Liber memorialis: Was ein junger Römer wissen soll [2., durchgesehene Auflage] 9783534245949, 9783534723461, 9783534723478, 3534245946

Über den Autor Lucius Ampelius wissen wir so gut wie nichts. Vermutlich gehört er in die Gattung der Schulschriftsteller

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Liber memorialis: Was ein junger Römer wissen soll [2., durchgesehene Auflage]
 9783534245949, 9783534723461, 9783534723478, 3534245946

Table of contents :
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Inhalt
Einleitung
Der Titel des Werkchens
Der Verfasser
Entstehungsort
Der Adressat
Datierungsmöglichkeiten
Das Manuskript
Bewahrung des Werkchens
Die Quellen des Ampelius
Charakterisierung des Liber memorialis
Wichtige Textausgaben
Zum Liber memorialis
L. Ampelii Liber memorialis / Lucius Ampelius: Was ein junger Römer wissen soll
Zur Textgestaltung
Erläuterungen
Anhang: Die Nigidiusfragmente
Bibliographische Hinweise

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LUCIUS AMPELIUS Liber memorialis

TEXTE ZUR FORSCHUNG Band 94

LUCIUS AMPELIUS Liber memorialis Was ein junger Römer wissen soll Lateinisch und deutsch Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von INGEMAR KÖNIG 2. Auflage

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogra¿e; detaillierte bibliogra¿sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover¿lmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 2., durchgesehene AuÀage 2011 © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt 1. AuÀage 2010 Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, Gutenberg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-24594-9 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72346-1 eBook (epub): 978-3-534-72347-8

Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Titel des Werkchens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Verfasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Manuskript . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewahrung des Werkchens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Quellen des Ampelius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Charakterisierung des Liber memorialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wichtige Textausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Liber memorialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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L. Ampelii Liber memorialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Lucius Ampelius: Was ein junger Römer wissen soll . . . . . . . . . . . . . . . 27 Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Anhang: Die Nigidiusfragmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Bibliographische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Einleitung Der Titel des Werkchens Den uns überlieferten Titel, Liber memorialis = Erinnerungsbuch, Gedächtnisbuch, Buch der Denkwürdigkeiten, habe ich in »Was ein junger Römer wissen soll« umbenannt, da dies den Inhalt besser charakterisiert: Die kleine Schrift soll einen (ehemaligen?) Schüler namens Macrinus über alles informieren, was ein junger Römer, das heißt jemand, der beim Grammaticus gelernt hat, wissen muss. Überraschend bleibt dabei, dass hier nicht Wert gelegt wird auf »literarisches« Grundwissen, das heißt, es werden keine Stilübungen angesprochen, wie sie ein junger Mann, der sich auf die Laufbahn eines Redners, eines Rechtsanwalts, eines Politikers vorbereiten will, erlernen sollte, oder auch Hinweise auf rhetorische Vorbilder, wie sie Sueton in seiner Schrift De grammaticis et rhetoribus bietet. Vielmehr wird reines »Sachwissen«, Allgemeinwissen aufgelistet. Im Prinzip ähnelt es etwas den modernen Kalender-Taschenbüchern, die Auskunft geben über den höchsten Berg, den längsten Fluss, die größte Stadt und so weiter, nur dass hier Information und »Abfragewissen« miteinander vermischt werden. Der Liber memorialis des sonst unbekannten L. Ampelius ist vermutlich auf uns gekommen, weil er in äußerst knapper Form das Grundwissen zusammenfasst, das ein Lehrer seinem Schüler im Unterricht vermittelt. Aber bereits hier zeigen sich Probleme, deren Lösung erhebliche Schwierigkeiten bereitet und auf die bereits M.-P. Arnaud-Lindet in ihrer zweisprachigen Textausgabe und erneut in ihrem Forschungsbericht [Le Liber memorialis de L. Ampelius, ANRW II 34.3, 1997 S. 2301–2312] hingewiesen hat. Beiden Arbeiten bin ich verpflichtet. Dennoch: trotz allen Scharfsinns scheinen die Probleme nicht völlig ausgeräumt zu sein.

Der Verfasser Den Verfasser L. Ampelius kennen wir nicht, weder durch weitere eigene Schriften noch Erwähnung in fremden Werken. Sein Name wird in der Grußformel des Prologs genannt, und der Anlass der Schrift ist offenbar die private Anfrage seines Schülers Macrinus. Damit dürfen wir ihn vielleicht der Gattung der »Schulschriftsteller« zuordnen. Obwohl ArnaudLindet darauf verweist, dass alle bekannten »Ampelius«-Namen aus der Zeit des 3. bis 6. Jahrhunderts n. Chr. stammen (»Aide-mémoire« S. xx

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Lucius Ampelius

Anm. 42; vgl. dazu die entsprechenden Eintragungen in PLRE I S. 56 f), versucht sie den Autor im ausgehenden 2. Jahrhundert anzusiedeln. Da jedoch, wie gesagt, sein Werkchen von anderen Autoren nicht nachweisbar rezipiert wurde, kann Ampelius kaum der »ersten Garnitur« der Gelehrten und Dozenten zugerechnet werden. Auch die Qualität der Schrift deutet nicht auf einen qualitativ hochstehenden Verfasser hin, so dass die einst von Salmasius vorgeschlagene Identifizierung mit (L.) Ampelius, der von Sidonius Apollinaris, Carmen 9, 301 f. auf eine Stufe mit Paulinus und Symmachus gestellt wird, kaum zutreffen kann. Umso überraschender ist, dass die Schrift überhaupt der Nachwelt erhalten geblieben ist.

Entstehungsort Unbekannt ist auch der Ort, wo Ampelius gelebt bzw. gelehrt hat. ArnaudLindet schlug dafür Iol/ Caesarea in Mauretanien vor (heute Cherchell), da dies eine der wenigen im Werke hervorgehobenen Städte ist. Caesarea, benannt zu Ehren des ersten ›Kaisers‹ C. Iulius Caesar Augustus, wurde von König Juba II. neu gegründet, einem Herrscher, den Ampelius als äußerst gebildet (litteratissimus (litteratissimus)) rühmt (38,2). Zudem hatte der König dort eine bedeutende Bibliothek eingerichtet, was Ampelius allerdings nicht erwähnt. Arnaud-Lindet hat auf alles hingewiesen, was ihre These stützen kann, so auch auf die Liste der »sechs Herkules« (9,12), von denen sie drei Nordafrika, speziell dem Königshaus von Mauretanien, zuweist (ANRW S. 2302 Anm. 2). Diese Überlegungen sind zweifellos beachtenswert, wenn auch nicht zwingend, gab es doch in anderen Städten des lateinischsprachigen Reiches ebenfalls »Schulen« und Bibliotheken. So lesen wir etwa in der bekannten Inschrift zu Como, dass der Jüngere Plinius einen Teil seines Vermögens der städtischen Bibliothek hinterlassen hat (CIL V 5262 = Dessau 2927). Ein Merkbüchlein wie der Liber memorialis konnte also auch an anderen Orten (in Italien), wo reger Schulbetrieb herrschte, abgefasst und tradiert worden sein. Zudem enthält der Text des Ampelius nicht wenige »Ungereimtheiten«, die die Benützung einer bedeutenden »Bibliothek« zumindest diskutierbar machen: Die nordafrikanischen »Studenten« Apuleius, Tertullian und Augustinus schreiben ein erheblich besseres Latein als der »Professor« Ampelius.

Einleitung

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Der Adressat Ein weiteres Problem stellt der Name des Empfängers Macrinus dar. Auch dieser Name ist nicht selten und der spätere Kaiser M. Opellius Macrinus, ein Maure, hat sogar den »Vorteil«, in Caesarea geboren worden zu sein. Verbindet man diese Tatsache mit der von Arnaud-Lindet favorisierten »Heimat-These«, so lässt sich daraus die Möglichkeit ableiten, dass Ampelius sein Werkchen dem um 164/ 5 n. Chr. dort geborenen Schüler übergab (zum unsicheren Geburtsdatum des Kaisers H. von Petrikovits, RE XVIII.1, 1939 Sp. 542; D. Kienast, Römische Kaisertabelle, Darmstadt 1990 S. 169). Damit besäßen wir nicht nur einen Hinweis auf den Entstehungsort der Schrift, sondern auch einen solchen auf die Zeit ihres Entstehens: Arnaud-Lindet schlägt daher die Zeit des Kaisers Marc Aurel vor, spätestens aber die der Severer. Diese auch von anderen favorisierte Zuweisung an den späteren Kaiser Macrinus ist zwar möglich, bleibt aber letztlich ohne Beweis. Macrinus, so erzählt die Historia Augusta (Macrinus 4,3), soll unter Kaiser Commodus ein Leben in Schande (vita (vita sordida sordida)) geführt haben und sei deshalb von Septimius Severus nach Afrika verbannt worden, wo er sich dem Studium hingab, kleinere Prozesse führte, Redeübungen veranstaltete und schließlich öffentlich auftrat (ubi (ubi . . . lectioni operam dedisse, egisse clausulas, declamasse, in [[foro foro]] postremo dixisse.). dixisse.). Natürlich müssen die Mitteilungen der Historia Augusta Augusta,, die häufig zu hemmungsloser Fälschung neigt, mit Vorsicht aufgenommen werden, doch ist nicht auszuschließen, dass Macrinus sich bei einem grammaticus das nötige Rüstzeug der Allgemeinbildung (liber (liber memorialis memorialis)) verschaff te, etwas, das unbedingt notwendig war, um öffentliche Auftritte als Prozessredner mit entsprechenden Exempla zu »garnieren«. Wir erfahren von Cassius Dio (78,11,2), dass Macrinus als Rechtsanwalt einen Freund des Praetorianerpraefecten Plautian, der ebenfalls aus Afrika stammte, erfolgreich verteidigte – Herodian (4,12,1) sagt sogar, dass er in der Rechtswissenschaft »besonders erfahren« war (μάλιστα νόμων ἐπιστήμης) –, weshalb ihn Plautian hernach zum Verwalter seines Privatvermögens bestellte. Der spätere Sturz des allmächtigen Prätorianerpräfekten scheint aber Macrinus’ weitere Laufbahn nur mäßig beeinträchtigt zu haben. Das »Grundwissen« kann der spätere Kaiser also in der frühen Jugend in Caesarea oder aber erst vor seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt erworben haben. Allerdings muss bereits hier festgestellt werden, dass Ampelius – wollen wir ihn als »Lehrer« des Macrinus sehen – nicht gerade zu den »Spitzengelehrten« zählte. So stellt sich neben anderen Ungereimtheiten etwa das

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gesamte Kapitel 32 über die kappadokischen und armenischen Könige als wertlos heraus. Damit ist auch die Mitteilung der Historia Augusta (Macrinus 13,5), Macrinus habe später als Kaiser »gebildete Männer« ((litterati litterati)) zu seiner Tafel geladen, um durch ein Gespräch über »wissenschaftliche Themen« ((de de studiis liberalibus) liberalibus) seine Trunksucht zu steuern, schwerlich als Beleg für eine Beziehung des Kaisers zu unserem Autor heranzuziehen (Prolog: »Deinem Wunsche gemäß, alles wissen zu wollen, habe ich dieses Buch des Grundwissens verfasst, …«).

Datierungsmöglichkeiten Über das Vorgehen, eine derartige »Halbbildung«, wie sie Ampelius anbietet, zu erlangen, machte sich bereits Petronius in seinem Satiricon lustig, und selbst der Historiker Eutrop beginnt seinen historischen Abriss (Breviarium ab Urbe condita), den er im Auftrage des Kaisers Valens [364 –378 n. Chr.] verfasste, mit dem versteckten Hinweis, auf diese Weise der mangelnden historischen Allgemeinbildung des Herrschers auf die Sprünge zu helfen: »Deinem gnädigen Willen gemäß habe ich die römische Geschichte von der Erbauung der Stadt bis auf unsere Zeit, was an kriegerischen und zivilen Vorgängen herausragte, der Zeitfolge nach in einem kurzen Abriss zusammengestellt; auch was es an ausgezeichneten Erscheinungen im Leben der Kaiser gab, habe ich beigefügt, …« ((ex ex voluntate mansuetudinis tuae ab urbe condita ad nostram memoriam, quae in negotiis vel bellicis vel civilibus eminebant, per ordinem temporum brevi narratione collegi, strictim additis etiam his, quae in principum vita egregia extiterunt …). Die Tatsache aber, dass auch in der historischen Literatur der Spätantike immer wieder auf die Republik verwiesen wird, um die Gegenwart durch Beispiele aus der Vergangenheit zu erläutern (so etwa der Vergleich des Kaisers Diokletian mit Marius, die beide aus niederer Schicht stammten, Aurelius Victor, De Caesaribus 39,5–7), und mit der anonymen Schrift »De viris illustribus urbis Romae« sogar ein ausschließlich auf die Republik bezogenes biographisches Werk vorliegt, lässt die Zuordnung des Liber memorialis in die Zeit der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts nicht zwingend erscheinen. »Grundrisse« verschiedenster Art lagen den Grammatikern für Unterrichtszwecke vor oder wurden eigenständig konzipiert, und die Tatsache, dass uns kaum etwas davon unmittelbar erhalten blieb, ist kaum Kriterium für eine Datierung. Gleiches gilt für Hinweise auf die Sternkreiszeichen und Sternbildersagen, wie wir sie noch bei spätantiken »Klassikern«, zum Beispiel Symmachus oder Sidonius Apollinaris, ja sogar Boethius, finden können.

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Die Angaben des Ampelius zur »bewohnten« Welt, zu den Stern- und Wunderbildern, den Darstellungen der Elemente oder historischen Namen sind so knapp gehalten und katalogartig zusammengestellt, dass sie vom »Schüler« entweder darüber hinausgehende Kenntnis fordern würden, oder nur als reines »Lerngerüst« dienen sollen. Hintergrundinformationen, abgesehen von zumeist extrem knappen Charakterisierungen, fehlen, Informationsfehler lassen sich feststellen. Ob umfassendere Kenntnisse für einen Mann wie Macrinus allerdings notwendig waren, bleibt zu fragen, denn – wie heute auch – konnte man schon früher mit »Halbwissen« beeindrucken. Eine weitere Möglichkeit, das Datum der Schrift wenigstens ungefähr einzugrenzen, ist die Suche nach Hinweisen, die erkennen lassen, dass die Schrift nach einem bestimmten Zeitpunkt geschrieben worden sein muss, jedoch vor einem Ereignis, das – uns bedeutend erscheinend – hier nicht mehr erwähnt wird. Die Suche ist umso wichtiger, als sich die historischen Notizen bei Ampelius fast ausschließlich auf die Zeit bis Augustus beschränken. Lediglich die Tatsache, dass die Kriege Trajans erwähnt werden (Kap. 47,1.7), zeigt, dass er nach diesem Herrscher geschrieben (gelebt) haben muss. Ampelius verweist auf die Leistungen Trajans, der wie eine Art Vollender der militärischen »Außenpolitik« der Republik bzw. des Augustus vorgestellt wird. So habe das gute Geschick, die »Fortuna«, Trajan gegönnt, Inder, Parther, Sarmaten, Scythen und Dacer zu besiegen. Wenn wir die »Inder« ernst nehmen – es handelt sich um den Versuch, Alexander dem Großen nachzueifern –, so geraten wir an das Regierungsende des Kaisers (98–117 n. Chr.). M.-P. Arnaud-Lindet hat noch auf ein weiteres Indiz aufmerksam gemacht, nämlich einen Hinweis auf das von Kaiser Hadrian in Athen eingeweihte »Olympieion« (131/ 2 n. Chr.; Kap. 8,35). Obwohl die Passage nicht eindeutig formuliert ist, spricht für eine solche Interpretation die Tatsache, dass in Athen zwei Statuen des Zeus Olympios zu bewundern waren, die des Phidias (Kap. 8,20) und ein (weiteres) signum (8,25), dessen Schöpfer allerdings nicht genannt wird. Aus der Tatsache, dass Ampelius kaum etwas aus der Zeit von Augustus bis Hadrian für »erwähnenswert« hielt, können wir einerseits erkennen, dass der Schwerpunkt seiner »Unterweisung« die Republik betroffen hat, was aber nicht als schlüssiges Datum für eine Entstehung in der so genannten »Adoptivkaiserzeit« zu werten ist. So muss auch die Ansicht von Arnaud-Lindet, die Orient-Kriege des Septimius Severus (S. xix xix)) als den Zeitpunkt zu werten, vor dem das Werkchen verfasst wurde, mit Skepsis betrachtet werden, werden doch die ebenfalls bedeutenden Kriege unter Marc Aurel ebenfalls verschwiegen.

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Zudem muss hier noch auf eine Merkwürdigkeit hingewiesen werden: Während Ampelius den Sternzeichenkreis (Zodiakus), die Bezeichnung der Sterne und Herkunft ihrer Namen, sowie die miracula mundi (Wunder der Erde) fast durchweg in Präsensform beschreibt, um diese als noch existent anzusprechen – natürlich gilt dies auch hinsichtlich geographischer Angaben –, verwendet er bei der Auflistung der Götter (Kap. 9) die Vergangenheitsform: (1) Quot fuere Iovi Iovi.. … Ioves fuere tres (Wie viele Iuppiter es gab. … Es gab drei Iuppiter). – (2) Martes fuere duo duo.. – (3) Soles fuere quinque – (4) Vulcani fuere quattuor (danach, 5 – 12, nur noch Aufzählungen). Man ist geneigt, dies wie einen Hinweis darauf zu werten, dass die Götter in dieser Form und in verschiedenen lokalen Kultaspekten einst existiert hatten, eine Kenntnis, die bei der Lektüre klassischer Werke ebenso wie bei einer rhetorischen-literarischen Anleitung unverzichtbar war. Dies legt aber auch den Gedanken nahe, dass wir es mit einem Werkchen zu tun haben, das eine Art »Synkretismus« berücksichtigt, das heißt, das Göttliche unter verschiedenen Aspekten (Göttern) sieht. Wir werden also eher auf die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts oder sogar auf die Spätantike verwiesen, in der auch andere »Nachschlagewerke« ähnlicher Art entstanden sind; so etwa das anonyme Werk De viris illustribus urbis Romae oder auch die »Fabulae« des ›Hyginus‹. Bereits G. Wissowa hat den Autor des Liber memorialis eher der diokletianisch-konstantinischen Zeit zugewiesen (RE I.2, 1894 Sp. 1880), und auch die PIR ²I neigt diesem Urteil zu, selbst wenn sie ›Ampelius‹ im Zeitrahmen des Prinzipats behandelt. Schließlich hat auch P. L. Schmidt 1989 in seinem Beitrag zu Ampelius (§ 530 S. 175–177) eine Abfassung im 4. Jahrhundert befürwortet. Es soll hier noch auf eine interessante Überlegung von C. E. Gläser von 1843 verwiesen werden, der aus der Formulierung Sulla – – – invasit imperium, solusque deposuit (18,16) schließen wollte, dass die Schrift vor der freiwilligen Abdankung Diokletians und Maximians 305, also noch im 3. Jahrhundert verfasst worden sein muss (S. 145). Dennoch ist dies, da die Schrift fast ausschließlich Ereignissen vor der Kaiserzeit auflistet, kein sicheres Datierungsindiz. Dies vor allem dann nicht, wenn Ampelius die »Macht« und Stellung der Kaiser als Caesarum dictatura anspricht (18,21; 29,3), ohne einen Wort- oder Sachbezug zur dictatura Sullas herzustellen (s. aber 47, Titel, wo er von imperium Traiani im Sinne von »Herrschaftszeit Trajans« spricht). Weiterhin ist feststellbar, dass das Werkchen eine Reihe von »Fehlinformationen« enthält, die man einem grammaticus des 2. Jahrhunderts kaum zutraut. Um nur einige wenige zu nennen: Ampelius kennt einen König Tigranes von Armenien, der die Römer im Dritten Punischen Krieg unter-

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stützt haben soll (32,1); er verzeichnet einen Angriff des Armenierkönigs Bellus auf Delphi (§ 2) und macht aus Polykrates, dem Tyrannen von Samos, einen König von Kappadokien. Aber nicht nur c. 32 zeigt für einen »Lehrer« erstaunliche Unkenntnis, auch andere Kapitel enthalten Ungereimtheiten: So ist die Abfolge der Könige Roms gestört, indem Ampelius Servius Tullius vor Priscus Tarquinius setzt (17,1). Ob dies nur der Manuskripttradition zuzuschreiben ist oder vielleicht doch »spätantiker« Schlampigkeit, ist schwer zu entscheiden. Einem Lehrer jedenfalls sollte das nicht passieren. Dass Ptolemaios Soter die Rhodier besiegt haben soll (35,4), bedarf des Beweises. Solche mangelnde Sachkenntnis, die nicht gerade auf eine »vorzüglich ausgestattete Bibliothek« hinweist – weder auf eine öffentliche noch eine private –, und die etwas dürre Sprache machen es wahrscheinlich, dass die Schrift doch eher in ein spätes Jahrhundert datiert werden sollte. Es ist daher etwas gewagt, mit M.-P. Arnaud-Lindet die Merkwürdigkeiten des Textes – sprachlich wie inhaltlich – auf das ausgehende 2. Jahrhundert hin »emendieren« zu wollen, ein Vorgehen, das auch die Rezensenten Y. Janvier und L. Holford-Strevens kritisch vermerkt haben.

Das Manuskript Das heute verlorene Manuskript befand sich vermutlich vormals in der Kirche Saint-Bénigne zu Dijon, der Residenzstadt der Herzöge von Burgund. Manuskripte antiker Autoren im »Original«, das heißt in spätantiken oder karolingischen Abschriften zu besitzen, gehörte zur »Normalausstattung« bedeutender Kirchen und Klöster, und es sei hier nur auf zwei Orte in Deutschland verwiesen, etwa das Kloster Hersfeld und den Dom zu Speyer. Das Ampelius-Manuskript gelangte um 1618 in die Hände des Dijoner Humanisten François Juret, bei dem sich Claude de Saumaise eine Kopie besorgte. Claude de Saumaise aus Saumur, besser bekannt als »Salmasius« [1588–1653], gehörte zu der Gruppe bedeutender französischer Humanisten, die untereinander ihre Entdeckungen mitteilten und oft auch austauschten. So gerieten nicht wenige Manuskripte in Privatbibliotheken, wurden zur »Satzkontrolle« humanistisch gebildeten Druckern zugeleitet. Sie verschwanden, nachdem »lesbare« Druckausgaben vorlagen. Ähnliches geschah wohl mit dem Manuskript des Ampelius, aber es existiert zumindest in München eine Kopie des Manuskrips (Monacensis latinus 10383a = M), in das Salmasius seine eigenen Korrekturen eingetragen hatte, um das Werkchen 1638 dem Drucker Elzevir in Leiden, wo Salmasius lehrte, zuzuleiten (editio (editio princeps princeps). ). Damit teilt das alte, Salmasius einst vorgelegene

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Manuskript des Liber memorialis das Schicksal nicht weniger bedeutender Schriften – verwiesen sei hier nur auf das spätantike »Staatshandbuch« (Notitia Dignitatum) Dignitatum) im Speyrer Codex, oder das wichtige Gesetzbuch des Königs Theoderich (des Großen?), das Edictum Theoderici regis –, deren Manuskriptvorlagen nach der Drucklegung verschwanden. Ob das ursprüngliche Manuskript bereits in der Bibliothek Jurets »verschwand«, ob Salmasius vielleicht selbst noch einmal eine Kontrolle der ihm zugesandten Kopie am Original vornahm und »behielt«, entzieht sich unserer Kenntnis. Obwohl E. Assmann den Weg des »Originals« wie den des Münchner Manuskripts ((M M 10383a) möglichst genau zu rekonstruieren versucht hat, konnte er nicht alle Informationslücken schließen. Es lässt sich zumindest feststellen, dass die erste Handschrift ((m m1) nicht die von Juret ist, sondern die eines unbekannten Kopisten, dass Salmasius in dieser Kopie Korrekturen (Emendationen) vermerkt hat ((m² m²), ), und ein dritter Unbekannter weitere Emendationen vornahm (m³ (m³). ). Für die Herausgeber des Ampelius stellte sich damit ein weiteres Problem: Da die Handschrift verloren ist, lässt sich nichts Sicheres über ihren Ursprung sagen. Assmann vermutete, dass die von Salmasius als sehr alt bezeichnete Handschrift von Dijon im Kloster Saint-Bénigne selbst im 10. oder beginnenden 11. Jahrhundert entstanden war (S. xix f.), doch scheint mir eine Herkunft aus Italien – in einem Kloster von einer älteren Vorlage (dem Archetyp?) für die Bibliothek kopiert – nicht völlig ausgeschlossen. Arnaud-Lindet hat ihrerseits eine Herkunft aus Corbie angenommen und als Entstehungszeit spätestens 9. Jahrhundert vorgeschlagen. Da später das Manuskript einem »Kopisten« diktiert worden sei, seien die Fehler im M auf »Hörfehler« zurückzuführen (S. xxv xxv). ). Allerdings fehlen alle Hinweise, die den »Handschriftentyp« einer Schreibwerkstatt (Scriptorium) und einer Schriftepoche (Paläographie) zuweisen können, Hinweise, wie sie B. Bischof in seiner »Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters« (Berlin 1979) zusammengestellt hat. Dass der Weg solcher Abschriften bis in die Kloster- und Kirchenbibliotheken jenseits der Alpen nicht selten höchst abenteuerlich war, können Manuskripte der Dombibliothek zu Verona beweisen: So hatte Bischof Rather von Verona, als er im Streit mit Domkapitel und Bürgern die Stadt verlassen musste, kistenweise Bücher mitgenommen, die über Metz, Clermont-Ferrand und das Jesuitenkolleg in Paris in (Sammler-)Bibliotheken gelangten. Ein solcher Weg ist hier allerdings nicht nachweisbar. Es ist also lediglich der Sorgfalt des Salmasius wie des Leidener Druckers zu verdanken, wenn wir eine gute Vorlage besitzen.

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Bewahrung des Werkchens Auch die bereits angesprochene Frage, warum es auf uns gekommen ist, muss offen bleiben. Es gibt bedeutende Schriften, so etwa das juristische Lehrbuch des Gaius, die »Institutiones« – Mitte des 2. Jahrhunderts für seine Schüler verfasst –, das lange Zeit kaum erwähnt plötzlich in der Zeit nach Diokletian zum Standardwerk avancierte. War Gleiches dem Liber memorialis des Ampelius beschieden? Eine Charakterisierung des Werkchens kann vielleicht einen Hinweis bieten, wenn auch nicht mehr: das in ihm verzeichnete Allgemeinwissen über die »sphärische« wie die »politische« Welt kann als »Standardwissen« angesprochen werden. Die historischen Charakterisierungen – die Abfolge der Reiche wie die Charakterisierungen wichtiger Persönlichkeiten entsprechen dem philosophischen Standard, dass die Menschheit wie die Reiche dem »Alterungsprinzip« unterliegen: einer Aufbauphase (Jugendzeit) folgt die Bewahrungsphase (Manneszeit), die im Niedergang (Greisenalter) versinkt. Damit ergibt sich eigentlich von selbst, dass die Beispiele, selbst wenn sie negativ (das heißt warnend) sind, aus der kraftvollen Aufbauphase = Jugendzeit Roms gewählt werden müssen, wie dies ja auch Cicero in seinen Staatsschriften vorexerziert hatte. Da Ampelius einen jungen Römer unterrichtete, kann kaum überraschen, dass er vor allem Wert auf die Ereignisse und Zustände der Republik legte, Leistungen der Kaiser nach Augustus hingegen kaum berücksichtigt. Es mag eine verwegene Theorie sein, dass Ampelius den späteren Kaiser Augustus, wie es die augusteische Propaganda vorspiegelte, als »Wiederhersteller des Staatswesens« ((restitutor restitutor rei publicae) publicae) und Retter der vom Bürgerkrieg, speziell von Antonius und Kleopatra bedrohten Freiheit ((vinvindex libertatis), libertatis), eben noch zur Republik rechnete. Gleiches unterstellt Plinius der Jüngere in seiner Dankesrede (Panegyricus = gratiarum actio) actio) für den Consulat im Jahr 100 n. Chr. auch Trajan, den er als civilis princeps, princeps, das heißt einen Kaiser mit republikanischer Gesinnung preist. Jedenfalls gilt Trajan in der antiken Tradition als der letzte große Kriegsherr und Erweiterer des römischen Imperium, so dass ein Autor eines späteren Jahrhunderts ohne weiteres im Rückblick auf die mit Marc Aurel und den Severern beginnende Krise des Reiches hier hätte seinen »Schlusspunkt« sehen können – auch hinsichtlich der republikanischen Tradition. Es steht also nichts der Überlegung entgegen, den Autor auch in einem anderen als im ausgehenden zweiten Jahrhundert zu suchen.

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Die Quellen des Ampelius Woher Ampelius seine Kenntnisse bezog, ist nicht immer zu erkennen, da es in der Antike selten üblich war, seine Quellen zu benennen, und nur bedeutende Autoren (etwa Homer, Herodot, Ennius, Cato der Ältere, Cicero) wurden als Gewährsmänner genannt, sei es, um die eigene Bildung zu demonstrieren, es sei, um gegen andere Ansichten zu polemisieren. Für Derartiges aber bot dieses Büchlein keinen Anlass, da es eher auf Aufzählungen beruht als auf kritischem Erarbeiten. Dennoch lassen sich zumindest drei Werke als Vorlagen erkennen: Sallustius Crispus, den Ampelius namentlich erwähnt (19,8; 30,5), ferner die Schriften des Nigidius Figulus Sphaera Graecanica bzw. De vento, vento, sowie Cornelius Nepos De viris illustribus.. Die Erwähnung von Sallust ist aufschlussreich, wurde er doch immer bus wieder als der bedeutendste römische Geschichtsschreiber ((historiae historiae maior auctor)) bezeichnet (Quintillian 2,5,19) und galt als unverzichtbar für die auctor höhere Bildung (Gellius, Noctes Atticae 18,4). Cornelius Nepos hingegen hatte in seinen De viris illustribus das Material für ca. 400 Biographien römischer und nichtrömischer Persönlichkeiten gesammelt, eine unverzichtbare Fundgrube für jeden historisch Interessierten (s. etwa Plutarchs Viten). Allerdings ist auch bei diesen aus der republikanischen Epoche stammenden Werken nicht immer sicher, ob sie Ampelius im Original vorgelegen haben – was bei Nigidius, den er ausführlich zitiert, wohl der Fall war –, oder lediglich als Verweise bzw. Zitate in anderen Schriften. Die jeweiligen Herausgeber des Liber memorialis haben sich bemüht, alles von Ampelius Gebotene auf mehr oder weniger genaue Zitate oder Bezüge zu entsprechenden Vorlagen zu analysieren (s. dazu den Kommentar in der Textausgabe von E. Assmann), doch ist auch hier nicht die letzte Übereinstimmung gefunden worden (s. M.-P. Arnaud-Lindet, Aidemémoire S. xii – xvii: xvii: Les sources). sources). Damit ist auch die Frage nicht zu beantworten, ob Anklänge an andere Werke als diejenigen, die von Arnaud-Lindet als »wahrscheinlich« oder »möglich« aufgeführt werden, auf direktem oder indirektem Wege oder sogar aus ähnlichen »Schulhandbüchern« in das Werkchen des Ampelius geraten sind.

Charakterisierung des Liber memorialis W. Ramsay hat 1867 in seinem Artikel ›Ampelius‹ das Werkchen bereits vernichtend charakterisiert: »It is of little value in any point of view. Nearly all the facts recorded are to be found elsewhere in a more detailed and satis-

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factory form, and truth is so blended with falsehood, and the blunders committed so numerous, that it cannot be used with safety for reference.« Dieses immer noch gültige Urteil zeigt, wie schwierig es ist, der Schrift einen selbständigen Wert zuzumessen, zumal, wie bereits Ramsay vermerkte, sogar der relativ einfache Stil »many traces of corrupted Latinity« zeigt, was kaum auf ein »anspruchvolles« Schulbuch eines »Literaten« verweist. Der Aufbau des Werkchens ist sozusagen von »außen« (Welt, Himmel, Sternbilder) nach »innen« (Weltwunder, Götter, Politik) gestaltet. Es beginnt, wie im Prolog angekündigt, mit der Frage »wie die Welt beschaffen ist, welche Elemente es gibt, was die Erde trägt, und was das Menschengeschlecht vollbracht hat«, und verzeichnet danach die vier Elemente, die Himmelsrichtungen, die zwölf Tierkreiszeichen und die aus den Himmelsrichtungen wehenden Winde (Kap. 1–5). Ampelius verfehlt dabei nicht, bei einigen lateinischen Begriffen die in der griechischen Wissenschaft üblichen Bezeichnungen beizufügen, wenn auch nicht immer in griechischen Buchstaben: die »Welt« = mundus = κόσμος (1,1), Tag- und Nachgleiche = aequinoctialis = κατακεκαυμένη (1,3), Krebs = Cancer = Καρκίνος (2,4), Löwe = Leo = Λέων (2,5); Waage = Libra = Ζυγόν (2,7); Kleiner Bär = Cynosura (Κυνόσουρα) = Βοώτης (3,1); Pleiaden = vigiliae = πλειάδες, Hyaden = subuculae = ὕαδες, (3,2); Wandelsterne = stellae erraticae = πλανή τες (3,3). Die Tatsache, dass dies nicht überall geschah, sondern zumeist in m² erfolgte, kann entweder damit begründet werden, dass Ampelius dies nicht für notwendig hielt oder aber in der Texttradition, die die lateinische Schreibweise der griechischen Worte vermittelte, verloren ging. M.-P. Arnaud-Lindet hat im Gegensatz zu E. Assmann die lateinische Schreibweise ins Griechische verwandelt. Ob dies als korrekt anzusehen ist, muss fraglich erscheinen, da nirgendwo erkennbar wird, dass der Adressat Macrinus des Griechischen mächtig war. Vielmehr zeigt sich, dass Ampelius griechische Wörter wie latinisierte Fremdwörter verwendete, was vor allem bei der Bezeichnung der Winde offensichtlich wird. Als nächstes beschreibt er gemäß den Himmelsrichtungen die Erde und deren Bewohner, Berge, Flüsse, Inseln und Meere (Kap. 6. 7). Welche Listen oder welches Kartenmaterial er zur Verfügung hatte, wird nicht klar. Nirgendwo wird auf die unter Augustus entstandene »Weltkarte« des Agrippa verwiesen, die, soweit überhaupt rekonstruierbar, sowohl aus Distanzverzeichnissen wie einer Umrisskarte nach Art des Eratosthenes bestanden haben kann. In 7,3 sagt Ampelius, dass das Tyrrhenische Meer rechts, das Adriatische links von Italien liegt. Ampelius muss also – sollte er eine Karte eingesehen haben – von Oberitalien nach Süden oder, wenn wir die »Tabula Peutingeriana« aus dem 2./3. Jahrhundert zugrunde legen, von Westen

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nach Osten geblickt haben. Ob allerdings diese Karte als »Standardkarte« angesehen werden darf und nicht vielmehr eine Militär- und Reisekarte war, wir also eine solche auch als Vorlage für Ampelius annehmen dürfen, bleibt diskutabel. Tatsache ist allerdings, dass Ampelius vor allem geographische Namen des griechisch-hellenistischen Bereichs nennt, was auf eine Karte verweist, die – im Osten (Griechenland? Ägypten?) entstanden – den Westen als weniger bedeutend sieht. So kommt es, dass er große Ströme mit wenig bedeutenden Flüssen vermischt, wenn auch geographisch geordnet. Arnaud-Lindet hat aus der Tatsache, dass Ampelius die Donau (Danubius) unter dem griechischen Namen Hister, und den Po (Padus) als Eridanus auff ührt, auf eine rein griechische Karte als Vorlage geschlossen (ANRW S. 2305 Anm. 17); doch so interessant diese Beobachtung ist, bleibt zu fragen, ob solche Bezeichnungen nicht auch auf die »literarischen« Namen abheben sollen, denn in 6,10 schreibt Ampelius: Danubius qui idem Ister cognominatur,, das heißt, er kennt beide Namen der Donau. cognominatur Ampelius wendet sich danach den »Wundern der Erde« zu, wobei er allerdings »Naturwunder« und »Wunder« menschlicher Leistung mischt (Kap. 8). Er schildert diese wie für eine »Bädecker-Reise« von Griechenland in den Osten, da der weniger »kultivierte« Westen derartiges kaum anzubieten hat und auch die alten Reiseberichte, zu denen ebenso Herodots Werk wie die Darstellung bei Aristoteles (Mirabilia (Mirabilia)) zu rechen ist, eher auf die Welt des Ostens verweisen. Natürlich dürfen in einer solchen Darstellung die bereits in der Antike als »Weltwunder« qualifizieren Bauwerke nicht fehlen, ein klassischer Katalog, der nur in geringfügigen Details von anderen tradierten Katalogen abweicht. In Kapitel 9 wendet sich Ampelius dann den Göttern zu. Hier überrascht den heutigen Leser die Frage, wie viele »Personen« sich hinter einer Götterbezeichnung verstecken, ein Thema, das bereits Cicero in seiner Schrift »De natura deorum« (3,53) aufgegriffen hatte. Es handelt sich dabei weniger um die Wirkungskraft eines Gottes als um die jeweilige Genealogie und den Herkunftsort von zum Beispiel drei Iuppitern oder fünf Apollos. Wir geraten hier in den griechisch-römischen Bereich der interpretatio interpretatio,, das heißt verschiedene Götter, sei es aus Ägypten, Kleinasien oder Griechenland werden wegen ihrer ähnlichen Eigenschaften – die in diesem Werkchen allerdings nicht genannt werden – mit den klassischen homerischen bzw. Hesiod’schen Göttern gleichgesetzt. Eine solche Vorgehensweise lässt sich am leichtesten nachlesen in Caesars Bellum Gallicum Gallicum,, wo er die gallisch-keltischen Götter (6,17), und bei Tacitus, der in seiner Germania (c. 9) einige germanische Götter durch Beschreibung ihrer Wirkung und Aufgaben den römischen Göttern (Götteranschauungen) gleichsetzte und so den Lesern verständlich machte.

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Anschließend beschreibt Ampelius die Abfolge der sieben Weltreiche, die alle bis auf das jetzige römische Reich untergingen, eine Liste, die auch Velleius Paterculus (1,6,6) gemäß seiner Vorlage Aemilius Sura [um 190 v. Chr.] bietet. Ob, wie Arnaud-Lindet andeutet, eine Textnähe zwischen Velleius und Ampelius besteht (Aide-mémoire S. 67; ANRW S. 2308 Anm. 28), ist nicht eindeutig erkennbar, ebenso nicht, ob Sura und später Ampelius eine gleiche Quelle eingesehen (ausgeschrieben?) haben. Ampelius ergänzt diese Darstellung durch Einschieben von Lakedämonien (Sparta) und Athen, weitet aber die folgenden Listen von Herrschergestalten, die eine kurze Charakterisierung erfahren, aus auf Machthaber in Rom (Kap. 10–18). Dabei muss er zwischen Herrschern (reges (reges)) und Heerführern (duces duces)) unterscheiden, da Athen und Rom nach Beseitigung der teilweise sagenhaften Königsherrschaft keine »Regenten« mehr besaßen. Anders Sparta, wo das Königtum, gebunden an das Herrscherhaus der Herakliden, noch lange weiter bestand. Nun widmet sich Ampelius weitgehend Persönlichkeiten der römischen Geschichte, deren Namen und Leistungen zu kennen für einen Römer natürlich verpflichtend war. Nach der Aufzählung von Männern, die in persönlichem Einsatz vor allem militärisch zum Aufbau des römischen Staates beigetragen haben, wendet er sich denjenigen zu, die als Staatsmänner (in (in toga)) herausragten. Der Ausdruck in toga erinnert an Cicero ((cedant toga cedant arma togae,, De oratore 3,167; In Pisonem 73, De officiis 1,77; vgl. die Gegentogae überstellung bei Velleius: in castris … in toga, toga, aber auch Tacitus, Annales 12: quaeque in toga per tot annos egregie fecissent fecissent), ), doch ergänzt Ampelius die Liste noch durch Personen, die ihr Leben für das Staatswohl opferten (Kap. 19–25). Aber nicht nur positive, auch negative Beispiele werden genannt nach dem antiken Grundsatz »Beispiele lehren, erziehen« (exempla (exempla docent). docent). So beginnt er naturgemäß mit dem mehrmaligen Verlassen der Stadt und damit des Staatsverbandes durch die Plebejer (secessiones (secessiones plebis), plebis), die zunächst noch positive Entwicklungen im Staat (zugunsten der Plebejer) bewirkten, und wendet sich danach denen zu, die den Staat – nicht zuletzt aus persönlichem Ehrgeiz – in eine Krise stürzten (Kap. 25. 26). Damit erhält er die Möglichkeit, stärker auf Einzelpersonen hinzuweisen (Kap. 27). Nach solchen Listen wendet sich Ampelius den Kriegen Roms zu, die es in seiner Existenz bedroht haben (Kap. 28). Es folgt ein nur wenige Zeilen umfassender Abriss der römischen »Verfassungsgeschichte« vom letzten König Tarquinius Superbus bis zur Diktatur Caesars (Kap. 29), um dann die Herkunft des Mithradates – nach Hannibal der gefährlichste Feind Roms – in ausführlicher Form darzustellen. (Kap. 30).

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In den Kapiteln 31–38 bietet er schließlich eine Liste der Reiche und Könige, die von Rom unterworfen oder zur Freundschaft »gewonnen« wurden. Auffallend ist das Kapitel über diejenigen, »die gegen das römische Volk zu den Waffen gegriffen haben« (Kap. 39): bis auf König Tiridates (von Armenien?) entstammen alle Personen der römische Königszeit, und so wird hier auch nicht der Galliereinfall unter Brennus, der Rom verbrannte, genannt, da Ampelius zudem ein eigenes Kapitel der unmittelbaren Bedrohung Roms konzipiert hat (s. Kap. 45). Ampelius wendet sich dann erneut der »Innenpolitik« zu, indem er die »vier Bürgerkriege« seit und mit Sulla bis hin zu Antonius und Kleopatra darstellt (Kap. 40). Anschließend zählt er – ungefähr charakterisierend – die vier verschiedenen Arten von Kriegen auf: gegen auswärtige, gegen innere (auch volksverwandte) Feinde, gegen Sklaven und gegen Bürger (Kap. 41), um dann erneut auf innenpolitische militärische Auseinandersetzungen zu sprechen zu kommen (Kap. 42. 43). Ein eigenes Kapitel widmet er dem Krieg mit Makedonien, da Rom schließlich diesem Staat als Weltreich nachfolgte (Kap. 44), ferner ein solches der unmittelbaren Bedrohung der Stadt Rom durch auswärtige Völkerschaften (Kap. 45: Etrusker, Gallier, König Pyrrhos, Hannibal, Kimbern und Teutonen, Spartacus), verzeichnet aber die Punischen Kriege in einem getrennten Kapitel (Kap. 46). Schließlich folgt eine Aufzählung auswärtiger Kriege unter siegreichen Feldherrn »bis Trajan« (Kap. 47), wobei zwischen Augustus und Trajan eine »militärische Lücke« besteht, da er die Eroberung Britanniens Caesar, nicht Kaiser Claudius zuordnet. Solche Aufzählungen sind von P. L. Schmidt trotz der häufig beigegebenen Erläuterung zu Recht als eine Art »Abfragekatalog« für den Schulgebrauch gewertet worden (S. 176): Sind die ersten Kapitel zur Welt ((de de mundo) mundo) und den Gestirnen ((signa signa,, 1–3,2) noch als »Belehrung« abgefasst, so wirken nicht wenige Kapitel wie Antworten, die der Lehrer auf gezielte Fragen von seinen Schülern erwartet. So zum Beispiel 9,1: »Wie viele Iuppiter gab es?« – »Es gab drei Iuppiter, nämlich …«; oder 24,1: »Wie viele berühmte Scipionen gab es, die Beinamen nach ihren großen Taten trugen?« Daneben stehen reine Listen, wie sie sich auch in dem Werk des »Pseudo-Hyginus« der Spätantike finden. So ist die Aufzählung »Die größten Inseln« (6, 12) vergleichbar mit einer solchen bei Hyginus (Fabulae cclxxvi: Insulae maximae). Gerade die Fragen nach den Taten (gesta ( gesta)) zeigt, dass dieselben Namen unter verschiedenen Überschriften = Aspekten immer wieder aufgeführt werden, der Schüler soll also befähigt werden, bekannte Namen unter immer wieder verschiedenen Fragestellungen neu zu systematisieren. Ein

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ähnliches Vorgehen erkennen wir auch bei Pseudo-Hyginus, der neben der Darstellung von Göttern und Heroen ebenfalls Auflistungen bietet: Wer zog mit wie vielen Schiffen gegen Troja? (xcvii (xcvii)) Wer hat seine Tochter getötet? (ccxxxviii (ccxxxviii)) Wer ist im Zweikampf gegen wen angetreten? ((cxii cxii)) Wer waren die besten Freunde? (cclvii (cclvii)) Wie hießen die Könige Athens? (xlviii (xlviii)) Wie heißen die sieben Weltwunder? (ccxxiii (ccxxiii)) und so weiter. Ampelius wendet sich schließlich noch einmal der innenpolitischen Ordnung Roms zu, also dem, was Cicero die discriptio rei publicae nannte (De re publica 1,70), und den seit Aristoteles klassisch gewordenen »Verfassungsformen«, um dann mit der von Polybios dargestellten »Mischverfassung« Roms zu enden (Kap. 48–50). Es ist offensichtlich, dass der erste Teil des Werkchens (Kap. 1–10) systematisch aufgebaut ist, was auch noch für die Kapitel 11–23 gilt. Die nachfolgenden Kapitel jedoch sind etwas unsystematischer und manchmal wie thematische Reprisen aneinandergefügt. Man erhält also den Eindruck, dass sich Ampelius bis Kapitel 23 an entsprechende systematisierende Vorlagen – Cicero nennt sie Listen – gehalten hat (Nigidius Figulus, Varro und ein historischer Abriss der »Weltgeschichte«, vielleicht von Nepos verlorenen »Chronica«), dann aber die weiteren Kapitel in eigenständiger Weise aus verschiedenen Werken zusammenstellte, also selbst einen Gliederungsplan entwerfen musste. E. Assmann, der sich wohl am eingehendsten mit dem Liber memorialis beschäftigt hat, hat daher vermutet, dass während der Überlieferung des Manuskripts die späteren Seiten in Unordnung geraten seien. Aber sein »Restitutionsvorschlag« (S. xxvi xxvi)) bleibt dennoch unbefriedigend, und M.-P. Arnaud-Lindet wirft ihm sogar etwas überspitzt vor, er habe die »innere Logik« des Ampelius nicht begriffen (»Aide-mémoire« S. ix Anm. 12). Wie bereits angedeutet, soll hier weder in die Diskussion um die Datierung eingegriffen werden, die, wie gezeigt, in der Forschung zwischen dem zweiten und vierten Jahrhundert schwankt, da es meines Erachtens keine unanfechtbaren Beweise für ein bestimmtes Jahrzehnt gibt, noch in die über die möglicherweise benutzten Quellen. Doch gerade die Art, wie Ampelius sein Material präsentiert, lässt eine Nähe zu den spätantiken »Listenwerken« erkennen. Die vorgelegte Übersetzung nun richtet sich nach dem uns überlieferten formalen Aufbau, den E. Assmann eher zu bewahren gesucht hat als M.P. Arnaud-Lindet, um den Eindruck eines »Frage- und Antwortbüchleins« besser zu akzentuieren. Da ferner nicht die Absicht besteht, eine neue Textausgabe zu erstellen (s. dazu die unten genannten Rezensionen in »Latomus« bzw. »Gnomon«),

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wurde hier der Text von Arnaud-Lindet im Vergleich zu Assmann vorgelegt. Auf die von mir vorgenommenen Textänderungen – im Text selbst durch Unterstreichungen gekennzeichnet – wird in den Erläuterungen zur »Textgestaltung« verwiesen. Bei einem Abstand von mehr als zweitausend Jahren zu den im Werkchen genannten Namen und Vorgängen ist es kaum mehr möglich, alle Anspielungen ohne Hilfe einzuordnen. Daher soll ein spezieller Abschnitt »Erläuterungen« dazu beitragen, den Inhalt der »Denkwürdigkeiten« verständlicher zu machen.

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Wichtige Textausgaben Da fast alle Schriften, die sich mit Ampelius beschäftigen, in den beiden Abhandlungen von M.-P. Arnaud-Lindet und P. L. Schmidt aufgeführt werden, erscheint es überflüssig, diese noch einmal hier aufzulisten. aufzulisten. E. Woelfflin, Lucii Ampelii liber memorialis, Leipzig 1854 (mehrere Neuauflagen). E. Assmann, Lucii Ampelii Liber memorialis, Leipzig 1935. M.-P. Arnaud-Lindet, L. Ampelius, Aide-mémoire (Liber memorialis) texte établi et traduit par …, Paris 1993 [Rezensionen: Y. Janvier, Latomus 52, 1993 S. 901–904; L Holford-Strevens, Gnomon 67, 1995 S. 600– 604]. F. Hoffmann, Lucius Ampelius, Unterricht über die wissenswürdigsten Dinge, Stuttgart 1830 S. 35–85.

Zum Liber memorialis C. E. Gläser, Das Zeitalter des L. Ampelius, RhMus. N.F. 2, 1843 S. 145 f. W. Ramsay, Ampelius, in: Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology, ed. W. Smith, Boston 1867, Vol. I, S. 147 f. G. Wissowa, Ampelius, RE I.2, 1894 Sp. 1880 f. P. L. Schmidt, L. Ampelius, Liber memorialis (§ 530), in: R. Herzog – P. L. Schmidt, HLL5: Restauration und Erneuerung. Die lateinische Literatur von 284 bis 374 n. Chr., hg. v. R. Herzog, München 1989, S. 175–177. M.-P. Arnaud-Lindet, Le Liber memorialis d’Ampelius une propédeutique à l’étude de la rhétorique à la fin du IIe s. de notre ère; Quintiliano: historia y actualidad de la retórica. Actas del Congreso international »Quintiliano«, Madrid – Calahorra 14.–18. Nov. 1995, 2, S. 825–838. Dies., Le Liber memorialis de L. Ampelius, ANRW II 34.3, 1997 S. 2301– 2312 (Forschungsbericht). L. Bessone, Il troppo bistratto Liber memorialis di Lucio Ampelio, Patavium 6, 1998 S. 5–29.

L. AMPELII LIBER MEMORIALIS Lucius Ampelius Was ein junger Römer wissen soll

L. Ampelii Liber memorialis [Prologus:] Lucius Ampelius Macrino suo sal(utem). Volenti tibi omnia nosse scripsi hunc librum memorialem, ut noris quid sit mundus, quid elementa, quid orbis terrarum ferat, vel quid genus humanum peregerit. 1 [De mundo:] (1) Mundus est universitas rerum, in quo omnia sunt et extra quem nihil; qui Graece dicitur κόσμος. (2) Elementa mundi quattuor: ignis, ex quo est caelum; aqua, ex qua mare Oceanum; aer, ex quo venti et tempestates; terra quam propter formam eius orbem terrarum appellamus. (3) Caeli regiones sunt quattuor: oriens, occidens, meridies, septentrio. (4) Caelum dividitur in circulos quinque: arcticum et antarcticum, qui ob nimiam vim frigoris inhabitabiles sunt; aequinoctialem cui subiacet regio κατακεκαυμένη dicitur neque incolitur ob nimiam vim ardoris; brumalem et solstitialem sub quibus habitatur: sunt enim temperatissimi; per quos oblicus circulus vadit cum duodecim signis, in quibus sol annuum conficit cursum. 2

De duodecim signis: Signa sunt in caelo duodecim. Aries beneficio Liberi, quod is cum exercitum in Indiam per Libyam duceret per loca sicca et arenosa, qua aquae inopia esset et exercitus eius siti adfligeretur, aries eis aquam demonstravit et ob id a Libero Iovis Ammon est appellatus eique fanum magnificum fecit ad eum locum ubi aquam invenit, quod abest ab Aegypto et Alexandria milia passuum novem. Ob eam rem a Iove petiit ut inter sidera1 reciperetur. Alii putant eum esse qui Hellen et Phrixum vexerit. (1)

1 [Unterstrichene Textteile verweisen auf die Erläuterungen zur Textgestaltung]

Lucius Ampelius Was ein junger Römer wissen soll [Prolog:] Lucius Ampelius seinem Macrinus einen Gruß. Deinem Wunsche gemäß, alles wissen zu wollen, habe ich dieses Buch des Grundwissens verfasst, damit Du weißt, wie die Welt beschaffen ist, welche Elemente es gibt, was die Erde trägt, und was das Menschengeschlecht vollbracht hat. 1

[Über die Welt:] Die Welt ist die Gesamtheit aller Dinge, in der alles liegt und außerhalb deren es nichts gibt; auf griechisch heißt sie »Kosmos«. (2) Es gibt vier Elemente in der Welt: das Feuer, aus welchem der Himmel, das Wasser, aus dem der Ozean hervorgeht; die Luft, aus der die Winde und Ungewitter entstehen; die Erde, die wir wegen ihrer Gestalt als Erdkreis bezeichnen. (3) Es gibt vier Himmelsgegenden: Morgen, Abend, Mittag, Mitternacht. (4) Der Himmel wird in fünf Kreise unterteilt: die Arktis (den nördlichen) und die Antarktis (den südlichen Kreis), die wegen der äußerst strengen Kälte unbewohnbar sind; den Kreis der Tag- und Nachtgleiche [Äquinoktien], unter welchem eine Region liegt, die (griechisch) »Katakekaumene« [die »Verbrannte«] heißt und wegen der übergroßen Hitze ebenfalls nicht bewohnt wird; die Kreise der Winter- und der der Sommersonnenwende, unter denen man wohnen kann: sie sind nämlich die gemäßigsten [Zonen]. Durch alle diese verläuft eine schiefe Kreislinie mit den zwölf (Tierkreis-) Zeichen, innerhalb deren die Sonne ihren alljährlichen Lauf vollzieht. (1)

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Über die zwölf Sternzeichen: Am Himmel gibt es zwölf Zeichen. Der Widder aufgrund einer Gunst des Liber [Bacchus]: Als dieser nämlich ein Heer durch Libyen [Afrika] nach Indien führte, quer durch trockene und sandige Gegenden, wo Wassermangel herrschte und sein Heer von Durst gequält wurde, wies ihnen der Widder Wasser; aus diesem Grunde wurde er von Liber »Iuppiter-Ammon« genannt; und er errichtete ihm ein prachtvolles Heiligtum an der Stelle, wo er das Wasser gefunden hatte; dieses liegt 9000 Schritte [= 9 Meilen = 13,5 km] von Ägypten und Alexandria. Deshalb erbat er [Liber] von Iuppiter, diesen [Widder] unter die Gestirne aufzunehmen. Andere glauben, es sei jener Widder, der Helle und Phrixus getragen hat. (1)

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Taurus beneficio Iovis, quem Iuppiter a Neptuno fratre per gratiam abduxit; qui sensum humanum figura tauri continebat isque Iovis iussu Europam, Agenoris filiam Sidonia adludens decepit et eam Cretam deportavit. Ob eam rem Iuppiter in sideribus eum dignatus est immortali memoria. (3) Gemini qui Samothraces nominantur [esse]; quorum argumentum nefas est pronuntiare praeter eos qui initiis praesto sunt. Alii Castorem et Pollucem dicunt quod hi principes mare tutum a praedonibus praestitissent. Sunt qui dicant Herculem et Theseum quod similia athla sint adepti. (4) Cancer – καρκίνος – receptus beneficio Iunonis, quod eius iussu, cum Hercules missus esset ad hydram Lernaeam – quam nos excetram dicimus – interficiendam, carcinus ingressus Herculis pedes et crura lanians incommodiorem faciebat eum quam ipsa excetra; idque malum Hercules difficillimum habuit; carcinumque – cancrum – ob id factum Iuno sideribus est dignata. (5) Leo – λέων – qui educatus est Nemeae Iunonis consilio ad Herculis interitum: missus in terram Argivam diu spelunca latitavit; quem Hercules dicitur interfecisse cum Molorcho hospite suo, cuius clavam ei tributam tum principio est adeptus; qua leonem interfecit eiusque pellem postea pro tegumento habuit. Ob id factum Iunoni odio esse coepit leonemque caelesti dignitate est honorata. (6) Virgo, quam nos Iustitiam dicimus, fuit cum hominibus; sed postquam homines malefacere coeperunt Iovis eam inter signa posuit. Sunt qui Erigonem Icarii filiam, Atheniensem dicunt: cuius patri Liber vinum dedit ut hominibus ad suavitatem daret: quibus dedit ebriati sunt et lapidibus eum occiderunt. Canis, qui cum illo erat, vidit hominem occisum, et cum ululatu ad Erigonem rediit; quem ut maestum et singularem vidit, sollicita proficiscitur cum eo. Venere ad locum ubi Icarius iacebat. Vidit corpus patris, magna lamentatione in Hymetto monte sepelivit; ipsa vero se

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Der Stier, aufgrund einer Gunst des Iuppiters: Iuppiter entführte ihn seinem Bruder Neptunus mit dessen Zustimmung, denn er besaß unter der Gestalt des Stieres Menschenverstand; und er hat auf Befehl Iuppiters Europa, die Tochter des [Königs] Agenor von Sidon beim Spiele getäuscht und sie nach Kreta entführt. Deshalb würdigte ihn Iuppiter, zur ewigen Erinnerung unter die Sterne versetzt zu werden. (3) Die Zwillinge , die die »Samothraker« genannt werden: Eine Darstellung davon zu geben ist aus religiösen Gründen nicht erlaubt, außer gegenüber denen, die sich in die Geheimriten einweihen lassen. Andere sagen, dass es Castor und Pollux sind, weil diese als Anführer die Sicherheit des Meeres vor Seeräubern erreicht hätten. Es gibt auch einige, die sagen, es seien Hercules und Theseus, weil diese ähnliche Kämpfe unternommen hätten. (4) Der Krebs – (griechisch) Karkinos – wurde aufgrund einer Gunst der Iuno aufgenommen: als Hercules ausgeschickt wurde, die Lernäische Hydra – wir nennen sie Schlange – zu töten, fiel der Krebs auf ihren Befehl hin den Fuß des Hercules an und fügte ihm dadurch, dass er seine Beine verletzte, mehr Schaden zu als die Schlange selbst; und Hercules empfand dieses Übel als äußerst beschwerlich. Wegen dieser Tat hat Juno den Krebs – die Krabbe – für würdig erachtet, unter die Gestirne aufgenommen zu werden. (5) Der Löwe – (griechisch) Leon –, welcher auf Beschluss der Iuno zu Nemea zum Verderben des Hercules aufgezogen worden war. Er wurde ins Argiverland gesandt und hielt sich lange in einer Höhle verborgen. Ihn soll Hercules zusammen mit seinem Gastfreund Molorchus getötet haben (und) dessen Keule, die er ihm übergab, hatte er damals zum erstenmal benützt. Mit ihr tötete er den Löwen und benützte hernach dessen Fell als Bekleidung. Wegen dieser Tat zog er sich den Hass der Iuno zu, und sie ehrte den Löwen mit der himmlischen Würde. (6) Die Jungfrau, die wir Iustitia (»Gerechtigkeit«) nennen, lebte unter den Menschen; aber als die Menschen anfingen, Böses zu tun, setzte sie Iuppiter unter die Sternzeichen. Einige bezeichnen sie als die Athenerin Erigone, die Tochter des Icarius. Liber (= Bacchus) schenkte ihrem Vater den Wein, damit er ihn den Menschen zum Genuss gebe: Diejenigen, denen er davon gab, wurden betrunken und sie töteten ihn mit Steinwürfen. Der Hund, den er bei sich hatte, sah den Toten und kehrte heulend zu Erigone zurück. Als sie ihn traurig und allein sah, ging sie besorgt mit ihm. Sie kamen zu dem Orte, wo Icarius lag. Sie sah den Leichnam des Vaters und begrub ihn unter großem Wehklagen auf dem Berge Hymettus. Sie selbst aber erhängte sich mit einem

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suspendit laqueo. Canis ad pedes eius discumbens diutius et sine alimentis deficiens, post aquam anhelans in puteum se proiecit. Tum Liber a Iove petiit, quod suo imperio deficerent, ut inter siderum cursus ponerentur ponerentur.. Virgo, Icarius autem Arcturus nominatus est, cuius stella cum exoritur continuas tempestates facit; canis Canicula. (7) Libra, quam Graeci ζυγόν appellant, virile nomen est: adeptusque is, omni clementiae iustitia, Stathmuchos dictus, qui primus dicitur librae pondus hominibus invenisse, quae utilissima mortalibus aestimantur; ideoque in numerum stellarum est receptus et Libra est dictus. (8) Scorpius, qui dicitur ad perniciem Orionis in insula Chio in monte Pelenaeo voluntate Dianae natus. Orion autem, dum venatur, visa Diana stuprare eam voluit. Illa scorpionem subiecit qui eum vita privaret. Iuppiter et scorpionem et Orionem inter sidera recepit. (9) Sagittarius: Crotos, filius nutricis Musarum; quae Musae semper dilexerunt eum quod plausu et lusu sagittarum eas oblectaret oblectaret.. Alii Chironem dicunt, quod iustus et pius, doctus, hospitalis fuerit; ab eo Aesculapius medicinam , Achilles citharam et alia multa. (10) Capricornus, cui nomen Pan. Quo tempore Python speluncas incolens in monte Tauro Aegyptum profectus est ad bellum, Pan se in caprae figuram convertit. Igitur dii immortales postquam Pythonem digna poena affecerunt, Pana astrorum memoria decoraverunt. (11) Aquarius, qui putatur esse Ganymedes; dicitur Deucalion Thessalus qui maximo cataclysmo cum uxore Pyrrha solus evasit et hic, pietatis causa, inter sidera locatus est. (12) Pisces, ideo [pisces] quia bello Gigantum Venus perturbata in piscem se transfiguravit. Nam dicitur et in Eufrate fluvio ovum piscis in ora fluminis columba adsedisse dies plurimos et exclusisse deam benignam et misericordem hominibus ad bonam vitam. Utrique memoriae causa pisces inter sidera locati.

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Strick. Der Hund lag längere Zeit zu ihren Füßen, wurde ohne Nahrung schwach und stürzte sich, als er nach Wasser lechzte, in einen Brunnen. Daraufhin bat Liber, weil diese durch seine Schuld [auf seine Veranlassung hin] umgekommen waren, den Iuppiter, dass sie in den Lauf der Sternzeichen aufgenommen würden: Erigone wurde zur Jungfrau, Icarius aber als Arcturus bezeichnet; wenn sein Gestirn aufgeht, verursacht es anhaltende Stürme. Der Hund (aber wurde zum) Hundsstern. (7) Die Waage, die die Griechen ›Zygos‹ [= Joch] nennen, ist der Name eines Mannes: angenommen hat ihn ein Mann voll Güte und Gerechtigkeit, Stathmuchos genannt, der als erster Mensch Waage und Gewicht erfunden haben soll, Dinge, die für die Sterblichen als äußerst nützlich erachtet werden; daher wurde auch er unter die Sternbilder aufgenommen und ›Waage‹ genannt. (8) Der Skorpion soll nach dem Willen Dianas auf der Insel Chios – auf dem Berge Pelenaeus – zum Verderben des Orion geboren worden sein. Orion erblickte nämlich, als er sich auf der Jagd befand, Diana und wollte sie vergewaltigen. Jene warf ihm den Skorpion vor die Füße, der ihm das Leben nehmen sollte. Iuppiter (aber) versetzte sowohl den Skorpion wie Orion unter die Sternbilder. (9) Der Schütze: Crotos war der Sohn der Amme der Musen. Diese Musen liebten ihn beständig (innig), weil er sie durch Beifall und Spiel mit den Pfeilen erheiterte. Andere sagen, dass es Chiron war, weil er gerecht, fromm, gelehrt und gastfreundlich gewesen sei. Bei ihm erlernte Aesculapius die Medizin, Achilles das Citharaspiel und vieles andere. (10) Der Steinbock, der den Name ›Pan‹ trägt. Zu der Zeit als Python, der die Höhlen des Taurusgebirges bewohnte, in den Krieg gegen Ägypten zog, verwandelte sich Pan in einen Bock. Daher haben die unsterblichen Götter, nachdem sie Python die verdiente Strafe zuerteilt hatten, Pan mit dem Andenken eines Sternbildes geschmückt. (11) Der Wassermann, den man für Ganymed hält; es soll (andererseits) der Thessalier Deukalion gewesen sein, der als einziger mit seiner Gattin Pyrrha der großen Flut [Sintflut] entkam; und er soll wegen seiner Frömmigkeit unter die Gestirne versetzt worden sein. (12) Die Fische deshalb, weil Venus im Krieg gegen die Giganten sich verschreckt in einen Fisch verwandelte. Denn es soll sich am Flusse Euphrat – an der Küste des Flusses – eine Taube viele Tage auf das Ei eines Fisches gesetzt und die gütige und gegenüber Menschen mitleidige Göttin ausgebrütet haben. Zum Andenken wurden beide Fische unter die Gestirne versetzt.

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3 De sideribus: (1) Praeter duodecim signa potentissima sidera in caelo: Septemtriones duo, maior et minor, qui numquam merguntur ideoque navium cursus regunt; quorum alter Cynosura dicitur, Liternum, Tiberium Claudium apud Trebiam, Flamininum aput Trasimenum, Paulum et Varronem aput Cannas, Gracchum in Lucania, Marcellum in Campania superavit. 29 Status populi Romani quas commutationes habuit: (1) Populus Romanus primum sub regibus fuit, deinde post superbiam Tarquinii et inlatum Lucretiae stuprum expulsis regibus tutelam sui consulibus tribunisque commisit; (2) deinde tribuniciis seditionibus agitatus, abdicatis omnibus magistratibus decemviros legum ferendarum et rei p. constituendae causa paravit; (3) horum quoque dominationem et libidinem detestatus, rurusus ad consules rediit, donec exortis bellis civilibus inter Caesarem et Pompeium et oppressa per vim libertate sub unius Caesaris potestatem redacta sunt omnia: ex eo perpetua Caesarum dictatura dominatur. 30 Initium regni Mithridatis: (1) Cyrus rex Persarum primus imperium Medis ademit; duos filios reliquit Cambysen et Smerden; horum Cambyses, defrudato fratre quod maior esset, Smerden in solio sedentem capite caelum pulsare occidendum eum curavit ipse, et deinde revertens ab Aethiopia, rebus perfractis, cum in

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Welche Könige oder Heerführer mit den Römern Krieg führten: Pontius Telesinus, der Feldherr der Samniten, der bei den Caudinischen Pässen die Römer unter das Joch schickte. (3) Pyrrhus, der König der Epiroten, der für die Tarentiner mit den Römern Krieg führte und, nachdem er Campanien verwüstete hatte, bis zum zwanzigsten Meilenstein vor die Stadt gelangte: bald darauf von Curius und Fabricius besiegt, zog er sich in seine Heimat zurück, und nachdem er Achaia mit Waffengewalt sich unterworfen hatte, entriss er zudem Makedonien dem König Antigonos; während er Argos belagerte, wurde er getötet. Er war hinsichtlich des Kriegswesens der klügste und erfahrenste aller Griechen. (4) Hannibal, der in einem Alter von neun Jahren seinem Vater nach Spanien folgte, wurde noch vor seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr zum Feldherrn berufen; innerhalb von drei Jahren siegte er in Spanien und kam nach der vertragswidrigen Zerstörung Sagunts über die Pyrenäen und Alpen nach Italien; er überwand Scipio bei Liternum, Tiberius Claudius an der Trebia, Flaminius beim Trasumenischen See, Paulus und Varro bei Cannae, Gracchus in Lucanien, Marcellus in Campanien. 29 Welche Veränderungen der Rechtszustand des römischen Volkes erfuhr: (1) Das römische Volk stand zuerst unter Königen; danach, infolge der Überheblichkeit des Tarquinius und der der Lucretia zugefügten Schande, wurden die Könige verjagt und seine Sicherheit in die Hände von Consuln und Tribunen gelegt. (2) Hernach, durch Aufruhr der Tribunen angestachelt und den Rücktritt aller Magistrate, setzte es Decemvirn ein, um »Gesetze zu erlassen und den Staat wiederherzustellen«. (3) Aber auch deren Herrschaft und Willkür verabscheute man; man kehrte erneut zu Consuln zurück, bis nach dem Ausbruch der Bürgerkriege zwischen Caesar und Pompeius und der gewaltsamen Unterdrückung der Freiheit alles in die Gewalt Caesars allein überging: seitdem besteht die unumschränkte Herrschaft der Caesaren. [S. oben 18,21] 18,21].. 30 Der Ursprung des Reiches des Mithridates: (1) Cyrus, der erste König der Perser, entriss den Medern die Herrschaft. Er hinterließ zwei Söhne, Cambyses und Smerdis; von diesen träumte Cambyses, der seinen Bruder betrogen hatte, weil er älter war, Smerdis sitze auf dem Thron und erhebe sein Haupt bis zum Himmel, worauf er selbst dafür sorgte, dass dieser umgebracht werde. Als er schließlich, nachdem seine Angelegenheiten (= Kriegszug) missglückt waren, aus Äthiopien zurück-

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Aegyptum venisset incolasque eius loci laetantes advertisset, ratus est illos adversis suis insultare, Apin in femine vulneravit eodemque ictu occidit. (2) Interim Magus quidam, Smerdes, Patibiatae frater, abutens nomine ex formae subsimilitudine filium se Cyri professus [est], regnum Persicum invaserat. Quod ubi Cambysi nuntiatum est, regredi in patriam maturans, oblitus est gladium quo Apin interfecerat vaginae reddere: quod cum conaretur efficere, femen suum vulneravit et eam partem qua Apin vulneraverat; ex eodem vulnere in paucis diebus obiit. (3) De cuius morte postquam certior nuntius ad Persas venit, Potanes Phaedymam filiam suam, quacum Smerdes consuetudinem habebat edocuit ut, cum ille sopitus esset, utrum aures tectas comis haberet periclitaretur; sciebat enim a Cyro Smerdi Mago ademtas aures. Ille falsum esse Smerden confirmavit; (4) tunc septem nobilissimi Persae inter se coniuraverunt; eorum nomina haec sunt: Potanes, Hydarnes, Aspatines, Saphernes, Megaboius, Gobries, Darius. Deinde, Mago Smerde interfecto, constituerunt uti, excepto posthac Potane, ex illis regnaret cuius equus primus in loco quem delegissent hinnisset; (5) tunc Hiberes, agaso Darii, equum domini ad locum praedictum duxit, illo loco abscondita: tunc equus Darii magnum hinnitum dedit. Ita Darius regnum optinuit, a quo Artabanes originem ducit, quem conditorem regni Mithridatis fuisse confirmat Sallustius Crispus. 31 Reges Parthorum: (1) Seleucus, Alexandri Macedonis amicus; cuius post mortem ab Arrhidaeo fratre eius iussus Babylonem optinere finitimos sub se redegit – unde Nicator est appellatus – et tres validissimas urbes constituit, Antiochiam, Seleuciam, Laodiciam. (2) Arsaces, forma et virtute praecipuus, cuius posteri Arsacidae cognominati sunt, qui pacem cum Sylla imperatore fecit.

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kehrte, nach Memphis in Ägypten kam und bemerkte, dass die Einwohner jener Gegend fröhlich waren, glaubte er, sie wollten ihn wegen seines Missgeschicks verspotten: er verwundete den Apis(stier) am Schenkel und tötete ihn durch diesen Stich. (2) Inzwischen gab sich ein Mager, Smerdes, Bruder der Patibiata, wobei er den Namen missbrauchte, wegen der Ähnlichkeit seines Aussehens als Sohn des Cyrus aus und bemächtigte sich der Herrschaft über Persien. Sobald Cambyses davon erfuhr, kehrte er schleunigst in seine Heimat zurück und vergaß (dabei), das Schwert, mit dem er den Apis getötet hatte, in die Scheide zurückzustecken: als er versuchte dies zu tun, verwundete er sich am Schenkel, und zwar an derselben Stelle, wo er den Apis verwundet hatte; an ebendieser gleichen Wunde starb er innerhalb weniger Tage. (3) Als die sichere Nachricht von seinem Tode nach Persien gelangte, hat Potanes seine Tochter Phaedyma, mit der Smerdes Umgang hatte, genaue Anweisung gegeben, sie möge, wenn er eingeschlafen sei, es wagen nachzusehen, ob seine Ohren mit Haar bedeckt seien; er wusste nämlich, dass Cyrus dem Mager Smerdes die Ohren hatte abschneiden lassen. So erhielt er die Gewissheit, dass dieser der falsche Smerdes war. (4) Daraufhin verschworen sich sieben der vornehmsten Perser; ihre Namen lauten: Potanes, Hydanes, Aspatines, Saphernes, Megaboius, Gobies, Darius. Dann, nachdem der Mager Smerdis umgebracht worden war, kamen sie überein, dass – mit Ausnahme des Potanes – derjenige von ihnen regieren solle, dessen Pferd als erstes an einem von ihnen ausgewählten Orte wiehern würde; (5) daraufhin führte Hiberes, der Reitknecht des Darius, das Pferd seines Herrn an den vorbestimmten Ort, nachdem er dort eine Stute versteckt hatte: daraufhin stieß das Pferd des Darius ein lautes Wiehern aus. So erhielt Darius die Herrrschaft. Von ihm leitete Artabanus seine Herkunft ab; er war nach der Versicherung des Sallustius Crispus der Begründer des Reiches des Mithridates. 31 Die Könige der Parther: (1) Seleucos, der Freund des Makedonen Alexander; er erhielt nach dessen Tode den Befehl von dessen Bruder Arrhidaius, den Besitz von Babylon zu behaupten; er brachte die benachbarten Völker unter seine Herrschaft – davon erhielt er den Beinamen Nikator – und gründete drei sehr bedeutende Städte, Antiochia, Seleucia, Laodikea. (2) Arsakes, herausragend an Gestalt und Tapferkeit, dessen Nachkommen den Beinamen »Arsakiden« erhielten. Er schloss den Frieden mit dem Feldherrn Sulla ab.

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Orodes qui foedus cum Cn. Pompeio percussit, Crassum cum legionibus apud Carrhas funesta clade delevit. (4) Pacorus, qui filium suum eiusdem nominis misit in Syriam, ut Romanas provincias popularetur, atque ipse a Ventidio legato Iulii Caesaris occisus est. 32 Reges Cappadociae et Armeniae: (1) Tigranes, qui iam scriptus est, *** *** qui tertio Punico bello perdomuit sub Mancino consule et Scipione Aemiliano. (2) Bellus, rex Armeniae, qui cum impetum in Graeciam fecisset et Pythii Apollinis templum incendisset, tempestate et frigore exercitum amisit. (3) Polycrates rex Cappadociae qui somniavit solem et lunam uri, qui a praefecto Darii regis occisus est. (4) Epaminondas, *** eius filius rex qui Thebis pugnando vicit. (5)

Periandrus rex, qui Corinthi regnavit. *** omnia terra et mari Romanis subiugavit subiugavit*** *** (32, 5). (6) Timoleon, qui Corinthi fratrem suum regnantem interfecit, idem et Dionysium Siciliae regem expulit, neque ipse ab offerentibus regnum accepit, sed arcem quoque demolitus est. Hic cum convicia mala audiret, ait: »tota vita mea id egi ut omnes liberi essemus.« 33 Reges Asiae et Pergami: (1) Eumenes Cardianus Philippi Alexandri armiger bellicosissimus sed parum prospera fortuna usus, adeo tamen terribilis ut vivente eo nemo ausus sit rex appellari. (2) Antiochus, iam scriptus est. Eumenes alius, qui Romanos Macedonico bello iuvit cum milite suo. Attalus qui pro Romanis saepe pugnavit; nam testamento suo p. R. heredem fecit. 34 Reges Ponti et Bithyniae: (1) Pharnaces rex Bithyniae, filius Mithridatis, qui bello civili quod in Pharsalia gestum est instar patris sui Syriam invasit et, adventu Caesaris, antequam in congressum eius veniret, ipso terrore nominis [sui] victus refugit in Pontum.

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Orodes, der mit Cn. Pompeius ein Bündnis schloss und Crassus mit dessen Legionen in einer fürchterlichen Niederlage bei Carrhae vernichtete. (4) Pacorus, der seinen gleichnamigen Sohn nach Syrien schickte, um die römischen Provinzen zu verwüsten, und doch selbst von Ventidius, dem Legaten Caesars, getötet wurde. 32 Die Könige von Cappadocien und Armenien: (1) Tigranes, von dem bereits die Rede war, *** der während des Dritten Punischen Krieges unter den Consuln Manilius und Scipio Aemilianus das römische Volk unterstützte. (2) Bellus, König von Armenien, der, als er einen Einfall nach Griechenland unternahm und den Tempel des Pythischen Apollo in Brand steckte, sein Heer in Stürmen und durch Kälte verlor. (3) Polykrates, der König von Cappadocien, dem träumte, dass Sonne und Mond brennen; er wurde von dem Praefecten des Darius getötet. (4) Epaminondas, *** sein Sohn war der König (?), der im Kampf für (das griechische) Theben siegte. (5) König Periander, der in Korinth regierte. *** *** Er unterwarf für die Römer alles zu Land und zur See.* (6) Timoleon, der seinen Bruder, der in Korinth regierte, tötete; der gleiche vertrieb auch Dionysius, den König von Sizilien, und nahm für sich die Königsherrschaft, die ihm angeboten wurde, nicht an, sondern zerstörte auch die Burg. Als er schlimmen Tadel hörte, sagte er: »Ich habe mein ganzes Leben so gehandelt, dass wir alle frei sein sollen.« 33 Die Könige von Asien und von Pergamon: (1) Eumenes von Kardia, Waffenträger des Alexander, Sohn des Philipp, sehr kriegerisch, doch nicht mit gleichartigem Glück begabt; dennoch war er so gefürchtet, dass zu seinen Lebzeiten niemand wagte, sich König zu nennen. (2) Antiochus, von dem bereits (oben) geschrieben wurde. Ein weiterer Eumenes, der die Römer mit seinem Heer im Makedonischen Krieg unterstützte. Attalus, der häufig für Rom kämpfte; er setzte nämlich das römische Volk in seinem Testament zum Erben sein. 34 Die Könige von Pontus und Bithynien: (1) Pharnakes, König von Bithynien, Sohn des Mithradates, der während des Bürgerkrieges, der bei Pharsalus geführt wurde, nach dem Vorbild seines Vaters in Syrien einmarschierte und beim Anmarsch Caesars, noch bevor er sich ihm zum Kampfe stellte, nach Pontus floh, von dessen bloßem Namen erschreckt.

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Prusias rex, amicus populi Romani, ad quem Hannibal victo Antiocho confugit et cum a rege exposceretur per legatos veneno se liberavit. (3) Nicomedes, socius et amicus populi R., in cuius amicitia prima aetate Caesar fuit, qui moriens testamento et ise p. R. heredem dimisit. 35 Reges Alexandriae: (1) Post mortem Alexandri Macedonis regnaverunt Alexandriae Aegyptum octo Ptolomaei nomine, multi clarissimi viri. (2) Ptolomaeus Euergetes, qui Alexandrum apud Oxydracas obiecto clipeo protexit. (3) Ptolomaeus, filius, Philadelphus, litteratissimus, qui plurimos libros Graecos scripsit. (4) Ptolomaeus Soter, qui ingenti classe Rhodios vicit. (5) Ptolomaeus Tryphon, qui seditiosos in theatro sagittis occidit, alios flammis dedit; huius filius Cyprius pro Romanis multa bella gessit adversus Garamantas et Indos. (6) Ptolemaeus, Pupillus dictus, qui Pompeium tutorem a senatu accepit donec pubesceret, et postea civili bello Pothino interfectus est. 36 Duces et reges Carthaginiensium: (1) Hanno et Mago, qui Punico bello Cornelium consulem aput Liparas ceperunt. (2) Hamilcar qui Boccor cognominatus est, primo Punico bello magnam partem Hispaniae sub imperium Carthaginiensium redegit relictis filiis quattuor: Hasdrubale, Hannibale, Hamilcare et Magone. (3) Hasdrubal, frater Hannibalis, qui secundo Punico bello cum ingentibus copiis ab Hispania veniens antequam se fratri coniungeret a Claudio Nerone expoliatus est. 37 Reges Numidiae: (1) Syphax, quem Scipio Africanus victum in triumphum traxit; regno eius imposuit Masinissam. (2) Masinissa rex qui Scipionem adversus Carthaginem et Syphacem equitatu adiuvit; ab eo inter praemia commilitii Numidiae regno donatus est [et]. (3) Iugurtha, qui scriptus est.

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König Prusias, ein Freund der Römer, zu dem Hannibal nach der Niederlage des Antiochus floh; als vom König durch Gesandte seine Auslieferung verlangt wurde, befreite er sich durch Einnahme von Gift. (3) Nikomedes, Bundesgenosse und Freund des römischen Volkes, zu dem Caesar in seinen Jugendjahren Freundschaft unterhielt; sterbend bestimmte er in seinem Testament selbst die Römer zu seinen Erben. 35 Die Könige von Alexandria: (1) Nach dem Tode des Makedonen Alexander regierten in Alexandria bei Ägypten acht (Könige) mit Namen Ptolemaeus, unter ihnen viele sehr berühmte: (2) Ptolemaeus Euergetes, der Alexander bei Oxydras durch einen vorgehaltenen Schild rettete. (3) Sein Sohn Ptolemaios Philadelphos, ein höchst gebildeter Mann, der viele griechische Bücher verfasste. (4) Ptolemaios Soter, der die Rhodier mit einer ungeheuren Flotte besiegte. (5) Ptolemaios Tryphon, der im Theater Aufrührer durch Pfeilschüsse tötete und andere den Flammen übergab; sein Sohn Cyprius führte für die Römer viele Kriege gegen Garamanten und Inder. (6) Ptolemaius, genannt »das Mündel«, der bis zu seiner Mündigkeit vom Senat den Pompeius als Vormund erhielt und der später im Bürgerkrieg von Pothinus getötet wurde. 36 Feldherrn und Könige der Karthager: (1) Hanno und Mago, die im Punischen Krieg den Consul Cornelius bei den Liparischen Inseln gefangen nahmen. (2) Hamilcar, mit dem Beinamen Bokkor, der im Ersten Punischen Krieg einen großen Teil Spaniens der Herrschaft Karthagos unterwarf und vier Söhne hinterließ: Hasdrubal, Hannibal, Hamilkar und Mago. (3) Hasdrubal, der Bruder Hannibals, der im Zweiten Punischen Krieg mit sehr starken Truppenverbänden aus Spanien herankam und von Claudius Nero vernichtet wurde, bevor er sich mit seinem Bruder vereinigen konnte. 37 Die Könige Numidiens: (1) Syphax, den Scipio Africanus als Besiegten im Triumph vorführte; in dessen Königreich setzte er Masinissa ein. (2) König Masinissa, der Scipio im Krieg gegen Karthago und Syphax mit seiner Reiterei unterstützte; unter anderen Belohnungen für seine Waffenhilfe wurde er mit der Herrschaft über Numidien beschenkt. (3) Iugurtha, der schon beschrieben wurde.

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38 Reges Mauritaniae: (1) Iuba rex qui Curionem legatum Caesaris oppressit; mox occiso Pompeio Catonis et Scipionis partes firmare conatus cum se in regiam recepisset post magnificam cenam interficiendum se dedit. (2) Iuba rex litteratissimus qui Caesaris Augusti iussu regnavit et magnificentissimam urbem Caesaream condidit. 39 Qui adversus pop. R. arma sumserunt: (1) Tatius rex Sabinorum qui occupata arce Tarpeia in ipso foro cum Romulo decertavit et interventu Sabinarum pacem cum Romulo fixit. (2) Mettius Suffetius rex Albanorum qui contra foedus a Fidenatibus destitutus et iussu Tulli Hostilii religatus ad currum et in adversa actis equis laceratus est. (3) Porsenna rex Etruscorum qui Romanos ad Ianiculum obsedit propter Tarquinios. (4) Tiridates qui a Corbulone consulari viro victus et restitutus est. 40 (1) Civilia bella quattuor mota sunt in Urbe a Romanis: Civile bellum primum Sulpicius tribunus excitavit quod subscriptam provinciam Mithridaticam Sylla in Marium transferri voluisset voluisset;; (2) secundum bellum Lepidus contra Catulum ob metum Siciliae expugnatae; (3) tertium bellum Caesar et Pompeius: belli species magis quam causa fuit negatus a senatu Caesari consulatus, ceterum utriusque aemulatio et cupiditas imperii occupandi. Nam, cum secundum mores legemque maiorum dimisso exercitu venire in Urbem Caesar deberet et docere senatum de rebus a se gestis atque ita triumphum consequi, simulans se gratiam timere Pompeii, negavit se missurum exercitum nisi consularibus comitiis ratio absentis sui posita fuisset; quam ob rem hostis a senatu iudicatus, statuit id bello vindicare, ac sic non consulatum modo ac triumphum, sed totum populi Romani imperium redegit in suam potestatem.

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38 Die Könige von Mauretanien: (1) König Iuba, der Curio, den Legaten (Unterfeldherrn) Caesars, tötete. Später, nach dem Tod des Pompeius, suchte er die Parteiung Catos und Scipios zu unterstützen; nachdem er sich in seinen Königspalast zurückgezogen hatte, gab er sich nach einem prächtigen Gastmal den Tod. (2) Iuba, ein äußerst gebildeter König, der auf Geheiß des Caesar Augustus regierte und die großartige Stadt Caesarea gründete. 39 Solche, die gegen das römische Volk zu den Waffen gegriffen haben. (1) Tatius, der König der Sabiner, der nach der Besetzung der Tarpeischen Burg auf dem Forum selbst mit Romulus kämpfte und durch das Dazwischentreten der Sabinerinnen mit Romulus Frieden schloss. (2) Mettius Suffetius, der König der Albaner, der, als er gegen den Bündnisvertrag (handelnd) von den Fidenaten im Stich gelassen worden war, auf Befehl des Tullus Hostilius an einen Wagen gebunden und von Pferden, die in entgegengesetzte Richtungen getrieben wurden, zerrissen wurde. (3) Porsenna, der König der Etrusker, der wegen der (Vertreibung der) Tarquinier die Römer auf dem Ianiculus belagerte. (4) Tiridates, der von Corbulo, einem gewesenen Consul, besiegt und (erneut) eingesetzt wurde. 40 (1) Vier Bürgerkriege wurden von den Römern in der Stadt unternommen: Den ersten Bürgerkrieg entfachte der (Volks-)Tribun Sulpicius, weil er wollte, dass der offiziell Sulla erteilte Oberbefehl im Mithridatischen Kriege an Marius übertragen werde. (2) Der zweite Krieg war der des Lepidus gegen Catulus, aus Angst wegen der Ausplünderung Siziliens. (3) Der dritte Krieg war der zwischen Caesar und Pompeius: Als Vorwand – eher als eine (echte) Begründung – diente, dass der Senat Caesar den Consulat verweigerte; in Wahrheit war es die Eifersucht und die Gier beider Männer nach Herrschaft. Denn als Caesar gemäß dem Herkommen und dem Gesetz sein Heer entlassen und in die Stadt kommen sollte, um den Senat über seine Taten zu unterrichten und so einen Triumph zu erhalten, gab er vor, den Einfluss des Pompeius zu fürchten und weigerte sich, sein Heer zu entlassen, sofern nicht während der Consularcomitien seinem Anspruch trotz eigener Abwesenheit Rechnung getragen werde; aus diesem Grunde vom Senat zum Staatsfeind erklärt, entschloss er sich, dies in einem Kriege einzufordern, und so erhielt er nicht nur den Consulat und einen Triumph, sondern brachte die gesamte Herrschaft des römischen Volkes in seine Macht.

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Quartum bellum Caesar Augustus adversus complures duces: contra Pompeium iuvenem bona paterna repetentem, mox adversus Cassium et Brutum in ultionem interempti patris, deinceps adversus Antonium et Cleopatram ultro bellum patriae inferentis. 41 [Quot [Quot genera bellorum] bellorum] (1) Bellorum genera sunt quattuor: gentile quod cum externis geritur, ut Romani cum Latinis, Athenienses cum Lacedaemoniis, servile quod Romani adversus fugitivos gesserunt contra duces eorum Spartacum, Crixum et Oenomaum, civile quod inter se certant sicut Marius et Sylla, Caesar et Pompeius, Augustus et Antonius. 42 Ordo belli Mariani: (1) Inexplebilis honoris Marii cupiditas decretam Syllae Ponticam provinciam voluit eripere per rogationem Sulpicii tribuni plebis. Sylla indignatus continuo ad exercitum perrexit et eum Urbi admonuit et in patriam ingressus Capitolium occupavit; quo terrore victus senatus Mario totique factioni eius interdixit. (2) Profecto deinde in Asiam Sylla, Marius exul cum profugisset ac primum Minturnis in palude latuisset, tum coniectus in carcerem evasisset; interim Cinna et Octavius in Urbe invicem obessent; hac occasione data, Marius rediit et secum Cinnam adduxit, victis Octavianis partibus septies consul creatus, saevissimis caedibus totam Urbem funestavit. (3) Sylla interim victo Mithridate in Urbem reversus prope totam Italiam in armis invenit sub iuvene Mario, Marii filio, sed omnes eius copias partim in Etruria ad Sacriportum, partim ad Collinam portam prostravit et reliquias adversariorum [[eorum eorum]] qui se dederant, in villa publica trucidavit: qui diff ugerant in tabula proscriptsit, iure permisso ut interficerentur.

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Den vierten Bürgerkrieg führte Caesar Augustus gegen verschiedene Feldherrn: gegen den jungen Pompeius, der das väterliche Vermögen einforderte; ferner gegen Cassius und Brutus als Rache für die Ermordung seines Vaters; schließlich gegen Antonius und Cleopatra, die darüber hinaus einen Krieg gegen das Vaterland unternahmen. 41 [Wie viele Arten von Kriegen es gibt] (1) Es gibt vier verschiedene Arten von Kriegen: Den ›völkischen‹, der gegen fremde Völker geführt wird, den inneren, so wie den zwischen Römern und Latinern, den zwischen Athenern und Lakedaemoniern, den Sklavenkrieg, den die Römer gegen Flüchtige und deren Anführer Spartacus, Crixus und Oenomaius geführt haben, den Bürgerkrieg, in dem man untereinander kämpft, so wie Marius und Sulla, Caesar und Pompeius, Augustus und Antonius. 42 Der Verlauf des marianischen Krieges: (1) Die Gier des Marius nach unerfüllbaren Ehren verlangte, die dem Sulla zugesprochene Provinz Pontica durch einen Antrag des Volkstribuns Sulpicius diesem zu entziehen. Hierüber entrüstet, begab sich Sulla umgehend zu seinem Heer und rückte damit vor die Stadt, drang in seine Vaterstadt ein und besetzte das Capitol. Dadurch in Schrecken versetzt, ächtete der Senat den Marius und seine gesamte Anhängerschaft. (2) Anschließend begab sich Sulla nach Asien, während der verbannte Marius floh und sich zuerst bei Minturnae in einem Sumpf versteckte, danach ins Gefängnis geworfen wieder entkam; währenddessen behinderten sich Cinna und Octavius gegenseitig in der Stadt; so erhielt Marius die Gelegenheit zurückzukehren und führte, nachdem die Parteigänger des Octavius besiegt worden waren, Cinna mit sich; zum siebten Mal zum Consul gewählt, stürzte (Marius) die ganze Stadt durch grausamste Hinrichtungen in Trauer. (3) Inzwischen kehrte Sulla nach dem Sieg über Mithradates nach Rom zurück und fand fast ganz Italien unter Führung des jungen Marius, dem Sohne des Marius, unter Waffen. Aber er vernichtete alle seine Truppen, teils in Etrurien bei Sacriportus, teils am Collinischen Tor, und tötete die Reste der Gegner, die sich ergeben hatten, in einer staatlichen Villa; die Namen der Entflohenen ließ er öffentlich anschlagen, zugleich mit der gesetzlichen Erlaubnis, diese zu töten.

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43 Ordo belli inter Caesarem et Pompeium: (1) Caesar et Pompeius et Crassus, inita societate, imperium Romanorum possidebant: Caesar Gallicos, Crassus Syriacos exercitus habebat, Pompeius, horum viribus fretus, in senatu dominabatur. Post Crassi mortem apud Parthos . (2) *** ɐemusus Barbarus Asculanus, Quintus Lutatius Catulus. 44 [De bello Macedonico:] (1) Populus Romanus cum Macedonibus bellum ter gessit: sub Flaminino consule regem eorum Philippum vicit, sub Paulo Persen Philippi filium, sub Metello Macedonico Pseudophilippum. (2) Primi belli causa quod de iniuriis Macedonum Graeci querebantur; secundi quod foedus cum patre suo percussum ruperit Perses; tertii quod falso nomen regium Macedonum Pseudophilippus invasit. 45 bellis populi Romani (1) Etrusco bello, cum Porsenna rex Ianiculum obsedit; Gallico bello, cum Galli Senones exercitu aput Aliam deleto, Urbe incensa, Capitolium obsiderunt; (2) Tarentino bello, cum Pyrrhus ad vicesimum lapidem totam Campaniam populatus accesserat; Punico bello, cum Hannibal Cannensi exercitu fuso ad tertium lapidem castra posuit; Cimbrico bello, cum Cimbri Tridentinas Alpes occupaverant; (3) servili bello, cum Spartacus, Crixus et Oenomaus gladiatores populata prope Italia cum ad incendendam Urbem pergerent, in Lucania a Crasso, in Etruria a Pompeio consule opprimuntur. 46 De tribus Punicis bellis bellis:: (1) Populus Romanus cum Carthaginiensibus dimicavit. Primum Punicum bellum navalibus copiis gestum est;

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43 Der Verlauf des Krieges zwischen Caesar und Pompeius: (1) Caesar, Pompeius und Crassus nahmen, nachdem sie ein privates Bündnis eingegangen waren, das römische Reich in Besitz: Caesar besaß die gallischen, Crassus die syrischen Heere; Pompeius beherrschte, vertrauend auf deren (militärische) Stärke, den Senat. Nach dem Tode des Crassus bei den Parthern […] (2) ***ɐemusus Barbarus Asculanus, Quintus Lutatius Catulus. 44 [Über den Makedonischen Krieg:] (1) Das römische Volk führte mit den Makedonen drei Kriege: Unter dem Consul Flamininus besiegte es ihren König Philippus, unter Paulus den Perseus, Sohn des Philippus, unter Metellus (mit dem Beinamen) der Makedonenbesieger den Pseudophilippus. (2) Der Anlass zum ersten Krieg war, dass sich die Griechen über das ihnen von den Makedonen zugefügte Unrecht beklagten; zum zweiten, dass Perseus den mit seinem Vater geschlossenen Vertrag gebrochen hatte; zum dritten, weil Pseudophilippus betrügerisch den Namen der Könige Makedoniens aufgegriffen hatte. 45 Kriegen des römischen Volkes : (1) Im Etruskerkrieg, als der König Porsenna den Ianiculum belagerte; im Gallischen Krieg, als die gallischen Senonen nach der Vernichtung des Heeres an der Allia die Stadt anzündeten und das Kapitol belagerten; (2) im Tarentinischen Krieg, als Pyrrhus bis zum zwanzigsten Meilenstein heranrückte, nachdem er ganz Campanien verwüstet hatte; im Punischen Krieg, als Hannibal, nachdem er das Herr bei Cannae in die Flucht geschlagen hatte, drei Meilen vor der Stadt sein Lager aufschlug; im Cimbernkrieg, als die Cimbern die Tridentinischen Alpen besetzten; (3) im Sklavenkrieg, als die Gladiatoren Spartacus, Crixus und Oenomaus fast ganz Italien verwüstet hatten und sich anschickten, die Stadt anzuzünden, (schließlich aber) in Lucanien von Crassus und in Etrurien vom Consul Pompeius vernichtet wurden. 46 [Von den drei Punischen Kriegen:] (1) Das römische Volk führte Krieg mit den Karthagern. Der Erste Punische Krieg wurde mit Seestreitkräften geführt;

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causa motus praetendebatur duplex: altera, quod Carthaginienses Tarentinis adfuissent, altera, quod Mamertini adversus Poenos auxilium poscerent; ceterum re vera praemium fuit Siciliae et Sardiniae possessio fertilissimarum insularum. (3) Appius Claudius bellum in Siculo fretu commisit, Manlius et Regulus in ipsa Africa profligaverunt, Duillius consul aput Liparas insulas, Lutatius Catulus aput Aegates mersis hostium classibus consummaverunt. (4) Secundum Punicum bellum longe omnium cruentissimum fuit: causa, quod Hannibal contra foedus Saguntum evertisset. (5) Prima clades huius belli aput Liternum vulnerato patre Scipione, quem Publius Scipio nondum pubes protexit ac liberavit; secunda clades aput Trebiam vulnerato Flacco consule; tertia apud Trasimenum vastato Flaminii exercitu; quarta aput Cannas deletis duobus exercitibus Pauli consulis morte, Terentii fuga Varronis. (6) Postea vero quattuor duces Punici belli gloriam sibi vindicant: Fabius [sibi] Cunctator qui imminentem Urbis excidio Hannibalem mora fregit; Marcellus qui primus Hannibali aput Nolam restitit et inclinatam eius aciem paene ictu cruciavit; Claudius Nero qui venientem ab Hispania Hasdrubalem cum ingentibus copiis priusquam se Hannibali iungeret excepit et ingenti proelio vicit … (7) Tertium Punicum bellum maioris gloriae quam operis fuit; nam Manilio consule inchoatum excidium Carthaginis Aemilianus consummavit, [una cum Tigrane cum] incensa Carthagine totius Africae vires in perpetuum repressit, quod contra foederis pactionem Carthaginienes reparassent classes et arma finitimis intulissent. 47 Usque imperium Traiani qui victi sunt et per quos duces: (1) per Flamininum consulem Macedonas vicit, per Paulum consulem sub rege Perse bellantes; bellantes; (2) per Scipiones Africanos Carthaginienses; per Scipionem in Syria vicit regem Antiochum;

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Als Beweggrund wurde ein doppelter unterstellt: der eine war, dass die Karthager auf der Seite der Tarentiner standen, der andere, weil die Mamertiner Hilfe gegen die Punier einforderten; der tatsächliche Grund war übrigens als Kriegsziel der Besitz der äußerst fruchtbaren Inseln Sizilien und Sardinien. (3) Appius Claudius eröffnete den Krieg in der Meerenge von Sizilien, Manlius und Regulus kämpften in Afrika selbst, der Consul Duilius und Lutatius Catulus beendeten ihn bei den Liparischen Inseln bzw. bei den Aegaten durch Versenken der feindlichen Flotte. (4) Der zweite Punische Krieg war der bei weitem blutigste von allen: Anlass war, dass Hannibal entgegen dem Vertrag Sagunt zerstörte. (5) Die erste Niederlage in diesem Kriege ereignete sich bei Liternum, wo der Vater Scipio verwundet wurde, den Publius Scipio, noch nicht erwachsen, schützte und befreite; die zweite Niederlage ereignete sich an der Trebia, wo der Consul Flaccus verwundet wurde; die dritte am Trasimenischen See, wo das Heer des Flamininus vernichtet wurde; die vierte bei Cannae, wo wegen des Todes des Consuls Paulus und der Flucht des Terentius Varro zwei Heere untergingen. (6) Später jedoch beanspruchten vier Heerführer Ruhm im Punischen Krieg für sich: Fabius, genannt der Zauderer, der Hannibal, der kurz davor war, die Stadt zu zerstören, durch Verzögerungstaktik schwächte; Marcellus, der als erster Hannibal bei Nola widerstand, dessen Schlachtreihe zum wanken brachte und fast mit einem Schlag vernichtete; Claudius Nero, der den mit großen Truppenmassen aus Spanien kommenden Hasdrubal abfing, bevor er sich mit Hannibal vereinigen konnte, und in einer ungeheuren Schlacht besiegte; ***. (7) Der Dritte Punischen Krieg brachte mehr Ruhm als Anstrengung; denn (Scipio) Aemilianus vollendete die durch den Consul Manilius begonnene Vernichtung Karthagos, gemeinsam mit Tigranes, weil er nach dem Brand von Karthago die Städte ganz Afrikas auf Dauer unterwarf, da die Karthager entgegen dem Bündnisabkommen die Flotten wieder aufgerüstet und gegen ihre Nachbarn zu den Waffen gegriffen haben sollen. 47 Welche (Völkerschaften) bis zur Regierung Traians besiegt wurden und durch welche Heerführer: (1) besiegte durch den Consul Flamininus die Makedonen, desgleichen durch den Consul Paulus die Aufständischen unter König Perseus; (2) durch die Scipionen mit dem Beinamen »die Afrikaner« die Karthager; durch Scipio »Asiaticus« den König Antiochos in Syrien;

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Liber memorialis

per Scipionem Aemilianum Celtiberos et Numantiam; (3) per eundem Scipionem Lusitaniam et ducem Viriatum; per Decimum Brutum Gallaeciam; per Mummium Achaicum et Corinthum et Achaeos; (4) per Fulvium Nobiliorem Aetolos et Ambraciam; per Marium Numidas et Iugurtham; per eundem Marium Cimbros et Teutones; (5) per Syllam Ponticos et Mithradatem; per Lucullum item eosdem Ponticos et Mithridatem, item Cilicias piratas et Armenios cum rege Tigrane et plurimas Asiacas gentes: sub hoc enim m Oceanum et Rubrum mare usque pervenit; (6) per Gaium Caesarem rmanias Britanniam: sub hoc duce non tantum vidit sed etiam navigavit Oceanum; (7) per Caesarem Augustum Dalmatas Pannonios Illyricos Aegyptios Germanos Cantabros totumque orbem perpacavit, exceptis Indis Parthis Sarmatis Scythis Dacis, quod eos fortuna Traiani principis triumphis reservavit. 48 [De comitiis:] (1) Comitia dicuntur a comitatu et frequentia quod patres et classes ad suffragia vocantur creandorum magistratuum vel sacerdotum causa. (2) Comitiorum autem triplex ratio est: haec ›curiata‹ haec ›tributa‹ haec ›centuriata‹ dicuntur, quia per curias aut per tribus