Lehrbuch für Betreuungsassistenten: Alles für die praktische Umsetzung 9783748601234

Betreuungsassistenten nach § 87b SGBXI sind auf Ihre Aufgaben in der Seniorenbetreuung vorzubereiten. Orientiert an der

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Lehrbuch für Betreuungsassistenten: Alles für die praktische Umsetzung
 9783748601234

Table of contents :
Vorwort des Herausgebers
Inhalt
1. Lebenswelt Heim
2. Demenz – ein Leben im Augenblick
3. Professionell Betreuen
4. Arbeitsumfeld Heim
Literatur
Autoren

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Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg (Hrsg.)

Lehrbuch für Betreuungsassistenten Alles für die praktische Umsetzung

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet. Der Verlag und die Autoren können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen. © VIncentZ netWork, Hannover 2015 Besuchen Sie uns im Internet: www.altenpflege-online.net Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen. Foto titelseite: Werner krüper ISBn 978-3-74860-123-4

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Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg (Hrsg.)

Lehrbuch für Betreuungsassistenten Alles für die praktische Umsetzung

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Vorwort des Herausgebers

Für wen ist dieses Buch gedacht? Betreuungsassistenten sind eine neue Gruppe im Personalmix der Pflegeheime. Für Bewohner mit „eingeschränkter Alltagskompetenz“ – deren Ursache häufig eine Demenzerkrankung ist – wurde mit der Pflegeversicherungsreform 2008 „zusätzliche Betreuung“ eingeführt. Seit 2015 haben daher alle Pflegeheimbewohner Anspruch auf diese Leistung. Auf Bundesebene wurden „Richtlinien zur Qualifikation und zu den Aufgaben von zusätzlichen Betreuungskräften“ erlassen. Sofern Betreuungsassistenten nicht bereits über eine einschlägige Berufsausbildung verfügen, ist eine Qualifizierung erforderlich, die der Betreuungskräfte-Richtlinie entspricht. Mit einem personenzentrierten Ansatz zielt das Lehrbuch auf die inhaltlichen Vorgaben dieser Qualifizierungsrichtlinie. Denn Betreuungsassistenten sind dann eine Bereicherung für die Bewohner, wenn sie auf deren ganz individuelle Bedürfnisse und Einschränkungen, ihre Lebensgeschichte und ihr Krankheitsstadium eingehen können. Damit haben sie eine wichtige Funktion, die über die vertraglich zustehenden Pflegeleistungen hinausgeht. Das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg gibt dieses Buch auf Basis von sieben Jahren praktischer Erfahrung mit der Umsetzung von Kursen für Betreuungsassistenten im Herbst 2015 heraus. Die Autoren sind erfahrene Dozenten des Bildungszentrums Wohlfahrtswerk. Sie schulen Betreuungsassistenten aus den unterschiedlichsten Arbeitsumfeldern. So unterschiedlich der Arbeitsplatz von Betreuungsassistenten sein kann, so unterschiedlich sind auch die Funktionsbezeichnungen. Mit dem in diesem Buch verwendeten Begriff „Betreuungsassistenten“ orientieren wir uns an der Qualifizierungsrichtlinie, die den Begriff „Betreuung“ im Titel führt. Doch das

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Vorwort des Herausgebers

neue Berufsbild wird immer wieder mit dem der Alltagsbegleitung verwechselt. Dieses Lehrbuch soll deshalb auch zur Schärfung der beiden Berufsprofile beitragen, sodass sich die Betreuungsassistenz als Funktion fest etabliert und maßgeblich zum Wohlbefinden der Bewohner beiträgt. Wir wünschen den künftigen Betreuungsassistenten für ihre Tätigkeit ein gutes Gelingen. Ingrid Hastedt Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg Vorsitzende des Vorstands

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Inhalt Vorwort

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Kapitel 1: Lebenswelt Heim 1 Heimbewohner und ihre Geschichten  2 Ein neuer Lebensabschnitt: Der Einzug ins Heim 2.1 Materielle Umwelt 2.2 Personale Umwelt 3 Lebenswelt Heim gestalten 3.1 Biografiearbeit  3.2 Möglichkeiten der Milieugestaltung

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Kapitel 2: Demenz – ein Leben im Augenblick 1 Formen von Demenz 2 Typische Verhaltensänderungen 2.1 Möglichkeiten des Umgangs mit den Verhaltensänderungen 3 Angehörigenarbeit

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Kapitel 3: Professionell Betreuen 1 Begegnung von Mensch zu Mensch – Einzelbetreuung 1.1 Ein Blick in die Lebensgeschichte – Biografiearbeit 1.2 Normalität in der Institution 1.3 Den Alltag im Pflegeheim gestalten 1.4 Alltägliches Miteinander im Pflegeheim 1.5 Die Ressourcen nutzen 2 Aroma-Handmassage und weitere alltagsbereichernde Anwendungen 2.1 Geruchserfahrungen 2.2 Spielend in der Gegenwart 2.3 Den richtigen Duft finden 

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2.3.1 Herstellung der Ölmischung 2.4 Die praktische Durchführung der Aroma-Handmassage 3 Achtsame Begleitung am Lebensende – Palliative Care 3.1 Da sein 3.2 Abschiedsrituale gestalten 3.3 Für sich selbst sorgen

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Kapitel 4: Arbeitsumfeld Heim 1 Betreuungsleistungen dokumentieren 1.1 Ein Blick in die Geschichte 1.2 Dokumentation von Betreuungsleistungen 1.2.1 Aufbau des Dokumentationssystems 1.2.2 Informationssammlung 1.2.3 Der Leistungsnachweis/Durchführungsnachweis 1.2.4 Der Bericht 1.3 Dokumentation – ein Übungsfeld 2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Betreuungsassistenten 2.1 Freiheits- und Gleichheitsrechte (Grundgesetz) 2.2 Rechts- und Geschäftsfähigkeit 2.3 Verschwiegenheitspflicht  2.4 Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag 2.4.1 Weisungsrecht 2.4.2 Stellenbeschreibung 2.4.3 Die Krankmeldung

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    Lebenswelt Heim

Oft haben junge Menschen einen anderen Blick auf die Welt als Ältere – Betreuungsassistenten nehmen ein Altenpflegeheim anders wahr als die Angehörigen der Bewohner und Bewohner wiederum haben eine eigene Sichtweise auf ihr Lebensumfeld. Der Begriff Lebenswelt bezieht sich darauf, wie einzelne Menschen oder mehrere in Gruppen ihre Umwelt wahrnehmen. Wie die Bewohner eines Altenpflegeheims diese „Lebenswelt Heim“ wahrnehmen und besonders wie Betreuungsassistenten diese Rahmenbedingungen positiv beeinflussen können, mit diesen Fragen beschäftigt sich das erste Kapitel.

1  Heimbewohner und ihre Geschichten Drei Biografien, die exemplarisch für Bewohner von Pflegeheimen stehen, werden diesem Buch vorangestellt. Verschiedene Ereignisse im Leben von Günther Schmidt, Elisabeth Hoffmann und Eleonore Weinmann werden in den einzelnen Kapiteln immer wieder thematisiert. Daher wird an dieser Stelle auf die wichtigsten Eckpunkte ihrer Geschichten eingegangen. Die Namen dieser Bewohner sowie die dahinter stehenden Biografien sind frei erfunden. Günther Schmidt Herr Schmidt wurde 1941 im Stuttgarter Osten geboren. Er legt großen Wert darauf, ein „echter“ Stuttgarter zu sein. Manchmal erzählt er von seiner Kindheit. Mit seinen Freunden lachte und spielte er damals gerne am Neckar. Nach

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Kapitel 1

Abschluss der Volksschule stellt ihn die Firma Bosch ein. Von Beginn an hatte er dort mit der „Filmerei“ zu tun. Über die Jahre hinweg arbeitet er sich zum Abteilungsleiter hoch, worauf er sehr stolz ist. Bei seinen Mitarbeitern ist er beliebt. Während einer firmeninternen Weihnachtsfeier lernt er seine zukünftige Ehefrau Rosa kennen, die er 1961 heiratet. Doch die Ehe verläuft nicht immer harmonisch. Manchmal sei Rosa „schon schwierig“ gewesen, berichtet Günther Schmidt. Gemeinsam haben sie eine Tochter – Michaela Schmidt. In seiner Freizeit beschäftigt sich Herr Schmidt ähnlich wie im Beruf mit Filmen. Er hat kartonweise Schmalspurfilme der Familienurlaube in Italien sowie aus dem Leben seiner Tochter. Zudem besitzt er tausende Dias, die er seinen Freunden vorführt. In einer Vitrine stellt er seine alten Fotoapparate aus. Er hält sie gerne in seinen Händen und pflegt sie regelmäßig. Mit seinen Freunden vom Kegelclub trifft er sich zu den Fußballspielen der Stuttgarter Kickers. Doch dann stirbt seine Frau Rosa. Das trifft Herrn Schmidt sehr. Er kann sich Zu Hause nicht mehr alleine versorgen. Er wäscht sich nur noch selten, findet seine Autoschlüssel nicht und ruft mitten in der Nacht seine Tochter an, ohne zu wissen, weshalb er dies tat. Als Nachbarn die Feuerwehr rufen, weil aus Herrn Schmidts Küche im Degerlocher Einfamilienhaus Rauch quillt, wird eine beginnende Demenz diagnostiziert. Herr Schmidt hatte vergessen den Herd auszuschalten. Seine Tochter Michaela organisiert den Umzug ins Pflegeheim. Er hat kein gutes Verhältnis zu ihr. Nach dem Umzug ins Heim wirft er seiner Tochter vor, ihn in das „Altenheim abgeschoben“ zu haben. Im Pflegeheim lebt Günther Schmidt sehr zurückgezogen und macht einen mürrischen Eindruck. Gegenüber den Mitarbeitern des Hauses ist er oft unfreundlich. Wenn man ihn zu den Mahlzeiten aus dem Zimmer holen will, kann es sein, dass man beschimpft wird. Größere Veranstaltungen wie zum Beispiel das Sommerfest meidet er ganz. Dies steht in starkem Kontrast zu seiner früheren Persönlichkeit, denn immer wieder erzählt seine Tochter, ihr Vater sei ein sehr geselliger Mensch gewesen. Nachts ist Günther Schmidt

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Lebenswelt Heim

häufig auf den Fluren des Heims unterwegs. Schon mehrfach hat er dabei in eine Ecke uriniert, da er die Toilette nicht fand. Am nächsten Tag kann er sich daran allerdings nicht mehr erinnern. Manchmal packt er auch eine Tasche und möchte zur Arbeit gehen. Seine Tochter bemüht sich sehr und besucht ihren Vater zwei- bis dreimal in der Woche nach der Arbeit. Häufig verlässt sie das Pflegeheim weinend, da Herr Schmidt ihr immer wieder wütende Vorwürfe macht. Elisabeth Hoffmann 1923 wird Frau Hoffmann als Elisabeth Scheuerle in Heilbronn geboren. Ihre Eltern betreiben eine Schneiderei. In der elterlichen Firma absolviert sie nach Abschluss der Volksschule eine Ausbildung zur Schneiderin und arbeitet dort bis zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Dann heiratet sie ihren ersten Mann, Robert, der 1943 in Russland fällt. Elisabeth Hoffmann arbeitet während des Krieges in einer Rüstungsfirma, die Munitionsteile herstellt. Wenn sie heute an den Krieg erinnert wird, stammelt sie meist „schlimm, schlimm, schlimm…“ und weint. Für ihre zweite Ehe zieht sie dann von Heilbronn nach Stuttgart. Mit ihrem zweiten Mann hat sie fünf Kinder. Ihre älteste Tochter stirbt jedoch im Alter von fünf Jahren bei einem Badeunfall. Ihre beiden Söhne leben mittlerweile in den USA und können sie aufgrund der großen räumlichen Distanz nur einmal im Jahr besuchen. Eine ihrer Töchter lebt mit Familie in Hamburg, während ihre alleinstehende Tochter „Lisl“ in Stuttgart wohnt. Elisabeth Hoffmanns zweiter Ehemann starb vor fünf Jahren nach einem Schlaganfall. Frau Hoffmann war mit Leib und Seele Hausfrau. Zu jeder Gelegenheit fallen ihr Alltagsweisheiten von früher ein, wie beispielsweise „eigener Herd ist Goldes Wert“ oder „ein sauberer Schurz steht jeder Frau“. Früher hat sie fünfzehn Sorten „Gutsle“ gebacken (schwäbisch für Weihnachtsgebäck). Im Pflegeheim ist ihr Zimmer mit selbstgehäkelten Kissen und Decken dekoriert.

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Kapitel 1

Wenn sie mit anderen Frauen zusammensitzt, fühlt sie sich wohl. Sie ist eine sehr religiöse Frau und spricht häufig Gebete vor sich hin. Sonntags erhält sie meistens Besuch von Mitgliedern ihrer pietistischen Gemeinde. Doch ihre Demenz verschlechtert sich zusehends. Häufig findet sie eigene Gegenstände nicht mehr und verdächtigt dann das Reinigungspersonal, diese gestohlen zu haben. Auch die richtigen Worte fehlen ihr immer häufiger. Dann sagt sie zu einem Tisch Hund oder zu einer Flasche Lampe. Körperlich ist sie für ihr Alter noch sehr agil. Starke Weglauftendenzen treiben sie immer wieder in die Wagnerstraße 7 in Heilbronn zu ihrem Geburtshaus. Schon zweimal musste sie von der Polizei zurückgebracht werden. Immer wieder sucht sie auch nach ihrem verstorbenen Ehemann Robert. Wenn sie erfährt, dass er gestorben ist, trauert sie immer wieder aufs Neue. Es fehlt ihr an Orientierung; kürzlich wollte sie mitten im Sommer Weihnachtskekse backen. Eleonore Weinmann Heute ist Frau Weinmann 80 Jahre alt. Über ihre Herkunftsfamilie ist wenig bekannt, da sie aufgrund ihrer weit fortgeschrittenen Demenz kaum noch von ihren Angehörigen erzählen kann. Weitere Familienmitglieder scheint es nicht zu geben. Sie hat eine gute Freundin, die sie schon seit mehr als 50 Jahren kennt und die sie regelmäßig sonntags im Pflegeheim besucht. Ihre Freundin, Dorothee Müller, leidet sehr unter dem gesundheitlichen Zustand von Eleonore Weinmann. Die Freundinnen haben früher zusammen gearbeitet. Frau Weinmann war damals Chefsekretärin, Dorothee Müller arbeitete in der Buchhaltung. Laut Frau Müller war Eleonore Weinmann ihre Arbeit sehr wichtig, was vor allem daran lag, dass sie weder verheiratet war noch Kinder hatte. Einmal wöchentlich ließ sie ihre Haare in Form schneiden, ging zur Mani- und Pediküre. Mit ihrer umfangreichen Sammlung gerahmter Filmund Theaterposter lebte sie in einer schicken 4-Zimmer-Wohnung in einem Randbezirk von Stuttgart. In ihrer Freizeit spielte Eleonore Weinmann Klavier

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Lebenswelt Heim

und gemeinsam mit ihrer Freundin Dorothee hatte sie ein Abonnement für das Staatstheater Stuttgart. Einmal im Jahr fuhren die Freundinnen zusammen in den Urlaub, bevorzugt in den Süden, da Frau Weinmann eine große Blumenliebhaberin ist. Besonders Orchideen liebt sie. Jeden Sonntag ging Frau Weinmann mit ihrer Freundin Dorothee in das Café „Parisien“, um ein Stück Sahnetorte zu essen. Diese Tradition besteht auch nach dem Einzug von Frau Weinmann ins Pflegeheim. Jeden Sonntag bringt Dorothee Müller ihrer Freundin Eleonore ein Stück Torte mit, obwohl sich Frau Weinmann mit dem Schlucken mittlerweile immer schwerer tut. Heute muss Eleonore Weinmann das Essen aufgrund ihrer Schluckbeschwerden eingegeben werden. Sie scheint zu vergessen, dass man Essen schlucken muss. An Getränken verschluckt sie sich ebenso häufig. Die Demenz, an der sie seit fast zehn Jahren leidet, hat dazu geführt, dass sie kaum noch zielgerichtete Bewegungen ausführen kann. Die meiste Zeit des Tages verbringt sie im Bett, gelegentlich wird sie in einem Multifunktionsrollstuhl mobilisiert. Auf Ansprache reagiert sie, indem sie Blickkontakt aufnimmt. Läuft jemand durch ihr Zimmer, folgt sie der Person mit ihren Augen. Nur in Ausnahmefällen antwortet sie mit „ja“ oder „nein“.

2  Ein neuer Lebensabschnitt: Der Einzug ins Heim Der Umzug in ein Pflegeheim ist sicherlich einer der größten Einschnitte im Leben eines Menschen. Doch dieser Umzug ist kein „normalen Umzug“, wie ihn die meisten Menschen mehrfach erleben. Oft ist mit diesem Umzug ein massives Verlustempfinden verbunden. Verlust von Freiheit und Selbstständigkeit, von liebgewonnenen Gegenständen, Umgebungen und Erinnerungen, von Intimsphäre und gesellschaftlicher Anerkennung. Der Umzug in ein Pflegeheim ist oft der letzte Umzug im Leben eines Menschen und wird nicht selten als „Endstation“ bezeichnet. Besonders für Menschen mit Demenz

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kann ein solcher Ortswechsel schwerwiegende psychische Folgen haben. Das „Verlegungsstress-Syndrom“ kann vielfältige körperliche und seelische Auswirkungen haben. Körperlich ~~ Appetitlosigkeit, ~~ Schmerzen, ~~ Schlaflosigkeit, ~~ Müdigkeit, ~~ Inkontinenz. Seelisch ~~ Sozialer Rückzug, ~~ Misstrauen, ~~ Unruhiges Umherwandern, Weglaufen, ~~ Unsicherheit, ~~ Traurigkeit, auch Wut und Aggression, ~~ Desorientiertheit. Doch es gibt auch genügend Gegenbeispiele, die zeigen, dass Altenpflegeeinrichtungen sehr lebendige Begegnungsstätten sein können: ~~ neue Beziehungen werden geknüpft, ~~ Feste im Rahmen der Familie werden gefeiert, ~~ Wohnungen werden wunderschön eingerichtet, ~~ im Notfall ist schnelle Hilfe parat, ~~ viele Alltagssorgen werden abgenommen. Betreuungsassistenten kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Nicht zuletzt an ihrer Arbeit liegt es, ob ein Mensch den Umzug in ein Heim positiv verarbei-

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tet, ob er mit Mut und Selbstvertrauen in diesen Lebensabschnitt geht oder zurückgezogen in einem kleinen Zimmer lebt.

2.1  Materielle Umwelt Mit dem Umzug in ein Pflegeheim verändert sich das Wohnumfeld radikal. Auf einmal stellen sich Fragen, die sich zukünftige Heimbewohner und ihre Angehörigen zuvor nicht stellen mussten. Unter der „materiellen Umwelt“ werden hier das Wohnumfeld und die Wohnungsgröße alter Menschen verstanden sowie die finanziellen Mittel, die zur Verfügung stehen. Besonders augenfällig wird dies im Fall von Günther Schmidt, der aus einem freistehenden Einfamilienhaus in ein kleines Zimmer in einem Pflegeheim zieht. Welche Erinnerungsstücke kann er mitnehmen? Was wird aus dem alten Sessel, in dem seine Frau so gerne saß? Kann er den Wohnzimmerschrank mitnehmen oder den Perserteppich, den sie gemeinsam für viel Geld in einem Asienurlaub gekauft haben? Was wird aus dem Auto, den Unmengen an Filmmaterial und der Kamerasammlung? Elisabeth Hoffmann hat für ihr Leben gern gebacken, sich um die Familie und den Haushalt gekümmert. Das wird ihr im Pflegeheim komplett abgenommen. Das Essen kommt aus der Zentralküche, die Wäsche kommt zur Wäscherei, geputzt wird durch die Hauswirtschaft. Ist sie einmal krank, kommt der Arzt direkt zur ihr ins Pflegeheim und die Medikamente besorgt das Pflegepersonal. Das sind auf den ersten Blick vor allem positive Aspekte. Doch womit wird sich diese einst so aktive und gut organisierte Frau beschäftigen? Eleonore Weinmann hingegen legte auf die Ausstattung ihrer Wohnung sehr viel Wert. Sie wird sich beim Umzug die Frage gestellt haben, wie sie ihr neues Zimmer im Pflegeheim einrichten kann – welche ihrer Poster kann sie mitnehmen, welche ihrer liebgewonnenen Möbel muss sie verkaufen oder verschenken?

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Kapitel 1

Diese Situation ist besonders für an Demenz erkrankte Menschen schwierig. Sie verstehen häufig den Sinn des Umzugs nicht mehr. Sie kennen sich in der neuen Umgebung nicht mehr aus, finden die Toilette nicht, erkennen ihr Zimmer nicht als ihr eigenes. Die Bäckerei ist nicht mehr da, wo sie zuvor war, das Café „Parisien“ ist plötzlich unerreichbar. Da ist es nicht verwunderlich, dass ein dementer Mann einen Betreuungsassistenten des Diebstahls beschuldigt, weil er seine Fotoapparate nicht mehr findet. Besonders im Bereich der materiellen Umwelt haben Betreuungsassistenten maßgeblichen Einfluss auf die Lebensqualität alter, demenziell erkrankter Menschen. Sie können darin unterstützen, anonyme Zimmer in individuelle, „heimelige“ Wohnungen zu verwandeln. Mit geeigneten, an die Biografie der Bewohner angelehnten Beschäftigungsmöglichkeiten kann so etwas wie „Alltag“ im Pflegeheim hergestellt werden. Verschiedene Übungen und Hilfen können dazu dienen, dass sich demenziell erkrankte Menschen in ihrer Umgebung besser zurechtfinden. In den weiteren Kapiteln wird darauf näher eingegangen.

2.2  Personale Umwelt Mit zunehmendem Alter verändert sich die personale Umwelt immer stärker. Es ändern sich also die Menschen, die einen für gewöhnlich umgeben. Die Biografie eines Menschen mit Demenz könnte etwa so aussehen: � Kinder ziehen aus dem Elternhaus aus, � die eigenen Eltern versterben, � Verrentung (Verlust der Arbeitskollegen), � Tod des Ehegatten, � Sterben von Freunden und Bekannten, � Gebrechlichkeit (Vereine können nicht mehr besucht werden), � Einzug in ein Pflegeheim.

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Mit dem Einzug in ein Pflegeheim hat die Veränderung der personalen Umwelt ihren Höhepunkt erreicht. Ein Altenpflegeheimbewohner ist im Prinzip 24 Stunden am Tag von professionellem Personal umgeben wie: � Betreuungsassistenten, � Pflegepersonal, � Reinigungspersonal, � Servicehelfern, � Küchenpersonal, � Mitarbeitern der Verwaltung, � Ärzten, � Therapeuten, � Sozialarbeitern.

Auf den Wohn- bzw. Pflegebereichen leben je nach Größe bis zu 30 Bewohner, die zudem teilweise auch Besuch von Angehörigen bekommen. Eventuell teilt man sich sogar ein Zimmer mit einem anderen alten Menschen. Günther Schmidt, Elisabeth Hoffmann und Eleonore Weinmann haben in den Jahren vor ihrem Heimeinzug in völlig anderen Konstellationen gelebt. Mit zunehmendem Alter und Gebrechlichkeit hat sich ihr persönliches Umfeld stark verändert. Mit einem Einzug in ein Pflegeheim ändert es sich noch einmal. Zum einen droht ein Verlust von Intim- und Privatsphäre, zum anderen besteht die Möglichkeit, eine Vielzahl neuer Kontakte zu knüpfen. Aufgabe von Betreuungsassistenten ist, Bewohner dabei zu unterstützen, in ihrem neuen Lebensumfeld soziale Kontakte zu finden. Die vorgestellten Biografien bieten viele Anknüpfungspunkte für gezielte Einzel- oder Gruppenaktivierungen, um Herrn Schmidt, Frau Hoffmann und Frau Weinmann in die Hausgemeinschaft zu integrieren. Gemeinsame Mahlzeiten sind für das Zusammenleben im Wohnbereich

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Kapitel 1

sehr wichtig. Durch gezielte Sitzordnungen können Kontakte geknüpft und Beziehungen gestaltet werden.

3  Lebenswelt Heim gestalten Wie bereits angedeutet, haben Betreuungsassistenten die große Chance, die „Lebensumwelt Heim“ gerade für demenziell erkrankte Menschen positiv zu beeinflussen. Hierzu ist es unter anderem unerlässlich, sich mit der Lebensgeschichte der dementen Menschen zu beschäftigen. Biografiearbeit wie Milieugestaltung liefern hierfür wichtige Ansätze.

3.1  Biografiearbeit Mit den Methoden der Biografiearbeit wird versucht, über die Lebenserfahrung eines Menschen einen Zugang sowie Verständnis für seine Persönlichkeit zu gewinnen. Ziele der Biografiearbeit sind: €€ leichteres Kennenlernen und Einleben, €€ Schaffung von Vertrauen, €€ passende Gestaltung der Umgebung, €€ Herausfinden von Beschäftigungsmöglichkeiten, €€ Erhöhung der Bereitschaft des alten Menschen mitzuarbeiten, €€ Abbau von herausforderndem Verhalten und depressiven Verstimmungen. Besonders wichtig ist es, im Rahmen der Biografiearbeit Grenzen älterer Menschen zu respektieren. Nicht jeder alte Mensch möchte über seine Erlebnisse im Krieg, Scheidungen oder den Verlust von Angehörigen sprechen. Solche Tabuthemen gilt es zu respektieren. Hierzu ist Offenheit, Wertschätzung und

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Interesse an seinen Geschichten und seinem Erleben notwendig, jedoch keine aufdringliche Neugierde. Methoden der Biografiearbeit: €€ Einzelgespräche, auch mit Angehörigen oder Freunden, €€ Fotoalben, alte persönliche Bilder, €€ alte Filme und Musik, Volkslieder, Schlager, €€ vertraute Möbel, Gegenstände aus der alten Wohnung, €€ Beachtung alter Gewohnheiten und Rituale, Essenszeiten, Sonntagskaffee, das Glas Wein nach dem Abendessen. Folgende Stationen könnten im Leben eines Menschen wichtig gewesen sein: Kindheit und Schulzeit, Berufsleben, Heirat und Geburt der Kinder, Urlaubsreisen und spezielle Hobbys, die Geburt von Enkelkindern, negative Erlebnisse wie Kriege, der Verlust von Angehörigen oder die eigene zunehmende Gebrechlichkeit.

3.2  Möglichkeiten der Milieugestaltung Das oberste Ziel der Milieugestaltung ist es, in Pflegeeinrichtungen eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich der Pflegebedürftige heimisch fühlt. Mit Milieu ist hier die Gestaltung des sozialen Umfelds gemeint, in dem ein Mensch lebt und das ihn prägt. Besonders wichtig ist hierfür: ~~ eine positive Beziehung zwischen Bewohner und Betreuungsassistent, ~~ Gestaltung der Umgebung, ~~ der Bezug zur Biografie der Bewohner. Konstante Bedingungen in ihrer Umgebung sind gerade für die Hauptzielgruppe der Betreuungsassistenten – an Demenz erkrankte Menschen – not-

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wendig. Damit sie ihre Fähigkeiten so lange wie möglich bewahren können, sind konstante Bedingungen nicht nur für körperliche und wirtschaftliche Sicherheit, sondern vor allem für soziale Sicherheit gefragt. Gerade hier liegt ein wichtiger Aufgabenbereich für Betreuungsassistenten: demenziell erkrankten Menschen verschiedenster Schweregrade das Gefühl zu vermitteln, sich zu Hause sicher und wertgeschätzt zu fühlen. Einiges davon wurde schon angesprochen, beispielsweise die Frage nach der persönlichen Gestaltung des Bewohnerzimmers. Darüber hinaus sind folgende Punkte ebenso von Bedeutung: � die barrierefreie Einrichtung der Räumlichkeiten, � gute Orientierungshilfen, damit sich die Bewohner zurechtfinden, � jahreszeitliche Gestaltung der Räumlichkeiten, � die Beachtung von Ritualen wie Mittagschlaf oder Spaziergänge.

Fallbeispiel Bei der Milieugestaltung sollte darauf geachtet werden, ob und wie die einzelnen Bewohner Einfluss auf die Gestaltung beziehungsweise den Wechsel ihrer Umgebung haben. Während Herr Schmidt und Frau Hoffmann noch die Möglichkeit haben, ihre Aufenthaltsorte zu wechseln, bleibt Frau Weinmann diese Möglichkeit verwehrt. Sie sieht, hört, riecht, fühlt und schmeckt nur noch das, was ihr durch Betreuungsassistenten, Pflegekräfte und andere angeboten wird. Sie hat keine Möglichkeit, das Radio oder den Fernseher einoder auszuschalten. Sie kann kein schönes Bild an die Wand hängen. Wenn das Fenster zu lange geöffnet ist, friert sie, wird nicht gelüftet, riecht es in ihrem Zimmer nicht gut. Liegt sie in ihrem Bett, ist sie möglicherweise für viele Stunden alleine. Achtsame Betreuungsassistenten können Menschen wie ihr zu deutlich mehr Lebensqualität verhelfen:

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Lebenswelt Heim

~~ das Radio gezielt als Reiz, nicht als Dauerberieslung nutzen, ~~ das Zimmer schön und persönlich gestalten, ~~ Raumtemperaturen anpassen, ~~ immer wieder kurz besuchen, ~~ Geschmacksnerven durch bevorzugte Speisen anregen. Elisabeth Hoffmann hingegen verbringt viel Zeit in den Aufenthaltsräumen des Heims. Da ihre Demenz weiter voranschreitet, ist sie zunehmend zeitlich desorientiert. Große Uhren, gut lesbare Kalender und jahreszeitlicher Schmuck können ihr wieder mehr Halt und Orientierung geben. Ein Weihnachtsstern am Fenster zeigt ihr beispielsweise, dass Weihnachtszeit ist, Zierkürbisse auf dem Tisch weisen auf die Erntezeit hin. Sitzordnungen in den Aufenthaltsräumen können ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Milieugestaltung leisten. Vielen alten Menschen ist ihr persönlicher Sitzplatz sehr wichtig. Es gibt ihnen Sicherheit zu wissen, dass er immer für sie frei ist. Doch auch hier stellt sich die Frage, wie ist mit den Menschen umzugehen, die ihren Platz nicht mehr ohne Hilfe verlassen können. Häufig sitzen Pflegeheimbewohner über Stunden gemeinsam am Tisch und es wird kaum geredet. Dieser Situation können sie nicht entfliehen. Hier sollten Betreuungsassistenten: � für Reizpunkte sorgen (10 Minuten Aktivierung), � zu Spaziergängen anregen, � Rollstuhlfahrer an die frische Luft oder ein Fenster bringen, � Gespräche führen/Erinnerungsarbeit leisten, � besonders hilfsbedürftige Menschen so stellen, dass man sie immer im Blick hat und gezielt unterstützen kann.

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Übungsaufgaben Kapitel 1 ~~ Definieren Sie die Begriffe „materielle Umwelt“ und „personelle Umwelt“. Welche Gestaltungsmöglichkeiten kennen Sie? ~~ Was wird unter dem Begriff „Biografiearbeit“ verstanden und wie lässt sich Biografiearbeit gestalten? ~~ Definieren Sie den Begriff „Milieu“ und nennen Sie weitere Möglichkeiten der Milieugestaltung für Eleonore Weinmann, Elisabeth Hoffmann und Günther Schmidt.

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2   Demenz – ein Leben im Augenblick

Betreuungsassistenten arbeiten mit demenziell erkrankten Menschen. In Deutschland sind derzeit etwa 1,1 Millionen Menschen von Demenz betroffen; davon leiden die meisten – ungefähr zwei Drittel – an der Alzheimer Demenz. Jedes Jahr erkranken ca. 250 000 Menschen neu. Demenzerkrankungen werden mit zunehmendem Alter immer häufiger. 60 Prozent der Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Demenz leben in Privathaushalten. Eine Demenz ist eine chronisch voranschreitende Erkrankung des Gehirns, die mit dem Verlust früher erworbener Fähigkeiten einhergeht. Das heißt, heutzutage kann eine Demenzerkrankung weder geheilt, noch in ihrem Fortschritt gestoppt werden. Wichtig zu wissen: Zuerst ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Dinge, die gerade geschehen sind, können nicht mehr in das Langzeitgedächtnis abgespeichert werden. Erinnerungen, die schon länger zurückliegen, bleiben dagegen noch lange erhalten.

1  Formen von Demenz Häufig wird im Zusammenhang mit Demenzen verallgemeinernd von „Alzheimer“ gesprochen. Alzheimer ist jedoch nur eine von mehreren Demenzarten. So gibt es beispielsweise die ~~ Alzheimer Demenz (ca. 60% der Betroffenen), ~~ Vaskuläre Demenz (verursacht durch Durchblutungsstörungen),

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Kapitel 2

~~ das Korsakow- Syndrom (als Folge langen Alkoholmissbrauchs). ~~ Lewy-Körperchen-Demenz (eine mögliche Folge der Parkinson Erkrankung). Eine demenzielle Erkrankung kann in drei Schweregrade eingeteilt werden. Günther Schmidt leidet momentan an einer leichten Demenz, Elisabeth Hoffmann an einer mittelschweren Demenz und Eleonore Weinmann an einer schweren Demenz. Da die Demenz heute noch nicht geheilt werden kann, durchlaufen Erkrankte in der Regel alle drei Phasen der Krankheit. Das bedeutet auch für Herrn Schmidt, dass die Symptome der mittleren und schweren Demenz auf ihn zukommen werden. Zu den genannten Symptomen der Demenz kommen zusätzlich typische Verhaltensänderungen, die sowohl die Demenzkranken als auch ihre Angehörigen sowie das Pflege- und Betreuungspersonal vor eine große Herausforderung stellen. Je nach Schweregrad der Demenz leidet der Betroffene an unterschiedlich stark ausgeprägten Symptomen: Symptome der Demenz nach Schweregrad Leicht

Mittel

Schwer

• Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses • leichte Orientierungsstörungen • komplexe Tätigkeiten können nicht mehr ausgeführt werden • Antriebsarmut • zieht sich häufig über Jahre • Betroffene benötigt oft wenig Betreuung

• Symptome der leichten Demenz und zusätzlich: • einfache Tätigkeiten werden zum ­Problem (Toilettengang, Waschen…) • starke Orientierungs­ störungen • Sprachschwierigkeiten • Verhaltensauffälligkeiten • hoher Hilfebedarf

• Symptome der mittleren Demenz und zusätzlich: • einfache Tätigkeiten werden zum Problem • Langzeitgedächtnis lässt nach • Personen werden nicht mehr erkannt • Sprachvermögen verschlechtert sich weiter • Pflegebedürftigkeit • ständige Versorgung notwendig

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Demenz – ein Leben im Augenblick

Die Hauptsymptomatik der Demenz betrifft die Orientierungsstörungen. Die Orientierung eines Menschen kann auf vier Ebenen gestört sein: €€ zeitlich: Der Erkrankte weiß nicht, wie viel Uhr es ist, welcher Tag, welcher Monat, welches Jahr… €€ räumlich: Der Erkrankte weiß nicht, wo er sich befindet, €€ situativ: Der Erkrankte kann die Situation nicht mehr einschätzen, beispielsweise sitzt er im Speisesaal des Pflegeheims, denkt jedoch, gerade in einem Gottesdienst zu sein, €€ persönlich: Der Erkrankte erkennt nahe Angehörige, möglicherweise auch sich selbst nicht mehr.

2  Typische Verhaltensänderungen Aus den einleitenden Biografien lassen sich bereits einige typische Verhaltensänderungen Demenzkranker herauslesen. So zieht sich Herr Schmidt von seinem Freundes- und Bekanntenkreis zurück und zeigt depressive Verstimmungen, Elisabeth Hoffmann verdächtigt andere, ihr Dinge gestohlen zu haben, die sie jedoch selbst verlegt hat oder aber schon lange nicht mehr besitzt. Zu diesen typischen Verhaltensänderungen gehören: � Rückzug vom Freundes- und Bekanntenkreis, � depressive Verstimmungen, � nächtliches Umherwandern, � Unruhe/Angst, � herausforderndes Verhalten.

Eine Demenzerkrankung verläuft immer individuell und ist von der jeweiligen Persönlichkeit der erkrankten Person geprägt. Gemeinsam ist

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allen Verhaltensveränderungen, dass sie aus der Sicht der Erkrankten absolut schlüssig sind. Es ist daher nie zielführend, an Demenz erkrankte Menschen vom Gegenteil zu überzeugen; das heißt sie auf der Ebene der Logik anzusprechen.

2.1  Möglichkeiten des Umgangs mit den Verhaltensänderungen Die Möglichkeiten des Umgangs mit Verhaltensänderungen demenziell erkranker Menschen sind vielfältig. Was bei einem Menschen hilft, muss noch lange nicht bei jedem hilfreich sein. Wichtig ist es, jeden demenziell erkranken Menschen als ein eigenständiges Individuum zu betrachten, für dessen Betreuung es kein Patentrezept gibt. Günther Schmidt zum Beispiel war Zeit seines Lebens ein aktiver, geselliger Mensch, der nun mitansehen muss, wie er immer abhängiger und hilfebedürftiger wird. Rückzugsverhalten Rückzugsverhalten wie es Günther Schmidt zeigt, kann mehrere Funktionen haben. Einerseits schützt der Rückzug in einen sicheren, bekannten Raum vor Überforderung durch ständig neue Situationen, andererseits kann es ein Versuch sein, nicht „sein Gesicht zu verlieren“. Das heißt, der Rückzug gibt ihm Sicherheit – niemand merkt, wie hilflos er geworden ist. Aus dieser Perspektive ist es verständlich, dass Herr Schmidt sein Zimmer nicht verlassen will. Darum sollten Betreuungsassistenten diesen Wunsch nach Rückzug auch respektieren und nur langsam versuchen Günther Schmidt aus seiner drohenden Isolation zu helfen. Ansätze dazu bieten seine Biografie und die Möglichkeiten der Einrichtung. Depressive Verstimmungen Depressive Verstimmungen gehen oft mit dem oben beschriebenen Rückzugsverhalten einher. Sie können als eine normale Reaktion des Erkrankten

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auf den fortschreitenden Verlust seiner Fähigkeiten betrachtet werden. Noch ein Blick auf Günther Schmid: Er war in der Vergangenheit sehr aktiv, hat verschiedene Vereine unterstützt und war mit dem Auto viel unterwegs. Heute ist seine Lebenswelt auf ein kleines Zimmer im Altenpflegeheim reduziert, seine Autoschlüssel findet er nicht mehr. Neben den vielen Möglichkeiten, die Betreuungsassistenten haben, demenziell erkranken Menschen über depressive Verstimmungen hinwegzuhelfen, sollte eines nicht außer Acht gelassen werden: Depressive Verstimmungen sind keine normalen Alterserscheinungen und sollten im Bedarfsfall medizinisch behandelt werden.

Nächtliches Umherwandern Viele demenziell erkranke Menschen weisen im Alltagsrhythmus eine sogenannte Tag-Nacht-Umkehr auf; das bedeutet, sie sind tagsüber müde und schlafen viel, während sie nachts wach und aktiv sind. In vielen Pflegeeinrichtungen stellt dies ein Problem dar, da nachts deutlich weniger Personal vorhanden ist. Hier gibt es Wege, wie Betreuungsassistenten den Pflegebedürftigen helfen und diesem Phänomen begegnen können. Besonders geeignet sind auch hier Beschäftigungsmaßnahmen, die sich auf die Biografie der betreffenden Menschen beziehen. Beim nächtlichen Umherwandern haben Betreuungsassistenten folgende Möglichkeiten: €€ aktive Beschäftigung am Tag fördern, €€ das Schlafen tagsüber vermeiden und später zu Bett gehen (Nachtcafés…), €€ körperliche Betätigung am Tag unterstützen (Spaziergänge…),

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Kapitel 2

€€ für Sicherheit bei nächtlichem Wandern sorgen (Licht im Flur und Toilette, gute Schuhe…), €€ abends eine beruhigende Massage oder eine warme Milch, €€ eine angenehme Schlafatmosphäre schaffen. Unruhe/Angst Die Situation von demenziell erkrankten Menschen gibt viel Anlass, an Unruhe und Angst zu leiden. Wenn beispielsweise Eleonore Weinmann im Bett liegt, hat sie keine Kontrolle mehr darüber, wer ihr Zimmer betritt und wer nicht. Manchmal wacht sie nachts auf, dann steht ein weiß gekleideter Mann, den sie nicht kennt, neben ihrem Bett. Elisabeth Hoffmann wurde schon zweimal von der Polizei nach Hause gebracht, immer wieder erfährt sie aufs Neue, dass ihr Ehemann verstorben ist. Innere Unruhe hingegen treibt Herrn Schmidt dazu, nachts durch die Flure des Pflegeheims zu wandern. Dabei vergisst er möglicherweise, warum er überhaupt aufgebrochen ist, wohin er wollte und wie er wieder zurückkommt. Auf einfühlsame Betreuung sind demenziell erkrankte Menschen in solchen Situationen besonders angewiesen. In Unruhe- und Angstsituationen sollten Betreuungsassistenten: €€ sich immer namentlich vorstellen und darüber informieren, was sie tun, €€ Bewohnerzimmer nie betreten ohne sich vorher bemerkbar zu machen, €€ demente Menschen soweit wie möglich in ihre Handlungen miteinbeziehen, €€ ruhige Gespräche anbieten, €€ sich Unterstützung bei Fachkräften einholen, €€ versuchen die Perspektive der dementen Menschen einzunehmen, €€ für körperliches Wohlbefinden sorgen (eine Decke oder ein Getränk anbieten, Sitzplatz…).

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Herausforderndes Verhalten Viele der Verhaltensweisen demenziell Erkrankter erfordern von den betreuenden Personen ein hohes Maß an Geduld. Es kann vorkommen, dass Betreuungsassistenten von demenziell erkrankter Menschen beschimpft werden, dass auf gutgemeinte Maßnahmen aggressiv reagiert wird oder dass Betreuungsassistenten von Menschen mit Demenz beschuldigt werden, sie bestohlen zu haben. Im Extremfall werden sie sogar geschlagen. Hier ist es sehr wichtig und hilfreich, sich immer wieder in die Situation der an Demenz erkrankten Person zu versetzen. Wer würde nicht wütend reagieren, wenn er zum zehnten Mal an einem Tag seine Autoschlüssel sucht? Wer würde nicht hektisch, wenn bei dringendem Harndrang weit und breit keine Toilette zu finden ist? Selbstverständlich sucht Elisabeth Hoffmann Schuldige, wenn sie das Gefühl hat, ihr verschwinden ständig wertvolle Gegenstände. Und es ist nachvollziehbar, dass Eleonore Weinmann zutiefst erschrickt und abwehrend reagiert, wenn plötzlich Menschen neben ihrem Bett stehen, die sie nicht erkennt. Bei herausforderndem Verhalten sollten Betreuungsassistenten: €€ das herausfordernde Verhalten nicht persönlich nehmen, €€ es nicht auf Konfrontationen ankommen lassen (Es geht nicht darum, wer Recht hat!), €€ immer ins Gesichtsfeld des Menschen mit Demenz treten, ihn nicht von hinten oder der Seite ansprechen, €€ auf die eigene Sicherheit achten und einen Fluchtweg offen halten, €€ sehr geduldig sein, €€ nicht auf Anschuldigungen eingehen, da die andere Person nicht auf einer rationalen Ebene reagieren kann.

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3 Angehörigenarbeit Wenn Menschen an einer Form der Demenz erkranken, betrifft dies immer auch ihre Familie. Pflegende Angehörige gehen im Verlauf der Krankheit durch ein Wechselbad von Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ärger, Wut, Trauer und Verzweiflung. Daneben müssen sie ganz praktische Herausforderungen bewältigen. Die Pflege des Ehemanns, der Ehefrau oder der Eltern nimmt viel Zeit, Kraft und Nerven in Anspruch. Den geliebten, einst so starken Menschen an den Folgen dieser Krankheit leiden zu sehen, stellt eine enorme psychische Belastung dar. Den Angehörigen 24 Stunden am Tag zu betreuen und zu beaufsichtigen, erfordert ein hohes Maß an Aufopferung. In vielen Fällen leidet unter diesen Belastungen nicht nur das Privat-, sondern auch das Berufsleben. Wird die Belastung dann so groß, dass der oder die Angehörige mit Demenz in einem Pflegeheim versorgt werden muss, kommen oft noch Schuldgefühle hinzu. Betreuungsassistenten haben hier mehrere wichtige Funktionen. Sie können den Angehörigen Verständnis für ihre schwierige Lage entgegenbringen, denn sie kennen die Belastungen, die die Pflege von demenziell erkrankten Menschen mit sich bringt. Deshalb haben sie die wichtige Chance, den Angehörigen zum einen wertschätzend zu begegnen und sie zum anderen als eine wichtige Ressource für ihre Arbeit wahrzunehmen. Im Rahmen der Biografiearbeit können Angehörige wichtige Informationen liefern, sodass herausfordernde Verhaltensweisen der Erkrankten besser nachvollzogen werden können. Darüber hinaus können Betreuungsassistenten Angehörige beispielsweise beim Essen reichen einbeziehen. Das ist nicht nur eine Entlastung für die Betreuungsassistenten selbst, es bietet sowohl den Erkrankten als auch den Angehörigen eine Möglichkeit der Beziehungspflege und Nähe. Den Angehörigen wird zusätzlich das Gefühl vermittelt, gebraucht zu werden.

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Demenz – ein Leben im Augenblick

Übungsaufgaben Kapitel 2 ~~ Welche typischen Verhaltensänderungen kennen Sie im Zuge einer demenziellen Erkrankung? ~~ Benennen Sie die Symptome der Demenz nach Schweregrad. ~~ Welche Möglichkeiten gibt es, auf depressive Verstimmungen von Bewohnern zu reagieren? ~~ Wie sollten Betreuungsassistenten reagieren, wenn sie auf einen unruhigen/ängstlichen Bewohner zugehen? ~~ Welche weiteren Gründe kennen Sie, die dazu führen, dass Bewohner sich von der Gemeinschaft zurückzuziehen? ~~ Sammeln Sie weitere Ideen, wie Sie Angehörige in Ihre Arbeit mit einbeziehen können.

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3   Professionell Betreuen „Alles Leben ist Begegnung“ – Martin Buber

1  Begegnung von Mensch zu Mensch – Einzelbetreuung Jeder Mensch ist einzigartig, mit einer eigenen Geschichte, eigenen Prägungen und einzigartigen Fähigkeiten – mit all seinen Ecken und Kanten. Auch wenn diese Tatsache auf den ersten Blick einfach klingt und selbstverständlich erscheint, ist gerade diese Individualität in der Betreuung und Begleitung eine große Herausforderung, denn es bedeutet sich ganz auf den anderen einzulassen. Es gibt kein universelles Rezept, aber immer eine Vielfalt an Möglichkeiten, wie Betreuung gestaltet werden kann. Was gestern gelungen ist, kann heute das Falsche sein. Denn Menschen mit Demenz leben im Augenblick. Es erfordert persönliche Präsenz, Offenheit, aber auch Kreativität, Spontanität und manchmal Mut, diesen Augenblick zu gestalten. Betreuung kann hier zur Begegnung werden. Begegnung mit dem Leben, das jemand gelebt hat und mit der Person, die jemand jetzt ist – geprägt von Ereignissen, Schicksalsschlägen und Höhepunkten. Die im Folgenden beschriebenen Aktivitäten unterscheiden sich bewusst von den sonst gängigen Gruppenangeboten in Pflegeheimen. Auch eine Gymnastikrunde oder ein Singkreis sowie jahreszeitliche Feste haben ihre Berechtigung. Einzelbetreuungen und Alltagsgestaltung sind jedoch wichtige Ergänzungen zu Gruppenangeboten. Einzelbetreuung braucht die bewusste Entscheidung, sich auf die Begegnung mit dem einzelnen Menschen einzulas-

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sen und ihn zu akzeptieren. Darüber hinaus ist Einzelbetreuung eine Chance für all jene, die mit den klassischen Gruppenangeboten überfordert sind oder an diesen nicht teilnehmen möchten.

1.1  Ein Blick in die Lebensgeschichte – Biografiearbeit Die Biografie ist wie ein Puzzle aus vielen kleinen Erlebnissen. Im Vordergrund steht jedoch, wie ein Mensch die geschichtlichen Ereignisse und persönlichen Eckdaten in sein Leben eingeordnet hat. Dieses Wissen können Betreuungsassistenten zum Beispiel in einem gemeinsamen Gespräch erfahren oder auch beim gemeinsamen Anschauen eines Fotoalbums. Diese persönlichen Puzzleteile sind in der Regel nicht nur Daten und Fakten, sondern bestehen vor allem aus Empfindungen, individuellen Deutungen und Bewertungen. Betreuende begegnen Menschen in ihrem „Gewordensein“ und es gilt immer wieder in der Begegnung etwas aus der früheren Lebensgeschichte spürbar werden zu lassen. Dabei hilfreich sind Gegenstände und Materialien, die Erinnerungen fördern. Sie sind wie Schlüssel zu einem Menschen. Alle Sinne – Schmecken, Riechen, Hören, Fühlen und Sehen – können dazu beitragen, mehr über den zu betreuenden Menschen zu erfahren. Beispiele zu Persönlichkeiten, die Betreuenden begegnen können ~~ die Hausfrau und Mutter von sechs Kindern, ~~ die Pianistin, die heute noch Fingerübungen am Tisch macht, ~~ der Chef einer kleineren Schreinerei, der es gewohnt ist, Anordnungen zu erteilen, ~~ der Bäcker, der jahrelang aufgestanden ist, wenn andere schliefen, ~~ die Lehrerin, die immer alleine vor einer ganzen Klasse stand, ~~ der Goldschmied, der filigrane Arbeiten und Schönheit liebt,

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~~ die OP-Schwester, die dem Chirurgen zur Seite stand, ~~ der Beamte, für den Pünktlichkeit ein hoher Wert ist, ~~ der Abteilungsleiter einer Firma, der eine Schar von Mitarbeitern leitete. Betreuungsassistenten können gewisse Grundkenntnisse über die zu betreuende Person in aller Regel aus dem Biografiebogen der Dokumentation erfahren. Hier sind die wichtigsten Eckdaten des Lebens festgehalten. Eckdaten, die meist im Biografiebogen zu finden sind: €€ War jemand verheiratet oder nicht? €€ Kommt er aus einer großen Familie? €€ Welchen Beruf übte jemand aus? €€ In welcher Zeit erlebte er seine Kindheit (Kriegszeit, wirtschaftlicher Aufbau)? €€ Wo lebt der Partner? Wann ist er gestorben? €€ Wie viele Kinder hat jemand? €€ Manchmal sind dort auch Interessen (Hobbys) festgehalten. Diese Grundkenntnisse sollten durch allgemeine Geschichtskenntnisse angereichert werden – hilfreiche Fragen können sein: ~~ Wann war Krieg? ~~ Wie dachte man in dieser Zeit, z.B. kurz nach dem Krieg? ~~ Welche Musik war angesagt, als die Bewohnerin eine junge Frau war? ~~ Welche Mode wurde im Lauf der Jahre getragen? ~~ Welche Literatur war beispielsweise in den 60er Jahren angesagt? ~~ Wie waren die Rollenbilder von Mann und Frau nach 1968? ~~ Wie lebte man auf dem Land? Wie lebte man in der Stadt?

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Fallbeispiel Günther Schmidt hat früher bei Bosch gearbeitet. Um mit ihm über seine berufliche Vergangenheit ins Gespräch zu kommen, kann gemeinsam eine alte Unternehmenszeitschrift („Der Zünder“) durchgeblättert werden. Betreuungsassistenten sollten in dieser Situation ehrliches Interesse zeigen können, zum Beispiel indem sie Fragen zur Zeitschrift stellen und Herrn Schmidt damit das Gefühl geben, dass er ihnen etwas erklären kann. Damit ist eine erste Grundlage für das Gespräch geschaffen. Typische Fragen könnten lauten: Wie viele Personen gehörten zu Ihrer Abteilung? Was denken Sie, wie dachten wohl ihre Kollegen über Sie, Herr Schmidt? Wie fühlten Sie sich als Chef? Erzählt Günther Schmidt bereitwillig, ist davon auszugehen, dass er das Interesse an seinem früheren Berufsleben genießt. Für Betreuungsassistenten bieten solche Gespräche eine wertvolle Möglichkeit, mehr über das Leben der zu betreuenden Person zu erfahren. Im besten Fall können später Verhalten und Reaktionen von Herrn Schmidt besser eingeordnet werden. Darüber hinaus können aus dem Gespräch weitere Impulse für Beschäftigungs- und Betreuungsangebote hervorgehen.

1.2  Normalität in der Institution Obgleich viele Pflegeheime damit werben, dass sie ein Zuhause für ältere Menschen sind, bleiben sie dennoch Institution. Menschen können sich dort wohlfühlen, das steht außer Frage, aber viele Dinge, die das eigene Zuhause ausmachen, sind im Pflegeheim nicht möglich. Der Alltag in einem Pflegeheim ist oft fremdbestimmt. Gewisse strukturelle und organisatorische Zwänge ermöglichen an vielen Stellen keinen Freiraum. Umso wichtiger ist es, Menschen so viel Selbstbestimmung wie möglich zurückzugeben. Menschen in einer Einrichtung benötigen Normalität, das heißt, dass das Pflegeheim als Institution in den Hintergrund treten und für Bewohner nicht mehr spürbar sein sollte. Diese Entwicklung in der Altenpflege basiert auf

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der Erkenntnis, dass Normalität wohltuend und vielleicht sogar heilsam für Bewohner ist. Normalitätsprinzip Im Lauf ihrer Sozialisation entwickeln Menschen ein inneres Bild für normales Handeln und Verhalten. Insbesondere Menschen mit Demenz greifen auf diese von ihnen erlernten Normen und ihre über Jahre hin eingeübten Verhaltens- und Handlungsweisen zurück. Sie finden in ihren erlernten und eingeübten Lebensmustern Sicherheit, Stabilität und Halt. � Wie tritt man mit anderen Menschen in Beziehung? � Wie und womit beschäftigt man sich? � Wie und was isst man? Und wann? � Wie kleidet man sich zu welchen Anlässen? � Worin sieht man den Sinn des Lebens?

Diesen Lebensgewohnheiten, d.h. den erlernten Lebensmustern, soll in der Betreuung Raum gegeben werden, um dadurch im besten Fall ein Stück Persönlichkeit zu reaktivieren. Zur Normalität des Lebens gehört es jedoch auch, dass Menschen im Alter manches nicht mehr mögen – das muss respektiert werden. So kann es beispielsweise sein, dass jemand, der ein Leben lang für die Familie gerne kochte, es nun im Alter genießt, nicht mehr kochen zu müssen. Deshalb sollte sich die biografische Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen des Hier und Jetzt orientieren. Beispiel 1 Günther Schmidt: Der Abteilungsleiter bei Bosch im Werk Feuerbach hatte eine gute Position. Eine Position, in der es „normal“ war anzuordnen, vorzu-

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Kapitel 3

stehen, zu führen und zu leiten. Sein Beruf ermöglichte es ihm, regelmäßig in Italien Urlaub zu machen, was er mit positiven Erinnerungen verknüpft. Beispiel 2 Elisabeth Hoffmann: Die gute, schwäbische, pragmatische Hausfrau mit Sinn für Ordnung hatte fünf Kinder. Sparsamkeit war für sie „normal“ und angebracht. Sie jammerte nicht, sondern nahm das Leben, wie es kam. Ordnung und Fleiß waren ihr Antrieb. Der Alltag bestand für Frau Hoffmann darin, sich um ihre Kinder zu kümmern, den Haushalt zu organisieren, zu kochen und zu backen.

1.3  Den Alltag im Pflegeheim gestalten Alltäglichkeit kann Ruhe und Sicherheit vermitteln. Aufgrund von Erkrankungen und Einschränkungen müssen jedoch viele alltägliche Tätigkeiten den Bewohnern eines Pflegeheims abgenommen werden. Andere alltägliche Dinge wiederum geschehen als feste Abläufe in der Institution, obwohl sie einzelnen Bewohnern noch möglich wären – so beispielsweise die Zubereitung von Mahlzeiten oder das Decken des Tisches. Hier ist es Aufgabe der Betreuungsassistenten, den Bewohnern ein Stück Alltäglichkeit zurückzugeben: Den Alltag im Pflegeheim so zu gestalten, dass kleinere Anregungen Lebensfreude ermöglichen. Ideen für die Einzelbetreuung ~~ ein Kreuzworträtsel zusammen lösen und die Lösung einsenden, ~~ abstauben, auch kleine Porzellanfiguren und anderen Nippes, ~~ Dinge sortieren und ordnen, ~~ gemeinsam aus dem Fenster schauen, ~~ beim Spaziergang einen Blumenstrauß sammeln und nachher in die Vase stellen,

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~~ zum Briefkasten gehen und selbst die Post holen, ~~ die Briefmarkensammlung anschauen, ~~ Fotoalben anschauen, ~~ zusammen auf dem Sofa sitzen und eine Tiersendung im Fernsehen anschauen, ~~ zusammen die Nachrichten im Radio anhören und darüber sprechen, ~~ Wäsche falten, ~~ eine Postkarte an die Enkel zum Geburtstag schreiben, ~~ einen Kuchen backen, weil die Tochter zu Besuch kommt, ~~ die Pflanzen auf dem Stockwerk miteinander gießen. Beispiel 1 Frau Hoffmann lebte für die Familie. Für sie könnte eine Einzelaktivierung bedeuten, dass sie Unterstützung dabei bekommt, eine Postkarte an ihre Söhne in den U.S.A. zu schreiben. Auf diese Weise bekommt Elisabeth Hoffmann die Möglichkeit, weiterhin Kontakt zu ihrer Familie zu halten, die sie aufgrund der Entfernung nur einmal im Jahr besuchen kommen kann. Sie tritt aus ihrer passiven Rolle heraus; das heißt, sie kann selbst handeln – muss nicht nur nehmen, warten und Besuch empfangen. Beispiel 2 Eleonore Weinmann: Ein Gespräch mit Frau Weinmann ist aufgrund der gesundheitlichen Situation nicht mehr möglich. Um dennoch an ihre früheren Gewohnheiten anzuknüpfen, könnte mit ihr gemeinsam bewusst Klaviermusik angehört werden. Am besten in einem anderen Raum. Jedes einzelne Klavierstück sollte angekündigt werden. Mit kleinen Pausen zwischen den einzelnen Klavierstücken kann eine Überforderung vermieden werden.

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1.4  Alltägliches Miteinander im Pflegeheim Gestaltung des alltäglichen Miteinanders im Pflegeheim bedeutet, sich innerlich zu öffnen für die kleinen Begegnungen von Mensch zu Mensch. Die Betreuenden sollen angeregt und durch Aktivitäten gefördern werden. Der Rahmen dafür kann von Betreuungsassistenten geschaffen werden. Soziale Berührungspunkte: ~~ den Nachbarn besuchen, um einer anderen Person zu begegnen, ~~ Fotos vom letzten Fest miteinander in ein Album kleben und zusammen anschauen, ~~ ein Rundgang durchs Haus, um anderen zu begegnen, ~~ für die kranke Mitbewohnerin auf dem Stockwerk einen Blumenstrauß pflücken und übergeben. Der englische Sozialpsychologe und Psychogerontologe Tom Kitwood konzentriert sich in seinem Modell und Denkansatz beim Thema Demenz stark auf die Interaktion von Pflegenden/Betreuenden und den ihnen anvertrauten Bewohnern. Er benennt vier Empfindungszustände, die Wohlbefinden fördern und entstehen lassen: ~~ das Gefühl etwas wert zu sein, ~~ das Gefühl etwas tun, etwas bewirken zu können, ~~ das Gefühl Kontakt zu anderen Menschen zu haben, dazuzugehören, ~~ das Gefühl von Sicherheit, Urvertrauen und Hoffnung. Beispiel Elisabeth Hoffmann pflückt mit der Betreuungsassistentin Blumen im Garten des Pflegeheims. Gemeinsam stellen sie die Blumen in eine Vase im Wohnzimmer mitten auf den Tisch, also an einen Ort, an dem sich alle Bewohner immer wieder treffen. Frau Hoffmann regt an, dass ein Deckchen

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untergelegt werden müsse, um den Tisch ein wenig zu schützen. Sie leiht ein solches bereitwillig aus ihrem Vorrat aus. Beim darauf folgenden Mittagessen an diesem Tisch erzählt sie von ihrem Spaziergang und eine Mitbewohnerin ist über die Blumendekoration sehr erfreut. Elisabeth Hoffmann kann damit zum einen das Gefühl vermittelt werden „etwas wert zu sein“, zum anderen kann sie sich so als Teil der Gemeinschaft wahrnehmen – sie konnte etwas für andere tun, sie hat etwas bewirkt, denn andere konnten sich an den Blumen erfreuen. Alle Teilaspekte dieser Aktivität fördern damit das Wohlbefinden der Bewohnerin.

1.5  Die Ressourcen nutzen Viele Bewohner hatten Hobbys oder haben Fähigkeiten, die bei der Gestaltung von Angeboten für die Gemeinschaft hilfreich sein können. Nutzt man diese Fähigkeiten, werden Menschen nicht nur betreut, sondern es entsteht ein Rahmen, in dem Bewohner auch handeln können. Es wächst das Gefühl nicht nur abhängig zu sein, sondern der Gemeinschaft etwas geben zu können, etwas bewirken zu können. Dies wird dann als sinnvolle Beschäftigung erlebt. Fallbeispiel Günther Schmidt lebt sehr zurückgezogen und hat kaum Kontakt zu anderen Bewohnern. Einen seiner Filme vorführen zu können, würde es Günther Schmidt ermöglichen, mit anderen Bewohnern in Kontakt zu sein, ohne direkt mit ihnen sprechen zu müssen. Gemeinsam mit der Frau von Herrn Schmidt könnte ein geeigneter Film ausgewählt werden – dieser sollte nicht zu persönlich sein. Die Betreuungsassistentin könnte anregen, Frau Schmidt ebenfalls zum Filmnachmittag einzuladen. Beim Einlegen des Films sollte Herr Schmidt unterstützen dürfen und damit zeigen, was er noch kann. Wenn er möchte, sollte er etwas zu seinem Film und über sein Hobby erzählen. Hieraus könnte im besten Fall ein Gespräch entstehen. Er fühlt sich in dieser Rolle

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wohl, da es seine Filme sind und für die Filmvorführung seine Unterstützung gefragt ist. Beides kann ihm Sicherheit und Wohlgefühl vermitteln.

2  Aroma-Handmassage und weitere alltagsbereichernde Anwendungen Demenziell erkrankte Menschen sind in der Regel nicht an den Verstandesfähigkeiten ihres Gegenübers interessiert. Psychische Harmonie wird hingegen erlebt, wenn respektvoll mit der zu betreuenden Person umgegangen wird. In erster Linie ist dies möglich durch Wahrnehmung und Anerkennung der noch vorhandenen Fähigkeiten. Von Demenz betroffene Menschen sind bis ins hohe Alter emotional berührbar und empfindsam. Diese Menschen auf einer emotionalen Ebene anzusprechen, erfordert von Betreuungsassistenten in gutem Kontakt mit der eigenen Gefühlswelt zu sein. Nur so kann Verbundenheit und im besten Falle Geborgenheit entstehen. Denn nichts ist für einen demenziell Erkrankten schöner, als von Menschen umgeben zu sein, die ihn und seine Bedürfnisse wahrnehmen – auch nonverbal, das heißt ohne Worte. Deshalb sind Wertschätzung und Genussangebote zentrale Elemente für ein positives Miteinander. Genüssliches in den Vordergrund zu stellen, bringt den zu Betreuenden wieder in Kontakt mit seiner eigenen Lebendigkeit. Eine geeignete Aktivität hierfür kann die Handmassage sein. Mit einer solchen Massage sollte keine Erwartungshaltung verbunden sein; sie dient einzig und allein der Verwöhnung der Hände – also der Gliedmaßen, die zeitlebens aktiv waren und viel geleistet haben. Im Vordergrund stehen hierbei zwei Motive: sich gehalten zu fühlen und genießen zu dürfen.

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Eine Demenz geht oftmals mit depressiven Verstimmungen einher, die sich auch in Form von Aggressionen zeigen können. Diese Befindlichkeiten gilt es ernst zu nehmen, weil sie das Lebensgefühl der betroffenen Person prägen. Es kann sehr entlastend sein, diese Gefühle in vertrauensvoller Umgebung ausdrücken zu können und sich trotzdem mit diesen Empfindungen angenommen und dadurch auch gehalten zu fühlen. Ein positiver Impuls wie eine Einladung zu einer Aroma-Handmassage kann dieses Gefühl vermitteln. Eine weitere Dimension der Handmassage ist der Aspekt des Genusses. Der Genuss unterstützt ein liebevolles Verhältnis zum eigenen Ich und ermöglicht ein situatives Gegengewicht zu all den Frustrationen, denen sich ein Mensch mit demenzieller Erkrankung im Alltag ausgesetzt fühlt. Genießen: €€ Genießen schenkt verunsicherten Menschen Geborgenheit und Freude. Es fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl und hat eine identitätsstärkende Wirkung, indem sich der zu Betreuende selbst spüren kann. €€ Genießen ermöglicht Wohlbefinden und Entspannung. Viele Menschen fühlen sich in diesem Moment nicht mehr dement oder in anderer Weise eingeschränkt. €€ Genießen eröffnet seelische Erlebnisräume, die Demenzbetroffene nicht nur in Kontakt mit ihrer Lebensfreude bringen können, sondern auch ganz konkret mit anderen Personen. Entspannte Gesichtszüge, im besten Falle sogar Freude, „verwandeln“ Gesichter und fördern Sympathie.

2.1  Geruchserfahrungen Forschungen aus den 1970er-Jahren zeigten erstmals, dass das Leibgedächtnis ein eigenständiges Gedächtnissystem darstellt, das Lebenssituationen

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oder Handlungen „körperlich“ oder zumindest „körperähnlich“ erinnert. Damit ist gemeint, dass der an Demenz erkrankte Mensch zum einen immer mehr von seinem Wissen und seinen Fähigkeiten vergisst; zum anderen jedoch „implizierte Gedächtniskerne“ erhalten bleiben. Diese „Samen“ im Unterbewusstsein können trotz Erkrankung immer noch aufgehen und im besten Falle „zum Blühen“ gebracht werden – wenn die Biografie des demenzbetroffenen Menschen bekannt ist. Das Leibgedächtnis besitzt das Vermögen plötzlich und unverhofft Erlebnisräume aus vergangener Zeit zu öffnen. Wie ein Geschmack können auch Gerüche Erinnerungen aufleben lassen, die sich normalerweise dem Zugriff entziehen. Auch bekannte Plätze aus der Vergangenheit (Kindheit), Stimmen und Melodien, die mit intensiven Erinnerungen einhergehen, können einen solchen Reiz (Stimulus) setzen. Beispiel Günther Schmidt kann mittels typischer Italiendüfte wie beispielsweise Basilikum-, Thymian-, Zitronen- oder Orangenduft zu angenehmen Urlaubserinnerungen angeregt werden. Eleonore Weinmann, die ein Stück Sahnetorte immer noch sehr schätzt, fühlt sich möglicherweise ebenfalls von Zitronenduft angezogen. Denn Zitronenaroma ist häufig in Torten zu schmecken. Elisabeth Hoffmann hingegen, eine engagierte Hausfrau, legte auf Sauberkeit Wert. Sie findet den Zitronenduft wahrscheinlich ebenfalls sympathisch, da er in vielen Putzmitteln vorkommt. Möglicherweise zeigt sich bei ihr ein Gefühl der Entspannung, weil der Geruch mit „getaner Arbeit“ assoziiert wird. Aus Unsicherheit nehmen viele demenziell erkrankte Menschen keinen Kontakt zu anderen Menschen auf. Hier ist es wichtig, mit wiederholten einladenden Angeboten selbst initiativ zu werden, insbesondere bei bettlägerigen Menschen. Mittels einer Aroma-Handmassage soll eine wohltuende

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Abwechslung in den Alltag gebracht werden. Eine Handmassage hat die Möglichkeit Brücken zu bauen, hin zu dem Menschen mit Demenz.

2.2  Spielend in der Gegenwart Erfolg, Effizienz und Ergebnisorientierung sind wichtige Qualitäten im beruflichen Alltag und in der (westlichen) Kultur. Betreuungsassistenten haben die Aufgabe, im Zusammensein mit demenzbetroffenen Menschen immer wieder die „anderen“ Werte zu verteidigen. Die Natürlichkeit von Zuneigung und Spiel, als Grundlagen des menschlichen Lebens, führt oft ein Schattendasein oder ist verloren gegangen. Doch sozialer Respekt und Selbstrespekt kommen nicht ohne diese Umgangsweisen aus. Denn Spielen heißt, ganz in der Gegenwart zu sein. Wird eine Aroma-Handmassage als Spiel betrachtet, können beide Beteiligten eine wohltuende Betreuungszeit erleben. Spielen ereignet sich, wenn man ganz anwesend ist in dem, was man tut. Dies wird in unserer Gesellschaft oft verneint, denn wir sind ständig gefordert, auf die Konsequenzen unserer Handlung und nicht auf die Handlung selbst zu achten. Spielen hingegen kennt keine Zukunftsgedanken. Es ist eine Tätigkeit, die ausschließlich um ihrer selbst willen getan wird. Dies bedeutet, sich auf eine Situation einzulassen, in der man ganz präsent ist – völlig konzentriert in der Gegenwart. Gelingt diese Konzentration, werden meist kleinste innere Veränderungen an demenziell Erkrankten wahrgenommen, die ein größeres Verständnis für die Person mit sich bringen können. Spielen belebt und fördert die innere Lebendigkeit in emotionaler Stimmigkeit mit anderen. Damit eine Aroma-Handmassage zu einer angenehmen Erfahrung wird und nicht als grenzüberschreitende Intervention erfahren wird, sollten Betreuungsassistenten:

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~~ positiv mit Ablehnung umgehen können (keine Zwangsbeglückungen!), ~~ eigene (Berührungs-) Grenzen kennen, ~~ nichts steuern wollen, sondern sich einlassen, ~~ verbal und nonverbal kommunizieren, ~~ sich den Bedürfnissen und Verletzlichkeiten (auch körperlichen) anpassen, ~~ ablehnende Zeichen erkennen und achten, ~~ prozess- und nicht zielorientiert vorgehen, ~~ sehr präsent sein, ~~ „sich verlangsamen“.

2.3  Den richtigen Duft finden Die zwischenmenschliche Ebene von Betreuenden und demenzbetroffenen Menschen ist manchmal angespannt. Wenn in den kräftezehrenden Alltag kleine Massagen einfließen, in Verbindung mit pflanzlichen Gerüchen, kann dies für beide Seiten eine immer wiederkehrende intensive, schöne Erfahrung bedeuten, denn die Beziehungsebene wird auf diese Weise bewusst gepflegt und gestaltet. Düfte bieten eine Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen, deren verbale Fähigkeiten durch die demenzielle Erkrankung stark reduziert sind. Ziele sind: � bei regelmäßiger Durchführung: Minderung von Gelenkversteifungen, � Förderung der Durchblutung, � Stärkung des Immunsystems, � Pflege der Haut, � Ermöglichen von Naturerfahrungen, � Sensorische Stimulation, � Förderung der Körperwahrnehmung, � Unterstützung der jahreszeitlichen Orientierung (z.B. Zimt für Weihnachten).

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Für Menschen, die früher gerne gewandert sind, können Fichten-, Tannenoder Douglasien-Düfte positive Gefühle hervorrufen, weil diese Gerüche sie an einen schönen Teil ihres Lebens erinnern. Mit anderen Reaktionen muss jedoch ebenso gerechnet werden. Immer wieder betrauern Menschen auch den Verlust einer solchen Lebensphase. Ihre Wirkkraft entfalten ätherische Öle zum einen über ihre pharmakologischen (biochemischen) Inhaltsstoffe und zum anderen über die biografischen Erinnerungen, die mit dem jeweiligen Duft verknüpft sind. Zwei Gruppen von Inhaltsstoffen sind für die Erinnerungsarbeit besonders geeignet: Ester und Oxide. Ester wirken tendenziell entspannend und Oxide vitalisierend. €€ Bei Unruhe: Lavendel , Röm. Kamille, Neroli, Jasmin, Mandarine, Orange, Melisse, €€ zur Stimmungsaufhellung: Bergamotte, Litsea, Blutorange, Grapefruit, Rose, Muskatellersalbei, €€ bei Lethargie/Passivität: Rosmarin, Pfefferminze, Speik-Lavendel, Eukalyptus, €€ zur Appetitanregung: Zitrone, Zimt, Limone, Orange, Kardamom, Koriander, Grapefruit, €€ zur Stärkung des Gedächtnisses: Rosmarin, Pfefferminze, Basilikum, €€ zur Steigerung der Hirndurchblutung: Eukalyptus, Rosmarin.

2.3.1  Herstellung der Ölmischung Das ätherische Öl muss gut dosiert werden, damit es als angenehm wahrgenommen wird. Dazu dient ein sogenanntes „Trägeröl“, das mit dem ätherischen „Duftöl“ gemischt wird.

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Basis Mischung

Hautfreundliche Mischung

Trägeröl: 1 Esslöffel (5 ml) geruchsneutrales Mandel-, Aprikosenkern- oder Jojobaöl, 100% naturrein in ein Gläschen geben (ideal: Medikamenten-Einnahmeglas mit Skalierung)

bei Erwachsenen: 3,0 % ätherisches Öl plus 97,0% Trägeröl (3 Tropfen in 5 ml)

Ätherisches Öl: 1-3 Tropfen, 100% naturrein

bei gebrechlichen Personen: 1,5 % ätherisches Öl plus 98,5% Trägeröl (1-2 Tropfen in 5 ml)

Vorsicht: Hautreizung bei höherer Dosierung möglich. Bei dem oben genannten Mischungsverhältnis ist es unwahrscheinlich, dass eine Rötung der Haut entwickelt wird. Trotzdem sollte vor Beginn jeder Massage ein Verträglichkeitstest mit der hergestellten Ölmischung durchgeführt werden. Dafür einige Tropfen in der Armbeuge des zu betreuenden Menschen verreiben. Zeigt sich nach zehn Minuten keine Rötung, kann die Mischung bedenkenlos verwendet werden.

2.4  Die praktische Durchführung der Aroma-Handmassage Wichtige Grundvoraussetzungen: ~~ Vertrauen und gegenseitige Sympathie, ~~ Duft auswählen, der für Sie beide angenehm ist (Vorauswahl treffen), ~~ auf warme Hände achten (Assoziation: Geborgenheit), ~~ immer beide Hände massieren (Balance), ~~ immer wieder Signale des Einverständnisses suchen, wahrnehmen und beachten.

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Vorsicht: Bei Haut- und Gelenkentzündung, offener Wunde, Hauterhebung, frischem Narbengewebe, Verbrennungen und Hämatomen (Blutergüsse), Osteoporose ist eine Aroma-Handmassage nicht geeignet. Dauer: 5-10 Minuten für beide Hände. Vor Beginn bereitlegen: vorgewärmtes Handtuch, Massageöl-Mischung,Kissen als Armunterlage. 1.  Handteller systematisch durchkneten mit kreisenden Daumen von 2.  der Handwurzel zu den Fingern 3.  mit Daumen und Zeigefinger die einzelnen Finger kreisend massieren 4. die einzelnen Finger zwischen Daumen und Zeigefinger nehmen und in Richtung Fingerspitze ziehen (gleichmäßiger Druck) 5.  „Schwimmhäutchen“ zwischen den Fingern mit Daumen und 6.  Zeigefinger mit kreisendem Daumen und Mittelfinger massieren 7. (Hand vorsichtig umdrehen – Handrücken nun oben) Zwischenräume der Mittelhandknochen ausstreichen und anschließend Richtung Handgelenk zirkeln 8.  Hand vorsichtig auf Handtuch ablegen 9.  Massage der anderen Hand 10.  kurzer Austausch – sofern möglich. Beispiel 1 Frau Weinmann liegt die meiste Zeit im Bett, deshalb könnte eine AromaHandmassage eine willkommene Abwechslung für sie sein. Vor allem auch, weil sie früher gerne zur Maniküre ging. Zusätzlich oder alternativ könnte ihr ein wohltemperiertes Handbad guttun – benötigte Materialien: eine Handwanne, ein Handtuch, ein Esslöffel Mandelöl und drei Tropfen ätherisches Öl. Wahrscheinlich würde Eleonore Weinmann sich freuen, wieder gemeinsam mit ihrer Freundin Dorothee Müller genießen zu können. Dorothee Müller könnten

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dafür einfache Techniken der Handmassage gezeigt oder die Utensilien für ein Handbad bereitgestellt werden. Im Hintergrund Klaviermusik abzuspielen ist ebenfalls denkbar, da Eleonore Weinmann früher selbst Klavier spielte. Tipp: Für ein Hautöl kann eine Vanilleschote geöffnet werden, die dann in 50 ml Mandel-Trägeröl gegeben wird. Nach 14 Tagen Mazerationszeit (Einweichzeit) duftet das Öl sehr nach Vanille. Eleonore Weinmann hatte in ihrer früheren Wohnung gerahmte Fotos von Filmstars, zudem saß sie gerne im Café „Parisien“ mit ihrer Freundin Dorothee und als Chefsekretärin legte sie viel Wert auf ihr Äußeres. Marilyn Monroe wurde einmal gefragt, was sie nachts tragen würde, worauf sie geantwortet haben soll: „Nichts – außer ein paar Tröpfchen Chanel.“ Es kann daher vermutet werden, dass sie das Parfum Chanel Nr. 5 kennt, das 1921 erstmals in Paris auf den Markt kam und seitdem zu den Klassikern zählt. Es ist ein Parfum, das in seiner Urfassung viele ätherische Öle beinhaltet, wie z.B. Bergamotte-, Jasmin-, Rosen-, Iris-, Veilchen-, Neroli-, Ylang Ylang-, Tonkabohnen-, Vetiver-, Sandelholz-, Patchouli-, Vanille-, Eichenmoos- und Zimtrindenöl beinhaltet. Vielleicht hat dieses Duftwasser eine Bedeutung für Eleonore Weinmann. Im Parfümgeschäft kann eine Duftprobe besorgt werden. Auf ein Papiertaschentuch gesprüht, kann Frau Weinmann selbst daran riechen. Sehr blumig duftet auch die entspannende Essenz Ylang Ylang. Ein Tröpfchen davon auf ein Stofftüchlein gegeben, das mit einer Sicherheitsnadel an Bluse oder Pullover befestigt wird, kann ebenfalls eine wohltuende Aufmerksamkeit sein. Beispiel 1 Elisabeth Hoffmann: In ihrer Jugend hat Elisabeth Hoffmann eine Ausbildung zur Schneiderin absolviert, später führte sie einen anstrengenden Haushalt. Ihre Hände mussten immer arbeiten. Eine Aroma-Handmassage wird von ihr

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daher wahrscheinlich als besonders wohltuend wahrgenommen werden. Eine Massageölmischung mit dem Duft nach frischer Zitrone könnte ihr gefallen, da sie diesen eventuell mit Sauberkeit und „getaner Arbeit“ assoziiert. Tipp: Ihr Zimmer hat Elisabeth Hoffmann mit selbstgehäkelten Kissen dekoriert. Daher bietet es sich an gemeinsam eine Kisseneinlage mit getrockneter Zitronenverbene, Zitronenmelisse oder Zitronenthymian zu füllen – beispielsweise für Ihren Lieblingssessel. Immer wenn Frau Hoffmann sich in diesen Sessel setzt, wird das Kissen im Rücken ein Zitronenaroma verströmen. Die dafür notwendigen Kräuter sollten aus kontrolliert-biologischem Anbau in Naturkostläden gekauft werden. Ganze Blätter sind duftintensiver als klein geschnittene. Weihnachten ist für viele mit Gefühlen von Freude und Geborgenheit innerhalb der Familie verbunden. Als Mutter und Hausfrau waren die Weihnachtstage für Elisabeth Hoffmann sicher eine ganz besondere Zeit, sonst hätte sie nicht mitten im Sommer den Wunsch geäußert, Weihnachtskekse backen zu wollen. Dieser Wunsch muss Frau Hoffmann nicht verwehrt werden. Dennoch sollten in der warmen Jahreszeit nicht explizit Weihnachtskekse gebacken werden. Eine Alternative sind zum Beispiel die „Gute-Laune-Kekse“ nach Hildegard von Bingen. Diese enthalten viel Zimt und Muskat. Wegen des hohen Muskat- und Zimtanteils sollten nicht mehr als vier bis fünf Stück auf einmal gegessen werden. Bei magenempfindlichen Menschen sollte die Menge nochmals auf ein bis zwei Kekse reduziert werden.

„Gute Laune-Kekse“ nach Hildegard von Bingen ergibt: 40 Kekse ~~ 10 g Muskat ~~ 25 g Zimt

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~~ 5 g gemahlene Nelken ~~ 500 g Dinkelmehl ~~ 250 g Butter ~~ 150 g Honig ~~ 2 Eier Alles miteinander vermengen, eine halbe Stunde im Kühlschrank ruhen lassen, Teig danach ausrollen, Plätzchen ausstechen und bei ca. 190 Grad im vorgeheizten Backofen 20-25 Minuten hell backen. Beispiel 3 Günther Schmidt: Zwischenzeitlich lebt Günther Schmidt sehr zurückgezogen, obwohl er früher das Zusammensein mit anderen genossen hat. Seit seine Frau vor einem Jahr gestorben ist, leidet Herr Schmidt unter depressiven Verstimmungen. Diese drücken sich bei Männern häufig weniger in Passivität als vielmehr in aggressivem Verhalten aus. Die oben erwähnten Gewürzkekse schmecken bestimmt auch Günther Schmidt. Sie können beispielsweise als kleines „Amuse Bouche“ (Gaumenfreude) in der Badewanne gereicht werden. Wohltuende Wärme und Geborgenheit können mit einem Wannenbad erreicht werden. Urlaubsdüfte aus dem Süden, wie Orangen oder Zitronen, können dabei beruhigend wirken, da sie mit positiven Erinnerungen verknüpft sind. Zudem ist bekannt, dass Herr Schmidt in seiner Kindheit gerne am Neckar spielte. Wasser ist daher wahrscheinlich ein Element, mit dem er schöne (Kindheits-)Erinnerungen verbindet. Wohl wissend, dass das Baden in den Bereich der Pflege gehört, kann sich hier eine interessante Möglichkeit der Kooperation ergeben – das Badeerlebnis kann dann als „Einzelaktivität“ dokumentiert werden. Tipp: Immer wenn zugunsten der Lebensqualität von demenziell Erkrankten Menschen eine Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen sinnvoll ist, sollten Betreuungsassistenten die Initiative ergreifen, um Kooperationen zu ermöglichen.

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Badewonnen-Rezept: ~~ 1 Becher Sahne ~~ 5 Tropfen Bergamotte- oder Litsea-Öl (beide wirken aufgrund ihrer Inhaltsstoffe im Gegensatz zu Zitronenöl eher entspannend) ~~ 5 Tropfen Zedernöl Kurz vor Wanneneinstieg die Sahne-Mischung in das Wasser geben. Zusätzlich kann auf ein DIN A4 Blatt mit Großbuchstaben „Zitrus“ gedruckt werden. Das Blatt laminieren und in Sichtweite in Badewannennähe aufhängen. Aus der neurophysiologischen Forschung ist bekannt, dass durch bestimmte Wörter bzw. abstrakte Zeichen das ursprüngliche körperliche Erleben zumindest teilweise wiederholt werden kann. Das heißt, nicht nur Gerüche, Bilder und Töne aktivieren das Gedächtnis, sondern auch einzelne Wörter können innere Bilder erzeugen, denn die Inhalte im Gedächtnis sind vielfach verknüpft. Günther Schmidt hat seinen Urlaub gerne und oft in Italien verbracht; Wörter wie Bergamotte, Zitronengras, Litsea, Zitronenthymian, Limone, Orange können bei Günther Schmidt deshalb positive Gefühle auslösen.

3  Achtsame Begleitung am Lebensende – Palliative Care Jedes Leben hat Grenzen, ist endlich und hat somit eine letzte Strecke des Weges. Der Tod gehört im Pflegeheim zum Alltag. Bei manchen Bewohnern kündigt er sich durch eine lange und schwere Krankheit an, bei anderen kommt er überraschend. In der letzten Phase des Lebens brauchen Menschen besonders sorgfältige und sehr individuelle Begleitung, denn insbesondere das Sterben ist ein ganz persönlicher Prozess. Palliative Care – damit ist die umsorgende lindernde Pflege und Begleitung von schwerstkranken Menschen gemeint. Viele verschiedene Berufsgruppen wirken dabei zusammen, um auf vielerlei Ebenen des menschlichen Seins für

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Kapitel 3

Die Wurzeln der Hospizidee

Hospizidee

Psychosoziale Begleitung

Spirituelle Begleitung

Palliative Pflege

Palliative Medizin

die Linderung quälender Symptome zu sorgen. Dazu zählt neben der adäquaten individuellen, medizinischen Begleitung und Pflege die soziale und spirituelle Begleitung. Die vier Säulen einer hospizlichen Haltung – auch im Pflegeheim – bilden somit psychosoziale, und spirituelle Begleitung, palliative Pflege und palliative Medizin. Betreuungsassistenten können bei der mitmenschlichen Begleitung des Sterbenden und seiner Angehörigen einen wichtigen Beitrag leisten: Sie können für den Sterbenden da sein und hinhören, was der Sterbende neben Schmerzmittel und Pflege braucht. Alle sterbenden Menschen können Schmerz auf verschiedenen Ebenen des Daseins erleben: Es gibt den körperlichen Schmerz, aber auch das Gefühl, vieles nicht mehr selbst entscheiden zu können. Ratlosigkeit, Einsamkeit, die Lasten des gelebten Lebens oder nicht aufgearbeitete Erfahrungen

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können als ebenso schmerzvoll empfunden werden. Schmerzmittel sind hierbei eine Säule der Linderung, achtsame Mitmenschlichkeit die andere. Das Mitaushalten und da sein, um so soziale Nähe fühl- und erlebbar zu machen, trägt dazu bei, den totalen Schmerz des Sterbens („total pain“, allumfassender Schmerz) zu lindern.

3.1  Da sein Sterbende begleiten kann manchmal heißen, nichts tun zu können oder zumindest kann es bei Außenstehenden oft diesen Anschein erwecken. Manchmal ist Sterbebegleitung das Mitaushalten dessen, was unabänderlich ist. Betreuungsassistenten können zuhören oder nonverbal kommunizieren, indem sie die Hand anbieten, ohne den Sterbenden festhalten zu wollen. Im Sterben brauchen Menschen Vertrautes: vertraute Berührungen, vertraute Töne, vertraute Worte, vertraute Melodien/Musik, vertraute Berührungen oder vertraute Düfte. Menschen mit schwerer Demenz nehmen Berührungen häufig nur noch im oberen Bereich des Körpers wahr – insbesondere an Schulter, Nacken, am Kopf sowie im oberen Brustkorbbereich. Kopf und Gesicht sind nicht Tabuzone, aber absolute Intimzone.

Beispiel für eine achtsame Begleitung mit den Händen für einen Menschen mit sehr fortgeschrittener Demenz. Alle genannten Berührungen können dem sterbenden Menschen Ruhe und Geborgenheit vermitteln: � Sitzposition einnehmen, in der man dem liegenden Menschen nahe ist. � Begrüßung/ Initialberührung (ein Zeichen, dass man nun da ist): eine Hand auf die Schulter legen und dort mit leichtem Druck ruhen lassen – alternativ die Hand ganz leicht auf das Brustbein.

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~~ Mit der Zeit können beide Schultern berührt werden. Es reicht, innerlich – für sich – auszusprechen: „ich bin da“ oder „ich bin bei Ihnen“. ~~ Später kann eine Hand an die Wange des Sterbenden gelegt werden, alternativ auch unter den Hinterkopf, sodass der Kopf in den Händen der betreuenden Person ruht. Wer wach und präsent ist, kann wahrnehmen, ob der andere die Berührungen mag. Folgende Anzeichen hierfür sind möglich: � Veränderung der Atemfrequenz, in der Regel ruhigere Atmung, � Vertiefung der einzelnen Atemzüge, � Entspannung der Gesichtszüge, � manchmal nach langer Zeit das Öffnen der Augen für einen kurzen Moment, � eine wahrnehmbare Wärme in den Händen und dort, wo die Hand beim anderen ruht (miteinander warm werden).

Beispiel 1 Eine Betreuungsassistentin begleitete einen sterbenden Mann für einige Tage. Sie weiß, dass er zur See gefahren ist, deshalb singt sie Shanties und Seemannslieder vor. Gegen Abend stimmt sie ruhigere Töne an, bleibt aber bei den Seemannsliedern. Sie wechselt die Stimmung der Lieder, weil es sich für sie so passend anfühlt. In der Sterbebegleitung gibt es oft kein Richtig oder Falsch. Was der alte Seemann in diesen Stunden tatsächlich vom Text versteht, bleibt unklar, denn er kann nicht mehr sprechen. Ungewiss bleibt auch, ob ihm alle Lieder vertraut sind. Es ist jedoch zu beobachten, dass sich seine Gesichtszüge entspannten. Die Betreuungsassistentin kann mit ihren Liedern und damit, dass sie „einfach da ist“ eine friedvolle Atmosphäre im Raum schaffen.

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Beispiel 2 Eine Ehefrau sitz am Bett ihres sterbenden Mannes. Er hat schwerste Atemnot mit häufigen Atemaussetzern. Die Frau sitzt am Bett und atmet selbst sehr schwer. Sie erzählt aus ihrem gemeinsamen und engagierten Leben. Beide haben jahrelang zusammen einen Chor geleitet und waren in einem Seniorenkreis aktiv. Musik spielte eine wichtige Rolle im Leben des Ehepaares. Es fällt auf, dass der Sterbende beim Reden und Erzählen seiner Frau immer unruhiger wird und Töne von sich gibt, ganz so, als wolle er mitreden. Das ist ihm jedoch nicht mehr möglich. Er atmet noch schwerer, hustet extrem und gestikuliert mit den Händen. Die Betreuungsassistentin schlägt daraufhin vor, gemeinsam ein bekanntes Abendlied anzustimmen. Sie singen die ersten Strophen oder das ganze Lied „Der Mond ist aufgegangen“. Dabei wird der Mann völlig ruhig und sein Atem kann sich entspannen. Der Mond ist aufgegangen – Liedtext (Matthias Claudius) Der Mond ist aufgegangen, Die gold´nen Sternlein prangen Am Himmel hell und klar; Der Wald steht schwarz und schweiget, Und aus den Wiesen steiget Der weiße Nebel wunderbar. Wie ist die Welt so stille, Und in der Dämmrung Hülle So traulich und so hold! Als eine stille Kammer, Wo ihr des Tages Jammer Verschlafen und vergessen sollt. Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen, Und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, Die wir getrost belachen, Weil unsre Augen sie nicht sehn. Wollst endlich sonder Grämen, Aus dieser Welt uns nehmen Durch einen sanften Tod!

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Und, wenn du uns genommen, Laß uns in Himmel kommen, Du unser Herr und unser Gott! So legt euch denn, ihr Brüder, In Gottes Namen nieder; Kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott! mit Strafen, Und laß uns ruhig schlafen! Und unsern kranken Nachbarn auch! Die ruhige Abendstimmung der ersten beiden Strophen strahlt eine große Ruhe aus. Vielen Menschen sind diese Strophen vertraut. Für Menschen mit religiöser Bindung kann die letzte Strophe eine große Kraft entfalten. Eine ähnliche Wirkung können auch Kinderlieder, Volkslieder, Choräle, Abendlieder und Ähnliches haben. Es ist auch möglich, lediglich zu summen. Darüber hinaus eigenen sich Geräusche, die dem sterbenden Menschen vertraut sind, wie beispielsweise Hundegebell, Geschirrklappern, Vogelgezwitscher, Hämmern oder Sägen. Vertraute Gerüche hingegen können beispielsweise Kochgerüche sein, der Duft einer Blume oder das Rasierwasser, das jemand jahrelang benutzt hat. Menschen, die in der christlichen Religion groß geworden sind und die sich dort beheimatet fühlen, finden häufig Trost in Bibeltexten. Bei Menschen anderer Religionen oder Glaubensrichtungen gibt es ebenfalls Texte oder Rituale, die Trost spenden können. Hier kommt Betreuungsassistenten die Aufgabe zu, mögliche Inhalte zu identifizieren – entweder anhand der vorhandenen biografischen Daten oder im Gespräch mit Angehörigen und Freunden. Tipp: Psalm 23 (für evangelische oder katholische Christen geeignet) Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser, er erquicket meine Seele und führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

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Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

3.2  Abschiedsrituale gestalten Momente des Innehaltens können Pflegenden und Betreuenden helfen durchzuatmen, um die verschiedenen Emotionen, die der Tod eines Menschen mit sich bringt, nicht unausgesprochen in sich zu tragen und zu sammeln. Auch Weinen ist professionell Tätigen als Ausdruck ihrer Trauer erlaubt. Es ist nicht unprofessionell, Emotionen zu zeigen – es darf in Erinnerung an eine besonders humorvolle Person geschmunzelt, es darf auch Erleichterung verspürt werden. Wichtig ist es, dafür einen angemessenen Rahmen zu schaffen. Fast jedes Pflegeheim hat heute Rituale, die den Mitbewohnern, Angehörigen, aber auch den Betreuenden und Pflegenden helfen können, den Tod eines Bewohners zu verarbeiten. Abschiedsrituale sollten jedoch in jedem Fall immer in zwei Richtungen wirken: Einerseits ist es wichtig, dass der verstorbenen Person noch einmal ehrlich gedacht wird, andererseits sollen die anwesenden Bewohner das Gefühl entwickeln können, dass auch sie nicht einfach vergessen sein werden. Sie sollten spüren können, dass mit ihnen ehrlich, aber auch würdig nach dem Tod umgegangen wird. Fallbeispiel: Die Betreuungskraft teilt mit, dass ein Bewohner verstorben ist und am Sitzplatz der Bewohnerin wird eine brennende Kerze aufgestellt – auch eine Blume ist denkbar. Wenn die Person bei Gruppenaktivitäten eine Lieblingsbeschäftigung hatte, kann ein Symbol für diese Lieblingsbeschäftigung dazu gelegt werden, beispielsweise ein Ball oder Stricknadeln. Alternativ kann auch

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ein Lieblingslied des Verstorbenen gesungen oder angehört werden. Wenn es möglich ist, können Betreuungsassistenten versuchen, mit den Anwesenden über den verstorbenen Menschen zu sprechen – was mochte derjenige, was war ihm wichtig? An dieser Stelle kann es manchmal sinnvoll sein, bewusst einen Impuls zu setzen, zum Beispiel „Wir sammeln jetzt das, was uns mit Frau ... Freude gemacht hat.“ Betreuungsassistenten müssen an dieser Stelle abwägen, ob sie auch anderen Inhalten Raum geben, denn es sollte bedacht werden, dass mit dem verstorbenen Menschen möglicherweise nicht nur positive Erinnerungen verbunden werden. Tipp: Materialkiste für Abschiedsrituale €€ eine Kerze mit feuerfester Unterlage (Alternative: LED-Kerzen oder Salzleuchten wegen des Brandschutzes in den Einrichtungen), €€ eine schöne Tischdecke, €€ ein Liederbuch, falls es sich auch einmal anbietet zu singen, beispielsweise, wenn man von jemanden ein Lieblingslied kennt, €€ Steine und ein großes Herz, das sie später neben die Kerze legen wollen, €€ einige Gedichte, die für eine Verabschiedung passen. Tipp: Gedicht zur Verabschiedung (Meister Eckhart) Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenübersteht, das notwendigste Werk ist stets die Liebe.

3.3 Für sich selbst sorgen Für ein Team ist es wichtig, sich nach dem Tod eines Bewohners Zeit zu nehmen und sich mithilfe von Ritualen von ihm zu verabschieden. Dies kann häufig auch eine gute Prophylaxe gegen Burnout sein. Insbesondere Betreu-

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ungsassistenten, die im psychosozialen Bereich begleiten, können Rituale helfen, sich innerlich zu verabschieden und das Gute festzuhalten. An dieser Stelle werden daher Beispiele für Abschiedsrituale nach Traugott Roser beschrieben. Beide hier beschriebenen Rituale haben ihre Berechtigung, doch das Augenmerk liegt jeweils auf unterschiedlichen Aspekten – einmal steht die verstorbene Person im Fokus, einmal wird das Team in den Mittelpunkt gerückt. Welches Ritual Sinn ergibt, muss situativ entschieden werden und ist von den Beteiligten abhängig. Ritual mit Bewohner-Fokus Bei der Schichtübergabe wird eine Kerze angezündet und der Tod des Bewohners allen Anwesenden des Teams mitgeteilt – sofern bekannt ist, wie der Bewohner seine letzten Minuten verbracht hat, kann dies in wenigen Sätzen beschrieben werden. Anschließend kann in der Runde der Anwesenden unter anderem Folgendes kurz benannt werden: � Was hat diese Person dem Team gegeben oder das Team gelehrt? � Was hat die verstorbene Person der Welt gegeben? � Wo war die verstorbene Person Vorbild?

Ritual mit Team-Fokus Es wird eine Kerze angezündet und einige Minuten geschwiegen. Danach überlegen alle Anwesenden, was sie dem verstorben Bewohner Gutes getan haben, wo sie Erleichterung, Linderung und Ähnliches ermöglichen konnten.

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Kapitel 3

Übungsaufgaben Kapitel 3 ~~ Erläutern Sie in den Grundzügen die Methode der Aroma-Handmassage als alltagsbereichernde Maßnahme. Gehen Sie dabei besonders auf die Rolle bzw. die Aufgaben des Betreuungsassistenten ein. ~~ Benennen Sie die vier Säulen der Hospizidee. Welche Aufgabe können Betreuungsassistenten in der Begleitung am Lebensende übernehmen? ~~ Welche weiteren Abschiedsrituale fallen Ihnen ein? Bitte erläutern Sie diese in kurzen Sätzen. ~~ Skizzieren Sie einen Vorschlag, wie eine biografisch orientierte Begegnung mit Eleonore Weinmann und Elisabeth Hoffmann aussehen könnte. ~~ Was versteht man unter dem „Normalitätsprinzip“?

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1  Betreuungsleistungen dokumentieren Pflegende und auch Betreuungsassistenten begleiten den älteren Menschen mit all seinen körperlichen, sozialen und seelischen Bedürfnissen. Psychosoziale Begleitung schriftlich festzuhalten, war neben der Dokumentation der pflegerischen und behandlungspflegerischen Notizen schon immer sinnvoll. Denn nur so konnte auch anhand der Dokumentation sichtbar und nachvollziehbar werden, dass Pflege sich immer an den ganzen Menschen richtet. Am 1. Januar 2008 – mit dem Inkrafttreten des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes – wurde die Dokumentation von Betreuungsleistungen zur Pflicht. Die Dokumentation von Leistungen, die heute als selbstverständlich wahrgenommen wird, ist jedoch erst mit der Zeit langsam gewachsen.

1.1  Ein Blick in die Geschichte Der frühere Begriff für Pflegekräfte – „Wärter“ – bringt zum Ausdruck, dass der zu Pflegende „bewacht“ wurde. Obwohl das Pflegeheim auch damals nichts mit einem Gefängnis gemein hatte, verdeutlicht diese Bezeichnung doch, dass der Bewohner unfrei war. Wirft man also einen Blick zurück in die Geschichte, sieht man, dass die Haltung zu Beginn eine andere war. Er war umsorgt, hatte aber wenig eigene Entscheidungsmöglichkeit. Die Wärter selbst waren des Schreibens selten mächtig und eine Dokumentation schon deshalb nicht möglich. Mit der Weiterentwicklung der Pflege und mit einem neuen Verständnis des Krankenpflegerberufes entwickelte sich im 20. Jahrhundert mehr und mehr ein Verständnis für die Notwendigkeit einer Dokumentation. Insbesondere als

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Kapitel 4

Gedächtnisstütze wurden bei der Visite des Arztes Auffälligkeiten beim Patienten, Feststellungen und Anordnungen dokumentiert. Fieberkurven, in denen täglich die Temperatur vermerkt wurde, hingen oft am Fußende des Bettes. Meist wurde auch über Ausscheidungen Protokoll geführt, wobei diese wiederum an einem anderen Platz aufbewahrt wurden, beispielsweise in Bad oder Toilette. Im Lauf der Zeit wurden Möglichkeiten geschaffen, verschiedene Formulare in gebündelter Form zusammen zu führen, sodass alle Daten eines Patienten oder eines Bewohners in einer Mappe, einem Ordner oder Ähnlichem zusammengefasst werden konnten. Unterschiedliche Firmen begannen Dokumentationssysteme zu entwickeln, um auf den steigenden Bedarf in diesem Bereich zu reagieren. Wie in vielen anderen Bereichen auch wird mittlerweile jedoch vermehrt an der Entwicklung von elektronischen Pflegedokumentationssystemen gearbeitet. Wichtig: Aktuell wird der gesamte Bereich der Pflegedokumentation per Gesetz neu geregelt. Wann die Einrichtungen welche neuen Elemente einführen werden, kann jetzt noch nicht gesagt werden. Deshalb wird hier zunächst die bisher geltende Form der Dokumentation beschrieben. Viele Details werden aber auch in Zukunft sehr ähnlich sein!

1.2  Dokumentation von Betreuungsleistungen Ein Dokumentationssystem sollte stets gemeinsam von allen am pflegerischen und betreuerischen Prozess Beteiligten geführt werden. Denn nur so können auch Mehrfachdokumentationen vermieden werden. Dokumentation von Betreuung in getrennten Ordnern widerspricht der Grundidee der schriftlichen Kommunikation aller am pflegerischen und sozialen Prozess Beteiligten. Eine übersichtliche Verlaufsdarstellung des gesamten Prozesses kann durch den Gebrauch verschiedener Schriftfarben unterstützt werden. Schriftfarben ordnen den Prozess – beispielsweise:

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~~ Blaue Schriftfarbe: Pflege am Tag ~~ Roter Schriftfarbe: Pflege in der Nacht ~~ Grüne Schriftfarbe: Betreuung Auch das kurze Gespräch auf dem Flur oder die Begegnung mit innigem Blickkontakt sind Betreuungsleistung. Pflegeeinrichtungen erhalten so ein freundlicheres Gesicht und es entsteht eine Atmosphäre, in der Menschen leben können; es entsteht Lebensqualität. Viele kleine Mosaiksteine sind somit für gute Pflege und gute Betreuung verantwortlich. Ziele und Bedeutung der Dokumentation: ~~ Nachweis der Betreuungsleistung, ~~ Sicherung von Regelmäßigkeit, ~~ Überprüfung der Wirkung bestimmter Betreuungsleistungen, ~~ rechtssicherer Nachweis der Betreuungsleistung (im haftungsrechtlichen Fall eine Prüfunterlage), ~~ Unterstützung strukturierten Handelns und strukturierter Übergabe, ~~ Dokumentation ist aber auch die Niederschrift geleisteter Betreuungsarbeit für Betreuungskräfte selbst, ~~ schafft Klarheit über geleistete Tätigkeiten (all die vielen Kleinigkeiten, die den Tag über so mal kurz getätigt werden und Kraft und Energie kosten), ~~ ist Ausdruck des hohem Werts von Betreuungsaufgaben, ~~ und kann hier und da auch ein Stück Psychohygiene sein (niederschreiben was war und es damit auch ein Stück abgeben). Dokumentation geschieht elektronisch oder handschriftlich. Beides ist üblich. Wird handschriftlich dokumentiert, muss wie bei allen Dokumenten mit dokumentenechten Stiften gearbeitet werden: Kugelschreiber oder

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Filzschreiber. Eventuell auftretende Fehler bei der Eintragung müssen so gestrichen werden, dass der Fehler jederzeit nachvollziehbar ist. Am besten mit einer geraden Linie streichen so dass der Satz weiterhin lesbar ist.

1.2.1  Aufbau des Dokumentationssystems Das Dokumentationssystem konzentriert sich im Wesentlichen auf sechs Formulare, auf denen alle notwendigen Informationen im Rahmen des Pflegeund Betreuungsprozesses erfasst und bereitgestellt werden. Das Stammblatt, als Bestandteil der Informationssammlung, beinhaltet wichtige persönliche Daten zum Bewohner, die bei der Aufnahme erstellt werden ~~ Angaben zu Angehörigen und wichtigen Bezugspersonen, gesetzlichem Betreuer oder Bevollmächtigtem, ~~ Kostenträger der Pflegeleistungen/Betreuungsleistungen und zur Pflegestufe, ~~ medizinische Diagnosen, ~~ Informationen zu Verfügungen, ~~ kulturelle Zugehörigkeit, ~~ gesprochene Sprache (Muttersprache), ~~ Aufenthalte im Krankenhaus, Kurzzeitpflege, Tagespflege, ~~ Angaben zu Hilfsmitteln, ~~ Angaben zu Hausarzt und weiteren mit der Betreuung befassten Diensten. Datenschutz: Die persönlichen Daten des Bewohners müssen geschützt sein und alle Betreuenden und Pflegenden müssen achtsam damit umgehen. Dokumentationsmappen sind immer für Dritte unzugänglich aufzubewahren. Sie dürfen also niemals beispielsweise im Zimmer oder Appartement des Bewohners aufbewahren.

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1.2.2 Informationssammlung Die Informationssammlung schafft einen umfassenden Gesamteindruck über die aktuelle Situation (Ist-Zustand) des Bewohners: ~~ aktuelle Probleme, ~~ Gewohnheiten, Hobbys, ~~ Möglichkeiten/Fähigkeiten (Ressourcen), ~~ lebensgeschichtlicher Hintergrund (Biografie). Diese Informationssammlung beginnt bei der Aufnahme und sollte immer wieder aktualisiert und ergänzt werden. Für die Betreuung und die Pflegeplanung sind alle biografischen Informationen, Ressourcen sowie die Lebenseinstellung des Bewohners relevant. Gerade Betreuungsassistenten haben durch ein vertrauensvolles Verhältnis zum Bewohner immer wieder die Möglichkeit, neue biografische Informationen zu erfahren.

1.2.3  Der Leistungsnachweis/Durchführungsnachweis Die Dokumentation der erbrachten Betreuungsmaßnahme auf dem entsprechenden Formular erfolgt zeitnah und mit Handzeichen der durchführenden Betreuungskraft, meist sind auf dem Formular bereits verschiedene Betreuungsangebote in einer Tabelle aufgeführt: ~~ Spaziergang im Garten, ~~ Backgruppe, ~~ Singkreis, ~~ Gymnastikrunde, ~~ aus der Zeitung vorlesen. Betreuende und Pflegende dokumentieren alle Maßnahmen auf einem gesonderten Leistungsnachweis/ Durchführungsnachweis (eigenes Formular). Hier gilt: Nicht dokumentierte Leistungen gelten bei Kontrollen als nicht erbracht.

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1.2.4  Der Bericht Der Pflege- und Betreuungsbericht hat zum Ziel, aktuell auftretende Probleme, deren Verlaufsbeschreibung sowie die Beschreibung des Befindens des Bewohners zu erfassen. Auch häufige Ablehnung von bestimmten Betreuungsangeboten sowie die daraus resultierenden weiteren Planungen und Entscheidungen finden hier ihren Platz. Darüber hinaus kann dort dokumentiert werden, wenn ein Bewohner besonders engagiert an einem Angebot teilgenommen hat sowie seine Zustimmung zu bestimmten Angeboten und seine sonstigen Entwicklungen. Der Bericht weist in der Regel, sofern keine Besonderheiten zu verzeichnen sind, keine täglichen Eintragungen auf. Bei Personen, die nicht mehr sprechen können, sollten Beobachtungen an Mimik und Gestik festgemacht werden. Daher kann es für die Betreuung durchaus angebracht sein, kurz zusammenfassend nur einmal wöchentlich die Besonderheiten während der Betreuung zu notieren. Auch im Betreuungsbericht wird per Handzeichen angegeben, von wem entsprechende Notizen stammen. Dokumentiert wird: ~~ in aussagekräftigen Sätzen, ~~ kurz und bündig , ~~ möglichst keine zusammenfassenden Adjektive verwenden (viel gelacht, viel geweint ...), ~~ wertfrei und ohne eigene Meinung, ~~ ohne Interpretationen (ging häufig zur Toilette, hat selten gelacht, ist viel gelaufen ...), ~~ das, was man sieht, hört oder mit den Händen spürt (Wahrnehmungen), ~~ in indirekter und in wörtlicher Rede (Zitate), wo nötig, ~~ immer mit Respekt vor den Betreuten.

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Nicht: Herr Schmidt war völlig durcheinander. Sondern: Herr Schmidt suchte den ganzen Morgen eine seiner Kameras, obwohl sie wie immer in seinem Schrank stand.

1.3  Dokumentation – ein Übungsfeld „Übung macht den Meister“, so sagt das Sprichwort. Auch Dokumentation ist Übungssache. Je mehr man sich schult, die eigenen Wahrnehmungen und nicht die eigenen Empfindungen aufzuschreiben, desto sicherer und schneller wird dies funktionieren. Zu Beginn kann es eine Hilfe sein, Formulierungen in Form von Textbausteinen für häufige Situationen zum Nachschlagen in einem gesonderten Notizheft bereitzuhalten. Betreuungsassistenten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sollten sich Unterstützung von Kollegen holen; das heißt, die eine oder andere Situation sollte gemeinsam dokumentiert werden, um so hineinzufinden. ~~ Mimik und Gestik zeigten… ~~ laut eigenen Aussagen… ~~ anhand der Aussagen... Dokumentationszeit ist Teil des gesamten Dienstauftrages. Dokumentationszeit ist damit immer auch Dienstzeit.

2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Betreuungsassistenten Betreuungsassistenten üben einen verantwortungsvollen Beruf aus. Ihnen ist in Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen (multiprofessionelles Team) das Wohl pflegebedürftiger, alter Menschen anvertraut. Dementsprechend sind sie an verschiedene rechtliche Vorschriften gebunden. Einige dienen hierbei zu ihrem eigenen Schutz wie beispielsweise das Arbeitsrecht,

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andere wiederum zum Schutz der Bewohner wie etwa die Verschwiegenheitspflicht oder der besondere Schutz der persönlichen Freiheit.

2.1  Freiheits- und Gleichheitsrechte (Grundgesetz) Die Freiheits- und Gleichheitsrechte sind über die Grundrechte (Artikel 1 – 19) des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland geregelt. So steht in Artikel 1 Abs. 1 des GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieser Artikel ist für den Bereich der Altenpflege besonders wichtig. Kein Mensch darf demnach in seiner Würde verletzt werden, egal wie alt, krank, pflegebedürftig oder dement er ist. Eine weitere wichtige Norm des Grundgesetzes ist Artikel 3 Abs. 3. In diesem heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Gerade in der heutigen Zeit, in der in Deutschland viele Menschen aus anderen Ländern und ohne christlichen Glauben in Pflegeheimen leben, gewinnt Artikel 4 Abs.1 ebenso besondere Bedeutung: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Für Betreuungsassistenten ist es zudem besonders wichtig, sich mit Artikel 13 Absatz 1 auseinanderzusetzen, dieser lautet

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„Die Wohnung ist unverletzlich.“ Was heißt das für den Umgang mit demenziell erkrankten Bewohnern? Wie verhält sich ein Betreuungsassistent, der ein Bewohnerzimmer, beispielsweise das von Frau Weinmann, betreten möchte? Sollte er an der Türe anklopfen, auch wenn Frau Weinmann nicht mehr laut „Herein“ rufen kann? Darf der Betreuungsassistent alle Schranktüren in der Wohnung von Frau Weinmann öffnen, um ein Päckchen Taschentücher zu finden? Kann er einfach die Fotoapparate aus der Vitrine von Herrn Schmidt nehmen, um ihn zu aktivieren? Diese Fragen bewegen sich immer noch in einer rechtlichen Grauzone . Diese Fragen sollten mit der Leitung des Hauses geklärt werden, damit die Betreuungsassistenten rechtlich auf der sicheren Seite sind.

2.2  Rechts- und Geschäftsfähigkeit Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt fest, dass die Rechtsfähigkeit eines Menschen mit der Vollendung der Geburt beginnt und mit dem Tod endet. Die Rechtsfähigkeit des Menschen wird als Ausdruck seiner persönlichen Würde gesehen. Wenn also die Rechtsfähigkeit eines Menschen, die Fähigkeit Träger von Rechten und Pflichten zu sein, erst mit dem Tod endet, behält auch jeder schwerstdemenziell erkrankte Mensch bis an das Ende seines Leben seine volle Rechtsfähigkeit. Er verfügt über die gleichen Rechte wie eine 25-jährige Betreuungsassistentin, eine Pflegedienstleitung oder ein Vater von drei minderjährigen Kindern. Das heißt auch, dass Frau Hoffmann das Recht hat, das Pflegeheim zu verlassen, um ihr Geburtshaus in Heilbronn zu besuchen. Eleonore Weinmann dürfen nicht einfach die Bettseitenteile hochgezogen werden, damit sie nicht aus dem Bett fällt. Sie hat das Recht zu stürzen, wie jeder andere Mensch auch. Wenn

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Günther Schmidt sich in sein Zimmer zurückziehen möchte, dann darf er das, er muss sich nicht „aktivieren lassen“ oder am Gemeinschaftsleben teilnehmen. Kritisch wird es erst, wenn die Geschäftsfähigkeit eines Menschen wegen psychischer Beeinträchtigung nicht mehr gegeben ist. Unter Geschäftsfähigkeit wird die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selbst wirksam vornehmen zu können, verstanden. Erwachsene Menschen dürfen sich ein Auto kaufen, ihre Wohnung verlassen, wann und wie sie das möchten. Sie können selbst entscheiden, ob sie sich auf gefährliche Situationen einlassen oder nicht. Bei einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, die eine freie Willensbestimmung ausschließt (hierunter fällt die Demenz), gilt man als geschäftsunfähig. Elisabeth Hoffmann kann aufgrund ihrer Demenz nicht mehr beurteilen, welchen Gefahren sie sich aussetzt, wenn sie mitten in der Nacht im Nachthemd von Stuttgart nach Heilbronn laufen möchte. Eleonore Weinmann ist ebenfalls demenziell so stark eingeschränkt, dass sie nicht mehr selbst entscheiden kann, ob die Bettseitenteile hochgezogen werden sollen oder nicht. Kann Günther Schmidt noch selbst abschätzen, wie gefährlich es für ihn und andere ist, wenn er mit dem Auto fährt? Für diesen Fall, dass Menschen aufgrund einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht mehr für sich selbst entscheiden können, haben sie im besten Fall eine so genannte Vorsorgevollmacht abgeschlossen. Eine solche Störung bedeutet aber auch noch nicht automatisch, dass die Pflegepersonen jetzt alle Entscheidungen für die Heimbewohner treffen dürfen! Vorsorgevollmacht Mit einer Vorsorgevollmacht setzt ein gesunder Mensch für den Fall, dass er durch bestimmte Umstände nicht mehr für sich selbst entscheiden kann, eine

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andere Person als Bevollmächtigte ein. Diese soll bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit die Geschäfte der betroffenen Person in deren Interesse führen. Jemanden zu bevollmächtigen, setzt großes Vertrauen zwischen zwei Personen voraus. Oft werden die Kinder als Bevollmächtigte eingesetzt, doch kann dies unter Umständen sehr belastend sein. Die Tochter von Herrn Schmidt hat einen Teil seiner Geschäfte übernommen, ohne dafür von ihm beauftragt worden zu sein: Sie hat beispielsweise für die Heimeinweisung gesorgt und auch dafür, dass er nicht mehr Auto fahren darf. Dies trägt ihr Herr Schmidt bis heute nach. Daher kann es auch sinnvoll sein, sich für eine gesetzliche Betreuung zu entscheiden. Gesetzliche Betreuung Eine gesetzliche Betreuung wird beim Vormundschaftsgericht am Amtsgericht beantragt. Auch gegen den Willen des Betroffenen kann im Falle einer Erkrankung, die dazu führt, dass ein Mensch seine Geschäfte nicht mehr eigenständig ausführen kann, eine gesetzliche Betreuung eingerichtet werden. Die Tochter von Herrn Schmidt könnte beim zuständigen Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung für ihren Vater beantragen, auch wenn dieser damit nicht einverstanden ist. Ob diese Betreuung notwendig ist oder nicht, entscheidet dann ein Betreuungsrichter zusammen mit verschiedenen Fachärzten. Eine Betreuung kann für folgende Aufgabenkreise bestimmt werden: ~~ Gesundheitssorge, ~~ Vermögenssorge, ~~ Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, ~~ Postkontrolle, ~~ Aufenthaltsbestimmungsrecht, ~~ Wohnungsangelegenheiten.

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Hat ein gesetzlicher Betreuer das Aufgabengebiet „Aufenthaltsbestimmungsrecht“, kann er darüber verfügen, dass Elisabeth Hoffman in Stuttgart im Pflegeheim wohnt, nicht in Heilbronn in ihrem Geburtshaus. Hätte Eleonore Weinmann einen gesetzlichen Betreuer, könnte dieser beim Amtsgericht beantragen, dass die Bettseitenteile zu ihrem Schutz hochgezogen werden dürfen. Ein gesetzlicher Betreuer hat sich danach nach folgenden Gesichtspunkten zu richten: ~~ Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, ~~ ausreichend pflegerische und ärztliche Betreuung, ~~ Berücksichtigung bisheriger Lebensgewohnheiten, ~~ das Leben nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Das heißt auch, dass er dem betreuten Menschen nicht seinen Willen aufzwingen kann. Der gesetzliche Betreuer muss sich nach den Vorstellungen der betreuten Person richten. So könnte er im Falle von Herrn Schmidt dem Straßenverkehrsamt melden, dass dieser nicht mehr in der Lage ist, sicher sein Auto im Straßenverkehr zu führen. Nicht jedoch einfach seine Kamerasammlung verkaufen, um damit die Heimkosten zu bezahlen. Einen besonders schweren Eingriff in die Rechte dementer Menschen stellen freiheitsentziehende Maßnahmen dar. Freiheitsentziehende Maßnahmen können vom gesetzlichen Betreuer, dem Bevollmächtigten oder Vertreter beim Betreuungsgericht beantragt werden. Weil man demenziell erkrankte Menschen vor Gefahren schützen will, kommt es vor, dass diese mit einem Gurt an einem Stuhl befestigt werden oder dass die Bettseitenteile nach oben gezogen werden, um sie vor dem Herausfallen zu schützen. In besonders schwierigen Fällen werden demenziell erkrankte Menschen an ihren Betten festgebunden oder mit Medikamenten beruhigt. Man spricht hierbei von Fixierungen und in der Regel erfolgen diese aus Fürsorge.

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Zu solchen fixierenden Maßnahmen zählen nicht nur bereits erwähnte offensichtliche Maßnahmen, auch das Verstecken von Schuhen oder Brillen, das außer Reichweitestellen eines Gehwagens, die Ausübung von psychischem Druck und das Abschließen von Türen zählen dazu und müssen beantragt werden. Freiheitsentziehende Maßnahmen erfolgen zunächst aus Fürsorge. Da an Demenz erkrankte Menschen Gefahren nicht mehr richtig einschätzen können, sollen sie beispielsweise davor geschützt werden, sich selbst zu verletzten – das heißt ~~ aus dem Bett zu stürzen, ~~ aus dem Rollstuhl zu stürzen, ~~ sich zu verlaufen, ~~ eventuell mit unzureichender Kleidung nach Weglaufen zu erfrieren. Diese Vorgehensweisen widersprechen aber der Rechtsfähigkeit und der Würde demenziell erkrankter Menschen; sie sind immer nur als letzte Möglichkeit der Reaktion anzuwenden. Wenn sie angewendet werden, müssen sie richterlich genehmigt werden.

2.3  Verschwiegenheitspflicht Betreuungsassistenten unterliegen der gesetzlich vorgeschriebenen Schweigepflicht nach § 203 StGB (Strafgesetzbuch). Zwar werden Betreuungsassistenten in diesem Gesetz nicht ausdrücklich als Berufsgruppe, die der gesetzlichen Schweigepflicht unterliegt genannt, sie können aber als Gehilfen einer dieser Berufsgruppen betrachtet werden: „Zu den schweigepflichtigen Gehilfen eines Angehörigen der vorgenannten Berufsgruppen zählen z. B. in der Medizin alle Mitarbeiter, die dem behandelnden Arzt in irgendeiner Funktion zuarbeiten und dabei Kenntnisse von der betreuten Person erlangen.“ Die Schweigepflicht bezieht sich auf ~~ fremde Geheimnisse, ~~ Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.

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Betreuungsassistenten dürfen aufgrund der Verschwiegenheitspflicht zu Hause nicht erzählen: „Hast du schon gehört? Die Demenz von Herrn Schmidt ist so weit fortgeschritten, er pinkelt nachts sogar in die Ecken!“ Damit würde ein persönliches Geheimnis von Herrn Schmidt verraten. Auch die Aussage: „Bei uns im Heim geht’s drunter und drüber, wir haben viel zu wenig Fachkräfte und Hilfskräfte müssen spritzen“, kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da damit gegen die Schweigepflicht verstoßen wird. Das heißt allerdings nicht, dass Betreuungsassistenten nie über ihre Arbeit sprechen dürfen, sie müssen lediglich darauf achten, dass niemand erkennen kann, von wem die Rede ist. Die Aussage „Fr. W. wohnt bei uns auf Station und ist demenziell erkrankt“, ist rechtlich durchaus in Ordnung. Betreuungsassistenten sollten im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht besonders darauf achten, was sie in sozialen Netzwerken über sich und ihre Arbeitgeber preisgeben. Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht kann neben arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnung und Kündigung auch strafrechtliche Konsequenzen wie eine Freiheits- oder Geldstrafe nach sich ziehen.

2.4  Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag Der Arbeitsvertrag ist ein Vertrag zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Hauptpflicht der Arbeitnehmer besteht darin, wie vereinbart seine Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Die Hauptpflicht des Arbeitgebers besteht in der Zahlung von Lohn. Bei Ausbildungsverhältnissen wird in der Regel ein weiterer Vertrag zwischen Auszubildendem und der Schule geschlossen, so dass beispielsweise Betreuungsassistenten in der Ausbildung zwei Verträge unterschreiben. Ein Arbeitsvertrag sollte immer schriftlich abgeschlossen werden, um im Zweifelsfall die Absprachen nachweisen zu können.

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Ein Arbeitsvertrag enthält unter anderem folgende Punkte: ~~ Arbeitsort ~~ Stellenbeschreibung ~~ Dauer der Probezeit ~~ Wochenarbeitszeit ~~ Höhe der Vergütung ~~ Urlaubsanspruch ~~ Kündigungsfristen ~~ Überstundenregelungen.

2.4.1  Weisungsrecht Der Arbeitgeber hat auf Grundlage des Arbeitsvertrages das Recht dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen. So darf der Arbeitgeber einerseits bestimmen, welche Art von Leistungen Betreuungsassistenten zu erledigen haben, ebenso kann er Weisungen treffen, die die Ordnung oder das Verhalten von Betreuungsassistenten am Arbeitsplatz betreffen. So könnte eine Weisung des Arbeitgebers lauten, Günther Schmidt bei Spaziergängen zu begleiten. Eine andere könnte sich darauf beziehen, dass Betreuungsassistenten bei der Arbeit in der Küche andere Kleider tragen müssen als bei der Unterstützung bei der Körperpflege. Die Weisungsbefugnis hat Grenzen. Weisungen dürfen nicht über den Arbeitsvertrag hinausgehen, gegen ein Gesetz verstoßen oder sittenwidrig sein. Wer wem gegenüber weisungsbefugt ist und welche Aufgaben ausgeführt werden müssen, erfahren Betreuungsassistenten aus ihrer Stellenbeschreibung.

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2.4.2  Stellenbeschreibung Mit Stellenbeschreibungen bestimmen Arbeitgeber den Inhalt des Arbeitsverhältnisses näher. Das heißt der Arbeitgeber beschreibt darin die Aufgaben des Arbeitnehmers. Zudem wird dadurch die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers eingeschränkt. Je genauer die Tätigkeiten von Betreuungsassistenten darin geregelt sind, desto enger sind die Grenzen, in denen Weisungen erteilt werden können. Gerade Betreuungsassistenten, die einem noch recht jungen Beruf nachgehen, sollten auf eine Stellenbeschreibung Wert legen, damit sie wissen, was genau zu ihrem Aufgabengebiet gehört. Stellenbeschreibungen regeln unter anderem: €€ Genaue Bezeichnung der Stelle €€ Vorgesetzte (wer ist mir weisungsbefugt?) €€ Unterstellte (wem gegenüber ist der Stelleninhaber weisungsbefugt?) €€ Aufgaben €€ Erwartete Kenntnisse und Fähigkeiten €€ Befugnisse.

2.4.3  Die Krankmeldung Durch die Krankmeldung wird dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass der Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit nicht arbeitsfähig ist und deshalb nicht am Arbeitsplatz erscheinen kann. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber am ersten Tag der Krankheit, möglichst vor Dienstantritt, telefonisch oder per Email mitgeteilt werden. Die Art der Erkrankung muss dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt werden, jedoch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Dauert die Erkrankung länger als 3 Kalendertage, ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Form eines ärztlichen Attests vorzulegen. Der Arbeitgeber kann jedoch anweisen, dass bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt

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werden muss. Während der Ausbildung besteht die Besonderheit, dass nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die Berufsfachschule unterrichtet werden muss. Wird ein Betreuungsassistent in Ausbildung an einem Berufsschultag krank, muss er zusätzlich zu seinem praktischen Arbeitgeber die Berufsfachschule telefonisch oder per E-Mail vor Beginn des Unterrichts informieren.

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Kapitel 4

Übungsaufgaben Kapitel 4 ~~ Argumentieren Sie, warum ist es sinnvoll Betreuungsleistungen zu dokumentieren? ~~ Benennen Sie die Grundsätze einer guten Dokumentation. ~~ Welche Grundrechte spielen in der Betreuung eine wichtige Rolle? Erläutern Sie. ~~ Herrn Schmidts Tochter hätte eine gesetzliche Betreuung für ihren Vater beantragen können. Argumentieren Sie das Für und Wider in diesem Fall. ~~ Was versteht man unter „freiheitsentziehenden Maßnahmen“? Erläutern Sie kurz und nennen Sie Beispiele.

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Notizen

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Literatur

Literatur Abderhalden, Christoph: Milieugestaltung: Lehrbuch Psychiatrische Pflege 3. Auflage: Bern 2011. Buchholz Thomas/Schürenberg Ansgar: Basale Stimulation in der Pflege alter Menschen – Anregungen zur Lebensbegleitung, 3., erw. Aufl., Bern 2009. Evangelisches Gesangbuch, 1.Aufl., Stuttgart 1996. Fischer-Rizzi, Susanne: Himmlische Düfte: Das große Buch der Aromatherapie, München 2011. Fuchs, Thomas.: Das Leibgedächtnis in der Demenz in Andreas Kruse (Hg.): Lebensqualität bei Demenz, Heidelberg 2010. Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Hein, Bernd (Hrsg.): Altenpflege Heute. Lernbuch für die Antenpflegeausbildung, München 2010. Klie, Thomas: Rechtskunde – Das Recht der Pflege alter Menschen, Hannover 2013. Knaus, Sibylle: Das Liebesgedächtnis (Roman), Tübingen 2015. Kojer Marina/Schmidt Martina: Demenz und palliative Geriatrie in der Praxis, Wien 2011 Maturana, Humberto, R., Verden-Zöller, Gerda: Liebe und Spiel – Die vergessenen Grundlagen des Menschseins, Heidelberg 2005. Storch, Maja/Tschacher, Wolfgang: Embodied Communication – Kommunikation beginnt im Körper, nicht im Kopf, Bern 2014. Waber, Dietrich: Taschenlexikon der Aromatherapie, München 2013. Walper, Heike: Basale Stimulation: Palliative Care für Einsteiger Band 1, Esslingen 2014. Weigegend Thomas: StGB – Strafgesetzbuch, München 2014.

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Autoren

Autoren Idee, Entwicklung + Konzeption des Buches Ute Schienmann, Gerontologin Textbearbeitung Christina Kugler, Kulturwissenschaftlerin.

An diesem Buch haben außerdem mitgewirkt: Stefan Eilbacher, Altenpfleger, Sozialwirt (FH), QM-Manager, Pflegepädagoge, Supervision und Coaching (M.A.); Kapitel: Lebenswelt Heim, Demenz – ein Leben im Augenblick, rechtliche Grundlagen. Ute Fassel, Altenpflegerin, Sozialpädagogin (FH), z.Zt. Studium Palliative Care. Kapitel: Achtsame Begleitung am Lebensende, Begegnung von Mensch zu Mensch – Einzelbetreuung. Heike Degen-Hientz, Dipl.-Pädagogin, Aromatologin; Kapitel: Aromakunde und Handmassage.

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Ihre Lehrtätigkeit übt sie bei verschiedenen Trägern aus. Seit 1991 unterrichtet sie an der staatlich anerkannten Fachschule für Altenpflege „Sancta Maria“ in Bühl in den Schwerpunkten Gerontologie, Aktivierung und Rehabilitation, Psychiatrie sowie im Fach Deutsch. Die lizenzierte Gehirntrainerin und Sport-Übungsleiterin ist Autorin von Fachbüchern und zahlreichen Artikeln zu Themenbereichen in der Gerontologie, im Hirnleistungs- und Hirnfunktionstraining und in Turnen und Sport. In ihrer Denk-Werkstatt® leitet sie Kurse, Seminare und Therapieeinheiten.

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