Maria Luisa de Borbón (1745-1792): Großherzogin der Toskana und Kaiserin in ihrer Zeit [1 ed.] 9783205215127, 9783205215103

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Maria Luisa de Borbón (1745-1792): Großherzogin der Toskana und Kaiserin in ihrer Zeit [1 ed.]
 9783205215127, 9783205215103

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Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts Herausgegeben von Thomas Wallnig in Verbindung mit Franz Eybl und Wolfgang Schmale (Bd. 1–8 hg. von Moritz Csáky)

Band 22



Renate Zedinger

Maria Luisa de Borbón (1745–1792)

Großherzogin der Toskana und Kaiserin in ihrer Zeit

Böhlau Verlag Wien Köln



Gedruckt mit Unterstützung durch die Stadt Wien Kultur das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2022 Böhlau Verlag, Zeltgasse 1, A-1080 Wien, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Maria Ludovika von Bourbon-Spanien, Großherzogin der Toskana, Ferdinand Georg Waldmüller, © KHM-Museumsverband, Inv.Nr. GG 9437 Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Korrektorat: Volker Manz, Kenzingen Satz: Bettina Waringer, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21512-7

Inhalt

Zum Geleit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Vom Herzogtum Lothringen zur „Reggenza lorenese“ in der Toskana

Auftakt 1765 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Habsburg-bourbonischer Allianzenwechsel; Innsbrucker Hochzeit 1765

Maria Luisas Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Maria Amalia von Sachsen und Carlo VII. von Neapel-Sizilien/ Carlos III. von Spanien; Hofleben in Neapel und Madrid

Jugend zwischen Neapels Straßen und spanischem Zeremoniell . . . . . . . 33 Österreichische Berichte vom neapolitanischen und spanischen Hof; zur Erziehung der Infanten und Infantinnen

Erste Schritte in ein neues Leben: Großherzogin der Toskana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Zur Reise von Innsbruck nach Florenz; Erkundung des Herrschaftsgebietes

6 Inhalt

Hof- und Familienleben zwischen Kindersegen und Repräsentation . . . . . 55 Palazzo Pitti, die Residenz der Großherzöge; im Winter in Pisa, im Sommer in der Villa Poggio Imperiale; Luigi Grün

Im Gleichschritt: „Ich bin meiner Frau sehr verbunden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Einmischungen aus Wien; Besuche Josephs II. und der Geschwister; Reisen des Großherzogspaares

Toskanische Hochzeiten 1787, 1788 und 1790 . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Marie Terese und Anton von Sachsen; Erzherzog Franz und Elisabeth von Württemberg; toskanisch-neapolitanische Dreifachhochzeit

Krönungsmarathon 1790–1791 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Kaiserkrönung in Frankfurt; Ungarische Krönung in Preßburg; langwierige Vorbereitungen zur böhmischen Krönung

Maria Luisa im Spiegel privater und offizieller Korrespondenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Im Dienst der Familie; Briefwechsel mit Kindern und Vertrauten

Die toskanischen Kinder – Biographische Skizzen . . . . . . . . . . . . . . 131 Sie gingen alle ihren Weg: Franz als Kaiser, Ferdinand als Großherzog in schwieriger Zeit, Karl als Sieger von Aspern, Joseph als Palatin von Ungarn, Johann als „Steirischer Prinz“, Rainer als Vizekönig von Lombardo-Venetien, Rudolf als Kardinal und Förderer Beethovens, Ludwig als Vorsitzender der Staatskonferenz, Marie Terese und Marie Clementine als Herrscherinnen, Maria Anna als Äbtissin in Prag

Inhalt 7

Schlussakkord 1792 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Auch im Tode vereint: Leopold II. und Maria Luisa de Borbón beenden ihre Wege im Frühjahr 1792

Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191



Zum Geleit Als Maria Ludovica (Maria Luisa de Borbón)1 1745 geboren wurde, standen die europäischen Gesellschaften in einer schon vorangeschrittenen Phase von Veränderungen. Gingen Wandlungen zuvor über Jahrhunderte gemächlich und in überschaubaren Entwicklungsschritten voran, bewirkten die Ideen der Aufklärung ab der Wende zum 18. Jahrhundert immer schneller werdende und tiefergehende Neuerungen. Die aus der Religion und dem Bewahren von Überliefertem gewonnenen Sicherheiten der Menschen waren in Frage gestellt, weil nun mit Hilfe der menschlichen Vernunft alle Lebensbereiche neu gestaltet werden sollten. Sicherheit durch Bewahren stand grenzenlosem Fortschrittsglauben gegenüber. Verantwortungsträger, wie Maria Ludovicas Herkunftsfamilien und ebenso die Familie ihres Mannes, mussten die Zerreißprobe meistern, Sinnvolles zu bewahren und zweckmäßige Neuerungen einzuleiten. Vor diesem an Veränderungen und Spannungen so reichen Hintergrund des 18. Jahrhunderts das Schicksal einer Frau nachzuvollziehen, die ihr Leben in mehreren Zentren der Macht verbrachte und der wohl erhebliche Möglichkeiten zu Einflussnahmen offenstanden, erscheint besonders aufschlussreich. Wie entfaltete sich Maria Ludovica als Person, welche unterschiedlichen sozialen Rollen musste sie bewältigen, welche Einschnitte prägten ihr Leben und wie reagierte sie darauf? Wie veränderte sie ihr Umfeld und wie wurde sie von ihren Mitmenschen wahrgenommen? Was blieb von ihr? Was sagen uns ihr Wirken, ihre Erkenntnisse, ihre Bestrebungen heute? Jede Biographie ist ein besonderer Dialog über einen Menschen, der manchmal zu einem Dialog mit diesem Menschen werden kann. Ein Annähern, ein Nahekommen auf einer inneren Brücke über den Strom der Zeit, begleitet von Neugierde, Verständnis oder Abwendung. Und jeder in die Tiefe gehende Dialog ist fast immer ein großer Gewinn. Der hohe Kenntnisstand der Verfasserin, die lebendige Sprache und der große Tiefgang machen die gegenständliche Biographie jedenfalls zu einem Dialog von besonderem Wert. Markus Habsburg-Lothringen Bad Ischl im Herbst 2021

Anmerkung 1

Neben ihrem Namen Maria Luisa de Borbón sind in der Historiographie auch die Namen Maria Ludovika und Maria Luisa von Spanien gebräuchlich.

Vorwort Vom Herzogtum Lothringen zur „Reggenza lorenese“ in der Toskana

Die Spurensuche zu Person und Umfeld der 1765 mit Erzherzog Leopold vermählten Infantin Maria Luisa de Borbón, Großherzogin der Toskana und Kaiserin, begann bei ihrem Schwiegervater, dem Herzog von Lothringen und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Franz I. Stephan (1708–1765, Kaiser ab 1745); vom in Wien verwahrten Lothringischen Hausarchiv ausgehend, erstreckte sich die Suche über Prag, Dresden, Madrid, Mailand nach Florenz, ins ehemalige Großherzogtum Toskana. Es war dieses Herrschaftsgebiet, das Franz Stephan von Lothringen von Kaiser Karl VI. als Ersatz für sein Herzogtum überantwortet worden war. Der zwischen 1735 und 1737 als Friedensschluss des Polnischen Thronfolgekrieges ausgefeilschte Kompromiss betraf in erster Linie Franz Stephan von Lothringen, der am Kriegsgeschehen nicht beteiligt gewesen war. Ausgehandelt wurde dieser von ihm als „marchandage“ bezeichnete Vertrag, also dieser Kuhhandel von Karl VI., der den Schwiegersohn unter Druck gesetzt hatte; auch die französische Diplomatie hatte ihren Einfluss bei allen Verhandlungspartnern geltend gemacht, denn endlich hatte Ludwig XV., König von Frankreich, die Gelegenheit gesehen, die Hand auf das Herzogtum Lothringen zu legen. Was in zahlreichen Kriegen nicht gelungen war, glückte am diplomatischen Parkett, ein altes Ziel der französischen Politik wurde letztlich erreicht: Das seit dem Mittelalter selbstständige und dem Heiligen Römischen Reich zugehörige Herzogtum Lothringen gelangte unter französische Oberhoheit. Maria Theresia sollte sich für diese willkürliche Entscheidung ihrem Mann und der lothringischen Familie gegenüber ein Leben lang verpflichtet fühlen. Das Haus Lothringen sollte mit der Toskana „entschädigt“ werden, somit wurde auch das Großherzogtum in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Spielball der europäischen Politik. Als der letzte Großherzog Gian Gastone (1671–1737) aus dem Geschlecht der Medici im Juli 1737 kinderlos verstarb, war die glanzvolle Zeit dieser Dynastie schon lange vorbei, die Toskana lag wirtschaftlich darnieder, Nepotismus und Korruption beherrschten die Regierungsgeschäfte. Allerdings die Toskana war Reichslehen, und so konnte Karl VI. nach langem Tauziehen zwischen den verschiedenen Interessen der europäischen Großmächte seinen Schwiegersohn damit belehnen. Im Verlauf der Verhandlungen war Franz Stephan von Lothringen die Eigenständigkeit des Großherzogtums zugesichert worden und er beharrte darauf, die Toskana aus dem habsbur-

12 Vorwort

gischen Machtbereich herauszuhalten, es sollte sein eigenes Herrschaftsgebiet und das seiner Nachfahren sein. Während eines dreimonatigen Aufenthaltes im Frühjahr 1739 machte er sich ein Bild der Lage. Der neue Großherzog und spätere Kaiser begründete hier eine Sekundogenitur, einer seiner Söhne sollte in der Toskana die lothringische Dynastie weiterführen. Der Gedanke wurde zum Programm: Hier und in der italienischen Historiographie war daher immer nur von der Dynastie der „Lorena“ die Rede, von der Familie der „Lorena“, von „La corte lorenese di Toscana“, von der „Reggenza lorenese“, von der lothringischen Herrschaft. Mit der Hochzeit Maria Theresias und Franz Stephans von Lothringen wurde nördlich der Alpen der Doppelname Habsburg-Lothringen gebräuchlich, obwohl die Familie mit Karl VI. ja eigentlich ausgestorben und mit Franz I. Stephan „lothringisch“ geworden war. Zum neuen Herrschaftsgebiet des Hauses Lothringen entwickelte sich nun das Großherzogtum Toskana, es war eine gedeihliche Entwicklung. Die Eigenständigkeit der Toskana war auch bei den Verhandlungen mit Carlos III. von Spanien Bedingung für die Heirat der Infantin mit Erzherzog Peter Leopold gewesen, denn es war dem König wichtig, seine Tochter standesgemäß zu vermählen: Maria Luisa sollte nicht die Gemahlin des Zweitgeborenen werden, als Nachfahrin von Königen und Kaisern mit Wurzeln im gesamten europäischen Machtgefüge stand ihr ein eigenes Herrschaftsgebiet zu. Früher als vorgesehen, nach dem plötzlichen Tod des Kaisers, reiste das junge Großherzogspaar nun schon Ende August 1765 in die Toskana, es galt nun nicht mehr den Vater und Schwiegervater würdig zu vertreten, es lag nun an ihnen, die Herrschaft wahrzunehmen. Dem nunmehrigen Großherzog Pietro Leopoldo bewahrt die Toskana bis heute ein ehrendes Gedenken, gelang es ihm doch, die Reformen des Vaters fortzusetzen und auszubauen. Mit den Erfahrungen des Madrider Hofes stand Maria Luisa ihrem Gemahl zur Seite, sehr schnell wurden die Strukturen für eine funktionierende Hofhaltung aufgebaut, die es seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr gegeben hatte. Das Großherzogspaar konnte an die Vorarbeiten Franz Stephans von Lothringen anschließen: Der erste „Lorena“ in der Toskana hatte den Weg geebnet für den Aufbau eines modernen toskanischen Staates im Sinne der Aufklärung und mit einer kurzen Unterbrechung in napoleonischer Zeit regierten vier Generationen der Dynastie „Lorena“ das Land bis 1859. Mit dieser Publikation sei ein Blick auf die Jahre im Großherzogtum Toskana geworfen, in denen sich diese „Reggenza lorenese“ verfestigte, auf die Zeit, in der das junge Großherzogspaar Pietro Leopoldo und Maria Luisa de Borbón die Geschicke des Landes bestimmten, neues Hof- und Familienleben entfalteten und mit ihren Kindern den Weiterbestand der Familie sicherten. Mit diesen Jahren verbindet sich bis heute die Erinnerung an eine für die Toskana äußerst gedeihliche Zeit. *

Vorwort 13

Viele Impulse führten dazu, diese Spurensuche aufzunehmen: Das waren die Forschungen, die zusammen mit vielen Kollegen zur Publikation Innsbruck 1765 geführt hatten, zur Hochzeit des späteren Großherzogspaares, die im Rahmen des Jahrbuches 29/2014 der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts veröffentlicht worden war; da gab es aber auch viele Gespräche in Nancy, Wien und Florenz, viele neue Publikationen, die die verschiedenen Entwicklungen des Großherzogtums aus den unterschiedlichsten Perspektiven beleuchteten und die an die Erkenntnisse aus der verdienstvollen und immer noch topaktuellen, von Adam Wandruszka 1963 publizierten zweibändigen Biographie über Leopold II. anknüpften. Immer wieder führten Gespräche auch zum Kollegen Dr. Christoph Gnant zurück, dessen jahrelange Forschungen über Die Wahlkapitulation Kaiser Leopolds II., also des früheren Großherzogs Pietro Leopoldo, Anregung und Aufmunterung waren, meine Nachforschungen in den verschiedensten Archiven und Bibliotheken fortzusetzen bzw. die Ergebnisse endlich zusammenzufassen. Ihm sei dafür besonders gedankt. Wichtige Anregungen für eine Neubetrachtung der lothringischen Herrschaft im Großherzogtum Toskana waren von einer Tagung ausgegangen, die das Archivio di Stato di Firenze schon im September 1994 in den Räumlichkeiten des Staatsarchivs ausgerichtet hatte. Das Generalthema lautete: „Il Granducato di Toscana e i Lorena nel secolo XVIII“ (Das Großherzogtum Toskana und die Lothringer im 18. Jahrhundert), es war der Anstoß für weitere Forschungen und Kooperationen. Die Zusammenarbeit mit Hubert Collin (Directeur des Archives départementales Meurthe-et-Moselle, Nancy) und der Kollegin Alessandra Contini (Archivio di Stato di Firenze, die diese Tagung initiiert hatte) führte zu zahlreichen Kongressen, Workshops und Veranstaltungen; ein Höhepunkt war sicher die Ausstellung „Lothringens Erbe“ im Sommer 2000 auf Schloss Schallaburg, die ohne die wertvolle Mithilfe all dieser Kollegen nicht realisierbar gewesen wäre. Besonderer Dank für jahrelange Unterstützung gilt Hubert Collin und Alessandra Contini, ihnen war die Bedeutung der Dynastie „Lorena“ für die Toskana bewusst gewesen, ihnen sei diese Publikation gewidmet – es war beiden nicht die Zeit gegeben, deren Fertigstellung zu erleben. Renate Zedinger Wien, im Herbst 2021

Auftakt 1765 Habsburg-bourbonischer Allianzenwechsel; Innsbrucker Hochzeit 1765

Maria Luisa Antonia de Borbón1, Infantin von Spanien (Abb. 1), und Erzherzog Peter Leopold2 (Abb. 2) führten im Großherzogtum Toskana den Bestand des Hauses Lothringen fort und begründeten mit ihren 16 Kindern die neue habsburgisch-lothringische Dynastie. Das Paar verdankte seinen gemeinsamen Lebensweg den beharrlichen Bemühungen des Hof- und Staatskanzlers Kaunitz, Maria Theresia von einem Wechsel der habsburgischen Bündnispolitik zu überzeugen; der traditionelle habsburgische Verbündete war jahrhundertelang England gewesen, das sich aber im Kampf Maria Theresias um den Erhalt ihres Erbes als unverlässlich erwiesen hatte. Schon während seiner Zeit als Gesandter am Hof von Versailles hatte sich Kaunitz mit Hilfe der Madame Pompadour das Vertrauen Ludwigs XV. erworben, als Hof- und Staatskanzler arbeitete er seit 1753 unermüdlich auf eine Allianz mit Frankreich hin. Nach dem Tod Karls VI. und dem Regierungsantritt Maria Theresias hatte Friedrich von Preußen die Gunst der Stunde genutzt und Schlesien annektiert, das seit 1526 zum habsburgischen Länderkomplex gehört hatte; beharrlich verfolgte der Preußenkönig das Ziel, Österreich territorial und politisch zu schwächen. Aber auch die französische Politik hatte sich von der Allianz mit Preußen vor allem in Übersee effizientere Unterstützung erhofft, dazu war es nicht gekommen. Somit sah Kaunitz die Gelegenheit, sowohl Frankreich als auch die Wiener Politik zum Bündniswechsel zu bewegen. Maria Theresias Ziel war die Rückgewinnung Schlesiens. Die am 1. Mai 1756 vertraglich fixierte „Umkehr der Bündnisse“3 wurde nach alter Tradition mit Ehevereinbarungen zwischen den Häusern Bourbon und Habsburg besiegelt. Noch während der Verhandlungen war die Hochzeit zwischen Erzherzogin Marie Antoinette, geboren am 2. November 1755, und dem späteren Ludwig XVI., geboren am 23. August 1754, vereinbart worden, die letztlich im Jahr 1770 stattfinden sollte. Allerdings gab es in beiden Familien Prinzen und Prinzessinnen im heiratsfähigen Alter, da musste man nicht so lange warten; daher begann sich das Hochzeitskarussell sehr schnell zu drehen, die Wiener Politik knüpfte Verbindungen zu den Bourbonen in Parma, Neapel, Spanien; als erste Heirat wurde im Oktober 1760 jene zwischen dem späteren Kaiser Joseph II. und Isabella von Bourbon-Parma4, der Enkelin des französischen Königs Ludwig XV., vereinbart. Im Gespräch war auch eine Verbindung des Kronprinzen mit Maria Luisa, der Tochter des neapolitanischen, später spanischen

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Auftakt 1765

Abb. 1: Maria Ludovica als Großherzogin der Toskana, österreichischer Maler, Hofburg Innsbruck, © Burghauptmannschaft Österreich, Foto Bunge (Firma Neubauer).

­ önigspaares gewesen, der Wiener Hof entschied sich vorerst für die politisch wichK tigere und direktere Anbindung an Frankreich, hatte Isabella doch jahrelang am Hof von Versailles gelebt. Aber auch der neapolitanische König Carlos VII. entstammte dem Haus Bourbon, er war ein jüngerer Bruder des spanischen Königs; als dieser nun am



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Abb. 2: Leopold als Großherzog der Toskana, österreichischer Maler, Hofburg Innsbruck, © Burghauptmannschaft Österreich, Foto Bunge (Firma Neubauer).

10. August 1759 kinderlos verstarb, folgte er ihm als Carlos III. auf dem spanischen Thron nach. Nun wurde die Verbindung des zweitgeborenen Erzherzogs Karl mit der nunmehr spanischen Königstochter Maria Luisa attraktiv. Karls unerwarteter Tod im Jänner 1761 vereitelte das Projekt, ließ jedoch sowohl in Wien als auch in Madrid den

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Auftakt 1765

Plan entstehen, die Infantin mit dem nächstgeborenen Erzherzog Peter Leopold zu verheiraten. Kaiser Franz I. Stephan hatte beabsichtigt, seinem Zweitgeborenen die Nachfolge im Großherzogtum Toskana zu sichern und so „erbte“ Peter Leopold nicht nur die Braut seines Bruders, sondern auch dessen Herrschaftsgebiet5. Im Rahmen der Eheverhandlungen verfügte Kaiser Franz I. Stephan, das ihm als Entschädigung für Lothringen überlassene Großherzogtum Toskana als Sekundogenitur für seinen Sohn Leopold einzurichten, hier sollte der Erzherzog das Haus Lothringen weiterführen; letztlich regierte die Dynastie „Lorena“ das Großherzogtum mit kleinen Unterbrechungen bis 1859. Mit diesem Beschluss wollte Franz Stephan von Lothringen die Anbindung an den habsburgischen Länderkomplex für alle Zeiten verhindern. Diese Bestimmung stellte aber auch für den spanischen König eine unabdingbare Voraussetzung dar, sollte seine Tochter doch eine repräsentative Stellung in eigener Herrschaft einnehmen und nicht nur den jüngeren Bruder des späteren Kaisers Joseph II. heiraten6. Den beiden Brautleuten konnte nichts Besseres passieren, sie wurden ein kongeniales Paar. Da dem spanischen König Carlos III. sehr daran gelegen war, diese Verbindung zum Abschluss zu bringen, der Wiener Hof das „Beylager“ aber nicht vor dem 18. Geburtstag des Erzherzogs vollziehen wollte – er war zwei Jahre jünger als die Infantin –, wurde in Madrid bereits 1764 die Hochzeit ‚per procura‘ mit einem wahren Festesreigen ausgerichtet. Natürlich wurde auch in Wien gefeiert, der Hof veranstaltete ein großes öffentliches Diner und einen Ball im Redoutensaal der Hofburg mit „Zuziehung der hier anwesenden fremden Herrn Botschafter“7. Nachdem Erzherzog Peter Leopold am 5. Mai 1765 sein 18. Lebensjahr vollenden würde, musste der Wiener Hof nun entscheiden, wo die kirchliche Trauung stattfinden sollte. Sowohl das Kaiserpaar als auch der Brautvater hatten sich gegen die Hauptund Residenzstadt Wien ausgesprochen. Maria Theresia bestimmte nunmehr die Stadt Innsbruck, sie wollte das Land Tirol, die Stadt und das Statthalterpaar Graf und Gräfin Enzenberg8 besonders auszeichnen9. Nachdem entschieden war, dass die feierliche Hochzeit Anfang August 1765 in Innsbruck stattfinden sollte10, konnten nun an beiden Höfen die notwendigen Vorbereitungen getroffen werden: Die kaiserliche Familie würde sich Mitte Juli 1765 auf den Weg machen, die Infantin hatte die längere Fahrt vor sich, sie würde per Schiff nach Genua reisen und von dort in kleineren Etappen über den Brenner nach Innsbruck gelangen. So geschah es und während die kaiserliche Familie beizeiten in Innsbruck eintraf, verspätete sich die Infantin infolge schlechten Wetters während der Seereise. Noch am 24. Juni 1765 schrieb die Prinzessin ihrer Großmutter, dass sie sich am nächsten Tag in Cartagena einschiffen würden und hofften, innerhalb von sieben bis acht Tagen Genua zu erreichen. Tatsächlich kamen sie erst am 17. Juli 1765 nach fürchterlichem Sturm und hohem Seegang an11. Es war aber gut so, denn Erzherzog Peter Leopold hatte sich eine Darmerkrankung zugezogen und zeitweise ging es ihm so schlecht, dass überlegt wurde, ihm die Sterbesakramente zu ver-



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abreichen. Langsam erholte er sich. Maria Luisa sah ihren Ehemann erstmals in Brixen, am 1. August 1765. Erzherzog Peter Leopold hatte Innsbruck am 29. Juli verlassen, um seine Braut außerhalb des familiären und höfischen Trubels, in kleinem Rahmen zu begrüßen. Der Vater war dem Sohn schon vorausgeeilt. Kaiser Franz I. Stephan war nach Bozen gefahren, nicht um schnellstens die zukünftige Schwiegertochter zu begutachten, sondern um bei der reichen Bozener Kaufmannschaft eine Anleihe von 200.000 Gulden aufzunehmen – die bevorstehende Hochzeit war fernab der heimatlichen Residenz nicht nur eine logistische, sondern auch eine finanzielle Herausforderung. Tatsächlich war es für die reiche Stadt Bozen aber kein Problem, die Summe innerhalb weniger Stunden zur Verfügung zu stellen. So konnte sich der Kaiser zur Begrüßung der Erzherzogin/Infantin unter die Honoratioren stellen – inkognito, wie er meinte. Aber sein prächtiges Mantelkleid verriet ihn: Maria Luisa, vertraut mit den Gepflogenheiten des spanischen Hofzeremoniells und darin geübt, im Begrüßungsrummel die wichtigen Persönlichkeiten zu erkennen, war sich sehr schnell bewusst, wer da vor ihr stand. Nach nächtlichem Feuerwerk und Böllerschießen fuhren der Kaiser und Maria Luisa gemeinsam nach Brixen, wo sich die Brautleute erstmals persönlich gegenüberstanden12. In Innsbruck hatte die kaiserliche Familie seit dem 15. Juli auf das Eintreffen der Braut gewartet. Als Graf Thurn13, der Obersthofmeister Peter Leopolds, am 18. Juli 1765 erstmals der Erzherzogin/Infantin in Genua gegenüberstand, war er begeistert 14. Graf Thurn hat es wohl richtig vorhergesehen, Peter Leopold und Maria Luisa verstanden sich auf Anhieb, ihre Ehe wurde eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Am 5. August 1765 konnte die feierliche Hochzeit in der Innsbrucker Pfarrkirche Sankt Jakob stattfinden (Abb. 3), der Altersunterschied von zwei Jahren war der Beziehung eher förderlich. Maria Luisa betreute ihren immer noch kränkelnden Ehemann liebevoll und behutsam, so wie sie es nach dem Tod der Mutter mit den jüngeren Geschwistern gemacht hatte. Ihre Fürsorge wurde allgemein anerkannt, Maria Theresias Sekretär Koch berichtete darüber am 18. August 1765 an Lebzeltern, den Geschäftsträger am spanischen Hof15. Das Kaiserpaar war „charmé“, man freute sich über die Warmherzigkeit der Prinzessin, die alle auf Anhieb ins Herz geschlossen hatten. Auch Maria Luisa war überglücklich, sie liebte ihren Mann und hatte nun Eltern gefunden, die sie zärtlich liebten, wie sie schon am 17. August der Großmutter berichten konnte16. Ihr Einfühlungsvermögen sollte dem Erzherzog auch über die schweren Stunden hinweghelfen, die am 18. August 1765 mit dem überraschenden Tod Franz’ I. Stephan über die gesamte Familie hereinbrachen. Denn nun ging es nicht mehr darum, den Vater im Großherzogtum Toskana bestmöglich zu vertreten, nun war der gerade mal 18 Jahre alte Erzherzog von einer Stunde auf die andere Großherzog – und Maria Luisa die neue Großherzogin, die ihm zur Seite stehen sollte, in guten wie in schlechten Tagen. Es waren vor allem schwierige, arbeitsame Tage, die auf das junge Paar zukamen, denn die Toskana hatte in der Regierungszeit der letzten Medici einen wirtschaftlichen Nie-

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Auftakt 1765

Abb. 3: Hochzeit in Innsbruck am 5. August 1765, Darstellung auf einer Zeichnung im Buch: Charlotte Schreiber, Fan and fan leaves 2, London 1890, Museum für Angewandte Kunst Bibliothek, Sign. AC12399861.

dergang erlebt, der alle Ebenen des öffentlichen Lebens erfasst hatte. Die schrittweise Durchsetzung der dringend notwendigen Reformen sollte die rund 25 Jahre währende Regierungszeit des Großherzogs Pietro Leopoldo und seiner Gemahlin Maria Luisa prägen17, wobei die ab 1737 von Vater Franz Stephan von Lothringen eingesetzte „Reggenza lorenese“ den Weg geebnet hatte, wie es der Historiker Giuseppe Pansini 1980 im Jahr der großen Maria-Theresien-Ausstellung treffend feststellte: „[…] trotz aller Unzukömmlichkeiten […] hat Franz Stephan von Lothringen das grundlegende Verdienst, den Boden für die Reformen seines Sohnes Peter Leopold vorbereitet zu haben“18. * Zum Zeitpunkt der Eheschließung des künftigen Großherzogspaares im August 1765 war die Nachfolgefrage im Haus Habsburg-Lothringen zwar gegenwärtig, aber nicht vorrangig. Maria Theresia und Franz Stephan von Lothringen hatten für eine große Kinderschar gesorgt; sowohl der im Jänner 1764 zum Römischen König gekrönte Joseph als auch die Erzherzöge Ferdinand, geboren 1754, und Maximilian, geboren 1756, konnten noch Söhne zeugen. Aber: Joseph weigerte sich nach zwei Ehen auch noch eine dritte einzugehen und für Nachwuchs zu sorgen, Bruder Maximilian trat in den geistlichen Stand, wurde Hochmeister des Deutschen Ordens, und Erzherzog Ferdinand



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begründete durch seine Heirat mit Maria Beatrix von Modena-Este die Linie HabsburgEste, die jedoch mit dem Enkelsohn Franz ausstarb. Damit lag doch tatsächlich die Verantwortung für den Weiterbestand des Hauses beim Großherzogspaar Pietro Leopoldo und Maria Luisa; es waren ihre 16 Kinder die den Erhalt der Dynastie gewährleisteten. Mit der Geburt des Erzherzogs Franz am 12. Februar 1768 blieb die Nachfolge im Reich und in den habsburgischen Ländern gewahrt, mit den Erzherzögen Ferdinand, Karl, Josef, Johann und Rainer und deren Nachkommen war der Fortbestand des Hauses Habsburg-Lothringen sichergestellt. Anmerkungen 1

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Maria Luisa Antonia de Borbón, 1745–1792, Tochter des spanischen Königs Carlos III. und der sächsischen Prinzessin Maria Amalia. In dieser Darstellung wird die spanische Schreibweise ihres Namens beibehalten, sie wird aber je nach Sprache „Louise“ oder „Ludovika“ genannt. Vgl. Maria de los Angeles Pérez Samper, Maria Luisa Antonia de Borbón. In: Diccionario biográfico español, Madrid 2009–2013, tomo 32, pp. 466–467; Hamann, Die Habsburger, S. 331–332. Erzherzog Peter Leopold, 1747–1792, dritter Sohn des Kaiserpaares, ab 1765 Großherzog der Toskana, ab 1790 Kaiser; von seiner Taufpatin Elisabeth Petrowna erhielt er den in der habsburgischen Tradition unüblichen Namen „Peter“, in Erinnerung an deren Vater Zar Peter den Großen. Am Wiener Hof und in der österreichischen Geschichtsschreibung wurde der Name „Peter“ nicht verwendet, sehr wohl aber in der Toskana. Hier genießt Großherzog Pietro Leopoldo bis heute höchstes Ansehen. Vgl. Hamann, Die Habsburger, S.118–119; Adam Wandruszka, Leopold II., 2 Bde., Wien/München 1963. Vgl. Lothar Schilling (Hg.), Kaunitz und das Renversement des alliances. Studien zur außenpolitischen Konzeption Wenzel Antons von Kaunitz, Berlin 1994. Immer noch maßgeblich: Ursula Tamussino, Isabella von Parma, Gemahlin Josephs II., Wien 1989. Gleichzeitig mit der Errichtung der toskanischen Sekundogenitur musste der Erstgeborene und spätere Kaiser Joseph II. ganz offiziell darauf verzichten, jemals Anspruch auf das Großherzogtum zu erheben; vgl. HHStA, Ministerium des K. K. Hauses, Vermählungen 9, Konv. 7, Nr. 5. Bekanntlich hielt sich Joseph II. nicht daran, 1784 zwang er Großherzog Peter Leopold, nach dessen Tod der Eingliederung des Großherzogtums in die Habsburgermonarchie zuzustimmen. Selbst Kaiser geworden, vernichtete Leopold II. diesen Vertrag. Anna Mur i Raurell, „Toscana e Infante, esto es todo el Tratado“. Die Hochzeit in Innsbruck in den Berichten des spanischen Botschafters Graf Demetrio Mahony (1762–1765). In: Renate Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765. Prunkvolle Hochzeit, fröhliche Feste, tragischer Ausklang (= Jahrbuch der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 29), Bochum 2014, S. 241–272.

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Auftakt 1765

HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 96, Nr. 7: Vizekanzler Colloredo berichtet an Graf Rosenberg, den habsburgischen Gesandten in Madrid, am 10. März 1764. Graf Cassian Ignaz Enzenberg (1709–1772), Präsident des Guberniums, und Sophie Amalie Gräfin Enzenberg, geb. Schack von Schackenburg (1707–1788), hatten 1746 im Beisein des Kaiserpaares in Wien geheiratet, sie erfreuten sich zeitlebens der besonderen Gunst Maria Theresias; vgl. Maria Theresia und Tirol, Ausstellungskatalog, Innsbruck 1958, S. 22 und 24; Jean-Pierre Lavandier (éd.), Lettres de l’impératrice Marie Thérese à Sophie d’Enzenberg (1746–1780), Paris 2019. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 45, Konv. 3, fol. 98–106, Kopie des HofkonferenzVortrags vom 5. Oktober 1764. Vgl. generell Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765. Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2746, Maria Luisa an ihre Großmutter Isabella Farnese, Briefe vom 18. und 20. Juni 1765 sowie vom 17. Juli 1765. Renate Zedinger, Innsbruck 1678–1806. Die Lothringer – Glück und Unglück einer europäischen Dynastie. In: Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765, S. 11–34, hier S. 27. Franz Graf Thurn (1718–1766); Maria Theresia förderte seine Heirat mit Gabriele Freiin von Reischach am 14. Mai 1765, Gabriele wurde Obersthofmeisterin von Maria Luisa, das Paar begleitete das neue Großherzogspaar in die Toskana; Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 45, Wien 1882, S. 116. HHStA, Ältere Zeremonialakten 68, fol. 144–145, Graf Thurn an Ulfeld: „[…] j’ai tout lieu de croire qu’elle plaira infiniment à toute la famille impériale et qu’elle fera les délices de son auguste epoux […]“. HHStA, Spanien, Varia 58, Konv. 8: „[…] l’archiduc Leopold qui nous avait donné de l’inquietude dans la semaine dernière se porte grâce à Dieu de mieux en mieux depuis 4 jours […] l’archiduchesse lui tient presque continuellement compagne, l’encourage […]“. Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2703, Maria Luisa am 17. August 1765 aus Innsbruck an die Großmutter Isabella Farnese: „[…] Je puis l’assurer que je suis la plus heureuse femme […] j’ai un mari que j’aime tendrement et qui m’adore […] un Pere et une Mere qui m’aiment tendrement […]“. Vgl. Christoph Gnant, „La nascita della Toscana moderna“. Staats- und Rechtsreformen Pietro Leopoldos als Großherzog der Toskana. In: Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765, S. 299–310. Giuseppe Pansini, Franz Stephan von Lothringen und die Reform des Staates der Medici, 1737–1765. In: Maria Theresia und ihre Zeit, Ausstellungskatalog, Wien 1980, S. 123– 129, hier S. 129.

Maria Luisas Eltern Maria Amalia von Sachsen und Carlo VII. von Neapel-Sizilien/Carlos III. von Spanien; Hofleben in Neapel und Madrid

Maria Luisa wurde als fünfte Tochter des neapolitanischen Königspaares am 24. November 1745 im Schloss von Portici geboren. Im südlichen Kampanien am Fuße des Vesuvs gelegen, war Portici ein beliebter Aufenthalt der Königsfamilie. Ein Blick in die Ahnentafel der Vorfahren der kleinen Infantin zeigt, dass die Dynastien der Bourbonen, Wettiner und Habsburger ganz paritätisch mit jeweils vier Ahnen, Königen und Kaisern vertreten sind1. Die Eltern, die natürlich sehnsüchtig den Thronfolger erwartet hatten, waren also Carlo VII. König von Neapel und Sizilien (ab 1759 Carlos III., von Spanien) und Maria Amalie, Prinzessin von Sachsen, Tochter des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., als polnischer König August III. Als Carlo VII. (1716–1788)2 bestieg der Sohn des spanischen Königs Philipp V. und seiner zweiten Frau Elisabeth Farnese im Jahr 1735 den Thron des Königreiches von Neapel und Sizilien, nachdem die europäischen Mächte in jahrelangem Ringen vom Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges an (1700–1714) über den Sizilianischen Krieg (1728–1729) bis hin zum Polnischen Thronfolgekrieg (1733–1738) unter der Prämisse, das politische Gleichgewicht zu wahren, endlich im Wiener Frieden von 1738 die Regelungen für eine europäische Friedenslösung festgelegt hatten. Schweren Herzens und nur widerwillig hatte Kaiser Karl VI. den Enkel des französischen Königs Ludwig XIV. als Philipp V. auf Spaniens Thron anerkannt und nur unter der Bedingung, dass Spanien und Frankreich niemals in einer Hand vereinigt sein durften. Das Haus Bourbon wollte jedoch nicht nur den spanischen König stellen; Elisabeth Farnese, die zweite und besonders ehrgeizige Frau Philipps V., drängte darauf, ihrem Sohn Don Carlos ein eigenständiges Herrschaftsgebiet zu verschaffen. Da Philipps älterer Sohn, der ­Infant Ferdinand (1713–1759, ab 1746 König Ferdinand VI.), in Spanien König werden sollte, war die spanische Politik bemüht, den jüngeren Carlos nach dem Tod des letzten Medici in der Toskana zu etablieren. Die Toskana war allerdings kaiserliches Lehen, und nachdem Franz Stephan von Lothringen im Verlauf des Polnischen Thronfolgekrieges auf sein Herzogtum zugunsten des exilierten polnischen Königs Stanislaus Leszczinski hatte verzichten müssen, wollte der Kaiser seinen zukünftigen Schwiegersohn mit dem Großherzogtum entschädigen. Für Carlos musste eine andere Herrschaft gefunden werden. Von den seit dem 16. Jahrhundert im Besitz des Hauses Habsburg verbliebenen

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italienischen Besitzungen verfügte Kaiser Karl VI. nach dem Spanischen Erbfolgekrieg nur mehr über das Königreich Neapel. Das war das von Spanien für Don Carlos ins Auge gefasste Herrschaftsgebiet und im Verlauf des Polnischen Thronfolgekrieges ging das Gebiet verloren, das Kriegsglück war nicht auf der Seite Habsburgs. Am 11. Mai 1734 hielt Don Carlos seinen Einzug in der Hauptstadt und nachdem sein Vater offiziell auf das Thronrecht verzichtet hatte, wurde der Infant als Carlo VII. am 15. Mai 1734 zum König proklamiert. Mehr als drei Jahrzehnte war das neapolitanische Königreich von österreichischen Vizekönigen stellvertretend für Kaiser Karl VI. verwaltet worden, nun hatte es wieder einen eigenen Herrscher, aus einer habsburgischen Provinz war ein selbstständiges Königreich geworden3. Carlo hatte eine umfassende Erziehung genossen, er beherrschte neben dem Spanischen Latein, Italienisch und Französisch, er verfügte über große Kenntnisse in Mathematik, Geographie und Geschichte. König Carlo VII. von Neapel und Sizilien förderte Wirtschaft und Wissenschaften, stellte Geld für die Ausgrabungsarbeiten in Herculaneum zur Verfügung und ließ das Teatro San Carlo errichten, das zu diesem Zeitpunkt größte Opernhaus Italiens mit über 3000 Sitzplätzen. Die Eröffnung fand 1737 statt. Der humanistisch gesinnte König bemühte sich um Reformen, sowohl im neapolitanischen Königreich als dann auch später in Spanien und in den großen überseeischen Herrschaftsgebieten, dessen Thron er 1759 nach dem Tod seines kinderlos verstorbenen Halbbruders als Carlos III. König von Spanien übernehmen musste4. Er reformierte die öffentliche Verwaltung, hob die Handelsmonopole von Sevilla und Cádiz auf und eröffnete damit vielen weiteren Städten Handelsmöglichkeiten mit den Kolonien, wodurch sich der so dringend notwendige kaufmännische Mittelstand positiv entwickeln konnte. Durch steuersenkende Maßnahmen blühte beispielsweise die Schnapsbrennerei in Katalonien und die Weinproduktion in Andalusien auf, denn die in Aranjuez 128.000 eingepflanzten Weinstöcke begannen zu tragen; die von ihm angeordneten Importe von Bäumen aus dem Orient und aus Louisiana oder die Weinstöcke dienten nicht nur der Verschönerung, da standen sehr oft wirtschaftliche Überlegungen dahinter. Carlos III. ordnete die erste zuverlässige Volkszählung Spaniens an, er führte Verbesserungen im Schulwesen ein, vereinheitlichte die Land- und Seekarten und er veranlasste den Ausbau des Straßennetzes. Ihm unterstanden direkt die Aktivitäten im Botanischen Garten, in den Bibliotheken, aber auch das Observatorium und das Allgemeine Krankenhaus waren ihm ein persönliches Anliegen. Der große königliche Palast in Madrid, dessen Bau sein Vater begonnen hatte, wurde nach seinem Regierungsantritt fortgesetzt, der deutsche Maler Anton Raphael Mengs und der Venezianer Giovanni Battista Tiepolo wurden mit der Gestaltung der Wände und Decken betraut. Zur heiteren Atmosphäre im Schloss trugen auch die vielen goldenen Käfige in den verschiedensten Formen und Größen bei, seltene exotische Vögel, die der König aus den Kolonien kommen ließ, sangen hier um die Wette. Erholung von seinem Arbeitsprogramm, das er schon morgens um fünf Uhr begann, fand er in der Jagd, kaum ein Tag, an dem er diesem Vergnügen



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nicht nachging. Das wahrlich nicht schmeichelhafte Gemälde des Hofmalers Francisco Goya zeigt den alternden König als Jäger mit einem langen Gewehr in der Hand, in abgetragenen schwarzen Hosen und einem langen, schon recht verschlissenen graubraunen Rock, dessen Taschen ziemlich ausgebeult sind, weil Carlos III. darin immer eventuell notwendiges Jagdgerät mitschleppte. Die Darstellung ist nicht sehr ansehnlich, sie entspricht aber wohl dem Bild, das der alternde König seinen Zeitgenossen vermittelte. Der österreichische Botschafter am Hof von Madrid, Graf Orsini-Rosenberg, beschrieb Carlos III. in den sechziger Jahren als einen freundlichen, gerechten Herrscher mit großen politischen Ambitionen, der allerdings zur Selbstüberschätzung neigte und daher gegenüber Schmeicheleien sehr empfänglich war. Graf Orsini-Rosenberg hob sein Interesse für die Naturwissenschaften hervor und schilderte auch seinen Tagesablauf: Demnach stand der König zwischen fünf und sechs Uhr morgens auf, arbeitete allein bis um sieben, trank dann eine Tasse Schokolade und ging zur Messe; noch vor acht Uhr besuchte er seine Kinder, dann widmete er sich den Ministern und Audienzen, ging mit dem Bruder spazieren und zur Jagd, besuchte die Mutter und von Zeit zu Zeit ließ er sich von Gräfin Miranda, der Gouvernante der königlichen Kinder, über deren Lernfortschritte, Benehmen und Verhalten berichten. Besonders liebte Carlos III. seine Tochter Maria Luisa und seinen Sohn Ferdinand, der ihm als König von Neapel/Sizilien nachfolgte5. König Carlos III. lebte 28 Jahre als Witwer im großen Madrider Königspalast, seine Gemahlin war unverhofft kurz nach ihrer Ankunft in Spanien verstorben. Maria Amalia Christine von Sachsen6 war die älteste Tochter des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., als König von Polen August III., und der Erzherzogin Maria Josepha, der Tochter des Kaisers Joseph I.; sie hatte am 24. November 1724 in der prächtigen Dresdner Residenz das Licht der Welt erblickt. Nur wenig wissen wir über ihre Kindheit und Jugend an diesem glänzenden, prunkliebenden Dresdner Hof, der sich in der Nachahmung des Hofes von Versailles, im Stil des „savoir faire“ gefiel und Unsummen für Kunst und Kultur ausgab. Als der Vater 1733 den polnischen Thron bestieg, war auch das geräumige, prunkvolle Königsschloss in Warschau Schauplatz des Familienlebens. Selbstverständlich erhielt Maria Amalia eine ihrem Stand entsprechende Erziehung, die kleine Prinzessin konnte sich schon bald in Französisch, Italienisch und Deutsch fließend ausdrücken, und auch Latein gehörte zum Unterrichtsprogramm. Im Sommer übersiedelte der Hof nach Pillnitz, der zauberhaften Sommerresidenz an der Elbe. Hier heiratete die vierzehnjährige Maria Amalie von Sachsen am 9. Mai 1738 den um sechs Jahre älteren Carlo VII., König von Neapel und Sizilien, per procurationem. Nachdem Elisabeth Farnese ihren Sohn mit dem Herrschaftsgebiet standesgemäß ausgestattet hatte, hatte sie begonnen, sich nach einer ebenbürtigen Partie für ihn an den europäischen Höfen umzusehen. Offensichtlich trafen sich die Wünsche zweier starker Frauen, um dieses Eheprojekt zustande zu bringen, denn auch Erzherzogin/Kurfürstin

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Maria Amalia, zweite Tochter des Kaisers Joseph I. und Gemahlin des späteren Kaisers Karl VII., war nicht nur Namensgeberin und Tante der sächsischen Prinzessin, sie wollte für ihr Taufkind auch eine standesgemäße Heirat arrangieren7. Erzherzogin/Kurfürstin Maria Amalia führte mit dem spanischen Botschafter Fuenclara8 die Verhandlungen in Wien, wo auch der Vertrag am 16. Dezember 1737 unterschrieben wurde; sie kümmerte sich auch um die Hochzeitsvorbereitungen. Nach den prächtigen Feierlichkeiten verließ Maria Amalia, nunmehr Königin von Neapel und Sizilien, ihre Heimat am 12. Mai 1738, um mit einem Gefolge von etwa 200 Personen ihre 34-tägige Reise nach Neapel anzutreten. In St. Pölten traf sie mit ihrer Tante zusammen9, von hier aus war auch ein Besuch beim Kaiserpaar in Wien vorgesehen. Der Besuch kam nicht zustande, Maria Amalia entschuldigte sich am 20. Mai 1738 bei Kaiser Karl VI., sie „hätte von Besuch und persönlicher Ehrenbezeigung nicht unterlassen […] wenn ich nicht vom Willen meines nunmehrigen Herrn Gemahls des Königs beider Sizilien Majestät dependierte und dieser die Beschleunigung meiner Reise ausdrücklich verlangten […]“10. Ein zweites Schreiben richtete Maria Amalia an die „Durchläuchtigste, großmächtigste Kayserin, freundlich vielgeliebte Schwester und Muhme, Euer Maj. Vergönne daß, da nach meiner Vermählung mit des Königs beyder Sicilien11 Majestät auf der Reise nach Neapolis in der Nähe von Ihrer Kayserl. Residenz hier durchgehe, von meiner Willkür aber nicht abhanget mich irgendswo zu verweilen oder einigen Umweg zu nehmen um, wie ich wohl gewünscht hätte, Euch und des Kaysers Majestät meinen persönlichen Besuch und Ehrenbezeigung abzustatten, ich Euer Maj. durch diese Zeilen […] ersuchen dürfte, Sie wollten nicht nur selber mich deshalb entschuldigt halten, sondern auch bei dero Herrn Gemahls Majestät hochgeneigt entschuldigen […]“12. Der König erwartete seine Gemahlin an der Grenze seines Reiches, für die „Übergabe“ war ein kleiner Pavillon errichtet worden, wo nun tatsächlich die Hochzeit stattfinden konnte13. Nichts Besseres hätte Carlo widerfahren können: Maria Amalia war hübsch, freundlich, liebenswürdig, sie liebte die Falkenjagd, ihr Kunstverständnis entsprach dem hohen Niveau des Dresdner Hofes, und zu allen persönlichen Vorzügen brachte sie auch eine ansehnliche Brautausstattung mit. In einem Klima allgemeiner Euphorie, unter dem Jubel des Volkes, in Anwesenheit des Adels und des Militärs zog das Paar am 4. Juli 1738 in der Hauptstadt ein. Ein Jahr später wurde die junge Königin von den Pocken befallen, sie musste sich im Schloss von Portici einsamen Tagen unterziehen, und in ihrem so hübschen, anmutigen Gesicht blieben unansehnliche Narben zurück. Die Zeit der Quarantäne hatte als Nebeneffekt die mädchenhaft jugendliche Königin zur Frau heranreifen lassen, die nun dem Königreich den Thronfolger schenken sollte. Zwischen 1740 und 1757 kamen 13 Kinder zur Welt, aber schon die ersten drei waren Mädchen, die das Kleinkindalter nicht überlebten. Das vierte Kind war auch ein Mädchen, Maria Josepha (1744–1801), die durch eine körperliche Fehlbildung dem späteren Heiratskarussell entkam, unverheiratet blieb und mit ihrer jüngeren Schwester Maria Luisa (1745–1792), der späteren Großherzogin der Toskana, eine lebenslange



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vertrauliche Korrespondenz führte. Im Jahr 1747 wurde endlich ein Sohn geboren, aber Felipe Antonio war nicht gesund. Er litt an Epilepsie, war taubstumm, geisteskrank und allgemein so schwach, dass er letztlich für regierungsunfähig erklärt werden musste. Dank der liebevollen Pflege seiner Mutter erreichte er das 30. Lebensjahr, aber er spielte keine politische Rolle und führte ein eher bemitleidenswertes Dasein. Allerdings: Durch die Geburt des Sohnes erhielt die Königin nun gemäß den neapolitanischen Gepflogenheiten Zutritt zum Staatsrat, sie sollte sehr bald politisch aktiv werden. Im Jahr 1759 verlagerte sich ihr Lebensmittelpunkt auf die spanische Halbinsel. In Spanien regierte Philipp V. bis 1746, ihm folgte sein Sohn aus erster Ehe; Ferdinand VI. und Maria Barbara von Portugal hatten jedoch keine Nachkommen, somit war vorhersehbar, dass Philipps Sohn aus der zweiten Ehe mit Elisabeth Farnese nach dem Tod seines Halbbruders den Thron in Spanien übernehmen würde. Ferdinand VI. starb 1759, das neapolitanische Königspaar musste nun die Nachfolge in Spanien antreten. Mit den Kindern Carlo, er sollte dem Vater auf dem spanischen Thron nachfolgen, und Maria Luisa, der späteren Großherzogin der Toskana, traten der nunmehrige König Carlos III. und Königin Maria Amalia die Reise an. Der nächstgeborene Sohn Ferdinand (1751–1825) blieb in Neapel zurück, für ihn übernahm Minister Tanucci die Regierungsgeschäfte; er sollte 1768 Erzherzogin Marie Caroline heiraten14. Von den nachfolgenden Kindern des neapolitanischen Königspaares seien noch erwähnt: Gabriel Antonio (1752–1788) heiratete Maria Anna von Portugal; Antonio Pascal (1755–1817) heiratete Maria Amalie de Borbón; Francisco Javier (1757–1771) starb im Alter von 14 Jahren. Von den 13 Kindern, die Maria Amalie im Verlauf ihrer 23-jährigen Ehe zur Welt brachte, starben sechs schon im Kindesalter. Königin Maria Amalia verstand sich gut mit ihrem Mann und war in alle politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Projekte, wie beispielsweise den Bau von Schloss Caserta, involviert. Mit dem Tod Philipps V. von Spanien im Jahr 1746 begann sich das neapolitanische Königreich von der Bevormundung durch Spanien etwas zu emanzipieren, der Einfluss der Königin nahm zu. Auch im fernen Neapel blieb Maria Amalia an den europäischen Begebenheiten interessiert, ab 1754 unterhielt sie eine regelmäßige Korrespondenz15 mit Maria Theresia, die sich durch das 1756 mit Frankreich abgeschlossene Bündnis friktionsfrei gestaltete; Maria Amalia war speziell am Verlauf des Siebenjährigen Krieges interessiert, der ja auch explizit ihre Heimat betraf. Natürlich war sie erfreut über die Mitteilung Maria Theresias, dass Graf Daun16 den Sieg über die preußische Armee davongetragen hatte17, womit auch „la delivrance de la pauvre Saxe“ verbunden war, wofür sie sich bei Maria Theresia ausdrücklich bedankte 18. Nachdem sie den österreichischen Botschafter Karl Graf Firmian nur ungern gehen ließ, berichtete sie bald von der Ankunft des Grafen Neipperg am 19. Februar 1759. Der Briefwechsel mit Maria Theresia spiegelt die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon wider. Mit der Abreise des neapolitanischen Königspaares nach Spanien im Oktober 1759 reduzierten sich die Kontakte; Maria Amalia

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war es durch ihren frühen Tod nicht vergönnt, eventuelle Heiratsprojekte mit Maria Theresia direkt zu besprechen. Das blieb Graf Rosenberg vorbehalten. Mit der Umkehr der Bündnisse hatten sich die Machtstrukturen Europas verändert, die Heiratspolitik der Fürstenhäuser hatte eine neue Dynamik erhalten, die Interessen Habsburgs waren nun auf die Bourbonen ausgerichtet. Die diesbezüglichen Bemühungen waren von Hofund Staatskanzler Kaunitz ausgegangen. Schon in seiner Zeit als Botschafter am Hof von Versailles (1750–1752) knüpfte er diplomatische Beziehungen, er konnte vor allem die Geliebte Ludwigs XV., Madame de Pompadour, von einem Bündnis mit Österreich und der Abkehr von Preußen überzeugen. Als Kanzler setzte er ab 1753 diese Bemühungen fort, langsam näherte sich die Wiener Politik dem von Kaiser Franz I. Stephan19 als „natürlicher Feind“ bezeichneten Königreich Frankreich und dem Haus Bourbon an. Am 1. Mai 1756 wurde der vom Kaiser vehement abgelehnte Vertrag von Maria Theresia unterzeichnet – von der militärischen Unterstützung Frankreichs erhoffte sie sich die Rückeroberung Schlesiens. Im Zuge dieser neuen Bündnispolitik wurden wechselseitige Heiratsverbindungen vereinbart, wobei auch schon bald Kontakte zu den spanischen Bourbonen geknüpft wurden20. Noch vor der Unterzeichnung der neuen Bündnisverträge kam es zum Austausch von Botschaftern und Geschäftsträgern: Als erster Botschafter sollte Paul II. Anton Esterházy (1711–1762) von Jänner 1751 bis November 1752 die habsburgischen Interessen am neapolitanischen Königshof vertreten. Noch immer war der neapolitanische Hof ein „Ableger“ der spanischen Krone, waren die spanischen Bourbonen doch erst 1734 hier angekommen; auf überlieferte Traditionen konnten sie nicht zurückgreifen, daher war ganz selbstverständlich Spanien das Vorbild, das spanische Zeremoniell inklusive – allerdings mit neapolitanischen Kuriosa. Königin Maria Amalia kam von einem der fortschrittlichsten Höfe Europas, und sie war bemüht, jeglichen Einfluss Spaniens zurückzudrängen. Es brauchte allerdings Zeit, dem neapolitanischen Hof ein eigenes Profil zu geben, der erste österreichische Botschafter Fürst Paul II. Anton Esterházy, der im Jänner 1751 nach Neapel kam, scheiterte an den Eigenheiten des Zeremoniells21 und noch 1767 musste Minister Tanucci eingestehen, dass sich der neapolitanische Hof noch immer im Prozess der Entstehung befand22 – und da hatte Maria Amalia das Land schon lange verlassen. Am 10. August 1759 starb Ferdinand VI. von Spanien, der König von Neapel folgte ihm als Carlos III. nach, schlagartig veränderte sich das Leben der neapolitanischen Königsfamilie. Am 21. September 1759 bedankte sich Maria Amalia, nunmehrige Königin von Spanien, bei Maria Theresia für deren Glückwünsche zur Thronbesteigung und teilte ihr die für Anfang Oktober geplante Abreise per Schiff nach Barcelona mit23. Vorher musste allerdings noch die Thronfolge im Königreich beider Sizilien geregelt werden, hier folgte der achtjährige Ferdinand seinem Vater nach, wobei Bernardo Tanucci24 die Regierungsgeschäfte führen sollte. Maria Amalia blieb mit Tanucci in regem Briefkontakt, sie berichtete über die vielen unnötigen Leute am Madrider Hof, den sie als „Babylon“ bezeichnete“25, über die unhaltbaren Zustände im



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Land, über die notwendigen Reformen, die sie schnellstens in Angriff nehmen wollte. Die Zeit war ihr nicht gegeben. Maria Amalia, Königin von Spanien, starb in Madrid, im Schloss von Buen Retiro, am 27. September 1760 an einer nicht näher definierten Lungenerkrankung26 – ob an der schlechteren Luft oder den von ihr mit Vorliebe gerauchten kubanischen Zigarren, sei dahingestellt. In einem Bericht aus dem Jahr 1761 wurde allerdings den Ärzten am Madrider Hof ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt, sie hätten die Königin wie mit einem „coup de pistolet“ getötet27. In seinem Bericht für Hof- und Staatskanzler Kaunitz fand Graf Orsini-Rosenberg folgende Worte: „Nous avons perdu une reine qui avait des qualités solides et respectables: beaucoup d’esprit, de la droiture dans sa façon de penser et un fond de verité de tout qu’elle disait et faisait […]“28. Königin Maria Amalie von Spanien wurde in El Escorial beigesetzt, der großartigen, von König Philipp II. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichteten Klosteranlage; im Pantheon der Könige fand sie ihre letzte Ruhestätte.

Anmerkungen 1

Die Vorfahren der Prinzessin: Bourbonen: Ludwig XIV. König von Frankreich, Louis le Grand Dauphin, Philipp V. König von Spanien, Karl III. König von Spanien; aus dem Haus Wettin: Johann Georg III. Kurfürst von Sachsen, August II. König von Polen und Kurfürst von Sachsen, August III. König von Polen und Kurfürst von Sachsen, Prinzessin Amalia von Sachsen; aus dem Haus Habsburg: Maria Teresa Königin von Frankreich, spanische Habsburgerin, Kaiser Leopold I., Kaiser Joseph I., Maria Josepha, Erzherzogin, Königin von Polen, Kurfürstin von Sachsen. 2 Carlos Sebastián de Borbón y Farnesio: 1735–1759 König Carlo VII. von Neapel und Sizilien, 1759–1788 König Carlos III. von Spanien; vgl. Pietro Colletta, The history of the Kingdom of Naples from the accession of Charles of Bourbon to the death of Ferdinand I, vol. I, London 2009; Michelangelo Schipa, Il regno di Napoli al tempo di Carlo di Borbone, Napoli 1904; Frederic V. Grunfeld, Die Könige von Spanien, München 1983, S. 152–155. Im spanischen Sprachgebrauch wird der Name „Carlos“, also Don Carlos verwendet, in der italienischen Literatur wird er als Carlo VII. König von Neapel und Sizilien bezeichnet. 3 Mirella Mafrici, Il re delle speranze. Carlo di Borbone da Madrid a Napoli, Napoli 1998, pp. 201–266, hier p. 251: „Nel 1734, con l’avento di Carlo dopo oltre due secoli di dominio straniero, si realizzava il sogno dei napoletani, avere un re proprio e nazionale e non solo un mutamento di dinastia.“ Vgl. dazu auch Heinrich Benedikt, Das Königreich Neapel unter Kaiser Karl VI., Leipzig 1927; Elisabeth Garms-Cornides, Das Königreich

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Neapel und die Monarchie des Hauses Österreich, in: Barock in Neapel. Kunst zur Zeit der österreichischen Vizekönige, Ausstellungskatalog, Wien 1993, S. 17–34. Vgl. Friedrich Edelmayer, Urteil und Vorurteil. Spanien unter Karl III. in den Berichten der kaiserlichen Gesandten. In: Archiv und Forschung (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 20), München/Oldenburg 1993), S. 110–124; Maria de los Angeles Pérez Samper, La vida y la época de Carlos III, Barcelona 1998; Eleonore Senner, Die Zeit Karls III. von Spanien (1759–1788) im Spiegel der Berichterstattung des Wiener Diarium, Diss. Wien 1999. HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, ediert: Die Berichte des Grafen Rosenberg. Bd. 2: 1762–1763, hg. Hans Juretschke, Madrid 1971: „L’humeur du Roi est gai […]. La pitié et l’amour de la justice l’emportent sur l’ambition politique […]. Son ambition personnelle n’a pas de bornes, il se croit un grand homme et veut que tout le monde le crois comme lui. C’est pour cette raison qu’il aime la flatterie […]. Il est dur dans le commandement, fier avec ses égaux, lent à punir et très peu généreux […]. Il est actif et travailleur […]. Il aime les antiquités et l’histoire naturelle, par conséquent l’agriculture et la cultivation des terres […]. Il se lève entre 5 et 6 heures du matin, il travaille tout seul jusqu’à 7 heures, alors il prend son chocolat, s’habille et entend la messe dans sa chambre, ensuite il va voir ses enfants. Entre 8 et 9 heures ses ministres viennent tour à tour à la Dépêche qui dure jusqu’à 10 plus ou moins selon l’exigence des matières. Il se promène ensuite avec l’Infant Don Luis [Bruder des Königs, 1725–1785], […] il dine, il va à la chasse, il va tous les soirs chez la Reine, sa mère […]. Depuis qu’il est veuf, il n’a eu de conversation avec aucune autre femme que la Duchesse de Miranda, gouvernante de ses enfants […]. Il est bon père, l’Infante Maria Luisa est sa favorite. Celui de ses fils qu’il aime le plus, c’est le Roi de Naples […]“. Maria Amalia (1724–1760) königliche Prinzessin von Polen und kurfürstliche Prinzessin von Sachsen, Tochter des Kurfürsten Friedrich August II., als König von Polen August III., und der Erzherzogin Maria Josepha. Vgl. dazu den Aufsatz von Mirella Mafrici, Una principessa sassone sui troni delle Due Sicilie e di Spagna: Maria Amalia Wettin. In: Mirella Mafrici (éd.), All’ombra della corte. Donne e potere nella Napoli borbonica (1734–1860), Napoli 2010, pp. 32–49; Diccionario Biográfico español, tomo 32, pp. 423–426. Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Archivalnummer Loc. 2830/03, fol. 84: „la tante Amélie se charge de la direction du mariage“. Diccionario biográfico español, tomo 13, pp. 64–68: Cebrián y Agustin Pedro Conde de Fuenclara, 1687–1752, Grande de España, Botschafter in Venedig, Wien, Dresden und Neapel. Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2746: Am 20. Mai 1738 berichtete Maria Amalie dem spanischen König von der Ankunft in „St. Pelten“ und dem Zusammentreffen mit der Erzherzogin. Dresden, HStAD, 12529, Fürstennachlaß Maria Amalia (1724–1760) Nr. 1, Maria Amalia am 20. Mai 1738 aus St. Pölten an Kaiser Karl VI.: An Ihro Maj. Den Römischen Kayser, Meinen freundlich vielgeliebten Bruder und Vetter. Die Bezeichnung „Königreich beider Sizilien“, „les deux Siciles“, war im allgemeinen Sprachgebrauch dieser Jahre durchaus üblich, wird aber erst 1816 offiziell eingeführt.



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12 Dresden, HStAD, 12529, Fürstennachlaß Maria Amalia (1724–1760) Nr. 1, Maria Amalia am 20. Mai 1738 aus St. Pölten an Kaiserin Elisabeth Christine von BraunschweigWolfenbüttel. Beim Kaiserpaar handelte es sich ja immerhin um Onkel und Tante. 13 Harold Acton, The Bourbons of Naples (1734–1825), London 1961, p. 41: „a specious pavillon had been erected for the nuptial rendezvous at Portello at the neapolitan border.“ 14 Erzherzogin Marie Caroline, 1752–1814, Tochter Maria Theresias und Franz I. Stephan von Lothringen; vgl. Hamann, Die Habsburger, S. 325–326; Cinzia Recca, The diary of Queen Marie Caroline of Naples, 1781–1785, o. O. 2017. Die Königin war eine unerbittliche Gegnerin Napoleons, sie konnte bei den Verhandlungen zum Wiener Kongress die Rückgabe des Königreichs erreichen, ihr war es jedoch nicht vergönnt, Neapel wiederzusehen, starb sie doch im Wiener Exil im September 1814; ihr Mann heiratete drei Monate später seine langjährige Geliebte Lucia Migliccio e Borgio, verwitwete Fürstin von Partana. 15 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 27 und 4, sowie HHStA, Spanien, Hofkorrespondenz 14. 16 Leopold Graf Daun besiegte am 18. Juni 1757 die preußische Armee bei Kolin. 17 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 26, fol. 61, Maria Theresia im Oktober 1758 an „La Reine des Deux Siciles“. 18 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 27, fol. 200, Maria Amalia aus Neapel bedankt sich am 13. November 1758 bei Maria Theresia für die „Befreiung des armen Sachsens“. 19 Vgl. Renate Zedinger, Franz Stephan von Lothringen (1708–1765), Monarch, Manager, Mäzen, Wien 2008. 20 Vgl. Mur i Raurell, „Toscana e Infante“; Hans-Otto Kleinmann, Die Politik des Wiener Hofes gegenüber der Spanischen Monarchie unter Karl III. 1759–1788, Köln 1967, S. 90–121: Die Heiratspolitik. 21 HHStA, Italienische Staaten, Neapel 1, fol. 33f.: Bericht Esterházys über die Audienz vom 26. Jänner 1751 und die Unbilden des Zeremoniells. 22 Anna Maria Rao, Corte e Paese: il Regno di Napoli dal 1734 al 1806. In: Mirella Mafrici (éd.), All’ombra della corte. Donne e potere nella Napoli borbonica (1734–1860), Napoli 2010, pp. 11–30. 23 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 27, fol. 216–218. 24 Bernardo Tanucci, 1698–1783, Rechtsgelehrter, Justiz-, Außen- und letztlich Kron-Minister am neapolitanischen Hof. Vgl. Larousse, dictionnaire enyclopédique, Paris 1955, p. 1717. 25 Mafrici, Una principessa sassone, p. 40. 26 Dresden, HStAD, 10025, Geheimes Konsilium, Loc. 4660/12: Acta Ihrer Majestät der Königin zu Hispanien Frauen Marien Amalie (geb. Prinzessin v. Sachsen) Ableben und die dieserwegen getroffene Anstalten betr., d. a. 1760, Anordnung in den Kirchen der Residenz-Stadt Dresden Gebete zu verrichten; Die Berichte des Grafen Rosenberg. Bd. 1, 1759–1761, hg. von Hans Juretschke, Madrid 1970, S. 240: Rosenberg berichtet an Hofund Staatskanzler Kaunitz vom überraschenden Tod der Königin, wobei er als Datum den 28. September 1760 angibt. 27 HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, Konv. B: „Les deux premiers medecins du

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Maria Luisas Eltern

Roy, qui malheureusement ont toute la famille Royale entre leurs mains, sont des francs ignorans, qui viennent de tuer la feue Reyne comme d’un coup de pistolet“ (Die beiden Ärzte des Königs, die unglücklicherweise die ganze königliche Familie betreuen, sind wahre Ignoranten, die gerade erst die verstorbene Königin wie mit einem Schuss aus der Pistole getötet haben). 28 Die Berichte des Grafen Rosenberg, Bd. 2, S. 213, Orsini-Rosenberg am 28. September 1760 an Staatskanzler Kaunitz.

Jugend zwischen Neapels Straßen und spanischem Zeremoniell Österreichische Berichte vom neapolitanischen und spanischen Hof; zur Erziehung der Infanten und Infantinnen

Das Kind, welches Königin Maria Amalia am 24. November 1745 in Schloss Portici zur Welt brachte, war nicht das erhoffte „Geschenk“, obwohl es am Geburtstag der Mutter seinen Schritt ins Leben machte – das fünfte Mädchen, wieder nicht der ersehnte Thronfolger. Die kleine Infantin erhielt die Namen Maria Luisa Antonia, ihre im Jahr zuvor geborene Schwester war auf die Namen Maria Josepha Carmela1 getauft worden, in Erinnerung an die habsburgische Großmutter. Die beiden Prinzessinnen verbrachten fröhliche, unbeschwerte Jugendjahre in Neapel. Einen ersten Bericht über das Leben am neapolitanischen Königshof in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts, gerade mal erst 15 Jahre nach Antritt der bourbonischen Herrschaft, übermittelte der erste österreichische Botschafter Paul II. Anton Fürst von Esterházy2. Gewöhnt an Etikette und Zeremoniell des Wiener Hofes, fand er sich mit den Eigenheiten am neapolitanischen Königshof nicht zurecht. Mit Blick auf das Königspaar meinte Esterházy, dass die Königin es so geschickt anzustellen vermochte, als ob die Entscheidungen vom König kämen3. Der Botschafter hatte es in Neapel sehr schwer, möglicherweise lag es auch an seinem hochmütigen Betragen und dem unpassenden prunkvollen Verhalten; beispielsweise wollte der Fürst, seinem Standesbewusstsein entsprechend, zur Antrittsaudienz achtspännig vorfahren, was ihm neben anderen Einschränkungen nicht gestattet wurde4. Vielleicht trübten die fortwährenden Demütigungen seinen Blick fürs Tatsächliche und ließen ihn vor allem die negativen Seiten des Hoflebens und der königlichen Familie nach Wien berichten, Positives begegnet uns in seinen Relationen kaum. Spöttisch bemerkte der Fürst, dass großer Wert darauf gelegt wurde, die königlichen Kinder als „Infant“ und „Infantinnen“ anzureden, sie aber andererseits in Bildung und Erziehung ihrem Alter kaum entsprachen. Scharf beanstandete er, dass sie keine andere Sprache konnten als das Neapolitanische, und zwar so, wie es in den Straßen gesprochen wurde. Obwohl die Krankheit des ältesten Sohnes Felipe allgemein bekannt war, schrieb Esterházy nach Wien, dass der Kronprinz in seinem sechsten Lebensjahr noch nicht in der Lage sei sich auf den Beinen zu halten, und auch nicht sprechen könne, die Ärzte hatten schon bestätigt, dass er taubstumm bleiben

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würde. Er konnte aber nicht umhin anzumerken, dass Don Carlos, der Jüngere, für sein Alter schon sehr groß und von schöner Gestalt sei. Aber auch die beiden Prinzessinnen kamen schlecht weg, Fürst Esterhàzy fand sie wenig attraktiv und auch nicht ihrem Rang entsprechend erzogen5. In einem seiner in Deutsch verfassten Berichte heißt es dazu: „Die zwei Prinzessinnen sind nicht hübsch, sehr blöd und obwohl die ältere in ihrem neunten Jahr [ist], weiß sie noch nicht als kindisch zu reden. Die Prinzessinnen müssen jeden Morgen über zwei Stunden bei der Königin gerade aufrecht stehen, ohne ein einziges Wort sagen zu dürfen. Man läßt sie nichts unterrichten und haben sie vor kurzem erst angefangen tanzen zu lernen […]“6. Nicht nur die Kinder kamen schlecht weg, wobei sich Fürst Esterházy im Alter der Infantinnen irrte, da sie 1751 erst sechs und sieben Jahre alt waren; ganz böse spricht Fürst Esterházy in einem seiner letzten Berichte von der Königin, der er unterstellt, das Land und die Leute zu hassen und die Dienerschaft zu demütigen7. Da zeichnet Maria Amalia selbst in einem Brief an Minister Tanucci ein ganz anderes Bild, wenn sie wehmütig von den guten Tagen in Neapel spricht und daran erinnert, wie glücklich sie hier gewesen sei8. Als einzig fähigen, engagierten Mann bezeichnet Fürst Esterházy den Grafen Mahoni, der ab 1762 die Heiratsverhandlungen zwischen Erzherzog Peter Leopold und der Infantin Maria Luisa am Wiener Hof leiten wird. Fürst Esterházy gelingt es auch nicht, den einheimischen Adel für sich zu gewinnen, zu der von ihm in der Botschaft ausgerichteten Namenstagsfeier für Maria Theresia erschien niemand von den Hofämtern. Enttäuscht meinte er, es können doch nicht alle plötzlich krank geworden sein? Beleidigt musste er feststellen, dass alle, die sich entschuldigt hatten, am nächsten Tag wieder ihre Funktionen ausführten. Er revanchierte sich in einem seiner letzten Berichte mit einem bissigen Bild: „Der Adel huldigt einem übertriebenen Luxus, aber die Kleider sind geschmacklos und nicht kostbar, die Wagen übermäßig vergoldet und die Livreen zu reich. Sind die Röcke der Bedienten noch ganz, wird der Hut, die Strümpfe oder sonst ein Stück abgenützt sein. Sind die Pferde gut, wird es am Geschirr fehlen. Ist der Wagen neu, wird die Livree zerrissen sein. Die Sprache der Aristokraten ist bäurisch und für daran nicht gewöhnte Ohren unerträglich […]. Der Adel ist hochmütig und aufgeblasen […]“9. Es wird wohl Dichtung und Wahrheit bei den Beurteilungen des Fürsten Esterházy eng nebeneinander liegen, und so sind persönliche Kränkungen und Ressentiments in die Beurteilung miteingeflossen. Denn gänzlich anderes berichten die nachfolgenden Botschafter aus Neapel, die sich offensichtlich mit den Eigenheiten des neapolitanischen Königshofes besser zurechtfanden. Karl Graf Firmian10, der vom 12. März 1754 bis 26. November 1758 die habsburgischen Interessen in Neapel vertrat11, betonte zwar auch die dominierende Rolle der Königin, sah ihr Engagement aber durchaus positiv und im Interesse des Landes. Von seiner Audienz berichtete Firmian nach Wien, dass ihn der König seiner „wahren und engen Freundschaft mit der kaiserlichen Familie versichert habe“ und auch die Königin explizit auf die verwandtschaftlichen Beziehungen



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hingewiesen hatte und es „demzufolge angelegen sei, das gute Verständnis zu erhalten und zu vertiefen […]“12. Auch von den Kindern weiß Firmian nur Gutes zu berichten, die vier Prinzen seien besonders schön und leutselig und auch die Prinzessinnen zeichnen sich durch „holdselige Gestalt und Höflichkeit“ aus; Graf Firmian hatte den Eindruck, dass alle königlichen Kinder den Französisch geführten „Gesprächen gut folgen konnten und vieles zu verstehen scheinen“. Ihm wurde die besondere Ehre zuteil, dem Unterricht der Infantinnen beiwohnen zu dürfen, und so konnte Graf Firmian einen der seltenen Einblicke in die Erziehung der Kinder geben: „Beide Prinzessinnen haben ganz ausnehmende Proben sowohl ihrer Kenntnis in den biblischen und weltlichen Geschichten, als deren Fähigkeiten in denen spanischen, französischen und italienischen Sprachen von sich gegeben. Beide sprechen das Deutsche sehr gut aus und übersetzen solches ins Italienische ohne mindesten Anstand […]. Die Geographie besitzen sie mit großer Leichtigkeit. Beide königlichen Majestäten erzeigten ob der wahrhaften Berichte, die ich ihnen davon erstattete, eine besondere Freude […]“13. Seit der vernichtenden Beurteilung des Fürsten Esterházy sind vier Jahre vergangen, Maria Josepha ist mittlerweile elf und Maria Luisa zehn Jahre alt geworden, und wenn wir ein bisschen Schönfärberei beiseitelassen, sind allein die Sprachkenntnisse der Prinzessinnen beeindruckend. Einen weiteren Bericht über die königlichen Kinder wird Graf Neipperg vier Jahre später abliefern. Die Unterzeichnung des Bündnisvertrages zwischen Ludwig XV. von Frankreich und Maria Theresia am 1. Mai 1756 und das diplomatische Geschick des Grafen Firmian lassen eine Intensivierung der Beziehungen zwischen Wien und Neapel erkennen, die sich auch in der Korrespondenz zwischen Maria Theresia und der Königin von Neapel niederschlug. Mit dem Ausbruch des sogenannten Siebenjährigen Krieges kurz nach Unterzeichnung des Defensivbündnisses und dem Einmarsch der preußischen Armee in Sachsen berichtet Maria Theresia immer wieder Maria Amalie vom Schicksal ihrer Familie, die sich für die Nachrichten und vor allem für die offensichtlich angebotene Unterstützung14 bedankt; Maria Amalia unterstreicht in ihren Briefen immer wieder die enge Verbindung der beiden Familien15. Graf Firmian wird im November 1758 aus Neapel abberufen, Maria Amalia lässt ihn nur ungern gehen und hofft, dass sich mit Leopold Graf Neipperg die Verbindung zu Wien so gut weiter ausbauen lassen wird16. Mit Schreiben vom 10. Juni 1759 berichtet Maria Amalia von den Plänen des Königs, die Maria Theresia auf ein von ihr so gewünschtes Heiratsprojekt zwischen den beiden Häusern hoffen lassen17. Natürlich machte die Königin schon Pläne für ihre Tochter Maria Luisa, die mittlerweile 14 Jahre alt war und somit das Alter erreicht hatte, in dem sie selbst vom Dresdner Hof nach Neapel verheiratet worden war. Allerdings sollte sich diese neue Achse in der Folge zwischen Wien und Madrid entwickeln; Maria Amalia konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass sie schon sehr bald Königin von Spanien sein würde, und bevor sie ihre Bemühungen um eine spanisch-habsburgische Hochzeit aufnehmen konnte, verstarb sie im Alter von nur 36 Jahren.

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Der scheidende Botschafter Graf Firmian und der neu ernannte Graf Neipperg trafen sich am 12. Jänner 1759 in Hernhausen zu einem Gedankenaustausch, Neippergs Audienz am 6. Februar 1759 verlief harmonisch, wie er nach Wien berichten konnte. Der König versicherte ihm, zur Erhaltung und Vergrößerung des guten Einverständnisses zwischen Wien und Neapel freudigst beitragen zu wollen, und auch die Königin empfing ihn ganz besonders gnädig und freundlich. Neipperg dazu: „Da Ihre Majestät für dero Muttersprache eine sonder Vorliebe hegen, so redete ich sie im Deutschen an […] und Ihre Majestät die Königin antwortete mir […]“ und betonte, dass sie jederzeit die Vergrößerung und die Dauerhaftigkeit des freundschaftlichen, guten Vernehmens zwischen den beiden Höfen sehnlichst wünsche. Weiters berichtete Neipperg von den königlichen Kindern: „Der älteste Infant Don Philipp war wegen seiner fortdauernden […] Leibesumstände nicht zugegen, sondern nur die drei nachgeborenen Infanten Don Carlos, Don Ferdinand und Don Gabriel […]. Diese drei Prinzen sind gewiss sehr schön, überaus munter und lebhaft […], von denen Infanten hab ich mich zu den zwei Infantinnen begeben […] die jüngste Infantin Donna Maria Louisa führte das Wort und dankte mir für allerhöchst dero gnädigstes Andenken, erkundigte sich nach Eurer Kayserl. Königl. Apostol. Majestät, dero Majestät des Kaysers und Ihro sämtlichen Königlichen Hoheiten […], sie sprach mit wenigen Worten, wo ich nicht minder Verstand als Holdseligkeit bewunderte. Sie lassen beide alle lobenswürdigen Früchte einer vollkommen wohlangeschlagenen weisen Erziehung […] erkennen, wobei die jüngste an Gestalt von Natur mit sonderen Vorzügen begabet ist […]“18. Der Blick in die Kinderzimmer fürstlicher Häuser war auch immer ein Blick auf mögliche Heiratsprojekte, die bei Maria Theresia schon ganz konkrete Vorstellungen angenommen hatten. Die Berichte der Grafen Firmian und Neipperg vermittelten ihr ein durchaus positives Bild der Infantin Maria Luisa, die mit ihren 14 Jahren schon als mögliche Braut für einen der Erzherzöge in Betracht gezogen wurde. Neben den österreichischen Berichten zur Erziehung der Infantin erfahren wir über deren Gesundheitszustand aus den Briefen der besorgten Mutter, die regelmäßig entsprechende Ausführungen der Großmutter nach Madrid übermittelte, aber es waren wohl vor allem die Verkühlungen, mit denen die Kinder zu kämpfen hatten19. Aber das mittlerweile auf den spanischen Thron berufene Königspaar hatte sowieso noch keine Muße für eventuelle Heiratsprojekte, galt es doch, die Übersiedlung von Neapel nach Madrid durchzuführen, eine in damaliger Zeit und unter schon herbstlichen Bedingungen nicht ungefährliche Reise. Neipperg konnte am 12. Oktober 1759 nach Wien berichten, dass die königliche Familie gut in Barcelona angekommen war20. Allerdings wurden alle Kinder am Weg nach Madrid von Masern befallen, weshalb sie in Zaragoza das Ende der Krankheit abwarten mussten und erst am 10. Dezember 1759 im Schloss von Buen Retiro eintrafen21. Ab nun ist es Graf Rosenberg, der vom weiteren Verlauf der Geschehnisse berichten wird. Graf Franz Xaver Orsini-Rosenberg22 wurde bereits im Juni 1756 zunächst als



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Missionschef und später als Botschafter an den Hof in Madrid geschickt; die spanischen Interessen am Wiener Hof vertrat ab 1762 Graf Demetrio de Mahony y Weld23. Es waren diese beiden Diplomaten, die die komplexen Verhandlungen zwischen Wien und Madrid leiteten und die Heirat zwischen Erzherzog (Peter) Leopold und der Infantin Maria Luisa letztlich zustande brachten. Angelpunkt in den Verhandlungen war das Großherzogtum Toskana, für den spanischen König eine unabdingbare Voraussetzung, damit seine Tochter eine ihrem Standesbewusstsein entsprechende Stellung einnehmen könne. Mit dem Tod des zweitgeborenen Kaisersohnes, Erzherzog Karl starb 16-jährig im Jänner 1761, der eigentlich seinem Vater als Großherzog in der Toskana hätte nachfolgen sollen, wurde der Weg für Peter Leopold und Maria Luisa frei. Rosenberg schildert die nunmehr 16-jährige Maria Luisa als eine Prinzessin von mittlerer Größe, weißer Haut und schönem Teint, die christlich erzogen und freundlich wäre24. Wenig später präzisiert Rosenberg seine Ausführungen, er findet die beiden Infantinnen besser erzogen als die Prinzen und er beschreibt Maria Luisa, die sich sehr zu ihrem Vorteil entwickelt hatte, ohne jedoch eine besondere Schönheit zu sein25. Nachdem die beiden Infantinnen im April 1761 auch noch von Scharlach befallen worden waren und die Krankheit glücklich überstanden hatten26, intensivierten sich die Verhandlungen; Rosenbergs Berichte wurden zahlreicher, immer wieder schickte er ausführliche Informationen nach Wien, über den spanischen König, die Familie und den Hof, so wie im Februar 1762. Hier schildert er den König als „freundlich aber sehr von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt, sodaß die Schmeichler leichtes Spiel hätten; er ist fleißig und steht früh auf, er interessiert sich für Naturgeschichte und Landwirtschaft und besucht täglich die Messe, wonach er sich der Familie widmet, wobei Maria Luisa seine Lieblingstochter ist […]“27. Durchaus wohlwollend, obwohl ihm manches nicht ganz vernünftig erscheint, beurteilt Rosenberg auch den Infanten Don Carlos, der als Carlos IV. seinem Vater auf dem spanischen Thron nachfolgen sollte; Rosenberg findet ihn besonders groß für sein Alter, allerdings lasse die Erziehung zu wünschen übrig und vor allem seine Tischmanieren seien unappetitlich – allerdings mache ihn auch keiner darauf aufmerksam28. Ganz ähnlich ging offensichtlich die Erziehung des jüngeren Bruders Ferdinand in Neapel vor sich, seine spätere Frau Erzherzogin Marie Caroline war von dessen schlechtem Benehmen genauso entsetzt wie Großherzog Peter Leopold bei einem Besuch im Jahr 1768. Zum Zeitpunkt dieser Berichte des Grafen Rosenberg war Carlos III. von Spanien schon seit Jahren Witwer, er hätte dieses Heiratsprojekt gerne einem guten Ende zugeführt und seine Tochter versorgt gewusst. Allerdings gab es zwei Hindernisse: Einerseits war Erzherzog (Peter) Leopold zwei Jahre jünger als Maria Luisa und das Kaiserpaar wollte ihn nicht vor seinem 18. Geburtstag, also erst 1765 verheiraten, und andererseits bremste Erzherzog Joseph (ungewollt) den Gang der Ereignisse. Denn zur Festigung der Beziehungen zwischen den Habsburgern und dem Hause Bourbon sollte auch der österreichische Thronfolger heiraten, und zwar noch vor dem jüngeren Bruder die Enkelin

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des französischen Königs Ludwig XIV., Isabella von Parma; 1761 erfolgte die Trauung in der Wiener Augustinerkirche. Allerdings verlor Joseph die Liebe seines Lebens nach nur drei Jahren und er musste aus Gründen der Staatsräson ein zweites Mal heiraten – wieder vor dem jüngeren Bruder. Die mit Maria Josepha von Bayern im Jänner 1765 geschlossene Ehe brachte ihm weder Glück noch Kinder, machte jetzt jedoch den Weg frei für das zukünftige Großherzogspaar Maria Luisa und Pietro Leopoldo. Während Maria Luisa mit Vater, Geschwistern und der Großmutter Elisabeth Farnese ihre Tage im Palast Buen Retiro in Madrid oder in den königlichen Sommerschlössern von Aranjuez, La Granja oder in El Escorial verbrachte, drängte der spanische König darauf, seine Tochter endlich als Braut des Erzherzogs und späteren Großherzogs versorgt zu sehen. Die beidseitigen Bemühungen wurden intensiviert und auch in Wien zeigte Maria Theresia Wohlwollen und nahm die zukünftige Schwiegertochter in den Sternkreuzorden auf; Maria Luisa bedankte sich für die Ehre und sie verstand es bei dieser Gelegenheit sehr geschickt, Maria Theresia emotional für sich einzunehmen, indem sie sie als „Chere Mere“29 ansprach. Nachdem das Kaiserpaar schließlich im Dezember 1763 ganz offiziell um die Hand der Infantin angehalten hatte und die spanischen Ratsgremien ihre Zustimmung im Jänner 1764 gegeben hatten, konnte die Hochzeit „per procurationem“ am 16. Februar 1764 in Madrid stattfinden. Carlos Antonio de Borbón, der Bruder der Braut und spätere König, vertrat den Bräutigam. Bis 25. Februar wurde gefeiert, ein Empfang folgte auf den nächsten, in einem wahren Festesreigen wechselten sich täglich Bälle, Theater- und Opernaufführungen ab, bis schließlich ein prächtiges Feuerwerk den Schlusspunkt setzte. Natürlich musste auch Graf Rosenberg im Namen des Kaiserhauses diverse prächtige Einladungen organisieren, die entsprechend der hohen Stellung des Bräutigams mit über hunderttausend Gulden zu Buche schlugen30. Allerdings sollte es noch etwas mehr als ein Jahr dauern, bis sich die Infantin, die sich nunmehr auch Erzherzogin nennen durfte, auf den Weg nach Innsbruck machte, wo nach dem Willen der Eltern am 5. August 1765 die festliche Hochzeit mit Erzherzog (Peter) Leopold stattfinden sollte31. Nach einer tagelangen Seereise bei schlechtem Wetter von Cartagena nach Genua32, nach mühevollen Stunden in schaukelnden Kutschen über den Brenner erreichte Maria Luisa am 2. August 1765 das Inntal. Der Kaiser und der Bräutigam hatten die Erzherzogin/Infantin schon in Bozen bzw. Brixen begrüßt, Maria Theresia wollte nun auch nicht länger warten und fuhr der zukünftigen Schwiegertochter eine gute Wegstunde entgegen. Von dem Treffen berichtet Fürst Khevenhüller in seinem Tagebuch: „Die Surprise mußte desto wahrer sein weil man uns diese Prinzessin als häßlich, rothaarig und übel erzogen beschrieben hatte. Au premier abord glaubte ich unsere verstorbene Erzherzogin [Isabella von Parma] zu sehen, welcher sie viele Anmahnung gibt außer daß sie sehr blond ist, mithin auch einen schöneren und lichteren Teint [hat]. Die Manieren aber und die Demarche sind fast die nemliche […] und die Leibhaftigkeit scheint nicht minder zu sein […]“33. In seinen Berichten aus den Jahren 1759 bis 1763 hatte Graf



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Rosenberg doch immer wieder von Maria Luisa erzählt, er hatte ihr sanftes Wesen, ihre freundliche Art, ihre perfekten Fremdsprachenkenntnisse und nicht zuletzt ihr einnehmendes Äußeres beschrieben; es bleibt ungeklärt, aus welchen Quellen Fürst Khevenhüller seine falsche Beurteilung entnommen hatte; die vernichtenden Darstellungen des Fürsten Esterházy können es wohl nicht gewesen sein, sie lagen fünfzehn Jahre zurück und galten einem sechsjährigen Mädchen. Tatsächlich war auch Maria Theresia von ihrer Schwiegertochter sehr angetan, sie bedankte sich beim spanischen König und gratulierte ihm zu dieser wundervollen Tochter34. Nicht nur von der Braut selbst war das Kaiserpaar sehr angetan, ihr Vater hatte sie auch mit einer beachtlichen Mitgift ausgestattet. Ein halbes Jahrhundert später nahm Marie Terese, die erste, nach Sachsen verheiratete Tochter des Großherzogspaares, in einem Schreiben vom 19. Mai 1817 an den Bruder Großherzog Ferdinand auf ihre Mitgift Bezug, die dank derjenigen der Mutter so großzügig ausgefallen war35.

Anmerkungen 1 2

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Maria Josepha, geb. am 6. Juli 1744 in Gaeta, gest. am 8. Dezember 1801 in Madrid, blieb wegen einer körperlichen Missbildung unverheiratet. Paul II. Anton, 1711–1762, verh. mit Donna Maria Anna Louisa Lunati-Visconti; vgl. zu Paul Esterházy Jakob Michael Perschy, Die Fürsten Esterházy, Zwölf kurz gefaßte Lebensbilder. In: Die Fürsten Esterházy, Ausstellungskatalog, Eisenstadt 1993, S. 47–59, hier S. 51–52; vgl. zu Maria Anna Louisa Lunati Visconti Angelika Futschek, Fürstin MariaAnna Esterházy (= Mitteilungen aus der Sammlung Privatstiftung Esterházy 7), Eisenstadt 2016. HHStA, Staatenabteilung, Italien, Neapel 30, fol. 135–140: Bericht vom neapolitanischen Hof vom zurück gekommenen Fürsten Esterházy, 1752; fol. 200: „[…] Die Königin ist von einem schlauen Geist und nachdem sie sich anzustellen weiß, als richte sie sich völlig nach diesem Gemüth des Königs gelingt Ihr schier allezeit, seine Entschließungen nach ihrem Willen und Absichten zu lenken. Sie ist die Seele des Rates, welchem sie stets persönlich beiwohnt […]“. Vgl. Heinrich Benedikt, Die Botschaft des Fürsten Anton Esterházy in Neapel (Jänner 1751–November 1752). In: MIÖG LXIV, Heft 1, Wien 1956, S. 34–64. HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 30, fol. 135–140: „[…] L’heritier presomptif de la couronne dans sa 6ème année n’a pas encore la force de se tenir sur ses jambes, il louche extremement d’un oeil […] il ne parle pas encore, on a raison d’appréhender qu’il va demeurer muet […] Don Carlos son cadet, est plus haut d’une tete et demi, est bienfait, esprit fort eveillé […]. Les deux princesses ne sont pas belles et l’education n’est guère digne du rang […]“. HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 30, fol. 163–223.

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7 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 30, fol. 135–140: „[…] la Reine hait ouvertement les Napolitains et ne s’en cache pas. Son aversion va jusqu’a parler avec le dernier mepris de la Nation en présence des premiers Seigneurs et Dames du Pays. Elle est servie à genoux par les dames du palais tous les jours de l’année […]“. 8 Diccionario biográfico español, tomo 47, pp. 423–426. 9 Zitiert nach Benedikt, Die Botschaften des Fürsten Esterháza in Neapel, S. 45. 10 Karl Josef Graf von Firmian, 1716–1782; vgl. Wurzbach 4, Wien 1858, S. 232–233; HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 25: Graf Firmian kam am 2. Dezember 1753 an den neapolitanischen Hof. 11 Erwin Matsch, Der Auswärtige Dienst von Österreich (-Ungarn) 1720–1920, Wien/Köln/ Graz 1986, S. 128. 12 HHStA, Staatenabteilung, Italienischen Staaten, Neapel 2. 13 HHStA, Staatenabteilung, Neapel 3, fol. 547, Firmian am 10. Juli 1755 an Maria Theresia. 14 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 27, fol. 184–185: Maria Amalia am 21. September 1756 aus Portici an Maria Theresia, bedankt sich „[…] que ma famille eusse accepté les genereux offres qu’Elle leur a fait, du moins leurs personnes seraient en sureté […]“. 15 Id., fol. 179–180, Maria Amalia aus Caserta am 18. März 1757 an Maria Theresia: „[…] etroite union du sang qui me lie à Elle […]“. 16 Id., fol. 210–211, Maria Amalia am 19. Februar 1759 aus Caserta an Maria Theresia: Sie hofft, mit Neipperg „[…] cultiver et rafermer l’union que Firmian a cimenté […]“. 17 Id., fol. 214–215, Maria Amalia am 10. Juni 1759 aus Portici an Maria Theresia: „[…] il [le Roi] est toujours pret à prendre tous les arrangements tant pour le sisteme de l’Europe que pour l’union des deux maisons qui ne soient pas contraires à l’interet de ses etats et de sa famille […]“. 18 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 5, fol. 402–406. 19 Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2746, Briefe von Maria Amalia von Sachsen an Isabella Farnese; am 14. Oktober 1758 schrieb sie aus Neapel: „[…] Louise et Xavier ont été malades de rhume dont il y en a tant que dans le palais, il y a eu plus de 20 malades tout à la fois [……]“, und am 12. Juni 1759 berichtete sie aus Portici: „[…] Louise nous fit peur l’autre jour puisqu’elle eut une petite menace de convulsions […] mais apres une saignée elle est parfautement bien […]“. 20 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Neapel 4, fol. 1007. 21 Die Berichte des Grafen Rosenberg, Bd. 1, S. 39–50. 22 Franz Xaver Graf Orsini-Rosenberg, 1723–1796, wurde nach den glücklich verlaufenen Hochzeitsverhandlungen mit dem Orden vom Goldenen Vlies ausgezeichnet, er ging mit Erzherzog (Peter) Leopold als Premierminister ins Großherzogtum Toskana. 23 Vgl. Diccionario biográfico español, tomo 31, p. 692. Demetrio de Mahony y Weld, geb. 1702 in Saint-Germain-en-Laye, Residenz des exilierten Königs Jakob II. Mahony galt allgemein als verlässlicher, scharfsinniger Diplomat, der sich sehr bald die Sympathie Maria Theresias erwarb. Ausführlich biographiert in: Mur i Raurell, „Toscana e Infanta“, S. 243–244. 24 HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, Konv. 58–2–1, 1761: „[…] L’Infanta Luisa



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e di statura avvantagiosa, bianca, ben colorita, guanto basta in carne, e le sue parti, bianche non siano fine, tutte unite picciono. Ella e dolce, docile, buona christiana, di buon cuore, di buone inclinazione, affabile polita e molto allegra […]“. HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, Konv. 58–2–1: „[…] Les deux infantes Maria Josepha et Maria Luisa sont fort bien elevées en comparaison du Prince des Asturies. Elles sont nées toutes deux avec un fond excellent […]. L’infante Maria Luisa est d’une figure tres avantageuse sans être une beauté. Elle a le teint d’une blancheur eclatante, de belles couleurs, grande et bien faite en tout. Elle a de l’embonpoint autant qu’il en faut. Ses traits ne sont ni fins ni reguliers, cependant le tout ensemble plait. Elle est douce et accoutumée à dépendre de la volonté de sa gouvernante qui la tient encore à l’heure qu’il est dans la même dependance que si elle n’avait que 5 ou 6 ans […]. Elle est affable et polie envers tout le monde et quoiqu’on ne lui fait pas la cour que les grands jours de gala, c’est à dire six ou sept fois par an, elle fait fort bien les honneurs du cercle. Son humeur est gaye. Elle aime la musique et la danse. Elle apprend à chanter et à jouer du clavecin. Sa voix est plus forte qu’agréable. Madame de Miranda n’ayant jamais vecu dans le grand monde, cette princesse n’a pas encore le ton et le propos d’une education cultivée. Elle parle fort haut et gesticule un peu, defauts que la feu Reyne avait adoptés à Naples […]“. Berichte Rosenberg 1759–1761, S. 285. Die Berichte des Grafen Rosenberg, Bd. 2, S. 36 [für den Hinweis auf diese Edition der Berichte bin ich Anna Mur i Raurell zu großem Dank verpflichtet]. Die Berichte des Grafen Rosenberg, Bd. 2, S. 37: „Le prince des Asturies est grand pour son age, bien fait, d’une jolie figure, l’air dégagé et de bonne grâce. Il a très bon coeur, comme tous les enfants du roi en général […]. Un jeune prince aussi éveillé tournerait infailliblement bien, s’il était mieux mené. Mais excepté le fond du Christianisme, tout le reste est entièrement négligé par l’ineptie de ceux qui l’environnent […] l’effet de la mauvaise éducation qu’on donne au Prince d’Asturie est qu’il n’est point du tout maniéré. Il mange malproprement, dit tout ce qui lui vient dans la bouche, n’a nulle attention pour les gens qui viennent lui faire la cour, s’amuse par préférence avec un chasseur ou un de ses domestiques […]. L’enfance l’empêche de s’apercevoir que telles choses ne conviennent pas et personne ne le lui dit […]“. HHStA, Familienkorrespondenz A, Karton 37, Maria Luisa am 13. Oktober 1763 an Maria Theresia: „[…] je suis très flattée de l’honneur de la porter [den Sternkreuzorden]. Lorsque je raisonne avec moi-meme, et qu’il est question dans mon interieur de V. M., ce qui m’arrive continuellement, le nom de Chere Mere se presente avec tendresse à mon coeur je n’ai osé le placer au commencement de ma lettre, mais devant temoigner à V. M. la veneration et le respect que je sents pour Elle, qu’il me soit permis de l’ajouter en me disant Madame et Chere Mere de Votre Majesté la tres humble et tres obeissante fille Marie Louise“. HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 97, Konv. Nr. 4, fol. 187: Depenses faites pour les fêtes au sujet du mariage de l’archiduc Leopold et son Altesse l’Infante Donna Maria Louisa de Bourbon dans les jours 17, 18 et 19 février 1764, insges. 114.137 fl. Vgl. dazu die ausführlichen Darstellungen in Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765. Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2746, Maria Luisa am 17. Juli 1765 aus Genua

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an die Großmutter Elisabeth Farnese über die Seereise, die statt sieben Tagen mehr als zwanzig gedauert hatte. 33 Rudolf Graf Khevenhüller-Metsch/Hanns Schlitter, Aus der Zeit Maria Theresias, Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch, Bd. VI, Wien 1908, S. 118. 34 HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Hofkorrespondenz 15, fol. 42: „Mon coeur est rempli de la joie la plus parfaite […]. Je la felicite d’avoir une fille si remplie de merite et d’agrément et je rends grace à Dieu de ce qu’il a daigné me mettre dans le cas de partager avec Elle la douceur d’une pareille satisfaction […]“. 35 Dresden, HStAD, 12548, Fürstennachlaß Therese, Königin von Sachsen, Archivalnummer 003c: „[…] la mienne était si grande, c’était une grace de mes parents, ma chère Mère ayant eu 2 millions de dot et autant de contre dot […]“.

Erste Schritte in ein neues Leben: Großherzogin der Toskana Zur Reise von Innsbruck nach Florenz; Erkundung des Herrschaftsgebietes

Mit dem Tod des Kaisers Franz I. Stephan am 18. August 1765 hatte der Hochzeitsrummel mit all seinen Vergnügungen und Feierlichkeiten ein jähes und trauriges Ende gefunden; zugleich begann damit aber für Maria Luisa und Pietro Leopoldo ein neuer Lebensabschnitt. Der Kaiser hatte am Abend wie gewöhnlich einer Aufführung im Hoftheater beigewohnt, man gab die Komödie „Il tutore“ von Carlo Goldoni und das Ballett „Iphigénie“ von Gasparo Angiolini1. Auf dem Weg vom Theater zum Diner fühlte Franz I. Stephan eine plötzliche Schwäche und brach zusammen, gerade noch von Sohn Joseph aufgefangen und im nächstbesten Zimmer aufgebettet. Alle Hilfe kam zu spät. Nach der offiziellen Aufbahrung im Riesensaal der Innsbrucker Hofburg wurde der Leichnam von Hall aus am 24. August 1765 per Schiff über Inn und Donau nach Wien gebracht; Kaiser Franz I. Stephan fand in der Kapuzinergruft seine letzte Ruhestätte. Seit gerade mal zwei Wochen verheiratet, begann für das junge Paar nun viel früher als gedacht die Übernahme der Herrschaft im Großherzogtum Toskana, ein Land mit rund 945.000 Einwohnern. Der tragische Tod des Kaisers beschleunigte einen Schritt, der als langsames Einarbeiten gedacht, vom fürsorglichen Vater jedoch gut geplant war. Die Reise in den Süden wurde vorbereitet, wegen des noch immer angegriffenen Gesundheitszustandes des neuen Großherzogs sollte sie jedoch „à petites journées“ erfolgen, in kleinen Etappen also. Der neue Lebensabschnitt begann für das junge Großherzogspaar am 30. August 1765. Kaiser Joseph II., der unmittelbar nach dem Tod des Vaters nicht nur die anstehenden Entscheidungen an sich gezogen hatte, sondern auch sofort von seinen gassenseitigen Zimmern in die kaiserlichen Räumlichkeiten der Innsbrucker Hofburg übersiedelt war, begleitete das Paar bis Sterzing. Er trat jedoch sehr bald die Rückreise an, um seiner Mutter in dieser schweren Zeit beizustehen. Maria ­Luisa fügte sich sehr schnell in ihre neue Rolle, und während Großherzog Pietro Leopoldo in den ersten Tagen noch für sich allein speiste und sich bald zur Ruhe begab, empfing sie während der jeweiligen Aufenthalte die örtliche Noblesse oder Bürgerschaft, speiste an Tafeln von zehn Personen, lud zu Kartenpartien und übernahm kleinere repräsentative Aufgaben, wie sie es auch am Hof in Madrid gemacht hatte. Die

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körperliche Verfassung des Großherzogs verbesserte sich zusehends, Maria Luisa hatte ihre Ankündigung ganz offensichtlich wahr gemacht und ihren Ehemann mit spezieller Kost aufgepäppelt; sie schrieb ihrer Schwiegermutter, dass „sie ihrem Ehemann die italienische Diät verordnet habe, denn was in Deutschland diesen Namen beansprucht, ist wirklich nicht für Rekonvaleszente geeignet und könnte die Verdauung selbst der widerstandsfähigsten Menschen beeinträchtigen […]“2. Schon bald erlaubte es die körperliche Verfassung des Großherzogs, Fabriken, Festungsanlagen, Kirchen und Schlösser zu besichtigen. Für die letzte Nachtstation wurde am 12. September 1765 Pratolino erreicht, eine der vielen Mediceischen Villen mit einem reich gestalteten Garten, dessen Wasserspiele das Großherzogspaar und dessen Gefolge besonders erfreute3. Der Einzug in Florenz sollte am Morgen des 13. September in aller Stille stattfinden, musste doch vor dem festlichen Empfang des neuen Großherzogs der verstorbene Großherzog verabschiedet werden – und das war nun einmal Franz Stephan von Lothringen gewesen. Die Exequien für ihn fanden in allen größeren Städten der Toskana statt, sie begannen am 5. November 1765 in Florenz und setzten sich in Pisa, Livorno und Siena fort, als letzte Stadt gedachte Pescia am 8. Februar 1766 des verstorbenen Großherzogs und Kaisers4. Demnach erfolgte die feierliche Inauguration des neuen Großherzogs erst am 31. März 1766 im Palazzo Vecchio5 und der feierliche Einzug des Paares in Florenz am 24. Juni 1766, dem Namenstag des hl. Johannes, des Patrons der Stadt. In diesem Jahr hatte das Großherzogspaar bereits die Sommerresidenz Poggio Imperiale bezogen. Von hier ging der prunkvolle Festzug durch die Porta Romana in die Stadt, der Großherzog ritt im golddurchwirkten Gewand, die Großherzogin saß in einer prächtigen Karosse. Gemeinsam nahmen Pietro Leopoldo und Maria Luisa nun an religiösen Zeremonien, Umzügen, Schauessen, Pferderennen, Bällen, Theateraufführungen und einem Feuerwerk teil6, die in den verschiedenen Städten des Großherzogtums zu ihren Ehren abgehalten wurden7. Nach der Vorschau auf die feierliche Inauguration zurück zum 13. September 1765: Ursprünglich wollte der Großherzog bei seiner Ankunft von Pratolino aus inkognito in die Stadt reiten und sich ein bisschen umsehen – das war aber nicht möglich, weil die Bevölkerung von Florenz Tag und Nacht auf der Straße und in den Gassen auf den Großherzog gewartet hatte. Daher war dann auch das Entrée nicht so ruhig wie geplant: „Sobald der Großherzog in der Früh um 6 angekommen, war großes Geschrei von Vivat […], bis an die Burg ist alles nachgelaufen um ihre Freude“8 auszudrücken. Es gab nicht nur ein großes Geschrei, auch vierzig Kanonenschüsse aus der die Stadt beherrschenden Festung Belvedere begrüßten die neuen Herrscher, mit denen nun endlich nach fast einem halben Jahrhundert wieder eine eigenständige, großherzogliche Hofhaltung in der Stadt Einzug halten sollte9. Das Großherzogtum Toskana war unter der Regierungszeit der letzten Medici einem politischen und wirtschaftlichen Niedergang ausgesetzt gewesen, den auch die in Gang gesetzten Reformen der lothringischen Herrschaft nicht so schnell beseitigen konnten; unbestritten ist jedoch das Verdienst Franz Stephans von



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Lothringen, dem Sohn den Boden für die dringend notwendigen strukturellen Veränderungen bereitet zu haben10. Florenz war trotz des wirtschaftlichen Abstiegs eine große Stadt, die Bevölkerung belief sich auf immerhin 80.000, und wie beeindruckend sie auf ausländische Besucher wirken konnte, wird aus einem Bericht von zwei Offizieren der ungarischen Nobelgarde, die das Großherzogspaar begleitet hatten, deutlich. So haben sie „mit Verwunderung das Pflaster deren Gassen angesehen, welche mit sehr großen glatten Steinen gepflastert sind und durch dieses sich völlig von anderen Städten [unterscheidet], die Plätze [sind] mit Statuen und Fontänen ausgeziert. Der Fluss Arno teilt die Stadt in zwei Teile, auf welchem vier Brücken [sind], allwo Sommers die Nobles zu abend frische Luft zu schöpfen pflegen […]“11. Selbstverständlich besichtigten die Offiziere auch die Residenz und sie konnten sich nicht sattsehen an den reich ausstaffierten Räumen, den vielen Bildern, den formvollendeten Statuen, den wertvollen, mit Silber und kostbaren Steinen verzierten Möbeln. Großes Erstaunen rief auch der fast einen Kilometer lange überdachte Gang hervor, der, mit wertvollen Gemälden, chinesischem Porzellan und Alabastersäulen ausgestattet, „von der Burg über das Wasser“, also über den Arno zum Palazzo Pitti führte. Dieser bis heute existierende „Corridoio Vasariano“ entstand 1565 und erlaubte es den Großherzögen, trockenen Fußes – und in damaliger Zeit auch ungefährdet – vom Palazzo Vecchio über den Ponte Vecchio zum Palazzo Pitti zu gelangen. In der Kirche Santa Felicitá öffnet sich der Gang zur Empore, so konnte das neue Großherzogspaar geradewegs vom Palazzo Pitti aus zur Kirche gehen und der Messe beiwohnen12 – eine Möglichkeit, die von Maria Luisa in der Zeit ihrer Schwangerschaften gerne genützt wurde. Das junge Großherzogspaar, das am Morgen des 13. September 1765 in den Palazzo Pitti einzog, war sich vorher kaum der Größe und der Pracht dieses Palastes bewusst gewesen und sicherlich waren sie auch nicht darauf vorbereitet, in diesem einer Festung ähnelnden Schloss nach jahrzehntelangem Stillstand nun wieder ein entsprechendes Hofleben entfalten zu müssen. Franz Stephan von Lothringen aber hatte die Gegebenheiten gekannt, von Jänner bis April 1739 hatte er hier mit Maria Theresia gelebt und seine Herrschaft als Großherzog offiziell angetreten, innerhalb weniger Wochen hatte er die Voraussetzungen für die Regierung der Toskana geschaffen13. Ab 1745 erwählter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches hatte Franz I. Stephan von Lothringen 1753 den Marchese Antonio di Botta Adorno14 zum Bevollmächtigten Minister für Reichsitalien ernannt und ihm 1757 auch die Regierungsgeschäfte für das Großherzogtum Toskana und damit die Verantwortung für die Herrschaft des Nachfolgers übertragen. Bei seinem Aufenthalt hatte Franz Stephan von Lothringen die Tradition der mediceischen Großherzöge durchbrochen, die im linken Flügel des Palazzo Pitti residiert hatten; für sich und Maria Theresia ließ er die Zimmer im rechten Flügel adaptieren. Ganz bewusst wollte er eine neue Ära beginnen, Überlieferungen beenden lassen; Pietro Leopoldo und Maria Luisa sollten hier als Sekundogenitur die Tradition des Hauses Lothringen fortsetzen.

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Schon 1762, die Hochzeitsverhandlungen für das spätere Großherzogspaar begannen gerade erst sich zu intensivieren, erteilte Franz I. Stephan Botta Adorno den Auftrag für Umbauarbeiten im rechten Flügel. Dem ging allerdings eine umfangreiche Bestandsaufnahme voraus, denn Botta Adorno hatte nach seiner Ankunft in der Toskana eine komplette Inventarisierung des mediceischen, also des kompletten Besitzes der früheren Großherzöge vorzunehmen. Als Entschädigung für das Herzogtum Lothringen ging nun nach dem Tod des letzten Medici Gian Gastone, er war passenderweise 1737 gestorben, das gesamte Vermögen und damit auch der umfangreiche Landbesitz an den Herzog von Lothringen, und in der Folge an Großherzog Pietro Leopoldo. Somit kamen mit dem Herrscherwechsel die Paläste in Siena, Livorno und Pisa, die Villa Medici in Rom und natürlich der Palazzo Pitti an das Haus Lothringen: das neue Großherzogspaar konnte über die Ville dell’Ambrogiana, Cerreto, Artimino, Poggio a Cajano, Appeggi, Caffaggiolo, Pratolino, Careggi, Castello und Poggio Imperiale verfügen. Die Bestandsaufnahme dieses umfangreichen Besitzes inklusive des jeweiligen Bauzustandes und eventuell vorzunehmender Renovierungsarbeiten hatte Botta Adorno schon 1762 nach Wien geschickt15. Demnach erteilte Franz Stephan von Lothringen den Auftrag zu den vordringlichsten Umbauten im Palazzo Pitti. Somit entstanden zwischen 1763 und 1765 am Ende der Maria Luisa zugedachten Zimmerflucht ein Ankleidezimmer und das sogenannte Gabinetto Ovale, das in den achtziger Jahren mit chinesischen Tapeten ausgestattet wurde und als einziger Raum bis heute den Zustand aus der Zeit der Großherzogin bewahrt16. Etwas später wurden auch zwei Bäder im neoklassischen Stil eingebaut, das Bad für Pietro Leopoldo in den den Boboli-Gärten zugewandten Räumen, das andere nach dem Ankleidezimmer von Maria Luisa17; die Großherzogin bewohnte die Räume im Piano Nobile, die auf den Platz hinausgingen und heute als „Appartamenti Reali“ bezeichnet werden. Pietro Leopoldo hatte sich für die rückwärtigen Räume entschieden, hier konnten die vertrauten Mitarbeiter aus den Boboli-Gärten über eine geheime Treppe zu ihm gelangen18. Seine Räume wurden mit Gemälden seines Bruders Joseph II. und seiner Mutter Maria Theresia geschmückt, Maria Luisa „versammelte“ in ihren Räumen ihre Familie um sich19. Abgesehen von den Gemälden gab es nicht viel, was Maria Luisa an die alte Heimat erinnerte, eine lebenslange Beziehung verband sie jedoch mit Basilia de la Vega. Die Marchesa war Tochter von Don Antonio de la Vega und sie hatte Maria Luisa nach Innsbruck und Florenz begleitet. Sie war nicht nur Hofdame, sie war auch die Verbindung zu Hof und Familie in Madrid, sie führte die Korrespondenz mit Maria Giuseppa, der unverheiratet gebliebenen älteren Schwester, und als Maria Luisa Florenz 1790 verließ, um ihren Mann auf seinem Weg zur Kaiserwürde zu begleiten, da hielt Basilia de la Vega die Stellung und die Briefkontakte aufrecht20. Es muss eine sehr innige Beziehung gewesen sein, ersichtlich auch aus dem vertrauten Ton, mit dem Maria Luisa sie aus nicht näher beschriebenen Gründen am Ohr ziehen wollte21. Basilia de la Vega war die einzige Spanierin am toskanischen Hof, der Großteil des Personals war 1765 aus



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habsburgischen Ländern gekommen, bewährte Leute, die erst im Lauf der Jahre durch einheimische Bedienstete ersetzt wurden22. Wenn der Großherzog allerdings eine besondere Vertrauensstellung besetzen wollte, war es auch in späterer Zeit noch möglich, dass er jemanden aus Wien kommen ließ; als Marianna Arnth, Kammermädchen bei der ein Jahr alten Prinzessin Marie Terese, heiratete und den Dienst aufgab, bat er seine Mutter ihm „une fille bien élevée de Vienne“, ein gut erzogenes Wiener Mädel zu schicken23. Der linke Flügel des Palazzo Pitti wurde vom Großherzogspaar zwar nicht bewohnt, blieb aber trotzdem nicht ungenützt; vor allem im Winter, wenn das Großherzogspaar im Palazzo Pitti residierte, fanden hier offizielle Empfänge für besondere Gäste statt. In den prächtigen Räumlichkeiten wurden auch Bälle veranstaltet, so beispielsweise für Erzherzogin Marie Caroline, die 1768 auf ihrer Reise nach Neapel als Braut des Königs Ferdinand IV. bei Bruder und Schwägerin in Florenz Station machte. Marie Caroline erlebte hier ein Maskenfest mit 10.000 Gästen, wobei das Großherzogspaar in chinesische Kostüme gekleidet war24. Auch für die Taufzeremonien wurden diese prächtigen Räume genützt, später wurde hier die Galleria Palatina, die Gemäldegalerie eingerichtet. Während die dem Platz zugewandten Räume des linken Flügels also nur für offizielle Anlässe genutzt wurden, erhielt das Ehepaar Thurn als besondere Gnade die rückwärtigen Räume zugeteilt25; sie waren die Einzigen, die direkt im Palast logieren durften, was wohl daran lag, dass Anton Graf Thurn als Obersthofmeister und langjähriger Begleiter das besondere Vertrauen des Großherzogs genoss und Gräfin Gabriele von Reischach, verheiratete Thurn, seit der Innsbrucker Hochzeit 1765 die Stellung der „Maggiordoma maggiore“ bekleidete. Schon wenige Tage nach ihrer Ankunft unternahm das Großherzogspaar Reisen in die nähere und weitere Umgebung, es war ihnen ein Anliegen, sich so schnell wie möglich ein Bild von ihrem Herrschaftsgebiet zu machen, die größeren Städte und die Beschaffenheit der Landwirtschaft kennenzulernen. Bei dieser Gelegenheit besichtigten sie auch die verschiedenen Sommerpaläste, die Villa Poggio Imperiale gefiel ihnen besonders, sie sollte in den Sommermonaten ihr Lebensmittelpunkt werden. Der kleine Palazzo war im 16. Jahrhundert erbaut worden, seinen Namen und die prachtvolle Ausstattung erhielt er allerdings erst rund hundert Jahre später durch die Erzherzogin Maria Magdalena (1589–1631), die 1608 mit Cosimo II. de Medici verheiratet worden war. Nach dem Tod ihres Ehemannes 1621 übernahm die Großherzogin für den noch minderjährigen Sohn Ferdinand die Vormundschaftsregierung, als Schwester des Kaisers Ferdinand II. verlieh sie ihrer Herrschaft mit der Errichtung einer persönlichen Residenz zusätzliche Bedeutung. Schon der Name „Poggio Imperiale“ verwies auf ihre kaiserliche Abstammung, diesen Eindruck verstärkte noch zusätzlich im Inneren ein spektakuläres Ausstattungsprogramm: Gemälde, Skulpturen und Büsten von Kaisern, umrahmt von habsburgischen Wappen säumten die Wände, ruhmreiche Taten habsburgischer Vorfahren sind bis heute in den Wandfresken zu sehen. In einem Gesandtschaftsbericht aus der Zeit Maria Magdalenas wird erwähnt, „es scheint, als ob die ganze

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Welt zusammen gekommen wäre, um sie [die Villa] zu schmücken und sie mit den vorzüglichsten und wunderbarsten Dingen zu bereichern, die man nur finden kann […]“26. Zwar hat sich die monumentale Auffahrt auf den Hügel Arcetri noch erhalten, durch die Ausbreitung von Florenz ist der Eindruck heute aber nicht mehr so imposant wie noch zur Zeit Pietro Leopoldos. Vom Palazzo Pitti kommend führt die schnurgerade Allee im rechten Winkel zur Hauptachse der Boboli-Gärten den Berg hinauf zur Villa Poggio Imperiale, somit verband sie auch symbolisch die beiden Residenzen. Es war aber nicht nur das habsburgische Interieur das Pietro Leopoldo, und Maria Luisa veranlasste, Poggio Imperiale zu ihrer Lieblingsresidenz auszuwählen; die beherrschende Lage dieses Sommerpalais, der herrliche Ausblick und die wunderbare Luft der toskanischen Landschaft sowie die Nähe zu den Herrschaftszentren waren für die Entscheidung mitbestimmend. Schon im Frühjahr 1766 übersiedelte der Hof hierher, ein Jahr später beauftragte der Großherzog den Architekten Gaspari Maria Paoletti, Umbauten und Vergrößerungen durchzuführen, die bis 1783 andauerten27; sie waren nicht nur der wachsenden Familie, sondern auch den Empfängen und den wunderbaren Festen geschuldet, die vor allem in den Sommermonaten den Tagesablauf bestimmten28. Auch nach der Geburt des ersten Kindes im Jänner 1767 unternahm das Großherzogspaar ausgedehnte Reisen, gemeinsam besichtigten sie Siena, Prato und Pistoia, sie fuhren nach Livorno und erhielten – auch wenn sie noch nicht das ganze Land kennengelernt hatten – einen Eindruck von den Verhältnissen und Problemen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert war. Dieser Besuch war für die Bewohner ein ungekanntes Erlebnis, erstmals seit Menschengedenken sahen nun auch die Leute in der toskanischen Provinz das Großherzogspaar; verstärkt wurde der positive Eindruck durch großzügige Geschenke und Spenden, die sowohl den Armen als auch den Gemeinden zugutekamen. Der persönliche Kontakt mit dem jungen Paar und die der Bevölkerung gewährten „Brot und Spiele“ trugen erheblich zu deren Popularität bei. Wenn die Abhängigkeit seines Herrschaftsgebietes von Habsburg Pietro Leopoldo nicht bewusst gewesen wäre, Joseph II. und Maria Theresia riefen es ihm immer wieder ins Gedächtnis. Allerdings bot die Anlehnung an die österreichische Großmacht dem Großherzogtum auch nicht zu übersehende Vorteile: Die Toskana genoss den außenpolitischen Schutz einer europäischen Großmacht, ergänzt durch die Sicherheit, die die habsburgisch-bourbonische Allianz gewährte. Während der Regierungszeit Pietro Leopoldos war das Großherzogtum keiner außenpolitischen Bedrohung ausgesetzt. Umgekehrt war Florenz für die Wiener Politik ein wichtiger Beobachtungsposten, die Nachrichten aus Rom trafen hier früher ein und das von Maria Theresia zielstrebig verfolgte Hochzeitskarussell bewährte sich bestens: Maria Luisa stellte die Verbindung zum Vater in Spanien, zum Bruder in Neapel und zum Cousin in Parma her. Das Netz wurde durch die Verheiratung dreier Erzherzoginnen an die bourbonischen Höfe von Neapel, Parma und Paris noch dichter, Florenz war für Wien der verlässlichste Beobachter im zwar verbündeten, aber doch auch argwöhnisch beobachteten neuen Familiengeflecht.



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Der Großherzog nutzte die Möglichkeiten, die außenpolitischen Erfahrungen sollten ihm später zugute kommen29. Neben der Politik interessierte Maria Theresia aber einfach alles, was sich am toskanischen Hof ereignete. Sowohl Minister Botta Adorno30 als auch Graf Rosenberg berichteten regelmäßig. Am 30. Dezember 1766 beschrieb Rosenberg das Verhältnis zwischen dem Großherzogspaar als besonders liebevoll, anhänglich und vertraut; Maria Luisa sei ihrem Ehemann sehr zugetan, beteilige sich aber nicht an politischen Konversationen, ja sie bekräftige sogar, sich nicht in Dinge einmischen zu wollen, von denen sie nichts verstünde31. Maria Luisa kannte natürlich die Erwartungshaltung ihrer Schwiegermutter, wonach sie sich ihrer Position entsprechend um die Leitung des Hofhaushaltes, um die Erziehung der Kinder und die Familie zu kümmern hatte – aber nicht um die Regierungsgeschäfte. Maria Theresia hatte es sich auch nicht nehmen lassen, dem Sohn im August 1765 eine Instruktion mitzugeben, die sich detailreich auf die einzurichtende Hof- und Lebenshaltung bezog. Eindringlich beschwor sie Nutzen, Auftreten und Benehmen des Hofes sowohl für das öffentliche wie auch für das familiäre Leben, sie betonte die Wichtigkeit des Landesherrn für seine Untertanen, der nicht nur Herrscher, sondern auch in seinem Verhalten beispielgebend sein sollte32. So wie es Pietro Leopoldo in Wien und Maria Luisa in Madrid erlebt hatten, sollte nun der Palazzo Pitti als Mittelpunkt des politischen, gesellschaftlichen und familiären Lebens des Großherzogtums eingerichtet werden. Auch wenn die Familie anfangs noch klein war, die tägliche Versorgung dieses großen Hofes mit Dienerschaft, Gärtnern, Kutschern etc. erforderte entsprechende Planung; und hier mangelte es nicht nur an den üblichen Koch- und Tafelgeräten, was relativ leicht beschafft werden konnte, sondern auch an fast allen für einen derart großen Haushalt notwendigen Vorräten. Nachdem es seit Jahrzehnten keine funktionierende Hofhaltung mehr gegeben hatte, gab es die einfachsten Dinge wie Zucker und Salz nicht, es gab überhaupt keine Bevorratung, es klappte nicht mit der geringsten Nahrungsvorsorge und auch nicht mit der Lieferung der notwendigsten Waren. Das änderte sich bald. Die Gärtner mussten sofort in den Boboli-Gärten einen „Jardin potager“ anlegen, der schon bald die großherzogliche Tafel mit den wichtigsten Gemüse- und Obstsorten versorgen konnte. Je nach Jahreszeit wurden in den großherzoglichen Gärten verschiedene Salate, Zwiebel und Kohl, Spargel, Gurken und Kürbisse geerntet, aber auch Erdbeeren, Feigen, Melonen, Trauben und natürlich Äpfel bereicherten den Speiseplan. Es gab schon auch Zitrusfrüchte in den Boboli-Gärten, aber Orangen, Mandarinen und Zitronen kamen vor allem auf dem Seeweg aus Neapel. Während Fleisch und Fleischprodukte hier auf eine lange, erstklassige Tradition zurückblicken konnten, mangelte es auch nicht an diversen Nudel- und Reissorten. Selbstverständlich kamen auch Fische auf die großherzogliche Tafel, Meeresfische wurden aus Livorno über den Arno in Kisten, gut in Eis aus dem Apennin verpackt, nach Florenz gebracht, wohingegen Süßwasserfische täglich in den Gebirgsflüssen gefangen wurden. Auch Wein aus der

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Umgebung, wie Chianti und Montepulciano, wurde getrunken, besonders beliebt war jedoch Wein aus Málaga, Madeira oder Südafrika. Und erstmals wurden im Juli 1780 in den Boboli-Gärten auch Erdäpfel erfolgreich angebaut. Gab es Überproduktionen, durften die Gärtner das restliche Obst und Gemüse verkaufen. In späteren Jahren wurden hier auch Kräuter und Gewürze angebaut, die in der großherzoglichen Apotheke dringend benötigt wurden33. Neben den Esswaren aus eigenem Anbau und all den Köstlichkeiten aus nah und fern bereicherten die großherzogliche Tafel auch Milch, Butter, Öl und Schmalz aus der Lombardei, Produkte, die in der Toskana oft nicht in ausreichender Menge vorhanden waren. Gar nicht zufrieden war das großherzogliche Paar mit den von den Bäckern angebotenen Broten und Backwaren. Kurz entschlossen berief Pietro Leopoldo einen Bäcker aus Wien: Es war ein gewisser Joseph Wagner, der sich auf das Abenteuer einließ und nach Florenz übersiedelte. Er wurde mit Backofen und den mitgebrachten Utensilien nahe dem Palazzo Pitti einquartiert, und hier buk er nun Semmeln, Kipferln und verschiedene Brotsorten, ganz so, wie es der Großherzog aus Wien gewohnt war. Ursprünglich besorgte Wagner nur den Bedarf für die großherzogliche Tafel, Graf Rosenberg konnte jedoch eine auch für Wagner erfolgreiche Ausweitung seines Geschäftsfeldes erreichen; bald vergrößerte er seinen Betrieb, 1781 wurden hier täglich etwa 200 verschiedene Produkte hergestellt – frisches Gebäck und Brot für die großherzogliche Familie und die Stadt34. Schon in den Septembertagen hatte das Großherzogspaar Bischöfe und Erzbischöfe und den Magistrat empfangen, dem die meisten Mitglieder des Patriziats angehörten; außerdem hatte Pietro Leopoldo erste Minister für den Staatsrat ernannt. Großherzog und Großherzogin absolvierten gemeinsame Auftritte, sie nahmen aber auch getrennte Aufgaben wahr, wobei die „Einkleidung“ junger Mädchen des heimischen Adels, ihre Einführung ins klösterliche Leben Maria Luisa Gelegenheit bot, ihrer Rolle als Landesmutter zu entsprechen35. Die alltäglichen Geselligkeiten spielten sich zumeist in den eleganten Räumen der Großherzogin ab. Im Gegensatz zu den offiziellen Veranstaltungen fanden hier „private Akademien“, also musikalische Darbietungen statt, wie beispielsweise im April 1768 die Aufführung von „Il convito di Alessandro“ von Händel oder ein Jahr später Glucks „Orpheus und Euryidike“. Da konnte es auch passieren, dass der Großherzog die Begleitung am Cembalo übernahm, wie beim Aufenthalt Marie Carolines, die eine Arie zum Besten gab. Hier traf man sich auch zu sogenannten „conversazione“, also zu Gesprächen mit den Mitgliedern des mitgereisten habsburgischen Adels wie den Thurn oder Goëss, oder mit Horace Mann und dem Ehepaar Cowper von der englischen Kolonie, aber auch die heimische Noblesse war eingeladen36. Überhaupt zögerten die großen florentinischen Familien wie die Corsini, Riccardi oder Salviati nicht lange und öffneten ihrerseits ihre prächtigen Paläste für die verschiedensten Festlichkeiten zu Ehren der neuen Herrscher37. Allerdings entsprachen Erziehung, Ausbildung und die Fremdsprachenkenntnisse nicht immer dem zu erwartenden Stand; als Joseph II.



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seinem Bruder 1782 den Besuch des inkognito reisenden Sohnes von Zarin Katharina ankündigte und ihn ersuchte, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, sah sich der Großherzog genötigt, darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht allzu viele Persönlichkeiten für geistvolle Gespräche gäbe und auch kaum jemand des Französischen mächtig sei38. Trotzdem wurde alles aufgeboten, was möglich war, auch festliche Bälle und Opernaufführungen fanden statt und die russischen Gäste genossen den Aufenthalt in der Toskana sehr. Im Sommer 1766 war das junge toskanische Großherzogspaar gerade mal zehn Monate in seiner neuen Heimat, viel war zu tun, aber sie hatten sich trotz aller neuen Verpflichtungen gut eingelebt. Aus dieser Zeit gestattet Maria Luisa in einem ihrer seltenen persönlichen Briefe Einblick in ihren Alltag: „[…] après Pacques nous sommes allées à la campagne, après à Livourne où je m’y suis beaucoup amusée, nous ayant donnés des fêtes magnifiques, cette ville est petite mais fort jolie et gaie et elle me plait beaucoup, plus que Pise qui est triste, je puis vous assurer que nous avons quitté la premiere à regret mais nous contons d’y retourner bientôt, asteur nous sommes à l’Imperiale que vous connaissez, où il fait bien chaud, on jouit de la promenade tant que l’on peut, et nous allons presque tous les soirs au theatre lequel finira bientôt, mais on en fait ici un fort joli et nous aurons comedie trois fois par semaine. Une autre raison vous avez encore de vous plaindre de moi c’est que je vous avais promis de vous ecrire d’abord que j’aurais quelque doute de grossesse et je ne l’ai pas fait, je vais asteur pour les trois mois et je me suis fait saigner jeudi ce qui m’a fait beaucoup de bien ayant avant perdu tout l’apetit et il commence asteur à revenir, du reste je ne sens aucune autre incommodité, j’espère que celà continuera de la meme façon, du moins il me serait fort commode, mon cher mari vous fait bien des complimens, sa santé devient tous les jours plus robuste ce qui me fait un grand plaisir l’aimant si tendrement, adieu chere Amie je finis crainte de manquer la poste, croyez moi toujours Votre très fidele Amie Maria Louisa“39. Das Schreiben vermittelt den Eindruck fröhlicher, konfliktfreier Tage – trotz Schwangerschaft – und eines innigen Verhältnisses zwischen den Eheleuten; sie fahren aufs Land, gehen ins Theater, machen Spaziergänge, die heitere Maria Luisa tut ihrem etwas melancholischen Mann sichtlich gut. Leider ging die Schwangerschaft der Großherzogin nicht so unbeschwert weiter, im Oktober plagte sie starker Husten und hohes Fieber, Rosenberg empfand es als seine Pflicht, die schlechte Nachricht sofort nach Wien zu melden, allerdings konnte er schon nach wenigen Tagen von einer Verbesserung des Gesundheitszustands berichten. Verständlicherweise war man da wie dort besorgt, aber der Hofarzt Lagusius40 schloss die Möglichkeit einer Fehlgeburt aus41; Maria Luisa blickte der Ankunft ihres ersten Kindes mit Zuversicht entgegen, waren doch alle notwendigen Vorkehrungen getroffen worden. Wenn an normalen Tagen nur die nötigsten Bediensteten im Palazzo Pitti über Nacht blieben, so wurde jetzt zusätzliches Personal auch nächtens einquartiert, wie der für Maria Luisa extra engagierte „accoucheur“, der Arzt Giuseppe Vespa42, der sich nun Tag

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und Nacht bereithalten musste und aufgrund seiner Sorgfalt und Fähigkeiten später in den Hofdienst übernommen wurde. Sogar Graf Rosenberg wurde im Jänner 1767 im Palast untergebracht, um sofort nach der Geburt die gute Nachricht in alle Welt hinaustragen zu können43. Es herrschte nun aufgeregte Erwartung.

Anmerkungen 1

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Vgl. Andrea Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube. Hochzeitsfeste der Habsburger im 18. Jahrhundert (= dramma per musica 4), Wien 1994, S. 119–129: 1765 Die Hochzeit von Erzherzog Leopold mit Prinzessin Maria Ludovica von Spanien. Mur i Raurell, „Toscana e Infanta“, S. 272. HHStA, Ältere Zeremonialakten 71, fol. 313–320: Nachricht von der Reise Ihrer Königlichen Hoheiten Erzherzog Leopold und Gemahlin Infantin Maria Luisa von Innsbruck aus nach der Toskana. Luigi Zangheri, Feste e apparati nella Toscana di Lorena 1737–1859, Florenz 1996, pp. 108–111, Zangheri, Feste e apparati, p. 112. Zangheri, Feste e apparati, pp. 114–116. Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2247, fol. 52–66: Formalità praticate nell’ingresso e Festa di San Giovanni […] e nel ricevimentoi di SAR a Livorno 1766 […]. HHStA, Ältere Zeremonialakten 69, Mappe 17, fol. 1–9, hier fol. 3. Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2116, fol. 1. Vgl. Pansini, Franz Stephan von Lothringen und die Reform des Staates der Medici 1737– 1765. HHStA, Ältere Zeremonialakten 69, Mappe 17: Reisebeschreibung zweier Offiziere der ungarischen Nobelgarde, welche mit dem großherzoglichen Hof von Toskana nach Florenz und von dort nach Rom reisten. Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2148: Ein erster Besuch ist am Sonntag, 22. September 1765 verzeichnet. Vgl. Zedinger, Franz Stephan von Lothringen, S. 111–145: Großherzog der Toskana. Antonio Marchese di Botta Adorno, 1688–1774, nach militärischer Karriere im Spanischen Erbfolgekrieg in diplomatischen Missionen in Petersburg und Berlin tätig; vgl. Adam Wandruszka, Botta Adorno. In: Dizionario Biografico degli Italiani 13, Roma 1971, pp. 380–384. Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Archivio Botta Adorno X., 250, inf. Ins. 13. Vgl. generell: Marco Chiarini/Serena Padovani (ed.), Gli Appartamenti Reali di Palazzo Pitti. Una reggia per tre dinastia: Medici, Lorena e Savoia tra Granducato e Regno d’Italia, Firenze 1993. Laura Baldini Giusti, Le cucine e i bagni. In: Sergio Bertelli/Renato Pasta (ed.), Vivere a Pitti. Una reggia dai Medici ai Savoia, Firenze 2003, pp. 439–462.



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18 Orsola Gori, Una corte dimezzata. La reggia di Pietro Leopoldo. In: Sergio Bertelli/Renato Pasta (ed.), Vivere a Pitti. Una reggia dai Medici ai Savoia, Firenze 2003, pp. 291–350, hier p. 296. 19 Alessandra Contini/Orsola Gori, Spazi publici e privati del piano nobili di Pitti al tempo di Pietro Leopoldo. In: Gabriella Capecchi (ed.), Palazzo Pitti. La reggia rilevata, Firenze 2003, pp. 329–339, hier p. 331; zur Aufteilung der Räume siehe auch Gori, Una corte dimezzata, p. 294. 20 Florenz, ASF, Archivio Bracci Guazzesi 110, Konv. 1; Gori, Una corte dimezzata, p. 303; Basilia de la Vega hatte 1773 Francesco Guazzesi geheiratet, dessen Vater Lorenzo mit den bedeutendsten Literaten seiner Zeit korrespondierte. 21 Florenz, ASF, Archivio Bracci Guazzesi 110, Konv. 1: „Basilia mia cara, mi dispiace di non essere domani a Firenze per potarti tirare un poco le orechie […]“. 22 Vgl. dazu die Verzeichnisse bei Alessandra Contini, Concezione della sovranità e vita di corte in età leopoldina 1765–1790. In: Anna Bellinazzi/Alessandra Contini (ed.), La corte di Toscana dai Medici ai Lorena, Roma 2002, pp. 129–220, hier pp. 213–217. 23 Archiv Rosenberg 78/363, zitiert bei Gori, Una corte dimezzata, p. 304, nota. 64. 24 Zangheri, Feste e apparati, p. 121. 25 Gori, Una corte dimezzata, p. 293. 26 Ilaria Hoppe, Kunst im Dienst von Politik und Religion. Die Patronage von Maria Magdalena von Österreich in Florenz. In: Österreichische Erzherzoginnen am Hof der Medici, Katalog zur Ausstellung im Schloßmuseum Linz 2016, S. 57–67, hier S. 67. 27 Fiametta Faini/Anna Maria Puntri/Antonio Paolocci/Maria Pimpinella, La villa mediceo lorenese di Poggio Imperiale, Firenze 1995, p. 14. 28 Andrea Ragazzini/Riccardo Spinelli, La Villa di Poggio Imperiale. Una reggia fiorentina nel patrimonio UNESCO, Firenze 2018. 29 Wandruszka, Leopold II., Bd. 1, S. 194–202. 30 Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Archivio Botta Adorno, Cartelle Grande X 142, inf. T VIII: Berichte an Maria Theresia. 31 Archiv Rosenberg 65–359, zitiert bei Contini, Concezione della sovranità, p. 157, A 88. 32 Archiv Rosenberg 65–358, agosto 1765: Istruzioni dell’imperatrice Maria Teresa al figlio Pietro Leopoldo. Zitiert bei Contini, Concezione della sovranità, p. 145, A 51: „[…] L’ordre et la façon de vivre à votre Cour decidera beaucoup de votre felicité. Il ne suffit pas que le pays ait un souverain, mais il faut qu’il sente l’utile, l’agréable de cette presence. Que tout soit decent, sans hauteur et sans bassesse […]. Votre bonheur depend de l’ordre de votre journée et de vos affaires […]“. 33 Florenz, ASF, Imperiale e Real corte 5437, Farmacia, fol. 278. 34 Alessandra Contini/Orsola Gori, Dentro la reggia. Palazzo Pitti e Boboli nel settecento, Firenze 2004, pp. 82–83. 35 Contini, Concezione della sovranità, p. 156. 36 Contini/Gori, Dentro la reggia, pp. 34–36. 37 Zangheri, Feste e apparati, pp. 20–21. 38 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2149, Schreiben an Joseph II. vom 23. Jänner 1782: „Quant aux diners et conversations plutot petites que nombreuses et composées des per-

sonnes de tout rang, connues pour leur esprit, talens, ou célèbres de quelque façon que soit […] je vous previens que ce n’est pas de ce côté-là que nous brillons içi, et que ces personnes devant parler français […] il n’y a pas cinq dames qui le parlent […] quant aux bals, il n’est pas possible d’en faire ici de noblesse, puisque personne des dames ne danse […]“. 39 HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 37, fol. 4, Adressat unbekannt: „[…] nach Ostern sind wir aufs Land gefahren, danach nach Livorno, dort war es sehr lustig, wir haben fröhliche Feste gefeiert, die Stadt ist klein, aber sehr freundlich, sie gefällt mir besser als das traurige Pisa, ich kann Sie versichern, dass wir die erste [Stadt] nur ungern verließen, aber sicher bald wieder hinfahren werden, jetzt sind wir in Imperiale, das Sie kennen, es ist sehr heiß, wir machen Spaziergänge und gehen jeden Abend ins Theater, wir werden hier eines errichten lassen, dann können wir dreimal die Woche hingehen. Sie haben noch einen Grund, sich zu beschweren, weil ich Ihnen im Falle einer Schwangerschaft schreiben sollte, was ich nicht gemacht habe, ich bin im dritten Monat, am Donnerstag ließ ich mir Blut abnehmen, weil ich so appetitlos war, es geht mir besser und ich hoffe, dass es so bleibt. Mein Mann lässt Sie grüßen, er wird täglich kräftiger, worüber ich sehr froh bin, denn ich liebe ihn sehr, jetzt muss ich schließen um die Post nicht zu versäumen, Ihre treue Freundin Maria Luisa.“ 40 Lagusius, eigentlich Johann Georg Hasenöhrl, 1729–1796, Ausbildung in Wien nach den Grundsätzen Van Swietens; er wurde Leibarzt des Erzherzogs Leopold, begleitete ihn nach Florenz, kam mit ihm nach Wien zurück und blieb bis zu dessen Tod 1792 in seinen Diensten; danach wurde er Leibarzt von Kaiser Franz II./I.; vgl. Friedrich Carl Hecker, Geschichte der neueren Heilkunde, Berlin 1839. 41 HHStA, Staatenabteilung, Italienische Staaten, Toskana 14, fol. 245–249, Rosenberg am 14. und 18. Oktober 1766 an Staatskanzler Kaunitz. 42 Giuseppe Vespa, 1727–1805, Florentiner, studierte in Paris, seit 1751 in Florenz als Arzt tätig, Dozentur in Pisa, ging 1790 mit der nun kaiserlichen Familie nach Wien; vgl. Museo Virtuale, Wikipedia. 43 Gori, Una corte dimezzata, p. 313, A 113: Archiv Rosenberg 78/363, Rosenberg an Maria Theresia am 15. Jänner 1767 über die Situation im Palazzo Pitti.

Hof- und Familienleben zwischen Kindersegen und Repräsentation Palazzo Pitti, die Residenz der Großherzöge; im Winter in Pisa, im Sommer in der Villa Poggio Imperiale; Luigi Grün

Wenn Großherzogin Maria Luisa (Abb. 4) in einem ihrer Briefe ganz selbstverständlich mitteilt, wie sehr sie ihrem Mann zugetan ist1, so darf dieses Bekenntnis wohl als Leitgedanke für das Hof- und Familienleben des jungen Großherzogspaares angesehen werden, für die harmonische Atmosphäre, in der die jährlich größer werdende Kinderschar aufwachsen sollte. Das erste Kind des Großherzogspaares wurde am 14. Jänner 1767 geboren, es war ein Mädchen, das die Namen der kaiserlichen Großmutter, allerdings in italienischer Schreibweise, erhielt: Maria Teresa wurde vom Erzbischof getauft, zusätzlich erhielt sie noch die Namen Carlotta Giovanna; für drei Tage öffnete der Palazzo Pitti seine Tore zur prunkvollen Gala, umgeben von Amme, Erzieherin und Kindermädchen wurde die kleine Erzherzogin stolz dem versammelten Adel und den Würdeträgern präsentiert. Unmittelbar nach der Taufe machten sich die Sonderbotschafter auf den Weg, um die gute Nachricht der kaiserlichen Familie nach Wien, zu Carlos III. nach Madrid, zu König Ferdinand nach Neapel, aber auch nach Brüssel zu Statthalter Karl von Lothringen zu bringen. Es sei vorweggenommen, Maria Teresa sollte nicht das einzige Kind bleiben. In den Jahren 1767 bis 1788 wurden dem Großherzogspaar 16 Kinder geboren, zehn Söhne und vier Töchter überlebten die Eltern. Nach 35 erholsamen Tagen im Wochenbett durfte Großherzogin Maria Luisa „entró in santo“, einer feierlichen Messe beiwohnen und wieder ihrem normalen Alltag nachgehen2. Graf Rosenberg, der Obersthofmeister jener Tage, berichtete in vielen Briefen nach Wien über das junge Großherzogspaar und das Leben am toskanischen Hof. Er beschrieb Maria Luisa als eine wenig schöne Frau, musste aber anerkennen, dass sie ihrem Mann in Liebe verbunden war und mit Scherz und leichter Ironie seinen melancholischen Stimmungen trotzte. Wenn Rosenberg die Großherzogin bei politischen Fragen um ihre Meinung bat, so verweigerte sie jegliche Stellungnahme mit dem Hinweis, dass sie davon nichts verstehe – ganz so, wie es Maria Theresia erwartete; tatsächlich stand sie ihrem Mann jedoch bei allen Entscheidungen und Problemen zur Seite. Das

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Abb. 4: Maria Ludovica von Spanien, Großherzogin der Toskana, anonym, ElisabethinenKonvent Klagenfurt, Inv.-Nr. 25, © Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien (Gerhard Ramsebner).



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Paar tauschte sich immer aus, wie die zeitgenössischen Berichte der Erzherzogin Marie Christine belegen, wobei Marie Christine ihre Schwägerin wie auch alle anderen Familienmitglieder immer sehr kritisch betrachtete. Erzherzogin Marie Christine, Lieblingstochter Maria Theresias, bereiste Italien mit ihrem Mann Albert von Sachsen-Teschen, sie waren von Dezember 1775 bis Juli 1776 auf der Apennin-Halbinsel unterwegs und verfassten ganz unterschiedliche Tagebücher; während sich der Herzog detailreich den Kunstschätzen widmete, musste die Erzherzogin ungeschönte Berichte über die in Italien verheirateten Söhne und Töchter der Mutter in Wien übermitteln. So schrieb Marie Christine über ihren Bruder Leopold, er sei ein schöner Mann und auch sein Charakter habe sich zum Positiven verändert, er sei fröhlicher geworden, sei aber immer noch misstrauisch. Ihre Schwägerin hatte sie schon immer mit spitzer Zunge beurteilt und nun „sei sie durch die vielen Schwangerschaften auch noch frühzeitig gealtert“3 – dabei hatte Maria Luisa zu diesem Zeitpunkt noch sieben Geburten vor sich. Marie Christine musste aber auch mit Erstaunen vermerken, dass Leopold „nichts tut, weder in seinen Geschäften noch in Bezug auf seine Kinder, ohne sie [Maria Luisa] zu fragen“4. Noch schreiben wir aber das Jahr 1768 und in Florenz wurde der Fasching besonders ausgiebig gefeiert, das Großherzogspaar besuchte abwechselnd die vielen Theateraufführungen und auch am 11. Februar war Maria Luisa am Masken-Corso unterwegs, sie ging nachmittags in die Schaubühne und abends zu einem Tanzfest. Mitternacht war schon vorüber, als sie in den Palast zurückkehrte und sich zur Ruhe begab. Geweckt wurde sie bald darauf gegen drei Uhr früh durch einige zaghafte Wehen, und schon um halb fünf kam Franz Joseph Karl auf die Welt. Er war nicht nur der sehnlichst erwartete Thronfolger, sondern auch, was sich in den nächsten Jahren ergeben sollte, der Erbe der Habsburgermonarchie. Jetzt wurde in Florenz richtig weitergefeiert, die Stadt wurde großartig beleuchtet, einhundertundein Kanonenschüsse von der Festung Belvedere kündigten das frohe Ereignis an, das Volk jubelte und die offiziellen Ämter wurden geschlossen. Die feierliche Taufe erfolgte noch am Abend des 12. Februar im großen Saal der Residenz durch den Erzbischof, der kleine Erzherzog erhielt die Namen der beiden Großväter und des derzeitigen Kaisers5. Gefeiert wurde aber nicht nur in Florenz, im ganzen Land herrschte für die nächsten zwei Monate Jubelstimmung, in den Kirchen folgte ein Te Deum dem nächsten und in den Straßen der Städte gab es freie Speisen und Getränke6. Leider ist nicht bekannt, was Marie Christine zu den Umständen dieser schnellen Geburt ihres Neffen wohl gesagt hätte, anders als Maria Luisa, die ganz offensichtlich ihre vielen Kinder problemlos zur Welt brachte, hatte die Erzherzogin nach einer Fehlgeburt keine eigenen Kinder mehr, in der Folge erbat sie sich den 1771 geborenen Neffen Carl zur Adoption. Bei derartigen Familienereignissen, aber auch bei den Besuchen der habsburgischen Verwandtschaft entfaltete der toskanische Hof all seinen Glanz. So auch während des Aufenthaltes der Erzherzogin Marie Caroline (1752–1814), die 16-jährige Schwester des Großherzogs hatte in Wien „per procurationem“ den Bruder der Großherzogin

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geheiratet. Ferdinand IV., König von Neapel-Sizilien, war ein Jahr älter als Marie Caroline. Es war ein besonderes Anliegen des spanischen Königs gewesen, seinen Sohn mit einer Erzherzogin zu verheiraten, und es war auch im Interesse der Wiener Politik, die Familien Habsburg und Bourbon erneut und noch stärker zu verbinden. Daher musste auch Pietro Leopoldo den Kontakt zum Schwiegervater in Madrid pflegen, Carlos III. von Spanien war sehr angetan von den guten Beziehungen zum Großherzog, von seiner freundlichen, familiären Art7. Maria Theresia hatte König Ferdinand als zukünftige Gemahlin die Erzherzoginnen Maria Josepha8 und Marie Caroline angeboten und ihm die Wahl überlassen; Ferdinand hatte sich für Marie Caroline entschieden. Der Heiratsvertrag wurde dem Vater nach Madrid geschickt, der spanische König zeigte sich sehr erfreut, wie der österreichische Geschäftsträger Lebzeltern9 nach Wien10 berichten konnte. Schon ein Jahr später wurde Marie Caroline auf die Reise geschickt, am 30. April 1768 konnte Graf Rosenberg Staatskanzler Kaunitz mitteilen, dass die Erzherzogin in der Nacht vom 27. auf den 28. April 1768 gesund und wohlbehalten in Florenz angekommen sei11, der Großherzog war seiner Schwester nach Bologna entgegengefahren12. Schon im April hatte Joseph den Bruder gebeten, sich besonders um die Schwester zu kümmern und sie wenn möglich vergessen zu lassen, dass sie die Frau eines recht einfachen Mannes sei13, Joseph II. wusste um die Schwächen des zukünftigen Schwagers. Aber noch herrschte allgemeine Fröhlichkeit, Marie Caroline wurde in den prächtigen Räumen auf der linken Seite des Palazzo Pitti untergebracht, sie war heiter und hübsch, und sie genoss sichtlich das für sie vorbereitete Festprogramm: Neben den Besuchen der Cappella dei Principi, der Bibliothek von San Lorenzo, dem Ponte Vecchio und den verschiedenen Theatern organisierte Graf Rosenberg einen Ball in der zauberhaften Villa La Petraja, einem der noch aus mediceischer Zeit stammenden Sommersitze. Den Schlusspunkt der Festlichkeiten setzte ein Maskenball im Palazzo Vecchio, 4500 Fackeln erhellten die Räume mit den 10.000 geladenen Gästen14. Auf Wunsch Maria Theresias sollte das Großherzogspaar Marie Caroline auf ihrem Hochzeitszug begleiten, daher verließen alle die Toskana am 3. Mai 1768. Die Anordnung Maria Theresias war wohl auf den schlechten Ruf zurückzuführen, der dem Bräutigam vorauseilte, er wurde als derb, ungebildet und ungehobelt beschrieben, die Jagd war ihm wichtiger als die Regierungsgeschäfte. Die besorgte Mutter hoffte wohl, dass Maria Luisa ihren bäurischen Bruder günstig würde beeinflussen können, dass sie ihrer jungen Schwägerin in der schwierigen Situation eine Stütze sein könnte; tatsächlich fühlte sich Marie Caroline der neun Jahre älteren Großherzogin schon in Florenz sehr verbunden, wie aus dem Bericht Leopolds hervorgeht15. Es darf angenommen werden, dass sich Maria Luisa neben der auferlegten Verpflichtung aber auch auf das Wiedersehen mit dem Bruder und die Stätten ihrer Jugendzeit freute, die sie 1759 als 14-Jährige verlassen hatte. Am 12. Mai 1768 erreichte der Hochzeitszug neapolitanisches Gebiet, in Terracina, einer Hafenstadt am Tyrrhenischen Meer, erfolgte die „Entrega“, die offizielle Übergabe



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der Erzherzogin an den Fürsten von San Nicandro. Als Carlos III. und Königin Maria Amalia 1759 Neapel verlassen hatten, um die spanische Krone anzunehmen, hatten sie ihm die Erziehung des achtjährigen Ferdinand anvertraut, er war ein eleganter Mann, der aber leider bei dieser Aufgabe völlig versagt hatte. Er war selbst zu wenig gebildet, um seinen Zögling unterrichten zu können, er lehrte ihn nicht einmal lesen und schreiben und beließ Ferdinand in seiner Kindheit, sein Zeitvertreib wurde die Jagd und der Fischfang. An der Grenze zum neapolitanischen Königreich erblickte Marie Caroline dann erstmals den ihr bestimmten Ehemann, dessen erste richtige Lehrmeisterin sie werden sollte16. Sie sah sich einem langaufgeschossenen Burschen gegenüber, der zwar festlich gekleidet war, sich aber unglaublich linkisch anstellte und sich vor Verlegenheit wenig königlich benahm. Beim Wiedersehen mit Maria Luisa versank Ferdinand jedoch in einen Redeschwall wie in Kindheitstagen, wobei er die Sprache der neapolitanischen „Lazzaroni“, der untersten Gesellschaftsschicht, verwendete. Ferdinand freute sich unbändig über dieses erneute Zusammentreffen, vor neun Jahren hatten sich die Geschwister zuletzt gesehen. Allerdings, im Schutz dieses heimatlichen Idioms, konnte Maria Luisa gleich die Gelegenheit wahrnehmen und den Bruder zu freundlicherem Verhalten gegenüber seiner Frau ermahnen. Die Hochzeitsfeiern fanden im Schloss von Caserta statt und die Anwesenheit des toskanischen Großherzogspaares war tatsächlich eine große Hilfe – für beide. Pietro Leopoldo konnte feststellen, dass der junge König gute Charakteranlagen und genug Verstand habe, aus unerklärlichen Gründen sich aber niemand um ihn und seine Erziehung gekümmert habe17; vor allem bemängelte er Ferdinands üblen italienischen Dialekt. Über diese ersten Tage schreibt der Großherzog an Maria Theresia, Marie Caroline würde sich wohl einfügen, schon jetzt versuche sie ihrem ungehobelten Mann zu gefallen, aber oft sähe seine Schwester niedergeschlagen und traurig aus; natürlich bemühte sich Maria Luisa zu vermitteln und ihrem Bruder entsprechende Ratschläge zu erteilen, manchmal stellten sich Erfolge ein18. Der Großherzog durchschaute sehr schnell das Leben am neapolitanischen Hof, die verschiedenen Parteien, die sich gegenseitig bekämpften, den Adel, der dumm und ungebildet war, und den König, der nicht eine Minute allein sein konnte, ohne sich zu langweilen. Er empfiehlt, als Stütze für Marie Caroline in Wien einen verlässlichen Mann auszusuchen, ihn mit Gräfin Trauttmansdorff zu verheiraten und beide hierher zu schicken, ein Vorschlag, dem auch Graf Rosenberg einiges abgewinnen konnte19. Maria Theresia hielt davon nichts weil man es in Neapel (und in Madrid!) als fremde Einmischung empfinden könnte, und noch Jahre später bedauerte Marie Christine ihre Schwester, die sie im Rahmen ihrer Italienreise 1776 besuchte: Marie Caroline sei mit einem besonders minderwertigen Ehemann gestraft, er habe keine Manieren, führe ein zügelloses Leben, fröne nur seiner Jagdleidenschaft, sie sei einsam und unglücklich und habe niemanden, dem sie sich anvertrauen könne, sie werde in Melancholie versinken20. Joseph II. verlor bei seinem Besuch 1769 nicht so viele Worte über den Schwager im fernen Neapel, er meinte nur, er sei „ein recht guter

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Narr“21. Immerhin hatte der Kaiser für die diplomatische und fürsorgliche Begleitung des Großherzogspaares lobende Worte gefunden22. Pietro Leopoldo nahm eine Fehlgeburt23 seiner Frau zum willkommenen Anlass zur Abreise, obwohl sich die Großherzogin dank ihrer robusten Natur sehr schnell erholt hatte. Aber Pietro Leopoldo wollte weg, er hatte sich im neapolitanischen Königreich sehr ausführlich umgesehen, auch den Vesuv besucht, aber jetzt hatte er vor allem genug von der Anhänglichkeit und den Kindereien des Königs, der ihn am liebsten den ganzen Tag begleitet hätte und ihn mit seinen groben Späßen belästigte24. Am 8. Juli verließ das Großherzogspaar Neapel und schon am 16. Juli konnte Pietro Leopoldo nach Wien berichten, dass sich Maria Luisa gut erholt habe25, das neapolitanische Abenteuer hatte ihr keineswegs geschadet. Pietro Leopoldo und Maria Luisa genossen jetzt ihre toskanische Heimat, sie waren viel unterwegs, sie besuchten wieder einmal die Villa Ambrogiana am linken Arno-Ufer, bevor sie zum Geburtstag der Großherzogin im November nach Pisa zurückkehrten, dem bevorzugten Aufenthaltsort in den Wintermonaten26 – und dann kündigte sich auch wieder eine erneute Schwangerschaft an. Maria Luisa erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen über die Maßen. Am 6. Mai 1769 gebar sie nach einer Kutschenfahrt und wieder ohne besondere Schwierigkeiten den nächsten Buben, er sollte als Ferdinand III. seinem Vater als Großherzog der Toskana 1791 nachfolgen. Da die Familie für die Sommermonate schon in die Villa Imperiale übersiedelt war, erfolgte hier am Abend in der großen Halle die feierliche Taufe. Diesmal war auch Kaiser Joseph II. zugegen, er genoss sichtlich die entspannte Atmosphäre und das Leben in einer Familie, die er selbst nicht hatte. Schon bald nach ihrer Ankunft hatte das neue Großherzogspaar überflüssiges Zeremoniell und unnotwendige Etikette beseitigt und der ausufernden Prachtentfaltung den Kampf angesagt; die Hofhaltung wurde familiärer27. Auch wurden, wie im Wiener Augarten und Prater, die Boboli-Gärten für das Volk geöffnet, „alle persone di ogni rango purché decentemente vestite“28. Im August 1768 hatte Pietro Leopoldo an den Kaiser geschrieben, wie sehr er den Sommer am Land genieße, mit zwei, drei Personen „che conosco e delle quali posso avere fiducia, con cui posso parlare sugli eventi passati […] Sono questi i giorni migliori […] in questo consiste il vero e solo vantaggio di una utile compagnia […] Di questo sono perfettamente felice: poter di quando in quando vivere così in campagna è la mia sola e grande passione. Mia moglie condivide con me questa passione ed è in grado di participare alle nostre conversazioni, e vi partecipa […]“29. Auch hier der Hinweis auf Maria Luisa, die sich nicht absondert, sondern an der Unterhaltung regen Anteil nimmt. Es versteht sich, dass diese ungezwungene Hofhaltung, diese fast bürgerliche Atmosphäre Kaiser Joseph II. entgegenkam, reiste er doch immer inkognito und ohne Prunk und Aufsehen, er fühlte sich hier wohl und sollte sich noch einige Male an der Gastfreundschaft des Bruders erfreuen. In den Briefen Josephs II. an den Bruder in Florenz klingt immer wieder leises Bedauern, melancholische Bitterkeit über seine eigene familiäre Situation durch, wenn er schreibt, dass er weder Vater noch Ehemann sei, er



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sich aber in Florenz „en famille“ fühle. Nach einem Besuch im Jahr 1775 schwelgte Joseph II. in Erinnerungen an die gerade erst verlassene Familie und schon aus Klagenfurt schrieb er an Leopold, wobei er die Kinder besonders liebevoll charakterisierte30. Der Kaiser war viermal in Florenz, 1769, 1775, 1784 und 1785, er hat sich seine Neffen und Nichten offensichtlich sehr genau angesehen, die fast im Jahresrhythmus eintrafen. Denn kaum waren die Festlichkeiten für Ferdinand verklungen, stand die nächste Taufe ins Haus, und wieder in Poggio Imperiale, wo am 21. April 1770 Maria Anna zur Welt kam. Taufpatin war die Schwester des Großherzogs, Erzherzogin Maria Anna31, die später in Klagenfurt leben sollte und bei der Zeremonie durch Gräfin Gabriele Thurn vertreten wurde. Das Verhältnis des Großherzogs zu ihr war nicht so gut wie zu Schwester Marie Caroline in Neapel, aber er besuchte sie, wenn er auf der Durchreise war, so auch, als er 1784 aus Wien kam und hier seine inneren Spannungen etwas abbauen konnte, die ihm vom Kaiser verursacht worden waren; er genoss das Zusammensein mit der Schwester und die gelöste Atmosphäre ihres kleinen, aber „verständigen“ Hofstaates32. Auch der 14-jährige Wolfgang Amadeus Mozart und sein Vater Leopold kamen nach Florenz. Graf Rosenberg ermöglichte ihnen ohne jegliche Formalitäten eine Audienz beim Großherzog am 1. April 177033. Bei dieser Audienz war auch François Eugène de Ligniville34 anwesend; er entstammte dem hohen lothringischen Adel, und anders als sein Vater interessierte er sich nicht für die militärische Laufbahn, sondern konnte, dank der Unterstützung durch Kaiser Franz I. Stephan, seinen musikalischen Ambitionen als Musikdirektor am toskanischen Hof nachgehen. Leopold Mozart schrieb darüber: „[…] Die Sache ging wie gewöhnlich und die Verwunderung war umso größer, als S. Ex. der Marchese Ligniville, welcher Musikdirektor ist, der stärkste Contrapunctist in ganz Italien ist, und folglich dem Wolfgang die schwersten Fugen vorgelegt und die schwersten Themata aufgegeben, die der Wolfgang wie man ein Stück Brot ißt, weggespielt und ausgeführt [hat] […]“35. Trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft hatte die musikbegeisterte Großherzogin an den „Akademien“ in Poggio Imperiale36 teilgenommen: Am 2. April spielten Wolfgang und Leopold Mozart ein fünfstündiges Konzert und am 6. April gab Wolfgang ein weiteres Konzert mit „einem jungen Engländer welcher ein Schüler des berühmten Violinisten Nardini ist [und] wunderschön spielt […]“37. Maria Luisa liebte die Musik sehr, in späteren Jahren musizierte sie abends oft mit den Kindern, dabei setzte sich Erzherzog Franz ans Cembalo38. Jedenfalls sollte nun, nach der Geburt Maria Annas und den vielen Festlichkeiten, auf Drängen Maria Theresias endlich ein Wien-Besuch stattfinden, seit der Hochzeit im Sommer 1765 in Innsbruck hatte sie Sohn und Schwiegertochter nicht mehr gesehen. Vom Ehepaar Thurn39 begleitet, machten sich Pietro Leopoldo und Maria Luisa am 17. Juni 1770 auf den Weg40. Das Familientreffen fand schon in Graz statt, wohin ihnen Maria Theresia und Joseph II. entgegengefahren waren; von dort reisten alle gemeinsam weiter. In Möllersdorf41 wurden sie von Karl Alexander von Lothringen erwartet und bewirtet. Der Bruder des verstorbenen Kaisers und somit Schwager Maria There-

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sias hatte das Schloss 1740 aus dem Nachlass des Grafen Philippi gekauft, es war sein „tusculum rurale“, hierher konnte er an heißen Sommertagen aus der Stadt flüchten – wenn er nicht gerade in Brüssel war und das Amt des Statthalters ausübte. Zu Lebzeiten Franz’ I. Stephan hatte auch das Kaiserpaar so manche fröhliche Stunden in Möllersdorf verbracht. In Wien wurden die toskanischen Gäste in Schönbrunn einquartiert, wo auch die kaiserliche Familie die Sommermonate verbrachte; es wurden allerlei Festlichkeiten, Illuminationen, Theateraufführungen und Bälle vorbereitet. Maria Luisa bot sich aber auch reichlich Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen, und auch ein Besuch von Pressburg durfte nicht fehlen. Nachdem Maria Luisa in Wien eine Fehlgeburt erlitten hatte, reiste das großherzogliche Paar am 4. November nach Mariazell, um für weitere Nachkommenschaft den Segen der Gottesmutter zu erbitten; dann ging es zurück in die Toskana, gleich nach Pisa ins Winterquartier. Hier verbrachten sie erholsame Tage. Bald kündigte sich der dritte Sohn an. Karl Ludwig Johann Joseph Lorenz erblickte am 5. September 1771 das Licht der Welt. So waren innerhalb von nur fünf Jahren fünf Kinder auf die Welt gekommen, die schon bald die verschiedenen Residenzen mit Leben erfüllten und der florentinischen Marchesa Giovanna degli Albizi als Aja, als Erzieherin, unterstützt von zahlreichen Kindermädchen, Kammerfrauen und einem Kammerheizer, anvertraut wurden. Ende 1771 kam es zu einem Wechsel in der toskanischen Kinderstube, unterstützt von einem rund zwanzigköpfigen Personenkreis stand nun Innozenza von Starhemberg der Kinderschar als Aja vor. Es war eine eigene Welt, die alljährlich umfangreicher wurde, der genau festgelegte Ablauf regelte die Tage von morgens bis abends. Nichts blieb dem Zufall überlassen, der Tagesablauf war von den Eltern vorgegeben und wurde regelmäßig überwacht, wie der Großherzog einige Jahre später in seinen Ausführungen für Marie Caroline in Neapel darlegen wird. Die Kinder sollten raufen und springen, sich vor nichts fürchten, vor allem nicht weinen, sie sollten hinfallen und selbst aufstehen, aber es sollte ihnen nicht die geringste Unfolgsamkeit, nicht die kleinste Lüge nachgesehen werden42. Die wachsende Kinderschar stellte die Eltern nicht nur vor Erziehungs- und Ausbildungsprobleme, es galt auch, ganz einfachen Anforderungen wie der Raumverteilung für die Erzherzöge und Erzherzoginnen nach traditionellen, aber auch praktischen Gesichtspunkten zu entsprechen. Um schnell nach den Kindern sehen zu können und Schwierigkeiten gleich zu begegnen, boten sich im Palazzo Pitti eigentlich nur die Räumlichkeiten des zweiten Stockes an – hier befand sich jedoch die Bibliothek, und zwar eine der größten Bibliotheken ihrer Zeit. Als Franz Stephan von Lothringen sein Herzogtum gegen die Toskana eintauschen musste, wurde in Lothringens Schlössern alles verpackt, was nicht niet- und nagelfest war43. Vieles kam nach Pressburg, wo der Herzog als Statthalter residierte, vieles kam nach Holics in das Schloss, das Franz Stephan von Lothringen 1736 als sein „tusculum rurale“ gekauft hatte44, und vieles kam nach Florenz, gemeinsam mit lothringischen Auswanderern, die ihrem Herrn die Treue hielten und nicht unter französischer Herrschaft leben wollten. Einer von ihnen war



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Valentin Jamerey-Duval45, der in der Bibliothek von Schloss Lunéville und auch als Lehrer in der Ritterakademie tätig gewesen war. Duval hatte die Bücher der Bibliothek in Lunéville inventarisiert, verpackt und auf den Weg gebracht, wie er es selbst in einem Schreiben an Anastasia Socoloff46 berichtete: „[…] cette Bibliothèque, embarquée sur la rivière de Meurthe au fauxbourg de Nancy, fut conduite par eau jusqu’au port d’Ostende sur l’Océan. Après qu’elle eut fait le tour de l’Europe occidentale et traversée une grande partie de la Méditerranée, elle arriva comme par miracle à Livourne, après avoir manqué deux fois d’être submergée, et de là par nacelles, et remontant l’Arno, elle parvint jusqu’au milieu de la belle ville de Florence […]“47. Die lange Fahrt auf oft unruhiger See dauerte vom 12. November bis zum 20. Dezember 1737, Duval empfand es als wahres Weihnachtswunder, dass die wertvolle Bibliothek hier unbeschadet angekommen war und er nun daran gehen konnte, die 8000 Bücher aus Lothringen mit den 20.000 Bänden der mediceischen Bibliothek zu vereinen – im 2. Stock des Palazzo Pitti. Als im Juli 1771 die Bibliothek dem großherzoglichen Nachwuchs weichen musste, war Duval nicht mehr in Florenz, schon 1748 hatte ihn Kaiser Franz I. Stephan zum Leiter des Münz- und Medaillenkabinetts nach Wien berufen. Allerdings funktionierte die Verbindung zum toskanischen Hof noch immer sehr gut, Jacques de Sauboin48 hatte Duval von der notwendigen Übersiedlung der Bibliothek berichtet und mitgeteilt, dass doppelt vorhandene Bücher der Universität in Pisa vermacht wurden, während die anderen, ebenso wie die wertvollen Manuskripte in der in den Uffizien untergebrachten Biblioteca Magliabecchiana49, eine adäquate Bleibe fanden. Von der Umsiedlung nicht betroffen war die Privatbibliothek der Großherzogin, die schon bald nach ihrer Ankunft eingerichtet worden war und die sie von ihren Räumlichkeiten aus über eine Wendeltreppe erreichen konnte; hier waren Werke zum persönlichen Gebrauch, Bücher, die noch aus ihrer neapolitanischen Heimat stammten, aber auch englische Bücher, die ihr beim Erlernen der englischen Sprache nützlich waren, und natürlich befand sich hier auch ihre Musiksammlung, die nicht weniger als 200 Manuskripte umfasste50. Diese für den persönlichen Gebrauch des Großherzogspaares im Palast verbliebene Bibliothek umfasste rund 2000 Bände51. Dazu hat sich in der Nationalbibliothek in Florenz das Inventar der in der großherzoglichen Privatbibliothek befindlichen Bücher erhalten52. Auch für die Kinder blieb Lektüre zurück, denn die älteste Prinzessin Marie Terese mit ihren gerade mal viereinhalb Jahren konnte schon problemlos italienische, französische, deutsche und englische Texte lesen. Duval bedankte sich bei Sauboin für alle Informationen und merkte abschließend an, dass er sich nun wohl als den „ersten und letzten lothringischen Bibliothekar“ bezeichnen könne53. Die in den Jahren 1771 bis 1775 im zweiten Stock des Palazzo Pitti vorgenommene Einteilung in kleinere Räume ermöglichte nun die Unterbringung der vier Erzherzöge Franz, Ferdinand, Karl und Alexander Leopold, der am 14. August 1772 das Licht der Welt erblickt hatte; so entstand eine „Enfilade“, die sich über die ganze Seite des Palastes von links nach rechts erstreckte. Hier kümmerten sich nun Ajo Graf Colloredo54 und

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Abb. 5: Das Glück und die Hoffnung Österreichs, © ÖNB Wien PORT_ 00067568_01.

ein Heer von Dienstboten um den großherzoglichen Nachwuchs. Graf Colloredo war seit 1762 mit Marie Eleonore von Wrbna und Freudenthal verheiratet, sie war seit 1774 Hofdame bei der Großherzogin55. Auf der den Gärten zugewendeten Seite standen den Erzherzoginnen Marie Terese und Maria Anna nun ebenfalls im zweiten Stock entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung, wobei einige Zimmer für den noch zu erwartenden Nachwuchs frei blieben56. Es sollte sich bald erweisen, dass die Überlegung richtig war, in schneller Regelmäßigkeit folgten die Söhne Joseph, geboren am 9. März 1776, Anton, geboren am 31. August 1779, Johann, geboren am 20. Jänner 1782, Rainer, geboren am 30. September 1783, Ludwig, geboren am 13. Dezember 1784, und zu guter Letzt Rudolf, geboren am 8. Jänner 1788. Die toskanische Kinderschar (Abb. 5) vervollständigten die Töchter Maria Clementina, geboren am 24. April 1777, und Maria Amalia, geboren am 25. Oktober 1780. Die beiden Erzherzöge Albrecht (1773–1774) und Max (1774–1778) überlebten die Kinderjahre nicht.



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Schon im Sommer 1766, beim ersten Aufenthalt des jungen Paares in Poggio Imperiale, waren die Mängel der seit Jahrzehnten nicht benützten Schlossanlage und die Unzulänglichkeiten der Hofhaltung bewusst geworden; es wurde bald klar, dass auch in dieser beliebten Sommerresidenz An- und Umbauten notwendig sein würden. Pietro Leopoldo holte sich dafür den Architekten Niccolò Gaspero Paoletti57, angesichts der immer größer werdenden Familie und der sich ändernden Ansprüche zogen sich die Bauarbeiten bis in die Achtzigerjahre hin, wobei auch zahlreiche Möbelstücke angeschafft werden mussten58. Schon in den siebziger Jahren wurden die Räumlichkeiten für das Großherzogspaar dem Geschmack der Zeit angepasst und ab 1779 entstanden der große Ballsaal im ersten Stock und daran angrenzend die Zimmer für die Erzherzöge, ausgestattet mit chinesischen Tapisserien, die in Brüssel angekauft worden waren59; sie sind ebenso wie die Räume der Erzherzogin Maria Magdalena im Erdgeschoss noch in ihrer Ursprünglichkeit erhalten60. Paoletti wurde auch noch mit einem anderen Bauvorhaben betraut. Ab 1776 entstand im rechten Teil des Boboli-Gartens „la Palazzina della Meridiana“, ein luftig leichtes Sommerpalais, das von Maria Luisa und der gesamten Familie an heißen Tagen gerne genutzt wurde; endgültig fertiggestellt wurde das anmutige Bauwerk allerdings erst im 19. Jahrhundert. Heute ist hier die Galerie del Costume untergebracht, die Kostümsammlung ist vom Palazzo Pitti aus direkt zu erreichen. Wenn die Geschwister alle beisammen waren, ging es sehr turbulent zu, wobei sie auch hinfielen und sich blaue Flecken holten. Aber die Erzieher waren angewiesen, ihnen beim Aufstehen nicht zu helfen, sie nicht zu trösten, sie mussten lernen, selbständig zu sein; es war besser, sie von etwaigen Schmerzen abzulenken, auch mit Spielen, die die Erzieher anregten. Die kleineren Kinder spielten Verstecken, Pfänderauslösen oder Lotterie, und im Fasching durften sie sich verkleiden und Maskeraden aufführen. Die Buben spielten mit den Zinnsoldaten, die ihnen der Vater schenkte, und in späteren Jahren konnten sie ihn im Laboratorium besuchen und einfache Experimente durchführen. Bei den gesellschaftlichen Zusammenkünften im kleinen Kreis war stets Maria Luisa der Mittelpunkt; an den Abenden wurde Karten gespielt, man veranstaltete Schattenspiele, ein beliebter Zeitvertreib waren auch die lebenden Bilder aus vergangener Zeit. Die Wintermonate verbrachte die großherzogliche Familie gerne in Pisa, sie bewohnte hier das Palais Vitelli während die Lehrer im Kloster St. Nicolas oder privat untergebracht wurden61; hier gab es fünfmal wöchentlich Opernaufführungen und dreimal pro Woche einen Ball, einen beim Großherzog mit einem Diner für hundert Personen, einen im Casino und einen im Theater – berichtet Wilhelm Freiherr von Edelsheim62 im Jahr 177163. Neben Familienmitgliedern und Besuchern tummelte sich am toskanischen Hof auch eine Reihe von Angestellten, Erziehern und Lehrern, die Anzahl wechselte naturgemäß mit den Jahren, vor allem auch durch die wachsende Kinderschar und deren eigenen Hofstaat. Obersthofmeister des Großherzogs war von 1766 bis 1771 Franz Xaver

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Graf Orsini-Rosenberg, gefolgt von Anton Graf Thurn-Valsassina, der 1790 nach Wien mitging. Aus den Österreichischen Niederlanden kamen die drei Privatsekretäre Jean Evangeliste Humbourg, Jean Baptiste de Rasse und Etienne Wasseige, Kabinettsekretär war Jacob de Sauboin, der später auch als Lehrer tätig war. Neben den Beichtvätern Joseph Summaring und Andreas Zach hatte der Großherzog aus Wien auch seinen Kammerdiener Daniel Haupt mitgenommen. Obersthofmeisterin der Großherzogin war Gräfin Thurn (geb. Gabriele von Reischach), gefolgt von den Hofdamen Giovanna Harrach, Carolina David, Isabella Pestinger, Basilia della Vegga und der Kammerfrau Anna Gehlweiler; ergänzt durch Zimmermädchen, Pagen, Wäscherinnen, Kammerheizer und Gehilfen. Später kam noch das Personal für die Kinder dazu: Zuerst war Gräfin Maria Innozenza von Starhemberg Aja der Mädchen, gefolgt von Gräfin Störck, der Gemahlin des Arztes von Maria Luisa; die Erzieher der Prinzen waren der Ajo Franz de Paula Karl Graf Colloredo und der Vizeajo Marchese Federigo Manfredini64. Ergänzt wurde dieser innere Kreis durch Haus- und Tischpersonal, durch Köche und Konditoren, durch Kellermeister, Jäger und Knappen, durch Kutscher, Laufburschen und Reiter65. Es war eine internationale Schar, die sich im Palazzo Pitti eingefunden hatte, ein Vielvölkergemisch, das seiner Arbeit in Deutsch, Italienisch, Flämisch, Französisch und Englisch nachging. Die Mehrsprachigkeit war Alltag am Hof von Florenz: Italienisch war die eigentliche Familiensprache, daneben behaupteten sich Französisch und Latein als Sprache der europäischen Bildungsschichten; mit Maria Theresia und Joseph II. korrespondierte das Großherzogspaar in Französisch, aber auch Deutsch wurde nicht vernachlässigt, musste Pietro Leopoldo doch ein späteres „Etablissement“ seiner Kinder in der Habsburgermonarchie oder eine Karriere im Heiligen Römischen Reich in Betracht ziehen. Erzherzog Johann beschrieb seine Kindheit in der Toskana66 als heiter, ohne Prachtentfaltung bei fast bürgerlicher Lebenshaltung, mit der besten aller Mütter, die mit betonter Schlichtheit Hof und Familie souverän vorstand. Luigi Grün gehörte zwar nicht zur offiziellen großherzoglichen Familie, das kurze Leben des unehelichen, jedoch anerkannten Sohnes Pietro Leopoldos sei aber doch erwähnt. Dem Großherzog wurden schon zu Lebzeiten und nach seinem Ableben vor allem in der Belletristik, ganz im Stil der Zeit und gemäß den Usancen des 18. Jahrhunderts, einige Affären nachgesagt, tatsächlich verbürgt ist aber nur seine Liebesbeziehung zu der schönen Tänzerin Livia Raimondi67. Ihre Begegnung in Pisa im Jahr 1786 ist von Legenden umrankt, aktenkundig ist jedoch, dass der mittlerweile 40-jährige Großherzog sich nun ohne besondere Geheimhaltung eine Geliebte zulegte. Er ließ ihr an der Piazza San Marco in Florenz ein kleines Palais einrichten und gewissenhaft wie in vielen seiner Verfügungen wurden Inventare erstellt, die sich bis heute erhalten haben und die Ausstattung des Hauses bis ins kleinste Detail dokumentieren. Für das am 7. Dezember 1788 im Gemeindegebiet von Fiesole geborene Kind vermerkten die Taufmatrikeln den Namen Luigi Ambrogio Grün, Sohn des Ehepaares Guglielmo und Anna Maria Grün,



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geborene Raimondi. Die als Mutter genannte Anna Maria Grün war die Schwester der wirklichen Mutter Livia Raimondi. Wir wissen nicht, was den Großherzog veranlasst hatte, dieser Farce schon nach zehn Tagen ein Ende zu setzen und sich zu diesem Sohn zu bekennen. Jedenfalls erklärte er am 17. Dezember 1788 eigenhändig und in italienischer Sprache, dass Luigi Ambrogio sein „vero e naturale figlio“ sei, er unterzeichnete das Dokument mit „Pietro Leopoldo Arciduca d’Austria e Granduca di Toscana“; er veranlasste Livia Raimondi, Guglielmo und Anna Maria Grini [hier so geschrieben] sowie Giuseppe Anastasio Vespa, eigenhändige Erklärungen gleichlautenden Inhalts zu verfassen. Vielleicht wollte der umsichtige Großherzog damit die Wahrheit seiner Angaben durch Zeugen bestätigt sehen und so die Existenz von Mutter und Sohn für die Zukunft absichern. Dafür spricht auch die Anwesenheit des Arztes – Vespa hat nicht nur die sechzehn Kinder des Großherzogspaares zur Welt gebracht, er hat nun auch die Geburt des illegitimen Sohnes geleitet und eigenhändig bestätigt, dass nicht die in den Taufmatrikeln genannten Guglielmo und Anna Maria Grinn, so von ihm geschrieben, die Eltern seien, sondern „Sua Altezza Reale Granduca di Toscana e Livia Giuseppa Raimondi“68. Als der Großherzog nach dem Tod Josephs II. die Kaiserwürde und die Herrschaft in den habsburgischen Ländern übernehmen musste, übersiedelte auch Livia Raimondi mit „Kind und Kegel“ nach Wien, hatte sie doch auch ihre Brüder in Leopolds Diensten untergebracht. Das Quartier der Familie Raimondi war am Kohlmarkt Nr. 44 im Haus „Zum goldenen Brunnen“. Trotz der Umsicht des Kaisers dürfte sich Livia in Wien doch nicht so wohl gefühlt haben, was vielleicht auch darauf zurückzuführen sein mag, dass Leopold II. sich ihr nicht mehr so widmen konnte wie in der Toskana. In den ihm noch verbleibenden zwei Lebensjahren bewältigte er drei Krönungen, unzählige politische Verhandlungen zur Beruhigung der innerhabsburgischen und europäischen Situation, er verheiratete drei seiner Kinder, übergab die Herrschaft der Toskana an seinen zweitgeborenen Sohn Ferdinand; auch war er im Heiligen Römischen Reich unterwegs und besuchte fast alle habsburgischen Länder. Umso erstaunlicher, dass er doch noch Zeit fand, die finanzielle Lebensgrundlage für Livia und Luigi abzusichern. „Considérant que la mort est certaine mais le moment et le temps n’est pas en notre connaissance et dans la crainte de pouvoir etre surpris par la mort sans avoir le temps de faire les dispositions convenables […]“69, bekennt sich Leopold II. noch einmal zu diesem Sohn und veranlasst für den Fall seines Todes für ihn und Livia eine ausgiebige finanzielle Absicherung. Livia Raimondi lebte noch in Wien, als Leopold II. am 1. März 1792 unverhofft starb. Der Nachfolger Franz II./I. ließ das Kind der Mutter wegnehmen, Luigi wurde dem Ehepaar Ferdinand und Rebecca Bannwarth in Kost und Quartier gegeben, 1795 übernahm Oberstleutnant Joseph Baudisch seine Erziehung. Nachdem Livias Eingaben zur Rückgabe erfolglos blieben, man gestattete ihr nicht einmal Luigi wiederzusehen, wurde sie unter Einschaltung der Polizei nach Italien abgeschoben, jeglicher Kontakt

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wurde untersagt. Erstaunlich das Vorgehen des sonst so korrekt handelnden Kaisers Franz II./I. Von dem Livia fürsorglich zugedachten Vermögen sah sie nur einen kleinen Teil, ihr Kind sah sie nie wieder. Gegenüber Luigi wurde sie totgeschwiegen, er erfuhr erst 1811, dass seine Mutter noch am Leben war, es war ihm jedoch nicht vergönnt, sie zu sehen; daran mag weniger die habsburgische Bürokratie schuld gewesen sein als die unsichere politische Lage als Folge der napoleonischen Kriege. Sein früher Tod ersparte dem Hof weitere unangenehme Probleme: „K. K. Hofkonzipist Ludwig Grün starb am 2. Juli 1814 im Hause Währing Nr. 130, er wurde am 4. Juli am Währinger Friedhof bestattet“70. Die Frage, wie Maria Luisa auf die Affäre ihres Mannes reagierte, bleibt seriöserweise unbeantwortet. Aber werfen wir einen Blick auf sie in dem Jahr, als ihr Mann und Livia Raimondi sich kennenlernten: das war 1786, da hatte Maria Luisa gerade eine Art „Baby-Pause“, am 13. Dezember 1784 war der Sohn Ludwig zur Welt gekommen und in den Jahren 1785/1786 stellte sich kein Kindersegen mehr ein. Erst im Jahr 1787 wurde Maria Luisa wieder schwanger, dann kam am 8. Jänner 1788 doch noch Rudolf, das letzte Kind des Paares, zur Welt – hatte Maria Luisa versucht, ihren Gatten zurückzuholen? Oder war es ihr nach 16 Geburten und vier Fehlgeburten ganz recht gewesen, den Mann an eine Jüngere abzugeben und den Gefährten zu behalten?

Anmerkungen 1

HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 37, fol. 4: Maria Luisa an eine unbekannte Adressatin: „J’aime tendrement mon mari […]“. 2 Giuseppe Conti, Firenze dopo i Medici, Firenze 1921, p. 605; vgl. dazu auch Irene Kubiska, „Und ist wegen dieser so glücklich und trostreichen Geburth ein allgemeines Frolockhen und grosse Freydt gewesen“. Das Geburten- und Taufzeremoniell am Wiener Hof im Zeitraum von 1652–1800. In: Irmgard Pangerl/Martin Scheutz/Thomas Winkelbauer (Hg.), Der Wiener Hof im Spiegel der Zeremonialprotokolle (1652–1800), Wien 2007, S. 493–527, hier S. 517, Hervorgang der Mutter. 3 Christian Benedik/Sandra Hertel, Zur Wiedererinnerung der gesehenen Merkwürdigkeiten. Die Italienreise von Erzherzogin Marie Christine und Herzog Albert 1776. In: Renate Zedinger/Marlies Raffler/Harald Heppner (Hg.), Habsburger unterwegs. Vom barocken Pomp bis zur smarten Businesstour, Graz 2017, S. 153–166, hier S. 158. 4 Cölestin Wolfsgruber, Franz I. Kaiser von Österreich. Bd. 1: Der Großprinz von Toskana, 1768–1784, Wien/Leipzig 1899, S. 5. 5 Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 5–6. 6 Contini, Concezione della sovranità, p. 164–165. 7 HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, Konv. b, Lebzeltern aus Madrid an Neny am



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7. Jänner 1766: „[…] le Roy est enivré de contentement et de satisfaction de la façon familière, exacte et tendre avec laquelle le Grand Duc de Toscane entretient sa correspondence avec lui […]“. 8 Erzherzogin Maria Josepha war 1751, ein Jahr vor Marie Caroline geboren worden, sie starb im Oktober 1767 an den Blattern. 9 Adam Freiherr von Lebzeltern (1735–1818); vgl. zur Familie Wurzbach 14, Wien 1865, S. 275. 10 HHStA, Staatenabteilung, Spanien, Varia 58, Konv. b, Lebzeltern aus Aranjuez am 27. Mai 1767 an den Kabinettsekretär Neny: „[…] la joie que le Roi d’Espagne a temoigné quand le contract signé du mariage de notre Ser.me Archiduchesse avec le Roi de Naples est arrivé ici […] il n’a pas cessé de parler de sa belle-fille future et du bonheur de son fils de posseder une princesse aussi accomplie […] il a relu dix fois par jour et toujours les larmes aux yeux […]“. 11 HHStA, Staatenabteilung, italienische Staaten, Toskana 15, fol. 68. 12 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2119, fol. 89. 13 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 15/1, fol. 89, Joseph II. an seinen Bruder: „[…] si elle le peut, qu’elle est femme d’un si pauvre homme […]“. 14 Zangheri, Feste e apparati, pp. 120–121. 15 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, fol. 1–8: Pietro Leopoldo an Maria Theresia am 29. April und 3. Mai 1768: „[…] elle est très liée avec ma femme depuis ces deux jours, lui montre de la confiance et accepte tout d’elle que de moy tout ce que nous lui disons […] ma femme luy sera fort utile […]. Elle a pris de la confiance en ma femme de laquelle elle accepte les conseils qui lui ont déjà fait moderer ses vivacités en bien des occasions […]“. 16 Joseph Gorani, Geheimnisse und kritische Nachrichten von den Höfen, Regierungen und Sitten der wichtigsten Staaten in Italien. Neapel, Köln 1794, S. 12–17. 17 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 15/1, fol. 93, Leopold am 3. Juni 1768 an Joseph: „[…] le roi est tenu comme un enfant entouré de sots […]“. 18 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 27/1–4, fol. 24–26, 14. Mai 1768, Pietro Leopoldo an Maria Theresia: „[…] ne cherchant qu’à plaire au Roy et nous assurant que quand même il l’a maltraitat, elle aurait patience et ne chercherait qu’à le gagner […] elle est abattue et triste et n’est pas contente de son sort […] hier ma femme a pris le Roy à part et lui a fait un sermon, lui disant qu’il devait avoir de meilleure façon pour sa femme et la caresser, il lui a repondu qu’elle lui plaisait beaucoup et qu’il se corrigerait […] aussi ce matin la reine est beaucoup plus contente […]“. 19 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 27/1–4, fol. 31–35, 22. Mai 1768, Pietro Leopoldo an Maria Theresia: „[…] j’en ai parlé avec ma femme et Rosenberg qui trouvent cette idée excellente […] l’idée est extravagante mais c’est la meilleure […]“. 20 Benedik/Hertel, Zur Wiedererinnerung der gesehenen Merkwürdigkeiten, S. 159. 21 Acton, The Bourbons of Naples, p. 137. 22 Maria Theresia und Joseph II. Ihre Correspondenz samt Briefen Josephs II. an seinen Bruder Leopold, hg. von Alfred Ritter von Arneth, Bd. 1, Wien 1867, Brief XCII, S. 219, Joseph II. an Pietro Leopoldo, 11. Juni 1768: „Vous avez parfaitement rempli ce dont on vous avait chargé […]“.

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23 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 27/1–4, fol. 45–47, 15. Juni 1768. 24 Vgl. Adam Wandruszka, Il „principe filosofo“ e il „re lazzarone“. In: Rivista storica italiana LXXII, fascicolo III, Napoli 1960, pp. 501–510. 25 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 27/1–4, fol. 64–66: „[…] ma femme est entierement remise de sa fausse couche […]“. 26 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2119. 27 Gori, Una corte dimezzata, p. 321 28 Gori, Una corte dimezzata, p. 322. 29 Gori, Una corte dimezzata, p. 329: Leopold an Joseph II., 11. August 1768: „[…] mit verlässlichen Personen denen man sich anvertraue könne, das sind die besten Tage, und hier liegt auch der wahre Vorteil des Landlebens, meine Frau teilt diese Freude mit mir und nimmt gerne an unseren Gesprächen teil […]“. 30 HHStA, Hauarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–4, fol. 39–40, Joseph II. am 10. Juli 1775 an Pietro Leopoldo: „Vous m’avez fait voir des enfants charmants et pour lesquelles je me suis prie d’un tendre que moi-même je ne connaisse point en moi; presentez leurs mes compliments, [au] precieux François, la chere Therese, l’aimable Ferdinand, le brave Charles, la toute ronde Marianne et le beau Leopold […] je les aime tous […] je dirais toujours le meme refrain, Florence, mes amis, leurs enfants, voila ce qu’il me faut et rien ne peut approcher dans mon coeur de ces personnes que j’aimerai et estimerai toute ma vie […]“. 31 Maria Anna (1738–1789), die wegen ihrer Vorliebe für Wissenschaft und Kunst als die „gelehrte Erzherzogin“ bezeichnet wurde, übersiedelte nach dem Tod der Mutter nach Klagenfurt, in die Nähe des Klosters der Elisabethinen; vgl. Hamann, Die Habsburger, S. 300–301; Robert Kluger, Erzherzogin Maria Anna und die Nachbarn. Das Verhältnis von Hof und Bürgern in der Vorstadt. In: Kultur, Land, Menschen. Die Kärntner Landmannschaft 09–10/2019, S. 58–62. 32 Wandruszka, Leopold II., Bd. 2, S. 99–100; Robert Kluger, Die bischöfliche Residenz in Klagenfurt, 1769–1981. Vom Schloss Erzherzogin Maria Annas zum Gurker Bischofssitz (= Aus Forschung und Kunst 47), Klagenfurt 2020, S. 25–94. 33 Mozart – Briefe und Aufzeichnungen, hg. von Wilhelm A. Bauer, Band 1, 1755–1776, Kassel 1962, S. 330–331, Brief 173, Leopold Mozart am 3. April 1770 aus Florenz an seine Frau in Salzburg: „[…] Der Großherzog war ungemein gnädig und fragte gleich um die Nannerl, er sagte, daß seine Frau sehr begierig wäre den Wolfgang zu hören und sprach eine gute Viertelstunde mit uns. Gestern den 2. Abends wurden wir nach dem Schloß von der Stadt abgeholt und blieben alsda bis nach 10 h […]“. 34 François Eugène de Ligniville, 1728–1778, war der Sohn des lothringischen Offiziers Leopold Marc de Ligniville und der Béatrice de Capoue, diese unterhielt eine lebenslange Korrespondenz mit Kaiser Franz I. Stephan; François Eugène war kaiserlicher Kammerherr, Mitglied der philharmonischen Gesellschaft zu Bologna und anerkannter Komponist; vgl. Ernst Ludwig Gerber, Historisch-Biographisches Lexikon der Tonkünstler, Leipzig 1790, Erster Theil, Sp. 809; Alain Petiot, Les Lorrains et l’Empire. Dictionnaire biographique des Lorrains et de leurs descendants au service des Habsbourg et de la Maison d’Autriche, Versailles 2005, pp. 323–324.



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35 Mozart – Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 1, S. 330–331, Leopold Mozart an seine Frau. 36 Mario Mattolini, Il principe illuminato: Pietro Leopoldo, la Toscana dei Lorena, Firenze 1981, p. 49. 37 Mozart – Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 1, S. 330–331, Leopold Mozart an seine Frau. 38 Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 178. 39 Anton Graf Thurn-Valsassina (1723–1806) heiratete am 12. Mai 1767 Gabriele von Reischach, die Witwe seines Bruders Franz; vgl. Wurzbach45, Wien 1882, S. 93–94. 40 Lavandier (éd.), Lettres de l’impératrice Marie Thérese à Sophie d’Enzenberg, Brief 54, Maria Theresia erwähnt hier den Wien-Besuch des Großherzogspaares. 41 Stadtgemeinde Traiskirchen, Niederösterreich. Die Geschichte des Schlosses ist von Friedrich Tscherney unter dem Titel „Es steht ein Schlößl in Möllersdorf“ als Manuskript zusammengestellt worden, einzusehen im Stadtmuseum Traiskirchen. 42 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 7, fol. 1–19: Points d’education pour les enfants envoyés par SAR à la Reine de Naples en 1782: „[…] On tache de les faire beaucoup sauter, courir, de se servir egalement des deux mains, de n’avoir peur de rien, surtout de ne pas pleurer, lorsqu’ils tombent ou se font du mal, on ne les plaint jamais, et les laisse toujours se relever tout seuls; on tache seulement à les accoutumer à être gais, faire du bruit etc., et à ne pas leur souffrir la moindre désobéissance, ou entêtement, ni mensonge, les contradisant souvent éxprés dans leurs jeux et enfantises pour les accoutumer à tout […]“. 43 Vgl. Renate Zedinger (Hg.), Lothringens Erbe. Franz Stephan von Lothringen (1708– 1765) und sein Wirken in Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst der Habsburgermonarchie (= Katalog zur gleichnamigen Ausstellung auf Schloß Schallaburg), St. Pölten 2000. 44 Mit dem Erwerb der Herrschaft Holics 1736 begann der wirtschaftliche Höhenflug des Herzogs und späteren Kaisers, für die Verwaltung des immer größer werdenden Besitzstandes und für die toskanische Kanzlei erstand er 1740 ein Palais in der Wiener Wallnerstraße; vgl. Zedinger, Franz Stephan von Lothringen, S. 215–239. 45 Herzog Leopold von Lothringen (1679–1729) ermöglichte dem Waisenkind Valentin Jamerey-Duval eine profunde Ausbildung an der Universität von Pont-à-Mousson und er beauftragte ihn danach, im Schloss von Lunéville eine Bibliothek einzurichten; vgl. Barthélemy Mesny, Mémoire abrégé de la vie de Mr. Valentin Jamerey-Duval, Florence 1777. Duval entwickelte sich zum anerkannten Gelehrten, der eine umfangreiche Korrespondenz führte, die nun, von André Courbet bearbeitet und erläutert, publiziert wurde: Correspondance de Valentin Jamerey-Duval, Édition critique établie par André Courbet, Tome I, 4 novembre 1722 – 21 décembre 1745, Paris 2011; Tome II, 4 janvier 1746 – 1er décembre 1760, Paris 2015; Tome III, volume I, 9 février 1761 – 12 décembre 1768; Tome III, volume II, 22 décembre 1768 – 20 juillet 1775, Paris 2019. 46 Anastasia Socoloff (1741–1822) kam im Gefolge des Fürsten Galitzin 1762 nach Wien, wo Duval sie kennenlernte; sie verließ Wien im April des gleichen Jahres und unterhielt eine langjährige Korrespondenz mit Duval bis zu dessen Tod im Jahr 1775; vgl. Correspondence de Valentin Jamerey-Duval, Tome III, vol. I und II. 47 Correspondence de Valentin Jamerey-Duval, Tome III, vol. II, p. 874, Brief 661, Duval aus Wien am 20. Jänner 1772 an Anastasia Socoloff: „[…] diese Bibliothek, eingepackt in Nancy, überquerte den Ozean, umrundete Europa, durchfuhr einen Teil des Mittelmeeres

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und kam wie durch ein Wunder in Livorno an, nachdem das Schiff zweimal fast gekentert wäre. Sie fuhr den Arno hinauf und lebt nun inmitten der herrlichen Stadt Florenz weiter […]“. 48 Jacques de Sauboin war Kabinettsekretär des Großherzogs, später unterrichtete er auch einige der Söhne; vgl. Correspondance de Valentin Jamerey-Duval, Tome. III, vol. II, p. 855, note 1; Contini, Concezione della sovranità, p. 215: Giacomo di Sauboin 1771 angeführt als „segretari intimi di gabinetto e tesoriere intimo“. 49 Der Name geht auf Antonio Magliabecchi zurück, der seine wertvolle Bibliothek den Medici schenkte. Die Biblioteca Magliabecchiana wurde 1747 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, im 19. Jh. wurde sie mit anderen Bibliotheken zur Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze (BNCF) vereint. 50 Vgl. Renato Pasta, La biblioteca aulica e le letture dei principi lorenesi. In: Sergio Bertelli/ Renato Pasta (ed.), Vivere a Pitti. Una reggia dai Medici ai Savoia, Firenze 2003, pp. 351– 385. 51 Pasta, La biblioteca aulica, p. 359. 52 Zitiert bei Pasta, La biblioteca aulica, p. 371, nota 53: BNCF, Palat. 1.6.1.5, Catalogue des livres du cabinet particulier de LL.AA.RR., Florence, Imprimerie Granducale 1771. 53 Correspondance de Valentin Jamerey-Duval, Tome. III, vol. II, p. 854, Duval an M. Jacques de Sauboin aus Wien, 21. September 1771. 54 Fritz Reinöhl, Geschichte der k. und k. Kabinettskanzlei (= MÖSTA, Erg.-Bd. 7), Wien 1963, pp. 346–348: Franz de Paula Karl Graf von Colloredo-Wallsee (1736–1806) übernahm 1772 die Erziehung des Erbprinzen von Toskana und er begleitete ihn, als Kaiser Joseph II. Erzherzog Franz zwecks weiterer Ausbildung im Sommer 1784 nach Wien holte; Leopold II. nahm Colloredo im November 1790 in den Orden vom Goldenen Vlies auf. 55 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2247: Maggiordoma Eleonore Colloredo nata Würten [sic!]: das ist Eleonore Colloredo geb. Marie Eleonore von Wrbna und Freudenthal (1740–1789). 56 Vgl. Alessandra Contini, „La naissance n’est qu’effet du hazard“. L’educazione delle principesse e dei principi alla corte leopoldina. In: Sergio Bertelli/Renato Pasta (ed.), Vivere a Pitti. Una reggia dai Medici ai Savoia, Firenze 2003, pp. 389–438. 57 Paoletti Niccolò Maria Gaspero (1727–1813), Architekt; vgl. Dizionario biografico degli Italiani 81, Roma 2014, p. 67. 58 Enrico Colle, I mobili di Palazzo Pitti. Il primo periodo lorenese 1737–1799, Firenze 1992, pp. 23–24. 59 Ragazzini/Spinelli, La Villa di Poggio Imperiale, pp. 105–113. 60 Vgl. Ragazzini/Spinelli, La Villa di Poggio Imperiale; Poggio Imperiale beherbergt seit dem 19. Jahrhundert. eine Schule samt Internat, Besichtigungen sind nicht vorgesehen; der Direktion sei für die ausnahmsweise bewilligte Begehung sowie für die informative Publikation gedankt. 61 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 22, fol. 41–42. 62 Wilhelm Freiherr von Edelsheim (1737–1793), badischer Diplomat, vgl. Allgemeine Deutsche Biographie 48, Leipzig 1904, S. 263–265. 63 Zitiert bei Helga Peham, Leopold II. Herrscher mit weiser Hand, Graz 1987, S. 177.



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64 Marchese Federigo Manfredini (1743–1829) wurde von Joseph II. als Vizeajo empfohlen, er stammte aus venezianischem Adel, war in Modena und Florenz aufgewachsen; vgl. Peham, Leopold II., S. 173–174. 65 Gori, Una corte dimezzata, pp. 338–345: Ruolo generale della Corte di Sua Altezza Reale l’Arciduca Leopoldo, Granduca di Toscana (1765). 66 Viktor Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns. Bd. 1, Kindheit und Jugend, Graz 1960, S. 34. 67 Dazu Mattolini, Il principe illuminato; Wandruszka, Leopold II.; Charlotte Pangels, Die Kinder Maria Theresias. Leben und Schicksal im kaiserlichen Glanz, München 1980; und vor allem Adam Wandruszka, Livia Raimondi und Ludwig Grün. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 17/18, Wien 1961/1962, S. 189–199. 68 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 85, hier alle genannten Erklärungen betreffend Geburt und Eltern des Ludwig Grün. 69 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 85, dieses Dokument ist gezeichnet „Vienne le 10 Aout 1791, Leopold meint, da der Tod zwar sicher aber dessen Zeitpunkt nicht vorhersehbar ist soll dessen überraschender Eintritt es nicht verhindern, wichtige Maßnahmen zu treffen […]“. 70 Wandruszka, Livia Raimondi und Ludwig Grün, S. 197.

Im Gleichschritt: „Ich bin meiner Frau sehr verbunden“1 Einmischungen aus Wien; Besuche Josephs II. und der Geschwister; Reisen des Großherzogspaares

Es muss ein sehr inniges Verhältnis gewesen sein, das Erzherzog (Peter) Leopold und Infantin Maria Luisa von ihrer ersten Begegnung in Brixen bis an ihr Lebensende verband – gerade mal etwas mehr als zwei Monate lagen zwischen ihrer beider Ableben: (Peter) Leopold starb am 1. März 1792 in ihren Armen, Maria Luisa am 15. Mai 1792. In den 27 Jahren ihrer Ehe waren sie kaum getrennt, sie waren den Weg miteinander gegangen. Seit ihrer Ankunft in Florenz am 13. September 1765 richteten sie sich ihr gemeinsames Leben mit viel gegenseitiger Rücksichtnahme, Aufmerksamkeit und Anteilnahme ein, bei ihren Reisen, ihren Besichtigungen, ihren Umbauten und ihren familiären Treffen. Es darf angenommen werden, dass sie sich darüber austauschten, denn in seinem Schreiben an den kaiserlichen Bruder vom 11. August 1768 schwärmt der Großherzog ausgiebig von den abendlichen Gesprächen im kleinen Kreis und hebt die Teilnahme seiner Frau ganz besonders hervor: „[…] Mia moglie condivide con me questa passione ed è in grado di partecipare alle nostre conversazioni […]“2. Maria Luisa wusste sehr wohl, dass Rosenberg genaue Berichte nach Wien schickte, und sie wusste auch, was Maria Theresia nicht hören wollte: dass sich die Frauen in die politischen Geschäfte einmischten! Maria Theresia machte kein Hehl daraus, wie sehr sie sich über ihre Töchter Maria Amalia und Marie Caroline ärgerte, die sich nach ihrem Geschmack viel zu viel mit den politischen Angelegenheiten in Parma und Neapel beschäftigten. Tatsächlich setzten sich die so Geschmähten gegen die ewigen Einmischungen aus Madrid und Versailles zur Wehr, sie versuchten Politik für ihr Land und nicht für Spanien zu machen – was von Maria Theresia nicht erkannt und über die Maßen verurteilt wurde3; sie hatte sogar Maria Luisa gebeten, diesbezüglich ihrem Vater zu schreiben, damit er als Chef des Hauses entsprechende Weisungen erteile4. Maria Theresias beispiellose Empörung mag anfangs darin begründet gewesen sein, dass sie durch das unangepasste Verhalten der Töchter die Hochzeit zwischen Marie Antoinette und dem Dauphin gefährdet sah – da war aber seitens des Hauses Bourbon keine Gefahr gegeben. Maria Luisa wusste also sehr genau, was Maria Theresia von den Frauen ihrer Familie erwartete: Kinder gebären, Hofhaltung beaufsichtigen, gesellschaftliche Kontakte

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pflegen und keinesfalls ins politische Geschehen eingreifen. Und sie erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen, sie sorgte reichlich für den Weiterbestand des Hauses, sie war gesellschaftlicher Mittelpunkt und sie führte ein glückliches Ehe- und Familienleben. In ausländischen Berichten wird ihr angenehmes, freundliches Wesen hervorgehoben, „ihr lebendiger Geist und ihr Charakter lassen einen ihr Gesicht vergessen“5, schrieb Wilhelm von Edelsheim über sie, die sicher keine strahlende Schönheit war. Auch Karl Graf Zinzendorf vermerkte Jahre später in seinem Tagebuch bei Gelegenheit eines Theaterbesuches „[…] comme la reine est laide en profil […]“6 – da hatte Maria Luisa schon 16 Kinder zur Welt gebracht und vier Fehlgeburten erlitten. Allerdings: Erzherzogin Marie Christine, die gerne Kritik mit spitzer Zunge verteilte, und ihr Mann Herzog Albert von Sachsen-Teschen hielten sich im Frühjahr 1776 einige Wochen in Florenz auf, sie urteilten sachlich. Herzog Albert charakterisierte Maria Luisa als „[…] eine gute Freundin, eine gute Frau, eine gute Mutter […] von dem Glanz der Schönheit, den sie in ihrer Jugend besaß, ist wenig mehr zu bemerken […] ihre Gesundheit hat aber nicht gelitten […]“7; hingegen schrieb die Schwester Pietro Leopoldos, dass Maria Luisa nie schön gewesen sei, aber „[…] sie ist in jeder Beziehung das Glück meines Bruders […] Ein guter Gatte der besten Frau hat er, ohne mehr die leidenschaftliche Liebe zu besitzen, ein Vertrauen zu ihr das noch schmeichelhafter ist und immer länger dauert als jenes Gefühl, das nur auf die äußere Erscheinung gegründet ist. Er tut nichts, weder in seinen Geschäften, noch in Bezug auf seine Kinder, ohne sie zu fragen […]“8. Bemerkenswert der letzte Satz, Erzherzogin Marie Christine hatte das Wesentliche der Beziehung erkannt, das Großherzogspaar tauschte sich sehr wohl über alle anstehenden Probleme aus. Auch in den Briefen an Joseph II. wird deutlich, wie sehr Pietro Leopoldo und Maria Luisa einander verbunden waren9. Dabei war ein innerfamiliäres, sehr belastendes Dauerthema die vom Kaiser verlangte Übersiedlung des ältesten toskanischen Prinzen nach Wien, wobei sich beide der Notwendigkeit dieses Schrittes bewusst waren; sie wollten es nicht verhindern, nur verzögern. Außerdem ging es in diesen Jahren auch um die zukünftige Ehe des Kronprinzen, der spätere Kaiser Franz II./I. sollte mit Elisabeth von Württemberg vermählt werden. Joseph II. war sehr daran gelegen, diese Verbindung mit der Verwandtschaft der Zarin aus politischen Überlegungen zustande zu bringen, das Großherzogspaar hatte sich darüber beraten und zeigte sich mit der Entscheidung des Kaisers einverstanden – zumindest offiziell10. Denn Großherzogin Maria Luisa hatte sich über die Braut ihres Sohnes berichten lassen, Gräfin Störck hatte sie nicht sehr vorteilhaft geschildert und der ihr vom Kaiser zugeteilte Hofstaat gefiel Maria Luisa auch nicht11, woraus sie kein Hehl machte, aber die Sache war entschieden; wenigstens konnte sie die Abreise des geliebten Sohnes noch bis ins Frühjahr 1784 hinauszögern. Und natürlich wusste sie, was von ihr erwartet wurde, also richtete sie ein paar freundliche Zeilen an die zukünftige Schwiegertochter, wofür ihr der Kaiser ausdrücklich dankte12.



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Das Einverständnis des Großherzogspaares blieb auch dem schon erwähnten Wilhelm von Edelsheim nicht verborgen, sie strahlten so viel Eintracht und Harmonie aus, nur ungern verließ Edelsheim die Toskana im Februar 1771. Es kamen andere Gäste. Graf Zinzendorf machte 1779 Station am toskanischen Hof, nüchtern, wie er schon einmal war, sah er über Äußerlichkeiten sowieso hinweg und beschrieb in seinem Tagebuch den klaren Geist Maria Luisas, ihre Vorliebe für historische Werke und hier vor allem für die Geschichte des Hauses Medici13 – was für eine Großherzogin der Toskana zum besseren Verständnis von Land und Leuten wohl nicht unwichtig war. Überhaupt interessierte sich Maria Luisa sehr für alle historischen Themen, für alle geschichtlichen Fragen und Darstellungen. Sie kam daher häufig zum Geschichtsunterricht der Kinder, der von Hohenwarth14 gehalten wurde; mitunter brachte sie Bücher mit, wie beispielsweise die Historia d’Italia von Guicciardini, die die Prinzen ihrer Meinung nach lesen sollten, was den Erziehern nicht recht war, sie konnten es aber nicht verhindern15. Maria Luisa liebte ihre Bücher, die für den persönlichen Gebrauch des Großherzogspaares im Palast verbliebene Bibliothek umfasste noch immer rund 2000 Bände16. Für Maria Luisa, die schon im Mai 1768 verschiedene Änderungen in ihrer Privatbibliothek hatte vornehmen lassen17, gehörten Bücher zu ihrem Leben dazu. Wie aus ihrem „ex libris“ ersichtlich, war hier vor allem die romantische Literatur der Zeit versammelt, zudem gab es ihre an die 200 Werke umfassende Musiksammlung, aber auch die vorwiegend in französischer Sprache abgefassten Bücher über Kindererziehung und Ausbildung. In Maria Luisas Privatbibliothek befand sich auch englische Lektüre in einer leichteren Sprache, die Großherzogin hatte nämlich den Zug der Zeit erkannt und Englisch gelernt. Der britische Gesandte und bevollmächtigte Minister Horace Mann (1706–1786) hatte ihr als Lehrer Edward Barker empfohlen; dieser hatte schon 1766 eine Nuova e facile grammatica della lingua inglese per gli italiani publiziert und nur fünf Jahre später eine zweite Ausgabe herausgebracht18. Wir wissen nicht, welche Fertigkeiten sie in dieser Sprache erlernte, wir wissen aber ganz bestimmt, dass sie regen Anteil an der Erziehung der Kinder nahm, sich in der einschlägigen Literatur informierte und sich mit ihrem Mann abstimmte. Die Großherzogin liebte ihre Kinder und wenn sie es für richtig hielt, setzte sie sich auch über die Anordnungen der Schwiegermutter hinweg. So geschehen, als sich Sohn Franz eine kleinere Verletzung zuzog oder ein andermal etwas verschluckte und glaubte daran zu ersticken: Arzt und Ajo wollten sofort nach Wien berichten, Maria Luisa meinte jedoch, „man solle die Kaiserin nicht umsonst ängstlich machen“, die Nachricht unterblieb19. Vielleicht durchschaute Maria Luisa die großen Zusammenhänge der europäischen Politik nicht, sie verfügte aber über eine gesunde Portion Hausverstand, was sich bei den größeren und kleineren Unstimmigkeiten, bei den alltäglichen Vorkommnissen der wachsenden Kinderschar als sehr beruhigend auswirken sollte. Das Großherzogspaar war gemeinsam viel im Land unterwegs20, es meldeten sich aber auch immer wieder Besuche an, die empfangen und untergebracht werden muss-

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ten; auch diese Gastspiele wurden von Maria Luisa genau geplant und die Räumlichkeiten nicht nur nach dem jeweiligen Rang vorbereitet, man nahm auch auf besondere Bedürfnisse Rücksicht, schließlich sollten sich die Gäste auch wohlfühlen. Im November 1771 kam der Duca di Gloucester, der Bruder des englischen Königs, im Mai 1772 wollte Walpurga von Bayern die Toskana kennenlernen, drei Monate später sind in der Tagespresse die Feste für den Grafen Orloff vermerkt und im Jänner 1775 machte KarlTheodor von Pfalz-Bayern, der spätere Kurfürst, in der Toskana Station21. Auch die Geschwister nahmen immer wieder gerne die Gastfreundschaft in Anspruch, nicht nur in der Toskana; so konnten Ferdinand und Maria Beatrice d’Este während ihres Aufenthaltes in Rom die nun dem Haus Lothringen gehörende Villa Medici bewohnen und anschließend ausgiebig die Toskana besichtigen22. Auch der jüngste Bruder des Großherzogs, Erzherzog Maximilian Franz, letzter Kurfürst von Köln und Fürsterzbischof von Münster, kam gerne in die Toskana, er wollte nicht nur die Familie besuchen, ihn interessierten auch Kunst und Kultur23. Er verstand sich sehr gut mit Maria Luisa, die dem Schwager immer wieder Grüße schickte24 und die Familienkontakte pflegte; anders als Joseph II. wird Pietro Leopoldo die Familie nach seiner Erhebung zum Kaiser in die wichtigen privaten und politischen Entscheidungen einbeziehen, so auch den Bruder Max Franz in seiner einflussreichen Position als Kurfürst und Fürsterzbischof. Im Jänner 1776 kündigte sich ein Besuch an, der sowohl Pietro Leopoldo als auch Maria Luisa viel Vergnügen bereitete. Erzherzogin Marie Christine, die Schwester des Großherzogs, hatte es verstanden, Maria Theresias Einverständnis und finanzielle Unterstützung für eine Reise nach Italien zu erlangen. Es war sicherlich in erster Linie der Gemahl der Erzherzogin, Herzog Albert von Sachsen-Teschen, der die vielen Kunstschätze besichtigen und Rom mit seinen vielen Kirchen kennenlernen wollte; bei Marie Christine hielt sich das kunstgeschichtliche Interesse in Grenzen, sie wollte wohl eher die Geschwister und deren Lebensumstände kennenlernen. Das entsprach ganz offensichtlich auch dem Wunsch Maria Theresias, als Dank für die finanzielle Zuwendung erwartete sie sich ungeschönte Berichte über die Familie, die Kinder und Enkelkinder, und zwar ehrliche Darstellungen, andere als jene der habsburgtreuen, ergebenen Diplomaten. Die Unterstützung war willkommen, überstiegen die Kosten der mehrmonatigen Reise doch das Jahreseinkommen des Paares. Von Florenz aus, hier hielt sich das Paar sechs Wochen auf, konnten die habsburgischen Verwandten in Mailand, Turin, Parma und Neapel besucht werden, das waren zwei Brüder, zwei Schwestern, zwei Schwager, zwei Schwägerinnen sowie sieben Neffen und Nichten. Die Tagebuchaufzeichnungen der Erzherzogin lassen den Schluss zu, dass sie ihre „Spionagetätigkeit“ recht unterhaltsam fand, denn im Gegensatz zu Albert erwähnt sie keinerlei Sehenswürdigkeiten, sie beschränkt sich auf Beschreibungen der Familienmitglieder und des sie umgebenden Hofstaates; verständlich, dass Marie Christine mitunter auf wenig Sympathie stieß, kannten die Geschwister doch ihre Stellung als deklarierte Lieblingstochter, die der gestrengen Mutter in Wien alles zutrug25. In Florenz aber war sie sehr



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willkommen, teilte Marie Christine doch die Sorge des Großherzogs angesichts der überhasteten Reformen des kaiserlichen Bruders; das Unbehagen führte in der Zeit von Josephs Alleinregierung zu einem umfangreichen Gedankenaustausch zwischen den Geschwistern26. Es waren vor allem die hastigen Reformen, die Marie Christine in den von ihr verwalteten Österreichischen Niederlanden ab 1780 große Sorgen bereiteten. Die beiden Paare verstanden sich gut, und nachdem Maria Theresia einerseits die Rückkehr der Lieblingstochter und andererseits wieder einen Besuch des Sohnes und der Schwiegertochter einforderte, wurde beschlossen, die Reise nach Wien gemeinsam anzutreten. Schon am 6. Juli 1776 verließen sie die Toskana, am Brenta-Kanal fuhren sie nach Venedig und auch die Wiener Zeitung berichtete immer wieder von gemeinsamen Aktivitäten, sei es vom Ausflug auf den Josefsberg oder von Besichtigungen in der näheren und weiteren Umgebung. Es waren jedenfalls angenehme, harmonische Wochen, die das Großherzogspaar in Wien in Gesellschaft von Erzherzogin Marie Christine und deren Gemahl verlebte; Mitte September verabschiedeten sie sich, Pietro Leopoldo wollte noch die Gelegenheit wahrnehmen und im Verlauf der Rückreise die Kärntner Erzbergwerke besichtigen und in Triest mit dem damaligen Gouverneur Karl Graf Zinzendorf Wirtschafts- und Verwaltungsfragen, aber auch mögliche Reformen diskutieren. Zwei Jahre später musste sich Großherzog Pietro Leopoldo auf dringendes Ersuchen der Mutter erneut auf den Weg machen, am 6. September 1778 kam er in Wien an. Maria Theresia war mit dem Krieg, den Joseph II. nach dem Tod des kinderlosen Kurfürsten Maximilian Joseph von Bayern angestrengt hatte, nicht einverstanden und wollte sich darüber mit dem in der Toskana so erfolgreichen Sohn austauschen – was für den Großherzog eher unangenehm sein musste. Das Klima zwischen Maria Theresia und Joseph II. war durch die ewigen Auseinandersetzungen vergiftet. Das Großherzogspaar hatte es geahnt, daher reiste Maria Luisa erst später von Florenz ab und verbrachte gemütliche Tage mit Verwandtenbesuchen in Mantua, während der Großherzog sich den Konflikten stellen und nach Böhmen reisen musste. Nachdem Pietro Leopoldo von den Kriegsschauplätzen zurückgekehrt war, trafen sich beide in Wien, erst jetzt, genau am 7. Oktober 1778, konnte das Großherzogspaar die Glückwünsche des Hofes zur Ankunft entgegennehmen27; auch wird die Anwesenheit des Paares im November und Dezember bei den diversen offiziellen Anlässen in der Wiener Zeitung erwähnt. Die Kinder vermissten die Eltern, der sechs Jahre alte Leopold schrieb an seine Mutter: „Ihro Königliche Hoheit allerliebste Mama, Ich wünsche von ganzem Herzen, daß sie bald wieder nach Florenz kommen möchten. Ich höre niemals auf, den guten Gott um ihre vollkommene Gesundheit zu bitten […]. Wir sind schon in unser gewöhnliches Winterquartier gezogen […] weil das Wetter allezeit fortfährt übel zu sein. Ich hoffe unsere königliche Hoheit Mama in völliger Gesundheit bald wieder in Florenz zu sehen […]“28. Es gingen aber noch einige Briefe zwischen Florenz und Wien hin und her, bevor das Großherzogspaar den Wiener Hof am 3. März 1779 endlich verlassen konnte; aus organisatorischen Gründen reiste Maria Luisa über den Wurzenpass und der Groß-

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herzog über Tarvis29. Der äußerst kritische Bericht des Großherzogs zum Zustand der Monarchie hat sich erhalten30. Verständlich, dass das Großherzogspaar nach diesen Erfahrungen zwei Jahre später nicht schon wieder nach Wien reisen wollte, trotz eindringlicher Aufforderungen Josephs schon im Februar 1781. Da bot sich der labile Gesundheitszustand der Großherzogin als willkommene Ausrede an. Pietro Leopoldo teilte dem Bruder mit, dass derzeit an eine Reise nach Wien nicht zu denken sei, und er erinnerte daran, wie sie im Winter vor zwei Jahren unter der Kälte, dem Fieber und der Verkühlung gelitten hatte, die ihr bis heute zu schaffen machten31. Joseph II. ließ nicht locker, aber auch diesmal widersetzte sich der Großherzog dem Bruder und schrieb im August 1781 eine Absage32; der Kaiser beharrte auf der Reise, aber noch einmal stellte der Großherzog die Fürsorge für die Gemahlin in den Vordergrund: „[…] J’ai certainement l’empressement le plus vif de profiter de toutes les occasions possibles pour venir à vos pieds, mais j’ai ici chez moi une circonstance qui est la grossesse de ma femme. Quoique grâce à Dieu elle soit heureuse et se porte bien, néanmoins dans les derniers mois de ces grossesses et surtout le huit et neuvième, elle se sent toujours triste, mélancolique et a des appréhensions. Celles-ci sont augmentées cette année à l’approche de l’hiver qu’elle craint beaucoup, et surtout le froid humide, depuis qu’elle a eu un rhume si obstiné avec des crachements de sang l’année passée, et craignant l’air de Florence en hiver. Vous savez combien à juste titre je suis attaché de tout façon à ma femme. Je ne pourrais donc jamais me résoudre à l’abandonner ni m’éloigner d’elle dans ces derniers mois en hiver où elle souffre de ces mélancolies dont moi seul je puis la dissiper […]“33. Der Großherzog ist nicht nach Wien gereist, das erwartete Kind war Erzherzog Johann, er kam am 20. Jänner 1782 zur Welt. Demnach wäre sie bei der von Joseph II. gewünschten Reise nach Wien im vierten Monat gewesen, dies hätte sie unter erfreulicheren Umständen durchaus auf sich genommen, aber das Großherzogspaar schützte die Schwangerschaft vor, war doch der letzte Besuch sehr unerfreulich gewesen. Für Jänner 1782 wurde vom Kaiser ein Besuch angekündigt, um den sich Bruder und Schwägerin ganz besonders kümmern sollten: Herzog Friedrich II. Eugen von Württemberg mit Gattin Friederika von Brandenburg-Schwedt. In Verfolgung seiner politischen Allianzen hatte Joseph II. deren Tochter Elisabeth als Gemahlin für Franz, den toskanischen Erstgeborenen und späteren Kaiser, vorgesehen; da die ältere Schwester Dorothea den russischen Thronfolger Paul geheiratet hatte, erhoffte sich der Kaiser dadurch gute Beziehungen zur Zarin. Joseph II. schrieb, dass das Großfürstenpaar vor allem „en famille“ sein wollte, um Eltern und Kinder kennenzulernen. Maria Luisa und Franz fuhren den Gästen entgegen, um sie zu begrüßen, wobei die Großfürstin Franz ein Porträt ihrer Tochter überreichte. Da die Gäste inkognito reisten, verlief der Besuch sehr ungezwungen, Franz begleitete sie nach Möglichkeit bei allen Ausflügen und Besichtigungen, und auch abends, wenn Gesellschaft bei Maria Luisa war, blieb Franz anwesend34. Allerdings konnte Pietro Leopoldo nicht alle Erwartungen des Bru-



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ders erfüllen, da die toskanische Noblesse nicht den Erwartungen des Wiener Hofes entsprechen könne und auch des Französischen nicht mächtig sei35. Dennoch waren Herzog Friedrich II. Eugen von Württemberg und seine Gattin mit ihrem Besuch und dem zukünftigen Schwiegersohn sehr zufrieden, die Hochzeit fand im Jänner 1788 in Wien statt. Allerdings erfüllten sich die politischen Erwartungen nicht, Elisabeth von Württemberg starb 1790 im Wochenbett, zwei Tage vor Kaiser Joseph II. Im Jahr 1782 machte auch noch Papst Pius VI. Station in der Toskana, bevor er weiter nach Wien reiste, um den Kaiser mit Diplomatie und gutem Zureden zum Einlenken zu bewegen; bekanntlich gelang es dem Papst nicht, den Kaiser von den Klosteraufhebungen abzubringen, ihn von der Neuordnung der Diözesen und den Änderungen im kirchlichen Leben abzuhalten36. Die Reise des Papstes war zwar ein persönlicher Triumphzug, der Kaiser setzte seine reformorientierte Kirchenpolitik jedoch fort37. Großherzog Pietro Leopoldo war insgesamt viermal nach Wien gereist, bevor ihn das Schicksal 1790 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches berief, nur bei der letzten Reise begleitete ihn Maria Luisa nicht. Das war 1784, als Kaiser Joseph II. immer dringender nach seinem Neffen und Nachfolger Franz verlangte, der in Wien auf seine künftige Tätigkeit vorbereitet werden sollte. Dem Großherzogspaar war klar, dass sie dem Verlangen des Kaisers nachkommen mussten, sie wussten, dass ihre Kinder auch dem Staat gehörten und Aufgaben zum Nutzen der Monarchie zu übernehmen hatten, sie hatten sich darüber ausgetauscht38. Allerdings wollte Maria Luisa nicht dabei sein, wenn ihr Ältester in Wien abgeliefert wurde, und so wurden wieder einmal gesundheitliche Bedenken vorgeschoben: Maria Luisa hatte die Abreise ihres Sohnes bis nach dessen 16. Geburtstag hinausgeschoben, aber nachdem Franz im Februar 1784 seinen sechzehnten Geburtstag feiern konnte, verlangte der Kaiser dringend danach, seinen Neffen in Wien zu etablieren, um ihn auf seinen späteren Wirkungskreis vorzubereiten. Maria Luisa fiel die Trennung sehr schwer, noch hatte keines der Kinder den „Heimathafen“ verlassen; unter dem Vorwand gesundheitlicher Probleme und einer neuerlichen Schwangerschaft39 lehnte sie die kaiserliche Aufforderung ab, ihren Sohn nach Wien zu begleiten. Am Sonntag, den 18. Juni 1784 verließ die kleine Reisegruppe Florenz nach der Frühmesse. Maria Luisa hatte Graf Colloredo mit Tränen in den Augen das Wohl ihres Sohnes noch besonders ans Herz gelegt40. In Wien lernten Vater und Sohn auch Prinzessin Elisabeth von Württemberg kennen, die Hochzeit des Erzherzogs sollte im Jänner 1788 stattfinden. Der Kaiser wollte aber noch ein anderes Vorhaben mit seinem Bruder zum Abschluss bringen: Die Toskana sollte nach dem Tod Leopolds an die Habsburgermonarchie fallen41. Das war aber nicht das Vermächtnis des Vaters, Franz I. Stephan hatte das Großherzogtum Toskana als Sekundogenitur seinem Zweitältesten vermacht, und er hatte auch veranlasst, dass der Thronfolger Joseph, zu diesem Zeitpunkt bereits Römischer König, am 12. Jänner 1765 den Verzicht auf die toskanische Erbschaft zugunsten seines Bruders Leopold unterschrieb42. Großherzog Peter Leopold nützte im

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September 1780 einen vertraulichen Briefwechsel mit Maria Theresia, um der Mutter seine ganz persönlichen Gedanken zu diesem Einverleibungsprojekt mitzuteilen. Zuerst erinnerte er sie daran, dass die Toskana dem Haus Lothringen zugesprochen worden war und er verwies auch auf den geleisteten Verzicht. Weiters skizzierte Pietro Leopoldo die Auswirkungen dieser Annexion auf die europäische Politik und hier vor allem auf Frankreich: „[…] Je m’opposerai toujours et serai toujours decidement contraire à cette proposition que je crois dangereuse, ni juste, ni utile à la Monarchie ni au Pays, et servant seulement à éveiller la jalousie de la Maison de Bourbon sur l’Italie, sans aucune utilité réelle pour la Monarchie […]“43. Die Toskana war im Rahmen des Sekundogenitur-Kontraktes und des Heiratsvertrages ihm, dem zweitgeborenen Erzherzog, und seinen Nachkommen zugesprochen worden, sie war das Erbe des Vaters, das Erbe der Herzöge von Lothringen, sie sollte selbstständig bleiben und an seinen zweitgeborenen Sohn Ferdinand übergehen. Als der Großherzog nun im Sommer 1784 seinen Sohn nach Wien begleitete, legte ihm der Kaiser den Vertrag zur Vereinigung der Toskana mit der Monarchie vor und nötigte ihn zu unterschreiben. Der Kaiser war der Chef des Hauses, es war kaum möglich, sich seinen Anordnungen zu widersetzen, aber Leopold wusste, dass er diese Entscheidung rückgängig machen würde44 – so war dann auch eine seiner ersten Amtshandlungen nach dem Tod Josephs, Hof- und Staatskanzler Kaunitz aufzufordern, ihm diese Urkunde zu übergeben45. Am 7. April 1790 berichtete er Marie Caroline von der Vernichtung der Urkunde und der Wiedereinsetzung seines Sohnes als Großherzog der Toskana46. Daher existiert von der Annexionsurkunde nur mehr eine Abschrift. Im April 1791 übergab Leopold seinem Sohn Ferdinand die Herrschaft über die Toskana. Es war sein letzter Aufenthalt in der Toskana und eigentlich war er sehr unzufrieden abgereist; wie er seiner Schwester Marie Christine mitteilte, hatten ihn nicht nur gesundheitliche Probleme geplagt, auch das Verhalten seines Nachfolgers und die Situation am toskanischen Hof empfand er als wenig zufriedenstellend47. Nach der Abreise des Erstgeborenen und der Geburt Ludwigs, des 15. Kindes des Großherzogspaares, trat die Frage der Verheiratung der ältesten Tochter Marie Terese unerwartet in ein aktuelles Stadium, ausgelöst vom sächsischen Kurfürsten, der sich nach einer Frau für seinen verwitweten jüngeren Bruder umsah. Das Großherzogspaar war dieser Verbindung nicht abgeneigt, als sich in diesen mit Arbeit und Vorbereitungen ausgefüllten Tagen das neapolitanische Königspaar ankündigte. Sie trafen am Morgen des 8. Mai 1785 auf dem Flaggschiff „S. Gioacchino“, umgeben von einem großen Geschwader, in Livorno ein, Pietro Leopoldo und Maria Luisa empfingen die Gäste an der Spitze einer kleinen Flotille. Nun wurden zahlreiche Vergnügungen ausgerichtet, bis zur Abreise des Paares Ende August waren die Tage mit Theater und Opernaufführungen, mit Bällen und Spazierfahrten ausgefüllt48. Da blieb wenig Zeit für Teresens Hochzeitspläne. Es darf jedoch angenommen werden, dass ein Anlass für die Reise Marie Carolines Heiratsprojekte waren, die sie bis jetzt immer nur brieflich mit dem Bruder hatte erörtern können und die, immer dringlicher werdend, ihre beiden älteren Töchter



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betrafen. Nachdem auf kaiserlichen Wunsch Erzherzog Franz mit Elisabeth von Württemberg verheiratet werden sollte, wollte sie eine ihrer Töchter mit Pietro Leopoldos zweitältestem Sohn Ferdinand verheiraten, sie sollte somit Großherzogin der Toskana werden. Der Bruder hatte kein Geheimnis daraus gemacht, dass der Kaiser damit nicht einverstanden war, und er hatte Marie Caroline auch berichtet, dass er ihn gezwungen hatte, den Verzicht auf die Toskana zu unterschreiben; damit hätte es kein Großherzogtum mehr, sondern nur eine von Wien verwaltete Provinz gegeben – keine Option für eine Königstochter! Der Großherzog hatte sicherlich im persönlichen Gespräch mit der Schwester die Möglichkeiten besprochen, sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, er würde im Interesse ihrer beider Familien handeln – was letztlich auch geschah. Nach dem Tod Josephs II. konnten sie ihre Pläne für die Verheiratung der Kinder verwirklichen, Marie Carolines Hoffnungen wurden doch noch erfüllt: Ihre Tochter Maria Theresia wurde in der Folge Kaiserin von Österreich und die zweitgeborene Maria Luisa wurde 1791 Großherzogin der Toskana – sie folgte ihrer Tante gleichen Namens nach. Großherzogin Maria Luisa vermisste ihren ältesten Sohn sehr, er war ja 1784 von Joseph II. ganz dringend nach Wien beordert worden; ihre Korrespondenz ist umfangreich, sie erzählte ihm alles, was sich in der Familie ereignete. Sie empfahl ihm aber auch, sich im Fasching zu amüsieren, so wie sie es in jungen Jahren gemacht hatte. Jetzt blieb sie lieber daheim und sie genoss es, wenn ihr Mann ihr Gesellschaft leistete „[…] bien tranquillement dans la compagnie de votre pere qui a eu la complaisance de passer la soirée avec moi au lieu d’aller s’amuser […]“49. Das war nur wenige Tage nach der Geburt des letzten Kindes, Rudolf war am 8. Jänner 1788 zur Welt gekommen, sie war noch bettlägrig. Auch ihr Gemahl erwähnt das Zusammensein in einem Brief an seine Schwester Marie Caroline: „[…] moi qui n’aime pas le carneval profite de l’occasion des couches de ma femme pour rester avec bien du plaisir à lui tenir compagnie le soir n’allant ni au theatre ni aux bals […]“50. Pietro Leopoldo irrte sich, es war keine neuerliche Schwangerschaft mehr, die die Großherzogin im Februar 1788 ans Bett fesselte, sie hatte sich von der letzten noch nicht erholt; nach 16 Geburten und vier Fehlgeburten endete der Kindersegen. Allerdings, die unabhängig voneinander berichtete Episode zeigt die Verbundenheit des Paares, das nach 23 Jahren ein rücksichtsvolles, vertrautes und harmonisches Eheleben führte. Anmerkungen 1

Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel von 1781 bis 1790, 2 Bde., hg. von Alfred Ritter von Arneth, Wien 1872, Bd. 1, S. 41–45, hier S. 44, Pietro Leopoldo am 27. August 1781 an Joseph II.: „[…] Vous savez combien à juste titre je suis attaché de toute façon à ma femme […]“.

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Gori, Una corte dimezzata, p. 329: „[…] Meine Frau teilt diese Leidenschaft mit mir und beteiligt sich rege an unseren Gesprächen […]“. Vgl. zum Konflikt Pia Mörtinger-Grohmann, Les débuts de Marie Amélie à Parme à travers les sources autrichiennes du Haus-, Hof- und Staatsarchiv. In: Alba Mora (ed.), Un Borbone tra Parma e l’Europa. Don Ferdinando e il suo tempo (1751–1802), Reggio Emilia 2005, pp. 38–50. HHStA, Staatenabteilung, Toskana 34, Konv. A, fol. 6–7, Maria Theresia am 22. Oktober 1769 an Madame la Grd. Duchesse de Toscane: „[…] concernant le desagrement de Sa Majesté d’avoir été compromise bien plus fortement encore avec le Roi et la Reine d Naples qu’avec l’Infant et l’Infante de Parme, en la faisant passer pour cause unique et meme principale des reprimandes du Roi Catholique et les moyens d’y remedier.“ Manfred Krebs, Wilhelm von Edelsheim in Italien (1770–1772). Reisebriefe an die Markgräfin Karoline Luise von Baden. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 99 (N. F. 60), S. 249: „Elle n’est pas belle, mais les graces de son esprit et de son caractere empeche qu’on pense au visage.“ Dorothea Link, The National Court Theatre in Mozart’s Vienna. Sources and Documents 1783–1792, Oxford 1998, p. 355, Zitat aus dem Tagebuch des Grafen Karl Zinzendorf am 1. Juni 1790 bei der Oper „Il Re Teodora“: „[…] die Kaiserin sieht im Profil sehr hässlich aus […]“. Adam Wolf, Marie Christine, Erzherzogin von Österreich, 2 Bde., Wien 1863, Bd. 1, S. 91–92. Zitiert nach Peham, Leopold II., S. 167–168; Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1. S. 5 Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, S. 41–45. Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, S. 12–17, Pietro Leopoldo am 28. Februar 1781 an Joseph II.: „[…] j’ai vu vos idées pour cimenter toujours plus cette intéressante alliance […] j’ai communiqué tous ces papiers à ma femme, nous en avons raisonné ensemble, et nous sommes convenus tous les deux que nos enfants sont aussi les votres et ceux de l’Etat et que par consequent c’est à vous à en disposer selon que vous le croirez utile et avantageux au service de la monarchie même […] tant ma femme que moi nous approuvons avec plaisir cette idée de mariage pour notre fils et nous en remettons entièrement à tout ce que vous voudrez traiter, fixer et convenir, vous priant seulement […] de vouloir bien nous en avertir […]“; dazu auch HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–9, fol. 64. Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 259. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 8, Joseph II. am 6. Jänner 1783. Peham, Leopold II., S. 168. Sigsmund Anton Hohenwarth (1730–1820), Erzbischof von Wien, lehrte den vier ältesten Toskanischen Prinzen Religion und Geschichte; vgl., Wurzbach 9, Wien 1863, S. 208–209. Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 144. Pasta, La biblioteca aulica, p. 359. Pasta, La biblioteca aulica, p. 373; die Rechnungen für Tischler und Tapeziererarbeiten im Staatsarchiv in Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 3827.



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18 Pasta, La biblioteca aulica, p. 377. 19 Nadja-Maria Breininger, Franz II./I., Kindheit, Jugend und Erziehung in Florenz und Wien (1768–1790), Diss. Wien 1994, S. 12. 20 Vgl. dazu u. a. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–2, Konv. 7–4. 21 Vgl. Zangheri, Feste e apparati, pp. 125–130. 22 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–8, Pietro Leopoldo am 3. Dezember 1779 an Joseph II.: „[…] Ferdinand [sera] le 10 [janvier] à Rome où il logera à ma maison de la Villa Medici […]“; zum Besichtigungsprogramm in der Toskana vgl. Zangheri, Feste e apparati, pp. 136–137. 23 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–4: Max wohnte gerne in Poggio Imperiale, vgl. Max Braubach, Maria Theresias jüngster Sohn Max Franz, Wien 1961; Hamann, Die Habsburger, S. 367–370. 24 HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, 26, Konv. Max, Pietro Leopoldo am 4. August 1789 an Erzherzog Max: „[…] Ma femme me charge de vous faire mille tendres compliments de sa part […]“. 25 Vgl. Benedik/Hertel, Zur Wiedererinnerung der gesehenen Merkwürdigkeiten. 26 Vgl. Wolf, Marie Christine, Erzherzogin von Österreich. 27 Wiener Diarium, 10. Oktober 1778 [für diese Hinweise bin ich Walther Brauneis zu besonderem Dank verpflichtet]. 28 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 27, fol. 128, 17. Oktober 1778. 29 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 14, Konv. 76, Relazione di Sua Altezza Reale sopra il suo soggiorno in Vienna dal settembre 1778 fino al Marzo 1779, fol. 11206: „[…] mia moglie per la strada della Wurzen e io per quella di Tarvis […]“. 30 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 15, Konv. 15–13, Allegati alla Relazione di SAR sopra il suo soggiorno a Vienna nel 1778 a 1779. 31 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–9, Pietro Leopoldo an Joseph II. am 28. Februar 1781; ediert in Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, S. 12–17: „[…] quand à ma femme je dois vous prévenir que je ne puis pas même penser à lui faire faire un pareil voyage […] lorsqu’elle fut à Vienne il y a 2 ans et qu’elle y passa l’hiver, le froid l’incommoda beaucoup, elle y eut cette fièvre et rhume dont vous voudrez bien vous resouvenir. Depuis ce temps-là elle souffre toujours des nerfs dont elle ne souffrait pas ci-devant, elle est maigre, sa poitrine est affaiblie et elle souffre infiniment du froid et est toujours obligé de vivre en grand régime et de se beaucoup menager […] elle a même craché du sang 3 ou 4 fois dans ce rhume […]“. 32 Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, Bd. 1, S. 41–45, Pietro Leopoldo an Joseph am 27. August 1781. 33 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 8, Konv. 20/1782, fol. 3, 12. Jänner, auszugsweise: „[…] Gewiss bin ich immer eifrig bemüht, mich Eurer Majestät zu Füßen zu legen, aber die Schwangerschaft meiner Frau gebietet besondere Umstände. Zwar befindet sie sich Gott sei Dank glücklich und gesund, aber in den letzten Monaten ihrer Schwangerschaften neigte sie zur Melancholie, ein Zustand, der durch den herannahenden Winter verstärkt wird, den sie hier in Florenz besonders fürchtet. Sie wissen, wie sehr ich meiner Frau

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verbunden bin, ich könnte mich nie dazu entschliessen, sie unter diesen Bedingungen allein zu lassen, bin ich doch der Einzige, der sie aufheitern kann […]“. Vgl. ausführliche Schilderung bei Wolfsgruber, Franz I., S. 257f.; zum Besichtigungsprogramm Zangheri, Feste e apparati, p. 142. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 8, Konv. 20/1782, fol. 5–11, Pietro Leopoldo am 23. Jänner 1782 an Joseph II.: „[…] Quant aux diners et conversations plutot petites que nombreuses et composées des personnes de tout rang, connus pour leur esprit, talents ou celebres de quelque façon que ce soit, j’ai compris vos intentions et cela sera executé, mais je vous previens que ce n’est pas de ce coté là que nous brillons ici, et que ces personnes devant parler français je suis doublement embarrassé puisque quoique tout le monde en comprend tant bien que mal ici le français, il n’y a pas 5 dames qui le parlent, de même les hommes et surtout les gens de lettres d’ordinaire ne le scavent point […]“. Vgl. Christoph Gnant, „Jede Diöces ist nichts anders als ein Teil des Landes …“. Ausgewählte Fragen der josephinischen Diözesanregulierung und ihrer Auswirkungen auf Reich und Reichskirche. In: Helmut Reinalter/Harm Klueting (Hg.), Der aufgeklärte Absolutismus im europäischen Vergleich, Wien 2002, S. 245–262. Vgl. Hans Magenschab, Josef II., Revolutionär von Gottes Gnaden, Graz/Wien/Köln 1979, hier S. 215–220. Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, S. 12–17, Leopold am 28. Februar 1781 an Joseph: „[…] J’ai communiqué tous ces papiers à ma femme […] et nous sommes convenus tous les deux que nos enfants sont aussi les votres et ceux de l’Etat, et que par consequent c’est à vous à en disposer selon que vous le croirez utile et avantageux au service de la monarchie même […] tant ma femme que moi nous approuvons avec plaisir cette idee de mariage […]“. Der vorletzte Sohn Erzherzog Ludwig kam am 13. Dezember 1784 zur Welt, normalerweise hätte sie zu einem derart frühen Schwangerschaftstermin schon noch eine Reise unternommen. Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 297: Die Großherzogin sagte zu Colloredo: „Je vous recommande mon François, l’aimez comme votre propre fils“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 15, Konv. 15–3; Joseph II. erwähnte sein Vorhaben immer wieder, so auch am 6. Februar 1784 aus Pisa: „[…] la Toscane sera insolublement réunie à toute la Monarchie autrichienne […] [le Grand-Duc] ne doit pas faire maison à part […]“. Wandruszka, Leopold II., Bd. 1, S. 82; Renate Zedinger, La Reggenza lorenese. Lothringische Herrschaft im Großherzogtum Toskana (1737–1765). In: Harald Heppner/Sabine Jesner (Hg.), Die Personalfrage in neuen Provinzen. Das Banat im regionalen Vergleich, Stuttgart 2020, S. 197–212. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–4, fol. 95–96: „Ich werde mich dieser Entscheidung immer widersetzen, sie ist gefährlich, ungerecht und nützt weder der Monarchie noch dem Land, sie würde nur die Eifersucht der Bourbonen wecken, die es als Griff nach Italien verstehen könnten, ohne jeglichen Nutzen für Habsburg […]“.



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44 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, Konv. 11–2, fol. 144: Pietro Leopoldo deutet in diesem Schreiben vom 24. Mai 1788 an seine Schwester Marie Caroline an, dass der „Acte de la réunion de la Toscane à la Monarchie“ nicht rechtswirksam sei; dazu auch Peham, Leopold II., S. 187–188. 45 HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Einzelne Abhandlungen 6, Konv. Abolition und Wiedererrichtung der österreichischen Sekundogenitur in Toskana 1784: Leopold an Kaunitz am 29. März 1790. 46 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, fol. 105: Lettre de Sa Majesté à la Reine de Naples, le 7 avril 1790: „[…] J’ai brulé l’acte qui abolissait la seconde géniture de la Toscane et je l’ay établie de nouveau pour mon fils Ferdinand […] cela est déjà fait […]“. 47 Leopold II. und Marie Christine. Ihr Briefwechsel 1781–1790, hg. von Adam Wolf, Wien 1867, S. 234, Leopold an Marie Christine, 1. Juni 1791: „[…] A Florence je n’ai pas eu de motifs d’etre content, toujours incommodé de santé et pas content du Grand Duc et beaucoup moins de ses alentours et de qui y est resté avec lui […]“. 48 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 3506, Ristretti dei conti relativi alle Feste fatte in Pisa ed in Firenze nell’occasione della venuta in Toscana delle LL.MM. Siciliane nel mese di maggio 1785. 49 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 28, Konv. 28–3, Maria Luisa am 23. Jänner 1788 an Franz: „[…] jetzt bin ich lieber zuhause in Gesellschaft Deines Vaters.“ 50 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, Konv. 11–2, fol. 28–34, Pietro Leopoldo am 1. Februar 1788 an Marie Caroline: „[…] da ich den Fasching nicht mag, bleibe ich lieber bei meiner schwangeren Frau, wir gehen weder ins Theater noch zu den Bällen.“

Toskanische Hochzeiten 1787, 1788 und 1790 Marie Terese und Anton von Sachsen; Erzherzog Franz und Elisabeth von Württemberg; toskanisch-neapolitanische Dreifachhochzeit

Während die Großherzogin im Dezember 1784 in Pisa ihr 15. Kind zur Welt brachte, der Sohn wurde auf den Namen Ludwig getauft, konkretisierten sich die Pläne für eine Heirat der erstgeborenen Tochter Marie Terese (Abb. 6) mit dem verwitweten sächsischen Prinzen Anton Clemens (1755–1836), einem Bruder des Kurfürsten Friedrich August III. Die zeitgenössische Schilderung Karls von Sachsen über Charakter und Aussehen seines Neffen, des Prinzen Anton, hat sich erhalten: „[Mon neveu] est un très bon caractère, vrai en tout ce qu’il dit, incapable de duplicité, génereux, franc […] un peu d’étourderie, devot, bigot, peu de gout pour le militaire moins encore pour la chasse […] aime la musique […] il est très petit de taille […] il n’est pas beau de visage sans pourtant être laid […]“1. Die Entscheidung lag natürlich beim Kaiser, aber der Großherzog bat den Bruder, „[…] wenn dieser die Partie gut oder auch nur leidlich finde, zu ihrem Zustandekommen beizutragen, denn es bestehe wenig Hoffnung, daß sich für die bereits achtzehnjährige Erzherzogin eine andere passende Partie ergebe“2. Rüde und direkt wie immer, fand Joseph II. die Verbindung zwar bescheiden, er versprach jedoch das Projekt zu unterstützen, bis es letztlich so weit war, sollte Marie Terese 20 Jahre alt werden. Nun begannen die Verhandlungen3 zwischen Dresden, Wien und Florenz; der sparsame Kaiser schlug vor, die Hochzeit in Prag stattfinden zu lassen, sozusagen auf halbem Weg, und „sans aucune cérémonie“. Großherzogin Maria Luisa aber wollte die Vermählung ihrer Tochter in Florenz feiern, mit all dem Prunk, den Illuminationen und der Ausstattung, die einer Erzherzogin aus habsburgisch-toskanischem Haus zusteht. Dazu gehörten sicher auch die kostbaren Spitzen, die Maria Luisa für das Brautkleid ihrer Tochter aus Brüssel kommen ließ4. Hier in Florenz hatte sie natürlich viel bessere Möglichkeiten, in die Gestaltung dieses familiären und gesellschaftlichen Großereignisses bestimmend einzugreifen, sie setzte sich durch; auch in Dresden war man damit einverstanden. Neben den offiziellen Verhandlungen erkundigte sich Maria Luisa über das Zeremoniell, die Etikette und die Traditionen am sächsischen Hof, sie wollte alles wissen, was dort bei einem derartigen Ereignis üblich war. Die Festlichkeiten begannen am 5. September 1787 im Palazzo Pitti, der preußische Gesandte Baron Schönfeld5 wurde zur Überreichung eines Porträts des Prinzen Anton feierlich empfangen; der einheimische Adel und

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Toskanische Hochzeiten 1787, 1788 und 1790

Abb. 6: Maria Theresia Erzherzogin von Österreich, Marie Terese von Toskana (1767– 1827), nach Wenceslaus Werlin, Elisabethinen-Konvent Klagenfurt, Inv.-Nr. 10, © Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien (Gerhard Ramsebner).



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das diplomatische Corps veranstalteten Theater- und Opernaufführungen sowie Bälle und Kostümfeste6. Am 8. September fand die prunkvolle Hochzeit in der Kathedrale statt, wobei der Bräutigam durch Ferdinand, den Bruder der Braut und späteren Großherzog, vertreten wurde. In einem eigenhändigen Schreiben beeilte sich Maria Luisa dem Kurfürsten von Sachsen Nachricht von der Zeremonie und dem Fest auf der Piazza Santa Maria Novella zu geben: „Je m’empresse à répondre à la lettre que Votre Altesse Serenissime Electoral a bien voulu m’écrire et en même temps lui donner part que nous venons de l’autel où ma fille vient d’être unie au prince Antoine […], qui m’a causé la plus grande joie puisque c’est un nouveau lien qui m’attache à sa famille et à laquelle je l’étais déjà par tant d’autres raisons […]“7. Mit großem Gefolge verließ Marie Terese ihre Heimat am 15. September 17878. Pietro Leopoldo hätte seine Tochter gerne nach Dresden begleitet, aber es war wieder einmal eine Schwangerschaft dazwischen gekommen, wie er dem Kurfürsten schon im August mitteilen musste9. Er wollte seine schwangere Frau nicht alleine zurücklassen und so beauftragte er Graf Thurn mit der Begleitung, wusste er doch, dass er sich auf ihn verlassen konnte. Graf Thurn berichtete den besorgten Eltern ausführlich von den einzelnen Etappen; in Wien erwarteten sie verschiedene Festlichkeiten, auch die Uraufführung der Da-Ponte-Oper „L’arbore di Diana“10. Die Schilderung des Grafen Thurn über die Vorstellung der Prinzessin bei Hof wird sie jedoch besonders erfreut haben: „Hier au matin Elle [Maria Teresa] a donné audience au Cardinal Nonce, aux ambassadeurs de France, Russie, Espagne, Venise et à L’ambassatrice d’Espagne, après qu’Elle a passé au Cercle du Coté de S. M. L’Empereur où toute la Noblesse lui a été présenté. Elle a fait le tour de tout ce cercle et Mme l’Archiduchesse Marie [Marie Christine] a dit qu’Elle s’était conduite comme un ange. Effectivement, parmi un monde inconnu, Elle a trouvé de quoi dire presqu’à tout chacun! Cela annonce bien que S. A. R. a beaucoup d’esprit, lequel joint a son noble maintien et sa jolie figure […] a fait la plus grande impression sur tous ceux qui ont le bonheur de l’approcher. Je m’apperçois que S. M. même en est surpris […] hier le matin S. M. lui envoia son portrait par les mains de S. A. R. L’archiduc François, c’est un présent superbe […]. Nous devons tous nous louer des graces de S.M. car l’on a les plus grands soins, non seulement pour S. A. R., mais aussi pour tous ceux qui composent sa suite […]“11. In der Folge berichtet Graf Thurn über die bevorstehende Reise, die sie am 10. Oktober in Begleitung des Erzherzogs Franz und des Ehepaares Colloredo über Znaim, Collin, Prag, Loboschitz und Aussig (Usti nad Labem) fortsetzen wollten. Beinahe wäre die Prinzessin in Prag in den Genuss der Uraufführung des „Don Giovanni“ gekommen, aber Mozart war nicht fertig geworden. So erlebte Marie Terese im Nostitz-Theater „Le nozze di Fiugaro“ unter Leitung des Komponisten12. Graf Thurn erwähnt in seinem Bericht auch die von ihm getroffenen Vorkehrungen für den Transport der Mitgift, die stattliche Summe von 500.000 Gulden begleitete die Prinzessin nach Dresden13; in Aussig konnte Marie Terese samt Mitgift dem sächsischen

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Kabinettsminister Graf Detlev Carl Einsiedel (1737–1810) übergeben werden14. Die Vermählung fand am 18. Oktober 1787 in Dresden statt15. Obwohl dem Paar trotz einiger Fehlgeburten der Kindersegen verwehrt blieb, wurde es eine glückliche, harmonische Ehe; Marie Terese war es noch vergönnt, ihre Krönung zur Königin von Sachsen zu erleben, bevor sie im November 1827 bei einem Aufenthalt in Leipzig unerwartet verstarb16. Ihr Bruder, der spätere Kaiser Franz II./I., heiratete am 7. Jänner 1788 Prinzessin Elisabeth von Württemberg; in den Redoutensälen fand ein Maskenball statt und der Kaiser gewährte freien Eintritt zu den Vorstellungen im Burg- und Kärntnertortheater. Auf dem Programm der Hochzeitsfeierlichkeiten standen auch noch einige Bälle und eine Schlittenfahrt nach Schönbrunn. Nach kurzen Flitterwochen musste der junge Ehemann im März 1788 gegen die Türken ins Feld ziehen. Überhaupt war den Jungvermählten wenig gemeinsame Zeit vergönnt, die Prinzessin starb bei der Geburt ihres ersten Kindes im Februar 1790, zwei Tage vor dem Ableben des Kaisers Joseph II. Zur Heirat des Erzherzogs Franz, der ja seit 1784 am Kaiserhof lebte, waren Pietro Leopoldo und Maria Luisa nicht nach Wien gereist17, genau einen Tag nach der Trauung, am 8. Jänner 1788 sollte die Großherzogin ihr letztes Kind, Erzherzog Rudolf, den späteren Erzbischof von Olmütz, zur Welt bringen. Sie wussten aber, dass sie über kurz oder lang nach Wien reisen mussten, sie waren auch aus der Korrespondenz des Sohnes Franz sehr wohl über den sich verschlechternden Gesundheitszustand des Kaisers informiert18. Tatsächlich verstarb Joseph II. am 20. Februar 1790; trotz drängender Depeschen aus Wien verließ Großherzog Pietro Leopoldo, der zukünftige Kaiser Leopold II., die Toskana erst am 1. März, nachdem er selbst einige Tage bettlägrig gewesen war, wie er am 21. Februar 1790 seiner Schwester Marie Caroline mitteilte19. Er wusste, was ihn in Wien erwartete, am 26. Februar 1790 schrieb er an die Schwester Marie Christine, Statthalterin in den Österreichischen Niederlanden, dass ganz dringend der Friede hergestellt werden müsse, vor allem in den Österreichischen Niederlanden und in Ungarn, und dass die europäischen Mächte von den guten Absichten zu überzeugen seien; es gab genug zu tun denn natürlich waren auch die Vorbereitungen für die Krönungen zu treffen20. Neben den politischen Erfordernissen galt es auch, den familiären Ansprüchen nachzukommen, vordringlich im Interesse der Monarchie war es, den verwitweten Erzherzog Franz wieder zu verheiraten. Aber vorher musste Maria Luisa mit den Kindern nach Wien kommen. Die toskanische Familie reiste in drei Teilen: Die vier Prinzen Ferdinand, Karl Ludwig, Alexander Leopold und Joseph Anton brachen am 4. Mai 1790 auf, sie trafen am 13. in Wien ein; Maria Luisa verließ den Palazzo Pitti zwei Tage später, sie erreichte ihre zukünftige Residenz am 17. Mai 1790; mit dem dritten Transport kamen die jüngsten toskanischen Kinder in besonders kleinen Tagesreisen nach Wien21; der damals achtjährige Erzherzog Johann berichtete in seinen Denkwürdigkeiten: „[…] Als die schöne milde Witterung des Mai eintrat, verließen wir Florenz, es war Nachmittag, ein trüber, regnerischer Tag,



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ich weinte bitterlich […]. Da wir in keinem fremden Lande übernachten sollten, so ging der zweite Tag über den Apennin [sic] ins Modenasche Gebiet […] den siebenten Tag nach Bruneck […] unsere Tante Elisabeth war von Innsbruck gekommen, um uns zu sehen […] den fünfzehnten nachmittags in Wien […]“22. Nach einer 15-tägigen Wagenfahrt war Erzherzog Johann mit den jüngsten Geschwistern am 20. Mai 1790 gut in Wien angekommen, die Familie war wieder vereint. Das nunmehrige Kaiserpaar Leopold II. und Maria Luisa war sich einig: Neben den wichtigen politischen Zielsetzungen galt es, die Nachfolge in der Monarchie abzusichern, die zweite Heirat des präsumtiven Nachfolgers Franz zu organisieren und auch die anderen, von Joseph II. verhinderten Eheprojekte umzusetzen. Sowohl beim Besuch des neapolitanischen Königspaares 1785 in der Toskana als auch in ihren Briefen hatten Großherzog Pietro Leopoldo und Königin Marie Caroline Verbindungen ihrer Kinder ins Auge gefasst23; da waren sie noch von einer Doppelhochzeit ausgegangen, aber sie hatten beide gewusst, dass eine Realisierung zu Lebzeiten Josephs II. nicht möglich war. Kaum war die Todesnachricht in Florenz eingetroffen, beeilte sich der zukünftige Kaiser seine Schwester zu informieren und seine Pläne für die Eheverbindungen zu umreißen, wobei er auch schon jene seiner Tochter Marie Clementine mit dem neapolitanischen Kronprinzen zur Sprache brachte24. Ganz offensichtlich war auch das neapolitanische Königspaar mit diesem Angebot sehr zufrieden und so wurde ganz offiziell bei Maria Luisa um die Hand der Tochter angehalten, wobei Marie Caroline den Marchese del Gallo beauftragte, die „fermale e solenne richiesta“ vorzutragen25. Nun begann man in Wien sehr schnell mit den entsprechenden Vorbereitungen, zwar standen die politischen Vorzeichen auf Sturm, auf familiärer Ebene war jedoch Ruhe eingekehrt. In einer Triple-Hochzeit sollte sich die toskanische, inzwischen kaiserliche Familie dem Königreich der neapolitanischen Bourbonen verbinden, drei Paare waren vorgesehen: der früh verwitwete, spätere Kaiser Franz II./I. und Marie Therese Karolina Giuseppina (1772–1807)26, älteste Tochter des neapolitanischen Königspaares; Ferdinand, der spätere Großherzog der Toskana, und Maria Luisa Amelia Teresa (1773–1802), zweite neapolitanische Prinzessin; Marie Clementine Josepha Johanna (1777–1801), die 14-jährige Tochter des toskanischen Hauses, sollte ‚per procurationem‘ den Kronprinzen von Neapel heiraten. Bei den jahrelangen Überlegungen zwischen Neapel und Florenz war die Königin von Neapel davon ausgegangen, dass ihre älteste Tochter einmal Großherzogin der Toskana werden würde27, aber nachdem Elisabeth von Württemberg, die erste Frau von Erzherzog Franz, bei der Geburt ihres Kindes verstorben war, wurde der Lebensweg von Marie Therese als spätere Kaiserin möglich. Der zukünftige Kaiser sah es offensichtlich auch so, denn trotz der Unordnung, die Leopold bei seiner Ankunft in Wien vorfand und die ihn veranlasste, die ursprünglich dem Kaiser vorbehaltenen Räume gegen andere in der Amalienburg zu tauschen, und trotz des Krieges, der jederzeit ausbrechen konnte, wurde sofort mit den Hochzeitsvorbereitungen begonnen. Am 24. März 1790 schrieb Leopold seiner Schwester nach Neapel:

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„[…] venons à notre grande affaire, je vois la necessité de remarier mon fils ainé qui est triste, perdu depuis la perte de sa femme, je lui en ai parlé, il en convient et souhaite à son temps de se remarier […]“, auch solle der zweite Sohn Ferdinand das Großherzogtum Toskana übernehmen, „[…] et je compte aussi le marier […] et je desirerais bien leur donner à tous les deux, deux de vos filles […] tel est mon projet, mais il n’y a que vous et ma femme qui le scavent [sic]“28. Außerdem bat Leopold seine Schwester nicht nur an die glänzenden Verbindungen zu denken, sondern auch zu überlegen, welche der Töchter besser zu welchem seiner Söhne passen würde, er skizzierte deren Charaktere: Während Ferdinand einen fröhlichen Charakter habe, gerne ins Theater gehe, singe und musiziere, vielleicht auch etwas zu leichtgläubig sei, zeige sich Franz ernst, geradlinig, er gehe nicht gerne in Gesellschaft und auch nicht ins Theater, er ziehe sich lieber zurück und genieße eine geruhsame familiäre Atmosphäre29; aber wenn seine Frau darauf Rücksicht nehme, „[…] il serait très attaché à sa femme, mais ne sera ni caressant, ni homme à certains petits soins et attentions“30. Leopold kannte seine Kinder gut, er sah sie nicht väterlich verklärt, er beschrieb auch Marie Clementine, seine fröhliche, offenherzige Tochter und er empfahl seiner Schwester, die Eigenheiten der Heiratskandidaten bei der Wahl der Ehepartner zu berücksichtigen. Es war noch viel zu erledigen, neben päpstlicher Dispens – die Paare waren doppelt verwandt – und Hofstaat mussten auch die Renunziationsakten für die neapolitanischen Prinzessinnen vorbereitet werden. Leopold empfahl seiner Schwester, die bourbonischen Verträge seiner Frau als Vorbild zu nehmen, die sich bei der Hochzeit 1765 die Nachfolge in Spanien und Neapel vorbehalten hatte31. Nachdem Marie Caroline und Ferdinand IV. von Neapel-Sizilien mit den Kindern nach Wien kommen wollten, wurde der Termin für die Hochzeiten auf September festgesetzt; es sollte vor allem ein Familienfest werden, zu dem auch Marie Terese und Anton von Sachsen eingeladen wurden. In der zweiten August-Hälfte des Jahres 1790 kam das neapolitanische Königspaar mit den beiden Töchtern in Fiume an, Leopold konnte sie hier begrüßen und mit ihnen nach Laibach weiterreisen. Hier kam es zu einem weiteren familiären Treffen, Erzherzogin Marie Elisabeth32, die seit zehn Jahren in Innsbruck die habsburgischen Interessen vertrat, war gekommen, um die Geschwister Marie Caroline und Leopold wiederzusehen und deren Familien kennenzulernen. Die neapolitanische Königin und ihre Familie wurden im Bischofspalais untergebracht, Kaiser Leopold II. und Erzherzogin Maria Elisabeth nächtigten im durchaus komfortablen Hotel Divji mož (Wilder Mann). Die Stadt veranstaltete einen feierlichen Empfang, Laibach bemühte sich, mit Illuminationen und verschiedenen Festen die Gäste zu unterhalten. Am 4. September 1790 reisten der Kaiser, die Königin und die Prinzessinnen über Celje nach Graz. Der König von Neapel-Sizilien war erst später in Laibach eingetroffen, er hatte noch das Gestüt von Lipizza und das Quecksilberbergwerk von Idria besucht, die geplante Vogeljagd war wegen schlechten Wetters ausgefallen33. Gemeinsam reisten alle nach Wien weiter, lediglich Erzherzogin Maria Elisabeth kehrte direkt nach Innsbruck



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zurück, wo sie am 25. September 1790 ankam; die Innsbrucker Chronik verrät uns nicht, warum sie nicht an den Hochzeitsfeiern in Wien teilnahm34. Die neapolitanische Königsfamilie traf jedenfalls am 15. September 1790 in Wien ein, die Hochzeiten fanden am 19., wie im Hause Habsburg üblich, in der Augustinerkirche statt. Im großen Redoutensaal fand das Hochzeitsbankett für die drei Paare statt, Antonio Salieri dirigierte die Tafelmusik. Die Feierlichkeiten waren nicht so prunkvoll, wie zu erwarten gewesen wäre, es lag vielleicht daran, dass die ganze Hochzeitsgesellschaft schon drei Tage später zur Kaiserkrönung nach Frankfurt abreisen musste. Als Festvorstellung war noch die Opera buffa „La caffettiera bizzarra“ nach einer Vorlage von Goldoni aufgeführt worden, allerdings mit mäßigem Erfolg. Außerdem konnte tags darauf die Oper „Axur, rè d’Ormus“ gezeigt werden, die in Frankfurt dann noch einmal aufgeführt wurde – für weitere Festlichkeiten blieb keine Zeit35. Wahrscheinlich konnte die mittlerweile in Wien lebende toskanische Kinderschar den Rummel, der zu Ehren ihrer Geschwister, der Kusinen und Kusins in diesen turbulenten Tagen veranstaltet wurde, mehr genießen als die unmittelbar betroffenen Prinzen und Prinzessinnen. In der zahlreichen Nachkommenschaft der doppelt miteinander verwandten Paare sollte sich diese Konstellation jedoch sehr ungünstig auswirken. Vor allem der für die kaiserliche Thronfolge sehnsüchtig erwartete Sohn Ferdinand, am 19. April 1793 in Wien geboren und später als „der Gütige“ bezeichnet, litt an Epilepsieanfällen, die seinen Vater, dann bereits Kaiser Franz II./I., an eine neue Erbfolgeregelung denken ließen. Allerdings bestimmten in der Folge die napoleonischen Umwälzungen das Geschehen und drängten derartige Überlegungen in den Hintergrund. Für den Moment hatten sich jedoch die Träume von Königin Marie Caroline erfüllt, sie sah nicht nur ihre Töchter standesgemäß versorgt, auch sie selbst war wieder in der habsburgischen Familie angekommen. Großherzogin/Kaiserin Maria Luisa war es trotz dieser so zukunftsfrohen Hochzeiten nicht vergönnt, sich mit vielen Enkelkindern zu umgeben. Marie Therese von Neapel-Sizilien (1772–1807) war vielleicht nicht das „stille Heimchen am Herd“, das der Vater dem Sohn Franz gewünscht hatte, sie liebte Bälle und Festlichkeiten jeglicher Art, orientierte sich aber bezüglich angemessenen Verhaltens, Fragen der Etikette und des Zeremoniells an der Schwiegermutter36. Und so wie diese sorgte auch Marie Therese für reichliche Nachkommenschaft: In ihrer 17-jährigen Ehe gebar sie Kaiser Franz II./I. zwölf Kinder. Schon während der ersten Schwangerschaft nahm die zukünftige Großmutter regen Anteil am Wohlergehen von Mutter und Kind. Obwohl Kaiserin Maria Luisa im Sommer 1791 viel unterwegs war, ihren Mann zu Krönungen und familiären Treffen begleitete, blieb sie in regem brieflichem Kontakt mit ihrer Schwiegertochter, die wegen ihrer ersten Schwangerschaft trotz der großen Hitze in Wien ausharren musste – allerdings intervenierte sie sowohl beim Kaiser als auch beim werdenden Vater, damit die Schwiegertochter in kühlere Räume übersiedeln könne37. Die besorgte Mutter im fernen Neapel wusste um die Unterstützung, die ihrer Tochter zuteil wurde:

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„[…] Therese est bien enchanté des bontés que votre excellente epouse lui temoigne […] moyennant votre bonté elle est parfaitement heureuse […]“38. Am 12. Dezember 1791 brachte Marie Therese eine kleine Erzherzogin zur Welt, sie erhielt die Namen der Großmutter Maria Luisa und war das einzige Enkelkind, das dieser zu ihren Lebzeiten noch vergönnt war und das sie liebevoll im Arm halten durfte. Sie konnte nicht wissen, dass diese kleine Marie Louise dereinst eine Kaiserin sein würde, allerdings nicht so wie sie Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, sondern Kaiserin der Franzosen, in die Ehe gezwungen mit Napoleon, der ihr seit Kindertagen als Usurpator und Feind ihrer Heimat in den dunkelsten Farben geschildert worden war.

Anmerkungen 1

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HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 26, Konv. Großherzog von Toskana, fol. 148–150, Herzog Karl von Sachsen am 24. Dezember 1785 an seine Schwester über Anton: „Mein Neffe hat einen guten Charakter, er ist ehrlich und frei von Doppelzüngigkeit, er ist großzügig, offenherzig, ein bisschen unbesonnen, bigott, er hat wenig Sinn für das Militär und die Jagd, er liebt die Musik, er ist sehr klein, hat kein schönes Gesicht, ohne jedoch hässlich zu sein.“ Wandruszka, Leopold II., Bd. 2, S. 105. Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 790/9, zu den Verhandlungen betreffend die Hochzeit des Prinzen Anton von Sachsen mit Marie Terese d’Autriche; bei fol. 32: „Madame la Grande Duchesse de Toscane a écrit il y a peu de jours à Madame la Comtesse de Brandeis, ancienne gouvernante des archiduchesses pour lui donner la nouvelle du mariage prochain de la princesse Therese sa fille et pour lui demander en même temps des renseignements sur tous les details relatifs à l’etiquette, au trousseau et d’autres usages et circonstances quelconques.“ HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, Konv. 11/6: Die Kosten beliefen sich auf 14.000 Gulden. Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 791/1, Notificationen und Circulare, fol. 47, Schönfeld a été envoyé à Florence pour assister comme ministre plénipotentiaire de l’Electeur à la cérémonie de la célébration du mariage par procuration. Zangheri, Feste e apparati, pp. 152–153; Wiener Zeitung vom 22. September 1787, Bericht über die Feste in Florenz. Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 790/9, fol. 268, 8 septembre 1787, Maria Luisa an den Kurfürsten, auszugsweise: „Ich beeile mich Ihnen mitzuteilen, dass wir gerade aus der Kirche kommen, wo meine Tochter mit Prinz Anton vereint wurde, es hat mir große Freude bereitet, es ist ein neues Band, das mich mit Ihrer Familie verbindet, wie es auch schon durch andere Umstände gegeben war [sie erinnert daran, dass ihre Mutter eine sächsische Prinzessin war].“



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8 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2247, fol. 121–198: Viaggio dei Granduchi di Toscana a Vienna 1787. 9 Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 790/9, fol. 170, 7 aout 1787, Pietro Leopoldo an den Kurfürst: „[…] la nouvelle grossesse de ma femme m’empeche d’accompagner ma fille comme j’aurois desiré, j’en ai chargé le Comte de Thurn mon Grand Maitre et Madame de Bolland, dame de Cour de ma femme […]“ (hier viel Korrespondenz zur Hochzeit). 10 Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube, S. 232: Das dramma giocoso „L’arbore di Diana“ war die dritte Zusammenarbeit Da Pontes mit dem spanischen Komponisten Vicente Martin y Soler (1754–1806) und wurde am 1. Oktober 1787 zu Ehren Maria Teresas am Burgtheater uraufgeführt. Das Wiener Publikum zeigte sich begeistert, das Stück wurde bis März 1791 immer wieder gezeigt. 11 HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 26, Konv. Großherzog von Toskana, fol. 139–140, Graf Thurn am 1. Oktober 1787 an den Großherzog, auszugsweise: Gestern hat Maria Terese Audienzen erteilt, dem Nuntius, den Botschaftern von Frankreich, Russland, Spanien, Venedig und zusätzlich der Gattin des spanischen Botschafters, sie hat sich wunderbar verhalten, wenn man berücksichtigt, dass sie die Personen nicht kannte, fand sie für jeden ein nettes Wort, alle waren beindruckt und auch der Kaiser war überrascht, er ließ ihr durch Erzherzog Franz sein Porträt übermitteln, der Kaiser war zu uns allen besonders aufmerksam. Zum Aufenthalt in Wien vgl. auch Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube, S. 232–233. 12 Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube, S. 233. 13 Dresden, HStAD, 10025, Geheimes Konsilium, Loc. 790/10. 14 Dresden, HStAD, 10025, Geheimes Konsilium, Loc. 790/10; Wolfgang Tischner, Anton (1827–1836). In: Frank-Lothar Kroll (Hg.), Die Herrscher Sachsens, Markgrafen, Kurfürsten, Könige (1827–1918), München 2013, S. 223–236., hier S. 225. 15 Dresden, HStAD, 10025, Geheimes Konsilium, Loc. 5224/10, fol. 84. 16 Dresden, HStAD, 11254, Gouvernement Dresden, Loc. 14509/10: Acta des am 7. November 1827 zu Leipzig erfolgten Ableben Ihro Majestät der Königin von Sachsen Marie Terese. 17 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–3, fol. 9–11, 7 janvier 1788: Joseph II. berichtet dem Bruder von der Hochzeit. 18 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29/3 und 29/4, Lettres de Sa Majesté l’Impératrice Marie Louise. 19 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/1, fol. 47: „[…] j’arrange mes affaires pour mon depart […] on me presse beaucoup et crains bien d’arriver trop tard, ne pouvant faire plus vite de crainte de rester malade en chemin […]“. 20 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, fol. 141: „[…] A mon arrivée mon premier soin sera de faire la paix, empecher toute guerre ultérieure, rassurer les Cours étrangères sur notre compte pour pouvoir penser au pays et surtout aux Pays-Bas et à la Hongrie pour laquelle j’ai donné déjà l’ordre d’assembler la diète dans les formes ordinaires pour l’election et couronnement du Roi […]“.

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21 Preßburger Zeitung vom 12. Mai 1790 über die Abreise der königlichen Familie von Florenz. 22 Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns, Bd. 1, S. 42. 23 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/1, fol. 5, Pietro Leopoldo an Marie Caroline, 4 janvier 1790: „[…] le plus grand desir de mon cœur est l’etablissement de mon fils en Toscane et le double mariage projetté entre nous […]“. 24 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/1, fol. 49, Pietro Leopoldo an Marie Caroline, 25 février 1790. 25 HHStA, Ministerium des k. k. Hauses, Vermählungen 17, Konv. 1: Neapel, 16. Juli 1790, Königin von Neapel an der Apostolischen Königin Majestät Begehren der Erzherzogin Clementine zur Braut des neapolitanischen Erbprinzen. 26 Vgl. Eduard Wertheimer, Die drei ersten Frauen des Kaisers Franz, Leipzig 1898. 27 Vgl. Ellinor Forster, „… auf den ersten Thron der Welt gesetzt …“. Marie Therese von Neapel-Sizilien, die letzte Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches (1792–1806). In: Bettina Braun/Katrin Keller/Matthias Schnettger (Hg.), Nur die Frau des Kaisers? Kaiserinnen der Frühen Neuzeit, Wien 2016, S. 229–244. 28 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, fol. 77–79, Lettre de S. M. à la Reine de Naples du 24 mars 1790: Kaiser Leopold II. bekräftigt seiner Schwester die Absicht, ihre Kinder miteinander zu verheiraten. 29 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, fol. 105, Lettre de S. M. à la Reine de Naples du 7 avril 1790: „[…] il faut que sa femme soit portée à faire la vie tranquille et domestique […]“. 30 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, fol. 178–179: Leopold kannte seinen Sohn Franz sehr genau, er sah ihn eher als Familienvater denn als vergnügungssüchtig, meinte aber, dass es an seiner Frau läge, ihn aus seiner Abgeschiedenheit herauszulocken … 31 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/1, fol. 166–175, Pietro Leopoldo an Marie Caroline, 10 juin 1790: „[…] dans l’acte de renonciation qu’on fit faire à ma femme lors de son mariage avec moi […] elle s’est expressement réservée tous les droits dans tous les cas possibles même sur les successions aux couronnes d’Espagne et de Naples […] on fera donc l’acte de renonciation sur ce même pied […]“. 32 Erzherzogin Maria Elisabeth (1743–1808), Tochter des Kaisers Franz I. Stephan und Maria Theresias, lebte bis zum Tod der Mutter am Wiener Hof, danach übersiedelte sie auf Wunsch Josephs II. nach Innsbruck, als Äbtissin des adeligen Damenstiftes hatte sie ihr finanzielles Auskommen und stand im Mittelpunkt eines kleinen, aber sehr aktiven Hofes; vgl. Joachim Bürgschwentner, Krankheit, Äbtissin, „Flucht“. Stationen Erzherzogin Maria Elisabeths. In: Renate Zedinger (Hg.), Innsbruck 1765. Prunkvolle Hochzeit, fröhliche Feste, tragischer Ausklang (= Jahrbuch der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 29), Bochum 2014, S. 143–159. 33 Eva Holz, Popotovanje cesarja Leopolda II. in neapeljskega dvora skozi Kranjsko v letih 1790 in 1791 (Die Reise Leopolds II. und des neapolitanischen Hofstaats durch Krain in den Jahren 1790 und 1791). In: Kronika 50/2002, pp. 301–312.



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Gottfried Pusch, Innsbrucker Chronik, Stadtarchiv Innsbruck. Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube, S. 236. Vgl. Forster, „… auf den ersten Thron der Welt gesetzt …“, S. 234. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, fol. 57, 16 juillet 1791, Kaiserin Maria Luisa an ihre Schwiegertochter Marie Therese. 38 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 20, Konv. 20/2, fol. 61–63, Marie Caroline an Leopold II., 21 juin 1791.

Krönungsmarathon 1790–1791 Kaiserkrönung in Frankfurt; Ungarische Krönung in Preßburg; langwierige Vorbereitungen zur böhmischen Krönung

Gleich nach der Dreifach-Hochzeit und den Feierlichkeiten reisten die kaiserlichen und neapolitanischen Familien im September 1790 nach Frankfurt, um der Krönung Leopolds zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches beizuwohnen. Schon Ende August waren gesicherte Nachrichten zur Wahl in Wien eingetroffen, was den Wiener Hof veranlasst hatte, die für den offiziellen Einzug und die Empfänge notwendigen Prunkkarossen und Equipagen vorauszuschicken. Erzherzog Franz, der spätere Kaiser Franz II./I., hat die Ereignisse rund um die Frankfurter Krönung festgehalten: „Beschreibung der A. H. Reise nach Frankfurt am Main zu der Kaiserkrönung seiner Majestät des höchstseligen Königs, Deutschen Kaisers Leopold II. im Jahr 1790, vom 24. September bis 23. Oktober [und er begann mit der Abreise]: Am 24. September 1790 um ½ 7 Uhr trat ich in Gesellschaft des Königs und der Königin von Neapel, des Großherzogs von Toskana, seiner Frau und meiner die Reise an […]“1. Schon am 30. September traf das Kaiserpaar mit den Söhnen in Aschaffenburg ein, wohin noch am selben Tag die Nachricht von der einstimmig erfolgten Wahl überbracht wurde. Hier versammelte sich nun die Familie, hier gab es auch ein Wiedersehen mit Erzherzog Max Franz, dem Bruder und Kurfürsten von Köln, sowie mit Schwester Marie Christine und Schwager Albert von Sachsen-Teschen, Statthalter in den Österreichischen Niederlanden2. Mit ihnen hatte Leopold in den Monaten nach dem Tod Josephs II. einen intensiven Briefwechsel über die Unruhen in den habsburgischen Ländern, über die Brabantische Revolution und vor allem über die Befriedung des Reichs geführt. Überhaupt verfolgte der zukünftige Kaiser eine andere Politik als sein Vorgänger, der die Familie möglichst auf Distanz gehalten hatte. So hatte Leopold schon im April 1790 seine Schwester Erzherzogin Maria Elisabeth, die dem Innsbrucker adeligen Damenstift vorstand, damit beauftragt, auch politische Aufgaben wahrzunehmen3. In Aschaffenburg trafen auch viele Fürsten, Diplomaten und Staatsmänner ein, um dem neuen Kaiser ihre Aufwartung zu machen. Unter ihnen auch Wilhelm von Edelsheim, der den Winter 1771 in Florenz zugebracht und schon damals die familiär-zwanglose Atmosphäre in der großherzoglichen Familie schätzen gelernt hatte. Mittlerweile zum badischen Staatsminister avanciert, wurde er wie ein alter Freund aufgenommen und von Maria Luisa mit den Worten „Edelsheim, entrade, voi siete della casa, intrade subito“4 zum sofortigen Eintreten aufgefordert.

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Krönungsmarathon 1790–1791

Am 9. Oktober 1790 erfolgte die feierliche Krönung Leopolds II.5 in der Thumkirche, die für diesen Anlass festlich geschmückt und restauriert worden war. Maria Luisa verzichtete auf die Krönung, sie verfolgte das Ereignis sozusagen als „privilegierte Zuschauerin“6, wohl weniger, weil sie sich ihre Schwiegermutter Maria Theresia zum Vorbild nahm, sondern eher aus Respekt, aus Anerkennung für den Erfolg und die Leistungen des Gemahls, der innerhalb weniger Monate eine hoffnungsfrohe, friedensorientierte Stimmung in Europa aufgebaut hatte. Wie Katrin Keller in ihrer jüngst erschienen Monographie ausführlich darstellt, änderte die Krönung nichts am Rang, den Privilegien und den Rechten der Kaiserin, das Reichsverfassungsrecht belegt eindeutig, die Kaiserin war die Gemahlin des Kaisers, sie war es durch Heirat geworden und sie hätte durch die Krönung „nicht mehr erlanget als sie vorher bereits gehabt“7. Anders als bei den ein Jahr später anstehenden ungarischen und böhmischen Krönungen scheinen für eine Krönung Maria Luisas zur Kaiserin keine Überlegungen angestellt worden sein, es bleibt aber unbekannt, ob aus politisch-militärischen Überlegungen oder ob schlichtweg Einsparungsgründe dafür ausschlaggebend waren8. Jedenfalls verfolgte Maria Luisa den Einzug ihres Gatten von einem Haus auf der Zeil aus, sie sah die Krönung im Dom und den Krönungszug zum Römer, und sie genoss all die Belustigungen, die der feierlichen Zeremonie folgten. Gemeinsam mit dem Kaiser und dem neapolitanischen Königspaar nahm sie an der Bootsfahrt teil, die der Kurfürst von Trier für die hohen Gäste veranstalten ließ, gemeinsam besichtigten sie am Abend des Krönungstages die festlich illuminierten Quartiere der Kurfürsten und Wahlbotschafter. Einige Tage später besuchten sie die Schutztruppen vor den Toren der Stadt, die von Wilhelm IX., Landgraf von Hessen-Kassel kommandiert wurden. Natürlich wurden auch Opern- und Theateraufführungen angeboten. Schon am 20. September waren Antonio Salieri (1750–1825) und Ignaz Umlauf (1746–1796) von Wien mit 15 Hofmusikern nach Frankfurt gereist, um alles für die Aufführung von Salieris Oper „Axur, rè d’Ormus“ vorzubereiten. Eigentlich war diese Oper schon bei der Hochzeit des Erzherzogs Franz mit Elisabeth von Württemberg 1788 im Burgtheater gezeigt worden9, Salieri hatte jedoch einige Änderungen vorgenommen und brachte diese Fassung nun erstmals am 28. September 1790 in Frankfurt zur Aufführung. Sowohl deutsche Schauspieltruppen als auch französische Künstler feierten wahre Triumphe und der kurmainzische Musikdirektor Vincenzo Righini (1756–1812) führte seine für diesen Anlass komponierte Krönungsmesse auf. Wolfgang Amadeus Mozart, der ebenfalls angereist war und sich einen entsprechend honorierten Auftrag erhofft hatte, wurde enttäuscht. Seine beiden Krönungskonzerte10 durfte er noch am 15. Oktober im großen Schauspielhaus aufführen, einen Tag vor der Abreise des Kaisers und auf eigene Rechnung. Damals kaum beachtet, bilden sie bis heute musikalische Höhepunkte seines Schaffens. Die Frankfurter Krönung Leopolds II. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches stellte den letzten Höhepunkt in der langen, traditionsreichen Geschichte des Reiches dar, zum letzten Mal konnte unbeschwert im Glanz des Kaiserreiches gefeiert werden.



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Als der Sohn Franz zwei Jahre später nach dem überraschenden Tod Leopolds II. gekrönt wurde, lagen schon die Schatten des Krieges über der Zeremonie, belastete die Auseinandersetzung mit dem revolutionären Frankreich das Geschehen. Nur vier Wochen nach der Frankfurter Zeremonie war die nächste Krönung vorgesehen: die Krönung Leopolds zum König von Ungarn sollte am 15. November 1790 stattfinden11, dem Namenstag des heiligen Leopold von Österreich, Schutzpatron der niederösterreichischen Länder. Kaiser Joseph II., der nicht zum König von Ungarn gekrönt worden war, ließ im Zuge seiner Zentralisierungsbestrebungen die Stephanskrone nach Wien bringen und in der kaiserlichen Schatzkammer deponieren, was das ungarische Volk noch mehr gegen ihn aufbrachte als die aufgezwungenen Reformen. Kurz vor seinem Tod willigte er ein, die symbolträchtige Krone in der nach dem Abzug der Osmanen neu errichteten Burg zu Buda zu verwahren12. Kaiser Leopold II. bevorzugte für seine Krönung jedoch den Martinsdom in Pressburg, heute Bratislava in der Slowakei; eigentlich war ja Stuhlweißenburg/Székesfehérvár seit dem 10. Jahrhundert die Krönungsstadt für die ungarischen Könige gewesen, aber seit der Besetzung Ungarns durch die Osmanen im 16. Jahrhundert hatten die Krönungen der habsburgischen Vorfahren in Pressburg stattgefunden. Daher musste die Krone noch einmal übersiedelt werden, sie traf rechtzeitig ein. Von Schloss Hof aus, dem Familiensitz im Marchfeld, überschritt der Kaiser die ungarische Grenze beim Fluss March, begleitet von einer Delegation des ungarischen Landtages. Maria Luisa war nicht dabei, die Strapazen der Frankfurter Krönung hatten ihr zugesetzt und obwohl sie sich langsam erholte, wie aus einem Schreiben ihres Schwagers Ferdinand ersichtlich wird13, konnte sie sich den neuerlichen Anstrengungen nicht aussetzen und zu ihrem Leidwesen auch nicht der Erhebung ihres Sohnes beiwohnen. Der noch vor der Krönung versammelte Landtag hatte Alexander Leopold14 zum neuen Palatin berufen, in dieser Funktion konnte der Prinz nun gemeinsam mit dem Erzbischof von Gran, dem Kardinal Josef Batthány, seinem Vater die Krone aufs Haupt setzen15. Die Krönungsfeierlichkeiten dauerten einige Tage und auch wenn die Kaiserin nicht hatte beiwohnen können, so waren doch zahlreiche Familienmitglieder vertreten: Erzherzogin Marie Christine und Albert von Sachsen-Teschen, das neapolitanische Königspaar Ferdinand IV. und Marie Caroline, das neuvermählte (spätere Kaiserpaar) Franz und Marie Therese, die toskanischen Prinzen Ferdinand, Karl, Alexander Leopold, Joseph, Anton und Johann und die Prinzessinnen Maria Anna und Maria Clementine. Es war eine fröhliche Schar, die sich auf den Bällen vergnügte und dem Feuerwerk beiwohnte. Am Tag nach der Krönung gingen die Bürger in einem feierlichen Zug hinauf zur Burg, um dem neuen König zu huldigen, wobei die Mädchen Körbe mit Beigeln trugen und die Bäckerjungen Brote anboten. Der König von Neapel Ferdinand IV. kannte dieses Gebäck nicht und wollte zur Freude des versammelten Volkes sofort von den mit Mohn gefüllten Beigeln kosten. Es war aber so viel von dem Backwerk vorhanden, dass noch einige vollgefüllte Körbe nach Wien geschickt werden konnten, auch Kaiserin Maria Luisa sollte sich an den Naschereien erfreuen16. Es war

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die letzte Krönung, die in der traditionsreichen Pressburger Krönungsstadt vorgenommen wurde; der Nachfolger Franz ließ sich auf Wunsch der ungarischen Magnaten in der Franziskanerkirche zu Buda krönen. Das neapolitanische Königspaar hatte sich nach einem langen Aufenthalt schließlich dazu entschlossen, der noch ausstehenden böhmischen Krönung nicht mehr beizuwohnen, was der kaiserlichen Familie doch etwas Erleichterung verschaffte. Denn natürlich hatte der sechsmonatige Aufenthalt der Gäste gewisse Vorbereitungen erfordert, die vor allem die Unterhaltung des jagdsüchtigen Königs Ferdinand von Neapel-Sizilien betrafen. So konnte Leopold zu guter Letzt für seinen Schwager im März 1791 noch eine Bärenjagd in der Krain in Gegenwart der Erzherzöge Karl, Leopold und Ferdinand organisieren; dafür mussten 4500 grundherrschaftliche Untertanen sowie 200 Jäger und Förster als Treiber aufgeboten werden17. Die Kosten der Bärenjagd, die auf der Herrschaft des Fürsten Auersperg stattgefunden hatte, teilten sich der Fürst und die Landstände, während der Aufenthalt in Laibach zu Lasten der Stadt ging18. Leopold II. konnte der Jagd nichts abgewinnen, die Familie trennte sich in Laibach. Das neapolitanische Königspaar Ferdinand und Marie Caroline wollte sich von Triest aus auf den Heimweg machen, der Kaiser reiste nach Italien, um seinem Sohn Ferdinand das Großherzogtum Toskana zu übergeben. Im Juli 1791 kehrte er in Begleitung der Erzherzöge Karl und Leopold in die Krain zurück, er wollte in Marburg mit der Kaiserin und Erzherzog Franz zusammentreffen19. Maria Luisa und Erzherzog Franz hatten schon in Marburg gewartet, sie wohnten im Hotel Jelen (Hirsch)20 und vertrieben sich die Zeit mit Fischen und Schießen21. Am 16. Juli 1791 schrieb Maria Luisa in einem Brief an die Schwiegertochter: „[…] nous sommes toujours à Marburg et attendons l’Empereur n’ayant pas su aller en avant […] l’endroit est assez vilain, les promenades aux alentours assez jolies […] notre impatience est bien grande […]“22. Die Ungeduld war verständlich, warteten doch schwierige politische Verhandlungen auf Leopold II. und auch die Krönung zum böhmischen König sollte im September in Prag stattfinden. Die unruhige politische Lage entspannte sich mit der Pillnitzer Konvention, die im August 1791 unterzeichnet wurde, Kaiser Leopold II. konnte durch geschickte Verhandlungen und mit Unterstützung seines Sohnes Franz Einigkeit mit Preußen erzielen. Am 13. August 1791 schreibt Leopold II. seinem Sohn nach Ungarn über die vor ihm liegenden anstrengenden Tage23 und am 29. August 1791 kann er seiner Schwester Marie Caroline in Neapel von den Verhandlungserfolgen in Pillnitz und den bevorstehenden Krönungsfeierlichkeiten in Prag berichten. Die Verhandlungen waren gut verlaufen, allerdings musste Leopold II. zwischen Wien, Prag und Pillnitz pendeln, was ihn sehr anstrengte. Sowohl der König von Preußen als auch der Kronprinz und der Kurfürst von Sachsen zeigten sich den Vorschlägen gegenüber sehr aufgeschlossen, die Gespräche verliefen in freundlicher Atmosphäre, lediglich die nach Pillnitz angereisten Vertreter der exilierten französischen Adeligen versuchten ihre Sache zu vertreten, was aber vor allem den Friedensverhandlungen nur geschadet hätte. Nach einigen sehr erfolgreichen



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Tagen in Sachsen reiste der Kaiser nach Prag zurück, wo nun die Krönung zum böhmischen König stattfinden sollte24. In der am 27. August 1791 in Pillnitz an der Elbe unterzeichneten Konvention vereinbarten Leopold II. und Friedrich Wilhelm II. von Preußen ihren gemeinsamen Kampf gegen das revolutionäre Frankreich und ihre Unterstützung für den rechtmäßigen französischen König. Was die Prager Krönung betraf, war lange nicht klar, ob es eine doppelte werden würde. Daher blieb auch der Termin der Krönung Leopolds II. lange in der Schwebe, obwohl er schon früh seine Bereitschaft gezeigt hatte, sich in Prag zum König von Böhmen krönen zu lassen25. Erstmals wurde im Jänner 1791 den für die Abwicklung verantwortlichen böhmischen Landständen als möglicher Krönungstermin der 6. September 1791 genannt, verbunden mit der sehr ungewissen Zusicherung einer Doppelkrönung, Leopold II. wollte diese Ehre seiner Gemahlin jedenfalls gerne zugestehen. Für die Landstände war es besonders wichtig zu wissen, ob sich auch Maria Luisa krönen lassen würde, denn das hätte die Änderung des gesamten musikalischen Programms zur Folge gehabt. Nur für die Krönung Leopolds II. würden die Landstände, wie ehedem bei der Krönung Maria Theresias, einen Ball und eine Krönungskantate vorsehen. Da die Krönung einer Königin aber traditionell einige Tage nach der Krönung des Königs zu erfolgen hatte, hätten die Landstände in diesem Fall zwei Krönungsfeiern vorzubereiten. Demnach müssten Ball und Krönungskantate zum Termin der Königin verschoben werden, während am Krönungstag Leopolds II., wie 1723 bei der Krönung Karls VI., eine Krönungsoper vorzusehen wäre – was natürlich eine aufwendige Vorlaufzeit benötigen würde. Noch im April 179126 betreffen die Vorbereitungen lediglich die Krönung Leopolds II., es entsteht der Eindruck, als wolle sich die Kaiserin den mit der Krönung verbundenen Strapazen nicht aussetzen, die „[…] immer beschwerlich und ermüdend sind, besonders wegen der späten Empfangung der heiligen Communion für Ihre Majestät die Kaiserin allzu lästig werden könnten […]“27. Diese noch ausständige böhmische Krönung verlangte also von allen Beteiligten ein gerüttelt Maß an Organisation, Flexibilität und Improvisation. Das Königreich Böhmen geht auf das 12. Jahrhundert zurück, auf die Zeit des Königs Ottokar I. Přemysl. Nach wechselvoller Geschichte geriet Böhmen 1526 durch den Tod des Königs Ludwig II. von Böhmen und Ungarn als Folge der noch von Kaiser Maximilian I. 1515/1516 abgeschlossenen Verträge an das Haus Habsburg; der junge König aus dem Geschlecht der Jagellonen, Schwager des Erzherzogs Ferdinand und späteren Kaisers Ferdinand I.28, war am 26. August 1526 in der Schlacht von Mohács ohne männliche Nachkommen gefallen. Somit war Erzherzog Ferdinand der erste Habsburger, der mit der traditionsreichen böhmischen Krone am 24. Februar 1527 in Prag gekrönt wurde. In ihrem Ursprung geht deren Gestaltung auf die Přemysliden zurück, in deren Zeit ein kleines Kreuz mit der Dornenreliquie aus der Krone Christi angebracht wurde; im Lauf der Geschichte erlebte die Krone mehrere Umarbeitungen, bewahrte jedoch den von der Reliquie ausgehenden Mythos, der noch verstärkt wurde, als Kaiser Karl IV.29

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die Krone dem Haupt des hl. Wenzel im St. Veits-Dom widmete. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde die St.-Wenzels-Krone samt den Krönungskleinodien in der Wiener Schatzkammer aufbewahrt, auch damit sollte wohl der Status des untergebenen Landes nach all den Aufständen und Revolten gegen die habsburgische Herrschaft zum Ausdruck gebracht werden. Für die Krönungen immer wieder von Wien nach Prag geholt, so auch für die Krönung Maria Theresias am 12. Mai 1743, ließ Leopold II. im Zuge der Krönungsvorbereitungen die Kleinodien am 9. August 1791 nach Prag zurückbringen: Sie sollten nunmehr am Hradschin, in der St. Wenzels-Kapelle aufbewahrt werden30. Mit der Rückführung der Krone nach mehr als hundert Jahren steigerte Leopold II. noch zusätzlich das ihm seitens des böhmischen Volkes entgegengebrachte Vertrauen. Es mag daher nicht verwundern, dass die Bewohner Prags alle Kräfte aufboten, um die Krönungszeiten beider kaiserlicher Majestäten so festlich wie möglich und deren Aufenthalt besonders angenehm zu gestalten. Schon seit längerem war die Stadt damit beschäftigt gewesen, die Straßen auszubessern, die Häuser herauszuputzen und die Wahrzeichen der Stadt in Stand zu setzen: „[…] Alle Handwerker haben vollauf zu tun und schlagen schon seit 3–4 Wochen alle Bestellungen aus, so viel müssen sie an Wägen, Reitzeugen, Equipagen, Kleidern, Livreen und hunderterlei anderen Dingen verfertigen […] Böhmens Hauptstadt wird durch die Zeit des Aufenthaltes Ihrer Majestäten […] weit über alle Königsstädte erhaben sein […]“31. Auch die berühmte, am Altstädter Rathaus befindliche astronomische Uhr wurde generalsaniert, seit 1410 versetzte sie mit ihrem Schlagwerk und den zur vollen Stunde vorbeiziehenden Aposteln die Fremden in Erstaunen – und so sollte es auch jetzt sein, wo die Stadt völlig überfüllt war. Nicht zu kurz kam nun auch der Volksfestcharakter, als besondere Attraktion errichtete die Stadt einen persischen Markt mit über hundert Buden, zu dem auch verschiedene Musikgruppen zogen und ihre Künste darboten. Die Teilnehmer dieser Schausteller waren verschiedenartig gekleidet, sie trugen spanische, ungarische und chinesische Kostüme, sie ritten auf Eseln, brachten Körbe mit Früchten, sie zeigten Spiele und Tänze. Die Wertschöpfung all dieser Veranstaltungen war beachtlich32 und auch der Kaiser revanchierte sich für die vielseitigen Aufwendungen der Stadt mit einer einmonatigen Steuerbefreiung33. Eine Veranstaltung, die sowohl Leopold II. als auch Maria Luisa besonders beeindruckte, war eine Gewerbeschau, eine Präsentation der Ende des 18. Jahrhunderts in Böhmen vorhandenen industriellen Produktpalette. Obristburggraf Heinrich Franz von Rottenhan34 hatte die verschiedenen Manufakturen und Fabriken aufgefordert, Muster ihrer Produkte an das Präsidium zu senden, die ab Mitte August 1791 im nunmehrigen Clementinum gezeigt wurden. Die Schau war beeindruckend und ging als „Erste Industrieausstellung in Böhmen im Jahr 1791“35 in die Geschichte ein. Das Kaiserpaar besichtigte die Schau in Begleitung des Obristburggrafen, Rottenhan war natürlich sehr erfreut über deren reges Interesse und auch über das Interesse der restlichen Familien-



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mitglieder: Sowohl die Erzherzöge Franz, Karl, Leopold und Joseph als auch Anton von Sachsen besichtigten das breite Spektrum der böhmischen industriellen Erzeugnisse. Am 21. Juli 1791 hatte Leopold II. eine Entscheidung getroffen, die eigentlich nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der böhmischen Krönung stand, diese aber ganz entscheidend beeinflusste: Der Kaiser setzte seine Tochter Maria Anna als Äbtissin des von Maria Theresia gegründeten adeligen Damenstiftes am Hradschin ein und veranlasste damit Maria Luisa – gewollt oder ungewollt –, sich für die Krönung zu entscheiden. Denn am Hradschin hatte bis in josephinische Zeit das Georgsfrauenkloster bestanden, dessen Äbtissin das besondere Recht hatte, der Königin die Krone auf das Haupt zu setzen. Da das Georgsfrauenkloster nicht mehr existierte, baten die böhmischen Stände den König, das Recht der Königinnenkrönung dem adeligen Hradschiner Damenstift zu verleihen und als Äbtissin Erzherzogin Maria Anna36 einzusetzen. Leopold II. kam der Bitte der Stände gerne nach und nahm damit auch seiner Gemahlin die Entscheidung ab, denn die Krönung zur Königin von Böhmen durch die eigene Tochter konnte sie wohl kaum ablehnen37. Der mittlerweile ziemlich verunsicherte Obersthofmeister Georg Adam Fürst von Starhemberg misstraute den Gerüchten und stellte Ende Juli 1791 ganz offiziell die Frage, ob sich die Kaiserin nun doch in Prag würde krönen lassen. Daraufhin wurde das böhmische Gubernium mit kaiserlichem Reskript dahingehend informiert, „dass bald nach Unserer böhmischen Krönung auch jene Unserer freundlich geliebten Frau Gemahlin, römischen Kaiserinn Majestät und Liebden, in Prag vorgenommen werden solle, und Wir hiezu den 12ten des Septembermonats bestimmet haben“38. Nun konnte Obersthofmeister Fürst Starhemberg endlich die dringend notwendigen Vorbereitungen treffen, wobei er die Krönung der Gemahlin Karls VI., Elisabeths von Braunschweig-Wolfenbüttel, im Jahr 1723 zum Vorbild nahm39. Die nun vorzusehende Krönungsoper für den Festtag des Königs sollte im Gräflich Nostitzschen Theater aufgeführt werden, und natürlich hatte der hier engagierte und sehr erfahrene Impresario Domenico Guardasoni (1731–1806) schon längst mit Antonio Salieri und auch mit Mozart diesbezügliche Vorgespräche geführt; da Salieri den Auftrag abgelehnt hatte, konnte Guardasoni nun Mozart verpflichten. Nach dem Erfolg des „Don Giovanni“ entsprach Mozart den Vorstellungen der böhmischen Landstände, die sich für die Krönungsoper einen berühmten Komponisten gewünscht hatten. Es war bekannt, dass die Kaiserin bei den musikalischen Aufführungen die neuerdings sehr beliebte ‚Opera buffa‘ als vulgär ablehnte und die altmodische, prunkvolle ‚Opera seria‘ bevorzugte40. Da hätte Mozart mit der Oper „La clemenza di Tito“ eigentlich den Geschmack der Kaiserin treffen müssen. Nachdem die Krönungstermine nun endgültig geklärt waren, konnte Mozart am 3. August 1791 mit der Komposition auf Grundlage des von Caterino Mazzolà (1745–1806) erarbeiteten Librettos beginnen, die ihm zur Verfügung stehende Zeitspanne von 18 Tagen begann abzulaufen41. Die Kaiserin verließ Wien am 27. August 1791 in Begleitung ihrer Töchter Maria Anna, Maria Clementine und Maria Amalia42. Beim offiziellen Einzug in Prag am

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30. August 1791 saßen der König und die Königin in einem geschlossenen Wagen, da die unbeständige Witterung es nicht zuließ, dass sich die beiden Majestäten dem Volk in einem offenen Wagen zeigten. Bis zur Krönung nahmen sie gemeinsam viele Termine war; so fand auf „höchstes Verlangen“ im Gräflich Nostitzschen Theater eine Aufführung des „Don Giovanni“ in Gegenwart der Majestäten statt43. Die Krönung Leopolds II. zum böhmischen König am 6. September 1791 lief nach den tradierten Mustern ab. In diesen Tagen unterhielt die Kaiserin eine intensive Korrespondenz mit ihrer Schwiegertochter Marie Therese die seit etwa einem Jahr mit Erzherzog Franz verheiratet war, ihr erstes Kind erwartete und daher nicht nach Prag hatte mitfahren können. In ihrer schwer lesbaren Schrift erzählte Maria Luisa von den Krönungsfeierlichkeiten: „[…] le couronnement est allée à merveille et n’a pas duré deux heures […] l’illumination était très belle et hier soir au theatre la grande opera n’est pas grand chose, la musique très mauvaise aussi nous y avons presque tous dormi […] j’avoue que je serai bien aise quand le 12 sera passé […]“44. Bei der „Grande opera“, bei der alle eingeschlafen seien, handelte es sich um Mozarts „La clemenza di Tito“, sie wurde sehr unterschiedlich aufgenommen; Karl Graf Zinzendorf vermerkte in seinem Tagebuch mit Datum 6. September 1791, dass die Oper langweilig gewesen sei, nur dem Kaiser habe sie gefallen45. Der Kaiser also war begeistert und auch Franz Alexander von Kleist, Onkel Heinrichs von Kleist, gefiel das von Mozart selbst dirigierte Werk, er fand die Oper „ihres Meisters würdig“ und die 200 Dukaten, die Mozart dafür vom Kaiser bekommen hatte, als angemessen46. Der Kaiserin missfiel „La clemenza di Tito“, wie aus dem Brief an die Schwiegertochter hervorgeht und es wird berichtet, dass sie die Oper als „porcheria tedesco“, als deutsche Schweinerei bezeichnet habe. Es ist nicht verifizierbar, aber auch nicht wichtig, ob der Ausspruch tatsächlich so gefallen ist; die Kritik entsprach offensichtlich der herrschenden Stimmung. Was aber hatte die Kaiserin derart verärgert? War es das von Mazzolà neu verfasste Finale, das dem Geschehen um Liebe und Verrat eine andere Bedeutung zuwies? Das Thema des mildtätigen römischen Kaisers Titus hatte schon Metastasio in einem Libretto verarbeitet, das nachweisbar bereits vierzigmal vertont worden war, bevor Mozart und Mazzolà es erneut in den Mittelpunkt einer Königskrönung stellten. Im Originaltext von 1734 ließ Metastasio das Volk die Götter bitten, die Unversehrtheit des gottgleichen Herrschers zu garantieren und ihn in Ausübung seiner Milde dank seiner ‚virtù‘ über alle Ränkespiele und Verschwörungen zu erheben. Bei Mozart und Mazzolà aber bittet Titus selbst die Götter nur darum, sie mögen sein Dasein beenden, wenn er nicht mehr dem Wohle Roms dienen würde – eine Aussage, die unter Berücksichtigung der politischen Situation im Spätsommer 1791 und der in der Pillnitzer Erklärung abgegebenen Bereitschaft zum Krieg mit Frankreich in wohlinformierten Kreisen als durchaus verhängnisvoll angesehen werden konnte47. Vielleicht war der Kaiserin aber auch nicht entgangen, dass dem ursprünglich die Großmut des Herrschers verherrlichenden Werk nun eine billige Verschwörung zugrunde lag und sich der Gnadenakt durch die Freundschaft zu Sextus begründete48? Auch kannte



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Abb. 7: Die Krönung der Kaiserin Maria Luisa zur Königin von Böhmen am 12. September 1791, Johann Hieronymus Löschenkohl, Narodni Galerie Praha, Inv.-Nr. R 95805.

die Kaiserin sowohl das Zeitgeschehen als auch die römische Geschichte, sie wusste daher, dass Titus vom Schicksal nur eine kurze Herrschaft gewährt worden war. Sollte hier mit einer Festoper den Herrschenden die Vergänglichkeit vor Augen geführt werden? Die eindrucksvollste Veranstaltung im Reigen der böhmischen Krönungsfeierlichkeiten stellte zweifellos das Fest dar, welches Johann Rudolf Reichsgraf Czernin von Chudenitz (1757–1848) am 10. September 1791 dem Königspaar und 800 Gästen in seinem prächtigen Palais in Sichtweite der königlichen Burg am Hradschin darbot49. Es war die Machtdemonstration eines seines Standes und seiner Familie bewussten böhmischen Adeligen. Beim Eintritt der Majestäten erklang eine eigens von Mozart komponierte Symphonie, gefolgt von weiteren musikalischen Darbietungen, wie Marie Sidonie Gräfin Chotek der Nachwelt ausführlich vermittelt: „Es begann mit einer Kantate in einem besonders langen Saal, mit einem theaterähnlichen Halbrund an den beiden En-

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den, eines für die Sänger und das Orchester, das andere für das Publikum, dieses stand aber auch in der Mitte: der Saal war perfekt erhellt und die Musik kam wunderbar zur Geltung, dank des vollkommen spielenden Orchesters“50. Als Komponisten der Kantate nennt Karl Graf von Zinzendorf in seinem Tagebuch Georg Friedrich Händel, was aber in anderen Quellen unerwähnt bleibt. Gräfin Chotek berichtet auch noch vom weiteren Verlauf des Abends, von den Tänzen im Ballsaal und von dem wunderbaren Buffet, das unter einem geschmückten Zelt prachtvoll angerichtet war51. Die Ereignisse rund um die böhmischen Krönungen wurden mehrfach festgehalten und publiziert52, auszugsweise seien hier die wichtigsten Stationen der Krönung Maria Luisas (Abb. 7) wiedergegeben. Am Morgen des 12. September wurde um 8 Uhr die große Glocke geläutet, worauf sich der ganze Adel nebst den Damen du Palais und den Gemahlinnen der Oberstlandoffiziere bei Hof versammelten und in den Vorzimmern und übrigen Zimmern verteilten. Mittlerweile versammelte sich auch die Geistlichkeit im Dom. Gegen 10 Uhr wurde die Kaiserin von den Damen du Palais und den Oberstlandoffiziersgemahlinnen bis zur Retirade des Kaisers begleitet, worauf den Oberlandoffizieren durch den Oberstkämmerer die königlichen Insignien auf einem reich verzierten Polster aus der Retirade gereicht wurden. Danach verfügten sich beide Majestäten unter dem Himmel in die Kapelle des hl. Wenzeslaus; die ehrenvolle Aufgabe, die Schleppe der Kaiserin zu tragen, wurde der Fürstin Batthàny zuteil. An der Tür der Kapelle wurde die Kaiserin von Fürst Colloredo, dem Erzbischof von Olmütz, erwartet, Erzherzogin Maria Anna, seit vier Tagen Äbtissin des adeligen Damenstiftes, empfing die Mutter im Inneren; sie half ihr, die königlichen Gewänder anzuziehen, die wegen der Salbung im Rücken nur mit Bändern geschlossen wurden. Von der Kapelle ging es nun zum Dom, an der 15. Stelle im Zug ging Leopold II., im kaiserlichem Gewand, mit der Kaiserkrone und der großen Kette des Ordens vom goldenen Vlies; ihm folgte Maria Luisa, sie trug die habsburgische Hauskrone. Nach der Salbung im Dom erfolgte die Krönung mit der Wenzelskrone nach vorhergehender Einsegnung durch den Erzbischof von Olmütz, den Herrn Obristburggrafen und die königliche Frau Äbtissin. Dann gab der Erzbischof von Olmütz Ihrer Majestät das Zepter und den Reichsapfel mit den Worten: Accipe virgam! Nach dem Empfang der heiligen Kommunion begab sich die nunmehrige Königin von Böhmen in die Landstube, um die Glückwünsche zu empfangen. So weit der höchst offizielle Bericht, es finden sich aber auch noch sehr sympathische Aussagen von Zeitzeugen, die neben den offiziellen Schilderungen kleine liebenswerte Nebensächlichkeiten wiedergeben. So beschrieb einer der Schaulustigen den König und die Königin in besonders heiterer Stimmung, denn „jede Verbeugung welche sie [die Königin] ihrem Gemahl beim Vorbeigehen am Throne machte, war von einem heiteren Lächeln begleitet, welches der König doppelt erwiderte“53 – eine Beobachtung, die mehr über das zwischen dem Paar herrschende Einverständnis aussagt als die nüchternen Angaben im Zeremonialprotokoll. Am Abend des 12. September gab das Kaiserpaar dann m Nostitzschen Theater einen Freiball, der bald zu einem Volksfest



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ausartete, wobei Josepha Duschek54 während des Soupers und sehr zur Freude der Majestäten eine Huldigungskantate vortrug, die von Leopold Anton Koželuhs stammte55. Dieser Krönungstag, den die Kaiserin schon gerne hinter sich gehabt hätte, wie sie ihrer Schwiegertochter geschrieben hatte, war offensichtlich viel problemloser und mit viel weniger Mühen abgelaufen, als es Maria Luisa erwartet hatte. Jetzt konnte sie der Schwiegertochter Marie Therese davon berichten und auch von den verschiedenen Ereignissen erzählen, die sich rund um die Feierlichkeiten ereignet hatten, so wie beispielsweise von der Gewerbeschau: „[…] le jour de mon couronnement est très bien passé […] hier nous avons du voir les magasins des marchandises de ce pays […]“56. Für den Wiener Hof war das Ereignis wichtig genug, um in der Münzstätte Wien einen Opferpfennig herstellen zu lassen, wobei die sechszeilige Legende ganz bewusst auf den Tag der Prager Krönung Bezug nimmt57. Zurück in Wien konnte sich Maria Luisa von der anstrengenden Zeit erholen und sie konnte sich auch für ihren Geburtstag am 24. November 1791 Musik bestellen, von der sie sicher sein konnte, dass sie ihre gefallen würde. So kam die neue Oper von Sebastiano Nasolini (ca. 1768–1798) „Teseo a Stige“58 zur Aufführung, die kurz zuvor im Teatro della Pergola in Florenz erstmals gezeigt worden war. Das war eine ‚Opera seria‘ nach dem Geschmack der Kaiserin, der Erfolg war garantiert: Es sangen die Sopranistin Cecilia Giuliani, der Tenor Vincenzo Maffoli und der Kastrat Angelo Testori. Die Kaiserin schätzte die Kunst dieser Sänger so sehr, dass sie die Sängerin Cecilia Giuliani nach dem Tod Leopolds II. in den „allerhöchsten Kammerdienst“ aufnahm, während Vincenzo Maffoli der Bühne treu blieb und Angelo Testori seinen Abschied nahm59.

Anmerkungen 1 2

HHStA, Hausarchiv, Hofreisen 11, fol. 1–142. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/5. Vgl. zu den Statthaltern Renate Zedinger, Die Verwaltung der Österreichischen Niederlande in Wien (1714–1795), Wien/ Köln/Weimar 2000. 3 HHStA, Familienkorrespondenz A, Karton 26, Leopold an Maria Elisabeth am 28. April 1790: „A present vous aurez bientot le Landtag chez vous, il est déjà approuvé et j’ai nommé Enzenberg, qui est à Clagenfurth pour y présider […]“. 4 Zitiert bei Wandruszka, Leopold II., Bd. 2, S. 305. 5 Vgl. generell Christoph Gnant, „Bei Parität der Abstimmungen beruhet das Monitum auf sich“. Die Wahlkapitulation Kaiser Leopolds II., Diss. Wien 2017. 6 Vgl. Jochen A. Fühner, Kaiserinnenkrönungen in Frankfurt am Main. In: Evelyn Brockhoff/Michael Matthäus (Hg.) Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356–1806, Frankfurt am Main 2006, S. 294–304. 7 Katrin Keller, Die Kaiserin. Reich, Ritual und Dynastie, Wien 2021, S. 29–30.

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8 Keller, Die Kaiserin, S. 154. 9 Sommer-Mathis, Tu felix Austria nube, S. 234–235. 10 Zitiert bei Pangels, Die Kinder Maria Theresias, S. 363: Klavierkonzert in F-Dur, KV 459 und Klavierkonzert in D-Dur, KV 357. 11 HHStA, Hausarchiv, Handarchiv Kaiser Franz 19, Krönungsjournal von Ungarn 1791. 12 Éva Kovács/Zsuzsa Lovag, Die ungarischen Krönungsinsignien, Budapest 1980, S. 15. 13 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19/2, Lettres de l’Archiduc Ferdinand de Milan an seinen Bruder Leopold II., fol. 148, 13 novembre 1790: „[…] je suis bien charmé d’apprendre que S. M. l’Imperatrice se porte déjà mieux de son incommodité […]“. 14 Hamann, Die Habsburger, S. 47: Alexander Leopold, der vierte Sohn des Großherzogspaares, wurde 1772 in Florenz geboren, er starb 1795 bei den Vorbereitungen eines Feuerwerks; als Palatin von Ungarn folgte ihm der nächstgeborene Bruder Joseph nach. 15 Stefan Holčik, Krönungsfeierlichkeiten in Preßburg 1568–1830, Bratislava 2005, S. 55– 59. 16 Johann Nepomuk Schauff, Die Feyerlichkeiten bey der Krönung seiner kaiserlich-königlich-apostolischen Majestät Leopold des Zweyten als König von Ungarn zu Preßburg den 15ten November 1790, Preßburg o. J. 17 Andreas Golob, Mediale Reflexionen auf Schritt und Tritt. Zeitungsberichterstattung über Habsburgerreisen im 18. Jahrhundert. In: Renate Zedinger/Marlies Raffler/Harald Heppner (Hg.), Habsburger unterwegs. Vom barocken Pomp bis zur smarten Businesstour, Graz 2017, S. 9–29, hier S. 28. 18 Vgl. Holz, Popotovanje cesarja. 19 Eva Holz, Die Habsburger in Krain. In: Habsburger unterwegs. S. 31–43. 20 Vgl. Eva Holz, Hin und zurück – oder die Reisen der gekrönten Köpfe über das slowenische Territorium gegen Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Internationales Kulturhistorisches Symposium Mogersdorf 2003, Murska Soboto 2003, S. 69–91. 21 Golob, Mediale Reflexionen auf Schritt und Tritt, S. 23: „[…] ach 4 Uhr gingen Hochdieselben zum Johanneswirth, wo die Fliegenschützen versammelt waren […]“. 22 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, Konv. 52–4, Maria Luisa am 16. Juli 1791 an ihre Schwiegertochter Maria Theresia, die mit ihrem ersten Kind schwanger war: „Wir sind immer noch in Marburg und erwarten den Kaiser, die Gegend hat nicht viel zu bieten, die Spaziergänge sind ganz schön, aber wir sind ungeduldig […]“. 23 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 67, Konv. 67–3, fol. 51, Leopold II. an seinen Sohn Alexander Leopold, Palatin von Ungarn: „[…] je pars d’ici le 20 avec François, le 25, 26 et 27 sera l’entrevue à Pillnitz, le 29 je serai de retour, le 31 sera l’entrée, le 6 mon couronnement, le 12 celui de votre mère […]“. 24 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 20, Konv. 20–2, fol. 125, Leopold II. an Marie Caroline, Prague 29 aout 1791: „[…] je vous demande pardon mais j’ai été si accablé d’affaires que j’en n’ai pas eu le temps [d’écrire], j’ai été de Vienne à Prague et de la à Dresde et Pilnitz, où j’ai été deux jours en compagnie de l’Electeur de Saxe, de la famille et du Roi et Prince de Prusse […] et ai été fort content egalement du Roi de Prusse et du Prince et



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des affaires que nous y avons traité ensemble et de l’amitié qu’il m’a temoigné […]. J’ai été très content de mon sejour et suis revenu à Prague où ma fille Therèse et le Prince Antoine m’ont suivi, les fêtes et cérémonies fort desagréables et ennuyantes vont y commencer et ma femme y arrivera demain avec toute ma famille. Le Comte d’Artois est venu et à Vienne et à Pilnitz pour y ajuster les affaires de France, ses projets et ceux de ses alentours sont incompatibles avec le bien de la chose […] qui ne feraient qu’empirer le mal […]“. Vgl. dazu generell Walther Brauneis, Mozarts KV 621: Eine Krönungsoper in 18 Tagen? Der 3. August 1791 als „Terminus ante quem“ für die Komposition von „La clemenza di Tito“. In: Lars E. Laubhold/Gerhard Walterskirchen (Hg.), Klang-Quellen, München 2010, S. 235–252. HHStA, Neuere Zeremonialakten, Rubrik IV, Karton 12A, Böhmische Krönung 1791, fol. 10–21: Protokoll der Konferenz, welche in Betreff der königl. Böhmischen Krönung am 19. April [unter dem Vorsitz des Obersthofmeisters Fürst von Starhemberg] gehalten worden ist. HHStA, Neuere Zeremonialakten, Rubrik IV, Karton 12A, Böhmische Krönung 1791, fol. 11. Hamann, Die Habsburger, S. 102–105: Erzherzog Ferdinand (1503–1564), Bruder Kaiser Karls V., stand trotz augenscheinlich gewahrter Loyalität zeitlebens im Widerstreit zu diesem, der von seiner starren Haltung im Religionskonflikt nicht abwich; durch seine Abdankung und den Verzicht auf die Kaiserwürde konnte Ferdinand 1556 zum Kaiser gekrönt werden. Karl IV. 1316–1378, römisch-deutscher Kaiser, König von Böhmen, aus dem Geschlecht der Luxemburger; seine umfangreiche Bautätigkeit (Universität, Karlsbrücke) und seine Reformen machten Prag zur Haupt- und Residenzstadt, zum geistigen und kulturellen Zentrum seiner Zeit. Krönungsbegebenheiten Kaisers Leopold II. als König von Böhmen wie auch der Kaiserin Maria Ludovica, Prag/Budweis/Leipzig 1791, S. 11–14. Golob, Mediale Reflexionen auf Schritt und Tritt, S. 25. Golob, Mediale Reflexionen auf Schritt und Tritt, S. 26: „Mittels der Krönungsfeierlichkeiten hat unsere Stadt ein paar Millionen guter Gulden gewonnen […]“. Anton Franz Augustin Mosig, Böhmische Krönungsfeier Sr. Majestät Leopold II. Römischen Kaisers und Marie Louise, Römischen Kaiserinn, Wien 1791, S. 69–74. Wurzbach 27, Wien 1874, S. 162: Heinrich Franz von Rottenhan (1738–1809), Reichsgraf, Obristburggraf in Prag, förderte neben seiner Verwaltungstätigkeit die industrielle Entwicklung in West-Böhmen. Vgl. Johann Debrois, Aktenmäßige Krönungs-Geschichte des Königs von Böhmen Leopold des Zweyten und Marie Louisens, Heft 3, Prag 1791; Artur Zechel, Die erste Industrieausstellung in Böhmen im Jahr 1791. In: Tradition, Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmer-Biographie 14, Juli 1969, Heft 3–4, S. 115–126. Maria Anna (1770–1809) wurde als viertes Kind des Großherzogspaares geboren, mittlerweile 20 Jahre alt, hatte sich für sie noch keine Heirat ergeben, mit der gut dotierten Stellung als Äbtissin des adeligen Damenstiftes war sie nun standesgemäß versorgt; vgl. dazu ihre biographische Skizze.

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37 Theodor Conrad Hartleben, Briefe über die böhmische Königskrönung nebst einer kurzen Schilderung von Prags politischem und litterarischem Zustande, Regensburg 1792, S. 52. 38 Zitiert nach Brauneis, Mozarts KV 621, S. 242. 39 HHStA, Neuere Zeremonialakten 12a, fol. 474: Krönungszeremoniell nach dem Beispiel einer ähnlichen Handlung, welche im Jahr 1723 für die Gemahlin des Kaisers Karl VI. beobachtet worden. 40 Rodney Bolt, Lorenzo da Ponte. Mozarts Librettist und sein Aufbruch in die Neue Welt, Berlin 2006, S. 262 und 493. 41 Brauneis, Mozart KV 621, S. 242. 42 Rudolf Angermüller, Chronik der Prager Krönungsfeierlichkeiten. In: Mozart, Experiment Aufklärung, Ausstellungskatalog, Wien 2006, S. 743–751. 43 Angermüller, Chronik, S. 746. 44 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, fol. 63: „Die Krönung war wunderbar, sie dauerte zwei Stunden, auch die Illumination war sehr schön, die große Oper gestern war nichts Besonderes, die Musik war schlecht und wir sind fast eingeschlafen, ich gebe zu, daß ich nach dem 12. erleichtert sein werde […]“. 45 Zitiert bei Link, The National Court Theatre in Mozart’s Vienna, p. 382: „[…] au theatre de la Vieille Ville, spectacle donné par les Etats […] on nous regala du plus ennuyeux spectacle La Clemenza di Tito, […] l’Empereur en est entousiasmé […]“. 46 Angermüller, Chronik, S. 749. 47 Vgl. Wolfgang Proß, Aufklärung, Herrschaft und Repräsentation in Metastasios und Mozarts „La Clemenza di Tito“. In: Lothar Kreimendahl (Hg.), Mozart und die europäische Spätaufklärung, Stuttgart/Bad Cannstatt 2011, S. 267–325; Brauneis, Mozarts KV 621. 48 Vgl. Laurenz Lütteken, „Vero opera“ und Aufklärung. Mozarts Spätwerk „La clemenza di Tito“ und das Ende des 18. Jahrhunderts. In: Lothar Kreimendahl (Hg.), Mozart und die europäische Spätaufklärung, Stuttgart/Bad Cannstatt 2011, S. 327–348. 49 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, fol. 64v, Maria Luisa am 10. September 1791 an die Schwiegertochter Marie Therese, die aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht zur böhmischen Krönung fahren konnte: „[…] aujourd’hui le bal chez Czernin qu’on dit sera superbe […]“. 50 Zitiert bei Brauneis, Mozarts KV 621, S. 249, aus dem Tagebuch: „Elle commença par une Cantate dans un sallon d’une longueur immense, les deux bouts étaient annelés en théatre dont l’un pour les chanteurs et l’orchestre et l’autre pour les spectateurs, le milieu était aussi rempli par ces derniers, la salle était parfaitement éclairée et la musique y faisait un effet superbe ce qui était en portée dû à la perfection de l’orchestre.“ 51 Brauneis, Mozarts KV 621, S. 250. 52 Mosig, Böhmische Krönungsfeier Seiner Majestät Leopold II.; Krönungsbegebenheiten Kaisers Leopold II. 53 Hartleben, Briefe über die böhmische Königskrönung, S. 57. 54 Josefa Duschek/Josefina Duškova (1754–1824), die berühmteste Sängerin ihrer Zeit; das Ehepaar Duschek war mit Mozart und Beethoven befreundet.



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55 Angermüller, Chronik, S. 751. 56 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, Buch 52–4, fol. 68, 15 septembre 1791: „Der Tag meiner Krönung ist sehr gut verlaufen […] wir haben auch die Buden der Kaufleute besichtigt […]“. 57 Heinz Winter, Glanz des Hauses Habsburg. Die habsburgische Medaille im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums, Wien 2009, S. 93, Abb. Tafel 33/132 und 133. 58 Otto Michtner, Das alte Burgtheater als Opernbühne, Wien/Köln/Graz 1970, S. 330. 59 Michtner, Das alte Burgtheater, S. 346.

Maria Luisa im Spiegel privater und offizieller Korrespondenzen Im Dienst der Familie; Briefwechsel mit Kindern und Vertrauten

Zeitlebens hielt Maria Luisa die Verbindung zu ihren Familienangehörigen in Spanien, Neapel und Parma aufrecht, wobei sie mitunter auch in Angelegenheiten hineingezogen wurde, die wie im Fall der „Königlichen Fratzen“1 von Parma und Neapel die familiäre Ebene verlassen und erhebliche politische Schwierigkeiten zwischen Wien, Florenz, Madrid und Versailles ausgelöst hatten. Diese Schwierigkeiten, in die Maria Luisa immer wieder schlichtend eingreifen sollte, betrafen die Ehepaare im Herzogtum Parma und im Königreich Neapel. Maria Luisa und Pietro Leopoldo waren in die neapolitanischen Angelegenheiten auf ausdrücklichen Wunsch Maria Theresias eingebunden gewesen, hatten sie doch die Brautreise der Erzherzogin Marie Caroline begleitet und den ersten Schritten des Königspaares durch ihre verwandtschaftliche Bindung die beidseitige Anspannung genommen. Der Großherzogin fiel es auch leicht, ihrem linkischen Bruder König Ferdinand von Neapel-Sizilien im vertrauten italienischen Dialekt diskrete Hinweise für entsprechendes Benehmen gegenüber seiner jungen Frau zu geben. Etwas anders stellte sich die Situation in Parma dar, hier sollte im Jahr 1769 die vierte Heirat zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon stattfinden. Der Wiener Hof hatte Erzherzogin Maria Amalia2 als Braut für den um fünf Jahre jüngeren Ferdinand, Herzog von Parma, vorgesehen. Ursprünglich hatte Herzog Karl-August von Pfalz-Zweibrücken um die Hand von Maria Amalia angehalten, zum großen Kummer der Erzherzogin lehnte Maria Theresia diese Verbindung jedoch ab3. Die Erzherzogin verzieh ihrer Mutter nie, dass sie nicht wie Schwester Marie Christine ihrem Herzen hatte folgen dürfen. Am 27. Juni 1769 fand die Hochzeit ‚per procurationem‘ in Wien statt, die tatsächliche feierliche Trauung erfolgte am 19. Juli 1769 im Schloss von Colorno. Die hier vereinten jungen Leute hätten verschiedener nicht sein können, was nicht nur am Altersunterschied lag. Ferdinand4 war der einzige Sohn des Herzogs Philipp von Bourbon-Parma (1720–1765) und der Herzogin Marie Louise Elisabeth von Frankreich (1727–1759), Lieblingstochter des französischen Königs Ludwig XV.; mit acht Jahren hatte Ferdinand die Mutter verloren, als er 14 war, starb der Vater. Ferdinand übernahm nicht nur die Herrschaft, er übernahm auch den Minister Guillaume Du Tillot (1711–1774), der seit 1759 das Herzogtum regierte und nun auch weiterhin die Regierungsgeschäfte im Sinn des Hofes von Versailles führte. Verständnis, Einfüh-

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lungsvermögen oder gar Liebe hatte Ferdinand hier nicht erfahren, Fürsorge und Betreuung, vor allem in spiritueller Hinsicht, wurden ihm nur von Geistlichen, vor allem von den Dominikanermönchen zuteil. Ferdinand wurde besonders religiös, fromm, fast bigott. Vielleicht war dem Wiener Hof die besondere Situation im Herzogtum und das ungewöhnliche Leben des jungen Herrschers nicht bewusst gewesen, vielleicht hatte sich Maria Theresia bei der Wahl Ferdinands nur an dessen Schwester erinnert, an die in Wien so geliebte, wunderbare, geistreiche Isabella von Parma, die zu früh verstorbene, von allen betrauerte erste Gemahlin Josephs II. Aber während Isabella, die verwöhnte Enkelin Ludwigs XV., mit ihrer Mutter im Glanz des Hofes von Versailles aufgewachsen war, hatte ihr um zehn Jahre jüngerer Bruder weder ein intaktes Familienleben noch die Abläufe an einem funktionierenden Fürstenhof kennen gelernt. In seinem Schreiben an die Mutter schilderte Joseph II. den zukünftigen Schwager als gut aussehend, aber etwas dicklich und leicht hinkend, er fand ihn gut erzogen, aber wenig geistreich5. So wie all ihren Kindern hatte Maria Theresia auch ihrer Tochter Maria Amalia eine ausführliche Anleitung6 mitgegeben und darin ihre Aufgaben und Pflichten als Gattin und Mutter genauestens definiert; Maria Amalia hielt sich nicht an die mütterlichen Ratschläge, sie sah sich vor allem von Minister Du Tillot in ihrer Rolle als Herzogin zu wenig anerkannt. Die Situation am Hof von Parma war von Anfang an auf Konfrontation ausgerichtet, wie aus dem Bericht des Barons Knebel7 hervorgeht. Er beschreibt die ablehnende Haltung seitens des Hofes, vor allem seitens des Ministers, der schon bei der Ankunft im Schloss von Colorno der Herzogin mit Gleichgültigkeit begegnet sei, und auch der Herzog tat nichts, um die Stellung seiner Frau zu verbessern8. Die junge Herzogin tat daher alles, um den verhassten Minister loszuwerden. Maria Theresia befürchtete, das unangepasste Verhalten der Tochter könnte die Hochzeit ihrer Jüngsten mit dem französischen Thronfolger gefährden. Sie setzte daher auf familiäre Intervention; am 22. Oktober 1769 bat Maria Theresia die Schwiegertochter in Florenz, sie möge ihren Vater, den spanischen König Carlos III., bitten, ein Machtwort zu sprechen, war er doch der Onkel des jungen Ferdinand von Parma und das Oberhaupt der Familie, wobei jedoch die Jugend des Paares und ihr Standesbewusstsein zu berücksichtigen seien9. Maria Amalia in Parma war gerade mal ein Jahr jünger als Maria Luisa und trotzdem traute Maria Theresia ihrer Schwiegertochter zu, gemeinsam mit dem spanischen König die richtigen Worte für eine entsprechende Zurechtweisung nach Parma zu finden. Die Ermahnungen aus Wien, die Anordnungen aus Madrid, die Ratschläge aus Versailles, dies alles verbesserte die Situation in Parma nicht; Rosenberg berichtete Maria Theresia, dass sich die Erzherzogin mit dem niedrigsten Volk umgebe10, Maria Theresia missbilligte zunehmend das Verhalten der Tochter, „dont je desapprouve la conduite“, und letztlich sah sie sich auch darin im Einverständnis mit dem spanischen König, der meinte, man solle sie einfach lassen, „que le seul parti à prendre […] qu’on les aban-



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donne entièrement à leur propre conduite […]“11. Sowohl Maria Theresia als auch Carlos III. zogen das toskanische Großherzogspaar immer wieder in die parmesischen Schwierigkeiten hinein; Carlos III. beorderte die Minister Du Tillot und Llana zu Unterredungen nach Florenz; Maria Luisa war bei den Gesprächen dabei, vielleicht auch für Übersetzerdienste, jedenfalls hatten sie und ihr Gemahl keine gute Meinung von diesen Staatsmännern12. Trotzdem beendete Maria Theresia ihre Mahnungen und Belehrungen nicht, letztlich brach sie den Kontakt zur Tochter völlig ab, verbot ihn auch den Geschwistern. Das Verhalten der Erzherzogin/Infantin war für sie indiskutabel, alles Zureden hoffnungslos, und Maria Theresia äußerte sich dahingehend 1775 in einem Brief an Erzherzog Ferdinand in Mailand und meinte, es sei hoffnungslos, über die Situation in Parma zu sprechen13. Während Maria Amalia der Mutter in Wien nun auch nicht mehr schrieb, suchte sie die Verbindung zum Bruder, zu Pietro Leopoldo und zur Schwägerin Maria Luisa aufrechtzuerhalten. Andererseits aber war es Ferdinand von Parma, der sich ungerecht behandelt fühlte und seine Sicht der Dinge darstellen wollte. Pietro Leopoldo und Maria Luisa waren im Sommer 1776 gemeinsam in Wien gewesen, für die Rückreise hatte das toskanische Großherzogspaar den Weg über Kärnten nach Venedig gewählt, wo sie am 2. September 1776 eintrafen. Es ist anzunehmen, dass sie wieder in der „Locanda al Lion Bianco“, dem Hotel in der Ca’ Da Mosto, wohnten. Dieser venezianische Palast aus dem 13. Jahrhundert war die bevorzugte Unterkunft für den Adel jener Zeit, hier hatte der Großherzog schon 1769 gemeinsam mit seinem Bruder genächtigt und Joseph II. stieg immer gerne hier ab, wenn er in der Lagunenstadt war14. Maria Amalia, Herzogin von Parma, nutzte die Gelegenheit, um hier ihren Bruder und die Schwägerin zu treffen15. Es war nur ein kurzer Besuch, bei dem sie ihren Mann nicht dabei haben wollte, sie war erpicht auf Neuigkeiten aus Wien und befürchtete, dass ihr Mann sich bei Maria Theresia über sie beschwert haben könnte16. Ferdinand von Parma vermutete hingegen, dass sie ihn verunglimpft hätte, und er fühlte sich daraufhin veranlasst, seine Situation in einem langen Brief an Maria Luisa darzulegen. So schreibt er, dass Marie Amélie, wie sie in Parma allgemein genannt wurde, alles durcheinanderbringe, die Entlassung der Minister Du Tillot und Llano17 sei von ihr betrieben worden, sie sei aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen, ihre Schulden würden ins Unermessliche steigen und sie nehme jede Gelegenheit wahr, ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Es ist eine verzweifelte Anklage18. Maria Luisa versuchte zu beruhigen, bekräftigte, dass kein Wort wahr sei von den Dingen, die ihm über seine Frau zugetragen würden, aber eigentlich, meinte sie, wolle sie sich gar nicht in die Eheangelegenheiten einmischen 19. Das hielt Ferdinand von Parma jedoch nicht davon ab, Maria Luisa noch einmal zu schreiben, er zeigte sich über ihre Antwort erfreut, allerdings sah er seine Zweifel nicht ganz ausgeräumt, weil er doch, wie er schreibt, die reine Wahrheit gesagt habe20. Maria Luisa erkannte sehr wohl die Tragik dieser Beziehung, aber weder sie noch ihr Mann konnten eine Verbesserung herbeiführen. Es waren vor allem die Einmischungen und

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die Verleumdungen aus Madrid, die in Parma die Unstimmigkeiten vergrößerten, aber ungeachtet aller Intrigen pflegten die in Italien verheirateten habsburgischen Geschwister auch weiterhin ihre Kontakte; so konnte Pietro Leopoldo am 28. November 1783 nach Wien berichten, dass sich Maria Amalia in Rom und Neapel aufhalte und vor ihrer Heimreise auch noch in Florenz Station machen werde21. Herzog Albert von Sachsen-Teschen, der Parma 1776 gemeinsam mit Marie Christine besuchte, war vom Aussehen seiner Schwägerin entsetzt: „[Maria Amalia] war so verändert, daß ich sie nicht wiedererkannte. Keine Spur von jenem Glanze, jener Schönheit, die man einst an ihr bewunderte […]“22. Und auch der Großherzog hatte in seinen Aufzeichnungen über die Familie 1778/1779 vermerkt, dass die in Parma verheiratete Schwester Amalie sehr unglücklich sei23. In der italienischen Historiographie erfuhr Maria Amalia eine recht zwiespältige Beurteilung, einerseits wurde sie als schlecht erzogen, geschwätzig und zügellos bezeichnet, andererseits konnte ihr eine unglaubliche Popularität nicht abgesprochen werden; in der Bevölkerung galt sie zwar als „la matta“, die Verrückte, dabei war sie aber wegen ihrer Freigebigkeit sehr beliebt, was auch in einem Loblied zum Ausdruck kam: „Viva Casa Borbone, viva Maria Amalia nostra real padrone!“24 Die Verbindung zu Marie Caroline hatte Pietro Leopoldo nie abreißen lassen, sie war inniger als zur Schwester in Parma, es mag mit den vielen gemeinsam zugebrachten Tagen zusammenhängen, die das Großherzogspaar anlässlich der Hochzeit in Florenz und Neapel mit der Königin verlebt hatte. Da hatte sich auch ein vertrautes Verhältnis zu Maria Luisa aufgebaut; Marie Caroline hatte in ihrer Schwägerin in Florenz eine zuverlässige Hilfe und in ihrem Bruder Peter Leopold einen beständigen Freund, an ihn konnte sie sich immer wenden, wenn sowohl von Wien als auch von Spanien die Vorwürfe auf sie niedergingen. Sowohl Maria Theresia als auch der spanische König Carlos IV., der Bruder Ferdinands, hatten sich bemüßigt gefühlt, mahnende Worte nach Neapel zu schicken, die bei Königin Marie Caroline Unverständnis, Kränkung und Verbitterung hervorriefen und, wie sie in einem Brief an den Bruder schrieb, ihrem Mann die Tränen in die Augen trieben; auch bereitete es ihr großen Kummer, ihrer Mutter zu missfallen. Marie Caroline hatte Kaunitz hinter dem Intrigenspiel vermutet, dagegen konnte sie schwer ankämpfen, aber es war ihr ein wichtiges Anliegen, ihre Sicht der Dinge bei Bruder und Schwägerin darzustellen25. Sie bat auch Maria Luisa, ihre persönlichen Wahrnehmungen der Familie in Spanien zu übermitteln, um Fehlinterpretationen zurechtzurücken. So konnte Pietro Leopoldo seiner Schwester von dem erfolgten Briefverkehr berichten: „[…] ma femme me charge de vous faire ses tendres compliments, elle a ecrit en Espagne selon vos souhaits et est aussi inquiete de cette affaire que moi […]“26. Auch Pietro Leopoldo versuchte immer wieder in seinen Briefen beruhigend auf die Schwester einzuwirken, wie er nach Wien berichtete27; allerdings erzählte ihm Marie Caroline auch weiterhin höchst vertraulich von ihrem Mann und den Intrigen aus Spa-



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nien, wo mittlerweile die nächste Generation den Thron bestiegen hatte und zu erwarten gewesen wäre, dass sich die Brüder nicht gegenseitig das Leben schwer machten28. In einem seiner Briefe an die Schwester sah es Pietro Leopoldo genauso, er fände es wünschenswert, wenn sich die Brüder direkt, ohne die Einmischung der Minister, verständigen würden: „[…] il serait à souhaiter que les deux rois freres s’ecrivissent directement sans y mêler les ministres […]“29. Aber die Einmischungen hörten nicht auf, wie Pietro Leopoldo seinem Bruder berichtete30. Die Schwierigkeiten in Parma und Neapel waren endlos, was nicht nur auf die so verschiedenen Charaktere der Paare zurückzuführen war, sondern auch auf den neuen Staatsminister Monnino31 am Madrider Hof, der, wie Pietro Leopoldo berichtete, die ganze spanische Königsfamilie mit seinem Hass auf das Haus Habsburg angesteckt hatte. In einem Brief, der dem Großherzog zugespielt worden war, schrieb Monnino, dass er nicht aufhören werde, gegen die Königin [Marie Caroline] zu intrigieren, bis sie verstoßen oder eingesperrt worden sei32; so weit kam es glücklicherweise nicht, und anders als ihr wenig tatkräftiger Mann organisierte sie in späteren Jahren den Widerstand gegen Napoleon und sicherte ihren Nachkommen im Wiener Kongress die Rückkehr ins Königreich. Maria Luisa war demnach seit ihrer Heirat mit Pietro Leopoldo sowohl in die politischen wie auch in die oft damit verflochtenen familiären Angelegenheiten eingebunden, was mitunter nur in Nebensätzen zum Ausdruck kam, wie in einem Schreiben des neapolitanischen Ministers Tanucci an den spanischen König im Jahr 176833. Tatsächlich sollte es noch Jahre dauern, bis sich das neapolitanische Königreich dem spanischen Einfluss ganz entziehen konnte. Auch Joseph II. nahm die Hilfe seiner Schwägerin in Anspruch, wenn es galt, vertrauliche Informationen mit Madrid, in spanischer Sprache auszutauschen, und er bedankte sich beim Bruder für die Vermittlung: „[…] compliments à votre chère epouse je suis au desespoir qu’elle se soit donné l’incommodité d’ecrire pour moi en Espagne […]“34, was ihn aber nicht davon abhielt, sie bei nächster Gelegenheit wieder um die Gefälligkeit zu bitten, ihrem königlichen Vater seine Dankesworte auszurichten35. Der Kaiser bezieht sich hier auf seinen Ausflug auf spanisches Gebiet. Im Verlauf seiner Frankreich-Reise im Frühjahr 1777 machte er Station im Golf von Biscaya, und es reizte Joseph II. einen Abstecher über die Grenze nach San Sebastián zu machen. Der Kaiser stattete dem Gouverneur Don Felix Rocca einen Besuch ab und ersuchte ihn, einen Kurier mit einem Schreiben nach Madrid zu schicken; darin bat er den österreichischen Gesandten Graf Dominik Kaunitz, dem König seine Komplimente zu bestellen und sich für die Gastfreundschaft in Spanien zu bedanken, vor allem aber sollte er ausrichten, dass es ihm das größte Vergnügen gewesen wäre, den König persönlich kennenzulernen36; Maria Luisa sollte dies dem Vater noch einmal bekräftigen. Die Korrespondenz zwischen Joseph II. und Pietro Leopoldo enthält immer wieder Hinweise auf direkte Botschaften zwischen Madrid und Florenz, die auch die europäische Politik betrafen und für den Kaiser wichtig waren. So schrieb ihm Pietro Leopoldo im Juni

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1779, dass Spanien England den Krieg erklärt habe: „[…] L’Espagne declare la guerre à l’Angleterre (…) le Roy a continué d’écrire à ma femme sa ferme resolution de faire la guerre […]“37. In all den Jahren befasste sich Maria Luisa mit Korrespondenzen, deren Erledigung nicht verzögert werden sollte, wenn der Großherzog gerade verreist war, wie beispielsweise während der Verhandlungen mit dem Hof in Dresden über die Heirat ihrer ältesten Tochter Marie Terese mit Prinz Anton von Sachsen. Der Kurfürst bedankte sich für die Zustimmung des Großherzogspaares zur Hochzeit, was Maria Luisa zur Antwort veranlasste: „Mon cher mari ne pourra pas avoir l’honneur de répondre jusqu’à la semaine prochaine à la lettre que Votre Serenissime Electorale lui avait écrit, étant plus d’un mois en dehors […] mais pour moi je n’ai pas voulu attendre à lui montrer ma joie qui se sent plus de ce qu’elle s’explique […]“38. Nach dem Tod Josephs II., mit der Übersiedlung nach Wien im Mai 1790, wird die Erledigung verschiedenster Korrespondenzen zum Aufgabenbereich der nunmehrigen Kaiserin gehören, darunter auch offizielle Schreiben zur Übernahme von Positionen in der Armee39, worum sich Maria Luisa bisher kaum zu kümmern hatte. * Ein jahrelanger vertraulicher Briefwechsel verband die Großherzogin mit Cammilla Zucchetti, der Priorin des adeligen Stiftes San Silvestro in Pisa40. Die in Prag aufbewahrten 41 Schriftstücke umfassen den Zeitraum vom 21. April 1787 bis zum 24. Oktober 1790, also eine Periode, in der im Gefolge der Französischen Revolution große Umwälzungen in der europäischen Politik hervorgerufen wurden und in der sich durch den Tod Josephs II. im Februar 1790 auch die Lebensumstände der toskanischen Großherzogsfamilie gravierend veränderten. Leider ist die Schrift der Großherzogin nur schwer zu entziffern, es erschließen sich nur Fragmente, aus denen ersichtlich wird, dass sie sich verschiedener Personen aus dem Umfeld der Priorin annimmt, des Bruders, der Nichte und sie geht sehr wohl auf aktuelle Ereignisse ein, wie etwa den Tod Josephs II. Aufschlussreich für das Verhältnis des Großherzogspaares ist die von Maria Luisa für ihren Mann verwendete Bezeichnung, ganz entgegen den Usancen der Zeit berichtet sie beispielsweise, dass „Il Padrone“ nach Fiume reise, um den neapolitanischen Hof zu empfangen41, also die Schwester Marie Caroline, König Ferdinand und die beiden Prinzessinnen, die am 19. September in Wien die Erzherzöge Franz und Ferdinand heiraten sollten. Nicht überraschend ist auch immer wieder die Erwähnung des Namens „Basilia“, die spanische Vertraute Basilia della Vegga hatte Maria Luisa schon zur Hochzeit nach Innsbruck und danach nach Florenz begleitet. Seit ihrer Abreise aus Madrid im Juli 1765 hielt Maria Luisa die Verbindung zu ihrer Familie aufrecht, so berichtete sie der Großmutter Isabella Farnese von der Reise und



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der Ankunft in Florenz42 es verband sie vor allem mit der um ein Jahr älteren, unverheirateten Schwester Maria Josepha eine Korrespondenz bis ins hohe Alter43, wobei sie sich vor allem über die Familie, die Gesundheit der Kinder austauschten. In späteren Jahren kamen die Briefe an ihre Söhne, Töchter und Schwiegerkinder dazu. Besonders umfangreich ist der Briefwechsel der Großherzogin mit ihrem Ältesten; der spätere Kaiser Franz II./I. lebte seit 1784 am Wiener Hof, um in seinen zukünftigen Aufgabenbereich als Nachfolger seines Onkels, des Kaisers Joseph II., eingeführt zu werden. Maria Luisa vermisste ihren Sohn sehr. In den ersten Jahren seiner Abwesenheit beschränkten sich die Themen auf Familiäres, auf „petites bagatelles“ oder die Gesundheitsprobleme des Vaters, der sich dadurch aber nicht von seiner Arbeit abbringen lasse44, wie Maria Luisa berichtete, oder auf Krankheiten der Geschwister45. Natürlich gratulierte sie ihrem Ältesten alljährlich zum Geburtstag: „Je ne pouvais pas prendre la plume pour vous ecrire, mon cher fils dans un jour plus cher à mon coeur que celui-ci […]“46, 22 Jahre sind vergangen, seit sie ihn erstmals in ihren Armen halten konnte, mit Freude und Dankbarkeit denkt sie an diesen Tag zurück. Maria Luisa stand aber auch mit all ihren anderen Kindern in regem Briefaustausch, wenn diese die Familie verlassen hatten, sie liebte sie alle, wie sie einmal Erzherzog Franz anvertraute: „J’aime tendrement mes enfants“47, das war kurz nach der Geburt Rudolfs, des letzten Kindes. Und als der Sohn Alexander Leopold von den ungarischen Ständen als Palatin angenommen wurde und diese Position seine Anwesenheit in der Ofener Burg in Budapest erforderte, übermittelten ihm die Kuriere neben den offiziellen Schriftstücken auch Briefe einer besorgten Mutter48. Die von Joseph II. aus politischer Überlegung arrangierte Hochzeit zwischen Erzherzog Franz und Elisabeth von Württemberg hatte im Jänner 1788 stattgefunden; der Kaiser hatte seinen Neffen anhand der Wachsmodelle in der Medizinisch-Chirurgischen Militärakademie, dem späteren Josephinum, „aufgeklärt“. Als Maria Luisa von der Schwangerschaft ihrer Schwiegertochter erfuhr, galt ihre besondere Sorge der jungen Mutter und dem Nachwuchs, wobei sie sich darauf freute, Großmutter zu werden, und auch gerne behilflich sein wollte: „[…] si je puis vous être utile en quelque chose […] vous ne devez jamais craindre de m’incommoder, au contraire, vous ne pourriez pas me faire plus grand plaisir […]“49, bei der Verabschiedung schließt sie immer Grüße des Vaters mit ein. Mit fortschreitender Krankheit Josephs II. spricht aus ihren Briefen die Angst um diesen, sie wartet ungeduldig auf die Nachrichten aus Wien 50, die schließlich am 25. Februar 1790 vom Ableben des Kaisers und der Schwiegertochter berichten; Elisabeth starb bei der Geburt ihrer kleinen Tochter, die die Mutter nur um ein Jahr überlebte. Großherzog Pietro Leopoldo hätte schon längst in Wien sein sollen, er konnte jedoch wegen gesundheitlicher Probleme nicht reisen, außerdem wollte er nicht zu Lebzeiten des Bruders ankommen: Vielleicht hätte ihn Joseph II. auf dem Totenbett schwören lassen, die umstrittenen Reformen nicht zurückzunehmen. Joseph II. war sich der Ablehnung dieser Neuordnungen durch den Bruder sehr wohl bewusst gewesen;

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bekanntlich versuchte Kaiser Leopold II. dann auch sehr schnell die Reformen, die die größte Unruhe in den habsburgischen Ländern hervorgerufen hatten, rückgängig zu machen und den Staat wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Am 1. März 1790 konnte Maria Luisa von der Abreise ihres Mannes nach Wien berichten51, natürlich sorgte sie sich um die Gesundheit des Sohnes nach dem Verlust von Frau und Kind, und sie freute sich sehr über die guten Nachrichten aus Klagenfurt, die vom Zusammentreffen von Vater und Sohn berichteten52. Am 14. März trafen beide nach 22 Uhr in der Wiener Hofburg ein. Bereits einen Tag später berichtete der zukünftige Kaiser nach Florenz, dass die Reise lang und kalt gewesen sei und er bereits alles für die Familie in Wien habe herrichten lassen53. Es sollte aber noch dauern. Von den Ereignissen physisch und psychisch mitgenommen, musste Maria Luisa nun für einige Tage das Bett hüten54, bevor sie die entsprechenden Vorbereitungen für ihre Wien-Reise treffen konnte. Im Mai 1790 war die Familie in Wien wieder vollständig vereint. Allerdings kam es in den folgenden Monaten zu vermehrter Reisetätigkeit der Familie aufgrund der bevorstehenden Dreifach-Hochzeit im September und den Krönungen in Frankfurt, Pressburg und Prag, was auch Anlass zu vermehrter Schreibtätigkeit gab. Bei der Hochzeit am 19. September 1790 waren drei Kinder der neapolitanischen Königsfamilie mit drei Kindern aus dem Großherzogtum Toskana vermählt worden. Anders als bei den Heiratsprojekten Maria Theresias und Josephs II. ließ sich Kaiser Leopold II. weniger von machtpolitischen als von Familieninteressen leiten; das Verhältnis zur Königin Marie Caroline war in all den Jahren von absolutem Vertrauen geprägt gewesen, er wusste, dass er sich auf die Schwester verlassen konnte. Ein besonderes Anliegen war es ihm, den verwitweten Thronerben wieder zu vermählen, somit wurde die älteste Tochter des neapolitanischen Königspaares zur Frau des Erzherzogs Franz bestimmt. Die nach ihrer berühmten Großmutter benannte Marie Therese wurde letzte Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und erste Kaiserin des Kaisertums Österreich. Sie erfüllte sehr bald die in sie gesetzten Erwartungen; obwohl Franz II./I. insgesamt viermal verheiratet war, sollte es diese seine zweite Frau sein, die den Fortbestand des Hauses mit zwölf Kindern sicherte. Wenn die nunmehrige Kaiserin Maria Luisa in Wien war und nicht ihren Mann zu einer Krönung oder sonstigen Verpflichtungen begleitete, kümmerte sie sich rührend um die Schwiegertochter, was Leopold II. seiner besorgten Schwester im fernen Neapel natürlich mitteilte: „[…] que ma femme a eu pour elle tous les soins et assistance possible […]“55. Marie Caroline bedankte sich auch ganz explizit für die Fürsorge, die Maria Luisa ihrer Tochter angedeihen ließ: „[…] Therese est bien enchanté des bontés que votre excellente epouse lui temoigne et aussi de sa grossesse, elle a la tete tournée de tous les plaisirs de Laxenburg et moyennant votre bonté est parfaitement heureuse […]“56. Vor ihrer Abreise nach Prag – die böhmischen Krönungen waren für den 6. und 12. September 1791 angesetzt – besuchte Maria Luisa noch ihre Schwiegertochter, die natürlich wegen ihrer ersten Schwangerschaft nicht mitfahren konnte, was Marie The-



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rese ihrem Mann Erzherzog Franz berichtete: „[…] Ich kann dir nicht genug sagen wie sie mir gnädig war und wie sehr ich sie liebe und verehre […]“57; jedenfalls versuchte Maria Luisa die in Wien zurückgebliebene Schwiegertochter wenigstens brieflich auf dem Laufenden zu halten. Ihre Briefe berichten von der Krönungszeremonie am 6. September und vom Erzbischof, der diese unbedingt durchführen wollte, obwohl er sich nur mit Hilfe zweier Bedienter auf den Beinen halten konnte, sie erzählte von der festlichen Beleuchtung in der großen und schönen Stadt und von der deutschen Komödie, die sie mit viel Vergnügen angesehen hatte, im Gegensatz zur Festoper „La clemenza di Tito“, bei der alle eingeschlafen seien. Maria Luisa versuchte auch der Schwiegertochter beim Wohnungstausch behilflich zu sein, da die Räumlichkeiten in der Amalienburg im Sommer besonders heiß wurden – der Kaiser hatte nichts dagegen, wollte die Entscheidung aber Franz überlassen58. Dafür betreute Erzherzogin Marie Therese auch das zuletzt geborene Kind des nunmehrigen Kaiserpaares: Erzherzog Rudolf war im Jänner 1788 noch in Florenz zur Welt gekommen, als Zweijähriger war er mit der Familie nach Wien übersiedelt und nun während all der Krönungsfeierlichkeiten in der Hofburg in der Obhut der schwangeren Marie Therese geblieben. Kaiserin Maria Luisa war jedoch immer noch die um all ihre Kinder besorgte Mutter, in den Berichten an die Schwiegertochter erkundigte sie sich immer wieder nach ihrem kleinen Sohn und versprach, ihm einige Spielsachen mitzubringen. Anmerkungen 1

Maria Theresia hatte ihren Töchtern genaue Anweisungen erteilt, wie sie sich an den fremden Höfen benehmen sollten, und keinesfalls sollten sie sich in die Regierungsgeschäfte einmischen; da sich weder Maria Amalia in Parma noch Marie Caroline in Neapel daran hielten, sollte Kaiser Joseph II. im April 1769 bei den Schwestern nach dem Rechten sehen; Egon Cäsar Conte Corti, Ich, eine Tochter Maria Theresias. Ein Lebensbild der Königin Maria Karoline von Neapel, München 1950, S. 72. 2 Maria Amalia (1746–1804), Tochter Maria Theresias, Herzogin von Parma; vgl. Hamann, Die Habsburger, S. 294–295. 3 HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Einzelne Abhandlungen 6, Konv. Projekt des Churfürsten von der Pfalz betreffend eine Vermählung des Prinzen Carl von Zweibrücken mit Erzherzogin Amalie, 1764. 4 Vgl. Alba Mora (ed.), Un Borbone tra Parma e l’Europa. Don Ferdinando e il suo tempo (1751–1802), Reggio Emilia 2005. 5 Mörtinger-Grohmann, Les débuts de Marie-Amélie à Parme, p. 48, note 35: Kaiser Joseph II. an Maria Theresia, 16 mai 1769: „L’Infant est assez beau de visage […] fort gros et courtaud. Il boite de la jambe gauche qui a l’air d’être un peu pliée […] Il est extremement bien elevé […] mais ne parait pas avoir du génie ou beaucoup d’esprit […]“; HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 23, Berichte des Giuseppe Pecis über den Hof von

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Parma, fol. 105: „[…] l’Infant est assez beau de visage mais peu bien de figure […]“. Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, hg. von Alfred Ritter von Arneth, 4 Bde., Wien 1881, Bd. 3, S. 1–16: Points donnés par S. M. l’Impératrice Reine à l’Archiduchesse Marie Amélie (Juni 1769). Philipp Knebel Freiherr von Cazenellenbogen entstammte einem rheinischen Rittergeschlecht, als außerordentlicher Gesandter des Wiener Hofes begleitete er Erzherzogin Maria Amalia auf ihrer Brautfahrt nach Parma; vgl. Mörtinger-Grohmann, Les débuts de Marie-Amélie à Parme, p. 43. HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 23, No. IV, fol. 1–6: Knebel de Cazenellenbogen am 6. September 1769 aus Parma an Maria Theresia: „[…]Madame l’Archiduchesse n’a pas pu être, sans prendre part à la fermentation qui subsistoit ici longtemps, avant qu’elle est venue dans ce pais, emportée par le désir de faire du bien, elle alloit plus loin qu’elle pouvoit voire […]. D’ailleurs l’Infant faisoit, comme il fait encore au jour qu’il est, en envoyant tout le monde à Madame l’infante, et disant allés à ma femme […], d’un autre côté le Ministre n’a jamais rien fait pour gagner Madame l’archiduchesse, j’étois frappé à Colorno dans les premiers jours de l’arrivée de Madame de l’indifférence, qu’il a témoigné pour elle […]“. HHStA, Staatenabteilung, Toskana 34, Konv. A, fol. 6–7, Maria Theresia an Maria Luisa, 22. Oktober 1769: „[…]Vous me ferez plaisir ma chère fille de marquer au Roi, que je vous ai chargé de lui temoigner comme à un bon ami […] que je serais bien aise qu’il m’aidat à raccomoder tout cela et que je le prie surtout de ne pas prendre de l’humeur contre nos jeunes gens bien jeunes encore […] mandez lui aussi je vous prie que je crois que si nous voulons ne pas les exposer […] à se revolter, il sera absolument necessaire que, comme au bout du compte ils sont les Maitres de leurs Etats et de leurs personnes, Tanucci et Du Tillot les traittent d’orenavant avec un peu plus d’égard pour leur rang et d’indulgence pour leur age. Dites lui que je voudrais qu’il jugera à propos, et que je m’en rapporte bien parfaitement à tout ce qu’il fera sur ce sujet […]“. HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 23, fol. 68, Rosenberg am 24. April 1772 an Maria Theresia: „[…] c’est son gout pour les gens de la plus basse espece et la confiance qu’elle a dans l’attachement de la population […]“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 27/5–6, fol. 144–149, Maria Theresia am 19. Dezember 1772 an Pietro Leopoldo. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 1772, fol. 180–189, Bericht von Pietro Leopoldo an Maria Theresia, 2. Dezember 1772. Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, Bd. 2, S. 376–381, Brief XXI an Erzherzog Ferdinand, undatiert, Ende Dezember 1775, hier S. 380: „[…] Je ne vous dis rien de Parme […] il n’y a rien à faire […] la situation de votre soeur, dont en verité elle est cause elle-même n’est ni agréable et presque intolerable […]“. Hermann E. Mark, Geschichte und Geschichten vom Canal Grande, Wien 2002, S. 87– 92. Wiener Zeitung, 23. Oktober 1776, Bericht aus Venedig vom 2. Weinmonat: Am 4. sind wir mit der Ankunft ihrer K.K. Hoheiten von Toskana und bald darauf Ihrer Königlichen Hoheit, der Erzherzogin Infantin von Parma beglückt worden.



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16 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–2, fol. 185, Marie Amelie am 13. Dezember an Pietro Leopoldo. 17 Llano y de la Cuadra Antonio de la (1722–1794); vgl. Diccionario biográfico español, tomo 29, pp. 775–776. 18 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–2, fol. 177–179, Ferdinand von Parma am 3. November 1776 aus Colorno an Maria Luisa, Grande-Duchesse de Toscane. 19 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–2, fol. 175, Maria Luisa am 7. November 1776 an Ferdinand von Parma: „Mon cher Cousin, j’ai reçu votre lettre qui j’avoue m’a fort etonné car je ne m’attendais pas à une pareille confidence, ce que je peux vous assurer c’est que ce qu’on vous a dit que votre femme doit nous avoir dit contre vous a Venise, il n’y a pas le mot de vrai, de même que dans toutes les lettres qu’elle nous ecrit au contraire elle n’a fait que se louer de vous à toute occasion […] vous me pardonnez si je ne reponds pas à votre lettre c’est que je n’aime ni ne veux pas me meler des affaires qui ne me regardent pas du tout […]“. 20 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–2, fol. 173, Ferdinand aus Colorno am 17. November 1776 an Maria Luisa: „[…] Je suis enchanté de ce que vous me dites des discours de ma femme sur mon compte, je me serais donc trompé dans mes soupçons, et j’en suis bien aise. Neanmoins, ce que j’ai ecrit est la pure verité […]“. 21 Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, Bd. 1, S. 183–192, Leopold am 28. November 1783 an Joseph II: „[…] ma soeur de Parme est à Naples [bei Marie Caroline] et en reviendra la veille de Noël à Rome, où elle passera quinze jours et viendra ensuite ici pour y passer quelques jours et retourner ensuite à Parme avant la fin du carneval […]“. 22 Zitiert nach Wolf, Marie Christine, Erzherzogin von Österreich, Bd. 1, S. 125. 23 Wandruszka, Il „principe filosofo“, p. 509: „La sorella Amalie che è maritata a Parma […] è molto infelice per la debolezza di suo marito […]“. 24 Juan Balansó, I Borbone Parma e l’Europa, Barcelona 1994, pp. 51–60. 25 HHStA, Italienische Staaten, Neapel 27, fol. 269–270, nach einem offensichtlich sehr strafenden Brief des spanischen Königs an seinen Bruder Ferdinand in Neapel, schreibt Marie Caroline aus Portici am 5. Oktober 1769 an Pietro Leopoldo: „[…] je vois entrer mon cher Mary avec la couleur d’un mort, les larmes aux yeux […] je vous supplie de prier S. M. l’Imperatrice de ma part que quand Elle est fachée contre moy, Elle me l’ecrive et me gronde mais ne fasse point cela avec le Roy d’Espagne, qui a la tete un peu plus difficile à se persuader du bien et reste toujours ferme à croire le mal […]“. 26 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 10, Konv. 10–6, fol. 90–91, Pietro Leopoldo am 29. Oktober 1785 an Marie Caroline. 27 Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, S. 19–22, Leopold am 22. Mai 1786 an Joseph II.: „A Naples les histoires continuent toujours et vous avez bien raison qu’il est difficile d’y conseiller […]“, dazu auch HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6. 28 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, Konv. 11–2, fol. 294–310, Marie Caroline am 12. Dezember 1788 an Pietro Leopoldo.

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29 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 11, Konv. 11–3, fol. 55, Pietro Leopoldo am 10. April 1789 an Marie Caroline. 30 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, fol. 145, Pietro Leopoldo am 28. Juni 1789 an Joseph II.: „[…] le roi d’espagne se mêle continuellement des affaires de Naples […]“. 31 Florida-Blanca François Monnino Graf von (1728–1806), spanischer Staatsminister und Carlos III., vgl. Larousse, dictionnaire encyclopédique, Paris 1955, p. 1379. 32 Joseph II. und Leopold von Toskana. Ihr Briefwechsel, hg. von Arneth, p. 23, Leopold am 28. Mai 1786 an Joseph II.: „Il [Monnino] a osé se vanter à ses correspondans à Rome qu’il ne cesserait point de tripoter et intriguer contre la Reine jusqu’à ce qu’il n’aurait pas réussi à la pousser à bout, et à la faire répudier, renvoyer ou enfermer […]“. 33 Rosa Mincuzzi (ed.), Lettere di Bernardo Tanucci a Carlo III di Borbone (1759–1776), Roma 1969, p. 457: Tanucci am 12. Juli 1768 aus Neapel an Carlos III.: „La Granduchessa ne fece anch’essa qualche discorso col principe di Jaci [Generalkapitän der italienischen Garde], e col discorso stesso lasciò cadere, che il re [Ferdinand IV. von Neapel-Sizilien, Bruder der Großherzogin] è gia entrato in un spirito d’indipendenza […]“. 34 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–3, fol. 269, Joseph II. am 10. November 1774 an Pietro Leopoldo. 35 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–6, Joseph II. aus Toulon am 3. Juli 1777 an Pietro Leopoldo: „[…] si Madame voulait bien mander au Roi son père combien j’ai été content de la facon comme l’on m’a traité en Espagne et du bataillon de Navarre […] joint à mes regrets de n’avoir pas pu l’aller voir à Madrid, elle me ferait une grande grace […]“. 36 Anonym, Anthologische Beschreibung der Reise des Herrn Grafen von Falkenstein nach Frankreich 1777, S. 114–117. 37 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–8, Pietro Leopoldo am 27. Juni 1779 an Joseph II. 38 Dresden, HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 790/9, Verhandlungen zur Hochzeit der Erzherzogin Marie Terese von Toskana mit Prinz Anton von Sachsen, fol. 35, Maria Luisa eigenhändig am 18. Mai 1787 an Friedrich August III. von Sachsen, auszugsweise: „Mein lieber Mann könnte erst nächste Woche das freundliche Schreiben beantworten, und so lange wollte ich nicht warten, um meine große Freude über die Verbindung mitzuteilen […]“. 39 Beispiele: HHStA, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 37, 23 juin 1791, „S. M. l’Imperatrice (main propre) au Prince de Lambec sur la charge que l’Empereur lui a conféré dans ses Armées; id, 9 juillet 1791, l’Impératrice Reyne (main propre) au Prince de Vaudemont, compliments, […] je vous prie d’être toujours persuadé des sentiments distingués avec lesquels je suis, Mon Cousin, Votre bien affectionnée […]“. 40 Prag, Státní Ústřední Archiv v Praze, Rodinný Archiv Toskánských Habsburků (= RAT) [Staatsarchiv Prag, Familienarchiv Habsburg-Toskana], Petr-Leopold 53001; Briefe aufgelistet in Orsola Gori/Diana Toccafondi (ed.), L’archivio di Pietro Leopoldo d’Asburgo Lorena nell’Archivio nazionale di Praga, Roma 2013, pp. 168–169; vgl. dazu auch L’archivio della casa di Lorena presso l’archivio di stato di Praga, a cura di Arnaldo Salvestrini, in: Rassegna Storica Toscana, Anno IX, Nr. 2, Firenze 1963.



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41 Prag, RAT, Petr-Leopold 53001, Brief vom 16. August 1790: „[…] il Padrone parte il 20 per andare all’incontro della corte di Napoli […]“. 42 Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2746. 43 Florenz, ASF, Bracci Guazzesi 110, Konv. 1; Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2703. 44 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 28, Konv. 28–3, 23. Jänner 1788; fol. 80, 30 juin 1788: „[…] votre pere se plaint toujours de ses yeux ce qui l’ennuye […] mais ne l’empeche pas de sortir demain à Pise […]“. 45 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, 25 janvier 1790: „[…] grace à Dieu la famille se porte bien hors Rudolph qui a depuis huit jours la fievre avec de la toux […]“. 46 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, 12 février 1790. 47 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 28, Konv. 28–3, Großherzogin Maria Luisa am 23. Jänner 1788 in einem Brief an ihren Sohn Franz. 48 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 67, Konv. 67–4-1, 1790–1792, Briefe der Kaiserin Maria Luisa an ihren Sohn Alexander Leopold. 49 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, 8 février 1790. 50 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, 4 janvier 1790: „[…] nous attendons toujours la poste avec la plus grande impatience […]“. 51 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, 1er mars 1890, „[…] votre pere est parti ce matin […]“. 52 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 29, Konv. 29–4, Briefe vom 1., 4. und 14. März 1790; dazu auch HHStA, Staatenabteilung, Toskana 21, Konv. 1790, fol. 223, 2. März: „Unser allergnädigster Monarch [ist] von der ihm zugestoßenen Unpäßlichkeit vollkommen genesen und hat gestern früh nach 7h in Begleitung des Generals Marquis Manfredini die Reiß nach Wien angetreten […]“. 53 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 67, Konv. 67–3, fol. 3, Leopold II. am 15. März 1790 an seinen Sohn Leopold: „[…] mon voyage a été heureux, froid mais long, et ma santé est mediocre […] j’ai dejà arrangé tous vos quartiers ici et ne neglige rien de ce qui peut être pour votre utilité et avantage […]“. 54 HHStA, Staatenabteilung, Toskana 21, Konv. 1790, fol. 295. 55 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 20, Konv. 20–2, fol. 197. Leopold II. am 4. Jänner 1791 an Marie Caroline. 56 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 20, Konv. 20–2, fol. 61–63, Marie Caroline am 21. Juni 1791 an Leopold II. 57 Zitiert bei Forster, „[…] auf den ersten Thron der Welt gesetzt […]“, S. 234, Marie Therese am 27. August 1791 an Erzherzog Franz. 58 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 52, Juli–September 1791.

Die toskanischen Kinder – Biographische Skizzen Sie gingen alle ihren Weg: Franz als Kaiser, Ferdinand als Großherzog in schwieriger Zeit, Karl als Sieger von Aspern, Joseph als Palatin von Ungarn, Johann als „Steirischer Prinz“, Rainer als Vizekönig von LombardoVenetien, Rudolf als Kardinal und Förderer Beethovens, Ludwig als Vorsitzender der Staatskonferenz, Marie Terese und Marie Clementine als Herrscherinnen, Maria Anna als Äbtissin in Prag

Das erste Kind des Großherzogspaares Marie Terese war 1767 geboren worden, das letzte, Rudolf, kam 1788 zur Welt; in einem Zeitraum von 21 Jahren schenkte Maria Luisa 16 Kindern (Abb. 8) das Leben, erlitt sie vier Fehlgeburten1. Die Familie wurde mit schöner Regelmäßigkeit größer, vier Mädchen und zwölf Buben bevölkerten im Lauf der Jahre die toskanischen Residenzen, wobei lediglich zwei Buben, Albrecht und Max, im Kleinkindalter verstarben und deren Schwester Maria Amalia ihr 18. Jahr nicht überlebte; alle anderen Kinder durchliefen das von den Eltern vorgegebene Erziehungsund Unterrichtsprogramm und erfüllten die in sie gesetzten Erwartungen. Anders als in manch anderer – auch habsburgischer – Ahnentafel zeigt jene der toskanischen Kinder eine gute Durchmischung. In der Generation der 16 Ururgroßeltern zählen wir drei Habsburger, drei pfälzische Prinzessinnen sowie die bayerische Herzogstochter Anna, Schwiegertochter Ludwigs XIV. Das bourbonische Element ist auch durch den jüngeren Bruder des Sonnenkönigs vertreten, nicht zu vergessen die mit der Habsburgerin Maria Theresia eingebrachten deutschen Dynastien; den Urgroßvätern verdankten die Kinder ihre spanischen und italienischen Wurzeln2. Die Kinder des toskanischen Großherzogspaares gingen alle ihren Weg, der erstgeborene Sohn Franz als Kaiser, Ferdinand als Großherzog in schwieriger Zeit, Karl als Sieger von Aspern, Joseph als Palatin von Ungarn, Johann als „steirischer Prinz“, Rainer als Vizekönig von Lombardo-Venetien oder Rudolf als Kardinal und Förderer Beethovens, und die Prinzessinnen als Königinnen in Europa, wie Marie Terese und Marie Clementina, oder als Äbtissin wie Maria Anna in Prag. Die Kinder des Großherzogspaares genossen eine fröhliche, unbeschwerte Zeit in Florenz, in Pisa, in den diversen mediceischen Villen, die vor allem in den Sommermonaten gerne genützt wurden und wo die Prinzen Frösche und Krebse fangen konnten3. Das Familienleben war harmonisch, Erzherzogin Marie Christine beschrieb ihre

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Die toskanischen Kinder – Biographische Skizzen

Abb. 8: Zweiteiliges Diamantarmband der Großherzogin Maria Ludovika mit Miniaturporträts ihrer 16 Kinder, Florenz um 1788, Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Fotograf Alexander Eugen Koller.

Schwägerin als sanfte Mutter, die ihre Kinder liebt, ohne sie zu verwöhnen, und ihren Bruder als guten, zärtlichen Vater. Beiden war jedoch eine umfassende, fundierte Ausbildung der Kinder sowie die Erziehung im humanistischen Sinne wichtig, zahlreiche Denkschriften und Memoranden, vor allem aber die vom Großherzog 1782 zu Papier gebrachten Aufzeichnungen für die Schwester Marie Caroline in Neapel berichten von der Entwicklung der Kinder in den verschiedenen Altersstufen, von ihrem Unterricht, ihrer Lehrzeit, ihrer Freizeitgestaltung4. Neben den Unterrichtsstunden waren die Erzieher angewiesen, die Kinder täglich spazieren zu führen, womit aber auch ein bestimmter Zweck verbunden war: Sie sollten ihnen die großartigen Kunstdenkmäler, Kirchen und Bibliotheken, aber auch die verschiedenen Manufakturen und Handwerkerbuden sowie deren Arbeitsweise zeigen; sie sollten sie aber auch auf die armen Leute aufmerksam machen, ihnen Barmherzigkeit beibringen und vermitteln, dass alle Menschen gleich geboren seien, sie nicht besser seien als die anderen, denn „die Geburt sei lediglich eine Folge des Zufalls“5. Natürlich kamen zur Einstellung der Erzieher, Lehrer und Beichtväter Empfehlungen aus Wien, das Großherzogspaar gab jedoch immer die Linie vor. Sie orientierten sich auch an der entsprechenden Literatur ihrer Zeit, Pietro Leopoldo führt



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es selbst in seinem Schreiben an die Schwester an: „Livres desquels on a tiré la plupart des idées mises en œuvre sur l’éducation des enfants“. Seine Ratschläge an Marie Caroline in Neapel hinsichtlich der Ernährung, Bekleidung und Behandlung vom frühesten Kindesalter an stellen gleichsam die Summe der medizinischen und pädagogischen Erkenntnisse und Einsichten des 18. Jahrhunderts dar. Diese fortschrittlichen Prinzipien sind sicherlich auch von Johann Heinrich Pestalozzi beeinflusst; der Großherzog stand in diesen Jahren mit dem Schweizer Pädagogen in regem Kontakt, um die Reform und Vereinheitlichung des gesamten toskanischen Schul- und Erziehungswesens vorzubereiten, von den Elementarschulen in Stadt und Land bis zu den beiden Universitäten in Pisa und Siena. Bekanntlich interessierte sich Pietro Leopoldo sehr für die Naturwissenschaften, für Chemie und Physik sowie für die Mineralogie, die Zoologie und die Botanik, wobei diese Vorlieben auch ins Unterrichtsprogramm aufgenommen wurden; im vorgerückten Alter durften die Erzherzöge im Laboratorium des Vaters an Experimenten teilnehmen, und sicher besichtigten sie auch das 1775 in Florenz eröffnete und bis heute existierende Museo di Fisica e Storia Naturale. Das geistige Klima am Hof von Florenz, das Interesse an den Naturwissenschaften und die Hochschätzung der Gelehrten, die Teilnahme der Professoren der Universität an den Abendgesellschaften mögen wohl auch wesentlich zur geistigen Entwicklung der jungen Erzherzöge beigetragen haben6. Generell wurde mit drei Jahren begonnen, den Kindern spielerisch Kleinigkeiten beizubringen, ab vier Jahren lernten sie Deutsch, Französisch und Italienisch, mit fünf Jahren den Katechismus und Schreiben. Eine wahre Flut von Instruktionen an die Erzieher und Professoren haben sich von der Hand des Großherzogs wie erwähnt erhalten, sie geben Auskunft über den Tagesablauf und die Unterrichtsfächer der Kinder; zu den Sprachen, zu Geschichte und Geographie, zum damaligen Zeitpunkt noch vereinheitlicht und von Graf Hohenwart7 gelehrt, kam Mathematik, Physik und Philosophie; bei Franz wurde zudem großer Wert auf militärische Erziehung gelegt. Der Großherzog war bemüht, herausragende Fachleute für den Unterricht zu gewinnen, so übernahm der Pisaner Professor Foggi8 die Jurisprudenz und Andreas Riedel9 Mathematik. Vor allem aber war es das Großherzogspaar selbst, das, wenn notwendig, jederzeit in die Erziehung eingreifen konnte: „[…] comme ma femme ou moi les voyons presque continuellement et agissons entierement d’accord avec tous leurs messieurs, on est d’un moment à l’autre dans le cas de redresser ce qu’on y aurait à changer, avertissant les maitres à changer de methode […]“10. Im Rahmen dieses engen Familienlebens freut sich der Großherzog über seine Älteste, die ihm mit ihren fünf Jahren gerne Gesellschaft leistet, oder über den dreijährigen Franz, den er im September 1771 wie einen jungen Mann einkleidet11. Maria Luisa hingegen bereitete die Kinder auf erste Schritte am Gesellschaftsparkett vor, sie vermittelte ihnen ihre Liebe zur Musik, sie ließ Franz kleine Stücke am Cembalo vortragen, die Größeren konnten Theaterspiele aufführen oder mit dem Tanzlehrer Pazzaglia neue Schritte einlernen12. Die Erzherzoginnen ka-

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men täglich zur Mutter, sie hatten selbst von ihrem Verhalten zu berichten, und sollten sie sich schlecht benehmen, konnte die Erzieherin jederzeit den Kontakt zur Großherzogin suchen13; Maria Luisa lehrte sie sticken und in ihrer noch aus mediceischer Zeit eingerichteten Küche14 kleine Gerichte zubereiten, die zum Vergnügen der Familie, der Erzieher und Hofdamen verkostet wurden. Kaiser Joseph II. hatte schon Ende der sechziger Jahre klar gemacht, dass er kein drittes Mal heiraten würde, dank des Kinderreichtums seines Bruders konnte er mütterliche Bemühungen für eine neuerliche Verehelichung abwehren15; somit wusste man aber auch in Florenz und Wien, dass die Nachfolge an ein Kind des Großherzogspaares übergehen würde. Es verwundert daher nicht, dass sich Maria Theresia und Joseph II. bei Fragen der Ausbildung und Erziehung der toskanischen Kinder immer wieder einbrachten - nicht immer zur Freude der Eltern. Maria Theresia hatte sogar eine Reise nach Görz in Erwägung gezogen, wo sie sich mit der Familie treffen wollte, um die Kinder kennenzulernen, ihr Gesundheitszustand erlaubte die Reise jedoch nicht. Dafür unterstützte sie die Reisepläne der Erzherzogin Marie Christine und Albert von Sachsen-Teschen, die 1776 von allen italienischen Höfen berichten mussten. Auch der reisefreudige Kaiser war unterwegs, er besuchte die Toskana in den Jahren 1769, 1775, 1784 und 1785, wohl auch, um sich selbst ein Bild vom Fortschritt der Kinder machen zu können. Er fühlte sich wohl in der Familie seines Bruders, wie er es kurz nach seiner Abreise 1775 in einem Brief an Leopold zum Ausdruck brachte, wobei er auf die Kinder einzeln einging16. Die Begeisterung der ersten Jahre verflog mit den wachsenden Ansprüchen; als Joseph II. im Februar 1784 drei Wochen in der Toskana zubrachte, vor allem um zu sehen, wie sich die Kinder in den vergangenen neun Jahren entwickelt hatten, übermittelte er dem Fürsten Kaunitz ein vernichtendes Urteil, darin betrachtete er keinen der toskanischen Prinzen als für den Staatsdient geeignet17, was er auf das milde Klima und den Lebenswandel zurückführte – der Kaiser sollte sich täuschen. Die Erziehung, Ausbildung und die später einzuschlagende Laufbahn der toskanischen Kinder waren ein immer wiederkehrendes Gesprächsthema zwischen Joseph II. und Pietro Leopoldo; wenn der wankelmütige Kaiser sich in Erziehungsfragen einmischte mit dem Argument, dass die Kinder später dem Staat zu dienen hätten, so konnte er bei nächster Gelegenheit brüsk darauf hinweisen, dass damit nicht zu rechnen sei. Der Großherzog kannte die Gefühlsschwankungen des Bruders, dem es niemand recht machen konnte, und so brachte er die späteren Lebenswege seiner Kinder offen zur Sprache in einem Schreiben vom Jänner 1787, jedoch wohl wissend, dass das Schicksal die Weichen noch ganz anders stellen konnte; viel unterwürfiger war es kaum möglich: „[…] je vous prie d’abord d’être persuadé que bien loin d’avoir mis en tête à mes enfants qu’ils devront avoir des établissements tous, […] ils sont tous persuadés qu’ils doivent s’appliquer et se rendre capables pour être employés avec le temps selon leur capacité et si ils le seront, comme de simples particuliers et serviteurs de l’Etat, qu’ils devront tout à vos bontés et à leur capacité et certainement aucun d’entre eux n’a



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la moindre idée de hauteur, […] mes filles […] sont persuadées que pour elle et leur age il est presque impossible de trouver des parties convenables […] elles sont bien persuadées de devoir rester dans leur Maison et chez leurs Parents […]“18. Das schrieb ein besorgter Vater von (zu diesem Zeitpunkt) 15 Kindern drei Jahre vor dem Tod Josephs II., drei Jahre bevor er selbst die Kaiserwürde übernehmen musste, und selbstverständlich rechnete er mit der Möglichkeit, dann die entsprechenden Schritte unternehmen zu können, um dem Nachwuchs den Weg ins Leben zu ebnen. In den Jahren, in denen Pietro Leopoldo und Maria Luisa die Toskana regierten, öffnete sich das Großherzogtum gegenüber Europa, kamen neue Ideen und fremdes Gedankengut ins Land, entstanden wissenschaftliche Institutionen und die Academia delle Belle Arti, entwickelte sich der Fremdenverkehr, zeigte man sich gegenüber Erfindungen aufgeschlossen, florierte die Landwirtschaft dank neuer Sorten und Anbaumethoden, führten die zahlreichen wirtschaftlichen und technischen Veränderungen auch zu einer Vereinheitlichung der toskanischen Maße und Gewichte. So wie das unprätenziöse großbürgerliche Familienleben den Kindern Geborgenheit gab und eine umfassende Ausbildung vermittelte, erweiterte der Aufbruch in eine neue Zeit, den sie in diesen Jahren hautnah miterleben durften, ihren geistigen und sozialen Horizont; sie nahmen die gewonnenen Erkenntnisse in ihr späteres Leben mit19.

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Maria Theresia (1717–1780)

Maria Amalia von Sachsen (1724–1760)

Franz Stephan von Lothringen (1708–1765)

Peter Leopold (1747–1792)

Carlo III. von Spanien (1716–1788)

Maria Luisa de Borbón (1745–1792)

Marie Terese (1767–1827) heiratet Anton von Sachsen (1755–1836) keine Kinder Franz II./I. (1768–1835) Kaiser, Kaiserliche Linie 1. Ehe mit Elisabeth von Württemberg (1767–1790), keine Kinder 2. Ehe mit Maria Theresia (1772–1807), 12 Kinder 3. Ehe mit Maria Ludovica Beatrix (1787–1816), keine Kinder 4. Ehe mit Karoline Auguste von Bayern (1792–1873), keine Kinder Ferdinand (1769–1824), Großherzog der Toskana, Linie Toskana 1. Ehe mit Marie Louise von Neapel–Sizilien (1773–1802), 6 Kinder 2. Ehe mit Maria von Sachsen (1795–1865), keine Kinder Maria Anna (1770–1809), Äbtissin, kinderlos Karl Ludwig (1771–1847), „Sieger von Aspern“, Begründer der Linie Karl heiratet Henriette von Nassau–Weilburg (1797–1829), 6 Kinder Alexander Leopold (1772–1795), Palatin Albrecht (1773– 1774) Max (1774–1778) Joseph Anton (1776–1847), Begründer der Ungarischen Linie 1. Ehe mit Alexandra Pawlowna (1783–1801), kinderlos 2. Ehe mit Hermine von Anhalt (1797–1817), 2 Kinder 3. Ehe mit Dorothea von Württemberg (1797–1855), 4 Kinder Maria Clementina (1777–1801) heiratet Franz von Neapel–Sizilien (1777–1830), 2 Kinder Anton Viktor (1779–1835), Hochmeister des Deutschen Orden, kinderlos Maria Amalia (1780–1798), unverheiratet, kinderlos Johann Baptist (1782–1859) heiratet Anna Plochl (1804–1885), 1 Sohn Rainer Josef (1783–1853), Begründer der Linie Rainer heiratet Elisabeth von Savoyen (1800–1856), 7 Kinder Ludwig (1784–1864), unverheiratet Rudolf (1788–1831), Kardinal–Erzbischof



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Biographische Skizzen

Marie Terese Josephine Carlotte, Königin von Sachsen (14.01.1767–07.11.1827)

Das erste Kind des toskanischen Großherzogspaares erhielt die Namen der habsburgischen Großmutter sowie jene des Kaisers und des spanischen Großvaters. Aus Freude über die problemlose Geburt wurde einhundert Paaren die Hochzeit samt Ausstattung ausgerichtet20. Die kleine Erzherzogin durchlief ein umfassendes Unterrichts- und Erziehungsprogramm, im Alter von viereinhalb Jahren konnte sie schon in vier Sprachen lesen21, sie leistete ihrem Vater Gesellschaft22 und erlernte bei der Mutter gesellschaftliches Verhalten23. Es sollte sich bewähren: Als Marie Terese bei ihrer Brautreise am Wiener Hof vorgestellt wurde, zeigte sich sogar Joseph II. von ihrem vollendeten Benehmen, von ihrer freundliche Konversation mit den ihr völlig fremden Adeligen angenehm überrascht. Erste Heiratsprojekte hatte es für die toskanische Prinzessin zwar schon früh gegeben, allerdings hatte Joseph II. die Heirat mit Don Juan von Portugal mit dem Hinweis abgelehnt, dass Terese Besseres verdient habe24, und auch die ins Auge gefasste Verbindung mit dem kurpfälzischen Hof kam nicht zustande, sehr zum Leidwesen des Großherzogs25, der davon seinem Bruder berichtete und ihn bat, unauffällig in Dresden bezüglich einer etwaigen Ehe mit dem Bruder des Kurfürsten anzufragen. Der Kaiser fand diese Partie zwar auch bescheiden, sah eine eventuelle Thronfolge in weiter Ferne, hatte aber wenig Hoffnung, dass sich für die bereits 18-jährige Erzherzogin eine bessere Verbindung ergeben könnte26. Allerdings dürfte die Großherzogin eine Verbindung mit dem Haus des Kurfürsten von Sachsen gar nicht als „bescheiden“ empfunden haben, eher als eine Rückkehr in die mütterliche Familie, war Maria Luisas Mutter doch eine sächsische Prinzessin gewesen. So kam es 1787 zur Hochzeit mit Prinz Anton von Sachsen (1755–1836)27, dem verwitweten Bruder des Kurfürsten Friedrich August III.; es wurde eine sehr harmonische Ehe, Marie Terese integrierte sich sehr gut in die kurfürstliche Familie, das Kronprinzenpaar lebte trotz der bedeutenden politischen Stellung eher zurückgezogen. Maria Luisa hatte sich gegenüber dem Kaiser durchgesetzt, Joseph II. hatte für die Vermählung Prag oder Wien vorgeschlagen. Das kam für die Großherzogin nicht in Frage, die Hochzeit ihrer Ältesten sollte in Florenz gefeiert werden, mit all dem Prunk, der einer österreichischen Erzherzogin und Tochter des Großherzogs der Toskana zustand. Es war ein prächtiges Fest mit Opern- und Theateraufführungen, luxuriösen Bällen und glänzenden Empfängen. Marie Terese blieb ihrer Heimat und ihrer Familie lebenslang verbunden, auch in späteren Jahren bezeichnete sie sich als „moi comme native Toscane“28. Die Eltern sollte sie schon bald wiedersehen. Nachdem Joseph II. am 20. Februar 1790 verstarb, folgte

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ihm Leopold in der Kaiserwürde und als Herrscher über die habsburgischen Länder nach, und viele Familienmitglieder trafen sich zur Dreifach-Hochzeit im September 1790 in Wien und zur Kaiserkrönung in Frankfurt. Nach der zehnjährigen Alleinherrschaft seines Bruders verfolgte Leopold II. eine Politik der Deeskalation, wichtigstes Anliegen war ihm die politische Beruhigung Europas, „retablir la tranquilité publique de l’Europe“29; für dieses Ziel gelang ihm die Aussöhnung mit Preußen, gemeinsam mit dem ehemaligen Gegner sollte der Kampf gegen das revolutionäre Frankreich geführt werden. Für die Unterzeichnung einer diesbezüglichen Erklärung reisten Leopold II. und Erzherzog Franz nach Pillnitz, der sächsischen Sommerresidenz, die neben den Verhandlungen mit Friedrich Wilhelm II. von Preußen unter der Schirmherrschaft des Kurfürsten von Sachsen auch Gelegenheit zum Familientreffen gab: „Am 24. August 1791 schon früh waren Prinz Anton und Maria Teresa dem Kaiser bis Zehista, der ersten sächsischen Poststation entgegengefahren, die Zusammenkunft war rührend, lebhaft und zärtlich und da Leopolds Wagen schadhaft geworden war, fuhr der Kaiser im Wagen von Tochter und Schwiegersohn mit“30. Am 27. August reisten der Kaiser und Erzherzog Franz in der Nacht ab, in Prag sollte die Krönung zum böhmischen König erfolgen – hier traf sich die Familie wieder. Leopold II. und Maria Luisa starben 1792, es blieb ihnen erspart, die Begeisterung der Tochter für den Usurpator Napoleon mitzuerleben31. Sachsen hatte zuerst an der Seite Preußens gegen Frankreich gekämpft, nach der verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt trat es 1806 dem Rheinbund bei und wurde Königreich von Napoleons Gnaden. Erst nach der Völkerschlacht von Leipzig änderte Sachsen erneut die Richtung; Prinz Anton und Marie Terese versuchten in den Verhandlungen zum Wiener Kongress trotz heftigen Widerstands Preußens die Interessen Sachsens zu wahren; es mussten einige Gebiete an Preußen abgetreten werden, der Status des Königreichs aber blieb erhalten32. Die „toskanischen Geschwister“ trafen sich immer wieder, vor allem bei familiären Gelegenheiten oder zu einfachen Verwandtenbesuchen. Sie trafen sich vor allem in Wien ab 1815, als nach dem napoleonischen Zwischenspiel wieder Ruhe eingekehrt war. Marie Terese betätigte sich auch als Heiratsvermittlerin zwischen Dresden, Wien und Florenz, ihr Neffe Leopold, der Sohn Ferdinands III. von Toskana und als Großherzog ab 1824 Leopold II., heiratete am 16. November 1817 Maria Anna, eine Tochter ihres Schwagers Maximilian, jüngerer Bruder ihres Gemahls Anton 33. Noch etwas enger wurde die Verbindung der beiden Häuser durch die Heirat des Großherzogs Ferdinand III. mit der älteren Schwester seiner Schwiegertochter, ein verwickeltes Familienverhältnis, wie es auch im Hause Habsburg oft vorkam. Die dritte von Marie Terese arrangierte Hochzeit betraf ihre Nichte Karolina Ferdinanda (1801–1832), Tochter des Kaisers Franz II./I. und seiner zweiten Gemahlin Maria Theresa von Neapel; sie wurde 1819 dem Kronprinzen Friedrich August von Sachsen angetraut, die Ehe blieb kinderlos.



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Marie Terese durfte noch ihre Erhebung zur Königin von Sachsen erleben. Am 5. Mai 1827 starb in Dresden König Friedrich August I., da er keine männlichen Nachkommen hatte, wurde Prinz Anton zum König von Sachsen ausgerufen. „Den 23. Oktober 1827 früh um 8 Uhr reisten Seine Majestät Anton König von Sachsen, von Allerhöchster Gemahlin Ihro Majestät der Königin Maria Teresa begleitet von hier nach Leipzig um die Erbhuldigung anzunehmen […]“34. Bald nach der Ankunft in Leipzig wurde die Königin von Übelkeit erfasst, sie starb am 7. November 1827, ihr Leichnam wurde nach Dresden überführt und in der Wettiner Gruft der Hofkirche beigesetzt35. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 344; Zangheri, Feste e apparati, p. 117.

Franz Joseph Karl, Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reiches, Kaiser Franz I. von Österreich (12.02.1768–02.03.1835)

Auch der heiß ersehnte Sohn des toskanischen Großherzogspaares war ohne größere Schwierigkeiten zur Welt gekommen. Es war Fasching, Maria Luisa hatte sich das Maskentreiben angesehen und am Abend des 11. Februar 1768 noch zwei Theatervorstellungen besucht36. Dieses Kind war in Wien inständigst erwartet worden und veranlasste Maria Theresia während einer Vorstellung ins Burgtheater zu eilen, das sie seit dem Tod ihres Mannes nie mehr betreten hatte, um dem überraschten Publikum zuzurufen: „Der Poldl hat an Buam!“ Dieser Bub erhielt als ersten Namen den des Großvaters Franz I. Stephan sowie die Namen des Kaisers Joseph II. und des spanischen Großvaters Carlos. Da Joseph II. sich weigerte, eine dritte Ehe einzugehen, war sehr bald klar, dass dieses Kind die Nachfolge im Heiligen Römischen Reich und in den habsburgischen Ländern würde antreten müssen. Der Kaiser machte dies auch dadurch deutlich, dass er ihm schon am Tag seiner Taufe den Orden vom Goldenen Vlies verlieh – eine Auszeichnung, die dem erstgeborenen Sohn des Souveräns zukam37. Der Lebensweg des zukünftigen Kaisers folgte in den ersten Jahren noch nicht der habsburgischen Tradition, bis 1784 genoss er die familiäre Atmosphäre des großherzoglichen Hofes; mit der Übersiedlung nach Wien begann dann aber die Vorbereitung auf seine zukünftige Aufgabe. Die Publikationen über diesen Herrscher sind umfangreich, daher seien hier nur einige wichtige Stationen seines Lebens herausgegriffen und mit Zitaten belegt. Kaiser Joseph II. war erpicht darauf, seinen voraussichtlichen Nachfolger in Augenschein zu nehmen, im Frühjahr 1769 reiste er in die Toskana und beschrieb der Mutter das etwas mehr als ein Jahr alte Kind der neuen habsburg-lothringischen Familie: „[…] l’archiduc est charmant, gros et gras; il marche assez bien en bretelles et a d’abord reconnue mon frère en lui criant Papa […]“38. Natürlich hätte die Großmutter ihr Enkelkind auch gerne gesehen, aber für Maria Theresia stand noch immer das Interesse der Monar-

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chie im Vordergrund, was sehr bald bei der Wahl des Ajo sichtbar wurde; die Entscheidung für das wichtigste Amt im Hofstaat des jungen Erzherzogs fiel in Wien. Während sich der Großherzog für Angelo Fabroni, Professor an der Universität zu Pisa, entschieden hätte, bevorzugte der Kaiser Graf Lamberg39; die beiden Brüder verhandelten noch, wobei Joseph II. immer wieder zu verstehen gab, dass die Kinder des Bruders auch die seinen wären40 und er daher mitreden müsse, entschied sich Maria Theresia bereits für Graf Colloredo, Vater und Onkel hatten den Entschluss zu akzeptieren41. Der Großherzog gab Graf Colloredo eine Charakteristik des Sohnes an die Hand, die zeigt, dass er Franz beobachtet hatte und sich seiner Fehler und Schwächen bewusst war: „[…] Il faut se comporter envers lui [François] avec franchise, cordialité et confiance pour tacher de gagner la sienne. Il faut être aussi avec lui froid, ferme et sincere, toujours constant dans ses maximes, lui parler toujours clair et ferme en raisonnant pour le persuader et convaincre, il faut tacher de lui faire voir et connaitre qu’on ne se soucie pas de ce qu’il fait, ou dit de piquant, ou de desobligeant quelque fois exprès pour causer du deplaisir, on lui fera pourtant sentir tranquillement et de sang froid qu’on s’en apperçoit et que l’on connait ce qu’il pense, mais que l’on ne s’en soucie pas; on doit tacher de l’engager à dire de lui même ce qu’il pense et à être sincere. […] Il faut lui faire remarquer ses propres defauts en parlant et raisonnant là dessus avec lui, vaincre son amour propre […] ne lui pas permettre les mensonges […] ne lui pas permettre de se louer, de se donner des airs pour commander aux autres, ni d’animer ses frères les uns contre les autres […]. Enfin ne pas souffrir ses mauvaises humeurs, impertinences, intolerances, ni amour propre […]“42. Da klingt bei Pietro Leopoldo die Erinnerung an seinen großen Bruder durch, der, von Eltern und Erziehern verwöhnt, seine Vorzugsstellung die Geschwister bei jeder Gelegenheit hatte spüren lassen. Und das wollte er bei seinen Kindern nicht. Die Anweisungen des Vaters sind zahlreich, sie betreffen den Unterricht, der täglich von morgens bis abends stattfindet und nur durch den Besuch der Messe und durch die Mahlzeiten unterbrochen wird; sie betreffen die Ernährung, dem jungen Erzherzog sollen vor allem Früchte und Gemüsegerichte, wenig Fleisch und niemals scharfe oder schwere Speisen verabreicht werden. Statt des morgendlichen Kaffees erhielt er dreimal wöchentlich Suppe mit einem Stück Brot. Der Großherzog legte auch besonderen Wert darauf, dass die Räume der Kinder zu jeder Jahreszeit gut durchlüftet wurden und sie auch bei schlechtem Wetter spazieren gingen43. Erzherzogin Marie Christine, die mit ihrem Gemahl Albert von Sachsen-Teschen 1776 nach Italien reiste und ihrer Mutter genaue Beschreibungen von den an italienische Höfe verheirateten Geschwistern schicken musste, schilderte ihren Neffen so: „[…] Der ältere Sohn Franz ist eines der hübschesten Kinder, die ich je gesehen habe, […] groß, stark ohne plump zu sein, hat er ein rundes Gesicht, schöne Augen, ein reizendes Lächeln, hübschen Teint […] ein lebhaftes Betragen, das gefällt. Dieser Knabe, ein wenig weichlich von den Frauen erzogen […] hat davon die Spuren bewahrt. Er ist lebendig, aber ein wenig furchtsam, er hat Verstand, ist aber ein wenig langsam […]



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er ist von Natur aus schüchtern und außerordentlich gefühlvoll, so sehr, daß […] dies leicht in Melancholie ausarten könnte. Aber wie dieses Kind überall ein besonderes Gefühl von Ehre hat, so meine ich, daß man aus ihm alles wird machen können […]“44. Der Erzieher Graf Colloredo konnte schon wenige Jahre später eine Veränderung im Verhalten des Erzherzogs gegenüber der Charakteristik des Vaters feststellen: „François parait beaucoup changer à son avantage, il commence à se corriger de ses défauts de dissimulation et amour propre, il fait connaitre de plus en plus du talent et de l’esprit“45. In Wien verfolgten Maria Theresia und Joseph II. sehr genau die Entwicklung des voraussichtlichen Nachfolgers, wobei Maria Theresia in ihrem letzten Brief an den Enkelsohn es nicht lassen konnte, ihn zu mehr Fleiß, zu verstärktem Bemühen aufzufordern: „J’ai été charmé de voir par la mesure que m’a envoyé votre chere Mère combien vous avez augmenté cette année, le monter à cheval contribuera pas moins, mais en vieille maman permettez que j’ajoute que vos études et surtout l’application doivent croitre en meme temps, pour la consolation de vos chers parents [et] la satisaction de ceux qui ont soin de vous et pour votre propre bonheur auquel tous nos soins tendent, votre bonne grandmere Marie Therese“46. Im Februar 1784 verbrachte Joseph II. drei Wochen in der Toskana und schilderte dem Fürsten Kaunitz die Eindrücke, die er vom präsumtiven Nachfolger gewonnen hatte. Er bezeichnete ihn als langsam und träge und auch seine Umgangsformen ließen zu wünschen übrig: “[…] Je vous dirai sincerement mon Prince, qu’autant que j’ai pu connaitre ce jeune homme dans les trois semaines que j’ai été ici et où j’ai passé journellement plusieurs heures avec lui […] je l’ai trouvé non sans connaissances, même avec de l’application parfois, d’ailleurs d’un jugement froid, lent, mais assez sain. Au reste il est d’une apathie singulière sur tout ce qui s’appelle plaisir et amusement, paresseux d’esprit […] petit de taille mais manquant encore de manières et de façon de se présenter […] mais je ne desespère point qu’il ne puisse devenir une tête assez bien organisée pour les affaires et surtout je crois qu’il pourra y avoir de la fermeté dans son caractère […]“47. Letztlich beurteilte der Kaiser aber die bisherige Ausbildung und Erziehung des Neffen vernichtend, denn „[…] sein Physisches ist gänzlich vernachlässigt […], er stellt ein sogenanntes verzogenes Muttersöhnchen dar [und er kritisierte besonders, dass das] milde toskanische Klima den Körper eher verweichlicht und es in Florenz nicht möglich wäre, Franz soldatisch zu erziehen und militärisch auszubilden […]“48; das bedeutete jetzt, der Erzherzog musste so schnell wie möglich nach Wien kommen. Allerdings sollten sich gerade diese Eigenschaften in späteren Jahren in der Auseinandersetzung mit dem revolutionären Frankreich und im erbitterten Kampf gegen Napoleon bewähren. Im Frühjahr 1784 entschied sich also der weitere Lebensweg des jungen Erzherzogs. Maria Luisa kannte die Vorbehalte des Kaisers, sie wusste aber auch, dass Franz den Anforderungen gewachsen sein würde. Der Erzherzog war nun 16 Jahre alt geworden, und es war Zeit, ihn gehen zu lassen; wie sehr sie ihn vermisste, zeigt die Korrespondenz, die sie nach seiner Abreise mit ihm führte49. In Begleitung seines Vaters reiste Franz

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im Juni 1784 nach Wien, um auf seine späteren Aufgaben vorbereitet zu werden; sein Onkel hatte ihm im 2. Stock auf der zum Inneren Burghof gelegenen Seite des Schweizerhofes der Wiener Hofburg ein Appartement einrichten lassen, er sollte es bis an sein Lebensende bewohnen50. Mit einer Apanage von 18.000 Gulden hatte er alle privaten Ausgaben, Garderobe, Unterhaltungen und Almosen zu bestreiten. Sparsam und jedem Luxus abhold, gelang es ihm, jene Beträge zu erübrigen, mit denen er sich Schritt für Schritt eine eigene Bibliothek und Porträtsammlung aufbauen konnte; Graf Colloredo vermerkte in seinem Tagebuch unter dem 19. Februar 1785: „Er [Erzherzog Franz] hat den Gedanken gefaßt, sich eine Bibliothek zusammenzusetzen“. Als Joseph II. davon erfuhr, nannte er seinen Neffen einen Stubenhocker; wie hätte er auch ahnen können, dass die Privatbibliothek samt Porträtsammlung des Kaisers Franz einmal einen ganz wesentlichen Bestandteil der Österreichischen Nationalbibliothek und des Bildarchivs bilden sollte?51 Bedächtigkeit blieb ein wesentliches Merkmal im Handeln des jungen Erzherzogs. Joseph II. meinte in einem Brief an seinen Bruder, dass Franz zwar talentiert sei, aber ohne jegliches Temperament, er könne genauso gut Theologie studieren: „[…] François a du talent, de l’esprit mais pas une idée de vivacité dans l’execution ni pour desirer une chose si on l’y mettait il ferait egalement des etudes de theologie […]“52. Gleiches galt offensichtlich auch im militärischen Bereich, was Joseph II. dazu veranlasste, Graf Lamberti ganz genaue Anweisungen für die Behandlung seines Neffen zu geben und ihn aufzufordern, die ihm gewährten Möglichkeiten auch auszuschöpfen: „[…] Avec un caractere comme celui de mon neveu il n’y a rien de mieux à faire que de le forçer dans son dernier retranchement et d’aller toujours son train sans avoir egard à la bonne ou mauvaise humeur, d’autant plus que vous avez pour vous l’autorité que je vous ai donné. Vous pouvez même lui faire sentir à la première occasion si les choses n’allaient pas ainsi que je m’en attendais, que vous aviez ordre de faire atteler tout de suite la voiture pour revenir à Vienne […] quand aux suites qui en resulteraient il se le dira probablement lui-même […]“53. Der Großherzog kannte seine Kinder recht genau, und er konnte seinem ungeduldigen, immer hastig weiter eilenden Bruder keine Verhaltensänderung versprechen, denn „[…] François etait le caractere le plus difficile de tous […] il a toujours été le plus caché de tous“54. Franz war nach der Beurteilung des Vaters also der Schwierigste von allen, langsam, abwägend, störrisch, verschlossen, aber auch ein Familienmensch; in späteren Jahren sollte er gerne alle um sich versammeln. Ganz offensichtlich fehlten dem Halbwüchsigen in der riesigen Wiener Burg die Brüder – er hoffte wohl, da sie bald kommen würden, und bereitete schon mal ihre Zimmer vor55 – es sollte noch dauern. Erzherzog Franz wurde nun am Wiener Hof im Geist des fürstlichen Absolutismus erzogen, der durch die Aufklärung in den Dienst des Staates und Volkes gestellt worden war, aber immer noch „absolut“ blieb. Es zeigt sich keine Bereitschaft, die Macht des Herrschers einzuschränken – und daran sollte Franz während seiner langen Regie-



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rungszeit unverrückbar festhalten, als Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reiches ebenso wie als Franz I. Kaiser von Österreich. Am 6. Jänner 1788 heiratete Erzherzog Franz in der Wiener Augustinerkirche Prinzessin Elisabeth von Württemberg, da seine Mutter zwei Tage später in Florenz ihr letztes Kind zur Welt brachte, blieb das Großherzogspaar der Hochzeit fern. Es war eine kurze Ehe, Elisabeth starb bei der Geburt ihrer Tochter, zwei Tage vor Kaiser Joseph II. Erzherzog Franz blieb wohl nicht viel Zeit zum Trauern. Er wusste, was zu tun war, und bereitete für seinen Vater den Weg, der nun unter dem Namen Leopold II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden sollte. Dieser schrieb am 25. Februar 1790 an seinen Sohn, dass er alle Titel weglassen sollte, denn zwischen ihnen gehe es nun darum, gemeinsam für Staat und Volk nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten. Der nunmehrige Kaiser begrüßte vor allem die die kaiserliche Kanzlei betreffenden Vorsichtsmaßnahmen56. Sie hatten viel zu besprechen. Erzherzog Franz fuhr dem Vater bis Klagenfurt entgegen, er entwickelte sich zu einem verlässlichen Partner, der sich der Verantwortung bewusst war; er konnte bald in Abwesenheit des kaiserlichen Vaters die Geschäfte in Absprache mit der Mutter weiterführen: „[…] Toutes les affaires de Cour de Grand Chambellan et du Grand Maitre il [Franz] les expediera sous sa signature, en demandant auparavant pour les affaires relatives à la Cour les ordres de S. M. L’Imperatrice […]“57. Leopold II. hatte in jenen Jahren nicht nur die familiären Eheprojekte zu regeln. Erzherzog Franz hatte im September 1790 seine Cousine geheiratet und die Erbfolge in der Monarchie gesichert, vor allem aber wollte der Kaiser die Lage in den habsburgischen Ländern stabilisieren und Europa den Frieden bringen. Erzherzog Franz war an seiner Seite und bereitete die Unterlagen für die Verhandlungen vor, Leopold II. bedankte sich für die wertvolle Hilfe58. Die von Leopold II. an den Sohn und späteren Nachfolger delegierten Relationen und Befehle haben sich erhalten59; sie zeigen, dass die beiden Jahre bis zum Tod des Vaters am 1. März 1792 wahrscheinlich die lehrreichste Zeit im Leben des habsburg-lothringischen Erzherzogs Francesco aus dem Großherzogtum Toskana war, der nun unter dem Namen Franz II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde und am 6. August 1806 angesichts der Gefahr, dass sich Napoleon der Krone bemächtigen und sich selbst krönen könnte, dieses Reich für erloschen erklärte, um sich fortan Franz I., Kaiser von Österreich zu nennen. Es mag als Willkür des Schicksals anzusehen sein, dass gerade dieser mittelmäßige Monarch als Erstgeborener die Nachfolge anzutreten hatte, nicht der kluge Joseph, nicht der geniale Feldherr Karl, nicht der fortschrittliche Johann; der älteste Sohn des aufgeschlossenen, weitsichtigen Kaisers Leopold II. war eben Franz, Franz der Gute, der Kaiser des „Gott erhalte“, der „Biedermaierkaiser“. Trotzdem: Er überdauerte die Französische Revolution, die Napoleonischen Kriege, das französische Kaiserreich – vielleicht eine Besonderheit in der langjährigen Geschichte des Hauses, dass wieder, wie schon unter Kaiser Friedrich III.60, durch einen wenig entscheidungsmutigen Herrscher die Monarchie alle Krisen und Anfeindungen überstand.

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Auswahlliteratur: Cölestin Wolfsgruber, Franz I. Kaiser von Österreich, 2 Bde., Wien/ Leipzig 1899; Eduard Wertheimer, Die drei ersten Frauen des Kaisers Franz, Leipzig 1898; Viktor Bibl, Kaiser Franz, der letzte römisch-deutsche Kaiser, Wien 1938; Walter Langsam, Franz der Gute. Die Jugend eines Kaisers, Wien 1954; Breininger NadjaMaria, Franz II./I., Kindheit, Jugend und Erziehung in Florenz und Wien (1768–1790), Diss. Wien 1994; Hamann, Die Habsburger, S. 130–134.

Ferdinand Joseph Johannes, Großherzog der Toskana, Großherzog zu Württemberg, Kurfürst von Salzburg (06.05.1769–18.06.1824)

Umfangreich und gründlich hat sich Franz Pesendorfer mit Großherzog Ferdinand III. von Toskana, mit dem Land und seiner Zeit auseinandergesetzt, daher seien hier nur einige Meilensteine seines Lebensweges hervorgehoben. Den Namen „Ferdinand“ verdankte der spätere Großherzog der Toskana seinem neapolitanischen Onkel Ferdinand IV., der ein Jahr zuvor Erzherzogin Marie Caroline geheiratet hatte. Da der erstgeborene Franz schon früh für die Nachfolge im Heiligen Römischen Reich und in den habsburgischen Ländern vorgesehen war, sollte Ferdinand wohl dereinst im Großherzogtum Toskana nachfolgen – diese Überlegung änderte sich erst, als Joseph II. entgegen allen Vereinbarungen die Toskana der Habsburgermonarchie einverleiben wollte. Noch sah man aber in Ferdinand den zukünftigen Großherzog, und gemeinsam mit dem älteren Bruder kümmerte sich Colloredo um deren Erziehung und Unterricht, während Jacques de Sauboin die Kinder als „Unteraufseher ohne Titel“ betreute. Langsam bildeten sich die Charaktere der beiden Buben heraus, Franz war der stärkere, Ferdinand meistens der Verlierer, was aber auch an seiner schwächeren Gesundheit lag. Der besorgte Vater gab Colloredo die entsprechenden Anweisungen: „[…] Il faut avoir plus de soin pour sa santé, étant plus faible et delicat, l’exposer moins à l’air et à l’humidité et dans l’hiver il faut le tenir plus couvert et chaudement habillé, ne lui pas faire faire trop de mouvement et des promenades fatiguantes surtout à pied […] son caractère est bon, il faut l’encourager à perseverer dans sa sincerité et son point d’honneur, à quitter toute polissonnerie et à se donner d’avantage à l’application […]“61. Schon im Verhalten der jugendlichen Brüder wurde der Grundstein für das spätere Zusammenleben gelegt, Ferdinand anerkannte widerspruchslos den Führungsanspruch des Älteren und späteren Oberhauptes der Familie. Nachdem Franz 1784 nach Wien zur weiteren Ausbildung übersiedelt worden war, kamen derartige Überlegungen auch für die nächstgeborenen Söhne zur Sprache und als der Kaiser die Erziehung Ferdinands in Wien in Erwägung zog, teilte der Großherzog im Dezember 1786 seine Bedenken mit: „[…] Mon fils Ferdinand a la santé beaucoup plus forte à présent mais a encore besoin de beaucoup de soins et menagements



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et d’un climat doux, […] il a terminé ses etudes au droit qu’il étudit à present, son caractere est bon, doux, mais pas capable de beaucoup de travail assidu […], le caractere franc et ouvert […] je crois qu’il aurait besoin du climat d’Italie […] vous nous feriez une grace de nous le laisser […]“62. Ganz offensichtlich beharrte der Kaiser darauf, die Neffen in Wien zu erziehen, was den Großherzog zu erneuter Bitte veranlasste: „[…] vous nous feriez une grande grace et surtout à ma femme qui aime beaucoup ce fils, qui lui sert de compagnie ayant deja presque fini ses etudes, si vous le lui laissiez ici surtout dans le temps ou elle perdra ses trois autres fils grands, il lui servira de consolation d’autant plus que l’air et climat de ce pays sont très utiles et necessaires au moins encore une couple d’années […]“63. Es mag sein, dass sich Maria Luisa dem kaiserlichen Drängen widersetzte, was ihr auch leichter fiel als ihrem Mann, für den Joseph II. nicht nur der Bruder, sondern vor allem das Oberhaupt der Familie war. Daher musste er auch immer wieder Berichte über den Gesundheitszustand Ferdinands nach Wien abliefern64, letztlich aber blieb Ferdinand trotz gesundheitlicher Fortschritte mit all seinen anderen Geschwistern in der Toskana. Es mag aber auch sein, dass die Anhänglichkeit der Mutter dem Großherzog als Vorwand diente, gerade diesen für die Nachfolge bestimmten Sohn im Land zu behalten; da die von Joseph II. angestrebte Vereinigung der Toskana mit der Habsburgermonarchie keineswegs den Plänen des Großherzogs entsprach, war es wichtig, den präsumtiven Nachfolger hier aufwachsen zu lassen. Nach dem Tod Josephs II., nachdem Pietro Leopoldo die Annexion der Toskana an die Habsburgermonarchie rückgängig gemacht und nun selbst die Kaiserwürde übernommen hatte, wurde der weitere Lebensweg Ferdinands im Sinne des Vaters geregelt: Im September 1790 wurde er mit seiner Cousine Maria Luisa von Neapel-Sizilien verheiratet, die ihm nicht hübsch genug war, und 1791 übernahm er die Herrschaft im Großherzogtum Toskana. Kaiser Leopold II. hatte seinen Sohn und „seine“ Toskana nicht ungetrübt verlassen, Ferdinands Berater und die Situation am Hof bereiteten ihm Sorgen. Obwohl Ferdinand nicht zur Erziehung nach Wien abgegeben worden war, ist es erstaunlich, dass ihm der Vater seine „demokratischen“ Prinzipien nicht hatte vermitteln können, wobei Ferdinand aber die Rolle zukam, auf die von Frankreich ausgehenden kriegerischen Ereignisse nur mehr reagieren zu müssen, ohne sie selbst aktiv beeinflussen zu können. Außerdem war es beim Regierungsantritt Ferdinands zu Unruhen in den florentinischen Städten gekommen, die Rücknahme eines Teils der Reformen war gefordert worden, und die alles beherrschende Frage war, ob und wie man angesichts der drohenden Kriegsgefahr an der tradierten Neutralitätspolitik würde festhalten können; sein mit der französischen Republik 1795 abgeschlossener Neutralitätsvertrag nährte Hoffnungen, die sich genauso wenig erfüllten wie die Erwartungen, die Ferdinand in sein persönliches Treffen mit dem späteren Kaiser der Franzosen in Lodi gesetzt hatte. Und so wurde auch Ferdinand ein exilierter Herrscher, ein Herrscher über drei Territorien, ohne diese jedoch nachhaltig geprägt zu haben: Nach der Vertreibung aus der Toskana wurde er Kurfürst von Salzburg (1803–1805), danach fand er Zuflucht im

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Großherzogtum Würzburg (1807–1814), zu kurz, um die (erz-)bischöfliche Tradition, die jahrhundertelang angedauert hatte, in den Hintergrund zu drängen. Seine Flucht aus von ihm immer noch als Heimat empfundene Toskana war so fremdbestimmt wie seine Rückkehr 1814, er war abhängig vom politischen Willen des Bruders und von den Diplomaten am Wiener Hof. In seinen späteren Jahren konnte Ferdinand die Toskana aus allen Wirren, die auf der italienischen Halbinsel immer wieder ausbrachen, heraushalten und seinen musischen und wissenschaftlichen Neigungen leben. Nachdem die Ehe seines Sohnes und Nachfolgers Leopold kinderlos geblieben war, heiratete er 1821 eine sächsische Prinzessin, der ersehnte Nachwuchs stellte sich jedoch nicht ein. Ferdinand III. von Toskana starb am 18. Juni 1824 in Florenz, er wurde für drei Tage in der Sala delle Nicchie im Palazzo Pitti aufgebahrt und danach in San Lorenzo beigesetzt65; er ruht direkt unter dem Hauptaltar in der alten Krypta, umgeben von Grabdenkmälern und Gedenksteinen der Mitglieder des Hauses Habsburg-Lothringen. Ferdinand III. begründete die Linie Habsburg-Toskana, sein Sohn und Nachfolger Leopold II. war der letzte souveräne Großherzog der Toskana. Auswahlliteratur: Franz Pesendorfer, Ein Kampf um die Toskana. Großherzog Ferdinand III., Wien 1984; id., Zwischen Trikolore und Doppeladler. Leopold II. Großherzog von Toskana 1824–1859, Wien 1987; id., Die Habsburger in der Toskana, Wien 1988; Dieter Schäfer, Ferdinand von Österreich, Großherzog zu Würzburg, Kurfürst von Salzburg, Großherzog der Toskana, Köln/Graz/Wien 1988; Ellinor Forster, Die Konstruktion eines „schwachen Fürsten“. Biographische Überlegungen zu Ferdinand III. von Toskana (1769–1824). In: Ernst Bruckmüller/David M. Wineroither (Hg.), Biographie und Gesellschaft (= Austriaca 2012), Wien 2012, S. 47–63; Hamann, Die Habsburger, pp. 119–120.

Maria Anna Ferdinande Josepha, Äbtissin des adeligen Damenstiftes auf der Prager Burg (21.04.1770–01.10.1809)

Das vierte Kind des Großherzogspaares war ein Mädchen, es kam am 21. April 1770 zur Welt und erhielt die Namen Maria Anna Ferdinande Josepha Joanna Carolina66. Die Taufpaten waren die Geschwister des Großherzogs, Erzherzogin Maria Anna, die später in Klagenfurt leben sollte, und Erzherzog Ferdinand, der spätere Generalgouverneur der Lombardei. Wie durchaus üblich, waren die Taufpaten nicht angereist, sie ließen sich durch Gräfin Gabriele Thurn und Graf Rosenberg vertreten. In den 1774 für die Kammerfrau Störck verfassten Instruktionen wird der Tagesablauf, das Unterrichtsprogramm festgelegt. Es sei auch besonders darauf zu achten, dass die Erzherzoginnen



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niemals alleine blieben; wenn kein Unterricht stattfindet, sollten sie bei ihrer Mutter sein. Der Großherzog verfolgte sehr genau die Entwicklung seiner Töchter, er machte darauf aufmerksam, wenn ihm bei Maria Anna beispielsweise ihre schlechte Haltung oder schlampig geschriebene Arbeiten auffielen67. Auch die Töchter durchliefen ein striktes Erziehungsprogramm, und genau so wie für die Söhne sorgten sich die Eltern um deren zukünftiges „etablissement“, ihren Lebensweg. Wenig wissen wir über Maria Annas erste Jahre. Später schrieb der Großherzog in einem Brief an Joseph II., dass Maria Anna wohl nicht zu verheiraten sei, man sie vielleicht in einem Kloster werde unterbringen können68. Die Hoffnung des Vaters sollte sich erfüllen, auf Wunsch der böhmischen Stände wurde sie am 21. Juli 1791 zur Äbtissin des adligen Damenstiftes am Prager Hradschin ernannt69. Kurz danach wurde in der Kaiserlichen Hofkanzlei eine weitere Urkunde ausgestellt und von Kaiser Leopold II. unterzeichnet70: „[…] wir erklären hiermit öffentlich und tun kund, da das Stift Sankt Georgi auf dem Hradschin zu Prag, dessen Äbtissin ehedem das Recht gehabt hat, die Königin in Böhmen zu krönen, nunmehr aufgehoben ist“, im Andenken an das von Maria Theresia auf dem Prager Schloss „errichteten weltlichen adelichen Fräuleinstifts beschlossen haben, das erwähnte Recht die Königin in Böhmen zu krönen, der jeweiligen Äbtissin des gleichgedachten Stifts zu übertragen“, und da Erzherzogin Maria Anna am 21. Juli 1791 zur Äbtissin ernannt worden war, steht dieses Recht nun ihr und allen Nachfolgerinnen zu71. Mit diesem Schachzug war die lange ungewiss gebliebene Krönung Maria Luisas zur böhmischen Königin gelungen, sie hätte wohl kaum der Tochter diese Auszeichnung verwehrt; am 12. September 1791 krönte Erzherzogin Maria Anna, nunmehrige Äbtissin des Theresianischen Damenstifts, ihre Mutter zur Königin von Böhmen. Schon mit der Nachfolge des Vaters in der Kaiserwürde hatte sich das Leben der etwas im Hintergrund stehenden Erzherzogin verändert, sie lebte nun in Wien, sie feierte mit der Familie die Krönungen des Vaters, die Hochzeiten der Geschwister, und sie war auch bei den Vergnügungen dabei, so wie beispielsweise bei einem Besuch im Leopoldstädtertheater am 21. November 1791: „Erzherzogin Christine, Erzherzog Franz mit Gemahlin, Erzherzog Ferdinand mit Gemahlin Maria Luisa, Erzherzogin Maria Anna und die Erzherzöge Carl Ludwig, Alexander Leopold und Joseph Anton besuchen ‚Merkur der neue Modezauberer“72 – da vergnügte sich ganz offensichtlich die junge Generation. Nach ihrer Ernennung zur Äbtissin des adeligen Damenstiftes am Prager Hradschin verbrachte die Erzherzogin einige Jahre in Prag, hier stand ihr eine entsprechende Hofhaltung zu, verbunden mit repräsentativen Verpflichtungen. Maria Anna zeigte großes Interesse für die verschiedensten Kunstrichtungen, sie genoss den Reichtum der Stadt und es erstaunt daher nicht, dass sie schon bald zum Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste ernannt wurde73. Es war auch nicht verwunderlich, dass sie in der Folge nach Dresden reisen würde, um die Kunstschätze der sächsischen Metropole zu bestau-

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nen, der Besuch der dort lebenden Schwester war willkommener Vorwand. Zweimal besuchte Maria Anna die Stadt an der Elbe, unter dem Namen einer Gräfin von Burgau reiste sie 1793 und 1795 nach Dresden, sie wohnte in der dritten Etage des Taschenbergpalais und besichtigte die reichen, kurfürstlichen Sammlungen, aber auch die nähere Umgebung, wie Schloss Moritzburg74. Was veranlasste die Erzherzogin/Äbtissin diese Position im Jahr 1800 aufzugeben und Prag zu verlassen? Die Vereinbarung zwischen ihr und dem kaiserlichen Bruder gibt nur spärliche Auskunft: „[…] Nachdem Ihre Königliche Hoheit von allen äußerlichen Hofstaats Gepränge sich zu entfernen und sogar innern den Mauern eines Klosters in stiller Einsamkeit zu leben entschloßen sind, so bewilligen und versprechen Seine Majestät der Kayßer […] Ihrer Königlichen Hoheit für die ganze […] noch übrige Lebenszeit Dreimal hundert tausend Gulden […] Abfertigung […]“75. Diese „freiwillige rechtsverbindliche Convention“76 garantierte der Erzherzogin jährliche Zahlungen während ihres Aufenthaltes in einem römischen Kloster, in das sie sich zurückziehen wollte. Schon am 18. März 1800 teilte Erzherzogin Maria Anna ihrem Obersthofmeister Baron von Henniger mit, was nach ihrer Abreise mit ihren Möbeln und Effekten zu geschehen habe: Möbel, Geschirr, Holz etc. sei an arme Leute zu verteilen und Pferd und Wagen zu verkaufen77. Der Kaiser beauftragte seinen Bruder Ferdinand, Großherzog der Toskana, er war aufgrund der Besetzung seines Landes durch französische Truppen im Wiener Exil, der Schwester sein Einverständnis mitzuteilen: „[…] il [der Kaiser] était si occupé avant de partir pour l’armée […] il approuve que vous alliez à Rome [und falls sie dort auch nicht sicher wäre] que vous alliez plus dans le fond de l’Italie […]“78. Der kaiserliche Kabinetts- und Konferenzminister Colloredo hatte der Erzherzogin die genehmigten Zahlungen79 schon im Februar bestätigt. Erzherzogin Maria Anna verließ also nach nur neun Jahren das repräsentative Damenstift auf dem Prager Hradschin, sie ging nach Rom; der Kaiser verlangte die Aufstellung des Hofstaates80. Drei Jahre später wollte sie sich verändern, der Kaiser schrieb an Graf Bissingen81: „Da meine Schwester Erzherzogin Maria Anna sich in Padua niederzulassen wünscht und ich es ihr gestattet habe, so trage ich Ihnen hiermit auf, eine anständige Unterkunft für dieselbe alldort ausfindig zu machen [… aber] nur für ihre Person […] sollte meine Frau Schwester einen Teil der Institution, welche sie in Rom gemacht hat mit sich bringen wollen, so werden Sie ihr in meinem Namen erklären [… daß ich sie] in meinen Landen nicht aufnehmen wolle“82. Offensichtlich entsprach dies nicht den Wünschen der Erzherzogin, sie blieb in Rom und drängte immer wieder auf Zahlung der ihr zustehenden Apanage.83. Es war ein bewegtes, unstetes Leben, das Erzherzogin Maria Anna nun führen musste, ganz offensichtlich war sie immer wieder auf der Flucht vor den französischen Truppen. Es ist nur ein kleiner Einblick, den der Bericht eines kaiserlichen Beamten gewährt, der nach dem Tod der Erzherzogin zu erklären versuchte, warum die Zusammenstellung der Verlassenschaft so lange dauerte: „[…] Da die Frau Erzherzogin nach



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einem achtjährigen Aufenthalt in Rom gegen Ende des Jahres 1808 nach Görz gezogen war, als sie im Frühjahr 1809 wegen angedrungener Feindesgefahr nach Ungarn bis Temesvar flüchten mußte, woselbst sie den 1. Oktober 1809 starb, so war ihre Verlassenschaft teils in Rom, teils in Görz, teils in Temesvar zerstreut […]“84. Warum die Erzherzogin überhaupt in dieses Gebiet im Osten Ungarns geflüchtet war, verraten die Quellen nicht. Tatsächlich hielt sie sich in den Monaten vor ihrem Tod im Raum Fünfkirchen/Pecs, Timişoara/Temesvár, Neudorf/Ujfalu auf, wie aus ihrer Korrespondenz mit dem Bruder Erzherzog Rainer hervorgeht85. Als die Eroberung Wiens durch die französischen Truppen bevorstand, hatte Erzherzog Rainer wichtige Dokumente und wertvolle Kunstschätze aus der kaiserlichen Schatzkammer nach Temesvár verbracht, gemeinsam mit einigen Beamten hielt er sich im Frühjahr 1809 hier auf. Was lag also näher, als den Bruder in Zahlungsangelegenheiten um Hilfe zu bitten und seinen Rat bei der Suche nach einem sicheren Aufenthalt einzuholen? Im August 1809 berichtete sie ihm vom Angebot des Grafen Lowasch, einige Wochen auf seinem Gut bei Neudorf zu verbringen86. Sie nahm das Angebot an, es sollte ihr letzter Aufenthaltsort werden. Die Wiener Zeitung vermeldete, dass Erzherzogin Maria Anna „[…] in diesem Jahr nach Ungarn kam, wo sie nun unweit Temeschwar, zu Neudorf, einem Gute des Torontaler-Obergespanns […] Sigmund Lovasz von Eötvenes in die Ewigkeit überging. Den 14. October Vormittags um 10 Uhr wurden in der Schloß-Pfarrkirche zu Ofen für Weil. Ihre Königl. Hoheit, die königliche Prinzessin von Ungarn und Böhmen, Erzherzogin von Österreich Maria Anna, Sternkreuz-Ordens-Dame die feierlichen Exequien abgehalten […]“87. Es werden wohl die Kriegsereignisse gewesen sein – Napoleon hatte die österreichischen Truppen im Juli 1809 bei Deutsch-Wagram vernichtend geschlagen und sich in Wien einquartiert –, die eine Überführung der Leiche in die Kapuzinergruft verhinderten. So ruht Erzherzogin Maria Anna bis heute in einem repräsentativen Sarkophag in der dem heiligen Wendelin gewidmeten Kirche in Neudorf im heutigen Rumänien, genau in der Krypta des Sigmund Lovasz von Eötvenes, der ihr in schwerer Zeit Unterkunft gewährt hatte und der ihr am 10. Jänner 1812 in den Tod nachfolgen sollte. Der Tod der Erzherzogin wurde dem Wiener Hof bestätigt88, ihr Testament samt Kodizillen hat sich erhalten89. Einunddreißig Jahre nach ihrem Tod beschäftigte die Erzherzogin noch einmal die kaiserlichen Behörden. Am 30. Mai 1840 erging ein Schreiben der Hofkanzlei an den Ungarischen Hofkanzler: „[…] Der Cameralcommissär Johann von Tesseny [schlägt vor], das in der Kirche [zu Neuberg befindliche Grabmal der Erzherzogin Maria Anna] angemessen herzustellen. […] nach der letztwilligen Anordnung Maria Annas wollte sie an dem Ort begraben werden, wo sie der Tod ereilen würde und zwar ohne allem Gepränge und auf die einfachste Weise. Das schließt jedoch nicht aus, daß die Grabstelle in anständiger Art bezeichnet und daß solches, wenn es in früherer Zeit wegen der Zeitumstände übersehen wurde, jetzt auf Kosten des Allerhöchsten Hofes nachgeholt werde […]“90. Tatsächlich erfolgte die Renovierung auf kaiserliche Anordnung, mittlerweile

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durch Ferdinand I., der seiner Tante auch eine Gedenk-Platte aus Carrara-Marmor setzen ließ. Auswahlliteratur: Hamann, Die Habsburger, S. 301; Elke Hoffmann/Peter-Dietmar Leber/Walter Wolf (Hg.), Städte und Dörfer (= Das Banat und die Banater Schwaben 5), München 2011, S. 430–433: Neudorf: Maria Theresia ließ das Pfarrhaus und die Kirche zwischen 1770 und 1771 erbauen; Zangheri, Feste e apparati, p. 123.

Karl Ludwig, der „Sieger von Aspern“ (05.09.1771–30.04.1847)

Der dritte Sohn des toskanischen Großherzogspaares wurde am 5. September 1771 in der Villa Poggio Imperiale geboren und noch am gleichen Tag getauft91, Taufpate war Maria Luisas Bruder, der spätere spanische König Carlos IV., vertreten durch den spanischen Gesandten Marquese Viviani. Das Kind erhielt die Namen Karl Ludwig Johann Joseph Lorenz. Karl wurde nicht mit den Brüdern Franz und Ferdinand erzogen, der Altersunterschied war zu groß; er teilte den Unterricht mit dem ein Jahr später geborenen Alexander Leopold92. Als Erzherzogin Marie Christine 1776 Italien bereiste, beschrieb sie ihren Neffen: „[…] Der dritte Sohn ist das reizendste Kind der ganzen Familie. Er ist klein aber stark und bildschön. Sein feines Gesicht erzählt von Glück, Güte und Offenheit, die Augen sind ein wenig schmachtend und matt, die Nase ist wohlgeformt, die Hände sind hübsch, dabei ist er lebhaft und gewandt und zeigt einen Geist, der bei seinem Alter von kaum vier Jahren in Staunen versetzt. Er kennt keine Furcht, ist fröhlich und ohne unbequem zu sein das zuthulichste unter den Kindern. Ist er einmal unartig, so währt das immer nur einen Augenblick, im nächsten bereut er was er getan. Sein Herz ist gut; bei allen Gelegenheiten tritt sein sanftes gefälliges Wesen hervor, selbst im Spiele mit seinen Brüdern. Für sein Alter zeigt er sich erstaunlich unterrichtet und gelehrig. Kurz, er ist eines der liebenswürdigsten Kinder, das ich in meinem Leben gesehen habe“93. In seiner Instruktion für Colloredo charakterisiert der Großherzog seinen Sohn drei Jahre später wie folgt: „[…] Il faut faire attention à sa santé et à ce qu’il mange, il faut le faire boire d’avantage, l’encourager à s’appliquer. Ne pas souffrir ses polissonneries, discours inutiles et qui ne signifient rien, sa familiarité avec les gens […] il faut l’accoutumer serieusement à etre plus obeissant à ce qu’on lui dit […]“94. In der Korrespondenz zwischen Joseph II. und dem Großherzog wird immer wieder die Übersiedlung des einen oder anderen toskanischen Prinzen nach Wien thematisiert. Das ist verständlich, denn als Vater einer immer größer werdenden Kinderschar war es Pietro Leopoldo bewusst, dass gewichtige Karrieren nur im Schutze Habsburgs möglich waren. Seinen 15-jährigen Sohn Karl empfahl er dem Kaiser als einen gesunden, starken und ehrgeizigen Prinzen95. In einem umfangreichen Schreiben an den Kaiser rund zehn



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Monate später benennt der Großherzog die Stärken und Schwächen seiner Söhne, und er meinte, dass Karl sehr talentiert, aber auch sehr sensibel sei, bei den früher aufgetretenen Ohnmachtsanfällen handle es sich aber gemäß der Untersuchung durch Lagusius nicht um Epilepsie; von all seinen Söhnen, schreibt der Großherzog, sei Karl derjenige, der unbedingt nah Wien kommen wolle um Karriere zu machen, könne er doch in der Toskana seine Talente nicht entfalten96. Es war ein rechter Glücksfall für Erzherzog Karl, seine Tante Marie Christine adoptierte ihn, ließ ihm die entsprechende Ausbildung zukommen und ermöglichte ihm den Weg in eine militärische Laufbahn. Es mag in der Toskana noch nicht so recht bewusst geworden sein, dass sich in den Österreichischen Niederlanden ein Konflikt zusammenbraute, der die Aufmerksamkeit des Kaisers voll beanspruchte und die familiären Angelegenheiten in den Hintergrund drängte. Die freiheitsbewussten Stände von Brabant hatten die Josephinischen Reformen als Verletzung ihrer in der „Joyeuse Entrée“ seit Jahrhunderten zuerkannten Rechte empfunden, in der Folge verweigerten sie die für die Kriegsführung dringend benötigten Subsidien. Die Auseinandersetzungen hatten 1787 begonnen und entwickelten sich, verstärkt durch die Französische Revolution von 1789, zu einem Flächenbrand, der im November die Statthalter zur Flucht zwang97. Das Statthalterpaar Erzherzogin Marie Christine und Albert von Sachen-Teschen übersiedelte nach Bonn und nahm seinen Wohnsitz in Schloss Poppelsdorf; 1791 kehrten sie nach Brüssel zurück, wo sie nun nach dem Tod Josephs II. im Namen des neuen Kaisers Leopolds II. versuchten, die Ruhe wiederherzustellen. Der Tod des Kaisers Joseph II. im Februar 1790 bedeutete für die großherzogliche Familie die totale Umstellung ihrer Lebensbedingungen; sie waren nach Wien übersiedelt und neben den Regierungsgeschäften, den Krönungs- und Hochzeitsvorbereitungen und den vielen Reisen konnte der nunmehrige Kaiser auch die Karrieren der Söhne in die Wege leiten. Erzherzogin Marie Christine, die nach einer schweren Geburt keine Kinder bekommen konnte, hatte schon früh den Wunsch geäußert, Karl zu sich nach Brüssel zu nehmen; auch diese Absicht konnte nun in die Tat umgesetzt werden. Leopold II. kündigte seiner Schwester die baldige Ankunft Karls an: „[…] Mon fils Charles se porte bien et est remis […] après mon retour je ferai les dispositions necessaires pour vous l’envoyer […]“98. Am 20. Juli 1791 berichtete Leopold II. seiner Schwester in Neapel von seinen nächsten Plänen: „[…] mes fils vont à Esterhas après demain et puis à Bude où j’ai envoyé mon fils François comme commissaire pour aller installer le Palatin [Palatin von Ungarn wurde Sohn Alexander Leopold] dans sa charge. De là, Charles ira faire un tour en Moravie et Bohème d’où il partira le 12 septembre pour sa destiné aux Pays-Bas […]“99. Die Niederlande wurden für Erzherzog Karl tatsächlich schicksalhaft, das Statthalterpaar Marie Christine und Albert förderte bedingungslos sein militärisches Talent, er erhielt eine hervorragende Ausbildung; nach etwa zwei Monaten schrieb Erzherzogin Marie Christine an den Vater: „[…] Charles se porte bien, il a commencé avec bien du zele et empressement ses études […] je voudrais que vous puissiez voir notre

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menage avec votre fils […]“100, sie freut sich sehr über Karls Anwesenheit und meint, in seiner Rolle als Vater hätte Leopold guten Grund, mit diesem Sohn sehr zufrieden zu sein. Am 17. März 1793 folgte Erzherzog Karl seinen Adoptiveltern in der Funktion des Statthalters der Österreichischen Niederlande nach, gleichzeitig wurde er zum Generalmajor ernannt und machte bei den Gefechten gegen die französischen Revolutionstruppen mit, die ihn mit ihrem charismatischen Anführer Napoleon 20 Jahre lang beschäftigen sollten. Die Übergriffe und letztlich der Einmarsch der revolutionären Truppen zwangen die habsburgischen Beamten zum Verlassen des Landes, der Sieg der Franzosen in der Schlacht von Fleurus im Juni 1794 beendete die österreichische Herrschaft; mit Resolution vom 2. August 1794 löste Kaiser Franz II./I. die Regierung der Österreichischen Niederlande auf. Trotz einiger Erfolge und trotz seiner Beliebtheit bei der Truppe fühlte sich der gerade einmal 24 Jahre alte Erzherzog mit den ihm übertragenen Aufgaben überfordert: „[…] ce n’est pas ce qui m’arriverait de plus heureux, car je dois me rendre justice, je suis trop jeune et ne suis pas encore en état de commander une armée […], j’ai trop peu d’expérience pour qu’on me donne une telle barque à conduire […]“101. Karls Bedenken sind sicherlich auch dem nicht gerade harmonischen Verhältnis geschuldet, das ihn mit dem nun kaiserlichen Bruder in Wien verband. Erzherzog Karl erhielt 1796 den Oberbefehl über die österreichischen Truppen in Süddeutschland. Mit dem Sieg von Aspern gegen Napoleon am 21. Mai 1809 sicherte er sich zwar seinen Platz in der Geschichte, die wenig später erfolgte Niederlage bei Deutsch-Wagram beendete jedoch seine militärische Karriere. Er bekam kein Kommando mehr und heiratete 1815 Henriette von Nassau-Weilburg; in der Folge widmete er sich seinen militärischen Arbeiten, die ihn zu einem der bedeutendsten Militärschriftsteller des 19. Jahrhunderts werden ließen. Nach dem Tod seiner Adoptiveltern - Erzherzogin Marie Christine war 1798 gestorben, Herzog Albert von Sachsen-Teschen 1822 - verfügte Karl über ein beträchtliches Vermögen, neben Ländereien in Ungarn, Böhmen und Galizien hatte er auch das Wiener Stadtpalais mit der Sammlung „Albertina“ geerbt. Erzherzog Karl starb am 30. April 1847 in Wien, er wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt; die von ihm begründete „Linie Erzherzog Karl“ lebt in zahlreichen Nachkommen fort. Auswahlliteratur: Oskar Criste, Erzherzog Carl von Österreich. Ein Lebensbild, 3 Bde., Wien/Leipzig 1912; Heinrich R. von Zeissberg, Erzherzog Carl von Österreich, Wien/ Leipzig 1895; Helmut Hertenberger/Franz Wiltschek, Erzherzog Karl. Der Sieger von Aspern, Graz/Wien/Köln 1983; Hamann, Die Habsburger, S. 219–222; Zangheri, Feste e apparati, p. 124.



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Alexander Leopold, Palatin von Ungarn (13.8.1772–12.7.1795)

Der junge, im August 1772 in der Villa Poggio Imperiale geborene Erzherzog erhielt als Paten seinen Onkel Karl Alexander von Lothringen102, der zu diesem Zeitpunkt noch als Statthalter der Österreichischen Niederlande in Brüssel residierte. Somit bekam das Kind als ersten Namen den zweiten des Paten, der in der habsburgischen Dynastie allerdings unübliche Name „Alexander“ wurde im familiären Kreis nicht verwendet, tatsächlich war er für alle nur „Leopold“, wie auch in der Korrespondenz mit seiner Mutter103 und in persönlichen Schriftstücken ersichtlich. Wie erwähnt hatte Joseph II. die Ausbildung und das Erziehungsprogramm der toskanischen Neffen und Nichten genau beobachtet, wollte er sie doch in Verfolgung der Interessen des Hauses als Heiratskandidaten am europäischen Parkett oder auf einflussreichen Posten einsetzen. Wenn die Einmischungen aus Wien auch nicht immer angenehm für die Eltern waren, so konnte sich der Großherzog nicht wirklich dagegen wehren, war doch das Wort des Oberhauptes der Familie zu respektieren; außerdem mussten die zahlreichen Nachkommen entsprechend versorgt werden. Somit finden sich in der Korrespondenz immer wieder ausführliche Berichte zu den einzelnen Lebensaltern der Kinder. Während der Großherzog in der Instruktion für Colloredo104 noch besonders darauf hinweist, die Unarten des siebenjährigen Alexander Leopold nicht durchgehen zu lassen, wird er seinem kaiserlichen Bruder diesen Sohn im Dezember 1786 ganz besonders ans Herz legen: „Leopold sain, fort et robuste d’un caractere ouvert mais ferme, est decidé quoiqu’un peu rude et violent, fort appliqué avec beaucoup de talent surtout pour les mathematiques, fera je me flatte de toute façon une bonne reussite, étudie outre les mathematiques, l’histoire, la philosophie et physique, qu’il termine l’automne prochain […]“105. Durch die Entwicklungen der europäischen Politik, die Aufstände in Ungarn und in den Österreichischen Niederlanden hatte Joseph II. jedoch kaum noch Zeit, sich um die Versorgung der Neffen zu kümmern, sie blieben in der Toskana und kamen erst nach der Thronbesteigung des Vaters im Frühjahr 1790 nach Wien. Trotz der vielen Aufgaben, die auf den nunmehrigen Kaiser warteten, kümmerte sich Leopold II. sehr um die Versorgung seiner Kinder. Nachdem die drohende Erhebung in Ungarn durch geschickte Zugeständnisse verhindert werden konnte, schlug Leopold II. den ungarischen Ständen seinen Sohn Alexander Leopold als neuen Palatin vor, der ungarische Reichstag wählte ihn einstimmig. Vielleicht hatte Leopold II. schon an diese Position gedacht, als er diesem Sohn das Studium des Lateinischen besonders empfahl106, war es doch die offizielle Sprache im ungarischen Regierungsalltag. Und natürlich gab er dem Sohn auch eine Instruktion mit: „[…] Comme vous allez entrer dans une nouvelle carrière à être votre propre maitre et être à la tête du gouvernement d’un pays, j’ai cru de mon devoir de vous laisser une instruction et direction qui puisse vous servir de règle pour votre conduite tant per-

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sonnelle que dans les affaires et qui sera fondée sur ma propre experience […]“107. Als Palatin residierte Alexander Leopold in der Ofener Burg, im Arbeitsalltag immer wieder unterstützt vom Vater; bedachtsam und umsichtig ging der junge Palatin vor und so betraute ihn sein Bruder Franz im Jahr 1794, dann bereits Kaiser nach dem Tod des Vaters, während seiner Reise in die Österreichischen Niederlande mit der Fortführung der Staatsgeschäfte. Franz II. reiste nach Brüssel in der Hoffnung, durch sein persönliches Einschreiten die Unruhen beenden zu können – was nicht gelang. Die so hoffnungsvoll begonnene Karriere des toskanischen Prinzen endete jählings am 12. Juli 1795 in Laxenburg, das besondere Interesse für Physik und Chemie wurde ihm zum Verhängnis. Bei den Vorbereitungen eines Feuerwerks zu Ehren seiner Cousine Marie Therese, der zweiten Frau des Kaisers Franz, entzündete eine fehlgeleitete Rakete ein Pulverfass, das sofort explodierte und Alexander Leopold tödliche Verletzungen zufügte108. Erzherzog Alexander Leopold wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 47; Zangheri, Feste e apparati, p. 127.

Albrecht (19.12.1773–22.7.1774)

Der fünfte Sohn des Großherzogspaares erhielt den Namen seiner frühen habsburgischen Vorfahren, aber er lebte nur ein halbes Jahr, vielleicht war die Mutter nach den vorangegangen sechs Geburten zu schwach, um diesem Kind die nötige Kraft und Ausdauer für den Lebensweg mitzugeben. Der in der Toskana „Arciduca Alberto“ genannte kleine Erzherzog wurde nach Aufbahrung im Palazzo Pitti in einer sechsspännigen Karosse, geleitet von einer Ehrenkompanie, nach San Lorenzo gebracht und hier in der Grabstätte der großherzoglichen Familie beigesetzt109. Lit.: Zangheri, Feste e apparati, p. 128.

Max (23.12.1774–09.3.1778)

Mit der Geburt des sechsten Sohnes im Dezember 1774 schien die Welt wieder in Ordnung, es wurden drei Galatage angeordnet und ein Feuerwerk veranstaltet. Der kleine Erzherzog erhielt den Namen Maximilian, den Namen seines berühmten Vorfahren auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches. Aber auch Massimiliano überlebte die gefährlichen Kinderjahre nicht, er starb etwas mehr als drei Jahre alt nach nur zehntägiger Krankheit am 9. März 1778. Das Staatsarchiv in Florenz bewahrt seine Krankenge-



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schichte auf, ebenso wie die detailreiche Schilderung der Zubereitung und Einbalsamierung in Gegenwart der Ärzte Lagusius (Georg Hasenöhrl) und Störck und des Obersthofmeisters Graf Thurn. Das Kind wurde in San Lorenzo beigesetzt110. Lit.: Zangheri, Feste e apparati, p. 130.

Joseph Anton, Palatin von Ungarn (09.03.1776–13.01.1847)

Zehn Jahre nach der Geburt des Sohnes Joseph Anton charakterisierte ihn sein Vater in einem Schreiben an den Kaiser als gesund, robust, er fand ihn zwar talentiert, aber wenig ehrgeizig111. Pietro Leopoldo sollte sich täuschen, vielleicht erschien Leopold Anton mit seinen zehn Jahren als nicht besonders strebsam, als Palatin von Ungarn machte er jedoch eine erstaunliche Karriere und er emanzipierte sich schnell von den Versuchen des kaiserlichen Bruders, ihn sich strikt unterzuordnen. Nach dem Tod des so tragisch ums Leben gekommenen Bruders Alexander Leopold ernannte der ungarische Reichstag 1796 Joseph Anton einstimmig zum Palatin, eine Würde, die er bis zu seinem Tode 50 Jahre lang bekleidete und auch ausfüllte. Joseph Anton setzte sich bei jeder Gelegenheit für die Interessen Ungarns ein, sowohl im politischen und wirtschaftlichen wie auch im kulturellen Leben. In Budapest förderte der Palatin die Gründung des ungarischen Nationalmuseums, der Akademie der Wissenschaften, der Pester Commerzbank und der ungarischen Offiziersschule, er unterstützte den Bau der ersten ungarischen Eisenbahn und der berühmten Kettenbrücke, er kaufte die auf der Donau gelegene Margareteninsel und ließ hier für die Budapester Bevölkerung eine großartige Parkanlage errichten; bei der Hochwasserkatastrophe im März 1838 leitete er persönlich die Rettungsmaßnahmen und setzte sich anschließend für den Wiederaufbau ein. Der Palatin war bei der ungarischen Bevölkerung ganz besonders beliebt, im Jahr 1869 wurde ihm auf dem nach ihm benannten Platz in der Pester Innenstadt ein überlebensgroßes Denkmal errichtet – es steht noch heute. Mit Joseph Anton begann in seiner dritten Ehe mit Dorothea von Württemberg die „ungarische Linie des Hauses Habsburg-Lothringen“, verantwortlich dafür war vor allem der zweitgeborene Sohn Josef Karl (1833–1905), aus dessen 1864 geschlossener Ehe mit Clothilde von Sachsen-Coburg (1846–1927) sieben Kinder entstammten. Die Hochzeit hatte zwar in Coburg stattgefunden, das Paar lebte jedoch zumeist auf Schloss Alcsút bei Budapest, da der Erzherzog so wie sein Vater Ungarn, seine Bevölkerung, seine Natur und Traditionen besonders schätzte112; in der Wissenschaft blieb Erzherzog Josef Karl, der Sohn des Palatin, als „der Zigeunerforscher“ bekannt. Joseph Anton Palatin von Ungarn ließ in der königlichen Burg in Buda eine Familiengruft erbauen, hier wurden er und seine Nachkommen bis 1944 beigesetzt.

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Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 190–193; Zangheri, Feste e apparati, p. 132; zahlreiche Literatur in ungarischer Sprache.

Maria Clementina, Königin von Neapel-Sizilien (24.04.1777–15.11.1801)

Maria Clementina war eine der Bräute bei der Dreifach-Hochzeit im September 1790, als sich die toskanische und die neapolitanische Familie verbanden – sie heiratete allerdings nur ‚per procurationem‘, war sie doch erst 13 Jahre alt, so wie ihr Bräutigam Franz von Neapel-Sizilien. Der Vater Kaiser Leopold II. hatte diese Verbindung zusätzlich zu den beiden anderen seiner Schwester Marie Caroline vorgeschlagen und ihr seine Tochter geschildert: „[…] La Marie a 13 ans, sa mesure est ci-jointe, le portrait ressemblant, elle est blanche, bien faite et grandira beaucoup, elle a beaucoup de talent, application, capacité et caractere, bon coeur et religion, caractere ouvert, vive, gaie, franche, étourdie, se divertissant de tout et si elle continue de meme j’ose vous répondre que c’est un de ces caracteres ouverts, sensibles, dont on fait tout ce qu’on veut […]“113. Den Gepflogenheiten gemäß schickte Marie Caroline den außerordentlichen Botschafter Marchese del Gallo114 nach Wien, er überreichte Großherzogin Maria Luisa am 16. Juli 1790 das offizielle Gesuch für die Hochzeit115. Tatsächlich heiratete das Paar erst 1797 in Neapel, die Ehe war glücklich, aber nach zwei Geburten starb die junge Kronprinzessin an einer Lungenentzündung. Sie wurde in Santa Chiara in Neapel beigesetzt. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 328; Zangheri, Feste e apparati, p. 132.

Anton Viktor, Hochmeister des Deutschen Orden (31.08.1779–02.04.1835)

Der im August in der Villa Poggio Imperiale geborene achte Sohn des Großherzogspaares verdankte den Namen „Viktor“ seinem Taufpaten, dem König Viktor Amadeus von Piemont-Sardinien. Mit der ganzen Familie übersiedelte der Erzherzog 1790 nach Wien, der Tod der Eltern zwei Jahre später traf ihn sehr. Außerdem belasteten die kriegerischen Ereignisse seinen Lebensweg: 1801 zum Fürstbischof von Münster und zum Kurfürsten von Köln gewählt, konnte er beide Reichswürden nicht antreten 116. Anton Viktor wurde 1803 zum Deutschordensritter geschlagen, 1805 wurde er als letzter Hochmeister in der Hofkirche zu Mergenthein als Ordensmeister inthronisiert, er musste aber die Aufhebung des Ordens durch Napoleon widerspruchslos hinnehmen. Knapp vor seinem Tod konnte der Erzherzog noch die Reorganisation des Ordens in die Wege leiten. Im Wiener Exil widmete sich der Erzherzog seinen naturwissenschaftlichen und künstlerischen Interessen, er war Ehrenmitglied zahlreicher Institutionen



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und förderte die Gesellschaft der Musikfreunde. Erzherzog Anton Viktor ruht in der Kapuzinergruft. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 60–61; Zangheri, Feste e apparati, p. 135.

Maria Amalia (15.10.1780–25.12.1798)

Das zwölfte Kind des Großherzogspaares wurde am 15. Oktober 1780 im Palazzo Pitti geboren und hier am gleichen Tag in der Kapelle getauft; Taufpaten waren Maria Amalia und Ferdinand von Parma. Im Alter von zwölf Jahren verlor sie die Eltern, sie wuchs in Wien im Kreis der Geschwister auf und starb 18-jährig117. Maria Amalia wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 295; Zangheri, Feste e apparati, p. 138.

Johann Baptist, der „steirische Prinz“, Reichsverweser (20.01.1782–11.05.1859)

Zum neunten Sohn des Großherzogspaares bedarf es keiner sonderlichen biographischen Ausführungen, hier seien nur einige Besonderheiten hervorgehoben. Er erhielt den Namen des Stadtpatrons von Florenz und einen außergewöhnlichen Taufpaten, den 80-jährigen Bürger Giovanni Battista Barellai – es war symbolträchtig, der ungewöhnliche Beginn eines ungewöhnlichen Lebensweges. Während der Vater dem letzten Jahrzehnt seiner toskanischen Regierungszeit entgegenging, waren die zehn Jahre, die Johann noch in der Toskana verleben durfte, für seine Entwicklung prägend. Das geistige Klima, das lebhafte Interesse an der Erforschung der Natur, die Gesellschaftsabende mit den Gelehrten der Universität Pisa, an denen die Kinder teilnehmen durften, und nicht zuletzt die Mehrsprachigkeit bestimmten die Entwicklung des jungen Erzherzogs; er selbst berichtete darüber: „Ich hörte ihren Erzählungen über Entdeckungen, Reisen, Himmelskörper, Naturgeschichte, Sprachen, Völker, etc. aufmerksam zu […]. In den Unterhaltungsstunden ließ man mir vollkommene Freiheit. Hatte ich besonders gut gelernt, so durfte ich zu meinen Schwestern oder Louis [der Erzieher Anton Ludwig] führte mich in sein Zimmer und zeigte mir elektrische Experimente, mikroskopische Bilder, Insekten, Kupferstiche, Bilderbücher, was mir immer eine große Freude machte. Im Frühjahr waren wir in Florenz, im Sommer zu Poggio Imperiale, im Herbst zu Poggio a Cajano, im Winter zu Pisa. Waren wir auf dem Lande, so mußten wir viel spazierengehen und ich lernte dadurch die Gegenden genau kennen. Mit Freuden denke ich

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an Florenz, an den zu dem von uns bewohnten Palast Pitti gehörigen schönen Garten Boboli mit seinen Laubengängen, Alleen, Rasenplätzen, Wasserkünsten, den Botanischen Garten, den Präparaten – anatomische in Wachs nachgebildete – an die abgelegenen Teile bis an die Stadtmauer, an das kleine eigene Gärtchen unter den Mauern der Feste Belvedere, an die Spaziergänge zu Fuß durch die Stadt, Kirchen, Werkstätten, Sammlungen besuchend […]“118. Johann sollte die Orte seiner Kindheit nie mehr wiedersehen, er nahm aber viele Anregungen aus dieser Zeit in seine späteren Jahre mit. Viele seiner Werke und Schriften wurden im Lauf der Jahre publiziert. Erzherzog Johann verlor seine Eltern im Alter von zehn Jahren, er wuchs am Wiener Hof auf. Es war nicht nur der Altersunterschied von 14 Jahren, der das Verhältnis zum Bruder Franz prägte, es war auch dessen Rang und die Rolle des Familienoberhauptes, die diesem zugefallen war. Während der junge Johann seine Briefe mit „Votre tres affectionné frere Jean“ unterschrieb, war Franz für den erwachsenen Erzherzog die „Majestät“ oder der „Gnädige Herr“. Eine engere Bindung an das Familienoberhaupt kam nicht zustande, wohl auch durch die starre Haltung des Kaisers, der Johann zehn lange Jahre auf die Einwilligung zur Hochzeit mit Anna Plochl warten ließ. Im Jahr 1819 hatte der Erzherzog die Ausseer Postmeistertochter kennen und lieben gelernt, erst 1829 fand die Hochzeit statt. Die vierte Frau des Kaisers, die bayerische Prinzessin Carolina Augusta erleichterte Anna Plochl mit viel Taktgefühl die schwierige Vorstellung bei Hof, der Kaiser selbst blieb in seiner Ablehnung unerschütterlich. Die Geburt des nach ihm benannten Neffen 1839 erlebte Kaiser Franz I. nicht mehr, auch Erzherzog Johann war schon 57 Jahre alt; Franz begründete die Linie der Grafen von Meran. Er ließ bei Schloss Schenna, dem Anwesen der Familie, ein Mausoleum errichten und nach dessen Fertigstellung wurde Erzherzog Johann 1869 hierher überführt. Auswahlliteratur: Hermann Wiesflecker, Erzherzog Johann. Ein Leben für die Steiermark, Graz 1969; Viktor Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns, Graz 1960; Adam Wandruszka, Eine Kindheit in Florenz und Wien. In: Erzherzog Johann von Österreich. Beiträge zur Geschichte seiner Zeit, Landesausstellung 1982, Schloß Stainz, Steiermark, Graz 1982; Erzherzog Johann von Österreich. Sein Wirken in seiner Zeit, hg. Othmar Pickl, Graz 1982; Erzherzog Johann – Mensch und Mythos, hg. Josef Riegler, Graz 2009.

Rainer Josef, Vizekönig des lombardo-venetianischen Königreiches (30.09.1783–16.01.1853)

Die Geburt des Erzherzogs kam überraschend am 30. September 1783 in Pisa, so überraschend, dass der Großherzog den Grafen Colloredo, den Erzieher der Söhne, bat, das Kind zur Taufe zu tragen, die in einem Saal des Palazzo Reale stattfand; in Anwesenheit



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eines namenlosen Kapuzinerpaters, der den Taufpaten machte, taufte der schnell herbeigeholte Erzbischof das Neugeborene auf den Namen des Schutzpatrons der Stadt: So verlieh der heilige Ranieri von Pisa dem kleinen Erzherzog seinen Namen119. Traditionsgemäß erfolgte die Erziehung Rainers in den militärischen und naturwissenschaftlichen Fächern, letzteres kam seinem Interesse für Botanik entgegen. In der Zeit der napoleonischen Bedrohung war Rainer immer wieder mit der Vertretung seines kaiserlichen Bruders betraut, er zeichnete sich durch besondere Umsicht aus; so veranlasste er 1809 bei Annäherung der feindlichen Truppen die Verbringung wertvoller Kunstschätze und wichtiger Archivalien nach Ungarn. Als ihm auch Buda nicht sicher genug erschien, ließ er alles nach Temesvar verbringen. Hier konnte er auch seiner Schwester Maria Anna, die es auf der Flucht bis hierher verschlagen hatte, behilflich sein. Nach Ende des Krieges trat Erzherzog Rainer für Reformen im Finanzwesen, im Handel, in Wirtschaft und Verwaltung ein, der Kaiser verlieh ihm den Stefansorden und ernannte ihn zum Vizekönig des lombardo-venetianischen Königreiches. Obwohl die immer stärker werdende nationale Propaganda der italienischen Einigung seinen Reformen entgegenwirkte, kam es in seiner Zeit zur Einführung eines neuen Münzsystems, zur Ausweitung der Industrie, zum Ausbau der Straßen und zur Errichtung von Waisenund Krankenanstalten. Unmittelbar vor Ausbruch der Revolution von 1848 verließ der Vizekönig die Lombardei und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Bozen; er wurde in der dortigen Stadtpfarrkirche beigesetzt. Mit seiner Frau Elisabeth Savoyen-Carignan begründete der Erzherzog die „Linie Rainer“, allerdings blieben habsburgische Nachkommen aus. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 398–400; Zangheri, Feste e apparati, pp. 144–145.

Ludwig, Vorsitzender der Staatskonferenz unter Ferdinand I. (13.12.1784–21.02.1864)

Die Quellen nennen als Tag der Geburt des vorletzten Kindes des Großherzogspaares den 13. Dezember 1784 und als Ort ist Pisa angegeben120. Wir erfahren jedoch nicht, wer die Taufpaten waren und wer für den in der habsburgischen Familie unüblichen Namen „Luigi/Ludwig“ verantwortlich zeichnete; vielleicht wollte die Großherzogin ihren eigenen Namen an eines ihrer Kinder zu guter Letzt doch auch weitergeben, nicht ahnend, dass vier Jahre später noch ein Nachzügler zur Welt kommen sollte. Auch der uneheliche Sohn ihres Mannes, den Livia Raimondi 1788 zur Welt brachte, wurde auf den Namen Luigi getauft – eine zufällige Namensgleichheit? Keine sechs Jahre lang konnte der kleine Erzherzog eine unbeschwerte Zeit in der toskanischen Heimat verleben, dann übersiedelte er 1790 mit der ganzen Familie nach

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Wien. Der Tod der Eltern zwei Jahre später machte Ludwig zur Vollwaise und stellte ihn unter die Oberaufsicht seines Bruders, des Kaisers Franz II./I. Wie im Hause Habsburg üblich erhielt Ludwig eine vorwiegend militärische Ausbildung, es ist aber nicht bekannt, ob er dafür wie sein älterer Bruder Karl besondere Neigung zeigte – der Krieg gegen Napoleon ließ keine eigene Entscheidung zu. Nach dem Ende des napoleonischen Intermezzos ging Erzherzog Ludwig auf Reisen, er interessiert sich vor allem für wirtschaftliche Belange, besichtigte Manufakturen, Werkstätten, Fabriken, Webereien und Spinnereien, war lange Zeit in England, das auf diesem Gebiet in Europa eine Vorreiterrolle spielte, und wurde in Edinburgh mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet. Kaiser Franz I. hatte Ludwig in seinem Testament zum Vorsitzenden der Staatskonferenz ernannt; diese Institution sollte die Geschäfte für den Nachfolger Kaiser Ferdinand führen, der im Volksmund „der Gütige“ genannt wurde und eigentlich krankheitsbedingt nicht regierungsfähig war. Im Revolutionsjahr 1848 zog sich der Erzherzog aus dem öffentlichen Leben zurück, für seine Verdienste um die Wissenschaft ernannte ihn die Akademie zu ihrem Ehrenmitglied. Erzherzog Ludwig ruht in der Kapuzinergruft. Lit.: Hamann, Die Habsburger, S. 266–268.

Rudolf Johann Josef Rainer, Erzbischof von Olmütz, Kardinal (08.01.1788 – 24.07.1831)

Das Geburtsdatum des letzten Sohnes des toskanischen Großherzogspaares wird in den Quellen unterschiedlich angegeben, er wurde entweder am 8. oder am 10. Jänner 1788 in Pisa geboren. Taufpate war der Kapuzinermönch Giovanni Crisostomo, aber ungeklärt ist der Name „Rudolf“. Vielleicht wollte der Großherzog diesem voraussichtlich letzten Sohn den Namen Rudolfs I. geben, der als erster Habsburger auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches dem Land den Frieden brachte. Allerdings sollte dieser Rudolf nicht die politischen Begabungen seiner Vorfahren, sondern eher deren musische Fähigkeiten erben. Im Alter von vier Jahren verlor Rudolf seine Eltern, er wuchs am Wiener Hof unter der Vormundschaft seines um 19 Jahre älteren Bruders, des Kaisers Franz II./I., auf. Es wurde bald ersichtlich, dass für das schwächliche, krankheitsanfällige Kind eine militärische Laufbahn nicht in Frage kommen würde, Rudolf wurde daher für den geistlichen Stand bestimmt. Die wahre Begabung des Erzherzogs war aber die Musik, er spielte vorzüglich Klavier und zeigte dies auch in den Wiener Salons, wie beispielsweise beim Fürsten Lobkowitz. Bei einer dieser musikalischen Soireen lernte der Erzherzog Beethoven kennen, er wurde sein Förderer auf Lebenszeit. Gemeinsam mit den Fürsten Lobkowitz und Kinsky sicherte er Beethoven eine jährliche Pension von 4000 Gulden zu, mit der Verpflichtung in Österreich zu bleiben verband sich für den Komponisten



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eine gesicherte Existenz. Die zahlreichen Widmungen seiner Werke an Erzherzog Rudolf zeugen von der Verbundenheit Beethovens mit dem späteren Kardinal, zu dessen Inthronisation als Erzbischof von Olmütz ihm der Komponist seine „Missa solemnis“ widmete. In der Folge wurde Erzherzog Rudolf auch in den Vorstand der neu gegründeten Gesellschaft der Musikfreunde gewählt, hier werden seine musikalischen Werke bis heute aufbewahrt. Als 1819 der Verleger Anton Diabelli fünfzig der namhaftesten österreichischen Komponisten bat, für seine Veröffentlichung „Vaterländischer Künstlerverein“ Variationen über ein von ihm vorgegebenes Walzerthema zu erstellen, lieferten nicht nur Schubert, Liszt und Czerny ihre Beiträge, auch Beethoven beteiligte sich und stellte gleich 33 Variationen zur Verfügung, die von Diabelli gesondert publiziert und 2020 von Rudolf Buchbinder vorgestellt wurden. Die Einladung war auch an Erzherzog Rudolf ergangen, auch seine Komposition hat sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde erhalten. Sein Theologiestudium absolvierte Erzherzog Rudolf bei den Augustiner-Chorherren in Klosterneuburg, 1819 zum Kardinal ernannt, wurde er 1820 als Erzbischof in Olmütz inthronisiert. Die Amtsführung des Kardinal-Erzherzogs blieb volksverbunden und im Bemühen um eine bessere Priesterausbildung förderte er vor allem begabte Kandidaten aus ärmlichen Schichten. Wie viele seiner Familie interessierte sich Erzherzog Rudolf auch für wirtschaftliche und wissenschaftliche Probleme, er unterstützte nicht nur die Eisenwerke in Mähren, er förderte auch verschiedene Kurbetriebe, deren gesundheitlicher Nutzen ihm bewusst war; an einen der ersten prominenten Kurgäste in Bad Ischl erinnert bis heute sein Denkmal im Rudolfspark. Erzherzog Rudolf starb im Juli 1831 während eines Kuraufenthaltes in Baden121, er wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt. Lit.: Walter Kowaschitz, Kardinal Erzherzog Rudolf, der Bruder des Kaisers Franz, und seine Beziehung zu den Künsten, Diss. Graz 1975; Hamann, Die Habsburger, S. 413– 415; Zangheri, Feste e apparati, p. 154.

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Anmerkungen 1

Dresden, HStAD, 12548, Fürstennachlaß Therese, Königin von Sachsen, Archivalnummer 003d, in einem Schreiben vom 18. Juli 1818 an ihre angeheiratete Nichte Maria Anna, Gemahlin des späteren Großherzogs Leopold II. von Toskana, schrieb Marie Terese: „[…] ma mère avait 20 enfants avec les fausses couches […]“. 2 Vgl. Peter Wiesflecker, Päpste, Khane und Cäsaren. Ein Blick auf die Ahnentafel und das familiäre Umfeld des „steirischen Prinzen“. In: Josef Riegler (Hg.), Erzherzog Johann, Mensch und Mythos, Graz 2009, S. 11–26. 3 Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns, Bd. 1, S. 39. 4 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56: Hier sind die Instruktionen für die Erzieher verwahrt, für Colloredo, für Manfredini, für die Kammerfrau Störck und viele andere; die erwähnten Aufzeichnungen für Marie Caroline in Konv. 7, fol. 1–19: Points d’education pour les enfants envoyés par SAR à la Reine de Naples. 5 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 1782, fol. 68–94: Konv. Points pour les fils, hier fol. 80: „[…] on tâchera dans tous les discours de les rendre sensible, en leur faisant voir les miseres, les besoins et la pauvreté du peuple, de les rendre compatissantes et charitables envers les pauvres, de leur faire comprendre et connaître que tous les hommes sont egaux, que la naissance n’est qu’effet du hazard [sic], qu’ils n’ont aucune superiorité sur les autres […]“. 6 Vgl. Adam Wandruszka, Eine Kindheit in Florenz und Wien. In: Erzherzog Johann von Österreich. Beiträge zur Geschichte seiner Zeit, Landesausstellung 1982, Schloß Stainz, Steiermark, Graz 1982, S. 355–366. 7 Sigismund Anton Hohenwart (1730–1820), ab 1778 Lehrer für Religion, Geschichte und Geographie der vier ältesten toskanischen Prinzen, ab 1803 Erzbischof von Wien; vgl. Wurzbach 9, Wien 1963, S. 208–209. 8 Francesco Foggi (1748–1824), Jus-Studium an der Universität Pisa und Lehrtätigkeit eben dort, von 1784–1789 unterrichtete er die Erzherzöge Franz und Ferdinand; vgl. Dizionario biografico degli italiani 48, Roma 1997, pp. 432–435. 9 Andreas Riedl (1748–1837), Prof. an der Wiener Neustädter Akademie, unterrichtete ab 1779 in Florenz die Erzherzöge Franz und Ferdinand, kehrte 1790 mit Leopold II. nach Wien zurück; 1794 als Jakobiner verhaftet und eingekerkert, wurde Riedl erst 1809 von den französischen Truppen befreit, sein früheres Naheverhältnis zum kaiserlichen Hof war eher schädlich; vgl. Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien, Bd. 4, Wien 1995, S. 672–673. 10 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 7, fol. 10: „[…] da meine Frau und ich sie täglich sehen und im Einverständnis mit den Erziehern sind, können wir jederzeit notwendige Änderungen veranlassen und die Unterrichtsmethoden ändern […]“. 11 Gori, Una corte dimezzata, p. 323. 12 Contini, „La naissance n’est qu’effet du hazard“ p. 429: Hier sind die Erzieher und Lehrer angeführt, die im Jahr 1782 für die Erziehung und den Unterricht der Kinder zuständig waren. 13 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, Instructions données à la Störck pour les archiduchesses: „[…] elles [les archiduchesses] lui [la Granduchessa] rendront en leur



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propre présence un compte exacte de leur conduite […] en cas que les archiduchesses se conduisent fort mal, [la Störck] pourra à toute heure venir en avertir en personne ou par un billet […] même la faire chercher, la Störck pouvant d’ailleurs lui parler à toute heure […]“. Baldini Giusti, Le cucine e i bagni, p. 454. Franz Pesendorfer, Die Habsburger in der Toskana, Wien 1988, S. 61: Der Kinderreichtum Pietro Leopoldos diente Joseph II., wie er dem Bruder schrieb, „als Schutzschild gegen die Angriffe, die man (vor allem die Mutter Maria Theresia) von Zeit zu Zeit in der Sache der Verehelichung gegen mich richtet“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–4, fol. 29, Joseph II. am 29. Juni 1775 aus Klagenfurt an Leopold: „[…] vous m’avez fait voir des enfants charmants et pour lesquelles je me suis prie d’un tendre que moi même je ne connaissais point en moi; presentez leurs mes compliments [au] precieux François, la chère Therese, l’aimable Ferdinand, le brave Charles, la toute ronde Marianne et le beau Leopold […] je les aime tous […]“. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 57, fol. 9v: „[…] il est impossible que les fils de mon frere deviennent capables à servir l’Etat dans un Employ quelconque […]“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–2, Pietro Leopoldo am 7. Jänner 1787 an Joseph II., auszugsweise: „Die Kinder wissen, dass sie für den Staatsdienst lernen müssen und nicht aufgrund ihrer Geburt wichtige Posten bekommen können, sie sind nicht hochmütig und wissen, dass sie alles Eurer Güte und ihren Kenntnissen verdanken, die Mädchen wissen, dass es für sie fast unmöglich sein wird, passende Ehepartner zu finden, sie werden wohl im Elternhaus bleiben […]“. Vgl. Peham, Leopold II., S. 152–162. Mattolini, Il principe illuminato, p. 37 Duval, Leiter des kaiserlichen Münz- und Medaillenkabinetts, erwähnt es in einem seiner Briefe; vgl. Correspondance de Valentin Jamerey-Duval, Tome III, vol. 2, Nr. 654, Duval an M. Jacques de Sauboin, Vienne, le 21 septembre 1771. Gori, Una corte dimezzata, p. 323, Pietro Leopoldo am 21. September 1771 an Rosenberg: „[…] ma fille ainée est déjà assez raisonnable pour me tenir compagne […]“. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 7, fol. 1–19, Points d’education pour les enfants envoyés par SAR à la Reine de Naples en 1781, hier fol. 7v: „[…] dans les heures où Elles [die Erzherzoginnen] n’ont point de leçons, Elles viennent chez ma femme, et surtout la Therese quand ma femme voit du monde […]“. Maria Theresia und Joseph II. Ihre Correspondenz, hg. von Arneth, Bd. 3, S. 312, Joseph II. am 14. September 1780 an Leopold; HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 7, Konv. 7–7. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6, fol. 113–120, Pietro Leopoldo am 5. Dezember 1786 an Joseph II.: „[…] j’ai été faché de perdre une si bonne et convenable occasion d’établir ma fille Therese […]“. Wandruszka, Leopold II., Bd. 2, S. 105. Vgl. Tischner, Anton 1827–1836. Dresden, HStAD, 12548, Briefe der Maria Theresia von Sachsen an den Großherzog Ferdinand von Toskana, hier in einem Brief vom 19. Februar 1821. Dresden, HStAD, 10026, Geheimes Kabinett, Loc. 892/11, Leopold II. am 4. August

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1791 an den Kurfürsten; Acten zur Pillnitzer Erklärung in HStAD, 11237, Geheimes Kriegsratkollegium Nr. 3480. Dresden, HStAD, 11254, Gouvernement Dresden, Loc. 14506/17, zitiert aus dem Druck über „Das Fürstenfest“ am 24.–27. August 1791 in Pillnitz. Vgl. dazu Dresden, HStAD, Briefe der Prinzessin Maria Teresa von Sachsen an den Großherzog Ferdinand von Toskana, Bestand 12548, Archivalnummer 003a, Briefe aus 1803, 1805–1808, 1810. Karin Schneider/Eva Maria Werner, Europa in Wien, Wien/Köln/Weimar 2015, p. 104. Vgl. Franz Pesendorfer, Zwischen Trikolore und Doppeladler. Leopold II. Großherzog von Toskana 1824–1859, Wien 1987; id., Il governo di famiglia in Toscana. Le memorie del Granduca Leopoldo II di Lorena (1824–1859), Firenze 1987, pp. 25–26. Dresden, HStAD, 11254, Gouvernement Dresden, Loc. 14509/10, fol. 1. HHStA, Hausarchiv, Ministerium des k. k. Hauses, Verlassenschaften 4, Konv. Maria Therese Königin von Sachsen: Testament vom 6. April 1826 und diverse Legate, Universalerbe war ihr Mann, König Anton von Sachsen. Contini, L’educazione, p. 393, nota 19: „[…] nostra Gran Duchessa, dopo aver […] goduto il passaggio delle maschere […] e nella sera nei due teatri […] non si restitui a Palazzo Pitti prima delle 12 e mezzo, dove prese dolcemente sonno fino alle 3 e tre quarti, in cui si affacciarono nelle doglie i primi contrassegni del parto vicino […] circa alle 4 e mezzo diede alla luce un figlio molto vegeto e ben formato […]“. Kubiska, „Und ist wegen dieser so glücklich und trostreichen Geburt“, p. 501: Die Aufnahme des Thronfolgers in den Orden vom Goldenen Vlies. Maria Theresia und Joseph II. Ihre Correspondenz, hg. von Arneth, S. 257: Brief CXIII, Josef II. am 12. April 1769 an Maria Theresia: „[…] der Erzherzog ist charmant, groß und dicklich, er geht schon sehr gut in den Tragriemen und beim Anblick meines Bruders schrie er Papa […]“. Maximilian Joseph Graf von Lamberg (1739–1792), umfassend gebildet, stand mit den ersten Gelehrten seiner Zeit in Briefwechsel; vgl. Wurzbach 14, Wien 1865, S.. 42–46. Maria Theresia und Joseph II. Ihre Correspondenz, hg. von Arneth, Bd. 2, S. 1, Joseph am 14.3.1773 an Leopold: „Sind Eure Söhne nicht auch die meinen?“ Breininger, Franz II./I., S. 8–10. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, fol. 107–108, Instruktion des Großherzogs für Graf Colloredo, hier einige Auszüge: „Sie müssen zu Franz ehrlich, aber auch kühl sein, beständig in den Grundsätzen, sie müssen verständnisvoll mit ihm reden, ihn überzeugen, er soll seine Geschwister nicht gegeneinander ausspielen, vor allem sind Lügen, schlechte Laune und Stolz nicht zu tolerieren […]“. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, fol. 12–14. Zitiert bei Breininger, Franz II./I., S. 14, Erzherzogin Marie Christine an ihre Mutter Maria Theresia. Zitiert bei Breininger, Franz II./I., S. 11, Graf Colloredo 1777 an Joseph II.: „Franz hat sich schon sehr zu seinem Vorteil verändert, er beginnt seine Fehler einzusehn, er zeigt immer mehr Talente und Geist“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 27, Konv. 27–2, fol. 7, Maria Theresia am 23. Okto-



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ber 1780 an Erzherzog Franz: „Ich war sehr erfreut zu sehen wie sehr du gewachsen bist, aber ich muss schon darauf hinweisen, dass du in all deinen Bemühungen nicht nachlassen darfst […]“. 47 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 57, fol. 9r–10r, Joseph II. an Kaunitz im Februar 1784 (deutsche Wiedergabe auch bei Wolfsgruber, Franz I., Bd. 1, S. 279f.); vgl. dazu auch HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 15, Konv. 15–3, fol. 27–33, Punti diversi di S. M. l’Imperatore relative all’Educazione dell’Arciduca Francesco, 6 febbraio 1784. 48 Zitiert bei Pesendorfer, Die Habsburger in der Toskana, S. 81. 49 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 28, 29. 50 Lieselotte Hanzl-Wachter, Innenraumgestaltungen für Kaiser Franz II. (I.). In: Hellmut Lorenz/Anna Mader-Kratky (Hg.), Die Wiener Hofburg 1705–1835, Wien 2016, S. 390–405, hier S. 390f. 51 Wilfried Slama, Die Geschichte der Sammlung unter Franz I. In: Hans Petschar (Hg.), Die Porträtsammlung Kaiser Franz I., Wien/Köln/Weimar 2011, S. 33–61, hier S. 38. 52 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Joseph II. am 28. August 1786 an Pietro Leopoldo. 53 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 57, Konv. 57–5, Joseph II. am 18. Juli 1786 an Graf Lamberti, Lieutenant Colonel: „[…] mit meinem Neffen müssen Sie streng verfahren, ich gebe Ihnen alle Vollmachten, wenn er sich unwillig anstellt, können Sie auch so tun, als würden Sie alles für die Abreise vorbereiten […]“. 54 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–2, fol. 216–222, Pietro Leopoldo am 16. Oktober 1787 über seine Söhne. 55 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 27, Konv. 27–2, Joseph II. am 25. Mai 1787: „[…] vous avez parfaitement bien fait de ceder vos trois chambres pour qu’on puisse les arranger pour vos freres qui peut être viendront plutot qu’on ne croyait à Vienne […]“. 56 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–5, fol. 58: „[…] à l’avenir mon cher fils, laissez dehors dans vos lettres tous les titres de majesté et compliments, nous sommes et devons être deux amis qui s’aiment cordialement, [qui] n’ont rien de cacher l’un pour l’autre et qui contribuent reciproquement au bien et service du public et de l’etat, vous en suppliant par votre force et jeunesse à ce que je ne pourrais plus faire. J’approuve très fort que vous vous soyez bien assuré de tout ce qui était dans la chambre de S. M. et des papiers de son cabinet et secretairerie ou chancellerie qui devront resté fermé et cacheté et pas s’ouvrir jusqu’à mon arrivé assurez vous en bien […]“. 57 HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 19, Instruction pour S. A. R. L’Archiduc François en cas d’absence de S. M. I., 1791. 58 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 27, Konv. Briefe Leopold II. 1791, fol. 130: „[…] j’ai vu tous les papiers pour la paix tout va a souhait et je ne puis attendre le moment de vous embrasser et vous remercier de l’exactitude avec laquelle vous avez fait aller les affaires pendant mon absence […]“. 59 HHStA, Hausarchiv, Handarchiv Kaiser Franz 19: Copia der Relationen über die mir in Abwesenheit Sr. Majestät anvertraut gewesenen Geschäfte Anno 1791; Befehle Sr. Majestät während dero Abwesenheit in Italien Anno 1791. 60 Kaiser Friedrich III. (1415–1493) überlebte in seiner langen Regierungszeit von 53 Jahren

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alle seine Gegenspieler und konnte seinem Nachfolger Maximilian I. die habsburgischen Besitzungen ohne größere Verluste übergeben. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, fol. 108v–109r, Pietro Leopoldo 1774 an Colloredo, auszugsweise: „Sie müssen sehr auf seine Gesundheit achten, im Winter sollte er weniger draußen sein, er hat einen guten Charakter […]“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6, Pietro Leopoldo an Joseph II., 5 décembre 1786, auszugsweise: „Ferdinand ist von schwacher Gesundheit, er braucht noch viel Betreuung und das milde Klima, er hat sein Jusstudium beendet, aber er ist nicht sehr ehrgeizig, er soll noch bei uns […]“. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–2, Pietro Leopoldo an Joseph II., 7 janvier 1787. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–2, Pietro Leopoldo am 16. Oktober 1787 an Joseph II.: „[…] Ferdinand qui de son enfance a toujours été faible s’est retabli à vue d’oeuil […]“. Zangheri, Feste e apparati, p. 217. HHStA, UR FUK 2056, Taufschein der am 21. April 1770 zu Florenz geborenen und getauften Erzherzogin Maria Anna, Prinzessin von Toscana, Tochter des Großherzogs Leopold I. [Pietro Leopoldo]. HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, 1759. HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, fol. 117, Pietro Leopoldo am 5. Dezember 1786 an Joseph II.: „[…] ma seconde fille Marie Anne […] sa figure ne lui permet pas d’espérer un mariage, s’il y avait moyen de pouvoir l’établir ou la placer dans quelque chapitre pour abbesse aux Pays-Bas ou autre part, ce serait un grand bonheur pour Elle […]“. Prag, Národni Archiv, české gubernium, Tereziánský ústav šlechtičen (NA ČG – TŠ, d. i. Böhmisches Gubernium, Theresianisches Damenstift), Urkunde TŠ 3: Ernennung der Erzherzogin Maria Anna, Tochter Kaiser Leopolds zur Äbtissin, Wien, 21. Julius 1791. Prag, NA ČG – TŠ, Urkunde TŠ 4: Allerhöchste Bestimmung Sr Majestät Kaiser Leopold II., dass die jeweilige Äbtissin des Theresianischen Damenstiftes das Recht besitzt, die Königin von Böhmen zu krönen, Wien, 29. Julius 1791. Ferdinand Jitschinsky, Kurze Darstellung der Gründung und des Bestandes des k. k. Theresianischen adeligen Damenstiftes am Prager Schlosse zu dessen hundertjähriger Gesundsjubelfeier im Jahr 1855, Prag 1855, S. 133–140; hier auch zur Einsetzung der Erzherzogin Maria Anna. Rudolph Angermüller, Wenzel Müller und „sein“ Leopoldstädter Theater, Wien/Köln/ Weimar 2009, S. 173. Prag, NA ČG – TŠ, Urkunde TŠ 5: Erinnerungsdiplom der ersten Äbtissin Erzherzogin Maria Anna zum Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste, Wien, 30. Julius 1793. Dresden, HStAD, 10006, Oberhofmarschallamt, Archivalnummer F, Nr. 35, Blatt 15 und Blatt 52. HHStA, UR FUK 2173/1–2, Freiwillige Rechtsverbindliche Convention zwischen Seiner Majestät dem Kayßer und Ihro Königlichen Hoheit Erzherzogin Maria Anna. HHStA, Hausarchiv, Hofkommission in Familienangelegenheiten 2, Konv. 2–1-1, Convention vom 20. März 1800.



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77 HHStA, Neuere Zeremonialakten 239, Konv. 1800/XIII/25, Maria Anna an Baron von Henniger; Lizitationsanzeige betr. Versteigerung. 78 HHStA, Sammelbände 68a, Konv. 3–2, Großherzog Ferdinand an Erzherzogin Maria Anna, Schönbrunn 19. September 1800, auszugsweise: „[…] der Kaiser ist bei der Armee, aber er ist mit der Reise nach Rom einverstanden […]“. 79 HHStA, Sammelbände 68a, Konv. 3–3, Colloredo an Maria Anna, Vienne, 19 février 1800. 80 HHStA, Familienakten 83, Konv. 83–4, 7. Mai 1800, Die hinterlassene Hofstaat meiner Schwester Maria Anna betreffende Gegenstände. Dazu auch HHStA, Neuere Zeremonialakten 239, Konv. 1800/XIII/26: Auflösung des Hofstaates der Erzherzogin Maria Anna in Prag. 81 Ferdinand von Bissingen-Nippenburg (1749–1831) war 1802–1805 Hofkommissär und Generalgouverneur der venezianischen Provinzen. Vgl. zur Familie Wurzbach 2, Wien 1856, S. 412–413. 82 HHStA, Kabinettarchiv, Kaiser Franz Akten 52, Berichte des Grafen Bissingen (1802– 1805), Konv. 28d, kaiserliches Handschreiben an Graf Bissingen, 26. März 1803. 83 HHStA, Hausarchiv, Hofkommission in Familienangelegenheiten 2, Konv. 2–1-3, Maria Anna am 1. August 1806 aus Rom an den Kaiser: „[…] Je vous renouvelle donc ma demande que vous voulez bien m’envoyer trente mille florins en argent […]“. 84 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 83, Konv. 83–8, Verlassenschaft der Erzherzogin Maria Anna 1809, fol. 288–303, Bericht an Kaiser Franz I. vom 31. Oktober 1811; dazu auch HHStA, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Verlassenschaften 4, Konv. Verlassenschaft der Erzherzogin Maria Anna. 85 HHStA, Sonderbestände (SB), Nachlaß (NL) Ehzg. Rainer 2–8, Briefe von Maria Anna von Juni bis September 1809. 86 HHStA, SB, NL Ehzg Rainer 2–8, Brief der Erzherzogin vom 13 août 1809 aus Hatzfeld: „[…] mes forces ne se remettent pas trop ici, on m’a conseillé de changer d’air et d’accepter les offres obligeants du comte de Lawasch […] de passer trois semaines à leur campagne de Neudorf où l’air est un peu plus vif qu’ici […]“. 87 Wiener Zeitung vom 28. October 1809, Seite 1. 88 HHStA, UR FUK 2226, Totenschein der zu Ujfalu [Neudorf ] am 1. Oktober 1809 verstorbenen Erzherzogin Maria Anna. 89 HHStA, UR FUK 2223, 2224 und 2225. 90 HHStA, Ministerium des Äußeren, Einzelne Abhandlungen F 1, Konv. 63: Errichtung und Erhaltung eines Grabmales zu Neudorf im Banat für die Erzherzogin Maria Anna, Schwester des Kaisers Franz. 91 Zangheri, Feste e apparati, p. 124. Vgl. den umfangreichen Beitrag bei Hamann, Die Habsburger, S. 219–222. 92 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, fol. 41–57: „[…] Charles est trop petit […] il faudra donc établir une seconde chambre dans laquelle passera par la suite l’archiduc Leopold […]“. 93 Zitiert bei Peham, Leopold II., S. 165. 94 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, fol. 109v–110r, 1779, auszugsweise: „Bei Karl ist auf seine Gesundheit, auf seine Ernährung zu achten, er sollte mehr trinken;

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nicht zu tolerieren sind kleine Frechheiten, unnötiges Geschwätz und seine zutrauliche Art […]“. 95 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6, fol. 119, Pietro Leopoldo am 5. Dezember 1786 an Joseph II.: „[…] Charles depuis quelque temps a la santé forte, agile et robuste, il ne manque pas de talents, a beaucoup d’application plein de point d’honneur, il s’est entierement remise en santé et je crois que si vous le prenez vous en serez content, il est en etat d’etre pris et si jamais il se voyait laissé en arriere il en serait au desespoir […]“. 96 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 9, Konv. 9–2, fol. 218v, Pietro Leopoldo am 16. Oktober 1787 an Joseph II.: „[…] quant à Charles c’est celui qui a le plus de talent de tous et son caractere est bon mais sensible, il grandit bien, fait tous les exercices comme tous les autres, mange et dort bien […], c’est de tous mes fils celui qui desire avec le plus grand empressement d’aller à Vienne […] je vous prie de le faire venir avec les autres et je reponds d’avance sur mon honneur que vous ne le regretteriez pas et en serez content […] avec nous en Toscane il serait perdu et malheureux toute sa vie […]“. 97 Vgl. zur Brabantischen Revolution und zur Haltung Wiens: Janet Polasky, Revolution in Brussels 1787–1793, Brussel 1982; Zedinger, Die Verwaltung der Österreichischen Niederlande. 98 Leopold II. und Marie Christine. Ihr Briefwechsel, S. 227–228, Leopold II. am 22. Mai 1791 aus Koblenz an Marie Christine. 99 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 20, Konv. 20–2, fol. 85–87, Leopold II. berichtet am 20. Juli 1791 seiner Schwester Marie Caroline in Neapel von den Bestimmungen der Söhne, Alexander wurde Palatin und Karl ging nach Brüssel. 100 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 21, Konv. 21–1, fol. 194f, Marie Christine am 17. Okt. 1791 an Leopold II. 101 Marchin/Belgien, Familienarchiv Comte de Robiano, Brief des Erzherzogs Charles Louis an Comte Eugène de Robiana, Conseiller d’Etat, Fourron le Comte, 24 aout 1794; zitiert bei Zedinger, Die Verwaltung der Österreichischen Niederlande, S. 139: „[…] ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich für das Oberkommando noch zu jung bin, ich habe noch zu wenig Erfahrung für diese […]“. 102 Karl Alexander von Lothringen (1712–1780), Sohn des Herzogs Leopold von Lothringen und der Prinzessin Elisabeth Charlotte von Orléans, Bruder des Kaisers Franz I. Stephan, verheiratet mit Erzherzogin Maria Anna, Schwester Maria Theresias; vgl. Zedinger, Die Verwaltung der Österreichischen Niederlande, S. 68–73, 104–107, 133–135. 103 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 67, Konv. 67–4-1, 1790–1792: Maria Luisa an ihren Sohn Alexander Leopold. 104 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 56, Konv. 5, fol. 107–110, Instruktion für Colloredo 1779: Leopold: „Il faut reprimer ses premiers mouvements et ses polissonneries, colères et emportements.“ 105 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6, fol. 113–120, Pietro Leopoldo am 5. Dezember 1786 an Joseph II., auszugsweise: „Leopold ist gesund und stark, mitunter ein bisschen vorlaut, er ist ehrgeizig vor allem in Mathematik, er studiert außerdem Geschichte, Philosophie und Physik und wird im Herbst fertig werden […]“. 106 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 67, Konv. 67–3-1, fol. 3, Leopold II. am 15. März



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1790 an Alexander Leopold: „[…] je suis bien charmé que vous soyez diligent pour le Latin, il vous sera fort utile ici […]“. 107 HHStA, Handarchiv Kaiser Franz 12, Konv. II.6. 108 Zum Tod Alexander Leopolds und den Verfügungen vgl. HHStA, Ministerium des k. k. Hauses, Todesfälle 3, Konv. Alexander Leopold. 109 Zangheri, Feste e apparati, p. 128. 110 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2148, fol. 158–161; Zangheri, Feste e apparati, p. 134. 111 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 87, Konv. 87–6, fol. 119v, Pietro Leopoldo 1786 an Joseph II.: „[…] Joseph est sain, agile et fort, il ne manque pas de talent, ni de vivacité de caractère plus dissimulé, est moins appliqué que les autres, mais il a besoin d’etre tenu en sujetion […]“. 112 Günter Fuhrmann, Haus der Könige. Das Wiener Palais Coburg, Wien 2018, S. 128–130. 113 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 19, Konv. 19–1, fol. 177v, Leopold II. an Marie Caroline, 1790, auszugsweise: „Marie ist 13 Jahre alt, sie ist gutmütig, religiös, lebhaft und ehrlich, sie erfreut sich an allem und ist leicht zu führen […]“. 114 Wurzbach 5, Wien 1859, S.. 73–74: Dom Martius Mastrilli, Marquis del Gallo (1753– 1833). 115 HHStA, Ministerium des k. k. Hauses, Vermählungen 17. 116 HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Einzelne Abhandlungen 6, Konv. Wahl Erzherzog Anton zum Erzbischof und Kurfürsten von Köln 1801. 117 HHStA, Hausarchiv, Familienakten 83, Konv. 83–3, Verlassenschaft Maria Amalie, 3. Jänner 1799; Ministerium des kaiserlichen Hauses, Todesfälle 3. 118 Zitiert bei Wandruszka, Eine Kindheit in Florenz und Wien, S. 360. 119 Wolfsgruber, Franz I.,Bd. 1, S. 243. 120 HHStA, UR FUK 2108, Taufschein des zu Pisa am 13. Dezember 1784 geborenen Erzherzogs Ludwig von Toscana, Sohn des Großherzogs Leopold I. und der Großherzogin Maria Luisa von Toscana, getauft ebendort am 14. Dezember 1784. 121 HHStA, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Verlassenschaften 4, Konv. Verlassenschaft des Erzherzogs und Kardinals Rudolf 1831/1832.

Schlussakkord 1792 Auch im Tode vereint: Leopold II. und Maria Luisa de Borbón beenden ihre Wege im Frühjahr 1792

Kaiser Leopold II. war am 1. März 1792 völlig unerwartet verstorben1. Erst zwei Tage zuvor hatte er starke Schmerzen verspürt, der Arzt hatte einen Rheumaanfall diagnostiziert und Bettruhe verordnet; nun schien es ihm besser zu gehen, die Kaiserin, der Arzt und zwei Kammerdiener blieben bei ihm. Maria Luisa saß mit einer Stickarbeit in der Nähe des Fensters, als der Kranke gegen halb vier Uhr nachmittags erwachte und nach ihr rief. Sie eilte zu ihm, nahm ihn in den Arm. In diesem Augenblick verstarb Leopold II. Es muss für Maria Luisa ein unfassbarer Schock gewesen sein, von dem sie sich nicht erholte. In seinen Erinnerungen schildert ihr Sohn Johann die folgende Zeit „[Nach dem Tod des Vaters] verlebten wir zurückgezogen […] in Wien. Ich sah öfters mit meinen Schwestern meine gute Mutter. Diese kränkelte an einem Zehrfieber, nun ganz zurückgezogen lebend. Sie folgte bald meinem Vater, denn am 15. Mai des nämlichen Jahres verließ sie diese Welt […]“2. Sicherlich hatte der unerwartete Tod des Gemahls den Gesundheitszustand der Kaiserin rasant verschlechtert, sie litt aber schon seit längerem an „Fieber und beschwerlichem Atem“3 und einer furchtbaren Schwäche, wie ihre Tochter Marie Terese, verheiratete Kronprinzessin von Sachsen, in den im Hauptstaatsarchiv Dresden verwahrten Aufzeichnungen vermerkte. So mag das unvorhersehbar gewesene Ableben des Gemahls ihr Hinscheiden beschleunigt haben, wie es Prinz Antonio Pascal (1755–1817), der Bruder Maria Luisas, in seinem Kondolenzschreiben an den Sohn formulierte: „[…] je partage bien sincerement la douleur dont le coeur de V[otre] M[ajesté]. a été accablé par la perte de la très digne mère, ma chère soeur […] sensible comme elle été [sic] il n’est pas surprenant qu’Elle a succombé à la perte d’un epoux qui faisait son bonheur […]“4. Auch Clemens Wenceslaus von Sachsen (1739–1812), der letzte Erzbischof und Kurfürst von Trier, der Onkel der Verstorbenen, verabsäumte es nicht, seinem Großneffen Kaiser Franz II./I. zu kondolieren: „[…] Les vertues de feue son Auguste et Chère Mère doivent Lui servir de consolation, ne pouvant lui laisser de doute que feue S. M. sera presentement parfaitement heureuse […]“5. Das ganze Ausmaß des Verlustes war vor allem Erzherzogin Marie Christine und ihrem Mann Albert von Sachsen-Teschen bewusst geworden; beide hatten die toskanische Familie anlässlich ihrer Italien-Reise kennen und achten gelernt, sich lange hier aufge-

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Schlussakkord 1792

halten, die Beziehung war freundschaftlich, die Korrespondenz zwischen den Geschwistern vertraulich gewesen. Erzherzogin Marie Christine war erschüttert vom Tod des Bruders und Kaisers, der unverhofft gekommen war, gerade als sich die politischen Angelegenheiten auf gutem Weg befanden, und nun auch noch diese Nachricht! Es machte sie sehr betroffen, dass ihre Neffen und Nichten innerhalb von drei Monaten Vater und Mutter verloren hatten6, ihr war bewusst, was es für die noch halbwüchsigen und vor allem für die noch kleinen Kinder bedeuten musste, für den neunjährigen Rainer, den achtjährigen Ludwig und den vierjährigen Rudolf. Johann war gerade erst zehn Jahre alt geworden, seine Erinnerungen lassen das Ausmaß des Verlustes erahnen: „[…] der Vater war nicht mehr da, der Bruder konnte nicht jene Sorgfalt haben wie Ersterer, überdies noch jung, in den Flitterwochen seiner [2.] Ehe, seines Alters wegen uns fremder […] wir wurden beinahe vergessen, von allen abgeschieden, bloß Karl und Leopold wenn sie kamen besuchten uns, wir waren ganz dem Baron Hager7 überlassen […]“8. Bei dem hier genannten ‚Bruder‘ handelte es sich um den 24-jährigen Franz, der natürlich kein Spielgefährte mehr sein konnte, er war nun nach dem Tod des Vaters Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Herrscher über die habsburgischen Länder. In diesen Jahren der Auseinandersetzung mit dem revolutionären Frankreich mag der junge und noch unerfahrene Franz II./I. die Verantwortung für die Familie, die Verpflichtung gegenüber Land und Leuten als kaum zu schaffende Bürde empfunden haben. Wenige Tage vor ihrem Tod sorgte sich Maria Luisa noch um ihre Schwester Maria Josepha, mit der sie eine lebenslange Korrespondenz verband und die nun sicher auf Post aus Wien wartete. Mit Hilfe der Tochter sollte Maria Josepha im fernen Madrid über die Krankheit informiert werden: Maria Anna berichtete also der Tante, dass die Mutter seit zwei Tagen wegen großer Atemprobleme das Bett hüten musste, die Verabreichung der letzten Ölung sei jedoch nur eine Formalität9 gewesen. Die Kaiserin sollte sich täuschen, sie erholte sich nicht mehr; in ihrer Antwort bedankte sich Maria Josepha für die Nachricht, sie betonte noch einmal ihre jahrelange Verbundenheit und den Schmerz, den ihr der Verlust der Schwester zufügte10. Es waren nicht die einzigen Nachrichten, die nun zwischen Spanien und dem Wiener Hof ausgetauscht wurden, auch Kaiser Franz II./I. berichtete König Carlos IV. vom Tod seiner Schwester, es waren höfliche, unverbindliche Schreiben11, nicht vergleichbar mit der vertrauten Korrespondenz, die die beiden Schwestern innig verbunden hatte. Nur zweieinhalb Monate später folgte also Kaiserin Maria Luisa ihrem Mann in die Ewigkeit nach, das seit vielen Jahrhunderten tradierte Zeremoniell nahm seinen Lauf, das für den Tod einer Kaiserin festgesetzte Protokoll kam zur Anwendung, ganz so, wie in den Anordnungen des Obersthofmeisters Fürst Starhemberg12 vermerkt: „[…] Leichenbegängnis wie beim Tod Leopolds II. […] der entseelte Leichnam wird den 17. dieses [Mai] in der Burgpfarrkirche exponiert, den 19. um 7h abends in der Königl. Gruft in der Kapuzinerkirche beigesetzt, den 20., 21. und 22. [werden] jedesmal um 6h abends die Vigilien [abgehalten], die Exequien aber den 21., 22. und 23. dieses in der



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Augustinerkirche […] die Böhmische Hofkanzlei wird ersucht, die bei dergleichen Fällen gewöhnlichen Verfügungen erlassen zu wollen […]“13. Zwei Tage später benachrichtigte der Obersthofmeister sämtliche Länderstellen vom Tod der Kaiserin und gab den Auftrag, in den Pfarrkirchen der Städte und auf dem Land die gewöhnlichen Exequien, Heiligen Messen und Andachten zu halten. Wie bei derartigen Todesfällen üblich, wurde beginnend mit dem Tag der Beisetzung für die nächsten drei Monate Hoftrauer verfügt, wobei die ersten drei Wochen streng gehalten und danach Lockerungen bis zum Ende der Trauerzeit vorgesehen wurden14. In den damals zur Verfügung stehenden Medien wurde auf den Todesfall hingewiesen und der vorletzten Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches gedacht: „Klagen und Tröstungen auf den Tod der im Herrn selig entschlafenen verwittibten Allerhöchsten Römischen Kaiserin Maria Louisa“15. Aber auch in der Toskana wurde der Großherzogin gedacht, ihr zu Ehren wurde in Santa Felicità am 13. Juli ein Trauergerüst errichtet, mit dorischen Säulen, Kandelabern und Kerzen, zwei Genien trugen das Bildnis der Verstorbenen, umgeben von den Allegorien der Austria und der Toskana16. Die Kirche Santa Felicità war durch den Corridoio Vasariano, durch den langen Gang sowohl mit dem Palazzo Pitti als auch mit den Uffizien verbunden, von hier aus hatte Maria Luisa, auf der Empore sitzend, immer wieder dem Gottesdienst beigewohnt. Die Ausgaben für den am 17. Juli hier abgehaltenen Gottesdienst wurden penibel aufgelistet17. Trauergottesdienste fanden auch in Prato, Livorno, Borgo a Buggiano und in Empoli statt. Maria Luisa, Infantin von Spanien, Großherzogin der Toskana, gekrönte Königin von Böhmen und Ungarn, Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches ruht neben ihrem Mann Kaiser Leopold II. in der Kapuzinergruft, in dem westlich von der Franzens- und Ferdinandgruft korridorartigen Raum, der mit diesen durch Arkadenbogen verbunden ist. Diese sogenannte „Toskanagruft“ wurde in den Jahren 1840 bis 1842 im Auftrag des Kaisers Ferdinand I. von dem Baumeister Johann Höhne errichtet18. Der einfache, glatte Sarg der Kaiserin entspricht den von Joseph II. erlassenen Begräbnisverordnungen, er ist mit dem Doppelkreuz Spaniens gekennzeichnet (Abb. 9); die Inschrift lautet: „Hier ruht Maria Ludovika, Tochter des Königs Karl III. von Spanien, Gemahlin des Kaisers Leopold II., geboren den 24. November 1745, gestorben den 15. Mai 1792“19. Ihr wurde zusätzlich die Besonderheit der sogenannten „getrennten Bestattung“ zuteil: Das Herz der Kaiserin wurde in der Loretto-Kapelle der Wiener Augustinerkirche und die Eingeweideurne in der Herzogsgruft, unter dem Mittelchor des Wiener Stephansdomes, beigesetzt. Diese im Jahr 1765 in Innsbruck Erzherzog (Peter) Leopold vermählte Prinzessin aus der spanischen Linie des Hauses Bourbon war nicht nur hübscher und liebenswerter als von böswilligen Zeitgenossen geschildert, Maria Luisa war ihrem Mann eine kongeniale Partnerin, eine umsichtige Großherzogin und besonnene Kaiserin. Vielleicht galt schon damals: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine tatkräftige Frau!“ Dieses

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Abb. 9: Sarg der Kaiserin Maria Luisa in der Kapuzinergruft in Wien, © Kapuzinergruft 2016, Foto Peter Grubits.



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junge Paar war eigentlich nur als kleines Rädchen im Mächtespiel der Häuser Habsburg und Bourbon geplant, im fein gesponnenen Netz familiärer Verflechtungen und politischer Verbindungen war ihnen keine besondere Bedeutung zugedacht; sie sollten vor allem die „Lorena“, die lothringische Dynastie im Großherzogtum Toskana etablieren und mit Würde repräsentieren. Tatsächlich aber entwickelte sich der großherzogliche Hof in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur politischen und familiären Drehscheibe im europäischen Machtgefüge, Informationen aus Madrid, aus Neapel oder Rom, aus Brüssel oder Paris gelangten durch persönliche Kontakte oft schneller an ihr Ziel als durch die offiziellen Kanäle. Als Infantin von Spanien war Maria Luisa in einem Zentrum der Macht aufgewachsen, problemlos konnte sie die an sie herangetragenen Aufgaben der Erzherzogin von Österreich und Großherzogin der Toskana übernehmen, mühelos bewältigte sie die Tücken des Wiener Hofes und mit dem Anspruch, Traditionen zu bewahren und Neues zuzulassen, meisterte sie die Anforderungen an die Königin und Kaiserin am Vorabend großer politischer Veränderungen. Und letztlich war es das toskanische Großherzogspaar Pietro Leopoldo und Maria Luisa, das die Erbfolge in der Familie absicherte und die Dynastie Habsburg-Lothringen begründete: Alle in der Folge geborenen Prinzen und Prinzessinnen des Erzhauses gingen auf ihre Söhne zurück. Nicht weniger als vier Hauptlinien des Hauses Österreich, die das Ende der Monarchie im Jahr 1918 überdauerten, stammten aus der Toskana: vom Thronerben Franz, jenem „Buben“, dessen Geburt Maria Theresia ihren Untertanen voll Freude aus der Burgtheaterloge heraus mitteilte; vom zweiten Sohn Ferdinand, der seinem Vater in der Toskana nachfolgte; vom vierten Sohn Karl, dem Sieger von Aspern; von Joseph, dem Palatin von Ungarn. Die fünfte, von Erzherzog Rainer und Elisabeth von Savoyen gegründete Linie starb Ende des 19. Jahrhunderts aus, und Erzherzog Johann folgte nur ein Sohn nach, der allerdings in der Thronfolge nicht anerkannt wurde. Aber da stand die Dynastie Habsburg-Lothringen schon auf sicheren Beinen. Anmerkungen 1

2 3

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Vgl. Michaela Kneidinger/Philipp Dittinger, Hoftrauer am Kaiserhof, 1652 bis 1800. In: Irmgard Pangerl/Martin Schreutz/Thomas Winkelbauer (Hg.), Der Wiener Hof im Spiegel der Zeremonialprotokolle (1652–1800), Wien 2007, S. 529–572, hier S. 553: Kaiser Leopold II. Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns, Bd. 1, S. 50. Dresden, HStAD, 10036 Finanzarchiv, Akten der Hofapotheke, Nr. 71, Loc. 33423: Berichte über die letzte Krankheit der Kaiserin Marie Louise, Gemahlin Leopolds II. von Österreich und Mutter der Königin Therese von Sachsen, 1792 Mai 15. HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Todesfälle 3, Konv. Maria Lu-

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dovika, fol. 25, Kondolenzschreiben des „Frère et oncle Antoine“ vom 5. Juni 1792 aus Aranjuez. 5 HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Todesfälle 3, Konv. Maria Ludovika, fol. 26, Coblence le 22 mai 1792. 6 HHStA, Hausarchiv, Sammelbände 30, Konv. 30–2. 7 Franz Hager Freiherr von Allentsteig (1750–1816), seit 1792 Erzieher der jüngeren toskanischen Kinder, vgl. Wurzbach 6, Wien 1860, S. 90–96. 8 Theiss, Leben und Wirken Erzherzog Johanns, Bd. 1, S. 51. 9 Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2472/05 und 06: „Ma très chère Tante, je suis bien flattée que ma chere Mere m’ait permis de lui ecrire pour lui donner des nouvelles d’une santé aussi pretieuse à mon coeur, elle garde depuis deux jours le lit, à cause de sa faiblesse, et y respirant mieux que levé. Elle me charge de dire à ma chere Tante qu’elle ne s’inquiete pas si elle entend qu’elle a été administré […]. J’aurais l’honneur d’écrire à Votre Altesse Royale tant qu’elle ne pourra le faire elle meme […]“. 10 Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2472/21, Marie Josephe am 5. Juni 1792 aus Aranjuez an Erzherzogin Maria Anna: „[…] de me mander de ses nouvelles etoit pour moi une nouvelle marque de la tendresse dont elle me correspondoit. Ma douleur pour son deces repond aussi aux sentiments qui nous ont toujours etroitement attachés […]“. 11 Madrid, Archivo Histórico Nacional, Sign. 2472/10–27. 12 Georg Adam Fürst Starhemberg (1724–1807), Botschafter am französischen Hof, Bevollmächtigter Minister in den Österreichischen Niederlanden, Obersthofmeister, vgl. Wurzbach 37, Wien 1878, S. 200–202. 13 HHStA, Hausarchiv, Hofakten des Ministerium des Inneren 8, Konv. IC4 1792–1827: Fürst Starhemberg am 16. Mai 1792 an die Böhmische Hofkanzlei. 14 HHStA, Hausarchiv, Hofakten des Ministerium des Inneren 8, Konv. IC4 1792–1827, „Hof-Trauer für Weyland der verwittibten Römischen Kaiserinn Königinn Majestät, gebohrene Infantinn von Spanien, Maria Ludovika, welche Samstag, den 19. May 1792 durch 3 Monate […] getragen wird“. 15 Johann Jacob Lewerer, Nürnberg 1792, 2 Blätter. 16 Zangheri, Feste e apparati, pp. 169–170. 17 Florenz, ASF, Imperiale e Real Corte 2276: Esequie per S. M. Imperatrice Maria Luisa: Paratura, Cera, Musica, Sagrestia, Spese diverse […] Ł 21780. 18 Magdalena Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft, Wien 1993, S. 31. 19 Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft, S. 236.

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Mailand, Biblioteca Ambrosiana Cartelle grande X 134

Marchin/Belgien Familienarchiv Comte de Robiano

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Abbildungen Cover

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Maria Ludovika von Bourbon-Spanien, Großherzogin der Toskana, Ferdinand Georg Waldmüller, KHM-Museumsverband, Inv.-Nr. GG 9437. Maria Ludovica als Großherzogin der Toskana, österreichischer Maler, Hofburg Innsbruck, © Burghauptmannschaft Österreich, Foto Bunge (Firma Neubauer). Leopold als Großherzog der Toskana, österreichischer Maler, Hofburg Innsbruck, © Burghauptmannschaft Österreich, Foto Bunge (Firma Neubauer). Hochzeit in Innsbruck am 5. August 1765, Darstellung auf einer Zeichnung im Buch: Charlotte Schreiber, Fan and fan leaves 2, London 1890, Museum für Angewandte Kunst Bibliothek, Sign. AC12399861. Maria Ludovica von Spanien, Großherzogin der Toskana, anonym, Elisabethinen-Konvent Klagenfurt, Inv.-Nr. 25, © Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien (Gerhard Ramsebner). Das Glück und die Hoffnung Österreichs, © ÖNB Wien PORT_ 00067568_01. Maria Theresia Erzherzogin von Österreich (1767–1827), nach Wenceslaus Werlin, Elisabethinen-Konvent Klagenfurt, Inv.-Nr. 10, © Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien (Gerhard Ramsebner). Die Krönung der Kaiserin Maria Luisa zur Königin von Böhmen am 12. September 1791, Johann Hieronymus Löschenkohl, Narodni Galerie Praha, Inv.-Nr. R 95805. Zweiteiliges Diamantarmband der Großherzogin Maria Ludovika mit Miniaturporträts ihrer 16 Kinder, Florenz um 1788, Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Fotograf Alexander Eugen Koller. Sarg der Kaiserin Maria Luisa in der Kapuzinergruft in Wien, © Kapuzinergruft 2016, Foto Peter Grubits.

Personenregister Albert von Sachsen-Teschen: 57, 76, 101, 134, 140 Albizzi Giovanna degli, Kinderfrau: 62 Albrecht von Toskana, Sohn von Maria Luisa: 64, 154 Alexander Leopold von Toskana, Palatin, Sohn von Maria Luisa: 63, 79, 92, 103–107, 123, 153f Anna Plochl: 158 Anton König von Sachsen: 89, 91, 94, 107, 137 Anton Viktor von Toskana, Sohn von Maria Luisa: 64, 103, 120, 156f Antonio Pascal, Bruder von Maria Luisa: 171 Arnth Marianne, Kindermädchen: 47

Colloredo Anton Theodor von, ­Erzbischof von Ollmütz: 110 Corsini, Familie: 50 Cosimo II. Medici: 47 Cowper, englische Resident: 50 Czernin Johann Rudolf Reichsgraf Czernin von Chudenitz: 109 David Carolina, Hofdame: 66 Diabelli Anton: 161 Dorothea von Württemberg: 155 Duschek Josepha, Sängerin: 111 Duval Valentin Jamerey-Duval, Bibliothekar: 63

Barker Edward: 76 Basilia della Vegga: 46, 66, 122 Batthány Josef, Erzbischof: 103 Beethoven Ludwig van: 160f Bissingen Graf Ferdinand von BissingenNippenburg: 148 Botta Adorno Antonio Marchese di: 45, 46, 49

Edelsheim Wilhelm Freiherr von: 65, 76–77, 101 Einsiedel Detlev Carl Graf von: 92 Elisabeth Farnese, Königin von Spanien: 23, 38, 122 Elisabeth Savoyen-Carignan: 158 Elisabeth von Württemberg: 76, 80–83, 92–93, 102, 143 Enzenberg Sophie und Cassian: 18 Esterházy Paul II. Anton: 28, 33–34

Carlos III. König von Spanien (= Carlo VII. von Neapel-Sizilien), Vater von Maria Luisa: 12, 16–18, 23–28, 34–37, 55, 59, 118–119 Carlos IV. König von Spanien, Bruder von Maria Luisa: 37–38, 172 Chotek Sidonie, Gräfin von: 110 Clemens Wenzeslaus von Sachsen: 171 Colloredo Franz de Paula Karl Graf von, Erzieher: 63–66, 81, 91, 140–144, 158

Fabroni Angelo, Lehrer: 140 Felipe Antonio von Neapel-Sizilien, Bruder von Maria Luisa: 27, 33 Ferdinand I. König von Neapel-Sizilien: 25, 27 36–37, 55, 58–59, 84, 103–104, 122 Ferdinand I., Kaiser des Hl.Röm.Reiches: 105 Ferdinand I., Kaiser von Österreich, „der Gütige“: 95, 173

192 Personenregister

Ferdinand II., Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 47 Ferdinand III. Großherzog von Toskana, Sohn von Maria Luisa: 21, 39, 60–63, 82, 91–94, 103–104, 144f Ferdinand Karl Anton, Sohn von Maria Theresia, Generalgouverneur der Lombardei: 20, 78 Ferdinand von Bourbon-Parma, Herzog: 118–119 Firmian Karl Graf: 27, 34–36 Foggi Francesco, Lehrer: 133 Franz I. Stephan von Lothringen: 11–12, 18–23, 28, 43–46, 61–63, 81 Franz von Toskana, Sohn von Maria Luisa, Franz II. Kaiser des Hl. Röm. Reiches, Franz I. Kaiser von Österreich: 20, 57, 61–63, 67–68, 80–83. 91–95, 102– 103, 107, 122–125, 139f. Friedrich August II. Kurfürst von Sachsen, König von Polen: 23, 25 Friedrich II. Eugen von Württemberg: 80–81 Friedrich II., Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 15 Friedrich Wilhelm II. von Preußen: 105 Gallo Martius Mastrilli Marchese del: 93, 156 Gehlweiler Anna, Kammerfrau: 66 Gian Gastone Medici, Großherzog der Toskana: 11,46 Giuliani Cecilia, Hofdame: 111 Gloucester Prinz William Henry Duke of: 78 Goya Francisco, Maler: 25 Grün Luigi: 66–68 Guardasoni Domenico: 107

Hager Franz Freiherr von Allentsteig Baron von H.: 172 Harrach Giovanna, Hofdame: 66 Haupt Daniel, Kammerdiener: 66 Henniger Baron von, Obersthofmeister von Maria Anna: 147 Hohenwarth Sigismund, Fürsterzbischof, Erzieher: 76 Höhne Johann, Baumeister: 172 Humbourg Jean Evangelista, Sekretär: 66 Isabella von Bourbon-Parma, Gemahlin von Kaiser Joseph II.: 15, 16, 38, 118 Johann von Toskana, Sohn von Maria Luisa, der „Steirische Prinz“: 21, 64, 66, 80, 92–93, 103, 157f Josef Anton von Toskana, Sohn von Maria Luisa, Palatin: 21, 64, 92 103, 107, 155f. Joseph I. Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 26 Joseph II. Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 15, 20, 38, 43, 48, 50, 58–61, 66, 75–76 80–82, 89-91 Karl Alexander von Lothringen, Statthalter in den Österr. Niederlanden: 61 Karl August von Pfalz-Zweibrücken: 118 Karl IV. Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 105 Karl Theodorf von Pfalz-Bayern: 78 Karl VI. Kaiser des Hl. Röm. Reiches: 11, 23–24 Karl von Toskana, Sohn von Maria Luisa, Sieger von Aspern: 21, 57, 62–53, 92, 103–104, 107, 150f Kaunitz Dominik, Diplomat: 121 Kaunitz-Riedberg Wenzel Anton Fürst, Staatskanzler:15, 28–29, 58, 82, 134 Khevenhüller Johann Joseph Fürst: 38–39 Kleist Franz Alexander von: 108

Personenregister 193

Knebel Baron von: 118 Koželuh Leopold Anton, Komponist: 111 Lamberg Maximilian Joseph Graf von: 140 Leopold II., Enkel von Maria Luisa, Großherzog von Toskana: 138 Leopold II. König von Böhmen und Ungarn: 105 Leopold von Toskana (= Alexander Leopold von Toskana) Leopold/Pietro Leopoldo, Großherzog der Toskana, Leopold II. Kaiser des Hl. Röm. Reiches: passim Leszczinski Stanislas König von Polen: 23 Ligniville FranÇois Eugène de: 61 Livia Raimondi: 66–68, 159 Lowasch Graf von, Gutsherr von Neudorf: 149 Ludwig von Toskana, Sohn von Maria Luisa, Mitglied des Staatsrats: 64, 159f. Ludwig XV. König von Frankreich: 11, 15, 35 Ludwig XVI. König von Frankreich: 15 Maffoli Vincenzo: 111 Mahony Demetrio Graf, spanischer Gesandter: 34, 37 Manfredini Federigo, Vize-Ajo: 66 Mann Horace, englischer Gesandter in Florenz: 50, 76 Maria Amalia von Sachsen, Königin von Neapel-Sardinien, Königin von Spanien, Mutter von Maria Luisa: 23–29, 33–35, 59 Maria Amalia, Kurfürstin, Kaiserin, Tochter von Kaiser Joseph I.: 26 Maria Amalia, Tochter von Maria Theresia, Herzogin von Parma: 118–120 Maria Amalie von Toskana, Tochter von Maria Luisa: 64, 75 107, 157

Maria Anna von Toskana, Tochter von Maria Luisa, Äbtissin in Prag: 61, 64, 103, 107, 110, 146f Maria Beatrix von Modena-Este: 20, 78 Maria Carolina, Tochter von Maria Theresia, Königin von Neapel-Sizilien: 27, 37, 47, 50, 57–59, 75, 82–83, 92–95, 103–104, 118–124, 132–133 Maria Clementine, Tochter von Maria Luisa, Königin von Neapel-Sizilien: 64, 93–94, 103, 107, 156f Maria Eleonore von Wrbna und Freudenthal, Hofdame: 64 Maria Elisabeth, Äbtissin in Innsbruck, Tochter von Maria Theresia, die „Kropferte Liesl“: 94 Maria Josefa, Kurfürstin, Königin von Polen, Tochter von Kaiser Joseph I.: 25 Maria Josepha, Erzherzogin, Tochter von Maria Theresia: 58 Maria Josepha von Spanien, Schwester von Maria Luisa: 26, 33, 46, 123, 172 Maria Luisa von Neapel-Sizilien, Tochter von Maria Carolina, Großherzogin von Toskana: 83 Maria Magdalena, Erzherzogin, verh. mit Cosimo II., Gründerin der Villa Poggio Imperiale: 47, 65 Maria Theresia von Neapel-Sizilien, Tochter von Maria Carolina, Kaiserin des Hl. Röm. Reiches, 2. Frau des Kaisers Franz II./I.: 83, 93, 95, 103 Maria Theresia, Kaiserin-Königin: passim Marie Antoinette, Königin von Frankreich, Tochter von Maria Theresia: 15 Marie Christine, Erzherzogin, Lieblingstochter von Maria Theresia: 57, 59, 76, 78–79, 82, 92, 101–103, 118–120, 132–134, 140, 150, 172 Marie Louise, Enkelin von Maria Luisa, Kaiserin der Franzosen: 96

194 Personenregister

Marie Terese, Königin von Sachsen, Tochter von Maria Luisa: 39, 55, 63–64, 82, 89, 91, 94, 137f Maximilian Franz, Sohn von Maria Theresia, Kurfürst, Erzbischof: 20, 78, 101 Maximilian von Toskana, Sohn von Maria Luisa: 64, 154 Mazzolà Caterino Tomaso, Komponist und Librettist: 108 Mengs Anton Raphael, Maler: 24 Metastasio Pietro, Komponist und Librettist: 108 Monnino Florida-Blanca FranÇois Graf von, spanischer Staatsminister; 121 Mozart Wolfgang Amadeus und Leopold: 61, 102, 107, 109 Nasolini Sebastiano, Musiker: 111 Nassau-Weilburg Henriette: 152 Neipperg Leopold Graf von, österr. Botschafter in Neapel: 27, 35–36 Orsini-Rosenberg Franz Xaver, österr.Gesandter in Spanien: 25, 28–29, 36–39, 49–55, 58–61, 66, 118 Ottokar I. Přemysl, König von Böhmen: 105 Paoletti Gaspari Maria, Architekt: 48 Paoletti Niccolo Gaspero, Architekt: 65 Pestinger Isabella, Hofdame: 66 Philipp V. König von Spanien: 23 Pius VI. Papst: 81 Pompadour Madame de, Geliebte Ludwigs XV.: 28 Rainer Josef von Toskana, Sohn von ­Maria Luisa, Vizekönig: 21, 64, 158f

Rasse Jean-Baptiste de, Sekretär: 66 Reischach Gabriele, verh. Gräfin Thurn, Hofdame: 47, 66 Riccardi Familie: 50 Riedl Anton, Lehrer: 133 Righini Vincenzo, Komponist: 102 Rocca Don Felix, Gouverneur in San Sebastian: 121 Rosenberg (= Orsini-Rosenberg) Rottenhan Heinrich Franz von, Präsident der obersten Justizstelle in Böhmen: 106 Rudolf von Toskana, Sohn von Maria Luisa, Erzbischof von Olmütz: 64, 68, 92, 125, 160f Salieri Antonio, Komponist: 102, 107 Salviati Familie: 50 Sauboin Jacques, Lehrer: 63, 66, 144 Schönfeld Baron, preußischer Gesandter: 89 Socoloff Anastasia: 62 Starhemberg Georg Adam Fürst von: 107, 172 Starhemberg Innozenza, Kinderfrau: 62,66 Störck Gräfin, Kinderfrau: 66,76 Summaring Joseph, Beichtvater: 66 Tanucci Bernardo, Minister in Neapel: 27–34 Testori Angelo, Tenor: 111 Thurn-Valsassina Anton Graf von: 18, 47, 61, 66, 91 Tiepolo Giovanni Battista, Maler: 24 Tillot Guillaume du, Minister in Parma: 118–119 Umlauf Ignaz, Komponist: 102

Personenregister 195

Vespa Giuseppe, Arzt: 51 Wagner Josef, Bäcker: 50 Walpurga von Bayern: 78 Wasseige Etienne, Sekretär: 66 Zach Andreas, Beichtvater: 66

Zinzendorf Karl Graf von: 76, 77, 79, 108, 110 Zucchetti Camilla, Äbtissin, langjährige Korrespondentin von Maria Luisa: 122