Linnés eigenhändige Anzeichnungen über sich selbst: Mit Anmerkungen und Zusätzen von Afzelius. Nebst Linne's Bildniß und Handschrift 9783110240771, 9783110240702

148 96 63MB

German Pages 284 [293] Year 2010

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Linnés eigenhändige Anzeichnungen über sich selbst: Mit Anmerkungen und Zusätzen von Afzelius. Nebst Linne's Bildniß und Handschrift
 9783110240771, 9783110240702

Citation preview

s&aa jtmssi

L l NN e ' s

eigenhändige Anzeichnungen über sich selbst, m i t A n m e r k u n g e n lind Z u s a h e n von

Afzelius Aus

dem Schwedischen

überseht

« on

Karl M i t

Lappe.

e i n e l

V o r r e d e

von

I)s. K. A. Rudolph,.

N«bst l i n n « ' « V i l d n i h

und Handschrift.

Berlin, 1826. G e d r u c k t

bei

u n d v « r l « g t

G. R e i m e r .

V o r r e d e . ^ v l a n hat von ,3inn« mehrere Biographicen, man hat eine Sammlung Briefe, die er an H a l l e r und andere Gelehrte geschrieben, und es leben, besonders in Schweden, noch Männer genug, die seine Schüler waren oder ihn sonst persönlich kannten, so daß auch durch mündliche Tradition vieles von ihm bekannt ist. Dennoch, wie ich die Existenz und die Herausgabe seiner Selbstbiographie erfuhr, machte es mir die lebhafteste Freude, und diese ward noch größer, als ich jene Schrift las, und ich fühlte mich dem trefflichen A d a m A f z e l i u s für die Herausgabe äußerst verpflichtet. Zwar war ein schwedischer Gelehrter, der in einem andern Theile der Naturwiffenschaften L i n ne's Größe erreicht hat, sehr gegen das Erscheinen dieser Schrift, weil L i n n « darin zu eitel erscheine, und also nur dadurch verliere. Allein das wird gewiß nicht der Fall -seyn. L i n n ä ' s Eitelkeit ist so gutmüthig, daß sie nie verlezt: dagegen welche treffliche Schilderung seiner Jugend, seiner Studien, a

seines Eifers, seiner Freundschaft mic A r t e d i , senl Abschied von demsterbendenB o e r h a a v e ! u. s. w. Manches kann man nicht ohne große Rührung l>> sen. Wahrlich dies Buch ist ein reicher Gewinn für die Litterärgeschichte unseres Fachs, und jeder gutgeartete Jüngling sollte es lesen, seinen M u t h zu stählen und seinen Lauf zu beflügeln, um nicht in der Mittelmäßigkeit unterzugehen " ) . W a s L i n n 6 der Naturgeschichte war, muß Jeder dankbar erkennen, der in der Geschichte derselben nicht ganz fremd ist, und es ist kein Land in der Welt, wo nicht seine Methode, dieselbe zu bearbeiten, heilbringend gewirkt hatte. Hätte B u ffo n länger gelebt, und sich auch über mehrere Klaffen des Thierreichs ausgebreitet: er wäre schon gezwungen worden, dcm vergeblich bespöttelten System zu folgen. B ü f f o n ' s Wohlredenheit bietet für den Mangel an letzterem keinen Ersah, und wenn einige Wenige, wie z. B . Lac^pöde und R i s s o , dem *) Das Original führt den Titel: L^«nl>3näiß2 ^,ntec1:nin^,r tülii^ß. ijtockkxlin ,823. XXZV. und 248 S, in gr. 4to,, außer dem Inhiltsuerzeichniß, der Erklärung der Kupfertn» feln u. s. w. Die Titelvignette stellt L i n n e ' s Bild aus früheren Jahren dar. Außer seiner Stammtafel sind sechs Kupfertafeln angehängt. Die erste giebt das l^c «>mi! ei»>es von ihm geschriebenen Briefes; die zweite 3 i n n « ' § Wapen und verschiedene Siegel; die dritte sechs auf L i n n e geschlagene Medaillen; die vierte stellt die Pfarrwohnung seincs Geburtsortes, Rashult in Smaland «or; die fünfte seinen Landsitz Hammarby in Upland; die sechste das ihm in der Domkirche zu Upsala aus Porphyr errichtete Denkmal. Die gegenwärtige Uebersetzung, zu der ich dem Verleger rieth, ist zwar nicht so reich ausgestattet, als das Original, allein dafür auch recht Vielen zugängig, und so sehr ich mich sonst vor Borreden zu Anderer Schriften scheue, weil sie leichi den Schein einer Anmaaßuog geben, so konnte ich sie doch hier dem Verleger nicht versagen, da er sie zur Bedingung machte, und ich das Werk in recht vielen Handen zu sehen wünschte.

falschen Schimmer eines hier schr übel angebrachten rednerischen Prunkes huldigen, so haben sie dadurch nur an eine Schwäche des sonst so trefflichen Mannes erinnert. S o sehr man aber L i n n L ' s große Verdienste lcbr, so sehr weicht man doch allmälig in recht wesentlichen Dingen von ihm ab, und ich benutze diese Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, und zu zeigen, welche Nachtheile das bringen muß. Erstlich. L i n n s war der Schöpfer einer Terminologie, die den Beschreibungen der Namrkörpcr Festigkeit und allgemeine Verständlichkeit giebt, während vorher die mehrsten Kunstwörter schwankend waren, da sie keine allgemeine Gültigkeit hatten. Zu dieser Terminologie waren die Kunstwörter nachzutragen, die man bei Entdeckung neuer Formen nöthig fand; und man hatte zu verbessern, was L i n n « zu allgemein oder nicht allgemein genuZ gefaßt hatte. Statt dessen aber findet man häufig willkührliche Aenderungen der Terminologie ohn.e alle Noth, und jeder Schriftsteller, besonders aber die Monographen, bringen eine solche Menge Kunstwörter hinzu, daß es Schwindel erregt. Sie fühlen nicht, wie sehr sie sich selbst dadurch den Eingang erschweren, und denken nicht daran, welche Last es bringen müßte, wenn so von allen Seiten verfahren würde, und wie das Ganze darunter leidet» Allein dies kennen sie oft freilich gar nicht, und der kleine Kreis, in dem sie sich bewegen, oft eine kleine Abtheilung einer einzigen Klasse, ist ihnen die Welt. Jenes Uebel hat es wahrscheinlich veranlaßt, daß einer der größten Naturforscher, daß C u v i e r (in der Vorrede zu seinem I^e^ns änimai. 1'. I. p X V I . ) sich ein Verdienst daraus macht, die Kunst-

wörter möglichst vermieden zu haben. I c h sollte dagegen glauben, daß es um das System und mn alle irgend genaue Beschreibungen schlecht aussebcn müßte, wenn man die Kunstwörter verbannen wollte; ja ich halte es für unmöglich, nur eine Klaffe von Thieren oder Pftanzen ohne dieselben nur irgend leidlich zu ordnen. Z w e i t e n s . L i n n s gab von den Gattungen (ßenei-a) nicht blos natürliche, sondern auch wesentliche Charactere. Diese letzteren verschmähen die Neueren nicht selten, und es ist gewiß die größere Arbeit, welche sie sich dadurch ersparen, allein nur

zum Nachtheil der Wissenschaft.

Einen natürlichen Charatter kann ich nach jeder Art (8pLoiL5) bilden; ich kann also, wo mir irgend eine generische Verschiedenheit dunkel vorschwebt, eine jede beliebige ß^ieoies zum (^6nu8 erheben, und ihren (^daracter nawr-äli» geben: damit ist jedoch nichts gewonnen, nur geschadet. Lege ich mir aber die Pftichc auf, zugleich das Wesentliche der Gattung auszuheben, d. h. den Oiiaraoter e586litialis mitzutheilen, so ist das zugleich die beste Prüfung der Nothwendigkeit,, eine solche Gattung zu bilden, oder nicht. I c h will ein sonst treffliches Buch eines zu frühe verstorbenen Collegen, I l l i ger's ?rc»ärolnu8 »^Lteuiatis mainlNÄliuin «t a v i u i n zum Beispiel wählen. M a n findet darin nur natürliche Charactere, allein nirgends ist das Wesentliche besonders hervorgehoben, und man hat daher bei vielen Gattungen, z. B . den Affen, den Fledermäusen, vielen Vögeln u. s. w. große Arbeit durchzudringen. Daß Arten als Beispiele gegeben find, erleichtert die Sache, aber hebt jenen Mangel nicht. Weiß der, welcher die Gattung aufstellt, nichts Wesentliches davon: wie sollen es Andere finden?

Dazu kommt die Neigung so vieler Schrift« steller, besonders solcher die nicht das Ganze vor Augen haben, jede Verschiedenheit zur Bildung neuer Gattungen zu benutzen, was nur Zunheilbringend seyn kann. M a n lese nur die Gattungs« bestimmungen eines Leach, eines D e n y s M o n t « f o r t , um zu sehen, wohin die Sucht führen muß, neue Gattungen zu bilden. Jüngere legen oft einen solchen Werth darauf, daß sie, um über den Werth eines Naturforschers zu urtheilen, die Frage aufwerfen, wie viel neue Gattungen er gemacht habe? L i n n « verschmähte diesen Prunk, theilte aber, so viel es ihm möglich war, die Gattungen sorg« fältig ab, und gab den Unterabtheilungen, wo es anging, eigene Nebennamen. Dasselbe hat C u v i e r in seinem Kö^ne aniinal durchgeführt, und es ist eine der glänzendsten Seiten dieses herrlichen Werks, so wie er auch räth, sich für gewöhnlich nur des obern oder Gattungsnamens zu bedienen. Wollten die Entomologen ihm doch dann nachfolgen! I n meinen Werken über die Eingeweidewürmer bin ich stets i'ener Limbischen Methode gefolgt, die nicht blos die Uebersicht erleichtert, sondern auch die B«« urtheilung der Anordnung mit sich führt. D r i t t e n s . Manche glauben, es komme nur auf die Gattungen (ßsnsra), nicht auf die Arten szpec-ies) an, und begnügen sich, die Gattungen zu bestimmen, die Arten hingegen nur obenhin zu er« wähnen. Wenn dies allgemein werden könnte, so wäre es um die ganze Naturgeschichte geschehen. Die 8psoiy5 sah L i n n s mit Recht als die Haupt« fache an, und wären dieselben alle scharf bestimmt, so wären auch die Gattungen, Ordnungen und

Klassen leicht gegeben.

Dazu ist aber wieder eine genaue Beschreibung und eine scharfe Bestimmung der Artverschiedenheit nothwendig. W o keine gültige visei-sutia s ^ o i ü«a gegeben wird oder gegeben werden kann, da darf auch nicht von verschiedenen Arten die Rede seyn. Indem sie dies versäumten, haben manche Monographieen, statt die Arten deutlich zu machen, alles in einander gewirrt. Die neueren Naturforscher sprechen immer von Abbildungen, und so sehr sie zu loben sind, wenn sie ein getreues B i l d geben, so darf man doch auch nicht vergessen, daß sie eigentlich das Portrait eines Individuums geben. Durch sie allein könnte man leicht verführt werden, aus jeder Abweichung eigene Arten zu bilden, wenn die Schriftsteller nicht angeben, was eigentlich das Bleibende und Wesentliche sey. Wenn nun die Schriftsteller sich noch obenein der Last der Synonymik entziehen, und alles mit eigenen Namen bezeichnen, wie B ätsch bei den Pilzen, und S p i x bei den brasilianischen Thieren, so ist alles geschehen, um die Naturgeschichte zu einem undurchdringlichen Chaos zu machen. Dagegen hat D e s märest in seiner trefflichen Mammalogie, die wohl einen bessern Namen verdiente, die Säugthiere musterhaft geordnet und beschrieben, und es wäre nur zu wünschen, daß solche systematische Werke in lateinischer Sprache erschienen, um Gemeingut zu werden.

Möchten sich doch Naturforscher vereinigen, eine

k'aunH Nuropasa, oder auch nur eine l'aunH (H«r> inanica in dem Geiste der 3inn6ischen t^auna 8usoioa zu schreiben: mit den wesentlichen Characteren der Gattungen, mit Definitionen der Arten, mit gedrängten Beschreibungen, gewählter Synonymik und mit Angabe des Vorkommens. Es würde eine

der größten Bereicherungen seyn, die der Naturgeschichte zu Theil werden könnte, theils durch das was diese I^auna selbst gäbe, theils durch die Vermehrungen und Berichtigungen, die sie nothwendig veranlassen würde. Das wäre zugleich eine Versöhnung für das Fabrikwerk, das G m e l i n unter dem Titel des Linnck'schen ä/stsma Natui-ae herausgab. Ein 8^5t6wa ^ n i m a l i u l n würde dann ebenfalls späterhin durch das Zusammentreten praktischer Naturforscher, keiner bloßen Buchgelchrten, möglich werden. Es ist wahrlich keine Vergötterung L i n n s ' s , die ich beabsichtige, allein ich sehe nur auf dem von ihm vorgezeichneten Wege ein sicheres und leichtes Fortschreiten zum Ziel. Jetzt kann nur der Naturforscher von Profession ein größeres Feld der Naturgeschichte bearbeiten; dem Arzte und allen übrigen Gelehrten, so nothwendig es ihnen seyn mag, wird es unmöglich gemacht. Wo sollen sie das Geld hernehmen, so viele kostbare Werke sich anzuschaffen, woher die Zeit, sie zu studiren? Einige gute Faunen aber würden schon ausreichen, bis ein ö M e n i a ^ n i u i a l i u i n endlich alles Bekannte umfaßte. Mag der einzelne Naturforscher immerhin nur ein Fach selbst genauer bearbeiten und erweitem können: so darf er doch in der übrigen Naturgeschichte kein Fremdling seyn, und er muß in demselben Sinn wie alle besseren Naturforscher arbeiten, damit eine Einheit entsteht. Jetzt nimmt Dieser einen Namen für eine Pflanze, den langst ein Thier geführt hat; Jener belegt ein Insect mit dem Namen, den schon ein Wurm trägt, und in keiner Weise ist Gleichförmigkeit, welches dem an« gshenden Naturforscher das Studium ohne alle Noth

erschwert.

Möchten doch diese Zeilen einigen Eingang finden, und die jüngeren Naturforscher von dem zu einseitigen Studium entfernen, damit das Band, womit 3inn6 alle Theile der Naturgeschichte zu vereinigen strebte, immer fester gezogen werde. Berlin, den 8. Juli 1826. D r . K. A . R u d o l p h i .

Vorwort des Schwedischen Herausgebers.