu einem neuen Objekt führen, das bestehende Eigenschaften verbessert. Allerdings bedeutet Synergie, dass sich die Eigenschaften der zusammengefassten Objekte nicht einfach addieren, sondern dass sich eine neue Eigenschaft ergibt, die den einzelnen Objekten nicht zu eigen war. Eine Synergie durch unterschiedliche Objekte bedeutet daher nicht das einfache Zusammensetzen von Objekten, sondern ein passendes Zusammengestalten der Objekte. Erst hierdurch werden Synergieeffekte möglich. Insbesondere können sich Kombinationserfindungen dadurch ergeben, dass technische Vorurteile überwunden werden und Objekte kombiniert werden, die bislang als nicht kombinierbar erachtet wurden. Eine derartige Kombination erfüllt die Neuheitsvoraussetzung

100

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

des Patentrechts, auch wenn die Einzelteile bekannt waren.10 Die vom Patentrecht geforderte erfinderische Tätigkeit ist ebenfalls erfüllt, denn gerade das Überwinden technischer Vorurteile ist ein sicheres Anzeichen für eine erfinderische Tätigkeit.11 Ein Beispiel für eine Kombinationserfindung ist das Schweizer Taschenmesser, das einige oft benötigte Hilfsmittel, wie ein Messer oder einen Flaschenöffner, in einem handlichen Werkzeug vereinigt, das in der Hosentasche mitgeführt werden kann. Die einzelnen Objekte des Schweizer Taschenmessers wurden jedoch nicht einfach kombiniert, sondern derart abgeändert, dass sie gemeinsam in dem Werkzeug angeordnet werden können (siehe Abb. 8.12). Eine weitere Anwendung dieses Innovationsprinzips ist das Selbstklebeetikett. Richard Stanton Avery (geboren am 13. Januar 1907; gestorben am 12. Dezember 1997) ist der Erfinder des Selbstklebeetiketts, bei dem mehrere Schichten übereinander gelegt werden, wobei eine obere Schicht beschriftet werden kann und eine untere Schicht klebend ist. Avery entwickelte die Selbstklebeetiketten bzw. Haftetiketten im Jahr 1935. Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip der Vereinigung zur Synergie ist der Kaffeevollautomat. Otto Bengtson (geboren 1924; gestorben am 30. August 1988 in West-Berlin) ist der Erfinder des Kaffeevollautomaten. Ein Kaffeevollautomat kann unterschiedliche Kaffeevarianten ohne menschliches Zutun herstellen. Kaffeevollautomaten weisen ein integriertes Mahlwerk und eine Vorrichtung zum Aufschäumen von Milch für einen Cappuccino oder einen Latte Macchiato auf. Die Abb. 8.13 zeigt die Fig. 2 der DE 10 2011 110 312 B4 mit einer schematischen Darstellung eines Kaffeevollautomaten. Der Kaffeevollautomat weist einen Anschluss 25 an die Wasserleitung auf, wobei das Wasser in einem Heißwassererzeuger 1 zum Kaffeebrühen in dem Behälter 19 erhitzt wird. Außerdem gibt es einen Dampferzeuger, mit dem Milchschaum erzeugt werden kann.12

8.6

Mehrzwecknutzung

Nach dem Innovationsprinzip der Mehrzwecknutzung soll zumindest ein Teil eines Objekts auf mehrere Arten genutzt werden, wodurch dieses Teil mehrere Funktionen erfüllen kann. Vorteilhafterweise kann dadurch das Objekt kleiner, kompakter und mit wenigeren Elementen hergestellt werden und dennoch die volle Funktionalität bieten. Ein Beispiel für eine Mehrfachnutzung sind Heizrippen in einem Behälter, um ein Fluid in dem Behälter zu erwärmen, wobei die Heizrippen alternativ zum Kühlen verwendet werden. Die Heizrippen dienen daher dem Erwärmen oder dem Abkühlen des Fluids (siehe Abb. 8.14). 10 Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Auflage, § 3 Rdn. 181. 11 Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Auflage, § 4 Rdn. 158. 12 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020111103

12B4, abgerufen am 21.11.2022.

8.6

Mehrzwecknutzung

101

Abb. 8.12 Schweizer Taschenmesser

Das Innovationsprinzip der Mehrzwecknutzung kann auch als Mehrfachnutzung aufgefasst werden. Das Tandem-Fahrrad stellt ein Beispiel einer Mehrfachnutzung dar, bei dem eine gemeinsame Kette zum Antrieb eines Fahrrads und ein gemeinsames Vorder- und Hinterrad bei zwei Fahrern genutzt wird. In der Abb. 8.15 ist die Fig. 1 der US415072 dargestellt, bei dem ein Tandem-Fahrrad abgebildet ist, bei dem zwei Fahrer mit einer gemeinsamen Antriebskette das Fahrrad antreiben.13 13 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000004 15072A, abgerufen am 5.10.2022.

102

Abb. 8.13 Fig. 2 der DE102011110312B4

Abb. 8.14 Mehrfachnutzung eines Rohrs

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.6

Mehrzwecknutzung

103

Abb. 8.15 Fig. 1 der US415072

Abb. 8.16 Fig. 1 der DE202019004288U1

Ein weiteres Beispiel ist die zusätzliche Nutzung eines Sitzmöbels als Fahrradständer. In der Abb. 8.16 ist die Fig. 1 der DE 20 2019 004 288 U1 mit einem Sitzwürfel gezeigt, der eine Ausnehmung aufweist, in die ein Rad eines Fahrrads eingeführt werden kann. Hierdurch kann das Fahrrad an dem Sitzmöbel geparkt werden.14 In der EP 2894509 wird die Verwendung der Windschutzscheibe als Projektionsfläche beschrieben. Die Abb. 8.17 zeigt die Fig. 1 der EP2894509 mit einem Fahrzeug 102,

14 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020190042 88U1, abgerufen am 5.10.2022.

104

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.17 Fig. 1 der EP2894509

bei dem dem Fahrer 104 auf der Innenseite der Windschutzscheibe 108 Informationen dargestellt werden.15

8.7

Verschachtelung bzw. Kaskadierung

Eine Kaskadierung bzw. Verschachtelung ist insbesondere eine IneinanderVerschachtelung, bei dem sich ein erstes Objekt in einem zweiten Objekt befindet, das wiederum in einem dritten Objekt angeordnet ist. Durch Kaskadierung können vorteilhafte Eigenschaften eines Objekts vervielfacht werden oder beispielsweise eine geeignete Transportfähigkeit sichergestellt werden. Die Abb. 8.18 zeigt ein Beispiel einer Verschachtelung, wobei ein Gartentisch, ein Sonnenschutz und zwei Gartenstühle dargestellt sind, die derart ineinander steckbar oder faltbar ausgebildet sind, dass sie platzsparend transportiert werden können. Erwin Otto Marx (geboren am 15. Januar 1893 in Mautitz bei Riesa; gestorben am 11. Januar 1980 in Braunschweig) ist der Erfinder des Marx-Generators mit dem sehr hohe elektrische Spannungen erzeugt werden können, um technische Geräte auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber einem Blitzschlag zu prüfen. Der Marx-Generator ist eine Kaskadierung von Kondensatoren, wobei die Kondensatoren im Ladezustand parallel und im „Blitzschlag“-Zustand hintereinander geschaltet sind. Durch die Hintereinander-Schaltung der Kondensatoren addieren sich die Spannungen der einzelnen Kondensatoren. In der Abb. 8.19 ist die Abb. 4 der DE 455933 mit den Kondensatoren C dargestellt, die parallel oder in Serie geschaltet werden können. Werden die Kontakte F nicht geschlossen, können die Kondensatoren über die Widerstände aufgeladen werden. Wenn die Kontakte F geschlossen werden, sind die aufgeladenen Kondensatoren in Serie geschaltet und es ergibt sich über den Nichtleiter J eine sehr hohe elektrische Spannung, die zum Blitzschlag führen kann.16 15 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000028945 09A1, abgerufen am 9.10.2022. 16 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000004 55933A, abgerufen am 21.11.2022.

8.7 Verschachtelung bzw. Kaskadierung

105

Abb. 8.18 Beispiel einer Verschachtelung

Das Innovationsprinzip der Verschachtelung kann alternativ als Integration verstanden werden. Das Gebrauchsmuster DE 20 2018 005 207 U1 beschreibt ein Möbel, das ein Fahrrad aufnehmen kann, sodass das Fahrrad in einer Wohnung integriert und dessen „Garage“ als Möbelstück genutzt werden kann.17

17 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020180052 07U1, abgerufen am 5.10.2022.

106

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.19 Abb. 4 der DE455933

8.8

Gegengewicht, Gegenmasse bzw. Gegenkraft durch aerodynamische, hydrodynamische, magnetische oder Federkräfte

Durch dieses Innovationsprinzip wird insbesondere das Problem gelöst, ein Objekt in einer gewünschten Lage durch Luft- oder Wasserreibung, durch ein Magnetfeld oder eine Masse zu halten. Dies kann insbesondere durch ein mechanisches Lager erzielt werden, wobei ein mechanisches Lager oft eine mögliche Schadstelle in einem technischen System darstellt, da es zumeist hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt ist. Ein Schwerpunkt des Innovationsprinzip ist es daher, ein mechanisches Lager durch aerodynamische, hydrodynamische, magnetische oder Federkräfte zu ersetzen. Eine Alternative ist es, auf ein Lager komplett zu verzichten. Auf ein Lager kann verzichtet werden, wenn geeignete Gegengewichte oder entgegenwirkende Kräfte eingesetzt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Magnetschwebebahn Transrapid, bei der durch Magnetkräfte ein Kontakt der Bahn mit der Bahnstrecke vermieden wird. Beim Transrapid wird durch magnetische Kräfte ein Anheben der Passagierkabine erreicht, sodass eine Fortbewegung des Transrapids ohne Gleitreibung möglich ist. Die magnetischen Kräfte wirken der Gravitation entgegen und vermeiden einen direkten Kontakt der Magnetschwebebahn mit dem Gleis. Reibung und Verschleiß kann auf diese Weise vermieden werden (siehe Abb. 8.20). Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist die Erfindung der Treibscheibenförderung für Bergwerke von Carl Friedrich Koepe (geboren am 1. Juli 1835 in Bergkamen, gestorben am 12. September 1922 in Bochum). Abb. 8.21 zeigt die erfinderische Treibscheibenförderung mit zwei Förderkörben, die über ein gemeinsames Seil verbunden sind. Das Seil liegt über der Treibscheibe und verbindet die Körbe, wobei das

8.8

Gegengewicht, Gegenmasse bzw. Gegenkraft durch aerodynamische …

107

Abb. 8.20 Transrapid

Seil auch die Unterseiten der Körbe verbindet. Für jeden Förderkorb stellt der jeweils andere Förderkorb zusammen mit den jeweiligen Anteilen des Seils das Gegengewicht dar, sodass das Fördersystem stets ausbalanciert ist. Hierdurch ergibt sich insbesondere eine gleichmäßige, und damit schonende, Belastung der Treibscheibe. Das Innovationsprinzip „Gegengewicht“ ist auch dahingehend zu deuten, dass ein Gewicht kompensiert wird, beispielsweise durch ein Gas, das leichter als Luft ist. Zeppeline können durch das Gas in ihren Gasbehältern auch schwere Gewichte transportieren. Das Gas von Zeppelinen stellt daher ein „Gegengewicht“ zu einer zu transportierenden Last dar. In der Patentanmeldung DE 10 2013 221 350 A1 wird ein gasgefüllter Ballon als Kransystem verwendet. Die Abb. 8.22 zeigt die Fig. 6 der DE 10 2013 221 350 A1 mit einem Ballon 1, der ein Gewicht 60 hochzieht.18 Das Heben eines gesunkenen Schiffs kann mit dem Innovationsprinzip „Gegengewicht“ dadurch erreicht werden, dass Materialien in das Schiff gepumpt werden, die leichter als Wasser sind. Insbesondere können Kunststoffbälle verwendet werden. Das Schiff erhält durch die Kunststoffbälle Auftrieb und gelangt an die Wasseroberfläche. Die

18 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020132213 50A1, abgerufen am 6.10.2022.

108

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.21 Treibscheibenförderung

Abb. 8.23 zeigt die Fig. 3 der DE 1247893 B mit einer Schnecke 25, die Schwimmkörper 28 aus Schaumstoff in eine Kammer 29 einpresst, damit die Kammer 29 Auftrieb erhält.19 Ein Spoiler stellt ebenfalls die Realisierung des Lösungsprinzips „Gegengewicht“ dar, indem eine Luftströmung, die tendenziell zum Verwirbeln eines Gegenstands führen kann, genutzt wird, um einen Anpressdruck zu erzeugen. Die DE 10 2014 210 057 A1 beschreibt ein Wischblatt für die Windschutzscheibe eines Fahrzeugs, das Spoiler aufweist. Durch den Spoiler wird ein Abheben des Wischblatts bei einer starken Luftströmung verhindert. Die Abb. 8.24 zeigt die Fig. 3 der DE 10 2014 210 057 A1 mit einem Wischblatt 2 an dem Spoiler 19 angeordnet sind, durch die ein Anpressdruck 22 des Wischblatts 2 auf eine Windschutzscheibe 4 erzeugt wird.20 Ein weiteres Beispiel des Innovationsprinzips „Gegengewicht“ sind Unterwassertragflächen eines Schnellboots, die bei einer hohen Geschwindigkeit das Boot aus dem Wasser heben, sodass es über dem Wasser schweben kann. Durch das Herausheben des Boots aus dem Wasser sind hohe Geschwindigkeiten möglich, da das Boot nicht mehr durch das 19 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000012 47893B, abgerufen am 6.10.2022. 20 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020142100 57A1, abgerufen am 6.10.2022.

8.9 Vorspannung bzw. vorgezogener entgegengerichteter Effekt

109

Abb. 8.22 Fig. 6 der DE102013221350A1

Wasser „pflügen“ muss. Die Abb. 8.25 zeigt die Abb. 1 und 2 der DE 755324 A mit dem Schnellboot, an dem Unterwassertragflächen b und c angeordnet sind, die das Boot bei einer hohen Geschwindigkeit aus dem Wasser heben.21 Ein Fliehkraftregler ist ein weiteres Beispiel für das Lösungsprinzip der Gegenmasse bzw. der Gegenkraft. Ein Fliehkraftregler kann mit einer Gegenmasse oder einer Gegenkraft betrieben werden. Mit einem Fliehkraftregler kann insbesondere die Drehzahl einer Maschine geregelt werden. Die Abb. 8.26 zeigt einen Fliehkraftregler mit Gewichten, die um eine Achse rotieren. Nimmt die Drehzahl zu, so ziehen die Gewichte die Gegenmasse nach oben. Nimmt die Drehzahl ab, so fällt die Gegenmasse. Die Bewegung der Gegenmasse entspricht daher der Drehzahl, sodass der Stand der Gegenmasse zur Drehzahlregelung genutzt werden kann (siehe Abb. 8.26).

8.9

Vorspannung bzw. vorgezogener entgegengerichteter Effekt

Es kann sinnvoll sein, ein Produkt derart herzustellen, dass es eine mechanische Spannung aufweist. Diese Spannung kann sich im weiteren Verlauf der Anwendung des Produkts mit 21 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000007 55324A, abgerufen am 6.10.2022.

110

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.23 Fig. 3 der DE1247893B

Abb. 8.24 Fig. 3 der DE102014210057A1

einer hinzukommenden Spannung kompensieren, sodass letzten Endes das Produkt spannungsfrei und belastbar wird. Andererseits kann eine dauerhafte Vorspannung gewünscht sein. Ein Beispiel hierfür ist Sicherheitsglas, dem durch schnelles Abkühlen eine mechanische Spannung zugefügt wird. Vorteilhafterweise zerbricht ein derartiges Glas bei einem Unfall in Tausende kleine Scherben, sodass keine Verletzungen durch große Glasscherben hervorgerufen werden können. Eine andere Variante von Sicherheitsglas stammt ursprünglich von Édouard Bénédictus (geboren 1878 in Paris; gestorben am 28. Januar 1930 ebenda), der seine Glasscheiben mit einer klebenden Schicht überzogen hat, damit diese zusammenhängend zerbrechen

8.9 Vorspannung bzw. vorgezogener entgegengerichteter Effekt

111

Abb. 8.25 Abb. 1 und 2 der DE755324A

Abb. 8.26 Fliehkraftregler

Abb. 8.27 Hauptanspruch der AT51097B

und keine scharfen Kanten entstehen können. Die Abb. 8.27 zeigt den Hauptanspruch seines Patents AT 51097B.22

22 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=AT0000000 51097B, abgerufen am 14.9.2022.

112

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.28 Fig. 1 und 2 der US465588

8.10

Vorbereitung eines eintretenden Ereignisses

Sicher eintretende Ereignisse, Erfordernisse oder Tätigkeiten können antizipiert werden, um das Eintreten dieser Ereignisse vorzubereiten. Ein Beispiel hierfür kann ein Regenschirm sein, der mit einer Feder vorgespannt ist, sodass im Bedarfsfall das Entriegeln einer Feder genügt, um den Schirm automatisch zu öffnen. Hierdurch kann schnell Schutz vor Regen geboten werden. Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip „Vorbereitung eines eintretenden Ereignisses“ ist die Perforation von Toilettenpapier. Die Abb. 8.28 zeigt die Fig. 1 und 2 der US 465588 mit einer Toilettenpapierrolle, wobei das Toilettenpapier eine Perforation aufweist, sodass das Abreißen einzelner Blätter b erleichtert wird.23 Der Zusammenbau eines Fahrzeugs kann durch vormontierte Baugruppen „vorbereitet“ werden. Vorteilhaft hierbei ist, dass eine schnelle Montage des Fahrzeugs und damit 23 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000004 65588A, abgerufen am 6.10.2022.

8.10 Vorbereitung eines eintretenden Ereignisses

113

Abb. 8.29 Fig. 1 der EP171576

eine höhere Produktionsgeschwindigkeit ermöglicht wird. Das Dokument EP 171576A1 beschreibt eine vormontierte Baugruppe. Die Abb. 8.29 zeigt die Fig. 1 der EP171576 mit der Herstellung eines Fahrzeugs, bei dem eine vorgefertigte Passagierkabine 48 auf ein Chassis 10 gesetzt wird.24 Speisen können bei der Herstellung bereits derart angerichtet werden, dass sie nur noch aufgewärmt und in einen Teller gesetzt werden müssen, um verzehrfertig zu sein. In der DE 60118523 T2 wird ein bereits fertig angerichteter Tellerinhalt beschrieben, der nur noch zu erhitzen ist. Die Abb. 8.30 zeigt die Fig. 2 der DE 60118523 T2 mit einer fertigen Kombination angerichteter Speisen 13, die nur erwärmt werden und in einen Teller 11 eingesetzt werden müssen, um servierfertig zu sein.25

24 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000001715 76A1, abgerufen am 7.10.2022. 25 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000601185 23T2, abgerufen am 7.10.2022.

114

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.30 Fig. 2 der DE60118523T2

8.11

Vorbeugen

Neigt ein Objekt zu Fehlern, sollte vorgebeugt werden. Ein derartiges Vorbeugen kann durch die üblichen technischen Vorsichtsmaßnahmen wie Schmelzsicherungen, Überdruckventile, Gefahrensensoren, etc. erfolgen. Beispielsweise stellen Fenster aus der Perspektive der Einbruchssicherheit Schwachstellen dar, sodass diese als Sicherheitsglas oder mit entsprechenden Sensoren ausgestattet sein sollten. Das Innovationsprinzip „Vorbeugen“ betrifft insbesondere die Abwehr von Gefahren. Ein Airbag ergibt sich aus dem Lösungsprinzip „Vorbeugen“, indem antizipiert wird, wie ein Unfall sich ereignen kann und in welcher Form Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen sind. Walter Linderer ist der Erfinder des Airbags. In seinem Patent DE 896312, das am 6. Oktober 1951 erteilt wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 8.31 zeigt die Figuren 1 und 2 der DE 896312 mit einem ersten Behälter 3, in dem Druckluft gespeichert ist. Der Behälter 3 ist mit einem Verschluss 9 versehen, der durch einen Elektromagneten 8 geöffnet werden kann. In einem Notfall wird ein Stromimpuls auf den Elektromagneten 8 gegeben, sodass sich der Verschluss 9 öffnet und der Behälter 1 mit Druckluft aufgeblasen wird. Der Behälter 1 stellt den eigentlichen Airbag dar.26 Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip des „Vorbeugens“ ist jede Form von Backup-System. Die Abb. 8.32 zeigt die Fig. 1A der US 10833379 B2 mit einem

26 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000008 96312B, abgerufen am 21.11.2022.

8.11 Vorbeugen

115

Abb. 8.31 Fig. 1 und 2 der DE896312

Elektrofahrzeug, an dessen Ladefläche ein Akkumulator 124 als Backup angeschlossen ist.27

27 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000108333 79B2, abgerufen am 8.10.2022.

116

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.32 Fig. 1A der US10833379B2

8.12

Kürzester Weg

Reine Transportwege stellen eine Verschwendung von Zeit und Kosten dar. Förder- und Transportwege sollen daher verkürzt oder eliminiert werden, um die Effektivität zu steigern. Sind Transport- und Förderwege nicht zu vermeiden, können die Transport- und Förderwege eventuell produktiv genutzt werden. Insbesondere kann eventuell während des Transports eine Bearbeitung von Produkten erfolgen. Das Innovationsprinzip bezieht sich auf sämtliche Änderungen des Wegs bzw. Transportwegs, die zu einem technischen Vorteil führen. Unter diesem Innovationsprinzip kann auch den „längsten Weg wählen“ oder einen „Weg auf einer Kugelbahn nehmen“ verstanden werden, falls diese Variante die Lösung der technischen Aufgabe darstellt. Ein Beispiel für Anwendung des Innovationsprinzips ist der Kugelschreiber, bei dem die Tinte nicht direkt aus einem Kanal auf das Papier fließt, und dabei in unkontrolliert starken Portionen auf das Papier gelangt und zu Verschmierungen führt. Beim Kugelschreiber wird Tinte auf eine Kugel aufgetragen und in gleichmäßigen Mengen auf das zu beschreibende Papier aufgetragen. Der Erfinder des Kugelschreibers ist László József Bíró (geboren am 29. September 1899 in Budapest, Ungarn; gestorben am 24. Oktober 1985 in Buenos Aires, Argentinien). In seinem Patent US 2390636, das am 17. Juni 1943

8.13

Umkehrung

117

Abb. 8.33 Fig. 1 der US2390636

beim Patentamt eingereicht wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 8.33 zeigt die Fig. 1 der US 2390636 mit der Kugel 2, der über den Kanal 5 Tinte c zugeführt wird.28

8.13

Umkehrung

Das Innovationsprinzip der „Umkehrung“ gibt eine konkrete Handlungsanleitung, nämlich das jeweils inverse anzuwenden oder etwas invers durchzuführen. Insbesondere bezieht sich die Umkehrung auf die physikalischen Eigenschaften, beispielsweise beweglich statt unbeweglich oder heiß statt kalt. Außerdem kann die örtliche Anordnung umgekehrt ausgeführt werden, indem Objekte unten statt oben oder rechts statt links angeordnet werden. Ein Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist das innen beleuchtete Stopfei von Konrad Adenauer. Konrad Hermann Joseph Adenauer (geboren am 5. Januar 1876 in Köln; gestorben am 19. April 1967 in Rhöndorf) war der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von Adenauer sind insbesondere drei Erfindungen bekannt, nämlich seine Kölner Wurst, sein Schrotbrot und sein beleuchtetes Stopfei. Ein Stopfei ist ein aus 28 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000023 90636A, abgerufen am 21.11.2022.

118

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.34 Fig. 1 und 7 der US637526

Holz gedrechselter Gegenstand in der Form eines Hühnereis, das an einer zu reparierenden Stelle eines Kleidungsstücks eingeführt wird. Das Stopfei dient dem Aufspannen, wodurch das Nähen an der Reparaturstelle erleichtert wird. Das Lösungsprinzip der Umkehrung ist dadurch realisiert, dass die Beleuchtung der Reparaturstelle nicht von einer Lampe außerhalb des Kleidungsstücks kommt, sondern von dem Stopfei selber, wodurch exakt die Reparaturstelle ausgeleuchtet wird. Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzips der „Umkehrung“ ist der Fahrstuhl und die Rolltreppe. Bei einer Rolltreppe müssen nicht die Personen ortsfeste Treppen hochlaufen, sondern die Personen stehen und die „Treppen bewegen sich“. Jesse Wilford Reno (geboren am 4. August 1861 in Fort Leavenworth, Kansas; gestorben am 2. Juni 1947 in New York) ist der Erfinder der Rolltreppe, die er selbst als „Schrägaufzug“ (inclined elevator) bezeichnet hat. Die Abb. 8.34 zeigt die Figuren 1 und 7 seines Patent US 637526, das am 21. November 1899 erteilt wurde.29 Eine Umkehrung ergibt sich auch beim Fallschirmspringen im Windkanal. In diesem Fall bewegt sich nicht der Fallschirmspringer, sondern die Luft. Die Abb. 8.35 zeigt die

29 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000006 37526A, abgerufen am 21.11.2022.

8.14

Kugelform

119

Abb. 8.35 Fig. 2 der US5655909

Fig. 2 der US5655909, wobei ein Fallschirmspringer 21 in einem Windkanal ist und von unten Luft einströmt und den Fallschirmspringer trägt.30 Ein weiteres Beispiel einer Umkehrung kann der DE 19531522C2 entnommen werden. Die Abb. 8.36 zeigt die Fig. 2 der DE 19531522 C2 mit einer runden Arbeitsplatte, die gedreht werden kann. Hierdurch kann es ermöglicht werden, dass ein Arbeiter sich nicht bewegen muss, um dennoch an vier unterschiedlichen Arbeitsplätzen periodisch abwechselnd zu arbeiten. Statt dass der Arbeiter von einem zum nächsten Arbeitsplatz läuft, bewegen sich die vier Arbeitsplätze in einem regelmäßigen Ablauf zu ihm.31

8.14

Kugelform

Eine Kugelform oder eine ellipsoide Form ist gegenüber einem Würfel oder einem Quader mechanisch stabiler. Außerdem sind die Ecken eines Würfels bzw. eines Quaders sehr bruchgefährdet. Dementsprechend weisen Tabletten eine ellipsoide oder zumindest eine abgerundete Form auf. Die Entwicklung der Computermaus ist ein Beispiel des Lösungsprinzips „Kugelform“. Durch die Computermaus ist eine intuitive Bedienung eines Computerdisplays möglich. Die Abb. 8.37 zeigt die Fig. 1 der US 3541541 mit einer Computermaus.32

30 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000056 55909A, abgerufen am 8.10.2022. 31 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000195315 22C2, abgerufen am 8.10.2022. 32 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000035 41541A, abgerufen am 8.10.2022.

120

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.36 Fig. 2 der DE19531522C2

Eine typische Computermaus hat eine Kugel, bei deren Abrollen der Cursor auf einem Computerbildschirm bewegt wird. Das Innovationsprinzip der „sphärischen Form“ bedeutet nicht nur, dass eine Kugelform anzuwenden ist, sondern dass grundsätzlich an eine abgerundete Gestaltung zu denken ist. Außerdem umfasst dieses Prinzip den Übergang von einer geradlinigen Bewegung zu einer Rotation bzw. einer spiralförmigen Bewegung. Hierdurch entstehen beispielsweise Fliehkräfte, die eventuell zur Lösung der Aufgabe genutzt werden können. Das Innovationsprinzip „sphärische Form“ kann als „Kreisform statt quadratischer oder rechteckförmiger Ausdehnung“ oder umgekehrt „rechteckförmige Ausdehnung statt kreisförmiger Form“ gedeutet werden. Die Kettensäge ist eine Anwendung dieses Lösungsprinzips, bei der eine längliche Säge statt einer kreisförmigen Säge entwickelt wurde, um Bäume mit großem Durchmesser zu fällen. Emil Friedrich Lerp (geboren 1886 in Goldbach; gestorben 1966 in Hamburg) beschreibt in seinem Patent DE 508286, das am 11. September 1930 erteilt wurde, seine erfinderische Kettensäge. Die Abb. 8.38 zeigt die Abb. 1 und 2 der DE 508286 mit dem Motor 5, der ein Antriebsrad 3 antreibt, auf dem eine Kette (nicht gezeigt) angetrieben wird. Die Kette läuft auf einer Führung 2, sodass sich eine langgestreckte Bewegung der

8.15

Optimale Bedingungen durch Anpassung

121

Abb. 8.37 Fig. 1 der US3541541

Kette ergibt. Eine Spitze 8 wird in den Boden gerammt und gewährleistet zusammen mit einem tellerförmigen Fuß 7 einen sicheren Stand der Kettensäge.33

8.15

Optimale Bedingungen durch Anpassung

Es können die Eigenschaften eines Objekts derart optimiert werden, dass optimale Voraussetzungen zum Erfüllen der technischen Aufgabe vorliegen. Beispielsweise kann das Objekt mehrere Zustände einnehmen. Ein Beispiel hierfür ist eine Lampe, die in einem ersten Zustand hell leuchtet und in einem zweiten Zustand weniger hell ist. Hierdurch kann eine Lampe zur Verfügung gestellt werden, die im ersten Zustand zum Lesen eines Buchs optimale Bedingungen schafft und im zweiten Zustand beispielsweise beim Fernsehen oder bei der Arbeit am Rechner nicht blendet, aber den umgebenden Raum ausreichend ausleuchtet (siehe Abb. 8.39). Das Innovationsprinzip „optimale Bedingungen durch Anpassung“ kann daher dadurch umgesetzt werden, dass verschiedene Zustände ermöglicht werden, die in der jeweiligen Situation optimale Bedingungen schaffen.

33 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000005 08286A, abgerufen am 21.11.2022.

122

Abb. 8.38 Abb. 1 und 2 der DE508286

Abb. 8.39 Automatisches Dimmen der Beleuchtung

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.15

Optimale Bedingungen durch Anpassung

123

Abb. 8.40 Fig. 1 der DE3738007A1

Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist die Spitze des ConcordeÜberschallflugzeugs, die bei der Landung abgesenkt werden konnte, sodass die Piloten beim Landeanflug die Landebahn sehen konnten. Eine Realisierung des Innovationsprinzips stellt die Erfindung des Kreuzfahrtschiffs dar. Albert Ballin (geboren am 15. August 1857 in Hamburg; gestorben am 9. November 1918 ebenda) war ein deutscher Reeder und baute die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) zur weltweit größten Schifffahrtslinie aus. Außerdem ist er der Erfinder des Kreuzfahrtschiffs, bei dem es sich um ein Passagierschiff handelt, das nicht auf eine schnelle Überfahrt konzipiert ist, sondern auf ein erlebnisreiches und angenehmes Reiseerlebnis. Hierzu wird das Schiff mit allem ausgestattet, was man von einem klassischen Urlaubsort erwartet. Ein Kreuzfahrtschiff weist daher in aller Regel mehrere Restaurants, Bars, Kinos und Swimming-Pools auf. Das Innovationsprinzip „Optimale Bedingungen durch Anpassung“ kann auch derart aufgefasst werden, dass ein Objekt flexibel gestaltet wird, sodass es an eine jeweilige Situation anpassbar ist. Ein Beispiel hierfür ist eine Deckenlampe mit „Schwanenhals“, deren Leuchte auf einen beliebigen Ort des Raums gerichtet werden kann. In der DE 3738007A1 wird eine Deckenleuchte beschrieben, die einen Schwanenhals aufweist, sodass sie beliebig eingestellt werden kann. Die Abb. 8.40 zeigt die Fig. 1 der DE 3738007 A1 mit einer Leuchte 25, die drei Gelenke aufweist, wodurch die Leuchte auf einen beliebigen Ort 30 im Raum ausgerichtet werden kann.34 John Boyd Dunlop (geboren am 5. Februar 1840; gestorben am 23. Oktober 1921) erhielt am 9. September 1890 ein Patent für einen luftgefüllten Autoreifen. Die Abb. 8.41 zeigt die einzige Zeichnung des Patents US 435995.35 Durch eine Luftfüllung wird eine 34 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000037380 07A1, abgerufen am 8.10.2022. 35 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000004 35995A, abgerufen am 8.10.2022.

124

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.41 Fig. der US435995A

optimale Anpassung des Reifens an die jeweilige Straßensituation ermöglicht. Im Vergleich zu starren Holzreifen ermöglicht der flexible luftgefüllte Autoreifen eine erhebliche Steigerung des Fahrkomforts und der Straßensicherheit. Ein Rolltor mit einzelnen Lamellen ist ein weiteres Beispiel des Innovationsprinzips der Anpassung. Die einzelnen Lamellen sind mit Gelenken verbunden, sodass das Tor seine Form der jeweiligen Umgebung anpassen kann. Die Abb. 8.42 zeigt die Fig. 1 der EP 1600597 A2, bei der ein Rolltor mit einzelnen Lamellen 1, 2 und 3 auf einer Walze 5 aufgerollt werden kann. Die einzelnen Lamellen 1, 2 und 3 sind miteinander durch Gelenke verbunden, wodurch sich die Flexibilität des Rolltors ergibt.36 Durch eine Änderung der Flügelprofile eines Flugzeugs wird eine ideale Anpassung an die jeweilige Flugsituation ermöglicht. Die DE 10 2004 062 998 B4 beschreibt ein variables Tragflügelprofil. Die Abb. 8.43 zeigt die Fig. 3 der DE 10 2004 062 998 B4 mit einem Längsschnitt eines Flügels 1, der Antriebseinrichtungen aufweist. Die Antriebseinrichtungen können je nach Flugsituation ein- oder ausgefahren werden, wodurch der Flügel 1 nach unten oder nach oben geneigt werden kann.37 Ein Spoiler eines Sportwagens kann variabel ausgeformt sein, um den Anpressdruck bei Erhöhung der Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu steigern. Die Abb. 8.44 zeigt die Fig. 3 des Patents US 10035548 B2 mit einem Spoiler 30, der je nach erforderlichem Anpressdruck geneigt werden kann.38 36 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000016005 97A2, abgerufen am 8.10.2022. 37 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020040629 98B4, abgerufen am 8.10.2022. 38 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000100355 48B2, abgerufen am 8.10.2022.

8.15

Optimale Bedingungen durch Anpassung

Abb. 8.42 Fig. 1 der EP1600597A2 Abb. 8.43 Fig. 3 der DE102004062998B4

125

126

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.44 Fig. 3 der US10035548B2

8.16

Nicht komplette Lösung

Ist es schwierig, 100 % eines Zustands zu erreichen, sollte darüber nachgedacht werden, ob eventuell ein geringerer Erreichungsgrad genügt. Alternativ kann es sinnvoll sein, mehr als 100 % anzustreben, falls dies einfacher zu erreichen ist als 100 %. Beispielsweise kann eine Lösung derart aussehen, dass zunächst ein Überschuss geliefert oder erzeugt wird und das „Zuviel“ später entfernt wird. Ein Beispiel hierfür ist das Verschließen des Rands einer Plastiktüte mit Hitze, wobei zunächst mit hoher Hitze die Enden der Plastiktüte versiegelt werden und dann oder auch gleichzeitig die Umgebung des Rands der Plastiktüte gekühlt wird, um eine Beschädigung der Plastiktüte auszuschließen. Das Innovationsprinzip „nicht komplette Lösung“ kann alternativ als „nur so gut wie nötig“ verstanden werden. Ingenieure streben oft die perfekte Lösung an. Von diesem Perfektionswahn sollte man sich verabschieden. Ist ein bestimmter Erreichungsgrad ausreichend, sollten Bemühungen darüber hinaus unterbleiben. Alles „mehr“ verschlechtert das Kosten-Nutzen-Verhältnis.

8.17 Wechsel der Dimension

127

Dieses Innovationsprinzip soll nicht als Murks-Lösung oder Realisierung des BananenPrinzips verstanden werden, bei dem das Produkt nicht richtig fertig entwickelt wird und beim Kunden „reifen“ soll. Diese Vorgehensweise, die insbesondere in der Softwareindustrie anzutreffen ist, ist mit diesem Innovationsprinzip nicht gemeint. Das Innovationsprinzip „nicht komplette Lösung“ kann vor dem Hintergrund des Pareto-Prinzips verstanden werden. Vilfredo Pareto (geboren 1848, gestorben 1923) stellte das Phänomen fest, dass mit 20 % eines Aufwands bereits 80 % des Ergebnisses erreicht werden kann. Diese 80–20-Regel wird als Paretoprinzip oder Paretoeffekt bezeichnet. Das Paretoprinzip fordert daher dazu auf, über den erforderlichen Aufwand nachzudenken und nicht stets eine 100 %-Lösung anzustreben. Genügt eine 80 %-Lösung kann diese bereits mit einem Aufwand von 20 % erreicht werden. Das Herstellen einer „provisorischen Lösung“ kann dem Lösungsprinzip „nicht komplette Lösung“ zugeordnet werden. Es kann durchaus sinnvoll sein, zunächst eine schnelle und nicht dauerhafte Lösung eines Problems anzustreben. Hierdurch kann beispielsweise das Ausweiten eines Schadens durch einen Defekt verhindert werden. Es ist notwendig, ein Leck eines Rohrsystems schnell abzudichten, um einen Wasserschaden zu verhindern. In einem späteren Schritt kann eine dauerhafte Abdichtung erfolgen. Hierzu kann das sogenannte „Schlämmen“ dienen, bei dem in eine Wasserleitung Holzspäne eingeführt werden. Die Holzspäne werden durch das Wasser in der Rohrleitung zum Leck geschwemmt, wo sie aufquellen und das Leck notdürftig abdichten.

8.17

Wechsel der Dimension

Ein Wechsel der Dimension meint, dass beispielsweise eine bisher übliche Anordnung in der horizontalen Ebene in die Vertikale verlagert wird. Das Innovationsprinzip des Wechsels der Dimension kann alternativ dahingehend verstanden werden, dass ein räumliches Objekt zu einem ebenen Objekt umgestaltet wird. Ein Beispiel hierfür ist ein klappbarer Transportkarren, der in eine Ebene „zusammengefaltet“ werden kann, sodass er wenig Stauraum erfordert. Die Abb. 8.45 zeigt einen klappbaren Transportkarren. In der DE 20 2006 009 613 U1 ist ein klappbarer Transportkarren beschrieben. Die Abb. 8.46 zeigt den Transportkarren mit eingeklappten Rädern.39 Das Innovationsprinzip „Wechsel der Dimension“ kann alternativ als „Nutzen einer anderen Dimension“ aufgefasst werden. Beispielsweise können Nutzpflanzen nicht nur in der Ebene, sondern auch vertikal angeordnet werden, um bei einem begrenzten Raumangebot dennoch eine hohe Anzahl an Pflanzen zu halten. Ein Beispiel hierfür ist das Vertical Gardening. Beim Vertical Gardening wird nicht auf einer horizontalen Fläche, also einem Beet oder einem Feld, sondern in einer vertikalen Fläche Pflanzen angepflanzt. 39 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020060096 13U1, abgerufen am 21.11.2022.

128

Abb. 8.45 Klappbarer Transportkarren Abb. 8.46 Bild 2 der DE202006009613U1

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.17 Wechsel der Dimension

129

Abb. 8.47 Fig. 1 der US5363594

Auf diese Weise kann auch in beengten Verhältnissen, beispielsweise einem Balkon oder einer Terrasse, eine große Pflanzfläche zur Verfügung gestellt werden. Die Abb. 8.47 zeigt die Fig. 1 und die Abb. 8.48 die Fig. 11 der US 5363594 mit einer Reihe vertikaler Säulen, in die Pflanzen eingesetzt werden können.40 Ein Möbius-Band ist ein Endlosband, das sich nach einem Durchlauf einmal um sich selbst dreht. Hierdurch wird bei jedem Durchlauf die vormalige Außenseite zur Innenseite und vice versa. Das Möbius-Band bietet den Vorteil der gleichmäßigen Belastung der Innen- und der Außenseite, wodurch die Nutzungsdauer verlängert, im Idealfall verdoppelt, wird. In der DE 20 2004 005 763 U1 ist ein Möbius-Band als Antriebsriemen beschrieben. Die Abb. 8.49 zeigt die Fig. 1 der DE 20 2004 005 763 U1 mit einem Möbius-Band, das im Bereich zwischen den beiden Quadraten A,B,C,D und A1,B1,C1,D1 gewendet wird. In der Abb. 8.50 ist die Fig. 18 der DE 20 2004 005 763 U1 mit Antriebsrädern 26 und 27 gezeigt, auf die abwechselnd die Oberseite und Unterseite des Möbius-Bands aufliegt.41 Mit einem Hochregallager wird die vertikale Dimension zur Lagerung von Objekten verfügbar gemacht. In der EP 154667 wird ein Hochregallager für Container beschrieben.

40 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000053 63594A, abgerufen am 1.10.2022. 41 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE2020040057 63U1, abgerufen am 9.10.2022.

130 Abb. 8.48 Fig. 11 der US5363594

Abb. 8.49 Fig. 1 der DE202004005763U1

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.50 Fig. 18 der DE202004005763U1

8.17 Wechsel der Dimension 131

132

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.51 Fig. 2 der EP154667

Die Abb. 8.51 zeigt die Fig. 2 der EP 154667 mit einem Hochregallager und einem Aufzug für Container.42 Ein weiteres Beispiel dieses Innovationsprinzips ist durch die Multilayertechnik zur Herstellung hochkomplexer elektronischer Platinen realisiert. Hierbei werden sandwichartig mehrere Platinen übereinander angeordnet. Die Abb. 8.52 zeigt die Fig. 2 der EP 3793023 A1 mit einer Multilayer-Platine, bei der übereinander angeordnete Platinen 101, 102, 103 und 104 durch Elemente 190 beabstandet sind.43

42 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000001546 67A1, abgerufen am 9.10.2022. 43 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000037930 23A1, abgerufen am 9.10.2022.

8.18

Anpassen der Umgebung des Objekts

133

Abb. 8.52 Fig. 2 der EP3793023A1

8.18

Anpassen der Umgebung des Objekts

Die Umgebung eines Objekts, das bislang nicht wie gewünscht funktioniert, kann derart abgeändert werden, dass sich optimale Bedingungen zum Erfüllen der gewünschten Funktionen ergeben. Beispielsweise können bewegliche Teile eines Motors in einem Öl-Medium gekapselt werden, um eine optimale Schmierung sicherzustellen. Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip der „Anpassung der Umgebung“ stellt die Erfindung der Glühbirne dar, bei der ein wendelförmig ausgebildeter Kohledraht in einem Vakuum angeordnet wird. Das Vakuum ist erforderlich, um ein Verbrennen des Kohledrahts zu verhindern. Durch den Sauerstoffentzug kann der Kohlewendel nicht verbrennen und es ergibt sich ein dauerhaftes Leuchten des stromdurchflossenen Kohledrahts. Die Abb. 8.53 zeigt die Fig. 1 der US 223898 mit der evakuierten Glaskugel, in der der wendelförmige Kohledraht angeordnet ist.44 Durch das Vakuum in der Glaskugel wird ein Verbrennen des Kohledrahts verhindert. Ein weiteres Beispiel für das Schaffen einer optimalen Umgebungsbedingung sind evakuierte Schaltschütze. Werden mit einem Schalter große Spulen geschaltet, so können sich beim Ausschalten sehr hohe Spannungen an den Schaltkontakten ergeben, die kurzzeitig zu einem heißen Lichtbogen führen. Lichtbögen können eine Beschädigung bzw. einen Abbrand der Schaltkontakte hervorrufen. Ein Lichtbogen kann verhindert werden, falls sich die Schaltkontakte in einem Vakuum befinden und daher kein Sauerstoff zur Ausbildung eines Lichtbogens zur Verfügung steht. Eine Alternative zu einem Vakuum ist eine Umgebung aus Edelgas, wodurch ebenfalls die Ausbildung eines Lichtbogens

44 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000002 23898A, abgerufen am 28.7.2022.

134

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.53 Fig. 1 der US 223898 der Glühbirne von Thomas Alva Edison

und ein Abbrennen der Schaltkontakte verhindert wird. Die Abb. 8.54 zeigt oben einen nicht-gekapselten Schalter und unten einen gekapselten Schalter. Ein Reinraum zeichnet sich durch eine äußerst geringe Anzahl an Partikeln in der Luft aus. Reinräume werden benötigt, wenn sehr kleine elektrische Strukturen hergestellt werden, bei denen bereits ein kleines Partikel, die Struktur beschädigen kann. Bei der Herstellung integrierter Schaltkreise und in der Nanotechnologie werden die Herstellprozesse ausschließlich in Reinräumen durchgeführt.

8.19

Statt einer konstanten eine intervallartige oder periodische …

135

Abb. 8.54 Gekapselter Hochspannungsschalter

8.19

Statt einer konstanten eine intervallartige oder periodische Arbeitsweise

Eine Arbeitsweise kann konstant, sinusförmig oder impulsförmig ablaufen. Eine impulsförmige Arbeitsweise ist empfehlenswert, wenn eine kurze, starke Wirkung gewünscht ist. Beispielsweise ist eine impulsförmige Druckausbreitung vorteilhaft, um verstopfte Rohre freizubekommen. Eine sinusförmige Arbeitsweise ist anzuwenden, wenn die Arbeitsweise die betreffenden Bauteile schonend behandeln soll. Beispielsweise kann das schlagartige Aufdrehen eines Lautsprechers diesen beschädigen. Wird hingegen der Lautsprecher sinusförmig angesteuert, ergibt sich eine schonende Arbeitsweise.

136

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.55 Abb. 2 der DE1922364U

Statt einem Dauerbetrieb kann ein impulsförmiger Betrieb vorteilhaft sein, um dieselbe Wirkung bei geringerem Energieeinsatz zu erzielen. Beispielsweise könnte eine heruntergelassene Schranke vor einer Einfahrt erst dann aktiv blockiert werden, falls versucht wird, sie gewaltsam zu öffnen. Hierdurch muss nicht dauerhaft Energie zum Blockieren zur Verfügung gestellt werden, sondern nur dann, wenn dies für die Funktion erforderlich ist. Das Innovationsprinzip kann dahingehend verstanden werden, zu prüfen, ob eine Änderung des Ablaufs des Prozesses vorteilhaft ist. Lief der Prozess bislang kontinuierlich ab, ist eventuell ein intervallartiger Ablauf vorteilhafter. Wurde der Prozess bislang intervallartig durchgeführt, sollte ein kontinuierlicher Ablauf auf seine Vorteilhaftigkeit untersucht werden. Ein weiteres Beispiel dieses Innovationsprinzips ist ein blinkendes Warnlicht. In der DE 1922364 U ist ein Hecklicht eines Automobils beschrieben, das bei Rückfahrt blinkt. Durch das Blinken statt eines konstanten Leuchtens des Hecklichts wird eine gesteigerte Aufmerksamkeit erzielt. Die Abb. 8.55 zeigt die Abb. 2 der DE 1922364 U mit der Rückseite eines Fahrzeugs mit Fahrrichtungsanzeigern 8, Bremsleuchten 5 und einer Warnleuchte 1, die bei Rückfahrt blinkt.45 Mit einem Schlagschrauber können besonders feste Schraubverbindungen hergestellt bzw. gelöst werden. Hierbei wird durch ein Schlagen kurzzeitig eine große Kraft erzeugt. Die Abb. 8.56 zeigt die Fig. 2 der EP 2140977 B1 mit einem Amboss 36 mit ersten Schlagbacken 34 und einem Hammer mit zweiten Schlagbacken 24. Die zweiten Schlagbacken 24 knallen gegen die ersten Schlagbacken 34, wodurch schlagartig eine große Kraft auf den Schrauber ausgeübt wird.46 45 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000019 22364U, abgerufen am 9.10.2022. 46 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000021409 77B1, abgerufen am 9.10.2022.

8.20

Kontinuierlicher nützlicher Prozess

137

Abb. 8.56 Fig. 2 der EP2140977B1

In der DE 10219693 A1 wird eine Reinigung mit einer Düse vorgesehen, die stoßweise Gas in einen Behälter bläst. Die Abb. 8.57 zeigt die Fig. 3 der DE 10219693 A1 mit einer Düse 1 mit Öffnungen 3, aus denen stoßartig Gas zum Reinigen des Behälters gesprüht wird.47

8.20

Kontinuierlicher nützlicher Prozess

Bei diesem Innovationsprinzip wird angestrebt, die nützliche Tätigkeit kontinuierlich laufen zu lassen. Die nutzbringende Aktion soll möglichst ohne Unterbrechung andauern. Leerläufe und unnötige Transportwege sind zu eliminieren und in nutzbringende Prozesse umzuwandeln. Ist es nicht möglich, Leerläufe zu beseitigen, so können diese eventuell mit anderen nützlichen Prozessen aufgefüllt werden. Ein Beispiel für das Innovationsprinzip „kontinuierlicher nützlicher Prozess“ ist es, einen Fräsvorgang nicht nur im Vorlauf, sondern auch im Rücklauf zu ermöglichen. Hierdurch wird es ermöglicht, ein Werkstück im Vor- und Rücklauf zu fräsen. Die EP 264673 A1 beschreibt eine derartige Vorrichtung. Die Abb. 8.58 zeigt die Fig. 6, 7, 8 und 9 der EP 264673 A1 mit einem Fräser 9, der in beiden Richtungen Material von einem Werkstück abträgt.48

47 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000102196 93A1, abgerufen am 9.10.2022. 48 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000002646 73A1, abgerufen am 10.10.2022.

138 Abb. 8.57 Fig. 3 der DE10219693A1

Abb. 8.58 Fig. 6, 7, 8 und 9 der EP264673A1

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.21

8.21

Beschleunigung

139

Beschleunigung

Es kann vorteilhaft sein, ein Verfahren zu beschleunigen. Beispielsweise kann eine Plastiktüte an einer Stelle erhitzt werden, um an ihr etwas zu befestigen. Allerdings sollte dies sehr schnell erfolgen, um der lokal angelegten Hitze nicht die Möglichkeit zu verschaffen, sich auszudehnen und dadurch die Plastiktüte insgesamt in Mitleidenschaft zu ziehen. Ist es erforderlich, chemische Stoffe zur Anwendung zu bringen und sind diese gesundheitsschädlich, sollte der betreffende Bearbeitungsschritt sehr schnell ablaufen, um eine gefährliche Exposition für Mensch und Umwelt gering zu halten. Beim Härten von Stahl wird dieses Innovationsprinzip der „Beschleunigung“ ebenfalls angewandt, denn das Härten erfolgt durch schlagartiges Abkühlen von glühendem Stahl. In der EP 49339 A1 wird ein Verfahren zum Abhärten von Stahl beschrieben. Die Abb. 8.59 zeigt die Figur der EP 49339 A1 mit einem Pumpenrad 5 und Düsen 24 innerhalb eines Ölbads 2, die sicherstellen, dass das kalte Öl schnell an jeden Oberflächenabschnitt eines Werkstücks 11 gelangt, um eine gleichmäßig gehärtete Oberfläche zu erhalten.49 Das Innovationsprinzip der Beschleunigung wird auch in der Medizin beispielsweise bei Gewebeentnahmen an Patienten genutzt, um durch einen sehr schnellen Eingriff den Aufbau eines Schmerzempfinden beim Patienten zu verhindern. Ein weiteres Beispiel des Lösungsprinzips ist Spritzbeton, der in flüssiger Form zur Baustelle verbracht wird und aus einer Spritzdüse mit hohem Druck auf eine zu betonierende Stelle geschleudert wird. Durch das Aufschlagen wird der Spritzbetons verdichtet und bleibt an der gewünschten Stelle haften. Spritzbeton wurde von Carl Ethan Akeley (geboren am 19. Mai 1864 in Clarendon, New York; gestorben am 18. November 1926 in Belgisch-Kongo) erfunden, der dafür das Patent US 984254 erhielt. Das Patent wurde am 14. Februar 1911 erteilt. Die Abb. 8.60 zeigt die Fig. 1 der US 984254 und die Abb. 8.61 zeigt die Fig. 4 der US 984254.50 Clarence Birdseye (geboren am 9. Dezember 1886 in Brooklyn, New York; gestorben am 7. Oktober 1956 in Manhattan, New York) ist der Erfinder der Tiefkühlkost. Tiefkühlkost wird schockgefroren, also sehr schnell auf tiefe Temperaturen gekühlt. Durch das rasante Abkühlen wird eine Bildung großer Kristalle verhindert, wodurch die Enzyme, die Nährstoffe und das Aroma geschont werden und die Konsistenz gewahrt bleibt. Die Abb. 8.62 zeigt die Figuren 1 bis 5 des Patents US 1773080 des Clarence Birdseye, das am 20. Juni 1927 beim Patentamt eingereicht wurde.51

49 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000000493 39A1, abgerufen am 11.10.2022. 50 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000009 84254A, abgerufen am 15.9.2022. 51 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000017 73080A, abgerufen am 10.10.2022.

140

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.59 Fig. der EP49339A1

Ein Problem bei einer Windenergieanlage ist das „Hochfahren“ des Windrads, also das Starten der Anlage, wobei das Windrad zunächst mit einer geringen Frequenz gestartet wird, die bis zur Betriebsfrequenz gesteigert wird. Die Gefahr hierbei ist das Eintreten einer „Resonanzkatastrophe“. Eine Resonanzkatastrophe stellt sich ein, wenn das Windrad des Windenergieanlagenturms mit einer Frequenz rotiert, die der Eigenfrequenz der Anlage entspricht. In diesem Fall kann die gesamte Anlage in Schwingungen geraten und beschädigt werden. Um eine Resonanzkatastrophe zu vermeiden, erfolgt das Hochfahren sehr schnell. Hierdurch wird eine nur geringe Energie mit der Resonanzfrequenz an die Anlage abgegeben, die nicht ausreichend ist, um die komplette Anlage zum Schwingen zu bringen. In der DE 10 2017 107 912 A1 ist das Hochfahren eines Windenergieanlagenturms erläutert. Die Abb. 8.63 zeigt die Fig. 1 der DE 10 2017 107 912 A1.52 52 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020171079 12A1, abgerufen am 10.10.2022.

8.22

Aus einem Nachteil zum Vorteil

141

Abb. 8.60 Fig. 1 der US984254

Abb. 8.61 Fig. 4 der US984254

8.22

Aus einem Nachteil zum Vorteil

Dieses Innovationsprinzip kann auch als die Umwandlung einer schädlichen in eine nützliche Eigenschaft verstanden werden. Bestimmte Stahlsorten werden nicht mit einem

142

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.62 Fig. 1, 2, 3, 4 und 5 der US1773080A

Schutzanstrich gegen Rosten versehen, sondern bewusst dem Rosten unter freiem Himmel ausgesetzt. Bildet sich dann über der kompletten Oberfläche des Stahls eine geschlossene Rostschicht, endet der Vorgang des Rostens. Die Rostschicht auf der Oberfläche verhindert eine weitere Sauerstoffzufuhr und bildet damit selbst eine Rostschutzschicht. Ein weiteres Beispiel der Anwendung des Innovationsprinzips „aus einem Nachteil zum Vorteil“ ist die Entwicklung des Verbrennungsmotors. Eugenio Barsanti (geboren am 12. Oktober 1821 in Pietrasanta, Toskana; gestorben am 18. April 1864 in Seraing, Belgien) entdeckte das Prinzip des Verbrennungsmotors. Bei einem Unfall durch die

8.22

Aus einem Nachteil zum Vorteil

143

Abb. 8.63 Fig. 1 der DE102017107912A1

Entzündung eines Wasserstoff-Luftgemisches erkannte er die Kraft eines derartigen Gasgemisches und arbeitete daraufhin daran, diese Kraft kontrolliert in einer Maschine nutzbar zu machen. Barsanti erhielt am 12. Juni 1854 das englische Patent GB 185401072 A für seinen Verbrennungsmotor (siehe Abb. 8.64).53 Beim Bremsen eines Autos oder einer Straßenbahn durch Bremsklötze oder Bremsbeläge wird Wärme erzeugt, die kontrolliert abgeführt werden muss, damit das Transportmittel keinen Schaden nimmt. Außerdem werden die Bremsklötze durch Abrieb in Mitleidenschaft gezogen, sodass Bremsklötze regelmäßig erneuert werden müssen. Andererseits kann das Abbremsen eines Transportmittels vorteilhafterweise zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt werden. Bei Straßenbahnen werden elektromotorische bzw. 53 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=GB0001854 01072A, abgerufen am 14.9.2022.

144

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.64 Patentschrift GB185401072A Abb. 8.65 Fig. 1 der DE10254608A1

Generatorbremsen eingesetzt, die die Bewegungsenergie der Räder in elektrische Energie wandeln, die Akkumulatoren aufladen (Rekuperation). Hierdurch wird der Straßenbahn die Bewegungsenergie entzogen und die Straßenbahn abgebremst. In der DE 10254608 A1 wird eine entsprechende Bremse für eine Straßenbahn beschrieben. Die Abb. 8.65 zeigt die Fig. 1 der DE 10254608 A1 mit einer Bremsvorrichtung einer Straßenbahn, die als Regelkreis mit einer Regeleinrichtung RE mit einem vorgegebenem Sollwert SW und einem Istwert IW aufgebaut ist. Die Regeleinrichtung RE steuert eine mechanische Bremse MB und über einen Umrichter U den Elektromotor, sodass der Elektromotor allein, oder zusammen mit der mechanischen Bremse MB, zur Bremsung der Straßenbahn genutzt wird.54 54 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000102546 08A1, abgerufen am 10.10.2022.

8.22

Aus einem Nachteil zum Vorteil

145

Abb. 8.66 Fig. 1 der EP593999A1

Müll kann zur Erzeugung von Energie durch Verbrennen genutzt werden. In der EP 593999 A1 ist ein Verfahren beschrieben, um aus Müll Energie zu gewinnen. Die Abb. 8.66 zeigt die schematische Darstellung der Fig. 1 der EP 593999 A1 mit einem Drehrohr 1, in dem der Müll verbrannt wird, der Nachbrennkammer 2 und dem Kessel 3, in dem Wasser verdampft wird, also durch die Verbrennung in einen energetisch höheren Zustand gebracht wird. Das heiße Wasser kann zur Energieübertragung genutzt werden.55 Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzips etwas Schädliches oder Nutzloses in etwas Nützliches zu verwandeln ist der Turbolader. Ein Turbolader nutzt die Abgase eines Verbrennungsmotors zum Antreiben einer Turbine, die Luft verdichtet. Die verdichtete Luft wird der Brennkammer des Motors zugeführt, in der eine höhere Leistung durch die verdichtete Luft im Vergleich zu einem Betrieb mit nicht-verdichteter Luft erreicht wird. Alfred Büchi (geboren am 11. Juli 1879 in Winterthur; gestorben am 27. Oktober 1959 ebenda) ist der Erfinder des Turboladers und erhielt am 16. November 1905 sein Patent. Die Abb. 8.67 zeigt die Fig. 2 der DE 204630, bei der Arbeitszylinder a dargestellt sind, in die heiße Verbrennungsgase eingeleitet werden, die Triebstangen d antreiben und damit eine Welle b zum Rotieren bringen. Die Welle b treibt eine Vorrichtung zur Luftverdichtung an.56

55 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000005939 99A1, abgerufen am 10.10.2022. 56 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000002 04630A, abgerufen am 11.10.2022.

146

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.67 Fig. 2 der DE204630

8.23

Rückkopplung bzw. Schädliches durch Schädliches neutralisieren

Eine Möglichkeit der Anwendung dieses Innovationsprinzips ist die Auslöschung von Schall durch betragsmäßig gleiche aber gegensinnige Schallwellen. Hierdurch werden störende Schallwellen ausgelöscht und eine Lärmbelästigung beseitigt. Die Abb. 8.68 zeigt das Prinzip zur Schallwellenauslöschung. Ein weiteres Beispiel des Innovationsprinzips der Rückkopplung ist das Messen der Temperatur von durch eine Maschine bearbeitete Werkstücke. Falls die bearbeiteten Werkstücke eine zu hohe Temperatur aufweisen, wird daraus geschlossen, dass das betreffende Werkzeug bereits stumpf ist und daher wärmeerzeugende Reibung verursacht. Die Abb. 8.69 zeigt die Figur 2 der EP 2103378 A1, bei der bearbeitete Werkstücke 1a über ein Förderband 31 aus einer Werkzeugmaschine 10 ausgestoßen werden. Ist ein Werkstück 1a besonders heiß, wurde das Werkstück 1a mit einem verschlissenen Werkzeug bearbeitet, sodass das betreffende Werkzeug ausgetauscht werden muss.57 57 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000021033 78A1, abgerufen am 11.10.2022.

8.24

Das Unzulässige zulassen oder einen zusätzlichen Schritt zulassen

147

Abb. 8.68 Auslöschung durch gegensinnige Überlagerung

8.24

Das Unzulässige zulassen oder einen zusätzlichen Schritt zulassen

Das Innovationsprinzip des Zulassens des Unzulässigen ist im Patentrecht als das Überwinden eines technischen Vorurteils bekannt. Ein technisches Vorurteil ist eine falsche Vorstellung technischer Zusammenhänge, die in den Fachkreisen dennoch bislang als richtig akzeptiert ist. Das Überwinden einer derartigen Fehlvorstellung stellt ein sicheres Indiz für eine erfinderische Tätigkeit dar.58 Ein nachteiliger Faktor kann derart konditioniert werden, dass er zu einem nützlichen Element wird. Ein Paradebeispiel für dieses Innovationsprinzip ist die Bindung eines Skistiefels an einem Ski. Die Bindung soll natürlich sicherstellen, dass sich der Ski nicht einfach vom Schuh löst. Andererseits ist diese unzulässige Bedingung, dass sich der Ski vom Schuh löst, dennoch anzustreben, falls der Skifahrer einen Unfall erleidet und durch das Lösen des Skis ein Knochenbruch verhindert wird. Bei einer hohen Belastung der

58 Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Auflage, § 4 Rdn. 158.

148

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.69 Fig. 2 der EP2103378A1

Bindung wird daher eine Unfallsituation angenommen und die Bindung löst sich, bevor eine gesundheitliche Gefährdung eintritt. Das Innovationsprinzip des Zulassens des Unzulässigen wurde bei der Erfindung der Knautschzone angewandt. Der Erfinder Béla Barényi hat seine Erfindung in seinem Patent DEP31254DAZ „in Zellenbauweise hergestelltes Kraftfahrzeug“59 beschrieben, und damit das bis dahin geltende Konzept des durchgängig starren Aufbaus für Fahrzeuge durchbrochen. Barényi sah bewusst „weiche“ Abschnitte des Fahrzeugs vor, die sich bei einem Unfall verformen konnten und damit Energie durch den Crash absorbieren. Die Fahrgastzelle wurde starr ausgebildet, um ein Einklemmen des Fahrers und seiner Begleiter zu verhindern. Die Abb. 8.70 zeigt die Abb. 3 und 4 der DEP31254DAZ mit der vorderen und hinteren Knautschzone B und C, die sich bei einem Crash verformen können, um Bewegungsenergie aufzunehmen. Die mittlere Fahrgastzelle A ist starr ausgebildet.60

59 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE000P003125 4DAZ, abgerufen am 31.7.2022. 60 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE000P003125 4DAZ, abgerufen am 15.4.2023.

8.24

Das Unzulässige zulassen oder einen zusätzlichen Schritt zulassen

149

Abb. 8.70 Abb. 3 und 4 der DEP31254DAZ

Ein weiteres Beispiel für das „Unzulässige zulassen“ ist der Strandkorb, dessen erstes Erscheinen für allerlei Verwirrung sorgte. Man war damals Sitzmöbel am Strand nicht gewohnt. Ludolph Wilhelm Eduard Bartelmann (geboren am 7. Oktober 1845 in Bergedorf; gestorben am 25. Juli 1930 in Rostock) war der Erfinder des Strandkorbs, der zunächst als Einsitzer hergestellt wurde. Der heutige Strandkorb besteht aus einem Holzgestell mit Korbgeflecht für zwei Personen. Der Strandkorb weist eine Überdachung auf und bietet Schutz vor Sonne und Regen. Er zeichnet sich durch ausziehbare Fußkästen und Klapptischchen aus. Ein Beispiel für das Innovationsprinzip des zusätzlichen Zwischenschritts ist der Dübel, der als Bindeglied zwischen einer Schraube und der Wand dient, in der die Schraube gedreht werden soll (Abb. 8.71). Die Abb. 8.71 zeigt die Abb. 5 und 6 der DE 1097117, bei der ein Dübel 1 sich in die Wand krallt und eine Schraube 2 in den Dübel 1 eingedreht wird.61 Ein weiteres Beispiel für das Lösungsprinzip des zusätzlichen Schrittes ist das Verwenden von Schleifmittel beim Wasserstrahlschneiden, wodurch die schneidende Wirkung des Abrasiv-Wasserstrahlschneidens erreicht wird. Die Abb. 8.72 zeigt einen Düsenkopf zum abrasiven Wasserstrahlschneiden, bei dem über eine Zuleitung 13 Druckwasser ohne Abrasivmaterial und über eine weitere Zuführung 7 Abrasivmaterial zugeführt wird. Der Düsenkopf erzeugt einen Strahl 15 mit Abrasivmaterial, der von einem Strahl 16 ohne Abrasivmaterial umhüllt ist.62 61 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000010 97117B, abgerufen am 15.4.2023. 62 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000044310 85C1, abgerufen am 11.10.2022.

150

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.71 Abb. 5 und 6 der DE1097117 Abb. 8.72 Fig. der DE4431085C1

8.25

Selbststeuerung bzw. Selbstbedienung

Das Innovationsprinzip der „Selbststeuerung“ wurde beim Vorläufer der Watt´schen Dampfmaschine zum ersten Mal eingesetzt. Vor James Watt (geboren am 30. Januar 1736; gestorben am 25. August 1819) hat bereits Thomas Newcomen (geboren am 26.

8.25

Selbststeuerung bzw. Selbstbedienung

151

Februar 1664 in Dartmouth; gestorben am 5. August 1729 in London) Dampfmaschinen hergestellt. Die Newcomen-Dampfmaschine hat ein erstes und ein zweites Ventil, die je nach dem Zustand der Dampfmaschine geöffnet oder geschlossen werden müssen. Die Abb. 8.73 zeigt eine schematische Darstellung einer ersten Situation der Dampfmaschine, bei der der Kolben sehr weit in den Zylinder eingefahren ist. In diesem Zustand ist jetzt das erste Ventil zu öffnen, damit heißer Dampf in den Zylinder strömen kann und den Kolben nach oben drückt, und das zweite Ventil zu schließen, damit kein kaltes Wasser aus dem Wasserbehälter in den Zylinder fließt und den heißen Dampf zum Abkühlen bringt. Die Abb. 8.74 zeigt eine zweite Situation der Dampfmaschine, bei der der Kolben sehr weit oben ist. In diesem Zustand ist das zweite Ventil zu öffnen, damit kaltes Wasser den heißen Dampf im Zylinder abkühlt, wodurch sich dieser zusammenzieht und den

Abb. 8.73 Newcomen-Dampfmaschine erster Zustand

152

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.74 Newcomen-Dampfmaschine zweiter Zustand

Kolben nach unten drückt. Das erste Ventil ist zu schließen, damit das Abkühlen in seiner Wirkung nicht durch heißen Dampf aus dem Heizkessel gemindert wird. Je nach Ort des Kolbens, oben oder unten, sind die Ventile daher unterschiedlich anzusteuern. Bei der Newcomen-Dampfmaschine wurde eine selbsttätige Maschinensteuerung dadurch installiert, dass Schnüre an dem Kolben befestigt wurden, die die Ventile ansteuern. Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip „Von-selbst-herstellen“ ist die Erfindung des Spreizdübels von Artur Fischer (geboren am 31. Dezember 1919 in Tumlingen; gestorben am 27. Januar 2016 ebenda). In seinem Patent DE 1097117, das am 13. Juli 1961 erteilt wurde, beschreibt er seine Erfindung.63 Die Abb. 8.75 zeigt die Abb. 5 und 6 der DE 1097117 mit einem Spreizdübel 1, der es einer Schraube 2 ermöglicht, sich „selbst“ in einer Wand „festzukrallen“. Hierzu wird 63 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000010 97117A, abgerufen am 3.8.2022.

8.26

Abbildungen, Modelle und Kopien nutzen

153

Abb. 8.75 Abb. 5 und 6 der DE1097117

die Schraube 2 in den Spreizdübel 1 eingeschraubt, wodurch dieser gespreizt wird und hierbei die Zähne des Spreizdübels 1 in die Wand gedrückt werden.64 Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip ist ein Wärmetauscher, durch den einem Prozess überflüssige Wärme entzogen wird, um es einem anderen Prozess zuzuführen. Die Abb. 8.76 zeigt eine Zeichnung der EP 76928, wobei ein Wärmetauscher 1 mit einzelnen Rippen 7 dargestellt ist, die Platten 3 umfassen, die von Abstandsstücken 4 beabstandet werden. In den Zwischenräumen 5 fließt ein heißes Fluid (Pfeile von links nach rechts), das die Platten 3 der Rippen 7 erhitzt, wodurch ein Fluid innerhalb der Rippen, beispielsweise Luft, erwärmt wird. Hierdurch ergibt sich ein Wärmetausch von dem heißen Fluid der Zwischenräume 5 zur Luft innerhalb des Hohlkörpers 2.65

8.26

Abbildungen, Modelle und Kopien nutzen

Dieses Innovationsprinzip empfiehlt, statt einem Original ein künstlich geschaffenes Modell zu verwenden, wobei das Modell mit verbesserten Eigenschaften ausgestattet wird. Alternativ kann das Modell nur mit den Eigenschaften ausgestattet werden, die für seine Funktion erforderlich sind.

64 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000010 97117B, abgerufen am 15.4.2023. 65 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000000769 28A1, abgerufen am 12.10.2022.

154

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.76 Fig. der EP76928

Ein Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist der Flugsimulator. Der Erfinder des Flugsimulators ist Edwin Albert Link (geboren am 26. Juli 1904 in Huntington, Indiana; gestorben am 7. September 1981 in New York). In seinem Patent US 2099857 A beschreibt er den ersten Flugsimulator. Die Abb. 8.77 zeigt die Figur 1 der US 2099857 A.66 Mit einer Infrarotaufnahme eines Hauses kann eine Analyse der Wärmeisolierung durchgeführt werden. In der DE 1489148 A ist ein Detektor für Infrarotstrahlung beschrieben. Die Abb. 8.78 zeigt die Figur 1 der DE 1489148 A, bei der Infrarotstrahlung 15 durch ein Fenster 2 auf eine Folie 9 fällt. Die Infrarotstrahlung erwärmt lokal die Folie 9, wodurch an dieser Stelle der elektrische Widerstand verringert wird. Durch die Kathode 6 und den Elektronenstrahlerzeuger 3 wird ein Elektronenstrahl 7 erzeugt, der die Folie 9 abtastet und den örtlichen elektrischen Widerstand feststellt. Hierdurch können die Orte auf der Folie 9 ermittelt werden, auf denen Infrarotstrahlung gefallen ist.67 Die aerodynamischen Eigenschaften eines Flugzeugs können in einem Windkanal ermittelt werden. In der EP 572787 A1 wird ein Windkanal zum Testen von Flugzeugen

66 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000020 99857A, abgerufen am 12.10.2022. 67 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000014 89148A, abgerufen am 12.10.2022.

8.26

Abbildungen, Modelle und Kopien nutzen

155

Abb. 8.77 Fig. 1 der US2099857A

Abb. 8.78 Fig. 1 der DE1489148A

vorgestellt. Die Abb. 8.79 zeigt die Fig. 1 der EP 572787 A1 mit einem Flugzeugmodell 15 in einem Windkanal 10 mit einer Windrichtung 17.68

68 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000005727 87A1, abgerufen am 12.10.2022.

156

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.79 Fig. 1 der EP572787A1

8.27

Langlebigkeit durch Kurzlebigkeit ersetzen

Das Innovationsprinzip verdeutlicht, dass eine technische Aufgabe durch eine langlebige oder durch viele kurzlebige Lösungen erfüllt werden kann. Es kann durchaus sinnvoll sein, eine kurzlebige statt einer langlebigen Lösung zu verwenden, da die vielen kurzlebigen Lösungen an sich ändernde Bedingungen angepasst werden können. Nachteilig bei einer langlebigen Lösung kann sein, dass diese für sämtliche Situationen, die sich im Laufe der langen Verwendungsdauer ergeben können, vorbereitet werden muss. Eventuell können beide Konzepte kombiniert werden, indem ein Teil eines Produkts dauerhaft verwendet wird und ein anderer Teil des Produkts vor jedem Gebrauch ausgewechselt wird. Ein Beispiel für eine Einmalverwendung sind Papiertaschentücher. Der Erfinder der Papiertaschentücher ist Gottlob Krum, der Papier in Glycerin tränkte und damit das Papier weich und zum Gebrauch als Taschentuch nutzbar machte. In dem Patent DE 81094, das am 14. August 1894 erteilt wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 8.80 zeigt die erste Seite der Patentschrift DE 81094.69 69 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000000 81094A, abgerufen am 13.10.2022.

8.27

Langlebigkeit durch Kurzlebigkeit ersetzen

157

Abb. 8.80 Patentschrift DE81094

Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Anwendung des Innovationsprinzips der „Kurzlebigkeit statt Langlebigkeit“ ist die Wegwerfwindel. In der DE 2300345 A1, die am 2. Januar 1973 beim Patentamt eingereicht wurde, wird die Wegwerfwindel beschrieben.

158

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.81 Fig. 6 der DE2300345A1

Die Abb. 8.81 zeigt die Fig. 6 mit einem Längsschnitt durch eine Wegwerfwindel mit einem dicken absorbierenden Kern 21a.70 Der Erfinder des Papptellers ist Hermann Henschel (geboren am 12. Dezember 1843 in Luckenwalde; gestorben am 12. Oktober 1918 in Lichterfelde). In dem Patent US 408712 A, das am 13. August 1889 erteilt wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 8.82 zeigt die Fig. 1 bis 4 der US 408712 A, bei denen ein Werkzeug dargestellt ist, mit dem ein Pappteller hergestellt wird. Hierzu wird eine Pappscheibe durch einen Stempel in eine Form gedrückt, sodass die Pappscheibe eine mittige Vertiefung und einen ansteigenden Rand erhält.71 Marvin Stone ist der Erfinder des Strohhalms. In seinem Patent US 375962 A, das am 3. Januar 1888 erteilt wurde, beschreibt er seine Erfindung. Die Abb. 8.83 zeigt die Fig. 1, 2, 3 und 4 der US 375962 A mit einem Papierstreifen (Fig. 2), dessen Spitze c an der Spitze d der Walze B befestigt wird, sodass der Papierstreifen auf die Walze B aufgewickelt werden kann (Fig. 4). Hierdurch ergibt sich der Strohhalm aus Papier der Fig. 1.72

8.28

Wechsel zu einer höheren Form; Ersetzen eines mechanischen Verfahrens

In der Technik vollziehen sich regelmäßig disruptive Übergänge, wobei bisherige Technologien von effizienteren Technologien abgelöst werden. Früher wurden in der Technik Steuerungsaufgaben mechanisch ausgeführt. In einem nächsten Entwicklungsschritt wurde eine Ansteuerung mit diskreten elektronischen Elementen realisiert und heute sind Steuerungen in aller Regel softwarebasiert. Eine „Form“ im Sinne dieses Innovationsprinzips ist ein mechanisches, pneumatisches, hydraulisches, elektrisches, akustisches, magnetisches oder softwarebasiertes System.

70 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000023 00345A, abgerufen am 13.10.2022. 71 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000004 08712A, abgerufen am 13.10.2022. 72 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000003 75962A, abgerufen am 13.10.2022.

8.28 Wechsel zu einer höheren Form; Ersetzen eines …

159

Abb. 8.82 Fig. 1, 2, 3 und 4 der US408712A

Ein Beispiel für den Wechsel in eine höhere Form ist das Laserschneiden statt einer spanenden Bearbeitung durch ein Fräswerkzeug. Das Patent EP 1216 A1 beschreibt eine Vorrichtung zum Laserschneiden eines Werkstücks. Die Abb. 8.84 zeigt die Fig. 2 der EP 1216 A1 mit einem verfahrbaren Querlaufwagen 30, der an einem Längswagen 28 angeordnet ist, sodass ein Werkstück über oder unter einem Laser in x–y-Richtung bewegt werden kann.73

73 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000000012 16A1, abgerufen am 13.10.2022.

160 Abb. 8.83 Fig. 1, 2, 3 und 4 der US 375962A

Abb. 8.84 Fig. 2 der EP1216A1

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.29

8.29

Pneumatische oder hydraulische Effekte

161

Pneumatische und hydraulische Effekte

Eine Lösung eines technischen Problems kann durch eine vorteilhafte Anwendung eines Fluids gefunden werden. Beispielsweise können feste, starre Objekte durch Flüssigkeiten oder Gase ersetzt werden. Eine klassische Verwendung eines fließenden oder strömenden Fluids ist die zum Antreiben einer Turbine. Lester Allan Pelton (geboren am 5. September 1829 in Vermilion Township; gestorben am 14. März 1908) ist der Erfinder der Pelton-Turbine, die er am 3. Juli 1880 zum Patent anmeldete (siehe Abb. 8.85).74 Ein Luftkissenboot ist ein weiteres Beispiel für die Nutzung eines Fluids. Christopher Sydney Cockerell (geboren am 4. Juni 1910 in Cambridge; gestorben am 1. Juni 1999 in Hythe, Hampshire) ist der Erfinder des Luftkissenboots. In der US 3495679 wird ein Luftkissenboot, auch als Hovercraft bezeichnet, beschrieben. Die Abb. 8.86 zeigt die Fig. 1, 2 und 3 der US 3495679, wobei in der Fig. 1 ein Luftkissenboot dargestellt ist, das einen Luftvorhang 9 und 10 zum Schweben über der Oberfläche erzeugt. Eine Antriebseinheit 15 sorgt für eine Vorwärtsbewegung. In der Fig. 4 der US 3495679 sind die Luftkanäle 26 und 27 dargestellt, die jeweils einen einzelnen Luftvorhang 9 und 10 erzeugen.75 Ein weiteres Beispiel des Innovationsprinzips zur Nutzung eines Fluids ist die Luftpolsterfolie. Eine Luftpolsterfolie weist eine Vielzahl an kleinen Kammern auf, die luftgefüllt sind und dadurch als Dämpfungselemente gegenüber mechanischen Stößen wirken. Durch die Aufteilung in eine große Anzahl an Kammern, die auf der Folie beabstandet sind, ergibt sich eine Flexibilität der Folie. Mit Luftpolsterfolie werden zerbrechliche Gegenstände für den Transport verpackt. Alfred Fielding und Marc Chavannes sind die Erfinder der Luftpolsterfolie. In dem Patent US 3142599, das am 27. November 1959 beim Patentamt eingereicht wurde, haben sie ihre Erfindung beschrieben. Die Abb. 8.87 zeigt die Fig. 15 bis 23 mit einer Folie, in der Luftkammern angeordnet sind, um eine flexible Polsterung für zu transportierende Gegenstände zu gewährleisten.76 Ein aufblasbarer Tisch weist den Vorteil auf, dass er beim Transportieren wenig Raum einnimmt. In der EP 2057916 wird ein aufblasbarer Tisch beschrieben. Die Abb. 8.88 zeigt die Figuren 1 bis 5 der EP 2057916 mit einem aufblasbaren Tisch, der eine feste Basisplatte 2 und eine feste Deckplatte 3 aufweist. Zwischen der Deckplatte 3 und der Basisplatte 2 ist ein aufblasbarer Hohlkörper 4 angeordnet, der von einer Hüllfläche 9 eingeschlossen ist.77 74 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000002 33692A, abgerufen am 3.10.2022. 75 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000034 95679A, abgerufen am 15.10.2022. 76 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000031 42599A, abgerufen am 15.10.2022. 77 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000020579 16A1, abgerufen am 15.10.2022.

162

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.85 Fig. der US233692

Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist der hydraulische Schlagbohrer. Ein Schlagbohrer oder Bohrhammer ist ein Werkzeug im Bergbau und dient dem Bohren in Gestein. Der Bohrhammer gibt beim Bohren periodisch Schläge auf das Gestein. Durch die Schläge zermürbt das Gestein und das Bohren von Löchern wird ermöglicht. Es gibt pneumatische, elektrische und hydraulische Schlagbohrer. Hydraulische Bohrhämmer weisen im Vergleich zu pneumatischen oder elektrischen Bohrhämmer eine höhere Leistung auf. Gunnar Romell ist der Erfinder des hydraulischen Bohrhammers. In dem Patentdokument US 3780621 A ist seine Erfindung beansprucht. Die Abb. 8.89 zeigt die Figur 5 der US 3780621 A mit dem Schlagkolben 12 und seinen zwei Kolbenbereichen 13 und 14, die periodisch mit einer Arbeitsflüssigkeit beaufschlagt werden, sodass sich

8.29

Pneumatische oder hydraulische Effekte

163

Abb. 8.86 Fig. 1, 2, 3 und 4 der US3495679

ein Schlagen auf das Gestein ergibt. Der Schlaghammer wird über die Leitung 43 mit der Arbeitsflüssigkeit versorgt.78 Ein weiteres Beispiel der erfinderischen Verwendung eines Fluids ist eine Vakuummatratze zum Transport von Unfallopfern. Eine Vakuummatratze ist ein länglicher Luftsack,

78 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000037 80621A, abgerufen am 15.10.2022.

164

Abb. 8.87 Fig. 15 bis 23 der US3142599

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.29

Pneumatische oder hydraulische Effekte

165

Abb. 8.88 Fig. 1 bis 5 der EP2057916

in dem eine Vielzahl an kleinen Kügelchen angeordnet sind. Der Luftsack kann leergepumpt werden, sodass sich die Matratze ideal an die aktuelle Lage eines Unfallopfers, das auf dem Luftsack liegt, anpasst. Hierdurch kann die Position des Unfallopfers stabilisiert werden. In der DE 1944646 ist eine Vakuummatratze beschrieben. Die Abb. 8.90 zeigt die Figur der DE 1944646 mit einer Tragbahre und einer Vakuummatratze. Die Vakuummatratze stellt eine aufblasbare Hülle dar, in der körniges Gut enthalten ist. Außerdem ist

166

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.89 Fig. 5 der US3780621A

ein Kolben 6 dargestellt, dessen Bedienungsgriff 12 nach rechts verschoben werden kann, um die Luft aus der Vakuummatratze in den Kolbeninnenraum 16 einzusaugen.79

8.30

Elastizität, Dicke oder Durchmesser ändern

Dieses Innovationsprinzip beschreibt die Möglichkeit, die Dicke und den Durchmesser eines Objekts zu ändern, beispielsweise zu minimieren, um eine elastische Lösung zu erhalten. Gerade elastische oder dünne Ausführungen werden von deutschen Ingenieuren gerne als „nicht ordentlich“ abgetan. Einer geeigneten Problemlösung kann diese Haltung entgegenstehen. Starre Konstruktionen können durch elastische ersetzt werden. Die Dicken und die Durchmesser von Vorrichtungen können variiert werden. Ein Beispiel hierfür ist eine

79 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000019 44646A, abgerufen am 15.10.2022.

8.30

Elastizität, Dicke oder Durchmesser ändern

167

Abb. 8.90 Fig. der DE1944646

Schutzhülle, die derart „weich“ ausgeformt ist, dass sie sich optimal dem einzuhüllenden Objekt anpasst. Ein Beispiel für das Ändern der Elastizität bzw. Konsistenz ist Beton. Der Erfinder von Beton ist Bernard Forest de Bélidor (geboren 1697 in Katalonien; gestorben am 8. September 1761 in Paris). Beton enthält Zement als Bindemittel und klein gemahlenes Gestein als Zuschlagstoff. Nachdem der Beton mit Wasser angerührt wurde, beginnt der Aushärteprozess. Der große Vorteil des Betons ist, dass beliebige Gestaltungen realisiert werden können. Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist ein Harmonic Drive Getriebe, bei dem es sich um ein Getriebe mit einem elastischen Übertragungselement handelt. Clarence Walton Musser (geboren am 5. April 1909 in Mount Joy, Pennsylvania; gestorben am 8. Juni 1998) entwickelte das Harmonic Drive Getriebe, das sich im Gegensatz zu sonstigen Getrieben durch ein elastisches Element auszeichnet. Ein kennzeichnendes Merkmal des Harmonic Drive Getriebes ist, dass es eine sehr hohe Übersetzung ermöglicht. Ein Harmonic Drive Getriebe wird alternativ als Spannungswellengetriebe, Wellgetriebe oder Gleitkeilgetriebe bezeichnet. Bei einem Harmonic Drive Getriebe handelt es sich im Wesentlichen um zwei Zahnräder, die aufeinander abgerollt werden, wobei ein Zahnrad eine geringfügig größere Anzahl an Zähnen aufweist. Eine hohe Elastizität der Zahnräder ist erforderlich, damit der Wechsel von Eingriff und Herauslösen der Zahnräder zueinander ermöglicht wird. In dem Patent US 2906143 A, das am 21. März 1955 eingereicht wurde, beschreibt Musser seine Erfindung des Wellgetriebes. Die Abb. 8.91 zeigt die Fig. 3 bis 8 der US 2906143 A mit den beiden Zahnrädern 70 und 71, die in zwei Bereichen im Eingriff und in zwei weiteren Bereichen nicht im Eingriff stehen. Die

168

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.91 Fig. 3 bis 8 der US2906143A

Anzahl der Zähne der beiden Zahnräder 70 und 71 ist nur gering unterschiedlich. Die Abb. 8.92 zeigt die Fig. 9 bis 12 der US2906143A.80

8.31

Magnetische Kräfte nutzen

Bei dem Innovationsprinzip „Verwenden von Magneten“ handelt es sich nicht um ein allgemeines Prinzip, sondern um eine konkrete Handlungsanweisung zur Lösung technischer Probleme. Oft wird die Anwendung magnetischer Kräfte nicht in Betracht gezogen, weswegen geeignete Problemlösungen ungenutzt bleiben. Als Magnete können Permanentmagnete oder Elektromagnete verwendet werden. Mit kleinen Magneten können beispielsweise Rohre dadurch gereinigt werden, dass diese durch die magnetischen Kräfte durch die Rohre und insbesondere durch die wegen Ablagerungen verengten Stellen der Rohre durchgezogen werden. Eine weitere Anwendung von Magneten führte zur Erfindung des Elektromotors. Thomas Davenport (geboren am 9. Juli 1802 in Williamstown, Vermont; gestorben am 6. Juli 80 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000029 06143A, abgerufen am 15.10.2022.

8.31

Magnetische Kräfte nutzen

Abb. 8.92 Fig. 9 bis 12 der US2906143A

169

170

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.93 Fig. der US132A

1851 in Vermont) hat als erster ein Patent für einen Elektromotor beantragt. Sein Patent US 132 A, das am 25. Februar 1837 erteilt wurde, offenbart seine Erfindung (Abb. 8.93).81 Sonnenclips werden auf eine optische Brille aufgesetzt, um die Brille als Sonnenbrille nutzen zu können. Hierdurch können günstige verdunkelte Gläser ohne Dioptrien verwendet werden, um eine teure Bille mit Dioptrien als Sonnenbrille zu verwenden. Der Nachteil hierbei ist, dass eine feste, aber lösbare Verbindung zwischen dem Sonnenclip und der Brille hergestellt werden muss. Magnete können als lösbare Verbindungselemente verwendet werden. In der DE 29510983 U1 wird ein Sonnenclip beschrieben, wobei Greifelemente des Sonnenclips einen Abschnitt der Brille aufnehmen. Die Abb. 8.94 zeigt die Fig. 1 der DE 29510983 U1 mit einem Sonnenclip 2, der mit Greifelementen 12, 14 und 16 an einer Brille 4 befestigt ist.82 Der Nachteil hierbei ist, dass die mechanische Verbindung zu einem Verkratzen der Brille führen kann und außerdem die Greifelemente das Design der Brille beeinträchtigen. Durch die Verwendung von Magneten kann vorteilhafterweise auf mechanische Greifelemente verzichtet werden. In der EP 1189094 A1 wird ein Sonnenclip mit Magneten beschrieben. Die Abb. 8.95 zeigt die Figuren 2 und 3 der EP1189094A1 mit einem Sonnenclip und einer optischen Brille, wobei die Brille Magnete 2 aufweist, um den Sonnenclip an der Brille lösbar zu verbinden.83

81 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000000 00132A, abgerufen am 15.4.2023. 82 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000295109 83U1, abgerufen am 15.4.2023. 83 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000011890 94A1, abgerufen am 3.10.2022.

8.32

Ändern der Farbe oder Nutzen von Transparenz

171

Abb. 8.94 Fig. 1 der DE29510983U1

8.32

Ändern der Farbe oder Nutzen von Transparenz

Durch transparente Gehäuse können Elemente in dem Gehäuse kontrollierbar gemacht werden. Alternativ kann eine Überwachung oder Analyse spezieller Abschnitte eines Produkts durch das Einfärben in Signalfarben erfolgen. Insbesondere Verschleißteile eines Motors oder einer sonstigen mechanischen Vorrichtung können dadurch sichtbar gemacht werden und dadurch die Wartungsfreundlichkeit gesteigert werden. Optimal ist eine

172

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.95 Fig. 2 und 3 der EP1189094A1

Möglichkeit der Überwachung der Verschleißteile im laufenden Betrieb. Betriebsstillstände durch Wartungsarbeiten können auf diese Weise minimiert werden, da nur dann eingegriffen werden muss, falls eine Wartung offensichtlich erforderlich ist. Es gibt thermochrome Materialien, die ihre Farbe bei Temperaturänderung wechseln. Der Vorgang der Farbänderung ist reversibel. In der DE 10 2006 049 633 A1 wird eine thermochrome Fläche beschrieben, an die eine Spannung angelegt wird, sodass ein Strom entlang der Fläche fließt. Der Strom führt zur Erwärmung der Folie. Die Erwärmung ändert die Farbe der Folie bzw. die Folie wechselt von Transparenz zu Intransparenz. Die Abb. 8.96 zeigt die Figur 1 der DE 10 2006 049 633 A1 mit einer thermochromen Folie 1, an die eine Spannung 7 und 9 über Leitungen 3 und 5 angelegt wird. Der Stromfluss erzeugt eine Erwärmung, wodurch sich die Farbe der thermochromen Folie 1 ändert. Nach Abschalten der Spannung kühlt sich die Folie ab und sie nimmt wieder ihre ursprüngliche Farbe an.84

8.33

Gleichartigkeit der Werkstoffe

Dieses Innovationsprinzip kann dahingehend interpretiert werden, dass ein zu bearbeitendes Material und eine Vorrichtung zur Bearbeitung des Materials ähnlich gute Eigenschaften aufweisen sollten, damit der Fertigungsprozess reibungslos ablaufen kann. Ein Beispiel ist die Verarbeitung von flüssigem Stahl. Hierbei sollte die Vorrichtung zur

84 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE1020060496 33A1, abgerufen am 16.10.2022.

8.33

Gleichartigkeit der Werkstoffe

173

Abb. 8.96 Fig. 1 der DE102006049633A1

Bearbeitung den im Prozess bestehenden Temperaturen Stand halten können. Bei diesem Innovationsprinzip kann alternativ auch die Umkehrung geprüft werden, also das Verwenden ungleichartiger Werkstoffe. Ein Beispiel des Innovationsprinzips „Gleichartigkeit der Werkstoffe“ ist resorbierbares Nahtmaterial in der Chirurgie. Resorbierbares Nahtmaterial wird von dem Körper aufgenommen und damit aufgelöst. Eine nachträgliche Operation zur Entfernung des Nahtmaterials wird dadurch überflüssig. Allerdings muss das resorbierbare Nahtmaterial derart konzipiert sein, dass es sich erst auflöst, nachdem die betreffende Wunde zugeheilt ist. Ein weiteres Beispiel für das Innovationsprinzip der „Gleichartigkeit“ ist die Verbundglasscheibe als Windschutzscheibe eines Fahrzeugs. Verbundglas zerbricht bei einem Unfall nicht in lose Scherben, die zu gefährlichen Verletzungen des Fahrers und seiner Begleitpersonen führen können. Bei einem Crash bricht zwar das Verbundglas, aber es bleibt zusammenhängend und bietet damit keine hervorstehenden scharfen Kanten. Verbundglas weist einen sandwichartigen Aufbau mehrerer Glasscheiben auf, die durch einen Kunststoff verbunden sind. Hierbei ergibt sich für eine Windschutzscheibe aus Verbundglas das Erfordernis, dass die Glasscheiben und der Kunststoff denselben optischen Brechungsindex aufweisen müssen. Ansonsten könnte der Fahrer beim Blick durch die Windschutzscheibe die Abstände der Objekte nicht korrekt einschätzen. In dem Patent DE 1496474 A ist eine Windschutzscheibe eines Automobils beschrieben. Die Abb. 8.97 zeigt eine Figur der DE 1496474 A mit einer ersten Glasscheibe 1, die

174

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.97 Fig. der DE1496474A

zusätzlich wärmedämmend ist, und einer zweiten Glasscheibe 2. Die beiden Glasscheiben 1und 2 sind durch eine Klebschicht 3 verbunden und in einem Rahmen 4, der zur Karosserie des Fahrzeugs gehört, verankert.85

8.34

Nicht benötigte Teile entfernen

In einem Prozess können ab einem bestimmten Zeitpunkt einzelne Bauteile eines Objekts überflüssig werden. Eventuell können diese Bauteile aus dem Prozess entnommen werden, um den weiteren Ablauf des Prozesses positiv zu beeinflussen. Ein Beispiel für dieses Innovationsprinzip sind die Antriebsstufen einer Weltraumrakete. Die Antriebseinheit einer Weltraumrakete weist mehrere Triebstofftanks auf, die nacheinander für den Antrieb der Rakete sorgen. Ein ausgebrannter Treibstofftank wird abgestoßen und muss dann nicht weiter mitgeschleppt werden. Hierdurch entledigt sich die Weltraumrakete nutzlos gewordenen Ballasts. Hermann Julius Oberth (geboren am 25. Juni 1894 in Hermannstadt, ÖsterreichUngarn; gestorben am 28. Dezember 1989 in Feucht) hat wegweisende Forschungen zur Raketentechnik geleistet. In seinem Patent DE 570511 A, das am 26. Januar 1933 erteilt wurde, beschreibt er mehrere Antriebsstufen, die nacheinander abgebrannt werden. Ausgebrannte Antriebsstufen werden vom Raumschiff abgetrennt.

85 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000014 96474A, abgerufen am 16.10.2022.

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

175

In der Abb. 8.98 sind die Abb. 1 und 2 der DE 570511 A mit Sauerstoffbehältern C1 , C3 und C5 und Brennstoffbehältern C2 , C4 und C6 gezeigt, die nacheinander verbraucht werden, wobei die jeweils leergebrannten Behälter abgestoßen werden.86 Ein weiteres Beispiel für dieses Innovationsprinzip stellt das Ablassen von überschüssigem Treibstoff bei einem Flugzeug vor dessen Landung dar. Der Treibstoff stellt einen gefährlichen Ballast bei einem landenden Flugzeug dar. Aus diesem Grund wird der übrig gebliebene Kerosin vor dem Landen abgelassen, um eine Entzündung des Treibstoffs bei der Landung zu verhindern. Ein weiteres Beispiel sind biologisch abbaubare Verpackungen, die sich nach ihrem Gebrauch als Transportmittel von selbst auflösen.

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

Das Innovationsprinzip empfiehlt eine Änderung des Aggregatzustands, der Elastizität, der Konzentration oder der Konsistenz eines Objekts, um zur technischen Lösung zu gelangen. Ein Beispiel für dieses Innovationsprinzip ist das lokale Vereisen von Wasser in einer Heizungsanlage, um an der betreffenden Stelle Reparaturen vorzunehmen. Hierdurch erspart man sich das Entleeren und Wiederbefüllen des Heizungssystems nach erfolgter Reparatur. Das Prinzip des Telefons basiert auf der Wandlung von akustischen Schwingungen in elektrische Schwingungen, die beim Empfänger wieder in hörbare Schwingungen transformiert werden. Johann Philipp Reis (geboren am 7. Januar 1834 in Gelnhausen, Kurfürstentum Hessen; gestorben am 14. Januar 1874 in Friedrichsdorf) entwickelte als erster einen Apparat zur Übertragung akustischer Töne mit elektrischen Strömen über Leitungen. Alexander Graham Bell (geboren am 3. März 1847 in Edinburgh, Schottland; gestorben am 2. August 1922 in Baddeck, Kanada) hat das Telefon zur Marktreife gebracht. Bell erhielt am 7. März 1876 das US-Patent 174465 für sein Telefon.87 In der Abb. 8.99 ist die Fig. 7 der US 174465 A mit einer Sprechmuschel A dargestellt, wobei der aufgenommene Schall mit einem Magneten b in einen elektrischen Strom gewandelt wird. Der Strom wird über eine Leitung e an das Empfangsgerät gesandt. Das Empfangsgerät weist einen Magneten f zur Zurückwandlung der akustischen Schwingungen aus dem elektrischen Strom auf. Die akustischen Schwingungen sind in der Hörmuschel L hörbar.88

86 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000005 70511A, abgerufen am 15.4.2023. 87 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000001 74465A, abgerufen am 14.9.2022. 88 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000001 74465A, abgerufen am 15.4.2023.

176

Abb. 8.98 Abb. 1 und 2 der DE570511A

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

177

Abb. 8.99 Fig. 7 der US174465A

Ein Wechsel der physikalischen Struktur nutzt Emil Berliner bei seinem Grammophon, das am 8. November 1887 patentiert wurde.89 In der Abb. 8.100 sind die Fig. 1 und 7 der US 372786 gezeigt, wobei eine akustische Schwingung in eine bildliche Darstellung transformiert wird, die wieder in eine akustische Schwingung zurückgewandelt werden kann.90 Ein weiteres Beispiel des Innovationsprinzips ist die Erfindung des Eis am Stiel durch Frank W. Epperson. Epperson reichte am 11. Juni 1924 seine Erfindung zum Patent ein. In der Abb. 8.101 sind die Fig. 1 und 3 gezeigt, mit einem Stiel 11, der in einen Behälter 10 eingeführt wird. In dem Behälter 10 ist eine genießbare Flüssigkeit, die gefroren wird. Nach dem Gefrieren der Flüssigkeit wird das Eis aus dem Behälter 10 entnommen und kann mit dem Stiel 11 beim Verzehr gehalten werden.91 Der Aggregatzustand einer Seife kann vom festen in den flüssigen Zustand geändert werden. Die Abb. 8.102 zeigt die Figur 2 der DE 1986141 U mit einem Flüssigseifenspender. Der Flüssigseifenspender weist einen Hebel 7 auf, durch den ein Kolben 5 nach links entgegen der Federwirkung einer Feder 23 gedrückt wird. In der Dosierkammer 8 befindet sich eine Portion Flüssigseife, die zur Ausflussöffnung 22 befördert wird. Der Strom der Flüssigseife drückt eine Kugel gegen eine zweite Feder, wodurch die Ausflussöffnung 22 geöffnet wird. Nach Ende der Betätigung des Hebels 7 drückt die Feder 23 den Kolben 5

89 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000003 72786A, abgerufen am 15.9.2022. 90 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000003 72786A, abgerufen am 15.4.2023. 91 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=US0000015 05592A, abgerufen am 4.10.2022.

178

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.100 Fig. 1 und 7 der US372786

und damit den Hebel 7 in seine Ausgangslage zurück. Die zweite Feder drückt die Kugel in ihre Ausgangslage, wodurch die Ausflussöffnung 22 verschlossen wird.92 Ein Bimetallschalter ist ein Temperaturschalter, dessen Schaltzustand sich mit seiner Umgebungstemperatur ändert. Er wird oft als Not-Aus-Schalter genutzt, um beispielsweise eine Beschädigung durch Überhitzung abzuwenden. Der Bimetallschalter weist zwei Lagen von Metallen auf, die sandwichartig übereinander angeordnet und miteinander verklebt sind. Die Metalle weisen eine unterschiedlich starke Ausdehnung bei Erwärmung auf, sodass sich die Anordnung bei Erhitzung verbiegt und damit eine mechanische Bewegung ausführt, mit der ein Schaltkreis unterbrochen werden kann. Das Patentdokument EP 45007 A1 offenbart einen Bimetallschalter, der bei Überhitzung einer Kochplatte zur Notausschaltung führt. Die Abb. 8.103 zeigt die Fig. 1, 2 und 3 der EP 45007 A1 mit einem entspannten, nicht erhitzten Bimetallschalter mit den Bimetallstreifen 46 in der Fig. 3. In der Fig. 2 wird der Bimetallschalter erhitzt, sodass sich der Bimetallstreifen 46 nach oben krümmt und dadurch den Stift 45 nach oben drückt. Hierdurch wird der

92 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000019 86141U, abgerufen am 16.10.2022.

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

179

Abb. 8.101 Fig. 1, 3 und 4 der US1505592A

Kippschalter 62 bewegt, wodurch die Kontakte 24 und 31 voneinander gelöst werden. Das Unterbrechen der Kontakte 24 und 31 beendet die Stromzufuhr zur Kochplatte.93 Mit ultraviolettem Licht kann die Bakterienbelastung eines Raums reduziert werden. Die Abb. 8.104 zeigt die Figuren 1 und 2 der DE 6907975 U mit einer QuecksilberdampfEntladungslampe 12, die in einem Zylinder 14 angeordnet ist. Innerhalb des Zylinders 14 befindet sich eine Heizspirale 18, die die Luft im Zylinder 14 erwärmt, sodass diese aufsteigt und entlang der Quecksilberdampf-Entladungslampe 12 nach oben steigt. Durch Durchbrechungen 34 kann frische Luft in den Zylinder 12 eintreten, die ebenfalls erhitzt und beim Aufsteigen entlang der Quecksilberdampf-Entladungslampe 12 entkeimt wird.94 Beim Schutzgasschweißen wird die Schweißumgebung mit einem Edelgas beaufschlagt, sodass keine Oxidation stattfindet. Die Abb. 8.105 zeigt eine Figur der DE 1770275 U mit der Düse 6 eines Schweißgeräts mit dem Elektrodendraht 1, der in einem Kontaktrohr 2 geführt wird. Um das Kontaktrohr 2 ist eine Kammer 8 angeordnet. Die

93 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=EP0000000450 07A1, abgerufen am 15.4.2023. 94 DPMA, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000069 07975U, abgerufen am 16.10.2022.

180

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

Abb. 8.102 Fig. 2 der DE1986141U

Kammer 8 dient dazu, eine Strömung von Edelgas als Schutzgas auf den Elektrodendraht 1 derart zu richten, dass dieser beim Schweißen vom Edelgas umhüllt ist. Durch die Umhüllung mit Edelgas wird eine Oxidation verhindert.95

95 DPMA,

https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE0000017 70275U, abgerufen am 16.10.2022.

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

Abb. 8.103 Fig. 1, 2 und 3 der EP45007A1

181

182

Abb. 8.104 Fig. 1 und 2 der DE6907975U

8 Grundlegende Innovationsprinzipien

8.35

Ändern der physikalisch-technischen Struktur

Abb. 8.105 Fig. der DE1770275U

183

9

Structurized Inventive Thinking

TRIZ ist eine lebendige Methode. TRIZ lebt davon, dass sich die Methode laufend weiterentwickelt und erweitert wird. So bleibt sie stets aktuell und geht mit der Zeit. Doch von Zeit zu Zeit gibt es auch Neuerungen, die radikaler sind und sich zu einer eigenständigen, aber verwandten Methode entwickeln. So entstand die SIT-Methode (Systematic oder Structured Inventive Thinking), die von TRIZ inspiriert wurde und durch Kombination mit anderen Erkenntnissen sowie einer radikalen Vereinfachung ganz andere Möglichkeiten bietet. Die SIT-Geschichte beginnt in den 90er Jahren als die Studenten Jakob Goldenberg und Roni Horowitz in Israel TRIZ kennen lernen. Beide kommen nicht aus einem technischen Umfeld, sondern haben einen Business- und Marketinghintergrund. Doch die Aussage, dass Erfindungen Mustern folgen können, die immer wieder auftauchen, fasziniert die beiden. Diese Erkenntnis wollten sie auf den Bereich der Kreativität im Allgemeinen übertragen. So begab sich eine Gruppe junger Studenten in Israel auf die Suche nach Mustern in Bereichen wie z. B. Werbekampagnen. Und siehe da, sie wurden fündig! Viele hervorragende Werbeideen und TV-Spots folgten den immer gleichen fünf Prinzipien. Doch nach diesem ersten Erfolg damit war für sie die Suche nicht zu Ende. Mit den fünf Tricks im Gepäck wagten sie sich auch in andere Bereiche vor. Sie untersuchten Patente, Erfindungen, Innovationen, Prozessverbesserungen und auch Geschäftsmodelle. Und überall wurden sie fündig. Rund 85 % all dieser Neuerungen ließen sich nachträglich mit diesen Mustern stringent erklären. Selbstbewusst bezeichneten sie ihre Entdeckung die ‚DNS der erfolgreichen Innovation‘ – und damit haben sie nicht übertrieben. Denn weitere Untersuchungen zeigten, dass es wirklich eine Korrelation zwischen dem Erfolg und der Verwendung der fünf Kreativitätsrezepte gibt.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_9

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Und was ist jetzt mit TRIZ? Legt man die 5 neuen Muster und die 40 TRIZ-Prinzipien übereinander erkennt man schnell Ähnlichkeiten. Es sind nur deutlich weniger, da die ‚Flughöhe‘ eine andere ist. TRIZ beschreibt klare und sehr konkrete Prinzipien – SIT die dahinter liegende kreative Grundidee. So kann man auch sagen, dass SIT die TRIZMuster reduziert hat, in dem sie verallgemeinert wurden. Das ist einerseits einfacher und übersichtlicher, bietet aber auch mehr Freiheitsgrade für die Ideenfindung. Doch wie finde ich nun damit neue Ideen? 5 Muster, auch wenn sie vielleicht die Innovations-DNS sind, sind ja noch keine neue Methode. Hier kommt, wie so oft bei großen Erfindungen, der Zufall ins Spiel. Denn ebenfalls in der 90er-Jahren beschäftigte sich der amerikanische kognitive Psychologe Prof. Ronald Finke mit dem Thema Ideenfindung. Auch er machte eine wichtige Entdeckung: einen neuen Weg zu guten Ideen. Natürlich gab es diesen Weg schon immer, aber er war der erste der ihn wissenschaftlich beschrieb und untersuchte. Zuvor war es allgemeiner Konsens, dass man eine Idee findet, wenn man zuvor ein Problem findet und analysiert. Also kurz: Problem → Ideation → Idee/Lösung Diesem klassischen Weg folgen prinzipiell alle Innovationsmethoden: Design Thinking, TRIZ und auch beim Brainstorming stellen wir fest, dass wir erst an das Problem und dann an die Lösung denken. Doch Finkes Weg ist ein anderer: er fand heraus, dass wir auf andere Art sogar noch viel effektiver Ideen finden können. Durch provozierte Situationen! In seinen Experimenten stellte er für seine Testpersonen beispielsweise willkürlich aus einfachen Formen wie Kugeln, Stangen, Flächen, Haken, Dreiecken etc. Gegenstände zusammen und fragte, wofür das denn gut sei. Und die Ideen, was man mit diesen völlig zufälligen Gegenständen machen könnte, waren überraschend gut, kreativ und realistisch. Erstaunlicherweise wurden sie sogar noch besser, wenn man den Lösungsraum einschränkte: z. B. mit der Frage, wofür man das im Haushalt nutzen kann, oder im Garten oder auf Reisen. Es wurden nicht weniger Ideen, sondern noch konkretere und einfallsreichere! Warum uns dieser Weg aus einer ungewohnten, neuen Situation etwas Sinnvolles zu erfinden so leichtfällt, liegt vielleicht auch ein wenig in unserer menschlichen Vergangenheit. Nur durch unsere Intelligenz und Anpassungsfähigkeit konnten wir eine so erfolgreiche Spezies werden. Und dazu gehört es auch, aus überraschenden Situationen einen Nutzen zu ziehen. Weitere Experimente mit wahllos veränderten Alltagsgegenständen führten zu ähnlichen Ergebnissen. Immer konnten die Probanden etwas Neues und Nützliches daran finden. Finke nannte diesen Denkprozess ‚Funktion Follows Form‘ (FFF-Prozess) – also das umgekehrte Bauhausprinzip; wir geben erst eine neue Form vor und fragen dann, was die Funktion davon sein könnte! Bestehende Situation → Veränderte Situation → Ideen Doch was machen wir mit den fünf Innovationsmustern?

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Nun, sie helfen uns bei der Veränderung der Ausgangssituation. Ronald Finke musste Dinge noch planlos verändern und auf gute Ideen hoffen. Wenn wir aber die InnovationsDNS aus Israel in diesem Prozess als Werkzeug nutzen, werden wir noch viel leichter gute Ideen haben. Das kann man prinzipiell mit den 40 TRIZ-Prinzipien machen, nur wird das etwas unhandlich. Setzen wir die Muster in unseren Prozess ein, wäre das der aus beiden Erkenntnissen zusammengesetzte Prozess: Bestehende Situation → Veränderung durch SIT-Muster → ‚vorerfinderische‘ (virtuelle) Situation → Ideen Damit injizieren wir die Innovations-DNS in jede beliebige Situation und nähern uns einen gewaltigen Schritt in Richtung kreativer Neuerungen. Und da die Muster aus Israel ja in allen möglichen Bereichen wie Technik, Marketing, Organisationsstrukturen, Geschäftsmodellen und Prozessen zu finden sind, lassen sie sich in all diesen Bereichen anwenden. Sie sind ein Allzweckwerkzeug der Innovation, gerade weil sie (anders als bei TRIZ) nicht sehr spezifisch, sondern sehr allgemein formuliert sind. Gleichzeitig ermöglicht das mehr Freiheit bei der Ideenfindung. Doch bevor wir uns die fünf neuen Muster en Detail ansehen, sollten wir uns noch ein paar prinzipielle Punkte der SIT-Methode ansehen, die sich bereits erkennen lassen. Mein SIT-Kollege Drew Boyd aus den USA spricht gerne von der ‚Inside-TheBox-Methode‘. Und tatsächlich zwingt SIT den Anwender durch das Verändern der Ist-Situation sich nicht allzu weit gedanklich zu entfernen. Das heißt nicht, dass keine radikalen Ideen entstehen, dennoch sind wir davor bewahrt, gedanklich völlig abzudriften. SIT-ler nennen das das ‚Closed-World-Prinzip‘, das uns einen durch den Umfang der Ausgangssituation abgesteckten Rahmen gründlich nach allen möglichen Ideen absuchen lässt. Dieser Rahmen verhindert, dass wir nicht das Thema der Ideation verfehlen, die fünf Muster sorgen dafür, dass wir mutig genug sind, um auch radikal zu denken. Und diese ‚vorerfinderische Form‘ oder auch ‚virtuelle Situation‘ (nachfolgend als VS abgekürzt) ist das, was uns im FFF-Prozess den Denkanstoß gibt. Sie bricht unsere mentalen Fixierungen und Denkbarrieren über das Produkt oder den Prozess auf und hilft uns die Dinge mal ganz anders zu sehen. Die Praxis zeigt, dass das noch nicht immer gleich die Idee selbst ist, aber ein ganz wichtiger gedanklicher Trigger, der zu vielen Ideen führen kann, die am Ende ganz anders aussehen dürfen als die ‚virtuelle Situation‘ aus der sie entstanden sind. Um hier etwas mehr Möglichkeiten zu haben hilft es, den FFF-Prozess in der Praxis noch etwas zu erweitern, um nicht gleich nur von der virtuellen Situation zur Idee zu springen. Der Zwischenschritt ist eine Liste von Vorteilen, die uns hilft, positiv zu denken und besonders in scheinbar völlig absurden ‚virtuellen Situationen‘ auch einzelne, auf den ersten Blick versteckte Vorteile zu finden, die uns auf neue Ideen bringen – und darum geht es ja.

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Bestehende Situation → Veränderung durch SIT-Muster → ‚vorerfinderische‘ (virtuelle) Situation → → Vorteile der virtuellen Situation → Ideen Betrachten wir den neuen Denkprozess nun nochmal kurz, sehen wir ein großartiges Werkzeug vor uns. Die bestehende Situation (meist nur eine einfache Liste von Komponenten eines Produktes oder von Prozessschritten) gibt vor, in welcher Welt wir Ideen finden wollen. Die SIT-Muster verändern diese Welt nach einfachen, aber radikalen Regeln, die uns helfen ganz einfach und ‚mechanisch‘ durch eine ‚qualitative Veränderung‘ unsere gedanklichen Fixierungen zu überwinden. Die ‚virtuelle Situation‘ ist bereits ein wesentlicher Schritt in Richtung neuer Ideen, ohne dass wir bisher etwas wirklich Kreatives tun mussten. Sie ist ein Auslöser, ein Sprungbrett für neues. Manchmal liegen die Ideen schon auf dem Silbertablett vor uns – manchmal tun wir uns erstmal schwer. Doch je unbequemer und unmöglicher sie erscheint, umso mehr versteckte Vorteile können in ihr verborgen sein. Die Liste von Vorteilen hilft uns jede, noch so absurd erscheinende VS anzunehmen und positiv zu betrachten. Und je länger wir suchen, umso interessanter werden die Vorteile, die wir finden. Mindestens 10 sollte man suchen! Die Ideen, die daraus folgen, erfordern natürlich noch einen kleinen kreativen Sprung. Manchmal liegen sie so nahe, manchmal muss man sich etwas mehr anstrengen und einen weiteren gedanklichen Weg zurücklegen. Doch es ist absolut in Ordnung, Ideen zu finden, die nichts mehr mit der vorausgehenden VS zu tun haben. Der Prozess und die Muster sollen uns helfen, innovativ zu werden, wir müssen aber nicht daran kleben. Was uns unterstützt ist, neben den SIT-Mustern, auch das Aufteilen des Denkens in einzelne kleine Schritte. Zuerst machen wir nur eine Liste, die unsere Ausgangssituation beschreibt, dann wenden wir die Muster auf Komponenten diese Liste an etc. – so wird Kreativität zum Kinderspiel! Dieses schrittweise Vorgehen macht uns das Denken nicht nur einfacher, es hilft uns auch in der Spur zu bleiben und nicht in einfachere Denkmuster zurückzufallen. Denn unser Gehirn mag es gerne bequem und bewegt sich lieber auf ausgetretenen Pfaden – neue Entdeckungen sind so kaum möglich! Doch nach all den theoretischen Grundlagen und bevor wir uns die Muster im Detail ansehen, ist es nun an der Zeit für ein kleines Beispiel. Dieses wird uns zeigen, dass alles im Grunde erfrischend einfach ist. Stellen wir uns vor, wir bestellen einen Espresso in einer kleinen Bar in Italien. Und wollen in dieser ‚Closed World‘ etwas Neues erfinden. Üblicherweise würden wir nun überlegen, welche Probleme wir in dieser ‚Espresso-Welt‘ finden können, um dann darauf Innovationen aufzubauen. Doch nicht mit SIT. Hier beginnen wir nicht mit dem Problem, sondern mit der ‚IstSituation‘. Und um diese zu beschreiben, genügt eine einfache Liste von dem, was wir vor uns sehen:

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• • • • • • • •

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Tasse Kaffee Untertasse Löffel Glas Wasser Keks Tablet

Das genügt völlig. Wir müssen uns nur bewusst sein, dass diese Liste den Innovationsraum absteckt. Was hier dabei ist, ist Teil unserer ‚Closed World‘ – alles andere nicht. Es macht also von Anfang an einen gewissen Unterschied, ob wir den Tisch und den Stuhl, auf dem wir sitzen mit in unsere Innovationswelt nehmen wollen, oder nicht. Dabei sollte man sich auf Dinge beschränken, auf die wir einen gewissen Einfluss haben. Alles andere führt nicht zu wertvollen Ideen für uns. Und auch der Detailgrad hat einen Einfluss. Es macht einen Unterschied, ob wir einfach die Tasse betrachten oder auch ihre Bestandteile wie Henkel, Boden, Wand, Öffnung und Rand. Nun ist es Zeit ein erstes Muster anzuwenden. Nehmen wir doch einfach das Muster ‚Vereinigung‘ (engl. ‚Task Unification‘). Wie alle hat es eine einfache Regel: ‚Eine Komponente übernimmt die Funktion einer anderen Komponente‘ Mehr ist es nicht und nun können wir als Komponenten die Dinge aus unserer Liste einsetzen. So entsteht eine virtuelle Situation nach der anderen: • • • • •

Die Tasse übernimmt die Funktion des Löffels Der Keks übernimmt die Funktion des Löffels Die Tasse übernimmt die Funktion des Kekses Das Glas übernimmt die Funktion des Tablets …

Je länger unsere Komponentenliste ist, umso mehr Möglichkeiten haben wir. Und wir sehen auch schon sehr schnell in dieser Liste, dass manche der VS direkt ein Bild im Kopf erzeugen, anders und eher verrückt. Wichtig ist es beim Muster ‚Vereinigung‘ immer an die Funktion bzw. die Funktionen einer Komponente zu denken. Wenn wir eine Idee haben, sollten wir diese direkt aufschreiben. Ansonsten ist es immer gut, die VS in einer kleinen Gruppe zu diskutieren und eine Liste von (ausschließlich) Vorteilen zu machen – bevor man über eine konkrete Ausgestaltung eine Idee denkt. So könnte die Liste von Vorteilen für ‚Das Glas übernimmt die Funktion des Tablets‘ z. B. so aussehen: • Man benötigt kein Tablett mehr. • Es ist immer ein Glas Wasser beim Kaffee dabei.

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• Das Glas-Tablett steht stabil wie ein Tablett. • Das Glas kann nicht mehr umfallen. Und so kann man sich, auch wenn man sich die VS nicht so gut als Idee vorstellen konnte, aus den einzelnen Vorteilen Benefits ableiten. Z .B. mit dem letzten in der Liste: Ein Glas, das nicht umfallen kann oder ein Tablet, das das Glas festhält. Doch andere VS führen auch direkt zu Ideen. Zu ‚Der Keks übernimmt die Funktion des Löffels‘ wird vermutlich jeder gleich das Bild eines Kekses vor Augen haben, mit dem man den Kaffee umrühren kann (eine Funktion des Löffels). Das ist das Grundrezept für alle Muster und die wollen wir uns nun im Einzelnen ansehen.

9.1

Subtraktion – weniger ist mehr

Der Grundgedanke von Subtraktion ist es, von einem Produkt oder Prozess eine oder mehrere grundlegende Komponenten zu entfernen und damit eine radikale virtuelle Situation zu erzeugen. Und das ist wirklich eine Herausforderung, denn es ist auf den ersten Blick absolut nicht eingängig, wie etwas besser und innovativer werden soll, wenn man etwas weglässt. Doch gerade das macht den Charme dieses Musters aus: es zwingt uns radikal in eine andere Richtung zu denken als wir es intuitiv tun würden. Wenn wir etwas verbessern wollen, ist unser erste Gedanke meist etwas hinzuzufügen z. B. ein neues Feature, eine neue Funktion, ein neues Bauteil. Subtraktion hingegen ist erstmal schmerzhaft. Doch es schärft den Blick. Häufig entdecken wir, dass manche Komponenten gar nicht so wichtig sind, wie wir dachten. Oft sehen wir, dass ein Prozess oder Produkt auch ohne eine bestimmte Komponente für andere Zwecke wertvoller wird. Oder wir erkennen, dass wir eine bestimmte Funktion einer Komponente viel besser ganz anders lösen. Es macht also Sinn, sich dieser Herausforderung zu stellen. Und ganz speziell hilft hier eine ausführliche Liste von Vorteilen der VS interessante, versteckte Möglichkeiten zu finden. Natürlich sind diese Muster nicht neu, sondern empirisch abgeleitet worden und daher kann man sie auch häufig in der Welt finden. Subtraktion führt häufig (aber nicht nur) zu dem, was wir heute gerne als ‚frugale Innovation‘ bezeichnen – Innovation die einfache, günstige Produkte hervorbringt, die sich gänzlich auf ihre Grundfunktion beschränken. Doch auch ganze Unternehmen verdanken ihren Erfolg fast ausschließlich diesem einen Muster. Zwei gute Beispiele sind Apple und Dyson. 1978 bestand Steve Jobs darauf, dass der neue Apple III ohne einen Lüfter auskommen müsste. Er hasste das Geräusch und war sich sicher, dass niemand sich einen lauten Rechner aufstellen möchte. So zwang er aber die Entwickler in eine schwierige Situation. Der Lüfter war ein wichtiges Bauteil und ohne ihn würde der Rechner überhitzen. Doch Jobs blieb hart und die Techniker fanden eine andere Lösung: sie leiteten die Wärme über

9.1

Subtraktion – weniger ist mehr

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eine große Bodenplatte aus Aluminium ab. Da der Apple III ein Erfolg wurde, stellte Jobs ab dann immer die Frage, ob man nicht etwas vermeintlich Wichtiges weglassen und ggf. eine andere Lösung finden kann. Allein diese Denkweise hat bei Apple zahlreiche Innovationen gefördert und ist vielleicht das, was mit ‚Think different‘ gemeint war. Im Falle von Dyson kennen wir alle den Staubsauger ohne Staubbeutel, der stattdessen Staub und Luft durch einen Zyklon trennt und so nicht an Saugkraft verliert. Doch auch die ‚Air-Multplier‘ sind nach der Subtraktionslogik nichts anderes als Ventilatoren ohne Rotorblätter, die stattdessen durch einen ‚Mitnahmeeffekt‘ einen großflächigen Luftstrom erzeugen – ein Vorteil dieser Lösung ist auch, dass das Gerät nun nicht mehr rund, wie ein klassischer Ventilator sein muss. Innovation mit Subtraktion ist also möglich! Doch nur Neuerungen im Vergleich zum Vorgängerprodukt einem Muster zuzuordnen bringt uns noch nicht voran, wir wollen selbst neue Ideen finden. Und dafür können wir die Subtraktion gleich in drei Varianten nutzen, um VS zu erzeugen: • Vollständig – die Komponente wird komplett entfernt • Partiell – die Komponente wird nur teilweise entfernt • Temporär – die Komponente wird nur zu bestimmten Zeitpunkten entfernt Und das ist das Rezept: 1. Listen Sie die Komponenten oder Schritte eines Prozesses einzeln auf. 2. Wählen Sie eine Komponente aus, die Ihnen am wichtigsten erscheint oder auch eine Gruppe zusammenhängender Komponenten. 3. Erzeugen Sie nun virtuelle Situationen nach den drei Varianten der Subtraktion: • „Produkt/Prozess ohne Komponente X“ • „Produkt/Prozess bei dem die Komponente X nur teilweise vorhanden ist“ • „Produkt/Prozess bei dem die Komponente X nur zeitweise vorhanden ist“ 4. Stellen Sie sich jeweils die entstehenden virtuellen Situationen als funktionierendes System vor und diskutieren Sie mögliche Varianten. 5. Machen Sie eine Liste der Vorteile jeder virtuellen Situation und blenden Sie dabei alle Nachteile aus. 6. Können Sie… • …die virtuelle Situation direkt, ohne große Änderungen in eine Idee verwandeln? • …aus der virtuellen Situation einzelne versteckte Vorteile in der Liste erkennen, die Sie zu neuen Erkenntnissen oder Ideen führen? • …die aufgelisteten Benefits auf eine völlig andere Art und Weise realisieren? 7. Fahren Sie mit der nächsten Komponente fort.

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9.2

9 Structurized Inventive Thinking

Multiplikation – Same same, but different!

Unser zweites Muster nennt sich Multiplikation. Und es folgt wieder einer einfachen Regel: Führen sie eine Komponente, die in ihrer Liste steht, ein weiteres Mal ein – allerdings in einer veränderten Art/Form. Das bekannteste Beispiel dafür ist vielleicht das Schweizer Taschenmesser. Wenn wir annehmen, dass es davor normale Klappmesser gab, dann wurde hierfür die Klinge ‚multipliziert‘. Es hat also mehrere Klingen. Doch wären diese Klingen alle gleich, wäre das Ergebnis bei weitem nicht so genial. Bei der Multiplikation entsteht die ‚qualitative Veränderung‘ vor allem aus den unterschiedlichen Varianten, die man einführt. Was sind also Varianten einer Klinge? Sie können sich in vielen Variablen unterscheiden: Länge, Dicke, Härte, Schärfe, Art des Einsatzes etc. Bringen wir also nicht nur mehr gleiche, redundante Klingen ins Spiel, sondern kleine, große, lange, kurze, dann wird das Ganze gleich viel interessanter. Es ist also wichtig, einen kleinen Zwischenschritt einzuführen und über möglichst viele Variationsmöglichkeiten der Komponente nachzudenken, bevor man sie zur Ausgangssituation hinzufügt. Das funktioniert natürlich nicht nur bei Taschenmesser. Beispiele finden sich bei Verpackungen, bis hin zu großen chemischen Anlagen. Alles, was wir allgemein mit dem Wort ‚hybrid‘ bezeichnen, folgt in der Regel dem Muster Multiplikation. Die Varianten der Multiplikation sind eher trivial. Wir unterscheiden lediglich zwischen einfacher und vielfacher Multiplikation. Also ob eine Komponente in einer neuen Variation hinzugefügt wird (Hybrid-Fahrzeug mit zwei unterschiedlichen Antriebsarten) oder in sehr vielen unterschiedlichen Variationen auf einmal (Schweizer Taschenmesser). Und auch hier ist die Anwendung wieder denkbar einfach: 1. Listen Sie die Komponenten oder Schritte eines Prozesses einzeln auf. 2. Wählen Sie eine Komponente aus, die Ihnen am wichtigsten erscheint. 3. Machen Sie zur ausgewählten Komponente eine Liste möglicher Variablen (Größe, Dauer, physikalische Eigenschaften, Funktion usw.). 4. Erzeugen Sie nun virtuelle Situationen nach den zwei Arten der Multiplikation: • „Produkt/Prozess mit zusätzlicher Komponente X, die sich in Variable Y unterscheidet“ • „Produkt/Prozess mit vielen weiteren Komponenten X, die sich alle in Variable Y unterscheiden“ 5. Stellen Sie sich jeweils die entstehenden virtuellen Situationen als funktionierendes System vor und diskutieren Sie mögliche Varianten. 6. Machen Sie eine Liste der Vorteile jeder virtuellen Situation und blenden Sie dabei alle Nachteile aus. 7. Können Sie… • … die virtuelle Situation direkt, ohne große Änderungen in eine Idee verwandeln?

9.3 Vereinigung – Use, what you have!

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• … aus der virtuellen Situation einzelne versteckte Vorteile erkennen, die Sie zu neuen Erkenntnissen oder Ideen führen? • …die aufgelisteten Benefits auf eine völlig andere Art und Weise realisieren? 8. Fahren Sie mit der nächsten Komponente fort.

9.3

Vereinigung – Use, what you have!

Das dritte Muster haben wir bereits kennengelernt, wir nennen es Vereinigung oder englisch ‚Task Unification‘. Die einfache Regel dahinter war: Eine Komponente übernimmt die Aufgabe einer anderen Komponente. Wichtig ist hierbei der Fokus auf die Aufgabe der Komponente – denn das können durchaus auch mehrere Aufgaben sein. Dieses Muster wird auch gerne als das ‚MacGyver-Tool‘ bezeichnet, denn im Grunde beruhte die gesamte Fernsehserie auf diesem Muster. Und all das, was wir gerne als Life-Hack bezeichnen oder was in Indien Jugaad genannt wird, ist nichts anderes als Vereinigung: man nutze vorhandene Ressourcen, um etwas anderes damit zu erreichen. Somit ist es auch ein ideales Muster, um Probleme anzugehen. Denn mit den Ressourcen in unserer Umgebung finden sich die smartesten Lösungen, wenn man sie systematisch durchgeht. Aber auch hier gibt es wieder unterschiedliche Varianten. Wir unterscheiden zwischen intern-intern und intern-extern. Ersteres bedeutet eine interne Komponente übernimmt eine Funktion einer internen Komponente. Interne Komponenten sind all die, die in unserem Produkt oder Prozess vorhanden sind und die wir selbst beeinflussen können. Also das, was wir auch bei den ersten beiden Mustern betrachtet haben. Hinzu kommen die externen Komponenten, die sich in der Umgebung unseres Produktes befinden (beispielsweise, wenn der Kunde es nutzt oder was üblicherweise in der Nähe steht) oder an unseren Prozess angeschlossen ist. Ein Auto (mit all seinen Komponenten) kann sich z. B. in sehr unterschiedlichen Umgebungen aufhalten: in der Produktion, beim Händler, auf der Autobahn, in der Stadt, in der Garage des Kunden, im Parkhaus etc. Die Komponenten dieser Umgebungen (z. B. Autobahn: Leitplanke, Verkehrsschilder, Fahrbahnmarkierung, Brücken…) können wir nun auch für neue Ideen nutzen, obwohl sie nicht direkt zu unserem Produkt ‚Auto‘ gehören. Aber wir können Funktionen an sie abgeben oder Funktionen von ihnen in unsere Welt aufnehmen und so einen Mehrwert schaffen. Mit diesem Wissen können wir uns aber auch schon an unser ‚Kochrezept‘ wagen: 1. Listen Sie die internen Komponenten oder Schritte eines Prozesses einzeln auf. 2. Listen Sie die externen Komponenten oder Schritte eines Prozesses einzeln auf. 3. Erzeugen Sie nun virtuelle Situationen nach den drei Arten der Vereinigung:

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4. 5. 6.

7.

9 Structurized Inventive Thinking

• „Komponente X übernimmt die Funktion der internen Komponente Y bzw. auch umgekehrt“ • „Komponente X übernimmt die Funktion der externen Komponente Y bzw. auch umgekehrt“ Stellen Sie sich jeweils die entstehenden virtuellen Situationen als funktionierendes System vor und diskutieren Sie mögliche Varianten. Machen Sie eine Liste der Vorteile jeder virtuellen Situation und blenden Sie dabei alle Nachteile aus. Können Sie… • … die virtuelle Situation direkt, ohne große Änderungen in eine Idee verwandeln? • … aus der virtuellen Situation einzelne versteckte Vorteile erkennen, die Sie zu neuen Erkenntnissen oder Ideen führen? • …die aufgelisteten Benefits auf eine völlig andere Art und Weise realisieren? Fahren Sie mit den nächsten Komponentenpaaren fort.

9.4

Division – divide et impera

Unser vorletztes Muster ist im Grunde sehr einfach: Wir zerlegen das gesamte Produkt oder Komponenten nach allen Regeln der Kunst. Doch auch hier unterscheiden wir zwischen drei Varianten: die bewahrende, die strukturelle und die funktionale Division. Die bewahrende Division ist fast schon trivial. Hierbei zerlegen sie das Ganze oder Komponenten in viele kleine, aber dennoch funktionstüchtige Einheiten. Ein gutes Beispiel wäre hier das Zerlegen einer großen Packung mit gemahlenem Kaffee in viele kleine Einheiten, den Kaffeekapseln. Doch auch ganze industrielle Anlagen lassen sich so hinterfragen und eröffnen uns neue Räume für Lösungen. Die strukturelle Division zerteilt, zersägt, zerschneidet das Ganze oder einzelne Komponenten in unterschiedliche Teile. Hier kann man viel über die ‚Schnittführung‘ diskutieren, aber diese Variante öffnet den Blick für modulare und anpassbare Lösungen. Und schließlich die funktionale Division. Hierbei zerlegen wir nicht die Struktur, sondern nehmen einzelne Funktionen (meist hat eine Komponente eine bestimmte Funktion) heraus und platzieren sie woanders auf dem Produkt oder in seiner Umgebung. Jede Fernbedienung folgt dieser Logik, denn hier wird die Funktion der Bedienung herausgelöst und an einen anderen Ort (in diesem Fall außerhalb des Produktes) verlegt. Bei HeimKlimaanlagen ist man sogar noch einen Schritt weitergegangen und hat häufig noch den Temperaturfühler aus dem Gerät gelöst und in die Fernbedienung verlegt, denn diese liegt meist näher am Nutzer, wo ja die Temperatur stimmen soll. Die funktionale Division ist aber auch ein sehr wertvolles Tool bei Prozessen. Hier listen wir die Prozessschritte grob in ihren zeitlichen Ablauf auf, lösen einen Schritt

9.5

Abhängigkeiten – alles ist relativ

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heraus und positionieren ihn woanders (früher oder später) im Prozess. Diese virtuellen Situationen können echte Gamechanger hervorbringen, auch wenn sie sich anfangs sehr unbequem oder unmöglich anfühlen. Vor diesem Hintergrund können wir aber schon einen Blick auf unsere Anleitung wagen und mit Division spannende virtuelle Situationen erzeugen: 1. Listen Sie die internen Komponenten oder Schritte eines Prozesses einzeln auf. 2. Nehmen Sie auch die Liste der externen Komponenten zur Hand. 3. Erzeugen Sie nun virtuelle Situationen nach den drei Arten der Division: • „Das Ganze/die Komponente X ist in vollfunktionale Einheiten zerteilt“ • „Das Ganze/die Komponente X ist in einzelne kleine Einheiten unterteilt“ • „Die Komponente X (inkl. ihrer Funktion) wird woanders auf dem Produkt/im Prozess oder in der Umgebung untergebracht“ 4. Stellen Sie sich jeweils die entstehenden virtuellen Situationen als funktionierendes System vor und diskutieren Sie mögliche Varianten. 5. Machen Sie eine Liste der Vorteile jeder virtuellen Situation und blenden Sie dabei alle Nachteile aus. 6. Können Sie… • … die virtuelle Situation direkt, ohne große Änderungen in eine Idee verwandeln? • … aus der virtuellen Situation einzelne versteckte Vorteile erkennen, die Sie zu neuen Erkenntnissen oder Ideen führen? • …die aufgelisteten Benefits auf eine völlig andere Art und Weise realisieren? 7. Fahren Sie mit den nächsten Komponenten fort.

9.5

Abhängigkeiten – alles ist relativ

Unser letztes Muster funktioniert ein klein wenig anders! Wenn wir zuvor nur mit Komponenten gearbeitet haben, sind hier Variablen der Komponenten der Einstieg. Bei der Multiplikation haben wir schon gesehen, dass jede Komponente auch Variablen oder Eigenschaften hat. Hier beginnen wir direkt mit diesen Eigenschaften und listen diese auf. So eine Liste kann deutlich länger und unübersichtlicher werden, sodass viele hier gerne Tabellen benutzen. Variablen sind also Eigenschaften einer Komponente, die wir uns mal kurz an einem Beispiel ansehen können. Betrachten wir doch mal einen Autoreifen, dann ergeben sich diese Variablen: • Durchmesser • Breite

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• • • • • • •

9 Structurized Inventive Thinking

Art des Profils Rotationsrichtung Profiltiefe Luftdruck Härte Abrollgeräusch …

Variablen sind also Eigenschaften und messbare Größen und je mehr wir davon finden, umso mehr Kombinationsmöglichkeiten haben wir. Es lohnt sich also hier noch mehr zu finden. Mit dieser kleinen Liste können wir schon einige virtuelle Situationen erstellen, die uns auf neue Gedanken bringen. Z. B. die Profiltiefe ändert sich mit dem Luftdruck oder die Art des Profils ändert sich über die Breite usw. Das sind alles noch keine Ideen, aber eben Denkanstöße, die uns auf neue Gedanken bringen und ‚Fixierungen‘ überwinden. Nun können wir bei den ‚Abhängigkeiten‘ auch wieder die internen (alles, wie oben, was wir selbst ändern und anpassen können) und die externen (alles, was Einfluss auf uns hat, was wir aber nicht ändern können) unterscheiden. Beispiele für externe Variablen wären in dieser Welt: • • • • • • • • • •

Wetter Feuchtigkeit der Straße Geschwindigkeit des Fahrzeugs Außentemperatur Reifentemperatur Alter des Fahrers zurückgelegte Distanz Zeit Saison …

Auch hiermit können wir wieder VS erstellen: Die Profiltiefe ändert sich mit der Geschwindigkeit oder die Art des Profils ändert sich mit der Reifentemperatur… Nun kann man z. B. in der Diskussion im Team auch jede VS in Varianten denken: als eigene Version, also unterschiedliche Reifen mit unterschiedlichen Profiltiefen für unterschiedliche Geschwindigkeiten. Oder anpassbar, sodass man die Profiltiefe je nach gewünschter Geschwindigkeit anpassen kann. Oder automatisch bzw. adaptiv, sodass sich die Profiltiefe automatisch an die Geschwindigkeit anpasst. Die Kombinationsmöglichkeiten sind mannigfaltig. Noch mehr werden es, wenn wir auch bestehende Abhängigkeiten auflösen. So könnten wir sagen: Das Abrollgeräusch

9.6

Anwendung in der Praxis

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hängt nicht von der Geschwindigkeit ab. Auch noch keine konkrete Idee, aber eine Situation, die uns über etwas nachdenken lässt, wie wir es vorher nicht getan hätten. Wer mutig ist, dreht die Abhängigkeit auch mal um: Je schneller wir fahren, umso leiser wird der Reifen. Hier ist unser Rezept für dieses Muster. 1. Listen Sie die internen Variablen (!) einzeln auf. 2. Listen Sie die externen Variablen (!) einzeln auf. 3. Erzeugen Sie nun virtuelle Situationen nach den zwei Arten der Abhängigkeiten: • „Variable X hängt von Variable Y ab“ bzw. „Variable X ist unabhängig von Variable Y“ • „Variable X hängt umgekehrt von Variable Y ab“ 4. Stellen Sie sich jeweils die entstehenden virtuellen Situationen als funktionierendes System vor und diskutieren Sie mögliche Varianten. 5. Machen Sie eine Liste der Vorteile jeder virtuellen Situation und blenden Sie dabei alle Nachteile aus. 6. Können Sie… • … die virtuelle Situation direkt, ohne große Änderungen in eine Idee verwandeln? • … aus der virtuellen Situation einzelne versteckte Vorteile erkennen, die Sie zu neuen Erkenntnissen oder Ideen führen? • …die aufgelisteten Benefits auf eine völlig andere Art und Weise realisieren? 7. Fahren Sie mit den nächsten Variablenpaaren fort.

9.6

Anwendung in der Praxis

Das Charmante an der SIT-Methode ist ihre Einfachheit, ihre Stringenz und dass man quasi aus dem Stand und ohne große Vorbereitung Ideen finden kann. Mit etwas Übung und Durchhaltevermögen hat man die fünf Muster auch immer besser im Griff und beginnt vielleicht schon bald Muster zu kombinieren. Und dann hat man schon viel erreicht. Doch es gibt auch eine Schattenseite. Da man mit den Mustern hervorragend Innovationen erklären kann, überrascht einen so schnell nichts mehr. Neuigkeiten verlieren aber nicht gänzlich ihre Faszination. Man hat nun eben ein paar neue Schubladen zur Verfügung, in die man sie sofort einordnen kann. Das Wunder der Kreativität wird dadurch ein Stück weit entzaubert. Manche arbeiten gerne allein mit der Methode für sich, ich empfehle jedoch kleine Gruppen von 4–6 Experten mit unterschiedlichem Wissen um das Produkt. Denn gerade Diskussionen mit verschiedenen Perspektiven holen noch mehr Ideen aus den VS heraus! Es ist immer eine Kombination aus Methode und verfügbarem Wissen. Und trotz aller Systematik und des klaren Prozesses wird man viel Spaß dabeihaben. Ich persönlich liebe

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9 Structurized Inventive Thinking

diesen Moment, wenn Workshop-Teilnehmern etwas völlig Neues einfällt und sie selbst erstaunt sind, dass sie noch nie daran gedacht haben. Wenn man mal alle Muster durchgearbeitet hat, wird man gelegentlich wieder auf die gleichen Ideen kommen. Das passiert in unseren Workshops mit Kunden regelmäßig und es ist ein gutes Zeichen. Schließlich können wir dann zuversichtlich sein, dass wir an alle möglichen Ideen gedacht haben. Und man kann sich dank der vielen unterschiedlichen VS, die unsere Gedanken in verschiedene Richtungen zwingen, ziemlich sicher sein, alle Möglichkeiten für Innovationen auf dem Tisch zu haben. Und so hat man dann auch eine optimale Entscheidungsgrundlage, um daraus das passende für das Unternehmen zu einer bestimmten Zeit auswählen zu können.

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Wo kann ich das nutzen?

Gerade bei technischen Themen eignet sich die SIT-Methode bestens, um auf neue, radikale Gedanken zu kommen. Doch es gibt kaum einen Bereich, in dem mein Team und ich die Methode noch nicht erfolgreich angewendet haben: Maschinen, chemische Anlagen, Produktionsprozesse, Lebensmittel, Verpackungen, Logistik, Verkehr, Organisationen, Geschäftsmodelle, digitale Produkte, Marketing – es gibt keine Grenzen. Schließlich konnte Jakob Goldenberg die Muster auch in allen denkbaren Bereichen nachweisen. Der Schlüssel für den Einstieg ist eher die ‚Ist-Situation‘ – nur was wir auf dieser Liste haben, können wir auch bearbeiten. Bei einem Produkt ist es oft so etwas wie eine Stückliste oder eine Konstruktionszeichnung, aus der wir einfach die wichtigsten Komponenten in unsere Liste aufnehmen. Es sollten so zehn bis zwanzig sein. Sind es mehr, wird es schnell unübersichtlich. Dann lohnt sich oft ein Zoom in einzelne Bereiche bzw. Bauteile mit einer eigenen Liste. Doch was sind die Komponenten eines Prozesses? Einer Organisation? Eines Geschäftsmodells? Auch hier hilft es erstmal mit vorhandenen Beschreibungen wie Ablaufdiagrammen, Org-Charts oder der User-Journey zu beginnen und diese in eine einfache Liste zu verwandeln. Bei Abläufen lohnt sich ein grobes Sortieren entlang einer Zeitachse, um auch die ‚Division in der Zeit‘ zu ermöglichen. SIT ist ein Allround-Tool, das (fast) immer passt, um aus einer bestehenden Situation und ganz ohne eine konkrete Problemstellung etwas Neues zu schaffen. Doch darin liegt ein weiteres kleines Problem verborgen: wir müssen unsere Ideen noch mit den Nutzern verproben. Schnell neigt man dazu, eine geniale Idee umzusetzen, nur, weil man begeistert ist, dass es funktioniert. Doch zur Innovation gehört auch immer der Erfolg. Der stellt sich nur ein, wenn auch die Nutzer es annehmen und es ihre Welt verbessert.

Wege zur Idealität

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Eine „Idealität“ eines Produkts oder eines Verfahrens ist erreicht, falls das Produkt bzw. das Verfahren nur noch aus nützlichen Funktionen besteht bzw. die schädlichen Funktionen ein Minimum angenommen haben. Dieses Kap. 10 stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger. Regelmäßig stellen zu hohe Kosten den zu minimierenden Aspekt eines Produkts dar. Es werden dann Wertanalysen angewandt, um Funktionen, die wenig zur Nützlichkeit beitragen, zu eliminieren. Ein alternativer Weg ist es, dieselben Bauteile für mehrere Funktionen zu verwenden, um hierdurch die erforderliche Anzahl an Bauteilen zu verkleinern. Eine Idealität liegt deshalb vor, falls das gewünschte Ergebnis mit wenig Ressourcen erreicht wird, wobei sich das Produkt zudem durch eine umweltschonende Ausführungsform auszeichnet. Hierbei ist auch an eine geringe Lärm- und Geruchsemission zu denken. Erforderliche Funktionen können oft auf alternativen Wegen zur Verfügung gestellt werden. Eventuell ist es möglich, besser geeignete physikalische Effekte zu nutzen, um zum gleichen Ergebnis zu gelangen. Hierbei ist insbesondere an Reibung, Fliehkräfte, Piezoeffekte und elektromagnetische Induktion zu denken. Außerdem kann eine Annäherung an Idealität dadurch erreicht werden, dass das betreffende Produkt oder Verfahren mit vorteilhaften Funktionen angereichert wird. Es ergeben sich daher grundsätzlich mehrere Möglichkeiten der Annäherung an eine Idealität: unnötige Funktionen eliminieren, die Anzahl der Bauteile verkleinern oder vorhandene Bauteile mehrfach nutzen. Alternativ können gewünschte Funktionen durch geeignetere physikalische Effekte erzeugt werden. Außerdem können Selbsttätigkeitsoder Selbstversorgungsmöglichkeiten genutzt werden.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_10

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10.1

10 Wege zur Idealität

Unnötige Funktionen eliminieren

Ein Produkt kann immer in Hauptfunktionen, die unbedingt erforderlich sind, um die Kundenerwartungen zu erfüllen, und Nebenfunktionen, die unterstützend wirken, unterteilt werden. Die Nebenfunktionen sind auf den Umfang der Unterstützung vor dem Hintergrund ihrer Kosten zu prüfen. Nebenfunktionen, die kaum einen unterstützenden Effekt haben, können entfallen. Beispielsweise können zum Lackieren lösungsmittelfreie Lacke verwendet werden. Durch lösungsmittelfreie Lacke entfällt ein Prozess des Erwärmens zum Verdampfen der Lösungsmittel. Ein Absaugen gesundheitsschädlicher Dämpfe wird ebenfalls obsolet.

10.2

Funktionen werden durch alternative physikalische Effekte erzeugt

Eventuell können einzelne Anteile eines Objekts in eine andere Phase überführt werden, um die gewünschte Funktion zu erfüllen. Es kann sinnvoll sein, Wasser in einem Rohrsystem während einer Reparatur in Eis zu verwandeln, um den Vorgang der Reparatur zu erleichtern. Eventuell kann durch die Zugabe von Additiven eine schädliche Funktion in eine nutzbringende gewandelt werden. Es können Fliehkräfte genutzt werden, um Objekte zu trennen oder Funktionen zu unterstützen. Mit Piezoeffekten oder mit elektromagnetischer Induktion kann eine Umwandlung aus einer mechanischen in eine elektrische Dimension und umgekehrt ermöglicht werden. Eventuell kann mit Reibung eine vorteilhafte Funktion realisiert werden.

10.3

Teile mehrfach nutzen

Es ist zu prüfen, ob einzelne Teile für mehrere Funktionen genutzt werden können. Nötigenfalls sind Funktionen derart an einem Ort zu bündeln, dass Bauteile mehrfach genutzt werden können. Ergibt sich daraus, dass Bauteile überflüssig werden, sind diese zu entfernen.

10.4

Selbsttätigkeitspotenziale

Selbsttätigkeits- bzw. Selbstversorgungspotenziale ergeben sich dadurch, dass ein Bedarf des Systems eigenständig erkannt und bedient wird. Beispielsweise kann in einem Blumentopf ein Wasserreservoir derart angeordnet werden, dass trockene Blumenerde zu

10.4

Selbsttätigkeitspotenziale

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einer automatischen Wasserabgabe des Reservoirs führt. Ein weiteres Beispiel sind selbstschmierende Lager, bei denen an der zu schmierenden Stelle eine Kapsel angeordnet ist, die vollständig mit Schmiermittel befüllt ist.

Stoff-Feld-Modell

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Das Stoff-Feld-Modell (WEPOL-Analyse) entstammt aus der Erkenntnis, dass jedes technische System einen ersten und einen zweiten Stoff umfasst, zwischen denen ein Kraftfeld besteht. Ein typisches Beispiel ist ein Elektromotor, der aus einem ersten und einem zweiten Elektromagneten besteht, zwischen denen eine magnetische Anziehungskraft wirkt. Dieses Kap. 11 stammt aus der Feder von Dr. Thomas Heinz Meitinger. Bei einem Elektromotor gibt es einen Rotor bzw. Anker und einen Stator, die über ein magnetisches Feld derart zusammenwirken, dass sich eine dauerhafte Rotation des Ankers ergibt. In der Abb. 11.1 ist das Prinzip des Elektromotors dargestellt, wobei ein Elektromagnet von Permanentmagneten angezogen wird und sich dadurch eine Drehbewegung um seine Drehachse ergibt. Ein weiteres Beispiel ist die Erdanziehung, bei der beispielsweise ein Apfel von einem Baum auf die Erde fällt und nicht in den Weltraum. Hierbei ergibt sich eine Schwerkraft durch das Objekt Erde auf das zweite Objekt Apfel. Ein Stoff-Feld-Modell wird üblicherweise mit einem Dreieck dargestellt. Üblich ist eine Darstellung nach der Abb. 11.2, bei der mit S1 und S2 die beiden Stoffe beschrieben werden und mit F das Feld, das zwischen den beiden Stoffen S1 und S2 wirkt. In den Abb. 11.3 und 11.4 sind die schematischen Darstellungen der beiden oben genannten Beispiele veranschaulicht. In der Abb. 11.3 ist die Erde und der Apfel dargestellt, wobei zwischen der Erde und dem Apfel die (überwiegende) Anziehungskraft der Erde wirkt. Die Abb. 11.4 stellt schematisch die Verhältnisse bei einem Elektromotor dar, bei dem sich aufgrund eines magnetischen Felds zwischen Rotor und Stator eine Rotation des Rotors ergibt. Es gibt unterschiedliche Aufgaben, die durch das Stoff-Feld-Modell gelöst werden können. Es kann die technische Aufgabe sein, die Effizienz eines Systems zu steigern, schädliche Eigenschaften auszulöschen oder das System zu komplettieren, um

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 T. H. Meitinger et al., Mit TRIZ zur Erfindung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67108-5_11

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11 Stoff-Feld-Modell

Abb. 11.1 Prinzip des Elektromotors

Abb. 11.2 Darstellung eines Stoff-Feld-Modells

dessen vollständige Funktionsfähigkeit herzustellen. Hierzu wurden Standardlösungen herausgearbeitet. Die wichtigsten sechs Standardlösungen sind: Standardlösung 1: Eine Analyse eines Objekts kann durch Änderung des Objekts oder durch die Zugabe eines Stoffs zum Objekt erfolgen, sodass eine leichtere Wechselwirkung mit der Umwelt erzeugt werden kann und die Analyse des Objekts ermöglicht wird. Standardlösung 2: Berühren sich die beiden Stoffe des Stoff-Feld-Modells, und entstehen dadurch nachteilige Folgen, kann durch eine Zugabe, insbesondere durch die Änderung eines oder beider Stoffe, dieses Berühren verhindert werden.

11 Stoff-Feld-Modell

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Abb. 11.3 Stoff-Feld-Modell für das Wirken der Schwerkraft

Abb. 11.4 Stoff-Feld-Modell eines Elektromotors

Standardlösung 3: Eine Steuerung einer Bewegung eines Objekts kann insbesondere durch die Zugabe von ferromagnetischem Material zu dem Objekt ermöglicht werden, das durch ein Magnetfeld gesteuert wird. Standardlösung 4: Eine Manipulation eines Obersystems kann zu einer Änderung des Stoff-Feld-Modells genutzt werden. Standardlösung 5: Eine Manipulation eines Untersystems kann zu einer Änderung des Stoff-Feld-Modells verwendet werden. Standardlösung 6: Ist eine Zugabe eines Stoffs unerwünscht, kann statt des Stoffs eventuell ein Feld genutzt werden, die Zugabe erfolgt nur temporär oder die Zugabe ist nur äußerlich und nicht in dem betreffenden Objekt.