Mißbrauch und Treubruch: Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 StGB [1 ed.] 9783428481323, 9783428081325

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Mißbrauch und Treubruch: Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 StGB [1 ed.]
 9783428481323, 9783428081325

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MARTIN O. WEGENAST

Mißbrauch und Treubruch

Schriften zum Strafrecht Heft 101

Mißbrauch und Treubruch Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 StGB

Von

Martin O. Wegenast

DUßcker & Humblot . Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Wegenast, Martin 0.:

Mißbrauch und Treubruch: Zum Verhältnis der Tatbestände in § 266 StGB / von Martin O. Wegenast. - Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Schriften zum Strafrecht; H. 101) Zug1.: Tübingen, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-08132-3 NE:GT

D21 Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-08132-3

Inhaltsverzeichnis Eingrenzung und Aufbau der Arbeit .......................................................................... 7 A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes ................................................ 9

1. Einleitung ...................................................................................................... 9 a) Allgemeines zu § 266 .............................................................................. 9 b) Übersicht über den gegenwärtigen Meinungsstand ................................. 10 c) Ursachen besonderer Verständnisschwierigkeiten .................................. 12 aa) Probleme aufgrund unklarer Ausfillrrungen ...................................... 12 bb) Terminologische Vielfalt ................................................................. 15 2. Mindermeinung (alt) ................................................................................... 18 a) Wortlautargumentation .......................................................................... 20 b) Historische Argumentation .................................................................... 20 c) Systematische/teleologische Argumentation .......................................... 22 3. Die ganz herrschende Meinung ...... .................... .......................................... 22 a) b) c) d)

W ortlautargumentation .......................................................................... 23 Systematische Argumentation................................................................ 25 Historische Argumentation .................................................................... 25 Teleologische Argumentation ................................................................ 31

4. Herrschende Meinung .................................................................................. 34 a) b) c) d)

Wortlautargumentation .......................................................................... 35 Systematische Argumentation................................................................ 36 Historische Argumentation .................................................................... 37 Teleologische Argumentation ................................................................ 40

5. Mindermeinung (neu) .................................................................................. 46 a) b) c) d)

Wortlautargumentation .......................................................................... 47 Systematische Argumentation................................................................ 47 Historische Argumentation .................................................................... 48 Teleologische Argumentation ................................................................ 48

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Inhaltsverzeichnis

B. Kritische Würdigung der gegenwärtig vertretenen Meinungen........................... 51 1. Kritische Würdigung der Mindenneinung (alt) ............................................ 51 a) Kritik an der W ortlautargumentation ..................................................... 51 b) Kritik an der historischen Argumentation .............................................. 52 c) Kritik an der systematischen und teleologischen Argumentation ............ 54 2. Kritische Würdigung der ganz herrschenden Meinung ................................. 60 a) b) c) d)

Kritik an der Wortlautargumentation ..................................................... 60 Kritik an der systematischen Argumentation.......................................... 61 Kritik an der historischen Argumentation .............................................. 61 Kritik an der teleologischen Argumentation ........................................... 70

3. Kritische Würdigung der herrschenden Meinung ......................................... 76 a) b) c) d)

Kritik an der Wortlautargumentation ..................................................... 76 Kritik an der systematischen Argumentation.......................................... 79 Kritik an der historischen Argumentation .............................................. 80 Kritik an der teleologischen Argumentation ........................................... 89

4. Kritische Würdigung der Mindenneinung (neu) ........................................ 114 a) Kritik an der systematischen Argumentation........................................ 115 b) Kritik an der teleologischen Argumentation ......................................... 117 aa) Zur Ausweitungsproblematik ......................................................... 118 Cl) Kauf unter Eigentumsvorbehalt und Treubruchstatbestand ....... 119 ß) Sicherungsübereignung und Treubruchstatbestand ................... 122 y) Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Mißbrauchstatbestand .............................................................. 123 bb) Zum Problem der kontextualen Begriffsauslegung ......................... 128

c.

Eigene Meinung .............................................................................................. 134 1. Einleitung und Übersicht ........................................................................... 134 2. Wortlautargumentation .............................................................................. 138 3. Systematische Argumentation ................................................................... 142 4. Historische Argumentation ........................................................................ 146 5. Teleologische Argumentation .................................................................... 147

Literaturverzeichnis .............................................................................................. 165

Eingrenzung und Aufbau der Arbeit Wer sich - wie ursprünglich auch die vorliegende Arbeit - im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung untreueerhebliche Verhaltensweisen zu durchleuchten vornimmt, sieht sich bald vor das Problem gestellt, zu diesem seinem Gegenstand gar nicht erst vordringen zu können. Die Schwierigkeiten liegen vor allem in der Bestimmung des Verhältnisses von Mißbrauchs- und Treubruchstatbestand begründet, d. h. sie setzen bereits mit dem Grundverständnis des § 266 ein. Die Bemühungen um dessen dogmatische Durchdringung, die die Entwicklung der Norm (seit 1871) begleitet und die Möglichkeiten der Gesetzesanwendung - wie sich freilich zeigen wird: nur scheinbar -"offensichtlich erschöpft,,1 haben, führten zu erheblichen begrifflichen und inhaltlichen Unstimmigkeiten. Der Dissens zwischen den verschiedenen Meinungen und ihren Vertretern steht jedoch nicht nur einem einheitlichen Verständnis der Norm, sondern damit zugleich auch der Beantwortung und Lösung zahlreicher einzelner Probleme im Wege, die von jenem unmittelbar abhängen2 . Die bisherigen Positionen zu systematisieren und einer erneuten kritischen Betrachtung zu unterziehen (wobei sie der Übersichtlichkeit halber in drei Hauptströmungen zusammengefaßt werden sollen), erscheint sinnvoll, ja notwendig nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einführung des § 266b in das StGB durch das 2.WiKG3 . Tatsächlich erlaubt diese Norm Rückschlüsse auf die Auslegung der Untreue. Unter Wahrnehmung dieser - bisher nicht berücksichtigten - Möglichkeiten führen Vergleich und Kritik der bisher 1Sax- JZ 1977, S. 664. 2Dies betonen auch SchreiberlBeulke JuS 1977, S. 657 (''[ ... ) Problem, mit dem jeder konfrontiert wird, der eine Anwendung des § 266 in Erwägung zieht"); filr den Mißbrauchstatbestand ebenso Labsch Jura 1987, S. 343. Schon beim Aufbau strafrechtlicher Klausuren kann die Frage von Bedeutung sein: So ist es vom Standpunkt der h. M. durchaus zulässig, ja konsequent, zunächst das Bestehen einer sogenannten Vermögensbetreuungspflicht zu prüfen, bevor eine Unterscheidung zwischen beiden Tatbestandsalternativen getroffen wird, vgl. etwa Hübner JZ 1973, S. 410, Kohlmann, Heinsius-FS, S.461, Labseh, Untreue, S. 86, 174 FN 89, Meyer JuS 1973, S. 214, Willms LM, § 263 Nr. 5; nicht so weitgehend Kohlmann JA 1980, S. 229,232 und Wagner, Fälle, S. 36 FN 26 (Empfehlung, nach der Entscheidung zwischen beiden Alternativen dort dann jeweils zunächst mit der Prüfung der Vermögensbetreuungspflicht zu beginnen - Kohlmann ist daher von Labsch ebd. zu Unrecht ziti~.

Dies, obwohl Blei JA 1973, S. 605 das Thema Scheckkartenmißbrauch und Untreue schon damals als ein "beinahe bis zum Überdruß abgedroschene[s) Thema" qualifIZiert hat.

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Eingrenzung und Aufbau der Arbeit

vertretenen Standpunkte (in der vorliegenden Arbeit) zu einer neuen, differenzierteren und insoweit andererseits wiederum harmonisierenden Interpretation des § 266. Mit ihr soll die Problematik des Untreuetatbestandes keineswegs erledigt, wohl aber eine brauchbare Grundlage für die weitere Diskussion geschaffen sein. Der Aufbau der Arbeit ergibt sich unmittelbar aus dem beschriebenen "Programm". So stellt der erste Teil - nach einigen einleitenden Ausführungen - die unterschiedlichen Meinungen zu § 266 ausführlich dar, bevor sie in einem zweiten Teil kritisch übeIprüft werden. Im abschließenden dritten Teil wird schließlich die eigene Meinung dargestellt, die sich auch, aber nicht nur aus den Ergebnissen der Kritik der gegenwärtig vertretenen Ansichten begründet. Dieser letzte Teil versteht sich zugleich auch als Zusammenfassung des Vorhergehenden. Zur Übersicht der Vielfalt der Meinungen sowie der hier gewählten Bezeichnungen für diese sei auf die schematische Darstellung am Ende der Arbeit hingewiesen. Zur Zitierweise sei kurz angemerkt, daß nicht immer auf die verbreiteten Zeitschriften verwiesen werden konnte. Abgesehen davon, daß es zu zahlreichen der in Frage stehenden Entscheidungen mehrere Fundstellen gibt, sind sie z. T. nur in abgelegeneren Quellen vollständig oder ausführlicher zitiert, weshalb an gegebener Stelle bewußt diese herangezogen wurden4 .

4So wurde etwa die Entscheidung des BGH v. 4.11.1988 (1 StR 480/80) zwar in der NStZ (1989, S. 72 f.) veröffentlicht, jedoch so unvollständig, daß gerade die Teile fehlen, die ftlr das Verhältnis beider Untreuealternativen zueinander von Bedeutung sind, so daß - nachdem auch die Veröffentlichung in der MDR (MDRIH 1989, S. 112 f.) die zwar diese Teile enthält jedoch an anderer Stelle lückenhaft blieb - schließlich wistra 1989, S. 63 f. zitiert wurde (die Entscheidung ist im übrigen noch veröffentlicht in EzSt § 266 Ne. 11, BGHR § 266 Abs. I, Vermögensbetreuungspflicht 11 [dort unter dem 3.11.) und in JR 1989, S. 207 f.).

A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes 1. Einleitung a) Allgemeines zu § 266

Daß § 266 zu den "am schwierigsten zu handhabenden Vorschriften des StGB"1 zählt, kommt nicht von ungefahr. Es liegt zum einen an dem "stark facheIiibergreifenden Charakter,,2 der Norm, deren Anwendung oft von der Entscheidung diffiziler zivilrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Fragestellungen abhängig ist. Diese Schwierigkeit ist jedoch kein Spezutkum der Untreue allein, sie taucht vielmehr - als zwangsläufige Folge der strafrechtlichen Erfassung wirtschaftlicher Sachverhalte - häufig auf. Mit diesem Problem hat jede (und nicht nur strafrechtliche) Gesetzesanwendung zu leben, weshalb es hier nicht eigens verfolgt werden soll. Zum anderen gründet die Schwierigkeit der Handhabung des § 266 darin, daß - und dies ist ein allein das Strafrecht beIiihrendes Problem - hier wie bei kaum einem anderen Tatbestand des StGB eine schon im Grundsätzlichen festzustellende Uneinigkeit und Unsicherheit hinsichtlich des Verständnisses der Norm besteht3. Ausdruck dieser Unsicherheit sind nicht zuletzt resignative Äußerungen wie etwa die Feststellung, man stehe vor einem "Haufen Scherben,,4. Es ist vom ganzen "Jammer des Untreueparagraphen" und von einer kaum zu überbietenden Verwirrung in der Argumentation die Rede 5. Man hat - in Bezug auf die Einengung des Treubruchstatbestandes - von der Ratlosigkeit in der Gesetzesanwendung gesprochen, die von der Rechtsprechung "vielfach durch ein rational verbrämtes Operieren mit dem 'Glücksfall der Intuition' überspielt" werde6 . Mit Recht stellt daher Labsch7 fest, daß "als einzig

~f:~:~:~:e;;~;~;~31;;7, S. 657.

3So schon Mayer Mat I, S. 337 mit seinem berühmt gewordenen Satz: "Sofern nicht einer der klassischen Fälle der Untreue vorliegt, weiß kein Gericht und keine Anklagebehörde, ob § 266 vorliegt oder nicht" Weber, Dreher-FS, S. 559 stellt fest, daß sich an diesem Zustand bis heute (1977) nichts geändert habe; ebenso Kohlmann JA 1980, S. 228 und Holzmann, Bauträgeruntreue, S.

141.

1Hilbner JZ

1973, S. 410

6~!:J:'I!~: S. 663.

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A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes

gefestigte und nahezu Allgemeingültigkeit besitzende Erkenntnis zur Untreue die Aussage [gilt], daß die viel zu weit fonnulierte Vorschrift trotz über vier Jahrzehnten Auslegungsarbeiten noch immer keine festen Konturen gewinnen konnte." Entgegen der von Schwinge/Siebert geäußerten Ansicht hat auch die Neufassung des § 266 RStGB durch das Gesetz vom 26. Mai 1933 8 , welches der Nonn ihre jetzige Gestalt gab, keineswegs "die endgültige Lösung des Untreueproblems,,9 gebracht. Diese einigennaßen niederschmetternde Bestandsaufnahme wird jedoch denjenigen, der sich intensiv mit der Untreue befaßt, nicht allzusehr verwundern: So gibt es zwar drei hauptsächlich vertretene Meinungen zum Verhältnis von Mißbrauchs- und Treubruchstatbestand zueinander, innerhalb derselben bestehen jedoch zwischen ihren Vertretern z. T. nicht unerhebliche Abweichungen im einzelnen. Da die Ausführungen manches Autors zudem auslegungsfähig sind, kam es zu unterschiedlichen Deutungen und Zuordnungen. Dies mußte zwangsläufig Mißverständnisse und Verwirrung hervorrufen. Bevor noch auf die Ursachen weiteren Durcheinanders in der wissenschaftlichen Diskussion hingewiesen wird, soll zunächst ein kurzer Überblick über den gegenwärtigen Meinungsstand gegeben werden. b) Übersicht über den gegenwärtigen Meinungsstand

Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur nur dahingehend, daß die Vorschrift des § 266 Abs. 1 zwei Tatbestände beinhaltet lO , nämlich den sog. Mißbrauchstatbestand (§ 266 Abs. 1 l. Alt.) I I und den sog. Treubruchstatbestand (§ 266 Abs. 1 2. Alt.)12. 7Labsch, Untreue, S. 51 mitHübnerJZ 1973, S. 407. 8G. zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften - RGBI. I S. 295 ff. (297). 9§chwinge/Siebert, Untreue, S. 3 (Vorwort). I Vgl. grundlegend RGSt68, S. 371 ff. (372) m. Anm. Schwinge JW 1935, S. 289; 69, S. 58 ff. (59 f.) m. Anm. Schwinge JW 1935, S. 1697; BGH NJW 1953, S. 1600 ff. (1601), NJW 1954, S. 1616, OLG Oldenburg HESt 2, S. 45 f. (46); aus dem älteren Schrifttum vgl. etwa E. Schäfer DJZ 193~, Sp. 794, Schwinge/Siebert, Untreue, S. 17 ff., PfeifferlMauVSchulte, § 266 Anm. I, Jagusch LK , § 266 Anm. I. Für das neuere Schrifttum vgl. statt aller nur Dreher/Tröndle, § 266 Rdn. la, Schr~e/Schröder-Lenckner, § 266 Rdn. 2. Wobei dieser z. T. ohne sachliche Bedeutung in die Varianten "Verpflichtung" und "Verfügung" weiter untergliedert wird. So etwa Hübner LK, § 266 Rdn. 5, 17, 62 und öfter, wo er von "den Mißbrauchstatbeständen" spricht; ebenso Bringewat GA 1973, S. 361; diese zusätzliche Aufteilung wird hier - was ohne Schaden möglich ist (Labsch Jura 1987, S. 346 FN 31) unbrr.htet bleiben. Auch bei diesem wird - nach den EntstehungsgrQnden und wiederum ohne sachliche Bedeutung - weiter unterteilt So etwa von Gerland JW 1933, S. 294, Gribbohm JuS 1965, S. 390, auch Hübner LK, § 266 spricht öfter von "den Treubruchstatbeständen", Kurek, Untreue, S. 60,

1. Einleitung

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Unklar ist jedoch schon das Verhältnis der beiden Untreuealternativen zueinander, wobei über die Bedeutung der in § 266 Abs. 1 an die 2. Alt. angeschlossenen Worte "[ ... ] und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt [... ]" gestritten wird. Eine Miildermeinung in der Lehre l3 mißt diesem Halbsatz in Bezug auf die 1. Alt. eine nur eingeschränkte, eher formale Bedeutung zu. Hierdurch solle lediglich auch für den Mißbrauchstatbestand das Nachteilserfordernis klarstellend hervorgehoben und/oder l4 die Identität des Geschädigten als desjenigen, hinsichtlich dessen Vermögen dem Täter die Befugnis eingeräumt ist, sichergestellt werden. Eine weitergehende Bedeutung dieses Satzteils wird von den Vertretern dieser Meinung auscbiicklich verneint. Der schädigende Mißbrauch der eingeräumten Verfügungs- oder VelJlflichtungsbefugnis wird zur Erfüllung der 1. Alt. für ausreichend erachtet. Wenn diese Meinung im folgenden als "Mindermeinung (alt)" bezeichnet wird, so steht dahinter weder die Annahme, sie sei veraltet noch, sie werde heute nicht mehr vertreten. "Alt" ist sie vielmehr im Hinblick auf ihre Ergebnisse: Diese entsprechen jenen aus der Zeit, da man sich noch keine Gedanken über das Erfordernis einer Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen der 1. Alt. machte und den Mißbrauchstatbestand schon mit dem schädigenden Mißbrauch einer entsprechenden Befugnis als erfüllt ansah l5 . Ganz h. M. 16 zufolge soll dagegen der fragliche Satzteil mit einer eigenständigen inhaltlichen und nicht bloß formalen (weil nicht nur klarstellenden) Bedeutung auf beide Untreuealternativen zu beziehen sein. In den Worten "dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat" sei vielmehr ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal zu erblicken, was für beide Untreuealternativen gelte. Diese hier als "ganz h. M." bezeichnete und unter einer eigenen Überschrift dargestellte Meinung 17 wird freilich als solche nicht eigenständig vertreten, sondern bedeutet allein den - in bewußter Abgrenzung zur soeben erwähnten MM (alt) - gemeinsamen Ausgangspunkt der herrschenden und einer neueren Mindermeinung. Nicht nur die Übereinstimmung beider Meinungen bei der Beurteilung der Frage nach dem Erfordernis einer Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen beider Untreuealternativen rechtfertigt diese Art ihrer Zusammenfassung. Von dieser Frage zu unterscheiden ist die weitere nach Art und Weise der inhaltlichen Ausgestaltung des kumulativen TatbestandseleSchwinge JW 1935, S. 289, Schwinge/Sieben, Untreue, S. 17, 30. Kritisch hierzu aber schon Schf3er, Untreue, S. 22. Nachweise auf deren Vertretervgl. u. S. 18 FN 54. 14Insoweit besteht keine Einigkeit innerhalb dieser Mindenneinung. Siehe dazu u. S. 18. 15Dazu, daß deshalb die Mindenneinung (alt) - m. E. zu Unrecht - in eine Linie mit dem übeff;0mmenen Verständnis des § 266 gestellt wird vgl. noch näher u. S. 18 FN 58. Nachweise hierzu vgl. u. S. 22 FN 81. 17Siehe u. S. 22.

12

A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes

mentes. Diesbezüglich muß der Argumentation der genannten Meimmgen getrennt nachgegangen werden. Der Inhalt der nach der ganz h. M. kumulativ erforderlichen Vermögensbetreuungspflicht soll nach der h. M. 18 für beide Alternativen identisch zu bestimmen sein, nämlich i. S. der bislang unstreitig verstandenen sog. "Vermögensfürsorgepflicht,,19 bei Anwendung der 2. Alt.. Das bedeutet, daß es nach h. M. keinen Fall des Mißbrauchstatbestandes gibt, der nicht zugleich auch den Treubruchstatbestand erfüllen würde. Daß dies möglich ist, meinen dagegen die Vertreter einer neueren Mindermeinung (i. f. : MM [neu])20. Geht es um eine Anwendung des Mißbrauchstatbestandes, wollen sie den Inhalt der Vermögensbetreuungspflicht anders bestimmen und weniger weitreichende Anforderungen an dieses Tatbestandsmerkmal stellen als im Rahmen der 2.Alt21 . c) Ursachen besonderer Verständnisschwierigkeiten

Zusätzliche Schwierigkeiten beim Verständnis der Untreueproblematik beruhen schließlich noch auf zwei weiteren Ursachen, die hier vorweg besondere Erwähnung fmden sollen. Das sind zum einen zahlreiche unklare Ausführungen aus früherer Zeit, zum anderen die große Vielfalt in der Terminologie - beides geeignet, für weitere Verwirrungen in der Diskussion zu sorgen. aa) Probleme aufgrund unklarer Ausführungen Wer sich näher mit der Untreue befaßt, wird immer wieder feststellen, daß sich Vertreter aller der oben kurz aufgezeigten Meinungen auf ein und denselben Autor berufen. Liest und prüft man die zitierten Passagen, so zeigt sich, daß sie in der Tat von allen Standpunkten völlig zu Recht in Anspruch genommen werden, da sich dort sowohl in die eine als auch in die andere Richtung weisende oder jedenfalls entsprechend inteIpretierbare Ausführungen fmden. Der Grund hierfür dürfte darin zu fmden sein, daß man erst im Zuge 18Nachweise vgl. u. S. 34 FN 162. 19Zur Tennino1ogie und den hierbei festzustellenden Diskrepanzen vgl. noch u. S. 15 fr.. 20Die Bezeichnung als MM (neu) erfolgt zur besseren Unterscheidung und in Abgrenzung zur M~~a1t).

Zu den Vertretern der MM (neu) vgl. u. S. 46 FN 242; dort fmden sich auch nähere Ausftihrungen zu den Spielarten dieser Meinung, die im Rahmen dieser Übersicht vernachlässigt werden können und sollen.

1. Einleitung

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der Auseinandersetzung um die Fälle der mißbräuchlichen Verwendung von Scheckkarten22 begann, sich eingehendere Gedanken über die Tatbestandsvoraussetzungen der 1. Alt. zu machen. Daß es insbesondere die Entscheidung des BGH vom 26. Juli 1972 23 war, die die Diskussion über die Untreue hervorgerufen hat, ist allgemein anerkannt24 . Nicht genügend beachtet wird jedoch, daß damit Äußerungen aus der Zeit davor zumindest kritisch zu betrachten und nur eingeschränkt verwertbar sind25 . Damals wurde, da die Problematik noch nicht in voller Klarheit auf ihren "Punkt" gebracht worden war, ohne Problembewußtsein und mit einer - von heute aus gesehen gewissen Unbekümmertheit geschrieben, was sowohl zu miteinander unvereinbaren, in sich widersprüchlichen Darlegungen als auch zu auslegungsfähigen und -bedürftigen Formulierungen führte. Beispielhaft sei hier zunächst Maurach genannt, der in der 5. Auflage seines 1969 und damit vor der Grundsatzentscheidung des BGH erschienenen Lehrbuchs zum Besonderen Teil einerseits meint, daß - im Gegensatz zum Treubruchstatbestand - beim Mißbrauchstatbestand auch beschränkte Aufträge genügten26 , andererseits aber ausführt, daß beide Tatbestände "in dem gemeinsamen Merkmal der Benachteiligung desjenigen, dessen Vermögensinteressen vom Täter wahrzunehmen sind, ihren objektiven Abschluß" fänden27 . Schließlich stößt man hier auf die Sätze, daß in Wirklichkeit "der Miß-

22Hinter dieser absichtlich weiten Fonnulierung (sie stammt von Steinhilber Jura 1982, s. 401) verbergen sich mehrere denkbare Fallkonstellationen (vgl. Steinhilber ebd. sowie Otto HWiStR, Scheckkartenbetrug). Im folgenden wird der - auch vom Gesetzgeber des 2. WiKG - in § 266b verwendete Begriff des Mißbrauchs von Scheck- und Kreditkarten rur die Fälle gebraucht, in denen der berechtigte Kontoinhaber sein Konto überzieht, obwohl er weiß, daß sein Guthaben erschöpft und ~ie Kreditlinie erreicht ist (von Steinhilber ebd. als "Scheckkartenbetrug" bezeichnet). 2 BGHSt 24, S. 386 ff. (Scheckkarte); bestätigt in BGHSt 33, S. 244 ff. (Kreditkarte); davor schon LG Dortmund NJW 1971, S. 65 (ohne nähere Auseinandersetzung) und ausruhrlich insbes. OL9~amm NJW 1972, S. 298 ff. m. Anm. Zahmt, S. 1095. Betont wird dies etwa von Blei, BT, S. 258, Bringewat NStZ 1983, S. 458, Dunkel, Untreue, S. 1 ff., GA 1977, S. 329, Haft, BT, S. 229, Holzmann, Bauträgeruntreue, S. 126 FN 7, Lackner, § 266 ~dn. 4, Otto wistra 1986, S. 150, Vormbaum JuS 1981, S. 19. 2 Eine Ausnahme insofern macht Labsch, Untreue, S. 57 ff., 64 ff., der nachweist, daß vor der grundlegenden Entscheidung des BGH (St 24, S. 386 ff.) die dortigen Ausfiihrungen zur Untreue nur sehr vereinzelt schon vertreten worden sind; umso unverständlicher sind dann aber die Zitate von Labsch NJW 1986, S. 106 FN 20, 21, Jura 1987, S. 344 FN 11, 13 - dazu näher u. S. 18 FN 58; vgl. ~chHübnerL~, § 266 Rdn. 16. 2 Maurach, Br, S. 340. Diese Aussage ist vom Standpunkt der h. M. aus nicht möglich; daher zu Recht von Labsch NJW 1986, S. 106 FN 20, Jura 1987, S. 344 FN 11 ftir die von ihm sog. traditionelle Auffassung (hierzu kritisch noch u. S. 18 FN 58) zitiert, auch Sieber, Computerkriminalität, S. 241 FN 154 nimmtMaurach als Beleg gegen die h. ~. in Anspruch, siehe aber noch Dunkel, Untreue, S7 6 FN I, 4. Auch Maurach/Schroeder, BT/I , S. 443 und MauraclJj~chroederIMaiwald, BT/I ,§ 45 Rdn. 17 haben diesen Satz beibehalten. Maurach, B~, S. 339, was immer dieser - tenninologisch sicherlich falsche - (vo~ Maurach/Schroeder, BT/1 6, S. 442 beibehaltene, von Maurach/SchroederlMaiwald, BT/I dagegen gestrichene) Satz meint.

14

A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes

brauchstatbestand im Treubruchstatbestand mitenthalten" ist28 bzw. die l. Alt. "nichts als ein fonnalrechtlich schärfer umrissener Unterfall des Treubruchstatbestandes" sei29 . Ähnliche Unklarheiten ergeben sich bei Schröder, wo zunächst gesagt ist, daß auch ein bloß beschränkter Auftrag für die l. Alt. genüge30 . Die beiden letzten Sätze dieser Randnumme~1 lassen aber die Meinung Schröders in einem ganz anderen Licht erscheinen. Offen sind schließlich auch die Ausführungen Heinitz', daß die "an die Vennögensbesorgungspflicht des Treubruchstatbestandes geknüpften Voraussetzungen,,32 für den Mißbrauchstatbestand nicht gelten sollen. Man mag darin ein Indiz für die MM (alt) sehen33 , jedoch ist zu beachten, daß sich zu dieser Behauptung keine Begründung findet und zudem offen bleibt, ob nicht etwa andere als die ausgeschlossenen Voraussetzungen gelten. Allen diesen Äußerungen ist gemeinsam, daß sie eine Stellungnahme34 zu dem heute interessierenden Problem vermissen lassen. Ebensowenig führt es weiter, wenn man sich auf Urteile aus früherer Zeit berufen will und ihnen bescheinigt, daß sie "nur aus der Rückschau andeutungsweise,,35 bestimmte Inhalte haben sollen, denn damit wird diesen Urtei-

28Mauraeh,

B~, S. 339, wö~ch übereinstimmend MaurachfSchroeder, BT/1 6 , S. 442 und

BT/I , § 45 Rdn. 11. Maurach, Br, S. 339, wiederum wörtlicil,übereinstimmend MaurachfSchroeder, BT/1 6, S. 441 sowie MaurachfSchroeder/Maiwald, BT/I , § 45 Rdn. 9. Hierauf und auf die bei der Ma~~achfSchroeder~aiwald,

vorhergehenden FN wiedergegebene Äußerung berufen sich nun wiederum - von ihrem Standpunkt aus zu Recht - Vertreter der h. M.: Vgl. nur Hübner LK, § 266 Rdn. 9, 17, entsprechend sieht OUo JZ 1985, S. 73 FN 147, 1009 FN 15, JZ 1988, S. 884 FN 4 MaurachfSchroeder als Vertreter der h. M.. Erstaunlich bleibt, daß weder Schroeder noch Maiwald diese Unklarheit beseitigt haben. Auch Heimann-Trosien JZ 1976, S. 551 führt ihn "wohl" für sich (bezüglich seiner Hilfserwägung = MM [neu)) ins Feld, wobei er wenigstens auf die Mehr - bzw. Mißdeutun,~öglichk.eit hinwei1i Schönke-Schräder , § 266 Rdn. 4a; von Dunkel und Labsch (vgl. FN 26) wiederum zu Rec:fJ in Anspruch genommen. "Auch beim Mißbrauchstatbestand genügt jedoch nicht der Vertrauensbeweis allein, der in der Erteilung einer Vollmacht liegt. Hinzukommen muß eine Beziehung zwischen Täter und Geschäftsherrn, dor ihn zur Wahmehmung von Vermögensinteressen verpflichtet." - In der 17. Auflage sind diese Sätze nicht mehr enthalten; auf Widersprüche zwischen Schräders Anm. zu BGHSt 24, S. 386 ff. (JZ 1972, S. 707 ff.) und dem Kommentar hat zu Recht schon Hübner JZ 1973, S. 411 FN 43 hingewiesen; zur Entwicklung des Schönke/Schröder vgl. Hübner LK, § 266 Rd~fFN6.

H. Mayer-FS, S. 434. 33Daher zu Recht wiederum von Labsch (wie FN 26) in Anspruch genommen. 34Eine "Stellungnahme" erfordert nämlich Problernkenntnis, die Verwendung dieses Begriffs wurf~ daher bisher ganz bewußt vermieden. Hübner, LK § 266 Rdn. 16.

1. Einleitung

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len ein Erkenntnisstand - meist die eigene Meinung - unterlegt, den die Urteilsverfasser damals nicht hatten36 . Verwirrend ist daher nicht allein "die Inanspruchnahme eines und desselben Umstandes für Ansicht und Gegenansicht'.37, sondern darüber hinaus auch die Berufung auf ein und denselben Autor durch Meinung und Gegenmeinung. Hierauf wird noch mehrfach hinzuweisen sein. bb) Terminologische Vielfalt Schließlich wird die Diskussion durch eine große terminologische Vielfalt erschwert, aufgrund derer es nicht mehr gewährleistet ist, daß sich mit einem bestimmten Begriff auch ein bestimmter Inhalt verbindet38 . Gelegentlich entsteht zudem der Eindruck, daß das Durcheinander der Begrifflichkeiten zugleich äußeres Zeichen innerer Unklarheiten hinsichtlich der Problematik überhaupt ist. In der Rechtsprechung herrscht terminologisch erhebliches Durcheinander. Dies ist sicherlich bedingt durch den von ihr vertretenen Standpunkt der h. M., nach der es auf eine streng durchgeführte Unterscheidung zwischen beiden Untreuealternativen ebensowenig ankommt wie auf eine Differenzierung zwischen alternativem und kumulativem Tatbestandsmerkmal39 im Rahmen der 2. Alt.. Umso erstaunlicher ist es, wenn der BGH in einer Entscheidung begrifflich gleichwohl sehr sorgsam trennt zwischen der Vermögensfürsorgepflicht der 2. Alt. und einer Vermögensbetreuungspflicht, welche der 1. Alt. zugeordnet wird4o . Daß der Begriff der Vermögensfürsorgepflicht eher zum Treubruchstatbestand gehört, 36So ergeben beispielsweise die von Labsch Jura 1987, S. 344 FN 11, NJW 1986, S. 106 FN 20 zit. Urteile keineswegs, daß man an die Gewichtigkeit der Täterposition im Rahmen der 1. Alt. bewußt keine weiteren Anforderungen stellte, denn in den meisten dort genannten Urteilen (RGSt 69, S. 59 f., 70, S. 169, BGHSt 1, S. 187,5, S. 62 f., BGH NJW 1953, S. 1601, NJW 1954, S. 1616) fehlte schon die Verfllgungs- bzw. Verpflichtungsbefugnis; OLG Hamm NJW 1969, S. 1940 kann er schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, steht dort doch, daß der Mißbrauchstatbestand ein "Unterfall des Treubruchstatbestandes" sei. Zu älteren - unveröffentlichten - Urteilen, die bei HÜ~'1f.r LK, § 266 Rdn. 15 mitgeteilt sind, aber wiederum kritisch Labseh, Untreue, S. 63. Hübner JZ 1973, S. 409. 38 Auf terminologische Schwierigkeiten weisen etwa auch Bringewat GA 1973, S. 361, Haft, BT'3~ 232, Labseh, Untreue, S. 64, 154 hin. Daß nach h. M. beides miteinander identifIZiert wird, ändert zunächst einmal nichts daran, daß auch die 2. Alt. aus einem alternativen Teil (Pflicht, Vermögensinteressen wahrzunehmen) und einem in anderen Worten umschriebenen, kumulativen (weil auch filr die 1. Alt. geltenden) Teil (Pfl~'ift, Vermögensinteressen zu betreuen) besteht. NJW 1984, S. 2539 ff. m. Anm. Otto JR 1985, S. 29 ff. (S. 2540: "Dabei kann die zum Mißbrauchstatbestand gehörende Vermögensbetreuungspflicht identisch sein mit der fllr den Treubruchstatbestand erforderlichen Vermögensfllrsorgepflicht").

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A. Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes

legen weitere Urteile nahe41 , jedoch gilt dies nicht ohne Ausnahme, fmdet man hier doch z. T. auch den Terminus der Vermögensbetreuungspflicht verwendet42 . Verbreitet und im Sinne der h. M. durchaus konsequent ist es, wenn von einer "Vermögensbetreuungspflicht i. S. des § 266" gesprochen wird, wobei sich dies aufbeide Alternativen bezieht43 . Verwendung gefunden hat in diesem Zusammenhang aber auch der Begriff der Vermögensfürsorgepflicht44 . Darüber hinaus werden die Begriffe gerne auch bunt gemischt45 , und es scheinen den Umschreibungskünsten kaum Grenzen gesetzt zu sein46 . 41 Bei der Prüfung der 2. Alt. wird dort nämlich das Vorliegen einer Vennögensfürsorgepflicht erörtert, so z.B. von BGH NStZ 1983, s. 455, 1985, S. 464 ff. (465), 1986, s. 455 f. (455; S. 456 aber auch von Vennögensbetreuungspflicht [wohl auf § 266 insgesamt bezogen) die Rede), wistra 1987, S. 136 f. (S. 137), 1989, S. 63 f. (S. 63) m. Anm. Dtto, JR 1989 S. 208 ff. (wobei auch der Tenninus der "Treupflichten i. S. des § 266" gebraucht wird), 1989, S. 224 f. (225 - auch "Treueverhältnis" i. S. des § 266 erwähnt), NJW 1991, S. 2574, OLG Köln JR 1992, S. 249 ff. (252) m. Anm. Dtto. Aus der älteren Rechtsprechung vgl. BGHSt 4, S. 170 ff. (171), NJW 1954, S. 161~~

BGH MDRIH 1983, S. 92, StV 1984, S. 513 f. (513 I. Sp.; verletzt sei aber die Vennögensfürs.y:!gepflicht [So 513 r. Sp.)) m. Anm. Labsch S. 514 f.: OLG Karlsruhe NStE Nr. 35 zu § 266. BGHSt 33, S. 244 ff. (250), NStZ 1982, S. 201, wIstra 1986, S. 60 f., 1987, S. 136 f.; s. auch BGHSt 35, S. 224 ff. (227 - im Leitsatz wird dagegen von der Pflicht, fremde Vennögensinteressen wahrzunehmen gesprochen, vgl. auch S. 226; die jeweilige Seitenilberschrift spricht von der Vennögensfürsorgepflicht des Nachlaßrichters, vgl. auch S. 228); ähnlich auch BGH NJW 1992, S. 250 (251): "Vennögensbetreuungspflicht", gemeint als Tatbestandsmerkmal beider Alternativen. BGHSt 24, S. 386 ff. (387), OLG Hamburg NJW 1983, S. 768 f., OLG Hamm NJW 1977, S. 1834 ff. (1835), OLG Karlsruhe wistra 1991, S. 154 f., wohl auch OLG Köln NJW 1988, S. 503 f. (do~!.uch von Vennögensbetreuungspflicht die Rede). BGH NJW 1983, S. 461 f. verwendet "strafbewehrte Pflicht zur Vennögensbetreuung", "Treupflicht i. S. des § 266", "Treueverhältnis i. S. des § 266" und "das die Untreue begründende Merkmal fremdniltziger Vennögensrursorge"; im Ergebnis wird die 2. Alt. bejaht, aber es bleibt ausdrücklich offen, ob auch die I. Alt. eingreifen würde; OLG Hamm NJW 1984, S. 1633 ff. (1634 verwendet sowohl Vennögensbetreuungspflicht als auch Vennögensfürsorgepflicht; zu BGHSt 35, S. ff. s. schon o. FN 43). BGH wistra 1989, S. 345 f. (345: "In der Umschreibung des Treubruchs werden rechtliche Beziehungen genannt, aus denen sich die Pflicht ergeben kann, fremde Vennögensinteressen wahrzunehmen". Dieser Satz bezieht sich [siehe den Verweis auf Lenckner) auf beide Alternativen), OLG Karlsruhe NStE Nr. 6 zu § 266: § 266 "setzt in beiden Alternativen Rechtsbeziehungen voraus, bei denen die Wahrnehmung fremder Vennögensinteressen deren wesentlicher Inhalt sind", OLG Koblem, RPfl 1985, S. 442 f. (442: "Untreue [... ) ist die vorsätzliche Verletzung der Pflicht zur Betreuung fremder Vennögensinteressen durch Benachteiligung des zu Betreuenden [... ) § 266 setzt daher [in beiden Alt. - M.W.) ein Verhältnis voraus, innerhalb dessen dem Täter die Vetpflichtung zur Wahrnehmung fremder Vennögensinteressen obliegt"), OLG Köln NJW 1988, S. 3219 f. (3220: ''Nach neuerer Rechtsprechung setzen [... ) beide [... ) Alternativen [... ) voraus, daß der Täter fremde Vennögensinteressen von einiger Bedeutung zu betreuen hat und daß die auf Wahrnehmung fremder Vennögensinteressen gerichtete Vennögensrursorgepflicht eine vertragliche Hauptpflicht darstellt. "), im Anschluß hieran wörtlich ebenso KG Berlin NStE Nr. 34 zu § 266. Allen Urteilen ist gemeinsam, daß sie das kumulative Tatbestandsmerkmal, das rur beide Alternativen gelten soll, auch mit dem Wort "wahrnehmen" und damit mit dem nach dem Wortlaut eindeutig alternativen Teil des Treubruchstatbestandes umschreiben. Der Grund hierfilr ist in der Gleichsetzung von "wahrnehmen" und ''betreuen'' durch die h. M. zu sehen.

J.f

2it

1. Einleitung

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Auch der Literatur ist es bis heute nicht gelungen, eine einheitliche Sprachregelung zu fmden47 . So wird das nach der ganz h. M. für beide Alternativen geltende kumulative Tatbestandsmerkmal, welches sich in § 266 mit den Worten "dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat" ausgedrückt fmdet,

zwar überwiegend mit "Vermögensbetreuungspflicht" dem Wortlaut der Norm gemäß bezeichnet48 . Es fmden sich jedoch auch Termini wie "Vermögensfürsorgepflicht,,49 oder "Vermögenssorgepflicht,,50. Umschreibungen, die das Wort "wahrnehmen" verwenden, gibt es ebens0 51 wie solche, die alles miteinander verbinden52 .

Damit soll es an dieser Stelle sein Bewenden haben, ging es doch allein darum aufzuzeigen, daß und wie die Schwierigkeiten mit

§ 266 schon bei den

Bezeichnungen des Streitgegenstandes selbst beginnen. Bei der Darstellung und Kritik der bisher vertretenen Meinungen wird diese z. T. übernommen, jedoch ggf. verdeutlicht, was gemeint ist. Dabei wird in engerer Anlehnung an den Gesetzeswortlaut - insbesondere bei der Vorstellung der eigenen Konzep-

47Was nach der h. M. an sich auch nicht erforderlich wäre; i. f. soll allein die Bandbreite der vef':r§ndeten Bezeichnungen aufgezeigt werden. Z.B. Schlüchter JuS 1984, S. 676 f. (die übrigens ganz ausdrücklich den Begriff der Vennögensrursorgepflicht dem Treubruchstatbestand zuordnet und damit ebenso differenziert wie BGH NJW 1984, S. 2539 ff.), SchreiberlBeulke JuS 1977, S. 657, Vormbaum JuS 1981, S. 20 f. (der aber auch von der Pflicht, Vennögensinteressen wahrzunehmen, spricht), Wesseis, BT/2, S. 168 - hier ist aber (S. 168) auch von Vennögensfiirsorgepflicht die Rede); ähnlich auch, wenn von einem kumulativ erforderlichen "Betreuungsverhältnis" gesprochen wird, wie etwa von Schsgke/Schröder-Lenckner, § 266 Rdn. 2. Schmitt Jura 1987, S. 641, Otto JZ 1993, S. 659, siehe auch Holzmann, Bauträgeruntreue, S. 131 ~OWagner, Fälle, S. 30 f. FN 1 (S. 36 nennt er dann aber auch die Vennögensbetr pungspflicht), Heinitz, H. Mayer-FS, S. 434 spricht von "Vennögensbesorgungspflicht". Bandekow, Mißbrauch, S. 152: "Gemeinsam ist beiden, daß sie die Herbeiftlhrung eines Vennögensschadens bei demjenigen voraussetzen, dessen Vennögensinteressen wahrzunehmen sind 1... 1", S. 153 ist dann aber von Vennögensbetreuungspflicht die Rede, Holzmann, Bauträgeruntreue, S. 126: "Im Grundsatz list) zwar die Pflicht, fremde Vennögensinteressen wahrzunehmen, eine Voraussetzung beider Alternativen 1... 1", Meyer JuS 1973, S. 215: "Für beide I Alt. -M.W.) ist eine aus der Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vennögensinteressen resultierende Tätigkeit des Treupflichtigen I... ) erforderlich.", Samson SK, § 266 Rdn. 2: "Gemeinsames Merkmal ist die Herbeiftlhrung eines Vennögensschadens, bei dem dessen Vennögensinteressen der Täter zu bewahren hat", Rdn. 13 wird dann von der Vennögensbetreuungspflicht gesprochen, Willms LM, § 263 (1969) Nr. 5: "Rechtsverhältnis, kraft dessen der Täter zur Wahrnehmung von Ve~ögensinteressen des Geschäftsherrn verpflichtet ist.". Hübner JZ 1973, S. 411: Untreue in beiden Alternativen "ist I... ) nur im Rahmen eines zur Wahrnehmung von Vennögensinteressen verpflichtenden Betreuungsverhältnisses denkbar", ebenso ArztIWeber, LH 4 Rdn. 145, in der 1. Aufl. dieses Lehrbuchs vgl. zudem noch Rdn. 122. Nur wer die Problematik kennt, kann nachvollziehen, was Seelmann meint, wenn er (Grundf'alle, S. 105 f.) ausfUhrt: "Eine Vennögensbetreuungspflicht i. S. des Treubruchstatbestandes setzt nach h. M. voraus, daß die Vennögensfilrsorgepflicht der wesentliche und typische Gehalt des Treueverhältnisses ist und daß eine Pflicht verletzt wurde, bei deren Wahrnehmung der Verpflichtete [... )".

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2 Wegenast

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A Darstellung des gegenwärtigen Meinungsstandes

tion - zwischen der Vennögensinteressenwahmehmungspflicht53 als dem alternativen Teil der 2. Alt. und der Vennögensbetreuungspflicht als dem kumulativen Teil beider Alternativen nicht nur terminologisch unterschieden werden.

2. Mindermeinung (alt) Dieser Meinung zufolge soll der umstrittenen Wendung in § 266 Abs. 1 keine materiale, sondern lediglich eine eher formale Bedeutung für die 1. Alt. zukommen54. Dabei wird von ihren Vertretern durchaus unterschiedlich gesehen, worin diese Bedeutung besteht. So führt z.B. Heimann-Trosien 55 aus, das Anliegen des der 2. Alt. angefügten Halbsatzes sei es allenfalls, auch für die 1. Alt. das Nachteilserfordernis festzuschreiben. Andere 56 wiederum setzen das Nachteilserfordemis für die 1. Alt. mehr oder weniger stillschweigend voraus und meinen, daß der in seiner Bedeutung umstrittene Satzteil allein die Identität des Geschädigten als desjenigen bezeichnen solle, hinsichtlich dessen Vennögen der Täter die Befugnis innehat57. Gemeinsam ist den Vertretern dieser Meinung jedoch die Annahme, daß der fraglichen Wendung jedenfalls kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal i. S. einer wie auch immer inhaltlich zu bestimmenden Vennögensbetreuungspflicht zu entnehmen sei58 . Sie lesen den Mißbrauchstatbestand also wie folgt: "Wer 53Der Begriff der "Vermögenswahrnehmungspflicht" taucht etwa auf bei Dunkel, Untreue, S. 34,197, Firgau HWiStR, Untreue, S. 1, Haft, BT, S. 231, Labsch Jura 1987, S. 346, StV 1984, S. 514, Meyer MDR 1972, S. 668, Zahmt NJW 1972, S. 278; von "Interessenwahrnehmungspflicht" spri5~tHolzmann, Bauträgeruntreue, S. 126. Diese Meinung wurde vor allem frOher in der Lehre vertreten: Grass NJW 1973, S. 603 (ohne eigene Be~dung und unter Hinweis auf Schröder), Heimann-Trosien JZ 76, S. 549, Schönke-Schröder 1 ,§ 266 Rdn. 4a (unnar noch die 16. A. [§ 266 Rdn. 4a] - näher dazu schon o. S. 8 FN 31), Schönke/Schröder-Cramer § 266 Rdn. 430 Schröder JZ 1972, S. 708, fmdet jedoch auch in neuerer Zeit noch Anhänger, vgl. zuletzt Bockelmann, BT/l, S. 138, 140 f. sowie Samsan SK, § 266 Rdn. 2, 13, BT, S. 157. Zur Rspr., die sich nie ausdrilcklich zu dieser Meinung bekannt hat,5v5!1. u. S. 54 ff.. JZ 1976, S. 550. 56Bockelmann, BT/l, S. 138, 140 f., Sieber, Computerlcriminalität, S. 241 (dazu f{~lich im Widerspruch stehend aber auch S. 244 f., IIIS. 17 f.); ebenso wohl Schönke-Schröder ,§ 266 Rd~ 430 Schröder JZ 1972, S. 708. 7Unklar insoweitSamsan SK, § 266 Rdn. 2,13; BT, S. 157. 58M. E. unzutreffend ist die Darstellung bei Labsch, NJW 1976, S. 106, Jura 1987, S. 344 u. Otto, BT, S. 236, JZ 1985, S. 73, S. 1009, JK, § 266 Nr. 6, JZ 1988, S. 884, welche diese Meinung der "herkömmlichen" oder ''traditionellen'' gleichsetzen wollen. Vor der Entscheidung BGHSt 24, S. 244 ff. machte man sich keine Gedanken über das Erfordernis einer Vermögensbetreuungspflicht auch im Rahmen der 1. Alt., nur dies ist aber Inhalt der "herkömmlichen" Meinung (vgl. dazu schon o. S. 13), die MM (alt) trifft aber diese ihre Aussage bewußt und in Kenntnis der Grundsatzentscheidung des BGH. - Bockelmann, BT/1, S. 138: "Ein zusätzliches über den

2. Mindenneinung (alt)

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die Befugnis [etc.] mißbraucht, und dadurch dem [anderen] Nachteil zufügt [... ]". Nach dieser Meinung soll mithin zur VeIWirklichung der Mißbrauchsalternative allein der (für den Inhaber des mit einer Befugnis i. S. der 1. Alt. belasteten Vermögens) vermögensnachteilige Mißbrauch der Vetpflichtungsoder Verfügungsbefugnis genügen. Erforderlich, aber auch ausreichend für den Mißbrauchstatbestand sei es, daß der Täter eine - in einem lnnenverhältnis gebundene - rechtliche Machtstellung über fremdes Vermögen erhält; jede Überschreitung des in diesem Rahmen Gestatteten sei als Untreue zu bezeichnen59 . Diese Meinung sieht daher in beiden Alternativen der Untreue selbständige und voneinander unabhängige Straftatbestände60 mit der selbstverständlichen Folge einer Hinweispflicht nach § 265 StP061 . Im folgenden soll die nähere Begründung der MM (alt) dargestellt werden. Mißbrauch hinausweisendes Merkmal ist damit nicht genannt.", S. 141 "daß der Relativsatz [... ) zugleich die Funktion hat, ein die Nonnierung der Handlung des Täters ergänzendes Tatbestandsmerkmal aufzustellen, kann nicht angenommen werden", Heimann-Trosien, JZ 1976, S. 550: "Daraus folgt, daß mit den Worten 'zu betreuen hat' kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal für den Mißbrauchstatbestand begründet [... ) werden sollte [... ]" (bei ihm besonders deutlich, da er später in einer Hilfserwägung [So 551) filr den Fall des Erfordernisses einer Vennögensbetreuungspflicht auf deren Inhalt eingeht), Samson SK, § 266 Rdn. 13: "Andere wollen ganz auf besondere, zur Verfügungsbefugnis hinzutretende Merkmale verzichten. Man wird dieser Auffassung folgen müssen.", Schröder JZ 1972, S. 708: "Für den Mißbrauchstatbestand muß es nach alledern ausreichen, daß der Täter vom Geschädigten eine Rechtstellung eingeräumt erhalten hat, die ihm die Möglichkeit eröffnet, fre~e Vennögensinteressen in rechtsgOltiger Weise zu beeinträchtigen [... ]", Schönke-Schräder , § 266 Rdn. 4a: "Ebensowenig ist für den Mißbrauchstatbestand eine besondere Vennögensbetreuungspflicht erforderlich." - Freilich sind die Ergebnisse der überkommenen Praxis und der MM (alt) identisch und hält namentlich Schröder die Frage von Erfordernis und Inhalt einer Vennögensbetreuungspflicht nicht auseinander, jedoch spri5~t m. E. viel dafilr, daß er eine Vennögensbetreuungspflicht Oberhaupt ablehnt. Schröder JZ 1972, S. 708; vorausgesetzt ist freilich die Wirksamkeit des Geschäfts im Außenverhältnis oder - mit den Worten Schröders - , daß sich das Geschäft "im Rahmen der rechtlichen Legitimation des Täters" hält. Dazu, daß mit Überschreitung des rechtlichen Könnens der Mißbrauchstatbestand ausscheidet vgl. nur Lenckner, § 266 Rdn. 17 (dort zugleich gegen die a. A ~